Grundstücksrecht und Erbrecht in beiden deutschen Staaten - heute und künftig [1 ed.] 9783428476817, 9783428076819

VorwortDie Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten stellt die Gesellschaft für Deutschlandforschung vor neue Hera

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German Pages 105 Year 1993

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Grundstücksrecht und Erbrecht in beiden deutschen Staaten - heute und künftig [1 ed.]
 9783428476817, 9783428076819

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Grundstücksrecht und Erbrecht in beiden deutschen Staaten - heute und künftig

SCHRIFTENREIHE DER GESELLSCHAFT FÜR DEUTSCHLANDFORSCHUNG BAND 37

Grundstücksrecht und Erbrecht in beiden deutschen Staaten heute und künftig

llerausgegeben von

Ulrich Drobnig

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Grundstücksrecht und Erbrecht in beiden deutschen Staaten heute und künftig I hrsg. von Ulrich Drobnig. - Berlin :

Duncker und Humblot, 1993. (Schriftenreihe der Gesellschaft für Deutschlandforschung ; Bd. 37) ISBN 3-428-07681-8 NE: Drobnig, Ulrich, [Hrsg.]; Gesellschaft für Deutschlandforschung: Schriftenreihe der Gesellschaft ...

Alle Rechte vorbehalten © 1993 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Volker Spiess, Berlin 30 Druck: Wemer Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISSN 0935-5774 ISBN 3-428-07681-8

INHALT Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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NorbertHom Die Entwicklung des Kreditsicherwtgsrechts im neuen Bundesgebiet vom DDR-Recht zum Bundesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Rudolf Hessler Landwirtschaftliches Bodenrecht in der Bundesrepublik Deutschland

17

Günter Rohde Zur Entwicklung des landwirtschaftlichen Bodenrechts in den neuen Bundesländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

Axel von Hoerschelmann Staatliche Genehmigungen und Verfahren im Grundstücksverkehr

39

Helmuth Sehrig Rechtsstellung westdeutscher Grwtdeigentümer in der DDR . . . . . . . . . . .

51

Horst-Dieter Kittke Gesetzliche, testamentarische und vertragliche Erbfolge . . . . . . . . . . . . . .

63

Wolfgang Seifert I Petra Lingelbach Abwicklung des Nachlasses und Nachlaßverfahren im Vergleich von ZGB undBGB. . .............. . .............. .. ............... . .

69

Klaus Wähler Kollisionsrechtliche Probleme des innerdeutschen Erbrechts und Nachlaßverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Verfasser und Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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VORWORT Die 10. Tagung der Fachgruppe Rechtswissenschaft der Gesellschaft für Deutschlandforschung am 27./28. September 1990 in Berlin, deren Referatehiermit der Öffentlichkeit vorgelegt werden, zeichnete sich durch mehrere Besonderheiten aus, die festgehalten zu werden verdienen. Die Tagung fand wenige Tage vor der Vereinigung Deutschlands statt. Das Thema "Grundstücksrecht und Erbrecht in beiden deutschen Staaten" war zwar bereits seit langem festgelegt worden. Es wurde jedoch um die Zukunftsdimension erweiten, indem in die Referate sowohl die Regelungen des am 3. Oktober 1990 in Kraft tretenden Einigungsvertrages als auch rechtspolitische Aspekte einer künftigen Reform aufgrund von Regeln und Lösungen des DDR-Rechtes einbezogen wurden. Neu war auch eine breitere Beteiligung von Juristen aus der (damals noch bestehenden) DDR als Referenten und Gäste. Der Vorsitzende der Fachgruppe Rechtswissenschaft, Professor Dr. Gottfried Zieger, konnte an der Tagung nicht mehr teilnehmen. Am 5. Januar 1991 ist er der schweren Krankheit erlegen, die ihn seit Jahren behindert halte. Das Programm der Tagung hat er noch mitberaten, die Leitung konnte er hingegen nicht mehr wahrnehmen. Gottfried Zieger hat immer an die Wiedervereinigung Deutschlands geglaubt und für sie gearbeitet. Das Erscheinen dieses Bandes hat sich leider aus fmanziellen Gründen sehr verzögert. Hamburg, November 1992

Prof. Dr. Ulrich Drobnig

NorbertHorn DIE ENTWICKLUNG DES KREDITSICHERUNGSRECHTS IM NEUEN BUNDESGEBIET VOM DDR-RECHT ZUM BUNDESRECHT I. Das seit dem Beitritt geltende Recht 1. Rechtseinheit Faktische Probleme

Aufgrund der einheitlichen Geltung des BGB, die gern. An. 8 Einigungsvertrag, An. 230 Abs. 2 EGBGB ab 3.10.1990 erreicht wurde,1 sind im neuen Bundesgebiet

alle Personal- und Realsicherheiten möglich, die das BGB zuläßt und die von der darauf aufbauenden Kautelarpraxis entwickelt wurden.2

Es bleiben praktische Probleme vor allem bei den Grundpfandrechten. Das Grundbuchwesen in der DDR ist in einem schlechten. unübersichtlichenZustand und personell unterbesetzt Angesichts von rund 250.000 unerledigten Grundbuchanträgen, die zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung in der DDR vorlagen. ist dringend Abhilfe geboten. Sie wird vor allem durch personelle Verstärkung angestrebt. Außerdem bestehen weiterhin große Unsicherheiten bei der Grundstücksbewertung. 2. Fortbestehendes Gebäudeeigentum Eine Besonderheitbei der Bestellung neuer Realsicherheiten bildetdas Fortbestehen des Gebäudeeigentums. Gebäude werden dann nicht wesentlicher Bestandteil i.S. des BGB, wenn aufgrundeines Nutzungsrechts nach DDR-Recht Gebäudeeigentum begründet wurde.3 Dieses Gebäudeeigentum bleibt bestehen und wird wie Grundeigentum behandelt.4 Das Gebäudeeigentum ist daher selbst mit einem Grundpfandrecht, also einer Hypothek oder Grundschuld, belastbar. Hier ergibt sich die praktische Schwierigkeit einer Bewertung und damit einer Festlegung des 1

Überblick bei Horn, Das Zivil- und Wirtschaftsrecht im neuen Bundesgebiet (1991)

2

Zum Folgenden auch Horn a.a.O., Kap. 2 V.

3

Art. 231 § 5 EGBGB. Art. 233 § 4 Abs. 1 EGBGB.

Kap. 21.

4

Norbert Horn

10

Beleihungswertes. Regelmäßig wird sich zugleich eine Belastung des Grundstücks empfehlen und damit wird die Tendenz verstärkt, Gebäudeeigentum und Eigentum am Grundstück zusammenzuführen.5 Das Gebäudeeigentum ist meist im Grundbuch eingetragen. Die Eintragung ist aber nicht konstitutiv und bei Zuweisung von Bauland durch Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (gern. § 291 ZGB) ist eine Eintragung nicht erfolgt. Gleichwohl soll ein gutgläubiger Wegerwerb des nichteingetragenen Nutzungsrechts und damit des Gebäudeeigentums stattfmden, wenn sich ein Gebäude auf dem Grundstück tatsächlich befmdet.6 Gebäudeeigentum kann auch noch künftig entstehen, wennbereits ein Nutzungsrecht begründet wurde;7 neue Nutzungsrechte können künftig nicht mehr begründet werden.

3. Fonbestehende alte Sicherheiten Vor dem 3.10.1990 begründete Bürgschaften, Garantien und andere Personalsicherheiten bestehen ohne weiteres fon und unterliegen weiterhin ihrem alten Vertragsstatut.1 Für eine zwischen Unternehmen in der DDR vereinbarte Bürgschaft oder Garantie bleibenalsoweiterhindie§§ 245-251 bzw. §§ 252-255GW anwendbar. Mobiliarsicherheiten und Grundpfandrecht, die vor dem 3.10.1990 in der DDR begründet wurden, bleiben ebenfalls mit unverändertem Statut bestehen.9 So gelten etwa für Hypotheken weiterhin die §§ 452 ff. ZGB; für die Übertragung gelten aber die Vorschriften des BGB über die Sicherungshypothek.10

II. Kreditsicherheiten im Sozialismus 1. Zivilgesetzbuch Das Recht der Kreditsicherheiten war im Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB) im Vergleich zum BGB verkürzt und verkümmert. Dies erklärt sich daraus, daß man im SozialismusKredite an Privatpersonen mit Skepsis betrachtete und Krediten (Darlehen) unter Privatpersonen keine große Bedeutung beimaß. Es bestand ein numerus

5 Diese Tendenz war schon im Gesetz überden Verkaufvolkseigener Gebäude v. 7.3.1990 (GBl. DDR I 157) zu beobachten. 6 7 8

9

to

Art. 233 § 4 Abs. 2 EGBGB. Vgl. Art. 231 § 5 EGBGB. Art. 232 § 1 EGBGB. Art. 233 § 3 Abs. 1 EGBGB. Art. 233 § 6 EGBGB.

Kreditsicherungsrecht im neuen Bundesgebiet

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clausus der Kreditsicherheiten.t' Verkehrshypothek und Grundschuld waren dem ZGB unbekannt. ebenso die Sicherungsübereignung. Neben dem Besitzpfandrecht war ein besitzloses Pfandrecht nur zu Gunsten von Kreditinstituten und volkseigenen Wirtschaftseinheiten vorgesehen.12 Die Bürgschaft war nur knapp geregelt.13 Das ZGB kannte nur eine streng akzessorischeHypothek.14 Hypotheken, die nicht zu Gunsten einer Bank bestellt wurden, bedurften der staatlichen Genehmigung (§ 453 Abs. 1). An einem Grundstück im persönlichen Eigentum konnte eine Hypothek nur zur Sicherung einer Forderung bestellt werden, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Grundstück stand und sich gegen den Grundstückseigentümer richtete; anders nur bei Forderungen von Banken, volkseigenen Betrieben und staatlichen Stellen(§ 452 Abs. 3). Zur Sicherung von Krediten, die von Banken für Baumaßnahmen gegeben wurden, konnte das Grundstück mit einer Aufbauhypothek belastet werden, die Vorrang vor anderen, früheren Hypotheken hatte.15 Ihre Bestellung konnte auch von Behörden zur Sicherung der Kredite für staatlich angeordnete Baumaßnahmen veranlaßt werden (§ 457 ZGB). Die Forderungen für frühere Hypotheken, die zurücktreten mußten, unterlagen ggf. einer Zwangsstundung (§ 458).

2. Sicherheiten von Unternehmen; GIW/GW Für Kredite an sozialistische Wirtschaftseinheiten im Rahmen der planwirtschaftliehen Kreditversorgung der Wirtschaft kamen Grundpfandrechte zur Sicherung nicht in Betracht. Solche Sicherungen waren dem sozialistischen System der Untemehmensfmanzierung durch staatliche Kredite fremd. Dies änderte sich erst. als im Frühjahr 1990 zunächst zögernd die Weichen zu Gunsten marktwirtschaftlicher Vorgänge gestellt wurden. Die 4. Kredit-Verordnung sah erstmals die Möglichkeit vor, die volkseigenen Grundstücke der sozialistischen Betriebe mit Grundpfandrechten zu belasten und damit die Kreditversorgung marktwirtschaftliehen Vorgängen anzunähem.16 Das Gesetz über internationale Wirtschaftsverträge von 1975 (GIW) als Vorläufer des Gesetzes über Wirtschaftsverträge von 1990 (GW) kannte zwar entsprechend seiner Orientierung am internationalen Handel die Vertragsfreiheit auch bei den

12

§ 443 Abs. 1 S. 1 ZGB a.F. § 448 Abs. 1 ZGB a.F.

13

§§ 450-451 ZGB.

11

§§ 452-458 ZGB. u §§ 456 Abs. 1 und 3.

14

16 4. KreditVO vom 2.3.1990 (GBl. DDR I 114); aufgehoben dun:h § 13 Nr. 6 des Gesetzes vom 28.6.1990, GBl. I 509.

NorbertHorn

12

Sicherheiten und regelte ausdrücklich Eigentumsvorbehalt. Pfand, Bürgschaft und Garantie.17 Aber für die dinglichen Sicherheiten, insbesondere die Grundpfandrechte, setzte das GIW/GW stillschweigend die Regelungen des ZGB voraus und teilte deren Beschränkungen. Dies war praktisch unproblematisch, da diese Sicherheiten weder im internationalen Handel besonders üblich sind noch von der alten Planwirtschaft im Außenwirtschaftsverkehr in Bettacht gezogen wurden. III. Das Kreditsicherungsrecht der Übergangszeit

Im Zuge der Einführung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion wurde durch das 1. Zivilrechtsänderungsgesetz18 eine bescheidene Reform des Kreditsicherungsrechts eingeleitet. Das besitzlose Pfandrecht wurde allgemein zugelassen. 19 Die staatliche Genehmigung für Hypotheken entfiel,:w ebensodiePrivilegierung der Aufbauhypothek für die Zukunft.11 Eine Höchstbettagshypothek wurde neu eingeführt(§ 454 a). Aber erst das 2. Zivilrechtsänderungsgesetz11 führte die Reform der Kreditsicherheiten so weit. daß sie den Anforderungen des Marktes entsprach. Durch Streichung des§ 442 wurde dernumerus clausus der Sicherheiten des ZGB beseitigt. Die Abtretung einer künftigen oder bedingten Forderung wurde zugelassen,23 ebenso die Bestellung eines Pfandrechts für eine künftige oder bedingte Forderung.24 Der gutgläubige Erwerb eines Pfandrechts wurde geregelt.23 Die Sicherung einer Forderung durch Pfandrecht an einer anderen Forderung wurde zugelassen,26 ebenso die Verpfandung sonstiger Rechte(§ 449 a n.F.). Eine Hypothek konnte nun auch zur Sicherung einer künftigen Forderung bestellt werden.17

§§ 233-255 GIW/GW. Vom 28.6.1990 (GBl. DDR I 524) (Text bei Horn, Das Zivil- und Wirtschaftsrecht der DDR,Stand25.8.1990, RWS-Dokumentation1,1990,Nr.2.3);inAusfiihrungdesStaatsvertrags vom 18.5.1990, Anlage lli Abschn. II Nr. 8 Buchst. e)-h). 1' § 448 Abs. 1 ZGB n.F. 20 § 453 Abs. 1 S. 2 und § 454 Abs. 3 S. 2 ZGB a.F. 21 Streichung von § 456 Abs. 3 und § 458 ZGB. 22 Vom 22.7.1990 (GBL DDR I 903 =Horn, oben N. 18, Nr. 24). 17

11

23

§ 436 Abs. 1 S. 5 ZGB n.F.

26

§ 443 Abs. 3 ZGB n.F. § 443 Abs. 4 ZGB n.F. § 449 Abs. 1 ZGB n.F.

27

§ 452 Abs. 2 S. 3 ZGB n.F.

24

25

Kreditsicherungsrecht im neuen Bundesgebiet

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W. Die Entwicklung des Rechts der Grundpfandrechre

Nach dem vorstehenden knappen Überblick über die Rechtsentwicklung der Kreditsicherheiten soll das für die Kreditpraxis besonders wichtige Gebiet der Grundpfandrechte eingehender dargestellt werden. 1. Der alte Rechtszustand nach dem Zivilgesetzbuch Das ZGB kannte, wie bereits kurz erwähnt, eine brieflose, streng akzessorische Hypothek, die als Sicherungshypothek gekennzeichnet werden kann.21 Die Hypothek wurde durch schriftlichen Vertrag zwischen Grundstückseigentümerund Gläubiger bestellt und entstand mit der Eintragung im Grundbuch.lll. Der Venrag bedurfte der Beglanbigung.30 Bei einer Hypothek zu Gunsten einer Bank genügte allerdings die Beglaubigung oder Beurkundung der Erklärung des Grundstückseigentümers.31 Die Hypothek bestand nur in der jeweiligen Höhe der Forderung einschließlich Zinsen und Nebenforderungen.32 Die Hypothek konnte auch einen veränderten Zinssatz bis zu einem bestimmten Höchstsatz sichern; diese Vereinbarung war im Grundbuch einzutragen.33 Mit der Forderung erlosch auch die Hypothek.34 Die Übertragung der Hypothek erfolgte durch Abtretung der Forderung." Das Erfordernis einer staatlichen Genehmigung der Hypothekenbestellung wurde durch das 1. Zivilrechtsänderungsgesetz beseitigt. Die Geeignetheit der Hypothek des ZGB als Deckungshypothek im Sinne des Hypothekenbankgesetzes ist zu bejahen.36 2. Grundpfandrechte in der Übergangszeit Ein neuer § 454a ZGB, eingeführt durch das 1. Zivilrechtsänderungsgesetz, sah die Möglichkeit der Bestellung einer Höchstbetragshypothek vor. Der Höchstbetrag mußte im Grundbuch eingetragen werden (Abs. 1). Dadurch wurde die Möglichkeit eröffnet, einen Kontokorrentkredit in wechselnder Höhe durch Grundpfandrecht zu

29

§§ 452--458 ZGB. Siehe Pleyer, Die Bank 1990, 402 f. § 453 Abs. 1 S. 1 und 3 ZGB.

30

§ 453 Abs. 1 S. 2 in Verbindung mit§ 67 ZGB.

31

§ 453 Abs. 1 S. 2ZGB n.F.

32

§ 454 Abs. 1 S. 2 ZGB.

28

35

§ 454 Abs. 1 S. 3 ZGB. § 454 Abs. 2 ZGB. § 454 Abs. 3 S. 1 ZGB.

36

Pleyer, Der langfristige Kredit 1990, 448 ff.

33 34

NorbertHom

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sichem.37 Im übrigen teilte die Höchstbetragshypothek den streng akzessorischen Charakter der normalen Hypothek nach dem ZGB. Dies folgte schon aus der systematischen Stellung der Vorschrift und der Tatsache, daß keine Abweichung angeordnet war. Dies bedeutete, daß die Hypothek anders als z.B. eine Grundschuld nicht für eine Auswechslung von Forderungen, z.B. im Rahmen einer Abschnittsfmanzierung, eingesetzt werden konnte. Auch eine vollstreckbare Urkunde konnte für sie nicht ausgestellt werden, weil es an einem bestimmten Betrag fehlt. Dies ging zwar weder aus§ 454a ZGB noch aus§ 88 ZPO-DDR direkt hervor, ergab sich aber aus der Natur des Rechtsinstituts, das insoweit nach bundesdeutschem Recht beurteilt werden konnte.31 Die Banken sind in der Übergangszeit zwischen 1.7. und 3.10.1990 angesichtsder bei Grundpfandrechten doch noch recht unbefriedigenden Rechtslage dazu übergegangen, entweder neben der Bestellung einer Sicherungshypothek i.S. des ZGB die obligatorische Verpflichtung des Kreditnehmers zur künftigen Bestellung einer Verkehrshypothek oder Grundschuld zu verlangen, sobald die Rechtslage dies erlaube. Oder man hat sich von vomherein damit begnügt, zunächst nur eine solche Verpflichtung (,,Positiverklärung") zu verlangen, verbunden mit der Verpflichtung, keinem anderen Kreditgeber ein vorrangiges Grundpfandrecht zu bestellen (,,Negativerklärung"39). Damit konnte natürlich nur eine obligatorische Sicherung erreicht werden, die keine Drittwirkung entfaltet. Das letztere war nur durch Bestellung der Hypothek möglich; da dies in Anbetracht der schwierigen Grundbuchverhältnisse meist nicht rasch erreicht werden konnte, konnte die Stellung des Einttagungsantrags eine Rangwahrung ermöglichen. 3. Grundpfandbestellung nach dem 3.10.1990 Die Rechtseinheit auf dem Gebiet des Bürgerlichen Rechts hat die grundsätzliche Möglichkeit eröffnet, alle Grundpfandrechte des BOB, insbesondere auch die Grundschuld, zu bestellen. Gleichwohl ist die Geeignetheil dieser Kreditsicherheit noch immer bei den Grundstücken beeinträchtigt, deren Eigentumsverhältnisse ungeklärt sind. Ist nämlich ein Grundstück Gegenstand eines möglichen Restitutionsanspruchs eines früheren Eigentümers, der enteignet wurde, so kann dieser Anspruch jedenfalls dann nicht durch neue Grundpfandrechte beeinträchtigt werden, wenn deren Bestellung erfolgt ist, nachdem der Restitutionsanspruch angemeldet worden ist. Der frühere Eigentümer kann dann lastenfreie Rückgabe des Grundstücks

37

So auch die Denkschrift zum Staatsvertrag, BT-Drucks. 11n350, S. 128.

Zum bundesdeutschen Recht vgl. Staudinger/Scherübl, BGB (12. Aufl.) § 1190 Rdn. 5; BayObLG 10.9.1954, BayObLGZ 1954, 196, NJW 1954, 1808. 38

39 Die letztere Verpflichtung entspricht der im internationalen Wirtschaftsverkehr üblichen ,.negative pledge".

Kreditsicherungsrecht im neuen Bundesgebiet

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verlangen. Überdies leben alte Grundpfandrechte möglicherweise wieder auf. Auch ein Schutz des Grundpfandgläubigers durch analoge Anwendung des Investitionsgesetzes auf die Grundpfandbestellung kommt nicht in Betracht.40 Der Schutz dieses Gesetzes greift nur ein, wenn jemand zunächst aufgrund des Gesetzes Grundeigenturn erworben hat und nunmehr ein Grundpfandrecht bestellt.

4. Ein Spezialproblem: Unternehmensgrundstücke und Rückübertragungspflicht Bestellt ein Unternehmen Grundpfandrechte an Betriebsgrundstücken, die es gern.§ 25 Abs. 5 DMBilG an die Treuhandanstalt zu übertragen hat, weil eine in der Eröffnungsbilanz festgestellte Überschuldung nicht beseitigt ist oder innerhalb der Feststellungsfrist für die Eröffnungsbilanz das Gesamtvollstreckungsverfahren eingeleitet oder das Unternehmen aufgelöst wird, so fragt sich, ob die Grundpfandrechte gegenüber dieser Rückübertragungspflicht Bestand haben, zuma1 der Gesetzgeber dem Rückübertragungsanspruch der Treuhandanstalt nach § 25 Abs. 5 DMBilG jedenfalls im Gesamtvollstreckungsverfahren dingliche Wirkung beilegen wollte. Für den Wegfall der Grundpfandrechte spricht, daß andernfalls der Rückübertragungsanspruch der Treuhandanstalt ausgehöhlt werden könnte. Gleichwohl sprechen im Ergebnis die besseren Gründe für einen Vertrauensschutz des Grundpfandgläubigers. Der Kreditgeber kann nämlich regelmäßig nicht erkennen, ob es zur Insolvenz oder Auflösung kommen wird. Hat er freilich Anhaltspunkte dafür, daß dies mit großer Wahrscheinlichkeit eintreten werde, setzt er sich dem Vorwurf des kollusiven Handeins aus und muß die Grundpfandrechte wieder aufgeben. Im Regelfall bleibt aber wohl die Bestellung der Grundpfandrechte, die ohnehin zunächst dinglich wirksam ist, gegenüber § 25 Abs. 5 DMBilG von Bestand.

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Dies so]) nach Gesetzgebungsplänen vom Januar 1991 geändert werden.

RudolfHessler LANDWIRTSCHAFILICHES BODENRECHT IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

I. Einleitung

Diese Veranstaltung gibt mir Gelegenheit, das Bodenrecht in der Bundesrepublik. soweit es für die Landwirtschaft von Bedeutung ist, in einem kurzen Überblick darzustellen, aber auch einige Fragen aufzuwerfen, die mir auf dem Wege zur deutschen Einheit bedeutsam erscheinen. II. Begriff

Das Bodenrecht umfaßt die Rechtsnormen, welche die Rechtsverhältnisse an Grund und Boden regeln, seien sie privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur. Dazu gehören insbesondere die Regelung der Eigentumsverhältnisse, der rechtsgeschäftliehen Veräußerung, der Vererbung sowie der Bodennutzung. Das Recht für den land- und forstwirtschaftliehen Boden unterliegt in unserer bundesdeutschen Rechtsordnung besonderen Regeln und Vorschriften. Das hat vielerlei Gründe, u.a historische, wirtschaftliche, soziale, struktur- und gesellschaftspolitische. /II. Agrarverfassung, Eigentumsverhältnisse, Kooperationsformen

Die Agrarverfassung der Bundesrepublik Deutschland istdurch das Privateigentum am landwirtschaftlichen Boden und den bäuerlichen Familienbetrieb gekennzeichnet. Die durchschnittliche Größe der landwirtschaftlichen Betriebe im Bundesgebiet beträgtrd. 18 ha; im Nordenmehr, im Süden weniger. DieZahl der Betriebe, die mehr als 100 habewirtschaften und Lohnarbeitskräfte beschäftigen, ist relativ gering ( 1% aller Betriebe, 8,4% der Räche). Die landwirtschaftlichen Betriebe, seien es Familienbetriebe oder Gutsbetriebe, werden in der Regel vom Besitzer als Einzelunternehmer bewirtschaftet und nicht etwa in genossenschaftlicher Verbindung, wie bisher in der DDR. Die im Bundesge2 Drobnig

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Rudolf Hessler

biet vorhandenen Genossenschaften sind Bezugs- und Absatzgenossenschaften. nicht aber Produktivgenossenschaften im Sinne des Genossenschaftsgesetzes. Die genannten Genossenschaften dienen also dem einzelnen Betrieb, sei es für einen kostengünstigen Einkauf von Betriebsmitteln oder den Verkauf der landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Sie setzen insofern den einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb als selbständiges Unternehmen voraus. Der Landwirt kann seit 1976 die Kaufmannseigenschaftkraft Eintragung ins Handelsregister erwerben und Personengesellschaften des Handelsgesetzbuches bilden. Voraussetzung ist jedoch gemäß § 3 in Verbindung mit§ 2 HOB, daß der Betrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Diese Voraussetzung erfüllen jedoch nur wenige Betriebe, und selbst diese haben von der Möglichkeit der Eintragung in das Handelsregister und von der Möglichkeit, Personengesellschaften des Handelsrechts zu bilden. nur selten Gebrauch gemacht. Die Gründung von Kapitalgesellschaften kommt in der Landwirtschaft als Urproduktion so gut wie überhaupt nicht vor - allenfalls dann. wenn der landwirtschaftliche Betrieb mit einem Nebenbetrieb zur Verarbeitung oder Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse verbunden wird oder wenn andere besondere Gründe vorliegen. Die Zusammenarbeit mehrerer Landwirte erfolgt zumeist in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Diese Rechtsform ermöglicht eine flexible Handhabung, ohne daß besondere Formvorschriften einzuhalten sind. Dabei wird der landwirtschaftliche Betrieb mit seinem Grund und Boden und den aufstehenden Gebäuden in aller Regel lediglich zur Nutzung, nicht aber zu Eigentum in die Gesellschaft eingebracht. Der Landwirtmöchte weiterhin als Eigentümer über seinen Grund und Boden verfügen, sei es unter Lebendenodervon Todes wegen. Anderenfalls würde er ja lediglich über ein Anteilsrecht an einer Gesellschaft verfügen, und dies hätte eine erhebliche Bedeutung auch für das Erbrecht. Anders ist es oftmals mit dem Inventar des Betriebes; dies wird entweder gemeinschaftlich angeschafft oder zur gesamten Hand eingebracht. Die landwirtschaftlichen Betriebe werden entweder im Haupterwerb oder im Nebenerwerb bewirtschaftet. Landwirte, die im Haupterwerb auf das Einkommen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb überwiegend angewiesen sind, haben oftmals zu ihren Eigentumsflächen noch weiteres Land hinzugepachtet, um ein ausreichendes Einkommen erwirtschaften zu können. Es gibt aber auch Landwirte, die lediglich als Pächter wirtschaften und den Betrieb im Haupterwerb führen. S0 werden die staatlichen Domänen und die kirchlichen und kommunalen Güter in der Regel durch Pächterfamilien langfristig bewirtschaftet, oft über Generationen von derselben Familie. Nun einige Worte zur Forstwirtschaft: Hier sind für unser heutiges Thema einige Dinge bemerkenswert:

Landwirtschaftliches Bodenrecht

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(1) Rd. 58% des Waldes befmden sich im Eigenturn des Staates und anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften, nur rd. 42% sind Privatwald.1 (2) Es gibt althergebrachte landesrechtliche Forstgenossenschaften (lnteressentschaften, Realgemeinden o .ä. genannt), die aufgrund Landesrecht als Körperschaft öffentlichen Rechts fortbestehen. Dem einzelnen Eigentümer stehen entsprechend dem örtlichen Herkommen ideelle Anteile zu, die zumeist an die Hofstelle gebunden sind, aber auch selbständig übertragen werden können, wenn es das Statut erlaubt. (3) Des weiteren gibt es nach den Bestimmungen des Bundeswaldgesetzes2 privatrechtliche Forstbetriebsgemeinschaften.ln ihnen haben sich private W aldbesitzer zusammengeschlossen, um die Bewirtschaftung des angeschlossenen Waldes zu verbessern, insbesondere die Nachteile geringer Flächengröße, ungünstiger Flächengestalt. der Besitzzersplitterung und der Gemengelage oder anderer Strukturmängel zu überwinden.

Abschließend möchte ich zu diesem Kapitel festhalten, daß das Eigentum am Grund und Boden die Grundlage der weitaus meisten landwirtschaftlichen Betriebe im Bundesgebiet ist. Es ist die Basis für das Kreditgeschäft in der Landwirtschaft. Die Gewährung von Krediten gegen Einräumung von Grundpfandrechten setzt jedoch eine klare Feststellung und Zuordnung des Eigentums voraus. Das ist im Bundesgebiet mit dem Grundbuch und dem Liegenschaftskataster gewährleistet. N. Übertragung des Eigentums 1. Grundstückverkehrsrecht Die rechtsgeschäftliche Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstükke bedarf einer staatlichen Genehmigung. Gesetzliche Grundlage ist das Grundstückverkehrsgesetz (GrdstVG) aus dem Jahre 1961,3 mit welchem frühere besatzungsrechtliche Vorschriften abgelöst worden sind. Das Gesetz dient nach seiner Überschrift der Verbesserung der Agrarstruktur und der Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe. Die Genehmigung zur Veräußerung kann nach § 9 Abs. 1 GrdstVG aus drei Gründen versagt werden: 1. Wenn die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet oder

2. wenn durch die Veräußerung eine unwirtschaftliche Verkleinerung oder Aufteilung des Grundstücks oder des Betriebes erfolgen würde oder Agrarbericht 1990, S. 64. Vom 2.5.1975, BGBl. I 1037, geändert durch Gesetz vom 27.7.1984, BGBl. I 1034. 3 Vom 28.7.1961 (BGBl. I 1091), zuletzt geändert durch Art. 2 Nr. 22 des Gesetzes vom 8.12.1986 (BGBl. I 2191). 1

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3. wenn der Gegenwert in einem groben Mißverhältnis zum Wert des Grundstücks steht. Das Bundesverfassungsgericht ist bereits in den 60er Jahren zu dem Gesetz angerufen worden. Das Gericht hat das Gesetz als eine zulässige Bestimmung des Inhalts und der Schranken des Eigentums im Sinne von Art.14GG angesehen, jedoch einige Schranken gezogen, die bei seiner Anwendung zu beachten sind.4 Der Bundesgerichtshofhat in weiteren Entscheidungen die Anwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe dieses Gesetzes konkretisiert. Dabei ist anerkannt, daß einerseits von den überkommenen und regional sehr unterschiedlichen Verhältnissen im Bundesgebiet auszugehen ist, daß andererseits die agrarpolitischenZielvorgaben der Bundesregierung, wie sie im sog. Grünen Bericht gegenüber dem Bundestag zum Ausdruck kommen, zu berücksichtigen sind. Agrarpolitisches Leitbild ist der bäuerliche Familienbetrieb. Unerwünscht sind sog. Agrarfabriken, die bestimmte Tierhaltungsgrenzen übersteigen. In neueren Entscheidungen wird das Interesse von Naturschutzverbänden am Erwerb des Landes als gleichrangig angesehen, sofern es sich um ein mit öffentlichen Mitteln gefördertes Projekt zur Erhaltung und Sicherung schutzwürdiger Teile von Natur und Landschaft handelt.s Die Anwendung dieses Gesetzes auf dem Gebiet der DDR bedarf sicherlich noch eingehender Überlegungen unter Berücksichtigung der dortigen Verhältnisse.

2. Besonderes Erbrecht; Hofübergabeund Altenteilsverträge; gerichtliche Zuweisung 2.1 Besonderes Erbrecht Von herausragender Bedeutung für das landwirtschaftliche Bodenrecht und die Agrarstruktur ist das Erbrecht. Bereits die Väter des Bürgerlichen Gesetzbuches haben erkannt, daß hierfür besondere Regelungen erforderlich sind. So wurde in den §§ 2049 und 2312 BGB bestimmt, daß ein Landgut zum Ertragswert und nicht etwa zumgemeinen Wertdes allgemeinen Erbrechts übertragen odervererbt werden kann. Darüber hinaus wurde in Art. 64 EGBGB bestimmt, daß die landesgesetzlichen Vorschriften über das Anerbenrecht unberührt bleiben. So blieben einzelne anerbenrechtliche Regelungen früherer deutscher Bundesstaaten in mehr oder weniger abgeänderter Form bis zum heutigen Tage erhalten, z.B. in Landesteilen von Baden-Württemberg. Lediglich in der Zeit des Nationalsozialismus wurde für das gesamte Deutsche Reichmit dem Reichserbhofgesetz ein einheitlicher Rechtszustand geschaffen. Nach dem Zweiten Weltkriege wurde dieses Gesetz jedoch als 4 BVerfG11.4.1967,BVerfGE21 , 306zu§9Abs.1 Nr.1 GrdstVG;-19.6.1969,BVerfGE 26, 215zu§ 9Abs. 1 Nr. 2GrdstVG;-12.1 .1967,BVerfGE21,87zu§ 9Abs.1 Nr. 3 GrdstVG. 5 BGH, AgrarR 1985, 300.

