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German Pages 1824 Year 2015
Schneider . Herget Streitwert-Kommentar
Streitwert Kommentar für Zivilprozess und FamFG-Verfahren begründet von
Dr. Egon Schneider † fortgeführt von
Kurt Herget bearbeitet von
Norbert Schneider Rechtsanwalt, Neunkirchen-Seelscheid
Ralf Kurpat Vors. Richter am Landgericht Bonn
Norbert Monschau Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Erftstadt
Mark Noethen, LL.M. Richter am Oberlandesgericht Köln
Lotte Thiel Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht Koblenz
14. neubearbeitete und erweiterte Auflage
2016
Zitierempfehlung: Bearbeiter in Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 14. Aufl., Rn. …
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-47092-0 ©2016 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs beständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany
Vorwort Der Streitwert-Kommentar geht mittlerweile in die 14. Auflage und blickt damit auf eine über 45 Jahre lange Geschichte zurück. Begründet wurde das Werk im Jahre 1970 von Herrn Dr. Egon Schneider, seinerzeit Richter am OLG Köln und später noch lange Jahre als Rechtsanwalt zugelassen. Mit der 3. Auflage wurde der Titel des Werkes in Streitwert-Kommentar für den Zivilprozess umbenannt. Die alphabetische Darstellungsform wurde beibehalten. Die 11. Auflage wurde von Herrn Kurt Herget (Richter am AG Offenbach) betreut, der das Werk damals aus gesundheitlichen Gründen jedoch nicht weiter fortführen konnte. Es zeichnete sich zudem ab, dass in Anbetracht des immer mehr zunehmenden Umfangs, der Vielzahl veröffentlichter Entscheidungen sowie der gestiegenen wirtschaftlichen Bedeutung der Streitwerte – insbesondere für die anwaltliche Vergütung – die Bearbeitung durch einen einzigen Autor nicht mehr möglich sein würde. Ab der 12. Auflage wurde das Werk daher auf mehrere Schultern verteilt. Das neue Autorenteam setzte sich zusammen aus Richterin am LG Bonn Dr. Bettina Onderka, Vors. Richter am LG Bonn Ralf Kurpat sowie aus den Rechtsanwälten Norbert Monschau und Rechtsanwalt Norbert Schneider. Mit der 13. Auflage mussten die Verfahrenswerte in Familiensachen völlig neu bearbeitet werden. Denn mit dem FGG-ReformG waren die bisherigen familienrechtlichen Wertvorschriften, vor allem die bis dato im GKG enthaltenen, aufgehoben und durch die neuen Wertvorschriften des FamGKG ersetzt worden. Hier konnte mit Frau Rechtsanwältin und FAFamR Lotte Thiel eine Spezialistin für den familienrechtlichen Teil hinzugewonnen werden. Wegen der gewachsenen Bedeutung und Weiterentwicklung zu einer eigenständigen Materie mit vielen familienrechtlich spezifischen Fallgestaltungen fiel es zudem Autoren und Verlag nicht schwer, ab der 13. Auflage das Familienrecht in einem gesonderten ABC zu erläutern. Mit der jetzt vorliegenden 14. Auflage ist Frau Dr. Onderka aus berufsbedingten Gründen ausgeschieden. Für ihre Mitwirkung an den beiden Vorauflagen möchte sich das Autorenteam bei dieser Gelegenheit nochmals bedanken. Für sie ist dankenswerterweise Herr Richter am OLG Köln Mark Noethen, LL.M., kurzfristig eingesprungen. Zu vermelden gibt es leider auch eine traurige Nachricht. Der Begründer dieses Werkes, Herr Dr. Egon Schneider, ist am 3.10.2014 im Alter von 87 Jahren verstorben. Ohne seinen Begründer würde es den Streitwert-Kommentar nicht geben. Dr. Egon Schneider hat über Jahrzehnte hinweg seinen Erfahrungsschatz als Richter am OLG und danach als praktizierender Rechtsanwalt eingebracht und mit unendlicher Akribie und Geflissenheit den außerordentlichen Erfolg dieses Werkes erst möglich gemacht. Das Autorenteam wird in dankbarem Gedenken an Herrn Dr. Egon Schneider bemüht bleiben, das Werk in seinem Sinne fortzuführen, um damit dem praktischen Anwender alle streitwertrelevanten Fragen beantworten zu helfen. Abgesehen von der Einarbeitung umfangreicher Rechtsprechung war die Neuauflage erforderlich, da sich zwischenzeitlich durch das Zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetz zum 1.8.2013 weitreichende Änderungen im Kostenrecht – insbesondere auch bei den Streit-, Verfahrens- und Geschäftswerten – ergeben haben. Auch haben sich wieder neue Probleme in der Praxis manifestiert, die zum Teil zu neuen Stichwörtern geführt haben. Im Bereich des Familienrechts musste die umfangreiche Rechtsprechung aus Anlass des FGG-ReformG eingearbeitet werden, die bei Abschluss der 13. Auflage noch nicht vorlag.
V
Vorwort Darüber hinaus ist der Kommentar grundlegend überarbeitet worden. Veraltete Stichwörter, die für die Praxis keine Bedeutung mehr haben, sind gekürzt oder ganz gestrichen worden. Neue Stichwörter mit aktuellen Bezügen, wie Stadionverbot, Krankenhaustagegeld, Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach dem AdwirkG und viele mehr, wurden aufgenommen. Beibehalten worden ist die Dreiteilung, die sich bewährt hat, nämlich die Darstellung des Verfahrensrechts im ersten Teil und die gesonderte Kommentierung der Werte in Zivilprozesssachen einerseits und in familiengerichtlichen Verfahren andererseits. Das Werk befindet sich auf dem aktuellen Stand der Rechtsprechung von August 2015. Es gibt immer wieder einzelne besondere Fallkonstellationen, in denen die Beantwortung streitwertbezogener Fragen schwierig ist. Dessen sind wir uns bewusst und nicht nur deswegen sind wir für jegliche Anregungen und für die Präsentation neuer, bislang unbeantwortet gebliebener, Fragestellungen sehr dankbar. Dies gilt selbstverständlich auch für das Aufzeigen von Fehlern aller Art und für alle kritischen Anmerkungen, die dem geneigten Leser bei der Lektüre in den Sinn kommen könnten. Diese richten Sie bitte an der Verlag ([email protected]). Köln, im September 2015
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Die Verfasser
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abkürzungs- und Schrifttumsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXI
1. Teil: Verfahrensrecht (Gliederung s. dort) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
2. Teil: Streitwert im ZPO-Verfahren (Stichwortübersicht s. unten) . . . . . .
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3. Teil: Verfahrenswert im FamFG-Verfahren (Stichwortübersicht s. S. XV) . 1249
Stichwörter im ZPO-Verfahren in alphabetischer Reihenfolge (2. Teil) Seite
A Abänderung . . . . . . . . . . . . . . . Abfindungsvergleich fi Vergleich Abgabe einer Willenserklärung . . Abgesonderte Befriedigung . . . . . Ablehnung von Richtern, Schiedsrichtern und Sachverständigen . . . . . . . . . . . . . . . Abnahme von Sachen . . . . . . . . Abrechnung fi Rechnungslegung Abschluss von Verträgen fi Vertragsabschluss Abtretung . . . . . . . . . . . . . . . . Adhäsionsverfahren . . . . . . . . . . Akkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . Aktien fi Wertpapiere Allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Altenteil . . . . . . . . . . . . . . . . . Androhung von Ordnungsmitteln fi Ordnungsmittel Anerkenntnis und Anerkenntnisurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anerkennung ausländischer Titel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anfechtung fi Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen fi Gläubigeranfechtung fi Insolvenzverfahren fi Nichtigkeit eines Vertrages Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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132 134
135 138
139 141 141
142 146
148 152
152
Seite
Angebot der Gegenleistung . . . . Anmeldung zum Handelsregister . . . . . . . . . . . . . . . . Annahmeverzug fi Feststellungsklage Anspruchshäufung . . . . . . . . . Anstellungsvertrag eines Organs fi Organe, Organmitglieder Antragsänderung fi Klageänderung Antragsüberschreitung fi Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO Anwaltsbeiordnung fi Notanwalt Anwaltsvergütung . . . . . . . . . . Anwartschaftsrechte . . . . . . . . Arrest . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auffangwert . . . . . . . . . . . . . . Aufgebotsverfahren . . . . . . . . . Aufhebung von Gemeinschaften Auflassung . . . . . . . . . . . . . . . Auflassungsvormerkung . . . . . Auflösung einer GmbH . . . . . . Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . Auseinandersetzung fi Aufhebung von Gemeinschaften Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters . . . . . . . . . . . . Ausgleichsanspruch nach § 2050 BGB . . . . . . . . . . . . . Auskunftsanspruch . . . . . . . . . Ausländische Währung . . . . . . Auslegung des Klageantrags . . . Ausscheiden eines Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 160 . 161
. 163
. . . . . . . . . .
164 169 170 176 176 179 182 184 186 187
. 223 . . . .
224 225 228 229
. 231 VII
Inhaltsverzeichnis
ZPO-Stichwçrter Seite
Ausschließung . . . . . . . . Ausschlussurteil . . . . . . . Aussetzung . . . . . . . . . . Aussonderung . . . . . . . . . Automatenaufstellvertrag
. . . . .
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232 237 237 238 239
B Bauhandwerkersicherungshypothek . . . . . . . . . . . . . . . Baulandverfahren . . . . . . . . . . . Bausparvertrag . . . . . . . . . . . . . Bearbeitungsgebühren . . . . . . . . Bebauungsverpflichtung . . . . . . . Bedingte Rechte . . . . . . . . . . . . Befreiung von einer Verbindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . Befriedigung, abgesonderte fi Abgesonderte Befriedigung Behandlungsunterlagen, Einsicht . . . . . . . . . . . . . . . . Beiordnung eines Notanwalts fi Notanwalt Belästigung . . . . . . . . . . . . . . . Belastung fi Auflassung Beleidigung fi Ehrkränkende Äußerungen Beratungshilfe . . . . . . . . . . . . . Bereicherungsansprüche . . . . . . . Berichtigung fi Grundbuchberichtigung Berufsunfähigkeitsrente . . . . . . . Berufung fi Rechtsmittel Berufungsrücknahme . . . . . . . . . Beschränkt persönliche Dienstbarkeit fi Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) Beschränkte Haftung fi Haftungsbeschränkung Beschwerde fi Rechtsmittel Beseitigung . . . . . . . . . . . . . . . Besichtigung . . . . . . . . . . . . . . . Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestimmungsverfahren nach § 36 ZPO, Zuständigkeit fi Gerichtsstandsbestimmungsverfahren Beweisverfahren fi Selbständiges Beweisverfahren VIII
240 241 247 248 248 249 250
Seite
Bewilligung fi Auflassung fi Auflassungsvormerkung fi Löschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslöschung Bewilligung oder Aufhebung von Prozesskosten- und Beratungshilfe fi Beratungshilfe fi Prozesskostenhilfe Bierabnahmepflicht . . . . . . . . . . Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Börsenpapiere . . . . . . . . . . . . . . Bruchteilsgemeinschaft fi Aufhebung von Gemeinschaften Bürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . .
283 284 285 285
286
258
D 259
261 263
264
267
Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . Dauerwohnrecht fi Wohnrecht Derselbe Streitgegenstand fi Mehrere Ansprüche (Klagehäufung) Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) . . . Dingliche Sicherung . . . . . . . Direktanspruch fi Versicherungsschutz Dividende . . . . . . . . . . . . . . Drittschuldner fi Pfändung Drittwiderspruchsklage . . . . . Duldungsklage . . . . . . . . . . . Durchsuchungsanordnung . . .
. . 291
. . 295 . . 296
. . 296
. . 297 . . 301 . . 306
E 269 273 275
Ehrkränkende Äußerungen . . . . Eidesstattliche Versicherung . . . Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . Eigentums- und Besitzstörung . Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . Eigentumswohnung . . . . . . . . Einrede, Einwendung . . . . . . . . Einstellung der Zwangsvollstreckung fi Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung Einstweilige Anordnungen . . . .
. . . . . . .
306 312 319 323 327 328 330
. 334
ZPO-Stichwçrter
Inhaltsverzeichnis Seite
Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung . . . . . . . Einstweilige Verfügung . . . . . . . Eintragungsbewilligung . . . . . . . Einwendung fi Einrede, Einwendung Einwilligung wegen Hinterlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelrichter . . . . . . . . . . . . . . E-Mail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Energie- und Wasserversorgung . . Enteignungsentschädigung . . . . . Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . Entnahmerecht . . . . . . . . . . . . . Entziehung des Wohnungseigentums fi Wohnungseigentum Erbauseinandersetzung fi Miterbe Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . Erbberechtigung . . . . . . . . . . . . Erbenhaftung fi Haftungsbeschränkung Erbschein . . . . . . . . . . . . . . . . . Erbteilungsklage fi Miterbe Erbunwürdigkeit . . . . . . . . . . . . Erbvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . Erledigung der Hauptsache . . . . . Ersatzvornahme nach § 887 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung des Klageantrags fi Klageänderung Erwerbsverbot . . . . . . . . . . . . . Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen fi Ordnungsmittel
336 337 352
353 358 359 361 363 365 366
367 369
370
371 372 372 403
404
F Fällige Beträge . . . . Fälligkeit . . . . . . . . Feststellungsklage . . Film . . . . . . . . . . . Finanzierungskosten Fischereirecht . . . . . Forderung . . . . . . . . Forderungsverzicht . Freigabe . . . . . . . . . Freistellung . . . . . . Fristsetzung . . . . . . Früchte . . . . . . . . . Futterkosten . . . . . .
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Seite
G
405 407 409 442 442 443 443 446 447 449 450 451 453
Garantievertrag . . . . . . . . . . . . . Gebrauchsmuster . . . . . . . . . . . Gegendarstellung . . . . . . . . . . . Gegenforderung fi Aufrechnung fi Gegenleistung Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . Gegenseitiger Vertrag . . . . . . . . . Gegenvorstellung . . . . . . . . . . . Gehörsrüge . . . . . . . . . . . . . . . . Geldforderung . . . . . . . . . . . . . Gemeinschaft fi Aufhebung von Gemeinschaften Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . Genossenschaft . . . . . . . . . . . . . Gerichtsstandsbestimmungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesamthypothek . . . . . . . . . . . Gesamtschuldner . . . . . . . . . . . Geschäftsgebühr fi Vorgerichtliche Kosten Geschäftsräume . . . . . . . . . . . . Geschäftsschädigende Äußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschmacksmuster/Design fi Gewerblicher Rechtsschutz Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzliche Erbfolge . . . . . . . . . Gestaltungsklage . . . . . . . . . . . Gewerbliche Schutzrechte, Löschung fi Löschung von gewerblichen Schutzrechten Gewerblicher Rechtsschutz . . . . Gläubigeranfechtung . . . . . . . . . Gläubigerrangstreit . . . . . . . . . . Grenzregelung . . . . . . . . . . . . . Grenzscheidungsklage . . . . . . . . Grundbuchberichtigung . . . . . . . Grundbucheintragung fi Grundbuchberichtigung fi Löschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslöschung Grunddienstbarkeit . . . . . . . . . . Grundpfandrecht . . . . . . . . . . . . Grundschuld . . . . . . . . . . . . . . Grundstück . . . . . . . . . . . . . . . Grundurteil . . . . . . . . . . . . . . . Güteverhandlung . . . . . . . . . . . Guthaben . . . . . . . . . . . . . . . . .
453 453 454
454 457 459 460 461
463 463 464 466 466
469 471
472 480 481
482 522 523 524 524 525
527 528 529 531 535 537 538 IX
Inhaltsverzeichnis
ZPO-Stichwçrter Seite
H Haftbefehl . . . . . . . . . . . . . . . . Haftungsbeschränkung . . . . . . . Handelsregisteranmeldung fi Anmeldung zum Handelsregister Handelsvertreter . . . . . . . . . . . . Hauptsacheerledigung fi Erledigung der Hauptsache Hebegebühr . . . . . . . . . . . . . . . Heimfallanspruch . . . . . . . . . . . Herabsetzung einer vereinbarten Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . Herausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfsbegründungen . . . . . . . . . . Hilfswiderklage . . . . . . . . . . . . Hinterlegung . . . . . . . . . . . . . . Honorarvereinbarung fi Herabsetzung einer vereinbarten Vergütung fi Vereinbarungen zum Streitwert Hypothek . . . . . . . . . . . . . . . . .
538 539
540
542 543 545 546 563 569 570 575
575
I Idealverein . . . . . . . . . . . . . . . . Immissionen . . . . . . . . . . . . . . Informationserzwingungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inkassokosten . . . . . . . . . . . . . . Insolvenzsicherung . . . . . . . . . . Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inventar fi Pacht Investitionsverpflichtung . . . . . .
Seite
Klage und Widerklage . . . . . . . Klageänderung . . . . . . . . . . . . Klageerweiterung fi Klageänderung Klagehäufung fi Mehrere Ansprüche (Klagehäufung) Klagerücknahme . . . . . . . . . . . Konkurrenzverbot . . . . . . . . . . Konkursanfechtung fi Insolvenzverfahren Kosten fi Nebenforderungen Kosten des Rechtsstreits . . . . . Kostenansatz . . . . . . . . . . . . . Kostenfestsetzungsverfahren . . Kostenwiderspruch . . . . . . . . . Kraftfahrzeug . . . . . . . . . . . . . Kraftfahrzeugbrief . . . . . . . . . . Kraftfahrzeugschlüssel . . . . . . . Kraftloserklärung . . . . . . . . . . Krankenhaustagegeld . . . . . . . . Kreditgebühren . . . . . . . . . . . . Künftiger Schaden . . . . . . . . . .
. 608 . 618
. 623 . 628
. . . . . . . . . . .
632 629 639 643 645 645 647 648 648 650 650
. . . . .
651 651 652 653 655
. . . .
656 659 661 662
L 579 580 581 582 582 582 594
600
J
Lagerkosten . . . . . . . . . . . . . . Landvermessung . . . . . . . . . . . Leasingvertrag . . . . . . . . . . . . Lebensversicherung . . . . . . . . . Leibrente . . . . . . . . . . . . . . . . Leistung an die Erbengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . Leistungsklage . . . . . . . . . . . . Leistungsmodalitäten . . . . . . . Lieferung . . . . . . . . . . . . . . . . Löschung von gewerblichen Schutzrechten . . . . . . . . . . . Löschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslöschung . .
. 662 . 663
Jagdpachtrecht . . . . . . . . . . . . . 600
M
K Kapitalanleger-Musterverfahren . Karenzentschädigung . . . . . . . . . Kartellsachen . . . . . . . . . . . . . . Kassatorische Klagen . . . . . . . . . Kaufanwartschaftsvertrag . . . . . . Kaufvertrag . . . . . . . . . . . . . . . Kennzeichenstreitigkeit fi Gewerblicher Rechtsschutz X
602 604 605 605 605 605
Mahnverfahren . . . . . . . . . . . Mehrere Ansprüche (Klagehäufung) . . . . . . . . . . . . . . . . . Mietstreitigkeiten . . . . . . . . . Minderung (ohne Miete) . . . . . Mindeststreitwert . . . . . . . . . Mitbenutzungsrecht . . . . . . . Miterbe . . . . . . . . . . . . . . . . Mitverschulden . . . . . . . . . .
. . 671 . . . . . . .
. . . . . . .
679 693 766 767 767 768 782
ZPO-Stichwçrter
Inhaltsverzeichnis Seite
N Nachbarrechtliche Ansprüche . Nacherbenvermerk . . . . . . . . Nachforderungsklage . . . . . . . Nachlassverzeichnis fi Miterbe Nachverfahren fi Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess Namensrecht . . . . . . . . . . . . Nebenforderungen . . . . . . . . . Nebenintervention . . . . . . . . Negative Feststellungsklage fi Feststellungsklage Nicht rechtshängig gewordene Anträge . . . . . . . . . . . . . . . Nichtigkeit eines Vertrages . . Nichtigkeitsklage . . . . . . . . . Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit . . . . . . . . . . . . Nichtzulassungsbeschwerde . . Nießbrauch . . . . . . . . . . . . . Notanwalt . . . . . . . . . . . . . . Notwegrecht . . . . . . . . . . . . Novation . . . . . . . . . . . . . . . Nutzungen . . . . . . . . . . . . . .
. . 783 . . 784 . . 784
. . 784 . . 785 . . 802
. . 807 . . 809 . . 811 . . . . . . .
. . . . . . .
812 818 819 821 822 824 824
O Öffentliche Zustellung . . . . . . . 825 Örtliche Zuständigkeit fi Einrede, Einwendung Ordnungsmittel . . . . . . . . . . . . 826 Organe, Organmitglieder . . . . . . 832
P Pacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönliche Dienstbarkeit, beschränkte fi Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) Pfändung . . . . . . . . . . . . . . . . Pfändungs- und Überweisungsbeschluss fi Pfändung Pfandrecht fi Pfändung Pflegekosten . . . . . . . . . . . . . . Pflichtteilsanspruch . . . . . . . . Pflichtteilsergänzungsanspruch . Pflichtteilsrestanspruch . . . . . . Positive Beschlussfeststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 837
. 842
Seite
Postentgeltpauschale . . . Prätendentenstreit . . . . . Provision . . . . . . . . . . . Prozess- und Sachleitung Prozesskostenhilfe . . . . Prozesstrennung . . . . . . Prozessverbindung . . . . Prozesszinsen . . . . . . . .
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852 854 854 869 854 869 871 873
Räumungsfristverfahren . . . . . . . Rangverbesserung . . . . . . . . . . . Ratenzahlung . . . . . . . . . . . . . . Reallast . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechnungslegung . . . . . . . . . . . Recht am eigenen Bild . . . . . . . . Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . Rechtshängigkeit fi Einrede, Einwendung Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . Rechtswegverweisung . . . . . . . . Regelwert fi Auffangwert Regressansprüche der Sozialleistungsträger . . . . . . . . . . . . . . Rente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Restitutionsklage . . . . . . . . . . . Restkaufpreisforderung fi Eigentumsvorbehalt Restschuldbefreiung . . . . . . . . . Rückgängigmachung eines Kaufvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . Rückgriffsanspruch der Sozialleistungsträger fi Regressansprüche der Sozialleistungsträger Rückkaufsrecht . . . . . . . . . . . . Rückstände fi Fällige Beträge Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückübertragung . . . . . . . . . . .
879 880 880 881 882 884 885
R
885 914
915 916 920
921 921
922
923 924
S . . . .
848 848 851 851
. 851
Sachurteilsvoraussetzung fi Einrede, Einwendung Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . 925 Scheckprozess fi Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess Schenkung . . . . . . . . . . . . . . . . 926 Schiedsgutachten . . . . . . . . . . . 926 XI
Inhaltsverzeichnis
ZPO-Stichwçrter Seite
Schiedsrichterliches Verfahren Schiedsvertrag fi Schiedsrichterliches Verfahren Schlichtungsverfahren . . . . . . Schlussurteil . . . . . . . . . . . . Schmerzensgeld fi Unbezifferte Anträge Schufa-Eintragung . . . . . . . . . Schuldbefreiung fi Befreiung von einer Verbindlichkeit Schwarzpreis . . . . . . . . . . . . Selbständiges Beweisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sequesterbestellung . . . . . . . . Sicherheitsleistung im Prozess Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . Sicherungsübereignung . . . . . Siedlungsverhältnis . . . . . . . . SMS, unerwünschte . . . . . . . Sparkassenbuch . . . . . . . . . . Spesen . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprungrevision . . . . . . . . . . . Sprungrevision, Zulassung der Stadionverbot . . . . . . . . . . . . Stalking . . . . . . . . . . . . . . . . Standgeld . . . . . . . . . . . . . . . Sterilisation . . . . . . . . . . . . . Streitgenossen . . . . . . . . . . . Streithilfe fi Nebenintervention Streitwertvereinbarung fi Vereinbarungen zum Streitwert Stufenklage . . . . . . . . . . . . .
. . 927
. . 931 . . 932
. . 933
Seite
Teilurteil . . . . . . . . . . . . . . Teilzahlungen . . . . . . . . . . . Teilzahlungskredit . . . . . . . Telefax, unerwünschtes . . . . Telefonanrufe, unerwünschte Telefongebühren . . . . . . . . . Testament . . . . . . . . . . . . . Testamentsvollstreckung . . . Tierarztkosten . . . . . . . . . . Titulierungsinteresse . . . . . . Treuhändereinsetzung . . . . .
. . . . . . . . . . .
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983 985 986 987 988 989 989 990 991 991 993
. . 934
U . . . . . . . . . . . . . . . .
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934 938 938 940 942 943 943 944 945 945 946 947 948 948 948 949
Überbau . . . . . . . . . . . . . . . . Überweisungsbeschlüsse fi Pfändung Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . Umsatzsteuerausweis . . . . . . Unbezifferte Anträge . . . . . . . Unerlaubte Handlung fi Feststellungsklage Unfallfinanzierung . . . . . . . . Unterbrechung des Verfahrens fi Verfahrensruhe Unterlassung . . . . . . . . . . . . Unzuständigkeit fi Einrede, Einwendung Urheberrecht, Verlagsrecht . . . Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess . . . . . . . . . . Urteils- und Tatbestandsberichtigung . . . . . . . . . . . . . Urteilsergänzung . . . . . . . . . .
. . 993
. . 994 . . 996 . . 997
. . 1008
. . 1008
. . 1019 . . 1020 . . 1030 . . 1031
. . 952
V T Tagebuch . . . . . . . . . . . . . . Tankstellendienstbarkeit . . . Tauschvertrag . . . . . . . . . . . Teil des Hauptanspruchs . . . Teilanerkenntnisurteil fi Anerkenntnis und Anerkenntnisurteil fi Teilurteil Teilklage . . . . . . . . . . . . . . Teilleistungen fi Teilzahlungen Teilungsversteigerung fi Drittwiderspruchsklage fi Zwangsversteigerung XII
. . . .
. . . .
. . . .
972 972 973 973
. . . 980
Veräußerungsverbot . . . . . . . . . . Verbindung fi Prozessverbindung Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinbarte Vergütung fi Herabsetzung einer vereinbarten Vergütung fi Vereinbarungen zum Streitwert Vereinbarungen zum Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrensruhe . . . . . . . . . . . . . Verfahrenstrennung fi Prozesstrennung Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergütungsfestsetzung . . . . . . . .
1032
1033
1034 1036
1036 1056
ZPO-Stichwçrter
Inhaltsverzeichnis Seite
Vergütungsvereinbarung, Herabsetzung fi Herabsetzung einer vereinbarten Vergütung fi Vereinbarungen zum Streitwert Verkehrsunfallschadenregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verkehrswert . . . . . . . . . . . . . . Verlagsrecht fi Urheberrecht, Verlagsrecht Verlustigerklärung . . . . . . . . . . . Vermächtnisansprüche . . . . . . . Vermehrte Bedürfnisse . . . . . . . . Vermögensrechtlicher Anspruch fi Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit Vermögensverzeichnis, Errichtung fi Stufenklage Veröffentlichungsbefugnis . . . . . Versicherungsschutz . . . . . . . . . Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO . Vertagung fi Prozess- und Sachleitung Verteilungsverfahren . . . . . . . . . Vertragsabschluss . . . . . . . . . . . Vertragsauflösung . . . . . . . . . . . Vertragserfüllung . . . . . . . . . . . Verwahrung . . . . . . . . . . . . . . . Verweisung . . . . . . . . . . . . . . . Verwendungsersatz fi Mietstreitigkeiten Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzögerungsgebühr . . . . . . . . . Verzugszinsen fi Nebenforderungen Vollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . Vollstreckbare Ausfertigung . . . . Vollstreckbarerklärung eines Anwaltsvergleichs . . . . . . . . . Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils . . . . . . . Vollstreckbarerklärung eines Urteils (§§ 537, 558 ZPO) . . . . Vollstreckungsabwehrklage . . . . Vollstreckungsgegenklage fi Vollstreckungsabwehrklage Vollstreckungsklausel . . . . . . . . Vollstreckungsschaden . . . . . . . Vollstreckungsschutz . . . . . . . .
1059 1087
1092 1093 1094
1094 1095 1101
1106 1108 1109 1111 1112 1113
1114 1115
1116 1117 1117 1117 1118 1119
1126 1128 1129
Seite
Vollstreckungsurteil fi Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils Vor- und Nacherbe . . . . . . . . . Vorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . Vorerbschaft fi Miterbe Vorgerichtliche Kosten . . . . . . . Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . Vorläufige Vollstreckbarkeit . . . Vormerkung . . . . . . . . . . . . . . Vornahme von Handlungen . . . Vorrangseinräumung fi Rangverbesserung Vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung fi Feststellungsklage Vorschusszahlungen . . . . . . . . Vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös (§ 805 ZPO) . . . . .
. 1132 . 1131
. . . . .
1133 1144 1146 1147 1148
. 1148 . 1149
W Währungsumrechnung . . . . . . . . Wahlschuld . . . . . . . . . . . . . . . Wahlweise Verurteilung . . . . . . . Wechselnde Klageanträge fi Klageänderung Wechselprozess fi Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess Wechselseitige Rechtsmittel fi Rechtsmittel Wegnahme eingebauter Sachen . . Werbung per SMS, unverlangte fi SMS, unerwünschte Werbung, unverlangte . . . . . . . . Werkvertrag . . . . . . . . . . . . . . . Wert einer Sache . . . . . . . . . . . . Wertbegrenzungen . . . . . . . . . . Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . . . Wertsicherungsklausel . . . . . . . . Widerklage fi Klage und Widerklage fi Rechtsmittel Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . Widerspruch gegen Grundbucheintragung . . . . . . . . . . . . . . . Wiederaufnahmeverfahren . . . . . Wiedereinsetzung in den vorigen Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wiederkaufsrecht . . . . . . . . . . . Wiederkehrende Leistungen . . . .
1149 1149 1151
1151
1152 1158 1165 1159 1166 1167
1168 1170 1171 1171 1172 1172 XIII
Inhaltsverzeichnis
ZPO-Stichwçrter Seite
Willenserklärung . . . . . Wirtschaftliche Identität Wohnrecht . . . . . . . . . . Wohnung . . . . . . . . . . . Wohnungseigentum . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
1176 1178 1182 1186 1186
Z Zahlungsanspruch fi Geldforderung Zeugnis fi Willenserklärung Zeugnisverweigerung . . . . . . . . 1223 Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1224 Zug-um-Zug-Leistung fi Gegenleistung Zulassung zur Sprungrevision fi Sprungrevision, Zulassung der Zurückbehaltungsrecht fi Gegenleistung
XIV
Seite
Zusammenrechnung fi Mehrere Ansprüche (Klagehäufung) Zuschlag in der Grundstücksversteigerung fi Zwangsversteigerung Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . Zuständigkeitsbestimmung fi Gerichtsstandsbestimmungsverfahren Zustimmung zur Sprungrevision fi Sprungrevision Zwangsgeld nach § 888 ZPO fi Ordnungsmittel Zwangsversteigerung . . . . . . . . . Zwangsvollstreckung . . . . . . . . Zwischenfeststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenstreit und -urteil . . . . . Zwischenvergleich . . . . . . . . . .
1231
1234 1239 1244 1245 1248
FamFG-Stichwçrter
Inhaltsverzeichnis
Stichwörter im FamFG-Verfahren in alphabetischer Reihenfolge (3. Teil) Seite
A Abänderung . . . . . . . . . . . . . . . Abfindung fi Unterhaltsverzicht Abstammungssachen . . . . . . . . . Abtrennung aus dem Verbund fi Verbund Abtretung von Versorgungsansprüchen fi Versorgungsausgleichssachen Adoptionssachen . . . . . . . . . . . . Anerkenntnis . . . . . . . . . . . . . Anerkennung anderer ausländischer Entscheidungen als Ehesachen . . . . . . . . . . . . . . . Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen . . . . Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach dem AdwirkG . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annahme als Kind fi Adoptionssachen Anordnungen nach PsychKG fi Kindschaftssachen fi Unterbringungssachen Minderjähriger fi Unterbringungssachen Volljähriger Anpassung wegen Invalidität/ Tod/Unterhalt . . . . . . . . . . . . Antrag und Widerantrag . . . . . . . Antragshäufung fi Mehrere Ansprüche (Antragshäufung) fi Mehrere Ansprüche (Klagehäufung) (ZPO-Teil) Anwendung ausländischen Rechts in Ehesachen fi Auslandsbezug fi Ehesachen Arrest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufenthaltsbestimmungsrecht fi Bestimmte Kindschaftssachen fi Elterliche Sorge fi Kindschaftssachen Auffangwert . . . . . . . . . . . . . . . Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz . . . . . . . . . . . .
1249
1251
1258 1264
1264 1268
1274
Seite
Aufgebotssachen . . . . . . . . . . . . Aufhebung der Ehe . . . . . . . . . . Aufhebung der Gütergemeinschaft fi Güterrechtssachen Aufhebung des Annahmeverhältnisses fi Adoptionssachen Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft fi Güterrechtssachen Ausgleich von Kapitalzahlungen/ Anspruch auf Abfindung fi Versorgungsausgleichssachen Ausgleichsansprüche nach der Scheidung fi Versorgungsausgleichssachen Auskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes . . . . . Auslandsbezug . . . . . . . . . . . . .
1300 1304
1305
1307 1314 1318
B
1277 1278
1278
1285 1296
Beerdigungskosten fi Unterhaltssachen Befreiung vom Eheverbot fi Adoptionssachen Befreiung von einer gesetzlichen Unterhaltspflicht . . . . . . . . . . Befreiung von einer Verbindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begrenztes Realsplitting . . . . . . . Beschränkung oder Wegfall des Versorgungsausgleichs fi Versorgungsausgleichssachen Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . Bestimmte Kindschaftssachen . . Betreuungssachen . . . . . . . . . . . Betreuungsgerichtliche Zuweisungssachen . . . . . . . . . . . . . Beweisverfahren fi Selbständiges Beweisverfahren fi Selbständiges Beweisverfahren (ZPO-Teil)
1321 1322 1325
1328 1329 1331 1337
XV
Inhaltsverzeichnis
FamFG-Stichwçrter Seite
D Darlehensaufnahme, Genehmigung fi Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung Dynamisierter Unterhalt fi Unterhaltssachen fi Vereinfachtes Verfahren auf Festsetzung des Unterhalts Minderjähriger
F
E Ehegattenmitarbeit aufgrund Arbeitsvertrag . . . . . . . . . . . Ehesachen . . . . . . . . . . . . . . . Ehestörungsklage fi Sonstige Familiensachen Ehevertrag . . . . . . . . . . . . . . . Ehewohnungssachen . . . . . . . . Eidesstattliche Versicherung . . . Einbenennungsverfahren fi Bestimmte Kindschaftssachen fi Elterliche Sorge fi Kindschaftssachen Einsicht in Abstammungsgutachten fi Abstammungssachen Einstweilige Anordnung . . . . . . Elterliche Sorge . . . . . . . . . . . . Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung fi Abstammungssachen Ersetzung der Einwilligung zur Annahme als Kind fi Adoptionssachen Ersetzung der Genehmigung einer Erklärung fi Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung
XVI
Seite
Ersetzung der Zustimmung des anderen Ehegatten durch das Familiengericht bei der Verhandlung des Gesamtguts fi Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung Ersetzung der Zustimmung durch das Familiengericht bei einer Verfügung über das Vermögen im Ganzen fi Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung Erwerb oder Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts des Minderjährigen fi Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung
Bewilligung oder Aufhebung von Verfahrenskostenhilfe fi Verfahrenskostenhilfe fi Prozesskostenhilfe (ZPO-Teil) Bürgschaft fi Befreiung von einer Verbindlichkeit
. 1339 . 1339
. 1382 . 1384 . 1396
Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . Familienrechtlicher Ausgleichsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Sorge fi Elterliche Sorge Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe . . . . Feststellungsverfahren . . . . . . . . Freiheitsentziehungssachen . . . . Früchte fi Früchte (ZPO-Teil)
1429 1431
1433 1434 1437
G . 1398 . 1412
Geldforderung . . . . . . . . . . . . . Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . Genehmigung der freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen fi Unterbringungssachen Minderjähriger Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung . . . . . . . Genehmigung einer Vereinbarung über den Versorgungsausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . Gesamtschuldnerausgleichsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . .
1440 1448
1448
1454 1455
FamFG-Stichwçrter
Inhaltsverzeichnis Seite
Geschäfte über das Vermögen im Ganzen fi Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung Geschenke fi Sonstige Familiensachen Gewaltschutzsachen . . . . . . . . . 1457 Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaftssachen . . . . . . . 1465 Grundbuchberichtigungsanspruch fi Grundbuchberichtigung (ZPO-Teil) Grundstücksgeschäfte des Kindes fi Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung Gütergemeinschaft (Auseinandersetzung) fi Güterrechtssachen Güterrechtssachen . . . . . . . . . . 1467
H Haftungsfreistellung fi Befreiung von einer gesetzlichen Unterhaltspflicht fi Befreiung von einer Verbindlichkeit fi Befreiung von einer Verbindlichkeit (ZPO-Teil) Haupt- und Hilfsantrag fi Hilfsantrag fi Hilfsantrag (ZPO-Teil) Haushaltssachen . . . . . . . . . . . . 1473 Haustiere . . . . . . . . . . . . . . . . . 1480 Hilfsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . 1482 Hilfsaufrechnung fi Aufrechnung fi Aufrechnung (ZPO-Teil)
J Jugendamtsurkunde fi Abänderung fi Unterhaltssachen Jugendgerichtsgesetz fi Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz
K Kapitalabfindung fi Unterhaltsverzicht
Seite
Kindergeldabzug fi Kindergeldbezugsberechtigung fi Unterhaltssachen fi Vereinfachtes Verfahren auf Festsetzung des Unterhalts Minderjähriger Kindergeldbezugsberechtigung . . Kindesherausgabe . . . . . . . . . . . Kindesmutter, Unterhalt fi Unterhaltssachen Kindschaftssachen . . . . . . . . . . . Kindschaftssachen im Verbund fi Verbund Klage und Widerklage fi Antrag und Widerantrag Kosten fi Nebenforderungen (ZPO-Teil) Kosten des Verfahrens . . . . . . . . Kostenvorschuss für ein gerichtliches Verfahren . . . . . . . . . . . Künftige Forderungen fi Unterhaltssachen
1483 1489
1499
1500 1501
L Lebenspartnerschaftssachen . . . . 1505 Leistungen nach dem SGB II . . . . 1506
M Mahnverfahren . . . . . . . . . . Mehrbedarf fi Unterhaltssachen Mehrere Ansprüche (Antragshäufung) . . . . . . . . . . . . . Mehrere Kinder fi Kindschaftssachen Mehrwertvergleich . . . . . . . Mindestwert . . . . . . . . . . . .
. . . 1508
. . . 1509
. . . 1511 . . . 1515
N Nachforderungsklage fi Nachforderungsverfahren Nachforderungsverfahren . . . . . . 1517 Nachlass- und Teilungssachen . . 1518 Naturalunterhalt fi Unterhaltssachen Negative Feststellungsklage fi Feststellungsverfahren fi Feststellungsklage (ZPO-Teil) XVII
Inhaltsverzeichnis
FamFG-Stichwçrter Seite
Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 1520 Nutzungsentschädigung nach Rechtskraft der Scheidung . . . . 1521 Nutzungsentschädigung bei Haushaltssachen fi Haushaltssachen fi Nutzungsentschädigung nach Rechtskraft der Scheidung Nutzungsentschädigung Ehewohnungssachen fi Ehewohnungssachen fi Nutzungsentschädigung nach Rechtskraft der Scheidung
P Pflegschaften . . . . . . . . . . . . . . 1528 Prozesskostenhilfe fi Verfahrenskostenhilfe fi Prozesskostenhilfe (ZPOTeil) Prozesskostenvorschuss fi Kostenvorschuss für ein gerichtliches Verfahren
Seite
Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . Selbständiges Beweisverfahren . . Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . Sonstige Familiensachen . . . . . . Sorgerecht fi Bestimmte Kindschaftssachen fi Elterliche Sorge Sozialrechtliche Verfahren/Verwaltungsrechtliche Verfahren/ Versorgungsausgleich . . . . . . . Sprungrechtsbeschwerde, Zulassung der . . . . . . . . . . . . . . . . Steuererstattungen und Steuerschulden, Aufteilung von . . . . Steuerliche Veranlagung fi Zusammenveranlagung Stufenklage fi Stufenverfahren Stufenverfahren . . . . . . . . . . . . Stundung und Zugewinnausgleich fi Zugewinngemeinschaft
1545 1545 1548 1549
1555 1555 1556
1559
T R Realsplitting fi Begrenztes Realsplitting Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . Rechtsmittelverfahren . . . . . . . . Registersachen . . . . . . . . . . . . . Religiöse Kindererziehung fi Elterliche Sorge Rückabwicklung von Zuwendungen fi Sonstige Familiensachen Rückgabeanspruch, Geschenke zwischen Verlobten fi Sonstige Familiensachen Rückzahlung geleisteten Unterhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1530 1531 1538
U 1539
S Schadensersatzansprüche des umgangsberechtigten Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1540 Schadensfreiheitsrabatt . . . . . . . 1541 Scheidungssache . . . . . . . . . . . . 1544
XVIII
Teilanerkenntnisbeschluss fi Anerkenntnis (ZPO-Teil) fi Teilurteil (ZPO-Teil) Titulierung unstreitiger Unterhaltsbeträge fi Geldforderung fi Unterhaltssachen Trennungsunterhalt fi Unterhaltssachen Trennungsverfahren nach italienischem Recht fi Ehesachen
Übertragung von Vermögensgegenständen fi Zugewinngemeinschaft Übrige Kindschaftssachen . . . Umgangspflegschaft . . . . . . . Umgangsrecht . . . . . . . . . . . Unbenannte Zuwendungen . . Unbezifferter Leistungsantrag . Unstreitige Sockelbeträge fi Geldforderung
. . . . .
. . . . .
1564 1568 1569 1582 1583
FamFG-Stichwçrter
Inhaltsverzeichnis Seite
Unterbringungssachen Minderjähriger . . . . . . . . . . . . . . . . Unterbringungssachen Volljähriger . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterhaltsansprüchen, Überleitung von . . . . . . . . . . . . . . . Unterhaltsprivileg . . . . . . . . . . Unterhaltssachen . . . . . . . . . . Unterhaltsverzicht . . . . . . . . . Unternehmensrechtliche Verfahren . . . . . . . . . . . . . .
. 1584 . 1590 . . . .
1593 1594 1595 1613
. 1614
Seite
Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . Vollstreckungsabwehrantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollstreckungsabwehrklage fi Vollstreckungsabwehrverfahren Vorläufiger Rechtsschutz in Familiensachen . . . . . . . . . . Vormundschaften . . . . . . . . . . Vorzeitiger Zugewinnausgleich fi Zugewinngemeinschaft
. 1684 . 1692
. 1694 . 1696
V
W
Vaterschaftsanfechtung/-feststellung fi Abstammungssachen Vaterschaftsfeststellung und Mindestunterhalt fi Abstammungssachen Verbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinfachtes Verfahren auf Festsetzung des Unterhalts Minderjähriger . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren in weiteren Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . Verfahrenskostenhilfe . . . . . . . . Verfassungsbeschwerde . . . . . . . Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlöbnis fi Sonstige Familiensachen Vermittlungsverfahren . . . . . . . . Versorgungsausgleichssachen . . . Vertraglicher Unterhalt . . . . . . . Verzicht, Unterhalt fi Unterhaltsverzicht Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen . . . . .
Wechselseitige Abänderungsanträge . . . . . . . . . . . . . . . . . 1699 Wiederherstellung des ehelichen Lebens fi Ehesachen und Sonstige Familiensachen Wiederkehrende Leistungen . . . . 1700 Wohnungszuweisungssachen fi Ehewohnungssachen
1615
1630
Z 1637 1638 1640 1642
1645 1649 1675
1677
Zahlung fi Geldforderung Zahlungsvereinbarung . . . Zeitpunkt der Wertberechnung . . . . . . . . . . . . . . Zinsen . . . . . . . . . . . . . . Zugewinngemeinschaft . . Zusammenveranlagung . . Zustimmung . . . . . . . . . Zwangsvollstreckung fi Vollstreckung fi Zwangsvollstreckung (ZPO-Teil)
. . . . . 1702 . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
1704 1708 1709 1720 1722
Stichwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1725
XIX
Abkürzungs- und Schrifttumsverzeichnis a.A. aaO. AdwirkG AE a.F. AfP AG AGB AGBG AGkompakt AGS AKB AktG ALG Anders/Gehle/Kunze AnfG AnwBl. AnwK-RVG/Bearbeiter AO AP ARB ArbG ArbGG ArbRB ArbuR ARST AsylverfG AufenthG AUR
andere Ansicht am angegebenen Ort Gesetz über Wirkungen der Annahme als Kind nach ausländischem Recht Arbeitsrechtliche Entscheidungen alte Fassung Archiv für Presserecht Die Aktiengesellschaft/Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (außer Kraft) Anwaltsgebühren Kompakt Anwaltsgebühren Spezial Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung Aktiengesetz Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte Streitwert-Lexikon, 4. Aufl. 2002 Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens Anwaltsblatt AnwaltKommentar RVG. Von Schneider/Wolf, 7. Aufl. 2014 Abgabenordnung Arbeitsrechtliche Praxis – Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts Allgemeine Rechtsschutzbedingungen Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Arbeits-Rechtsberater Arbeit und Recht Arbeitsrecht in Stichworten Asylverfahrensgesetz Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet Arbeit und Recht
Bärmann/Seuß/Bearbeiter Praxis des Wohnungseigentums, 6. Aufl. 2013 BaföG Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung BAG Bundesarbeitsgericht BAGE Sammlung der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bassenge/Roth FamFG/RPflG, 12. Aufl. 2009 BauGB Baugesetzbuch Baumbach/Hartmann Zivilprozessordnung mit FamFG, GVG und anderen Nebengesetzen. Von Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, 73. Aufl. 2015 BauR Baurecht BauRB Bau-Rechtsberater BayJMBl. Bayerisches Justizministerialblatt XXI
Abkrzungs- und Schrifttumsverzeichnis BayObLG BayObLGR
BayObLGZ BayVGH BB BDSG BerHG Beschl. BetrAVG BetrVG BFH BFH/NV BGB BGBl. BGH BGHR BGHZ Binz/Dörndorfer/ Petzold/Zimmermann BKAG
BKGG BlGBW BNotO Borth BPatG BRAGO BRAGOreport
BRAK-Mitt. BRAO BR-Drucks./BT-Drucks. BSHG Bub/Treier/Bearbeiter Bunte BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG ByZ
XXII
Bayerisches Oberstes Landesgericht Report BayObLG – Schnelldienst zur gesamten Zivilrechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen – neue Folge Bayerischer Verfassungsgerichtshof Betriebs-Berater Bundesdatenschutzgesetz Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen Beschluss Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Betriebsverfassungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Sammlung der BGH-Rechtsprechung in Zivil- und Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen GKG – FamGKG – JVEG, 3. Aufl. 2014 Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten Bundeskindergeldgesetz Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht Bundesnotarordnung Versorgungsausgleich, 7. Aufl. 2014 Bundespatentgericht Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (außer Kraft) Zeitschrift für Anwaltsgebühren, Streitwert, Gerichtskosten, Erstattung, Rechtsschutz (seit 2004 RVGreport) Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer Bundesrechtsanwaltsordnung Drucksache des Deutschen Bundesrates/Bundestages Bundessozialhilfegesetz Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl. 2014 Entscheidungssammlung zum AGB-Gesetz, Bd. 1 ff. für die Zeit ab 1977 Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern
Abkrzungs- und Schrifttumsverzeichnis Das Grundeigentum DAVorm DB DesignG DGVZ DJ DJZ DNotZ DÖV DR DRiZ/DRZ DStR DVBl. DWE DWW EG EGBGB EGStGB EGZPO EheG ErbbauRG ErbR EStG EU EuGH EWiR EzA EzFamR FA-FamR/Bearbeiter FamFG FamFR FamG FamGKG FamRB FamRZ
FamVerf/Bearbeiter
FF FG FGG FGG-ReformG
FPR
Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft Der Amtsvormund Der Betrieb Gesetz über den rechtlichen Schutz von Design Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung Deutsche Justiz Deutsche Juristenzeitung Deutsche Notar-Zeitschrift Die Öffentliche Verwaltung Deutsches Recht Deutsche Richter-Zeitung Deutsches Steuerrecht Deutsches Verwaltungsblatt Der Wohnungseigentümer Deutsche Wohnungswirtschaft Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung Ehegesetz Gesetz über das Erbbaurecht Zeitschrift für die gesamte erbrechtliche Praxis Einkommensteuergesetz Europäische Union Europäischer Gerichtshof Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht, (Loseblattausgabe), 2009 Entscheidungssammlung zum Familienrecht Handbuch des Fachanwalts Familienrecht. Von Gerhardt/v. Heintschel-Heinegg/Klein, 10. Aufl. 2015 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Familienrecht und Familienverfahrensrecht Familiengericht Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen Familien-Rechtsberater Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht, Erbrecht, Verfahrensrecht, Öffentlichem Recht Verfahrenshandbuch Familiensachen. Von Eckebrecht/Große-Boymann/Gutjahr/Paul/Schael/v. Swieykowski-Trzaska/Weidemann, 2. Aufl. 2010 Forum Familienrecht Finanzgericht Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (außer Kraft) Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Familie, Partnerschaft und Recht
XXIII
Abkrzungs- und Schrifttumsverzeichnis FRES FS FuR G GBO GE GebrMG GenG Gerold/Schmidt/ Bearbeiter GewSchG GG GKG GmbH GmbHG GmbHR GNotKG Göppinger/Börger Groll/Bearbeiter Groß Gruchot GRUR GRUR-Prax GRUR-RR GrZS GuT GVG GvKostG GWB Hansens/Braun/Schneider Hartmann Hartung/Schons/Enders HGB Hillach/Rohs HinterlO h.M. HOAI Horndasch/Viefhues/ Bearbeiter HRR Hüffer
XXIV
Entscheidungssammlung zum gesamten Bereich von Ehe und Familie Festschrift Familie und Recht Gesetz Grundbuchordnung Das Grundeigentum Gebrauchsmustergesetz Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 21. Aufl. 2013 Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen Grundgesetz Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare Vereinbarungen anlässlich der Ehescheidung, 10. Aufl. 2013 Praxishandbuch Erbrechtsberatung, 4. Aufl. 2015 Anwaltsgebühren in Ehe- und Familiensachen, 4. Aufl. 2014 Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht – Praxis im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rechtsprechungs-Report Großer Zivilsenat beim Bundesgerichtshof Gewerbemiete und Teileigentum Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Praxis des Vergütungsrechts, 2. Aufl. 2007 Kostengesetze, 45. Aufl. 2015 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 2. Aufl. 2013 Handelsgesetzbuch Handbuch des Streitwertes in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, 9. Aufl. 1995 Hinterlegungsordnung herrschende Meinung Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen Kommentar zum Familienverfahrensrecht, 3. Aufl. 2014 Höchstrichterliche Rechtsprechung Aktiengesetz, 11. Aufl. 2014
Abkrzungs- und Schrifttumsverzeichnis Hügel/Scheel HuW HVR
Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 3. Aufl. 2011 Haus und Wohnung Rechtsprechungssammlung zum Handelsvertreterund Vertriebsrecht
IBR IMR InsO InstGE
Immobilien- und Baurecht Immobilien- und Mietrecht Insolvenzordnung Entscheidungen der Instanzgerichte zum Recht des geistigen Eigentums. Von Kühnen/Kaess, Band 13, 2012 IT-Rechtsberater
ITRB JA JblSaar Jennißen/Bearbeiter JGG JMBl.NW Johannsen/Henrich JR JuMoG JurA JurBüro JuS Justiz JVBl. JVEG
JVKostG JVKostO JW JZ KapMuG Keidel Kemper/Schreiber/ Bearbeiter KG KGR Kindermann KO Köhler Köhler/Bornkamm
Juristische Arbeitsblätter Justizblatt des Saarlandes Wohnungseigentumsgesetz, 4. Aufl. 2015 Jugendgerichtsgesetz Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Familienrecht, 6. Aufl. 2015 Juristische Rundschau Gesetz zur Modernisierung der Justiz Juristische Analysen Das Juristische Büro Juristische Schulung Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums BadenWürttemberg Justizverwaltungsblatt Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten Gesetz über Kosten in Angelegenheiten der Justizverwaltung Justizverwaltungskostenordnung Juristische Woche Juristenzeitung Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten FamFG, 18. Aufl. 2014 Familienverfahrensrecht, 3. Aufl. 2015 Kammergericht Berlin/Kommanditgesellschaft Schnelldienst zur Zivilrechtsprechung des Kammergerichts Berlin Die Abrechnung in Ehe- und Familiensachen, 2. Aufl. 2011 Konkursordnung Anwaltshandbuch Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl. 2013 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 33. Aufl. 2015
XXV
Abkrzungs- und Schrifttumsverzeichnis Korintenberg Korintenberg/Lappe/ Bengel/Reimann Kossmann/Meyer-Abich KostO KostRÄndG 1994 KostRMoG 2. KostRMoG KostRsp. KTS KunstUrhG KV FamGKG KV GKG KV GNotKG KV GvKostG
Gerichts- und Notarkostengesetz, 19. Aufl. 2015 Kostenordnung, Gesetz über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 18. Aufl. 2010 (nun Korintenberg, GNotKG) Handbuch der Wohnraummiete, 7. Aufl. 2014 Kostenordnung Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen von 1994 Gesetz zur Modernisierung des Kostenrecht (Mai 2004) Zweites Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Juli 2013) Kostenrechtsprechung (Loseblatt). Von Lappe/Hellstab/Onderka, 5. Aufl., Stand: Oktober 2013 Zeitschrift für Insolvenzrecht Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie Kostenverzeichnis zum Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz Kostenverzeichnis zum Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare Kostenverzeichnis zum Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher
LAG LAGE Lappe LG LM LPartG LSG Lützenkirchen/Bearbeiter
Landesarbeitsgericht Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte Kosten in Familiensachen, 5. Aufl. 1994 Landgericht Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft Landessozialgericht Anwaltshandbuch Mietrecht, 5. Aufl. 2015
Madert/von Seltmann
Der Gegenstandswert in bürgerlichen Rechtsangelegenheiten, 5. Aufl. 2008 Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 6. Aufl. 2013 Monatsschrift für Deutsches Recht Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl. 2000 GKG/FamGKG 2014, 14. Aufl. 2014 Mietrecht in der Praxis und Arbeitskommentar, (Loseblatt). Von Börstinghaus/Eisenschmid, 56. Ergänzungslieferung, Stand: September 2012 Miet-Rechtsberater MultiMedia und Recht Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 11 Bde., 6. Aufl. 2012 Münchener Kommentar zum FamFG – §§ 1–491, IZVR, EuZVR, 2. Aufl. 2013 Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, 3 Bde., 4. Aufl. 2012
MarkenG Mayer/Kroiß/Bearbeiter MDR Melullis Meyer MietPrax-AK
MietRB MMR MünchKomm.BGB/ Bearbeiter MünchKomm.FamFG/ Bearbeiter MünchKomm.ZPO/ Bearbeiter
XXVI
Abkrzungs- und Schrifttumsverzeichnis Musielak/Borth Musielak/Voit
NdsRpfl. Neuhaus Niedenführ/Kümmel/ Vandenhouten NJ NJW NJW-RR NotBZ NotKG NVersZ NVwZ-RR NZA NZBau NZG NZI NZM NZS NZV Oestreich/Hellstab/ Trenkle OGH OHG OLG OLGE OLG-NL OLGR OLGZ
Onderka OVG OVGE Palandt/Bearbeiter PatG PKH ProzRB Prütting/Gehrlein/ Bearbeiter Prütting/Helms/ Bearbeiter PsychG
Familiengerichtliches Verfahren, 1. + 2. Buch, 5. Aufl. 2015 Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz, 12. Aufl. 2015 Niedersächsische Rechtspflege Handbuch der Geschäftsraummiete, 5. Aufl. 2015 Kommentar und Handbuch zum Wohnungseigentumsrecht, 11. Aufl. 2015 Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht Rechtsprechungs-Report Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht GKG – FamGKG (Loseblatt), 103. Ergänzungslieferung, Stand: Juni 2015 Oberster Gerichtshof (Österreich) Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts OLG-Rechtsprechung Neue Länder OLG-Report (2009 eingestellt, alle Jahrgänge über LEGIOS und juris zu erreichen) Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwaltsgebühren in Verkehrssachen, 4. Aufl. 2013 Oberverwaltungsgericht Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Bürgerliches Gesetzbuch, 74. Aufl. 2015 Patentgesetz Prozesskostenhilfe Prozess-Rechtsberater ZPO, 7. Aufl. 2015 FamFG mit FamGKG, 3. Aufl. 2014 Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten
XXVII
Abkrzungs- und Schrifttumsverzeichnis RA RdL RegE RG RGZ Riecke/Schmid/ Bearbeiter Riedel/Sußbauer Rpfleger RPflEntlG RPflG r+s RVG RVGprof RVGreport
ScheckG SchiedsVZ SchlHA Schmidt Schneider Schneider Schneider Schneider/Thiel Schneider/Volpert/ Fölsch/Bearbeiter Schneider/Volpert/ Fölsch/Bearbeiter Scholz/Bearbeiter SchuldRAnpG Schulte-Bunert/ Weinreich/Bearbeiter SeuffArchiv SGB VII SGB X SGG SRZ Staudinger/Bearbeiter StBGVV Stein/Jonas/Bearbeiter StGB
XXVIII
Rechtsanwalt Zeitschrift für Landwirtschafts- und Agrarumweltrecht Regierungsentwurf Reichsgericht Entscheidungssammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht, 4. Aufl. 2014 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 10. Aufl. 2015 Der Deutsche Rechtspfleger Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege Rechtspflegergesetz Recht und Schaden Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte RVG professionell Zeitschrift für Anwaltsgebühren, Streitwert, Gerichtskosten, Erstattung, Rechtsschutz Scheckgesetz Zeitschrift für Schiedsverfahren Schleswig-Holsteinische Anzeigen, Justizministerialblatt für Schleswig-Holstein Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002 Die Kostenentscheidung im Zivilurteil, 2. Aufl. 1977 Fälle und Lösungen zum RVG, 4. Aufl. 2015 Gebühren in Familiensachen, 2010 Fälle und Lösungen zur Abrechnung in Familiensachen, 2015 Familiengerichtskostengesetz, 2. Aufl. 2014 Gesamtes Kostenrecht, 2014 Kommentar zum GmbH-Gesetz, 3 Bde., 11. Aufl. 2012, 2013, 2015 Gesetz zur Anpassung schuldrechtlicher Nutzungsverhältnisse an Grundstücken im Beitrittsgebiet FamFG, 4. Aufl. 2014 Seufferts Archiv für Entscheidungen der Obersten Gerichte Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz Sozialgerichtsgesetz Saarländische Rechts- und Steuerzeitschrift Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 13. Aufl. 1993 ff. Vergütungsverordnung für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften Zivilprozessordnung, 22. Aufl. 2013 Strafgesetzbuch
Abkrzungs- und Schrifttumsverzeichnis StPO StudiVZ StVG SVertO
Strafprozessordnung Studiverzeichnis Straßenverkehrsgesetz Gesetz über das Verfahren bei der Errichtung und Verteilung eines Fonds zur Beschränkung der Haftung in der See- und Binnenschifffahrt
Teplitzky
UWG-Großkommentar. Von Teplitzky/Peifer/Leistner, 3 Bde., 2. Aufl. 2013 ff. Thomas/Putzo/Bearbeiter Zivilprozessordnung, 36. Aufl. 2015 Timme/Bearbeiter Wohnungseigentumsgesetz, 2. Aufl. 2014 Ufita UKlaG UrhG Urt. UStG UVG
UWG VAHRG VAÜG VE VersAusglG VersorgW VersR VG VGH VKH VO Von Eicken/Hellstab/ Lappe/Dörndorfer/ Asperger VuR VV RVG VwGO Warneyer BGH Warneyer RG WE WEG Wever WG
Archiv für Urheber- und Medienrecht Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte Urteil Umsatzsteuergesetz Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich Gesetz zur Überleitung des Versorgungsausgleichs auf das Beitrittsgebiet Vollstreckung effektiv Gesetz über den Versorgungsausgleich Versorgungs-Wirtschaft Versicherungsrecht – Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Verfahrenskostenhilfe Verordnung Die Kostenfestsetzung, 22. Aufl. 2015
Verbraucher und Recht Vergütungsverzeichnis zum Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Verwaltungsgerichtsordnung Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Rechtsprechung des Reichsgerichts in Zivilsachen Wohnungseigentum Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 6. Aufl. 2014 Wechselgesetz
XXIX
Abkrzungs- und Schrifttumsverzeichnis Wieczorek/Bearbeiter WM WRP WuM WuW ZAP ZblJugR ZEV ZFS ZfV ZGR ZInsO ZIP ZMR Zöller/Bearbeiter ZOV ZPO ZS ZSW ZUM-RD ZVG ZWE ZWH ZZP
XXX
Zivilprozessordnung und Nebengesetze, Großkommentar, 4. Aufl. 2013 ff. Wertpapier-Mitteilungen Wettbewerb in Recht und Praxis Wohnungswirtschaft und Mietrecht Wirtschaft und Wettbewerb Zeitschrift für die Anwaltspraxis Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für Schadensrecht Zeitschrift für Versicherungswesen Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016 Zeitschrift für offene Vermögensfragen Zivilprozessordnung Zivilsenat Zeitschrift für das gesamte Sachverständigenwesen Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung Zeitschrift für Wohnungseigentumsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsstrafrecht und Haftung im Unternehmen Zeitschrift für Zivilprozess
1. Teil: Verfahrensrecht Gliederungsübersicht Rn. A. Überblick I. Die Bedeutung des Streitwerts . . II. Die verschiedenen Begriffsbezeichnungen 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Streitwert im Sinne der ZPO . . . . 3. Wert des Beschwerdegegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Streitwert im Sinne des GKG . . . 6. Verfahrenswert („Streitwert“ im Sinne des FamGKG) . . . . . . . . . . 7. Geschäftswert („Streitwert“ im Sinne des GNotKG) . . . . . . . . . . . 8. Gegenstandswert („Streitwert“ im Sinne des RVG) . . . . . . . . . . . III. Hinweispflichten 1. Hinweispflichten des Gerichts . . 2. Hinweispflichten des Anwalts . . 3. Hinweis auf die Höhe des Gegenstandswerts . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Hinweis auf die Möglichkeit einer Streitwertbeschwerde . . . . . 5. Information des Rechtsschutzversicherers. . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Wertfestsetzungsverfahren 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wertfestsetzung nach der ZPO . . 3. Wertfestsetzung nach dem FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wertfestsetzung nach den Gerichtskostengesetzen. . . . . . . . . . 5. Wertfestsetzung nach dem RVG . V. Kostenansatzverfahren . . . . . . . . B. Festsetzung des Zuständigkeits-, Bagatell- und Rechtsmittelstreitwerts I. Erforderlichkeit einer Wertermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Festsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bindungswirkung für die Gerichtsgebühren . . . . . . . . . . . . . . C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG I. Überblick 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . II. Erforderlichkeit der Festsetzung III. Wertangabe bei Einreichung der Klage oder eines sonstigen Antrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sachverständigenschätzung . . .
1
10 11 15 19 22 24 26 29 37 39 46 51 51a 52 55 57 58 62 64
72 78 82
. . .
92 97 101
. .
107 126
Rn. V. Vorläufige Wertfestsetzung 1. Erforderlichkeit der vorläufigen Wertfestsetzung . . . . . . . . . . . . . 134 2. Entbehrlichkeit der vorläufigen Festsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 4. Unanfechtbarkeit . . . . . . . . . . . . 153 5. Gegenvorstellung . . . . . . . . . . . . 156 VI. Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung . . . . . 157 VII. Endgültige Wertfestsetzung 1. Zeitpunkt der Wertfestsetzung . . 160 2. Form. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3. Inhalt der Entscheidung . . . . . . . 179 4. Bindung an die Festsetzung des Zuständigkeitswerts . . . . . . . . . . 202 5. Nachträgliche Abänderungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 VIII. Gegenvorstellung . . . . . . . . . . . . 217 IX. Beschwerde 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 2. Anfechtbare Festsetzungen . . . . . 226 3. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 239 4. Beschwerdeberechtigte . . . . . . . . 243 5. Kein Verlust des Beschwerderechts durch Einverständnis mit der Festsetzung . . . . . . . . . . . . . . 247 6. Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 250 7. Beschwerdefrist . . . . . . . . . . . . . 288 8. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 9. Form. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 10. Aufschiebende Wirkung, Einstellung der Zwangsvollstreckung . . 302 11. Abhilfeverfahren. . . . . . . . . . . . . 305 12. Erneute Beschwerdemöglichkeit gegen Abhilfeentscheidung . . . . . 310 13. Verfahren vor dem Beschwerdegericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 X. Weitere Beschwerde . . . . . . . . . . 343 XI. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . 355 XII. Gehörsrüge . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 XIII. Kosten 1. Gerichtskosten . . . . . . . . . . . . . . 358 2. Anwaltskosten . . . . . . . . . . . . . . 365 XIV. Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . 378 XV. Prozesskostenhilfe . . . . . . . . . . . 379a XVI. Rechtsschutzversicherung . . . . . 380 D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG I. Überblick 1. Grundsatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . .
N. Schneider
382 386
1
1. Teil: Verfahrensrecht Rn. II. III. IV. 1. 2. 3. 4. 5. V. VI. 1. 2. 3. 4. VII. VIII. 1. 2. 3. 4.
5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. IX. X. XI. XII. 1. 2. XIII.
Erforderlichkeit der Festsetzung . Wertangabe . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorläufige Wertfestsetzung Erforderlichkeit einer vorläufigen Wertfestsetzung . . . . . . . . . . . . . Entbehrlichkeit der vorläufigen Festsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unanfechtbarkeit . . . . . . . . . . . . Gegenvorstellung . . . . . . . . . . . . Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung . . . . . . Endgültige Wertfestsetzung Zeitpunkt der Wertfestsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Entscheidung . . . . . . . Nachträgliche Abänderungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegenvorstellung . . . . . . . . . . . . Beschwerde Statthaftigkeit. . . . . . . . . . . . . . . Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . Beschwerdeberechtigte . . . . . . . . Kein Verlust des Beschwerderechts durch Einverständnis mit der Festsetzung . . . . . . . . . . . . . . Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . Beschwerdefrist. . . . . . . . . . . . . . Wiedereinsetzung in den vorigen Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufschiebende Wirkung, Einstellung der Zwangsvollstreckung . . Abhilfeverfahren . . . . . . . . . . . . . Erneute Beschwerdemöglichkeit gegen Abhilfeentscheidung . . . . . Verfahren vor dem Oberlandesgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Beschwerde . . . . . . . . . . Rechtsbeschwerde. . . . . . . . . . . . Gehörsrüge . . . . . . . . . . . . . . . . . Kosten Gerichtskosten . . . . . . . . . . . . . . Anwaltskosten . . . . . . . . . . . . . . Kostenerstattung. . . . . . . . . . . . .
E. Geschäftswertfestsetzung nach dem GNotKG I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Festsetzungsverfahren 1. Veranlassung zur Wertfestsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Inhalt der Entscheidung . . . . . . III. Abänderung . . . . . . . . . . . . . . .
2
N. Schneider
390 396
415 428 430 432 435 436
439 448 449 462 473 480 487 490
493 495 527 531 539 542 545 550 555 578 579 580 582 589 601
.
603
. . . . . .
608 611 613 614 615 620
Rn. IV. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. V. VI. VII. VIII. IX.