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nationalsozialistisches Recht außer Kraft gesetzt und durch alte Landesrechte oder neue Bestimmungen ersetzt. Als Beispiel hierfür ist die Nordwestdeutsche Höfeordnung für die Länder der Britischen Besatzungszone von 1947 zu nennen, die 1976 abgeändert6 und als partielles Bundesrecht geltendes Recht ist. Als ein weiteres landwirtschaftliches Sondererbrecht ist hier das Landesgesetz über die Einführung einer Höfeordnung in Rheinland-Pfalzvom 7.10.1953 zu nennen.' Festzuhalten ist somit, daß im Bundesgebiet eine Rechtszersplitterung auf diesem Gebiet vorhanden ist. Alle diese Anerben- oder Höfegesetze gehen als landwirtschaftliches Sondererbrecht von folgenden Grundsätzen aus: (1) Geschlossene Vererbung bzw. Übergabe des Hofes; (2) Abfmdung der Miterben als sog. weichende Erben durch einen Geldbetrag, der aus dem Hofe herausgewirtschaftet werden kann; (3) Versorgung des überlebenden Ehegatten auf dem Hofe, bzw. des Eigentümers und seines Ehegatten im Falle der Hofübergabe unter Lebenden. Die Anerben- bzw. Höferechte im Bundesgebiet sind fakultativ, der Eigentümer kann den Hof einem Anerbenrecht oder dem allgemeinen Erbrecht des BGB unterstellen. In den Gebieten, in denen ein solches gesetzlich normiertes Anerbenrecht fehlt, gibt es vielfach die Anerbensitte, wie z.B. im Lande Bayern. Dort werden landwirtschaftliche Betriebe nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches als Landgut zum Ertragswert übergeben bzw. vererbt. Das hat seinen Grund darin, daß ein landwirtschaftlicher Betrieb im allgemeinen nur einer bäuerlichen Familie den Lebensunterhalt gewährt. Eine Realteilung des Betriebes unter den Abkömmlingen ist insofern nicht mehr üblich. 2.2 Hofübergabe- und Altenteilsverträge Landwirtschaftliche Betriebe werden zum großen Teil bereits unter Lebenden im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übergeben. Dabei werden in dem Vertrage zugunsten des Übergebers und dessen Ehegatten Altenteilsrechte auf dem Hofe vereinbart. Art. 96 EGBGB hat hierzu landesrechtliche Regelungen vorbehalten. So gibt es in allen Bundesländern Ausführungsgesetze zum BGB, in denen bestimmte Regelungen zu Altenteilsverträgen enthalten sind. Auch dafür dürfte in den neuen Bundesländern ein Regelungsbedarf bestehen.

6

Höfeordnung, Bekanntmachung der Neufassung vom 26.7.1976 (BGBl. 1976 I 1933).

7

GVBl. 1953, 101; geändert durch Gesetz vom 18.4.1967 (GVBl. 1967, 138).

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2.3 Gerichtliche Zuweisung In dem unter IV.l erwähnten Grundstückverkehrsgesetz ist im 2. Abschnitt die Möglichkeit der gerichtlichen Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes vorgesehen. Gehört ein landwirtschaftlicher Betrieb einer durch gesetzliche Erbfolge entstandenen Erbengemeinschaft. so kann das Gericht auf Antrag den Betrieb unter bestimmten im Gesetz genannten Voraussetzungen ungeteilt einem der Miterben zuweisen. Das Gesetz dient insofern der Sicherung landwirtschaftlicher Betriebe. Es erlangt praktische Bedeutung, sofern in dem Gebiet kein landwirtschaftliches Sondererbrecht gilt und der Erblasser versäumt hat. eine letztwillige Verfügung zu treffen oder den Betrieb bereits zu Lebzeiten zu übergeben. 3. Hurbereinigungs- und Umlegungsrecht Die Burbereinigung dient nach dem F1urbereinigungsgesetz8 der Neugestaltung der Feldmark unter Zusammenlegung zersplitterten oder unwirtschaftlich geformten Grundbesitzes. Dabei sind die Interessen der allgemeinen Landeskultur und des Natur- und Landschaftsschutzes, aber auch die Interessen des einzelnen Teilnehmers zu berücksichtigen. Jeder Teilnehmer ist mit gleichwertigem Land oder unter bestimmten Voraussetzungen mit Geld abzufmden. flurbereinigungsverfahren fmden ferner dann statt. wenn Land in größerem Umfange für besondere Unternehmen zur Verfügung gestellt und die Hur durchschnitten werden muß. Das kann für den Neubau von Autobahnen, Eisenbahnen, Schiffahrtskanälen oder Stauseen der Fall sein. Der dabei entstehende Landverlust soll, soweit das erforderliche Land nicht im freien Ankauf erworben werden kann, auf einen größeren Kreis von Eigentümern verteilt werden; soweit kein gleichwertiges Land zur Verfügung steht. werden die· Teilnehmer durch Geldzahlung entschädigt. Enteignungsverfahren in größerem Umfange werden auf diese Weise vermieden.

Im Rahmen des Hurbereinigungsgesetzes gibt es auch ein vereinfachtes Verfahren des freiwilligen Landtausches. Das Umlegungsverfahren dient der Erschließung oder Neugestaltung von Gebieten im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, sei es für bebaute oder unbebaute Grundstücke, so daß nach Lage, Form und Größe für die bauliche oder sonstige Nutzung zweckmäßig gestaltete Grundstücke entstehen. Hiervon werden auch vielfach bislang landwirtschaftlich genutzte Grundstücke betroffen. Die Vorschriften zur Umlegung sind im Baugesetzbuch8" enthalten. Gemäß § 100 BauGB ist die Entschädigung auf Antrag des Eigentümers in geeigne-

8 Neufassung vom 16.3.1976 (BGBI. I 546), zuletzt geändert durch Art. 2 Nr. 23 des Gesetzes vom 8.12.1986 (BGBI. I 2191). a. Vom 8.12.1986 (BGBI. I 2191) mit Änderungen.

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tem Ersatzland festzusetzen, wenn er zur Sicherung seiner Berufstätigkeit und seiner Erwerbstätigkeit auf Ersatzland angewiesen ist. 4. Zwangsversteigerungsrecht In einer Marktwirtschaft führt die wirtschaftliche Tätigkeit des einzelnen zu Gewinnen, aber leider auch zu Verlusten und zu Zwangsversteigerungen. Für die Landwirtschaft gilt insoweit das allgemeine Zwangsversteigerungsrecht. Nach § 9 EGZVG gilt lediglich die Besonderheit, daß ein Altenteil oder ein Leibgeding als gesetzliche Versteigerungsbedingung grundsätzlich bestehen bleibt, sofern es das Landesrecht vorsieht.

V. Nutzung des landwirtschaftlichen Bodens 1. Landpachtrecht

Die privatrechtliche Nutzung des landwirtschaftlichen Bodens wird zumeist mit einem schuldrechtlichen Landpachtvertrag gestaltet, manchmal auch als dingliches Nießbrauchsrecht Die Bestimmungen des BGB zum Landpachtrecht sind durch das Gesetz zur Neuordnung des landwirtschaftlichen Pachtrechts9 neu gestaltet worden. Davon sind nur einige Vorschriften zwingender Natur, im übrigen gilt der Grundsatz der VertragsfreiheiL Die landwirtschaftlichen Organisationen und einige Verlage haben hierfür Vertragsformulare entwickelt, die den Vertragsparteien eine Hilfe bieten. Mit dem Landpachtverkehrsgesetz10 hat sich der Staat eine Beanstandung von Landpachtverträgen vorbehalten. Die Gründe für eine mögliche Beanstandung sind dem Grundstückverkehrsgesetz (s. oben IV.l) nachgebildet: (1) Wenn die Verpachtung eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung darstellt. Als weiterer Tatbestand wurde hinzugefügt: Eine ungesunde Anhäufung von land- und forstwirtschaftliehen Nutzflächen. (2) Wenn durch die Verpachtung ein Grundstück oder ein landwirtschaftlicher Betrieb unwirtschaftlich in der Nutzung aufgeteilt wird oder (3) wenn der Pachtzins nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Ertrag steht, der bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung nachhaltig zu erzielen ist. Auch hierbei steht das Leitbild des bäuerlichen Familienbetriebes im Vordergrund. Im Bundesgebiet hat sich hierfür eine Verwaltungspraxis und eine ' 10

Vom 8.11 .1985, BGBI.I 2065. Vom 8.11.1985, BGBl. I 2075.

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Rechtsprechung herausgebildet, die dem Bürger bekannt ist und wonach er sich richten kann. Für das Gebiet der DDR wird nach dem Einigungsvertrag zu klären sein, ob das Bundesrecht insoweit und gleichermaßen zur Anwendung kommen soll. Inder DDR fmden wir eine gänzlich andere Agrarstruktur vor. Das genannte Landpachtverkehrsgesetz als Bundesrecht enthält einige Ermächtigungen für die Länder. So können gemäß § 4 Abs. 4 des Gesetzes die Landesregierungen zur erleichterten Durchführung unter besonderer Berücksichtigung der agrarstrukturellen Verhältnisse in ihrem Land durch Rechtsverordnung Grenzen bestimmen, bis zu denen landwirtschaftliche Betriebe und Grundstücke gepachtet werden können, ohne daß eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung anzunehmen ist. Es ist mit Interesse abzuwarten, welche Rechtsentwicklung sich hier ergibt, zumal bundesdeutsche Landwirte Interesse an einer Pachtung größerer Flächen in der DDR zeigen.

2. Umweltrecht Der Schutz der Natur und der natürlichen Lebensgrundlagen erlangt auch für die Landwirtschaft wachsende Bedeutung. Neben dem Naturschutz im engeren Sinne sind hier insbesondere der Schutz von Wasser, Luft, Boden und Pflanze zu nennen. Die dazu ergangenen Rechtsvorschriftennehmen auf die Art und Weise der Nutzung des Landes Einfluß. Der Landwirt ist danach zu einer ordnungsgemäßen Landwirtschaft verpflichtet, zu einer guten und umweltverträglichen fachlichen Praxis, zu einer pflanzenbedarfsgerechten Düngung und Spritzung der Pflanzen. Nur unter diesen Voraussetzungen gilt die Landbewirtschaftung nicht als unzulässiger Eingriff in Natur und Landschaft, als Abfallbeseitigung, als Einwirkung auf ein Gewässer und als Beeinträchtigung der BodenfruchtbarkeiL Diese Vorschriften beruhen weitgehend auf Bundesrecht und gewähren dem Landesrechtnur wenig Raum. Es ist davon auszugehen, daß dieses Recht auch fürdie DDR weitgehend zur Anwendung kommt, so daß keine Probleme der Rechtsangleichung bestehen, u.U. aber der praktischen Durchsetzung.

3. Raum- und Bauordnungsrecht; Immissionsschutz Dem Nutzungsrecht am Boden sind auch durch Rechtsvorschriften Grenzen gezogen, welche Nutzungsarten des Bodens regeln. Hier sind insbesondere die Vorschriften der Bau-Nutzungs-Verordnung11 zu nennen betreffend die bauliche Nutzung im Innenbereich sowie im Außenbereich. Im Innenbereich kollidiert die II

23.1.1990, BGBI. I 132.

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landwirtschaftliche Tierhaltung oftmals mit den Belangen der Nachbarn, andererseits ist im Außenbereich die freie Landschaft vor weiterer Zersiedlung zu bewahren. Der Einigungsvertrag sieht vor, daß für die Bundesländer in der jetzigen DDR das bisherige Recht der Bauleitplanung und Raumordnung noch bis 1997 gelten sollP Dabei werden die z.T. riesigen Stallanlagen der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften von bundesdeutschen Fachleuten mit Sorge betrachtet. weil ungewiß ist. inwieweit die bestehenden Schutznormen dem bundesdeutschen Standard zum Schutz der Umwelt entsprechen.

VI. Steuer- und Abgabenrecht Das Steuer- und Abgabenrecht ist für das Bodenrecht von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Der Staat besitzt hier beachtliche Möglichkeiten der Einflußnahme auf den Bodenverkehr und die Nutzung des Bodens. Es ist allgemein bekannt. daß die Bewertung und Besteuerung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes begünstigt wird. Das gilt insbesondere für die Grundsteuer und die Erbschaftssteuer; aber auch für die Einkommensbesteuerung des Landwirts im Falle der Reinvestition von Veräußerungsgewinnen in landwirtschaftliche Grundstücke. Tierbestände gehören jedoch nur dann zur landwirtschaftlichen Nutzung, wenn sie in einem bestimmten Größenverhältnis zur landwirtschaftlich genutzten Fläche stehen; sonst werden sie steuerlich als gewerblicher Betrieb behandelt. Kapitalgesellschaften gelten bereits kraft Rechtsform als Gewerbe. Insofern bedarf es sicherlich der Überlegung, welche Besteuerung für die bisherigen und künftigen Großbetriebe in der DDR gelten soll, ob es spezieller Rechtsvorschriften bedarf oder ob die bundesdeutschen Vorschriften über eine gemeinschaftliche Tierhaltung (§51 a BewG) ausreichen.

VII. Behördliche und gerichtliche Zuständigkeiten Die Durchführung des Bundesrechts obliegt nach dem Grundgesetz den Ländern, soweit keine bundeseigene Verwaltung besteht. Es ist davon auszugehen. daß in den neuen Ländern auf dem Gebiet der jetzigen DDR die entsprechenden Vorschriften geschaffen werden. Darin sehe ich keine rechtlichen Probleme. Auch die Gerichtsbarkeit wird nach rechtsstaatliehen Prinzipien aufgebaut. Landwirtschaftsgerichte wurden bereitsdurchdasLandwirtschaftsanpassungsgesetzder DDR vom 29.6.199013 geschaffen.

12

Einigungsvertrg v. 31.8.1990 (BGBI. 1990 II 885), Anl. I Kap. XIV Abschnitt li Nr. 1.

13

GBI. DDR 1990 I 642.

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VIII. Abschließende Betrachtung Abschließend möchte ich bemerken: Der Beitritt der DDR gibt uns durchaus Veranlassung, über unser landwirtschaftliches Bodenrecht nachzudenken und uns zu fragen, inwieweit es vereinheitlicht und den jetzigen Verhältnissen angepaßt werden kann. Das gilt m.E. insbesondere für das landwirtschaftliche Erbrecht. Hier kommt in Betracht, in geraumer Zeit zu prüfen, ob dieVererbunglandwirtschaftlicher Betriebe bundeseinheitlich geregelt werden kann. Das Bundesrecht, soweit es den Grundstücks- und Landpachtverkehr betrifft, ist dank seiner unbestimmten Rechtsbegriffe flexibel genug, um den regionalen Erfordernissen in dem zukünftigen einheitlichen Deutschland Rechnung zu tragen. Soweit das Bundesrecht lediglich Rahmenrecht darstellt oder Ennächtigungen enthält, besteht für die neuen Bundesländer ein Regelungsbedarf auch für das landwirtschaftliche Bodenrecht.

Günter Rohde ZUR ENlWICKLUNG DES LANDWIR.TSCHAFILICHEN BODENRECHTS IN DEN NEUEN BUNDESLÄNDERN I. Zur Entwicklung der Bodenordnung Bereits im 1. Staatsvertrag wird die ökologisch orientierte soziale Marktwirtschaft als Staatsziel festgeschrieben. 1 Damit wurden grundlegende Entscheidungen getroffen für die Entwicklung der Eigentums- und Bodenordnung und damit zugleich auch für die Landwirtschaft. Gerade die Herausbildung, Regelung und Entwicklung der Eigentums- und Nutzungsrechtsverhältnisse am Boden standen und stehen im Mittelpunkt der Diskussionen und Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit und bilden nach wie vor einen Schwerpunkt in der Gesetzgebung und Regierungspolitik. a) Hauptprobleme.- Die Diskussionen um die Entwicklung der Bodenordnung werden vor allem durch die folgenden fünf Aspekte charakterisiert: (1) Die mit der Herausbildung der Marktwirtschaft verbundenen fll!uen betrieblichen Strukturen sowie die zu erreichende umfassende Investitionstätigkeit stellen besondere Anforderungen an die Gestaltung der Eigentumsrechtsverhältnisse an Grundstücken. Diese sind besonders zu verwirklichen bei der Umwandlung von volkseigenen Kombinaten. Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften, der Gründung und Tätigkeit neuer privater Unternehmen.

(2) Im Bereich der Landwirtschaft führen die besonderen Herausforderungen und Bedingungen des Agrarmarktes zur Frage, wie die Rechtsstellung der genossenschaftlichen Betriebe, bäuerlichen Familienwirtschaften und anderer landwirtschaftlicher Unternehmen am Boden gestärkt werden können. Dabei ist in Rechnung zu stellen, daß zwar 86% der landwirtschaftlichen Nutzfläche genossenschaftlich bewirtschaftet werden. Jedoch ist der Anteil des genossenschaftlichen Eigentums mit weniger als 1% nur gering. (3) Die Forderungen der Boden- und Gebäudeeigentümernach einem umfassenderen Ausbau ihrer Rechtsstellung als Eigentümer und nach besseren Bedingungen für dieVerwertungdes Grundeigentums werden immer stärker. Auchdie Inhabervon eigentumsähnlichen Nutzungsrechten stellen diese Forderungen. Angesichts des 1 Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18.5.1990 (GBI. DDR 1990 I 331, BGBI. 1990 II 518) Art. 1 Abs. 3.

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umfassenden privaten Bodensektors mit 70% (ca. 30% waren volkseigen) und des privaten Eigentums an 42% der Wohnungen sind dadurch sehr viele Betriebe, Genossenschaften und Bürger unmittelbar berühn und erfaßt. (4) Hinzu kommen Forderungen von Betrieben und Bürgern mit Sitz außerhalb derfrüheren DDR aufGrundstücke, die in ihrem Eigentum standen bzw. noch stehen, die auf dem Territorium der früheren DDR liegen und gegenwänig von Betrieben, Genossenschaften und Bürgern genutzt werden. Nach Presseberichten wird die Zahl auf etwa 1 Million geschätzt. Geht man davon aus, daß mit der praktischen Grundstücksnutzung neben den Nutzungsberechtigten meistens zwei weitere Bürger unmittelbar berührt sind, dann sind etwa drei Millionen Bürger mit den Forderungen auf Rückübereignung oder Entschädigung konfrontiert. Von diesen Forderungen sind auch viele landwirtschaftlich genutzte Grundstücke erfaßt. (5) Darüber hinaus führen Schwierigkeiten im Verwaltungsvollzug und in der Rechtsverwirklichung zu weiteren Diskussionen und Protesten. Viele Verwaltungsorgane sind noch nicht oder nur unzureichend arbeitsfähig. Für die Verwirklichung des Bodenrechts zuständige spezifische Organe sind noch nicht gebildet oder befmden sich erst im Aufbau, wie z.B. die Landesämter für Vermögensfragen, die Widerspruchsausschüsse, die Beiräte nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen, die Flurneuordnungsbehörde nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz usw. Andere für die Bodenrechtsverwirklichung wichtige Ämter sind überlastet wie die Liegenschafts-und Vermessungsämter sowie dieLandralsämter und Stadtverwaltungen bei der Annahme und Bestätigung von Anmeldungen vermögensrechtlicher Ansprüche. b) Regierungserklärung.- Die Bodenfrage rückte sehr rasch mit in den Mittelpunkt der Diskussionen und zwang die damalige Regierung de Maizi~re, schnell Position zur Entwicklung der Bodenordnung einzunehmen und Entscheidungen zur Gestaltung der Eigentums- und Nutzungsrechtsverhältnisse an Grundstücken zu treffen. Bereits im Koalitionsvertrag waren sich die Koalitionspanner darüber einig, daß Grund und Boden grundsätzlich handelbar sein sollen. Zugleich orientierten sie darauf, die Vorteile des in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Erbbaurechts in der Übergangsphase bevorzugt einzusetzen. Darüber hinaus sollten im Staatsvertrag geregelt werden: die Anerkennung der Eigentumsformen einschließlich Bodenreform und der anderen durch die Siegermächte festgelegten Enteignungen. In der Regierungserklärung wurde von diesen Positionen ausgegangen und für die Beibehaltung der Wirkungen der Bodenreform eingetreten? c) 1. Staatsvertrag.- Bereits im Staatsvertrag3 wurden wichtige Festlegungen zur Bodenordnung getroffen, die eine Veränderung der Positionen im Koalitions2 ProtokollderVolkskammer,lO. Wahlperiode,3. Tagung-19.4.1990,Regierungserldärung des Ministerpräsidenten, S. 41 ff.

3

ObenN. 1.

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vertrag darstellen. Insbesondere ist festzustellen. daß das Postulat vorrangiger Ausgestaltung der Nutzungsrechtsverhältnisse zurückgedrängt wurde und die Ausgestaltung der Eigentwnsrechte - auch für ausländische private Investoren - in den Vordergrund trat. Insbesondere fmdet das seinen Ausdruck in der Anlage IX, die erst kurz vor Verabschiedung des Staatsvertrages bekanntgegeben wurde. Gern. An. 2 des Staatsvertrages garantieren beide Regierungen das Eigentum privater Investoren an Grund und Boden sowie an Produktionsmitteln nach Maßgabe der Anlage IX. Im Gemeinsamen Protokoll über Leitsätze wird unter A (generelle Leitsätze) II 6 ausgeführt: die Freiheit des Erwerbs, der Verfügung und der Nutzung von Grund und Boden und sonstiger Produktionsmittel wird für die wirtschaftliche Tätigkeit gewährleistet. In der Anlage I wird unter An. 7 § 3 festgelegt, daß in einem Gesetz über die Eröffnungsbilanz und die Kapitalneufestsetzung u.a. der Grundsatz zu berücksichtigen ist: Grund und Boden sind zum aktuellen Verkehrswert zu bewerten (Buchstabe f). Zum Zwecke der Sicherung von Krediten werden in der DDR gleichwertige Rechte, insbesondere Grundpfandrechte, wie in der BRD geschaffen.4 Entscheidende und veränderte Positionen zur Bodenordnung werden in der Anlage IX festgelegt: - ZurGewährleistung des Eigentums privater Investoren am Grund und Boden wird ausdrücklich hervorgehoben die Freiheit, Grund und Boden zu erwerben. zu nutzen und darüber zu verfügen. Die bisher dafür fehlende Möglichkeit wird als erhebliches Investitionshindernis bezeichnet. Unternehmen brauchen Standorte, an denen sie über Grundstücke und alle Produktionsmittel frei verfügen können. Die DDR verpflichtet sich, dieses Investitionshemmnis für Investitionen aus der BRD und dem Ausland auch im Interesse ihrer eigenen Unternehmen zu beseitigen. Entgegenstehende Rechtsvorschriften sind zu ändern oder außer Kraft zu setzen. Von diesen Grundsätzen ausgehend werden folgende Festlegungen getroffen: - In ausreichender Anzahl und Größe sind Grundstücke in Gewerbegebieten bereitzustellen, diefür Gewerbeansiedlungen und sonstige arbeitsplatzschaffende Investitionen zu Eigentum erworben werden können. Eine entsprechende Nutzungsbindung wird ausdrücklich hervorgehoben. Die Mitwirkung der kommunalen Selbstverwaltungsorgane wird danach sichergestellt. - Für Investoren mit Grundstücksanforderungen an speziellen Standorten sind auch innerhalb des Stadtgebietes notwendige Grundstücke in ausreichendem Umfang zum Erwerb zur Verfügung zu stellen (z.B. für Handel, Gewerbe und Dienstleistungen). - Auch zur Umwandlung volkseigener Unternehmen in Kapitalgesellschaften werden zwei wichtige Festlegungen getroffen: 4

Staatsvertrag (oben N. 1), Gemeinsames Protokoll über Leitsätze B II 1.

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(a) volkseigener Boden ist wie Anlagevermögen der Unternehmen zu bewerten; (b) die neu entstandenen Kapitalgesellschaften erhalten den volkseigenen Boden zu Eigentum.

Mit diesen Regelungen sollen eine intensive Nutzung, eine günstigere Kreditaufnahme und bessere Voraussetzungen für die Beteiligung durch private Investoren sowie eine langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen erreicht werden. - Zugleich werden Festlegungen getroffen für die Vereinbarung von Grundstückspreisen. Im Rahmen der Vertragsfreiheit kann vorgesehen werden, den zunächst vereinbarten Grundstückspreis nach Ablauf einer Übergangsfrist einer Überprüfung und natürlichen Anpassung zu unterziehen. Dabei sind zu sichern: Verfügbarkeit, Beleihungsfahigkeit, kurze Übergangszeitund dieKalkulierbarkeit der Belastung für den Erwerber. Diese Positionen zwn Eigentwn fanden danach ihre weitere Bestätigung und Entwicklung in dem Gesetz ,,Zur Änderung und Ergänzung der Verfassung" vom 17.6.1990.' Gern. Art. 2 wird das Privateigentwn einschließlich des Erwerbs von Eigentum und eigentumsgleichen Rechten an Grund und Boden sowie an Produktionsmittelngewährleistet Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen dienen. Im Ergebnis dieser grundsätzlichen Positionen wurden wichtige Gesetze und Verordnungen erlassen, wn die Eigentums- und Nutzungsrechtsverhältnisse an Grundstücken entsprechend auszusgestalten. d) Einigungsvertrag. - Diese Schritte fmden ihre erneute Bestätigung und Weiterentwicklung im Einigungsvertrag: Gern. Art. 233 § 1 EGBGB fmden auf ein bestehendes Besitzverhältnis die Vorschriften des BOB Anwendung. Auf das bestehende Eigentwn an Sachen sind gern. Art. 233 §2 EGBGB die Vorschriften des BOB anzuwenden, soweit nicht in besonderen Vorschriften etwas anderes bestimmt ist. Eine wichtige Festlegung wird in Abs. 2 für das Volkseigentwn getroffen: Wem bisheriges Volkseigentwn zufalllt oder wer die Verfügungsbefugnis erlangt, richtet sich nach den besonderen Vorschriften über die Abwicklung des Volkseigentums. Darüber hinaus werden mit den Festlegungen in den Anlagen I und ll wichtige Entscheidungen zur Gestaltung der Eigentums- und Bodenordnung und damit auch zwn landwirtschaftlichen Bodenrecht getroffen.

II. Zum Grundeigentum in r:kr Landwirtschaft Wichtige Entscheidungen zur Gestaltung der Eigentwns- und Nutzungsrechtsverhältnisse in der Landwirtschaft wurden getroffen mit 5

GBI. DDR 1990 I 299.

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- dem Gesetz über die strukturelle Anpassung der Landwinschaft an die soziale und ökologische Marktwinschaft in der DDR (Landwirtschaftsanpassungsgesetz, LAG) vom 29.6.1990;6 - der Änderung des LPG-Gesetzes vom 28.6.1990;7 - dem Gesetz über die Übertragung des Eigentums und die Verpachtung volkseigener landwinschaftlich genutzter Grundstücke an Genossenschaften, Genassenschaftsmitglieder und andere Bürger vom 22.7.1990.8 Diese Gesetze bleiben mit geringen Änderungen nach dem Einigungsvertrag in Kraft.9 Das LPG-Gesetz tritt jedoch am 31. Dezember 1991 außer Kraft. Damit gelten im Landwinschaftsbereich in beträchtlichem Umfange Rechtsvorschriften der DDR weiter, in größerem Umfange als in anderen gesellschaftlichen und winschaftlichen Bereichen. Die Gründe dürften darin liegen, daß die Landwinschaft eben genossenschaftlich organisiert ist und darüber hinaus die genannten Rechtsvorschriften wichtige konzeptionelle Entscheidungen für eine neue Landwinschaftsentwicklung und -Struktur enthalten. Mit diesen Rechtsvorschriften sind wichtige Entscheidungen konzeptioneller Art über die Entwicklung der Landwirtschaft getroffen: Gem. § 1 des LAG werden das Privateigentum an Grund und Boden und die auf ihm beruhende Bewinschaftung in der Land- und Forstwinschaft in vollem Umfange wieder hergestellt und gewährleistet. Damit wird die anfangs charakterisierte Entwicklung und Orientierung erneut bekräftigt und für die Landwinschaft konkretisiert. Sie hat weitreichende Wirkungen für die Regelung der gesellschaftlichen Verhältnisse im Agrarbereich. - In einem weiteren Grundsatz wird die Gleichberechtigung der verschiedenen Eigentumsformen verankert(§ 2 LAG). Alle Eigentums- und Winschaftsformen erhalten im Wettbewerb Chancengleichheit. Hervorgehoben werden besonders bäuerliche Familienwirtschaften, freiwillig von den Bauern gebildete Genossenschaften sowie andere landwinschaftliche Unternehmen.

- Zugleich wird der Inhalt der Landwinschaftspolitik bestimmt(§ 3 LAG). Es geht um die Entwicklung einer vielfältig strukturierten Landwinschaft und um die Schaffung von Voraussetzungen, um Ieistungs- und wettbewerbsfähige Landwinschaftsbetriebe zu schaffen, die sichern, daß die in ihnen arbeitenden Bürger an der Einkommens- und Wohlstandsentwicklung beteiligt werden.

1

GBl. DDR 1990 I 642. GBl. DDR 1990 I 483. GBl. DDR 1990 I 899.

'

Anl. II Kap. VI Abschnitt II und III.

6 7

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111. Wichtige Regelungen des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes Mit der Verwirklichung dieser Orientierungen erhalten die Bodenbeziehungen eine besondere Bedeutung. Sie finden ihren Ausdruck in der besonderen Ausgestaltung wichtiger Rechtsinstitute des neuen landwirtschaftlichen Bodenrechts, insbesondere des privaten Eigentumsrechts natürlicherund juristischer Personen, des landwirtschaftlichen Pachtrechts und der Hypothek.

1. Beziehungen zwischen der Genossenschaft und dem Mitglied als Bodeneigentümer § 31 des LAG legt eindeutig fest, welche Regelungen im Statut der Genossenschaft zur Bodenfrage zu treffen sind. Es ist festzulegen, wie die im Eigentum oder Besitz des Mitglieds stehenden Flächen von der Genossenschaft genutzt werden. Das istauf zwei rechtlichen Wegen möglich, einmal auf derGrundlageeines Pachtvertrages oder zum anderen durch genossenschaftliche Regelungen.

Zugleich sind klare Festlegungen darüber zu treffen, wie der Inhalt des Vertrages oder der genossenschaftlichen Regelungen periodisch an die Bedingungen des Marktes angepaßt werden. Die Gründe sowie die Modalitäten der Beendigung der Pacht- und Nutzungsverhältnisse sowie das Recht des Eigentümers, einzelne Teile seiner Fläche aus der genossenschaftlichen Nutzung zu nehmen. sind festzulegen. Ohne Regelung dieser Fragen darf das Statut nicht registriert werden. Die Gestaltung dieser Bodenbeziehungen ist allein Sache der Partner. Es wird allgemein darauf orientiert, Pachtverträge abzuschließen, weil dadurch eine größere Rechtssicherheit für den Eigentümer erreicht wird. Nach den bisherigen Vorschlägen sollte in den Vereinbarungen erreicht werden, daß das Mitglied den Boden der Genossenschaft auf der Grundlage eines Pachtvertrages zur Verfügung stellt, der Pachtvertrag für die Dauer der Mitgliedschaft vereinbart wird. das Recht der Genossenschaft ausschließlich auf die unmittelbar landwirtschaftliche Nutzung begrenzt wird und der Pachtzins alle 6 oder 12 Jahre den ortsüblichen Pachtzinsen angepaßt wird. 2. Zu den Rechtsverhältnissen an genossenschaftlich genutztem Boden, der im Eigentum Dritter steht Die klare Festlegung des LAG geht dahin, die bisher bestehenden Rechtsverhältnisse zwischen der LPG und dem Rat des Kreises sowie zwischen ihm und dem Eigentümer aufzulösen, und zwar innerhalb einesJahresnach Inkrafttreten des LAG (§ 51 LAG). Die bisher geltenden Rechtsvorschriften zur Gestaltung dieser Rechtsverhältnisse aus dem Jahre 1955 widersprachen seit langem den Eigen-

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tümerrechten und den Anforderungen an eine rationelle Bodenbewirtschaftung. Nunmehr wird die Rechtsstellung der Bodeneigentümer entsprechend den eingangs genarmten Orientierungen ausgebaut und die Möglichkeiten zur entsprechenden Verwertung werden wieder hergestellt. Für die Auflösung dieser Verträge kommen verschiedene Wege in Betracht. Sie kann verbunden werden mit dem Abschluß eines Pachtvertrages zwischen der Genossenschaft und dem Eigentümer. Die Auflösung kann auch erfolgen mit dem Ziel, dem Eigentümer zu einem vereinbarten Zeitpunkt die Grundstücke wieder zur Verfügung zu stellen. Ist der Bodeneigentümer nicht innerhalb eines Jahres zum Abschluß eines Pachtvertrages in der Lage, können vorübergehend zwischen der zuständigen Kreisbehörde und dem Nutzer die Bedingungen für die Bodennutzung vereinbart werden. In § 52 LAG wird klar festgelegt, daß für alle Pachtrechtsverhältnisse über landund forstwirtschaftliche Nutzflächen die §§ 581-597 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des landwirtschaftlichen Pachtrechts vom 8.11.198510 gelten.

3. Die Bodenbeziehungen bei der Bildung von Familienbettieben Bei der Bildung von Familienwirtschaften wurde die LPG gern. § 44 LAG verpflichtet, ausscheidende Mitglieder im Rahmen vorhandener Möglichkeiten zu unterstützen. Das betrifft insbesondere die Ausstattung mit Grund und Boden, Wirtschaftsgebäuden, Milchreferenzmengen, Lieferungsrechten für Zuckerrüben und anderen Vermögenswerten im Verhältnis zu Größe und Ertragswert der einge· brachten Wirtschaft. Das ausscheidende Mitglied erhält grundsätzlich das volle Verfügungsrecht und den unmittelbaren Besitz an seinen eingebrachten Flächen sowie seine Hofstelle zurück. Ist die Rückgabe der eingebrachten Flächen aus objektiven wirtschaftlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich, so kann das ausscheidende Mitglied verlangen, daß ihm statt der eingebrachten Flächen andere übereignet werden. Diese müssen in wirtschaftlich zurnutbarer Entfernung von der Hofstelle räumlich beieinander und an Wirtschaftswegen liegen sowie nach Art, Größe und Bonität den eingebrachten Flächen entsprechen. Kommt eine Einigung über die Tauschfläche nicht zustande, ist ein Bodenordnungsverfahren durchzuführen. Den Mitgliedern oder ehemaligen Mitgliedern wird ein Vorrang eingeräumt bei der Verpachtung und beim Verkauf genossenschaftseigener landwirtschaftlicher Flächen. In diesen Fällen hat die LPG diese Flächen zuerst Mitgliedern oder 10

BGBl. 1985 I 2065.

3 Drobuig

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ehemaligen Mitgliedern anzubieten. die im räumlichen Wirkungskreis der LPG einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb errichten wollen oder errichtet haben.