Beschwerde Statthaftigkeit . . . . . . . . Zulässigkeit . . . . . . . . . . Frist . . . . . . . . . . . . . . . . Wiedereinsetzung . . . . . . Form. . . . . . . . . . . . . . . . Beschwerdeberechtigung Verfahren . . . . . . . . . . . . Weitere Beschwerde . . . . Gegenvorstellung . . . . . . Gehörsrüge . . . . . . . . . . . Kosten . . . . . . . . . . . . . . Kostenerstattung . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Statthaftigkeit 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gerichtliches Verfahren . . . . . . 3. Keine Bindungswirkung nach § 32 Abs. 1 RVG . . . . . . . . . . . . III. Das Festsetzungsverfahren 1. Festsetzung für jede Instanz gesondert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Antragsberechtigung. . . . . . . . . 3. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . 4. Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Fälligkeit der Vergütung . . . . . . 6. Form. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Bezifferung des Antrags . . . . . . 8. Begründung . . . . . . . . . . . . . . . 9. Verfahren und Entscheidung . . . 10. Bindungswirkung . . . . . . . . . . . 11. Abänderung . . . . . . . . . . . . . . . 12. Gehörsrüge . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beschwerde 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschwerdeberechtigung . . . . . 3. Form. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bestimmter Antrag . . . . . . . . . . 5. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . 6. Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Wiedereinsetzung . . . . . . . . . . . 8. Wert des Beschwerdegegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Zugelassene Beschwerde. . . . . . 10. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Gegenvorstellung . . . . . . . . . . . VI. Untätigkeitsbeschwerde . . . . . . VII. Weitere Beschwerde . . . . . . . . . VIII. Rechtbeschwerde . . . . . . . . . . . IX. Kosten 1. Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Kostenerstattung . . . . . . . . . . . XI. Rechtsschutzversicherung . . . .
. . . . . . . . . . . .
622 627 628 632 633 635 636 638 641 643 644 645
.
654
. .
662 664
.
674
. . . . . . . . . . . .
692 694 702 710 713 719 722 724 727 742 746 748
. . . . . . .
749 754 758 761 762 766 768
. . . . . . .
777 785 788 805 806 809 815
. . . .
816 826 833 835
1. Teil: Verfahrensrecht Rn. G. Abänderung der Kostenfestsetzung nach Streitwertkorrektur (§ 107 ZPO) I. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . II. Abänderung der Kostenfestsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sofortige Beschwerde/Erinnerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsbeschwerde. . . . . . . . . . V. Sonstige Rechtsbehelfe nach Fristablauf. . . . . . . . . . . . . . . . VI. Rückfestsetzung . . . . . . . . . . .
Rn. H. Korrektur der Kostenentscheidung nach Streitwertänderung? .
..
836
..
838
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843 844
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J. Bindungswirkung der Wertfestsetzungen I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Staatskasse . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anwalt und Auftraggeber . . . . . IV. Kostenfestsetzung . . . . . . . . . . V. Nicht am Verfahren beteiligte Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Rechtsschutzversicherer . . . . . .
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A. Überblick I. Die Bedeutung des Streitwerts Der Streitwert ist für die gerichtliche und die anwaltliche Praxis in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung.
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Zum einen entscheidet der Streitwert in Zivilsachen über die Zuständigkeit des Gerichts (Amtsgericht oder Landgericht), § 23 Nr. 1 GVG, sofern nicht eine wertunabhängige Zuständigkeit gegeben ist (§ 23 Nr. 2 GVG). Bei Streitwerten bis 5000 Euro sind die Amtsgerichte zuständig. Bei höheren Streitwerten sind die Landgerichte zuständig.
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Der Rechtsmittelstreitwert wiederum entscheidet in zahlreichen Fällen darüber, 3 ob ein Rechtsmittel gegeben ist oder nicht. So ist nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Berufung grundsätzlich nur dann zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 600 Euro übersteigt. Gleiches gilt in Familiensachen für die Beschwerde in vermögensrechtlichen Angelegenheiten nach § 58 i.V.m. § 61 Abs. 1 FamFG. Eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO ist gem. § 26 Nr. 8 EGZPO (zunächst) bis Ende 2016 nur dann zulässig, wenn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer den Betrag von 20 000 Euro übersteigt, es sei denn, das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen.
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Nach der ZPO ist für Beschwerden gegen Entscheidungen über die Kosten ein Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 200 Euro erforderlich (§ 567 Abs. 2 ZPO). Gleiches gilt, soweit § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG in Ehe- und Familienstreitsachen oder § 85 FamFG in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit für die Kostenfestsetzung auf die ZPO verweist.
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Darüber hinaus knüpfen in Zivilsachen weitere verfahrensrechtliche Vorschriften an den Wert des Streitgegenstands an. So kann das Gericht nach § 495a ZPO das Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen, wenn der Streitwert den Betrag von 600 Euro nicht übersteigt.
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Nach § 15a EGZPO können die Landesgesetzgeber ein obligatorisches Streitschlichtungsverfahren vorschreiben, wenn der Streitwert den Betrag von 750 Euro nicht übersteigt. Teilweise sind nach den hierzu ergangenen Ausführungsgesetzen der Länder auch geringere Werte vorgesehen.
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Darüber hinaus hat der Wert Bedeutung für die Abrechnung der Gerichtskosten. Nach allen Gerichtskostengesetzen (GKG, FamGKG und GNotKG – und soweit in Altfällen noch anwendbar die KostO) richten sich die zu erhebenden Gebühren
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A. berblick überwiegend nach dem Wert des jeweiligen Verfahrensgegenstands (§ 3 Abs. 1 GKG, § 3 Abs. 1 FamGKG, § 3 Abs. 1 GNotKG; § 18 Abs. 1 S. 1 KostO). 9
Auch für die Anwaltsgebühren hat der Streitwert Bedeutung, da sich die Anwaltsgebühren grundsätzlich nach dem Gegenstandswert richten (§ 2 Abs. 1 RVG), der sich wiederum in der Regel nach dem Streitwert richtet (§ 32 Abs. 1 RVG).
II. Die verschiedenen Begriffsbezeichnungen 1. Überblick 10 Das Gesetz enthält an zahlreichen Stellen Wertvorschriften bzw. Vorschriften, die auf einen bestimmten Wert abstellen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz zwischen verschiedenen Werten unterscheidet. Hier ist es wichtig, zu differenzieren. In der Praxis werden häufig verschiedene Werte verwechselt, insbesondere beim Gebühren- und Zuständigkeitsstreitwert, wie die den beiden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 14.4.20041 und vom 21.5.20032 zugrunde liegenden Verfahren anschaulich verdeutlichen. 2. Streitwert im Sinne der ZPO 11 In Verfahren nach der ZPO wird auf den Zuständigkeitsstreitwert abgestellt. Sofern keine besonderen Zuständigkeiten gegeben sind, ist das Amtsgericht in erstinstanzlichen Verfahren mit Streitwerten bis einschließlich 5000 Euro zuständig (§ 1 ZPO, § 23 Nr. 1 GVG), im Übrigen das Landgericht. 12 Der Streitwert für die Zuständigkeit eines Verfahrens ist in den §§ 3 ff. ZPO geregelt. Er hat mit den Werten, die sich aus den Gerichtskostengesetzen ergeben, nichts zu tun. 13 Der Zuständigkeitsstreitwert – nicht der Gebührenstreitwert – ist auch maßgebend dafür, ob ein Bagatellverfahren nach § 495a ZPO durchgeführt werden kann (§ 2 ZPO). 14 Er ist ebenfalls maßgebend dafür, ob ggf. vor Klageerhebung ein obligatorisches Streitschlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO durchzuführen ist (§ 2 ZPO). 3. Wert des Beschwerdegegenstands 15 In zahlreichen Fällen stellen die Verfahrensordnungen für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln auf den Wert des Beschwerdegegenstands ab, so in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO oder § 61 Abs. 1 FamFG. 16 Auch für die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO (§ 26 Nr. 8 EGZPO) ist auf die Wertvorschriften der ZPO abzustellen (§ 2 ZPO). 17 In Zivilsachen ergibt sich der Wert des Beschwerdegegenstands aus den §§ 3 ff. ZPO (§ 2 ZPO). Auch hier ist nicht auf die Wertvorschriften der Gerichtskostengesetze zurückzugreifen (häufige Fehlerquelle!). 18 Andere Verfahrensordnungen enthalten keine Regelungen zum Wert des Beschwerdegegenstands bzw. zum Wert der Beschwer, wie z.B. das FamFG. Hier dürfte auf die ZPO zurückzugreifen sein.
1 BGH, Beschl. v. 14.4.2004 – XII ZB 224/02, AGS 2004, 390 = MDR 2004, 931. 2 BGH, Beschl. v. 21.5.2003 – VIII ZB 10/03, AGS 2003, 489 = AnwBl. 2003, 597.
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1. Teil: Verfahrensrecht 4. Beschwer Von dem Wert des Beschwerdegegenstands zu unterscheiden ist die Beschwer. Unter Beschwer ist der Nachteil zu verstehen, der der jeweiligen Partei durch die gerichtliche Entscheidung erwächst, also die Differenz zwischen dem Wert des Antrags und dem Wert der Entscheidung.
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Der Wert des Beschwerdegegenstands beläuft sich dagegen auf den Wert der angefochtenen Entscheidung, soweit sie auch tatsächlich angefochten wird. Der Wert des Beschwerdegegenstands kann daher auch hinter der Beschwer zurückbleiben, etwa im Falle einer Teilanfechtung.
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Beispiel: Eingeklagt waren 1860 Euro. Der Beklagte ist zur Zahlung von 860 Euro verurteilt worden und legt wegen eines Teilbetrags von 500 Euro Berufung ein. Der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens beläuft sich auf 1860 Euro. Die Beschwer des Klägers beträgt 1000 Euro (Abweisung der Klage), die des Beklagten 860 Euro (Verurteilung). Der Wert des Beschwerdegegenstands beläuft sich dagegen nur auf 500 Euro, da das Urteil nur insoweit angefochten wird. Da § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht auf die Beschwer, sondern auf den Wert des Beschwerdegegenstands abstellt, wäre die Berufung also unzulässig, soweit sie nicht zugelassen war.
Die Beschwer hat derzeit aber kaum eine Bedeutung, da für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels grundsätzlich nicht (mehr) auf die Beschwer, sondern den Wert des Beschwerdegegenstands abgestellt wird. Die Beschwer hatte früher größere Bedeutung, als eine Revision lediglich eine Beschwer von 40 000 DM voraussetzte, nicht aber, dass die Revision auch in dieser Höhe durchgeführt wurde, so dass der Wert des Beschwerdegegenstands geringer sein durfte. Bedeutung hat die Beschwer derzeit allerdings für den Gebührenwert, wenn ein Rechtsmittel nicht oder nicht rechtzeitig begründet wird (s. § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 40 Abs. 1 FamGKG).
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5. Streitwert im Sinne des GKG Auch das GKG spricht vom „Streitwert“. Gemeint ist hiermit aber nicht der Zuständigkeits- oder Rechtsmittelstreitwert nach der ZPO.
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Der Gebührenstreitwert des GKG ist vielmehr in § 3 Abs. 1 GKG definiert. Er bemisst sich nach dem „Wert des Streitgegenstands“ und berechnet sich nach den Wertvorschriften des GKG, wobei zum Teil über § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG und § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG wiederum auf die Wertvorschriften der ZPO zurückgegriffen wird.
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6. Verfahrenswert („Streitwert“ im Sinne des FamGKG) Im Gegensatz zum GKG spricht das FamGKG, das für Familiensachen gilt (§ 1 Abs. 1 FamGKG), nicht vom Streitwert, sondern vom Verfahrenswert. Der Verfahrenswert ist in § 3 Abs. 1 FamGKG definiert. Verfahrenswert ist der „Wert des Verfahrensgegenstands“.
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Der Verfahrenswert richtet sich ausschließlich nach den Vorschriften des 25 FamGKG. Hier findet sich keine Verweisung auf die Vorschriften der ZPO, so dass diese hier unanwendbar sind und ein Rückgriff auf dieses Gesetz nicht zulässig ist.1 Lediglich in Einzelfällen wird auf das GNotKG verwiesen (reine Rechtsfolgenverweisung). 1 OLG Naumburg, Beschl. v. 2.9.2014 – 3 UF 229/13, AGS 2015, 36 = NZFam 2015, 136.
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A. berblick 7. Geschäftswert („Streitwert“ im Sinne des GNotKG) 26 Das GNotKG, das in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (außer in Familiensachen, § 1 Abs. 3 GNotKG, § 1 FamGKG) gilt, spricht wiederum vom Geschäftswert. 27 Der Geschäftswert ist in § 3 Abs. 1 GNotKG definiert. Geschäftswert ist danach „der Wert, den der Gegenstand des Verfahrens oder des Geschäfts hat“. 28 Auch der Geschäftswert bestimmt sich ausschließlich nach den Vorschriften des GNotKG. Die Vorschriften der ZPO sind hier ebenso wenig anwendbar, wie die des GKG oder des FamGKG. 8. Gegenstandswert („Streitwert“ im Sinne des RVG) 29 Das RVG wiederum spricht vom Gegenstandswert. Der Gegenstandswert ist in § 2 RVG definiert. Gegenstandswert ist danach der „Wert …, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat“. 30 Soweit es also um die Abrechnung von Anwaltsgebühren geht, ist stets auf den Gegenstandswert abzustellen. Das RVG selbst enthält allerdings nur wenige eigene Regelungen zur Höhe des Gegenstandswerts (§§ 23 Abs. 2, 3, 23a, 24 ff. RVG). 31 Dies beruht darauf, dass das RVG in erster Linie auf die Wertvorschriften des jeweiligen Gerichtskostengesetzes abstellt (§ 23 Abs. 1 RVG). 32 Ergänzend hierzu ordnet § 32 Abs. 1 RVG an, dass die gerichtliche Wertfestsetzung auch für die Anwaltsgebühren bindend ist. Der gerichtliche Streit-, Verfahrens- oder Geschäftswert bestimmt also in der Regel auch den anwaltlichen Gegenstandswert. 33 Soweit die anwaltliche Tätigkeit nicht mit dem Wert der gerichtlichen Tätigkeit übereinstimmt, ist für die Anwaltsgebühren ein abweichender Wert festzusetzen (§ 33 RVG). Dieser Wert bestimmt sich grundsätzlich wiederum nach dem Wert, der für die Gerichtsgebühren maßgebend ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2 RVG). 34 Darüber hinaus gibt es anwaltliche Tätigkeiten im gerichtlichen Verfahren, für die in den Gerichtskostengesetzen keine Werte vorgesehen sind, z.B. in Beschwerdeverfahren gegen Zwischen- oder Nebenentscheidungen, also z.B. Beschwerden in Richterablehnungsverfahren, Kostenfestsetzungsverfahren, Streitwertfestsetzungsverfahren, etc. Gleiches gilt für Zwangsvollstreckungsverfahren. Hier sind nach den Gerichtskostengesetzen ganz überwiegend Festgebühren vorgesehen, so dass es für die gerichtlichen Gebühren keine Werte gibt. 35 In allen diesen Fällen richtet sich der Gegenstandswert nach den Vorschriften des RVG. So ist der Gegenstandswert in Beschwerde- und Erinnerungsverfahren in § 23 Abs. 2 RVG geregelt, der Gegenstandswert eines PKH- oder VKH-Prüfungsverfahrens findet sich in § 23a RVG, die Gegenstandswerte in der Zwangsvollstreckung wiederum sind in § 25 RVG geregelt, die der Zwangsversteigerung und -verwaltung, soweit sie von den Werten des GKG abweichen, in § 26 RVG etc. 36 Auch hier können die Werte vom Gericht festgesetzt werden. Dazu enthält § 33 RVG ein eigenes Wertfestsetzungsverfahren, das ausschließlich für den Gegenstandswert der anwaltlichen Gebühren gilt (s. Rn. 654 ff.).
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1. Teil: Verfahrensrecht
III. Hinweispflichten 1. Hinweispflichten des Gerichts Eine Verpflichtung des Gerichts, auf den Streit-, Verfahrens- oder Geschäftswert hinzuweisen, besteht grundsätzlich nicht. Lediglich dann, wenn der Wert prozessuale Folgen hat, etwa betreffend die Zuständigkeit des Gerichts, die Zulässigkeit eines Rechtsmittels o.Ä., muss es im Rahmen seiner prozessualen Pflichten darauf hinweisen.
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Im Übrigen kann allerdings eine unrichtige Sachbehandlung darin liegen, wenn das Gericht die Parteien nicht vorab darauf hinweist, dass bestimmte Handlungen oder Maßnahmen unverhältnismäßig hohe Kosten auslösen, die in keinem Verhältnis zum erstrebten Prozesserfolg stehen. Eine Verletzung solcher gerichtlicher Aufklärungs- und Hinweispflichten kann dann dazu führen, dass die entsprechenden Gerichtskosten nach § 21 GKG, § 20 FamGKG, § 21 GNotKG nicht zu erheben sind.
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Soweit die Streitwertannahme auf die Kostenentscheidung Einfluss haben kann, 38a muss das Gericht ggf. auch auf seine Ansicht zur Wertfestsetzung hinweisen, damit die Parteien zum Streitwert Stellung nehmen können. Anderenfalls liegt ein Verstoß gegen die Gewährung rechtlichen Gehörs vor, so dass wegen der Auswirkungen der Streitwertfestsetzung auf die Kostengrundentscheidung die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO gegeben ist.1 2. Hinweispflichten des Anwalts a) Überblick Anders verhält es sich beim Anwalt. Den Anwalt können zwei Hinweispflichten treffen, nämlich – die Pflicht zum Hinweis darauf, dass nach dem Gegenstandswert abzurechnen ist – die Pflicht zum Hinweis über die Höhe des Gegenstandswerts.
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b) Hinweis darauf, dass nach dem Gegenstandswert abzurechnen ist aa) Gesetzliche Regelung Nach § 49b Abs. 5 BRAO muss der Anwalt den Auftraggeber vor Beginn des Mandats darauf hinweisen, wenn sich seine Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnen:
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§ 49b BRAO Vergütung … (5) 1Richten sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert, hat der Rechtsanwalt vor Übernahme des Auftrags hierauf hinzuweisen.
bb) Nur Hinweisverpflichtung Die Verpflichtung besteht nur zum Hinweis darauf, dass nach dem Gegenstandswert abzurechnen ist. Der bloße Hinweis auf Abrechnung nach dem RVG genügt nicht.2
1 OLG Naumburg, Urt. v. 26.1.2014 – 1 U 110/13, AGS 2015, 94; OLG Bamberg, AGS 2015, 194 = NJW-Spezial 2015, 252. 2 LG Kiel, Beschl. v. 21.8.2008 – 7 T 42/08, AGS 2009, 264.
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Der Anwalt muss nicht ungefragt über die Höhe des Gegenstandswerts Auskunft erteilen. Das muss er grundsätzlich erst auf Nachfrage oder wenn sich eine Aufklärung des Mandanten aufdrängt (s. Rn. 46 ff.).
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Zur Dokumentation ist es zweckmäßig, den Hinweis schriftlich zu erteilen und sich durch die Unterschrift des Auftraggebers bestätigen zu lassen, dass er den Hinweis zur Kenntnis genommen hat. Um rechtlichen Problemen aus dem Weg zu gehen, sollte der Hinweis nicht in der Vollmachtsurkunde erteilt werden; oder aber zumindest deutlich von ihr abgesetzt werden.
Muster 1: Hinweis auf Abrechnung nach dem Gegenstandswert In der Angelegenheit … ./. … wird darauf hingewiesen, dass sich die Gebhren des Anwalts nach dem Gegenstandswert der anwaltlichen Ttigkeit berechnen. Zur Kenntnis genommen: Datum Unterschrift Mandant
cc) Rechtsfolgen bei Verletzung der Hinweispflicht 42 Lange Zeit war umstritten, ob der Verstoß gegen die Hinweispflicht nach § 49b Abs. 5 BRAO zu Schadenersatzansprüchen führen kann oder ob es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt. 43 Während die Rechtsprechung zunächst davon ausging, die Hinweispflicht beinhalte nur eine berufsrechtliche Verpflichtung, habe aber keine zivilrechtlichen Folgen, hat der Bundesgerichtshof1 zwischenzeitlich klargestellt, dass der Verstoß gegen die Hinweispflicht nach § 49b Abs. 5 BRAO grundsätzlich zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet. 44 In einer weiteren Entscheidung2 hat der Bundesgerichtshof zudem klargestellt, dass die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Hinweis unterblieben sei, den Auftraggeber trifft. Der Anwalt muss lediglich ansatzweise darlegen, wann und wie er den Hinweis erteilt haben will. Es ist dann Sache des Auftraggebers, den Beweis des fehlenden Hinweises zu erbringen. 45 Die Darlegungs- und Beweislast für den entstandenen Vertrauensschaden liegt ebenfalls beim Auftraggeber. Er muss also konkret vortragen, wie er sich verhalten hätte, wenn der Hinweis erteilt worden wäre. 45a
Strittig ist, inwieweit eine Hinweispflicht bei Abschluss einer Vergütungsvereinbarung anzunehmen ist, wenn diese sich im Nachhinein als unwirksam oder unverbindlich erweist.3
1 BGH, Urt. v. 24.5.2007 – IX ZR 89/06, AGS 2007, 386 = MDR 2007, 1046. 2 BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 105/06, AGS 2008, 9 mit Anm. Schons = NJW 2008, 371. 3 OLG Koblenz, Beschl. v. 11.7.2012 – 2 U 1023/11, AGS 2014, 58 m. Anm. Winkler = NJWRR 2012, 1466; Schons, AGS 2014, 386; Winkler, AGS 2014, 370.
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1. Teil: Verfahrensrecht 3. Hinweis auf die Höhe des Gegenstandswerts Grundsätzlich ist ein Anwalt weder dazu verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass für seine Tätigkeit Gebühren ausgelöst werden, noch ist er dazu verpflichtet, auf die Höhe seiner Vergütung hinzuweisen.
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Sofern der Auftraggeber allerdings nach der Höhe der Vergütung fragt, ist der Anwalt verpflichtet, aufzuklären und entsprechende Auskunft zu erteilen.
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Darüber hinaus ist der Anwalt nach der Rechtsprechung auch dann verpflichtet, auf die Höhe seiner Vergütung, insbesondere auch auf die Höhe des Gegenstandswerts, hinzuweisen, wenn diese außer Verhältnis zum erstrebten Prozesserfolg steht. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn ersichtlich ist, dass ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis des Auftraggebers besteht, weil er nicht mit einem entsprechend hohen Wert und den damit verbundenen Kosten rechnet oder wenn anderweitig erkennbar ist, dass sich der Auftraggeber falsche Vorstellungen über die Höhe des Wertes macht.1
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Eine Hinweispflicht besteht auch dann, wenn die Sache für den Auftraggeber wirtschaftlich nicht sinnvoll ist.2 Ein solcher Fall ist insbesondere dann anzunehmen, wenn das Gericht den Streitwert offensichtlich fehlerhaft viel zu niedrig festsetzt. Der Mandant ist dann darauf hinzuweisen, dass dieser Wert später abgeändert werden kann und sich bei zutreffender Wertberechnung weitaus höhere Kosten ergeben werden.
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Zu belehren ist auch darüber, wenn sich ein Begehren in anderer Form mit einem geringeren Streitwert erledigen lässt.
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Beispiel: Der Gläubiger ist im Besitz einer Grundschuld über 100 000 Euro und macht noch eine Restforderung von 1000 Euro gelten, deren Berechtigung der Schuldner bestreitet. Bei einer Klage auf Löschung der Grundschuld bzw. Herausgabe des Briefes droht die „Gefahr“, dass das Gericht den Wert der Klage auf 100 000 Euro festsetzt, so dass sich wegen einer relativ geringfügigen Restforderung ein relativ hohes Kostenrisiko ergibt. Der Mandant ist daher darüber aufzuklären, dass sich sein Begehren auch zunächst einmal im Rahmen einer negativen Feststellungsklage klären lässt, mit der festgestellt werden soll, dass dem Gläubiger keine Forderung mehr zusteht. Dann beläuft sich der Streitwert nämlich nur auf 1000 Euro, so dass das Kostenrisiko auch entsprechend gering ist.
4. Hinweis auf die Möglichkeit einer Streitwertbeschwerde Hat das Gericht den Wert unzutreffend festgesetzt, muss der Anwalt den Auftraggeber darüber hinaus auf die Möglichkeit einer Streitwertbeschwerde hinweisen. Unterlässt er dies, macht er sich ggf. schadensersatzpflichtigt.3
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5. Information des Rechtsschutzversicherers Ist der Auftraggeber rechtsschutzversichert, muss der Anwalt den Rechtsschutzversicherer rechtzeitig über eine vom Gericht getroffene Wertfestsetzung unterrichten, damit dieser ggf. Anweisung zur Streitwertbeschwerde erteilen oder für den Versicherungsnehmer einen Anwalt zur Einlegung einer Streitwertbeschwerde beauftragen kann (s. Rn. 381). 1 BGH, Beschl. v. 14.12.2005 – IX ZR 210/03, FamRZ 2006, 478 = AnwBl 2006, 214; Beschl. v. 3.11.2011 – IX ZR 49/09, BRAK-Mitt. 2012, 26; OLG Bamberg, Urt. v. 5.2.2015 – 2 U 2/14, AGS 2015, 119. 2 BGH, Beschl. v. 20.11.2008 – IX ZR 34/06, AGS 2010, 216 = BRAK-Mitt. 2009, 19 im konkreten Fall allerdings abgelehnt. 3 OLG Hamm, Urt. v. 31.3.2011 – 28 U 63/10, AGS 2012, 439 = BRAK-Mitt. 2011, 196.
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IV. Die Wertfestsetzungsverfahren 1. Überblick 52 Das Gesetz sieht verschiedene Wertfestsetzungsverfahren vor, je nachdem, zu welchem Zweck die Wertfestsetzung erfolgt. 53 Wichtig ist es, diese Wertfestsetzungsverfahren genau zu unterscheiden und stets zu prüfen, nach welchem Verfahren festzusetzen ist. In der Praxis wird dies sehr häufig nicht beachtet, was dann zu erheblichen Problemen bei der Bindungswirkung der Festsetzungen und ihrer Anfechtbarkeit führt.1
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Beispiel: Der Antrag des Klägers auf Ablehnung eines Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit ist zurückgewiesen worden.2 Dagegen hat der Kläger Beschwerde erhoben. Das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht hat die Beschwerde zurückgewiesen, den „Streitwert“ auf ein Drittel der Hauptsache festgesetzt und dies mit § 3 ZPO begründet. Was soll diese Festsetzung? Die Beschwerde gegen eine Entscheidung über die Ablehnung eines Sachverständigen bedarf keiner Mindestbeschwer. Daher ist es nicht erforderlich, einen Wert für den Beschwerdegegenstand festzusetzen. Eine solche Festsetzung wäre überflüssig und sinnlos. Da im Verfahren über die Ablehnung eines Richters im Beschwerdeverfahren Festgebühren erhoben werden, die nicht nach dem Wert abgerechnet werden (Nr. 1812 KV GKG), bedarf es daher auch keiner Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG für die Gerichtsgebühren; im Gegenteil ist eine solche Wertfestsetzung unzulässig und sinnlos.3 Lediglich der Anwalt erhält im Beschwerdeverfahren gesonderte Gebühren (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG) und zwar eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG, die sich gem. § 2 Abs. 1 RVG nach dem Gegenstandswert berechnet. Eine gerichtliche Wertfestsetzung für den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist aber nur auf Antrag eines Anwalts, seines Auftraggebers oder einer erstattungspflichtigen Partei zulässig (§ 33 Abs. 1 RVG). Es handelt sich hier um ein reines Antragsverfahren. Eine Wertfestsetzung von Amts wegen ist unzulässig. Einen Antrag hat hier aber niemand gestellt. Abgesehen davon kommt eine Bewertung nach § 3 ZPO nur für den Zuständigkeits- oder Rechtsmittelstreitwert in Betracht. Für die Anwaltsgebühren gilt aber nicht § 3 ZPO, sondern § 23 Abs. 2 Satz 1 RVG, wonach sich der Wert im Beschwerdeverfahren für den Anwalt nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG richtet. Unweigerlich stellt sich die Frage, was mit der nun einmal getroffenen Wertfestsetzung anzufangen ist. Bindet sie den Anwalt und seinen Auftraggeber? Kann und muss er dagegen vorgehen? All dies lässt sich vermeiden, wenn das Gericht sich bei seiner Wertfestsetzung fragt – ob überhaupt eine Wertfestsetzung erforderlich ist – und wenn ja, in welchem Verfahren und nach welchen Vorschriften.
54 Ebenso häufig werden Rechtsmittel zugelassen, die es gar nicht gibt.
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Beispiel: Im Verfahren einer Streitwertbeschwerde entscheidet das Oberlandesgericht und lässt wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zugrunde liegenden Rechtsfrage die Rechtsbeschwerde zu.4 Das Beschwerdegericht hat hier offensichtlich das Streitwertfestsetzungsverfahren mit dem Kostenfestsetzungsverfahren verwechselt. Während im Kostenfestsetzungsverfahren nach der ZPO die Rechtsbeschwerde gem. § 574 ZPO gegeben ist, sieht das GKG eine sol-
1 Siehe hierzu N. Schneider, Über die „Wertlosigkeit“ höchstrichterlicher Wertfestsetzungen, NJW 2013, 25. 2 Nach OLG München, Beschl. v. 28.5.2010 – 5 W 1403/10, AGS 2010, 403 = MDR 2010, 1012. 3 LG Bonn, Beschl. v. 13.3.2007 – 6 T 309/06. 4 So zuletzt KG, Beschl. v. 26.8.2010 – 8 W 38/10, AGS 2010, 550 = MDR 2010, 1493 = MietRB 2010, 325.
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1. Teil: Verfahrensrecht che nicht vor und schließt darüber hinaus in § 68 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG eine Beschwerde an einen obersten Gerichthof des Bundes ausdrücklich aus.
2. Wertfestsetzung nach der ZPO Zunächst einmal sieht die ZPO eine Wertfestsetzung für die Zuständigkeit des Gerichts und die Zulässigkeit eines Rechtsmittels vor (s. § 62 GKG). Gleiches gilt für die Wertfestsetzung betreffend die Verfahrensgestaltung nach § 15a EGZPO oder § 495a ZPO. Diese Wertfestsetzungen haben aber zunächst einmal nur prozessuale Bedeutung.
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Besondere Regelungen zum Wertfestsetzungsverfahren selbst enthält die ZPO – im Gegensatz zu den Kostengesetzen – allerdings nicht. Die Möglichkeit, eine Wertfestsetzung anzufechten besteht hier nicht. Eine falsche Wertannahme des Gerichts kann nur mit der Haupsache angegriffen werden. Ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, kommt eine Gehörsrüge in Betracht, soweit sich die Entscheidung des Gerichts auf einer falschen Wertannahme gründet und die unzutreffende Wertannahme auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht.1
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3. Wertfestsetzung nach dem FamFG Auch nach dem FamFG ist eine Wertfestsetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels möglich (s. § 54 FamGKG). Diese Festsetzung hat aber ebenfalls unmittelbar lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung.
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Auch hier kann die Wertfestsetzung unmittelbar nicht angefochten werden (s. Rn. 432).
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4. Wertfestsetzung nach den Gerichtskostengesetzen Unabhängig von einer eventuell prozessual erforderlichen Wertfestsetzung sehen die Gerichtskostengesetze jeweils eigene Wertfestsetzungsverfahren vor, die im Wesentlichen jedoch gleich ablaufen.
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Soweit die Gerichtsgebühren nach dem GKG erhoben werden, richtet sich das Wertfestsetzungsverfahren nach den §§ 53 ff. GKG, die Beschwerde nach § 68 GKG und die weitere Beschwerde nach § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 GKG.
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In Familiensachen richtet sich die Wertfestsetzung nach den §§ 55 ff. FamGKG und die Beschwerde nach § 59 FamGKG.
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In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (außer in Familiensachen), in denen 61 sich die Kosten nach dem GNotKG berechnen, richtet sich das Wertfestsetzungsverfahren nach § 79 GNotKG, die Beschwerde nach § 83 Abs. 1 Satz 1 bis 4 GNotKG und die weitere Beschwerde nach § 83 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 81 Abs. 4 GNotKG. 5. Wertfestsetzung nach dem RVG Für die wertabhängigen Gebühren des Anwalts wiederum ist in § 33 RVG ein gesondertes Wertfestsetzungsverfahren vorgesehen. Dieses Festsetzungsverfahren ist gegenüber den Wertfestsetzungsverfahren für die Gerichtsgebühren subsidiär. Grundsätzlich richtet sich der Wert der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Wert, der für die Gerichtsgebühren gilt (§ 23 Abs. 1 RVG), so dass der Anwalt an den gerichtlichen Wertfestsetzungsverfahren zu beteiligen und an die dort festgesetzten Werte gebunden ist.
1 OLG Naumburg, Urt. v. 26.1.2014 – 1 U 110/13, AGS 2015, 94.
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B. Festsetzung des Zustndigkeits-, Bagatell- und Rechtsmittelstreitwerts 63 Ist der für die Gerichtsgebühren festzusetzende Wert nicht auch für den Anwalt maßgebend oder fehlt es an einem solchen Wert, kommt für ihn, den Auftraggeber, ggf. auch für die Landeskasse und einen erstattungspflichtigen Dritten, das besondere Wertfestsetzungsverfahren nach § 33 Abs. 1 RVG mit der Beschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG und der weiteren Beschwerde nach § 33 Abs. 6 RVG in Betracht.
V. Kostenansatzverfahren 64 Von den Verfahren auf Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Streit-, Verfahrens-, oder Geschäftswerts abzugrenzen ist das Kostenansatzverfahren. Während im Wertfestsetzungsverfahren nur der Wert für die Gerichtsgebühren bestimmt wird, ergibt sich im Kostenansatzverfahren, welche Gebühren daraus erhoben werden. Die vom Gericht getroffene Wertfestsetzung ist für das Kostenansatzverfahren bindend. 65 Ergibt sich im Kostenansatzverfahren Streit über den zutreffenden Wert, dann muss das Ansatzverfahren ausgesetzt werden, bis über den Wert entschieden ist. Die Kostenansatzinstanzen sind nicht berechtigt, von einer gerichtlichen Wertfestsetzung abzuweichen. 66 Angesetzt werden die Kosten jeweils von dem Gericht, bei dem sie angefallen sind, also die Kosten des ersten Rechtszugs, bei dem das Verfahren im ersten Rechtszug anhängig war (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GKG; § 18 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG; § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GNotKG) und im Rechtsmittelverfahren von dem Rechtsmittelgericht (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG; § 18 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG; § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GNotKG). 67 Gegen den Kostenansatz kann nach § 66 Abs. 1 GKG, § 57 Abs. 1 FamGKG, § 81 Abs. 1 GNotKG Erinnerung eingelegt werden. 68 Gegen die Entscheidung über die Erinnerung ist die Beschwerde nach § 66 Abs. 2 GKG, § 57 Abs. 2 FamGKG, § 81 Abs. 2 GNotKG gegeben, sofern der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht im Rahmen seiner Entscheidung über die Erinnerung die Beschwerde zugelassen hat. 69 Hat das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden, ist in den Verfahren nach dem GKG und dem GNotKG noch die weitere Beschwerde gegeben, wenn das Landgericht sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat (§ 66 Abs. 3 GKG; § 81 Abs. 4 GNotKG). In Familiensachen ist eine weitere Beschwerde nicht vorgesehen. 70 Eine Rechtsbeschwerde ist nach allen Gerichtskostengesetzen ausgeschlossen. 71 Wird nachträglich der Streit-, Verfahrens- oder Geschäftwert geändert, ist ein aufgrund der fehlerhaften Streitwertfestsetzung vorgenommener Kostenansatz zu korrigieren. Das Gericht kann dann ggf. weiter zu erhebende Gebühren nachfordern (§ 20 GKG, § 19 FamGKG, § 20 GNotKG). Insoweit zu Unrecht vereinnahmte Gebühren sind zurückzuzahlen.
B. Festsetzung des Zuständigkeits-, Bagatell- und Rechtsmittelstreitwerts I. Erforderlichkeit einer Wertermittlung 72 In verschiedenen Fällen knüpfen die Verfahrensordnungen von ZPO und FamFG an die Höhe des Streit- oder Verfahrenswerts an, so dass das Gericht schon aus verfahrensrechtlichen Gründen den Wert ermitteln muss. 12
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht So richtet sich nach dem GVG die Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts in Zivilsachen nach der Höhe des Streitwerts, sofern keine besonderen Zuständigkeiten gegeben sind (§ 23 Nr. 1 GVG). Bei Streitwerten bis 5000 Euro sind die Amtsgerichte zuständig. Bei höheren Streitwerten sind die Landgerichte zuständig.
73
Nach § 495a ZPO kann das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen, wenn der Streitwert den Betrag von 600 Euro nicht übersteigt.
74
Nach § 15a EGZPO können die Landesgesetzgeber ein obligatorisches Streitschlichtungsverfahren vorschreiben, wenn der Streitwert den Betrag von 750 Euro nicht übersteigt. Die hierzu ergangenen Ausführungsgesetze sehen teilweise auch geringere Streitwerte vor.
75
Sowohl in Zivilsachen als auch in Familiensachen entscheidet der Wert in zahlreichen Fällen darüber, ob ein Rechtsmittel gegeben ist oder nicht. So ist nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Berufung grundsätzlich nur dann zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 600 Euro übersteigt. Gleiches gilt für die Beschwerde in vermögensrechtlichen Angelegenheiten nach § 58 FamFG (§ 61 FamFG).
76
Für Beschwerden gegen Entscheidungen über die Kosten nach der ZPO sowie in Familienstreitsachen (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG) ist ein Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 200 Euro erforderlich (§ 567 Abs. 2 ZPO). Gleiches gilt für Beschwerden gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse.
77
II. Festsetzung Ein gesondertes Wertfestsetzungsverfahren ist in der ZPO und im FamFG nicht vorsehen. Daher kann das Gericht eine „wirkliche Entscheidung“1 über den Streit-, Verfahrens- oder Rechtsmittelstreitwert nur in seiner Hauptsacheentscheidung im Rahmen der Frage der Zulässigkeit der Klage treffen. Eine solche Entscheidung ist dann auch gem. § 62 GKG, § 54 FamGKG, § 78 GNotKG für den Gebührenstreitwert bindend, wenn die Bewertung nach denselben Vorschriften erfolgt.
78
Das Gericht kann sogar nach § 3 Satz 1 ZPO zum Zwecke der Wertfestsetzung eine Inaugenscheinnahme durchführen oder einen Sachverständigen mit der Wertermittlung beauftragen.
78a
Häufig wird der Zuständigkeits- oder Rechtsmittelstreitwert vorab durch Beschluss „festgesetzt“. Besondere Bedeutung kommt einer solchen Zwischenentscheidung jedoch nicht zu. Nach OLG Karlsruhe2 hat eine solche Festsetzung lediglich den Charakter eines unverbindlichen Hinweises für die Parteien.
79
Eine solche Wertfestsetzung ist daher auch nicht selbständig anfechtbar. Dies gilt unabhängig davon, ob die Wertfestsetzung – für die Zuständigkeit des Gerichts,3 – für die Zulässigkeit des Rechtsmittels,
80
1 Hartmann, KostG, § 62 GKG Rn. 5. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.5.2006 – 15 W 21/06, JurBüro 2007, 363 = OLGR 2007, 687. 3 OLG Stuttgart, Beschl. v. 26.10.2006 – 1 W 49/06, AGS 2007, 200 = MDR 2007, 422; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.5.2006 – 15 W 21/06, JurBüro 2007, 363 = OLGR 2007, 687; OLG Koblenz, Beschl. v. 10.2.2004 – 5 W 108/04, AGS 2004, 160 = MDR 2004, 709; OLG Köln, Beschl. v. 17.2.2007 – 26 W 2/97, OLGR 1997, 150; OLG Bremen, Beschl. v. 1.2.2007 – 2 W 80/06, OLGR 2007, 386; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.3.2003 – 1 W 10/03, AGS 2003, 550 = MDR 2003, 1071; OLG München, Beschl. v. 20.5.1998 – 26 W 1563/98, OLGR 1998, 241 = MDR 1998, 1242.
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B. Festsetzung des Zustndigkeits-, Bagatell- und Rechtsmittelstreitwerts – für die Zulässigkeit eines Verfahrens nach § 495a ZPO1 oder – für die vorherige Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nach § 15a EGZPO erlassen worden ist. 81 Eine gesonderte Anfechtung ist auch nicht erforderlich, weil insoweit keine prozessuale Bindungswirkung eintritt. Ist das Rechtsmittelgericht hinsichtlich des Streitwerts anderer Auffassung, dann kann es ohne Weiteres seine eigene Rechtsauffassung zugrunde legen und ist durch die vorherige Streitwertfestsetzung daran nicht gehindert (§ 512 ZPO).
Û
Beispiele: – Der Kläger klagt auf Herausgabe einer Garage (Monatsmiete 45 Euro). Die Klage wird abgewiesen. Hiergegen legt der Kläger Berufung ein. Das Berufungsgericht setzt den Streitwert für die Zulässigkeit des Berufungsverfahrens auf (12 × 45 Euro =) 540 Euro fest und verwirft die Berufung durch Beschluss als unzulässig. Hiergegen wird Rechtsbeschwerde erhoben. Der Bundesgerichtshof ist an die Wertfestsetzung des Landgerichts nicht gebunden, sondern kann den Wert für die Zulässigkeit des Rechtsmittels abweichend beurteilen. Der Wert wäre hier zutreffend nach § 9 ZPO mit 42 × 45 Euro = 1890 Euro zu bemessen gewesen, so dass der Bundesgerichtshof die Entscheidung aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen hat.2 – Das Amtsgericht setzt den Streitwert auf 500 Euro fest und weist die Klage ab, weil ein erforderliches Schlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO nicht durchgeführt worden sei. Hiergegen wird Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht ist an die amtsgerichtliche Wertfestsetzung nicht gebunden. Soweit es einen höheren Wert annimmt, kann es die Entscheidung des Amtsgerichts aufheben und die Sache zurückverweisen oder, soweit entscheidungsreif, selbst entscheiden. – Das Landgericht setzt den Streitwert des Verfahrens auf 4000 Euro fest und weist die Klage als unzulässig ab. Hiergegen wird Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht ist an die Festsetzung des Landgerichts nicht gebunden. Es kann einen höheren Wert annehmen. Soweit die Sache entscheidungsreif ist, kann es selbst entscheiden.3 Im Übrigen ist die Sache zurückzuverweisen.
III. Bindungswirkung für die Gerichtsgebühren 82 Nach § 62 GKG ist eine Streitwertfestsetzung für die Entscheidung über die Zuständigkeit des Prozessgerichts auch für den Gebührenstreitwert maßgebend, soweit die Wertvorschriften des jeweiligen Gerichtskostengesetzes nicht von den Wertvorschriften des Verfahrensrechts abweichen. Insoweit besteht also eine Bindungswirkung des Gebührenstreitwerts an die prozessuale Wertfestsetzung. Gleiches gilt, wenn das Rechtsmittelgericht den Wert für die Zulässigkeit des Rechtsmittels festsetzt (§ 62 GKG, § 54 FamGKG, § 78 GNotKG). 83 Voraussetzung für die Bindung an die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwerts gem. § 62 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 54 FamGKG, § 78 GNotKG ist eine „wirkliche 1 OLG Köln, Beschl. v. 12.8.2009 – 16 W 26/09, AGS 2009, 602 = MDR 2010, 231 = MietRB 2010, 110 u. 111; LG Dortmund, Beschl. v. 24.2.2006 – 2 T 1/06, NJW-RR 2006, 1222; LG Stuttgart, Beschl. v. 1.4.2008 – 10 T 125/08, NJW-RR 2008, 1167; LG München II, Beschl. v. 20.12.2007 – 6 T 6743/07; a.A. LG München I, Beschl. v. 20.2.2001 – 15 T 2842/01, MDR 2001, 713 (Anfechtung analog § 567 Abs. 1 ZPO). 2 Siehe dazu BGH, Beschl. v. 14.4.2004 – XII ZB 224/02, AGS 2004, 390 = MDR 2004, 931 = MietRB 2004, 258; Beschl. v. 21.5.2003 – VIII ZB 10/03, AGS 2003, 489 = AnwBl. 2003, 597. 3 So OLG Koblenz, Beschl. v. 27.7.2010 – 5 U 505/10, AGS 2010, 554 = JurBüro 2011, 30.
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1. Teil: Verfahrensrecht Entscheidung“ über den Streitwert. Das Gericht muss also in seinem Urteil oder Beschluss zur Hauptsache über den Streit-, Verfahrens, oder Geschäftswert oder den Rechtsmittelwert entschieden haben.1 Ist lediglich ein vorbereitender Beschluss ergangen, hatte dieser nur eine Hinweisfunktion, da er vom Gericht jederzeit wieder aufgehoben oder abgeändert werden kann und bindet somit die Festsetzung des Gebührenstreitwerts nicht.2 Die Frage, ob eine solche Bindungswirkung besteht, ist allerdings im Wertfestsetzungsverfahren nach dem jeweiligen Gerichtskostengesetz auszutragen, nicht im Hauptsacheverfahren.
84
Besteht eine Bindungswirkung, dann ist nach dem jeweiligen Gerichtskostengesetz eine gesonderte Wertfestsetzung für den Gebührenstreitwert unzulässig (vgl. § 63 Abs. 2 GKG, § 55 Abs. 1 FamGKG, § 78 Abs. 1 GNotKG).
85
Besteht keine Bindungswirkung, dann muss der Gebührenwert gesondert festgesetzt werden.
86
Û
Beispiele: – Geklagt wird auf Unterlassung beleidigender Äußerungen. Das Landgericht führt in seinem Urteil zur Frage seiner sachlichen Zuständigkeit aus, dass der Streitwert nach § 3 ZPO 6000 Euro betrage. Diese Entscheidung ist nach § 62 GKG bindend, da sich auch der Wert für die Gerichtsgebühren nach § 3 ZPO bemisst (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG). Eine gesonderte oder gar abweichende Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG ist unzulässig (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG). – In einem Räumungsrechtsstreit bejaht das Landgericht in seinem Urteil die Zulässigkeit der Berufung, weil es von einem Streitwert nach §§ 3, 6, 9 ZPO von (42 × 400 Euro =) 16 800 Euro ausgeht. Diese Entscheidung ist nicht nach § 62 GKG bindend, da sich der Wert für die Gerichtsgebühren abweichend nach § 41 GKG bemisst. Daher ist hier eine gesonderte Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG erforderlich.
Einstweilen frei.
87–91
C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG I. Überblick 1. Grundsatz Nach § 3 Abs. 1 GKG berechnen sich die Gerichtsgebühren in Zivilsachen grundsätzlich nach dem Wert des Streitgegenstands, dem Streitwert bzw. im Falle eines gerichtlichen Vergleichs über nicht anhängige Gegenstände nach dem Vergleichsmehrwert (Nr. 1900 KV GKG), soweit nichts anderes bestimmt ist.
92
Diese Werte hat das Gericht nach § 63 GKG von Amts wegen festzusetzen, damit die hiernach zu berechnenden Gerichtsgebühren angesetzt werden können.
93
Die gerichtliche Wertfestsetzung gilt grundsätzlich auch für die Anwaltsgebühren (§ 32 Abs. 1 RVG) und zwar sowohl für den Anwalt, als auch für dessen Auftraggeber (bzw. im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Landes- oder Bundeskasse) sowie für eine erstattungspflichtige Partei.
94
Soweit die gerichtliche Wertfestsetzung ausnahmsweise für die Anwaltsgebühren nicht bindend ist, weil sich die Anwaltsgebühren abweichend davon nach einem
95
1 Hartmann, KostG, § 62 GKG Rn. 5. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 28.2.2005 – 3 W 84/05, OLGR 2005, 602.
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C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG anderen Wert berechnen, ist insoweit ein Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG auf Festsetzung des Gegenstandswertes zu stellen (s. Rn. 654 ff.). 96 Zur Bindungswirkung gegenüber einem Rechtsschutzversicherer oder einem sonstigen Dritten s. Rn. 872. 2. Ausnahmen 97 Abweichend von dem Grundsatz des § 3 Abs. 1 GKG gibt es Verfahren, in denen keine Gerichtsgebühren erhoben werden, die also gebührenfrei sind, wie z.B. das Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich des Abschlusses eines Mehrvergleichs (Anm. zu Nr. 1900 KV GKG) oder ein Verfahren über die Bewilligung einer Räumungsfrist nach den §§ 721, 794a ZPO (ausgenommen Beschwerdeverfahren). Gebührenfrei sind auch das Streitwertfestsetzungsverfahren einschließlich der Beschwerde und der weiteren Beschwerde (§ 68 Abs. 3 GKG), das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG (§ 11 Abs. 2 Satz 4 RVG) – mit Ausnahme der Beschwerde – und Rechtsbeschwerdeverfahren (§ 1 Abs. 4 GKG). Eine Wertfestsetzung nach § 63 GKG kommt in solchen Verfahren daher nicht in Betracht. 98 Anderweitige Bestimmungen i.S.d. § 3 Abs. 1 GKG, also Regelungen, nach denen sich die Gerichtsgebühren nicht nach dem Streitwert berechnen sieht das GKG in mehreren Fällen vor. Es werden dann Festgebühren an Stelle der Wertgebühren erhoben. Solche Festgebühren sind vorgesehen – für die Rechtsbeschwerde in Verfahren des gewerblichen Rechtsschutzes (Nrn. 1255, 1256 KV GKG), – für Verfahren auf Vorbereitung der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung (Nrn. 1510 ff. KV GKG), – für Verfahren der Beschwerde, der weiteren Beschwerde oder der Rechtsbeschwerde (Nrn. 1810 ff. KV GKG), ausgenommen sind Beschwerden in Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren (Nrn. 1430, 1431 KV GKG) und bestimmte Beschwerden in Vollstreckungssachen, – zum Teil in der Zwangsvollstreckung nach der ZPO, Insolvenzverfahren und ähnlichen Verfahren (Teil 2 KV GKG; Nrn. 2110 ff. KV GKG), – in isolierten Verfahren über eine Gehörsrüge nach § 321a ZPO, § 4 InsO oder § 3 Abs. 1 Satz 1 SVertO (Nr. 2500 KV GKG). 99 Auch in diesen Verfahren ist eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 63 GKG nicht zulässig, da die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht gegeben sind. Eine Wertfestsetzung wäre davon abgesehen auch unsinnig, da sich nach den festgesetzten Werten keine Gerichtsgebühren berechnen würden. 100
Soweit das Kostenverzeichnis des GKG keine Gebühren oder Festgebühren vorsieht, ist in den entsprechenden Verfahren zwar für den Anwalt nach dem Wert, nämlich dem Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 RVG), abzurechnen. Dies rechtfertigt jedoch keine gerichtliche Wertfestsetzung. Vielmehr darf das Gericht hier nur auf Antrag eines nach § 33 Abs. 1 RVG Antragsberechtigten eine Wertfestsetzung vornehmen. Das Verfahren nach § 33 RVG folgt anderen Regelungen (s. Rn. 654 ff.).
II. Erforderlichkeit der Festsetzung 101
Voraussetzung für eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 63 GKG ist, – dass überhaupt Gerichtsgebühren nach dem Kostenverzeichnis des GKG erhoben werden und – dass sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Streitwert oder dem – im Gesetz erstaunlicherweise nicht geregelten – Vergleichs-(Mehr-)Wert richten. 16
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1. Teil: Verfahrensrecht Das Gericht muss daher vor einer amtswegigen Festsetzung stets prüfen, ob überhaupt Gerichtsgebühren angefallen sind und ob sich diese nach dem Streitwert richten. – Ist dies der Fall, dann muss grundsätzlich eine Wertfestsetzung nach § 63 GKG vorgenommen werden. – Ist dies nicht der Fall, dann darf das Gericht keinen Wert von Amts wegen nach § 63 GKG festsetzen. Eine Wertfestsetzung kommt dann allenfalls in Verfahren nach § 33 RVG (s. Rn. 654 ff.) in Betracht.
102
Soweit häufig angeführt wird, dass auch wenn sich die Gerichtsgebühren nicht nach dem Wert richten, müsse doch vom Gericht für die Anwaltsgebühren ein Wert nach § 63 GKG festgesetzt werden, so ist dies unzutreffend. Die Vorschrift des § 63 GKG betrifft nur die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren. Soweit keine wertabhängigen Gerichtsgebühren anfallen, wohl aber wertabhängige Anwaltsgebühren, ist hierfür das gesonderte Verfahren nach § 33 RVG vorgesehen, für das in entscheidenden Punkten ein abweichendes Verfahrensrecht gilt. Siehe dazu Rn. 654 ff.
103
Eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 63 GKG hat daher insbesondere in Prozesskostenhilfeverfahren und in Erinnerungsverfahren zu unterbleiben, da hier gar keine Gerichtsgebühren erhoben werden, sowie in Beschwerdeverfahren und in Vollstreckungsverfahren, soweit hier Festgebühren anfallen.
104
Eine dennoch nach § 63 GKG getroffene Festsetzung ist gegenstandslos1 und ggf. auf eine Beschwerde hin aufzuheben.2 – Eine Bindungswirkung nach § 32 Abs. 1 RVG tritt nicht ein, da es keine wertabhängigen Gerichtsgebühren gibt und folglich auch keinen für diese maßgebenden Wert. – Eine Bindungswirkung nach § 33 RVG scheidet aus, da eine von Amts wegen vorgenommene Wertfestsetzung gar nicht erkennen lässt, in welchem Verhältnis die Wertfestsetzung gelten soll und es zudem an dem erforderlichen Antrag fehlt.
105
Da viele Gerichte diese Zusammenhänge nicht erkennen, sollte vorsorglich auch eine zu Unrecht ergangene Wertfestsetzung nach § 63 GKG geprüft werden. Ggf. sollte deren Aufhebung beantragt werden, damit sich im Folgenden nicht auch nur der Anschein einer Bindungswirkung ergibt.
106
III. Wertangabe bei Einreichung der Klage oder eines sonstigen Antrags Nach § 61 Satz 1 GKG ist bei Einreichung einer Klage oder eines anderweitigen verfahrenseinleitenden oder -erweiternden Antrags, der Gerichtsgebühren auslöst, grundsätzlich der Streitwert anzugeben.
107
Einer Angabe des Wertes bedarf es nicht, wenn – dieser in einer bestimmten Geldsumme besteht, – im GKG ein fester Wert bestimmt ist oder – der Wert sich aus früheren Anträgen ergibt.
108
1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.2.2009 – 4 W 5/09, MDR 2009, 587 = JurBüro 2009, 314 = AGS 2009, 401; LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 15.12.2011 – 6 Ta 198/11, AGS 2012, 487; s. auch N. Schneider, Über die „Wertlosigkeit“ höchstrichterlicher Wertfestsetzungen, NJW 2013, 25. 2 Bayerischer VGH, Beschl. v. 22.12.2104 – 15 C 14.2514, AGS 2015, 131.
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C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG 109
Bei Klagen oder Anträgen, die auf Zahlung einer Geldsumme lauten, bedarf es keiner Wertfestsetzung. Diese Variante betrifft insbesondere Zahlungsklagen, Anträge im Mahnverfahren, Klagen auf Freistellung, Vollstreckungsabwehrklagen etc. Ausreichend ist jegliche Geldforderung. Sie muss nicht auf Euro lauten (arg. e. § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG).
110
Feste Streitwerte sind im GKG derzeit nicht vorgesehen. Eine Entbindung des Gerichts von der Streitwertfestsetzung nach dieser Variante kommt daher nach der derzeitigen Fassung des GKG nicht in Betracht.
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Das GKG kennt in Zivilsachen – entgegen häufiger Festsetzungen – auch keine Regelwerte. Der frühere Regelwert für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten (§ 14 GKG a.F.) ist schon seit langem abgeschafft.
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Dagegen kann es in Zivilsachen häufiger vorkommen, dass sich der Streitwert eines Antrags aus vorherigen Anträgen ergibt. Ein solcher Fall wird insbesondere im Rechtsmittelverfahren häufig gegeben sein, wenn auf die erstinstanzliche Wertfestsetzung zurückgegriffen werden kann. Des Weiteren ist ein solcher Fall gegeben, wenn im Verlaufe des Verfahrens Anträge zurückgenommen worden sind, dann aber später erneut gestellt werden. Erforderlich ist, dass der Antrag bereits in demselben Verfahren gestellt worden war. Dass ein Antrag in einem anderen Verfahren bereits gestellt und dort bewertet worden war, entbindet das Gericht nicht, in dem neuen Verfahren eine erneute Wertfestsetzung vorzunehmen.
113
Die Angabe des Streitwerts hat insbesondere dann Bedeutung, wenn das Gericht ohne nähere Angaben nicht in der Lage ist, den zutreffenden Streitwert zu ermitteln. Daher sollte z.B. bei Klagen auf Herausgabe von Gegenständen Angaben zu deren Verkehrswert gemacht werden.
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Beispiele: Der Kläger erhebt Klage auf Herausgabe eines PKW. Ohne nähere Angaben zum Wert des Fahrzeugs kann das Gericht den Wert nicht bestimmen. Hier sind nähere Angaben daher erforderlich. Wird Räumung verlangt, sind Angaben zum Mietwert erforderlich, da anderenfalls der Räumungsstreitwert nach § 41 Abs. 1, 2 GKG nicht berechnet werden kann. Wird die Durchführung von Instandsetzungsarbeiten einer Mietwohnung oder wird die Duldung von Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten verlangt, sind Angaben zur Miethöhe und zur potentiellen Minderung bzw. Mieterhöhung erforderlich, da anderenfalls nach § 41 Abs. 5 GKG der Jahreswert nicht berechnet werden kann.
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Beispiele: Der Vermieter klagt nach Kündigung wegen Eigenbedarfs auf Räumung einer Wohnung. Der Mieter verlangt Instandsetzungsmaßnahmen. In beiden Fällen richtet sich der Streitwert nach der Miete. Im Falle der Räumung gilt der Jahreswert (§ 41 Abs. 2 GKG); im Falle der Instandsetzung der Jahreswert einer möglichen Minderung (§ 41 Abs. 5 Satz 1 GKG). Ohne Angabe der Kaltmiete (s. § 41 Abs. 1 Satz 2 GKG) ist eine Streitwertfestsetzung nicht möglich.
Bei Auskunftsklagen sind Angaben zur Höhe des voraussichtlichen Hauptsacheanspruchs zu machen, da auch hier anderenfalls keine zuverlässige Wertfestsetzung möglich ist.
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Beispiel: Der pflichtteilsberechtigte Abkömmling klagt gegen den Erben auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Auch wenn es für die Schlüssigkeit der Klage nicht erforderlich ist, die Pflichtteilsquote anzugeben, muss diese mitgeteilt werden, da sich der Wert des Auskunftsanspruchs nach der Quote des zu erwartenden Pflichtteils berechnet. Darüber hinaus sind nähere Angaben zum ungefähren oder erwarteten Umfang des Nachlasses zu machen. Anderenfalls ist eine Bewertung nicht möglich.
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1. Teil: Verfahrensrecht Werden unbezifferte Schmerzensgeldanträge gestellt, sollte gleichwohl eine ungefähre Größenordnung angegeben werden, damit der Streitwert richtig festgesetzt werden kann.
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Bei Stufenklagen auf Auskunft oder Rechnungslegung, verbunden mit einem unbezifferten Leistungsantrag, sollte der zu erwartende Leistungsanspruch in ungefährer Größenordnung angegeben werden, da sich bei einer Stufenklage gem. § 44 GKG der Wert nach der höherwertigen Leistungsstufe bemisst, auch wenn diese noch nicht beziffert ist.1
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Beispiel: Der pflichtteilsberechtigte Abkömmling klagt gegen den Erben im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Zahlung eines noch zu beziffernden Betrages. Auch hier werden Angaben zur Pflichtteilsquote und zur Höhe des zu erwartenden Pflichtteils benötigt, da sich der Streitwert gem. § 44 GKG nach dem höheren Anspruch, hier also nach dem Leistungsanspruch, richtet.
Bei nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen (z.B. Unterlassung, Widerruf), sollten bereits in der Klageschrift Angaben zu den wertbildenden Faktoren gemacht werden, damit das Gericht von vornherein zutreffend festsetzen kann.
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Nach Aufforderung des Gerichts ist auch der Wert eines Teils des Verfahrensgegenstands anzugeben.
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Die Angaben sind schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären. In der Regel bietet es sich an, die Ausführungen zum Streitwert in die Klageschrift mitaufzunehmen. Es sollte dann unmittelbar im Anschluss an den Klageantrag der Wert angegeben und sodann in der Klagebegründung erläutert werden.
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Muster 2: Streitwertangabe in der Klageschrift … In der mndlichen Verhandlung werden wir beantragen, den Beklagten zu verurteilen, in der Wohnung … die Fenster im Wohnzimmer instand zu setzen, so dass sie luftdicht abschließen. Streitwert: 720,00 Euro (12 60,00 Euro) … Der Streitwert beluft sich auf 720 Euro. Maßgebend ist bei einem Anspruch auf Durchfhrung von Instandhaltungsmaßnahmen gem. § 41 Abs. 5 GKG der Jahresbetrag der mçglichen Minderung, die sich ergibt, wenn die Instandhaltungsmaßnahmen nicht durchgefhrt werden. Hier wre wegen der Undichtigkeit der Fenster eine Minderung i.H.v. 10 % angemessen. Ausgehend von einer monatlichen Kaltmiete i.H.v. 600 Euro ergibt sich damit ein monatlicher Minderungsbetrag i.H.v. 60 Euro und somit ein Jahresbetrag i.H.v. 720 Euro. Die Wertangabe kann vom Kläger oder einem anderweitigen Antragsteller jederzeit berichtigt werden (§ 61 Satz 2 GKG).
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Bei der Pflicht zur Angabe des Streitwerts handelt es sich lediglich um eine Ordnungsvorschrift. Unmittelbare Sanktionen sind an die Verletzung der Obliegenheit zur Wertangabe nicht geknüpft, auch wenn das OLG Düsseldorf in seinem Übereifer einen versuchten Betrug der Anwaltschaft witterte.1
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1 Siehe das Stichwort „Stufenklage“, Rn. 5029 ff. 1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.5.2011 – 2 W 15/11, NJW 2011, 2979.
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C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG 122
Mittelbar können sich allerdings Nachteile ergeben, wenn sich das Gericht infolge der unterlassenen Wertangabe veranlasst sieht, ein Sachverständigengutachten einzuholen (§ 64 Satz 2 GKG) oder wenn es nach § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG einen zu hohen Wert ansetzt und den Antragsteller damit ggf. zu einer Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung nach § 67 GKG (s. Rn. 157) zwingt, die für ihn nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG i.V.m. Nr. 3500 VV RVG Anwaltsgebühren auslöst (s. Rn. 371 ff.).
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Die Wertangabe in der Klage- oder Antragsschrift bindet das Gericht nicht. Sie ist lediglich eine Entscheidungshilfe bei der Festsetzung des vorläufigen Wertes. Das Gericht kann den Wert daher auch abweichend von der Wertangabe des Klägers oder Antragstellers festsetzen.
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Mittelbar nimmt die Rechtsprechung allerdings überwiegend insoweit eine Bindungswirkung an, als der Kläger oder Antragsteller nach einem ungünstigen Ausgang des Verfahrens eine geringere Wertfestsetzung begehrt. So kommt es nicht selten vor, dass der Kläger nach Abweisung der Klage eine Herabsetzung des Streitwertes beantragt, um die zu zahlenden Gerichtskosten und die Kostenerstattung zu verringern. Zwar ist das Gericht bei der endgültigen Wertfestsetzung nicht an die Angaben des Klägers und auch nicht an eine darauf fußende vorläufige Wertfestsetzung gebunden. Die Rechtsprechung misst der Wertangabe nach § 61 GKG jedoch eine maßgebliche Indizwirkung zu, so dass der Kläger ohne Weiteres nicht von seiner ursprünglichen Wertangabe wegkommt, wenn er nicht sachliche Gründe für eine abweichende Wertfestsetzung vorbringen kann. Hier ist allerdings Zurückhaltung geboten. Die Höhe des Streitwerts unterliegt nicht der Disposition der Parteien oder ihrer Anwälte, sondern ist von Amts wegen richtig festzusetzen. Daher sind auch Umstände zu berücksichtigen, die erst nachträglich vorgetragen werden.1
125
Ebenso verfährt die Rechtsprechung bei einer Heraufsetzungsbeschwerde des Anwalts der erfolgreichen Partei. Auch hier wird oft die Intention vermutet, den Wert heraufsetzen zu lassen, da im Endeffekt nicht der eigene Mandant, sondern der Gegener die Kosten tragen muss. Dabei übersieht die Rspr. jedoch, dass nicht der Anwalt die Wertangaben nach § 61 GKG abgibt, sondern seine Partei. Der Anwalt muss die Angaben vortragen, die ihm seine Partei an die Hand gibt. Er hat auch keine Möglichkeit, eine vorläufige Wertfestsetzung korrigieren zu lassen. Weder ist für ihn eine Beschwerde nach § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 68 GKG gegen die vorläufige Wertfestsetzung zulässig (s. unten Rn. 153 ff.), noch besteht die Möglichkeit der Beschwerde nach § 67 GKG, da diese nur auf Herabsetzung gehen kann. Der Anwalt muss vielmehr sehenden Auges zunächst eine falsche Wertangabe seiner Partei hinnehmen und hat erst nach Beendigung des Verfahrens die Möglichkeit, diese mit der Beschwerde anzugreifen.
IV. Sachverständigenschätzung 126
Das Gericht kann den Verfahrenswert nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO durch einen Sachverständigen abschätzen lassen, wenn dies erforderlich ist, wenn also das Gericht weder aus eigener Sachkunde noch unter Mithilfe der Parteien in der Lage ist, den zutreffenden Wert zu ermitteln.
127
Die Sachverständigenschätzung ist von Amts wegen einzuholen. Eines Antrags der Parteien bedarf es nicht. Die Anordnung ergeht durch Beschluss.
128
Die Kosten des Sachverständigen trägt grundsätzlich die Staatskasse, da die Schätzung in ihrem Interesse erfolgt. 1 Unzutreffend OVG Lüneburg, Beschl. v. 4.11.2014 – 7 OA 82/14, AGS 2015, 41.
20
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1. Teil: Verfahrensrecht Nur ausnahmsweise können die Kosten der Sachverständigenschätzung ganz oder teilweise einer Partei auferlegt werden, nämlich dann, wenn die Abschätzung erforderlich ist, weil die Partei die ihr nach § 63 GKG obliegende Wertangabe unterlassen hat, einen unrichtigen Wert angegeben hat oder durch ein unbegründetes Bestreiten des angegebenen Wertes oder durch eine unbegründete Beschwerde eine solche Wertfestsetzung schuldhaft veranlasst hat (§ 64 Satz 2 GKG).
129
Die Partei muss sich ein Verschulden ihres Anwalts zurechnen lassen. Auch in diesem Fall trifft die Kostenlast allerdings die Partei, nicht den Anwalt.
130
Die Entscheidung über die Kosten der Sachverständigenschätzung hat nach § 64 Satz 1 GKG in dem Beschluss zu erfolgen, mit dem der Wert festgesetzt wird. Ist dies unterblieben, kann ggf. ein Berichtigungs- oder Ergänzungsbeschluss ergehen.
131
Die Kostenentscheidung ist nach § 68 GKG anfechtbar. Unstrittig ist dies im Falle 132 einer isolierten Kostenentscheidung. Für den Fall, dass die Kostenentscheidung zusammen mit dem Wertfestsetzungsbeschluss ergeht, sind Mayer1 und Hartmann2 der Auffassung, die Anfechtung könne gem. § 99 ZPO nur zusammen mit der Hauptsache erfolgen. Dies ist jedoch unzutreffend, da es sich bei dem Wertfestsetzungsverfahren nicht um ein Verfahren nach der ZPO handelt, sondern nach dem GKG, das eigenständige Verfahrensvorschriften enthält und einen Ausschluss der isolierten Anfechtung einer Kostenentscheidung nicht vorsieht. Soweit sich die Partei nur gegen die Höhe der Kosten des Sachverständigen wehren will, sind die Erinnerung und die Beschwerde gegen den Kostenansatz nach § 66 GKG gegeben.
133
V. Vorläufige Wertfestsetzung 1. Erforderlichkeit der vorläufigen Wertfestsetzung a) Überblick Nach Eingang der Klage oder eines sonstigen Antrags hat das Gericht den Streit- 134 wert vorläufig festzusetzen (§ 63 Abs. 1 Satz 1 GKG), sofern wertabhängige Gerichtsgebühren mit Einreichung des Klageantrags oder eines sonstigen Antrags fällig werden. Sinn und Zweck der vorläufigen Festsetzung ist es, dem Kostenbeamten einen Wert vorzugeben, damit hiernach die Gerichtsgebühren erhoben werden können. Daher ist eine vorläufige Wertfestsetzung unzulässig, jedenfalls bedeutungslos, wenn keine Gebühren erhoben werden. Gleiches gilt, wenn die Gebühren noch nicht fällig sind, da sich bis zur Fälligkeit noch Veränderungen ergeben können. Werden wertabhängige Gerichtsgebühren nicht bereits mit Einreichung fällig, dann ist erst bei späterer Fälligkeit festzusetzen.
135
Eine vorläufige Wertfestsetzung ist entbehrlich, wenn Gegenstand des Verfahrens eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder wenn das Gesetz einen Regel- oder Festwert vorsieht, was aber im GKG nicht der Fall ist.
136
Wie der Name bereits sagt, ist der Wert nur vorläufig festzusetzen. Daher hat eine vorläufige Wertfestsetzung nur eine eingeschränkte Bindungswirkung (s. Rn. 123 f., 155). Das Gericht muss somit später noch eine endgültige Wertfestsetzung treffen, selbst wenn sich der Wert nicht ändert.
137
Eine Anhörung der Beteiligten ist nicht erforderlich, da es sich nur um eine vorläufige Festsetzung handelt und die Beteiligten insoweit grundsätzlich nicht in ih-
138
1 Gerold/Schmidt/Mayer, § 32 Rn. 111. 2 Hartmann, KostG, § 64 GKG Rn. 18.
N. Schneider
21
C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG ren Rechten betroffen sind. Abgesehen davon kann nach § 63 Abs. 3 GKG Gegenvorstellung (s. Rn. 156) oder nach § 67 GKG (s. Rn. 157) Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung erhoben werden. 139
Die vorläufige Wertfestsetzung ist unanfechtbar (s. Rn. 153). Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Wertes können nur im Beschwerdeverfahren nach § 67 GKG (s. Rn. 157) erhoben werden (§ 63 Abs. 1 Satz 2 GKG). Ansonsten sieht das GKG nur eine Anfechtung der endgültigen Wertfestsetzung vor (§ 68 GKG).
140
Möglich ist allerdings eine Gegenvorstellung gegen die vorläufige Wertfestsetzung. Das Gericht ist von Amts wegen verpflichtet, den Streitwert zutreffend festzusetzen und ggf. abzuändern (§ 63 Abs. 3 Satz 2 GKG). Dies gilt auch für eine vorläufige Wertfestsetzung. Das Gericht ist daher verpflichtet, auf eine begründete Gegenvorstellung den Wert abzuändern, zumal die Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG zu diesem Zeitpunkt nie abgelaufen sein kann. b) Vorläufige Festsetzung bei Antragseinreichung
141
Eine vorläufige Wertfestsetzung setzt die Fälligkeit der Gerichtsgebühr voraus. Diese wiederum ergibt sich aus den §§ 6 bis 9 GKG. Danach gilt Folgendes: – In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Insolvenzverfahren, in schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren und in Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes wird die Verfahrensgebühr gem. § 6 Abs. 1 GKG mit der Einreichung der Klage-, Widerklage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig. Daher muss in diesen Fällen ein Wert vorläufig festgesetzt werden. – In sonstigen Verfahren tritt die Fälligkeit erst unter den Voraussetzungen des § 9 GKG ein, so dass eine vorläufige Wertfestsetzung mit Einreichung des Antrags nicht in Betracht kommt.
142
Im Rechtsmittelverfahren tritt zwar die Fälligkeit der Gebühr nach dem Gesetz bereits mit Einreichung des Rechtsmittels ein. Hier kommt eine Wertfestsetzung aber erst dann in Betracht, wenn die Rechtsmittelanträge gestellt worden sind oder das Rechtsmittel zurückgenommen worden ist, da vorher eine Ermittlung und Festsetzung des Wertes gar nicht möglich ist (s. § 47 Abs. 1 GKG).
143
Ob eine Vorauszahlungspflicht besteht, ist für eine vorläufige Festsetzung nicht entscheidend. Es kommt nur auf die Fälligkeit an. Daher ist auch im selbständigen Beweisverfahren eine vorläufige Wertfestsetzung erforderlich, da die Gebühr der Nr. 1610 KV GKG mit Antragseinreichung nach § 6 GKG sofort fällig wird, auch wenn keine Vorauszahlungspflicht besteht. c) Vorläufige Festsetzung bei Fälligkeitseintritt vor Abschluss des Verfahrens
144
Eine vorläufige Festsetzung ist abgesehen von den Fällen der sofortigen Fälligkeit nach § 6 GKG (Rn. 141 ff.) geboten, wenn im Verlaufe des Verfahrens Fälligkeit eintritt (§ 9 Abs. 2 GKG). Auch in den Verfahren, in denen die Gerichtsgebühren nicht bereits mit Antragstellung fällig werden, kann sich eine Fälligkeit vor Beendigung des Verfahrens ergeben, nämlich dann, wenn das Verfahren – sechs Monate ruht, – sechs Monate nicht betrieben worden ist, – sechs Monate unterbrochen war, – sechs Monate ausgesetzt war.
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1. Teil: Verfahrensrecht In diesen Fällen ist das Verfahren noch nicht erledigt, so dass eine endgültige Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG ausscheidet. Möglich ist in diesen Fällen daher nur eine vorläufige Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 1 GKG.
145
Keine Fälligkeit tritt ein bei Teilentscheidungen, da diese keine abschließende Kostenentscheidung enthalten und auch nicht das Verfahren insgesamt beenden oder erledigen.
146
2. Entbehrlichkeit der vorläufigen Festsetzung Eine vorläufige Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, wenn Gegenstand des Verfahrens – eine bestimmte Geldsumme in Euro ist (s. Rn. 109) oder – wenn das Gesetz einen Fest- oder Regelwert (s. Rn. 111) vorsieht.
147
Grund hierfür ist, dass in diesen Fällen der Kostenbeamte die fällige Gebühr ohne Weiteres selbst berechnen und anfordern kann. Auch wenn eine vorläufige Wertfestsetzung in diesen Fällen entbehrlich ist, kann das Gericht dennoch vorläufig einen Wert festsetzen. Das wiederum ist dann geboten, wenn sich bei Zahlungsansprüchen Bewertungsschwierigkeiten ergeben, etwa wenn die Zusammensetzung der Geldforderung im Hinblick auf § 43 Abs. 1 GKG nicht ohne Weiteres ersichtlich ist oder wenn verschiedene Anträge oder Widerklageanträge gestellt werden und die Frage der Zusammenrechnung unklar ist.
148
3. Verfahren Das Gericht setzt den vorläufigen Wert durch Beschluss fest (§ 63 Abs. 1 Satz 1 GKG).
149
Zuständig für die vorläufige Wertfestsetzung ist der Richter, bzw. das Kollegium, das im Zeitpunkt der vorläufigen Wertfestsetzung in der Sache zuständig ist.
150
Die vorläufige Wertfestsetzung findet ohne Anhörung der Beteiligten statt (§ 63 Abs. 1 Satz 1 GKG). Das ist nicht zu beanstanden, denn der Kläger bzw. der Antragsteller, den die Zahlungspflicht zunächst trifft (§ 22 Abs. 1 Satz 1 GKG), hat die Möglichkeit, im Rahmen seines Antrags (s. § 61 GKG) zum vorläufigen Streitwert Stellung zu nehmen. Abgesehen davon kann auch die vorläufige Wertfestsetzung jederzeit abgeändert werden (§ 63 Abs. 3 GKG). Zudem besteht die Möglichkeit der Beschwerde gegen die Vorauszahlungsanordnung nach § 67 GKG, so dass der Kläger bzw. der Antragsteller hinreichend geschützt ist.
151
Der Beschluss kann formlos mitgeteilt werden. Eine Zustellung ist nicht erforderlich.
152
4. Unanfechtbarkeit Die vorläufige Wertfestsetzung ist unanfechtbar.1 Die Beschwerde nach § 68 GKG ist nur gegen die endgültige Wertfestsetzung gegeben.
153
Einwendungen gegen die Höhe eines vorläufig festgesetzten Wertes können daher nur im Beschwerdeverfahren nach § 67 GKG (s. Rn. 157) geltend gemacht werden (§ 63 Abs. 1 Satz 2 GKG).
154
1 OLG Jena, Beschl. v. 5.7.2010 – 4 W 277/10, MDR 2010, 1211; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.7.2009 – 10 W 59/09, AGS 2009, 455 = JurBüro 2009, 542; OVG Münster, Beschl. v. 27.8.2008 – 16 E 1126/08.
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C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG 155
Die vorläufige Wertfestsetzung ist auch für den Anwalt über § 32 Abs. 2 RVG nicht anfechtbar.1 Dies ist auch zutreffend, weil durch eine vorläufige Wertfestsetzung für ihn keine Beschwer eintritt. Eine Abrechnung der Anwaltsgebühren ist zu diesem Zeitpunkt mangels Fälligkeit noch nicht möglich (s. §§ 8, 10 RVG). Hinsichtlich einer Vorschussanforderung (§ 9 RVG) wiederum ist der Anwalt aber an eine vorläufige Wertfestsetzung nicht gebunden. Er kann auch Vorschüsse nach einem voraussichtlich höheren Wert anfordern.2 5. Gegenvorstellung
156
Möglich ist allerdings eine Gegenvorstellung gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung. Das Gericht ist von Amts wegen verpflichtet, den Streitwert zutreffend festzusetzen (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG). Dies gilt auch für eine vorläufige Wertfestsetzung. Das Gericht ist daher verpflichtet, auf eine begründete Gegenvorstellung den Wert abzuändern, zumal die Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG zu diesem Zeitpunkt nie abgelaufen sein kann.
Muster 3: Gegenvorstellung gegen vorlufige Wertfestsetzung An das Landgericht … In Sachen … ./. … erhebe ich im eigenen Namen gegen die vorlufige Wertfestsetzung Gegenvorstellung. Zugrunde liegt eine Stufenklage. Das Gericht hat den Streitwert vorlufig mit einem Betrag i.H.v. … Euro festgesetzt und dabei nur den Wert des Auskunftsanspruchs zugrunde gelegt. Bei einer Stufenklage richtet sich der Streitwert jedoch von vornherein nach smtlichen Stufen, wobei allerdings gem. § 44 GKG die Werte der einzelnen Stufen nicht zusammengerechnet werden, sondern nur auf den hçchsten Wert abzustellen ist (OLG Stuttgart FamRZ 2008, 533 = OLGR 2008, 352; Schneider/Herget/Kurpat, Streitwert-Kommentar, 14. Aufl. 2016, Rn. 5049 ff. m.w.N.). Dies ist hier der Leistungsantrag, der mit … Euro zu bewerten ist. Insoweit nehme ich Bezug auf die Wertangabe in der Klageschrift. Rechtsanwalt
VI. Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung 157
Auch wenn eine Beschwerde gegen eine vorläufige Wertfestsetzung nicht zulässig ist, kann die vorläufige Wertfestsetzung inzidenter angegriffen werden, nämlich dann, wenn die weitere Tätigkeit des Gerichts (in der Regel die Zustellung des Antrags, § 12 Abs. 1 GKG) von der vorherigen Zahlung der Gerichtsgebühr abhängig gemacht wird. 1 OLG Köln, Beschl. v. 28.8.2008 – 5 W 36/08, OLGR 2009, 26; OLG Koblenz, Beschl. v. 3.4.2008 – 10 W 166/08, MDR 2008, 1368; OLG Dresden, Beschl. v. 27.2.2008 – 4 W 143/08, OLGR 2008, 593. 2 AnwK-RVG/N. Schneider, § 9 Rn. 62.
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1. Teil: Verfahrensrecht Gegen diesen Beschluss, mit dem das Gericht seine weitere Tätigkeit von der Einzahlung der Gerichtsgebühr abhängig macht (s. § 12 GKG), kann nach § 67 Abs. 1 Satz 1 GKG Beschwerde erhoben werden.
158
Im Rahmen dieser Beschwerde ist die Höhe der angeforderten Gerichtsgebühr zu prüfen und damit auch der Streitwert, nach dem sie berechnet ist. Da die Beschwerde nach § 67 GKG eine Beschwer (allerdings keine Mindestbeschwer) voraussetzt, kann mit ihr nur der Kläger oder ein sonstiger Antragsteller geltend machen, der Wert sei zu hoch festgesetzt. Eine Heraufsetzung des Wertes kann mit dieser Beschwerde nicht erreicht werden.
159
Muster 4: Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung Amtsgericht … In Sachen … ./. … lege ich namens der Klgerin gegen die Anordnung zur Vorauszahlung der Gerichtskosten gem. § 67 GKG Beschwerde ein. Die Klgerin begehrt von dem Beklagten die Durchfhrung notwendiger Instandhaltungsarbeiten des von ihr angemieteten Objekts. Das Gericht hat den Streitwert vorlufig auf … Euro festgesetzt und danach die 3,0-Gerichtsgebhr nach Nr. 1210 KV GKG angefordert. Bei seiner Wertfestsetzung ist das Gericht von der Hçhe der zu erwartenden Kosten der Instandhaltungsmaßnahmen i.H.v. … Euro ausgegangen. Zutreffend htte das Gericht gem. § 41 Abs. 5 GKG vom Jahreswert der mçglichen Minderung wegen unterlassener Instandhaltung ausgehen und den Wert danach festsetzen mssen. Ausgehend von einer mçglichen Mietminderung von … % und einer monatlichen Kaltmiete ergibt sich ein Jahreswert i.H.v. … Euro. Auf diesen Wert htte sich die vorlufige Wertfestsetzung belaufen mssen. Ausgehend von diesem Wert htte sich lediglich eine 3,0-Gerichtsgebhr i.H.v. … Euro ergeben. Ich beantrage daher, die Gerichtskostenrechnung entsprechend abzundern. Rechtsanwalt
VII. Endgültige Wertfestsetzung 1. Zeitpunkt der Wertfestsetzung Nach Beendigung des Verfahrens, also – sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergangen ist oder – sich das Verfahren anderweitig erledigt hat,
160
muss das Gericht grundsätzlich den Streitwert endgültig festsetzen (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG). Eine Teil-Wertfestsetzung ist nicht vorgesehen. Daher ist nach einem Teilurteil folglich auch keine endgültige Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG mög-
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161
C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG lich.1 Das gilt selbst dann, wenn durch ein Teilurteil ein Teil des Streitgegenstands endgültig aus dem Rechtsstreit ausscheidet, etwa im Falle eines Teilurteils gegen einen von mehreren Beklagten. Eine Teilwertfestsetzung macht im Übrigen auch keinen Sinn, weil für das Verfahren nur eine Gebühr insgesamt erhoben wird und keine Teilgebühren anfallen. 162
Ebenso muss das Gericht auch einen eventuellen Vergleichs(mehr)wert festsetzen, wenn ein Vergleich (auch) über nicht anhängige Gegenstände geschlossen worden ist, da insoweit eine gesonderte Gerichtsgebühr nach Nr. 1900 KV GKG entsteht.
163
Einer endgültigen Wertfestsetzung bedarf es lediglich dann nicht, wenn – das Gericht bereits einen Streitwert für die Zuständigkeit des Gerichts oder für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels festgesetzt hat und – dieser Wert nach § 62 GKG auch für den Gebührenstreitwert gilt (§ 63 Abs. 2 GKG).
164
Û
165
Ist ein Wert für die Zuständigkeit oder die Zulässigkeit eines Rechtsmittels bereits festgesetzt worden, gilt dieser aber nicht nach § 62 GKG auch für den Gebührenstreitwert, sondern es muss noch ein gesonderter Wert nach § 63 GKG festgesetzt werden.
166
Ein solcher Fall divergierender Werte ist z.B. in Mietsachen gegeben.
Û
167
Beispiel: In einem Verfahren auf Widerruf rufschädigender Äußerungen hat das Landgericht den Zuständigkeitsstreitwert im Urteil gem. § 3 ZPO auf 6000 Euro festgesetzt. Dieser Wert gilt nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO auch für die Gerichtsgebühren, so dass es einer Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG nicht bedarf.
Beispiel: Der Vermieter hatte erstinstanzlich eine Mieterhöhung i.H.v. 40 Euro monatlich geltend gemacht. Die Klage ist abgewiesen worden. Er hat daraufhin Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hatte den Streitwert für die Zulässigkeit des Rechtsmittels gem. § 9 ZPO auf 42 × 40 Euro = 1680 Euro festgesetzt.2 Diese Wertfestsetzung ist für die Gerichtsgebühren nicht maßgebend, da § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht anwendbar ist. Vielmehr gilt hier die vorrangige Regelung des § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG, wonach der Jahresbetrag der geforderten Mieterhöhung maßgebend ist. Das Gericht muss also nach § 63 Abs. 2 GKG den Wert für die Gerichtsgebühren gesondert auf 12 × 40 Euro = 480 Euro festsetzen.
Beendet ist das Verfahren, wenn – eine die Instanz abschließende Entscheidung ergeht, – die Klage oder ein sonstiger Antrag zurückgenommen wird, – das Rechtsmittel zurückgenommen wird, – die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wird oder – die Beteiligten einen Vergleich schließen. Erforderlich ist, dass damit das gesamte Verfahren beendet wird. Ein Teilurteil, eine Teilrücknahme, eine teilweise Erledigung oder ein Teilvergleich reichen nicht, ebenso wenig die Rücknahme nur der Klage oder Widerklage oder eines von mehreren Rechtsmitteln, wenn im Übrigen das Verfahren noch anhängig bleibt.
168
Erledigt ist das Verfahren abgesehen von den Fällen der Beendigung auch dann, wenn es, ohne förmlich beendet worden zu sein, von den Beteiligten nicht mehr betrieben wird. 1 OVG Magdeburg, Beschl. v. 3.8.2009 – 4 O 153/09, NJW 2009, 3115. 2 Siehe dazu BGH, Beschl. v. 21.5.2003 – VIII ZB 10/03, AGS 2003, 489 = AnwBl. 2003, 597.
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1. Teil: Verfahrensrecht Eine Sonderstellung nimmt die Wertfestsetzung für eine Verzögerungsgebühr (Nr. 1901 KV GKG) ein. Auch diese Gebühr wird nach dem Streitwert berechnet. Hier kann allerdings auch ein geringerer Wert in Betracht kommen, wenn die Verzögerung nur einen Teil des gesamten Verfahrensgegenstands betrifft.1 Der für die Gebühr geltende Wert ist zweckmäßigerweise in dem Beschluss, mit dem die Verzögerungsgebühr verhängt wird, gesondert festzusetzen.
169
2. Form Die endgültige Wertfestsetzung ergeht durch Beschluss (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG). 170 Dieser Beschluss kann im Urteil als Nebenentscheidung enthalten sein. Das Gericht kann aber auch einen gesonderten Wertfestsetzungsbeschluss erlassen. In beiden Fällen ist eine gesonderte Rechtsmittelbelehrung erforderlich (§ 5b GKG). Zuständig für die endgültige Wertfestsetzung ist der Richter, bzw. das Kollegium, das in der Sache entschieden hat oder zum Zeitpunkt der Erledigung zur Entscheidung berufen gewesen wäre.
171
Ist das Kollegium an sich zuständig, dürfte es allerdings möglich sein, dass es einem Einzelrichter die Sache überträgt, damit er dann die Streitwertfestsetzung vornimmt.
172
Umgekehrt kann der Einzelrichter die Sache dem Kollegium übertragen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Dieser Fall wird beim Landgericht in der Regel gegeben sein, wenn die weitere Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 GKG zugelassen werden soll.
173
Im Falle einer Verweisung oder einer Abgabe ist das Empfangsgericht zuständig, den Verfahrenswert festzusetzen. Soweit häufig ausgeführt wird, das Empfangsgericht setze auch den Wert des Verfahrens vor dem Ausgangsgericht fest, ist dies in der Sache nicht richtig, da es nur einen einzigen Verfahrenswert gibt und in der Regel auch nur eine Gerichtsgebühr erhoben wird.
174
Soweit ein vorangegangenes selbständiges Beweisverfahren vor einem anderen Gericht stattgefunden hat als der nachfolgende Rechtsstreit, ist das Gericht des Beweisverfahrens für die Festsetzung des Wertes für die Gebühr der Nr. 1610 KV GKG zuständig und das Prozessgericht für die Festsetzung des Wertes der Gebühr der Nr. 1210 KV GKG.
175
Ist ein Mahnverfahren vorangegangen, so ist das Prozessgericht sowohl für die Festsetzung des Wertes der Gebühr nach Nr. 1100 KV GKG zuständig als auch für die Gebühr der Nr. 1210 KV GKG.
176
Im Falle einer Trennung setzen die jeweiligen Gerichte, die nach der Trennung zuständig sind, für die getrennten Verfahren den jeweiligen Wert endgültig fest.
177
Bei einer Verbindung mehrerer Verfahren geht die Zuständigkeit der Wertfestsetzung auf das Gericht des verbundenen Verfahrens für das gesamte Verfahren über.
178
3. Inhalt der Entscheidung a) Wertfestsetzung aa) Überblick Im Beschlusstenor ist der Wert für die anfallenden Gerichtsgebühren anzugeben. In den meisten Fällen wird nur eine Gerichtsgebühr für das Verfahren im Allgemeinen erhoben, so dass auch nur ein Wert festzusetzen ist.
1 Siehe ZPO-Teil unter dem Stichwort „Verzögerungsgebühr“, Rn. 5864 ff.
N. Schneider
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C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG 180
Setzt sich der Wert für die Gerichtsgebühren aus mehreren Teilwerten zusammen, so insbesondere bei einer objektiven Klagenhäufung (§ 39 Abs. 1 GKG), bei Klage und Widerklage (§ 45 Abs. 1 GKG) oder beschiedenen Hilfsanträgen oder Hilfsaufrechnungen (§ 45 Abs. 2, 3 GKG), reicht es, den Gesamtwert festzusetzen, da auch in diesen Fällen nur eine Gebühr erhoben wird. Die Angabe der Einzelwerte ist eine Frage der Begründung. Andererseits schadet es auch nicht, die Einzelwerte im Beschlusstenor auszuweisen.
181
Der Wertfestsetzungsbeschluss ist grundsätzlich – zumindest stichwortartig – zu begründen. Eine Begründung kann unterbleiben, wenn der Wert offensichtlich ist, etwa bei einer bezifferten Geldforderung.
182
Eine Begründung ist auch bei übereinstimmendem Rechtsmittelverzicht der Beteiligten entbehrlich, nicht jedoch bei einer im Einverständnis der Beteiligten getroffenen Festsetzung (s. Rn. 247 ff.). bb) Mehrere Wertfestsetzungen
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Soweit ausnahmsweise einmal mehrere Gerichtsgebühren anfallen, ist für jede Gerichtsgebühr der maßgebende Wert festzusetzen.
184
Das gilt z.B., wenn ein Mahnverfahren vorausgegangen ist, da es hier zu abweichenden Werten kommen kann.
Û
185
Gleiches gilt, wenn zwar nur eine Gebühr anfällt, diese sich jedoch nach unterschiedlichen Sätzen berechnet. Ein solcher Fall kann z.B. in Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren anfallen, wenn sich die Verfahrensgebühr der Nr. 1410 KV GKG teilweise nach Nr. 1412 KV GKG erhöht.
Û
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Beispiel: Im Mahnverfahren werden 5000 Euro geltend gemacht. Der Anspruch wird jedoch nur i.H.v. 4000 Euro begründet. Darüber wird dann auch entschieden. Da im Mahnverfahren eine gesonderte Gebühr anfällt (Nr. 1100 KV GKG) und diese sich nach einem höheren Wert berechnet als die Gebühr für das streitige Verfahren (Nr. 1210 KV GKG), müssen der Wert für das Mahnverfahren und der Wert für das streitige Verfahren gesondert festgesetzt werden.
Beispiel: Es wird eine einstweilige Verfügung wegen zweier angeblicher Wettbewerbsverstöße beantragt und erlassen. Wegen eines Wettbewerbsverstoßes legt der Antragsgegner Widerspruch ein, so dass es zur mündlichen Verhandlung und einer Entscheidung durch Urteil kommt. Das Gericht muss zum einen den Wert für die 1,5-Gebühr nach Nr. 1410 KV GKG festsetzen und zum anderen den Wert für die erhöhte Gebühr nach Nrn. 1410, 1412 KV GKG. Die Festsetzung hat zweckmäßigerweise dergestalt zu erfolgen, dass die Werte für die jeweiligen Gebühren konkret festgesetzt werden. Eine gestaffelte Wertfestsetzung nach Zeitabschnitten wäre untunlich, da sich daraus nicht ergibt, für welche Gebühr welcher Wert gelten soll. Siehe Rn. 193.
Mehrere Wertfestsetzungen sind auch dann vorzunehmen, wenn neben der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen eine Vergleichsgebühr nach Nr. 1900 KV GKG erhoben wird.
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28
Beispiel: In einem Rechtsstreit haben die Parteien einen Vergleich auch über eine nicht anhängige Forderung geschlossen. Das Gericht muss jetzt zwei Werte festsetzen. Zum einen muss es einen Wert für das Verfahren festsetzen, da sich hiernach die Gebühr Nrn. 1210, 1211 KV GKG berechnet und eine weitere Gebühr für den Mehrwert des Vergleichs, da hieraus eine 0,25-Gebühr nach Nr. 1900 KV GKG entstanden ist.
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1. Teil: Verfahrensrecht Häufig wird nur ein Wert für den „Vergleich“ festgesetzt. Dies ist unzutreffend 187 und führt zu Missverständnissen. Die Gebühr nach Nr. 1900 KV GKG entsteht nämlich nicht aus dem Vergleichswert, sondern nur aus dem Wert der Differenz zwischen Vergleichswert und Verfahrenswert, dem sog. „Vergleichsmehrwert“. Die bloße Festsetzung des Vergleichswerts besagt nichts darüber, inwieweit ein Mehrwert vorliegt. Das Gericht sollte daher in seinem Beschluss ausdrücklich den Mehrwert festsetzen.
Û
Beispiel: Eingeklagt sind 10 000 Euro. Die Parteien schließen später einen Vergleich über nicht anhängige Gegenstände. Das Gericht setzt den Wert des Vergleichs auf 20 000 Euro fest. Diese Festsetzung ist für sich genommen nichtssagend: – Mit ihr kann gemeint sein, dass der Mehrwert 20 000 Euro beträgt. Dann würde die Vergleichsgebühr der Nr. 1900 KV GKG aus 20 000 Euro berechnet. Es ist nämlich nicht erforderlich, dass der Vergleich sich auch über anhängige Gegenstände verhält. – In den 20 000 Euro Vergleichswert können aber auch die anhängigen 10 000 Euro enthalten sein. Dann wäre die Vergleichsgebühr der Nr. 1900 KV GKG nur aus 10 000 Euro zu berechnen. – Möglich wäre aber auch, dass in den 20 000 Euro Vergleichswert 5000 Euro anhängige Ansprüche enthalten sind und 15 000 Euro weiter gehende Ansprüche. Dann würde sich die Vergleichsgebühr der Nr. 1900 KV GKG aus dem Wert von 15 000 Euro berechnen. Zweckmäßig ist es daher, ausdrücklich den Vergleichsmehrwert festzusetzen.
cc) Gestaffelte Wertfestsetzungen Gestaffelte Wertfestsetzungen sind unzulässig,1 kommen in der Praxis aber regelmäßig vor. Abgesehen davon, dass eine gesetzliche Grundlage für eine solche gestaffelte Wertfestsetzung fehlt, fragt es sich auch, wem eine solche gestaffelte Wertfestsetzung nutzen soll.
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Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG ist der „Wert für die zu erhebenden Gebühren festzusetzen“. Der Kostenbeamte soll nämlich aufgrund des Streitwertbeschlusses ohne Weiteres in der Lage dazu sein, abzulesen, nach welcher Wertstufe er die im Verfahren angefallenen Gebühren anzusetzen hat. An den vom Gericht festgesetzten Streitwert ist er nämlich im Kostenansatzverfahren (§ 19 GKG) gebunden. Wie sich der Wert im Laufe des Verfahrens entwickelt oder verändert hat, ist für die Abrechnung der Gerichtsgebühren dagegen völlig unerheblich.
189
Gestaffelte Wertfestsetzungen nutzen niemandem, sondern führen im Gegenteil nur zu Unklarheiten und Mehrarbeit. Dies mag an folgendem Beispiel verdeutlicht werden:
190
Û
Beispiel: Das Gericht setzt im Urteil den Streitwert wie folgt fest: „Der Streitwert wird bis zum … auf 4000 Euro festgesetzt und ab dann auf 2000 Euro.“ Da eine einheitliche Gerichtsgebühr für das Verfahren im Allgemeinen zu erheben ist (Nr. 1210 KV GKG), muss jetzt der Kostenbeamte aus der gestaffelten Wertfestsetzung den Gesamtwert ermitteln, nach dem er die Gebühr Nr. 1210 KV GKG bestimmt. Dies ist ihm aber ohne Weiteres nicht möglich. Es kommen nämlich drei Varianten in Betracht: Erste Variante: Ursprünglich war die Klage i.H.v. 4000 Euro erhoben worden. Später ist sie dann um 2000 Euro zurückgenommen worden. In diesem Fall beliefe sich der Streitwert des Verfahrens auf 4000 Euro. Die Gerichtsgebühr wäre aus 4000 Euro zu erheben.
1 BGH, Beschl. v. 28.10.2014 – XI ZR 395/13, MDR 2015, 51 = AGS 2015, 78.
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29
C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG Zweite Variante: Es liegt eine Klageänderung vor. Anstelle der ursprünglich eingeklagten 4000 Euro ist mit den 2000 Euro ein völlig neuer Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt worden. In diesem Fall sind die Werte der einzelnen Gegenstände nach § 39 Abs. 1 GKG zu addieren. Es würde somit ein Wert von 6000 Euro gelten, nach dem sich die Gerichtsgebühr berechnet.1 Dritte Variante: Möglich ist aber auch noch, dass hier die Klage nur zum Teil i.H.v. 1000 Euro zurückgenommen worden ist und zum Teil (weitere 1000 Euro) erweitert wurde. In diesem Fall sind wiederum nach § 39 Abs. 1 GKG die Werte sämtlicher einzelner Gegenstände zusammenzurechnen,2 so dass sich jetzt ein Wert von 5000 Euro ergibt. Dieses Beispiel belegt, dass eine gestaffelte Festsetzung wertlos ist, da sie keine Aussage über den Gesamtwert trifft, der aber nach § 39 Abs. 1 GKG allein für die Gerichtsgebühren maßgebend ist. Der Kostenbeamte muss also bei einer solchen gestaffelten Wertfestsetzung, wenn er richtig festsetzen will, Rücksprache mit dem Richter nehmen, der nunmehr nochmals festsetzen muss, nämlich den Gesamtwert.
191
Der Urkundsbeamte könnte sich andererseits auch selbst die Arbeit machen, herauszufinden, wie sich die einzelnen Werte zueinander verhalten, also ob sie zusammenzurechnen sind, ob sie identisch sind oder ob sie teilidentisch sind. Dies ist aber nicht Aufgabe eines Urkundsbeamten. Insbesondere kann er unter Umständen rechtlich schwierige Fragen, z.B. ob der Klageänderung derselbe oder ein anderer Streitgegenstand zugrunde liegt, nicht entscheiden. Er darf dies auch nicht. Dies ist dem Richter vorbehalten.
192
Häufig wird zur Legitimation der gestaffelten Wertfestsetzung angeführt, diese habe zumindest Bedeutung für die Anwaltsgebühren. Auch dieses Argument greift nicht. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes hat das Gericht nach § 63 Abs. 2 GKG nur den Wert für die Gerichtsgebühren festzusetzen. Eine Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren von Amts wegen sieht das Gesetz nicht vor. Das ist auch nicht erforderlich, weil nach § 32 Abs. 2 RVG insoweit bereits eine Bindungswirkung besteht. Der für die Gerichtsgebühren festgesetzte Wert gilt auch für die Anwaltsgebühren, soweit der Gegenstand der gerichtlichen und der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist. Eine gesonderte Wertfestsetzung von Amts wegen für die anwaltlichen Gebühren ist daher nicht nur unzulässig; sie würde zudem die Gefahr divergierender Entscheidungen mit sich bringen. Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit darf nur auf Antrag festgesetzt werden. So steht es ausdrücklich im Gesetz: § 33 Abs. 1 RVG. Bei diesem Verfahren handelt es sich um ein reines Antragsverfahren, für das zudem besondere Verfahrensvorschriften gelten.
193
Eine gestaffelte Wertfestsetzung kommt auch dann nicht in Betracht, wenn das GKG ausnahmsweise mehrere Gebühren (etwa bei Mahnverfahren und streitigen Verfahren – s. Rn. 183 ff.) vorsieht bzw. verschiedene Gebührensätze einer Gebühr (z.B. bei Arrest oder einstweiliger Verfügung mit Teilwiderspruch, s. Rn. 185 ff.), so dass es zu sog. Stufenstreitwerten kommen kann. Dann müssten mehrere Werte festgesetzt werden, damit der Rechtspfleger die jeweiligen einzelnen Gebühren berechnen und ansetzen kann. Auch hier ist jedoch eine Festsetzung nach Zeitabschnitten aus den vorgenannten Gründen unzutreffend, weil sie wiederum nicht ermöglicht, den Wert der jeweiligen Gebühr eindeutig zu bestimmen.
Û
Beispiel: Nach vorherigem Mahnverfahren setzt das Gericht im Urteil den Streitwert wie folgt fest: „Der Streitwert wird bis zum … (Akteneingang bei Gericht) auf 3000 Euro festgesetzt und ab dann auf 2000 Euro.“
1 Siehe das Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“, Rn. 3653 ff. 2 Siehe das Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“, Rn. 3653 ff.
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1. Teil: Verfahrensrecht Auch eine solche Festsetzung ist falsch. Zutreffend ist sie nur insoweit, als die Gebühr für das Mahnverfahren (Nr. 1100 KV GKG) aus 3000 Euro zu erheben ist. Hinsichtlich der weiteren Gebühr Nr. 1210 KV GKG ist sie dagegen nichtssagend. War z.B. nur i.H.v. 2000 Euro Widerspruch eingelegt worden oder hat der Antragsteller nur hinsichtlich eines Teilbetrags von 2000 Euro die Abgabe beantragt, dann beliefe sich der Wert bereits ab Abgabeantrag – und nicht erst ab Akteneingang bei Gericht – nur noch auf 2000 Euro. War dagegen zunächst uneingeschränkte Abgabe beantragt worden und ist der Antrag dann erst nachträglich beschränkt bzw. eingeschränkt begründet worden, dann bleibt der Wert von 3000 Euro auch für die Gebühr der Nr. 1210 KV GKG maßgebend, da es für den Anfall der Gebühr auf den Abgabeantrag ankommt.1 Schließlich kommt auch in Betracht, dass die Durchführung des streitigen Verfahrens nur wegen eines Teils beantragt worden war und der Antrag später erweitert worden ist. Wäre etwa die Abgabe nur wegen eines Betrages i.H.v. 1000 Euro beantragt und der Klageantrag um 2000 Euro erweitert worden, dann würde sich zwar auch die Gebühr der Nr. 1100 KV GKG nach 2000 Euro richten und die Gebühr der Nr. 1210 KV GKG nach 3000 Euro. Eine Anrechnung nach Anm. zu Nr. 1210 KV GKG käme dann aber nur aus einem Wert von 1000 Euro in Betracht. Daher sollte ggf. auch noch ein Wert für die Gebührenanrechnung nach Anm. zu Nr. 1210 KV GKG mit festgesetzt werden. Zutreffend ist es folglich auch hier, die Werte für die jeweiligen Gebühren festzusetzen und nicht für irgendwelche Zeiträume, die für die Gerichtskosten irrelevant sind.
Ebenso sind gestaffelte Wertfestsetzungen für einzelne Anträge ohne Aussagekraft, wenn nicht zugleich der Gesamtwert angegeben wird. Das betrifft insbesondere Klage- und Widerklage. Die Festsetzung der einzelnen Werte von Klage und Widerklage alleine besagt nichts, da dies noch nichts über den Gesamtwert aussagt. Die Werte von Klage- und Widerklage können zu addieren sein (§ 45 Abs. 1 Satz 1 GKG). Es kann auch sein, dass nur der höhere Wert gilt, nämlich, wenn derselbe Gegenstand zugrunde liegt (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG). Es kann auch teilweise zu addieren sein, wenn nur eine Teilidentität besteht. Daher bedarf es auch hier immer der Festsetzung des Gesamtwertes.
194
b) Zulassung der Beschwerde Neben der Wertfestsetzung muss das Gericht auch darüber entscheiden, ob es nach § 68 Abs. 1 Satz 2 GKG die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Fragen zulässt.
195
Erforderlich ist es nur, im Tenor eine (positive) Zulassungsentscheidung aufzunehmen. Soweit das Gericht die Beschwerde nicht ausdrücklich zulässt, gilt dies als Nichtzulassung.
196
Eindeutiger ist es dagegen, auch in diesen Fällen im Tenor auszusprechen, dass 197 die Beschwerde nicht zugelassen wird, da dies der Klarheit dient und insbesondere zeigt, dass sich das Gericht auch Gedanken über die Zulassungsfrage gemacht hat, womit ggf. überflüssige Berichtigungs- oder Ergänzungsanträge vermieden werden. Eines Zulassungsantrags bedarf es nicht. Das Gericht muss von Amts wegen über die Frage der Zulassung entscheiden. Dem „Antrag“ einer Partei oder eines sonstigen Verfahrensbeteiligten kommt insoweit lediglich der Charakter einer Anregung zu.
198
Andererseits ist es häufig zweckmäßig, die Zulassung der Beschwerde zu „beantragen“. So kann es sinnvoll sein, auf die grundsätzliche Bedeutung oder divergierende Rechtsprechung bereits im Wertfestsetzungsverfahren hinzuweisen und dazu vorzutragen, damit das Gericht sich Gedanken über die Zulassung macht. Eine
199
1 Hartmann, KostG, Nr. 1210 KV GKG Rn. 23.
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C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG unterbliebene Zulassung kann nämlich grundsätzlich nicht nachgeholt werden (s. Rn. 262 ff.). 200
Eine Zulassung ist insbesondere dann geboten, wenn es sich um eine grundsätzliche Bewertungsfrage handelt, die in einer Vielzahl von Fällen auftritt und deren Beantwortung noch nicht abschließend geklärt ist.
201
Darüber hinaus ist die Zulassung geboten, wenn das Gericht von der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts oder des Gerichts der weiteren Beschwerde abweichen will oder von Entscheidungen anderer Gerichte und eine grundsätzliche Entscheidung des zuständigen Beschwerdegerichts noch nicht vorliegt. c) Rechtsbehelfsbelehrung
201a
Schließlich muss der Wertfestsetzungsbeschluss nach § 5b GKG auch eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. 4. Bindung an die Festsetzung des Zuständigkeitswerts
202
Zu beachten ist, dass die Rspr. eine eingeschränkte Bindungswirkung annimmt, wenn ein Gericht bereits im Rahmen der Frage der Zuständigkeit oder der Zulässigkeit eines Rechtsmittels inzidenter über den Streitwert befunden hat. Die Bindungswirkung der Streitwertfestsetzung soll dann allerdings nur in Höhe des Grenzwerts bestehen.1
203
Ist das Amtsgericht hinsichlich des Streitwerts für die Zuständigkeit von einem Wert von über 5000 Euro ausgegangen und hat es anschließend den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das Landgericht verwiesen, soll diese Wertannahme gem. §§ 62 Satz 1, 63 Abs. 2 GKG nunmehr für die Berechnung der Gebühren hinsichtlich des „Grenzwertes“ maßgeblich und bindend sein.2 Damit sollen sich widersprechende Streitwertfestsetzungen für die Zuständigkeit oder die Zulässigkeit eines Rechtsmittels einerseits und des Gebührenstreitwerts andererseits vermieden werden, wenn und soweit die Streitwertfestsetzung für die Zuständigkeit des Gerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels einerseits und für die Gebührenberechnung andererseits nach denselben Vorschriften zu erfolgen hat. Es soll vermieden werden, dass in derselben Angelegenheit Gebühren nach einem höheren oder auch niedrigeren Wert als dem für die Zuständigkeit bzw. Zulässigkeit des Rechtsmittels maßgeblich erachteten Streitwert berechnet werden.3
203a
Nachvollziehbar ist diese Rspr. nicht. Solange keine „echte“ Festsetzung des Streitwerts i.S.d. § 62 GKG erfolgt ist, besteht keine Bindungswirkung (s.o. Rn. 78 ff.). Wieso eine ggf. unzutreffende Wertannahme für den Zuständigkeits- oder Rechtsmittelstreitwert zwingend zur Folge haben soll, auch den Gebührenstreitwert unzutreffend festsetzen zu müssen, ist nicht nachvollziehbar. So ist es nicht einzusehen, dass eine Partei nur deshalb unzutreffend hohe Gebühren soll zahlen müssen, weil das Gericht im Rahmen der Zuständigkeit von einem zu hohen Wert ausgegangen ist. Ebensowenig ist einzusehen, dass ein Anwalt auf einen Teil seiner Vergütung verzichten soll, weil das Gericht im Rahmen der Zuständigkeit einen zu geringen Wert angenommen hat. Wieso hier der Grundsatz „nicht widersprechender Entscheidungen“ Vorrang vor einer richtigen Wertfestsetzung haben soll, ist nicht nachzuvollziehen. Das gilt umso mehr, als Partei und Anwalt grundsätzlich keine 1 OLG Köln, Beschl. v. 26.2.2009 – 2 W 16/09, 2 W 17/09, AGS 2009, 244 = OLGR 2009, 680. 2 OLG Köln, Beschl. v. 21.6.1999 – 12 W 26/99, OLGR 2000, 78; OLG Dresden, Beschl. v. 26.10.2007 – 8 W 1224/07, MDR 2008, 50; OLG Koblenz, Beschl. v. 28.2.2005 – 3 W 84/05, OLGR 2005, 602. 3 OLG Köln, Beschl. v. 21.6.1999 – 12 W 26/99, OLGR 2000, 78.
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1. Teil: Verfahrensrecht Möglichkeit haben, gegen eine falsche Wertannahme im Rahmen der Zuständigkeitsfrage ein Rechtsmittel einzulegen, da Verweisungsbeschlüsse grundsätzlich unanfechtbar sind und die Annahme einer nicht gegebenen Zuständigkeit nicht mit der Berufung angefochten werden kann (§ 513 Abs. 2 ZPO). Die Bindungswirkung der amtsgerichtlichen Streitwertfestsetzung wird von der Rspr. allerdings nur in Höhe des Grenzwertes für die Zuständigkeit angenommen; eine Bezifferung des verweisenden Gerichts soll darüber hinaus nicht bindend sein, weil davon die Zuständigkeit nicht abhängt.
Û
Beispiel: Das Amtsgericht setzt den Streitwert auf 8000 Euro fest und verweist die Sache an das Landgericht. Das Landgericht ist der Auffassung, der Streitwert betrage nur 4000 Euro. Das Landgericht soll jetzt nicht den Wert auf 4000 Euro festsetzen dürfen, da dies der Bindungswirkung der Verweisung widersprechen würde. Es soll andererseits aber auch nicht an den Wert von 8000 Euro gebunden sein, sondern soll auch niedriger festsetzen können. Den Wert von 5000,01 Euro soll es jedoch nicht unterschreiten dürfen.
Hat das Landgericht den Wert auf unter 5000 Euro festgesetzt und an das Amtsgericht verwiesen, dann soll das Amtsgericht jedenfalls insoweit gebunden sein, als es nicht über 5000 Euro festsetzen darf.
Û
205
Beispiel: Das Landgericht setzt den Streitwert auf 4000 Euro fest und verweist die Sache an das Amtsgericht. Das Amtsgericht ist der Auffassung, der Streitwert betrage 8000 Euro. Das Amtsgericht soll jetzt nicht den Wert auf 8000 Euro festsetzen dürfen, da dies wiederum der Bindungswirkung der Verweisung widersprechen würde. Es soll andererseits aber auch nicht an den Wert von 4000 Euro gebunden sein, sondern soll höher festsetzen können. Den Wert von 5000 Euro soll es jedoch nicht überschreiten dürfen.
Eine solche eingeschränkte Bindungswirkung nimmt die Rspr. aber nur an, wenn die Bewertung des Zuständigkeits- bzw. Rechtsmittelstreitwerts denselben Vorschriften folgt. Sofern für den Zuständigkeits- oder Rechtsmittelstreitwert andere Regeln gelten, greift die eingeschränkte Bindungswirkung nicht.
Û
204
205a
Beispiel: Vor dem Amtsgericht wird eine Klage auf Räumung einer gewerblich genutzen Halle (Monatsmiete 400 Euro) erhoben. Das Amtsgericht geht von einem Streitwert nach § 9 ZPO in Höhe von 42 × 400 Euro = 16 800 Euro aus und verweist die Sache an das Landgericht. Da sich der Gebührenstreitwert nicht nach § 9 ZPO richtet, sondern nach § 41 Abs. 1, 2 GKG und hier nur der Jahreswert gilt, ist das Landgericht nicht gehindert, den Gebührenstreitwert auf 12 × 400 = 4800 Euro festzusetzen.
5. Nachträgliche Abänderungsmöglichkeit Die endgültige Wertfestsetzung kann vom Gericht nachträglich von Amts wegen abgeändert werden (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).
206
Zur Abänderung berechtigt ist immer das Gericht, das den Wert festgesetzt hat (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GKG).
207
Darüber hinaus ist auch ein Rechtsmittelgericht berechtigt, den Wert abzuändern, wenn die Sache vor dem Rechtsmittelgericht anhängig ist (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG). Daher kann – das Landgericht eine Festsetzung des Amtsgerichts, – das Oberlandesgericht eine Festsetzung des Amtsgerichts und des Landgerichts und – der Bundesgerichtshof sowohl eine Festsetzung des Amtsgerichts, des Landgerichts als auch des Oberlandesgerichts
208
abändern. N. Schneider
33
C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG 209
Eine Abänderung ist allerdings dann ausgeschlossen, wenn die eigene Wertfestsetzung zwischenzeitlich von einem Rechtsmittelgericht abgeändert worden ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Abänderung aufgrund einer Beschwerde nach §§ 67, 68 GKG erfolgte oder gem. § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen während der Anhängigkeit im Rechtsmittelverfahren. Daher kann – ein Amtsgericht den Wert nicht mehr abändern, wenn das Landgericht, das Oberlandesgericht oder der Bundesgerichtshof die Festsetzung abgeändert hat, – das Landgericht nicht mehr abändern, wenn das Oberlandesgericht oder der Bundesgerichtshof die Festsetzung abgeändert hat und – das Oberlandesgericht nicht mehr abändern, wenn der Bundesgerichtshof die Festsetzung abgeändert hat.
210
Die Abänderungsmöglichkeit besteht grundsätzlich nur innerhalb der Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG, also innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat.
211
Die Frist beginnt im Falle eines Rechtsstreits mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens oder anderweitiger Beendigung. Sie beginnt also im Falle – einer Endentscheidung (Urteil oder Beschluss), sobald diese Entscheidung rechtskräftig geworden ist; wird nach Erlass der Entscheidung allerdings eine Gehörsrüge (§ 321a ZPO u.a.) eingelegt, so beginnt die Sechs-Monats-Frist mit der Entscheidung über die Gehörsrüge; – einer Klage- oder Antragsrücknahme mit Rücknahmeerklärung bzw. Zustimmung, wenn diese erforderlich ist; – einer Rechtsmittelrücknahme mit Rücknahmeerklärung bzw. Zustimmung hierzu, wenn diese erforderlich ist; – einer übereinstimmend erklärten Hauptsacheerledigung mit Abgabe der letzten erforderlichen Erledigungserklärung; – eines Vergleichsabschlusses mit dessen Protokollierung oder im Fall des § 278 Abs. 6 ZPO mit Eingang der letzten Vergleichsannahmeerklärung. Im Falle eines Vergleich unter dem Vorbehalt des Widerrufs beginnt die Frist mit Ablauf der Widerrufsfrist bzw. dem Verzicht auf das Widerrufsrecht.
211a
Soweit nur ein Teil- oder Zwischenurteil ergeht, beginnt damit nicht schon die Sechs-Monatsfrist zu laufen. Da der Wert für das gesamte Verfahren einheitlich festzusetzen ist, kann eine Wertfestsetzung erst nach Abschluss des gesamten Verfahrens erfolgen, so dass auch erst dann die Frist zu laufen beginnt.1
212
Sofern die Hauptsache an ein Rechtsmittelgericht gelangt, kann – und muss – das Rechtsmittelgericht einen fehlerhaft festgesetzten Streitwert der Vorinstanz von Amts wegen abändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
213
Eine solche Abänderung des Streitwertes ist unabhängig von der Entscheidung in der Hauptsache. Auch wenn das Rechtsmittelgericht das Rechtsmittel als unbegründet zurückweist, kann und muss es den Streitwert ggf. abändern.
214
Der Streitwert kann auch dann geändert werden, wenn das Rechtsmittel unzulässig ist. Auch im Rahmen eines unzulässigen Rechtsmittels ist das Rechtsmittelgericht befasst. Es ist nämlich dafür zuständig, darüber zu entscheiden, ob das Rechtsmittel zulässig ist oder nicht. Im Zusammenhang mit dieser Entscheidung ist es dann auch befugt, den Streitwert zu ändern, da das Verfahren bei ihm anhängig ist.
1 OVG Magdeburg, Beschl. v. 3.8.2009 – 4 O 153/09, NJW 2009, 3115.
34
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht Unklar ist, ob das Rechtsmittelgericht auch dann von Amts wegen den Wert abändern darf, wenn das Rechtsmittel unstatthaft ist. Gegen eine Berechtigung zur Abänderung spricht, dass ein gesetzlich nicht gegebenes Rechtsmittel in der Hauptsache auch nicht dazu führen darf, dass die Entscheidung in einem Nebenpunkt abgeändert wird. Andererseits ist das Rechtsmittelgericht dazu berufen, über die Frage der Statthaftigkeit des Rechtsmittels, die ja durchaus strittig sein kann, zu entscheiden.
215
Nicht verwechselt werden darf der Fall der Unzulässigkeit des Rechtsmittels mit der Frage, ob das Gericht auch auf eine unzulässige Streitwertbeschwerde berechtigt ist, den Wert abzuändern (s. Rn. 336).
216
VIII. Gegenvorstellung Gegen die endgültige Streitwertfestsetzung des Gerichts kann immer eine Gegenvorstellung erhoben werden.
217
Da der Streitwert von Amts wegen zutreffend festzusetzen und ggf. von Amts wegen abzuändern ist (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GKG), muss das Gericht auf eine Gegenvorstellung hin seine Festsetzung oder die einer Vorinstanz (s. § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG) prüfen und, sofern die Gegenvorstellung begründet ist, abändern.
218
Die Gegenvorstellung ist allerdings befristet. Sie muss innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt werden, da das Gericht nur in diesem Zeitraum zur Abänderung berechtigt ist.
219
Ist die Gegenvorstellung innerhalb dieser Frist erhoben worden, dann kann und muss das Gericht auch noch nach Ablauf der Sechsmonatsfrist seine Festsetzung ändern.1
220
Ist der Wert später als einen Monat vor Ablauf der Frist festgesetzt worden, kann noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung Gegenvorstellung erhoben werden. Es kann hier nichts anderes gelten als für eine Beschwerde (§ 68 Abs. 1 Satz 3 GKG). Im Falle der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss als mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 68 Abs. 1 Satz 4 GKG).
221
Die Gegenvorstellung ist ein Rechtsbehelf und kein Rechtsmittel und führt daher – im Gegensatz zur Beschwerde – nicht zur Eröffnung einer weiteren Instanz, sondern wird von dem festsetzenden Gericht endgültig beschieden. Dafür löst eine Gegenvorstellung keine gesonderten Kosten aus, da sie zur Instanz gehört (s. Rn. 360, 368).
222
Die Gegenvorstellung ist auch dann zulässig, wenn eine Beschwerde möglich wäre. Sie ist nicht subsidiär.
223
Muster 5: Gegenvorstellung gegen endgltige Wertfestsetzung Landgericht … In Sachen … ./. … erhebe ich im eigenen Namen gegen die Festsetzung des Streitwertes Gegenvorstellung.
1 OLG Köln, Beschl. v. 1.7.2008 – 8 W 23/07, AGS 2008, 406.
N. Schneider
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C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG Begrndung: Das Gericht hat den Streitwert fr das Verfahren auf den Wert der mit der Klage geltend gemachten 2500 Euro Renovierungskosten festgesetzt. Bei der Wertfestsetzung hat das Gericht bersehen, dass durch den geschlossenen Vergleich auch die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte und vom Klger bestrittene Gegenforderung des Beklagten auf Rckzahlung nicht verbrauchter Betriebskostenvorauszahlungen i.H.v. 300 Euro abgegolten worden ist. Gemß § 45 Abs. 3, 4 GKG erhçht sich damit der Streitwert des Verfahrens. Es wird daher beantragt, die gerichtliche Wertfestsetzung auf 2800 Euro abzundern. Rechtsanwalt
IX. Beschwerde 1. Überblick 224
Neben der Gegenvorstellung als Rechtsbehelf kommt die Beschwerde nach § 68 GKG als Rechtsmittel gegen eine endgültige Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG in Betracht.
225
Die Beschwerde ist allerdings nicht nur gegen die endgültige Wertfestsetzung selbst gegeben, sondern auch gegen eine unterlassene Wertfestsetzung. Weigert sich das Gericht, eine endgültige Wertfestsetzung vorzunehmen, obwohl diese geboten ist, kann auch dagegen Beschwerde – Untätigkeitsbeschwerde – eingelegt werden. 2. Anfechtbare Festsetzungen a) Festsetzung der verschiedenen Instanzen
226
Anfechtbar ist nur eine endgültige Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG. Eine Beschwerde gegen eine vorläufige Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 1 GKG ist nicht zulässig (s. Rn. 153 ff.).
227
Anfechtbar ist – vorbehaltlich der Zulässigkeitsvoraussetzungen – stets die erstinstanzliche Festsetzung eines Amts- oder Landgerichts.
228
Darüber hinaus ist auch die Festsetzung des Landgerichts als Berufungs- oder Beschwerdegericht mit der Beschwerde anfechtbar.1 Dies gilt sowohl für die Festsetzung des Wertes für die Berufungs- oder Beschwerdeinstanz als auch für eine von Amts wegen vorgenommene Abänderung der amtsgerichtlichen Festsetzung.
Û
Beispiele: – In einem Berufungsverfahren setzt das Landgericht den Streitwert für das Berufungsverfahren fest. Eine Beschwerde zum Oberlandesgericht ist möglich. – Im Verfahren über eine Beschwerde im einstweiligen Verfügungsverfahren setzt das Landgericht als Beschwerdegericht den Streitwert für das Beschwerdeverfahren fest. Auch hier ist eine Beschwerde zum Oberlandesgericht möglich. – Im Berufungsverfahren ändert das Landgericht gem. § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG die erstinstanzliche Wertfestsetzung des Amtsgerichts ab. Gegen diese Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung ist ebenfalls die Beschwerde gegeben, und zwar zum Oberlandesgericht. Es handelt sich nicht um eine weitere
1 OLG Köln, Beschl. v. 9.9.2009 – 17 W 200/09, MDR 2009, 1408 = AGS 2009, 604; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.9.2006 – 24 W 45/06, OLGR 2007, 97 = MDR 2007, 605; OLG München, Beschl. v. 14.5.2009 – 32 W 1336/09, OLGR 2009, 533; OLG Schleswig, Beschl. v. 12.8.2008 – 16 W 72/09, OLGR 2009, 827 = MDR 2009, 1355.
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N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht Beschwerde, da die erstmalige Festsetzung bzw. Abänderung der erstmaligen Festsetzung durch das Landgericht angegriffen wird und nicht eine Beschwerdeentscheidung.
Die zweitinstanzliche Streitwertfestsetzung des Landgerichts kann selbst dann mit der Beschwerde zum Oberlandesgericht angefochten werden, wenn der Instanzenzug der Hauptsache wegen § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO beim Landgericht endet.1
229
Eine Beschwerde gegen eine Wertfestsetzung des Oberlandesgerichts ist nicht möglich, da eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nach § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG nicht statthaft ist.
230
Das gilt auch dann, wenn das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. Die Zulassung eines nicht statthaften Rechtsmittels ist nicht möglich und bindet daher den Bundesgerichtshof nicht (s. Rn. 355).
231
Eine Beschwerde gegen eine Wertfestsetzung des Bundesgerichtshofs wiederum kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es darüber kein Beschwerdegericht gibt.
232
b) Unterlassene Festsetzung Kommt das Gericht seiner Verpflichtung aus § 63 Abs. 2 GKG, den Streitwert nach Abschluss des Verfahrens festzusetzen, nicht nach oder verweigert es eine Festsetzung, kann gegen die Untätigkeit des Gerichts nach § 68 GKG Beschwerde eingelegt werden. Die Weigerung einer Festsetzung kommt einer Wertfestsetzung auf „Null“ gleich.
233
Hierzu gehört allerdings nicht der Fall, dass sich das Gericht auf eine Bindung nach § 62 GKG beruft (s. Rn. 202). In diesem Fall liegt in der Weigerung der Festsetzung konkludent eine „Festsetzung“ auf den Zuständigkeitsstreitwert. Dieser Fall ist zu behandeln wie eine Wertfestsetzung, so dass die Beschwerde nach § 68 Abs. 1 GKG gegeben ist.
234
Muster 6: Unttigkeitsbeschwerde gegen unterbliebene Wertfestsetzung An das … gericht In dem Rechtsstreit … ./. … lege ich gegen die Weigerung des Gerichts, den Streitwert gem. § 63 Abs. 2 GKG festzusetzen, Beschwerde ein. Begrndung: Nach § 63 Abs. 2 GKG hat das Gericht den Streitwert durch Beschluss festzusetzen, sobald eine Entscheidung ber den gesamten Streitgegenstand ergangen ist oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat. Die anderweitige Erledigung ist hier durch die bereinstimmenden Erledigungserklrungen eingetreten. Dass die Parteien gleichzeitig auf eine Kostenentschei1 OLG Koblenz, Beschl. v. 12.2.2008 – 5 W 70/08, MDR 2008, 405 = AGS 2008, 302.
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C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG dung verzichtet haben, ist unerheblich und entbindet das Gericht nicht von der Verpflichtung der Streitwertfestsetzung. Eine Wertfestsetzung ist nur dann entbehrlich, wenn bereits der Streitwert fr die Zustndigkeit des Prozessgerichts festgesetzt worden wre. An einer solchen Festsetzung fehlt es hier jedoch. Rechtsanwalt 235
Eine besondere Begründung bei einer Untätigkeitsbeschwerde ist nicht erforderlich.
236
Eine Beschwer ist ebenfalls nicht erforderlich, da nicht der Festsetzungsbeschluss angefochten wird, sondern sich die Beschwerde gegen die Untätigkeit des Gerichts richtet.
237
Erstrebt der Anwalt eine bestimmte Wertfestsetzung, so sollte die Untätigkeitsbeschwerde wiederum mit einem bezifferten Festsetzungsantrag verbunden werden, damit das Beschwerdegericht ggf. sogleich die zutreffende Wertfestsetzung vornimmt. c) Nichtzulassung der Beschwerde
238
Die Nichtzulassung der Beschwerde ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 4 Hs. 2 GKG). 3. Zuständigkeit
239
Zur Entscheidung über die Beschwerde ist das jeweilige Beschwerdegericht berufen. Zuständiges Beschwerdegericht ist nach § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG das nächsthöhere Gericht. Dies wiederum richtet sich nach dem GVG. – Gegen Wertfestsetzungen des Amtsgerichts ist grundsätzlich das Landgericht als Beschwerdegericht zuständig. Lediglich in den Fällen, in denen der Instanzenzug abweichend (Amtsgericht/Oberlandesgericht) geregelt ist, etwa in landwirtschaftsgerichtlichen Verfahren, ist das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zuständig. – Gegen Wertfestsetzungen des Landgerichts ist immer das Oberlandesgericht Beschwerdegericht, unabhängig davon, ob das Landgericht als erstinstanzliches Gericht, als Berufungs-, oder Beschwerdegericht entschieden hat. Dass im Falle einer Berufungsentscheidung durch das Landgericht der Bundesgerichtshof Revisionsgericht ist, ist insoweit unerheblich. Der Beschwerdezug ist insoweit abweichend geregelt.
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Ungeachtet der Zuständigkeit des Beschwerdegerichts ist die Beschwerde immer beim Ausgangsgericht einzureichen (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 Satz 5 GKG), da dieses zunächst zu prüfen hat, ob es der Beschwerde abhilft.
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Die Einreichung beim Beschwerdegericht ist nicht fristwahrend. Wird die Beschwerde beim Beschwerdegericht eingereicht, muss es sie an das Ausgangsgericht abgeben. Der dortige Eingangszeitpunkt ist dann maßgebend.
242
Das Ausgangsgericht kann allerdings – auch wenn es über die Beschwerde nicht zu entscheiden hat – abhelfen. Soweit das Ausgangsgericht in vollem Umfang abhilft und sich das Beschwerdeverfahren damit erledigt, braucht es nicht mehr vorzulegen, da sich dann die Beschwerde erledigt hat. Soweit das Ausgangsgericht der Beschwerde nicht abhilft, hat es sie dem Beschwerdegericht vorzulegen, das dann abschließend entscheidet. 38
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1. Teil: Verfahrensrecht 4. Beschwerdeberechtigte Beschwerdeberechtigt ist zunächst einmal jede Partei, also der Kläger (bzw. der Antragsteller) und der Beklagte (bzw. der Antragsgegner). Darüber hinaus sind aber auch alle weiteren Personen beschwerdeberechtigt, die derart am Verfahren beteiligt sind, dass sie für Gerichtsgebühren einzustehen haben oder dass ihnen Anwaltskosten entstanden sind, die sich nach dem vom Gericht festgesetzten Streitwert richten (§ 32 Abs. 1 RVG). Daher kann insbesondere auch ein Nebenintervenient Beschwerde erheben.
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Beschwerdeberechtigt sind ferner die Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten selbst, soweit sich ihre Gebühren nach dem vom Gericht festgesetzten Streitwert richten (§ 32 Abs. 2 RVG).
244
Auch die Landes- und Bundeskasse ist berechtigt, gegen die Festsetzung des Streitwertes Beschwerde zu erheben. Sie kann zum einen Heraufsetzungsbeschwerde erheben, wenn sie der Auffassung ist, die Gerichtskosten seien zu gering bemessen. Sie kann darüber hinaus Herabsetzungsbeschwerde erheben, wenn sie damit erreichen will, dass sie einem im Wege der Prozesskostenhilfe oder anderweitig beigeordneten Rechtsanwalt nur geringere Gebühren zahlen muss.
245
Personen, die nur mittelbar beteiligt sind, die also als Dritte für Kosten des Rechtsstreits haften, sind nicht beschwerdeberechtigt. Daher ist insbesondere ein Rechtsschutzversicherer nicht beschwerdebefugt. Er kann lediglich seinen Versicherungsnehmer anweisen, dass dieser Beschwerde erhebt. Erzwingen kann er dies jedoch nicht, allerdings begeht der Versicherungsnehmer eine Obliegenheitsverletzung, wenn er der Weisung zur Streitwertbeschwerde nicht nachkommt. Siehe Rn. 872 ff.
246
5. Kein Verlust des Beschwerderechts durch Einverständnis mit der Festsetzung Soweit sich eine Partei, ein sonstiger Beteiligter oder ein Verfahrensbevollmächtigter mit der Wertfestsetzung einverstanden erklärt hat, liegt darin noch kein Verzicht auf sein Beschwerderecht.1 Ebenso wenig liegt darin ein Wegfall der Beschwer.
247
Das folgt schon daraus, dass der gerichtliche Streitwert nicht zur Disposition der Beteiligten steht, sondern von Amts wegen stets richtig festzusetzen ist. Bei besserer Erkenntnis kann jeder Beteiligte oder Verfahrensbevollmächtigte innerhalb der Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG die Korrektur des Streitwertes, notfalls im Wege der Beschwerde, verlangen.
248
Anders verhalten dürfte es sich dagegen, wenn eine Partei oder ein Prozessbevollmächtigter ausdrücklich auf sein Recht zur Streitwertbeschwerde verzichtet hat. Allerdings muss das Gericht auch dann von Amts wegen prüfen, ob der Wert nicht abzuändern ist (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).
249
6. Zulässigkeit a) Überblick Die Beschwerde gegen eine Wertfestsetzung ist nur zulässig, – wenn der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 200 Euro übersteigt (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) oder
1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.10.2009 – 4 W 41/09, MDR 2010, 404; OLG Celle, Beschl. v. 13.5.2005 – 16 W 46/05, MDR 2005, 1137; OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.5.2013 – 17 W 15/13, AGS 2013, 337 = NJW 2013, 3381.
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39
250
C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG – die Beschwerde von dem Gericht, dessen Wertfestsetzung angegriffen werden soll, in seinem Beschluss, der die Wertfestsetzung enthält, zugelassen worden ist (§ 68 Abs. 1 Satz 2 GKG). Die Zulassung kann auch vom Berufungs- oder Beschwerdegericht ausgesprochen werden, wenn es die erstinstanzliche Festsetzung von Amts wegen abändert. b) Beschwer 251
Voraussetzung ist sowohl bei der wertabhängigen als auch bei der zugelassenen Beschwerde, dass eine Beschwer gegeben ist.
252
Die Beschwer einer Partei setzt grundsätzlich voraus, dass sie zur Zahlung oder Erstattung von Anwalts- oder Gerichtskosten verpflichtet ist und sie einen geringeren Streitwert geltend macht, so dass sie im Falle einer Abänderung geringere Kosten treffen würde. Eventuelle Erstattungsansprüche gegen Dritte haben dabei außer Ansatz zu bleiben, da deren Realisierung ungewiss ist.
Û
Beispiel: Die gesamten Kosten des Verfahrens sind dem Kläger auferlegt worden. Der Beklagte ist dennoch beschwert, da er nach dem festgesetzten Streitwert seinem Anwalt die Vergütung schuldet. Die Beschwer fällt nicht dadurch weg, dass er in derselben Höhe einen Erstattungsanspruch gegen den Kläger hat, da nicht feststeht, ob er seine Forderung dort wird realisieren können.