4. Zum Verfahren für die Neuordnung der Eigentumsverhältnisse Das LAG regeltauchausführlich das Verfahren, indemdie Eigentumsverhältnisse neu zu gestalten sind. Das muß erfolgen beim Ausscheiden der Mitglieder aus der Genossenschaft, bei der Wiederherstellung der rechtlichen Einheit von Eigentum an Gebäuden. Anlagen und Anpflanzungen einerseits und dem Eigentum arn Boden andererseits sowie bei der Kündigung von Verträgen über genossenschaftlich genutzte Flächen durch den Eigentümer. Für diese Neuordnung der Eigentumsverhältnisse sieht das LAG in § 53 zwei Wege vor: einmal den freiwilligen Landtausch und zum anderen ein angeordnetes Verfahren durch eine spezielle Behörde, die Flumeuordnungsbehörde. Das LAG enthält im einzelnen Festlegungen zum freiwilligen Landtausch, zum Bodenordnungsverfahren und zur Einlegung eines Widerspruches bei der Flurneuordnungsbehörde und der Einreichung einer Klage beim zuständigen Gericht. Alle diese Regelungen sind charakterisiert durch eine umfassende Ausgestaltung der Rechte der Bodeneigentümerund durch einen hohen Rechtsschutz im Verfahren zur Feststellung und Neuordnung. Ein hohes Maß an RechtsstaatlichkeiL wird dadurch in den landwirtschaftlichen Bodenbereich eingeführt und gesichert. Die entscheidende in diesem Zusammenhang zu lösende Aufgabe besteht darin. arbeitsflihige Organe zu schaffen, die in der Lage sind, die Regelungen des LAG zu verwirklichen. Die Rechtsverwirklichung wird nunmehr zur wichtigsten Aufgabe, und sie entscheidet weitgehend darüber, wie die mit dem LAG angestrebte und eingangs charakterisierte Zielstellung verwirklicht wird.

N. Verkaufund Verpachtung volkseigener landwirtschaftlich genutzter Grundstücke Nach § 4 des Gesetzes über die Übenragung des Eigentums und die Verpachtung volkseigener landwirtschaftlich genutzter Grundstücke an Genossenschaften, Genossenschaftsmitglieder und andere Bürger vom 22.7.1990 (oben N 8) kann die Treuhandanstalt volkseigene Grundstücke verkaufen und verpachten. Zum Verkauf oder zur Verpachtung stehende Flächen sind auszuschreiben. Käufer können sein Genossenschaften, Genossenschaftsmitglieder und andere Bürger. Ein Verkauf kann nur erfolgen, wenn der Status der Grundstücke als Volkseigentum zweifelsfrei feststeht. Das istnach § 4 Abs. 2 bei ehemaligen Bodenreformgrundstücken der Fall, die als staatliches Eigentum registriert sind.

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Gern. § 5 des Gesetzes steht den Genossenschaften, Genossenschaftsmitgliedern und anderen Bürgern ein Vorkaufsrecht zu, wenn sie auf dem Grundstück Gebäude oder Anlagen errichtet haben und daran selbständige Eigentumsrechte bestehen. Dieses Vorkaufsrecht hat Vorrang vor allen anderen gesetzlichen oder rechtsgeschäftlich begründeten Vorkaufsrechten. Für die preisliche Gestaltung orientiert § 6 darauf, für den Grundstückserwerb einen vorläufigen Preis entsprechend den zZt. geltenden Preisbestimmungen zu vereinbaren. Nach einer zwischen den Vertragspannem zu vereinbarenden Übergangsfrist ist der endgültige Kaufpreis zu vereinbaren. Nach vorliegenden Infonnationen sind bisher über volkseigene landwirtschaftliche Grundstücke nur einige Vorverträge gern. § 4 Abs. 3 vorbereitet bzw. abgeschlossen worden; diese Vorschrift ist jedoch durch den Einigungsvertrag aufgehoben worden.11 Gern.§ 1 Abs. 6 des Treuhandgesetzes vom 17.6.199012 ist für die Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens in der Land- und Forstwirtschaft die Treuhandschaft so zu gestalten, daß den ökonomischen, ökologischen, strukturellen und eigentumsrechtlichen Besonderheiten dieses Bereiches Rechnung getragen wird. Die Treuhandanstalt hat die erforderlichen Voraussetzungen für die Erfassung, Privatisierung und Reorganisation der volkseigenen Vermögenswerte in der Land- und Forstwirtschaft sicherzustellen.U Das Treuhandgesetz und die erlassenenfünf Durchführungsverordnungen bleiben nach dem Einigungsvertrag mit den vorgesehenen Änderungen in Kraft.14 Die Treuhand verkaufte bishernochkeinevolkseigenenFlächen an die Genossenschaften. Sie bietet die Flächen lediglich zur Pacht an. Damit fehlen den Genossenschaften wichtige Voraussetzungen für die Aufnahme von Krediten und ihre Sicherung durch Grundpfandrechte. V. Zur Lösung offener Vermögensfragen in der Landwirtschaft Die Regelung offener Vermögensfragen erfaßt Grundfragen der Gestaltung und Entwicklung der Eigentums- und Bodenordnung. Die entscheidenden Rechtsgrundlagen dafür sind die Gemeinsame Erklärung der Regierung der BRD und der DDR zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15.6.1990, die gemäß Art. 41 Bestandteil des Einigungsvertrages wird,1s das Gesetz zur Regelung offener Ver11

Einigungsvertrag, Anl. 11 Kap. VI Sachgebiet B Abschnitt 11 Nr. 1 Buchst. a).

12

GBI. DDR 1990 I 300.

§ 4 der 3. DVO zum Treuhandgesetz vom 29.8.1990 (GBI. DDR 1990 I 1333). Vgl. Art. 25 Einigungsvertrag sowie Anl. 11 Kap. IV Abschnitt 111 Nr. 6-8. Vereinbarung zwischender DDR und der BRD zur Durchführung und Auslegung des Einigungsvertrages vom 18.9.1990 (GBI. DDR 1990 11981), zu Kap. IV Nr. 9 und 10. 15 Art. 4 Nr. 5, Art. 41 Abs. 3 des Einigungsvertrages. 13 14

36

Günter Rohde

mögensfragen,16 Art. 41 Abs. 2 Einigungsvertrag und das Gesetz über besondere Investitionen sowie die 1., 2. und 3. Verordnung zur Anmeldung vennögensrechtlicher Ansprüche. Die Aufgabe dieser Regelungen besteht darin, einen sozial verträglichen Ausgleich unterschiedlicher Interessen und über Rechtssicherheit, Rechtseindeutigkeit und das Recht auf Eigentum einen dauerhaften Rechtsfrieden zu schaffen. Davon ausgehend wurden Regelungen getroffen zum Inhalt und Umfang der vom Gesetz erfaßten vermögensrechtlichen Ansprüche, zur Rückübertragung von Vennögenswerten, zum Wertausgleich und zur Entschädigung, zur Aufhebung der staatlichen Verwaltung, zur Gestaltung der Rechtsverhältnisse zwischen Berechtigten und Dritten sowie zur Organisation und zu Verfahrensregelungen. Auf die vielen damit verbundenen Probleme kann hiernicht eingegangen, nur die folgenden Verbindungen zur Landwirtschaft sollen aufgezeigt werden: Zur Bodenreform werden im Einigungsvertrag wichtige Festlegungen getroffen. Nach der Gemeinsamen Erklärung sind die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage ( 1945-1949) nicht mehr rückgängig zu machen. Die Regierungen der Sowjetunion undder DDR sehen keine Möglichkeit, die damals getroffenen Maßnahmen zu revidieren. Die Regierung der Bundesrepublik nimmt dies im Hinblick auf die historische Entwicklung zur Kenntnis. Sie ist der Auffassung, daß einem künftigen gesamtdeutschen Parlament eine abschließende Entscheidung über etwaige staatliche Ausgleichsleistungen vorbehalten bleiben muß. Gern. Art. 41 des Einigungsvertrages ist die Gemeinsame Erklärung beider Regierungen Bestandteil des Vertrages. Über Art. 4 des Einigungsvertrages wird in das Grundgesetz ein neuer Art. 143 eingefügt. Gern. Abs. 3 haben Art. 41 des Einigungsvertrages und Regelungen zu seiner Durchführung auch insoweit Bestand, als sie vorsehen, daß Eingriffe in das Eigentum in den neuen Bundesländern nicht mehr rückgängig gemacht werden. Gern. § 1 Abs. 8 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen ... gilt dieses Gesetz nicht für Enteignungen auf besatzungshoheitlicher oder besatzungsrechtlicher Grundlage. Darüber hinaus werden mit der Lösung offener Vennögensfragen unmittelbar der Grundstücksverkehr und die Durchführung von Investitionen berührt. Um hemmende Auswirkungen zu verhindem bzw. einzuschränken, wurden die folgenden zwei Wege geschaffen: a) Der Zeitpunkt für die Anmeldung vennögensrechtlicher Ansprüche wurde vom 31.1.1991 auf den 13.10.1990 vorverlegt.17 Liegt eine Anmeldung vor, ist der Verfügungsberechtigte verpflichtet, den Abschluß dinglicher Rechtsgeschäfte oder Einigungsvertrag, Anl. II Kap. 111 Sachgebiet B Abschnitt I Nr. 2. § 3 der Verordnung überdie Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche (AnmeldeVO) vom 11.7.1990 (GBl. DDR 1990 I 718) i.d.F. der 2. AnmeldeVO v. 21.8.1990 (GBl. DDR I 1260). 16 17

Bodenrecht in den neuen Bundesländern

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die Eingebung langfristiger vertraglicher Verpflichtungen ohne die Zustimmung des Berechtigten zu unterlassen. Ausgenommen davon sind solche Rechtsgeschäfte, die zur Erfüllung von Rechtspflichten des Eigentümers oder zur Erhaltung und Bewirtschaftung des Vermögenswenes unbedingt erforderlich sind. Nach An. 1 Nr. 5 Abs. 2 der bereits genannten 3. VO über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche vom 15.10.199018 kann in zwei Fällen der Antrag bis zum 31.3.1991 gestellt werden: (1) bei Vermögenswerten von Bürgern und Vereinigungen, die vom 30.1.1933 bis 8.5.1945 aus rassischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden, und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben; und (2) bei Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit rechtsstaatswidrigen Strafverfahren eingezogen wurden, sofern die Berechtigten die Überprüfung des Strafuneils oder anderer Strafverfolgungsmaßnahmen nach dem Rehabilitierungsgesetz vom 6.9.199019 beantragt haben. Damit sind auch die Rechtswirkungen gern. § 3 Abs. 3 des Ge;;~:;.es zur Regelung offener Vermögensfragen (oben N. 16) auf diesen vorverlegten Zeitpunkt begrenzt worden. b) Mit dem Gesetz über besondere Investitionen20 wird Art. 41 Abs. 2 Einigungsvertrag konkretisien. Danach findet eine Rückübertragung von Eigentumsrechten an Grundstücken und Gebäuden nicht statt, wenn das betroffene Grundstück oder Gebäude für dringende Investitionszwecke benötigt wird. Diese wurden in § 1 des Gesetzes über besondere Investitionen festgelegt. Sie liegen vor, wenn ein Vorhaben dringlich und geeignet ist für - die Sicherung oder Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere durch die Errichtung einer gewerblichen Betriebsstätteoder einesDienstleistungsuntemehmens, - die Deckung eines erheblichen Wohnbedarfs der Bevölkerung oder - die für deranige Vorhaben erforderlichen lnfrastrukturmaßnahmen. Für diese besonderen Investitionszwecke können Grundstücke und Gebäude von dem gegenwänig Verfügungsberechtigten auch dann veräußen werden, wenn vermögensrechtliche Ansprüche nach den genannten Rechtsvorschriften geltend gemacht werden. Von dieser Grundsatzregelung ausgehend enthält das Gesetz im einzelnenFestlegungen zu den Voraussetzungenfürdie Einstufung von Investitionen als besondere Investitionen im Sinne des Gesetzes, zur Entschädigung und zum Verwaltungsverfahren. Damit haben diese Investitionen eine besondere Rangstellung 18

BGBl. 1990 I 2150.

19

GBl. DDR 1990 I 1459.

20

Einigungsvertrag, Anl. II Kap. III Sachgebiet B Abschnitt I Nr. 1.

38

Günter Rohde

erhalten, die mit besonderen Auswirkungen auf die Lösung der Vermögensfragen verbunden wurde. Die Verwirklichung dieser Investitionen erhält damit den Vorrang vor einer Rückübereignung der betroffenen Grundstücke.

Axel von Hoerschelmann STAA1LICHE GENEHMIGUNGEN UND VERFAHREN IM GRUNDSTÜCKSVERKEHR• Staatliche Genehmigungen im rechtsgeschäftliehen Bereich stehen grundsätzlich in einem Spannungsverhältnis zur Privatautonomie. Die Vertragsautonomie als deren wichtigste Ausprägung ist als Teil des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verfassungsrechtlich gewährleistet.1 Im Rechtsanpassungsprozeß zwischen dem Recht der BR Deutschland und der vonnaligen DDR erhält dieses Spannungsverhältnis eine besondere Ausprägung im lmmobiliarrecht: - Der Einigungsvertrag erhält für die östlichen Bundesländer die im Katalog des § 2Abs.1 GVVO/DDR2 differenzierteGenehmigungspflichtimGrundstücksverkehr aufrecht. Das Bekenntnis zur Vertragsfreiheit im Vertrag über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion3 sowie im Art. 2 des die zuletzt geltende DDRVerfassung ändernden Gesetzes vom 17.6.199()4 hat insofern mit dieser Norm eine Einschränkung erfahren. - Mit dem Einigungsvertrag wird das Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG)s auf die östlichen Bundesländer ausgedehnt. Im EG-Bereich unterwirft neben Dänemark6 nur die BR Deutschland den Verkehr mit land- und forstwirtschaftliehen Flächen einer Genehmigungspflicht. •

Abgeschlossen arn 27.9.1990.

So BVertUE 8, 328. 2 Vom 15.12.1977 (GBl. DDR 1978 I 73), zuletzt geändert durch das 1. Zivilrechtsänderungsgesetz v. 28.6.1990 (GBl. DDR I 524) i.dF. der Anl. II Kap. III Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands -Einigungsvertrag -v. 31.8.1990 (BGBI. 1990 II 885 = Bull. d. BReg. v. 6.9.1990, Nr. 104, S. 877, 1077). 3 Art. 2 des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik v.l8.5.1990 (BGBI. 1990 II 518 = Bull. d. BReg. v. 18.5.1990, Nr. 63, S. 517). Im "Gemeinsamen Protokoll" zu diesem Vertrag heißt es (A II Nr. 2, aaO. S. 526): "Die Vertragsfreiheit wird gewährleistet.". 1

4 Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (Verfassungsgrundsätze) vom 17.6.1990 (GBI. DDR I 299).

5 Vom 28.7.1961 (BGBl. I 1091) i.d.F. des BauGB v. 8.121986 (BGBl. I 2191). -Siehe dazu Hessler, oben S. 19 f. 6 Winkler, Das landwirtschaftliche Grundstücksverkehrsrecht in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften: StuR 1990, 550 (553).

Axel von Hoerschelmann

40

Besonderheiten ergeben sich aus der derzeitigen Umstrukturierung der land- und forstwinschaftlichen Eigentumsverhältnisse. Die §§ 54, 55 des fongeltenden Landwirtschaftsanpassungsgesetzes der DDR7 sehen nämlich ZWtächst die auf privatautonomer Vereinbarung beruhende Bereinigung im Wege des ,,freiwilligen Landtausches" vor. Bei Nichtzustandekommen einer Einigung ist gern. § 56 ein Bodenordnungsverfahren vorgesehen. Immobiliarrechte, die den gesetzlichen Vorschriften über die Übertragung bzw. Abwicklung des Volkseigentums unterfallen,• sind nach Rechtsinhaberwechsel nach den allgemeinen Bestimmungen zu behandeln. I. Nach der Einigung fortbestehende Genehmigungspflichten im Immobilienrecht

1. Grundstücksverkehrsverordnung (GVVO) der DDR a) Anwendungsbereich Notariell zu beurkundendeGrundstückskauf-oder Schenkungsverträge bedürfen gern.§ 2 Abs. 1 GVVO in den östlichen Bundesländern weiterhin der Genehmigung durch das gern. § 7 GVVO zuständige Landratsamt bzw. die Stadtverwaltung in kreisfreien Städten. § 2 GVVO hat damit dem Grunde nach seine Bedeutung behalten. Genehmigungspflichtig sind nach wie vor alle im Katalog des § 2 Abs. 1 GVVO genannten Rechtsgeschäfte. Allerdings war diese Genehmigungspflicht bereits durch den Vertrag über die Währungsunion' sowie das 1. Zivilrechtsänderungsgesetz10 eingeschränkt worden. aa) Bisherige Genehmigungsfreiheit Genehmigungsfrei ist der Erwerb von Immobiliarrechten durch eine natürlichejetzt auch eine juristische - Person im Erbwege. Keiner Genehmigung bedarf der 7

Gesetz überdie strukturelle Anpassung der Landwirtschaft an die soziale und ökologische

Marktwirtschaftin der Deutschen DemokratischenRepublik-Landwirtschaftsanpassungsgesetz

- v. 29.5.1990 (GBl. DDR I 642) i.d.F. des Einigungsvertrages (oben N. 2) Anl. II, Kap. VI Abschnitt II (= S. 1100).

8 S. etwa das Gesetz über die Übertragung des Eigentums und die Verpachtung volkseigener landwirtschaftlich genutzter Grundstücke an Genossenschaften, Genossenschaftsmitglieder und andere Bürgerv. 22.7.1990 (GBl. DDR I 899) i.d.F. der Anl. ll, Kap. V1 Sachgebiet: Treuhandvermögen, Abschnitt II, Nr. 1 des Einigungsvertrages (oben N. 2) (= S. 1101); Kommunalvermögensgesetz v. 6.7.1990 (GBl. DDR I 660)i.d.F. der Anl. II, Kap. IV, Abschnitt III, Ziff. 2 des Einigungsvertrages (oben N. 2) (= S. 1098). 9

Anl. III, II, Nr. 14 Buchst a).

Genehmigungen und Verfahren im Grundstücksverkehr

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Abschluß von (Änderungs-)Verträgen über land- und forstwirtschaftliche Flächen, wenn das Landratsamt- vormals "Rat des Kreises"- Vertragspartner ist. Genehmigungsfrei ist gern. § 2 Abs. 2 GVVO ein Vertrag über Flächen reduzierter landwirtschaftlicher Nutzung (Kleingarten etc.). Die Eintragung des Eigentumswechsels an einer Austauschfläche nach dem LandwirtschaftsanpassungsG ist zwingend durch Gesetz vorgeschrieben und bedarf keiner weiteren Genehmigung.

bb) Genehmigungspflicht bei landund forstwirtschaftliehen Flächen nach der GVVO § 2 GVVO sieht die Genehmigungspflicht für die vertragliche Eigentumsübertragung an Grundstücken allgemein vor. Innerhalb der GVVO bestehen für den Verkehr mit land- und forstwirtschaftliehen Flächen keine besonderen Regeln. Mit lnkrafttreten des Einigungsvertrages gilt das Grundstücksverkehrsgesetz auch in den östlichen Bundesländern~ Damit sind für den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Flächen11 je eine Grundstücksverkehrs- bzw. Bodenverkehrsgenehmigung erforderlich.12 Entsprechend bestehen zwei Genehmigungsbehörden sowie unterschiedliche Rechtsschutzmöglichkeiten.13 Mit mehreren hunderttausend Auslrunftsbegehren14 bei den Liegenschaftsdiensten (künftig: Grundbuchämter) sowie einer vermutlich noch erheblich höheren Zahl von Anmeldungen nach der AnmeldeV01 ~ wird sich die Dauer der Genehmigungsverfahren verlängern. Der Übergang von der großflächigen Kollektivbewirtschaftung zu selbständigen Landwirtschaftsbetrieben wird zudem in vielen Fällen von einem Kataster- und/oder Flurbereinigungsverfahren begleitet sein. Hier kann dieim Unterschied zu den westlichen Bundesländern - zusätzliche Genehmigungspflicht gern.§ 2 GVVO u.U. zu einer weiteren Verfahrensverlängerung beitragen. § 2 Nr. 2 des 1. Zivilrechtsänderungsgesetzes v. 28.6.1990 (GBl. DDR I 524). Zum Begriffs. BGH, AgrarR 1986, 211. 12 Auf die Zuordnung der Genehmigungen innerhalb der Normenhierarchie kann hier nicht eingegangen werden. 10

11

13 Gern. § 7 GVVO ist das örtlich zuständige Landratsamt bzw. bei kreisfreien Städten die Stadtverwaltung zuständig. Die landesrechtlich zu bestimmendenlandwirtschaftlichen Genehmigungsbehörden müssen noch gebildet werden. Bei Versagung der Bodenverkehrsgenehmigung ist auf Antrag der Beteiligten (§ 22 GrdstVG) die gerichtliche Entscheidung durch das Landwirtschaftsgericht (§ 1 Nr. 2LwVGv. 21.7.1953- BGBl. I667 -i.d.F. des Gesetzes vom 3.12.1976, BGBl. I 3281) möglich. 14 Laut einer AP-Meldung ("Der Tagesspiegel", Berlin v. 10.8. 1990) sollen zum Termin dieser Meldung 247.000 Auskunftsbegehren vorliegen. 15 VO über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche v. 11.7.1990 (GBl. DDR I 718) sowie die 2. AnmeldeVO v. 21.8.1990 (GBl. DDR 11260); beide Verordnungen hat der Einigungsvertrag (oben N.2) aufrecht erhalten (Anl. II Kap. III Sachgebiet B Abschnitt I Nr. 2 und 3).

Axel von Hoerschelmann

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Allerdings war in der Gemeinsamen Erklärung zu den offenen Vermögensfragen vom 15.6.199016 zum Ausdruck gekommen. daß in der DDR die Veräußerung von Grundstücken allgemein (zunächst) unterbunden werden solle, ,,an denen frühere Eigentumsrechte ungeklärt sind". Die Definition dieser ungeklärten Eigentumsverhältnisse fmdet sich in§ 6 Abs. 2 S. 3 AnmeldeVO. Die Gemeinsame Erklärung vom 15.6.1990 ist als Anlage III Bestandteil des Einigungsvertrages geworden.17 Auch für den land- und forstwirtschaftliehen Bereich besteht das Erfordernis geklärter Eigentumsverhältnisse zwecks Investition. Das Erfordernis der zusätzlichen Genehmigung gern. §§ 2, 3 GVVO ermöglicht die erforderliche Kontrolle. b) Genehmigungsvoraussetzungen gern.§§ 2, 3 GVVO Durch Aufbebung der Abs. 1, 2 und 4 des§ 3 GVVO im Einigungsvertrag18 sind wesentliche Genehmigungsbestimmungen weggefallen. Der Versagungskatalog gern. § 3 Abs. 5 GGVO war bereits durch den Vertrag über die Währungsunion entfallen.19 Die Aufhebung dieser Bestimmungen sowie§ 2 Abs. 2 des InvestitionsG,20 das mit dem Einigungsvertrag in Kraft trat, hat die bisherige Struktur der Genehmigungsentscheidung gern. § 3 GVVO grundsätzlich geändert. Nach dem derzeitigen Stand bestehen für eine Genehmigung lediglich folgende Bestimmungen: - Es muß ein genehmigungspflichtiges Geschäft gern. § 2 GVVO vorliegen und - Die Genehmigung ist zu erteilen. wenn eine Investitionsbescheinigung nach § 2 Abs. 2 InvestitionsG vorliegt. Es sind daher folgende zwei Genehmigungsmöglichkeiten zu unterscheiden: (1) Genehmigung von Verträgen ohne Investitionsbescheinigung aa) Bisherige Genehmigungsstruktur Bis zum Inkrafttreten des Einigungsvertrages war die Absicht eines Investitionsvorhabens ohne rechtliche Bedeutung für die Grundstücksverkehrsgenehmigung. Bislang mußte neben mehreren Unbedenklichkeitsbescheinigungen gern. § 3 Abs. 2 GVVO die Übereinstimmung der beabsichtigten Rechtsänderung mit den "staatli16 Ziff. 13 b der Gemeinsamen Erklärung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutsesben Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen v. 15.6.1990, Bull.d. BReg. 1990, Nr. 77, S. 661.

17

Anl. lß, s. oben N. 2 (= S. 1119).

Oben N. 2: Anl. II Kap. m Sachgebiet 8 Abschnitt II Nr. 1 Buchst. a). 19 Bull d. BReg. (oben N. 3), Anl. III, II. Wirtschaftsunion, Nr. 14 b (= S. 535). 20 Gesetz über besondere Investitionen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (oben N. 2, S. 1070), Vorspruch Nr. 1. II

Genehmigungen und Verfahren im Grundstücksverkehr

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eben und gesellschaftlichen Aufgaben" gegeben sein. Zudem mußten die sich "aus dem Eigentum gegenüber der sozialistischen Gesellschaft ergebenden Rechte und Pflichten gewahrt werden". Zwingende Versagungsgründe gern. § 3 Abs. 4 GVVO hoben die Bedeutung des - in der BR Deutschland ähnlich wichtig eingeschätzten21-Grundstücksverkehrs hervor. Diese in der BR DeutschlandohneEntsprechung gebliebene Norm trug wesentlich zu einer nahezu ungehemmten öffentlichen Verfügung über den Boden22 bei. Der unbestimmte Versagungsgrund ,.Verletzung staatlicher und gesellschaftlicher Interessen" konnte zu sachfremden, personell begünstigenden oder benachteiligenden Entscheidungen mißbraucht werden. Verfügungen unter Lebenden zugunsten eines ,,Devisenausländers" mit Wohnsitz im Ausland wurden regelmäßig aus unterschiedlichen rechtlichen Gründen versagt.23 Die erstmalige Genehmigung eines derartigen Vertrages liegt nach Kenntnis des Verfassers erst einige Wochen zurück. Der in der DDR-Presse in Bezug auf Innenminister Diestel der Öffentlichkeit nähergebrachte § 3 Abs. 4 GVVO- wohl in der Alternative des Buchst. a: ,,Konzentration von Grundeigentum"24 -läßt in seiner öffentlichen Nennung erahnen, wie sensibel man in den östlichen Bundesländern auch nach Wegfall der auf den Sozialismus bezogenen Normen25 auf immobiliarrechtliche Entscheidungen reagiert. bb) Genehmigungsverfahren gern. §§ 2, 3 GVVO i.d.F. des Einigungsvertrages Mangels gesetzlich normierter Versagungsgründe könnte an eine generelle Genehmigungspflicht,26 d.h. an einen Anspruchauf Genehmigungsetteilung gedacht 21 S. Sehrig, Aspekte des Zivilrechts der DDR aus anwaltlieber Sicht, in: Below, Hans JiiJgen (Hrsg.), Rechtsberatung fll.r DDR-Übersiedler. Dokumentation einer Fachtagung der Bundesrechtsanwaltskammer, derOtto Benecke Stiftung unddes Wirtschaftsmagazinsimpulse (1990) 15 (28). Die besondere "Bedeutung der Übertragung von Grundstückseigentum für die Beteiligten und die Allgemeinheit" unterstreichen Westen/Schleider, Zivilrecht im Systemvergleich. Das Zivilrecht der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland (1984) 320. 22 Auf diese auf Art. 15 der Verfassung gestützte Grundtendenz macht Luchterhandt, Der verstaatliche Mensch (Schriften zur Rechtslage Deuschlands 10, 1985) 1Jl7, aufmerksam.

13 Versagungsgrund konnte jede der Alternativen des § 3 A bs. 4 G VVO sein. Zudem wurde regelmäßig gern.§ 6 DevG (v. 19.12.1973, GBI. DDR I 574i.d.F. des Gesetzes v. 28.6.1979, GBI. DDR I 147, aufgehoben durch den Vertrag über die Währungsunion (oben N.3) Anl. III, I. Währungsunion Nr. 2 = S. 534) die erforderliche devisenrechtliche Genehmigung nicht erteilt. 24 S. das Interview mit dem Landrat des Kreises Königs Wusterhausen in der Berliner Zeitung v. 17.9.1990, in dem er die Prüfung dieser Norm durch das Landratsamt bestätigte.

25 Oehler, EntscheidungenstaatlicherOrgane im Grundstücksverkehr: NJ 1989, 188 (190), läßt den Beurteilungsspielraum erkennen, wenn sie als "typisch" für den Fall der "Konzentration von Grundeigentum" die Nutzung eines weiteren "entsprechenden" Grundstücks anführt. 26 S. dazuetwa Weides, Verwaltungsverfahren und Widerspruchsverfahren (2. Aufl. 1981)

115.

Axel von Hoerschelmann

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werden. Im Genehmigungsverfahren nach dem Grundstücksverkehrsgesetz etwa ist bei Nichtvorliegen eines Versagungsgrundes gern. § 9 GrdstVG ein derartiger Anspruch gegeben.27 Künftige Genehmigungen sind in folgendem Rahmen zu erwarten: - Mangels weiterer Genehmigungsvoraussetzungen muß die Genehmigungsbehörde zumindest den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Willkürverbot gern. Art. 3 0028 beachten. Landesrechtliche Bestimmungen stehen aus. - Das Ziel einer verwaltungseinheitlichen Praxis kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf fortgeltende Verwaltungsentscheidungen der DDR-Behörden gestützt werden. Dies wird auch in Zukunft noch möglich sein. Der Einigungsvertrag sieht ausdrücklich die Fortgeltung rechtsstaatlicher und mit dem Einigungsvertrag konformer Verwaltungsentscheidungen (Art. 19) vor. - Die Möglichkeit, gern. § 3 Abs. 3 GVVO Auflagen zu erteilen, ist bestehengeblieben. Die Genehmigung kann von der Erfüllung der Auflage abhängig gemacht werden. Die Auflage wurde bislang u.a als Mittel zur Ausräumung von Versagungsgründen19 angesehen. Nach Wegfall des§ 3 Abs. 4 GVVO könnte diese Norm zur Herbeiführung der Genehmigungsvoraussetzungen benutzt werden. Dies beträfe etwa Fälle der Beschaffung einer Investitionsbescheinigung nach § 2 Abs. 2 lnvestitionsG sowie der Erteilung einer Genehmigung bzw. Zustimmung gern. § 6 Abs. 2 S. 3 AnmeldeVO. Ob Auflagen auch noch für weitere Zwecke eingesetzt werden können, läßt sich nur in einem breiteren Rahmen erörtern. Bislang konnte in der DDR auch die Veräußerung eines anderen Grundstückes zur Auflage gemacht werden.30 So sollte die Anhäufung von Grundeigentum in einer Hand vermieden werden. § 4 der fortgeltenden FörderungsVO für kleine und mittelständische Untemehmen31 sieht. die Zustimmung der Gemeinden und Städte vor, soweit Grundstücke, die unter den Bedingungen der Verordnung erworben wurden, binnen drei Jahren weiterveräußert werden. Entsprechende Auflagen bei anderen Grundstücken wären -auch in Form von Rückfallklauseln -vorstellbar. Derartige "Steuerungselemente" sind früher bereits von Westen/Schleithrl 1 mit Blick aufbeide Rechtsordnungen in Deutschland empfohlen worden. Zwei Gesichtspunkte ließen eine Einschränkung der Privatautonomie für die Zukunft rechtlich weniger bedenklich erscheinen: das Interesse der 27 28

BVertGE 54, 159 ff. Weides (oben N. 26) 124.

29

Oehler (oben N. 25).

30

So Oehler ausdrücklich, a.a.O.

31 VO über die Förderung des Erwerbs von Grund und Boden durch kleine und mittelständische Unternehmen der DDR v. 11.7.1990 (GBI. DDR I 665). Die Verordnungist am 31.12.1990 außer Kraft getreten (Einigungsvertrag [oben N. 2] Anl. II Kap. V Abschnitt III Nr. 6).

32

Oben N. 21.

Genehmigungen und Verfahren im Grundstücksverkehr

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Allgemeinheit an einer tatsächlich investitions- und nicht spekulationsfördernden Genehmigungspraxis sowie die zeitlich beschränkte Fongeltung des DDR-Rechts unter den Vorgaben des neuen An. 143 GG. In diesem Sinne widerspräche die vorübergehende Einschränkung der Privatautonomie auch nicht dem Gedanken der Rechtseinheit Dem vor Jnkrafttreten des Einigungsvertrages in der BR Deutschland geltenden Recht waren solche Beschränkungen gerade in der Frühzeit der Bundesrepublik nicht fremd. Eine Anmerkung: die Beobachtung des Einigungsprozesses im Ausland umschließt auch den hiesigen Umgang mit Eigentumsfragen. Die schwierige Suche nach Problemlösungen und Wegen zur Rechtswahrung wirddonnicht als störend empfunden. Hier gibt es weitgehendes Verständnis.33 Die z.T. chaotischen Begleitumstände werden jedoch als irritierend empfunden.34 Hierzu zählen etwa eigenmächtige lobesitznahmen durch (ehemalige) Eigentümer, einseitig begünstigende Grundstücksveräußerungen durch staatliche Stellen selbst nach der Wahl einer demokratischen Regierung oder gar die Anwendung körperlicher Gewalt. Auch für die künftige Ordnung im Grundstücksrecht sowie die Genehmigungspraxis im Grundstücksverkehr gilt: Dem "sozial verträglichen Ausgleich unterschiedlicher Interessen"3s kommt für die Berechenbarkeil des Einigungsvorganges erhebliche Bedeutung im In- und Ausland zu. (2) Genehmigung von Verträgen bei vorliegender Investitionsbescheinigung Die Genehmigung mit Investitionsbescheinigung setzt voraus: den Antrag des Veräußerers (=des derzeitig Verfügungsberechtigten) bis zum 31.12.1992, ehemaliges Volkseigentum, das unter die AnmeldeVO fällt,

das Fehlen einer Mitteilung des Landratsamtes/der Stadtverwaltung über eine beabsichtigte Rückübertragung und 33 Die Renaissance des Privateigentums in den östlichen Staaten läßt auch andere EmpfindlichJreiten im Hinblick anf Deutschland erkennen. In der deutschsprachigen sowjetischen Zeitung .,Neues Leben" vom 18.4.1990 (Fitz, Die Heimat wiedererlangen: Wunschtraum oder Realität, S. 3) finden sich zum Problem eineretwaigen Ansiedlung von Rußlanddeutschen im Gebiet Königsberg folgende Fragen: .,Selbst wenn sie [gemeint ist die nichtdeutsehe Bevölkerung im Gebiet in und um Königsberg - d. Verf.] die Idee der Schaffung einer Republik der Sowjetdeutschen dort unterstützen wollten, bürgt jemand dafür, daß die ehemaligen ostpreußischen Haus- und Landgutbesitzer ihr Eigentum nicht zurück haben wollen? Was kommt dann? Eine neue Übersiedlung? Oder gibt es dann schon Zusammenstöße zwischen Deutschen und Deutschen?" 34 S. Zieger, Die deutsche Einheit und die europäische Integration: Blumenwitz/Meissner, Staatliche und nationale Einheit Deutschlands-ihre Effektivität (Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht 3, 1984) 11 (15), der anf die enge Beziehung zwischen den auf Deutschland bezogenen außen- und innenpolitischen Fragen sowie deren Beobachtung im Ausland aufmerksam gemacht hat.

35

Vorspruch zur Anl. III des Einigungsvertrages (oben N. 2, S. 1119).

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- den Nachweis besonderer Investitionszwecke durch den Vorhabenträger. Unsicherheiten bietet die Verpflichtung des Vorhabenträgers, "die wesentlichen Merkmale des Vorhabens" durchzuführen. Der Vorhabenträgermuß auch die sachlichen Voraussetzungen für das Vorhaben erfüllen. Inhaltlich sind die gesetzlich zulässigen Investitionszwecke sehr weit gefaßt: - Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen oder - Deckung eines erheblichen Wohnbedarfs der Bevölkerung oder - für derartige Vorhaben erforderliche Jnfrastrukturmaßnahmen.

Die Maßnahmen selbst müssen geeignet und dringlich sein. Und die Inanspruchnahme von Gebäuden und Grundstücken muß hierfür erforderlich sein. Kommt das Vorhaben nicht zustande, so fällt das Eigenturn nach dem Gesetz an den Veräußerer zurück. Die Bescheinigung gern. § 2 darf nur unter der Auflage erteilt werden, daß der Veräußerungsvertrag für den Fall der Nichtdurchführung den Rückfall des Eigentums vorsieht (Rückfallklausel, § 1 Abs. 3 S. 3). Eine Frist für das "Gelingen" des Vorhabens legt das Gesetz nicht fest. Auch für eine Auswahl zwischen mehreren Investoren - so etwa zwischen Magistrat von Berlin und den umliegenden Kreisen36 oder zwischen "Alteigentümer'' und Drittinvestor- enthält das Gesetz nicht. 2. Sonderfall: Fortgeltung der AnmeldeVQ37 Die fortgeltende AnmeldeVO sieht die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche bis zum 13.10.1990 vor. Unter die AnmeldeVO fallen verschiedene Werte, die z.T. aufgrundsehr unterschiedlicher Bestimmungen beschlagnahmt, staatlich oder treuhändefisch verwaltet wurden. Die Verordnung gilt u.a. auch für solche Vermögens- und Nutzungsrechte, die aufgrund "unlauterer Machenschaften", z.B. durch Machtmißbruach, Korruption, Nötigung oder Täuschung des Erwerbers, staatlicher Stellen oder Dritter erworben wurden.38 Die Anmeldung des vormals Berechtigten hat unterschiedlichen Einfluß auf den jeweiligen Verfahrensstand. Es erfolgt - die Aussetzung des Genehmigungsverfahrens gern.§ 6 Abs. 2 AnmeldeVO bis zur abschließenden Klärung ungeklärter Eigentumsverhältnisse. Dazu zählen 36 S. dazu auch Kittke, Zur Regelung offener Vennögensfragen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR: DtZ 1990, 179 (182). 37 Anl. II, Kap. III, Sachbereich B, Abschnitt 1 des Einigungsvertrages (oben N. 2,S. 1070) i.d.F. der 2. VO überdie Anmeldung vennögensrechtlicher Ansprüche v. 21.8.1990, GBL DDR I 1260.

38

Zum Geltungsbereich s. jetzt auch§ 1 der 2. VO (oben N. 37).

Genehmigungen und Verfahren im Grundstücksverkehr

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die Fälle, die bereits in der Gemeinsamen Erklärung vom 15.6.1990 erwähnt sind; - die Versagung der Genehmigung gern. § 6 Abs. 1, wenn ein Grundstück in treuhändenscher oder staatlicher Verwaltung steht und die Zustimmung des Eigentümers fehlt; - die Wiederaufnahme des Genehmigungsverfahrens gern.§ 7 Abs. 1 AnmeldeVO, wenn a) das Rechtsgeschäft nach dem 18.10.1990 geschlossen wurde und b) gern. § 6 Abs. 1 und 2 nicht hätte genehmigt werden dürfen; - die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch von amtswegen gern. § 7 Abs. 3 AnmeldeVO, wenn die vorherige Veräußerung bereits im Grundbuch eingetragen worden ist. Mit dem Wiederaufgreifen des Verfahrens wird es insgesamt wieder in den status quo ante versetzt. Dies bedeutet, daß die ab dem 3.10.1990 entfallenden Versagungsgründe gern. § 3 Abs. 4 GVVO auf die vor diesem Termin genehmigten Verträge anzuwenden sind. WerdenVerträge erst nach dem 3.10.1990 zur Genehmigung vorgelegt und kommt die beabsichtigte Rechtsänderung noch zur Eintragung, so hätte die Anmeldung zur Folge, daß im Wiederaufnahmeverfahren die zwingenden Versagungsgründe nicht zur Anwendung kämen. Gesondert ist der gesetzgebensehe Wille zur Beachtung der Privatautonomie in diesem Verfahren hervorzuheben. Genehmigungsversagung und Aussetzung des Verfahrens treten bei Zustimmung des Berechtigten gern. § 6 Abs. 1 bzw. Einverständnis gern. § 6 Abs. 2 AnmeldeVO nicht ein.

II. Verfahren 1. Grundbuch Die neu geschaffenen Grundbuchämter werden vorbehaltlich späterer bundesgesetzlicher Regelung nach Landesrecht geführt. Mit dem Einigungsvertrag sind die um Übergangsregelungen ergänzten Bestimmungen der Grundbuchordnung sowie andere auf das Grundbuch bezogene Vorschriften im Gebiet der vormaligen DDR in Kraft getreten. Vor dem Beitrittstag eingegangene Anträge auf Grundbucheintragung sind nach dem vor diesem Tag geltenden Recht zu behandeln. Für das Genehmigungsverfahren nach dem InvestitionsG gilt, daß eine Eintragung im Grundbuch gern. § 2 Abs. 3 InvestitionsG nur bei Vorliegen der Investitionsbescheinigung erfolgen darf. Ist im Verfahren nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen39 die abschließende Entscheidung unanfechtbar geworden, wird auf Antrag der bescheidenden Behörde für den aufgrunddes Bescheides Berechtig39

§ 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen.

48

Axel von Hoerschelmann

ten die Berichtigung des Grundbuches gebührenfrei vorgenommen.§ 34 Abs. 1-2. Ein Vermerk über die staatliche Verwaltung wird unter entsprechender Anwendung dieser Vorschriften gern. § 34 Abs. 4 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen gelöscht. Von amtswegen sind gern.§ 18 Abs.1 dieses Gesetzes bei Rückübertragung die dinglichen Belastungen, die bei Übergang in Volkseigentum bestanden, wieder einzutragen. Die Befreiung des Berechtigten von den Kosten des Verwaltungsverfahrens (einschließlich Widerspruchsverfahren) und der Grundbuchberichtigung sowie der Grunderwerbssteuer sind hier hervorzuheben. Trotz dieser gesetzlichen Regelungen sind in den letzten Tagen einige Gebührenerhebungen durch Landratsämter bekanntgeworden. 2. Preisrechtliche Bestimmungen Grundstücke, die kleinen und mittleren Unternehmen aufgrund des § 3 der VO vom 11.7.199()40 mit den am 30.6.1990 geltenden Preisen veräußert wurden, können nach dem 31.12.1990 zu Marktpreisen neu bewertet werden.

3. Staatliches Vorkaufsrecht Mit dem Einigungsvertrag treten auch die Bestimmungen der GrundstücksverkehrsVO über das staatliche Vorkaufsrecht gern. §§ 11 ff. außer Kraft. Bereits auf Grund des Vertrages über die Währungsunion waren die in § 11 Abs. 1 GVVO ("Grundsätze") genannten Bestimmungen "zur Durchsetzung der staatlichen und, gesellschaftlichen Interessen" nicht mehr anwendbar. Eine den §§ 24 ff. BauGB entsprechende sachliche Begrenzung sowie die Gemeinwohlbezogenheil kannte die GrundstücksverkehrsVO nicht.41 4. Zusammenarbeit und Auskunftspraxis Zu Beginn dieses Jahres wurde in Abweichung von der bisherigen Praxis Rechtsanwälten und Notaren Einsicht in Grundbücher ausdrücklich gewährt.42 Bis in den

40

S. oben N. 31.

Ein Vorerwerbsrecht im Rahmen des§ 4 RSiedlG, dessen Anwendungsbereich mit dem Einigungsvertrag auf die neuen Bundesländer ausgedehnt wird (Anl. II, Kap. VI, Sachgebiet E, Abschnitt 111, Ziff. 1; oben N. 2, S. 970), setzt eine Genehmigung gem. § 2 GVVO voraus. 41

42

123.

Mitteilungen der Rechtsanwaltskammer Frankfurt/M. Nr. 2/1990, abgedr. in DtZ 1990,

Genehmigungen und Verfahren im Grundstücksvetkehr

49

Sommer 1990 kam es jedoch zu z.T. hartnäckigen Einsichtsverweigerungen. Die zuvor gegenüber im Westen lebenden Eigentümern geübte strikte Auskunftsverweigerung- gestützt auf§ 27 Abs. 4 GrundbuchverfahrrensO- wurde aufgegeben. Eine tatsächliche Zusammenarbeit zwischen Behörden hat etwa schon vor Inkraftsetzung des Einigungsvertrages bei der Zusammenführung der Gemeinde Staaken (Berlin) bestanden. In Vorbereitung der hierzu ergangenen Bestimmungen des Einigungsvenrages43 hatte eine .,Arbeitsgruppe Staaken (AGST)" unter Beteiligung beider Seiten bereits mehrfach getagt.

43

Protokoll zum Einigungsvertrag Ziff. I Nr. 1 (oben N. 2, S. 889).

4 Drobni&

Helmuth Sehrig RECHTSS'IELLUNG WESIDEUTSCHER GRUNDEIGENTÜMER IN DER DDR

Der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31.8.1990, 1 die als Anlage m diesem Vertrag beigefügte Gemeinsame Erklärung zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15.6.1990 sowie das in Anlage II Kapitel m enthaltene Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen bilden zusammen mit derVerordnungüber die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche vom 11.7 .199()2 undder 2. Verordnsung hierzu vom 21.8.199()3 die Grundlage derfolgenden Ausführungen. Folgende Fallgruppen werden zu behandeln sein: (1) Grundbesitz, der bislang auf privatrechtlicher Grundlage durch Hausverwaltungen oder infolge persönlicher oder familiärer Beziehungen als Einzelobjekt oder (2) Grundbesitz, der durchdieKommunale Wohnungsverwaltung/VEB Gebäudewirtschaft verwaltet wurde. (3) Grundbesitz unter staatlicher Verwaltung; namentlich derjenige von deutschen Staatsbürgern. die seit dem 8.5.1945 keinen Wohnsitz in der sowjetischen Besatzungszone/Deutsche Demokratische Republik bzw. Berlin-Ost hatten bzw. dieses Gebiet bis zum 10.6.1953 mit Genehmigung der dortigen Behörden verlassen haben. (4) Grundbesitz, der nach dem 6.10.1949 im Wege der Beschlagnahme in Volkseigentum überführt wurde, weil die Eigentümer das Gebiet der DDR (einschließlich Berlin-Ost) bis zum 10.6.1953 ungenehmigt verlassen haben. (5) Grundbesitz von Personen. die das Gebiet der DDR einschließlich Berlin-Ost zwischen dem 11.6.1953 und dem 13.11.1989 unabgemeldet verlassen haben. (6) Hausgrundstücke, die aufgrundnicht kostendeckender Mieten und infolge-

4•

I

BGBl. 1990 II 885.

2

GBl. DDR 1990 I 708.

3

GBl. DDR 1990 I 1260.

52

Helmuth Sehrig

dessen eingetretener Überschuldung durch Enteignung, Eigentumsverzicht, Schenkung oder Erbausschlagung in Volkseigentwn übernommen wurden. (7) Grundbesitz, der aufgrund unlauterer Machenschaft, z.B. Machtmißbrauch, Korruption, Nötigung oder Täuschung des Erwerbers, staatlicher Stellen oder Dritter erworben wurde.

(8) Grundbesitz, dessen Eigentümer in der Zeit vom 30.1.1933 bis zum 8.5.1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und der infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren ging. (9) Grundbesitz, der auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet wurde.

I. Privat verwaltete Grundstücke Bereitsmitdem Inkrafttteten des Staatsvertrages über die Währungs-, Winschaftsund Sozialunion am 1. Juli 1990" waren die Voraussetzungen dafür geschaffen worden, daß westdeutsche Grundstückseigentümer, deren Grundvermögen bis dahin durch Bürger der DDR verwaltet werden mußte, wieder selbst die Verantwortung übernehmen konnten. An den bestehenden Mietverträgen über Wohnraum hat sich prinzipiell nichts geändert. Nach Art. 3 des Einigungsvertrages in Verbindung mit Art. 8 istjedoch in Art. 232 § 2 EGBGB bestimmt, daß Mietverhältnisse, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts geschlossen wurden, sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches richten. Allerdings gilt nicht § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BOB (Eigenbedarf) und ebenso nicht Abs. 3 der genannten Vorschrift, wonach ein beachtliches Interesse des Vermieters an der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks als Kündigungsgrund gilt. Diese Übergangsregel gilt prinzipiell bis zum 31.12.1992.

Auch die Höhe des Mietpreises ist bis 1991, jedenfalls auf der Grundlage bisheriger Preisvorschriften, unverändert geblieben. Ausgenommen sind die Mieten für Gewerberaum, für den verbindliche Preisvorschriften durch die Verordnung vom 23.8.1990S geregelt sind. Auch die grundsätzlich freie Verfügbarkeit über das Eigentwn an Grundstücken ist seit Inkrafttteten des Einigungsvertrages wieder gewährleistet. Der Einigungsvertrag bestirnrnt6 die Fortgeltung (wenn auch mit einigen Änderungen) der Grundstücksverkehrsverordnung der DDR vom 15.12.1977 mit den 4

BGBl. 1990 II 517.

5

GBl. DDR 1990 I 1424.

6

Einigungsvertrag (oben N. 1) Anl. II Kap. III Sachgebiet B Abschnitt II.

Rechtsstellung westdeutscher Grundeigentümer in der DDR

53

Änderungen vom 28.6.1990.7 Die Grundstücksverkehrsverordnung, die künftig als Landesrecht fortgelten wird, dürfte künftig nur noch der Kontrolle des Grundstücksverkehrs, nicht mehr aber dessen Leitung dienen. Auch die freie Vereinbarkeil der Grundstückspreise ist nunmehr gewährleistet. Im übrigen muß ich in diesem Zusammenhang hier auf die Sondervorschriften verweisen, die unter Art. 232 §§ 1 bis 8 EGBGB normiert sind.

/1. Verwaltung durch die Kommunale Wohnungsverwaltung Problematisch wird es in jener Vielzahl von Fallen. in denen die Kommunale Wohnungsverwaltungmangels anderer Möglichkeitdie Verwaltung des Grundbesitzes ausübte. Hier sind Rechtsstreitigkeiten programmiert. Die Kommunalen Wohnungsverwaltungen wurden nur dann tätig, wenn der Eigentümerdie Vollmachtmitder Ennächtigung zur Kreditaufnahme verband. Zwar war es in vielen Fällen möglich. den Kreditrahmen auf den steuerlichen Einheitswert des Grundbesitzes zu begrenzen. Aber auch diese Begrenzung war keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des einzelnen Objekts. Häufig genug wurden Kreditmittel nicht für die Substanzerhaltung verwandt, sondern zweckentfremdet dafür genommen. um Aus- oder Umbauwünsche privilegierter Mieter derartiger Objekte, vor allem in Ein- oder Zweifamilienhäusern zu erfüllen. oder aber um an Fassaden der Mietshäuser Arbeiten bis zum sogenbannten Moneckerstrich ausführen zu lassen, den wesentlichen Rest dagegen dem Verfall preiszugeben. Wenn der Eigentümer nunmehr der Kommunalen Wohnungsverwaltung die Vollmacht entzieht- eine Kündigung ist durch den Eigentümer gem. § 202 Abs. 1 ZGB jederzeit möglich- wird in jedem Einzelfall die sachgerechte Erfüllung des Verwaltungsvertrages, soweit überhaupt anband von Unterlagen möglich. zu prüfen sein. Dem Eigentümer steht bei negativem Ergebnis die Möglichkeit offen, gem. § 201 in Verbindung mit§ 330 ZGB Schadenersatz zu fordern. Dessen Umfang ist gem. § 337 Abs. 1 ZGB dahin deftniert, daß der Geschädigte durch den Schadenersatz materiell so zu stellen ist, als wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten. Allerdings wird dann auf die vierjährige Verjährungsfrist gern. § 474 Abs. 1 Nr. 3 ZGB zu achten sein. Nach Art. 232 § 1 EGBGB bleibtfür Schuldverhältnisse, die vordem Wirksamwerden des Beitritts entstanden sind, für das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet das bisher dort geltende Recht maßgebend.

111. Grundstücke in staatlicher Verwaltung Vergleichsweise einfach zu regeln dürfte derjenige Komplex sein, bei dem es sich um die Aufhebung der Treuhandverwaltung bzw. vorläufigen Verwaltung gern. § 1 7

GBI. DDR 1978 I 73 bzw. 1990 I 524.

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Helmuth Selnig

Abs. 4 des Gesetzes über offene Vermögensfragen handelt. Darunter fällt der unter Nr. 5 meiner Gliederung genannte Grundbesitz, nämlichallderjenigen Personen, die von§ 6 der Vermögensverordnung vom 17.7.19528 erfaßt bzw. später in rechtswidriger Weise nacherfaßt wurden. Ein gleiches gilt im übrigen für dasjenige Flüchtlingsvermögen, das nicht einer Enteignung zugeführt wurde (Nm. 3 und 4 der Gliederung), sondern in einigen Fällen auch bis jetzt staatlicher Verwaltung unterlag. Diese beiden Gruppen umfassen die bekannten Tatbestände des § 1 der Vermögenssicherungsverordnung vom 17.7.1952 bzw. der Anordnung Nr. 2 vom 20.8.1958.9 Hier hatten die jeweilige Abteilung Finanzen, Referat Staatliches Eigentum Verwaltungsauftrag an die entsprechenden Kommunalen Wohnungsverwaltungen eneilt. Nach § 11 ist in diesen Fällen nach Antrag die staatliche Verwaltung aufzuheben. Der Berechtigtekannstatt Aufhebung der Verwaltung aucheine Entschädigung gern. § 9 verlangen. Hierzu ist näheres noch nicht auszuführen, da § 9 Abs. 3 auf ein insoweit noch zu erlassenes Gesetz verweist. Die Schwierigkeiten werden aber auch hier in den Modalitäten der Rückabwicklung liegen. Dieselben Kommunalen Wohnungsverwaltungen/VEB Gebäudewinschaften, denen schon in ihrer Eigenschaft als Verwalterkraft privatrechtlicher Vollmacht häufig oder meist keine ordnungsgernläSe Bewirtschaftung zu bescheinigen ist, waren in dieser Hinsicht erst recht nicht motiviert, wenn es sich um Auftragsverwaltung für die zuständigen Staatsorgane handelte. § 13 normien die Haftung des staatlichen Verwalters bei gröblicher Pflichtverletzung und Ersatz des daraus resultierenden Schadens. Es darf aber auch nicht übersehen werden, daß gern.§ 16 Abs. 2 mit der Aufhebung der staatlichen Verwaltung der Berechtigte in alle in Bezug auf den jeweiligen Vermögenswert bestehende Rechtsverhältnise eintritt. Aufbauhypotheken und Grundschulden sind also mitzuübemehmen; es läßt sich leicht voraussehen, daß hier die Schwierigkeiten beginnen werden. Jahrzehntelang subventionierten diese Grundstückseigentümer die politisch bedingten Mietpreise auf der Basis des Jahres 1944 und indirekt damit den Staatshaushaltder DDR. Nacheiner Aufstellungdes Tagesspiegels vom 16.9.1990 (S. 17) war immerhin 1950 80% des gesamten Wohnungsbestandes Privateigentum, 1990 waren es nur noch41,5%. Jeder einzelne Eigentümer wird abwägen müssen, ob eine schnelle Aufhebung der Verwaltung sinnvoller erscheint, auch unter Übernahme von Lasten, als die Schadensklärung anzustreben. Zumal noch in § 19 die Regelung der Ansprüche Dritter an Grundstücken normien ist; gern. Abs. 4 wird die Aufhebung der staatlichen Verwaltung von solchen Ansprüchen nicht berühn. Gleichwohl muß sich der Eigentümer u.U. mit Mietern und Nutzern wegen irgendwelcher Eigenleistungen auseinandersetzen.

8

9

GBI. DDR 1952,615. Gbl. DDR 1958,664.

Rechtsstellung westdeutscher Grundeigentümer in der DDR

55

W. Enteigneter Grundbesitz

Wie ich bereits einleitend erwälmte, ist Ausgangspunkt für die Regelung der offenen Vermögensfragen die GemeinsameErklärung beiderdeutscher Regierungen vom 15.6.1990; ich setze sie im wesentlichen als bekannt voraus. Gemäß Ziffer 13 Buchst. b) dieser Erklärung hat der Ministerrat der DDR die sogenannte Anmeldeverordnung vom 11.7.1990 (oben N 2) erlassen. Die Verordnung regelt in§ 1 den Geltungsbereich unddefmienanmeldefahige Vermögenswerte. In § 1 Abs. 5 Buchst. a) in der Fassung der 2. Verordnung vom 21.8.1990 (oben N 3) wird festgestellt, daß dieVerordnungnicht giltfür Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage. Dies steht in Übereinstimmung mitNr. 1 derGemeinsamen Erklärung vom 15.6.1990. Das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen unterstreicht diesen Grundsatz nochmals ausdrücklich in§ 1 Abs. 8 Buchst. a). Auf die Problematik dieser Vorschrift werde ich kurz unter Nr. IX zurückkommen. Nach§ 1 Abs. 5 Buchst. b) sind Ansprüche wegen Vermögensentziehung infolge strafrechtlicher Maßnahmen nicht anmeldefahig. Dies entspricht Nr. 9 der Gemeinsamen Erklärung. Das nähere wird das Rehabilitierungsgesetz regeln. Schließlich sind Vermögenswene nach§ 1 Abs. 5 Buchst. c) nicht anmeldefahig, die bereits durch zwischenstaatliche Regelungen erledigt sind. Auf die weiteren Einzelheiten wird, soweit erforderlich, noch zurückzukommen sein. Nur abschließend sei hier jetzt auf die Anmeldefrist hingewiesen, die gern. § 3 der Verordnung für die Zeit vom 15.7.1990 bis 31.1.1991 festgelegt war- auch dies in Entsprechung zur GemeinsamenErklärung Nr. 13 Buchst. b). In der 2. Verordnung über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche vom 21.8.1990 wurde§ 3 dahin geändert, daß Fristende für die Anmeldung der 13.10.1990 ist. Diese Verordnung vom 21.8.1990 enthält in§ 1 sachliche Erweiterungen in Bezug auf weitere anmeldefähige Tatbestände (devastiene landwinschaftliche Betriebe und Hausgrundstücke, die aufgrundnicht kostendeckender Mieten und infolgedessen eingetretener Überschuldung, durch Enteignung, Eigentumsverzicht, Schenkung oder Erbausschlagung in Volkseigentum übernommen wurden). Eine deran einschneidende Verkürzung der Anmeldefrist von ursprünglich sechseinhalb auf knapp drei Monate und gleichzeitige Änderung in der Sache muß meines Erachtens erheblichen Bedenken begegnen. Ich halte es durchaus für denkbar, daß diese Regelung gerichtlicher Überprüfung nicht standhält, weil sie einer Rechtsverweigerung gleichkommt. Auch die in der 2. Verordnung in § 4 enthaltene Änderung und Erweiterung des § 5 der 1. Verordnung, wonach bei unverschuldeter Versäumung der Anmeldefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch Gesetz geregelt wird, macht die Sache keineswegs besser. Im Gesetz über die Regelung offener Vermögensfragen konnte ich im übrigen eine einschlägige Regelung nicht fmden.

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Helmuth Sehrig

Art. 41 Abs. 1 des Einigungsvertrages nimmt Bezug auf die Gemeinsame Erklärung vom 15.6.1990 und erklärt sie zum Bestandteil dieses Vertrages. Abs. 2 schließt die Rückübertragung von Eigentum an Grundstücken aus, soweit näher definierte Investitionszwecke dem entgegenstehen, und stellt dafür dann Entschädigungsleistungen in Aussicht. In Abs. 3 verpflichtet sich die Bundesrepublik Deutschland, keine Rechtsvorschriften zu erlassen, die der in Abs. l genannten Erklärung widersprechen. Art. 41 des Einigungsvertrages ist somit die Grundlage, auf der das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen zur Anwendung kommt. Dieses Gesetz kennt drei Möglichkeiten, Vermögensfragen zu regeln: (1) die Rückübertragung des Eigentums, (2) Entschädigung für den endgültigen Verlust des Eigentums und (3) in bestimmten Fällen Zurverfügungstellung eines Ersatzgrundstücks an den Berechtigten.

1. Rückübertragung Soweit Flüchtlingsvermögen enteignet wurde, d.h. also die bereits genannten Fallgruppen 4-6, nämlich Hausgrundstücke, die in Volkseigentum wegen nicht kostendeckender Mieten übergingen usw ., gilt zunächst nach § 3 des Gesetzes, daß das Eigentum auf Antrag zurückzuübertragen ist. Allerdings ist die Rückübertragung ausgeschlossen gern. § 4 Abs. 1, wenn dies von der Sache hernicht mehr möglich ist. Hier ist an die Fälle zu denken, in denen z.B. der Grundbesitz zwar vorhanden, das darauf befmdliche Gebäude aber im Bereich des Grenzgebietes der freien Sicht wegen abgerissen wurde. Auch schließt§ 5 Rückübertragung vonEigentumsrechten an Grundstücken und Gebäuden aus, wenn mit erheblichem Aufwand Nutzungsart oder Zweckbestimmung veränden wurden und ein öffentliches Interesse an dieser Nutzung besteht, desgleichen wenn der Grundbesitz dem Gemeingebrauch gewidmetoder im komplexen Wohnungsbau oder Siedlungsbau verwendet wurde, schließlichauchnoch dann, wenn derGrundbesitzder gewerblichen Nutzung zugeführtoder in eine Unternehmenseinheit einbezogen wurde und nicht ohne erhebliche Beeinträchtigung des Unternehmens zurückgegeben werden kann. Einen Sonderfall des Ausschlusses der Rückübereignung bildet § 4 Abs. 2, wonach der redliche Erwerb durch natürliche und juristische Personen die Rückübertragung ausschließt. Sofern jedoch das dem Erwerb zugrundeliegende Rechtsgeschäftnachdem 18.10.1989 geschlossen wurde undnach § 6 Abs. 1 und 2 der Anmeldeverordnung nicht hätte genehmigt werden dürfen, ist der redliche Erwerb nicht gegeben. Im einzelnen darf ich hierzu auf die Verordnung verweisen. Alle rechtsgeschäftliehen Verfügungen dieser Art, die vor dem 18.10.1989 getätigt wurden, gelten demnach als redlich, es sei denn, daß nach § 4 Abs. 3 Buchst. a) der Rechtserwerb nicht im Einklang mit den seinerzeit geltenden Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätzen und einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis stand.

Rechtsstellung westdeutscher Grundeigentümer in der DDR

51

Es dürfte schwierig sein, einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften bzw. Verfahrensgrundsätze zu fmden. Hinsichtlich der ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis wird es darauf ankommen, ob damit eine anrechtsstaatlichen Grundsätzen orientierte oder die systemimmanente Verwaltungspraxis gemeint ist. In diesem Zusammenhang kann dann Art. 19 des Einigungsvertrages von Bedeutung werden, der postuliert, daß vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der DDR wirksam bleiben, aber aufgehoben werden können, wenn sie mit rechtsstaatliehen Grundsätzen oder mit den Regelungen dieses Vertrages unvereinbar sind. Ein weiterer Fall des unredlichen Erwerbs ist nach § 4 Abs. 3 Buchst. b) gegeben, falls Erwerber durch Korruption oder Ausnutzung einer persönlichen Machtstellung auf den Zeitpunkt oder die Bedingung des Erwerbs oder auf die Auswahl des Erwerbsgegenstandes eingewirkt haben. Auch anch Buchst. c) liegt ein unredlicher Erwerb dann vor, wenn der Rechtserwerb dadurch beeinflußt war, daß sich der Erwerber eine von ihm selbst oder von dritter Seite herbeigeführte Zwangslage oder Täuschung des ehemaligen Eigentümers zunutze gemacht hat. Dies sindalldie Fälle, die unter Nr. 7 meiner Gliederung genannt sind. In erster Linie denke ich an alle jene Fälle, in denen Bürger der DDR gezwungen wurden, ihr Grundvermögen zu veräußern als conditio sine qua non für die beantragte Ausreisegenehmigung in die Bundesrepublik Deutschland. Wie diese Fälle gern. § 4 Abs. 3 Buchst. a) bis c) als zwangsweise Verkäufe jeweils zu subsumieren sind, wird sich bei der praktischen Handhabung des Gesetzes ergeben. 2. Entschädigung Liegt ein redlicher Erwerb vor, dann erfolgt anstelle der Rückübertragung nach § 9 Abs. 2 die Feststellung eines Entschädigungsbetrages, wozu, wie bereits erwähnt, eine gesetzliche Regelung noch zu erlassen ist. Ist eine Rückübertragung möglich, weil keiner der Ausschließungsgründe greift, hat der Antragsberechtigte zunächst zu prüfen, ob es nicht günstiger sein kann, statt der Rückübertragung eine Entschädigung zu verlangen, wie dies § 8 Abs. 1 vorsieht. Allerdings ist dieses Wahlrecht nicht gegeben für Antragsberechtigte, deren Grundstücke durch Eigenturnsverzicht, Schenkung oder Erbausschlaguns bzw. Überschuldung in Volkseigentum übernommen wurden. Dieser Personenkreis hat nur Anspruch auf Naturalrestitution. Was aber in den Fällen werden soll, in denen das betreffende Volkseigentum inzwischen reprivatisiert wurde, z.B. aufgrund des Gesetzes vom 7.3.1990,10 ist unklar. Der Antragsberechtigte, der sein Wahlrecht gern. § 8 ausüben kann, muß beachten, daß er u.U. einen Wertausgleich gern.§ 7leisten muß. Das gilt dann, wenn aus

10

GBl. DDR 1990 I 157.

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Helmuth Sehrig

Mitteln des Staatshaushalts finanzierte Werterhöhungen eingetreten sind. Wenn z.B. ein größeres Einfamilienhaus mit entsprechend großem Grundstück auf der Insel Rügen vom Feriendienst des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes zu einem Ferienheim erweitert und ausgebaut wurde, dürfte zweifelsohne ein Wertzuwachs gegeben sein. Der Varianten wird es viele geben. Natürlich sind nach derselben Vorschrift auch Wertminderungen auszugleichen. Hinsichtlich eingetretener Wertrninderungen brauche ichangesichtsder bekannten Situation keine Beispiele zu nennen. Bei erfolgter Rückübertragung gilt wieder, daß bestehende Rechte und Pflichten nach§ 16 zu übernehmen sind, Miet- undNutzungsrechte bleiben unberührt. Dies gilt nicht im Falle unredlichen Erwerbs. Von großer wirtschaftlicher Bedeutung bei Rückübertragung ist für den Berechtigten § 18. Danach sind diejenigen dinglichen Belastungen, die im Zeitpunkt des Übergangs in Volkseigentum bestanden haben, wieder im Grundbuch einzutragen. Soweit es sich um Forderungen handelt, die rechtlich der Privatautonomie des Eigentümers oder seines Rechtsvorgängers zuzurechnen sind, wird dies prinzipiellen Bedenken begegnen. Allenfalls bleibt dann zu fragen, wie es sich unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes verträgt, Grundpfandrechte bei der Währungsreform in der SBZ im Verhältnis 1:1 umgestellt zu sehen, während diese in den Westzonen 10:1 abgewertet wurden. Den hier möglichenEinwand mit Bezug auf diehiesigen Hypothekengewinnabgabevorschriften würde ich allein schon deshalb nicht gelten lassen, weil in der SBZ/DDR vom Eigentümer ein Vielfaches davon im Laufe der Jahrzehnte aufzubringen war durch Einkommensverlust angesichts der Stoppmieten. Meines Erachtens wären also alte Grundpfandrechte im Verhältnis 10: 1 und nach dem 1. Juli 1990 der Rest auf 2: 1 umzustellen. Alles andere schiene mir unbillig. Es bleibenaber dieGrundpfandrechte, die nun auch per 1.7.1990 2: 1 umgestellt und von Staats wegen eingetragen worden sind. Aufbauhypotheken sind gern. § 18 Abs. 3 vom Berechtigten zu übernehmen, wenn eine der Kreditaufnahme entsprechende werterhöhende oder werterhaltende Baumaßnahme durchgeführt wurde. Näheres hierzu vermag ich nicht darzulegen, da § 18 Abs. 3 feststellt, das Nähere regele ein Gesetz. Das Thema Rückübertragung will ich mit folgendem Hinweis schließen: Nicht nur, daß Streitigkeiten in Bezug auf die Belastungen gern. § 18 programmiert sind; § 19 fügt ein weiteres Element der Rechtsunsicherheit hinzu. Mieter und Nutzer von Wohn-, Erholungs- und Geschäftsgrundstücken können danach Ansprüche aus von ihnen im Zusammenhang mit dem Grundstück getätigten Aufwendungen, deren Leistungen nach den in der Deutschen Demokratischen Republik geltenden gesetzlichen Bestimmungen dem Eigentümer obliegt oder für die eine Forderung auf Aufwendungs- bzw. Kostenerstattung, Wertersatz oder angemessene Entschädigung besteht, unabhängig von der Fälligkeit der Forderung anmelden. Wenn der Berechtigte diesen Anspruch anerkennt, soll darüber eine Vereinbarung geschlossen werden. Im Streitfall steht der Zivilrechtsweg offen. Zwar wird nach § 19 Abs. 4 die Rückübertragung bzw. Aufhebung der staatlichen Verwaltung nicht berührt. Allein

Rechtsstellung westdeutscher Grundeigentümer in der DDR

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vor allem ältere Eigentümer werden sich angesichts solcher Perspektiven überlegen. ob sie an einer Rückübertragung des Eigentums festhalten. Mietern oder Nutzern von Ein- oder Zweifamilienhäusern oder Grundstücken für Erholungszwecke, die staatlich verwaltet sind oder bei denen ein Anspruch auf Rückübertragung besteht, wird auf Antrag ein Vorkaufsrecht an dem Grundstück eingeräumt. Im übrigenkönnen nach§ 21 ebenfalls Mieter oder Nutzer von Einfamilienhäusern und Grundstücken für Erholungszwecke beantragen, daß dem Berechtigten ein Ersatzgrundstück zur Verfügung gestellt wird, wenn sie bereit sind, das Grundstück zu kaufen. Der Berechtigte ist allerdings nicht verpflichtet, ein Ersatzgrundstück in Anspruch zu nehmen. V. Enteignungen von 1933-1945 Unter Nr. 8 meiner Gliederung habe ich auf jene Fälle hingewiesen. in denen in der Zeit vom 30.1.1933 bis 8.5.1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder sonstigen Gründen Vermögensverluste eingetreten sind. Der Entwurf zur Anmeldeverordnung enthielt in § 1 Abs. 2 folgende Vorschrift: "Diese Verordnung fmdet ebenso Anwendung auf Vermögen, das jüdischen Bürgern und jüdischen Vereinigungen in der Zeit von 1933 bis 1945 durch den faschistischen Staat rechtswidrig infolge Zwangsverldiufen. Enteignung oder auf eine andere Weise entzogen wurde." Weder in der veröffentlichten Fassung vom 11.7.1990 noch in der 2. Verordnung wird hierüber etwas ausgesagt. Aber im Gesetz zur Regelung von offenen Vermögensfragen lautet § 1 Abs. 6: "Dieses Gesetz ist entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen. Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben." Nach Inkrafttreten des Einigungsvertrages sind die Modalitäten der Anmeldung dieser Ansprüche durch die 3. Anmelde-Verordnung v. 15.10.1990 geregelt worden.11 Da es sich hierbei um einen besonderen Komplex handelt, verzichte ich auf eine nähere Darstellung. VI. Enteignungen kraft Besatzungsrechts und Besatzungshoheit Übrig bleibt noch der nicht anmeldefähige Tatbestand nach Nr. 9 meiner Gliederung, nämlich Enteignungen von Vermögenswerten aufbesatzungsrechtlicher oder II

BGBl. 1990 I 2150.