253
Eine Beschwer der Partei kann nicht mit der Begründung verneint werden, dass ihr Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Sie ist nämlich nicht von Erstattungsansprüchen Dritter befreit (§ 123 ZPO) und haftet im Falle von Ratenzahlungen oder Aufhebung der Prozesskostenhilfe auf die Gerichts- und Wahlanwaltskosten des eigenen Anwalts.
254
Nur ausnahmsweise kann eine Partei auch einmal durch einen zu geringen Wert beschwert sein, nämlich dann, wenn sie mit ihrem Anwalt eine wertunabhängige Vergütungsvereinbarung getroffen hat und bei einem höheren Streitwert einen höheren Erstattungsanspruch erzielen würde.1 Die Beschwer ist in diesem Fall durch Vorlage der Vergütungsvereinbarung glaubhaft zu machen.2
255
Eine Beschwer der Landeskasse kann sich zum einen durch einen zu hohen Streitwert ergeben, nämlich dann, wenn aufgrund dessen eine höhere Vergütung an die beigeordneten Anwälte auszuzahlen ist. Die Landeskasse kann auch durch einen zu geringen Wert beschwert sein, weil sie dann nur geringere Gerichtsgebühren einziehen kann.
256
Der Anwalt wiederum kann nur durch einen zu geringen Wert beschwert sein, da er dann seine Vergütung nur nach dem geringeren Wert abrechnen kann.
257
Ist der Anwalt im Wege der Prozesskostenhilfe oder anderweitig beigeordnet worden, ist gleichwohl auf die Differenz der Wahlanwaltsgebühren abzustellen,3 da 1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.6.2005 – I-5 W 13/05, AGS 2006, 188 mit Anm. N. Schneider = MDR 2006, 297; OLG Celle, Beschl. v. 20.1.1992 – 1 Ws 321/91, JurBüro 1992, 761; VGH München, Beschl. v. 20.5.1996 – 2 C 96.526, NVwZ-RR 1997, 195 = BayVBl. 1997, 188; VGH Mannheim, Beschl. v. 24.6.2002 – 10 S 2551/01, NVwZ-RR 2002, 900; OVG Kassel, Beschl. v. 9.4.1976 – IV TE 4/76, DÖV 1976, 607; OVG Bautzen, Beschl. v. 7.1.2004 – 1 E 179/03, NJ 2004, 280 = SächsVGl. 2004, 89; VGH Kassel, Beschl. v. 28.1.1975 – II 126/74, KostRsp. VwGO § 146 Nr. 9 = ZMR 1977, 112; OVG Bautzen, Beschl. v. 1.3.2006 – 2 E 324/05, DÖV 2007, 172 = NJ 2006, 280 = RVGreport 2006, 240; OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.8.2009 – 6 W 182/08, AGkompakt 2010, 26. 2 OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.9.2013 – 8 W 271/13, AGS 2014, 77 = NJW-Spezial 2014, 123. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.3.2012 – 4 WF 33/12, AGS 2012, 347 = FamRZ 2012, 1970; OLG Celle, Beschl. v. 19.5.2006 – 10 WF 466/05, FamRZ 2006, 1690; unzutr. OLG Rostock, Beschl. v. 28.3.2011 – 3 W 52/11.
40
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht dem Anwalt insoweit ein weiter gehender Anspruch gegen den Auftraggeber zusteht, der unter den Voraussetzungen des § 50 RVG ggf. noch innerhalb der nächsten vier Jahre geltend gemacht werden kann. Auch im Falle der Aufhebung der PKH kann der Anwalt den Mandanten wegen der Differenzgebühren noch in Anspruch nehmen. Abgesehen davon können sich auch Erstattungsansprüche gegen Dritte ergeben (§ 126 ZPO). Daher ist für den beigeordenten Anwalt auch dann eine Beschwer gegeben, wenn die Höchstbeträge des § 49 RVG bereits erreicht sind. Voraussetzung für alle Beteiligten ist stets, dass sich durch die Wertveränderung auch eine Veränderung der daraus berechneten Kosten ergibt. Daher ist keine Beschwer gegeben, wenn lediglich eine Wertänderung innerhalb derselben Gebührenstufe beantragt werden soll.
Û
258
Beispiel: Der Anwalt beantragt, den Streitwert von 55 000 Euro auf 65 000 Euro heraufzusetzen. Da die Wertstufe von 50 000 Euro bis 65 000 Euro reicht, würde eine höhere Festsetzung keinen Einfluss auf die Vergütung haben, so dass eine Beschwerde unzulässig wäre.
Ebenso ist für die Landeskasse keine Beschwer gegeben, wenn sie eine Herabsetzung des Streitwertes oberhalb der Grenze des § 49 RVG beantragt, da sie ohnehin nie mehr als die Höchstbeträge zahlen muss.
259
c) Zugelassene Beschwerde aa) Überblick Die Beschwerde gegen die endgültige Wertfestsetzung ist wertunabhängig zulässig, wenn sie – vom Amtsgericht oder Landgericht als erstinstanzliches Gericht in seinem Streitwertfestsetzungsbeschluss oder – vom Landgericht als Berufungs- oder Beschwerdegericht in seiner von Amts wegen ergangenen Abänderung des erstinstanzlichen Streitwerts
260
zugelassen worden ist (§ 68 Abs. 1 Satz 2 GKG). Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden, selbst wenn das Ausgangsgericht oder das Landgericht als Rechtsmittelgericht im Falle der amtswegigen Abänderung die grundsätzliche Bedeutung zu Unrecht bejaht hat (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 4 GKG). Es muss sich allerdings um eine wirksame Zulassung handeln (s. Rn. 262 ff.).
261
bb) Keine nachträgliche Zulassung Die Zulassung der Beschwerde muss in dem Beschluss, der die Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG enthält, ausgesprochen worden sein (§ 68 Abs. 1 Satz 2 GKG). Eine nachträgliche Zulassung der Beschwerde ist grundsätzlich nicht möglich; ebenso wenig eine Anfechtung der Nichtzulassung (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 4 Hs. 2 GKG).
262
Das Beschwerdegericht ist an eine unzulässige nachträgliche Zulassung der Beschwerde nicht gebunden. Die Bindungswirkung der Zulassung erstreckt sich nur auf eine zulässige und statthafte Beschwerdezulassung. Soweit also eine nachträgliche Zulassung erfolgt ist, muss das Beschwerdegericht im Rahmen der Zulässigkeit prüfen, ob hier ein Fall vorliegt, in dem die Zulassung „nachgeholt“ werden durfte (s. Rn. 265 ff.).
263
Von einer nicht statthaften nachträglichen Zulassung zu unterscheiden ist eine zulässige Änderung der Ausgangsentscheidung infolge Berichtigung, Ergänzung
264
N. Schneider
41
C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG oder Gehörsrüge. In diesem Fall liegt keine gesonderte nachträgliche Zulassung vor. Vielmehr wird die Zulassung Bestandteil der Ausgangsentscheidung. cc) Berichtigung 265
Analog § 319 ZPO kann ein fehlerhafter Beschluss jederzeit berichtigt werden. Beruht also der fehlende Ausspruch über die Zulassung der Beschwerde auf einem Schreibfehler oder einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit, kann dieser Fehler jederzeit analog § 319 ZPO berichtigt und die Zulassung ausgesprochen werden.1 Das Versehen des Ausgangsgerichts muss sich aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei der Beschlussfassung ergeben und auch für Dritte ohne Weiteres deutlich sein. Faktisch handelt es sich nicht um eine nachträgliche Entscheidung über die Zulassung, sondern nur um die Korrektur eines Fehlers im ursprünglichen Beschluss. dd) Ergänzung
266
Hat das Gericht übersehen, über die Zulassung zu entscheiden, so ist eine Ergänzung des Beschlusses möglich, wenn die Entscheidung über die Zulassung übergangen worden ist (analog § 321 ZPO). Ein solcher Fall ist insbesondere dann gegeben, wenn die Zulassung ausdrücklich beantragt worden ist, das Gericht aber diesen „Antrag“ übergangen hat.
267
Hat das Gericht die Beschwerde nicht zugelassen, weil es der Auffassung war, es bestehe kein Zulassungsgrund, dann darf es diese jedoch nicht nachholen.
268
Hat das Ausgangsgericht dagegen übersehen, die Frage der Zulassung zu prüfen, weil es irrtümlich davon ausgegangen ist, der Wert des Beschwerdegegenstands von über 200 Euro sei erreicht und die Beschwerde daher ohnehin zulässig, so dass sie nicht gesondert zugelassen werden bräuchte, kommt eine Abänderung oder nachträgliche Zulassung in Betracht. Nimmt das Beschwerdegericht einen Wert von unter 200,01 Euro an, dann muss es die Sache zunächst dem Ausgangsgericht zurückgeben, damit dieses nunmehr die unterbliebene Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde nachholt.2
Û
Beispiel: In seinem Wertfestsetzungsbeschluss führt das Amtsgericht aus, einer Zulassung der Beschwerde bedürfe es nicht, da sich die Gebührendifferenz zwischen dem festgesetzten und dem beantragten Streitwert auf mehr als 200 Euro belaufe. Tatsächlich liegt die Differenz unter 200 Euro. Das Landgericht muss jetzt zunächst die Sache an das Amtsgericht zurückgeben, damit dieses nunmehr über die Zulassung entscheidet.
ee) Gehörsrüge 269
Möglich ist die „nachträgliche“ Zulassung auf eine begründete Gehörsrüge hin (§ 69a GKG), wenn also die Nichtzulassung der Beschwerde auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruhte.
270
Hat das Gericht über die Nichtzulassung der Beschwerde unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör entschieden, und wird gegen den Beschluss Gehörsrüge eingelegt (§ 69a GKG), so kann das Gericht seine Entscheidung abändern. Ein solcher Fall ist z.B. gegeben, wenn das Gericht den Beteiligten keine Ge-
1 BGH, Beschl. v. 14.9.2004 – VI ZB 61/03, AGS 2004, 480 = MDR 2005, 103. 2 BGH, Beschl. v. 27.4.2010 – VIII ZB 91/09, AGS 2010, 518 = MDR 2010, 886.
42
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht legenheit gegeben hat, auf divergierende Rechtsprechung und damit eine zwingende Divergenzzulassung hinzuweisen. ff) Abhilfeentscheidung Ändert das Gericht auf eine Gegenvorstellung hin seine ursprüngliche Wertfest- 271 setzung ab, wozu es nach § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG innerhalb der Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG berechtigt ist, dann liegt ein neuer Festsetzungsbeschluss nach § 63 Abs. 2 GKG vor, der jetzt auch wieder eine Zulassung enthalten darf. Das gilt insbesondere dann, wenn sich aus der geänderten Rechtsauffassung des Gerichts jetzt erstmals der Zulassungsgrund ergibt. Ein Verstoß gegen § 68 Abs. 1 Satz 2 GKG liegt nicht vor, weil Gegenstand der Anfechtung jetzt nicht der abgeänderte Ausgangsbeschluss ist, sondern der Abhilfebeschluss und dieser enthält die Zulassung, so dass die Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 Satz 2 GKG gegeben sind.
Û
272
Beispiel: Das Gericht hat den Streitwert festgesetzt. Eine Beschwerde kommt nicht in Betracht, da die Beschwer von mehr als 200 Euro nicht erreicht ist. Nunmehr wird Gegenvorstellung erhoben. Das Gericht ändert, wozu es nach § 63 Abs. 3 GKG berechtigt ist, den Streitwert ab. Mit seiner Abänderungsentscheidung kann es die Beschwerde zulassen, wenn sich aus der Abänderung jetzt ein Zulassungsgrund ergibt, etwa weil die Abänderung in Divergenz zu anderweitiger Rechtsprechung steht.
d) Zulassungsfreie Beschwerde aa) Überblick Ist die Beschwerde nicht zugelassen, so muss der Wert des Beschwerdegegen- 273 stands 200 Euro übersteigen, also mindestens 200,01 Euro betragen. Dabei kommt es nicht auf die Differenz zwischen dem begehrten und dem festgesetzten Streitwert an, sondern auf die Differenz der Kosten, die sich nach dem festgesetzten und dem begehrten Streitwert ergibt. – Legt der Anwalt gem. § 32 Abs. 2 RVG die Beschwerde ein, so ist lediglich auf die Differenz seiner Vergütung nach dem festgesetzten und dem beantragten Wert abzustellen. Ist der Anwalt im Wege der Prozesskostenhilfe oder anderweitig beigeordnet worden, ist gleichwohl auf die Differenz der Wahlanwaltsgebühren abzustellen (s.o. Rn. 257). – Wird die Beschwerde im Namen einer Partei mit dem Ziel der Herabsetzung des Wertes eingelegt, so ist – zunächst immer die Differenz der Gebühren, die die Partei ihrem Rechtsanwalt schuldet, nach dem festgesetzten und dem beantragten Wert zu berücksichtigen und darüber hinaus, – soweit die Partei als Kostenschuldner (auch Zweitschuldner) für die Gerichtskosten in Betracht kommt, auch die Differenz der Gerichtskosten zwischen den jeweiligen Werten und – soweit die Partei auch noch zur Kostenerstattung an den Gegner verpflichtet ist, auch noch die Differenz des Erstattungsbetrages nach dem festgesetzten und dem begehrten Wert. – Wird die Beschwerde im Namen einer Partei mit dem Ziel der Heraufsetzung des Wertes eingelegt (zur ausnahmsweisen Zulässigkeit s. Rn. 254), so ist auf die Differenz der zu erstattenden Anwaltsvergütung nach dem festgesetzten und dem beantragten Wert abzustellen. Die Gerichtskosten spielen hier keine Rolle.
N. Schneider
43
C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG bb) Berechnungsbeispiele zum Wert des Beschwerdegegenstands (1) Berechnung des Beschwerdewerts bei vollem Unterliegen mit eigener Kostenerstattungspflicht 274
Ist die Partei unterlegen und hat sie die Kosten des Verfahrens zu tragen, ist wie folgt vorzugehen:
275
Erster Schritt: Zu ermitteln sind zunächst nach dem festgesetzten Wert die – an den eigenen Anwalt zu zahlenden Gebühren, – die ggf. an das Gericht gezahlten oder noch zu zahlenden Verfahrensgebühren (bzw. die der Gegenseite zu erstattenden Verfahrensgebühren, soweit diese sie an die Gerichtskasse bereits gezahlt hat) sowie – die ggf. der Gegenseite zu erstattenden Anwaltsgebühren.
276
Parteikosten und sonstige Auslagen, die wertunabhängig sind, bleiben hier – im Gegensatz zur Berechnung des Beschwerdewerts bei der Kostenfestsetzung – außer Ansatz, da die Abänderung der Wertfestsetzung keinen Einfluss auf deren Höhe haben kann.
277
Zweiter Schritt: Gegenüberzustellen sind dann die entsprechenden Positionen, wie sie sich nach der angestrebten Wertfestsetzung ergeben würden.
Û
Beispiel: Der Beklagte war von zwei Gesamtgläubigern verklagt worden. Das Gericht hat ihn antragsgemäß kostenpflichtig verurteilt und den Streitwert auf 15 000 Euro festgesetzt. Der Beklagte erstrebt eine Herabsetzung des Streitwerts auf 10 000 Euro. Es soll geprüft werden, ob eine Beschwerde für den Beklagten zulässig ist. A. Abrechnung nach dem festgesetzten Wert (15 000 Euro): I. 1. 2. 3. 4.
Eigene Anwaltskosten: 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme: 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Summe:
845,00 Euro 780,00 Euro 20,00 Euro 1645,00 Euro 312,55 Euro 1957,55 Euro
II. Gerichtskosten: 3,0 Verfahrensgebühr, Nr. 1210 KV GKG III. 1. 2. 3. 4.
Den Klägern zu erstattende Anwaltskosten: 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV RVG 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme: 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Summe:
879,00 Euro 1040,00 Euro 780,00 Euro 20,00 Euro 1840,00 Euro 349,60 Euro 2189,60 Euro
Gesamtbetrag I–III:
5026,15 Euro
B. Abrechnung nach dem begehrten Wert (10 000 Euro): I. 1. 2. 3. 4.
Eigene Anwaltskosten: 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme: 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Summe:
II. Gerichtskosten: 3,0 Verfahrensgebühr, Nr. 1210 KV GKG
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725,40 Euro 669,60 Euro 20,00 Euro 1415,00 Euro 268,85 Euro 1683,85 Euro 723,00 Euro
1. Teil: Verfahrensrecht III. 1. 2. 3. 4.
Den Klägern zu erstattende Anwaltskosten: 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV RVG 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme: 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Summe:
892,80 Euro 669,60 Euro 20,00 Euro 1582,40 Euro 300,66 Euro 1883,06 Euro
Gesamtbetrag I–III:
4289,91 Euro
Differenz A.–B.:
5026,15 Euro – 4289,91 Euro 736,24 Euro
Wert des Beschwerdegegenstands: Die Beschwerde ist somit zulässig.
(2) Berechnung des Beschwerdewerts bei eigenem überwiegenden Obsiegen mit eigenem Kostenerstattungsanspruch Sind die Kosten nach Quoten verteilt und überwiegend dem Gegner auferlegt, so dass sich ein eigener Kostenerstattungsanspruch der Partei ergibt, ist anders zu rechnen.
278
Zunächst sind wiederum die an den eigenen Anwalt zu zahlenden Gebühren in voller Höhe zu berücksichtigen. Der insoweit bestehende Kostenerstattungsanspruch bleibt außer Betracht, da die Kostenerstattung auf die Verpflichtung, den eigenen Anwalt zu bezahlen, keinen Einfluss hat, zumal nicht sicher ist, ob sich der Erstattungsanspruch auch realisieren lässt.
279
Soweit die Partei auch gegenüber der Staatskasse Kostenschuldner ist, sind auch die zu zahlenden Gerichtsgebühren zu beachten.
280
Die von der Gegenseite gezahlten Gerichtsgebühren und die Anwaltskosten der Gegenseite können außer Ansatz gelassen werden, da sich insoweit keine Erstattungspflicht ergibt, sondern im Gegenteil ein eigener Erstattungsanspruch.
281
Û
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel; die Kläger hatten die 3,0-Verfahrensgebühr bereits gezahlt; die Kosten sind zu 80 % den Klägern auferlegt worden und zu 20 % dem Beklagten. Der Beklagte erstrebt eine Herabsetzung des Streitwertes von 15 000 Euro auf 12 000 Euro. A. 1. 2. 3.
Abrechnung nach dem festgesetzten Wert (15 000 Euro): 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme: 1645,00 Euro 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Summe: B. 1. 2. 3.
Abrechnung nach dem begehrten Wert (12 000 Euro): 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme: 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Summe: Differenz A.–B. Wert des Beschwerdegegenstands:
845,00 Euro 780,00 Euro 20,00 Euro 312,55 Euro 1957,55 Euro 785,20 Euro 724,80 Euro 20,00 Euro
1530,00 Euro 290,70 Euro 1820,70 Euro 1957,55 Euro – 1820,70 Euro 136,85 Euro
Die Beschwerde ist in diesem Fall nicht zulässig.
N. Schneider
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C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG (3) Berechnung des Beschwerdewerts bei überwiegendem Unterliegen mit Kostenerstattungspflicht
Û
Beispiel: Der Beklagte war teilweise verurteilt worden. Der Streitwert wurde auf 10 000 Euro festgesetzt. Die Kosten sind zu 20 % dem vorsteuerabzugsberechtigten Kläger und zu 80 % dem Beklagten auferlegt worden. Der Kläger hatte die 3,0-Verfahrensgebühr bereits an die Justizkasse gezahlt. Der Beklagte erstrebt eine Herabsetzung von 10 000 Euro auf 8000 Euro. Die einzelnen Positionen sind wiederum gegenüberzustellen, wobei beim Kläger wegen dessen Vorsteuerabzugsberechtigung nur die Nettovergütung berücksichtigt werden darf. A. Abrechnung nach dem festgesetzten Streitwert (10 000 Euro): I. 1. 2. 3. 4.
Eigene Anwaltskosten: 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme: 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Summe:
725,40 Euro 669,60 Euro 20,00 Euro 1415,00 Euro 268,85 Euro 1683,85 Euro
II. Gerichtskosten: 3,0 Verfahrensgebühr, Nr. 1210 KV GKG hiervon 80 %
723,00 Euro 578,40 Euro
III. 1. 2. 3.
725,40 Euro 669,60 Euro 20,00 Euro
Dem Kläger zu erstattende Anwaltskosten: 1,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV RVG 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme: hiervon 80 % ./. 20 % der eigenen Anwaltskosten (1683,85 Euro × 20 %) Summe:
1415,00 Euro 1132,00 Euro – 336,78 Euro 795,22 Euro
Gesamtbetrag I–III:
3057,47 Euro
B. Abrechnung nach beantragtem Streitwert (8000 Euro): I. 1. 2. 3. 4.
Eigene Anwaltskosten: 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme: 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Summe:
1160,00 Euro 220,40 Euro 1380,40 Euro
II. Gerichtskosten: 3,0 Verfahrensgebühr, Nr. 1210 KV GKG hiervon 80 %
609,00 Euro 487,20 Euro
III. 1. 2. 3.
592,80 Euro 547,20 Euro 20,00 Euro
Dem Kläger zu erstattende Anwaltskosten: 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme: hiervon 80 % ./. 20 % der eigenen Anwaltskosten (1380,40 Euro × 20 %) Summe:
Gesamtbetrag I–III: Differenz A–B: Wert des Beschwerdegegenstands: Der Beschwerdewert ist erreicht.
46
592,80 Euro 547,20 Euro 20,00 Euro
N. Schneider
1160,00 Euro 928,00 Euro – 276,08 Euro 651,92 Euro 2519,52 Euro 3057,48 Euro – 2519,72 Euro 537,96 Euro
1. Teil: Verfahrensrecht cc) Wert des Beschwerdegegenstands nach Teilabhilfe Wird der Beschwerde teilweise abgeholfen, so ist der verbleibende Wert des Beschwerdegegenstands zu ermitteln. Sinkt der Wert des Beschwerdegegenstands infolge der Teilabhilfe auf 200 Euro oder darunter, wird die Beschwerde unzulässig.1 Eine Entscheidung des Beschwerdegerichts in der Sache kommt dann nicht mehr in Betracht. Die Entscheidung des Ausgangsgerichts ist vielmehr endgültig.
282
Allerdings darf das Ausgangsgericht die Beschwerde nicht selbst verwerfen. Ihm steht keine Verwerfungskompetenz zu. Die Sache ist auch in diesem Fall dem Beschwerdegericht vorzulegen, wenn die Beschwerde im Hinblick auf die Teilabhilfe und ihre damit eingetretene Unzulässigkeit nicht zurückgenommen wird.
283
Das Beschwerdegericht hat dann nach Hinweis die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, sofern sie nicht zuvor zurückgenommen wird.
284
Das Beschwerdegericht darf in diesem Fall nicht über die Höhe des Streitwerts entscheiden. Es hat auch keine Kompetenz, gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG die Wertfestsetzung von Amts wegen abzuändern (s. Rn. 336).
285
dd) Wert des Beschwerdegegenstands nach Teilrücknahme Wird die Beschwerde vor der Nichtabhilfeentscheidung teilweise zurückgenommen, so richtet sich der für die Zulässigkeit der Beschwerde maßgebende Wert des Beschwerdegegenstands nur nach dem verbleibenden Interesse des Beschwerdeführers. Die Beschwerde kann daher infolge der Teilrücknahme unzulässig werden, nämlich wenn dadurch der Wert des Beschwerdegegenstands auf unter 200,01 Euro sinkt.
286
Wird die Beschwerde dagegen erst nach der Nichtabhilfeentscheidung und Eingang der Akte beim Beschwerdegericht teilweise zurückgenommen, so bleibt eine bis dahin gegebene Zulässigkeit erhalten, selbst wenn dadurch der Wert des Beschwerdegegenstands auf unter 200,01 Euro sinkt.
287
7. Beschwerdefrist Die Beschwerde ist befristet. Sie muss innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt werden (§ 68 Abs. 1 Satz 3 GKG). Zur Berechnung der Frist s. Rn. 210 ff.
288
Ist der Wert später als einen Monat vor Ablauf der Sechsmonatsfrist festgesetzt oder abgeändert worden, kann noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung der Wertfestsetzung Beschwerde eingelegt werden (§ 68 Abs. 1 Satz 3 GKG). Im Falle der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss als mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 68 Abs. 1 Satz 4 GKG).
289
In Anbetracht der nach § 68 Abs. 3 GKG vorgesehenen Sechsmonatsfrist ist eine zeitlich frühere Verwirkung des Beschwerderechts ausgeschlossen.2
290
8. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Wird die Frist zur Einlegung der Streitwertbeschwerde versäumt, sei es also, dass die Beschwerde nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG oder nicht innerhalb der Monatsfrist des § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG erhoben worden
1 OLG Hamm, Beschl. v. 2.2.1982 – 3 WF 5/82, JurBüro 1982, 582. 2 OLG Hamm, JurBüro 1977, 73; OLG Hamburg, MDR 1964, 931; OLG Frankfurt, Rpfleger 1960, 255.
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291
C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG ist, kann dem Beschwerdeführer vom Beschwerdegericht Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt werden (§ 68 Abs. 2 GKG). 292
Die Wiedereinsetzung wird nur auf Antrag des Beschwerdeführers gewährt. Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen kommt nicht in Betracht.
293
Der Beschwerdeführer muss ohne sein Verschulden verhindert gewesen sein, die Frist einzuhalten. Das Verschulden eines Verfahrensbevollmächtigten ist dem Beteiligten zuzurechnen (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 2 GKG, § 85 Abs. 2 ZPO). Ein fehlendes Verschulden wird vermutet, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist (§ 68 Abs. 2 Satz 2 GKG).
294
Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses zu stellen. Innerhalb derselben Frist muss auch die Beschwerde nachgeholt werden. Des Weiteren müssen innerhalb der Frist die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen sollen, glaubhaft gemacht werden (§ 68 Abs. 2 Satz 1 GKG).
295
Nach Ablauf eines Jahres seit Ende der versäumten Frist an ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung unzulässig (§ 68 Abs. 2 Satz 2 GKG).
296
Zwar entscheidet über den Wiedereinsetzungsantrag das Beschwerdegericht; da die nachgeholte Beschwerde jedoch zwingend bei dem Gericht einzureichen ist, dessen Entscheidung angefochten wird (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 Satz 5 GKG), gilt dies auch für den Wiedereinsetzungsantrag selbst (§ 68 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 5 GKG).
297
Über die Wiedereinsetzung entscheidet alleine das Beschwerdegericht. Das Ausgangsgericht muss also, wenn es vom Ablauf der Beschwerdefrist ausgeht, ohne eigene Entscheidung die Sache dem Beschwerdegericht vorlegen. Eine Abhilfe durch das Ausgangsgericht ist zunächst nicht möglich. Es handelt sich insoweit um eine Frage der Zulässigkeit der Beschwerde, für die dem Ausgangsgericht keine Entscheidungskompetenz zusteht.
298
Gibt das Beschwerdegericht dem Wiedereinsetzungsantrag statt, hat es die Sache dem Ausgangsgericht zurückzugeben, das nunmehr über die Abhilfe zu entscheiden hat.
Muster 7: Beschwerde mit Wiedereinsetzungsantrag An das … gericht In dem Rechtsstreit … ./. … lege ich namens des Klgers gegen den Streitwertbeschluss vom … Beschwerde ein und beantrage gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Begrndung: I. Wiedereinsetzung (es folgen die Grnde zur schuldlosen Versumung der Beschwerdefrist mit Glaubhaftmachung)
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1. Teil: Verfahrensrecht II. Streitwertfestsetzung (es folgen die Grnde zum Angriff der Wertfestsetzung) Rechtsanwalt
9. Form Die Beschwerde kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingereicht werden (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 Satz 1 Hs. 1 GKG). § 129a ZPO gilt entsprechend (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 Satz 1, Hs. 2 GKG). Einer darüber hinausgehenden besonderen Form bedarf die Beschwerde nicht. Die Beschwerde muss nicht unterschrieben sein, wenn sich aus den Umständen die Identität des Verfassers und der Wille, Rechtsmittel einzulegen, ergibt.1
299
Ein bestimmter Antrag ist nicht erforderlich, da das Gericht von Amts wegen zutreffend zu entscheiden hat (§ 63 Abs. 3 GKG). Gleichwohl ist ein Antrag oder eine Begründung sachdienlich, vor allen Dingen, weil anderenfalls ggf. Schwierigkeiten bestehen, im Falle des § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG den erforderlichen Beschwerdewert zu berechnen.
300
Für das Beschwerdeverfahren besteht kein Anwaltszwang, und zwar auch dann nicht, wenn in dem zugrunde liegenden Verfahren Anwaltszwang besteht. Die Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwertes kann daher auch die Partei selbst einlegen.
301
10. Aufschiebende Wirkung, Einstellung der Zwangsvollstreckung Eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts hat keine aufschiebende Wirkung.
302
Allerdings ist ein laufendes Kostenfestsetzungsverfahren auszusetzen, bis über 303 den Streitwert abschließend entschieden worden ist.2 Gleiches gilt auch für einen Vergütungsrechtsstreit. Die vorrangige Streitwertfersetzung durch das Vordergericht stellt einen zwingenden Grund nach § 148 ZPO zur Aussetzung dar.3 Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist nicht vorgesehen, da § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG die Vorschrift des § 66 Abs. 7 GKG von einer Verweisung ausdrücklich ausnimmt.4 Ungeachtet dessen kann die Gerichtskasse mit der Beitreibung der Kosten abwarten, bis über den Wert rechtskräftig entschieden ist. Sie ist dazu aber nicht verpflichtet.
304
11. Abhilfeverfahren Auf die Beschwerde hin hat das Ausgangsgericht zunächst zu prüfen, ob der Beschwerde abzuhelfen ist (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 1 GKG), also ob sie zulässig und begründet ist.
305
Ist das Ausgangsgericht der Auffassung, dass die Beschwerde unzulässig sei, muss es unter dem Gesichtspunkt der Gegenvorstellung (s.o. Rn. 217) prüfen, ob nicht
305a
1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.3.2014 – 9 W 4/14, MDR 2014, 986 = AGS 2014, 559. 2 BGH, Beschl. v. 20.3.2014 – IX ZB 288/11, AGS 2014, 246 = MDR 2014, 566; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.6.2010 – 6 W 21-23/10, AGS 2010, 568; für das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG ist dies in § 11 Abs. 4 RVG ausdrücklich geregelt. 3 N. Schneider, Aussetzung im Vergütungsprozess bei bestrittenem Gegenstandswert?, NJW-Spezial 2014, 155. 4 KG, Rpfleger 1962, 121.
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C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG von Amts wegen eine Abänderung nach § 66 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GKG) in Betracht kommt. 306
Das weitere Verfahren richtet sich danach, ob und ggf. in welchem Umfang abgeholfen wird: – Soweit der Beschwerde in vollem Umfang abgeholfen wird, erübrigt sich die Vorlage an das Beschwerdegericht. – Soweit der Beschwerde nicht abgeholfen wird, ist die Sache alsdann dem Beschwerdegericht vorzulegen, das hierüber entscheidet. – Soweit der Beschwerde teilweise abgeholfen wird, ist zu differenzieren: Bleibt die Beschwerde zulässig, weil – der verbleibende Beschwerdegegenstand den erforderlichen Betrag von 200 Euro immer noch übersteigt oder – die Beschwerde zugelassen worden war, ist sie dem Beschwerdegericht vorzulegen. Ist die Beschwerde unzulässig geworden, – weil der verbleibende Beschwerdegegenstand den erforderlichen Betrag von 200 Euro nicht (mehr) übersteigt und – die Beschwerde auch nicht zugelassen worden ist, muss das Ausgangsgericht dem Beschwerdeführer die Möglichkeit geben, aufgrund der Teilabhilfe seine jetzt unzulässig gewordene Beschwerde zurückzunehmen. Wird die Beschwerde nicht zurückgenommen, muss die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt werden. Das Ausgangsgericht hat keine Verwerfungskompetenz.
307
Das Beschwerdegericht hat den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren. Dazu gehört zumindest, dass die Beschwerde nebst Begründung den übrigen Verfahrensbeteiligten zur Stellungnahme übermittelt wird. Legt ein Verfahrensbevollmächtigter Heraufsetzungsbeschwerde ein, so ist die Beschwerde den Beteiligten unmittelbar zuzustellen und nicht deren Verfahrensbevollmächtigten, da insoweit gegenläufige Interessen bestehen und die Beteiligten unmittelbar mit eigenen Interessen am Verfahren beteiligt sind.
308
Im Verfahren der Streitwertbeschwerde gilt wegen des Grundsatzes der Streitwertwahrheit das Verschlechterungsverbot (reformatio in peius) nicht.1 Das Gericht kann also auch im Abhilfeverfahren entgegen dem Antrag des Beschwerdeführers festsetzen. Es kann auf eine Heraufsetzungsbeschwerde hin den Wert herabsetzen und auf eine Herabsetzungsbeschwerde hin den Wert heraufsetzen.
309
Die Entscheidung über die Nichtabhilfe ist zu begründen. Soweit die Beschwerde neues Vorbringen und neue Argumente enthält, muss der Nichtabhilfebeschluss erkennen lassen, dass sich das Ausgangsgericht damit auseinander gesetzt hat. Inhaltsleere Floskeln reichen dazu nicht aus.2 12. Erneute Beschwerdemöglichkeit gegen Abhilfeentscheidung
310
Gegen die Abhilfeentscheidung kann wiederum Beschwerde oder auch Anschlussbeschwerde erhoben werden.
311
Hilft das Ausgangsgericht der Beschwerde in vollem Umfang ab, kann nunmehr ein anderer Beteiligter durch die Entscheidung erstmals beschwert sein, so dass er hiergegen jetzt Beschwerde einlegen kann. Das gilt auch dann, wenn zwischen1 Anders dagegen im Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG (s. Rn. 801). 2 LG Verden, Beschl. v. 24.6.2010 – 1 T 76/10; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 3.2.2010 – 9 WF 123/09; OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.11.2009 – 11 W 59/09, MDR 2010, 344.
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1. Teil: Verfahrensrecht zeitlich die Sechsmonatsfrist abgelaufen ist. Die neue Beschwerde muss dann innerhalb eines weiteren Monats eingelegt werden (§ 68 Abs. 1 Satz 3 Hs. 2 GKG). Voraussetzung ist, dass der Wert des Beschwerdegegenstands mehr als 200 Euro beträgt. Entweder muss also die Abhilfeentscheidung selbst einen Beschwerdegegenstand von mehr als 200 Euro geschaffen haben oder aus dem Zusammenspiel von Ausgangsentscheidung und Abhilfe muss sich zusammen ein Wert des Beschwerdegegenstands von über 200 Euro ergeben.
312
Das Gericht kann in seiner Abhilfeentscheidung aber auch die Beschwerde zulassen (§ 68 Abs. 1 Satz 2 GKG), wenn die Abhilfeentscheidung grundsätzliche Bedeutung hat oder von der Entscheidung anderer Gerichte abweicht.
313
Soweit das Gericht der Beschwerde teilweise abhilft und es die Sache wegen des nicht abgeholfenen Teils dem Beschwerdegericht vorlegen muss, kann der durch die Teilabhilfe erstmals beschwerte Beteiligte Anschlussbeschwerde erheben. Eine Zulassung oder das Erreichen eines bestimmten Wertes ist für die Anschlussbeschwerde nicht erforderlich.
314
Muster 8: Beschwerde gegen endgltige Wertfestsetzung (Herabsetzungsbeschwerde) Amtsgericht … In Sachen … ./. … lege ich namens des Beklagten gegen die Festsetzung des Streitwertes Beschwerde ein. Begrndung: Das Gericht hat den Streitwert gem. § 45 Abs. 3 GKG auf 4000 Euro festgesetzt, weil es der Ansicht ist, hier liege eine den Streitwert erhçhende Aufrechnung vor. Diese Auffassung ist unzutreffend. Der Wert der Klageforderung auf Zahlung von Anwaltshonorar ist unstreitig mit dem verlangten Betrag von 2000 Euro festzusetzen. Soweit der Beklagte hilfsweise Schlechterfllung einwendet und einen Schadensersatzanspruch geltend gemacht hat, liegt kein Fall der Aufrechnung vor. Der Beklagte hatte vielmehr einen „Freihaltungsanspruch“ geltend gemacht. Er hatte eingewandt, dass er aufgrund der fehlerhaften Beratung einen Schadensersatzanspruch habe, der darauf gehe, dass der Klger die durch seine fehlerhafte Beratung entstandenen Mehrkosten erst gar nicht geltend machen darf (sog. „doloagit-Einwand“). Ein solcher Einwand fhrt aber nicht zu einer Wertaddition nach § 45 Abs. 3 GKG. Es bleibt vielmehr bei dem einfachen Wert der Klageforderung (s. hierzu OLG Dsseldorf, MDR 2001, 113). Rechtsanwalt
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C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG
Muster 9: Beschwerde gegen endgltige Wertfestsetzung (Heraufsetzungsbeschwerde mit Zulassungsantrag) An das … gericht … In Sachen … ./. … lege ich in eigenem Namen gegen den Streitwertbeschluss vom … Beschwerde ein und beantrage, den Streitwert fr das Verfahren auf 7440 Euro festzusetzen. Begrndung: Zugrunde liegt eine Rumungsklage, so dass sich der Streitwert gem. § 41 Abs. 2 GKG nach dem Jahreswert der Nutzungen richtet, der hier mit dem Jahreswert der Miete anzunehmen ist. Davon ist auch das Amtsgericht ausgegangen. Es hat jedoch lediglich die aktuelle Kaltmiete in Hçhe von 500 Euro zugrunde gelegt. Es bersieht jedoch, dass hier eine Staffelmietvereinbarung zugrunde liegt. Nach dieser Vereinbarung erhçht sich die monatliche Miete jeweils zum Anfang eines Jahres um 30 Euro. Fr den Streitwert des Verfahrens ist daher der hçchste Jahreswert der restlichen Mietlaufzeit zugrunde zu legen (BGH, MDR 2006, 384 = NZM 2005, 944; NZM 2007, 935). Da das Mietverhltnis hier auf fnf Jahre befristet war, ist somit der Wert des fnften Jahres (12 620 Euro =) 7440 Euro zugrunde zu legen. Sollte das Gericht der Beschwerde nicht abhelfen, wird beantragt, gem. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 GKG die weitere Beschwerde zuzulassen. Rechtsanwalt
13. Verfahren vor dem Beschwerdegericht a) Zuständigkeit 315
Das Beschwerdegericht entscheidet nach § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde.
316
Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG).
317
Wird eine Entscheidung des Landgerichts angefochten und hatte die Kammer den Wert festgesetzt, dann ist beim Oberlandesgericht der Senat zuständig. Eine Übertragung auf den Einzelrichter sieht das GKG – im Gegensatz zur ZPO (§ 348a ZPO) – nicht vor. Sie ist daher unzulässig.1
1 A.A. Meyer, § 68 GKG Rn. 56.
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1. Teil: Verfahrensrecht Ein Kollegium entscheidet immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 3 GKG).
318
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 4 GKG).
319
b) Bindungswirkung der Zulassung Das Beschwerdegericht ist an eine Zulassung der Beschwerde durch das Ausgangsgericht gebunden (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 4 GKG).
320
Es hat allerdings zu prüfen, ob die Zulassung wirksam ist, insbesondere, ob sie in dem angefochtenen Beschluss ausgesprochen worden ist. An unwirksame Zulassungen – etwa nachträgliche Zulassungen (s. Rn. 262 ff.) – ist das Beschwerdegericht nicht gebunden.
321
c) Verfahren Das Beschwerdegericht prüft zunächst die Zulässigkeit, insbesondere die Formalien und die Frist in eigener Kompetenz.
322
Es prüft insbesondere auch, ob der erforderliche Beschwerdewert gegeben ist, wenn die Beschwerde nicht zugelassen worden ist.
323
Hat das Ausgangsgericht ersichtlich einen Wert des Beschwerdegegenstands von über 200 Euro angenommen und daher über die Zulassung der Beschwerde nicht entschieden, muss das Beschwerdegericht, wenn es den erforderlichen Wert des Beschwerdegegenstands für nicht erreicht hält, die Sache dem Ausgangsgericht zurückgeben, damit dieses über die Frage der Zulassung im Wege der Beschlussergänzung entscheidet.1
324
Ist der Wert des Beschwerdegegenstands infolge einer Teilabhilfe unter 200,01 Euro gesunken, so hat das Beschwerdegericht die Beschwerde – nach Hinweis – als unzulässig zu verwerfen. Es hat keine Abänderungsmöglichkeit. Insbesondere gilt § 66 Abs. 3 Satz 1 GKG nicht, da diese Abänderungsmöglichkeit eine zulässige Beschwerde voraussetzt.
325
Auch das Beschwerdegericht hat den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren. Verstöße hiergegen können mit der Gehörsrüge nach § 69a GKG geltend gemacht werden, wobei wegen der Möglichkeit der Gegenvorstellung der Gehörsrüge kaum Bedeutung zukommt (s.u. Rn. 356).
326
d) Entscheidung aa) Form Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluss. Die Beschwerdeentscheidung kann formlos mitgeteilt werden. Eine förmliche Zustellung ist grundsätzlich nicht erforderlich.
327
Hat das Beschwerdegericht allerdings den Streitwert abweichend vom Ausgangsgericht festgesetzt und ist bereits ein Kostenfestsetzungsbeschluss auf der Grundlage der früheren Wertfestsetzung ergangen, dann ist eine Zustellung erforderlich, weil dadurch die Frist nach § 107 Abs. 2 ZPO ausgelöst wird.
328
Ebenso ist eine förmliche Zustellung erforderlich, wenn das Beschwerdegericht die weitere Beschwerde zugelassen hat, da diese befristet ist (§ 68 Abs. 1 Satz 6 GKG).
329
1 BGH, Beschl. v. 27.4.2010 – VIII ZB 91/09, AGS 2010, 518 = MDR 2010, 886.
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C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG 329a
Soweit das Landgericht als Beschwerdegericht die weitere Beschwerde zugelassen hat, muss es auch eine Rechtbehelfsbelehrung erteilen (§ 5b GKG). bb) Rückgabe wegen fehlender oder mangelhafter Abhilfeentscheidung
330
Fehlt eine Abhilfeentscheidung des Ausgangsgerichts, so liegt darin grundsätzlich ein Verfahrensmangel, der dazu führt, dass die Akten dem Ausgangsgericht zurückzugeben sind, damit es zunächst über die Abhilfe entscheidet. Dies ist keine unnötige Förmelei. Sofern das Ausgangsgericht abhilft, kommt eine Beschwerde nämlich nicht mehr in Betracht. Sofern der Beschwerdewert infolge einer Teilabhilfe unter den Beschwerdewert fällt, wäre die Beschwerde ebenfalls unzulässig.
331
Soweit der Abhilfebeschluss mangelhaft ist, etwa weil er sich mit den in der Beschwerde vorgebrachten Gründen nicht auseinandersetzt, ist die Nichtabhilfeentscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Abhilfe dem Ausgangsgericht zurückzugeben.
332
Zu beachten ist, dass in diesem Fall nur die Nichtabhilfeentscheidung aufzuheben ist, nicht auch die Ausgangsentscheidung über die Wertfestsetzung. cc) Zurückverweisung
333
Ist sogar die Ausgangsentscheidung mangelhaft, so kann das Beschwerdegericht auch die Festsetzung des Ausgangsgerichts selbst aufheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die endgültige Wertfestsetzung an das Ausgangsgericht zurückverweisen. Das ist z.B. der Fall, wenn weder der Wertfestsetzungsbeschluss noch die Nichtabhilfeentscheidung eine Begründung enthält.1 dd) Entscheidung in der Sache
334
Entscheidet das Beschwerdegericht in der Sache, besteht keine Bindung an die Anträge der Beteiligten. Insoweit gilt § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Da auch das Rechtsmittelgericht den Streitwert innerhalb der Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG jederzeit von Amts wegen abändern darf, ist es nicht an die Anträge der Beteiligten gebunden.
335
Insbesondere gilt hier nicht das Verschlechterungsverbot (reformatio in peius). Das Beschwerdegericht kann also auch zum Nachteil des Beschwerdeführers entscheiden und den Wert im Falle einer Heraufsetzungsbeschwerde herabsetzen oder im Falle einer Herabsetzungsbeschwerde heraufsetzen (s. Rn. 308).
336
Zu einer Entscheidung in der Sache ist das Beschwerdegericht aber nur berufen, wenn die Beschwerde zulässig ist. Das Oberlandesgericht kann nicht von seinem Abänderungsrecht nach § 63 Abs. 3 GKG Gebrauch machen, da dies eine zulässige Beschwerde voraussetzt. ee) Zulassung der weiteren Beschwerde
337
Hat das Landgericht über die Streitwertbeschwerde entschieden, so muss es auch gleichzeitig darüber entscheiden, ob es die weitere Beschwerde zulässt. Nach § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 4 GKG ist die weitere Beschwerde zulässig, wenn das Landgericht sie in seiner Beschwerdeentscheidung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat.
338
Auch hier muss die Zulassung in der Entscheidung, also in der Beschwerdeentscheidung ausgesprochen werden. Eine nachträgliche Zulassung ist nicht mög1 OLG Jena, Beschl. v. 27.3.2000 – 1 WF 56/00, FamRZ 2001, 780.
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1. Teil: Verfahrensrecht lich. In Betracht kommen allerdings Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung aufgrund einer Gehörsrüge (s. Rn. 262 ff.). ff) Anfechtung Soweit das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden hat, kommt gem. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 GKG die weitere Beschwerde in Betracht, allerdings nur, wenn das Landgericht diese auch zugelassen hat.
339
Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts als Beschwerdegericht ist unanfechtbar, da die weitere Beschwerde nur gegen Entscheidungen des Landgerichts zulässig ist und im Übrigen ohnehin eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
340
Möglich ist allerdings, dass das Landgericht und das Oberlandesgericht seine Entscheidung auf eine Gegenvorstellung in Anwendung des § 63 Abs. 3 S. 1 GKG nachträglich ändern. Darüber hinaus ist eine Berichtigung oder eine Ergänzung möglich.
341
Ebenso ist eine Gehörsrüge nach § 69a GKG möglich, die in der Regel allerdings überflüssig ist, weil innerhalb der Frist des § 66 Abs. 3 GKG eine Gegenvorstellung in Betracht kommt, die zur Änderung der Wertfestsetzung führen kann.
342
X. Weitere Beschwerde Eine weitere Beschwerde kommt nur gegen Beschwerdeentscheidungen des Landgerichts in Betracht (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 GKG).
343
Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht sie zugelassen hat. Die Nichtzulassung ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 Satz 4, Abs. 3 Satz 4 Hs. 2 GKG).
344
Das Oberlandesgericht ist an die Zulassung der weiteren Beschwerde gebunden (§ 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 4 Satz 4, Abs. 3 Satz 4 Hs. 1 GKG).
345
Eine Mindestbeschwer ist für die weitere Beschwerde nicht erforderlich.
346
Die weitere Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 ZPO gelten entsprechend (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 Satz 2 GKG).
347
Die weitere Beschwerde ist befristet. Sie muss innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts eingelegt werden (§ 68 Abs. 1 Satz 6 GKG).
348
Im Übrigen entspricht das Verfahren dem der Erstbeschwerde (s. Rn. 224 ff.).
349
Die Beschwerde ist beim Landgericht einzulegen. Die Einlegung der Beschwerde beim Oberlandesgericht ist nicht fristwahrend. Das Landgericht hat die Zulässigkeitsvoraussetzungen der weiteren Beschwerde zu prüfen.
350
Es kann der Beschwerde abhelfen. Soweit es der Beschwerde nicht in vollem Umfang abhilft, hat es die Sache alsdann dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorzulegen. Das Oberlandesgericht entscheidet durch den Senat, unabhängig davon, ob die angefochtene Entscheidung des Landgerichts von einem Einzelrichter erlassen wurde. Die Vorschrift des § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 GKG gilt nur für die Erinnerung und Beschwerde, nicht aber für die weitere Beschwerde.1 1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2009 – 24 W 53/09, JurBüro 2010, 426.
N. Schneider
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351
C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG 352
Der Einzelrichter kann das Verfahren der Kammer oder dem Senat übertragen, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 GKG). Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 3 GKG).
353
Die weitere Beschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Landgericht es unterlassen habe, die Sache der Kammer zu übertragen.
354
Das Oberlandesgericht entscheidet abschließend durch Beschluss. Eine Zustellung dieses Beschlusses ist grundsätzlich nicht erforderlich. Eine Ausnahme besteht jedoch auch hier, wenn bereits die Kostenfestsetzung nach § 103 ZPO oder eine Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG erfolgt ist, da dann durch die Zustellung des Beschlusses die Frist des § 107 Abs. 2 ZPO in Gang gesetzt wird. Zum Verfahren nach § 107 Abs. 2 ZPO s. Rn. 838 ff.
XI. Rechtsbeschwerde 355
Eine Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) ist nicht statthaft. Das GKG sieht sie nicht vor. Abgesehen davon ist eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes ohnehin ausgeschlossen (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Es besteht Anlass darauf hinzuweisen, da dies vielen Beschwerdesenaten nicht bekannt ist und immer wieder die Zulassung einer Rechtsbeschwerde ausgesprochen wird, die es gar nicht gibt.1
XII. Gehörsrüge 356
Nach § 69a GKG kann Gehörsrüge erhoben werden, soweit der Anspruch auf rechtliches Gehör übergangen worden ist.
357
Die Gehörsrüge hat im Verfahren der Beschwerde oder weiteren Beschwerde gegen die Wertfestsetzung nach § 69a GKG jedoch letztlich kaum Bedeutung, da das Gericht grundsätzlich jederzeit von Amts wegen und auf Gegenvorstellung hin innerhalb der Frist des § 63 Abs. 3 GKG die Wertfestsetzung abändern kann. Es fehlt in diesen Fällen in der Regel an der erforderlichen Rechtskraft. Bedeutung hat die Gehörsrüge, wenn die Zulassung übergangen worden ist (s. Rn. 269 f.).
XIII. Kosten 1. Gerichtskosten a) Festsetzungsverfahren 358
Im Verfahren über die Wertfestsetzung werden keine Gerichtsgebühren erhoben. Das Verfahren gehört mit zur Instanz.
359
Hier können lediglich Auslagen anfallen, ggf. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (§ 64 Satz 2 GKG i.V.m. Nr. 9005 KV GKG). b) Gegenvorstellung
360
Die Gegenvorstellung gehört mit zur Instanz und löst keine gesonderte Vergütung aus, abgesehen davon, dass es hierfür gar keinen Gebührentatbestand gibt. Wohl können Auslagen erhoben werden. 1 Siehe zuletzt KG, Beschl. v. 26.8.2010 – 8 W 38/10, AGS 2010, 550 = MietRB 2010, 325.
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1. Teil: Verfahrensrecht c) Beschwerdeverfahren Im Beschwerdeverfahren einschließlich des Verfahrens auf Wiedereinsetzung und der Gehörsrüge fallen ebenfalls keine Gerichtsgebühren an (§ 68 Abs. 3 Satz 1 GKG).
361
Auslagen können erhoben werden, allerdings nur, sofern die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (Vorbem. 2 Abs. 1 KV GKG).
362
Strittig ist, ob bei einer unstatthaften Beschwerde Gerichtsgebühren zu erheben sind. Der Bundesgerichtshof1 ist der Auffassung, die Gebührenfreiheit des § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG gelte nur für statthafte Beschwerden. Für unstatthafte Beschwerden sei daher eine Gebühr zu erheben.2
362a
d) Rechtsbeschwerdeverfahren Im Rechtsbeschwerdeverfahren wird eine Festgebühr i.H.v. 120 Euro nach Nr. 1826 KV GKG erhoben, die sich im Falle der Rücknahme auf 60 Euro ermäßigt (Nr. 1827 KV GKG). Der Ausschluss des § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG greift nicht, da er sich nur auf die (zulässigen) Beschwerden nach § 68 GKG bezieht, nicht aber auf ein unstatthaftes Rechtsbeschwerdeverfahren.3
363
e) Gehörsrüge Gerichtsgebühren löst eine Gehörsrüge nicht aus, da das GKG hierfür keinen gesonderten Gebührentatbestand vorsieht. Der Tatbestand der Nr. 1700 KV GKG ist nicht anwendbar, da die Regelung nicht für die Gehörsrüge nach § 69a GKG gilt, sondern nur für diejenige nach § 321a ZPO und abgesehen davon nach § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG in den Verfahren über die Wertfestsetzung keine Gebühren erhoben werden dürfen.4
364
2. Anwaltskosten a) Festsetzungsverfahren Für den bereits in der Hauptsache beauftragten Anwalt löst die Tätigkeit im Verfahren auf Wertfestsetzung ebenfalls keine Vergütung aus. Diese Tätigkeit gehört für ihn nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG mit zum Gebührenrechtszug.
365
Ist der Anwalt ausschließlich im Wertfestsetzungsverfahren beauftragt, handelt 366 es sich für ihn um eine Einzeltätigkeit, die nach Nr. 3403 VV RVG zu vergüten ist. Der Anwalt erhält eine 0,8-Verfahrensgebühr. Soweit nur ein Antrag auf Festsetzung gestellt wird, könnte ein Fall der Nr. 3404 VV RVG (Schreiben einfacher Art) vorliegen, so dass nur eine 0,3-Verfahrensgebühr entsteht.
1 BGH, Beschl. v. 3.3.2014 – IV ZB 4/14, MDR 2014, 610 = AGS 2014, 232; Beschl. v. 17.10.2002 – IX ZB 303/02, MDR 2003, 115; Beschl. v. 22.2.1989 – IVb ZB 2/89; Beschl. v. 7.12.2010 – VIII ZB 77/10; a.A. OLG Koblenz, Beschl. v. 23.8.2012 – 5 W 466/12, MDR 2012, 1315 = AGS 2013, 28; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.3.2012 – 1 W 15/12, MDR 2012, 811 = AGS 2012, 395; LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.3.2009 – L 11 R 882/11 B. 2 Ebenso auch für andere Gerichtsbarkeiten z.B. Bayerisches LSG, Beschl. v. 7.8.2014 – L 15 SF 146/14 E, AGS 2015, 97. 3 BGH, Beschl. v. 22.2.1989 – IVb ZB 2/89; OLG Koblenz, Beschl. v. 24.11.1999 – 14 W 635/99, NJW-RR 2000, 1239 = OLGR 2000, 400. 4 Siehe Rn. 358 ff.
N. Schneider
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367
C. Streitwertfestsetzung nach dem GKG b) Gegenvorstellung 368
Auch eine Gegenvorstellung gehört für den in der Hauptsache tätigen Anwalt mit zur Instanz und löst keine gesonderte Vergütung aus.
369
Lediglich als Einzeltätigkeit, also wenn ein bisher nicht befasster Anwalt nur mit einer Gegenvorstellung beauftragt wird, entstehen gesonderte Gebühren. Es liegt dann eine Einzeltätigkeit nach Nr. 3403 VV RVG vor. Der Anwalt erhält eine 0,8-Verfahrensgebühr.
370
Der Gegenstandswert richtet sich analog § 23 Abs. 2 Satz 1, 3, Abs. 3 RVG nach dem Interesse an der Abänderung. c) Beschwerdeverfahren
371
Im Beschwerdeverfahren können dagegen auch Anwaltsgebühren anfallen.
372
Legt der Anwalt im eigenen Namen Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwertes ein oder verteidigt er sich gegen die Herabsetzungsbeschwerde eines der Beteiligten, so wird er in eigener Sache und im eigenen Namen tätig, so dass es an einem Auftraggeber fehlt und folglich keine Gebühren ausgelöst werden können. Sie können auch nicht über § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO fingiert werden, da eine Kostenerstattung ausgeschlossen ist (§ 68 Abs. 3 Satz 2 GKG).
373
Vertritt der Anwalt dagegen einen Beteiligten, für den er Herabsetzungsbeschwerde erhebt oder für den er sich gegen die Heraufsetzungsbeschwerde eines anderen Beteiligten zur Wehr setzt, löst dies eine einfache Beschwerdegebühr nach Nr. 3500 VV RVG nebst Auslagen und Umsatzsteuer aus (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG).
374
Wird die Nichtabhilfeentscheidung aufgehoben und nach erneuter Nichtabhilfe wieder dem Beschwerdegericht vorgelegt, handelt es sich nur um ein Beschwerdeverfahren, so dass die Gebühren nur einmal anfallen (§ 15 Abs. 1 RVG). Wird dagegen die Festsetzung aufgehoben und gegen die neue Festsetzung erneut Beschwerde erhoben, liegen zwei Beschwerdeverfahren vor (§ 15 Abs. 2 Satz 2 RVG).
374a
Der Gegenstandswert richtet sich gem. § 23 Abs. 2 Satz 1, 3, Abs. 3 RVG nach dem Interesse an der Abänderung, das sich wiederum aus der Differenz der Kosten nach dem festgesetzten und dem begehrten Wert ergibt. d) Weitere Beschwerde
375
Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist eine eigene Angelegenheit (§§ 17 Nr. 1, 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG). Der Anwalt, der seinen Mandanten in diesem Verfahren vertritt, erhält die gleichen Gebühren wie für die Erstbeschwerde, also wiederum eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG nebst Auslagen und Umsatzsteuer. Der Gegenstandswert richtet sich gem. § 23 Abs. 2 Satz 1, 3, Abs. 3 RVG nach dem Interesse an der Abänderung. e) Rechtsbeschwerdeverfahren
376
Im (nicht statthaften) Rechtsbeschwerdeverfahren entsteht für den Anwalt eine 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3502 VV RVG. Der Anwalt, der die Rechtsbeschwerde einlegt, wird diese allerdings wegen Anwaltsverschuldens kaum einfordern können. Der Gegenstandswert richtet sich auch hier gem. § 23 Abs. 2 Satz 1, 3, Abs. 3 RVG nach dem Interesse an der Abänderung.
58
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht f) Gehörsrüge Auch eine Gehörsrüge löst grundsätzlich keine gesonderte Vergütung aus (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 RVG), es sei denn, der Anwalt ist ausschließlich mit der Gehörsrüge beauftragt. Dann entsteht eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3330 VV RVG. Der Gegenstandswert richtet sich analog § 23 Abs. 2 Satz 1, 3, Abs. 3 RVG nach dem Interesse an der Abänderung.
377
XIV. Kostenerstattung Eine Kostenerstattung, die ohnehin nur im Beschwerdeverfahren in Betracht käme, ist nach § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG ausgeschlossen. Daher werden insbesondere die in einem Beschwerdeverfahren angefallenen Anwaltskosten nicht erstattet. Diese hat vielmehr jeder Beteiligte selbst zu tragen. Das gilt auch für Auslagen.
378
Der Ausschluss der Kostenerstattung soll nach der Rechtsprechung allerdings nur für statthafte Beschwerden gelten. Ist die Beschwerde nicht statthaft, etwa eine Beschwerde gegen eine vorläufige Wertfestsetzung, soll der Ausschluss der Kostenerstattung nicht greifen; der Beschwerdeführer soll hier vielmehr die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen.1 Diese Auffassung ist insoweit bedenklich, als das GKG keine Kostenerstattung vorsieht. Zu dem Ergebnis der Kostenerstattung kann man nur gelangen, wenn man eine unstatthafte GKG-Beschwerde als eine Beschwerde nach der ZPO ansieht, weil man nur dann zu einer Kostenentscheidung nach § 97 ZPO kommen kann. Wird eine nicht statthafte Rechtsbeschwerde eingelegt, so müsste aus den gleichen Gründen, aus denen eine Gerichtsgebühr erhoben wird, auch eine Kostenerstattung ausgesprochen werden. Der Ausschluss der Kostenerstattung in § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG würde sich danach auf die Verfahren nach § 68 GKG erstrecken, nicht aber auch auf die dort nicht geregelte Rechtsbeschwerde.2
379
XV. Prozesskostenhilfe Prozesskostenhilfe kann für ein Wertfestsetzungsverfahren oder ein Beschwerdeverfahren nicht bewilligt werden, da das GKG keine Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorsieht und die Verfahren auch nicht dem Anwaltszwang unterliegen.
379a
XVI. Rechtsschutzversicherung Die Vergütung des Anwalts für eine Herabsetzungsbeschwerde ist vom Versicherungsschutz umfasst. Allerdings ist hier eine gesonderte Deckungsschutzanfrage erforderlich.
380
Häufig beauftragt der Rechtsschutzversicherer den Anwalt selbst mit einer Herab- 381 setzungsbeschwerde. Zwar ist der Versicherer nicht beschwerdeberechtigt, sondern nur der Auftraggeber. Unterlässt dieser jedoch die Beschwerde, liegt darin eine Obliegenheitsverletzung, die zum teilweisen Verlust des Versicherungsschutzes führt, soweit die Beschwerde erfolgreich gewesen wäre.3
1 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 9.12.2010 – 4 W 287/10, AGS 2011, 193 = NJW-Spezial 2011, 315. 2 Siehe zum vergleichbaren Fall der unstatthaften Beschwerde Rn. 378. 3 Siehe hierzu ausführlich AG Hamburg, Urt. v. 6.10.1999 – 21a C 288/99, BRAGOreport 2001, 145 = ZfSch 2000, 360.
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D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG
D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG I. Überblick 1. Grundsatz 382
Nach § 3 Abs. 1 FamGKG berechnen sich die Gerichtsgebühren in Familiensachen grundsätzlich nach dem Verfahrenswert bzw. im Falle eines Vergleichs über nicht anhängige Gegenstände (Nr. 1500 KV FamGKG) nach dem Vergleichswert, soweit nichts anderes bestimmt ist.
383
Diese Werte hat das Gericht nach § 55 FamGKG von Amts wegen festzusetzen, damit die hiernach zu berechnenden Gebühren angesetzt werden können.
384
Diese Wertfestsetzung gilt grundsätzlich auch für die Anwaltsgebühren (§ 32 Abs. 1 RVG), und zwar sowohl für den Anwalt, als auch den Auftraggeber (bzw. im Falle der Verfahrenskostenhilfe für die Landeskasse) und auch für einen erstattungspflichtigen Dritten.
385
Soweit die gerichtliche Wertfestsetzung ausnahmsweise einmal für die Anwaltsgebühren nicht bindend ist, weil sich die Anwaltsgebühren abweichend davon berechnen, kann auch insoweit nach § 33 Abs. 1 RVG Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes beantragt werden (s. Rn. 654 ff.). 2. Ausnahmen
386
Abweichend vom Grundsatz des § 3 Abs. 1 FamGKG gibt es Verfahren, in denen gar keine Gerichtsgebühren erhoben werden, die also gebührenfrei sind, wie z.B. die Verfahren über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, einschließlich des Abschlusses eines Mehrvergleichs (Anm. zu Nr. 1500 KV FamGKG). Eine Wertfestsetzung nach § 55 FamGKG kommt in diesen Verfahren daher erst gar nicht in Betracht. Eine gleichwohl vorgenommene Festsetzung ist gegenstandslos (s. Rn. 101 ff.).
387
Anderweitige Bestimmungen i.S.d. § 3 Abs. 1 FamFG, also Regelungen, nach denen nicht nach dem Wert abgerechnet wird, finden sich im KV FamGKG in folgenden Fällen: – Jahresgebühren in Vormundschafts- und Dauerpflegschaftssachen (Nr. 1311, 1312 KV FamGKG) – Festgebühren in – Vollstreckungssachen, soweit dem Familiengericht die Vollstreckung obliegt (Nrn. 1600 ff. KV FamGKG), – Verfahren mit Auslandsbezug (Nrn. 1700 ff. KV FamGKG), – isolierten Verfahren über eine Gehörsrüge (Nr. 1800 KV FamGKG), – Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren, soweit sie sich nicht gegen eine die Hauptsache abschließende Endentscheidung richten (Nrn. 1910 ff. KV FamGKG).
388
Eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 55 FamGKG ist in diesen Verfahren ebenfalls nicht zulässig, da die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Satz 1 FamGKG nicht gegeben sind. Eine Festsetzung wäre davon abgesehen auch unsinnig, da sich nach dem dann festgesetzten Wert keine Gerichtsgebühren berechnen.
389
Zwar berechnen sich in den in Rn. 387 und 388 genannten Fällen die Anwaltsgebühren nach dem Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 RVG); dies ist aber kein Grund für eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 55 FamGKG, auch wenn eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 32 Abs. 1 RVG für die Anwaltsgebühren grundsätzlich bindend ist. Vielmehr ist in diesen Fällen auf Antrag eines Beteiligten ei60
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht ne gesonderte Wertfestsetzung ausschließlich im Verfahren nach § 33 Abs. 1 RVG vorzunehmen, das anderen Verfahrensvorschriften folgt (s. Rn. 654 ff.).
II. Erforderlichkeit der Festsetzung Voraussetzung für eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 55 FamGKG ist, dass – überhaupt Gerichtsgebühren erhoben werden
390
und – sich die zu erhebenden Gerichtsgebühren nach dem Verfahrenswert oder dem – im Gesetz erstaunlicherweise nicht geregelten – Vergleichs(mehr)wert richten. Das Gericht muss daher vor einer Festsetzung stets prüfen, ob überhaupt Gerichtsgebühren anfallen und diese sich nach dem Verfahrenswert richten. – Ist dies der Fall, muss grundsätzlich eine Wertfestsetzung nach § 55 FamGKG erfolgen. – Ist dies nicht der Fall, dann darf das Gericht keinen Wert nach § 55 FamGKG festsetzen.
391
Soweit häufig angeführt wird, auch wenn sich die Gerichtsgebühren nicht nach dem Wert richten, müsse doch für die Anwaltsgebühren ein Wert nach § 55 FamGKG festgesetzt werden, so ist dies unzutreffend. Die Vorschrift des § 55 FamGKG betrifft nur die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren. Soweit keine wertabhängigen Gerichtsgebühren anfallen, wohl aber wertabhängige Anwaltsgebühren, ist hierfür das gesonderte Verfahren nach § 33 RVG vorgesehen, für das in entscheidenden Punkten ein abweichendes Verfahrensrecht gilt. Siehe dazu Rn. 654 ff.
392
Eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 55 FamGKG hat daher insbesondere in Vollstreckungsverfahren vor dem Familiengericht zu unterbleiben sowie in Verfahren mit Auslandsbezug und in Verfahren über Beschwerden und Rechtsbeschwerden, die sich gegen Zwischenentscheidungen richten oder gegen den Rechtszug abschließende Entscheidungen, die nicht die Hauptsache betreffen, da hier wertunabhängige Festgebühren erhoben werden (Nrn. 1600 ff.; Nrn. 1700 ff.; Nrn. 1900 ff. KV FamGKG).
393
Eine dennoch nach § 55 FamGKG getroffene Festsetzung ist gegenstandslos: – Eine Bindungswirkung nach § 32 Abs. 1 RVG tritt nicht ein, da es keine wertabhängigen Gerichtsgebühren gibt und folglich auch keinen für diese maßgebenden Wert. – Eine Bindungswirkung nach § 33 RVG scheidet aus, da eine von Amts wegen vorgenommene Wertfestsetzung gar nicht erkennen lässt, in welchem Verhältnis die Wertfestsetzung gelten soll und es zudem an dem erforderlichen Antrag fehlt.