60

Helmuth Sehrig

besatzungshoheitlicher Grundlage. Das bedeutet, sowohl die in einzelnen Ländern der SBZ durchgeführte Bodenreform als auch alle sonstigen Enteignungen, seien sie tatsächlich oder auch nur vorgeblich auf die sowjetische Besatzungmacht zurückzuführen, sollen bestehen bleiben. Wie bereits die GemeinsameErklärung vom 25.6.1990 in Ziffer 1 zum Ausdruck bringt. sind diese Maßnahmen nicht mehr rückgängig zu machen, der Vorbehalt der Bundesregierung zielt lediglich auf die Möglichkeit. etwaige Ausgleichsleistungen hierfürdem gesamtdeutschenParlamentvorzubehalten. Diesem Grundsatz entspricht auch Art. 143 Abs. 3 GO in der Fassung des Einigungsvertrages mit der Formulierung: "Unabhängig von Absatz 1 und 2 haben Art. 41 des Einigungsvertrages und Regelungen zu seiner Durchführung auch insoweit Bestand. als sie vorsehen, daß Eingriffe in das Eigentum auf dem in Artikel 3 dieses Vertrages genannten Gebiet nicht mehr rückgängig gemacht werden:· Das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen stellt dazu in § 1 Abs. 8 Buchst. a) fest. daß dieses Gesetz nicht gilt für Enteignungen auf.besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage. Zu den politischen Aspekten, z.B. auf den Modrow-Brief vom 2. März 1990 an Gorbatschow, in dem er Schutz für die sozialistischen Errungenschaften, insonderheit des Volkseigentums, wie es sich nach 1945 entwickelt habe, bat. möchte ich, so verlockend es ist. nicht weiter eingehen. Vielmehr möchte ich mich auf die Darstellung von vier Gesichtspunkten beschränken. Zum einen: Nutznießer dieser entschädigungslosen Enteignungen sind die künftigen fünf Bundesländer. Es fragt sich, ob dem Rechtsfrieden dadurch gedient sein kann, wenn der Enteignete bzw. dessen Erbe sich einem zur Rechtsstaatlichkeit verpflichteten Bundesland gegenübersieht. das seinen Grundbesitz als Eigentümer nutzt. Zum anderen: Vieles, was unter dem Deckmantel der sowjetischen Militäradministration von deutschen Einzelpersonen oder Organen veranstaltet wurde, kann unter keinem irgendwie gearteten Rechtsgrundsatz akzeptabel erscheinen. Drittens wird die grundsätzliche Frage zu beantworten sein, ob diese Maßnahmen der sowjetischen Besatzungsmacht mit der Haager Landkriegsordnung von 1907 (dort. wenn ich richtig unterrichtet bin, im dritten Abschnitt) in Einklang zu bringen sind. Danach hat die militärische Gewalt in einem besetzten Gebiet sich jeglichen Eingriffs in das Privateigentum der Bevölkerung zu enthalten. Mir ist bekannt. daß die Frage, ob diese Grundsätze auf das besetzte Deutschland anzuwenden waren, in der einschlägigen Völkerrechtsliteratur unterschiedlich behandelt wurde. Immerhin scheint es mir im Hinblick auf die zukünftige Rechtsentwicklung und die Rechtskultur empfehlenswert zu sein, den Einigungsvertrag auch unter diesem Gesichtspunkt zu erörtern. Ebenso halte ich es für nützlich, sich erneutmitdem Gutachten von Prof. Forsthoff vom 1.10.1954 zu befassen. Dieser hat sich zum Thema "Ist die Bodenreform in der Deutschen Demokratischen Republik im Falle der Wiedervereinigung als

Rechtsstellung westdeutscher Grundeigentümer in der DDR

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rechtswirksam anzuerkennen?" ausführlich geäußert. Er kommt zu folgenden Ergebnissen, die ich hier wiederholen darf: "Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Die Rechtsgrundsätze, nach denen die Bodenreform in der DDR zu beurteilen ist, sind nicht diejenigen, die im internationalen Privatrecht und Völkerrecht für die Anerkennung bzw. Nichtanerkennung von Hoheitsakten eines anderen Staates gelten. Für die mit der Wiedervereinigung entstehende Rechtslage gelten die Rechtsgrundsätze, die sich aus der Wiedervereinigung selbst ergeben. sei es, daß diese Rechtsgrundsätze durch vertragliche Einigung festgelegt werden, sei es, daß sie sich aus der Art ergeben, in der die Wiedervereinigung vollzogen wird. Nach den Erklärungen der Bundesregierung und nahezu aller Parteien kommt eine Wiedervereinigung unter Verzieht auf rechtsstaatliche Freiheit nicht in Betracht. Davon ist auszugehen. Die Maßstäbe der rechtlichen Beurteilung sind deshalb durch das unverzichtbare Minimum an Rechtsstaatlichkeil gegeben. 2. Die Eigentumsentziehung als Konfiskation ist mit dem Minimum an rechtsstaatlicher Ordnung in solchem Grade unvereinbar, daß sie nicht als rechtswirksam betrachtet werden kann, ohne auf dieses Minimum zu verzichten. 3. Die Nichtigkeit der Eigentumsentziehung hat die Nichtigkeit der Eigentumszuweisung an sich nicht notwendig zur Folge. Diese Nichtigkeit tritt nicht ein, wenn die Eigentumszuweisung in einem Verfahren und durch Rechtsakte erfolgt. die infolge ihrer Durchformung rechtlich verselbständigt sind. Davon kann jedoch in der Regelung des Verteilungsverfahrens, das in hohem Maße formlos ist. nicht die Rede sein. Daran scheitert die Gültigkeit einer Eigentumsübertragung an die Neubauern. 4. Eine Eigentumsübertragung im Verteilungsverfahren istjedoch schon darum abzulehnen, weil den Neubauern in Wirklichkeit lediglich ein Nutzungsrecht· übertragen worden ist, das als ein Pachtverhältnis sui generis anzusehen ist. Dieses Pachtverhältnis ist rechtswirksam entstanden. Die Gültigkeit des Pachtverhältnisses wird durch die Nichtigkeit der Eigentumsentziehung nicht berührt. Heidelberg, 1. Oktober 1954" Diesen Ausführungen habe ich nichts hinzuzufügen.

Horst-Dieter Kittlee GESETZLICHE, TESTAMENTARISCHE UND VERTRAGLICHE ERBFOLGE* I. Das Erbrecht im Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR Die im Einigungsvertrag zwischen der BundesrepublikDeutschland und der DDR enthaltenen zivilrechtliehen Übergangsregelungen bestimmen für das Erbrecht in Art. 235 EGBGB zunächstdie Fongeltung bisherigen Rechts, wenn der Erblasservor dem Wirksamwerden des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland verstorben ist. Auch die Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todes wegen vor dem Beitritt wird nach bisherigem Recht beurteilt, selbst wenn der Erblasser erst nach dem Beilritt verstirbt. Dies gilt auch für die Bindung des Erblassers an ein gemeinschaftliches Testament, sofern dieses vor dem Wirksamwerden des Beilritts errichtet worden ist. Eine Sonderregelung betrifft das Erbrecht des nichtehelichen Kindes. Ist dieses vor dem Wirksamwerden des Beitritts der DDR geboren. so gelten anstelle der BOBRegelungen über den Erbersatzanspruch die Vorschriften über das Erbrecht des ehelichen Kindes. Damit werden zwei Klassen nichtehelicher Kinder geschaffen: diejenigen, die in der DDR vor dem Beilritt geboren sind und einem ehelichen Kind gleichstehen, und die anderen, die nur auf den Erbersatzanspruch beschränkt sind. Insgesamt handelt es sich hier um eine unglückliche Regelung, die allein dazu dient, bislang in der DDR schon erworbene Rechte nicht durch den Einigungsvertrag zu beschränken. Über diese zeitlich begrenzte Anwendbarkeit hinaus ist das Erbrecht der DDR aus dem Zivilgesetzbuch von 1975 Makulatur geworden. Oder vielleicht nicht ganz? Immerhin ist es im Verhältnis zum BGB die jüngere Rechtsordnung. Ob es auch seiner ideologischen Implikationen entkleidet - eine modernere Rechtsordnung konstituierte, mag hier dahingestellt bleiben; immerhin war es praktikabel, wie 15 Jahre Praxis gezeigt haben. Damit aber kann es jedenfalls noch als Diskussionsgrundlage de lege ferendadienen, wennman die Regelungsinhalte betrachtet und von den ideologisch-politischen Grundlagen abstrahlen. Immerhin betonteWestennicht •

Die Vortragsfonn wurde weitgehend beibehalten.

Horst-Dieter Kittke

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zu Unrecht, "daß gerade das Erbrecht des ZGB, dessen Andersanigkeit im Vergleich zum Erbrecht des BOB besonders betont wird, von allen zivilrechtliehen Materien den höchsten Grad an fonnaler, dogmatischer und begrifflicher Verwandtschaft mit dem BOB aufweist."'

II. Zur Funktion fhs Erbrechts in beifhn deutschen Rechtsordnungen Betrachtet man den Anwendungsbereich des Erbrechts in beiden deutschen Rechtsordnungen, so fallt für das Gebiet der ehemaligen DDR ein entscheidender Funktionsverlust auf; er wird normativ an der Kürze der gesetzlichen Regelung in den §§ 362-427 ZGB deutlich. Die erbrechtliche Regelung des ZGB war zugeschnitten auf eine Rechts- und Gesellschaftsordnung, die wirtschaftlich nutzbares Privateigentum als ausbeutefisch diffamierte und konsequenterweise abschaffte. Art. 12 der DDR-Verfassung von 1968fi4 sprach nur noch negativ davon, daß Privateigentum an bestimmten natürlichen Ressourcen und wirtschaftlich relevanten Einheiten unzulässig sei. Zulässig blieb lediglich das sog. persönliche Eigentum, das Art. 11 dieser Verfassung ebenso wie das Erbrecht gewährleistete - im Ralunen seiner Zweckbestimmung, der Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bürger zu dienen. Die damit verbundene praktische Reduzierung des Anwendungsbereichs des Erbrechts auf eben dieses persönliche Eigentum bot den Ansatzpunkt für eine im Vergleich zum BOB simpel und undifferenzien anmutende Regelung, die andererseits jedoch mit dem Verständnis und über Strecken auch dem Verstehen der Bürger rechnen konnte. Neben der Reduzierung des erbrechtliehen Regelungsbereichs auf winschaftlich nicht eben relevante, für den einzelnen als persönliches Eigentumjedoch bedeutsame Dinge ist ein zweiter Punkt hervorzuheben, der dem DDR-Erbrecht seinen besonderen Charakter verlieh: die Reduktion auf das Erbrecht der Kleinfamilie, die an verschiedenen Stellen des Gesetzes deutlich wird und der sozialen Entwicklung in Deutschland seit Schaffung des BOB Tribut zollt. Aber auch in der Bundesrepublik Deutschland ist ein Funktionswandel des Erbrechts seit dem Erlaß des BOB nicht zu verkennen. Insbesondere eine umfassende Sozialgesetzgebung ermöglichte es, im Erbrecht weniger ein Instrument der Versorgung denn ein solches der Vermögensbildung zu sehen, so daß nicht umsonst jetzt von der "Generation der Erben" gesprochen wird. Besonderheiten in der erbrechtliehen Behandlung von Lebensversicherungen und insbesondere auch steuerrechtliche Erwägungen, die so in der DDR keine Rolle 1

Westen/Scblcider, Zivilre.cht im Systemvergleich (1984) 791.

Gesetzliche, testamentarische und vertragliche Erbfolge

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spielten, führen zu bewußten Dispositionen schon zu Lebzeiten und damit außerhalb des erbrechtliehen Regelungsbereichs.

111. Gesetzliche Erbfolge 1. Allgemeines Das ZGB der DDR kennt wie das BGB eine Erbfolge nach Ordnungen. anders als das BGB jedoch beschränkt auf die ersten drei Ordnungen. Die unmittelbare Folge davon war auch in der DDR kein hoheitlich gestaltetes Aneignungsrecht des Staates, sondern vielmehr ein im Verhältnis zum BGB lediglich erweitertes Staatserbrecht Kritik hieran muß bedenken, daß der Staat in der modernen Gesellschaft weitgehend die Aufgaben der Großfamilie im Hinblick auf die soziale Sicherung übernommen hat. Ein sich als Familienerbrecht verstehendes Regelungssystem muß hieraus rechtliche Konsequenzen ziehen, und zwar unabhängig vom allgemeinpolitischen Vorverständnis. Ohnehin ist die Kritik an der unbegrenzten Erbfolgeregelung des BGB schon so alt wie das BGB selbst: Ich will an dieser Stelle nur Endemann zitieren, der feststellte:2 "Indessen thatsächlich ist von einem Familienzusammenhang unter den Verwandten der Ururgroßeltern u.s.w. gar keine Rede. Das Erbrecht wird ihn nicht herstellen, sondern nur den Eindruck eines zufälligen und unverdienten Erwerbes hervorrufen, der den Gegnern jedes Erbrechts bereitwilliges Material liefert. Einer sozial reiferen Zeit wird es vorbehalten sein, uns hier die Reform zu bringen, die in neueren Rechtsordnungen überall angestrebt wird." Daß die Kritik an der uneingeschränkten Erbfolgeregelung des BGB seither nicht verstummt ist, braucht hier nicht weiter referiert zu werden.

2. Ehegattenerbrecht Anders als nach den Bestimmungen des BGB ist der überlebende Ehegatte im ZGB der DDR Erbe erster Ordnung. Er erbt sogar allein, wenn Nachkommen des Erblassers nicht vorhanden sind.3 Anders als das Rechtder Bundesrepublik Deutschland4 kannte das ZGB der DDR keine Bindung an das Ehegüterrecht Beim Tode eines Ehegatten galt es für den

2 Endemann, Einf'lihrung in das Studium des Bürgerlichen Rechts lß (3.-5. Aufl. 1899) 71 FN21. 3 § 366 ZGB im Vergleich zu § 1931 Abs. 2 BGB. 4 Vgl. § 1931, 1371 BGB.

s

Orobnig

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Horst-Dieter Kittke

Überlebenden, zunächst die in seinem Alleineigentum stehenden Gegenstände auszusondern und zudem seinen hälftigen Anteil am gemeinschaftlichen Eigentum nach§ 13 FGB festzustellen. Schließlich kannte auch das DDR-Recht den Voraus. Dieser erlangt insbesondere bei Zweitehen Bedeutung, wenn die gesamten Haushaltsgegenstände des Verstorbenen in die zweite Ehe eingebracht worden waren und ein gemeinschaftliches Eigentum beider Ehegatten hieran nicht mehr entstehen konnte. Anders als nach § 1932 BGB kam diesem Voraus in der DDR sogar dingliche Natur zu. Nur für den dann noch verbliebenen Nachlaß stellte sich in der DDR die Frage nach der Erbfolge. In der Praxis dürfte es sich hier vor allem dann um Konten, Kraftfahrzeuge, Preziosen und natürlich Grundstücke und Rechte an Grundstücken gehandelt haben.

3. Erbrecht des nichtehelichen Kindes Auch in der DDR war das nichteheliche Kind erbrechtlich lange Zeit gegenüber dem ehelichen Kind benachteiligt. Ein Schritt in die richtige Richtung war zunächst die Regelung des§ 9 EGFGB von 1965, der das Erbrecht des nichtehelichen Kindes bis zum lnkrafttreten des ZGB am 1.1.1976 bestimmte. Danach erbteein außerhalb der Ehe geborenes Kind beim Tode seines Vaters oder seiner Großeltern väterlicherseits wie ein während der Ehe geborenes Kind, solange es minderjährig war, das volljährige nichteheliche Kind kam nur in bestimmten Fällen als gesetzlicher Erbe in Betracht, so z.B. bei Unterhaltsbedürftigkeit. Ausschlaggebendfür die spätere Aufgabedieser Regelung war wohl der Gedanke, daß Familiengemeinschaft und Unterhaltsbedürftigkeit keine geeigneten Unterscheidungskriterienfürvoneinander abweichende Rechte ehelicherund nichtehelicher Kinder sein können, zumal ein Ernersatzanspruch nicht vorgesehen war und somit das volljährige nichteheliche Kind regelmäßig leer ausging. Ohnehin konnte und kann der Erblasser über die Errichtung eines Testaments außerhalb der Familiengemeinschaft stehende Dritte in eine Erbengemeinschaft hineintestieren, so daß kein hinreichender Grund mehr erkennbar war, dem nichtehelichen Kind weiter das volle Erbrecht vorzuenthalten. Dieses ist seit 1976 Erbe erster Ordnung. Es sind keine Erfahrungen bekannt geworden, die für eine erneute Reform auch dieser Regelung gesprochen hätten. Im Gegenteil, auch für die neue Bundesreoublik Deutschland sollte geprüft werden, eheliche und nichteheliche Kinder vollends gleichzustellen. Daß bei der dann erforderlichen Streichung des Erbersatzanspruchs auch die Möglichkeit wegfallt, einen vorzeitigen Erbausgleich zu verlangen, ist dabei nur konsequent. Sicher bietet die oben (unter I) erwähnte Regelung des Übergangserbrechts und die darin enthaltene erbrechtliche Unterscheidung in zwei Gruppen nichtehelicher Kinder einen neuen Diskussions- und vielleicht auch Regelungsanlaß.

Ge~etzliche,

testamentarische und vertragliche Erbfolge

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N. Testamentarische Erbfolge Die Testierfreiheit war grundsätzlich auch in der DDR vorhanden. Befürchtungen, über§ 373 WB könnten politische Einflußnahmen insbesondere im Hinblick auf die Auswahl des zu Bedenkenden Platz greifen, haben sich so nicht bewahrheitet. Eine besondere Testierfähigkeit kennt das ZGB hingegen nicht, es bezieht sich insoweit auf die allgemeine Handlungsfähigkeit. Demgegenüber wird über§§ 371, 378 ZGB eine erhebliche Beschränkung in den Verfügungsmöglichkeiten eingeführt: Vor- und Nacherbschaft z.B. oder die Testamentsvollstreckung als Verwaltungsvollstreckung wurden nicht mehr ermöglicht. Ansatzpunkt hierfür waren natürlich die sozial-ökonomischen Verhältnisse in der DDR, doch zeigt sich gerade hier auch, wie die Abschaffung der Vor- und Nacherbschaft doch an Bedürfnissen im Volke vorbeiging, so daß in der Praxis der Notariate vielfach mit der Ersatzerbschaft herumlaboriert wurde.

Im Hinblick auf den Testamentsvollstrecker ist noch interessant, daß dieser nach dem ZGB die Erben nicht in ihrer Verfügungsbefugnis beschränken konnte und selbst durch die Erben jederzeit abberufen werden konnte. Bei der auch im ZGB geregelten Anwachsung ist bei Nachkommen die Berücksichtigung der gesetzlichen Erbfolge nach § 379 ZGB wieder Ausdruck einer farnBienfreundlichen Konzeption, wälhrend § 2069 BGB insoweit nur eine gesetzliche Auslegungsregel, " ... ist im Zweifel anzunehmen ... ", enthält. Nur für Ehegatten schließlich war ein gemeinschaftliches Testament, auch in der Form des Berliner Testaments, vorgesehen(§ 388 ZGB).

V. Vertragliche Regelung Die Möglichkeit zum Abschluß von Erbverträgen wurde als der "kapitalistischen Ausbeuterordnung zugehörig" abgeschafft; auch ein Erbverzichtsvertrag konnte in der DDR nicht mehr geschlossen werden. Insbesondere die Abschaffung des Erbvertrages beruhte dabei sicher auch darauf, daß eine ökonomische Notwendigkeit hierfür nicht mehr gesehen wurde. In einer Gesellschaft, in der große ökonomische Wene nicht mehr vererbt werden können, erscheint dies nur als folgerichtig.

VI. Pflichtteilsrecht Das Pflichtteilsrecht des ZGB war gegenüber § 2303 BGB einerseits beschränkt, andererseits aber auch wieder erweitert. Beschränkt wurde in§ 396 ZGB der Kreis der Pflichtteilsberechtigten; erwachsene Kinder mußten unterhaltsberechtigt sein.

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Horst-Dieter Kinke

Dieser Rückgriff auf eine frühere Regelung für das Erbrecht des erwachsenen nichtehelichen Kindes erscheint hier unter dem Aspekt eines Familienerbrechts nicht unbedingt als sachwidrig. Daß sie in der Praxis, insbesondere im Verhältnis zwischen Erblassem in der DDR und ihren im Westen lebenden volljährigen Erben häufig nicht verstanden wurde, ist allerdings ein anderes Problem. Gerade wenn man dem Pflichtteilsanspruch wie in der DDR eine Art Unterhaltsersatzcharakter beimißt, ist es nur konsequent, ihn auf zwei Drittel des Wertes des gesetzlichen Erbteils zu erhöhen. Nur so kann er die ihm zugedachte Funktion in der Praxis erfüllen.

VII. Zusammenfassende Bemerkungen zur Reform tks Erbrechts des BGB 1. Eine Begrenzung des gesetzlichen Erbrechts auf die Mitglieder der Kleinfamilie erscheint nicht als sinnvoll. Doch sollte eine erbrechtliche Stärkung der Familie und insbesondere des überlebenden Ehegatten weiter geprüft werden. 2. Zu prüfen wärejedoch einemaßvolle Beschränkung der Erbfolgeordnungen, etwa eine Beschränkung auf die erste bis vierte oder fünfte Ordnung. 3. Die Verschränkung von Erb- und Ehegüterrecht sollte noch einmal überdacht werden. 4. Das Erbrecht des nichtehelichen Kindes als Erbe erster Ordnung nach seinem Erzeuger sollte auch für das BGB angestrebt werden. Die differenzierende Regelung des Einigungsvertrages könnte hier einen Ansatz bieten. 5. Im Bereich der testamentarischen und vertraglichen Erbfolgeregelung bietet das ZGB kein angemessenes Äquivalent zu der differenzierten Regelung des BGB, die ihrerseits zugleich den hohen ökonomischen Erfordernissen Rechnung trägt. 6. Unter dem Aspekt der Familienfreundlichkeit könnte auch eine Überprüfung der Pflichtteilsregelung des BGB vorgenommen werden. 7. In beiden Erbrechtsordnungen ermangelt es einer Berücksichtigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften. 8. Insgesamt scheint das DDR-Erbfolgerecht nur wenig von der marxistisch-leninistischen Ideologie berührt zu sein. Diese geringe Systembindung erleichtert eine nüchterne rechtsvergleichende Betrachtung und zugleich das Aufgreüen von in diesem Normensystem enthaltenen Anregungen.

Wolfgang Seifert und Petra Lingelbach ABWICKLUNG DES NACHLASSES UND NACHLASSVERFAHREN IM VERGLEICH VON ZGB UND BGB Die folgende Darstellung geht von Vergleich und Gegenüberstellung aus; sie war ursprünglich als Grundlage für die Diskussion gedacht. wie das Erbrecht zusammenzuführen sein könnte. Nach Übernahme des BGB auf das Gebiet der ehemaligen DDR soll sie deutlich machen. in welchen Fragen die Einführung des BGB in die Praxis der neuen Bundesländer völlig unproblematisch vonstatten gehen wird. und in welchen anderen erhebliche Abweichungen der Regelungen es erfordern, Juristen und betroffene Bürger mit der veränderten Rechtslage alsbald vertraut zu machen. Außerdem dürfte der Vergleich auch von Interesse für die Fortentwicklung des Erbrechts sein, ist er doch zum Teil kritische Betrachtung aus einem zeitweiligen Abstand zum BGB und aus Erfahrungen mit dem ZGB. Die Verfahrensfragen werden jeweils im Zusammenhang mit den einzelnen materiellrechtlichen behandelt. zumal im Erbrecht die Verteilung der entsprechenden Regelungen auf BGB bzw. ZGB und eigenständige Verfahrenskodifikationen nicht so streng differenziert ist bzw. war wie in anderen Teilen der Zivilgesetze. So fmden sich im BGB unter dem Abschnitt Erbschein zum Teil Verfahrensbestimmungen, die in der DDR im Notariatsgesetz1 enthalten waren. Verfahren ist also immer eng verbunden mit der Eigenart der betroffenen materiellrechtlichen Frage und deshalb am besten in Verbindung mit ihr darzustellen.

I. Gedanken zum Verhältnis des Erbrechts in BGB und ZGB Wie das gesamte Zivilrecht war auch das Erbrecht des ZGB historisch abgeleitet aus deutscher Rechtstradition. d.h. konkretaus dem BGB. Wenngleich mitunter von DDR-Theoretikern in der Vergangenheit die Eigenständigkeil des Rechts einer sozialistischen Ordnung betont und-übrigens völlig unmarxistisch-der historische Zusammenhang geleugnet worden ist. gab es eindeutig nachweisbar eine inhaltliche Kontinutät. im Erbrecht sogar stärker ausgeprägt als in anderen Teilen des ZGB. Das erkennt man schon an der Gestaltung des Grundsystems, z.B. dem Verhältnis von 1 Gesetz überdas Staatliche Notariat- Notariatsgesetz-vom 5.21976 (GBl. DDR 1976 I 93 - Not.G).

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Wolfgang Seifert wtd Petra Lingelbach

gesetzlicher und testamentarischer Erbfolge, an den analogen tragenden Grundsätzen, z.B. Gesamtrechtsnachfolge, wie auch an der Verwendung gleicher Begriffe mit übereinstimmendem Sinn, wenn man von geringfügigen Unterschiedenabsieht (z.B. Nachkommen im ZGB statt Abkömmlinge im BGB). Ein Grund für diese in prinzipiellen Fragen besonders weitgehende Übereinstimmungtrotz unterschiedlicher Gesellschaftskonzeption lag in der Abstraktion des Erbrechts als einem Mechanismus der Rechtsnachfolge mit insoweit relativer Unabhängigkeit von den differenzierten Eigentumsverhältnissen, das heißt von dem, "was" vererbt wird. Erbrecht bestimmt, auf wen und wie Vermögensübergang beim Tode des Menschen stattfmdet; deswegen ist mehr Zweckmäßigkeit und Sicherheit gefragt, weniger Ideologie. Gleichwohl ist Erbrecht immer bezogen auf eine typische Eigentumskonzeption. Auch in den hier zu behandelnden Teilen gibt es deshalb Unterschiede aus drei Gründen, einem wirtschaftlichen, einem rechtspolitischen und einem familienpolitischen: (1) Das ZGB hatte den Gegenstand seiner Regelung von vomherein eingeengt, sowohl insgesamt wie demzufolge auch für das Erbrecht: Schwerpunkt war die RegelungdespersönlichenEigennunsderBürger,d.h.dieEigentumsrechtsverhältnisse an Konsumtionsgütern und Geld für den persönlichen Lebensbedarf sowie die damit zusammenhängenden Rechte und Pflichten. Anderes Vermögen hatte der einzelne Mensch nicht zu haben, das war gesellschaftliches Eigentum bzw. Vermögen. In der DDR-Verfassung (Art. 11) wurde Erbrecht im Zusammenhang mit persönlichem Eigentum garantiert. Produktionsmitteleigentum unterlag nur in begrenztem Rahmen der Vererbung (soweit es Eigentum von Handwerkern und Kleingewerbetreibenden war, § 23 Abs. 2 ZGB), während Privateigentum im übrigen- als "historisch überlebt" -nur beiläufig in § 3 EGZGB der analogen Anwendung des ZGB unterstellt wurde. Damit war es zwar auch vererblich, aber ohne als solches für die Gestaltung des Gesetzes eine Rolle zu spielen. Das ZGB hat das Erbrecht auf ,,kleine" Verhältnisse zugeschnitten. (2) In diesem Zusammenhang kam die von den Politikern erhobene Forderung zum Tragen, möglichst für den Bürger leicht überschaubare, kurze Gesetze zu schaffen, die in den üblicherweise auftretenden Situationen allgemeinverständliche Handlungsvorgaben enthalten. Es sollte volkstümliches Recht sein, das darauf verzichtet, spezielle und kompliziertere Situationen im Gesetz zu regeln. Viele Detailregelungen wurden ausgespart, die Lösung solcher Fragen den Gerichten bzw. zuständigen Behörden überlassen. DieseVerkürzungen im ZGB beeinträchtigten die Rechtssicherheit Der Entscheidungs- und Ermessensrahmen erwies sich als zu großzügig. Das Fehlen rechtsstaatlicher Garantien erhöhte die Risiken der Beteiligten; z.B. wurde der Ausgang von Prozessen unkalkulierbar. Die im Erbrecht überzogene Verkürzung der Regelungen im Verhältnis zum BGB (dortca. 460, imZGB ca. 60 Paragraphen) war als Schritt weg von einer schwer überschaubaren und wenig allgemeinverständlichen Art der Gesetzgebung hin zu einer bürgernahen gemeint, geriet jedoch zu extrem und rechtseinschränkend.

Abwicklung des Nachlasses und Nachlaßverfahren

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(3) Der dritte Unterschied spielt in dem von uns zu behandelnden Abschnitt weniger eine Rolle, soll deshalb nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden: es ist die dem ZGB-Erbrecht eigene Familienauffassung. Gegenüber der im BOB privilegierten Verwandtschaftsfamilie, den Angehörigen in der Generationsfolge, konzentriert sich das Erbrecht des ZGB stärker aufdie Familie als sozial existierende, familienrechtlich organisierte Gruppe, d.h. Ehe (mit Privilegierung der Ehegatten) und Eltern-Kind-Beziehung, die auch im Familiengesetzbuch (FGB) den Kerngegenstand bildeten. Hingegen spielte- sonstige- Verwandtschaft darin eine untergeordnete Rolle, stellte systematisch nur eine Art "Anhang" dieses Gesetzes dar. Aus solchen konzeptionellen Unterschieden erklären sich beim Vergleich der einzelnen Normengruppen des Erbrechts wiederkehrend bestimmte typische Übereinstimmungen bzw. Abweichungen zwischen BOB und ZGB. Folgende Wechselbeziehungen haben wir festgestellt:

- das System der Regelung und die Normen sind inhaltlich gleich, aber das BOB regelt die Fragen ausführlicher und genauer; - die Normen sind im Prinzip gleich, aber in Detailfragen anders, z.B. in der Dauer von Fristen u.ä.; - die Regelung ist vom Grundansatz her anders;

- das ZGB regelt bestimmte Fragen überhaupt nicht oder nicht im Erbrecht. Einige Unterschiede ergeben sich aus der abweichenden Behördenkompetenz bzw. Gerichtsverfassung. Seit 1952 hatten in der DDR die Staatlichen Notariate die Aufgaben wahrgenommen, die nach BOB den Nachlaßgerichten obliegen. Das Verfahren war demzufolge im Gesetz über die Staatlichen Notariate und der dazu erlassenen Arbeitsordnung2 geregelt. Inzwischen wurde die Kompetenz für notarielle von der für nachlaßgerichtliche Aufgaben wieder getrennt, freiberufliche Notare in eigener Praxis zugelassen und die freiwillige Gerichtsbarkeit wieder installiert.3

II. Annahme und Ausschlagung der Erbschaft a) Die Grundposition auf diesem Gebiet ist in BOB und ZGB die gleiche: es gilt das Anfallsprinzip,4 die Erbschaft geht mit dem Erbfall auf den oder die Erben über, mögen sie das wissen und wollen oder nicht. Gleichermaßen räumen ihnen beide

1 Ordnung über die Organisation der Arbeit des Staatlichen Notariats- Arbeitsordnung vom 5.2.1976, Arb.O, abgedruckt in: Aufgaben und Arbeitsweise des Staatlichen Notariats. Textausgabe (Berlin 1985). 3 Einigungsvertrag v. 31.8.1990 (BGBl. 1990 II 885), Anl. II Kap. 111 Sachgebiet A Abschnitt 111. 4 § 1942 BGB, § 399 Abs. 1 S. 1 ZGB.