394
Da viele Gerichte diese Zusammenhänge nicht erkennen, sollte vorsorglich auch eine zu Unrecht ergangene Wertfestsetzung nach § 55 FamGKG geprüft werden. Ggf. sollte vorsorglich deren Aufhebung beantragt werden, damit sich im Folgenden nicht auch nur der Anschein einer Bindungswirkung ergibt.
395
III. Wertangabe Nach § 53 Satz 1 FamGKG hat ein Antragsteller bei Einreichung eines Antrags den Verfahrenswert anzugeben, wenn dieser – nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht, N. Schneider
61
396
D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG – kein fester Wert bestimmt ist und – er sich auch nicht aus früheren Anträgen ergibt. 397
Die Obliegenheit zur Wertangabe gilt auch bei Einreichung einer Antragserweiterung oder eines Widerantrags.
398
Für die Pflicht zur vorläufigen Wertangabe ist es unerheblich, ob die Gerichtsgebühren bereits mit Einreichung anfallen und nach Antragseinreichung eine vorläufige Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 1 RVG erfolgen muss (s. Rn. 424 ff.) oder ob die Gebühren erst später fällig werden.
399
Andere Beteiligte als der jeweilige Antragsteller sind zu vorläufigen Wertangaben nicht verpflichtet.
400
Ebenso wenig besteht eine Pflicht zu Wertangaben bei Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet worden sind.
401
Nach Aufforderung des Gerichts ist auch der Wert eines Teils des Verfahrensgegenstands anzugeben.
402
Die Angabe ist schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären. Sie kann jederzeit berichtigt werden (§ 53 Satz 2 FamGKG).
403
Bei der Pflicht zur Wertangabe handelt es sich lediglich um eine Ordnungsvorschrift. Unmittelbare Sanktionen sind an die Verletzung der Obliegenheit zur Wertangabe nicht geknüpft. Mittelbar können sich allerdings Nachteile ergeben, wenn sich das Gericht infolge der unterlassenen Wertangabe veranlasst sieht, ein Sachverständigengutachten einzuholen (§ 56 Satz 1 FamGKG) oder wenn es nach § 55 Abs. 1 Satz 1 FamGKG einen zu hohen Wert ansetzt und der Antragsteller ggf. Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung nach § 58 FamGKG erheben muss (s. Rn. 436), die zumindest Anwaltsgebühren auslöst (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG i.V.m. Nr. 3500 VV RVG).
404
Soweit der Antrag in einer bestimmten Geldsumme besteht, bedarf es keiner Wertangabe. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine Geldsumme in deutscher oder ausländischer Währung handelt (vgl. auch § 35 FamGKG). Eine Einschränkung wie in § 55 Abs. 1 Satz 1 FamGKG für eine auf Euro lautende Währung findet sich in § 56 FamGKG nicht.
405
Festwerte kennt das FamGKG nicht, sondern lediglich Regelwerte. Hier wird eine Wertangabe ebenso entbehrlich sein, es sei denn, es ist bereits bei Antragseinreichung ersichtlich, dass ein Fall vorliegt, der vom Regelwert abweicht (s. §§ 44 Abs. 3; 45 Abs. 3; 47 Abs. 2; 48 Abs. 3; 49 Abs. 2; 50 Abs. 3; 51 Abs. 3 Satz 2 FamGKG).
406
Dagegen macht die Kostenfreiheit eines Antragstellers nach § 2 FamGKG die Wertangabe nicht entbehrlich. Auch im Falle der Kostenfreiheit eines Beteiligten muss nach § 55 FamGKG ein Wert festgesetzt werden. Selbst wenn vom Antragsteller keine Gebühren erhoben werden, können doch andere Beteiligte später für die Kosten haften.
407
Nach dem Wortlaut des § 53 Satz 1 FamGKG genügt die Angabe des Wertes. Erläuterungen des Wertes und seiner Berechnung sind danach nicht erforderlich. Gleichwohl ist es angebracht, die Umstände darzulegen, aus denen die Wertberechnung folgt. Anderenfalls ist das Gericht zur Prüfung der Angabe und zur ordnungsgemäßen Festsetzung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 FamGKG (s. Rn. 415 ff., 439 ff.) nicht in der Lage.
408
Besondere Bedeutung hat die Vorschrift des § 53 FamGKG bei Einreichung des Scheidungsantrags, da hier zu den wertbildenden Faktoren des Wertes der Ehesache (Vermögens- und Einkommensverhältnisse – § 43 Abs. 1, 2 FamGKG) vor-
62
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht zutragen ist, damit das Gericht zutreffend bereits einen vorläufigen Wert festsetzen kann. Des Weiteren hat die Vorschrift des § 53 FamGKG besondere Bedeutung bei einem Stufenantrag. Zweckmäßig ist es, hier bereits mit Antragseinreichung anzugeben, in welcher Größenordnung der Antragsteller die mit dem Leistungsantrag zunächst noch unbezifferten Ansprüche erwartet, da sich der Verfahrenswert eines Stufenantrags gem. § 44 FamGKG nach dem höherwertigen Antrag richtet,1 und das in der Regel der noch unbezifferte Leistungsantrag ist. Das Gericht kann anderenfalls den Verfahrenswert nicht verlässlich ermitteln.
409
Die Vorschrift des § 53 FamGKG gilt auch im Rechtsmittelverfahren, wobei sie hier allerdings geringere Bedeutung hat. Hier ergibt sich der Verfahrenswert in der Regel aus früheren Anträgen, nämlich den vorinstanzlich gestellten.
410
Längere Ausführungen zum Wert des Beschwerdegegenstands sind im Rechtsmittelverfahren daher in der Regel eher für die Zulässigkeitsfrage geboten, soweit für die Beschwerde der Wert des Beschwerdegegenstands mehr als 600 Euro betragen muss (§ 61 FamFG) und die Berechnung nicht einfach und auch nicht offensichtlich ist, etwa wegen Einbeziehung von Kosten und Zinsen aus erledigten Gegenständen.
411
Schließen die Beteiligten einen Vergleich über nicht anhängige Ansprüche, besteht dem Wortlaut nach keine Pflicht zur Wertangabe, da es sich bei dem Vergleich weder um einen Antrag handelt, noch sich die Vergleichsgebühr nach dem Verfahrenswert richtet, sondern nach dem Vergleichswert. Ungeachtet dessen sollte auch hier der Wert angegeben werden, damit der Wert für die Gebühr nach Nr. 1500 KV FamGKG festgesetzt werden kann. Hier ergibt auch die Angabe von Teilwerten Sinn.
412
Die Wertangabe kann jederzeit berichtigt werden. Ihr kommt keine Bindungswirkung zu. Allerdings kann sie als Indiz gewertet werden.
413
Nach entsprechendem Verfahrensausgang wird häufig versucht, im Nachhinein von einer vorläufigen Wertfestsetzung abzurücken. Im Falle des Obsiegens wird häufig (vom Anwalt) ein höherer Wert beantragt, während im Falle des Unterliegens eine Herabsetzung begehrt wird. Die Gerichte stellen dann in der Regel – und zu Recht – auf die Indizwirkung der vorläufigen Wertangabe ab. Eine nachträgliche Abänderung aus offensichtlichen kostenerstattungsrechtlichen Gründen wird dann von der Rechtsprechung abgelehnt. Von daher sollte der vorläufigen Wertangabe Beachtung geschenkt werden oder der Sinneswandel nachvollziehbar begründet werden.
414
Muster 10: Wertangabe (Ehesache) Es wird angeregt, den Verfahrenswert vorlufig auf … Euro festzusetzen. Der Antragsteller hat monatliche Nettoeinknfte i.H.v. … Euro, die Antragsgegnerin i.H.v. ca. … Euro. Der Antragsteller verfgt ber Vermçgen i.H.v. … Euro, die Antragsgegnerin i.H.v. ca. … Euro.1 1 Soweit Gerichte Abzge wegen gemeinsamer Kinder vornehmen, bedarf es keiner weiteren Ausfhrungen, da sich dies bereits aus dem Scheidungsantrag ergibt.
1 Siehe das Stichwort „Stufenverfahren“, im FamFG-Teil Rn. 8223 ff.
N. Schneider
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D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG
Muster 11: Wertangabe (Stufenantrag, Zugewinn) … Es wird angeregt, den Wert des Verfahrens auf … Euro festzusetzen. Mit dem Stufenantrag wird Auskunft und Zahlung eines Zugewinnausgleichsanspruchs geltend gemacht. Das Endvermçgen des Antragsgegners wird mit … Euro geschtzt. Anfangsvermçgen ist nicht bekannt. Der Zugewinn der Antragstellerin beluft sich auf … Euro, so dass sich eine Differenz i.H.v. … Euro ergibt. Ausgehend hiervon ist ein Zugewinnausgleichsanspruch i.H.v. … zu erwarten, so dass dieser Wert fr den Antrag zu 2) festzusetzen ist. Im Hinblick auf § 38 FamGKG kommt dem Auskunftsantrag zu 1) keine Bedeutung zu. Es wird des Weiteren darauf hingewiesen, dass sich im Falle eines Stufenantrags der Verfahrenswert bereits nach dem hçheren Wert der Leistungsstufe ergibt, auch wenn diese noch nicht beziffert ist (OLG Hamm, FamRZ 2010, 1106; OLG Naumburg, AGS 2010, 339).
Muster 12: Wertangabe (Stufenantrag, Unterhalt) Es wird angeregt, den Verfahrenswert auf 16 705 Euro festzusetzen. Die Antragstellerin verlangt laufenden Unterhalt, den sie allerdings noch nicht beziffern kann. Nach den bisherigen Informationen ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner ein bereinigtes Nettoeinkommen i.H.v. 3000 Euro erzielt. Die Antragstellerin demgegenber verfgt ber keine eigenen Einknfte, so dass ein Unterhaltsanspruch i.H.v. ca. 1285 Euro monatlich zu erwarten ist. Geltend gemacht wird der Unterhalt fr den laufenden Monat sowie fr die Zukunft, so dass insgesamt gem. §§ 35, 51 Abs. 1, 2 FamGKG von dem 13-fachen Monatsbetrag auszugehen ist, mithin 16 705 Euro.
IV. Vorläufige Wertfestsetzung 1. Erforderlichkeit einer vorläufigen Wertfestsetzung a) Vorläufige Festsetzung bei Antragseinreichung 415
Nach Eingang eines Antrags hat das Gericht den Verfahrenswert vorläufig festzusetzen (§ 55 Abs. 1 Satz 1 FamGKG), damit hiernach die Gerichtsgebühren erhoben werden können, sofern Gebühren mit der Einreichung des Antrags, der Einspruchs- oder Rechtsmittelfrist oder mit Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig werden.
416
Die danach erforderliche Fälligkeit von Gebühren ergibt sich aus § 9 FamGKG. Danach gilt Folgendes:
417
Fälligkeit der Gerichtsgebühren mit Einreichung eines Antrags tritt nur ein – in Ehesachen (§ 121 FamFG) und – in selbständigen Familienstreitsachen (§ 112 FamFG).
418
Hier wird sogar die Zustellung der Antragsschrift von der Vorauszahlung abhängig gemacht (§ 14 Abs. 1 Satz 1 FamGKG), so dass es unbedingt einer vorläufigen Wertfestsetzung bedarf. 64
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht Wird in diesen Verfahren im Nachhinein der Antrag erweitert, soll keine weitere gerichtliche Handlung vorgenommen werden, bevor aus dem Mehrwert die Gerichtsgebühren eingezahlt sind (§ 14 Abs. 1 Satz 2 FamGKG). Daher bedarf es auch insoweit einer Wertfestsetzung.
419
Wird ein Widerantrag gestellt, ist zwar eine Vorauszahlung nicht erforderlich (§ 14 420 Abs. 2 FamGKG); gleichwohl wird die Gebühr in Ehesachen und selbständigen Familienstreitsachen gem. § 9 FamGKG sofort fällig, so dass es also auch hier einer vorläufigen Wertfestsetzung bedarf. Im Übrigen werden Gerichtsgebühren nur unter der Voraussetzung des § 11 FamGKG fällig.
421
Das gilt auch für Folgesachen. Im Verbund wird nur die Gebühr, die sich aus dem Wert der Ehesache berechnet, sofort fällig. Die Gebühr aus dem Wert von Folgesachen – auch der von Amts wegen einzuleitenden Folgesache Versorgungsausgleich – wird nicht mit Antragseinreichung fällig,1 so dass eine vorläufige Wertfestsetzung unzulässig ist. A.A. ist Hartmann,2 der durch Auslegung des Wortlauts der §§ 9 und 14 FamGKG die Fälligkeit auch auf Folgesachen erstrecken will, dabei aber übersieht, dass der Gesetzgeber ausweislich seiner Begründung3 zum FGG-ReformG die Fälligkeit in § 9 FamGKG und die Vorauszahlungspflicht in § 14 FamGKG ausdrücklich nur auf die Ehesache und nicht auch auf Folgesachen erstreckt wissen wollte. Wird insoweit dennoch festgesetzt, ändert dies nichts daran, dass sich die Vorauszahlungspflicht nur aus dem Wert der Ehesache ergibt.4 Ggf. ist dann Beschwerde nach § 58 FamGKG zu erheben.
422
In anderen als den in Rn. 417 ff. genannten Verfahren ist daher eine vorläufige Festsetzung nur dann geboten, wenn im Verlaufe des Verfahrens Fälligkeit eintritt (s. Rn. 424 ff.). Anderenfalls ist eine vorläufige Festsetzung nicht erforderlich und sinnlos. Es hat dann nur eine endgültige Wertfestsetzung bei Abschluss des Verfahrens zu erfolgen (s. Rn. 439 ff.).
423
b) Vorläufige Festsetzung bei Fälligkeitseintritt vor Abschluss des Verfahrens Eine vorläufige Festsetzung ist abgesehen von den Fällen der sofortigen Fälligkeit (Rn. 417 ff.) geboten, wenn im Verlaufe des Verfahrens Fälligkeit eintritt (§ 11 FamGKG). Auch in den Verfahren, in denen die Gerichtsgebühren nicht bereits mit Antragstellung festgelegt werden, kann sich eine Fälligkeit vor Beendigung des Verfahrens ergeben, nämlich dann, wenn – eine unbedingte Entscheidung über die Kosten ergangen ist, ohne dass damit das Verfahren abgeschlossen ist, etwa nach einem Versäumnisbeschluss gegen den Einspruch eingelegt wird (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG), – das Verfahren sechs Monate ruht oder sechs Monate nicht betrieben wird (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 FamGKG) oder – das Verfahren sechs Monate unterbrochen oder sechs Monate ausgesetzt war (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 FamGKG).
424
In diesen Fällen ist das Verfahren noch nicht erledigt, so dass eine endgültige Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 2 FamGKG ausscheidet. Möglich ist daher nur eine vorläufige Wertfestsetzung.
425
1 Schneider/Volpert/Fölsch/Klos, § 9 FamGKG Rn. 12; Horndasch/Viefhues/Volpert, Teil 3 Rn. 641; Prütting/Helms/Klüsener, § 9 FamGKG Rn. 2; Binz/Dorndörfer/Petzold/Zimmermann, § 9 FamGKG Rn. 2. 2 Hartmann, KostG, § 9 FamGKG Rn. 3. 3 BT-Drucks. 16/6308, S. 302 zu § 9 FamGKG und zu § 14 FamGKG. 4 Siehe hierzu N. Schneider, FamRZ 2011, 162.
N. Schneider
65
D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG 426
Keine Fälligkeit tritt ein bei Teilentscheidungen.
427
Im Verbund ist zu differenzieren: Wird im Verbund über einzelne Folgesachen vorab entschieden, tritt dadurch alleine noch keine Fälligkeit ein, so dass damit die Voraussetzungen des § 11 FamGKG noch nicht erfüllt sind. Ergeht allerdings bereits eine Teil-Kostenentscheidung, die hier nach § 150 Abs. 1 FamFG ausnahmsweise möglich ist (arg. § 150 Abs. 5 FamFG), tritt Fälligkeit nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG ein, so dass eine vorläufige (keine endgültige!) Wertfestsetzung zu erfolgen hat.
Û
Beispiel: Im Scheidungsverfahren ist neben dem Versorgungsausgleich auch die Folgesache Ehegattenunterhalt anhängig. Da zum Versorgungsausgleich noch Auskünfte einzuholen sind, trennt das Gericht den Versorgungsausgleich gem. § 140 Abs. 2 FamFG ab und entscheidet vorab über die Ehesache und die Folgesache Ehegattenunterhalt. a) Das Gericht entscheidet gem. § 150 Abs. 1 FamFG über die Kosten für Ehesache und Versorgungsausgleich. b) Das Gericht entscheidet noch nicht über die Kosten. Für die Ehesache ist bereits ein vorläufiger Wert festgesetzt, da Vorauszahlungspflicht besteht. Für die Folgesache Unterhalt besteht keine Vorauszahlungspflicht, so dass eine vorläufige Wertfestsetzung nicht vorzunehmen war (Rn. 422). Im Fall a) ist mit der Entscheidung jetzt aber die Gerichtsgebühr aus der Folgesache Unterhalt fällig geworden, da eine unbedingte Kostenentscheidung ergangen ist (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG). Es muss daher vorläufig ein Wert festgesetzt werden. Im Fall b) tritt dagegen keine Fälligkeit ein, da das Verbundverfahren noch nicht beendet ist und kein Ausnahmefall des § 11 Abs. 1 FamGKG vorliegt. Eine vorläufige Wertfestsetzung kommt nicht in Betracht.
2. Entbehrlichkeit der vorläufigen Festsetzung 428
Eine vorläufige Wertfestsetzung ist entbehrlich, wenn Gegenstand des Verfahrens eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder wenn das Gesetz einen Regelwert vorsieht. Grund hierfür ist, dass in diesen Fällen der Kostenbeamte die fällige Gebühr ohne Weiteres selbst berechnen und anfordern kann.
429
Auch wenn eine vorläufige Wertfestsetzung in diesen Fällen entbehrlich ist, kann das Gericht dennoch vorläufig einen Wert festsetzen. Das wiederum ist dann geboten, wenn sich bei Zahlungsansprüchen Bewertungsschwierigkeiten ergeben, etwa wenn die Zusammensetzung der Geldforderung im Hinblick auf § 38 FamGKG nicht ohne Weiteres ersichtlich ist oder wenn Hilfsanträge oder Wideranträge gestellt werden und die Frage der Zusammenrechnung unklar ist. Ebenso bedarf es einer vorläufigen Festsetzung, wenn nicht eindeutig ist, welcher Regelwert gilt. 3. Verfahren
430
Das Gericht setzt den vorläufigen Wert durch Beschluss fest (§ 55 Abs. 1 Satz 2 FamGKG).
431
Die vorläufige Wertfestsetzung findet ohne Anhörung der Beteiligten statt. Das ist nicht zu beanstanden, denn der Antragsteller, den die Zahlungspflicht zunächst trifft (§ 21 Abs. 1 Satz 1 FamGKG), hat die Möglichkeit, im Rahmen seines Antrags (s. § 53 FamGKG) zum vorläufigen Verfahrenswert Stellung zu nehmen. Abgesehen davon kann auch die vorläufige Wertfestsetzung jederzeit abgeändert werden (§ 55 Abs. 3 FamGKG). Zudem besteht die Möglichkeit der Beschwerde gegen die Vorauszahlungsanordnung nach § 58 FamGKG, so dass der Antragsteller hinreichend geschützt ist.
66
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht 4. Unanfechtbarkeit Die vorläufige Wertfestsetzung ist unanfechtbar.1 Die Beschwerde nach § 59 FamGKG ist nur gegen die endgültige Wertfestsetzung gegeben.
432
Einwendungen gegen die Höhe eines vorläufig festgesetzten Wertes können daher nur im Beschwerdeverfahren nach § 58 FamGKG (s. Rn. 436 ff.) erhoben werden (§ 55 Abs. 1 Satz 2 FamGKG). Ansonsten sieht das FamGKG nur eine Anfechtung der endgültigen Wertfestsetzung vor (§ 59 FamGKG).
433
Die vorläufige Wertfestsetzung ist auch durch den Anwalt über § 32 Abs. 2 RVG nicht anfechtbar. Dies ist auch zutreffend, weil durch eine vorläufige Wertfestsetzung keine Beschwer eintritt. Eine Abrechnung der Anwaltsgebühren ist zu diesem Zeitpunkt mangels Fälligkeit noch nicht möglich (s. §§ 8, 10 RVG). Hinsichtlich einer Vorschussanforderung (§ 9 RVG) wiederum ist der Anwalt aber an eine vorläufige Wertfestsetzung nicht gebunden. Er kann auch Vorschüsse nach einem voraussichtlich höheren Wert anfordern.2
434
5. Gegenvorstellung Möglich ist allerdings eine Gegenvorstellung gegen die vorläufige Wertfestsetzung. Das Gericht ist von Amts wegen verpflichtet, den Verfahrenswert zutreffend festzusetzen (§ 55 Abs. 3 Satz 1 FamGKG). Dies gilt auch für eine vorläufige Wertfestsetzung. Das Gericht ist daher verpflichtet, auf eine begründete Gegenvorstellung den Wert abzuändern, zumal die Frist des § 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG zu diesem Zeitpunkt nie abgelaufen sein kann.
Muster 13: Gegenvorstellung gegen endgltige Wertfestsetzung Amtsgericht … – Familiengericht – In Sachen … ./. … lege ich in eigenem Namen gegen die vorlufige Wertfestsetzung Gegenvorstellung ein. Das Gericht hat den Verfahrenswert fr den von der Antragstellerin erhobene Stufenantrag auf Auskunft und Trennungsunterhalt vorlufig nur nach dem Wert der Auskunftsstufe (Antrag zu 1) festgesetzt und die Leistungsstufe (Antrag zu 2) unbercksichtigt gelassen. Zutreffend htte der Wert aber nach dem hçheren Leistungsantrag vorlufig festgesetzt werden mssen. Bei einem Stufenantrag ist stets der hçhere Wert maßgebend (§ 38 FamGKG). Das gilt auch dann, wenn die Leistungsstufe noch nicht beziffert ist. Ihr Wert muss dann geschtzt werden (OLG Hamm, FamRZ 2010, 1106; OLG Naumburg, AGS 2010, 339).
1 OLG Celle, Beschl. v. 25.10.2010 – 10 WF 313/10, AGS 2010, 614 = FamRZ 2011, 134. 2 AnwK-RVG/N. Schneider, § 9 RVG Rn. 62.
N. Schneider
67
435
D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG … (ggf. weitere Ausfhrungen, sofern nicht schon in der Antragsschrift zum Wert vorgetragen worden ist (s. Rn. 396 ff.), auf die Bezug genommen werden kann) … Rechtsanwalt
V. Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung 436
Auch wenn eine Beschwerde gegen eine vorläufige Wertfestsetzung nicht zulässig ist, kann die vorläufige Wertfestsetzung inzidenter angegriffen werden, nämlich dann, wenn die weitere Tätigkeit des Gerichts (i.d.R. die Zustellung des Antrags, § 14 Abs. 1 FamGKG) von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird.
437
Gegen diesen Beschluss, mit dem das Gericht seine weitere Tätigkeit von der Einzahlung der Gerichtsgebühr abhängig macht (s. § 14 FamGKG), kann nach § 58 Abs. 1 Satz 1 FamGKG Beschwerde erhoben werden.
438
Im Rahmen dieser Beschwerde ist die Höhe der angeforderten Gerichtsgebühr zu prüfen und damit auch der Verfahrenswert, nach dem sie berechnet ist. Da die Beschwerde nach § 58 FamGKG eine Beschwer (allerdings keine Mindestbeschwer) voraussetzt, kann mit ihr allerdings nur der Antragsteller des Verfahrens geltend machen, der Wert sei zu hoch festgesetzt. Eine Heraufsetzung des Wertes kann mit dieser Beschwerde nicht erreicht werden.
Muster 14: Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung Amtsgericht … – Familiengericht – In Sachen … ./. … lege ich namens der Antragstellerin gegen die Anordnung zur Vorauszahlung der Gerichtskosten gem. § 58 FamGKG Beschwerde ein. Das Gericht hat den Verfahrenswert ausgehend von dem beiderseitigen Monatseinkommen der Beteiligten fr die Ehesache vorlufig auf … Euro festgesetzt und ausgehend hiervon eine Gerichtsgebhr i.H.v. … Euro angefordert. Das Gericht ist von einem zu hohen Nettoeinkommen der Beteiligten ausgegangen. … (weitere Ausfhrungen) … Ausgehend von den tatschlichen Einknften der Beteiligten ist daher nur von einem Wert i.H.v. … Euro auszugehen, so dass nur eine Gerichtsgebhr i.H.v. … htte angefordert werden drfen. Rechtsanwalt
68
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht
VI. Endgültige Wertfestsetzung 1. Zeitpunkt der Wertfestsetzung Nach Beendigung des Verfahrens, also – sobald eine Entscheidung über den gesamten Verfahrensgegenstand ergangen ist oder – sich das Verfahren anderweitig erledigt hat,
439
muss das Gericht den Verfahrenswert endgültig festsetzen (§ 55 Abs. 2 FamGKG). Eine Teil-Wertfestsetzung ist nicht vorgesehen. Daher ist nach einem Teilbeschluss folglich auch keine endgültige Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 2 FamGKG möglich.
440
Wird im Verbund nach Abtrennung einer oder mehrerer Folgesachen, die nach § 137 Abs. 5 Satz 1 FamFG Folgesachen bleiben, entschieden, ist eine endgültige Wertfestsetzung für das Verbundverfahren ebenfalls nicht möglich. Hier kann allerdings für eventuelle, vorab entschiedene Folgesachen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG eine vorläufige Wertfestsetzung zu treffen sein (Rn. 427 f.). Für die Ehesache ist ohnehin schon mit Antragseinreichung vorläufig festzusetzen (Rn. 417).
441
Ebenso muss das Gericht auch einen eventuellen Vergleichs(mehr)wert festsetzen, wenn ein Vergleich (auch) über nicht anhängige Gegenstände geschlossen worden ist, da insoweit eine gesonderte Gerichtsgebühr nach Nr. 1500 KV FamGKG entsteht.
442
Einer endgültigen Wertfestsetzung bedarf es lediglich im Beschwerdeverfahren nicht, wenn das Gericht bereits den Wert für die Zulässigkeit einer Beschwerde festgesetzt hat und dieser nach § 54 FamGKG auch für den Verfahrenswert gilt (§ 55 Abs. 2 FamGKG).
443
Ist ein Wert für die Zulässigkeit der Beschwerde bereits festgesetzt worden, gilt dieser aber nicht nach § 54 FamGKG auch für den Verfahrenswert, muss noch ein gesonderter Verfahrenswert festgesetzt werden.
444
Ein solcher Fall divergierender Werte ist z.B. in Unterhaltssachen gegeben.
445
Û
Beispiel: Das minderjährige Kind (10 Jahre) reicht im Januar 2014 einen Antrag auf Zahlung von monatlichem Unterhalt gegen den Kindesvater ein und beantragt, ihn ab Januar 2014 zu verpflichten, 327 Euro monatlichen Unterhalt (Einkommensgruppe 4) zu zahlen. Der Kindesvater wird antragsgemäß verpflichtet. Er legt Beschwerde gegen die Entscheidung des Familiengerichts ein, soweit er zu einer höheren Unterhaltszahlung als monatlich 291 Euro (Einkommensgruppe 2) verpflichtet worden ist. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag 600 Euro überschreitet (§ 61 Abs. 1 FamFG). Für die Berechnung des Beschwerdegegenstands im Rahmen der Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist nicht auf das FamGKG abzustellen, da dies nur für die Gerichtsgebühren gilt. Da eine ausdrückliche Regelung der Berechnung der Beschwer im FamFG fehlt, dürfte eine entsprechende Anwendung der Vorschriften der ZPO über § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG vorzunehmen sein (s. FamFG-Teil das Stichwort „Unterhaltssachen“, Rn. 8422), so dass gem. § 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag abzustellen sein dürfte und sich somit hier ein Wert i.H.v. (42 + 1) × 36 Euro = 1548 Euro ergibt. Für die Gerichtsgebühren gilt dieser Wert jedoch nicht. Hier ist gem. § 40 Abs. 1 i.V.m. §§ 35 Abs. 1, 51 Abs. 1, 2 FamGKG auf den Jahreswert zzgl. der fälligen Beträge abzustellen, also auf 13 × 36 Euro = 468 Euro.
Beendet ist das Verfahren, wenn – eine die Instanz abschließende Entscheidung ergeht (§ 38 Abs. 1 FamFG), – der Antrag zurückgenommen wird, N. Schneider
446
69
D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG – das Rechtsmittel zurückgenommen wird (§ 67 Abs. 4 FamFG), – die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wird oder – die Beteiligten einen Vergleich (§ 36 FamFG) schließen. 447
Erledigt ist das Verfahren abgesehen von den Fällen der Beendigung auch dann, wenn es, ohne förmlich beendet worden zu sein, von den Beteiligten nicht mehr betrieben wird. 2. Form
448
Die endgültige Wertfestsetzung ergeht durch Beschluss (§ 55 Abs. 2 FamGKG). Dieser Beschluss kann in dem Hauptsachebeschluss enthalten sein. Das Gericht kann aber auch einen gesonderten Wertfestsetzungsbeschluss erlassen. 3. Inhalt der Entscheidung a) Wertfestsetzung
449
Im Beschlusstenor ist der Wert für die anfallenden Gerichtsgebühren anzugeben. In den meisten Fällen wird nur eine Gerichtsgebühr für das Verfahren im Allgemeinen erhoben, so dass auch nur ein Wert festzusetzen ist. Gestaffelte Wertfestsetzungen sind auch in Familiensachen nicht zulässig (s. Rn. 188 ff.).
450
Setzt sich der Wert für die Gerichtsgebühren aus mehreren Teilwerten zusammen, so insbesondere im Verbundverfahren (§ 44 Abs. 2 FamGKG) oder bei Antrag und Widerantrag, beschiedenen Hilfsanträgen oder Hilfsaufrechnungen, reicht es, den Gesamtwert festzusetzen, da auch in diesen Fällen nur eine Gebühr erhoben wird. Die Angabe der Einzelwerte ist eine Frage der Begründung. Andererseits schadet es auch nicht, die Einzelwerte im Tenor auszuweisen.
451
Erforderlich ist der Ausweis der Einzelwerte – zumindest in der Begründung – im Verbundverfahren, wenn aus einzelnen Folgesachen nur ermäßigte Gerichtsgebühren (s. Nrn. 1111, 1122, 1132 KV FamGKG) angefallen sind, da anderenfalls die Gebührenberechnung nicht möglich ist.
452
Soweit ausnahmsweise einmal mehrere Gerichtsgebühren anfallen, ist für jede Gerichtsgebühr der maßgebende Wert festzusetzen.
Û
453
Mehrere Wertfestsetzungen sind auch dann vorzunehmen, wenn neben der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen eine Vergleichsgebühr nach Nr. 1500 KV FamGKG erhoben wird.
Û
454
Beispiel: Der Antragsgegner ist verpflichtet worden, 50 000 Euro Zugewinn zu zahlen. Er beantragt die Zulassung der Sprungrevision. Später nimmt er den Antrag i.H.v. 20 000 Euro zurück. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen. Aus dem Wert der zurückweisenden Entscheidung entsteht eine 1,5-Gebühr nach Nr. 1228 KV FamGKG. Aus dem Wert der Rücknahme entsteht dagegen nur eine 1,0-Gebühr nach Nr. 1229 KV FamGKG. Das Gericht muss daher zwei Werte festsetzen.
Beispiel: In einem Unterhaltsverfahren haben die Beteiligten einen Vergleich über eine nicht anhängige Zugewinnforderung geschlossen. Das Gericht muss jetzt zwei Werte festsetzen. Zum einen muss es einen Wert für das Verfahren festsetzen, da sich hiernach die Gebühr Nr. 1310 KV FamGKG berechnet und eine weitere Gebühr für den Mehrwert des Vergleichs, da hieraus eine Gebühr nach Nr. 1500 KV FamGKG entstanden ist.
Ebenso ist eine gesonderte Wertfestsetzung erforderlich, wenn eine Verzögerungsgebühr erhoben wird, da sich diese ebenfalls nach dem Verfahrenswert berechnet. 70
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht Hier kann allerdings auch ein geringerer Wert in Betracht kommen, wenn die Verzögerung nur einen Teil des gesamten Verfahrensgegenstands betrifft. b) Zulassung der Beschwerde Neben der Wertfestsetzung muss das Gericht auch darüber entscheiden, ob es nach § 59 Abs. 1 Satz 2 FamGKG die Beschwerde gegen seine Entscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Fragen zulässt.
455
Erforderlich ist es allerdings im Tenor nur, eine (positive) Zulassungsentscheidung aufzunehmen. Soweit das Gericht die Beschwerde nicht ausdrücklich zulässt, gilt dies als Nichtzulassung.
456
Eindeutiger ist es dagegen, auch in diesen Fällen im Tenor auszusprechen, dass 457 die Beschwerde nicht zugelassen wird, da dies der Klarheit dient und insbesondere zeigt, dass das Gericht sich auch über die Zulassungsfrage Gedanken gemacht hat, womit ggf. überflüssige Berichtigungs- oder Ergänzungsanträge vermieden werden. Eines Zulassungsantrags bedarf es nicht. Das Gericht muss von Amts wegen über die Frage der Zulassung entscheiden. Dem „Antrag“ eines Beteiligten kommt insoweit lediglich der Charakter einer Anregung zu.
458
Andererseits ist es häufig zweckmäßig, die Zulassung der Beschwerde zu beantragen. So kann es sinnvoll sein, auf die grundsätzliche Bedeutung oder divergierende Rechtsprechung bereits im Wertfestsetzungsverfahren hinzuweisen und dazu vorzutragen, damit das Gericht sich Gedanken über die Zulassung macht. Eine unterbliebene Zulassung kann nämlich grundsätzlich nicht nachgeholt werden (s. Rn. 508 ff.).
459
Eine Zulassung ist insbesondere dann geboten, wenn es sich um eine grundsätzliche Bewertungsfrage handelt, die in einer Vielzahl von Fällen auftritt und deren Bewertung noch nicht abschließend entschieden ist.
460
Darüber hinaus ist die Zulassung geboten, wenn das Gericht von der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts abweichen will oder von Entscheidungen anderer Gerichte und eine grundsätzliche Entscheidung des zuständigen Beschwerdesenats noch nicht vorliegt.
461
c) Rechtsbehelfsbelehrung Nach § 8a FamGKG muss der Wertfestsetzungsbeschluss auch eine Rechtsmittelbelehrung enthalten.
461a
4. Nachträgliche Abänderungsmöglichkeit Die endgültige Wertfestsetzung kann vom Gericht nachträglich von Amts wegen abgeändert werden (§ 55 Abs. 3 FamGKG).
462
Zur Abänderung berechtigt ist immer das Gericht, das den Wert festgesetzt hat (§ 55 Abs. 3 Satz 1 FamGKG).
463
Darüber hinaus ist auch ein Rechtsmittelgericht berechtigt, den Wert abzuändern, wenn die Sache vor dem Rechtsmittelgericht anhängig ist (§ 55 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamGKG). Daher kann das Oberlandesgericht eine Festsetzung des Familiengerichts abändern und der Bundesgerichtshof sowohl eine Festsetzung des Familiengerichts als auch des Oberlandesgerichts.
464
Eine Abänderung ist allerdings dann ausgeschlossen, wenn die eigene Wertfestsetzung zwischenzeitlich von einem Rechtsmittelgericht abgeändert worden ist.
465
N. Schneider
71
D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG Dies gilt unabhängig davon, ob die Abänderung aufgrund einer Beschwerde erfolgte oder gem. § 55 Abs. 3 FamGKG von Amts wegen während der Anhängigkeit im Rechtsmittelverfahren. 466
Die Abänderungsmöglichkeit besteht grundsätzlich nur innerhalb der Frist des § 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG, also innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat.
467
Die Frist beginnt mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens (§ 45 FamG) oder anderweitiger Beendigung. Sie beginnt also im Falle einer Endentscheidung (§ 38 Abs. 1 FamFG), sobald diese rechtskräftig geworden ist (§ 45 FamFG). Im Verbund hindert ein lediglich gegen eine Folgesache eingelegtes Rechtsmittel zwar nicht den Eintritt der Rechtskraft hinsichtlich der Ehesache und ggf. weiterer nicht angegriffener Folgesachen. Diese werden gem. § 145 Abs. 1 FamFG mit Ablauf der Anschlussrechtsmittelfrist rechtskräftig; dennoch beginnt hier die Sechsmonatsfrist nicht zu laufen, da für das gesamte Verbundverfahren ein einheitlicher Wert festzusetzen ist (§ 44 FamGKG).
Û
Beispiel: Im Scheidungsverbundverfahren wird auch über Versorgungsausgleich und Zugewinn entschieden. Die Ehefrau legt gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich Beschwerde ein. Die Entscheidung über die Ehesache und andere Folgesachen wird zwar mit Ablauf der Frist zur Anschlussbeschwerde (§ 145 Abs. 1 FamFG) rechtskräftig. Solange jedoch noch ein Teil des Verbundverfahrens in der Rechtsmittelinstanzs anhängig ist, kann der Wert des Verbundverfahrens insgesamt abgeändert werden.
Ist nach Erlass der Entscheidung eine Gehörsrüge eingelegt worden, so beginnt die Sechsmonatsfrist mit der Entscheidung über die Gehörsrüge, im Falle – einer Antragsrücknahme mit Rücknahmeerklärung bzw. Zustimmung, wenn diese erforderlich ist, – einer Rechtsmittelrücknahme (§ 67 Abs. 4 FamFG) mit Rücknahmeerklärung bzw. Zustimmung, wenn diese erforderlich ist, – einer übereinstimmend erklärten Hauptsacheerledigung mit Abgabe der letzten erforderlichen Erledigungserklärung, – eines Vergleichsabschlusses (§ 36 FamFG) mit dessen Protokollierung oder Feststellung (§ 278 Abs. 6 ZPO). Beim Tod eines Ehegatten beginnt sie in einer Ehesache mit dem Tod, da hiermit bereits nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 131 FamFG die Erledigung der Hauptsache eintritt. 468
Sofern die Hauptsache an ein Rechtsmittelgericht gelangt, kann – und muss – das Rechtsmittelgericht einen fehlerhaft festgesetzten Verfahrenswert der Vorinstanz von Amts wegen abändern (§ 55 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamGKG).
469
Eine solche Abänderung des Verfahrenswertes ist unabhängig von der Entscheidung in der Hauptsache. Auch wenn das Rechtsmittelgericht das Rechtsmittel als unbegründet zurückweist, kann und muss es den Verfahrenswert ggf. abändern.
470
Der Verfahrenswert kann auch dann geändert werden, wenn das Rechtsmittel unzulässig ist. Auch im Rahmen einer unzulässigen Beschwerde ist das Rechtsmittelgericht befasst. Es ist nämlich zuständig dafür, zu entscheiden, ob das Rechtsmittel zulässig ist oder nicht. Im Zusammenhang mit dieser Entscheidung ist es dann auch befugt, den Verfahrenswert zu ändern, da das Verfahren bei ihm anhängig ist.
72
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht Unklar ist, ob das Rechtsmittelgericht auch dann von Amts wegen den Wert abändern darf, wenn das Rechtsmittel unstatthaft ist. Gegen eine Berechtigung zur Abänderung spricht, dass ein gesetzlich nicht gegebenes Rechtsmittel in der Hauptsache auch nicht dazu führen darf, dass die Entscheidung in einem Nebenpunkt abgeändert wird. Andererseits ist das Rechtsmittelgericht dazu berufen, über die Frage der Statthaftigkeit des Rechtsmittels, die ja durchaus strittig sein kann, zu entscheiden und insoweit für die Entscheidung (über die Unzulässigkeit) berufen ist.
471
Nicht verwechselt werden darf dies mit der Frage, ob das Gericht auch auf eine unzulässige Beschwerde gegen den Verfahrenswert berechtigt ist, diesen abzuändern (s. Rn. 573).
472
VII. Gegenvorstellung Gegen die endgültige Wertfestsetzung des Gerichts kann immer eine Gegenvorstellung erhoben werden.
473
Da der Verfahrenswert von Amts wegen zutreffend festzusetzen und ggf. von Amts wegen abzuändern ist (§ 55 Abs. 3 Satz 1 FamGKG), muss das Gericht auf eine Gegenvorstellung hin seine Festsetzung prüfen und ggf. abändern.
474
Die Gegenvorstellung ist allerdings befristet. Sie muss innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG eingelegt werden, da das Gericht nur in diesem Zeitraum zur Abänderung berechtigt ist.
475
Ist die Gegenvorstellung allerdings innerhalb dieser Frist erhoben worden, dann kann und muss das Gericht auch noch nach Ablauf der Sechsmonatsfrist seine Festsetzung ändern.1
476
Ist der Wert später als einen Monat vor Ablauf der Frist festgesetzt worden, kann noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung Gegenvorstellung erhoben werden. Es kann hier nichts anderes gelten als für eine Beschwerde (§ 59 Abs. 1 Satz 3 FamGKG). Im Falle der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss als mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 59 Abs. 1 Satz 4 FamGKG).
477
Die Gegenvorstellung ist ein Rechtsbehelf und kein Rechtsmittel und führt daher – im Gegensatz zur Beschwerde – nicht zur Eröffnung einer weiteren Instanz, sondern wird von dem festsetzenden Gericht endgültig beschieden. Dafür löst eine Gegenvorstellung keine gesonderten Kosten aus, da sie zur Instanz gehört.
478
Die Gegenvorstellung ist auch dann zulässig, wenn eine Beschwerde möglich wäre. Sie ist nicht subsidiär.
479
Muster 15: Gegenvorstellung gegen endgltige Wertfestsetzung Amtsgericht … – Familiengericht – In Sachen … ./. … lege ich in eigenem Namen gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes
1 OLG Köln, Beschl. v. 1.7.2008 – 8 W 23/07, AGS 2008, 406.
N. Schneider
73
D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG Gegenvorstellung ein. Das Gericht hat den Verfahrenswert fr den von der Antragstellerin erhobenen Antrag auf Zahlung laufenden Unterhalts auf 6000 Euro festgesetzt und ist dabei gem. §§ 35, 51 Abs. 1 FamGKG von dem einjhrigen Bezug ausgegangen. Das Gericht hat dabei bersehen, dass § 51 Abs. 1 FamGKG nur die auf die Antragseinreichung folgenden zwçlf Monate entfallenden Unterhaltsbetrge erfasst. Bei Antragseinreichung fllige Betrge sind nach § 51 Abs. 2 FamGKG hinzuzurechnen. Da die Antragstellerin auch fr den laufenden Monat der Antragseinreichung Unterhalt verlangt hat und der Unterhalt am Ersten eines Monats im Voraus zu zahlen ist, htte dieser Monatsbetrag hinzugerechnet werden mssen, so dass sich ein Wert i.H.v. 13 500 Euro = 6500 Euro ergibt. Rechtsanwalt
VIII. Beschwerde 1. Statthaftigkeit 480
Neben der Gegenvorstellung als Rechtsbehelf kommt die Beschwerde nach § 59 FamGKG als Rechtsmittel gegen eine endgültige Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 2 FamGKG in Betracht.
481
Die Beschwerde ist allerdings nicht nur gegen die endgültige Wertfestsetzung selbst gegeben, sondern auch gegen eine unterlassene Wertfestsetzung. Weigert sich das Gericht, eine endgültige Wertfestsetzung vorzunehmen, obwohl diese geboten ist, kann auch dagegen Beschwerde eingelegt werden.
482
Eine Beschwerde gegen eine vorläufige Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 1 FamGKG ist nicht zulässig (s. Rn. 432 ff.).
483
Die Beschwerde ist allerdings nur gegen eine Entscheidung des Familiengerichts, also des Amtsgerichts (§ 23a Abs. 1 GVG), gegeben.
484
Eine Beschwerde gegen eine Wertfestsetzung des Oberlandesgerichts ist nicht statthaft, da dessen Entscheidungen nach § 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 7 FamGKG unanfechtbar sind.
485
Das gilt auch dann, wenn das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. Die Zulassung eines nicht statthaften Rechtsmittels ist nicht möglich und bindet daher den Bundesgerichtshof nicht (s. unten Rn. 579).
486
Eine Beschwerde gegen eine Wertfestsetzung des Bundesgerichtshofs wiederum kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es darüber kein Beschwerdegericht gibt. 2. Zuständigkeit
487
Zur Entscheidung über die Beschwerde ist das Oberlandesgericht berufen. Ungeachtet dessen ist die Beschwerde jedoch beim Familiengericht einzureichen (§ 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 4 Satz 4 FamGKG).
488
Die Einreichung beim Oberlandesgericht ist nicht fristwahrend. Wird die Beschwerde dennoch beim Oberlandesgericht eingereicht, muss es sie an das Familiengericht abgeben. Der dortige Eingangszeitpunkt ist dann maßgebend.
74
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht Das Familiengericht kann der Beschwerde allerdings abhelfen, wodurch sich das Beschwerdeverfahren erledigt. Soweit es der Beschwerde nicht abhilft, hat es sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorzulegen.
489
3. Beschwerdeberechtigte Beschwerdeberechtigt ist zunächst einmal jeder Verfahrensbeteiligte (§ 7 FamFG), also insbesondere der Antragsteller und der Antragsgegner. Darüber hinaus sind aber auch alle weiteren Personen, die nach § 7 FamFG derart am Verfahren beteiligt sind, dass sie für Gerichtsgebühren einzustehen haben oder dass ihnen Anwaltskosten entstanden sind, die sich nach dem vom Gericht festgesetzten Verfahrenswert richten (§ 32 Abs. 1 RVG). Daher kann insbesondere auch ein Nebenintervenient Beschwerde erheben.
490
Beschwerdeberechtigt sind ferner die Verfahrensbevollmächtigten selbst, soweit sich ihre Gebühren nach dem vom Gericht festgesetzten Verfahrenswert richten (§ 32 Abs. 2 RVG).
491
Auch die Landeskasse ist berechtigt, gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes Beschwerde zu erheben. Sie kann zum einen Heraufsetzungsbeschwerde erheben, wenn sie der Auffassung ist, die Gerichtskosten seien zu gering bemessen. Sie kann darüber hinaus Herabsetzungsbeschwerde erheben, wenn sie damit erreichen will, dass sie einem im Wege der Verfahrenskostenhilfe oder nach § 138 FamFG beigeordneten Rechtsanwalt nur geringere Gebühren zahlen muss.
492
4. Kein Verlust des Beschwerderechts durch Einverständnis mit der Festsetzung Soweit sich ein Beteiligter oder ein Verfahrensbevollmächtigter mit der erstinstanzlichen Wertfestsetzung einverstanden erklärt hat, liegt darin noch kein Verzicht auf sein Beschwerderecht.1
493
Ebenso wenig liegt darin ein Wegfall der Beschwer. Das folgt schon daraus, dass der gerichtliche Verfahrenswert nicht zur Disposition der Beteiligten steht, sondern von Amts wegen stets richtig festzusetzen ist. Bei besserer Erkenntnis kann jeder Beteiligte oder Verfahrensbevollmächtigte innerhalb der Frist des § 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG die Korrektur des Verfahrenswertes, notfalls im Wege der Beschwerde, verlangen.
494
5. Zulässigkeit a) Überblick Die Beschwerde gegen eine Wertfestsetzung des Familiengerichts ist nur zulässig, – wenn der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 200 Euro übersteigt (§ 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG) oder – die Beschwerde vom Familiengericht in dem angefochtenen Beschluss, der die Wertfestsetzung enthält, zugelassen worden ist (§ 59 Abs. 1 Satz 2 FamGKG).
495
b) Beschwer Voraussetzung ist sowohl bei der wertabhängigen als auch bei der zugelassenen Beschwerde, dass auch eine Beschwer gegeben ist.
496
Die Beschwer eines Beteiligten setzt voraus, dass er zur Zahlung oder Erstattung von Anwalts- oder Gerichtskosten verpflichtet ist und er einen geringeren Verfah-
497
1 Siehe Rn. 247.
N. Schneider
75
D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG renswert geltend macht, so dass ihn im Falle einer Abänderung geringere Kosten treffen würden. Eventuelle Erstattungsansprüche gegen Dritte haben dabei außer Ansatz zu bleiben, da deren Realisierung ungewiss ist.
Û
Beispiel: Die gesamten Kosten des Verfahrens sind dem Antragsteller auferlegt worden. Der Antragsgegner ist beschwert, da er nach dem Verfahrenswert seinem Anwalt die Vergütung schuldet. Die Beschwer fällt nicht dadurch weg, dass er in derselben Höhe einen Erstattungsanspruch gegen den Antragsteller hat, da nicht feststeht, ob er seine Forderung auch wird realisieren können.
498
Eine Beschwer des Beteiligten ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil ihm Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist. Er ist nämlich nicht von Erstattungsansprüchen Dritter befreit (§ 78 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 123 ZPO) und haftet im Falle von Ratenzahlungen oder Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe auf die Gerichts- und Wahlanwaltskosten.
499
Nur ausnahmsweise kann ein Beteiligter auch einmal durch einen zu geringen Wert beschwert sein, wenn er mit seinem Anwalt eine wertunabhängige Vergütungsvereinbarung getroffen hat und daher auf einen höheren Erstattungsanspruch spekuliert.1
500
Eine Beschwer der Landeskasse kann sich sowohl durch einen zu hohen Verfahrenswert ergeben, nämlich dann, wenn aufgrund dessen eine höhere Vergütung an die beigeordneten Anwälte auszuzahlen ist.
501
Die Landeskasse kann auch durch einen zu geringen Wert beschwert sein, weil sie dann nur geringere Gerichtsgebühren einziehen kann.
502
Der Anwalt wiederum kann nur durch einen zu geringen Wert beschwert sein, da er dann seine Vergütung nur nach dem geringeren Wert abrechnen kann.
503
Ist der Anwalt im Wege der Verfahrenskostenhilfe oder nach § 138 FamFG beigeordnet worden, ist gleichwohl auf die Differenz der Wahlanwaltsgebühren abzustellen, da dem Anwalt insoweit ein weiter gehender Anspruch gegen den Auftraggeber zusteht, der unter den Voraussetzungen des § 50 RVG ggf. noch innerhalb der nächsten vier Jahre geltend gemacht werden kann. Abgesehen davon können sich auch Erstattungsansprüche gegen Dritte ergeben (§ 78 Abs. 1 FamFG i.V.m. 126 ZPO). Daher ist für ihn auch dann eine Beschwerde gegeben, wenn die Höchstbeträge des § 49 RVG bereits erreicht sind.2
504
Voraussetzung ist stets, dass sich durch die Wertveränderung auch eine Veränderung der daraus berechneten Kosten ergibt. Daher ist keine Beschwer gegeben, wenn lediglich eine Wertänderung innerhalb derselben Gebührenstufe beantragt werden soll.
505
Ebenso ist für die Landeskasse keine Beschwer gegeben, wenn sie eine Herabsetzung des Verfahrenswertes oberhalb der Grenze des § 49 RVG beantragt, da sie ohnehin nie mehr als die Höchstbeträge zahlen muss. c) Zugelassene Beschwerde aa) Überblick
506
Die Beschwerde gegen die endgültige Wertfestsetzung ist wertunabhängig zulässig, wenn das Familiengericht die Beschwerde in seinem Wertfestsetzungsbeschluss zugelassen hat (§ 59 Abs. 1 Satz 2 FamGKG).
1 Siehe Rn. 254. 2 Siehe Rn. 257.
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N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht Das Oberlandesgericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden, selbst wenn das Familiengericht die grundsätzliche Bedeutung zu Unrecht bejaht hat (§ 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 3 Satz 2 FamGKG). Es muss sich allerdings um eine wirksame Zulassung handeln (s. Rn. 508 ff.).
507
bb) Keine nachträgliche Zulassung Die Zulassung der Beschwerde muss in dem Beschluss, der die Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 2 FamGKG enthält, ausgesprochen worden sein (§ 59 Abs. 1 Satz 2 FamGKG). Eine nachträgliche Zulassung der Beschwerde ist grundsätzlich nicht möglich; ebenso wenig eine Anfechtung der Nichtzulassung (§ 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 3 Satz 2 FamGKG).
508
Das Oberlandesgericht ist an eine unzulässige nachträgliche Zulassung der Beschwerde auch nicht gebunden. Die Bindungswirkung der Zulassung erstreckt sich nur auf eine zulässige und statthafte Zulassung. Soweit also eine nachträgliche Zulassung erfolgt ist, muss das Oberlandesgericht im Rahmen der Zulässigkeit prüfen, ob hier ein Fall vorliegt, in dem die Zulassung nachgeholt werden durfte (s. Rn. 511 ff.).
509
Von einer nicht statthaften nachträglichen Zulassung zu unterscheiden ist eine zulässige Änderung der Ausgangsentscheidung infolge Berichtigung, Ergänzung oder Gehörsrüge. In diesem Fall liegt keine gesonderte nachträgliche Zulassung vor. Vielmehr wird die Zulassung Bestandteil der Ausgangsentscheidung.
510
cc) Berichtigung Nach § 42 FamFG kann ein fehlerhafter Beschluss jederzeit berichtigt werden. Beruht also der fehlende Ausspruch über die Zulassung der Beschwerde auf einem Schreibfehler oder einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit i.S.d. § 42 FamFG oder § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 319 ZPO, kann dieser Fehler jederzeit berichtigt und die Zulassung ausgesprochen werden.1 Das Versehen des Familiengerichts muss sich aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei der Beschlussfassung ergeben und auch für Dritte ohne Weiteres deutlich sein. Faktisch handelt es sich nicht um eine nachträgliche Entscheidung über die Zulassung, sondern nur um die Korrektur eines Fehlers im ursprünglichen Beschluss.
511
dd) Ergänzung Hat das Gericht übersehen, über die Zulassung zu entscheiden, so ist eine Ergänzung des Beschlusses möglich, wenn die Entscheidung über die Zulassung übergangen worden ist (§ 43 FamFG; § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 321 ZPO). Ein solcher Fall ist insbesondere dann gegeben, wenn die Zulassung ausdrücklich beantragt worden ist, das Gericht aber diesen „Antrag“ übergangen hat.
512
Hat das Gericht die Beschwerde nicht zugelassen, weil es der Auffassung war, es bestehe kein Zulassungsgrund, dann darf es diese jedoch nicht nachholen.
513
Hat das Gericht dagegen übersehen, die Frage der Zulassung zu prüfen, weil es irrtümlich davon ausgegangen ist, der Wert des Beschwerdegegenstands von über 200 Euro sei erreicht und die Beschwerde daher ohnehin zulässig, so dass sie nicht gesondert zugelassen werden bräuchte, kommt eine Abänderung oder nachträgliche Zulassung nicht in Betracht. Nimmt das Oberlandesgericht dagegen einen Wert von unter 200,01 Euro an, dann muss es die Sache zunächst dem Familien-
514
1 BGH, Beschl. v. 14.9.2004 – VI ZB 61/03, AGS 2004, 480 = MDR 2005, 103.
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D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG gericht zurückgeben, damit dieses nunmehr die unterbliebene Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde nachholt.1
Û
Beispiel: In seinem Wertfestsetzungsbeschluss führt das Familiengericht aus, einer Zulassung der Beschwerde bedürfe es nicht, da sich die Gebührendifferenz zwischen dem festgesetzten und dem beantragten Verfahrenswert auf mehr als 200 Euro belaufe. Tatsächlich liegt die Differenz unter 200 Euro. Das Oberlandesgericht muss jetzt zunächst die Sache an das Familiengericht zurückgeben, damit dieses nunmehr über die Zulassung entscheidet.
ee) Gehörsrüge 515
Möglich ist die „nachträgliche“ Zulassung auf eine begründete Gehörsrüge hin (§ 61 FamGKG), wenn also die Nichtzulassung der Beschwerde auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruhte.
516
Hat das Gericht über die Nichtzulassung der Beschwerde unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör entschieden, und wird gegen den Beschluss Gehörsrüge eingelegt (§ 61 FamGKG), so kann das Gericht seine Entscheidung abändern. Ein solcher Fall wäre z.B. gegeben, wenn das Gericht den Beteiligten keine Gelegenheit gegeben hat, auf divergierende Rechtsprechung und damit eine zwingende Divergenzzulassung hinzuweisen. ff) Abhilfeentscheidung
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Ändert das Familiengericht auf eine Gegenvorstellung hin seine ursprüngliche Wertfestsetzung ab, wozu es nach § 55 Abs. 3 Satz 1 FamGKG innerhalb der Frist des § 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG berechtigt ist, dann liegt ein neuer Festsetzungsbeschluss nach § 55 Abs. 2 FamGKG vor, der jetzt auch wieder eine Zulassung enthalten darf. Das gilt insbesondere dann, wenn sich aus der geänderten Rechtsauffassung des Gerichts jetzt erstmals der Zulassungsgrund ergibt.
518
Ein Verstoß gegen § 59 Abs. 1 Satz 2 FamFG liegt nicht vor, weil Gegenstand der Anfechtung jetzt nicht der abgeänderte Ausgangsbeschluss ist, sondern der Abhilfebeschluss und dieser enthält die Zulassung, so dass § 59 Abs. 1 Satz 2 FamGKG gewahrt ist.
Û
Beispiel: Das Gericht hat den Verfahrenswert festgesetzt. Eine Beschwerde kommt nicht in Betracht, da die Beschwer von mehr als 200 Euro nicht erreicht ist. Nunmehr wird Gegenvorstellung erhoben. Das Gericht ändert, wozu es nach § 55 Abs. 3 FamGKG berechtigt ist, den Verfahrenswert ab. Mit seiner Abänderungsentscheidung kann es die Beschwerde zulassen, wenn sich aus der Abänderung jetzt ein Zulassungsgrund ergibt, etwa weil die Abänderung in Divergenz zu anderweitiger Rechtsprechung steht.
d) Zulassungsfreie Beschwerde aa) Überblick 519
Ist die Beschwerde nicht zugelassen, so muss der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigen, also mindestens 200,01 Euro betragen. Dabei kommt es nicht auf die Differenz zwischen dem begehrten und dem festgesetzten Verfahrenswert an, sondern auf die Differenz der Kosten, die sich nach dem festgesetzten und dem begehrten Verfahrenswert ergibt. 1 BGH, Beschl. v. 27.4.2010 – VIII ZB 91/09, AGS 2010, 518 = MDR 2010, 886.
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1. Teil: Verfahrensrecht – Legt der Anwalt gem. § 32 Abs. 2 RVG die Beschwerde ein, so ist lediglich auf die Differenz seiner Vergütung nach dem festgesetzten und dem beantragten Wert abzustellen. Ist der Anwalt im Wege der Verfahrenskostenhilfe oder nach § 138 FamFG beigeordnet worden, ist gleichwohl auf die Differenz der Wahlanwaltsgebühren abzustellen (s.o. Rn. 257). – Wird die Beschwerde im Namen eines Beteiligten eingelegt, wird also eine Herabsetzung des Wertes beantragt, so ist – zunächst immer die Differenz der Gebühren, die der Beteiligte seinem Rechtsanwalt schuldet, nach dem festgesetzten und dem beantragten Wert zu berücksichtigen und darüber hinaus, – soweit er als Kostenschuldner (auch Zweitschuldner) für die Gerichtskosten in Betracht kommt, auch die Differenz der Gerichtskosten zwischen den jeweiligen Werten und – soweit der Beteiligte auch noch zur Kostenerstattung an den Gegner verpflichtet ist, ist die Differenz des Erstattungsbetrages nach dem festgesetzten und dem begehrten Wert maßgebend. bb) Berechnungsbeispiele zum Wert des Beschwerdegegenstands
Û
Beispiel: Das Gericht hat den Verfahrenswert in einem isolierten Zugewinnverfahren auf 8000 Euro festgesetzt. Dem Antragsteller war Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet worden, dem Antragsgegner nicht. Nach mündlicher Verhandlung wird der Antrag durch Beschluss zurückgewiesen. Die Kosten werden nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 91 ZPO dem Antragsgegner auferlegt. a) Der Anwalt will eine Heraufsetzung des Verfahrenswertes auf 10 000 Euro erreichen. b) Der Antragsgegner will eine Herabsetzung auf 6000 Euro erreichen. c) Der Antragsteller will eine Herabsetzung auf 6000 Euro erreichen. d) Die Landeskasse will eine Herabsetzung auf 6000 Euro erreichen. a) Im Fall a) ist für den Anwalt auf die Differenz seiner Vergütung aus dem Wert von 8000 Euro zu der aus 10 000 Euro abzustellen. Maßgebend sind die Wahlanwaltsgebühren, da er ggf. den Mandanten später auf die weiter gehenden Wahlanwaltsgebühren in Anspruch nehmen kann (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 124 ZPO). Aus dem festgesetzten Wert von 8000 Euro ergibt sich für den Anwalt folgende Vergütung: 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 592,80 Euro (Wert: 8000 Euro) 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 547,20 Euro (Wert: 8000 Euro) 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Zwischensumme 1160,00 Euro 220,40 Euro 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt 1380,40 Euro Aus dem beantragten Wert von 10 000 Euro würde sich dagegen folgende Vergütung ergeben: 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 725,40 Euro (Wert: 10 000 Euro) 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 669,60 Euro (Wert: 10 000 Euro) 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Zwischensumme 1415,00 Euro 268,85 Euro 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt 1683,85 Euro Die Vergütungsdifferenz beträgt 303,45 Euro. Die Beschwerde wäre damit zulässig.
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D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG b) Für den Antragsgegner ist im Fall b) nur auf die Differenz der von ihm zu zahlenden Anwaltsvergütung aus dem Wert von 8000 Euro zu der Vergütung aus 6000 Euro abzustellen. Auf Gerichtskosten kann er nicht in Anspruch genommen werden und eine Kostenerstattung ist nicht geschuldet. Aus dem festgesetzten Wert ergäben sich für ihn die in Fall a) abgerechneten Anwaltskosten i.H.v. 1380,40 Euro. Aus dem beantragten Wert von 6000 Euro müsste er dagegen lediglich folgende Anwaltsvergütung zahlen: 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 460,20 Euro (Wert: 6000 Euro) 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 424,80 Euro (Wert: 6000 Euro) 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Zwischensumme 905,00 Euro 171,95 Euro 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt 1076,95 Euro Die Differenz beträgt auch hier 303,45 Euro. Die Beschwerde wäre damit zulässig. c) Im Fall c) richtet sich der Wert des Beschwerdegegenstands für den Antragsteller nach der Differenz der Gerichtsgebühren, der Differenz der an den eigenen Anwalt zu zahlenden Gebühren und der Differenz der an den Gegner zu erstattenden Kosten aus den jeweiligen Werten. Die Differenz der an den eigenen Anwalt zu zahlenden Vergütung würde sich ebenso wie für den Antragsgegner (Fall b) auf 303,45 Euro belaufen. Dass ihm Verfahrenskostenhilfe bewilligt ist, ist unerheblich (s.o. Rn. 503). Das Gleiche, also weitere 303,45 Euro, käme noch einmal hinzu für die an den Gegner zu erstattenden Kosten. Des Weiteren käme dann noch die Differenz der Gerichtsgebühren hinzu. Aus 10 000 Euro ergäbe sich eine 3,0-Gebühr, Nr. 1220 KV FamGKG (10 000 Euro) 723,00 Euro Aus 8000 Euro ergäbe sich dagegen eine 3,0-Gebühr, Nr. 1220 KV FamGKG (8000 Euro) 609,00 Euro Dies ergibt eine Differenz i.H.v. 114,00 Euro. Damit würde sich der Wert des Beschwerdegegenstands auf (393,45 Euro + 303,45 Euro + 114,00 Euro =) 720,90 Euro belaufen. Die Beschwerde wäre zulässig. d) Im Fall d) würde für die Landeskasse eine Herabsetzung auf 6000 Euro zu einer Verringerung der an den Anwalt des Antragstellers zu zahlenden Anwaltsvergütung führen. Nach den Beträgen des § 49 RVG (Wertgebühren aus der Staatskasse) ergäbe sich aus 8000 Euro eine zu zahlende Vergütung i.H.v. 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG, § 49 RVG 373,10 Euro (Wert: 8000 Euro) 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG, § 49 RVG 344,40 Euro (Wert: 8000 Euro) 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Zwischensumme 737,50 Euro 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 140,13 Euro 877,63 Euro Gesamt Aus dem beantragten Wert von 6000 Euro ergäbe sich dagegen folgende gütung: 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG, 49 RVG (Wert: 6000 Euro) 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG, § 49 RVG (Wert: 6000 Euro) 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 687,50 Euro 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
Anwaltsver347,10 Euro 320,40 Euro 20,00 Euro 130,63 Euro 818,13 Euro
Es ergibt sich damit eine Differenz i.H.v. 59,51 Euro. Eine Beschwerde ist damit nicht zulässig.
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1. Teil: Verfahrensrecht Sind die Kosten des Verfahrens nach Quoten verteilt, so darf der Berechnung der Beschwer eines Beteiligten die Kostenerstattungspflicht nur im Verhältnis der festgesetzten Quote zugrunde gelegt werden.
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Beispiel: Das Gericht hat den Verfahrenswert in einer Unterhaltssache auf 12 000 Euro festgesetzt. Die Kosten des Verfahrens sind dem Antragsteller zu 20 % und dem Antragsgegner zu 80 % auferlegt worden. Der Antragsteller hatte die 3,0-Gerichtsgebühr nach Nr. 1220 KV FamGKG i.H.v. 801,00 Euro voraus bezahlt. a) Der Antragsteller will eine Herabsetzung auf 10 000 Euro erreichen. b) Der Antragsgegner will eine Herabsetzung auf 10 000 Euro erreichen. Die Vergütung eines jeden Anwalts aus 12 000 Euro beläuft sich auf: 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 785,20 Euro 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 724,80 Euro 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Zwischensumme 1530,00 Euro 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 290,70 Euro Gesamt 1820,70 Euro Ausgehend hiervon ergibt sich für den Antragsteller ein Kostenerstattungsanspruch i.H.v. eigene Anwaltskosten 1820,70 Euro Gerichtskosten 801,00 Euro Anwaltskosten Antragsgegner 1820,70 Euro Zwischensumme 4442,40 Euro hiervon 80 % 3553,92 Euro – 1820,70 Euro ./. eigene Kosten Gegner Gesamt 1733,22 Euro a) Der Antragsteller würde bei einem Wert von 10 000 Euro lediglich eine Gerichtsgebühr i.H.v. 723 Euro zahlen müssen. Er erhielte also 78,00 Euro aus der Landeskasse zurück. An seinen Anwalt müsste er bei einem Wert von 10 000 Euro lediglich Folgendes zahlen: 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
725,40 Euro 669,60 Euro 20,00 Euro 1415,00 Euro 268,85 Euro 1683,85 Euro
Die Differenz beträgt 136,85 Euro. Die Beschwer des Antragstellers beläuft sich somit auf 214,85 Euro (78,00 Euro + 136,85 Euro =) Eine Beschwerde mit dem Ziel der Herabsetzung auf 10 000 Euro wäre daher für den Antragsteller daher zulässig. b) Der Antragsgegner würde bei einer Herabsetzung an seinen Anwalt ebenfalls 136,85 Euro weniger zahlen müssen. Darüber hinaus würde sich der Kostenerstattungsanspruch des Antragstellers wie folgt reduzieren: eigene Anwaltskosten 1683,85 Euro Gerichtskosten 723,00 Euro Anwaltskosten Antragsgegner 1683,85 Euro Zwischensumme 4090,70 Euro hiervon 80 % 3271,56 Euro ./. eigene Kosten Gegner – 1683,85 Euro Gesamt 1587,71 Euro 145,61 Euro Dies ergibt gegenüber der Kostenerstattung aus 10 000 Euro eine Differenz i.H.v. (1733,32 Euro – 1587,71 Euro =) Die Beschwer des Antragsgegners beläuft sich somit auf (78,00 Euro + 136,85 + 145,61 Euro =) 360,46 Euro. Eine Beschwerde mit dem Ziel der Herabsetzung auf 10 000 Euro wäre daher auch für den Antragsgegner möglich.