Wolfgang Seifert und Petta Ungelbach

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Gesetze ein Ausschlagungsrechtein.5 das nur dem Staat bzw. Fiskus als gesetzlichem Erben versagt ist.6 Beide Gesetze beruhen anf dem Grundsatz der Gesamttechtsnachfolge,' wenngleich das BGB hinsichtlich der Haushaltsgegenstände im Falle gesetzlicher Erbfolge des Ehegatten konsequenter ist und den Voraus als vermächtnisähnlichen Anspruch ausgestaltet. während das ZGB eine Sonderrechtsnachfolge an Haushaltsgegenständen (§ 365) prinzipienwidrig zuläßt. Aber im Grundsatz besteht volle Übereinstimmung. Fremdkörper im System waren die Regelungen. nach denen der Erbschafts- bzw. Grundstückserwerb im Wege der Erbfolge durch Organisationen und Bettiebe einer staatlichen Genehmigung bedurfte,• d.h. er erfolgte praktisch auflösend bedingt. Es handelte sich hier um ein Beispiel obrigkeitsstaatlicher Eingriffe in Zivilrechtsverhältnisse, war doch im Falle des § 399 ZGB nicht einmal geregelt. welche Behörde über diese Genelunigung entscheiden sollte, geschweigedennnach welchen Kriterien. Vermutlich wardieser Einbruch von SED-Willkür in das Erbrecht vorwiegend gegen die Religionsgemeinschaften gerichtet. deren Vermögenserwerb man staatlich überwachen wollte. b) Daß die Annahme der Erbschaft, nach der die Ausschlagung nicht mehr zulässig ist. nach Eintritt des Erbfalls formlos erklärt werden kann und spätestens mit Ablauf der Ausschlagungsfrist eintritt (§ 1943 BGB), galt übereinstimmend. In diesem Zusammenhang war das ZGB sogar ausnalunsweise etwas konkreter, indem es Verhalten beschrieb (Verfügungen, Anttag auf Erbschein), aus dem die Annaluneerklärung zu schließen war(§ 402 Abs. 2). Diese Aufzählung war beispielhaft. wie aus dem Tatbestand (gelten "auch") zu ersehen ist. Daß nicht aus jeder Verfügung über Nachlaßgegenstände der Annalunewille geschlossen werden kann. ist übereinstimmende Auffassung nach ZGB und BGB. Wenn der Erbe nur verfügt. um dringende Angelegenheiten zur unaufschiebbaren Erfüllung von Pflichten (Beerdigung) oder Sicherung von Nachlaßgegenständen (Räumung der Wohnung) wahrzunelunen, kann darin eine Annaluneerklärung nicht erblickt werden. Insoweit gab es keine Abweichung von der Interpretation in der BRD, die ebenfalls schlüssige Annalune von unzweideutigem Verhalten des Erbes abhängig macht. d.h. vor allem Verfügungen zu eigenen Gunsten dementsprechend wertet. c) DieAusschlagung ist in beiden Kodiflkationen formgebundene Willenserklärung gegenüber der sachlich zuständigen Behörde bzw. in notariell beglaubigter Form.9 Wichtig ist es, die an die Kompetenz der Staatlichen Notariate in Erbschaftsangelegenheiten gewöhnten Bürger der neuen Bundesländer vorab mit der veränderten

6

§ 1942 Abs. 1 BGB, § 402 Abs. 1 S. 1 ZGB. § 1942 Abs. 2 BGB, § 402 Abs. 4 ZGB.

7

1922 BGB, § 363 Abs. 1 ZGB.

5

§ 399Abs. 1 S. 2ZGB, § 2Abs. 1 Buchst. c) GrundstücksverlrehrsVOvom 15.12.1977 (GBl. DDR 1978 I 73 -GVVO), zuletzt geändertdurch Gesetz vom 24.6.1990 (GBl. DDR 1990 I 524). 1

'

§ 1945 BGB, § 403 Abs. 2 ZGB.

Abwicklung des Nachlasses und Nachlaßveifahren

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Kompetenz vertraut zu machen, damit kein Rechtsverlust dadurch entsteht, daß sie den veränderten Adressaten der Ausschlagungserklärung nicht kennen. In beiden Rechtsordnungen ist die Wirksamkeit nicht daran gebunden, daß die örtlich zuständige Behörde Erklärungsempfänger ist. Die örtlichen Zuständigkeiten stimmten überein.10 Etwas Neues für die Bürger der neuen Bundesländer ist die Einschränkung der gesetzlichen Vertretungsbefugnis (Erfordernis vormundschaftlicher Genehmigung) bei Annahme und Ausschlagung der Erbschaft durch bzw. für Minderjährige, die sich aus§§ 1643 und 1822 BGB ergibt, und im DDR-Rechtnichtenthalten war. Es handelt sich hierbei um das generelle Problem, daß nach BGB der Staat häufiger in elterliche Entscheidungen. die zur Vermögenssorge gehören. eingreift. d) Die Formunterschiede-Niederschriftdes Nachlaßgerichts gemäß Beurkundungsgesetz oder öffentliche Beglaubigung nach BGB, generell nur letztere nach DDR-Recht- bieten deshalb keine Probleme nach der Vereinheitlichung, weil sie allein aus der bereits erwähnten unterschiedlichen Kompetenzverteilung zu erklären waren: in der DDR war das Staatliche Notariat für Beglaubigungen ebenso wie für nachlaßgerichtliche Angelegenheiten zuständig. Die Form der Vollmacht für eine Ausschlagung ist im BGB ausdrücklich im§ 1945 Abs. 3 bestimmt. In Anwendung der allgemeinen Bestimmung des§ 57 Abs. 2 ZGB, wonach die Form der Vollmacht derjenigen entsprechen muß, die für das Rechtsgeschäft gilt, war die Rechtslage in der DDR die gleiche. e) Unterschiedlich hingegen war dieAusschlagungsfrist, im BGB sechs Wochen (§ 1944 Abs. 1), imZGB zwei Monate(§ 402Abs. 1 S.1). Die Verlängerungauf6 Monate, wenn der Erbe außerhalb des Staatsgebietes wohnt, stimmt wieder überein. Allerdings ist das BGB wesentlich genauer, weil es den Zeitpunkt bestimmt, auf den es ankommt, und weil es auch an den Fall denkt, daß der Erblasser beim Erbfall einen Auslandswohnsitz hatte(§ 1944 Abs. 3). Die mit dem Einigungsvertrag erfolgte sofortige Einführung des BGB in den neuen Bundesländern erfordert, die Bürger schnell über die Verkürzung der Frist zu informieren, damit sie keine Rechtsnachteile erleiden. Soweit Fristen bei lnkrafttreten des BGB bereits liefen, gilt Art. 231 § 6 Abs. 3 EGBGB. Aus dem Bezug zu Abs. 2 dieser Norm ergibt sich, daß die kürzere 6Wochen-Ausschlagungsfrist des BGB ab 3.10.1990 läuft, wenn die Voraussetzungen (Kenntnis von Erbfall und Berufungsgrund) bis spätestens zu diesem Zeitpunkt vorlagen. Endet eine bereits laufende längere Frist nach ZGB vor Ablauf der 6 Wochen- berechnet ab 3.10.- bewendet es bei diesem Ergebnis. Die Pflicht des Nachlaßgerichts, den nächstberufenen Erben zu informieren (§ 1953 Abs. 3 BGB) fand ihre Entsprechung im DDR-Recht, hier allerdings im Verfahrensrecht. 11 10

§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Not.G, § 73 Abs. 1 FGG.

11

Arb.O des Staatl. Notariats (oben N. 2) Nr. 5.5.2.

Wolfgang Seifert und Petta Ungelbach

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t) Die Wirkung der Ausschlagung ist im BOB die gleicheP Daß die Annahmeund Ausschlagungserklärung nicht unter Bedingungen oder Zeitbestimmungen abgegeben oder auf Teile des Nachlasses beschränkt werden darf, war nach ZGB (§ 402 Abs. 3) wie nach BGB 13 eindeutig und klar. Hingegen fehlte im ZGB jegliche Aussage dazu, ob ein zu mehreren Erbteilen berufener Erbe u.U. die Teile unterschiedlich annehmen bzw. ausschlagen konnte. Das BOB differenzierte bekanntlich zwischen Berufung aus einem oderverschiedenen Gründen(§ 1951). Das ZGB sagte nichts darüber und ging offenbar davon aus, daß auch bei Mehrfachberufung immer eine einheitliche Erbberechtigung vorliegt, die nur insgesamt angenommen oder ausgeschlagen werden konnte. Diese Auffassung klingt in der Vorbemerkung zu§ 402 des ZGB-Kommentars14 an, wo zu einem der möglichen Sachverhalte erklärt wird, der Erbe könne "die Erbschaft aus dem Testamentnicht ausschlagen, um sie auf Grund gesetzlicher Erbfolge anzunehmen". Da auch das BOB in diesem Punkt nicht leicht verständlich ist, wäre de lege ferenda zu überlegen, ob die Regelung insgesamt nicht neu und klarer zu gestalten wäre.

g) Für die Anfechtung von Annahme und Ausschlagung gibt es prinzipielle Übereinstimmung, Unterschiede im Detail und genauere Regelungen im BOB. Auf einige Unterschiede ist hinzuweisen: die Zweimonatsfrist des ZGB (§ 405) war länger als die in § 1954 BOB bestimmte, aber undifferenziert nach In- und Auslandswohnsitz der Beteiligten. Erheblich war die wesentlich kürzere Maximal(Ausschluß-)-Fristrnit vier Jahren nachZGB, 30Jahrennach BOB. Sehrunvollkommen war die Anfechtungsform des ZGB gestaltet, die sich aus dem Verweis auf die merkwürdige und umständliche Prozedur der Vertragsanfechtung ergab. Nach§ 70 gab es eine Art Zwei-Stufenanfechtung, zunächst die Erklärung gegenüber dem Vertrags- bzw. Erklärungspartner. Bei Anfechtung von Annahme und Ausschlagung war Empfängerder Erklärung das StaatlicheNotariat (wie im BOB das Nachlaßgericht). Nach Vertragsrecht konnte der Empfänger der Anfechtungserklärung widersprechen, wodurch sie nicht wirksam wurde. Der Anfechtende hatte in diesem Falle das Recht, Klage zu erheben, damit das Gericht die Anfechtung ausspricht.15 Für das Erbrecht wurde dadurch die Frage aufgeworfen, wer das Widerspruchsrecht hatte und ausüben konnte und gegebenenfalls verklagt werden müßte: die erklärungsempfangende Behörde oder der von ihrer Wirkung Betroffene, dem die Anfechtungserklärung zu übernlittein war.16 Die Wirkung ist in BOB und ZGB die gleiche. 17 Die Anfechtungsgründe stimmen im Grundsatz in beiden Rechtsordnungen

12

§ 1953 BGB, § 404 ZGB.

13

§§ 1947, 1950.

14

Ministerium der Justiz (Herausg.), Kommentar zum ZGB der DDR (Berlin 1983) 442.

15

§ 70 Abs. 2 ZGB.

16

So ausdrücklich Arb.O des Staatl. Notariats (oben N. 2) Nr. 5.5.3. § 1957 BGB, § 405 Abs. 3 ZGB.

17

Abwicklung des Nachlasses und Nachlaßverfahren

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überein, abgesehen von der im BOB exakteren Defmition der rechtserheblichen Irnumsformen (§ 119). Die Probleme in der erbrechtliehen Praxis liegen in der Abgrenzung zum unbeachtlichen Motivirrtwn. Meist geht es um die Frage, ob Unkenntnis über die Bestandteile des Nachlasses, über Ver- oder Überschuldung die Anfechtung rechtfertigen. Das dürfte in den beiden Rechtsgebieten gleichermaßen so gewesen sein, so daß bei einer Fortentwicklung des Erbrechts darüber nachzudenken sein könnte, ob die oder einige typische Anfechtungsgründe im Erbrecht nicht etwas spezieller zu bestimmen wären. h) Die Rechtsstellung des vorläufigen, später ausschlagenden Erben (§ 1959 BOB) war zwar im ZGB nicht direkt geregelt. Es war aber unstreitig und höchstrichterlich entschieden, daß er Rechte und Pflichten nach den Regeln über das Handeln ohne Auftrag 18 gegenüber den Erben haue, wenn er pflichtgemäß unaufschiebbare Rechtsgeschäfte tätigte.19

lll. Sicherungsmaßnahmen bis zur Erbschaftsannahme a) Die in §§ 1960-1962 BOB geregelten Sicherungsmaßnahmen des Nachlaßgerichts für die Zeit bis zur Annalune der Erbschaft oder ihrer Übernahme gab es analog im ZGB. Dort waren sie an anderer Stelle zusammen mit behördlichen Maßnahmen, die aus anderem Anlaß nötig wurden, in einem eigenen Abschnitt (§§ 415 ff.) enthalten. Hier wie dort stimmte auch der Maßnahmenkatalog fast voll überein. Im ZGB waren sie nicht alle aufgezählt, standen vielmehr zum Teil in den Verfahrensordnungen.20 Die im BOB aus der Logik des Gesetzes folgende Anwendbarkeit der Pflegschaftsbestimmungen im 4. Buch (mit lediglich anderer Zuständigkeit, § 1962) war in der DDR etwas komplizierter vermittelt wegen der vom ZGB getrennten Familienrechtskodiflkation. Die Verbindung wurde durch Verweisung in § 33 Abs. 2 Not.G herbeigeführt, der die Bestimmungen des FGB über Vormundund Pflegschaften für anwendbar erklärte. Die danach bei Inkrafttreten des BOB noch laufenden Pflegschaften werden nach Art. 234 § 15 EGBGB den Regeln des neuen Rechts unterstellt. Die Pflicht zur Pflegerbestellung auf Antrag eines Gläubigers (§ 1961 BOB) schafft insoweit höhere Rechtssicherheit für den Bürger, als eine verbindliche, durchsetzbare Pflicht zum Tätigwerden des Staates begründet wird. Das ZGB gab den Behörden oft breite Ermessensspielräume ohne klare Tatbestandskriterien. So enthielt§ 415 ZGB zwar ebenfalls eine Pflicht, Rechte der Nachlaßgläubiger zu sichern, aber ob dadurch im Einzelfall ein "Fürsorgebedürfnis"

18

§§ 276-277 ZGB.

1'

So OG, NJ 1989, 256. § 33 Not.G, Arb.O des Staat!. Notariats (oben N. 2) Nr. 5.7.

20

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bestand, entschied der Notar. Das gleiche Problem wird auch an anderen Beispielen deutlich (etwa dem im ZGB fehlenden Recht auf Einsicht in die Ausschlagungserklärung).11 b) Rechtsstaatlich unvertretbar waren einige außerhalb des ZGB erlassene Sonderbestimmungen für die Erbfolge des Staates. Nach§ 3 der AO zur GrundstücksverkehrsVQll war ein Erbschein zu beantragen. soweit das nicht der Nachlaßpfleger veranlaßt hatte. Die Gläubiger mußten nach § 4 der AO ihre Forderungen an den Nachlaß schriftlich geltend machen. es gab eine vierjährige Verjährungsfrist, beginnend mit dem Erbfall. Weitere Einzelheiten der Regelung bezogen sich auf Grundstücksrechte und deren Ablösung. Derartige neben dem ZGB ,.versteckte" Normen waren Ausdruck sozialistischer Auffassung der besonderen Schutzwürdigkeit des gesellschaftlichen Eigentums.23 Ein Mangel war das Fehlen aufschiebender Einreden(§§ 2014 ff. BOB) im Recht der DDR, wodurch der Erbe zeitlich in Bedrängnis kommen konnte. Zu erklären war das wohl aus der Sicht, daß mit erheblicher oder schwer überschaubarer Verschuldung der Nachlässe nicht gerechnet worden ist und der Erbe ohnehin grundsätzlich beschränkt haftete.

W.lnvenJarisienmg des Nachlasses Das BOB stellt die Inventarisierung des Nachlasses in Zusammenhang mit der Haftung der Erben für Nachlaßverbindlichkeiten (§ 1992), das ZGB mit der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses(§ 415). In beiden Ordnungen geht bzw. ging es um das gleiche Problem: den Bestand des Nachlasses mit allen Aktiven und Passiven zu erfassen und damit vor allem Rechte der Nachlaßgläubiger oder· Miterben zu schützen. Mit Konsequenzen für die Haftungsbeschränkung ist eine Pflichtwidrigkeit des Erben bei Inventarerrichtung in beiden Gesetzen verbunden. wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung dieses Problems jedoch in jeweils anderer Weise: im BOB verliert der Erbe das Recht, die Haftungsbeschänkung herbeizuführen(§§ 2005 f.), im ZGB ging die gesetzliche Haftungsbeschränkung verloren(§ 418). Auf folgende wesentliche Unterschiede im Inventarisierungsrecht ist hinzuweisen: das ZGB sah prinzipiell nur ein vom Verpflichteten selbst gefertigtes Nachlaßverzeichnisvor (§ 416) und nur in besonderen Fällen ein vom Staatlichen Notariat

21

S. § 1953 Abs. 3 S. 2 BGB.

AO (Nr. 1) zur GrundstücksverkehrsVO vom 23.1.1978 (GBI. DDR 1978179) i.d.F. der AO Nr. 2 vom 19.9.1984 (GBI. DDR 19841322). 22

23 § 20 ZGB, bereits aufgehoben durch das 1. Zivilrechtsänderungsgesetz (Gesetz zur Änderung und Ergänzung des ZGB der DDR vom 28.6.1990) (GBI. DDR 1990 I 524).

Abwicklung des Nachlasses und NachlaSverfahren

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aufgestelltes(§ 419 Abs. 2), während das BGB die Zuziehung einer Behörde oder eines Notars in jedem Fall gebietet (§ 2002), soweit nicht auf Antrag des Erben das Nachlaßgericht selbst tätig wird oder den Auftrag an eine entsprechende Instanz gibt (§ 2003). Dadurch kommt dem Inventar des BGB eine größere Glaubwürdigkeit zu. Im ZGB war es in das Ennessen des Staatlichen Notariats gestellt, im Einzelfall Maßnahmen zu treffen, die eine vollständige, wahrheitsgemäße und sachkundige Erfassung des Nachlasses unterstützten(§ 419 Abs. 2).

Ein zweiter Unterschied besteht darin, daß nach ZGB außer Erben auch "Besitzer von Nachlaßgegenständen" verpflichtet werden konnten, ein Nachlaßverzeichnis aufzustellen. Dadurch wurde eine solche Maßnahme zusätzlich zu einer Hilfe für den Erben, Ansprüche auf Grund seines Rechts geltend machen zu können. Schließlich gibt es noch einen dritten Unterschied. Während das ZGB nur die notariell bestimmte Pflicht kannte, ein Nachlaßverzeichnis zu errichten(§ 416), stellt das BGB das Rechtder Erben(§ 1993) voran. weil es die Vennutung des§ 2009 daran knüpft, daß weitere als die verzeichneten Gegenstände beim Erbfall nicht vorhanden waren, die das ZGB nicht enthält. Hier war das Verzeichnis nur Informations- und Beweismittel. Präziser ist das BGB auch insofern, als das Nachlaßgericht dem Erben die Pflicht auferlegen muß, in einer bestimmten Frist ein Inventar zu errichten (§ 1994), wenn ein Nachlaßgläubiger dies beantragt. Das ZGB blieb auch insoweit bei dem unverbindlichen ,,kann"(§ 416).

V. Erbschaftsanspruch Das ZGB enthielt mit Ausnahme des Auskunftsanspruchs gegenüber Besitzern von Nachlaßgegenständen (§ 399 Abs. 2) keine speziellen erbrechtliehen Ansprüche zur Realisierung der im Erbgang erworbenen Rechteam Nachlaß. Ebenso fällt auf, daß - bis auf den eben erwähnten - im ZGB keine weiteren Auskunftsansprüche vorgesehen waren. Das bedeutet freilich nicht, daß Erbe und andere Berechtigte absolut rechtlos gewesen wären. Auskunftspflichten zwischen Beteiligten wurden aus dem allgemeinen Vertragsrecht abgeleitet, aus der Pflicht der Partner zusammenzuwirken(§ 44). Sie bezog sich auch auf die Beziehung der Beteiligten gesetzlich entstandener Schuldverhältnisse(§ 48 Abs. 2). Daraus ließ sich das Recht und die Pflicht ableiten, Auskunft zu erteilen, wenn sie notwendig war, um Ansprüche geltend machen zu können, etwa im Verhältnis Pfichtteilsberechtigter/Erbe oder zwischen Miterben untereinander. Eine ausdrückliche Regelung hielten deshalb die Gesetzgeber des ZGB nur don für erforderlich, wo nicht an einem Schuldverhältnis Beteiligte zur Auskunft zu verpflichten waren, nämlich gegen den Besitzer von Nachlaßgegenständen, ohne Unterschied ob er- in der Annahme, Erbe zu sein- im Sinne des BGB Erbschaftsbesitzer war oder sonst Nachlaßgegenstände in seinem Gewahrsam halte oder ihren Verbleib kannte (vgl. §§ 2027 f.). Die Auskunftspflicht hat mehrfach die Gerichte beschäftigt (während es sonst wenig veröffentlichte

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Entscheidungen zu Erbrechtsfragen gab) und wurde ausgedehnt auf die Pflicht zur Vorlage von Unterlagen und Urkunden.24 Alle weiteren Konsequenzen wurden im DDR-Recht den allgemeinen Bigenturnsschutzregelungen überlassen. d.h. ausschließlich beschränkt auf Übertragung einzelner Gegenstände. Der Erbe hatte insbesondere den Herausgabeanspruch als Eigentümer(§ 33 Abs. 2) undauf Leistung aus§§ 356,257 ZGB. Einedem § 857 BGB entsprechende Regelung vermißte man im ZGB, das ohnehin dem Besitzrecht wenig Raum gab. Dadurch hatte der Erbe keine speziellen Besitzschutzrechte. Seine Rechtsposition war schlechter als nach BGB. Es kommt hinzu, daß nach ZGB Herausgabeansprüche des Eigentümers 10 Jahre nach Kenntnis des Anspruchs und des Verpflichteten verjährten,zs so daß ein Widerspruch zwischen Existenz des Rechts und Durchsetzbarkeil entstehen konnte. Die Vereinfachung gegenüber dem BGB verminderte die Rechtssicherheit für den Erben. Zu den summarischen Rechten der§§ 2018 ff. BGB gab es keine vergleichbaren Bestimmungen im ZGB, das- da es ein besonderes Verhältnis zwischen Erben und Erbschaftsbesitzer nicht gestaltete - keinen Unterschied machte zu Ansprüchen gegenüber anderen unberechtigten Besitzern von Nachlaßgegenständen.

VI. Die Erbengemeinschaft a) Hinterläßt der Erblasser mehrere Erben-und das ist die Regel-, bilden sie eine Miterbengemeinschaft, deren rechtliche Struktur in beiden Gesetzen weitgehend übereinstimmend gestaltet ist und durch das Prinzip der Gesamthand bestimmt wird. Danach steht den Miterben der Nachlaß insofern gemeinschaftlich zu,26 als jedem ein bestimmter Anteil als Sondervermögen gehört. Bis zur Aufhebung der Erbengemeinschaft können nur alle Miterben insgesamt gemeinschaftlich über den Nachlaß als ganzes oder über einzelne Nachlaßgegenstände verfügen.21 Grundsätzlich gemeinsam obliegt ihnen auch die Verwaltung des Nachlasses. Im Gegensatz zum BGB, das dabei jeden Miterben zur Mitwirkung an Maßregeln der ordnungsgemäßen Verwaltung verpflichtet oder bei Uneinigkeit in der ordnungsgemäßen Verwaltung auf Stimmenmehrheit abstellt,21 kannte das ZGB solche konfliktregulierende Bestimmungen nicht. Das war ein Mangel. Jedoch konnte jeder Erbe notwendige Maßnahmen zur Erhaltung der Erbschaft oder einzelner Nachlaßgegenstände selb-

24 00, NJ 1983,384 undJanke, Der Anspruch des Erben aufAuskunftsetteilung nach§ 399 Abs. 2 ZGB: NJ 1980, 276.

25

§ 474 Abs. 1 Nr. 5 i. V.m. § 475 Nr. 2 ZGB.

27

§ 400 Abs. 1 S. 1 ZGB, § 2032 Abs. 1 BGB. § 400 Abs. 1 S. 2 ZGB, § 2040 Abs. 1 BGB.

28

§ 2038 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB i.V.m. § 745 BGB.

26

Abwicklung des Nachlasses und NachlaBverfahren

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ständig treffen - Notverwaltung.29 Das ZGB bestimmte ausdrücklich, daß diese Berechtigung auch ermöglicht, zur Erhaltung von Grundstücken und Gebäuden Kredite aufzunehmen und Hypotheken zu bestellen(§ 400 Abs. 2 S. 3). Der Miterbe handeltedarmals gesetzlicher Vertreter der Erbengemeinschaft (§53 Abs. 3). Nach beiden Regelungen kann jeder Miterbe ohne Zustimmung der übrigen über seinen Anteil am gesamten Nachlaß durch notariell beurkundeten Vertrag frei verfügen, nicht aber über einzelne Nachlaßgegenstände oder seinen Anteil daran.30 Gehörte ein Grundstück oder ein Grundstücksrecht zum Nachlaß, waren Verfügungen über einen Erbteil in der DDR genehmigungspflichtig.31 Im Interesse der Regelung offener Vermögensfragen auf dem Gebiet der DDR bleibt dieses Genehmigungsverfahren auch über den 3.10.1990 hinaus vorerst weiter aufrechterhalten.32 Gleichermaßen räumen beide Rechtsordnungen den übrigen Miterben ein gesetzliches Vorlcaufsrecht ein, das unterschiedlich ausgestaltet ist. Eine ausdrückliche Regelung, wie sie das BGB kennt,33 war im ZGB nicht enthalten. Dafür gab es aber eine verfahrensrechtliche Sicherung, denn der Kaufvertrag über den Erbteil durfte erstdarmbeurkundet werden, wenn das Vorkaufsrecht der Miterben erloschen war. Das Vorkaufsrecht der Miterben erlosch, wenn sie-nachdem ihnen Verkaufsabsicht und Verkaufsbedingungen mitgeteilt waren - innerhalb von zwei Wochen dem Verkäufer gegenüber keine schriftliche Erklärung abgaben, ihr Vorkaufsrecht ausüben zu wollen (vgl. § 39 ZGB). Jeder Miterbe allein ist auch berechtigt, Nachlaßansprüche geltend zu machen; er kann allerdings nur die Leistung an alle Miterben verlangen.34 b) Nach beiden Gesetzen kann jeder Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung der Gemeinschaft verlangen, wenn die Erbteile feststehen; 35 die Aufhebung kann auch teilweise erfolgen. Dabei sah das ZGB Ausnahmen vom Anspruch auf sofortige Auseinandersetzung, wie sie das BGB kennt,36 nicht vor. Die gesetzlichen Teilungsregelungen orientieren beiderseits darauf, aus dem Nachlaß zunächst die Nachlaßverbindlichkeiten zu begleichen. Was nach Berichtigung übrigbleibt, ist unter den Erben nach dem Verhältnis ihrer Erbteile aufzuteilen.37 Maßgeblich ist dabei in erster Linie die freie Vereinbarung der Miterben. Hat der Erblasser durch

30

§ 400 Abs. 2 S. 2 ZGB, § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB. § 401 Abs. 1 ZGB, §§ 2033, 2040 Abs. 1 BGB.

n

§ 2 Abs. 1 Buchst. i) GrundstücksverkehrsVO (oben N. 8).

29

Einigungsvertrag (oben N. 3), Anlage II, Kap. III, Sachgebiet B, Abschn. II Nr. 1. Siehe auch v. Hoerschelmann, oben S. 39 ff. 32

33 34

35 36

37

§§ 2034-2037 BGB. § 400 Abs. 3 ZGB, § 2039 BGB. § 423 Abs. 1 ZGB, §§ 2042 Abs. 1, 2043 BGB. §§ 2044,2045, 1970,2061 BGB. § 423 Abs. 3 S. 1 ZGB, § 2047 Abs. 1 BGB.

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Verfügung von Todes wegen Teilungsanordnungen getroffen. sind diese Grundlage für die reale Teilung des Nachlasses. Die Erben konnten von dieser Teilungsanordnung in der DDR jederzeit eigenverantwortlich abweichen und eine andere Aufteilung vomehmen,38 was auch nach BOB grundsätzlich möglich ist. Zu beachten war bei der Aufteilung des Nachlasses in der DDR, daß für einzelne Nachlaßgegenstände besondere Bestimmungen gelten konnten, an die die Erben und im Falle amtlichen Tätigwerdens auch das Staatliche Notariat gebunden waren. Die Regelung des § 424 ZGB weist explizit auf diesen Umstand hin. In der Regel handelte es sich dabei insbesondere um spezifische Belange aus dem Nutzungsrecht an Nachlaßgegenständen gegenüber dem Eigentum oder um das Zivilrecht überlagemde verwaltungsrechtliche Befugnisse, die sich auch im Erbrecht niederschlagen. Eine Rechtsbereinigung erfolgte hier teilweise bereits durch den Reformgesetzgeber der DDR. Aber auch nach der Einführung des BOB in denneuen Bundesländern kann es auf bestimmten Gebieten eine (befristete) Weitergeltung besonderer Regelungen geben.39 Schließlich sind bei der Aufteilung des Nachlasses auch die mit dem Tod eines Ehegatten auftretenden familienrechtlichen Fragen in bezug auf das Güterrecht mit zu klären. Das ist eine beide Rechtsordnungen gleichermaßen betreffende grundsätzliche Problematik, die in den jeweiligen rechtlichen Regelungen verschieden gelöst wurde. Nach dem Familiengesetzbuch (FGB) der DDR bestand kraftGesetzeseine weitgehende Eigentums- und Vermögensgemeinschaft zwischen den Ehegatten (Errungenschaftsgemeinschaft), die durch den Tod juristisch nicht beendet wird und deshalb regelmäßig vor der Aufteilung des Nachlasses zunächst der Auseinandersetzung bedarf (falls der überlebende Ehegatte nicht Alleinerbe geworden ist). Die Auflösung der ehelichen Eigentumsgemeinschaft ist also der erbrechtliehen Auseinandersetzung vorgeschaltet Diese Verfahrensweise wird auch durch die mit dem Einigungsvertragkraft Gesetzes erfolgte Überleitung vom gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft des FGB in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft des BGB40 in den neuen Bundesländern nicht gegenstandslos. Sie bleibt für Ehegatten, die am 3.10.1990 im gesetzlichen Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft des FGB gelebt haben. für bis dahin erworbenes gemeinschaftliches Eigentum nach bisherigem Recht maßgebend günstigenfalls nunmehr durch die Regelung des§ 1371 Abs. 1 BOB ergänzt. Künftig können sich die Verhältnisse nach BOB differenzierter gestalten- je nach dem Güterstand, der gewählt wurde. Ist zwischen den Erben keine Einigung erzielbar, wie

31

§ 423 Abs. 3 S. 2 ZGB.

Verwiesen sei beispielsweise auf: § 45 des Gesetzes über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG-Gesetz) vom 2.7.1982 (GBl. DDR 1982 I 443), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.6.1990 (GBl. DDR 1990 I 483). Das LPG-Gesetz bleibt noch bis 31.12.1991 in Kraft- Einigungsvertrag (oben N. 3), Anl. li, Kap. VI, Abschn. III, Nr. 2). 39

40

Vgl. Art. 234 § 4 EGBGB.

Abwicklung des Nachlasses und Nachla8verfahrcn

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der Nachlaß real aufzuteilen ist, kann nach beiden Rechtsordnungen jeder der Miterben eine amtliche Vermittlung beantragen. Die Zuständigkeiten waren bisher unterschiedlich geregelt: InderDDRkonntedasStaatlicheNotariat,41 in der Bundesrepublikdas Nachlaßgericht oder auch ein Notar in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkei~2 die Auseinandersetzung vermitteln. Eine zustandegekommene Einigung ist jeweils zu beurkunden. Während das nachlaßgerichtliche Verfahren im BGB nicht besonders geregelt ist, orientierte das ZGB in seinem Erbrechtsteil den Bürger ausdrücklich auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Staatlichen Notariats zur Vermittlung der Aufteilung. Es verpflichtete dabei die Erben, Vorschläge für die Aufteilung zu unterbreiten (§ 426 Abs. 2). Gelang es nicht, die Erben zu einigen, hatte das Staatliche Notariat die weitergehende Befugnis, durch rechtsgestaltende Entscheidung die Erbteilung durchzuführen, und konnte in diesem Rahmen den Miterben das Alleineigentum an Sachen, Forderungen und Rechten zusprechen und ihnen untereinander Ausgleichsansprüche zuerkennen.43 Dieses Verfahren ermöglichte es somit, eine Erbengemeinschaft ohnedie Erhebung einer Auseinandersetzungsklageaufzuheben. Dadurch war die Stellung des Notariats in Nachlaßangelegenheiten bedeutend verstärkt worden und die Entscheidung zunächst in die Hand derjenigen Behörde gelegt, die ohnehin -vom Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Erbrechts abgesehen- alle übrigen Nachlaßangelegenheiten zu bearbeiten haue. Bestand der Nachlaß nurnoch aus einem Grundstück, so konnte das Gesamteigentum durch Zwangsversteigerung aufgehoben werden.44 Der Charakter des Vermittlungsverfahrens setzte allerdings voraus, daß der Nachlaß teilungsreif und kein Rechtsstreit zwischen den Erben über das Erbrecht anhängig war. Gegen den Beschluß über die Aufteilung konnte befristete Beschwerde nach§ 16 Abs. 3 Not.G eingelegt werden, über die das Kreisgericht endgültig entschied. Damit war kein weiteres Rechtsmittel gegeben, was letztlich eine Beschränkung der Bürger in ihren Rechten darstellte. Im Beschwerdeverfahren selbst konnte das Kreisgericht keine weitergehenden Entscheidungen treffen, als im notariellen Erbteilungsverfahren zulässig waren. Bestand z.B. ein Streit über das Bestehen oder die Höhe von Nachlaßverbindlichkeiten, dann war er in einem durch Klage eingeleiteten Rechtsstreit zu klären und bis zu dessen Abschluß das Beschwerdeverfahren zu unterbrechen.4~ Die Verbindung des Beschwerdeverfahrens mit einem solchen Rechtsstreit war wegen der Verschiedenheit des Verfahrens nicht zulässig. Daneben konnten die Miterben den Gerichtsweg beschreiten, um eine 41

§ 425 Abs. 1 ZGB, § 24 Not.G.