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521
D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG cc) Wert des Beschwerdegegenstands nach Teilabhilfe 522
Wird der Beschwerde teilweise abgeholfen, so ist der verbleibende Wert des Beschwerdegegenstands zu ermitteln. Sinkt der Wert des Beschwerdegegenstands infolge der Teilabhilfe auf 200 Euro oder darunter, wird die Beschwerde unzulässig. Eine Entscheidung des Beschwerdegerichts in der Sache kommt dann nicht mehr in Betracht. Die Entscheidung des Familiengerichts ist vielmehr endgültig.
523
Allerdings kann das Familiengericht die Beschwerde nicht selbst verwerfen. Ihm steht keine Verwerfungskompetenz zu. Die Sache ist auch in diesem Fall dem Oberlandesgericht vorzulegen, wenn die Beschwerde im Hinblick auf die Teilabhilfe und ihre damit eingetretene Unzulässigkeit nicht zurückgenommen wird.
524
Das Oberlandesgericht hat dann nach Hinweis die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, sofern sie nicht zuvor zurückgenommen wird. dd) Wert des Beschwerdegegenstands nach Teilrücknahme
525
Wird die Beschwerde vor der Nichtabhilfeentscheidung teilweise zurückgenommen, so richtet sich der für die Zulässigkeit der Beschwerde maßgebende Wert des Beschwerdegegenstands nur nach dem verbleibenden Interesse des Beschwerdeführers.
526
Wird die Beschwerde dagegen erst nach der Nichtabhilfeentscheidung und Eingang der Akte beim Oberlandesgericht teilweise zurückgenommen, so bleibt eine bis dahin gegebene Zulässigkeit erhalten. 6. Beschwerdefrist
527
Die Beschwerde ist befristet. Sie muss innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG eingelegt werden (§ 59 Abs. 1 Satz 3 FamGKG).
528
Zur Berechnung der Frist s. Rn. 475 ff.
529
Ist der Wert später als einen Monat vor Ablauf der Sechsmonatsfrist festgesetzt oder abgeändert worden, kann noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung der Wertfestsetzung Beschwerde eingelegt werden (§ 59 Abs. 1 Satz 3 FamGKG). Im Falle der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss als mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 59 Abs. 1 Satz 4 FamGKG).
530
In Anbetracht der nach § 55 Abs. 3 FamGKG vorgesehenen Sechsmonatsfrist ist eine zeitlich frühere Verwirkung des Beschwerderechts ausgeschlossen.1
530a
Ist in einem Verbundverfahren eine Folgesache abgetrennt worden, ohne dass damit der Verbund aufgelöst worden ist (§ 137 Abs. 5 FamFG), beginnt die Frist erst mit rechtskräftigem Abschluss oder anderweitiger Erledigung der Folgesache.2 Das gesamte Verbundverfahren gilt als ein Verfahren (§ 44 FamGKG), so dass auch nur einheitlich ein Wert festgesetzt werden kann. Eine Teilwertfestsetzung kennt das FamGKG nicht. Soweit für die vorab entschiedenen Gegenstände ein Wert festgesetzt worden ist, handelt es sich nur um eine vorläufige Wertfestsetzung. Anderenfalls könnten sich widersprüchliche Entscheidungen ergeben.
1 OLG Hamm, JurBüro 1977, 73; OLG Hamburg, MDR 1964, 931; OLG Frankfurt, Rpfleger 1960, 255. 2 A.A. OLG Hamm, Beschl. v. 25.2.2013 – 4 WF 281/12, FamRZ 2013, 1511; Beschl. v. 16.4.2013 – 4 WF 281/12, AGS 2013, 414.
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1. Teil: Verfahrensrecht
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Beispiel: Das Gericht hat den Versorgungsausgleich abgetrennt und über die Ehesache entschieden. Den Verfahrenswert für die Ehesache setzt es ausgehend von einem Monatseinkommen beider Eheleute i.H.v. insgesamt 4000 Euro auf 12 000 Euro fest. Über den Versorgungsausgleich wird ein Jahr später entschieden. Jetzt stellt das Gericht fest, dass das Monatseinkommen beider Eheleute 8000 Euro betrug. Würde man eine endgültige Wertfestsetzung zur Ehesache annehmen, wäre diese nicht mehr anfechtbar. Das Gericht müsste jetzt für den Versorgungsausgleich (10 % der Ehesache je Anrecht) entweder ausgehend von dem unzutreffend festgesetzten Wert der Ehesache sehenden Auges falsch festsetzen oder es müsste richtig festsetzen, sich damit aber in Widerpsruch zu seiner Festsetzung hinsichtlch der Ehesache setzen.
7. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Wird die Frist zur Einlegung der Verfahrensbeschwerde versäumt, sei es also, dass die Beschwerde nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG oder nicht innerhalb der Monatsfrist des § 55 Abs. 1 Satz 3 FamGKG erhoben worden ist (§ 59 Abs. 1 Satz 3 FamGKG), kann dem Beschwerdeführer vom Oberlandesgericht Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt werden (§ 59 Abs. 2 FamGKG).
531
Die Wiedereinsetzung wird nur auf Antrag des Beschwerdeführers gewährt. Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen kommt nicht in Betracht.
532
Der Beschwerdeführer muss ohne sein Verschulden verhindert gewesen sein, die Frist einzuhalten. Das Verschulden eines Verfahrensbevollmächtigten ist dem Beteiligten zuzurechnen (§§ 11, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Ein fehlendes Verschulden wird vermutet, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unzutreffend ist (§ 59 Abs. 2 Satz 2 FamGKG).
533
Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses zu stellen. Innerhalb der gleichen Frist muss auch die Beschwerde nachgeholt werden. Des Weiteren müssen innerhalb der Frist die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen sollen, glaubhaft gemacht werden (§ 59 Abs. 2 Satz 1 FamGKG).
534
Nach Ablauf eines Jahres seit Ende der versäumten Frist an ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung unzulässig (§ 59 Abs. 2 Satz 2 FamGKG).
535
Zwar entscheidet über den Wiedereinsetzungsantrag das Oberlandesgericht; da die nachgeholte Beschwerde jedoch zwingend beim Familiengericht einzureichen ist (§ 57 Abs. 4 Satz 4 FamGKG), muss dies auch für den Wiedereinsetzungsantrag gelten. Das gilt insbesondere dann, wenn die Wiedereinsetzung nur hilfsweise beantragt wird.
536
Über die Wiedereinsetzung entscheidet alleine das Oberlandesgericht. Das Familiengericht muss also, wenn es vom Ablauf der Beschwerdefrist ausgeht, ohne eigene Entscheidung die Sache dem Oberlandesgericht vorlegen. Eine Abhilfe durch das Familiengericht ist nicht möglich. Es handelt sich insoweit um eine Frage der Zulässigkeit der Beschwerde, für die dem Familiengericht keine Entscheidungskompetenz zusteht.
537
Gibt das Oberlandesgericht dem Wiedereinsetzungsantrag statt, hat es die Sache dem Familiengericht zurückzugeben, das nunmehr zunächst über die Abhilfe zu entscheiden hat.
538
8. Form Die Beschwerde kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingereicht werden (§ 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 4 Satz 1 Hs. 1 FamGKG). § 129a ZPO N. Schneider
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539
D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG gilt entsprechend (§ 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 4 Satz 1 Hs. 2 FamGKG). Einer darüber hinausgehenden besonderen Form bedarf die Beschwerde nicht. 540
Ein bestimmter Antrag ist nicht erforderlich, da das Gericht von Amts wegen zutreffend zu entscheiden hat (§ 55 Abs. 2, 3 FamGKG). Gleichwohl ist ein Antrag oder eine Begründung sachdienlich, vor allen Dingen, weil anderenfalls ggf. Schwierigkeiten bestehen, im Falle des § 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG den erforderlichen Beschwerdewert zu berechnen.
541
Für das Beschwerdeverfahren besteht kein Anwaltszwang, und zwar auch dann nicht, wenn in dem zugrunde liegenden Verfahren Anwaltszwang besteht. Die Beschwerde gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts kann daher auch der Beteiligte selbst einlegen. 9. Aufschiebende Wirkung, Einstellung der Zwangsvollstreckung
542
Eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts hat keine aufschiebende Wirkung.
543
Allerdings ist ein laufendes Kostenfestsetzungsverfahren nach § 103 ZPO oder ein Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG auszusetzen, bis über den Verfahrenswert abschließend entschieden worden ist.1
544
Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist nicht vorgesehen, da § 59 Abs. 1 Satz 5 FamGKG die Vorschrift des § 57 Abs. 6 FamGKG von einer Verweisung ausdrücklich ausnimmt.2 Ungeachtet dessen kann die Gerichtskasse mit der Beitreibung der Kosten abwarten, bis über den Wert rechtskräftig entschieden ist. Sie ist dazu aber nicht verpflichtet. 10. Abhilfeverfahren
545
Auf die Beschwerde hin hat das Familiengericht zunächst zu prüfen, ob der Beschwerde abzuhelfen ist (§ 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 3 Satz 1 FamGKG).
546
Das weitere Verfahren richtet sich danach, ob und ggf. in welchem Umfang abgeholfen wird: – Soweit der Beschwerde in vollem Umfang abgeholfen wird, erübrigt sich die Vorlage an das Beschwerdegericht. – Soweit der Beschwerde nicht abgeholfen wird, ist die Sache alsdann dem Beschwerdegericht, also dem Oberlandesgericht, vorzulegen, das hierüber entscheidet. – Soweit der Beschwerde teilweise abgeholfen wird, ist zu differenzieren: – Bleibt die Beschwerde zulässig, weil – der verbleibende Beschwerdegegenstand den erforderlichen Betrag von 200 Euro immer noch übersteigt oder – die Beschwerde zugelassen worden war ist sie dem Oberlandesgericht vorzulegen. – Ist die Beschwerde unzulässig geworden, – weil der verbleibende Beschwerdegegenstand den erforderlichen Betrag von 200 Euro nicht (mehr) übersteigt und – die Beschwerde auch nicht zugelassen worden ist, 1 BGH, Beschl. v. 20.3.2014 – IX ZB 288/11, AGS 2014, 246 = MDR 2014, 566; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.6.2010 – 6 W 21-23/10, AGS 2010, 568; für das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG ist dies in § 11 Abs. 4 RVG ausdrücklich geregelt. 2 KG, Rpfleger 1962, 121.
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1. Teil: Verfahrensrecht muss das Familiengericht dem Beschwerdeführer die Möglichkeit geben, aufgrund der Teilabhilfe seine jetzt unzulässig gewordene Beschwerde zurückzunehmen. Wird die Beschwerde nicht zurückgenommen, muss die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt werden. Das Familiengericht hat keine Verwerfungskompetenz. Das Familiengericht hat den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren. Dazu gehört zumindest, dass die Beschwerde nebst Begründung den übrigen Verfahrensbeteiligten zur Stellungnahme übermittelt wird. Legt ein Verfahrensbevollmächtigter Heraufsetzungsbeschwerde ein, so ist die Beschwerde den Beteiligten unmittelbar zuzustellen und nicht deren Verfahrensbevollmächtigten, da insoweit gegenläufige Interessen bestehen und die Beteiligten unmittelbar mit eigenen Interessen am Verfahren beteiligt sind.
547
Im Verfahren der Verfahrenswertbeschwerde gilt wegen des Grundsatzes der Verfahrenswertwahrheit das Verschlechterungsverbot (reformatio in peius) nicht.1 Das Gericht kann also auch im Abhilfeverfahren entgegen dem Antrag des Beschwerdeführers festsetzen. Es kann also auf eine Heraufsetzungsbeschwerde hin den Wert herabsetzen und auf eine Herabsetzungsbeschwerde hin den Wert heraufsetzen.
548
Die Entscheidung über die Nichtabhilfe ist zu begründen. Soweit die Beschwerde neues Vorbringen und neue Argumente enthält, muss der Nichtabhilfebeschluss erkennen lassen, dass sich das Familiengericht damit auseinandergesetzt hat. Inhaltsleere Floskeln reichen dazu nicht aus.2
549
11. Erneute Beschwerdemöglichkeit gegen Abhilfeentscheidung Gegen die Abhilfeentscheidung kann wiederum Beschwerde oder auch Anschlussbeschwerde erhoben werden.
550
Hilft das Gericht der Beschwerde in vollem Umfang ab, kann nunmehr ein anderer Beteiligter durch die Entscheidung erstmals beschwert sein, so dass er hiergegen jetzt Beschwerde einlegen kann. Das gilt auch dann, wenn zwischenzeitlich die Sechsmonatsfrist abgelaufen ist. Die neue Beschwerde muss dann innerhalb eines weiteren Monats eingelegt werden (§ 59 Abs. 1 Satz 3 Hs. 2 FamGKG).
551
Voraussetzung ist, dass der Wert des Beschwerdegegenstands mehr als 200 Euro beträgt. Entweder muss also die Abhilfeentscheidung selbst einen Beschwerdegegenstand von mehr als 200 Euro geschaffen haben oder aus dem Zusammenspiel von Ausgangsentscheidung und Abhilfe ergibt sich jetzt zusammen ein Wert des Beschwerdegegenstands von über 200 Euro.
552
Das Gericht kann in seiner Abhilfeentscheidung aber auch die Beschwerde zulassen (§ 59 Abs. 1 Satz 2 FamGKG), wenn die Abhilfeentscheidung grundsätzliche Bedeutung hat oder von der Entscheidung anderer Gerichte abweicht.
553
Soweit das Gericht der Beschwerde teilweise abhilft und es die Sache wegen des nicht abgeholfenen Teils dem Beschwerdegericht vorlegen muss, kann der durch die Teilabhilfe erstmals beschwerte Beteiligte Anschlussbeschwerde erheben. Eine Zulassung oder das Erreichen eines bestimmten Wertes ist für die Anschlussbeschwerde nicht erforderlich.
554
1 Anders dagegen im Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG (s. Rn. 801). 2 LG Verden, Beschl. v. 24.6.2010 – 1 T 76/10; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 3.2.2010 – 9 WF 123/09; OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.11.2009 – 11 W 59/09, MDR 2010, 344.
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D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG
Muster 16: Beschwerde gegen endgltige Wertfestsetzung Amtsgericht … – Familiengericht – In Sachen … ./. … lege ich in eigenem Namen gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts Beschwerde ein. In dem zugrunde liegenden Verfahren hatte die Antragstellerin Zugewinnausgleich i.H.v. 30 000 Euro beantragt. Der Antragsgegner hat spter Widerantrag gestellt und seinerseits beantragt, die Antragstellerin zur Zahlung von Zugewinnausgleich i.H.v. 20 000 Euro zu verpflichten. Das Gericht hat den Verfahrenswert auf 30 000 Euro festgesetzt, weil es offenbar der Auffassung ist, dass dem Antrag- und dem Widerantrag derselbe Verfahrensgegenstand zugrunde liege und daher gem. § 39 Abs. 1 Satz 2 FamGKG nur der hçhere Wert maßgebend sei. Zutreffenderweise htte der Gegenstandswert auf 50 000 Euro festgesetzt werden mssen. Beide Antrge sind zu addieren (§ 39 Abs. 1 Satz 1 FamGKG). Es liegt nicht derselbe Verfahrensgegenstand zugrunde. Zwar schließen sich die wechselseitigen Zugewinnausgleichsantrge aus. Es fehlt jedoch an der erforderlichen wirtschaftlichen Identitt. Die Werte wechselseitiger Zugewinnausgleichsantrge sind daher zusammenzurechnen. Ich nehme insoweit Bezug auf OLG Stuttgart, FamRZ 2006, 1055 = FamRB 2007, 14; OLG Bamberg, NJW-RR 1995, 258 = FamRZ 1995, 492; OLG Mnchen, FamRZ 1997, 41; OLG Kçln, FamRZ 1997, 41; OLG Kçln, FamRZ 2001, 1386 = MDR 2001, 941; zuletzt OLG Celle, AGS 2010, 614 = FamRZ 2011, 134. Rechtsanwalt
12. Verfahren vor dem Oberlandesgericht a) Zuständigkeit 555
Das Oberlandesgericht entscheidet nach § 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 5 Satz 1 FamGKG durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter.
556
Der Einzelrichter hat die Sache dem Senat zu übertragen, wenn sie besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 5 Satz 2 FamGKG). b) Bindungswirkung der Zulassung
557
Das Oberlandesgericht ist an eine Zulassung der Beschwerde durch das Familiengericht gebunden (§ 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 3 Satz 2 FamGKG).
558
Es hat allerdings zu prüfen, ob die Zulassung wirksam ist, insbesondere, ob sie in dem angefochtenen Beschluss ausgesprochen worden ist. An unwirksame Zulassungen – etwa nachträgliche Zulassungen (s. Rn. 508 ff.) – ist das Oberlandesgericht nicht gebunden. 86
N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht c) Verfahren Das Oberlandesgericht prüft zunächst die Zulässigkeit, insbesondere die Formalien und die Frist in eigener Kompetenz.
559
Das Oberlandesgericht prüft insbesondere auch, ob der erforderliche Beschwerdewert gegeben ist, wenn die Beschwerde nicht zugelassen ist.
560
Hat das Familiengericht ersichtlich einen Wert des Beschwerdegegenstands von über 200 Euro angenommen und daher über die Zulassung der Beschwerde nicht entschieden, muss das Oberlandesgericht die Sache dem Familiengericht zurückgeben, damit es über die Frage der Zulassung im Wege der Beschlussergänzung entscheidet.1
561
Ist der Wert des Beschwerdegegenstands infolge einer Teilabhilfe unter 200,01 Euro gesunken, so hat das Oberlandesgericht die Beschwerde – nach Hinweis – als unzulässig zu verwerfen. Es hat keine Abänderungsmöglichkeit. Insbesondere gilt § 55 Abs. 3 Satz 1 FamGKG nicht, da diese Abänderungsmöglichkeit eine zulässige Beschwerde voraussetzt.
562
Auch das Oberlandesgericht hat den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren. Verstöße hiergegen können mit der Gehörsrüge nach § 61 FamGKG geltend gemacht werden, wobei wegen der Möglichkeit der Gegenvorstellung der Gehörsrüge kaum Bedeutung zukommt (s. unten Rn. 580 f.).
563
d) Entscheidung aa) Form Das Oberlandesgericht entscheidet durch Beschluss.
564
Die Beschwerdeentscheidung kann formlos mitgeteilt werden. Eine förmliche Zustellung ist grundsätzlich nicht erforderlich.
565
Lediglich dann, wenn das Oberlandesgericht den Verfahrenswert abweichend vom FamG festgesetzt hat und bereits ein Kostenfestsetzungsbeschluss auf der Grundlage der früheren Wertfestsetzung ergangen ist, ist eine Zustellung erforderlich, weil dadurch dann die Frist nach § 113 Abs. 1 Satz 2 oder § 85 FamFG i.V.m. § 107 Abs. 2 ZPO ausgelöst wird.
566
bb) Rückgabe wegen fehlender oder mangelhafter Abhilfeentscheidung Fehlt eine Abhilfeentscheidung des FamG, so liegt darin grundsätzlich ein Verfahrensmangel, der dazu führt, dass die Akten dem Familiengericht zurückzugeben sind, damit es zunächst über die Abhilfe entscheidet. Dies ist keine unnötige Förmelei. Sofern das Familiengericht abhilft, kommt eine Beschwerde nämlich nicht mehr in Betracht. Sofern der Beschwerdewert infolge einer Teilabhilfe unter den Beschwerdewert fällt, wäre die Beschwerde ebenfalls unzulässig.
567
Soweit der Abhilfebeschluss mangelhaft ist, etwa weil er sich mit den mit der Beschwerde vorgebrachten Gründen nicht auseinandersetzt, ist die Nichtabhilfeentscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Abhilfe dem Familiengericht zurückzugeben.
568
Zu beachten ist, dass nur die Nichtabhilfeentscheidung aufzuheben ist, nicht auch die Ausgangsentscheidung über die Wertfestsetzung.
569
1 BGH, Beschl. v. 27.4.2010 – VIII ZB 91/09, AGS 2010, 518 = MDR 2010, 886.
N. Schneider
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D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG cc) Zurückverweisung 570
Ist sogar die Ausgangsentscheidung mangelhaft, so kann das Oberlandesgericht auch die Festsetzung des Familiengerichts selbst aufheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die endgültige Wertfestsetzung an das Familiengericht zurückverweisen. dd) Entscheidung in der Sache
571
Entscheidet das Oberlandesgericht zur Sache, besteht keine Bindung an die Anträge der Beteiligten. Insoweit gilt § 55 Abs. 3 Satz 1 FamGKG. Da auch das Rechtsmittelgericht den Verfahrenswert innerhalb der Frist des § 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG jederzeit von Amts wegen abändern darf, ist es nicht an die Anträge der Beteiligten gebunden.
572
Insbesondere gilt hier nicht das Verschlechterungsverbot (reformatio in peius). Das Beschwerdegericht kann also auch zum Nachteil des Beschwerdeführers entscheiden und den Wert im Falle einer Heraufsetzungsbeschwerde herabsetzen oder im Falle einer Herabsetzungsbeschwerde heraufsetzen.
573
Zu einer Entscheidung in der Sache ist das Oberlandesgericht aber nur berufen, wenn die Beschwerde zulässig ist. Das Oberlandesgericht kann nicht von seinem Abänderungsrecht nach § 55 Abs. 3 FamGKG Gebrauch machen, da dies eine zulässige Beschwerde voraussetzt. ee) Keine Anfechtung
574
Die Entscheidung des Oberlandesgericht ist unanfechtbar (§ 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 7 FamGKG).
575
Das Oberlandesgericht ist allerdings berechtigt, auf eine Gegenvorstellung hin in Anwendung des § 55 Abs. 3 FamGKG seine Beschwerdeentscheidung nachträglich abzuändern.1
576
Darüber hinaus sind eine Berichtigung nach § 42 FamFG, § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 319 ZPO oder eine Ergänzung nach § 43 FamFG, § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 321 ZPO möglich.
577
Ebenso ist eine Gehörsrüge nach § 61 FamGKG möglich, die in der Regel allerdings überflüssig ist, weil innerhalb der Frist des § 55 Abs. 3 FamGKG eine Gegenvorstellung in Betracht kommt, die zur Änderung der Wertfestsetzung führen kann.
IX. Weitere Beschwerde 578
Eine weitere Beschwerde ist nicht statthaft. Das FamGKG sieht sie nicht vor. Abgesehen davon schließt das Gesetz sie ausdrücklich aus, da eine Entscheidung des Oberlandesgerichts unanfechtbar ist (§ 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 7 FamGKG).
1 Eine Abänderungsmöglichkeit des Familiengerichts besteht nicht mehr, da nur die eigene Wertfestsetzung abänderbar ist.
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N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht
X. Rechtsbeschwerde Eine Rechtsbeschwerde ist ebenfalls nicht statthaft.1 Das FamGKG sieht sie nicht vor. Abgesehen davon, dass Entscheidungen des Oberlandesgerichts unanfechtbar sind (§ 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 7 FamGKG). Darauf hinzuweisen besteht Anlass, da dies vielen Beschwerdesenaten nicht bekannt ist und immer wieder die Zulassung einer Rechtsbeschwerde ausgesprochen wird, die es gar nicht gibt!
579
XI. Gehörsrüge Nach § 61 FamGKG kann Gehörsrüge erhoben werden, soweit der Anspruch auf rechtliches Gehör übergangen worden ist.
580
Die Gehörsrüge hat im Verfahren der Beschwerde gegen die Wertfestsetzung nach § 59 FamGKG jedoch letztlich keine Bedeutung, da das Gericht jederzeit von Amts wegen und auf Gegenvorstellung hin innerhalb der Frist des § 55 Abs. 3 FamFG die Wertfestsetzung abändern kann. Es fehlt in diesen Fällen in der Regel an der erforderlichen Rechtskraft.
581
XII. Kosten 1. Gerichtskosten a) Festsetzungsverfahren Im Verfahren über die Wertfestsetzung werden keine Gerichtsgebühren erhoben. Das Verfahren gehört mit zur Instanz.
582
Hier können lediglich Auslagen anfallen, ggf. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (§ 56 Satz 2 FamGKG i.V.m. Nr. 2005 KV FamGKG).
583
b) Gegenvorstellung Die Gegenvorstellung gehört mit zur Instanz und löst keine gesonderte Vergütung aus, abgesehen davon, dass es hierfür gar keinen Gebührentatbestand gibt. Wohl können Auslagen erhoben werden.
584
c) Beschwerdeverfahren Im Beschwerdeverfahren einschließlich des Verfahrens auf Wiedereinsetzung und der Gehörsrüge fallen ebenfalls keine Gerichtsgebühren an (§ 57 Abs. 8 Satz 1 FamGKG).
585
Auslagen können erhoben werden, allerdings nur sofern die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (Vorbem. 2 Abs. 1 KV FamGKG).
586
586a Strittig ist auch hier wiederum, ob die Gebührenfreiheit nur für statthafte oder auch für unstatthafte Beschwerden gilt (s.o. Rn. 362). d) Rechtsbeschwerdeverfahren Im Rechtsbeschwerdeverfahren wird eine Festgebühr i.H.v. 120 Euro nach 587 Nr. 1923 KV FamGKG erhoben, die sich im Falle der Rücknahme auf 60 Euro ermäßigt. Der Ausschluss des § 59 Abs. 3 Satz 1 FamGKG greift nach der Rspr.
1 Siehe Rn. 355.
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D. Verfahrenswertfestsetzung nach dem FamGKG nicht, da er sich nur auf die (statthaften) Verfahren nach § 59 FamGKG bezieht, nicht aber auf ein unstatthaftes Rechtsbeschwerdeverfahren. Siehe oben Rn. 362a. e) Gehörsrüge 588
Gerichtsgebühren löst eine Gehörsrüge nicht aus, da das FamGKG hierfür keinen gesonderten Gebührentatbestand vorsieht. Der Tatbestand der Nr. 1800 KV FamGKG ist nicht anwendbar, da die Regelung nicht für die Gehörsrüge nach § 61 FamGKG gilt, sondern nur für die nach § 44 FamFG und abgesehen davon nach § 59 Abs. 3 Satz 1 FamGKG in den Verfahren über die Wertfestsetzung keine Gebühren erhoben werden dürfen.1 2. Anwaltskosten a) Festsetzungsverfahren
589
Für den bereits in der Hauptsache beauftragten Anwalt löst die Tätigkeit im Verfahren auf Wertfestsetzung keine Vergütung aus. Diese Tätigkeit gehört für ihn nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG mit zum Gebührenrechtszug.
590
Ist der Anwalt ausschließlich im Wertfestsetzungsverfahren beauftragt, handelt es sich für ihn um eine Einzeltätigkeit, die nach Nr. 3403 VV RVG zu vergüten ist. Der Anwalt erhält eine 0,8-Verfahrensgebühr.
591
Soweit nur ein Antrag auf Festsetzung gestellt wird, könnte ein Fall der Nr. 3404 VV RVG (Schreiben einfacher Art) vorliegen, so dass nur eine 0,3-Verfahrensgebühr entsteht. b) Gegenvorstellung
592
Auch eine Gegenvorstellung gehört für den in der Hauptsache tätigen Anwalt mit zur Instanz und löst keine gesonderte Vergütung aus.
593
Lediglich als Einzeltätigkeit, also wenn ein bisher nicht befasster Anwalt nur mit einer Gegenvorstellung beauftragt wird, entstehen gesonderte Gebühren. Es liegt dann eine Einzeltätigkeit nach Nr. 3404 VV RVG vor. Der Anwalt erhält dann eine 0,8-Verfahrensgebühr.
594
Der Gegenstandswert richtet sich analog § 23 Abs. 2 Satz 1, 3, Abs. 3 RVG nach dem Interesse an der Abänderung. c) Beschwerdeverfahren
595
Im Beschwerdeverfahren können dagegen auch Anwaltsgebühren anfallen.
596
Legt der Anwalt im eigenen Namen Beschwerde gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes ein oder verteidigt er sich gegen die Herabsetzungsbeschwerde eines der Beteiligten, so wird er in eigener Sache und im eigenen Namen tätig, so dass es an einem Auftraggeber fehlt und folglich keine Gebühren ausgelöst werden können. Sie können auch nicht über § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO fingiert werden, da eine Kostenerstattung ausgeschlossen ist (§ 59 Abs. 3 Satz 2 FamGKG).
597
Vertritt der Anwalt dagegen einen Beteiligten, für den er Herabsetzungsbeschwerde erhebt oder für den er sich gegen die Heraufsetzungsbeschwerde eines anderen Beteiligten zur Wehr setzt, löst dies eine einfache Beschwerdegebühr nach Nr. 3500 VV RVG nebst Auslagen und Umsatzsteuer aus.
1 Siehe Rn. 364.
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N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht Der Gegenstandswert richtet sich gem. § 23 Abs. 2 Satz 1, 3, Abs. 3 RVG nach dem Interesse an der Abänderung.
597a
Wird die Nichtabhilfeentscheidung aufgehoben und nach erneuter Nichtabhilfe wieder dem Oberlandesgericht vorgelegt, handelt es sich nur um ein Beschwerdeverfahren, so dass die Gebühren nur einmal anfallen (§ 15 Abs. 1 RVG). Wird dagegen die Festsetzung aufgehoben und gegen die neue Festsetzung erneut Beschwerde erhoben, liegen zwei Beschwerdeverfahren vor (§§ 17 Nr. 1, 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG).
598
d) Rechtsbeschwerdeverfahren Im (nicht statthaften) Rechtsbeschwerdeverfahren entsteht für den Anwalt eine 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3502 VV RVG. Der Anwalt, der die Rechtsbeschwerde einlegt, wird diese allerdings wegen Anwaltsverschulden kaum einfordern können.
599
Der Gegenstandswert richtet sich gem. § 23 Abs. 2 Satz 1, 3, Abs. 3 RVG nach dem Interesse an der Abänderung.
599a
e) Gehörsrüge Auch eine Gehörsrüge löst grundsätzlich keine gesonderte Vergütung aus (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 RVG), es sei denn, der Anwalt ist ausschließlich mit der Gehörsrüge beauftragt. Dann entsteht eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3330 VV RVG.
600
Der Gegenstandswert richtet sich analog § 23 Abs. 2 Satz 1, 3, Abs. 3 RVG nach dem Interesse an der Abänderung.
600a
XIII. Kostenerstattung Eine Kostenerstattung, die ohnehin nur im Beschwerdeverfahren in Betracht käme, ist nach § 59 Abs. 3 Satz 2 FamGKG ausgeschlossen. Daher werden insbesondere die in einem Beschwerdeverfahren angefallenen Anwaltskosten nicht erstattet. Diese hat vielmehr jeder Beteiligte selbst zu tragen. Das gilt auch für Auslagen.
601
Der Ausschluss der Kostenerstattung soll nach der Rechtsprechung allerdings nur für statthafte Beschwerden gelten. Ist die Beschwerde nicht statthaft, etwa eine Beschwerde gegen eine vorläufige Wertfestsetzung oder eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts, soll der Ausschluss der Kostenerstattung nicht greifen; der Beschwerdeführer soll hier vielmehr die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen.1 Diese Auffassung ist insoweit bedenklich, als das FamGKG keine Kostenerstattung vorsieht. Zu dem Ergebnis der Kostenerstattung kann man nur gelangen, wenn man eine unstatthafte FamGKG-Beschwerde als eine Beschwerde nach dem FamFG ansieht, weil man nur dann zu einer Kostenentscheidung gelangen kann. Wird eine nicht statthafte Rechtsbeschwerde eingelegt, so müsste aus den gleichen Gründen, aus denen eine Gerichtsgebühr erhoben wird, auch eine Kostenerstattung ausgesprochen werden. Der Ausschluss der Kostenerstattung in § 59
1 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 9.12.2010 – 4 W 287/10, AGS 2011, 193 = NJW-Spezial 2011, 315.
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602
E. Geschftswertfestsetzung nach dem GNotKG Abs. 3 Satz 2 FamGKG erstreckt sich nur auf die Verfahren nach § 59 FamGKG. Die dort nicht geregelte Rechtsbeschwerde wird daher nicht erfasst.1
E. Geschäftswertfestsetzung nach dem GNotKG I. Überblick 603
In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit richten sich die Gerichtsgebühren nach dem GNotKG (§ 1 Abs. 1 GNotKG), soweit keine anderweitigen Bestimmungen getroffen sind, wie z.B. in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, für die das FamGKG gilt (§ 1 Abs. 3 GNotKG, § 1 FamGKG).
604
Die Gebühren nach dem GNotKG werden nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand des Verfahrens hat (Geschäftswert), § 3 Abs. 1 GNotKG.
605
Eine vorläufige Wertfestsetzung kennt das GNotKG nicht, sondern nur die endgültige Wertfestsetzung. Daher besteht hier auch keine Pflicht zu einer Wertangabe bei Antragseinreichung.
606
Die gerichtliche Wertfestsetzung nach dem GNotKG gilt grundsätzlich auch für die Anwaltsgebühren (§ 32 Abs. 1 RVG). Soweit die gerichtliche Wertfestsetzung ausnahmsweise für die Anwaltsgebühren nicht bindend ist, weil sich diese abweichend davon nach einem anderen Wert berechnen, ist insoweit ein Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG auf Festsetzung des Gegenstandswertes zu stellen. Siehe dazu Rn. 654.
Û
607
Beispiel: Im Erbscheinverfahren vertritt der Rechtsanwalt einen von mehreren Miterben. Der Geschäftswert für die gerichtliche Verfahrensgebühr bemisst sich nach dem Wert des gesamten Nachlasses. Für die Vergütung des Anwalts ist dagegen nur der Anteil seines Mandanten entscheidend,2 so dass auf Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG eine gesonderte Wertfestsetzung vorzunehmen ist.
Im Wesentlichen läuft das Wertfestsetzungsverfahren nach dem GNotKG ebenso ab, wie die endgültigen Wertfestsetzungsverfahren nach dem GKG und dem FamGKG, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen werden kann.
II. Das Festsetzungsverfahren 1. Veranlassung zur Wertfestsetzung 608
Das Gericht hat nach § 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG den Geschäftswert durch Beschluss festzusetzen, sobald eine Entscheidung über den gesamten Verfahrensgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt.
609
Eine Wertfestsetzung ist nach § 79 Abs. 1 Satz 2 GNotKG entbehrlich, wenn – Gegenstand des Verfahrens eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder – zumindest für den Regelfall ein fester Wert bestimmt ist.
610
Auch die Festsetzung nach § 79 GNotKG betrifft nur den Wert für die zu erhebenden Gerichtsgebühren. Daher kommt eine Festsetzung nicht in Betracht, wenn keine wertabhängigen Gerichtsgebühren anfallen. Für die Berechnung der Anwaltsgebühren bleibt dann nur das Verfahren nach § 33 RVG. 1 Siehe zum vergleichbaren Fall der unstatthaften Beschwerde Rn. 601. 2 BGH, Beschl. v. 30.9.1968 – III ZB 11/67, MDR 1969, 36.
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1. Teil: Verfahrensrecht 2. Zuständigkeit Zuständig für die Wertfestsetzung ist das Gericht, das in der Hauptsache entschie- 611 den hat oder das hätte entscheiden müssen (§ 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG). Jede Instanz setzt also selbst zunächst einmal den Geschäftswert fest. Hat das Kollegium in der Sache entschieden oder hätte es entscheiden müssen, dann hat es auch über den Geschäftswert zu entscheiden. Eine Einzelrichterzuständigkeit gibt es nach dem GNotGK nicht.
612
3. Verfahren Das Gericht hat die Beteiligten anzuhören. Es kann eine Beweisaufnahme oder gar die Begutachtung durch einen Sachverständigen von Amts wegen anordnen (§ 80 Satz 1 GNotKG). Die hiermit verbundenen Kosten können ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegt werden, der durch Unterlassung der Wertangabe, durch unrichtige Angaben oder unbegründetes Bestreiten oder unbegründete Beschwerde die Abschätzung veranlasst hat (§ 80 Satz 2 GNotKG).
613
4. Form Die Festsetzung des Geschäftswerts erfolgt durch Beschluss (§ 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG). Dieser Beschluss kann im Hauptsachebeschluss als Nebenentscheidung enthalten sein. Das Gericht kann aber auch einen gesonderten Wertfestsetzungsbeschluss erlassen.
614
5. Inhalt der Entscheidung Im Beschluss ist der Geschäftswert, der für die zu erhebende Gerichtsgebühr maßgebend ist, beziffert anzugeben.
615
Sind mehrere Gerichtsgebühren angefallen oder wird eine Gebühr zu unterschiedlichen Sätzen erhoben, dann sind die einzelnen Werte gesondert festzusetzen.
616
Der Beschluss ist grundsätzlich zu begründen, damit er für die Beteiligten nachprüfbar ist. Der Beschluss ist insbesondere dann zu begründen, wenn er beschwerdefähig ist.
617
Neben der Wertfestsetzung muss das Gericht auch darüber entscheiden, ob es nach § 80 Abs. 1 Satz 2 GNotKG die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Fragen zulässt.
618
Darüber hinaus muss der Wertfestsetzungsbeschluss auch eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten (§ 7a GNotKG).
619
III. Abänderung Die Wertfestsetzung des Gerichts kann von Amts wegen abgeändert werden (§ 79 Abs. 2 Satz 1 GNotKG). Die Änderung ist allerdings nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren anderweitig erledigt worden ist (§ 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GNotKG).
620
Die Abänderung kann auch durch ein Rechtsmittelgericht erfolgen, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache, wegen der Entscheidung über den Geschäftswert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt (§ 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GNotKG).
621
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E. Geschftswertfestsetzung nach dem GNotKG
IV. Beschwerde 1. Statthaftigkeit 622
Gegen den Wertfestsetzungsbeschluss ist grundsätzlich die Beschwerde gegeben (§ 83 GNotKG).
623
Anfechtbar ist immer die Erstfestsetzung des Amtsgerichts und des Landgerichts.
624
Die Festsetzung des Landgerichts ist auch dann anfechtbar, wenn das Landgericht den Wert für ein Beschwerdeverfahren festgesetzt1 hat oder es in einem Beschwerdeverfahren erstmals den Wert für das amtsgerichtliche Verfahren nach § 79 Abs. 2 Satz 1 GNotKG abgeändert hat.
625
Eine Beschwerde gegen Entscheidungen des Oberlandesgerichts ist nicht möglich, da eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes unzulässig ist (§ 83 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 81 Abs. 3 Satz 3 GNotKG).
626
Entscheidungen des Bundesgerichthofs sind ohnehin mangels Beschwerdegericht nicht anfechtbar. 2. Zulässigkeit
627
Auch nach dem GNotKG ist die Beschwerde nur zulässig, – wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt (§ 83 Abs. 1 Satz 1 GNotKG) oder – das Gericht die Beschwerde in der angefochtenen Entscheidung zugelassen hat (§ 83 Abs. 1 Satz 1 GNotKG). 3. Frist
628
Die Beschwerde muss innerhalb der Frist des § 79 Abs. 2 Satz 2 GNotKG eingelegt werden, also innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder anderweitiger Erledigung des Verfahrens.
629
Ist der Geschäftswert erst einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder Bekanntgabe des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden (§ 83 Abs. 1 Satz 3 Hs. 2 GNotKG).
630
Im Falle formloser Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gemacht (§ 83 Abs. 1 Satz 4 GNotKG).
631
Die Beschwerde ist beim Ausgangsgericht einzureichen (§ 81 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 81 Abs. 5 Satz 4 GNotKG). Die Einreichung beim Beschwerdegericht ist nicht fristwahrend. 4. Wiedereinsetzung
632
Wird die Beschwerdefrist versäumt, kann nach § 83 Abs. 2 GNotKG Wiedereinsetzung gewährt werden. 5. Form
633
Die Beschwerde kann schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden (§ 83 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 81 Abs. 5 Satz 1 Hs. 1 GNotKG). § 129a ZPO gilt entsprechend (§ 83 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 81 Abs. 5 Satz 1 Hs. 2 1 OLG München, Beschl. v. 3.4.2006 – 34 Wx 40/06, OLGR 2006, 565 = JurBüro 2006, 427.
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1. Teil: Verfahrensrecht GNotKG). Einer darüber hinausgehenden besonderen Form bedarf die Beschwerde nicht. Die Beschwerde unterliegt nicht dem Anwaltszwang.
634
6. Beschwerdeberechtigung Beschwerdeberechtigt ist jeder, der durch die Wertfestsetzung betroffen ist, also insbesondere die Verfahrensbeteiligten, die für Gerichts- und Anwaltskosten haften, die Verfahrensbevollmächtigten (§ 32 Abs. 2 RVG) und sonstige am Verfahren Beteiligte, die für Gerichts- oder Anwaltskosten in Anspruch genommen werden können. Auch die Staatskasse ist beschwerdeberechtigt.
635
7. Verfahren Das Ausgangsgericht hat zunächst zu prüfen, ob es der Beschwerde abhilft (§ 83 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 81 Abs. 3 Satz 1 Hs. 1 GNotKG). Soweit dies nicht geschieht, hat es die Beschwerde dem Beschwerdegericht vorzulegen (§ 83 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 81 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 GNotKG).
636
Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in den Fällen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) GVG jedoch das Oberlandesgericht (§ 83 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 81 Abs. 4 Satz 2 GNotKG). Nach Eingang der Beschwerde hat das Beschwerdegericht in eigener Kompetenz die Zulässigkeit zu prüfen. Den Beteiligten ist rechtliches Gehör zu gewähren. Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluss. Es hat ferner darüber zu entscheiden, ob es die weitere Beschwerde zulässt (§ 82 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 81 Abs. 4 GNotKG).
637
V. Weitere Beschwerde Gegen die Entscheidung des Landgerichts als Beschwerdegericht ist die weitere Beschwerde gegeben, wenn das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat (§ 83 Abs. 1 Satz 2 GNotKG). Gericht der weiteren Beschwerde ist dann das Oberlandesgericht.
638
Das Oberlandesgericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden, sofern die Beschwerde statthaft ist (§ 83 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 81 Abs. 3 Satz 4 GNotKG). An nachträgliche oder anderweitig unzulässige Zulassungen ist das Oberlandesgericht nicht gebunden.
639
Die weitere Beschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts eingelegt werden (§ 83 Abs. 1 Satz 6 GNotKG).
640
Auch hier besteht die Möglichkeit der Wiedereinsetzung (§ 83 Abs. 2 GNotKG). Das Verfahren der weiteren Beschwerde folgt im Übrigen den gleichen Grundsätzen wie das Beschwerdeverfahren.
VI. Gegenvorstellung Gegen jede Wertfestsetzung, auch die des Beschwerdegerichts oder des Gerichts der weiteren Beschwerde ist die Gegenvorstellung gegeben, da das Gericht von Amts wegen den Geschäftswert abändern kann (§ 79 Abs. 2 Satz 1 GNotKG).
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Die Gegenvorstellung muss innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 83 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 i.V.m. § 79 Abs. 2 Satz 1 GNotKG oder der Monatsfrist des § 83 Abs. 1 Satz 3 Hs. 2 GNotKG eingelegt werden.
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F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG
VII. Gehörsrüge 643
Ist im Wertfestsetzungsverfahren nach § 79 GNotKG der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden, kann nach § 84 GNotKG Gehörsrüge erhoben werden. In Anbetracht der Abhilfemöglichkeit nach § 79 Abs. 2 Satz 1 GNotKG kommt der Gehörsrüge allerdings keine besondere Bedeutung zu.
VIII. Kosten 644
Sämtliche Verfahren sind gerichtsgebührenfrei (§ 83 Abs. 2 Satz 1 GNotKG). Auslagen können erhoben werden, insbesondere im Falle einer Begutachtung durch Sachverständige, s. Rn. 613. Für den Anwalt können dagegen auch Gebühren anfallen. Es gilt das Gleiche wie bei der Festsetzung nach dem GKG, s. Rn. 365 ff.
IX. Kostenerstattung 645
Auch im Wertfestsetzungsverfahren nach dem GNotKG einschließlich der Beschwerde und der weiteren Beschwerde ist eine Kostenerstattung ausgeschlossen (§ 83 Abs. 3 Satz 2 GNotKG). Auch hier gilt das Gleiche wie bei den Verfahren nach dem GKG (s. Rn. 378 ff.).
646–653 Einstweilen frei.
F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG I. Überblick 654
Die Gebühren des Anwalts richten sich in Zivil- und Familiensachen – mit Ausnahme der Beratungshilfe – gem. § 2 Abs. 1 RVG ausschließlich nach dem Wert, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).
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Den Gegenstandswert regelt das RVG in den wenigsten Fällen selbst. Besondere Wertvorschriften finden sich nur in den §§ 23 Abs. 2, 3, 23a ff. RVG. Im Übrigen verweist das RVG auf die für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften (§ 23 Abs. 1 Satz 1 u. 2 RVG). Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte (§ 23 Abs. 1 Satz 3 RVG).
656
Ergänzend hierzu ordnet § 32 Abs. 1 RVG an, dass die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren nach § 63 GKG, § 55 FamGKG oder § 79 GNotKG grundsätzlich auch für die Anwaltsgebühren bindend ist. Der Anwalt muss daher grundsätzlich nach dem gerichtlich festgesetzten Wert abrechnen und der Auftraggeber muss danach die Vergütung bezahlen. Daher bedarf es grundsätzlich auch keiner gesonderten Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren, zumal der Anwalt nach § 32 Abs. 2 RVG mit eigenen Rechten an den gerichtlichen Wertfestsetzungsverfahren ausgestattet ist.
657
Es gibt jedoch Ausnahmefälle, in denen eine Bindungswirkung nach § 32 Abs. 1 RVG nicht greift, nämlich dann, – wenn sich die anwaltlichen Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert richten oder
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1. Teil: Verfahrensrecht – es an einem solchen Wert fehlt. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, ist ein Antrag nach § 33 RVG unzulässig. Der Bundesgerichtshof1 geht insoweit von einem mangelnden Rechtsschutzbedürfnis aus. Tatsächlich dürfte die Zulässigkeit bereits an den gesetzlichen Voraussetzungen des § 33 RVG scheitern. Damit der Anwalt auch in diesen Fällen seine Vergütung berechnen kann und insbesondere für eine eventuelle Kostenerstattung Klarheit über die Höhe des zugrunde zu legenden Gegenstandswerts geschaffen wird, sieht das RVG in § 33 RVG ein gesondertes Wertfestsetzungsverfahren vor, das nur den Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 RVG) für die Anwaltsgebühren betrifft.
658
Dieses Verfahren ist gegenüber den gerichtlichen Wertfestsetzungsverfahren nach den § 63 GKG, § 55 FamGKG, § 79 GNotKG subsidiär. Es kommt also nur in Betracht, wenn keine Bindungswirkung nach § 32 Abs. 1 RVG besteht. Anderenfalls ist dieses Verfahren nicht statthaft.
659
Im Gegensatz zu den gerichtlichen Wertfestsetzungsverfahren handelt es sich bei dem Verfahren nach § 33 RVG um ein reines Antragsverfahren. Eine Wertfestsetzung von Amts wegen ist nicht zulässig. Daher besteht auch hier keine Möglichkeit einer Gegenvorstellung oder einer Abänderung von Amts wegen wie bei der Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren nach § 63 Abs. 3 GKG, § 55 Abs. 3 FamGKG, § 79 Abs. 2 Satz 1 GNotKG. Auch ist hier in den Beschwerdeverfahren das Verschlechterungsverbot (reformatio in peius) zu beachten.
660
Zu berücksichtigen ist ferner, was vielfach übersehen wird, dass es sich um ein 661 Parteienverfahren handelt. Die Wertfestsetzung erfolgt hier – im Gegensatz zu den gerichtlichen Wertfestsetzungsverfahren – nicht für das Verfahren schlechthin, sondern nur für das jeweilige Mandatsverhältnis zwischen dem jeweiligen Anwalt und seiner Partei. So ist es z.B. möglich, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers nach einem anderen Gegenstandwert abrechnet als der des Beklagten und dass für den Verkehrsanwalt wiederum ein anderer Wert gilt. In einem solchen Fall sind dann jeweils – auf Antrag – gesonderte Wertfestsetzungen vorzunehmen.
II. Statthaftigkeit 1. Überblick Voraussetzung für die Statthaftigkeit eines Verfahrens nach § 33 RVG ist, dass Anwaltsgebühren angefallen sind und diese sich nach dem Gegenstandswert berechnen (§ 2 Abs. 1 RVG). Darüber hinaus müssen die anwaltlichen Gebühren auch in einem gerichtlichen Verfahren entstanden sein. Anhängigkeit oder Rechtshängigkeit ist zwar nicht erforderlich; die Tätigkeit muss jedoch vor Gericht entfaltet worden sein, zumindest damit in unmittelbarem Zusammenhang stehen.2
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Schließlich ist erforderlich, dass es an einem Wert für das gerichtliche Verfahren fehlt oder ein solcher zwar festgesetzt ist, dieser aber nicht für die Anwaltsgebühren gilt. Dabei reicht es aus, dass der Antragsteller geltend macht, der gerichtliche Wert würde nicht für die anwaltlichen Gebühren gelten. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags, nicht seiner Statthaftigkeit.
663
1 BGH, Beschl. v. 28.10.2014 – XI ZR 395/13, MDR 2015, 51 = AGS 2015, 78. 2 LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 28.8.2007 – 7 T 241/07, JurBüro 2008, 89.
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F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG 2. Gerichtliches Verfahren 664
Die Gebühren müssen in einem gerichtlichen Verfahren entstanden sein. Eine Wertfestsetzung für außergerichtliche Tätigkeiten kommt nicht in Betracht.
665
Unproblematisch sind die Fälle, in denen die Gegenstände, die das Gericht bewerten soll, gerichtlich anhängig waren.
666
Problematisch sein kann die Statthaftigkeit des Verfahrens nach § 33 RVG dagegen, wenn eine Wertfestsetzung für nicht anhängige Gegenstände erfolgen soll. Grundsätzlich ist dies möglich. Erforderlich ist jedoch, dass das Gericht mit diesen Gegenständen befasst war. Anderenfalls würde der Anwendungsbereich des § 33 RVG ausufern.
667
So kommt also eine Wertfestsetzung nach § 33 RVG in Betracht, wenn die Parteien nicht anhängige Gegenstände lediglich durch Verhandlungen vor Gericht in das gerichtliche Verfahren einbeziehen.1
668
War ein Vergleich geschlossen worden, der jedoch nicht bestandskräftig geworden ist, etwa weil er wirksam widerrufen wurde, ist das Verfahren nach § 33 RVG ebenfalls zulässig, um den Mehrwert der Gebühren für die anwaltlichen Vergleichsverhandlungen festzusetzen.
669
Gleiches gilt, wenn die Parteien lediglich eine Einigung protokollieren, ohne dass diese die Qualität eines Vergleichs i.S.d. § 779 BGB hat.
670
Wird ein Vergleich nur außergerichtlich geschlossen und im Hinblick darauf der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt oder anderweitig beendet, dürfte wegen der engen Beziehung zum Verfahren eine Wertfestsetzung nach § 33 RVG ebenfalls noch in Betracht kommen.2
Û
Beispiel: In einem Verfahren auf Zugewinn einigen sich die Beteiligten außergerichtlich über den Zugewinn und die Auseinandersetzung des gemeinsamen Vermögens einschließlich des Ausgleichs gesamtschuldnerischer Verbindlichkeiten und schließen darüber einen notariellen Vertrag. Im Hinblick auf diese Einigung wird das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt oder der Zugewinnantrag zurückgenommen. Wegen des Zusammenhangs dürfte hier auch eine Festsetzung des Mehrwerts nach § 33 RVG in Betracht kommen.
671
Verhandeln die Parteien dagegen anlässlich eines gerichtlichen Verfahrens lediglich außergerichtlich ohne Beteiligung des Gerichts über nicht anhängige Gegenstände, fehlt es insoweit an einer gerichtsbezogenen Tätigkeit, so dass eine Wertfestsetzung ausscheidet.
672
Ebenso kommt eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 33 RVG nicht in Betracht, wenn dem Anwalt lediglich weiter gehende Aufträge erteilt worden sind, die jedoch nicht ausgeführt wurden.
Û
Beispiel: In einem Rechtsstreit über 10 000 Euro erhält der Anwalt den Auftrag zu einer a) Klageerweiterung um 5000 Euro. b) Widerklage i.H.v. 5000 Euro. Zwar richtet sich in beiden Fällen die Verfahrensgebühr des Anwalts (Nr. 3100 VV RVG) nach dem Wert von 15 000 Euro, wobei hinsichtlich der weiteren 5000 Euro der Ermäßigungstatbestand der Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG greift; die weiter gehenden Aufträge führten jedoch nicht zu einer Tätigkeit vor Gericht, so dass eine Wertfestsetzung insoweit nicht in Betracht kommt.
1 AG Siegburg, Beschl. v. 25.3.2008 – 107 C 120/07, AGS 2008, 361. 2 OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.6.2013 – OVG 7 L 28.13, AGS 2013, 422 = NJW-Spezial 2013, 573; a.A. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.8.2015 – 12 W 10/15.
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1. Teil: Verfahrensrecht Grund hierfür ist insbesondere, dass das Gericht in diesen Fällen den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ohne Weiteres nicht feststellen kann und ihm somit eine Bewertung nicht möglich ist. Das Gericht müsste ansonsten im Verfahren nach § 33 RVG umfangreiche Ermittlungen zum Umfang des Auftrags und zur anwaltlichen Tätigkeit durchführen. Das ist aber nicht Sinn des weitgehend formalisierten Verfahrens nach § 33 RVG. Solche Wertfestsetzungen sind dem Erkenntnisverfahren vorzubehalten, das im Vergütungsprozess dann inzidenter auch über den Wert der anwaltlichen Tätigkeit entscheidet.
673
3. Keine Bindungswirkung nach § 32 Abs. 1 RVG a) Überblick Weitere Voraussetzung für die Statthaftigkeit eines Verfahrens nach § 33 RVG ist, dass eine Bindungswirkung nach § 32 Abs. 1 RVG fehlt. Das wiederum ist der Fall, – wenn sich die Anwaltsgebühren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen oder – wenn es an einem solchen Wert fehlt.
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Mit der ersten Alternative sind diejenigen Fälle gemeint, in denen sich die Gerichtsgebühren zwar nach dem Wert richten und auch ein Wert festgesetzt ist, die Anwaltsgebühren sich jedoch abweichend hiervon berechnen.
675
Die zweite Alternative betrifft dagegen die Fälle, in denen es erst gar keine gerichtliche Wertfestsetzung gibt, entweder weil das Verfahren gerichtsgebührenfrei ist oder sich die Gerichtsgebühren, die anfallen, nicht nach dem Wert richten.
676
b) Anwaltsgebühren richten sich nicht nach gerichtlichem Wert aa) Überblick Die Bindung an die gerichtliche Wertfestsetzung gem. § 32 Abs. 1 RVG fehlt, wenn zwar im gerichtlichen Verfahren nach dem Wert abgerechnet wird, dieser Wert aber ausnahmsweise für die Anwaltsgebühren nicht gilt, sondern diese sich nach einem davon abweichenden Wert berechnen.
677
Für die Statthaftigkeit des Antrags nach § 33 RVG ist insoweit nicht erforderlich, dass sich die Gebühren tatsächlich nach einem anderen Wert richten. Ausreichend ist, dass der Antragsteller geltend macht, die Gebühren würden sich abweichend berechnen. Ob es sich tatsächlich so verhält, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags, nicht der Statthaftigkeit.
678
bb) Höhere Wertgrenze nach § 22 RVG Eine Divergenz zwischen der Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren und für die Anwaltsgebühren kann sich dann ergeben, wenn dem Verfahren ein Gegenstand zugrunde liegt, dessen Wert den Betrag von 30 Mio. Euro überschreitet und der Anwalt mehrere Auftraggeber vertritt. Für die Gerichtsgebühren ist in diesen Fällen ein Höchstwert von 30 Mio. Euro vorgesehen (§ 39 Abs. 2 GKG; § 33 Abs. 2 FamGKG). Bei dem Anwalt kann sich der Höchstwert dagegen auf bis zu 100 Mio. Euro belaufen, nämlich dann, wenn der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen verschiedener Gegenstände vertritt (§ 23 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 22 Abs. 2 RVG). Hier
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F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG kann also eine gesonderte Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren beantragt werden, die dann die Besonderheiten des § 22 RVG berücksichtigt.1 cc) Hilfsantrag- oder Hilfsaufrechnung 680
Ein weiterer Fall betrifft die Hilfsaufrechnung oder Hilfsanträge. Während im gerichtlichen Verfahren Hilfsaufrechnung und Hilfsanträge nur berücksichtigt werden, wenn darüber auch entschieden oder ein Vergleich geschlossen wird (§ 45 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 u. 4 GKG; § 39 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, 4 FamGKG), wird hinsichtlich der Anwaltsgebühren zum Teil die Auffassung vertreten, dass für den Anwalt ein abweichender Wert gelte, nämlich dass Hilfsaufrechnung und Hilfsanträge für ihn auch dann zu berücksichtigen seien, wenn nicht darüber entschieden oder ein Vergleich darüber geschlossen werde.2 Unabhängig davon, welcher Auffassung man folgt, ist in diesen Fällen jedenfalls ein Antrag nach § 33 RVG zulässig, weil eine entsprechende abweichende Wertfestsetzung nur im Verfahren nach § 33 RVG erfolgen kann. c) Es fehlt an einem gerichtlichen Wert aa) Überblick
681
Eine Bindung an die gerichtliche Wertfestsetzung fehlt auch dann, wenn im gerichtlichen Verfahren gar keine Gerichtsgebühren anfallen und daher kein Wert nach § 63 GKG, § 55 FamGKG oder § 79 GNotKG festzusetzen ist. Das wiederum ist der Fall, wenn entweder gar keine Gerichtsgebühren oder Gerichtsgebühren anfallen, die sich jedoch nicht nach dem Wert berechnen. bb) Keine Gerichtsgebühren
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Eine Bindung an die gerichtliche Wertfestsetzung gem. § 32 Abs. 1 RVG kommt dann nicht in Betracht, wenn im gerichtlichen Verfahren gar keine Gerichtsgebühren anfallen und daher kein Wert nach § 63 GKG, § 55 FamGKG oder § 79 GNotKG festzusetzen ist. Das betrifft z.B. – arbeitsgerichtliche Verfahren nach Abschluss eines Vergleichs (Vorbem. 8 KV GKG), – Verfahren über eine Räumungsfrist nach §§ 721, 794a ZPO, – Verfahren über die Bewilligung, Aufhebung oder Abänderung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe, – erfolgreiche Verfahren über eine Gehörsrüge, – Erinnerungsverfahren, – Verfahren auf Gerichtsstandsbestimmung.
683
Da in diesen Fällen keine gerichtliche Wertfestsetzung erfolgt, bedarf es jetzt für die Anwaltsgebühren einer Wertfestsetzung. Diese kann nur im Verfahren nach § 33 RVG erfolgen.
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Kein Fall des § 33 RVG liegt vor, wenn für eine Partei Kostenfreiheit nach § 2 GKG, § 2 FamGKG oder § 3 GNotKG besteht. In diesem Fall ist eine Wertfestsetzung nach dem jeweiligen Gerichtskostengesetz zu treffen, die der Anwalt nach § 32 RVG ggf. erzwingen kann. 1 Siehe BGH, Beschl. v. 2.3.2010 – II ZR 62/06, AGS 2010, 213 = MDR 2010, 718; OLG Dresden, Beschl. v. 27.6.2006 – 10 W 600/06, AGS 2007, 521; OLG Köln, Beschl. v. 26.6.2009 – 18 U 108/07, AGS 2009, 454 = NJW 2009, 3586; OLG Hamm, Beschl. v. 1.3.2010 – 8 U 237/07, AGS 2010, 394. 2 Siehe die Stichwörter „Aufrechnung“, Rn. 1287 ff. und „Hilfsantrag“, Rn. 3082 ff.
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1. Teil: Verfahrensrecht cc) Wertunabhängige Gerichtsgebühren Zum anderen fehlt die Bindungswirkung, wenn im gerichtlichen Verfahren zwar Gerichtsgebühren anfallen, diese aber nicht nach dem Wert abgerechnet werden, sondern Festgebühren oder andere Gebühren erhoben werden. Das betrifft z.B. – Beschwerdeverfahren nach den §§ 91a Abs. 2, 99 Abs. 2 ZPO (Nr. 1810 ff. KV GKG; Nr. 1910 ff. KV FamGKG), – sonstige Beschwerdeverfahren (Nr. 1812 ff. KV GKG; Nr. 1912 ff. KV FamGKG), – Zwangsvollstreckungssachen (Nrn. 2110 ff. KV GKG), – Familiensachen mit Auslandsbezug (Nr. 1710 ff. KV FamGKG), – erfolglose Gehörsrügeverfahren (Nr. 1700 KV GKG; Nr. 1800 KV FamGKG).
685
d) Tätigkeit des Anwalts stimmt mit der gerichtlichen Tätigkeit nicht überein aa) Überblick Schließlich fehlt es an einer Bindungswirkung, wenn die anwaltliche Tätigkeit nicht mit der des gerichtlichen Verfahrens übereinstimmt. In diesem Fall fehlt es einerseits an einem gerichtlichen Wert, weil der festgesetzte Wert andere Gegenstände betrifft. Andererseits gilt der festgesetzte Wert nicht für die Anwaltsgebühren, da die Gegenstände nicht übereinstimmen.
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bb) Anwaltliche Tätigkeit geht über den gerichtlichen Verfahrensgegenstand hinaus Ein solcher Fall, in dem die Werte für Gericht und Anwalt nicht übereinstimmen, liegt vor, wenn die anwaltliche Tätigkeit über den Streit-, Verfahrens- oder Vergleichsgegenstand hinausgeht.
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Das wiederum ist insbesondere dann gegeben, wenn vor Gericht über nicht anhängige Gegenstände lediglich verhandelt wird.1
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Û
Beispiel: Im Räumungsrechtsstreit werden im Termin zur mündlichen Verhandlung Vergleichsgespräche geführt. Dabei beziehen die Parteien auch strittige Fragen der Mietminderung und der Nebenkostenabrechnung mit ein. Eine Einigung kommt jedoch nicht zu Stande. Der Wert des gerichtlichen Verfahrens richtet sich nur nach dem Wert des anhängigen Räumungsantrags. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit berechnet sich dagegen gem. § 22 Abs. 1 RVG aus der Summe der Werte von Räumung, Minderung und Nebenkosten. Insoweit muss das Gericht daher diesen Wert auf Antrag nach § 33 RVG festsetzen.
Ebenso ist ein Mehrwert der anwaltlichen Tätigkeit gegeben, wenn ein Vergleich geschlossen, aber widerrufen wird.
Û
Beispiel: Im Räumungsrechtsstreit wird im Termin zur mündlichen Verhandlung ein Vergleich geschlossen, der auch strittige Fragen der Mietminderung und der Nebenkostenabrechnung miteinbezieht. Der Vergleich wird später wirksam widerrufen. Der Wert des gerichtlichen Verfahrens richtet sich auch hier nur nach dem Wert der anhängigen Räumung. Eine Vergleichsgebühr nach Nr. 1900 KV GKG fällt nicht an, so dass es insoweit keiner gerichtlichen Wertfestsetzung bedarf. Für den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit sind die Vergleichsgegenstände dagegen wiederum zu beachten, da sie sowohl die Verfahrens- als auch die Terminsgebühr auslösen. Insoweit muss das Gericht daher diesen Wert auf Antrag nach § 33 RVG festsetzen.
1 AG Siegburg, Beschl. v. 25.3.2008 – 107 C 120/07, AGS 2008, 361.
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F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG 690
Ein Mehrwert ist auch dann gegeben, wenn lediglich eine Einigung protokolliert wird, die nicht die Qualität eines Vergleichs hat, so dass die gerichtliche Vergleichsgebühr der Nr. 1900 KV GKG, Nr. 1500 KV FamGKG nicht ausgelöst wird, gleichwohl dafür aber Anwaltsgebühren anfallen. cc) Anwaltliche Tätigkeit bleibt hinter dem gerichtlichen Verfahrensgegenstand zurück
691
691a
Schließlich kann der Wert der anwaltlichen Tätigkeit auch geringer sein als der Wert für die Gerichtsgebühren. Das wiederum kann der Fall sein, wenn der Anwalt nur einen von mehreren Beteiligten vertreten hat oder wenn er vorzeitig aus dem Verfahren ausgeschieden oder erst später im Verfahren beauftragt worden ist.
Û
Beispiele: Der Auftraggeber ist auf Zahlung eines Betrages i.H.v. 10 000 Euro verklagt worden. Vor der mündlichen Verhandlung kündigt er das Mandat und beauftragt einen anderen Anwalt. In der mündlichen Verhandlung wird die Klage um 5000 Euro erweitert. Der Wert des gerichtlichen Verfahrens beläuft sich auf 15 000 Euro. Der erste Anwalt kann jedoch lediglich nach einem Wert i.H.v. 10 000 Euro abrechnen, da die Klageerweiterung nach seiner Beauftragung eingereicht worden ist und ihn daher nicht mehr betrifft. Insoweit kann daher eine gesonderte Wertfestsetzung verlangt werden. Der Auftraggeber ist auf Zahlung eines Betrages i.H.v. 10 000 Euro verklagt worden. In der mündlichen Verhandlung wird die Klage um 5000 Euro zurückgenommen und ein neuer Termin anberaumt. Hiernach kündigt der Auftraggeber das Mandat und beauftragt einen anderen Anwalt. Der Wert des gerichtlichen Verfahrens beläuft sich auf 10 000 Euro. Der zweite Anwalt kann jedoch lediglich nach einem Wert i.H.v. 5000 Euro abrechnen, da die Klage vor seiner Beauftragung zurückgenommen worden ist und ihn daher nur der geringere Wert betrifft. Insoweit kann daher wiederum eine gesonderte Wertfestsetzung verlangt werden. Der Anwalt vertritt einen von zwei Beklagten, die auf Unterlassung rufschädigender Äußerungen verklagt worden sind. Das Gericht setzt den Gesamtstreitwert des Verfahrens auf 30 000 Euro fest. Für die Verfahrensgebühr des Gerichts sowie für die Gebühren des Prozessbevollmächtigten des Klägers gilt der Wert von 30 000 Euro. Da es sich bei den Unterlassungsansprüchen jedoch um verschiedene Gegenstände handelt, ist hinsichtlich der Beklagten zu differenzieren. Hier muss also jeweils ein eigener Wert festgesetzt werden, der dann für den jeweiligen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 2) maßgebend ist. Auch hier bedarf es also einer gesonderten gerichtlichen Wertfestsetzung. Der Rechtsanwalt vertritt einen von mehreren Miterben im Erbscheinverfahren. Für die gerichtliche Verfahrensgebühr ist der Wert des gesamten Nachlasses maßgebend. Für die Vergütung des Anwalts ist dagegen nur der Anteil seines Mandanten entscheidend.1 Eine gesonderte Wertfestsetzung kann auch dann erforderlich sein, wenn sich verschiedene Gebühren des Anwalts nach unterschiedlichen Werten richten. Dann können gesonderte Festsetzungen erforderlich sein.
Û
Beispiel: Der Kläger verklagt den Beklagten auf Unterlassung fünf verschiedener wettbewerbswidriger Handlungen. Vor dem Termin wird die Klage hinsichtlich drei der fünf Unterlassungsanträge zurückgenommen. Verhandelt wird nur noch über die verbliebenen zwei Anträge.
1 BGH, Beschl. v. 30.9.1968 – III ZB 11/67, MDR 1969, 36.
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1. Teil: Verfahrensrecht Der Wert des gerichtlichen Verfahrens richtet sich nach dem Gesamtwert aller Unterlassungsansprüche (§ 39 Abs. 1 GKG). Dieser Wert gilt auch für die Verfahrensgebühr der Anwälte (Nr. 3100 VV RVG), nicht dagegen für die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG), für die eine eigene gesonderte Wertfestsetzung wiederum erforderlich ist. Eine gesonderte Wertfestsetzung kann auch bei einer Stufenklage erforderlich sein.
Û
Beispiel: Der Kläger verklagt den Beklagten auf Auskunft und eines nach Auskunftserteilung noch zu beziffernden Betrages. Nach mündlicher Verhandlung über die Auskunft wird die Klage zurückgenommen. Der Wert des gerichtlichen Verfahrens richtet sich gem. § 44 GKG, § 38 FamGKG nach dem höheren Wert des Zahlungsantrags (s. das Stichwort „Stufenklage“, Rn. 5049 ff. und im FamFG-Teil Rn. 8223 ff.). Dieser Wert gilt auch für die Verfahrensgebühr der Anwälte (Nr. 3100 VV RVG), nicht dagegen für die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG), die sich nur nach dem Wert der Auskunft richtet. Daher ist für die Terminsgebühr eine eigene gesonderte Wertfestsetzung erforderlich. Schließlich kann es geboten sein, den Wert von Nebenforderungen festzusetzen, die für die gerichtlichen Gebühren wegen § 43 Abs. 1 GKG, 37 Abs. 1 FamGKG keine Bedeutung haben, wohl aber für die Anwaltsgebühren.
Û
Beispiel: Eingeklagt sind 10 000 Euro nebst Zinsen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint der Beklagte nicht. Das Gericht weist den Anwalt des Klägers darauf hin, dass der Zinsantrag unschlüssig sei, so dass dieser daraufhin zurückgenommen wird und im Übrigen ein Versäumnisurteil ergeht. Die Gerichtsgebühr berechnet sich gem. § 43 Abs. 1 GKG aus dem Wert der Hauptforderung i.H.v. 10 000 Euro. Gleiches gilt für die Verfahrensgebühr des Anwalts (Nr. 3100 VV RVG) und die 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV RVG. Aus dem Wert der Zinsen ist daneben für den Anwalt aber auch noch unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 3 RVG eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG angefallen.1 Dieser Wert ist im Verfahren nach § 33 RVG auf Antrag gesondert festzusetzen.
III. Das Festsetzungsverfahren 1. Festsetzung für jede Instanz gesondert Die Wertfestsetzung muss für jeden Rechtszug gesondert erfolgen. Sie gilt nur für die jeweilige Instanz.
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Soweit ein Rechtsmittelgericht den Wert festsetzt, kann es dies nur für das Rechtsmittelverfahren selbst, nicht auch für die Vorinstanzen. Es besteht insoweit auch keine Bindungswirkung der Vorinstanz. Allerdings dürfte im Falle einer abweichenden Festsetzung durch die Vorinstanz ein zwingender Grund vorliegen, die Beschwerde oder auch die weitere Beschwerde nach § 33 Abs. 2 Satz 2, Abs. 6 Satz 1 RVG zuzulassen.
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2. Antragsberechtigung Der Gegenstandswert wird nach § 33 Abs. 1 RVG nur auf Antrag festgesetzt. Eine Festsetzung von Amts wegen kommt nicht in Betracht. Erforderlich ist daher eine Antragsberechtigung.
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Antragsberechtigt ist zunächst einmal jeder Anwalt. Das betrifft nicht nur den Hauptbevollmächtigten (in der Regel Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter), sondern auch
695
1 OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2005 – 17 W 232/05, AGS 2006, 224 = JurBüro 2006, 254.
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F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG – den Terminsvertreter nach Nr. 3401 ff. VV RVG, – den Verkehrsanwalt (Nr. 3400 VV RVG), – den nur mit einer Einzeltätigkeit beauftragten Anwalt (Nr. 3403 VV RVG). 696
Hatte sich der Anwalt in eigener Sache selbst vertreten und hat er nach § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO einen Erstattungsanspruch gegen seinen unterlegenen Gegner erworben, ist er ebenfalls antragsberechtigt. Hat er jedoch keinen Erstattungsanspruch erlangt, dann fehlt für den Antrag das Rechtsschutzinteresse und damit die Antragsberechtigung für die eigene Festsetzung.1 Er kann dann nur eine Festsetzung beantragen, soweit er zur Kostenerstattung verpflichtet ist.
697
Darüber hinaus ist auch immer jede Partei bzw. jeder Beteiligte antragsberechtigt. Auch sonstige Verfahrensbeteiligte, wie z.B. Streithelfer sind antragsberechtigt.
698
Auch ein erstattungspflichtiger Dritter, insbesondere der unterlegene Prozessgegner, ist antragsberechtigt.2
699
Schließlich ist auch die Staatskasse in den Fällen des § 45 RVG antragsberechtigt, also soweit einem der Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Anwalt beigeordnet worden ist. Ansonsten kann die Staatskasse nicht antragsberechtigt sein, da eine Festsetzung nach § 33 RVG nie auf die Höhe der Gerichtsgebühren Einfluss haben kann.
700
Nicht antragsberechtigt ist der Rechtsschutzversicherer einer Partei.3 Er kann allerdings seinen Versicherungsnehmer zur Antragstellung anweisen. Siehe hierzu Rn. 872 ff.
701
Auch sonstige Dritte sind nicht antragsberechtigt, selbst dann nicht, wenn sie für die Anwaltskosten aufkommen müssen. So kann z.B. ein vom Vertretenen abweichender Auftraggeber des Anwalts keinen Antrag stellen oder ein Dritter, der kraft materiellen Rechts zur Freistellung der Prozesskosten verpflichtet ist. 3. Zuständigkeit
702
Zuständig für den Antrag auf Wertfestsetzung ist das Gericht des Rechtszugs (§ 33 Abs. 1 RVG), also jeweils das Gericht, das in dem Verfahren zuständig war, für das die Wertfestsetzung begehrt wird.
703
Im Falle einer Verweisung ist das Empfangsgericht zuständig, selbst dann, wenn die Tätigkeit des Anwalts nur vor dem Ausgangsgericht stattgefunden hat.
Û
704
Beispiel: Die Klage war vor dem LG München eingereicht worden. Dort hatte der Beklagte Rechtsanwalt A in München beauftragt. Das Verfahren ist sodann an das LG Köln verwiesen worden. Daraufhin wurde das Mandat mit Rechtsanwalt A beendet und in Köln Rechtsanwalt B beauftragt. Dort wurde die Klage später erweitert. Da für Rechtsanwalt A nicht der Wert des gesamten Verfahrens gilt, kann er nach § 33 RVG Wertfestsetzung beantragen (s. oben Rn. 691 ff.). Zuständig hierfür ist das LG Köln.
Soweit der Rechtspfleger ihm übertragene Geschäfte bearbeitet, ist er nach § 33 RVG zuständig.
1 LAG München, Beschl. v. 4.9.1987 – 2 Ta 152/87, AnwBl. 1988, 72. 2 Ein eventuell bereits anhängiges Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff. ZPO ist in diesem Fall analog § 11 Abs. 4 RVG auszusetzen (BGH, Beschl. v. 20.3.2014 – IX ZB 288/11, AGS 2014, 246 = MDR 2014, 566; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.6.2010 – 6 W 21-23/10, AGS 2010, 568). 3 LAG München, Beschl. v. 23.10.2009 – 7 Ta 309/09, AGS 2010, 148 = NJW-Spezial 2010, 60.
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1. Teil: Verfahrensrecht Soweit in der Sache der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle entschieden hat – etwa in einem Erinnerungsverfahren –, ist er auch für die Festsetzung des Gegenstandswertes zuständig.
705
Geht es um die Wertfestsetzung in einem Verfahren vor dem Landgericht oder dem Oberlandesgericht, entscheidet das Gericht über den Antrag auf Wertfestsetzung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter (§ 33 Abs. 8 Satz 1 RVG).
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Der Einzelrichter hat das Verfahren allerdings der Kammer bzw. dem Senat vorzulegen, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 33 Abs. 8 Satz 2 RVG). Ehrenamtliche Richter sind bei der Wertfestsetzung von der Mitwirkung ausgeschlossen (§ 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).
707
Hat der Einzelrichter das Verfahren der Kammer übertragen, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen, oder hat er dies unterlassen, obwohl die Voraussetzungen dafür gegeben waren, so kann hierauf ein Rechtsmittel nicht gestützt werden (§ 33 Abs. 8 Satz 4 RVG).
708
Dem Wortlaut des § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG nach gilt die Einzelrichterzuständigkeit auch für Festsetzungsverfahren vor dem Bundesgerichtshof. Da hier im GVG aber kein Einzelrichter vorgesehen ist, läuft diese Regelung insoweit leer. In Wertfestsetzungsverfahren nach § 33 RVG entscheidet daher beim Bundesgerichtshof immer der Senat als Kollegium.1
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4. Antrag Die Wertfestsetzung nach § 33 RVG erfolgt nur auf Antrag, niemals von Amts wegen (§ 33 Abs. 1 RVG).
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Der Anwalt sollte in seinem Antrag klarstellen, dass der Festsetzungsantrag nach § 33 Abs. 1 RVG gestellt wird. Das Gericht könnte anderenfalls davon ausgehen, dass eine Wertfestsetzung nach dem GKG, dem FamGKG oder dem GNotKG begehrt wird, was ggf. unzulässig, jedenfalls aber unbegründet wäre, wenn keine Gerichtsgebühren anfallen oder diese sich nicht nach dem Gegenstandswert berechnen.
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Klarzustellen ist, in wessen Namen der Antrag gestellt wird und auf welche Wertbeziehung sie sich erstreckt, also wem gegenüber eine bindende Festsetzung erfolgen soll.
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5. Fälligkeit der Vergütung Eine Wertfestsetzung nach § 33 RVG setzt die Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung voraus (§ 33 Abs. 2 RVG). Im Gegensatz zur Wertfestsetzung nach dem GKG (§ 63 Abs. 1 GKG) sieht § 33 RVG keine vorläufige Wertfestsetzung vor, sondern nur eine endgültige.
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Ein vorzeitig, also vor Eintritt der Fälligkeit gestellter Antrag ist daher unzulässig.
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Daher ist insbesondere ein Antrag unzulässig, den Wert festsetzen zu lassen, um einen Vorschuss berechnen zu können.2 Die Vorschrift des § 33 Abs. 2 Satz 1 RVG spricht ausdrücklich von der fälligen Vergütung. Bis zur Fälligkeit muss der Anwalt daher den Gegenstandswert selbst ermitteln und hiernach angemessene Vor-
715
1 BGH, Beschl. v. 2.3.2010 – II ZR 62/06, AGS 2010, 213 = MDR 2010, 718; ebenso zur Erinnerung gegen den Kostenansatz BGH, Beschl. v. 13.1.2005 – V ZR 218/04, NJW-RR 2005, 584 = FamRZ 2005, 515. 2 LAG Kiel, Beschl. v. 23.3.2006 – 2 Ta 54/06, NZA-RR 2006, 320 = NZA 2006, 1007.
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F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG schüsse berechnen, die er dann nach endgültiger Wertfestsetzung gem. § 10 Abs. 2 RVG abrechnen muss. 716
Die Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung richtet sich nach § 8 Abs. 1 RVG. Danach tritt Fälligkeit ein, wenn – der Auftrag erledigt ist (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 RVG), – die Angelegenheit beendet ist (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 RVG), – eine Kostenentscheidung ergangen ist (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 RVG), – der Rechtszug beendet ist (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 RVG) oder – das Verfahren länger als drei Monate ruht (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 RVG).
717
Da hinsichtlich einzelner Vergütungsteile unterschiedliche Fälligkeitszeitpunkte, also Teilfälligkeiten, eintreten können, ist insoweit dann auch zu differenzieren.
718
Zum einen ist nur derjenige antragsberechtigt, der an dem fälligen Vergütungsverhältnis beteiligt ist; zum anderen erfolgt die Wertfestsetzung nur hinsichtlich der Teile, aus denen sich eine fällige Vergütung berechnet.
Û
Beispiele: Vor der mündlichen Verhandlung hat der Auftraggeber dem Anwalt das Mandat gekündigt und einen neuen Anwalt beauftragt. Die Vergütung des ersten Anwalts ist fällig (§ 8 Abs. 1 Satz 1 RVG), da der Auftrag beendet ist. Er kann daher die Wertfestsetzung gegenüber seinem Mandanten und ggf. gegenüber der Landeskasse beantragen, nicht aber der zweite Anwalt, da seine Vergütung noch nicht fällig ist. Daneben kann der Auftraggeber im Verhältnis zum ersten Anwalt ebenfalls die Wertfestsetzung beantragen. Gleiches gilt für die Staatskasse, wenn sie insoweit eintrittspflichtig ist. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Vergütung des ausgeschiedenen Anwalts nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert richtet. Das Verfahren wird zum Ruhen gebracht. Nach fünf Monaten wird es wieder aufgenommen und fortgesetzt. Mit Ablauf von drei Monaten nach Ruhen des Verfahrens wird die Vergütung eines gerichtlichen Verfahrens fällig (§ 8 Abs. 1 Satz 2 RVG). Daher ist insoweit jetzt eine Festsetzung des Gegenstandswertes möglich. Dass sich später der Gegenstandswert verändert und weitere Gebühren, etwa eine Terminsgebühr, nach einem höheren oder geringeren Gegenstandswert berechnet werden können, bleibt davon unberührt, da der Beschluss nur den Wert der fälligen Gebühren betrifft, nicht aber die der hiernach ausgelösten weiteren oder erstmals fällig gewordenen Gebühren. Hierfür ist dann ggf. eine weitere Wertfestsetzung vorzunehmen.
6. Form 719
Der Antrag muss schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden (§ 33 Abs. 7 Satz 1 RVG). Ansonsten ist eine besondere Form nicht vorgeschrieben. § 129a ZPO ist entsprechend anwendbar (§ 33 Abs. 7 Satz 1 Hs. 2 RVG).
720
Es besteht weder Anwalts- noch Postulationszwang.
721
Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend (§ 33 Abs. 7 Satz 2 RVG). 7. Bezifferung des Antrags
722
Ein bezifferter Antrag muss nicht gestellt werden. Es ist auch nicht erforderlich, eine Wertvorstellung anzugeben. Im Einzelfall kann es jedoch sinnvoll sein, die eigene Wertvorstellung mitzuteilen.
106
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1. Teil: Verfahrensrecht Bedeutung hat eine solche Wertangabe insbesondere für die Berechnung einer eventuellen späteren Beschwer (s. Rn. 777).
723
8. Begründung Eine Begründung des Wertfestsetzungsantrags ist nicht erforderlich. Sinnvoll und zweckmäßig ist es jedoch, die eigene Wertvorstellung zu begründen, damit das Gericht zutreffend festsetzt. Dies kann überflüssige Beschwerden vermeiden.
724
Sofern sich die Fälligkeit nicht bereits aus den Gerichtsakten ergibt, sollte auch zur Fälligkeit kurz vorgetragen werden.
725
Ggf. sollte im Antrag auch darauf hingewiesen werden, weshalb keine Bindungswirkung einer eventuellen gerichtlichen Wertfestsetzung nach § 32 Abs. 2 RVG besteht.
726
9. Verfahren und Entscheidung a) Überblick Das Wertfestsetzungsverfahren findet vor dem Richter, Rechtspfleger oder Urkundsbeamten statt, der in der Sache entschieden hat oder der zur Entscheidung berufen gewesen wäre (s. Rn. 702). Das Wertfestsetzungsverfahren wird in den Akten des Hauptsacheverfahrens unter dessen Aktenzeichen geführt.
727
b) Rechtliches Gehöhr Das Gericht hat die Beteiligten anzuhören. Ihnen muss rechtliches Gehör gewährt 728 werden. Zu beteiligen sind allerdings nur diejenigen, die durch die Entscheidung betroffen sind oder im Verlauf des Verfahrens noch betroffen sein können. Wer Beteiligter und damit anzuhören ist, ergibt sich daraus, in welchem Verhältnis die Wertfestsetzung erfolgen soll. – Beantragt ein Anwalt die Wertfestsetzung, ist seine Partei anzuhören und sofern diese einen Erstattungsanspruch gegen Dritte hat, auch der Dritte. Soweit der Anwalt beigeordnet ist, muss auch die Landeskasse angehört werden. Andere Parteien und Anwälte müssen nicht angehört werden, da die Festsetzung für sie nicht bindend ist.
Û
Beispiele: Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens beantragt der Anwalt des unterlegenen Beklagten die Wertfestsetzung nach § 33 RVG. Anzuhören ist nur der Beklagte und im Falle der Prozesskostenhilfe die Staatskasse. Der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter sind dagegen nicht anzuhören, da eine Festsetzung nach § 33 RVG für sie keine Auswirkungen haben kann. Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens beantragt der Anwalt des obsiegenden Beklagten die Wertfestsetzung nach § 33 RVG. Jetzt ist auch der Kläger anzuhören, da die Wertfestsetzung auch für die Kostenerstattung Bedeutung hat. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers braucht dagegen nicht angehört zu werden, da eine Festsetzung im Verhältnis des Beklagten zu seinem Anwalt für den Anwalt des Klägers keine Auswirkungen haben kann.
– Beantragt eine Partei die Wertfestsetzung gegenüber ihrem Anwalt, ist der Anwalt anzuhören und sofern die Partei einen Erstattungsanspruch gegen Dritte hat, auch der Dritte. Soweit der Anwalt beigeordnet ist, muss auch die Landeskasse angehört werden. Andere Parteien und Anwälte müssen wiederum nicht angehört werden, da die Festsetzung für sie nicht bindend ist.
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107
729
F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG
Û
Beispiele: Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens beantragt der unterlegene Beklagte den Gegenstandswert gegenüber seinem Anwalt nach § 33 RVG festzusetzen. Anzuhören ist der Anwalt des Beklagten. Der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter brauchen dagegen nicht angehört zu werden, da eine Festsetzung im Verhältnis des Beklagten zu seinem Anwalt für den Kläger und seinen Anwalt keine Auswirkungen haben kann. Soweit der Anwalt des Beklagten beigeordnet ist, muss auch die Landeskasse angehört werden. Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens beantragt der obsiegende Beklagte den Gegenstandswert gegenüber seinem Anwalt nach § 33 RVG festzusetzen. Jetzt ist auch der Kläger anzuhören, nicht aber auch dessen Anwalt.
– Beantragt eine Partei die Wertfestsetzung einer anderen Partei gegenüber deren Anwalt, sind die andere Partei und deren Anwalt anzuhören. Soweit der Anwalt der anderen Partei beigeordnet ist, muss auch die Landeskasse angehört werden. Andere Parteien und Anwälte – insbesondere der eigene Anwalt – wiederum müssen angehört werden, da die Festsetzung für sie nicht bindend ist.
Û
730
Beispiel: Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens beantragt der unterlegene Beklagte, den Gegenstandswert im Verhältnis des Klägers zu dessen Anwalt nach § 33 RVG festzusetzen. Jetzt sind der Kläger und dessen Anwalt anzuhören. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten braucht dagegen nicht angehört zu werden, da eine Festsetzung im Verhältnis des Klägers zu seinem Anwalt keine Auswirkungen auf das Verhältnis des Beklagten zu seinem Anwalt haben kann. Soweit der Anwalt des Klägers beigeordnet ist, muss auch die Landeskasse angehört werden.
Wird rechtliches Gehör nicht gewährt, so kann hierauf eine Gehörsrüge nach § 12a RVG gestützt werden, sofern nicht die Beschwerde (s. Rn. 749 ff.) zulässig ist. c) Zulässigkeitsprüfung
731
Das Gericht hat zunächst zu prüfen, ob der Antrag statthaft und zulässig ist.
732
Es muss also prüfen, ob der Gegenstandswert für eine gerichtliche Tätigkeit in der betreffenden Instanz festgesetzt werden soll, ob eine Antragsberechtigung besteht, ob die Vergütung des Anwalts fällig ist und ob geltend gemacht wird, dass eine Bindungswirkung nach § 32 RVG nicht besteht.
733
Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, ist der Antrag als unzulässig zu verwerfen. Das Gericht darf sich dann mit der Bewertung nicht befassen. d) Form und Inhalt der Entscheidung aa) Form
734
Das Gericht entscheidet über den Festsetzungsantrag durch Beschluss. bb) Inhalt der Entscheidung
735
Soweit das Gericht den Festsetzungsantrag für nicht statthaft oder unzulässig hält, hat es den Antrag zu verwerfen.
736
Hält das Gericht den Antrag zwar für zulässig, kommt das Gericht jedoch zu dem Ergebnis, dass für den Anwalt der für die Gerichtsgebühren geltende Wert maßgebend ist, dass also die vom Antragsteller geltend gemachte Abweichung vom Wert der Gerichtsgebühren nicht vorliegt, dann muss es den Antrag als unbegründet
108
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1. Teil: Verfahrensrecht zurückweisen. Es darf dann nicht festsetzen,1 was leider jedoch häufig geschieht.2 Eine Festsetzung führt in diesen Fällen nämlich zu Rechtskraftproblemen.
Û
Beispiel: Das Gericht hat den Streitwert des Verfahrens bei Haupt- und Hilfsantrag auf 10 000 Euro festgesetzt und den Hilfsantrag nicht berücksichtigt, weil hierüber nicht entschieden worden ist (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG). Der Anwalt beantragt eine Wertfestsetzung nach § 33 RVG, weil er der Auffassung ist, für seine Tätigkeit sei der Wert des Hilfsantrags mitzuberücksichtigen. Geht das Gericht mit der herrschenden Meinung davon aus, dass der Wert des Hilfsantrags auch für den Anwalt nur dann Bedeutung hat, wenn darüber das Gericht entschieden hat,3 dann muss der Antrag als unbegründet zurückgewiesen werden, weil sich die Anwaltsgebühren nach demselben Wert richten, wie die Gerichtsgebühren. Würde das Gericht hier – was leider häufig vorkommt – den Wert auf 10 000 Euro festsetzen, dann würde die Wertfestsetzung nach § 33 RVG innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses bestandskräftig, während die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren noch innerhalb von sechs Monaten ab Rechtskraft oder sonstigem Abschluss des Verfahrens abgeändert werden kann (§ 63 Abs. 3 GKG). In diesem Falle bestünde die Gefahr, dass sich die Bindungswirkungen des § 32 Abs. 1 RVG und des § 33 RVG widersprechen.
cc) Antragsbindung Da es sich um ein Antragsverfahren handelt, spricht vieles dafür, dass das Gericht an Anträge der Beteiligten gebunden ist, sofern solche Anträge gestellt werden (s. Rn. 722).
737
dd) Begründungszwang Der Festsetzungsbeschluss muss begründet werden;4 anderenfalls ist eine Überprüfung der Wertfestsetzung durch das übergeordnete Gericht nicht möglich. Je nach Einzelfall reicht eine stichwortartige Begründung, eine Bezugnahme auf gesetzliche Vorschriften oder einschlägige Gerichtsentscheidungen.
738
ee) Zulassung der Beschwerde Darüber hinaus muss das Gericht auch entscheiden, ob es die Beschwerde gegen seinen Beschluss zulässt (§ 33 Abs. 3 Satz 2 RVG).
739
ff) Rechtsbehelfsbelehrung Schließlich muss das Gericht auch eine Rechtsbehelfsbelehrung erteilen (§ 12c RVG).
739a
e) Zustellung Da gegen die Wertfestsetzung grundsätzlich die Beschwerde nach § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG gegeben ist, muss der Beschluss den Beteiligten förmlich zugestellt werden, also auch den Parteien persönlich.5 Eine formlose Mitteilung setzt die Beschwerdefrist nicht in Gang. 1 Zutreffend z.B. KG, Beschl. v. 11.6.2007 – 20 U 150/04, KGR 2007, 800 = JurBüro 2007, 488. 2 Selbst beim BGH, Beschl. v. 2.3.2010 – II ZR 62/06, AGS 2010, 213 = MDR 2010, 718. 3 Siehe das Stichwort „Hilfsantrag“, Rn. 3082 ff. 4 AnwK-RVG/E. Schneider, § 33 Rn. 49. 5 AnwK-RVG/E. Schneider, § 33 RVG Rn. 50; LAG Köln, Beschl. v. 8.8.1991 – 11 Ta 127/91, JurBüro 1991, 1678.
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109
740
F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG 741
Eine Zustellung kann auch im Hinblick auf die Kostenfestsetzung nach § 103 ZPO oder eine Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG erforderlich sein, da hiermit eine eventuelle Antragsfrist des § 107 Abs. 2 ZPO ausgelöst wird (s. Rn. 836 ff.). 10. Bindungswirkung
742
Die Bindung einer Entscheidung nach § 33 RVG tritt nur zwischen den Parteien des Festsetzungsverfahrens ein. Die Entscheidung hat keine Reflexwirkung für andere Beteiligte, wenn der Anwalt den Festsetzungsantrag stellt. Dann tritt eine Bindungswirkung nur für und gegen ihn sowie den Auftraggeber ein.
743
Der Anwalt des Klägers ist daher nicht an eine Wertfestsetzung gebunden, die im Verhältnis des Beklagten zu seinem Anwalt ergeht.
744
Ein Verkehrsanwalt ist nicht an die Wertfestsetzung gebunden, die auf Antrag des Hauptbevollmächtigten ergeht. Er kann einen eigenen Wertfestsetzungsantrag stellen, der ggf. zu einem anderen Ergebnis führen kann, was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn nur einer der beteiligten Anwälte Beschwerde einlegen kann.
Û
745
Beispiel: In einem Rechtsstreit beantragt zunächst der Verkehrsanwalt die Wertfestsetzung. Das Gericht setzt den Wert auf 4000 Euro fest. Eine Beschwerde hiergegen seitens des Verkehrsanwalts ist nicht möglich, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro nicht übersteigt. Später beantragt der Prozessbevollmächtigte die Wertfestsetzung. Das Gericht setzt den Gegenstandswert wiederum auf 4000 Euro fest. Hiergegen legt der Prozessbevollmächtigte Beschwerde ein, da dessen Beschwer über 200 Euro liegt. Das Landgericht ändert den Beschluss ab und setzt den Wert auf 7000 Euro fest. Der Prozessbevollmächtigte kann jetzt nach 7000 Euro abrechnen; für den Verkehrsanwalt bleibt es dagegen bei dem Wert von 4000 Euro, da das Wertfestsetzungsverfahren für ihn insoweit rechtskräftig abgeschlossen ist.
Wird die Wertfestsetzung vom Auftraggeber oder von der Staatskasse beantragt, so sind auf Seiten der Antragsgegner sämtliche Anwälte zu beteiligen, deren Vergütungsansprüche durch die Wertfestsetzung tangiert sein können. Insoweit wirkt dann auch ein Beschluss gegenüber allen Beteiligten, vorausgesetzt selbstverständlich, dass auch allen Beteiligten rechtliches Gehör gewährt worden ist und die Wertfestsetzungsbeschlüsse auch allen Beteiligten zugestellt worden sind (s. Rn. 740). 11. Abänderung
746
Eine Abänderung der Wertfestsetzung von Amts wegen, wie sie bei der gerichtlichen Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 3 GKG, § 55 Abs. 3 FamGKG, § 79 Abs. 2 Satz 1 GNotKG in Betracht kommt, ist im Verfahren nach § 33 RVG unzulässig.
747
Daher ist auch ein Rechtsmittelgericht nicht berechtigt, eine vorinstanzliche Wertfestsetzung abzuändern, solange es nicht im Rahmen der Beschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG oder der weiteren Beschwerde nach § 33 Abs. 6 RVG angerufen wird. 12. Gehörsrüge
748
Ist die Entscheidung über die Wertfestsetzung unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergangen und ist eine Beschwerde nicht zulässig, kann gegen die Wertfestsetzung gem. § 12a RVG Gehörsrüge erhoben werden. Da hier – im Gegensatz zu den gerichtlichen Wertfestsetzungsverfahren – eine Abänderung 110
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1. Teil: Verfahrensrecht von Amts wegen nicht möglich ist, kommt der Gehörsrüge größere Bedeutung zu als bei den gerichtlichen Wertfestsetzungsverfahren.
IV. Beschwerde 1. Überblick Gegen die Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG ist gem. § 33 Abs. 3 RVG die Beschwerde gegeben.
749
Anfechtbar sind allerdings nur Festsetzungen des Amtsgerichts oder des Landgerichts.
750
Eine Wertfestsetzung des Oberlandesgerichts ist unanfechtbar, da eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes ausgeschlossen ist (§ 33 Abs. 4 Satz 2 RVG).
751
Eine Wertfestsetzung des Bundesgerichtshofs ist nicht anfechtbar, weil es kein übergeordnetes Beschwerdegericht gibt.
752
Erforderlich ist, – dass der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 200 Euro übersteigt (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG) oder – dass das Gericht in seiner Entscheidung die Beschwerde zugelassen hat (§ 33 Abs. 3 Satz 2 RVG).
753
2. Beschwerdeberechtigung Der Wertfestsetzungsbeschluss des Gerichts ist nach § 33 Abs. 3 RVG von allen Antragsberechtigten mit der Beschwerde angreifbar. Beschwerdeberechtigt sind – der verfahrensbevollmächtigte Anwalt, – weitere Anwälte, wie z.B. Terminsvertreter, Verkehrsanwalt, – der Auftraggeber, – ein erstattungspflichtiger Dritter, – die Staatskasse in den Fällen des § 45 RVG, also soweit einem der Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.
754
Voraussetzung ist selbstverständlich eine Beschwer. Diese ist für den Anwalt gegeben, wenn der Wert nach seiner Auffassung zu gering festgesetzt ist und für die Partei oder die Staatskasse, dass der Wert aus ihrer Sicht zu hoch festgesetzt ist.
755
Soweit zum Teil vertreten wird, beschwerdeberechtigt sei nur, wer erstinstanzlich den Antrag gestellt habe,1 ist dies unzutreffend. Auch der Antragsgegner kann Beschwerde einlegen, wenn er durch die Festsetzung beschwert ist. Lediglich sonstige Dritte, gegenüber denen die Festsetzung nicht wirkt, sind nicht beschwerdeberechtigt.
756
Û
Beispiel: Nach Abschluss des Verfahrens wird auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers der Gegenstand antragsgemäß festgesetzt. Selbstverständlich ist der Kläger jetzt beschwerdeberechtigt, da er die Gebühren seines Anwalts nach dem festgesetzten Wert zahlen muss. Dagegen sind der Beklagte und sein Anwalt nicht beschwerdeberechtigt, da ihnen gegenüber die Festsetzung nicht wirkt.
Sonstige Dritte, die nicht antragsberechtigt sind (s. Rn. 700, 701), können niemals beschwerdeberechtigt sein. 1 So LAG Hamm, Beschl. v. 23.1.2006 – 13 TaBV 1268/05, NZS 2006, 267.
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111
757
F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG 3. Form 758
Die Beschwerde bedarf keiner besonderen Form. Sie kann schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftstelle erklärt werden (§ 33 Abs. 7 Satz 1 Hs. 1 RVG). Die Vorschrift des § 129a ZPO ist entsprechend anwendbar (§ 33 Abs. 7 Satz 1 Hs. 2 RVG).
759
Ein Anwaltszwang besteht im Beschwerdeverfahren nicht, da nach § 33 Abs. 7 Satz 1 RVG Anträge und Erklärungen ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftstelle gestellt werden können.
760
Angegeben werden sollte, in wessen Namen die Beschwerde eingelegt wird. Ergibt sich nicht eindeutig, für wen die Beschwerde eingelegt ist, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass eine Erhöhungsbeschwerde im Namen des Anwalts eingelegt worden ist und eine Herabsetzungsbeschwerde im Namen der Partei. 4. Bestimmter Antrag
761
Strittig ist, ob ein bestimmter Antrag im Beschwerdeverfahren gestellt werden muss1 oder sich zumindest aus der Beschwerdebegründung ergeben muss, welche Wertfestsetzung beantragt wird.2 Dafür spricht, dass es sich beim Verfahren nach § 33 RVG – im Gegensatz zu den Verfahren nach § 63 GKG, § 55 FamGKG und § 79 GNotKG – um ein reines Antragsverfahren handelt und dass mangels eines Antrags im Beschwerdeverfahren nicht zu ermitteln ist, ob der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands erreicht ist. Vorsorglich sollte daher im Beschwerdeverfahren immer auch klar gestellt werden, welche Wertfestsetzung beantragt wird, zumindest sollte eine ungefähre Wertvorstellung angegeben werden. 5. Zuständigkeit
762
Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist das jeweilige Beschwerdegericht. Das ist gem. § 33 Abs. 4 Satz 2 RVG das nächst höhere Gericht und in Zivilsachen nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG das Oberlandesgericht. – Gegen Wertfestsetzungen des Amtsgerichts ist daher grundsätzlich das Landgericht als Beschwerdegericht zuständig. Lediglich in den Fällen, in denen der Instanzenzug abweichend (Amtsgericht – Oberlandesgericht) geregelt ist, etwa in Familiensachen und landwirtschaftsgerichtlichen Verfahren, ist das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zuständig. – Gegen Wertfestsetzungen des Landgerichts ist immer das Oberlandesgericht Beschwerdegericht, unabhängig davon, ob das Landgericht als erstinstanzliches Gericht, als Berufungs-, oder Beschwerdegericht entschieden hat.
763
Ungeachtet der Zuständigkeit des Beschwerdegerichts ist die Beschwerde immer beim Ausgangsgericht einzureichen (§ 33 Abs. 7 Satz 3 RVG), da dieses zunächst zu prüfen hat, ob es der Beschwerde abhilft.
764
Die Einreichung beim Beschwerdegericht ist nicht fristwahrend. Wird die Beschwerde beim Beschwerdegericht eingereicht, muss es sie an das Ausgangsgericht abgeben. Der dortige Eingangszeitpunkt ist dann maßgebend.3
765
Das Ausgangsgericht kann allerdings – auch wenn es über die Beschwerde nicht zu entscheiden hat – abhelfen (§ 33 Abs. 4 Satz 2 RVG).
1 So LAG Mainz, Beschl. v. 26.7.2006 – 11 Ta 103/06, AGS 2008, 137 = MDR 2007, 370. 2 LAG Bremen, Beschl. v. 27.8.2004 – 3 Ta 45/04, AGS 2005, 126 = ArbRB 2005, 49. 3 LSG Thüringen, Beschl. v. 25.11.2014 – L 6 F 1191/14 B, AGS 2015, 144.
112
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1. Teil: Verfahrensrecht 6. Frist Die Beschwerde ist fristgebunden. Sie muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt werden (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG).
766
Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Zustellung, wird die Frist des § 33 Abs. 2 Satz 3 RVG nicht in Gang gesetzt, insbesondere nicht bei einer nur formlosen Mitteilung.1
767
7. Wiedereinsetzung Wird die Beschwerdefrist versäumt, kann dem Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (§ 33 Abs. 5 RVG).
768
Der Beschwerdeführer muss ohne sein Verschulden verhindert gewesen sein, die Frist einzuhalten. Das Verschulden eines Verfahrensbevollmächtigten ist dem Beteiligten zuzurechnen (§ 33 Abs. 5 Satz 1 RVG, § 85 Abs. 2 ZPO). Ein fehlendes Verschulden wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
769
Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses zu stellen. Innerhalb derselben Frist muss auch die Beschwerde nachgeholt werden. Des Weiteren müssen innerhalb der Frist die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen sollen, glaubhaft gemacht werden (§ 33 Abs. 5 Satz 1 RVG).
770
Nach Ablauf eines Jahres seit Ende der versäumten Frist an ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung unzulässig (§ 33 Abs. 5 Satz 2 RVG).
771
Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet zwar das Beschwerdegericht; da die nachgeholte Beschwerde jedoch zwingend bei dem Gericht einzureichen ist, dessen Entscheidung angefochten wird (§ 33 Abs. 7 Satz 3 RVG), gilt dies auch für den Wiedereinsetzungsantrag selbst.
772
Über die Wiedereinsetzung entscheidet jedoch alleine das Beschwerdegericht. Das Ausgangsgericht muss also, wenn es vom Ablauf der Beschwerdefrist ausgeht, ohne eigene Entscheidung die Sache dem Beschwerdegericht vorlegen. Eine Abhilfe durch das Ausgangsgericht ist zunächst nicht möglich. Es handelt sich insoweit um eine Frage der Zulässigkeit der Beschwerde für die dem Ausgangsgericht keine Entscheidungskompetenz zusteht.
773
Gibt das Beschwerdegericht dem Wiedereinsetzungsantrag statt, hat es die Sache dem Ausgangsgericht zurückzugeben, das nunmehr nach § 33 Abs. 4 RVG über die Abhilfe zu entscheiden hat.
774
Lehnt das Landgericht als Beschwerdegericht eine Wiedereinsetzung ab, kann dagegen Beschwerde erhoben werden (§ 33 Abs. 5 Satz 3 RVG). Sie muss innerhalb von zwei Wochen eingelegt werden (§ 33 Abs. 5 Satz 4 RVG).
775
Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung durch das Oberlandesgericht ist eine Beschwerde nicht möglich (§ 33 Abs. 5 Satz 6, Abs. 4 Satz 3 RVG).
776
8. Wert des Beschwerdegegenstands Die Beschwerde ist nur dann zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt, es sei denn, die Beschwerde ist vom Ausgangsgericht in seiner Entscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen worden.
1 AnwK-RVG/Thiel, § 33 RVG Rn. 50.
N. Schneider
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777
F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG 778
Der Wert des Beschwerdegegenstands (nicht der der Beschwer) muss also den Wert von mindestens 200,01 Euro erreichen.
779
Der Wert des Beschwerdegegenstands ist für jeden Beschwerdeberechtigten gesondert zu prüfen.
780
Für den Anwalt kommt es darauf an, welche Mehrvergütung sich ergibt, wenn das Gericht der Beschwerde abhilft und den höheren Wert festsetzt. Es sind dann die Gebühren nach dem bisher festgesetzten Gegenstandswert und die Gebühren nach dem begehrten Gegenstandswert gegenüber zu stellen. Beträgt die Gebührendifferenz mehr als 200 Euro, ist die Beschwerde zulässig; anderenfalls ist sie unzulässig. Es gilt hier nichts anderes als bei der Beschwerde nach § 32 Abs. 2 RVG, § 68 Abs. 1 GKG.
781
Auch hier ist im Falle der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe nicht auf die Beträge nach § 49 RVG abzustellen,1 sondern auf die des § 13 RVG, da sich im Falle der Abänderung oder Aufhebung der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe weiter gehende Ansprüche nach den Beträgen des § 13 RVG noch ergeben können.
782
Abzustellen ist jeweils nur auf die eigene Vergütung des Anwalts. Sind mehrere Anwälte beteiligt, kann allerdings zu addieren sein.
Û
783
Für den Auftraggeber und die Staatskasse kommt es dagegen immer auf den Gesamtbetrag aller Vergütungen an.
Û
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Beispiel: Das Gericht hat den Gegenstandswert auf 5000 Euro festgesetzt. Sowohl Prozessbevollmächtigter als auch Verkehrsanwalt begehren einen Gegenstandswert von 7000 Euro. Für den Prozessbevollmächtigten ergäbe sich ein Mehraufkommen i.H.v. 150 Euro, für den Verkehrsanwalt i.H.v. 100 Euro. Für sich genommen, ist keiner der beteiligten Anwälte beschwerdeberechtigt, weil keiner den Wert des Beschwerdegegenstands erreicht. Eine gemeinsame Beschwerde wäre dagegen zulässig, da dann nach § 5 ZPO die Werte der einzelnen Beschwerdegegenstände zusammen zu rechnen sind.
Beispiel: Das Gericht hat den Gegenstandswert auf 7000 Euro festgesetzt. Der Auftraggeber ist der Auffassung, der Wert sei lediglich auf 5000 Euro festzusetzen. Dies ergäbe gegenüber dem Prozessbevollmächtigten ein geringeres Gebührenaufkommen i.H.v. 150 Euro und gegenüber dem Verkehrsanwalt ein geringeres Gebührenaufkommen i.H.v. 100 Euro. Für den Auftraggeber beträgt der Wert des Beschwerdegegenstands 250 Euro.
Eine erstattungspflichtige Partei wiederum wird beschwert durch einen höheren Kostenerstattungsanspruch. Daher kommt es hier nicht darauf an, welche Mehroder Minderbeträge sich an Vergütungsansprüchen ergeben. Hier muss vielmehr geprüft werden, inwieweit sich die Wertfestsetzung auf die Kostenerstattung auswirkt, also in welcher Höhe die Partei letztlich eine höhere Kostenerstattung an den Gegner zu erbringen hat. Nur dann, wenn der Differenzwert den Betrag von 200 Euro übersteigt, ist für ihn die Beschwerde zulässig. Im Gegensatz zur Beschwerde nach § 68 GKG bleiben hier also Gerichtsgebühren außer Ansatz, da diese von der Wertfestsetzung nach § 33 RVG unberührt bleiben.
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Beispiel: Das Gericht hat den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf 7000 Euro festgesetzt. Der Beklagte ist der Auffassung, der Wert sei lediglich auf 5000 Euro festzusetzen. Es ergäbe sich dann ein geringeres Gebührenaufkommen i.H.v. 300 Euro. a) Der Beklagte hat die gesamten Kosten des Klägers zu tragen.
1 Unzutreffend LAG Mainz, Beschl. v. 17.8.2009 – 1 Ta 183/09, KostRsp. RVG § 33 Nr. 27.
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N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht b) Der Beklagte hat die Kosten des Klägers zu 50 % zu tragen. Im Fall a) ist die Beschwerde zulässig. Im Fall b) beträgt der Beschwerdewert nur 150 Euro, so dass die Beschwerde nicht zulässig ist.
9. Zugelassene Beschwerde Unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstands ist die Beschwerde auch dann zulässig, wenn das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in seinem Festsetzungsbeschluss zugelassen hat (§ 33 Abs. 3 Satz 2 RVG).
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Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden (§ 33 Abs. 4 Satz 4 Hs. 1 RVG).
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Die Nichtzulassung der Beschwerde ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 4 Hs. 2 RVG).
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10. Verfahren a) Abhilfeverfahren Das Gericht, das den Gegenstandswert festgesetzt hat, kann der Beschwerde abhelfen (§ 33 Abs. 4 Satz 1 Hs. 1 RVG).
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Hilft das Erstgericht der Beschwerde nicht ab, legt es die Sache dem Beschwerdegericht vor (§ 33 Abs. 4 Satz 1 Hs. 2 RVG).
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Hilft das Erstgericht der Beschwerde ab, kann hiergegen wiederum bei Erreichen der erforderlichen Beschwer ein anderer Verfahrensbeteiligter Erstbeschwerde einlegen.
790
Wird einer Beschwerde teilweise abgeholfen, so ist zu prüfen, ob nach Abhilfe noch der erforderliche Beschwerdewert erreicht ist. Fehlt es daran, wird die Beschwerde unzulässig. Siehe hierzu Rn. 282.
791
b) Verfahren vor dem Beschwerdegericht aa) Zuständigkeit Das Beschwerdegericht entscheidet grundsätzlich durch den Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter, einem Rechtspfleger oder einem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erlassen wurde (§ 33 Abs. 8 Satz 1 Hs. 2 RVG).
792
Der Einzelrichter hat das Verfahren allerdings der Kammer oder dem Senat vorzulegen, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 33 Abs. 8 Satz 2 RVG).
793
Hat beim Landgericht die Kammer entschieden, so ist der Senat für das Beschwerdeverfahren zuständig. Eine Übertragung auf den Einzelrichter ist nicht vorgesehen.
794
bb) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts (1) Form Auch das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluss.
795
N. Schneider
115
F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG (2) Inhalt 796
Soweit das Gericht die Beschwerde als unzulässig ansieht, hat es sie zu verwerfen.
797
Hält das Beschwerdegericht die Entscheidung der Vorinstanz für zutreffend, so ist die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
798
Soweit das Gericht der Auffassung ist, die Beschwerde sei begründet, hat es den festgesetzten Wert abzuändern.
799
Das Beschwerdegericht kann die Entscheidung der Vorinstanz aufheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverweisen, wenn die Festsetzung auf einem schweren Verfahrensfehler beruht. (3) Verschlechterungsverbot
800
Da es sich bei dem Verfahren nach § 33 RVG um ein reines Antragsverfahren handelt, ist das Verschlechterungsverbot (reformatio in peius) zu beachten.1 Das Gericht darf nicht zu Lasten des Beschwerdeführers entscheiden.
Û
Beispiel: Das Gericht hat den Gegenstandswert auf 5000 Euro festgesetzt. Dagegen legt der Anwalt Beschwerde ein mit dem Antrag, einen höheren Wert festzusetzen. Das Gericht ist der Auffassung der Gegenstandswert betrage lediglich 3000 Euro. Das Gericht darf nur die Beschwerde als unbegründet zurückweisen. Es darf nicht den Wert auf 3000 Euro abändern. Das wäre nur möglich, wenn auch der Auftraggeber (Anschluss-)Beschwerde mit dem Ziel der Herabsetzung erhoben hätte.
(4) Bindung an den Antrag 801
Bedeutung hat die Frage des bestimmten Antrags (s. oben Rn. 722) insbesondere dann, wenn bei einer Heraufsetzungsbeschwerde der tatsächliche Wert höher bzw. bei einer Herabsetzungsbeschwerde der tatsächliche Wert geringer ist als vom Beschwerdeführer beantragt.
802
Fordert man für die Beschwerde einen bestimmten Antrag, dann darf das Gericht in diesen Fällen nicht über den Wert hinausgehen. Das beruht darauf, dass es sich bei der Wertfestsetzung nach § 33 RVG um ein reines Antragsverfahren handelt und eine Festsetzung und Ermittlung von Amts wegen gerade nicht zulässig ist. Es würde letztlich doch wieder auf eine Amtsermittlung hinauslaufen, wenn das Gericht über bezifferte Anträge hinausgehen könnte.
803
Wird kein bezifferter Antrag für erforderlich gehalten, besteht jedoch insoweit eine Bindungswirkung als das Gericht nur die angegriffenen Punkte überprüfen darf. Soweit die Wertfestsetzung nicht angefochten wird, darf das Gericht diese nicht abändern, selbst wenn sie falsch ist.
Û
Beispiel: In der mündlichen Verhandlung zum Scheidungstermin wird auch über den nicht anhängigen nachehelichen Unterhalt verhandelt sowie über den Zugewinn. Eine Einigung kommt jedoch nicht zu Stande. Auf Antrag setzt das Gericht den Mehrwert der Verhandlungen fest. Hiergegen legt der Anwalt Beschwerde ein und begründet dies damit, die Wertfestsetzung für das Verhandeln der Zugewinnausgleichssache sei zu gering. Das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht ist nicht befugt, den Wert für die Verhandlungen über den Unterhalt abzuändern, selbst wenn diese Wertfestsetzung unzutreffend
1 LAG Hamburg, Beschl. v. 20.6.2005 – 8 Ta 5/05, LAGReport 2005, 352; OLG Hamm, Beschl. v. 2.8.2005 – 13 TaBV 17/05, AGS 2006, 301; LAG Köln, Beschl. v. 23.6.2006 – 3 TA 196/06, AGS 2007, 526 = NZA-RR 2006, 598.
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N. Schneider
1. Teil: Verfahrensrecht sein sollte. Es darf nur über den angefochtenen Teilwert betreffend den Zugewinnausgleich entscheiden.
(5) Zulassung der weiteren Beschwerde Darüber hinaus muss ein Landgericht auch darüber entscheiden, ob es die weitere Beschwerde zulässt (§ 33 Abs. 6 Satz 1 RVG). In diesem Fall muss es auch eine Rechtsbehelfsbelehrung erteilen (§ 12c RVG).
804
V. Gegenvorstellung Da das Gericht im Verfahren nach § 33 RVG – im Gegensatz zu den gerichtlichen Wertfestsetzungsverfahren (§ 63 Abs. 3 GKG, § 55 Abs. 3 FamGKG, § 79 Abs. 2 Satz 1 GNotKG) – nicht befugt ist, von Amts wegen jederzeit seine Entscheidung abzuändern, kommt auch eine Gegenvorstellung nicht in Betracht.
805
VI. Untätigkeitsbeschwerde Kommt das Gericht dem Antrag auf Wertfestsetzung nicht nach, sollte daran erinnert und ggf. eine Frist gesetzt werden.
806
Wird dann immer noch nicht über den Gegenstandswert entschieden, ist dies als eine konkludente Ablehnung der Wertfestsetzung anzusehen. Insoweit ist dann ebenfalls die Beschwerde gegeben. Eines Beschwerdewertes bedarf es hier nicht.1
807
Weigert sich das Gericht dagegen, dem Wertfestsetzungsantrag nachzukommen, weil nach seiner Auffassung der für die Gerichtsgebühren festgesetzte Wert maßgebend ist, so liegt darin die konkludente Ablehnung des Festsetzungsantrags nach § 33 RVG als unzulässig oder unbegründet. Insoweit ist die Beschwerde gegeben, wenn der Beschwerdewert erreicht ist oder wenn das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.
808
VII. Weitere Beschwerde Gegen die Entscheidung des Landgerichts als Beschwerdegericht ist die weitere Beschwerde gegeben. Beschwerdeentscheidungen des Oberlandesgerichts sind nicht anfechtbar.
809
Die weitere Beschwerde ist allerdings nur dann zulässig, wenn das Landgericht sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Rechtsfrage in seinem Beschluss zugelassen hat (§ 33 Abs. 6 Satz 1 RVG).
810
Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht und zwar immer in voller Besetzung. Eine Zuständigkeit des Einzelrichters ist im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht gegeben, zumal im Falle der weiteren Beschwerde ohnehin die gesamte Kammer im Beschwerdeverfahren entschieden haben dürfte.
811
Auch die weitere Beschwerde ist befristet und muss innerhalb von zwei Wochen 812 nach Zustellung der Entscheidung des Landgerichts eingelegt werden (§ 33 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG). Eine Wiedereinsetzung ist allerdings auch hier möglich (§ 33 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Abs. 5 RVG).
1 AnwK-RVG/Thiel, § 33 RVG Rn. 76.
N. Schneider
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F. Gegenstandswertfestsetzung nach dem RVG 813
Die weitere Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. Die §§ 546 und 547 ZPO sind entsprechend anzuwenden.
814
Wird weitere Beschwerde eingelegt, so muss das Landgericht prüfen, ob es ihr abhilft. Anderenfalls legt es sie dem Oberlandesgericht vor, das dann hierüber entscheidet. Das Verfahren der weiteren Beschwerde entspricht im Übrigen dem der Erstbeschwerde.
VIII. Rechtbeschwerde 815
Eine Rechtsbeschwerde ist nicht vorgesehen und daher unstatthaft.
IX. Kosten 1. Gericht a) Wertfestsetzungsverfahren 816
Das Verfahren über den Antrag auf Wertfestsetzung ist gebührenfrei (§ 33 Abs. 9 Satz 1 RVG). b) Beschwerdeverfahren
817
Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist im Gegensatz zu dem Beschwerdeverfahren nach § 68 GKG, § 59 FamGKG, § 79 GNotKG nicht gerichtskostenfrei. Die Gebührenfreiheit gilt nur für das Verfahren über den Antrag (§ 33 Abs. 9 Satz 1 RVG). Für das Beschwerdeverfahren werden Gebühren nach dem GKG (§ 1 Abs. 4 GKG), dem FamGKG (§ 1 Satz 2 FamGKG) oder dem GNotKG (§ 1 Abs. 4 GNotKG) erhoben.
818
Im Beschwerdeverfahren wird in Zivilsachen und in Familiensachen eine Gerichtsgebühr i.H.v. 60,00 Euro erhoben, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (Nr. 1812 KV GKG; Nr. 1912 KV FamGKG; Nr. 19116 KV GNotKG).
819
Ist die Beschwerde erfolgreich, werden keine Gerichtsgebühren erhoben.
820
Ist die Beschwerde teilweise erfolgreich, kann das Gericht die Verfahrensgebühr auf die Hälfte reduzieren oder nach billigem Ermessen bestimmen, dass diese völlig entfällt (Anm. zu Nr. 1812 KV GKG; Anm. zu Nr. 1912 KV FamGKG; Anm. zu Nr. 19116 KV GNotKG).
821
Einstweilen frei. c) Weitere Beschwerde
822
Im Verfahren der weiteren Beschwerde gilt in Zivilsachen ebenfalls § 1 Abs. 4 GKG i.V.m. Nr. 1812 KV GKG (s. Rn. 818).
823
In Familiensachen gilt wiederum § 1 Satz 2 FamGKG i.V.m. Nr. 1912 KV FamGKG (s. Rn. 818).
824
Im Verfahren der weiteren Beschwerde nach dem GNotKG gilt wiederum § 1 Abs. 4 GNotKG i.V.m. Nr. 19116 KV GNotKG.
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1. Teil: Verfahrensrecht d) Rechtsbeschwerde Eine Rechtsbeschwerde ist zwar unzulässig (s. Rn. 815). Wird sie dennoch erhoben, entsteht in Zivilsachen eine Gebühr nach den Nrn. 1829, 1827 KV GKG, in Familiensachen nach Nrn. 1923, 1924 KV FamGKG. In Verfahren nach dem GNotKG gelten Nrn. 19128, 19129 KV GNotKG.
825
2. Anwalt a) Festsetzungsverfahren Vertritt der Anwalt sich in eigener Sache selbst, entsteht mangels Auftraggebers kein Vergütungsanspruch. Da eine Kostenerstattung hier ausgeschlossen ist (s. unten Rn. 833 ff.), gilt auch nicht § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO.
826
Vertritt der Anwalt die Partei, die sich gegen einen Festsetzungsantrag des gegnerischen Anwalts wehrt, so ist die Tätigkeit auf Wertfestsetzung der Gebühren auch dann nicht durch die jeweilige Verfahrensgebühr abgegolten, wenn der Anwalt die Partei in der Hauptsache vertritt, also das Mandat übernommen hat. Nur die Festsetzung der eigenen Vergütung zählt zur Instanz (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 14 RVG), nicht die Abwehr der Vergütung eines vorherigen Anwalts.
827
Besteht insoweit ein Einzelauftrag – auch wenn der Anwalt einen anderen Anwalt im Festsetzungsverfahren vertritt – entsteht eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV RVG, jedoch nicht mehr als eine Verfahrensgebühr, die in der Hauptsache angefallen wäre (§ 15 Abs. 6 RVG).
828
b) Beschwerdeverfahren Im Beschwerdeverfahren erhält der Anwalt, der sich selbst vertritt, wiederum keine Vergütung. Da auch hier eine Kostenerstattung ausgeschlossen ist (s. unten Rn. 833 ff.), gilt § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO wiederum nicht.
829
Vertritt der Anwalt die Partei, die sich gegen eine Heraufsetzungsbeschwerde des gegnerischen Anwalts wehrt oder vertritt der Anwalt einen anderen Anwalt im Verfahren der Heraufsetzungsbeschwerde, so erhält er eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG, die sich bei mehreren Auftraggebern nach Nr. 1008 VV RVG erhöht.1
830
c) Weitere Beschwerde Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist eine neue selbständige Angelegenheit (§ 15 Abs. 2 Satz 2 RVG). Es entsteht die gleiche Vergütung wie in Beschwerdeverfahren (s. oben Rn. 829).
831
d) Rechtsbeschwerde Wird unzulässigerweise Rechtsbeschwerde eingelegt, ist auch das eine neue selbständige Angelegenheit (§ 17 Nr. 1 RVG). Es entsteht die Gebühr nach Nr. 3502 VV RVG.
1 Zu den Gebühren des Anwalts s. ausführlich N. Schneider, AGS 2003, 13.
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832
G. Abnderung der Kostenfestsetzung nach Streitwertkorrektur (§ 107 ZPO)
X. Kostenerstattung 833
Eine Kostenerstattung ist im Verfahren der Wertfestsetzung einschließlich der Beschwerde und der weiteren Beschwerde grundsätzlich ausgeschlossen (§ 33 Abs. 9 Satz 2 RVG).
834
Wird unstatthafterweise eine Rechtsbeschwerde eingelegt, dürfte allerdings eine Kostenerstattung vorzunehmen sein. Der Ausschluss der Kostenerstattung betrifft nur die nach § 33 RVG statthaften Verfahren.
XI. Rechtsschutzversicherung 835
Soweit für ein Verfahren Deckungsschutz besteht, ist der Versicherer bei entsprechender Erfolgsaussicht auch verpflichtet, die Kosten für eine Herabsetzungsbeschwerde bzw. die Verteidigung gegen eine Heraufsetzungsbeschwerde eines anderen Beteiligten zu übernehmen.
G. Abänderung der Kostenfestsetzung nach Streitwertkorrektur (§ 107 ZPO) I. Ausgangslage 836
Das Gericht kann die Wertfestsetzung innerhalb von sechs Monaten nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens oder anderweitiger Beendigung von Amts wegen abändern (§ 63 Abs. 3 GKG; § 55 Abs. 3 FamGKG; 79 Abs. 2 GNotKG). Das Gleiche gilt bei einer in dieser Zeit eingelegten Beschwerde (§ 68 Abs. 1 Satz 3 GKG; § 59 Abs. 1 Satz 3 FamGKG; 84 GNotKG) oder Gegenvorstellung einer Partei oder eines sonstigen Beteiligten. Es kommt daher mitunter vor, dass ein Kosten- oder Vergütungsfestsetzungsbeschluss bereits in Rechtskraft erwachsen ist, bevor die zugrunde liegende Streit-, Verfahrens- oder Geschäftswertentscheidung bestandskräftig geworden ist.
837
Diese Situation hindert das Gericht jedoch nicht, seine Wertfestsetzung nachträglich nach § 63 Abs. 3 GKG, § 55 Abs. 3 FamGKG oder 79 Abs. 2 GNotKG abzuändern. Vielmehr muss dann die Kostenerstattung korrigiert werden. Sie richtet sich dann nach den neuen Werten.
II. Abänderung der Kostenfestsetzung 838
Soweit durch die nachträgliche Abänderung des Streit-, Verfahrens- oder Geschäftswerts die aufgrund der vorherigen Werte durchgeführte Kostenfestsetzung im Nachhinein unzutreffend wird, kann jeder Beteiligte des Kostenfestsetzungsverfahrens gem. § 107 Abs. 1 Satz 1 ZPO1 den Antrag auf Änderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses stellen.
839
Das Gericht berechnet dann auf der Basis der neuen Wertfestsetzung den Erstattungsanspruch neu und setzt entsprechend neu fest. Der ursprüngliche Beschluss wird gleichzeitig aufgehoben.
1 In Familiensachen anwendbar aufgrund der Verweisung des § 85 FamFG (Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit) oder des § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG (Verbundverfahren und Familienstreitsachen).
120
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1. Teil: Verfahrensrecht Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszugs (§ 107 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
840
Der Antrag ist nur innerhalb eines Monats ab Zustellung oder Verkündung des abändernden Wertfestsetzungsbeschlusses möglich (§ 107 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
841
Ebenso wie bei der Kostenfestsetzung selbst besteht für den Antrag nach § 107 ZPO kein Anwaltszwang.
842
Muster 17: Antrag auf Abnderung der Kostenfestsetzung nach § 107 ZPO (Erstattungsberechtigter) An das … gericht Antrag auf Abnderung der Kostenfestsetzung gem. § 107 ZPO In Sachen … ./. … beantrage ich namens meiner Partei, aufgrund des am …1 zugestellten Streitwertbeschlusses des … gerichts, den Kostenfestsetzungsbeschluss vom … gem. § 107 ZPO abzundern.2 Begrndung: Durch den vorgenannten Streitwertbeschluss hat das … gericht den Streitwert abgendert und hçher festgesetzt. Danach ergeben sich hçhere Kosten meiner Partei, die bei der Kostenfestsetzung/Kostenausgleichung zu bercksichtigen sind. Eine neue Berechnung der dem Klger/Beklagten entstandenen Kosten nach dem hçheren Wert fge ich bei. Es wird beantragt, auch hinsichtlich der sich aufgrund der Abnderung ergebenden weiteren Kosten die gesetzliche Verzinsung auszusprechen.3 Rechtsanwalt 1 Das Datum ist bedeutsam fr die Monatsfrist des § 107 Abs. 2 ZPO. 2 Ein bezifferter Antrag ist nicht erforderlich. Das Gericht muss vielmehr die Kostenfestsetzung oder -ausgleichung aufgrund der neuen Werte nachholen. Ggf. muss es bei einer Kostenausgleichung vom Gegner eine neue Berechnung aufgrund der neuen Werte anfordern. 3 Dieser Antrag ist erforderlich, da ansonsten nur eine Verzinsung der ursprnglich festgesetzten Kosten ausgesprochen werden darf. Streng genommen muss das Gericht zwei Verzinsungszeitpunkte aussprechen, nmlich einen fr die ursprnglich festgesetzten Kosten und einen fr die weiteren Kosten. Der Anwalt kann das vermeiden, indem er schon bei der ersten Festsetzung seine Kosten nach dem hçheren Wert anmeldet, wenn abzusehen ist, dass es auf eine Streitwertbeschwerde zu hçheren Werten kommen kann.
N. Schneider
121
G. Abnderung der Kostenfestsetzung nach Streitwertkorrektur (§ 107 ZPO)
Muster 18: Antrag auf Abnderung der Kostenfestsetzung nach § 107 ZPO (Erstattungspflichtiger) An das … gericht Antrag auf Abnderung der Kostenfestsetzung gem. § 107 ZPO In Sachen … ./. … beantrage ich namens des Klgers/Beklagten, aufgrund des mir am …1 zugestellten Streitwertbeschlusses des … gerichts, den Kostenfestsetzungsbeschluss vom … gem. § 107 ZPO abzundern. Begrndung: Durch den vorgenannten Streitwertbeschluss hat das … gericht den Streitwert abgendert und niedriger festgesetzt. Danach ergeben sich geringere erstattungsfhige Kosten meiner Partei. Eine neue Berechnung der meiner Partei entstandenen Kosten nach dem neu festgesetzten Wert fge ich bei.2 Rechtsanwalt 1 Das Datum ist bedeutsam fr die Monatsfrist des § 107 Abs. 2 ZPO. 2 Nur erforderlich bei Kostenausgleichung. Anderenfalls spielen die eigenen Kosten keine Rolle.
III. Sofortige Beschwerde/Erinnerung 843
Gegen die Entscheidung im Verfahren nach § 107 ZPO ist gemäß der Verweisung in § 107 Abs. 3 ZPO auf § 104 Abs. 3 ZPO die sofortige Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands den Wert von 200 Euro übersteigt. Anderenfalls ist nur die Erinnerung möglich.
IV. Rechtsbeschwerde 844
Gegen die Entscheidung über die Beschwerde kommt die Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO in Betracht, wenn das Beschwerdegericht sie in seiner Entscheidung zugelassen hat.
V. Sonstige Rechtsbehelfe nach Fristablauf 845
Nach Ablauf der nicht verlängerbaren (§ 224 Abs. 2 ZPO) Frist des § 107 Abs. 2 ZPO kommt eine Änderung der Kostenfestsetzung im Wege des § 107 ZPO nicht mehr in Betracht. Damit sind die Parteien oder Beteiligten jedoch nicht rechtlos gestellt.
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1. Teil: Verfahrensrecht Soweit sich ein höherer Kostenerstattungsanspruch ergibt, ist ohnehin jederzeit eine Nachfestsetzung aufgrund des höheren Verfahrenswertes möglich. Es ergeht dann lediglich kein einheitlicher Beschluss, sondern ein getrennter Festsetzungsbeschluss über den sich nach dem höheren Wert ergebenden Mehrbetrag.
846
Soweit sich aufgrund der Wertänderung ein geringerer Erstattungsbetrag ergibt, kann der Erstattungspflichtige nach allgemeinen Vorschriften (§ 717 ZPO oder Bereicherungsrecht) zuviel gezahlte Beträge zurückverlangen. Er muss allerdings klagen, wenn der zuviel gezahlte Betrag nicht freiwillig zurückgezahlt wird.1 Eine vereinfachte Festsetzung ist nach Fristablauf nicht mehr möglich.
847
VI. Rückfestsetzung Nach h.M. ist auch eine sog. Rückfestsetzung möglich, wenn der Kostenschuldner aufgrund eines Kostenfestsetzungsbeschlusses gezahlt hat, der später nach § 107 ZPO abgeändert worden ist.2 Dann ergibt sich der Rückgewähranspruch aus § 717 ZPO und aus Bereicherungsrecht. Siehe hierzu jetzt auch § 91 Abs. 4 ZPO, der dem Wortlaut nach aber nur für die obsiegende Partei gilt, die im Verlaufe des Rechtsstreits Kosten an die unterlegene Partei gezahlt hat. Gleiches gilt, wenn aufgrund einer Streitwertänderung der Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 107 ZPO abgeändert und ein geringerer Betrag festgesetzt worden ist. Soweit aufgrund des ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschlusses unstreitig gezahlt oder anderweitig erfüllt worden ist, kann insoweit auch ein zurückzuzahlender Betrag festgesetzt werden. Ist die Zahlung dagegen streitig, bleibt nur ein Klageverfahren.
848
Die Rückforderung ist analog § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf Antrag mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen.
849
Muster 19: Antrag auf Abnderung und Rckfestsetzung nach § 107 ZPO An das … gericht Antrag auf Abnderung der Kostenfestsetzung und Rckfestsetzung nach §§ 107, 91 Abs. 4 ZPO In Sachen … ./. …
1 Zöller/Herget, § 107 ZPO Rn. 3. 2 LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 16.9.2009 – 9 Ta 186/09, AE 2010, 117; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.6.2005 – 10 W 15/05, MDR 2006, 118; OLG Koblenz, Beschl. v. 28.7.1988 – 14 W 459/88, JurBüro 1988, 1526 = Rpfleger 1989, 40; s. auch von Eicken/Hellstab/Lappe/ Dörndorfer/Asperger/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 22. Aufl. 2015, Rn. B 150 m.w.N. zur Rspr.
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H. Korrektur der Kostenentscheidung nach Streitwertnderung? beantrage ich namens des Klgers/Beklagten, aufgrund des mir am …1 zugestellten Streitwertbeschlusses des … gerichts, den Kostenfestsetzungsbeschluss vom … gem. § 107 ZPO abzundern und gleichzeitig im Wege der Rckfestsetzung gegen den Klger/Beklagten die sich danach ergebende Rckforderung festzusetzen und auszusprechen, dass dieser Betrag ab Antragseingang gesetzlich zu verzinsen ist. Begrndung: Durch den vorgenannten Streitwertbeschluss hat das … gericht den Streitwert abgendert und niedriger festgesetzt. Danach ergeben sich geringere erstattungsfhige Kosten. Eine neue Berechnung der meiner Partei entstandenen Kosten nach dem neu festgesetzten Wert fge ich bei.2 Aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom … hatte meine Partei an den Klger/Beklagten die festgesetzten Kosten i.H.v. … Euro gezahlt. Eine Kopie des berweisungstrgers fge ich bei. Nachdem der Streitwert durch Beschluss vom … abgendert worden ist, ergibt sich aufgrund des neuen Wertes eine geringere Kostenerstattungsforderung des Klgers/Beklagten. Da die ursprngliche Erstattungsforderung bereits bezahlt ist, wird sich daher nach Neuberechnung der zu erstattenden Kosten ein Rckforderungsanspruch meiner Partei ergeben. Dieser ist gem. §§ 107, 91 Abs. 4 ZPO gegen den Klger/ Beklagten festzusetzen. Rechtsanwalt 1 Das Datum ist bedeutsam fr die Monatsfrist des § 107 Abs. 2 ZPO. 2 Nur erforderlich bei der Kostenausgleichung. Anderenfalls spielen die eigenen Kosten keine Rolle.