§§ 86-98 FGG. § 427 ZGB i.V.m. § 36 Not.G. 44 VO über die Vollstreckung in Grundstücke (GrundstücksvollstreckungsVO) vom 6.6.1990 (GBl. DDR 1990 I 288) §§ 30 ff. 45 § 71 Abs. 2 Nr. 1 ZPO i. V.m. § 17 Abs. 2 S. 2 Not.G. 42

43

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gerichtliche Entscheidung zu erwirken, wie der Nachlaß aufzuteilen ist; ihnen stand insofern ein Wahlrecht zu. Nach unserer Ansicht stellt die notarielle (bzw. nachlaßgerichtliche) Gestaltungsbefugnis in der Erbauseinandersetzung in einem vereinfachten Verfahren durchaus eine übedegenswerte Anregung aus dem Erbrechtder DDR zur Weiterentwicklung des Erbrechts des BGB dar. c) Eine Ausgleichung von Vorempfängen für gesetzliche Erben, wie sie das BGB bei der Auseinandersetzung in den §§ 2050 ff. vorsieht, kennt das ZGB nicht. Nach ihm wurden Zuwendungen des Erblassers an seine Abkömmlinge kraft Gesetzes nicht berücksichtigt, es sei denn, der Erblasser ordnete die Ausgleichung testamentarisch ausdrücklich an. Begründet lag dies in den unterschiedlichen Erbrechtskonzeptionen und der daraus folgenden unterschiedlichen sozialen Funktion der Regelungen. Dabei ist zu beachten, daß dieser Regelungsbereich in der Bundesrepublik wegender Vererblichkeit von Privatvermögen größeren Umfangs und wegen der Funktion des Erbrechts auch im Zusammenhang mitder Daseinsvorsorge eine andere Qualität hat als bisher in der DDR. Angesichts der geringeren ökonomischen Bedeutung des Erbrechts hielten die Gesetzgeber des ZGB eine solche Regelung für verzichtbar, zumal der davon berührte Ausbildungsaufwand in der Regel gesellschaftlich abgedeckt war. Ähnlich stand es um die Ausstattung, die regelmäßig auch nicht von den Eltern, sondern den Abkömmlingen selbst erbracht wurde. Mit der sich vollziehenden Entwicklung hin zur Marktwirtschaft und der größeren Privatisierung von Berufsausbildungskosten könnte diese Problematik in den neuen Bundesländern für die Zukunft auch von Bedeutung werden. Anders verhält es sich dagegen mit der Regelung des § 2057a BGB, der Ausgleichungspflichtfür besondere Mitarbeit oder Pflegetätigkeit eines Abkömmlings. Das ist eine Regelung, die auch in den neuen Bundesländern einem aktuellen Erfordernis entspricht und eine Lücke schließt, da sie in den Fällen, in denen der· Erblasser selbst keine Vorsorge in dieser Richtung getroffen hat, auf einer sauberen Rechtsgrundlage eine Ausgleichung nach Billigkeit für besondere Leistungen ermöglicht, die ein Abkömmling unentgeltlich oder gegen unangemessen geringes Entgelt im Interesse des Erblasservermögens erbracht hat. Eine solche Ausgleichungsmöglichkeit war nach ZGB nicht gegeben. Die Erstattung derartiger Aufwendungen als Nachlaßverbindlichkeit gem. § 410 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB setzte voraus, daß zwischen Abkömmling und Erblasser eine Vereinbarung über die Betreuung des letzteren abgeschlossen wurde, bei deren Abschluß für beide Beteiligten feststand, daß die Leistung entgeltlich erbracht werden soll (§ 198 Abs. 2 ZGB). Es mußte sich also bei diesen Zahlungsverpflichtungen des Erblassers um fmanzielle Verbindlichkeiten handeln, zu deren Erfüllung sich der Erblasser vertraglich verpflichtet hatte. Das aber war bei derartigen Leistungen, die oft als ein Ausdruck von engen persönlichen (verwandtschaftlichen) Beziehungen zum Erblasser anzusehen sein werden, wohl selten der Fall, so daß folgerichtig regelmäßig eher von einer nicht zu entgeltenden gegenseitigen persönlichen Hilfeleistung auszugehen war(§§ 197, 198 ZGB).

Abwicklung des Nachlasses und Nacblaßverfahren

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VII. Die Erbenhaftung Die Regelungen über die Haftung des Erben für Nachlaßverbindlichkeiten gehören zu den wenigen Komplexen im Erbrechtsteil beider Zivilrechtskodiflkationen. die in ihren Grundentscheidungen stark voneinander abweichen. Aus diesem Grund ist jener Teil auch einem einfachen ,,Normenvergleich" nicht zugänglich, denn beide Rechtsordnungen legen verschiedene Haftungssysteme zugrunde, was zu unterschiedlichen Gestaltungserfordernissen im ganzen führte. Der wesentliche Unterschied besteht bekanntlich in folgendem: Während nach der BOB-Lösung der Erbe für die Nachlaßverbindlichkeiten persönlich und unbeschränkt haftet, seine Haftung aber auf den Nachlaß beschränken kann (Grundsatz der unbeschränkten. aber beschränkbaren Haftung), ging das ZGB von einer grundsätzlichen Beschränkung der Erbenhaftung auf den Nachlaß aus. Die Haftung des Erben war hier gegenständlich beschränkt auf den Nachlaß (§ 409 ZGB). Reichten dessen Geldmittel zur Erfüllung der Nachlaßforderungen nicht aus, war eine Vollstreckung ebenfalls nur in den Nachlaß zulässig. Die Entscheidung für die jeweilige Lösung hängt davon ab, welche Prioritäten bei der gesetzlichen Bewertung hiervon betroffener Interessen gesetzt werden. Der Gesetzgeber des BGB hielt die Interessen der Nachlaßgläubiger für schutzwürdiger als die des Erben und stellt sie in den Vordergrund; der Schuldner wird zum Handeln gezwungen. Demgegenüber sollten nach ZGB das (erarbeitete) Eigentum des Erben und seine laufenden Arbeitseinkünfte-alsregelmäßig das Eigenvermögen des Erben Charakterisierendes - unangetastet bleiben. Gemeinsam ist beiden Gesetzen, daß in bestimmten Fällen die gesetzlich beschränkte Erbenhaftung entßillt bzw. der Erbe dieses Beschränkungsrecht verliert, d.h. auf jeden Fall mit seinem Eigenvermögen einzustehen hat. Im Unterschied zum BGB, wo der Eintritt dieser Konsequenz ausnahmslos vom Erben steuerbar ist,46 hatte der Erbe nach ZGB über ähnliche Folgen (§§ 417 f. ZGB) hinaus aber stets für Bestattungskosten, für die Kosten des Nachlaßverfahrens und für Zinsen von -durch staatliche Kreditinstitute gewährten - Krediten auch mit seinem Eigenvermögen aufzukommen.47 Es handelte sich dabei um Fälle gesetzlicher Nachlaßerbenschulden. Die oben erwähnten Grundentscheidungen führten in der Folge in beiden Rechtsordnungen zu unterschiedlichem Regelungsbedarf. a) Das betrifft zum einen die Vorschriften des BGB über das Gläubigeraufgebot (§ § 1970 ff. BGB), die aufgrund ihrer Funktion- dem Erben vor allem die Entscheidung zu erleichtern, ob er Maßnahmen der Haftungsbeschränkung beantragen sollim ZGB keine Entsprechung haben.

46

§§ 1994 Abs. 1, 2005,2006 Abs. 3 BGB.

47

§ 417 Abs. 2-3 ZGB.

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b) Das betrifft weiterhindie BOB-Regelungen überdieHoftungsbeschränkungen selbst wie Nachlaßverwaltung, Nachlaßkonkurs (§§ 1975 f. BGB), Dürftigkeits-und Überschuldungseinrede (§§ 1990, 1992 BGB). Durch die grundsätzliche Beschränkung der Haftung auf den Nachlaß wurden besondere Maßnahmen der Haftungsbeschränkung im ZGB nicht erforderlich, weil überflüssig. Dessen ungeachtetkonnte auch hier eine Nachlaßverwaltung angeordnet werden, die funktionell wie begrifflich allerdings von der des BGB zu trennen ist. Während sie don vorrangig einer Haftungsbeschränkung auf den Nachlaß durch dessen Trennung vom Eigenvermögen dient, ging es hier um den Interessenschutz der Erben und aller weiteren Beteiligten, wenn die Errichtung eines Nachlaßverzeichnisses nicht ausreichte(§ 420 Abs. 1 ZGB) bzw. wenn Miterben sich über eine ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses nicht einigen konnten(§ 420 Abs. 2 ZGB). Eine Regelung über die ordnungsgemäße Verwaltung durch Stimmenmehrheit im Sinne des BGB48 fehlte imZGB. Hierwurde die Nachlaßverwaltung als Fürsorgemaßnahme des Staatlichen Notariats durch subjektiv motiviertes Verhalten der Erben ausgelöst. Dadas ZGB keinen Nachlaßkonkurs mehr kennt und Nachlaßverwaltung auch bei überschuldetem Nachlaß Gedoch keine Voraussetzung) anzuordnen war,49 ist insofern auch eine begriffliche Unterscheidung angebracht. In den Fällen der Überschuldung war die Nachlaßverwaltung jedoch wie ein Konkurs zu behandeln (d.h. die Abwicklung erfolgte nach der GesamtvollstreckungsV0).50 In Abweichung zur BOB-Regelung(§ 1981 BGB) war das Vorliegen eines an die Nachlaßbehörde zu richtenden Antrages zur Anordnung der Nachlaßverwaltung nicht zwingend, aber zulässig. Das Staatliche Notariat konnte auch dann über die Anordnung entscheiden, wenn es durch andere Hinweise Kenntnis von der Notwendigkeit der Nachlaßverwaltung erhielt. Die Überprüfung von Bedürfnis wie Notwendigkeit und damit der Voraussetzungen für eine Anordnungs1 war also auch hier eine Ermessensfrage ("kann anordnen"). Die Wirkungen nach Anordnung der Nachlaßverwaltung (bzw. auch des -konkurses) stimmten in beiden Rechtsordnungen überein: Der Erbe verliert die Befugnis, den Nachlaß zu verwalten und über Nachlaßgegenstände zu verfügen;s2 sie geht auf den Nachlaßverwalter über.s3 Während allerdings der Verwalter in der DDR die Stellung eines gesetzlichen Vertreters der Erben hatte,S4 hat er in der BRD nach

48

§§ 2078 Abs. 2, 745 BGB.

49

Arb.O des Staatl. Notariats (oben N. 2) Nr. 5.7.5.

50 Vgl. VO über die Gesamtvollstreckung (GesarntvollstreckungsVO) vom 18.121975 (GBL DDR 1976 I 5), ersetzt durch VO überdie Gesamtvollstreckungvom 6.6.1990 (GBL DDR 1990 I 285). 51 § 420 Abs. 1 und 2 ZGB. 52 § 420 Abs. 3 ZGB; § 1984 Abs. 1 S. 1 BGB, § 6 Abs. 1 KO. 53

§ 421 Abs. 2 S. 1 ZGB; § 1985 Abs. 1 BGB, § 6 Abs. 2 KO.

Abwicklung des Nachlasses und Nachlaßverfahren

85

herrschender Meinung die eines amtlich bestellten Organs (obwohl die Nachlaßverwaltung in§ 1975 BGB als Nachlaßpflegschaft angesehen wird). c) Ein wngekehrter Fallliegt mit § 410 ZGB vor, der spezifische Festlegungen für die Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten aus dem Nachlaß trifft. Hier ergab sich ein weitergehender Regelungsbedarf für das ZGB daraus, daß der Nachlaßkonkurs entfiel und in Ermangelung konkursrechtlicher Bestimmungen~~ - aus denen sich bei Überschuldung Regelungen für die Befriedigung der Nachlaßgläubiger ergaben- nunmehr entsprechende Verfahrensbestimmungen in Gestalt einer Rangfolge der Nachlaßverbindlichkeiten in das materielle Erbrecht des ZGB selbst aufzunehmen waren. Diese vereinfachte Regelung war wohl für "kleine Verhältnisse" mit ihren typischen Nachlaßverbindlichkeitenhinreichend und in gewisser Weise auch "anwenderfreundlich" für die Abwicklung durch die Erben selbst. Bei Nachlaßverwaltungwaren die Nachlaßverbindlichkeiten in der Rangfolge des § 410 ZGB i.V.m. § 17 (früher§ 13) der GesamtvollstreckungsVO zu erfüllen.j6 Mitder Überleitung zum BGB stellt sichnach dem 3.10.1990 im Gebiet derneuen Bundesländer nunmehr folgendes Problem: Auch die neu erlassene GesamtvollstreckungsVO vom 6.6.1990, die jedenfalls vorläufig hier die Funktion einer Konkursordnung übernahm, ist auf den Nachlaßkonkurs nicht zugeschnitten, d.h. sie enthält keine einschlägigen Bestimmungen zur Rangfolge für die Erfüllung von Nachlaßverbindlichkeiten. Also wird man wohl auf die allgemeine Maßgabe des Einigungsvertrages zurückzugreüen haben, die besagt: Soweit in übergeleiteten Vorschriften auf Recht der Bundesrepublik Deutschland verwiesen wird, das im Gebiet der neuen Bundesländer keine Anwendung fmdet, sind die entsprechenden Vorschriften der DDR anzuwenden- es sei denn, solche bestehen nicht. In diesem Fall gelten die Vorschriften, auf die verwiesen wird - hier die Konkursordnung -, entsprechend.~7 Das Problem wird im Zusammenhang mit der Wiedereinführung konkursrechtlicher Bestimmungen mit zu lösen sein.

Es bestehen eine Reihe von Besonderheiten in der Erfüllung von Nachlaßverbindlichkeiten, die aber nicht prinzipieller Natur sind. Auf einen Unterschied sei hingewiesen: Wurde nach ZGB der Staat gesetzlicher Erbe, waren die Verbindlichkeiten - abweichend vom Haftungsgrundsatz des § 409 ZGB - bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses zu begleichen.~• Dies bedingte, daß die Forderung eines Nachlaßgläubigers, der als Erbe die Erbschaft ausschlug, nur beglichen wurde, § 421 Abs. 2 S. 2 ZGB. ss Die Konkursordnung von 1877 wurde in der DDR arn 1.1.1976 mit Ink:rafttreten der neuen Zivilprozeßordnung vom 19.6.1975 aufgehoben. Die dafür in Kraft getretene GesamtvollstreckungsVO von 1975 (oben N. 50) enthält keine einschlägigen Bestimmungen für den Nachlaßkonkurs. 56 Arb.O des Staatl. Notariats (oben N. 2) Nr. 5.7.6. 57 Einigungsvertrag (oben N. 3), Anlage I, Kap. III, Sachgebiet A, Abschnitt III, Nr. 28 a). 54

58

§ 393 Abs. 2 S. 2 ZGB.

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Wolfgang Seifert und Petra lingclbach

soweit sie in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mitdem Nachlaß entstanden ist. Damit sollte verhindert werden, daß sich Erben einerseits der ihnen unbequemen Erbschaft zu Lasten des Staates entledigten, andererseits Forderungen gegen den Staat geltend machen, für die zwar der Nachlaß haftete, die jedoch keinen wirtschaftlichen Bezug zu diesem haben. Eine solche Differenzierung war wohl spezifischen Verhältnissen in der DDR geschuldet, hat aber künftig keine Berechtigungmehr. Beiderseits ergeben bzw. ergaben sich Besonderheiten für die Erbenhaftung dann, wenn mehrerePersonenerben (Erbengemeinschaft). Die Miterben sind zur Erfüllung gemeinsamer Nachlaßverbindlichkeiten jeweils als Gesamtschuldner verpflichtet.59 Trotzdem bestanden Unterschiede. Während nach § 2059 Abs. 1 BOB der einzelne Miterbe erreichen kann, daß er dem Nachlaßgläubiger bis zur Nachlaßteilung nur mit seinem Anteil am Nachlaß haftet, konnte der Nachlaßgläubiger nach ZGB vonjedem Erben die Erfüllung seiner Forderung bis zur vollen Höhe - mit den sich aus § 409 ergebenden Beschränkungen - verlangen. Im Innenverhältnis waren die Miterben untereinander entsprechend ihren Erbteilen zum Ausgleich verpflichtet(§ 412 Abs. 2 ZGB). Hier wie dort besteht die gesamtschuldnerische Haftung auch nach der Teilung des Nachlasses fort. Während der BOB-Erbe nunmehr unbeschränkt, aber beschränkbar haftet (Aumahmen §§ 2060 f. BOB), hatte der Erbe nach ZGB Nachlaßverbindlichkeiten bis zur Höhe des aus der Erbschaft Erlangten zu erfüllen, d.h. es wurde ebenfalls nicht mehr mit dem Nachlaß gehaftet, sondern mit dem Eigenvermögen in dem Umfang, in dem es durch die Erbschaft zugenommen hatte. Dadurch war der Gläubiger hinreichend geschützt.

VIII. Der ErbseM in Erbscheine wurden nach Maßgabe des§ 413 ZGB im wesentlichen unter den gleichen Voraussetzungen undmit demselben Inhalt erteilt wie ein Erbschein i.S. der §§ 2353 ff. BOB und lösten dieselben Wirkungen aus. Auch das in den§§ 27-31 Not.G geregelte Erbscheinverfahren entsprach in seinen grundlegenden Zügen dem Erbscheinverfahren des BOB. Hier wie dort ist der Erbschein eine Urkunde über die erbrechtliehen Verhältnisse, die Angaben über die Person des Erben und- bei mehreren Erben- über die Größe seines Erbteils enthält.60 Darüber hinaus weist er nach §§ 2363, 2364 BOB die erbrechtliehen Beschränkungen aus (der ZGB-Erbe unterlag in seiner Verfügung über das aus der Erbschaft Erlangte keinen Beschränkungen). Der Erbschein begründet beiderseits die Vermutung, daß dem in ihm bezeichneten Erben das angegebene Erbrecht zusteht - wobei die Rechtsscheinwirkung nach BOB auf mögliche Be59 60

§ 412 Abs. 1 S. 1 ZGB, § 2058 8GB. § 413 Abs. 1 ZGB, §§ 2353, 2357 BGB.

Abwicklung des Nachlasses und Nachlaßverfahren

schränkungen erweitert ist61 jeden gutgläubigen Dritten.

-

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und schützt aufgrund seines öffentlichen Glaubens

Ausgestellt wird der Erbschein auf Antrag auf der Grundlage eines amtlichen Fnnittlungsverfahrens.62 Örtlich zuständig war bzw. ist regelmäßig das Staatliche Notariat bzw. das Amtsgericht (als Nachlaßgericht), in dessen Bereich der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte.6>Die Anforderungen an den Inhalt des Antrags waren nach beiden Gesetzen im wesentlichen gleich.64 Geringe Abweichungen gab es beim Antragsrecht. Nach Notariatsgesetz gehörte zum Kreis der Antragsberechtigten neben (Allein- und Mit-) Erben, Testamentsvollstrecker, Nachlaßverwalter (in der Bundesrepublik auch Nachlaßkonkursverwalter) sowie Gläubiger auch der Nachlaßpfleger, der nach der bundesdeutschen Rechtsauffassung nicht antragsberechtigt ist. Übereinstimmend ermittelt die ersuchte Behörde von Amts wegen und kann jeweils eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung von Erbrechten erlassen.65 Dabei ermöglichte § 29 Abs. 2 Not.G die öffentliche Aufforderung zur Anmeldung ausdrücklich mit der Folge der Nichtberücksichtigung nicht angemeldeter Erbrechte. War ein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig, hatte das Staatliche Notariat das V erfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Prozeßgerichts auszusetzen und war dann an die gerichtliche Entscheidung gebunden (§ 29 Abs. 4 Not.G), während § 2360 Abs. 1 B BOB in diesem Falllediglich eine Anhörung des Gegners vorsieht. Insofern war die Gefahr der Ausstellung eines unrichtigen Erbscheins in diesen Fällen in der DDR von vomherein verhindert. Allerdings hat das Nachlaßgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach pflichtgemäßem Ermessen auch die Möglichkeit der Verfahrensaussetzung (§ 12 FOG). Nach beiden Rechtsordnungen erwachsen Erbscheine nicht in Rechtskraft; vielmehr wird eine mögliche Unrichtigkeit berücksichtigt. Das führte in diesemFalle zu einer etwas unterschiedlichen Verfahrensweise. Ergibt sich, daß der erteilte Erbschein unrichtig ist, so hat ihn nach § 2361 Abs. 1 BOB das Nachlaßgericht einzuziehen. War in der DDR ein Erbschein unrichtig (die Unrichtigkeit konnte sich sowohl durch Entscheidung eines Gerichts ergeben als auch durch eigene Entscheidung des Staatlichen Notariats festgestellt werden), hatte dies zur Folge, daß er durch das Notariat für unwirksam zu erklären und ebenfalls einzuziehen war .66 Einen Herausgabeanspruch des wirklichen Erben gern. § 2362 Abs. 1 BOB gegenüber dem Besitzer eines unrichtigen Erbscheins sah das ZGB nicht vor.

61 62

63 64

65 66

§ 413 Abs. 2ZGB, § 2365 BGB.

§§ 27-30 Not.G, §§ 2354-2360 BGB. § 10 Abs. 1 Nr. 1 Not.G, § 37 FGG. § 27 Abs. 2 Not.G, § 2354 BGB. § 29 Abs. 2 Not.G, § 2358 BGB. § 413 Abs. 3 ZGB, § 31 Abs. 2 NotG.

Wolfgang Seifert und Petra Lingelbach

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Obwohl das ZGB lediglich den gegenständlich beschränkten Erbschein ausdrücklieh gesetzlich regelte (§ 414 ZGB), kannte es ebenso wie das BGB auch den Alleinerbschein, den gemeinschaftlichen Erbschein und den Teilerbschein.67 Hinsichtlich des gegenständlich beschränkten Erbscheins wird unbeschadet der Maßgabe des Art. 236 § 1 EGBGB davon auszugehen sein, daß er im Verhältnis zwischen den alten und neuen deutschen Bundesländern- auch für zurückliegende Erbfälle - künftighin nicht mehr auszustellen ist. Eine dem § 2368 BGB weitgehend entsprechende Regelung für das Testamentsvollstreckerzeugnis enthielt der§ 32 Not.G. Obwohl weder das ZGB noch das Notariatsgesetz darauf verwiesen, entsprach diese Bescheinigung in ihren Wirkungen Dritten gegenüber einem Erbschein.61 Beachtlich hierbei war allerdings, daß die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers gegenüber dem Erben anders als im BGB ausgestaltet war. So fungierte er in Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben als rechtsgeschäftlicher Vertreter der Erben, die trotz Anordnung der Testamentsvollstreckung in ihrer Verfügungsbefugnis keiner Beschränkung unterlagen. Die Testamentsvollstreckung konnte u.a. auch durch Widerruf seitens des Erben beendet werden. IX. Abschließende Bemerkungen Die Regelungen über die Abwicklung des Nachlasses sind ein Teil des Erbrechts, der sich - im Gegensatz zur Erbfolge- und Pflichtteilsregelung etwa - relativ einfacher überführen läßt. Das hängt u.a. damit zusammen, daß es hier weniger um rechtspolitische Fragestellungen geht, sondern mehr Verfahrensabläufe im Vordergrund stehen. Die vielfach festgestellten vollständigeren und ausführlicheren Regelungen im BGB stehen auf den meisten Teilgebieten nicht in Widerspruch zu denen des ZGB; es gibt im Gegenteil in zahlreichen Detailregelungen eine erstaunliche Übereinstimmung. Eine Ausnahme dabei bildet allerdings die Haftung des Erben. Das Problern der unterschiedlichen Haftungssysteme in beiden Erbordnungen wurde durch die Überleitung der BGB-Regelung zunächst einer Lösung zugeführt. Dabei sind die z.T. kornplizierten sowie wesentlich umfangreicheren Regelungen der§§ 1967 ff. BGB für den Anwender (vor allem den Erben) weit weniger überschaubar, als es die einschlägigen einfachen und knappen Normen des ZGB waren. Für eine künftige Weiterentwicklung der Erbrechtskodifikation möchten wir deshalb zu überlegen geben, ob nicht die grundsätzliche gesetzliche Beschränkung der Erbenhaftung auf 67

118

Vgl. Göhring/Posch (-Drews), Zivilrecht, Lehrbuch II (Berün 1981) 275. Vg. Kommentar zum ZGB der DDR (oben N. 14) 422.

Abwicklung des Nachlasses und Nachlaßverfahren

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den Nachlaß, wie sie dem ZGB als Haftungsmodell zugrunde lag- möglicherweise flankiert von umfasssenderen Rechtender Nachlaßgläubiger bei derOffenlegung des Nachlaßbestandes im Zeitpunkt des Erbfalls - dabei eine Anregung geben könnte. Zu überlegen wäre weiterhin, ob manche Regelungen vereinfacht werden, einige praktische Probleme verständlicher formuliert und damit das 5. Buch insgesamt etwas verkürzt werden könnte. Damit ist das Problem der ,.Benutzerfreundlichkeit" und der Allgemeinverständlichkeit angesprochen, an der es dem BGB z.T. mangelt. Es ist für den Betroffenen mitunternicht einfach, eindeutig und klar seine Rechte und Pflichten zu überschauen. Einer grundsätzlichen Entscheidung bedürfte auch die Überlegung, ob rein verfahrensrechtliche Normen nicht besser aus dem BGB in die einschlägigen Verfahrensgesetze überführt werden sollten. Dies könnte auch dem erwähnten Anliegen der Vereinfachung dienen. Insgesamt gesehen ist die Abwicklung des Nachlasses ein Teil des Erbrechts, der weniger das individuelle Rechtsbewußtsein der Bürger unmittelbar berührt. Der Bürger erwartet eine unbürokratische Sicherung seiner Rechte. Eine Veränderung des Rechts hat deshalb weniger Einfluß auf das Rechtsverständnis der einzelnen, würde sie unmittelbar kaum berühren. Wichtig ist trotzdem eine schnelle Information des Bürgers über das neue Recht. Das betrifft insbesondere veränderte Kompetenzen. Es besteht ein Bedarf nach einer stärkeren Breite der Rechtsinformation.

Klaus Wähler KOLLISIONSRECH1LICHE PROBLEME DES INNERDEUTSCHEN ERBRECHTS UND NAClll..ASSVERFAHRENS I. Interlokale Zuständigkeit und wechselseitige Anerkennung der vor der Vereinigung ausgestellten Erbscheine Vor dem Inkrafttreten des Einigungsvertrages vom 31.8.1990 und ganz besonders bis zum Ersten Staatsvertrag vom 18.5.1990, der zumindest schon eine atmosphärische Verbesserung im innerdeutschen Rechtsverkehr zur Folge hatte, lag im deutschen interlokalen Erbrecht der Schwerpunkt der Probleme, mit denen sich die bundesdeutschen Nachlaßgerichte und Prozeßgerichte sowie deren übergeordnete Instanzen zu befassen hatten, keineswegs nur in der Frage, welches Recht bei sinngemäßer Anwendung der internationalprivatrechtliehen Kollisionsnormen anzuwenden sei. Im Vordergrund standen vielmehr die vielfältigen Fragen der interlokalen Zuständigkeit der bundesdeutschen Gerichte und der Anerkennung von Erbscheinen, die von den Staatlichen Notariaten der DDR ausgestellt worden waren. Rechtsprechung und Lehre der Bundesrepublik waren in Bezug auf DDRErbscheine (ebenso wie bei Zivilurteilen von DDR-Gerichten) im Prinzip durchweg anerkennungsfreundlich, ganz im Gegensatz zur Praxis der DDR, deren anerkennungsfeindliche Haltung' eng mit dem diametral entgegengesetzten Verständnis der Rechtslage Deutschlands zusammenhing und vor allem mit dem Fehlen eines Rechtshilfevertrages zwischen den beiden deutschen Staaten begründet wurde. Die DDR-Erbscheine galten in der Bundesrepublik jedenfalls nach der Rechtsprechung2 (anders z.T. nach neuererLehre für die seit 1.1.1976 erteilten Erbscheine3) grundsätzlich als dem bundesdeutschen Erbschein materiell gleichwertig; 1 Vgl. Lübchen/Posch, Zivilrechtsverhältnisse mit Auslandsberührung (2. Aufl. 1979) 72; Hemnann, Erbrecht und Nachlaßverfahren in der DDR (1989) 88.

2 Vgl. BGH20.5.1969,BGHZ52,123 (145f.); KG2.6.1966,IzRspr. 1966/67Nr. 93, und 1 5.3.1985, OLGZ 1985, 179 (180); OLG Karlsruhe 28.10.1980, OLGZ 1981, 399 (403); OLG Schleswig 14.1.1982, IPRspr. 1982 Nr. 112; LG Nümberg-Fürth, BWNotZ 1977, 25 (26); LG München I 11.11.1953, NJW 1954, 646; LG Berlin 16.4.1982, IPRspr. 1982 Nr. 200; LG Hamburg 29.11.1984, 1PRspr. 1984 Nr. 124. 3 Münchener Kommentar (-Promberger) VI (2. Aufl. 1990) § 2353 Rdn. 65; Münchener Kommentar (Birk) VII (2. Aufl. 1990) Art. 25 EGBGB Rdn. 382, 384. Anders allerdings die

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Klaus Wähler

ihnen wurden also die Wirkungen der§§ 2365-2367 BGB (bzw. die gleichartigenaus § 413 II ZGB herzuleitenden Wirkungen) zuerkannt und nur prophylaktisch der Vorbehalt der interlokalen Zuständigkeit der DDR-Nachlaßbehörde sowie der Vereinbarkeit der im Ost-Erbschein bezeugten Erbfolge mit dem bundesdeutschen ordre public gemacht. Tatsächlich hat man jedoch in der Bundesrepublik kaum jemals die Anerkennung eines DDR-Erbscheins unter Berufung auf fehlende interlokale Zuständigkeit des StaatlichenNotariats oder gar auf den bundesdeutschen ordre public abgelehnt. Auf der anderen Seite hat man in der Bundesrepublik die Erteilung eines gegenständlich beschränkten oder auch unbeschränkten Erbscheins nach einem DDRErblasser häufig für zulässig gehalten, und zwar nichtnur dann, wenn sich die DDRNotariate geweigert hatten, dem Antragsteller einen Erbschein zu erteilen (insbesondere nachdem ihnen bekannt geworden war, daß der Antragsteller den Erbschein für Lastenausgleichszwecke benötigte),4 sondern auch dann, wenn das bundesdeutsche Nachlaßgericht vom Antragsteller überzeugt werden konnte, daß der vom Staatlichen Notariat ausgestellte Erbschein inhaltlich unrichtig sei (z.B. wegen Nichtberücksichtigung oder falscher Auslegung eines Testaments),5 obwohl das bundesdeutsche Gericht sich im allgemeinen nicht für befugt hielt, den DDR-Erbschein einzuziehen oder für kraftlos zu erldären.6 Alle diese Fragen und auch die daraus möglicherweise entstehenden Folgeprobleme (etwa bei der Vorlage inhaltlich widersprechender Erbscheine beim westdeutschen Grundbuchamt oder bei einer Bank) dürften nach Wiederherstellung einer einheitlichen Gerichtsorganisation für ganz Deutschland hinfällig werden. Interlokale Zuständigkeiten, die im Nachlaßverfahren bisher von bundesdeutschen Gerichten aus einer entsprechenden Anwendung des § 73 Abs. 1 FGG (und bei Erteilung eines bundesdeutschen Erbscheins nach einem DDR-Erblasser aus§ 73 Abs. 2 oder 3 FGG) hergeleitet wurden, sind daher künftig nicht mehr erforderlich. Auch die Frage der gegenseitigen Anerkennung von Erbscheinen stellt sich künftig, d.h. für die ab 3.10.1990vonNachlaßgerichtenim Altbundesgebiet bzw. von Kreisgerichten im Gebiet der ehemaligen DDR erteilten Erbscheine nicht mehr. Nur für die vor Wirksamwerden des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik von DDRherrschende Lehre: vgl. Soergel (-Kegel), BGB VIß (11 . Auf!. 1984) Vor Art. 7 EGBGB Rdn. 764; Jansen, FGG II (1971) § 73 Rdnr. 41; Kuchinke: Festschr. v.d. Heydte II (1977) 1005 ff. (1 020); Langc/Kuchinke, Lehrbuch des Erbrechts (3. Auf!. 1989) § 3 II 8 c; Fcrid/Firsching, Internationales Erbrecht II, Deutschland DDR, Grundzüge Rdn. 37 a.E.; vgl. auch Wähler: Marnpcl-Festschrift (1983) 201 ff. 4 Vgl. BGH 3.12.1975, BGHZ 65, 311 (316); BGH 16.1.1976, NJW 1976, 1032; KG 23.9.1969,NJW1969,2101,und30.9.1969,NJW1970,390;BayObLG29.2.1972,Bay0bLGZ 1972, 86; KG 31.1.1975, OLGZ 1975, 278. 5 Vgl. KG 8.4.1954, lzRspr. 1954/57 Nr. 380, und 2.6.1966, lzRspr. 1966/67 Nr. 93.

6 OLG Karlsruhe28.10.1980,0LGZ 1981,399; a.M. KG22.6.1967,0LGZ 1967,356!.; Kuchinke (oben N. 3) 1021.

Probleme des innerdeutschen Erbrechts

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Notariaten ausgestellten Erbscheine ist die Anerkennungsfrage noch von Bedeutung. Hier müßte mangels ausdrücklicher Regelung m.E. Art. 18 I des Einigungsvertr38es sinngemäß angewendet werden, wonach die vor der Wiedervereinigung in der DDR ergangenen (zivilrechtlichen) EntscheidungenderGerichte grundsätzlich vollstreckbar bleiben und allenfalls zuvor auf ihre Vereinbarkeit ,,mit rechtsstaatliehen Grundsätzen" geprüft werden müssen, eine Formel, die auf jeden Fall den früheren Vorbehalt des bundesdeutschen ordre public, möglicherweise aber auch eine Berufung auf fehlende interlokale Zuständigkeit eines DDR-Notariats abdecken würde. Umgekehrt sind künftig auch die Gerichte im bisherigen Gebiet der DDR verpflichtet, entgegen der bisherigen Praxis die vor dem 3.10.1990 ausgestellten Erbscheine (und andere erbrechtliche Entscheidungen) bundesdeutscher Gerichte in Bezug auf Nachlässe, die nach DDR-Erbrecht zu beurteilen sind, grundsätzlich anzuerkennen. Für den Fall der Umichtigkeit des westdeutschen Erbscheins könnte nunmehr dessen Einziehung durch das erteilende Gerichtnicht nur auf Anregung der Beteiligten oder auf Anweisung des Beschwerdegerichts erwirkt werden; vielmehr wäre jetzt auch ein Gericht im bisherigen DDR-Gebiet befugt, die Einziehung anzuregen. Daß die früheren Beschränkungen des Transfers von Erbgut aus der DDR ins Bundesgebiet durch den hier lebenden, durch Erbschein ausgewiesenen Erben aufgrund von devisen- oder wirtschaftsrechtlichen Bestimmungen oder von Vorschriften zum Schutze wertvoller Kulturgüter' keine Rolle mehr spielen, bedarf keiner näheren Darlegung. Freilich sind diese Vorschriften von den zuständigen DDRBehörden zumindest bis zum Inkrafttreten des Vertrages über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion überwiegend noch sehr penibel praktizien worden.

II. Fortgeltung des innerdeutschen Kollisionsrechts in Altfällen Hingegen wird das Rechtsanwendungsproblem, also die Frage des interlokalen Privatrechts, die Gerichte und Behörden in beiden bisherigen Teilrechtsgebieten Deutschlands gerade auf dem Gebiet des Erbrechts noch eine ganze Weile beschäftigen. Zwar tritt mit dem Wirksamwerdendes Beitritts der DDR (also für alle Erbfälle vom 3.10.1990 an) das Erbrecht des BGB- entgegen ursprünglicher Erwanung der Fachleute - sofon im Gebiet der bisherigen DDR in Kraft;' in Anlage II zum Vertrag werden von diesem Prinzip lediglich zwei Ausnahmen gemacht.9 Es liegt jedoch auf der Hand, daß die bis zum 2.10.1990 eingetretenen Erbfälle, für die "das 1 Diese Vorschriften waren bereits durch die 6. Änderung der Bekanntmachung über bei der Aus- und Einfuhr von Umzugs- und Erbschaftsgut geltende Verbote und Beschränkungen vom 30.1.1990 (GBl. DDR 1990 I 37) erleichtert worden. 1

Art. 8 Einigungsvertrag.

9

Anl. I Kap. Ill Sachgebiet B Abschnitt II: Art. 235 EGBGB.

Klaus Wähler

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bisherige Recht" maßgebend bleibt,10 erst in einigen Jahren sämtlich abgewickelt sein werden. "Bisheriges Recht" gilt nun in den Altfällen nicht nur für das materielle Erbrecht; vielmehr bleibt auch das bisherige internationale Privatrecht für alle vor dem Wirksamwerden des Beitritts, also vor dem 3.10.1990 "abgeschlossenen Vorgänge" maßgebend.11 Für alle vor dem genannten Stichtag eingetretenen Erbfalle haben wir also nicht nur weiterhin von den zwei unterschiedlichen deutschen Teilrechtsordnungen auszugehen, sondern zugleich auch mit Hilfe der jeweiligen räumlichen Kollisionsnormen des Teilrechtsgebiets zu bestimmen, welche dieser beiden Teilrechtsordnungen die Erbfolge beherrscht. 1. Internationale oder interlokale Natur der innerdeutschen Rechtskollisionen? Nach der in der Bundesrepublik Deutschland herrschenden Praxis und Lehre handelt es sich bei der Bestimmung derjenigen Erbrechtsordnung, die die Erbfolge nach einem deutschen Staatsangehörigen im Sinne des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes in den vor dem 3.10.1990 eingetretenen Erbfällen beherrscht (wozu nach dem vom Bundesverfassungsgericht wiederholt bekräftigten Standpunkt alle Deutschen in der Bundesrepublik und in der DDR gehörten, gleichgültig ob sie die deutsche Staatsangehörigkeit durch Abstammung oder Einbürgerung erworben hatten),12 nun nicht um die Bestimmung des international, sondern um die Fixierung des interlokal maßgebenden Rechts. Auf dieses sind die Regeln des IPR nicht unmittelbar, sondern allenfalls entsprechend anwendbar. Insbesondere die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit, die das internationale Erbrecht weitgehend beherrscht, besitzt keine Unterscheidungskraft und muß infolgedessen durch eine andere Anknüpfung ersetzt werden.13 Eine abweichende Ansicht im Schrifttum, die insbesondere von Heldrich14 und Sonnenberger1 ~ vertreten wurde, hat im Gegensatz hierzu bei den Deutschen mit Wohnsitz in der DDR oder einer trotz anderen Wohnsitzes fortbestehenden objektiven oder subjektiven Bindung an die DDR angenommen, daß diese Erblasser zugleich deutsche Staatsangehörige und DDR10 II

12

Art. 235 § 1 EGBGB. Art. 236 § 1 EGBGB. BVerfG 31.7.1973, BVerfGE 36, 1 ff. (30 f.); 21.10.1987, BVerfGE 77, 1137.

13 Vgl. Staudinger (-Korkisch), Internationales Privatrecht I a (1981) Einl. Rdn. 108-111 (mit zahlreichen Nachweisen); Raape/Stunn, Internationales Privatrecht (6. Autl. 1987) 293 f.; Kegel, Intemarionales Privatrecht (6. Autl. 1987) 293 f.; v. Bar, Internationales Privatrecht I (1987) 253 ff. (Rdn. 283-288). 14 NJW 1978, 2169 ff. und ZfRV 1978, 292 ff.; zuletzt in Palandt, BGB (49. Autl. 1990) Anh. zu Art. 3 EGBGB Anm. 2a. 15 Münchener Kommentar VII (2 Autl. 1990) Einl. Rdn. 137-142.

Probleme des innerdeutschen Erbrechts

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Staatsbürger,also Doppelstaater seien und im Zweifel an dieDDR-Staatsbürgerschaft als die effektivere angeknüpft werden müsse. Diese Auffassung führte zwar in vielen Fällen zum gleichen Ergebnis wie die herrschende Lehre, sollte aber gleichwohl für die noch nicht abgewickelten Alterbfälle nicht mehr herangezogen werden.16 Dafür spricht nicht nur, daß ihr die Rechtspraxis fast durchweg nicht gefolgt ist,17 und auch nicht nur, daß sie mit der Präambel des Grundgesetzes (an die das Kollisionsrecht genauso gebunden ist wie an die Grundrechte) und der klaren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu vereinbaren war, sondern vor allem, daß diese Ansicht, die offensichtlich auf der Prognose einer vorerst endgültigen Spaltung Deutschlands beruhte, durch die jüngste geschichtliche Entwicklung eindeutig widerlegt worden ist. Letzteres gilt allerdings nicht nur für die Theorie der Doppelstaatsangehörigkeit der DDR-Deutschen, sondern erst recht für die Theorie vom Untergang des Deutschen Reiches und dem Nebeneinander zweier deutscher Staaten, wie sie von der Rechtspraxis in der DDR als selbstverständlich vorausgesetzt wurde. Sie führte u.a. dazu, daß aus der Sicht des DDR-Rechts alle Deutschen, die am 7.10.1949 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der DDR hatten und die ihnen mit diesem Tage verlieheneDDR-Staatsbürgeschaft wederdurch Entlassung auf eigenen Antrag noch durch Aberkennung verloren hatten, als DDR-Bürger galten und infolgedessen dem DDR-Recht unterstanden, selbst wenn sie inzwischen ihren Wohnsitz in das Bundesgebiet verlegt hatten (dies traf insbesondere auf alle Deutschen zu, die seit dem 1.1.1981 die DDR ohne Genehmigung der zuständigen DDR-Behörden verlassen hatten). Hingegen wurden alle Deutschen. die am 7.10.1949 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik hatten und auch später nicht die DDRStaatsbürgerschaft erwarben, als "Ausländer" betrachtet.18 Ich würde es bei der künftigen Behandlung von Altfällen durch die Gerichte in der bisherigen DDR für angemessen halten, daß auch diese Gerichte nunmehr -dem Geist des Einigungsvertrages folgend- für die Bestimmung des innerdeutschen Erbstatuts nicht mehr an die DDR-Staatsoürgerschaft bzw. eine (ftktive) "Bundesbürgerschaft" anknüpfen und demzufolge die Normen des (für Erbfälle vor dem 3.10.1990 mit echtem Auslandsbezug fortgeltenden) Rechtsanwendungsgesetzes vom 5.12.197519 in den Fällen, in denen lediglich ein Bezug zum Altbundesgebiet besteht, jedenfalls nicht mehr unmittelbar, sondern entweder überhaupt nicht mehr oder allenfalls analog unter Heranziehung der traditionellen Regeln des deutschen interlokalen Rechts anwenden. Das Rechtsanwendungsgesetz selbst zwingt die Gerichte im Beitritts-

16 So im Ergebnis auch Mansel, IPRax 1990, 283 ff. (287); unklar (für Altfälle) hingegen noch ders., DtZ 1990, 225 (227). 17 Mit wenigen Ausnahmen, vgl. LG Berlin 29.1.1980, IPRspr. 1980 Nr. 15 a; LG Dortmund 25.11.1980, IPRspr. 1980 Nr. 128. 11 Vgl. Herrmann (N. 1) 54 f.

19

GBl. DDR I 748.

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Klaus Wähler

gebiet jedenfalls nicht dazu, die Altfälle-der Zweistaatentheorie folgend- als Fälle einer internationalen Rechtskollision zu behandeln.20

2. Bestimmung des Erbstatuts bei innerdeutschen Rechtsanwendungskonflikten Von den Gerichten im bisherigen Bundesgebiet ist jedenfalls, da mit einer gesetzlichen Sonderregelung der interlokalen Kollisionsprobleme angesichts der relativ kurzen Zeitspanne, in der die Alt-Fälle noch abzuwickeln sind, nicht mehr zu rechnen ist, an der entsprechenden (also nicht unmittelbaren) Anwendung der im EGBGB enthaltenen Kollisionsnormen des IPR festzuhalten. Danach ist für alle seit dem 1.9.1986 eingetretenen Erbfälle von der Neufassung der Art. 3 ff., insbesondere von Art. 25 und 26 EGBGB auszugehen; fiir die Erbfälle vor dem 1.9.1986 gelten noch die alten Kollisionsregeln (insbesondere die Art. 24 und 25 EGBGB a.F.), die sich jedoch gerade im Erbrecht nur unwesentlich von den jetzt geltenden unterscheiden. Die Formgültigkeit letztwilliger Verfügungen kann bei Wahrung der Formvorschriften des Errichtungsortes, aber auch bei Beobachtung der Formvorschriften des Wohnsitz- oder gewöhnlichen Aufenthaltsstaates des Testators im Zeitpunkt der Testamentserrichtung oder im Zeitpunkt des Erbfalls, bezüglich unbeweglichen Nachlasses auch bei Wahrung der Formbestimmungen des Lageortes bejaht werden.21 Die Bindung an gemeinschaftliche Testamente und Erbverträge ist nach dem interlokalen Personalstatut des Erblassers im Zeitpunkt ihrer Errichtung zu beuneilen.22 Im übrigen aber ist sowohl für die gesetzliche Erbfolge als auch fiir die materielle Gültigkeit und Auslegung letztwilligerVerfügungendas letzte (interlokale) Personalstatut des Erblassers maßgebend.13 Für in der bisherigen Bundesrepublik Deutschland belegenes Immobiliarvermögen kann zwar stattdessen nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB auch testamentarisch das bundesdeutsche Recht gewählt werden; ob diese Vorschrift allerdings auch im interlokalen Erbrecht von Bedeutung ist, bedarf 20 Das wäre nur noch mit einem äußerst zweifelhaften Rückgriff auf § 2 des DDRAusländergesetzes vom 28.6.1979 (GBl. DDR I 149) begründbar, wonach auch fürdie Zwecke der Bestimmung des ,,internationalen Charakters" eines Erbfalls (der primär dann gegeben ist, wenn der Erblasser Ausländer war) als .,Ausländer"- bis zum 2.10.1990-jede Person galt, die nicht die DDR- Staatsbürgerschaft besaß (so Herrmann- N. 1- S. 54), also auchjeder in der Bundesrepublik wohnhafte Deutsche, sofern er nicht von der DDR wegen seines früheren DDRWohnsitzes und fehlender Entlassung aus der Staatsbürgerschaft noch als ihr Staatsangehöriger betrachtet wurde. § 2 AuslG ist aber keine Norm des .,bisherigen internationalen Privatrechts" der DDR und daher auch in Altfällen nicht mehrdurch Art. 236 § 1 EGBGB n.F. zur Anwendung berufen.

21

Art. 26 Abs. 1 EGBGB.

22

Art. 26 Abs. 5 EGBGB.

23

Vgl. Art. 25 Abs. 1 EGBGB.

Probleme des innerdeutschen Erbrechts

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noch näherer Prüfung.2A Was ist aber das interlokale Personalstatut, wenn es das Recht des Heimatstaates nicht sein kann? a) Regelanküpfung an das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers Nach der in der Rechtsprechung herrschenden und in der Lehre überwiegend vertretenen Auffassung wurde schon seit den 50er Jahren das interlokale Erbstatut (i.S. des jetzigen Art. 25 Abs. 1 EGBGB) an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers in der Bundesrepublik bzw. in der DDR angeknüpft.25 Davon. daß dieser Aufenthalt des Erblassers in einem der beiden Teilrechtsgebiete mindestens sechs Monate oder jedenfalls längere Zeit gedauen haben müsse, um als "gewöhnlicher" Aufenthalt gelten zu können (wie dies gelegentlich im Schriftturn vorgeschlagen worden ist),26 kann allerdings im interlokalen Privatrecht keine Rede sein. Wer also -vor oder nach Öffnung der Grenzen- in das andere Teilrechtsgebiet geflüchtet oder für unbegrenzte Zeit umgezogen war, unterstand schon vom Tage der Umsiedlung dem Erbstatut des Teilrechtsgebietes, zu dem sein nunmehriger Aufenthaltsott gehörte. Kriterium für die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts kann daher m.E. weder die Zeitdauer des Aufenthalts in einem der beiden Teilrechtsgebiete noch der erkennbare Grad der sozialen Eingliederung27 sein. sondern nur die erwiesene oder zu vermutende dauerhafte Begründung des Daseinsmittelpunktes in einem Rechtsgebiet. b) (Auffang-)Anknüpfung an das Recht der "engsten Verbindung" des Erbfalls (Art. 4 Ill 2 EGBGB)

Anlaß zur Problernatisierung der Anknüpfung des interlokalen Personalstatuts (und insbesondere des Erbstatuts) an den gewöhnlichen Aufenthalt hat bisher auch weniger der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts als solcher gegeben. sondern vielmehr die Fälle, in denen die Aufenthaltsanknüpfung entweder nicht zu befriedigenden Ergebnissen führte oder überhaupt nicht weiterhalf. Vgl. unten 2 c). BGH 6.7.1977, FamRZ 1977, 786; BayObLG 29.2.1972, BayObLGZ 1972,86 (89), 30.4.1975, IPRspr. 1975 Nr. 212, und 5.11.1976, IPRspr. 1976 Nr. 208; KG 5.9.1966, OLGZ 1966,592, 9.12.1971,0LGZ1972,435, und7.11.1975,IPRspr.1977Nr. 184a;OLG Karlsruhe 1.2.1977, IPRspr. 1977 Nr. 100; KG 15.3.1985, ROW 1986, 379; LG Harnburg 29.11.1984, ROW 1985, 172 f.; LG Berlin 18.4.1982, ROW 1983,86 f.; weitere Nachweise bei Soergel (Kegel) (oben N. 3). Vor Art. 24 EGBGB Rdn. 136 N. 2. 26 Vgl. Mansel, IPRax 1990, 286 (mit weiteren Nachweisen in N. 47). 24

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27 So Kropholler, Internationales Privatrecht (1990) 253 (für Fälle, in denen dieAnknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt eines Deutschen zur Anwendung von Auslandsrecht fUhrt).

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Dies sind einmal die Fälle, in denen Bundesdeutsche oder DDR-Deutsche aufgrundihres Dienst- oder Arbeitsverhältnisses in einem Teilstaat (insbesondere als Mitglieder der StändigenVertretungen oder als Journalisten) lange Jahre im anderen deutschen Teilstaat ansässig waren, so daß nicht mehr von einem schlichten oder nur zeitlich begrenzten Aufenthalt gesprochen werden konnte; weiterhin die bereits erwähnten Fälle, in denen die DDR aus ihrer Sicht .,illegal" in die Bundesrepublik geflüchtete Deutsche noch als ,,DDR-Staatsbürger" in Anspruch nahm;21 und schließlich die Fälle, in denen DDR-Deutsche mit Genehmigung der DDR-Behörden ihren gewöhnlichen Aufenthalt in östlichen oder westlichen Drittstaaten nalunen (insbesondere Schauspieler oder Schriftsteller). Denkbar wären ferner auch Fälle, in denen überzeugte Anhänger der alten SED oder führende Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes, vielleicht auch zunächst in der DDR untergetauchte Terroristen aus der Bundesrepublik nach der .,Wende" in ein (noch) .,sozialistisches" Land flüchteten (und hier vor dem 3.10.1990 verstarben, ohne zuvor die Staatsangehörigkeit des Zufluchtsstaates erworben zu haben), um etwaiger Diskriminierung oder Strafverfolgung in der DDR bzw. im künftigen Gesamtdeutschland zu entgehen.

In allen diesen Fällen bedarf es keineswegs des Rückgriffs auf die Staatsbürgerschaft des Teilstaates, die der betreffende Erblasser zuletzt besessen hat oder in Anspruch nehmen konnte. Auch die Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt oder gar an den letzten schlichten Aufenthalt (etwa anläßlich eines Verwandtenbesuchs) in einem der beiden deutschen Teilrechtsgebiete19 führt in den Fällen der Emigration von DDR-Deutschen in Drittländer (insbesondere vor der Wende) nicht ohne weiteres zu einem angemessenen Ergebnis, wenndiese sich in der Emigration von dem Teilstaat DDR abgewandt und womöglich dem Schutz der Bundesrepublik unterstellt hatten. In den Fällen, die unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles gelöst werden müssen, bietet vielmehr seit dem 1.9.1986 Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB die Leitlinie. Es· ist also mangels positivrechtlicher Regelung der interlokalen Konflikte diejenige deutsche Teilrechtsordnung anzuwenden, mit der der (vor dem 3.10.1990 eingetretene) Erbfall .,am engsten verbunden ist" .30 Diese engste Verbindung fällt zwar in den meisten Fällen, nämlich wenn der Erblasser mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik oder in der DDR verstorben ist, mit dem gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Teilrechtsgebiet zusammen. In den zuletzt genannten Sonderfällen (berufsbedingter Daueraufenthalt im anderen

28 Für diese beiden Fallgruppen wollte Drobnig (RabelsZ 37 [1973] 485 ff.; Königsteiner Kreis 1979, 13 ff.) eine angemessene Lösung ermöglichen, indem er an die ,,Zugehörigkeit" (eine de-facto-Staatsangehörigkeit) zum einen oder anderen deutschen Teilstaat anknüpfte.

Auf diese Hilfsanknüpfungen will Kegel (oben N. 3) 294 primär zurückgreifen. So Kropholler (oben N. 27) 182 f.; ebenso Wähler: EisenmannJZieger, Zur Rechtslage Deutschlands (1990) 214, 223 f.; ähnlich (wenngleich unter Heranziehung der DDR-Staatsbürgerschaft als "Teilstaatsangehörigkeit") Egon Lorenz: Eisenmanntzieger 175 ff. 2'

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Teilstaal oder Daueraufenthalt in einem Drittstaat) ist aber eine Korrektur der Aufenthaltsanknüpfuns mit Hilfe der genannten Bestimmung ohne weiteres möglich; anhand engerer objektiver und subjektiver Verknüpfungen mit einem der beiden deutschen Teilrechtsgebiete (z.B. Besitz eines gültigen Reisepasses eines der beiden Teilstaaten, sonstige Unterstellung unter den Schutz oder eindeutiges subjektives Bekenntnis zu einem der beiden Teilstaaten) kann unter Heranziehung dieser Formel stets eine dem Einzelfall angemessene Anknüpfung an eine der beiden deutschen Teilrechtsordnungen gefunden werden.

c) Zulassung einer generellen Rechtswahl des Erblassers im innerdeutschen Kollisionsrecht? Es bleibt die Frage, ob das durch Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt oder durch Heranziehung des Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB fixierte interlokaleErbstatut womöglich durch eine ausdrückliche (oder konkludente) Rechtswahl des Erblassers -insbesondere des jeweiligen Lagerechts der Nachlaßgegenstände vermieden werden kann, ein Vorschlag, wie er im Schrifttum teils de lege lata,31 teils de lege ferenda32 mehrfach gemacht worden ist. Da - wie gesagt - mit einer gesetzlichen Regelung des innerdeutschen Kollisionsrechts, die nur noch für die vor dem 3.10.1990 eingetretenen Erbfälle Bedeutung hätte, nicht mehr zu rechnen ist und keine der beiden Teilrechtsordnungen in ihrem IPR eine allgemeine Rechtswahl im Erbrecht zuläßt. muß die generelle Zulässigkeit einerWahldes früheren Personalstatuts verneint werden. Für Immobiliamachlaß in der Bundesrepublik läßt allerdingswie schon erwähnt- Art. 25 Abs. 2 EGBGB eine Wahl des Lagerechts zu. Diese Bestimmung ist zwar in Altfällen nur für die Gerichte im bisherigen Bundesgebiet anwendbar, erfaßt hier aber keineswegs nur die Erbfolge nach Ausländern, sondern auch die Erbfolge in den westdeutschen Immobiliarnachlaß von DDR-Deutschen, stellte also bis zum 2.10.1990 für deutsche Erblasser mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in bzw. engster Verbindung zur DDR eine begrenzte Rechtswahlmöglichkeit zur Verfügung.33 Gerichte im Gebiet der ehemaligen DDR hätten hingegen für die engermitder DDR verknüpften Erbfälle nicht Art. 25 Abs. 2 E.GBGB, sondern die zwingende Anknüpfung an den Lageort nach § 25 Abs. 2 RAG zu beachten, der lediglich für die in der DDR belegenen Grundstücke die Geltung des DDR-Rechts unabdingbar vorschreibt (ohne daß sich hieraus bezüglich des westdeutschen Immobiliarvermögens von DDR-Deutschen eine Verweisung auf die bundesdeut-

31 Wengler, NJW1981, 904f.:Jacobsen,ROW 1983, 97ff. (106f.); Mansel,DtZ 1990,225 ff. (227); vgl. auch Egon Lorenz (oben N. 30) 187 f. 32 Vgl. Mansel, Personalstatut, Staatsangehörigkeit und Effektivität (1988) 455 f. sowie ders., IPRax 1990, 283 ff. (288). 33 E. Lorenz (oben N. 30) 187.

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sehe lex rei sitae enmehmen ließe).34 Diese Vorschrift ist im Hinblick auf An. 3 Abs. 3 EGBGB auch von den Gerichten im Altbundesgebiet zu respektieren.'5 3. Sachlicher Anwendungsbereich des Erbstatuts Das nach den vorerwähnten Regeln bestimmte innerdeutsche Erbstatut ist nun für alle Fragen maßgebend. in denen sich bundesdeutsches und DDR-Erbrecht unterscheiden, also insbesondere für die gesetzliche Erbfolge, für die Zulässigkeil einer testamentarischen Vor- und Nachfolge, für die Zulässigkeil von Erbverträgen, für Umfang und Voraussetzungen des Pflichtteilsrechts, für die Erbenhaftung und die Erbschaftsausschlagung, ihre Formen und Fristen.

11l. Sonde"egelnfür Neu-Erbfälle im Beitrittsgebiet

Einfacher und übersichtlicher, wenn auch nicht ganz ohne Komplikationen, ist die Rechtslage bei den ab 3.10.1990 eintretenden Erbfallen. Hier gilt grundsätzlich auch für das Gebiet der bisherigen DDR das bundesdeutsche Erbrecht.36 Von diesem Grundsatz werden in der Anlage I zum Vertrag und hier insbesondere in An. 235 EGBGB n.F .lediglich zwei Ausnahmen gemacht. Sie betreffen die vor dem genannten Stichtag geborenen nichtehelichen Kinder (§ 1 Abs. 2) und die vor dem Stichtag errichteten letztwilligen Verfügungen(§ 2): Für die vor dem Stichtag geborenen nichtehelichenKindereines in der bisherigen DDR verstorbenen Erblassers sind die nichtehelichen Kinder nicht nur in den Altfallen, für die das Erbrecht des ZGB weitergilt, den ehelichen Kindem gleichgestellt. Vielmehr sind "auch sonst", d.h. wenn dieser Erblasser nach Wirksamwerden des Beitritts - und zwar (offenbar) mit letztem gewöhnlichem Aufenthalt im Beitrittsgebiet37 - verstorben ist, uneingeschränkt die Vorschriften betreffend die 34 Espig, NJ 1976, 360 (365); Dömer, DNotZ 1977,324 ff. (331); Ferid/Firsching (oben N. 3) Rdn. 38; offenbar auch Kommentar zum RAG (-Kosewähr) (1989) § 25 Anm. 2.3; a.M. Münchener Komm. (-Birk) (oben N. 3) Art. 25 EGBGB Rdn. 367.

35 36

Egon Lorenz (oben N. 30) 183, 187. Art. 8 des Einigungsvertrages.

37 So auch Henrich, IPRax 1991, 14 ff. (19). AndereAutoren wollen dieAnwendbarkeitdes Art. 235 § 1 Abs. 2 im Hinblick auf die vermutliche ratio legis (Schutz der begrUndeten Erwartung des vor dem 3.10.1990 geborenen nichtehelichen Kindes, bei gesetzlicher Erbfolge nach dem Vater ehelichen Abkömmlingen gleichgestellt zu sein) vom Vorliegen anderer bzw. weiterer Voraussetzungen abhängig machen, nämlich davon, daß der Erblasser bis zum Wirksamwerden des Beitritts dem DDR-Erbrecht unterstand (Palandt/Heldrich, BGB (50. Aufl. 1991) Art. 235 § 1 EGBGB Rdn. 2; Dömer/Meyer-Sparenberg, DtZ 1991,1 ff. (7); Rauscher, StAZ 1991, 1 ff. (8)) odersogar davon, daß das Kind in der früheren DDR geboren war(Palandt/ Heldrieb a.a.O.). Das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes bei der Geburt vermag

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ehelichen Kinder, und zwar jetzt die des BOB anzuwenden. Die BOB-Normen über den Erbersatzanspruch und den vorzeitigen Erbausgleich31 werden auf diesen Personenkreis also nicht angewandt. Die vor dem 3.10.1990 in der DDR erfolgte Errichtung oder Aufhebung eines Testaments wird offenbar ausschließlich nach den einschlägigen Vorschriften des ZGB beurteilt, auch wenn der Erblasser erst nach dem 3.10.1990 stirbt. Diese Regel betrifft nicht nur die Formgültigkeit solcher Testamente, sondern auch die Bindung an vor dem Stichtag errichtete gemeinschaftliche Testamente. Die Regelung zugunsten der außerehelichen, vor dem Stichtag geborenen Kinder sichert diesen prima facie für unbegrenzte Zeit eine erbrechtliche Besserstellung gegenüber den erst nach dem Stichtag geborenen außerehelichen Kindern, schafft also zunächst neue Rechtsungleichheit Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB n.F. wirdjedoch besser verständlich vor dem Hintergrund, daß es die erklärte Absicht der Vertragspartner war, alsbald für ganz Deutschland das gesetzliche Erbrecht nichtehelicher Kinder neu zu regeln. und zwar im Sinne einer vollen Gleichstellung mit den ehelichen Kindern; damit würde die jetzt entstandene Rechtsungleichheit wieder beseitigt. Hier ist allerdings ein schnelles Handeln des Bundesgesetzgebers geboten.

Im übrigen wirdes im Erbrecht undNachlaßverfahren für alle nach dem 3.10.1990 eintretenden Erbfälle weder im Verfahren noch bei der Anwendung des materiellen Rechts Rechtsunterschiede geben, und auch für Fälle mit echtem Auslandsbezug wird ausschließlich das bisher in der Bundesrepublik geltende IPR maßgebend sein.

W. Zusammenfassung Die Rechtseinheit wird also auf dem Gebiet des Zivilrechts (einschließlich des Familienrechts) schneller als von den meisten erwartet wiederhergestellt sein. Wenn auch manche ein etwas langsameres Tempo der Rechtsvereinheitlichung für wünschenswert gehalten hätten, besteht doch inzwischen über das Ergebnis weithin Einigkeit. Auf dem Wege zur Rechtseinheit ist aber noch eine Vielzahl von Problemen zu bewältigen, von denendie hierfür das Gebiet des Erbrechts aufgezeigtennoch relativ überschaubar sind. Gleichwohl können die vorstehenden Überlegungen nur eine allererste, vorläufige B!lanz der Rechtslage darstellen, die ich in den folgenden Thesen zusammenfassen möchte:

sicherlich keinen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand zu schaffen, da es für die Erbfolge nach deutschem internationalem und interlokalem Privatrecht allein auf das letzte Personalstatut des Erblassers ankommt. Aber auch das hypothetische Erbstatut unmittelbar vor dem Beitritt der DDRistangesichts derjederzeitigen Möglichkeitdes Erblassers, bis zum Todesein Personalstatut (hier: seinen gewöhnlichen Aufenthalt) zu wechseln, kein Tatbestand, aufdessen Fortdauer das nichteheliche Kind vertrauen durfte. 31

§§ 1934a-1934e,2338aBGB.

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a) Das Problem der interlolcalen Zuständigkeit und der Anerkennung von Entscheidungen in Nachlaßsachen stellt sich für die nach dem 3.10.1990 anhängig gewordenen Verfahren und fürdie nachdiesem Stichtag ergangenen Entscheidungen nicht mehr, nachdem eine- trotz z.T. noch unterschiedlicher Bezeichnung- im wesentlichen einheitliche Gerichtsorganisation geschaffen wurde und die bundesdeutschen Verfahrensgesetze (insbesondere ZPO und FGG) einschließlich ihrer Vorschriften über die örtliche und sachliche Zuständigkeit im Gebiet der bisherigen DDR in Kraft getreten sind. b) Bezüglich der vor dem 3.10.1990 in der DDR ergangenen Urteile in Erbschaftssachenund auch hinsichtlich der von den DDR-Notariaten eneilten Erbscheine bleibt es nach An. 18 Abs. 1 des Einigungsvertrages offenbar bei der bisherigen Praxis der grundsätzlichen Anerkennung und Vollstreckbarkeit im bisherigen Bundesgebiet unter dem Vorbehalt des bundesdeutschen ordre public. Umgekehrt ist davon auszugehen, daß die Gerichte und Behörden in der bisherigen DDR nunmehr die vor dem 3.10.1990 in der Bundesrepublik (einschließlich von Berlin/West) ergangenen Entscheidungen der streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit in Nachlaßsachen (einschließlich der Erbscheine) entgegen der bisherigen Praxis anzuerkennen haben, gleichgültig ob es sich um die Beerbung von DDRDeutschen, vonBundesdeutschen odervon Ausländern handelt. Der Einigungsvertrag enthält hierüber allerdings keine ausdrückliche Regelung. c) Bei allen vor dem 3.10.1990 eingetretenen Erbfällen bleibt es nach den Übergangsbestimmungen der Anlage I zum Einigungsvenrag39 für die Gerichte im bisherigen Bundesgebiet bei der Anwendung der bisher geltenden Regeln des innerdeutschen Kollisionsrechts, d.h. bei der Anwendung des Erbrechts desjenigen deutschen Teilrechtsgebiets, mit dem der Erblasser zuletzt am engsten verbunden war.40 In den meisten Fällen wird diese engste Verbindung durch den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im bisherigen Bundesgebiet oder im Gebiet der bisherigen DDR indizien. Für die Gerichte im Gebiet der bisherigen DDR stellt sich die Frage, ob sie im Hinblick auf die geschichtliche und rechtliche Kontinuität des deutschen Gesamtstaates, die auch in der Präambel des Einigungsvenrages betont wird, verpflichtet sind, für die vor dem 3.10.1990 eingetretenen Erbfälle jedenfalls von der unmittelbaren Anwendung des für Fälle mit Auslandsberührung maßgebenden Rechtsanwendungsgesetzesabzusehen und stattdessen bei der Bestimmung desmaßgebenden Teilgebietsrechts die Normen des RAG entweder überhaupt nicht mehr oder zumindest- entsprechend der Praxis der westdeutschen Gerichte -nur analog unter Verwendung interlokaler Anknüpfungskriterien (insbesondere des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers) anzuwenden. 3'

Art. 235 § 1 Abs. 1 und Art. 236 § 1 EGBGB.

40

Vgl. Art. 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB.

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d) Für ein generelles Wahlrecht des Erblassers. in den sog. Altfällen für die Vererbung seines Gesamtnachlasses oder seines Mobiliarvermögens im bisherigen Bundesgebiet und in der bisherigen DDR die Anwendung eines anderen Rechts als seines letzten interlokalen Personalstatuts zu bestimmen. besteht keine Rechtsgrundlage. Nur gemäß Art. 25 Abs. 2 EGBGB stand DDR-Deutschen ein Wahlrecht bezüglich ihres westdeutschen lmmobiliamachlasses zu; jedenfalls haben die Gerichte im Altbundesgebiet ihnen ein solches Wahlrecht zuzuerkennen. e) Für die vom 3.10.1990 an eintretenden Erbfälle gilt nach Art. 8 des Einigungsvertrages grundsälzlich das Erbrecht des BGB auch im Gebiet der bisherigen DDR, und für Fälle mit echtem Auslandsbezug wird das anwendbare Recht nunmehr mit Hilfe der Art. 3 ff. EGBGB ermittelt. Von den beiden Ausnahmen ist die Anwendung des bisher in der DDR geltenden Rechts des ZGB auf die Form und die Bindungswirkung vor dem Stichtag errichteter Testamente41 aus Vertrauensschutzgründen ohne weiteres einsichtig. Die Aufrechterhaltungder vollen Gleichstellung vor dem 3.10.1990 geborener nichtehelleher Kinder eines nach diesem Zeitpunkt in der ehemaligen DDR verstorbenen Erblassers mit ehelichen Kindern42 kann jedoch im Einzelfall zu grob unbilligen Ergebnissen führen. weil außereheliche Kinder desselben Erblassers, die nach dem genannten Stichtag (in der ehemaligen DDR oder im bisherigen Bundesgebiet) geboren sind, gegenüber ihrem Vater und den väterlichen Verwandten nicht diese Rechtsposition besitzen. Dies macht es notwendig, die gegenwärtige Sonderregelung des erbrechtliehen Status nichtehelicher Kinder in den § § 1934a, 1934e und § 2338a BGB alsbald gänzlich zu beseitigen unddamit die nichtehelichen Kinder erbrechtlich den ehelichen Kindem in vollem Umfang gleichzustellen.

4t

Art. 235 § 2 EGBGB.

42

Vgl. Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB.

VERFASSER UND HERAUSGEBER Die Verfasser Dr. Rudolf Hessler, Landwinschaftskammer Hannover Regierungsrat Axel von Hoerschelmann, Büro des Beraters des Ministerpräsidenten für offene Vermögensfragen und Eigentum, Potsdam Prof. Dr. Norbert Horn, Institut für Bankrecht und Bankwirtschaft der Universität Köln

Dr. Horst-Dieter Kittk:e, Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen, Berlin Dr. Petra Lingelbach, Rechtsanwältin. Jena Prof. Dr. Günter Rohde, Humboldt-Universität Berlin Prof. Dr. Wolfgang Seifen, Universität Leipzig Helmuth Sehrig, Rechtsanwalt und Notar, Berlin Prof. Dr. Klaus Wähler, Freie Universität Berlin

Der Herausgeber Prof. Dr. Ulrich Drobnig, Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Privatrecht, Harnburg