H. Korrektur der Kostenentscheidung nach Streitwertänderung? 850
Da eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 3 GKG, § 55 Abs. 3 FamGKG, § 79 Abs. 2 GNotKG noch innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Verfahrens von Amts wegen abgeändert werden kann – und bei einer in diesem Zeitraum rechtzeitig eingereichten Gegenvorstellung oder Beschwerde auch noch danach –, kommt es häufig vor, dass eine gerichtliche Wertfestsetzung nachträglich abgeändert wird und sich damit für die bereits ergangene Kostenentscheidung die Kalkulationsgrundlage ändert.
Û
851
Beispiel: Der Kläger ist mit seinem Klageantrag zu 1) durchgedrungen, während der Klageantrag zu 2) abgewiesen worden ist. Das Gericht hat den Wert beider Klageanträge auf jeweils 5000 Euro festgesetzt und die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben. Auf die Beschwerde hin wird der Wert für den Klageantrag zu 2) auf 10 000 Euro abgeändert. Ausgehend von dieser Wertfestsetzung wäre eine Kostenentscheidung zutreffend gewesen, wonach der Kläger 2/3 der Kosten zu tragen hat und der Beklagte 1/3.
Das Problem, das sich nunmehr stellt, liegt darin, dass die Kostenentscheidung in der Regel bereits rechtskräftig geworden ist und daher nicht mehr abgeändert werden kann.
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1. Teil: Verfahrensrecht Zwar kann jetzt eine Abänderung der Kostenfestsetzung nach § 107 ZPO beantragt werden (s. Rn. 836 ff.). An der Kostenentscheidung ändert dies aber nichts.
852
In der früheren Rechtsprechung wurde für diese Fälle zum Teil vertreten, dass hier in analoger Anwendung des § 319 ZPO eine Berichtigung der Kostenentscheidung vorgenommen werden könne. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof jedoch zwischenzeitlich abgelehnt.1
853
Eine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung der Berichtigungsvorschriften ermöglichte, liegt nicht vor. Es bleibt vielmehr bei der sich im Nachhinein als unzutreffend erweisenden Kostenentscheidung. Im Interesse der Rechtssicherheit ist die Rechtskraft der getroffenen Kostenentscheidung hinzunehmen.
854
Will eine Partei eine zu ihren Ungunsten aufgrund zunächst unzutreffender Wert- 855 festsetzung ergangene fehlerhafte Kostenentscheidung korrigieren lassen, bleibt nur die Möglichkeit der isolierten Kostenbeschwerde, soweit diese ausnahmsweise möglich ist. In Zivilsachen ist die isolierte Kostenbeschwerde lediglich nach § 99 Abs. 2 ZPO (Anerkenntnis), § 91a Abs. 2 ZPO (Erledigung der Hauptsache) und nach § 269 Abs. 5 ZPO (Klagerücknahme) zulässig. Im Übrigen ist sie unanfechtbar. In Familiensachen gilt für Familienstreitsachen das Gleiche (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Lediglich in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Kostenentscheidung stets isoliert anfechtbar, wobei ggf. allerdings der Beschwerdewert des § 61 Abs. 2 FamGKG erreicht sein muss. Im Rahmen einer solchen zulässigen Kostenbeschwerde kann dann die Aussetzung des Beschwerdeverfahrens beantragt werden, bis über die Beschwerde gegen die Wertfestsetzung entschieden ist. Allerdings ist hier eine Beschwerde an sich nicht erforderlich, da das Beschwerdegericht im Rahmen der Überprüfung der Kostenentscheidung nach § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG, § 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG oder § 79 Abs. 2 GNotKG ohnehin von Amts wegen befugt ist, den erstinstanzlichen Streit- oder Verfahrenswert abzuändern. Im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG ist sogar ausdrücklich vorgesehen, dass das Verfahren auszusetzen ist, bis über den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit bestandskräftig entschieden ist, wenn dieser bestritten wird (§ 11 Abs. 4 RVG). Diese Vorschrift ist im Kostenfestsetzungsverfahren analog anzuwenden (s. Rn. 543).
856
Soweit eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung nicht in Betracht kommt, besteht nur die Möglichkeit, in der Hauptsache Rechtsmittel einzulegen, damit das Gericht dann zumindest im Rahmen der Hauptsache die Kostenentscheidung korrigieren kann.
857
Insoweit ist es ausreichend, dass lediglich ein Teil der ergangenen Hauptsacheentscheidung angefochten wird. Das Gericht ist auch bei einer Teilanfechtung befugt, die gesamte Kostenentscheidung von Amts wegen zu korrigieren,2 da über die Kosten nach § 308 Abs. 2 ZPO stets von Amts wegen zu entscheiden ist.
858
J. Bindungswirkung der Wertfestsetzungen I. Überblick Die Festsetzung eines Streit-, Verfahrens- oder Geschäftswerts ist grundsätzlich für alle Beteiligten bindend.3 Daher kann ein Beteiligter in einem nachfolgenden 1 BGH, Beschl. v. 30.7.2008 – II ZB 40/07, AGS 2008, 471 = MDR 2008, 1292. 2 Zöller/Vollkommer, § 308 ZPO Rn. 9; Zöller/Heßler, § 524 ZPO Rn. 37. 3 Meyer, § 63 Rn. 21; Hartmann, KostG, § 63 Rn. 33.
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859
J. Bindungswirkung der Wertfestsetzungen Verfahren – etwa in einem Kostenansatzverfahren, in einem Kosten- oder Vergütungsfestsetzungsverfahren oder in einem Vergütungsprozess – grundsätzlich nicht mit dem Einwand gehört werden, der festgesetzte Wert sei falsch. Soweit möglich, kann allerdings die Wertfestsetzung selbst noch angegriffen werden.
II. Staatskasse 860
Die Staatskasse ist an die gerichtliche Wertfestsetzung gebunden. Sie darf die Gerichtsgebühren nur nach den gerichtlich festgesetzten Werten erheben. Auch im Falle der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe ist die Staatskasse an die Wertfestsetzungen des Gerichts gebunden und muss danach die Vergütung des beigeordneten Anwalts bezahlen. Soweit die Staatskasse mit der Wertfestsetzung nicht einverstanden ist, kann und muss sie aus eigenem Recht gegen die Wertfestsetzung vorgehen, soweit sie beschwert ist.
861
Eine Beschwer der Staatskasse ergibt sich zum einen, wenn das Gericht einen zu geringen Wert festgesetzt hat, da dann die Gerichtsgebühren auch nur nach diesem geringeren Wert erhoben werden können. Zum anderen ist die Staatskasse bei einer zu hohen Wertfestsetzung beschwert, wenn sie hiernach Prozess- oder Verfahrenskostenhilfevergütungen auszahlen muss.
III. Anwalt und Auftraggeber 862
Für den Anwalt ergibt sich die Bindungswirkung an die gerichtliche Wertfestsetzung aus § 32 Abs. 1 RVG, soweit sich der Gegenstandswert seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften richtet (§ 23 Abs. 1 RVG). Er ist an die gerichtliche Wertfestsetzung gebunden, unabhängig davon, ob sie zutreffend ist oder nicht. Dies gilt erst recht, wenn der Wert nach § 33 RVG festgesetzt worden ist. Gleiches gilt für den Auftraggeber des Anwalts. Er schuldet die Vergütung nach dem gerichtlich festgesetzten Wert.
863
Ist der Anwalt mit dem vom Gericht festgesetzten Wert nicht einverstanden, und will er nach einem höheren Wert abrechnen oder ist der Auftraggeber mit dem festgesetzten Wert nicht einverstanden und will er die Vergütung des Anwalts nur nach einem geringeren Wert bezahlen, so muss die Wertfestsetzung selbst angegriffen werden. Die Frage der Wertfestsetzung ist nicht im Vergütungsstreit auszutragen, soweit für die betreffenden Gegenstände eine gerichtliche Wertfestsetzung vorliegt.
Û
Beispiel: Der Anwalt hatte für den Mandanten eine Klage erhoben. Er sollte später die Klage erweitern. Dazu ist es aber nicht mehr gekommen. Den Streitwert des Verfahrens hat das Gericht auf 5000 Euro festgesetzt. Soweit es im Vergütungsprozess um die Gebühren aus den rechtshängigen Gegenständen der Klage geht, ist das Gericht im Vergütungsprozess an die Wertfestsetzung im Vorprozess gebunden und darf davon nicht abweichen. Soweit es um die Gebühren für die nicht eingereichte Klageerweiterung geht, fehlt es an einer Wertfestsetzung. Diese kommt auch nicht in Betracht (s. Rn. 672). Daher kann das Gericht im Vergütungsprozess diesen Wert selbst feststellen.
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1. Teil: Verfahrensrecht Für den Fall des Vergütungsfestsetzungsverfahrens nach § 11 RVG regelt das Gesetz sogar ausdrücklich, dass über den Wert nicht im Vergütungsverfahren zu entscheiden ist, sondern dass das Vergütungsfestsetzungsverfahren auszusetzen ist, bis über den streitigen Gegenstandswert im Wertfestsetzungsverfahren abschließend entschieden worden ist (§ 11 Abs. 4 RVG). Diese Vorschrift ist im Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend anzuwenden.1
864
Umgekehrt besteht keine Bindungswirkung. So hindert ein rechtkräftig abgeschlossener Vergütungsprozess nicht eine anders lautende Wertfestsetzung und steht auch einer Beschwerde mit dem Ziel einer anders lautenden Festsetzung nicht entgegen.2
865
Û
Beispiel: Das Gericht hatte im Vorprozess den Streitwert auf 5000 Euro festgesetzt. Da der Mandant nicht zahlt, klagt der Anwalt seine Vergütung auf der Basis eines Wertes von 5000 Euro ein und erwirkt ein rechtskräftiges Urteil. Soweit die Frist des § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG noch nicht abgelaufen ist, kann der Anwalt noch Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung einlegen. Wird der Wert auf die Beschwerde hin abweichend höher festgesetzt, kann der Anwalt nachliquidieren. Wird der Wert herabgesetzt, kann der Auftraggeber die zu viel gezahlte Vergütung zurückverlangen. Ggf. muss er Vollstreckungsabwehrklage erheben.
IV. Kostenfestsetzung Auch im Kostenfestsetzungsverfahren besteht eine Bindungswirkung an festgesetzte Streit-, Verfahrens- oder Geschäftswerte. Der Erstattungsberechtigte kann seine Kosten nur nach dem gerichtlich festgesetzten Wert erstattet verlangen. Der Erstattungspflichtige muss auf dieser Grundlage zahlen.
866
Unzutreffend ist daher die Entscheidung des OLG Frankfurt.3 Danach soll ein offensichtlich unrichtiger, aber wegen Fristversäumung nicht mehr abänderbarer Streitwertbeschluss den Rechtsanwalt auch im Hinblick auf § 32 Abs. 1 RVG (damals noch § 9 Abs. 1 BRAGO) nicht zu einer Abrechnung nach dem unrichtigen (höheren) Wert berechtigen. Es sollen vielmehr im Kostenfestsetzungsbeschluss die Gebühren des Anwalts nur in der Höhe zu berücksichtigen sein, in der sie der Anwalt nach dem richtigen Wert hätte in Rechnung stellen dürfen. Diese Entscheidung, die glücklicherweise vereinzelt geblieben ist, missachtet die Rechtskraft eines Wertfestsetzungsbeschlusses und die Bindungswirkung einer gerichtlichen Streitwertfestsetzung. Für eine solche Durchbrechung der Rechtskraft besteht auch kein Anlass, da die erstattungspflichtige Partei nach § 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 GKG, § 57 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 55 Abs. 3 GKG, § 83 Abs. 1 Satz 3, § 79 Abs. 2 GNotKG sechs Monate Zeit hat, gegen eine unzutreffende Wertfestsetzung Beschwerde einzulegen. Versäumt sie dies, muss sie daraus auch die Konsequenzen tragen.
867
Auch im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO kann der Streit über den zutreffenden Wert nicht ausgetragen werden, sondern nur im zugrunde liegenden Wertfestsetzungsverfahren. Auch insoweit ist analog § 11 Abs. 4 RVG das Festsetzungsverfahren auszusetzen, bis über den Streit-, Verfahrens- oder Geschäftswert abschließend entschieden worden ist.4
868
1 BGH, Beschl. v. 20.3.2014 – IX ZB 288/11, AGS 2014, 246 = MDR 2014, 566; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.6.2010 – 6 W 21-23/10, AGS 2010, 568. 2 KG, Beschl. v. 10.7.1970 – 1 W 6895/70, Rpfleger 1970, 407. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.12.1998 – 12 W 235/98, OLGR 1999, 43. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.6.2010 – 6 W 21-23/10, AGS 2010, 568.
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J. Bindungswirkung der Wertfestsetzungen 869
Von einem Streit über den Wert zu unterscheiden ist die Frage, ob die Gebühren auch nach dem Wert angefallen sind.
Û
Beispiel: Das Gericht hat den Wert einer Stufenklage wie folgt festgesetzt: Auskunft 1500 Euro, Zahlung 9000 Euro. Der unterlegene Beklagte macht im Kostenfestsetzungsverfahren geltend, a) der Wert des Zahlungsanspruchs habe lediglich 6000 Euro betragen. b) die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) dürfe nur aus 1500 Euro berechnet werden, da über die Zahlung nicht verhandelt worden sei. Im Fall a) wird der Wert angegriffen. Über diese Frage kann nur im Wertfestsetzungsverfahren nach § 63 GKG bzw. im Beschwerdeverfahren nach § 68 GKG entschieden werden. Ggf. ist das Kostenfestsetzungsverfahren so lange auszusetzen. Im Fall b) wird der Wert als solcher nicht angegriffen. Der Erstattungsschuldner macht lediglich geltend, dass die Terminsgebühr nicht nach dem vollen Wert des Verfahrens angefallen sei. Darüber ist im Festsetzungsverfahren zu entscheiden.
V. Nicht am Verfahren beteiligte Dritte 870
Gegenüber Dritten, nicht am Verfahren beteiligten Personen, besteht keine unmittelbare Bindungswirkung, sondern lediglich eine mittelbare.
871
Macht eine Partei Freistellungs- oder Schadensersatzansprüche gegen Dritte auf Ersatz der von ihr aufgewandten Prozesskosten geltend, kann der Dritte sich damit verteidigen, dass der zugrunde gelegte Wert unzutreffend sei. Zumindest kann er den Einwand des Mitverschuldens (§ 254 BGB) erheben, wenn die erstattungsberechtigte Partei nicht sämtliche Rechtsmittel im Wertfestsetzungsverfahren ausgeschöpft hat.
VI. Rechtsschutzversicherer 872
Ist eine Partei rechtsschutzversichert und muss der Rechtsschutzversicherer sie von den Anwalts- und Gerichtskosten freistellen, dann besteht ebenfalls keine unmittelbare Bindungswirkung, weil der Rechtsschutzversicherer am Wertfestsetzungsverfahren nicht mit eigenen Rechten beteiligt ist.
873
Grundsätzlich muss der Versicherer seinen Versicherungsnehmer allerdings nach den gerichtlich festgesetzten Werten freistellen.1 Er kann ihm lediglich vorwerfen, dass er eine Obliegenheitsverletzung begangen habe, indem er eine unzutreffende Wertfestsetzung nicht angegriffen habe.2
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Auf eine Obliegenheitsverletzung kann sich der Rechtsschutzversicherer nicht berufen, wenn eine Erhöhungsbeschwerde erhoben worden ist,3 da das Gericht im Wertfestsetzungsverfahren an Anträge nicht gebunden ist und es im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessen liegt, den Streitwert nach unten zu korrigieren, wenn dies geboten ist (s. Rn. 335). Hat der Versicherungsnehmer gegen seine Obliegenheit, die Kosten gering zu halten und mögliche Rechtsmittel gegen unzutreffende Streitwertfestsetzungen zu ergreifen verstoßen, dann schuldet der Rechtsschutzversicherer die Freistellung
1 AG Stuttgart, Beschl. v. 30.4.2004 – 9 C 414/04, IVH 2004, 126. 2 AG Hamburg, Urt. v. 6.10.1999 – 21a C 288/99, ZfSch 2000, 360 = BRAGOreport 2001, 145. 3 AG Stuttgart, Beschl. v. 30.4.2004 – 9 C 414/04, IVH 2004, 126.
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1. Teil: Verfahrensrecht nur insoweit, als er bei Zugrundelegen des zutreffenden Streitwertes zur Zahlung verpflichtet gewesen wäre.1 Zu beachten ist allerdings, dass die Streitwertbeschwerde in diesen Fällen für den Anwalt des Versicherungsnehmers zusätzliche Kosten ausgelöst hätte, die dann wiederum vom Rechtsschutzversicherer zu tragen gewesen wären.
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Beispiel: Das Landgericht hat den Streitwert auf 8000 Euro festgesetzt. Zutreffend wäre ein Streitwert von 6000 Euro gewesen. Der Versicherungsnehmer hat es versäumt, Beschwerde einzulegen. Aus 8000 Euro sind folgende Gebühren angefallen: 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 2. 1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 3. Postengeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 1160,00 Euro 4. 19 % Umsatzsteuer Gesamt Aus 6000 Euro wären lediglich folgende Gebühren angefallen:
592,80 Euro 547,20 Euro 20,00 Euro 220,40 Euro 1380,40 Euro
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 460,20 Euro 2. 1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 424,80 Euro 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Zwischensumme 905,00 Euro 4. 19 % Umsatzsteuer 171,95 Euro Gesamt 1076,95 Euro Hätte der Versicherungsnehmer Streitwertbeschwerde er303,45 Euro hoben, wären also um (1380,40 Euro – 1076,955 Euro =) geringere Kosten im gerichtlichen Verfahren angefallen. Andererseits wären dann aber für die Streitwertbeschwerde Anwaltskosten i.H.v. 1. 1.0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3500 VV RVG (Wert: 303,45 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer Gesamt hinzugekommen, so dass der Versicherer lediglich i.H.v. (303,45 – 32,13 Euro =)
22,50 Euro 4,50 Euro 27,00 Euro 5,13 Euro 32,13 Euro 271,32 Euro
leistungsfrei geworden ist. Soweit auch Gerichtskosten oder Kosten des Gegners vom Versicherer zu übernehmen waren, sind auch dort die Differenzbeträge zu berechnen; andererseits erhöht sich dann der Gegenstandswert des Streitwert-Beschwerdeverfahrens (§ 23 Abs. 2 RVG) um diese Differenzbeträge.
Eine rechtsschutzversicherte Partei ist daher gut beraten, den Rechtsschutzversicherer rechtzeitig über gerichtliche Wertfestsetzungen zu unterrichten und ggf. Weisung einzuholen, ob gegen die Streitwertfestsetzung vorgegangen werden soll. Einstweilen frei.
876
877–900
1 AG Hamburg, Urt. v. 6.10.1999 – 21a C 288/99, ZfSch 2000, 360 = BRAGOreport 2001, 145.
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2. Teil: Streitwert im ZPO-Verfahren Abnderung A. Überblick Nach § 323 ZPO kann ein Urteil, das eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen zum Inhalt hat, auf Antrag abgeändert werden, wenn Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen oder der rechtlichen Verhältnisse ergibt. Gleiches gilt nach § 323a ZPO für die Abänderung von Vergleichen oder sonstigen Urkunden.
901
Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist gering, seitdem sich Verfahren über familienrechtliche Unterhaltsansprüche nicht mehr nach der ZPO richten, sondern nach dem FamFG. Zur Abänderung solcher Unterhaltstitel s. im FamFG-Teil das Stichwort „Abänderung“, Rn. 6600 ff.
902
Bedeutung haben die §§ 323, 323a ZPO daher jetzt insbesondere nur noch für Schadensersatzrenten, Schmerzensgeldrenten etc.
903
Bei der Streitwertfestsetzung ist in allen Fällen auf die Differenz der ausgeurteilten bzw. sich nach dem Vergleich ergebenden Leistung und der begehrten höheren oder geringeren Leistung abzustellen.
904
B. Zuständigkeitsstreitwert Für den Zuständigkeitsstreitwert gilt insoweit § 9 ZPO. Maßgebend ist der 3 1/2-fa- 905 che Jahreswert (= 42 Monate), soweit die Abänderung nicht für einen geringeren Zeitraum begehrt wird. Zu beachten ist, dass häufig, insbesondere bei Schadensersatzrenten nur eine be- 906 fristete jährliche Abänderung beantragt wird, weil sich die „Eckdaten“ jährlich ändern (Einkommensverhältnisse der Hinterbliebenen, anzurechnende Rente, Reduzierung des Zinsanteils bei zu berücksichtigenden Krediten, fiktive Gehaltserhöhung des Verletzten oder Getöteten etc.). Soweit also nur eine befristete jährliche Abänderung gefordert wird oder sich aus den Umständen ergibt, dass nach Ablauf eines Jahres wieder neu abgeändert werden soll, ist auch nur auf den Jahreswert der begehrten Abänderung abzustellen. Bei Einreichung fällige Abänderungsbeträge sind hinzuzurechnen.
907
Wird wechselseitig Abänderung verlangt, ist nach § 5 Hs. 2 ZPO nur der höhere Wert maßgebend.
907a
C. Gebührenstreitwert I. Gerichtsgebühren Für die Gerichtsgebühren richtet sich der Wert nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO, so dass das Gleiche gilt wie für den Zuständigkeitsstreitwert.
908
Soweit es sich bei der wiederkehrenden Leistung um eine Schadensersatzrente oder eine sonstige Rente handelt, ist jetzt ebenfalls für die zukünftigen Abänderungs-
909
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Abfindungsvergleich
ZPO
beträge auf § 9 ZPO abzustellen. Die bisherige Regelung des § 42 Abs. 2 GKG a.F., wonach für die Gerichtsgebühren abweichend vom Zuständigkeitsstreitwert der Fünfjahreszeitraum anzusetzen war, soweit die Abänderung nicht für einen geringeren Zeitraum verlangt wurde, ist mit dem 2. KostRMoG zum 1.8.2013 aufgehoben worden. Lediglich in Verfahren, die vor dem 1.8.2013 eingeleitet worden sind, kann noch der Fünfjahresbetrag des § 42 Abs. 2 GKG a.F. gelten. 910
Wird wechselseitig Abänderung verlangt, sind für den Gebührenstreitwert die Werte von Klage und Widerklage zusammenzurechnen. Es liegt nicht derselbe Streitgegenstand i.S.d. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG vor. Zwar schließen sich beide Abänderungsanträge wechselseitig aus; es liegen jedoch wirtschaftlich unterschiedliche Interessen zugrunde. Insoweit kann auf die Rechtsprechung zu wechselseitigen Abänderungsklagen in Familiensachen Bezug genommen werden. Siehe dazu im FamFG-Teil das Stichwort „Abänderung“, Rn. 6600 ff.
II. Anwaltsgebühren 910a
Für die Anwaltsgebühren gilt im gerichtlichen Verfahren das Gleiche wie für die Gerichtsgebühren (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG). Soweit der Anwalt außergerichtlich tätig wird, ist zu beachten, dass alle bis zur Beendigung der Angelegenheit fällig gewordenen Abänderungsbeträge dem Wert der zukünftigen Beträge hinzuzurechnen sind.1
Abfindungsvergleich Siehe das Stichwort „Vergleich“.
Abgabe einer Willenserklrung 911
Der Gebührenstreitwert für eine Klage mit dem Antrag, den Beklagten zur Abgabe einer Willenserklärung zu verurteilen, ist nach § 3 ZPO zu bewerten. Es kommt dabei darauf an, wie hoch das Interesse des Klägers an der antragsgemäßen Abgabe der Willenserklärung anzusetzen ist. Für die Bewertung ist wiederum das von dem Kläger verfolgte Ziel, der angestrebte Erfolg, maßgeblich.
912
Allgemeine Bemessungsregeln lassen sich nicht aufstellen; entscheidend ist die Einzelfallbetrachtung. Unter Umständen kann es sich anbieten, den Wert des Gegenstandes, auf den die Willenserklärung sich bezieht, nach der für ihn einschlägigen Norm zu bewerten und das Interesse hieran zu messen2. Führt beispielsweise die Abgabe der Willenserklärung mit Eintritt der Rechtskraft den Eigentumserwerb herbei, so wird das Interesse gleich dem Verkehrswert des Übereignungsgegenstandes sein.3 Bei der Bewertung wird daher stets im Vordergrund stehen, welcher Erfolg mit der Abgabe der Willenserklärung unmittelbar verbunden ist.4 – Mit der Klage auf Abschluss eines Mietvertrags wird ein Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung geltend gemacht, so dass auch hier die Streitwert1 OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.1.2002 – 3 U 3129/01, OLGR 2002, 248 = AGS 2002, 232; a.A. LG Stuttgart, Urt. v. 22.2.1978 – 13 S 60/77, AnwBl 1978, 234 = RuS 1978, 157. 2 OLG Bamberg, Beschl. v. 21.6.1993 – 8 W 28/93, JurBüro 1994, 361. 3 Vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 7.6.2002 – 9 W 5/02. 4 Vgl. KG, Beschl. v. 30.3.1992 – 2 W 1331/92, WM 1992, 323 = NJW-RR 1992, 1490.
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Abgabe einer Willenserklrung bemessung nach § 3 ZPO erfolgt. Abzustellen ist auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers am angestrebten Vertragsschluss. Dieses Interesse entspricht in der Regel der dreieinhalbfachen Netto-Jahresmiete zzgl. Umsatzsteuer.1 Der Wert des angestrebten Vertragsverhältnisses ergibt sich jedoch aus § 99 Abs. 1 GNotKG (fünffache Jahresmiete bei unbefristeten Verträgen, Miete der gesamten Laufzeit begrenzt auf maximal 20 Jahre bei befristeten Miet- und Pachtverträgen), so dass diese Regelungen vorrangig sein dürfte.2 – Bei einer Klage auf Zustimmung zur Rückabwicklung eines Kaufvertrags wird der Streitwert wirtschaftlich bestimmt durch den Wert des Grundstücks, den Grundstückskaufpreis sowie durch die Zinsen auf den gezahlten Kaufpreis, die als Nutzungen im Falle eines Rücktritts herauszugeben wären.3 – Erstrebt der schenkende Eigentümer eines Grundstücks vom beklagten Miteigentümer die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung zugunsten des Beschenkten, richtet sich der Streitwert nicht nach § 6 ZPO, sondern nach § 3 ZPO. Denn in einem derartigen Fall geht es nur mittelbar um das Eigentum an der Sache, primär jedoch um die Abgabe einer Willenserklärung. Das Interesse des Klägers richtet sich nach dem Interesse am Vollzug der Schenkung. Mangels anderer Anhaltspunkte kann dies im Interesse gesehen werden, einen Schadensersatzanspruch des Beschenkten zu vermeiden. Dabei ist der Wert des Geschenks zugrunde zu legen.4 Der negativen Feststellungsklage einer Aktiengesellschaft, dass sie nicht verpflichtet sei, den Beklagten Aktien zu einem bestimmten Nenn- und Kurswert anzubieten, entspricht als positives Gegenstück eine Leistungsklage der Beklagten gegen die Klägerin auf Abgabe einer Willenserklärung, die Aktien eben zu diesen Konditionen anzubieten. Auch hier ist nach § 3 ZPO zu bewerten; die Vorschrift des § 6 ZPO findet weder unmittelbar noch analog Anwendung. Fehlen objektive Anhaltspunkte für den wirklichen Kurswert der Aktien, so ist es gerechtfertigt, aus den gegensätzlichen Schätzungen der Parteien einen Mittelwert zu bilden. Von diesem ausgehend ist dann die in der Berühmung der Beklagten liegende Gewinnerwartung und das in der negativen Feststellungsklage ausdrückliche Abwehrinteresse der Klägerin zu berechnen und danach der Streitwert zu beziffern.5
913
Die Grenzziehung zu nicht zu berücksichtigenden lediglich mittelbaren Auswirkungen ist oftmals schwierig. So nimmt etwa das OLG Frankfurt6 an, bei der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages habe der Zusatzantrag auf Verurteilung zur Abgabe der Löschungsbewilligung für die Auflassungsvormerkung keinen besonderen Wert, da diese Verpflichtung eine selbstverständliche Folge der Vertragsnichtigkeit sei. Ebenso hat das OLG München entschieden.7 Das ist jedoch unzutreffend. Die Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrages hat grundbuchrechtlich noch keine Löschungsbewilligung zum Inhalt. Dazu ist vielmehr (s. § 29 GBO) eine zusätzliche formalisierte Willenserklärung des Beklagten erforderlich, zu deren Abgabe oder Ersetzung er gegen seinen Willen nur durch gerichtliches Urteil gezwungen werden kann. Dies rechtfertigt eine nach § 3 ZPO zu schätzende Werterhöhung.
914
1 Wohl h.M., vgl. OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 685; OLG Hamburg, MDR 1970, 333; OLG Bremen, Beschl. v. 29.1.1993 – 2 W 116/92; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.11.2009 – 8 W 348/09, AGS 2010, 195; Prütting/Gehrlein/Gehle, § 8 Rn. 8. 2 Zutreffend Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Teil 1, Kap. 4, Rn. 43. 3 BGH, Beschl. v. 21.2.2002 – II ZR 91/00, NJW-RR 2002, 823. 4 OLG Koblenz, Beschl. v. 25.10.2001 – 5 W 642/01, AGS 2002, 65 = ZMR 2002, 346. 5 OLG Köln, JurBüro 1971, 713 = KostRsp. § 3 ZPO Nr. 270. 6 OLG Frankfurt, AnwBl. 1982, 247. 7 OLG München, JurBüro 1984, 1235 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 706 mit Anm. E. Schneider.
Monschau
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Abgesonderte Befriedigung
ZPO
915
Ist das Ausscheiden eines Kommanditisten aus einer KG unstreitig und klagt der persönlich haftende Gesellschafter deshalb nur auf Verurteilung zur Mitwirkung bei der Anmeldung zum Handelsregister, dann handelt es sich um eine Leistungsklage auf Abgabe einer Willenserklärung. Sie ist nach § 3 ZPO zu bewerten. Maßgebend ist das Interesse des Klägers an der Offenlegung des wirklichen Beteiligungsverhältnisses nach außen.1
Abgesonderte Befriedigung 916
Der Wert eines Rechts auf abgesonderte Befriedigung aus §§ 49 ff. InsO bemisst sich nach der für Pfandrechte gültigen Regel des § 6 ZPO,2 die für den Gebührenstreitwert analog anzuwenden ist. Entscheidend ist also der Wert der Forderung des Gläubigers. Vorgehende Pfandrechte bleiben bei der Streitwertbemessung unberücksichtigt.3 Zinsen und Kosten sind Nebenforderungen.4
917
Ist das Recht auf abgesonderte Befriedigung als solches unstreitig, dann kann der Klageantrag darauf gerichtet werden, die Forderung zur Insolvenztabelle „für den Ausfall“ (§ 52 InsO) festzustellen. Ob und und in welchem Umfang der Ausfallgläubiger aus der Masse zu befriedigen ist, steht erst zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung des von dem Insolvenzverwalter veröffentlichten Schlussverzeichnisses fest.5 Für die Streitwertberechnung ist der voraussichtliche Ausfall zu schätzen und die nach § 182 InsO maßgebliche Quote nur von dem Teil der Forderung zu berechnen, der voraussichtlich durch das Recht auf abgesonderte Befriedigung nicht gedeckt ist.6
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Steht die Insolvenzquote noch nicht fest, ist sie zu schätzen. Ist mit einer Quote nicht zu rechnen, ergeben sich keine Besonderheiten, da dann die geringste Gebührenstufe anzusetzen ist.
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Für den Wert einer Klage auf Feststellung, dass ein Recht auf abgesonderte Befriedigung mangels Entstehung einer Grundschuld nicht begründet worden ist, kommt es darauf an, wegen welcher, wenn auch zunächst nur aufschiebend bedingt vorhandener Forderungen der Beklagte hätte gesichert werden sollen. Der Wert des gem. der Regel des § 6 ZPO damit zu vergleichenden Pfandgegenstandes ist gleich dem Verkehrswert des belasteten Grundstückes unter Nichtberücksichtigung der Vorbelastungen z.B. durch Grundpfandrechte.7
920
Nur auf den Wert des nach § 6 ZPO zu bemessenden höheren Anspruches ist auch abzustellen, wenn eine Insolvenzfeststellungsklage mit einer Klage auf Feststellung des Rechts auf abgesonderte Befriedigung verbunden wird.8 Auszugehen ist also regelmäßig von dem Streitwert des Rechts auf abgesonderte Befriedigung, der nach § 6 ZPO zu ermitteln ist.9 Dies gilt auch dann, wenn die Klage zwar formal auf Feststellung der Forderung zur Tabelle beschränkt ist, die gebotene interessengerechte Auslegung des Klagebegehrens jedoch ergibt, dass der Kläger wegen sei1 OLG Köln, DB 1971, 1055: 1/10 der Einlage. 2 RG, JW 1936, 281; RG, JW 1939, 498; OLG Karlsruhe, OLGE 35, 25; OLG Hamm, Beschl. v. 12.4.1984 – 2 W 5/84, JurBüro 1984, 1372 = ZIP 1984, 1258. 3 RG, JW 1939, 498; OLG Karlsruhe, OLGE 35, 25. 4 RGZ 7, 327. 5 BGH, Beschl. v. 3.5.2012 – V ZB 138/11, ZIP 2012, 2275. 6 RG, JW 1927, 848 Nr. 14; OLG Hamm, JurBüro 1984, 1372. 7 OLG Frankfurt, MDR 1956, 432. 8 OLG Hamm v. 12.4.1984 – 2 W 5/84, JurBüro 1984, 1372 = ZIP 1984, 1258. 9 OLG Hamm v. 12.4.1984 – 2 W 5/84, JurBüro 1984, 1372 = ZIP 1984, 1258.
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Monschau/Kurpat
Ablehnung von Richtern, Schiedsrichtern und Sachverstndigen ner Forderung abgesonderte Befriedigung verlangt.1 Dagegen ist § 182 InsO anzuwenden, wenn mit der Klage nur die Feststellung des Forderungsbetrages, nicht aber die des Absonderungsrechts begehrt wird.2
Ablehnung von Richtern, Schiedsrichtern und Sachverstndigen A. Notwendigkeit einer Festsetzung I. Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert Das Verfahren auf Ablehnung eines Richters (§§ 42 ff. ZPO) oder Sachverständigen (§§ 406 ff. ZPO) wegen Besorgnis der Befangenheit zählt prozessual zum Verfahren, so dass es einen Zuständigkeitsstreitwert nicht gibt. Eine Beschwerde, eine weitere Beschwerde oder eine Rechtsbeschwerde, so sie denn statthaft sind, setzen keine bestimmte Mindestbeschwer voraus, so dass auch insoweit eine Wertfestsetzung nicht in Betracht kommt.
921
II. Gerichtsgebühren Im Verfahren über die Ablehnung werden keine Gerichtsgebühren erhoben. Das Verfahren ist durch die jeweilige Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen mitabgegolten.
922
Im Beschwerdeverfahren können dagegen Gerichtsgebühren anfallen. Diese werden jedoch nicht nach dem Wert erhoben. Es handelt sich vielmehr um Festgebühren (Nr. 1812 KV GKG). Das Gleiche gilt im Rechtsbeschwerdeverfahren (Nrn. 1825, 1826, 1827 KV GKG).
923
Daher ist eine Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren nach § 63 GKG nicht nur überflüssig, sondern unzulässig.3
924
III. Anwaltsgebühren Die Tätigkeit des Anwalts im Verfahren auf Ablehnung eines Richters oder Sachverständigen zählt nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG mit zum Rechtszug. Soweit der Anwalt im zugrunde liegenden Verfahren bereits tätig ist, also die jeweilige Verfahrensgebühr des betreffenden Verfahrens bereits verdient hat (erstinstanzlich Nr. 3100 VV RVG, Berufungsverfahren Nr. 3200 VV RVG, Beschwerdeverfahren Nr. 3500 VV RVG, etc.), erhält er für die Tätigkeit im Verfahren über die Ablehnung keine gesonderte Vergütung, es sei denn, dass nur im Verfahren der Ablehnung eine Terminsgebühr entsteht. Dann wäre auch schon für das Ablehnungsverfahren nach § 33 RVG auf Antrag ein gesonderter Wert festzusetzen.
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Ist der Anwalt dagegen im zugrunde liegenden Verfahren nicht beauftragt, sondern wird er ausschließlich für die Ablehnung mandatiert, dann handelt es sich für ihn um eine Einzeltätigkeit, die nach Nr. 3403 VV RVG vergütet wird4 und ei-
926
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OLG Köln, Beschl. v. 11.12.2006 – 5 W 136/06 = OLGR 2007, 604. KG, OLGE 27, 14. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.3.2014 – 3 W 16/14, MDR 2014, 1171. Siehe AnwK-RVG/N. Schneider, Nr. 3403–3304 VV RVG Rn. 22.
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Ablehnung von Richtern, Schiedsrichtern und Sachverstndigen
ZPO
ne 0,8-Verfahrensgebühr auslöst. Diese Gebühr richtet sich nach dem Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 RVG), hier also nach dem Wert des Ablehnungsverfahrens. Dieser Gegenstandswert ist auf Antrag eines beteiligten Anwalts oder seines Mandanten im Verfahren nach § 33 RVG festzusetzen. 927
Das Beschwerdeverfahren löst für alle beteiligten Anwälte eine gesonderte Vergütung aus, da es sich nach §§ 15 Abs. 2, 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG um eine gesonderte Angelegenheit handelt, in der gesonderte Gebühren entstehen (Nrn. 3500 ff. VV RVG). Auch hier ist auf Antrag eines Anwalts oder eines Beteiligten der Wert wiederum im Verfahren nach § 33 RVG festzusetzen.
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Auch im Rechtsbeschwerdeverfahren erhält der Anwalt eine gesonderte Vergütung (§§ 17 Nr. 1, 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG) und zwar nach Nr. 3502 VV RVG. Je nach Umfang der Rechtsbeschwerde kann sich ein abweichender Wert ergeben, so dass eine gesonderte Wertfestsetzung nach § 33 RVG erforderlich sein kann. Das wäre etwa der Fall, wenn zunächst alle drei Richter einer Kammer abgelehnt worden sind und nach erfolgloser Beschwerde im Wege der Rechtsbeschwerde nur noch die Ablehnung eines Richters weiterverfolgt wird.
929
Soweit eine weitere Beschwerde in Betracht kommt, ist diese nach §§ 17 Nr. 1, 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG für den Anwalt wiederum eine gesonderte Angelegenheit. Es gilt dann das Gleiche wie im Beschwerdeverfahren.
IV. Kostenerstattung 930
Eine Kostenerstattung findet im Ablehnungsverfahren nicht statt. Im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren ist dagegen eine Kostenentscheidung zu treffen, aufgrund derer eine Kostenfestsetzung durchgeführt werden kann.1 Wird ein solcher Antrag gestellt und ist die Höhe des zugrunde liegenden Gegenstandswerts strittig, bedarf es zuvor einer Wertfestsetzung nach § 33 RVG. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist dann analog § 11 Abs. 4 RVG auszusetzen bis zum bestandskräftigen Abschluss des Wertfestsetzungsverfahrens.2
B. Gegenstandswert der Anwaltsgebühren I. Ablehnung eines Richters 931
Der Gegenstandswert in Verfahren auf Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit (§ 42 ZPO) war lange Zeit umstritten. Vertreten wurde der volle Hauptsachewert, ein Bruchteil oder auch die Annahme einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit. Zu den einzelnen Auffassungen wird auf die Vorauflage verwiesen. Die meisten Entscheidungen sind hier in Beschwerdeverfahren ergangen, da im Ausgangsverfahren über die Ablehnung in der Regel keine gesonderten Anwaltsgebühren entstehen und es einer Wertfestsetzung damit nicht bedarf (s. Rn. 101 ff.). Dennoch kann auf diese Entscheidungen auch für das Ablehnungsverfahren zurückgegriffen werden, da die Bewertungsgrundsätze die gleichen sind. Nach derzeit wohl einhelliger Auffassung ist der volle Wert der Hauptsache anzusetzen.3 1 BGH, Beschl. v. 6.4.2005 – V ZB 25/04, MDR 2005, 1016 = AGS 2005, 413. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.6.2010 – I-6 W 21/10, AGS 2010, 568. 3 So bereits BGH, Beschl. v. 17.1.1968 – IV ZB 3/68, JurBüro 1968, 525; bestätigt in Beschl. v. 21.12.2006 – IX ZB 60/06, MDR 2007, 669; ebenso OLG Bremen, Beschl. v. 3.6.2011 – 4 WF 156/10, MDR 2011, 1134 = AGS 2011, 513; OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.1.2006 – 4 W 33/05, AGS 2006, 299 = MDR 2006, 1079; OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.7.1999 – 1 W 9/99, OLGR 1999, 469; LG Dortmund, Beschl. v. 7.7.2014 – 11 T 34/14, AGS 2014, 417.
136
N. Schneider
Ablehnung von Richtern, Schiedsrichtern und Sachverstndigen Die Werte von Ablehnungsverfahren, Beschwerdeverfahren und Rechtsbeschwerdeverfahren werden in der Regel identisch sein. Abweichungen können sich nur ergeben, wenn im Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdeverfahren die Ablehnung nur noch in beschränktem Umfang geltend gemacht wird. Das wäre der Fall, wenn zunächst alle Richter einer Kammer abgelehnt werden, die Beschwerde sich aber nur noch auf einen oder zwei bezieht, weil die Ablehnung eines Richters erfolgreich war oder der Richter aus der Kammer ausgeschieden ist und sich damit das Ablehnungsgesuch erledigt hat.
932
Die Wertberechnung im Beschwerdeverfahren sowie in einem eventuellen Verfahren der weiteren Beschwerde richtet sich dagegen nach § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 RVG, wobei hier wiederum systemwidrig auf § 48 GKG und § 3 ZPO zurückgegriffen wird.
933
Im Verfahren der Rechtsbeschwerde dürfte zutreffenderweise auch auf § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 RVG zurückzugreifen sein.
934
II. Ablehnung eines Schiedsrichters Beim Schiedsrichter (§ 1032 ZPO) wurde die Rechtslage ebenso unterschiedlich beurteilt wie bei ordentlichen Richtern (siehe Vorauflage). Die Ausführungen zur Ablehnung eines Richters gelten hier entsprechend.
935
III. Ablehnung eines Sachverständigen Auch hier bestand die gleiche Kontroverse: Hauptsache, freie Schätzung nach § 3 ZPO oder Bewertung nach § 48 Abs. 2 GKG. Auch insoweit sei auf die Vorauflage verwiesen.
936
Seit der Grundsatzentscheidung des BGH1 dürfte die Diskussion um die Berechnungsmethode beendet sein. Der BGH hat ausdrücklich klargestellt, dass es sich nicht um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit i.S.d. § 48 Abs. 2 GKG handele und der Beschwerdewert daher gem. § 3 ZPO auf einen Bruchteil des Hauptsachewertes festzusetzen sei. Im konkreten Fall war der BGH von einem Drittel ausgegangen.
937
Zu berücksichtigen sei nur ein Teil des Hauptsachewerts, weil dies der eingeschränkten Bedeutung und Rolle des Sachverständigen im Prozess entspreche. Sein Gutachten bestimme nicht allein den Ausgang des Verfahrens, sondern diene dem Gericht lediglich als Entscheidungshilfe, indem es ihm die für die Entscheidung notwendigen Fachkenntnisse vermittle. Das Gericht wiederum sei an die Meinung des Sachverständigen nicht gebunden, sondern könne weitere Sachverständige beauftragen. Daran ändere es nichts, dass in vielen Verfahren, in denen es um spezielle und schwierige Fachfragen gehe, die Stellung des Sachverständigen so stark sein mag, dass das Gericht kaum umhin komme, seiner Auffassung zu folgen, weil dies an seiner nach dem Gesetz beschränkten Aufgabe nichts ändere. Die Entscheidung ist jedenfalls in ihrer Grundlage falsch, weil eine Anwendung des § 3 ZPO auf jeden Fall ausscheidet. Zu bewerten ist nämlich nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes nach § 23 Abs. 2 Satz 1 RVG, der auf § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG verweist. Hier findet sich allerdings eine dem § 3 ZPO vergleichbare Regelung, dass die Wertfestsetzung nach billligem Ermessen vorzuneh-
1 BGH, Beschl. v. 15.12.2003 – II ZB 32/03, AGS 2004, 159.
N. Schneider
137
Abnahme von Sachen
ZPO
men ist, so dass die Entscheidung des BGH, wenn auch mit anderer gesetzlicher Grundlage, zu berücksichtigen ist. Die Instanzrechtsprechung1 folgt dem BGH. 938–954 Einstweilen frei.
Abnahme von Sachen 955
Der Gebührenstreitwert der Klage auf Abnahme von Sachen ist nach § 3 ZPO zu schätzen; § 6 ZPO gilt nicht.2 Maßgeblich ist auf den Vorteil des Klägers an der Befreiung vom Besitz abzustellen,3 beispielsweise auf ersparte oder entgangene Lagerkosten.
956
Klagt eine Brauerei auf Feststellung der Verpflichtung zur Abnahme von Bier, das sie herstellt, dann ist bei der Schätzung nach § 3 ZPO nicht von der Gewinneinbuße, sondern von der Umsatzminderung auszugehen.4 In einem langfristigen Lieferungsvertrag über zehn Jahre mit einer jährlichen Abnahme von 63 Hektolitern hat das OLG Bamberg5 auf Umsatz und Gewinn abgestellt. Ein Zuschlag für das Brauereiinteresse an Umsatzstetigkeit ist vertretbar.6
957
Bei Lieferverträgen kann der Streit um die Abnahme nach dem Gewinn des Käufers bemessen werden.7
957a
Richtet sich das Interesse des Klägers auf die Abwehr eines Abnahmeverlangens für ein Kraftfahrzeug, ist als Streitwert ein Bruchteil des Kaufpreises anzunehmen, solange der Kaufpreis nicht geltend gemacht wird.8
958
Wird zugleich auf Zahlung des Kaufpreises geklagt, dann ist der Kaufpreis wertbestimmend.9 In diesem Fall lässt sich aber nicht grundsätzlich sagen, es sei nur der Zahlungsanspruch zu berücksichtigen.10 Die Titulierung der Abnahmeverpflichtung des Käufers ist wirtschaftlich nicht identisch mit der Titulierung der Zahlungspflicht. Im Gegenteil kann der Verkäufer ein erhebliches Interesse daran haben, die Abnahme zu erzwingen, etwa um seine Lagerräume freizubekommen oder keine Vorsorge gegen Diebstahl oder Beschädigung mehr treffen zu müssen.11
1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.10.2008 – 5 W 41/08, BauR 2009, 552; OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.7.2008 – 11 W 24/08, NJW-Spezial 2008, 686; OLG Naumburg, Beschl. v. 26.10.2011 – 10 W 21/11, BauR 2012, 843. 2 BGH, Beschl. v. 11.7.1980 – VIII ZR 107/80, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 499; KG, JurBüro 1960, 166; OLG Stuttgart, Rpfleger 1964, 162; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Abnahme“, S. 28. 3 OLG Stuttgart v. 18.6.1959 – 8 W 132/59, Rpfleger 1964, 162; AG Osnabrück, Beschl. v. 30.10.2000 – 6 C 219/00, JurBüro 2001, 144. 4 OLG Neustadt, MDR 1962, 413. 5 OLG Bamberg, Beschl. v. 14.7.1977 – 3 W 22/77, MDR 1977, 935. 6 OLG Braunschweig, JurBüro 1979, 436. 7 OLG Stuttgart v. 18.6.1959 – 8 W 132/59, Rpfleger 1964, 162. 8 AG Osnabrück, Urt. v. 30.10.2000 – 6 C 219/00. 9 KG, JurBüro 1960, 169; Rpfleger 1962, 154. 10 So Stein/Jonas/Roth, § 5 Rn. 9; Wieczorek/Gamp, ZPO, § 5 Rn. 16; Thomas/Putzo, ZPO, § 5 Rn. 8. 11 BGH, Beschl. v. 11.7.1980 – VIII ZR 107/80, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 499; RG, RGZ 57, 400.
138
N. Schneider/Monschau
Abtretung Für die Bemessung des Rechtsmittelstreitwertes einer Berufung gegen eine Verurteilung auf Abnahme einer Kaufsache, ist nicht deren Kaufpreis, sondern das Interesse des Beklagten an ersparten Aufwendungen maßgeblich.1
959
Abrechnung Siehe das Stichwort „Rechnungslegung“.
Abschluss von Vertrgen Siehe das Stichwort „Vertragsabschluss“.
Abtretung A. Zuständigkeitsstreitwert Für den Anspruch auf Abtretung einer Geldforderung oder eines (Grund-)Pfandrechts oder anderer Forderungen und Rechte gilt § 6 ZPO. Der Streitwert einer Klage auf Verurteilung zur Abtretung einer Forderung bestimmt sich nach dem Betrag der abzutretenden Forderung.2
960
Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen oder Rechte, die zu wiederkehrenden Leistungen berechtigen, geht § 9 ZPO vor.
961
Zinsen bleiben gem. § 4 ZPO außer Ansatz.
962
Bei der Klage eines Erben gegen einen Miterben auf Abtretung einer Nachlassforderung kann sich der Streitwert um einen Betrag der Forderung in Höhe des Miterbenanteils des Beklagten vermindern.3
963
Bei einem Rechtsstreit über die Abtretung einer Hypothek ist der Wert des Streitgegenstandes gem. § 6 ZPO nach dem Nennwert der Hypothek zu bestimmen und nicht nach dem Betrag der zu sichernden Forderung, deren Zahlung zwischen den Parteien streitig ist. Denn die im Grundbuch eingetragene Hypothek hindert den Eigentümer daran, die von der Hypothek eingenommene Rangstelle zu nutzen, z.B. durch Aufnahme eines Kredits.4
964
Ist die Hypothek dem Kläger bereits verpfändet, dann ist ein geringerer Wert anzusetzen, der nach § 3 ZPO zu schätzen ist.5
965
1 LG Saarbrücken, Beschl. v. 14.5.2013 – 13 S 171/12: voraussichtliche Mehrkosten für Anmietung bzw. Transport aufgrund Abnahmeverpflichtung; Prütting/Gehrlein/Gehle, § 3 Rn. 33. 2 BGH, Beschl. v. 16.7.1997 – IV ZR 166/97, NJW-RR 1997, 1562 (zum Rechtsmittelstreitwert). 3 Siehe näher dazu E. Schneider, JurBüro 1977, 433 und das Stichwort „Miterbe“, Rn. 4055 ff. 4 OLG Köln, Beschl. v. 30.10.1968 – 9 W 83/68, JMBl.NW 1969, 274. 5 OLG Kiel, OLGE 31, 5.
Monschau
139
Abtretung Für eine Klage auf Abtretung eines wertlosen Grundpfandrechts sind bei der Streitwertbemessung vorgehende Belastungen und Vorpfändungen abzusetzen, weil andernfalls grob unbillige Ergebnisse auftreten könnten. Das Bedenken, der Streitwert könne dann auf Null herabsinken, ist nur formaler Natur; den Streitwert „0“ (nicht zu verwechseln mit fehlender [Null-]Beschwer) gibt es nämlich nicht, sondern nur die unterste Gebührenstufe. Es erscheint richtig und geboten, in solchen Fällen entsprechend der Übung im kaufmännischen Bereich nur einen sog. Erinnerungswert anzusetzen.1
967
Die Klage auf Übertragung des Anteils an einer GmbH richtet sich nicht nach dem Nominalwert des Geschäftsanteils, sondern nach dem Verkehrswert.2 Die Ermittlung des Wertes ist schwieriger als bei Anteilen einer AG, da Aktien an der Börse gehandelt werden und einen Kurswert haben. Sie ist aber dadurch nicht ausgeschlossen und kann je nach der wirtschaftlichen Situation der GmbH unter oder über dem Nominalwert des Anteils liegen. Es ist jedoch kein Aufschlag wegen des Gewinnbezugsrechts zu machen, da dieses Bestandteil des Gesellschaftsanteils und damit bereits ausschlaggebender Faktor bei der Verkehrswertermittlung ist.
ZPO
966
B. Gebührenstreitwert 968
Für den Gebührenstreitwert gilt über § 23 Abs. 1 RVG, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zunächst einmal der Zuständigkeitsstreitwert.
969
Soweit das GKG allerdings abweichende Bewertungsvorschriften enthält, und diese von ihrer Zielsetzung auch auf den Abtretungsstreit übertragbar sind, ist deren Wert zu beachten. So kann z.B. bei einem Streit über die Abtretung von zukünftigen Unterhaltsansprüchen § 42 GKG anzuwenden sein, oder bei einem Streit über die Abtretung eines Räumungsanspruchs § 41 GKG.
970
Inkonsequent und unzutreffend ist die Entscheidung des OLG Karlsruhe,3 wonach zwar für den Zuständigkeitsstreitwert auf § 6 ZPO abzustellen sei, für den Gebührenstreitwert nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG jedoch auf die Vorschrift des § 3 ZPO; der Gebührenstreitwert solle sich nach dem zu schätzenden wirtschaftlichen Interesse des Klägers richten, wenn die Werthaltigkeit der Forderung nach dem Klagevortrag zweifelhaft sei. Wenn sich die Risiken einer Durchsetzung der Forderung nicht ohne Weiteres abschätzen ließen, solle im Zweifel die Streitwertangabe in der Klageschrift maßgebend sein. In dem entschiedenen Fall belief sich die abzutretende Forderung auf 400 000 DM zzgl. Umsatzsteuer (204 516,75 Euro). Der Kläger hätte lediglich einen Gegenstandswert von 6000 Euro angegeben, weil die Durchsetzung der Forderung zweifelhaft war. Diesen Wert hatte das OLG festgesetzt.
971
Man kann sicherlich darüber diskutieren, ob infolge der voraussichtlichen Wertlosigkeit der Forderung ein Abschlag vorzunehmen ist. Das muss aber dann sowohl für den Zuständigkeits- als auch für den Gebührenstreitwert gelten, da § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG ausdrücklich auf die Wertvorschriften für die Zuständigkeit Bezug nimmt. Eine Differenzierung zwischen Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert ist nur dort möglich, wo für den Gebührenstreitwert gesonderte Vorschriften enthalten sind (also z.B. in den §§ 41, 42 GKG). Soweit jedoch auf den
1 OLG Köln, Beschl. v. 20.2.1969 – 14 W 58/69, JurBüro 1969, 632 mit Anm. E. Schneider. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.12.1979 – 17 W 35/79, JurBüro 1980, 606 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 469; ebenso Riedel, JurBüro 1962, 255. 3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.12.2005 – 15 W 43/05, RVG-Letter 2006, 35.
140
Monschau
Akkreditiv Zuständigkeitsstreitwert verwiesen wird, können sich hier keine Bewertungsunterschiede ergeben. Im Grundsatz lässt sich festhalten, dass das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Erwerb der Forderung maßgeblich ist, das wiederum nach den hierfür einschlägigen Vorschriften der §§ 3 bis 9 ZPO zu bewerten ist.1
971a
Bei Geldforderungen orientiert sich der Streitwert regelmäßig gem. § 6 Satz 1 ZPO am Nennwert der abzutretenden Forderung. Ist die Werthaltigkeit der Forderung aber zweifelhaft, ist eine Ausnahme von diesem Nennwertprinzip geboten, da nur die Abtretung, nicht jedoch die Erfüllung erstrebt ist.2
971b
Adhsionsverfahren § 403 StPO eröffnet dem Geschädigten mit Zustimmung des Gerichts die Möglichkeit, ihm aufgrund der Straftat zustehende Ersatzansprüche, die zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehören und noch nicht anderweitig anhängig sind, im Strafverfahren gegenüber dem Angeklagten geltendzumachen.
971c
Dabei bestimmt sich der Gebührenstreitwert für die Gerichtskosten (Nr. 3700 KV GKG) nach dem Wert des zuerkannten Anspruchs, weil nur insoweit eine rechtskräftige Entscheidung ergeht.3 Der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren (§ 23 Abs. 1 RVG) richtet sich demgegenüber nach dem Wert des Streitgegenstandes.4 Maßgeblich ist bei einem bezifferten Adhäsionsantrag der geltend gemachte Betrag.5
Akkreditiv Das Akkreditiv ist ein selbständiges Schuldversprechen i.S.v. § 780 Satz 1 BGB, welches eine Bank dem Verkäufer auf Anweisung des Käufers erteilt. Durch das Akkreditiv verpflichtet sich die Bank in eigenem Namen und für Rechnung des Auftraggebers gegenüber dessen Vertragspartner, die im Akkreditiv versprochene Leistung zu erbringen. Es dient einerseits der Zahlungsvermittlung im Außenhandel. Zugleich sichert es sowohl die Kaufpreisforderung des Verkäufers als auch den Verschaffungsanspruch des Käufers.
972
Für die anwaltliche Tätigkeit bei der Beschaffung eines Akkreditivs ist dessen Betrag gleich dem Streitwert.6 Denn nach § 23 Abs. 3 Satz 1 RVG ist die Vorschrift des § 53 GNotKG auf den Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren entsprechend anwendbar. Nach § 53 Abs. 2 GNotKG bestimmt sich der Wert eines Pfandrechts oder der sonstigen Sicherstellung einer Forderung durch Bürgschaft, Siche-
972a
1 BGH, Beschl. v. 16.7.1997 – IV ZR 166/97, NJW-RR 1997, 1562; OLG München, Beschl. v. 28.2.1977 – 5 W 871/77, RPfleger 1977, 176 = FamRZ 1977, 397. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.12.2005 – 15 W 43/05, JurBüro 2006, 201 = AGS 2006, 512 m. Anm. N. Schneider. 3 OLG Celle, Beschl. v. 19.2.2014 – 2 Ws 19/14; Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, KV-GKG Nr. 3700 Rn. 1. 4 OLG Celle, Beschl. v. 19.2.2014 – 2 Ws 19/14; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.2.2011 – 1 Ws 80/11, NStZ-RR 2011, 390; LG Magdeburg, Beschl. v. 12.7.2013 – 24 Qs 65/13; Hartmann, KostG, 4143 VV-RVG Rn. 13. 5 OLG Celle, Beschl. v. 19.2.2014 – 2 Ws 19/14. 6 BGH, Urt. v. 5.3.1992 – IX ZR 117/91, MDR 1992, 616 = NJW 1992, 1990.
Monschau/Kurpat/Noethen
141
Aktien
ZPO
rungsübereignung oder dergleichen nach dem Betrag der Forderung, sofern nicht der als Pfand oder Sicherung dienende Gegenstand einen geringeren Wert hat. Da ein Akkreditiv der Sicherstellung einer Forderung dient, ist § 53 Abs. 2 GNotKG einschlägig. 972b Die gleiche Berechnung gilt für den Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert bei einem Streit über die Inanspruchnahme der Bank aus dem Akkreditiv. Auch hier ist gem. § 6 ZPO (i.V.m. § 48 Abs. 1 GKG) der Betrag des Akkreditivs maßgeblich.
Aktien Siehe das Stichwort „Wertpapiere“.
Allgemeine Geschftsbedingungen A. Einleitung 973
Im Bereich der Rechtsstreitigkeiten über Allgemeine Geschäftsbedingungen ist zwischen Klagen nach dem Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) und sonstigen Klagen zu unterscheiden. Nach § 1 UKlaG kann der Verwender bzw. Empfehler von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind, auf Unterlassung und – im Falle des Empfehlens – auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden. Anspruchsberechtigt sind nach § 3 UKlaG die sog. qualifizierten Einrichtungen, die rechtsfähigen Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen sowie die Industrie-, Handels- und Handwerkskammern. Daneben kann auch in Individualprozessen über die Wirksamkeit von Klauseln aus Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestritten werden, beispielsweise weil aus einer Klausel bestimmte Rechte oder Ansprüche hergeleitet werden und nunmehr ihre Wirksamkeit gerichtlich überprüft werden muss.
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Individualklagen 974
Individualprozesse oder Streitigkeiten eines Verwenders gegen einen Dritten, der die Geltung einer Klausel öffentlich anzweifelt, unterliegen ohne die Beschränkung des § 48 Abs. 1 Satz 2 GKG den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen. Entscheidend für die Bestimmung des Zuständigkeits- und Gebührenstreitwerts nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG ist das Interesse des Klägers an der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der betreffenden Klausel.
II. Klagen nach dem Unterlassungsklagegesetz 975
Bei Klagen nach dem Unterlassungsklagegesetz bedarf es keiner Festsetzung eines Zuständigkeitsstreitwerts, weil nach § 6 Abs. 1 UKlaG für Klagen nach diesem Gesetz das Landgericht am Ort der Niederlassung bzw. des Wohnsitzes des Beklagten ausschließlich zuständig ist.
142
Noethen
Allgemeine Geschftsbedingungen Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts erfolgt im Einzelfall gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO nach freiem Ermessen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Kläger die Interessen seiner Mitglieder an der Aufrechterhaltung eines redlichen Geschäftsverkehrs und lauteren Wettbewerbs vertritt. Das wirkt sich auf die Höhe des Streitwertes aus, denn es macht einen Unterschied, ob ein Zivilprozess zwischen dem Käufer und Verkäufer über die Geltung einer konkreten Vertragsklausel geführt wird, oder ob einem Unternehmer schlechthin die Verwendung bestimmter AGB-Klauseln untersagt werden soll. 1. Grundsätze der Streitwertbestimmung Entscheidend für die Wertfestsetzung ist ausschließlich das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der gesetzwidrigen Klausel. Das Interesse des Beklagten an der Feststellung der Wirksamkeit der Klausel und die wirtschaftliche Bedeutung des Verbotes, bestimmte Klauseln zu verwenden, müssen dagegen außer Betracht bleiben, um die Verbraucherschutzverbände, die im Interesse der Allgemeinheit Prozesse führen, vor Kostenrisiken möglichst zu schützen.1
976
Der Streitwert darf 250 000 Euro nicht übersteigen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 GKG). Da 977 mit der Streitwertbegrenzung in § 48 Abs. 1 Satz 2 GKG die früheren Vorschriften (§ 22 AGBG bzw. § 12 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F.) inhaltsgleich übernommen wurden, kann auch auf die Rechtsprechung zum AGBG noch zurückgegriffen werden. Der Streitwert muss also im Einzelfall in Relation zum möglichen Höchstwert beziffert werden. Nach § 5 UKlaG ist die Vorschrift des § 12 Abs. 4 UWG auf Verfahren nach dem Unterlassungsklagegesetz entsprechend anwendbar. Die wettbewerbsrechtliche Streitwertbegünstigung, wonach es bei der Bemessung des Streitwerts wertmindernd zu berücksichtigen ist, wenn die Sache nach Art und Umfang einfach gelagert ist oder wenn die Belastung einer Partei mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert nicht tragbar erscheint,2 kommt also auch den Anspruchsberechtigten nach § 3 UKlaG zugute.
978
2. Regelstreitwerte Die Rechtsprechung bemüht sich, schon der besseren Handhabung der Fälle in der täglichen Praxis wegen, um Regelstreitwerte.3
979
– Das OLG Stuttgart4 hat sich für einen Regelstreitwert von (umgerechnet) 1000 bis 1500 Euro für jede beanstandete Klausel ausgesprochen. – Die Oberlandesgerichte Frankfurt,5 Oldenburg,6 München7 und Naumburg8 nehmen (umgerechnet) 1500 bis 2500 Euro an.9
980
1 BGH, Beschl. v. 6.3.2013 – IV ZR 211/11; Beschl. v. 8.9.2011 – III ZR 229/10; Beschl. v. 17.9.2003 – IV ZR 83/03, NJW-RR 2003, 1694; Beschl. v. 18.7.2000 – VIII ZR 12/00, NJWRR 2001, 352; Beschl. v. 15.4.1998 – VIII ZR 317/97, NJW-RR 1998, 1465; Beschl. v. 26.3.1997 – III ZR 296/96, BGHR ZPO § 3 Unterlassungsklage 3; Urt. v. 4.7.1990 – VIII ZR 288/89, KostRsp. AGBG § 22 Nr. 2. 2 Vgl. dazu das Stichwort „Gewerblicher Rechtsschutz“. 3 Kritisch gegen die Annahme von Regelstreitwerten: OLG Hamm, KostRsp. AGBG § 22 Nr. 1 mit Anm. Schneider = JurBüro 1986, 1558. 4 OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.2.1997 – 2 W 6/97, NJW-RR 1997, 891. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.5.1993 – 6 W 46/93, OLGR 1993, 256. 6 OLG Oldenburg, Beschl. v. 10.12.1998 – 1 U 126/98, Nds.Rpfl. 1999, 128. 7 OLG München, Beschl. v. 26.9.1997 – 29 W 2633/97, WuM 1997, 613. 8 OLG Naumburg, Beschl. v. 7.12.1994 – 4 W 150/94, WuM 1995, 547. 9 Ablehnend OLG Celle, Beschl. v. 14.10.1994 – 13 U 78/94, NJW 1995, 890.
Noethen
143
ZPO
Allgemeine Geschftsbedingungen – Ein höherer Wert als 2500 Euro kommt nur in Betracht, wenn die beanstandete Klausel für ganze Wirtschaftszweige von grundlegender Bedeutung oder ein Großunternehmen betroffen ist. 981
Der BGH1 hat in früheren Entscheidungen einen Regelwert von (umgerechnet) 1500 Euro pro Klausel zugrunde gelegt – ist jedoch der ebenfalls vertretenen Einschätzung von (umgerechnet) regelmäßig 5000 Euro je Klausel zunächst nicht entgegengetreten.2 Später hat er klargestellt, dass eine Obergrenze von 2500 Euro pro Klausel nicht überschritten werden sollte3 und zuletzt eine Festsetzung auf 2500 Euro als ständige Rechtsprechung bezeichnet.4
982
Vorbehaltlich der jeweiligen Umstände des Einzelfalls wird man also von einem Ausgangswert von 1500 bis 2500 Euro pro angegriffener Klausel ausgehen können.
C. Rechtsmittel und Beschwer 983
Während es bei der Bestimmung der Beschwer üblicherweise – und so auch bei den Individualklagen gegen vermeintlich unwirksame Klauseln – auf die Person des Rechtsmittelführers und die Frage ankommt, in welchem Umfang er durch das angegriffene Urteil beschwert ist, wird dies bei den Verbandsklagen abweichend gehandhabt. Im Hinblick darauf, dass die Anspruchsberechtigten nach dem UKlaG bei ihren Klagen die Interessen der Allgemeinheit wahrnehmen und sie damit vor Kostenrisiken möglichst geschützt werden sollen, räumt der BGH5 der wirtschaftlichen Bedeutung des Klauselverbotes für den verurteilten Beklagten keine ausschlaggebende Bedeutung ein. Ebenso wie bei der Wertfestsetzung in erster Instanz kann daher im Rahmen der Rechtsmittel von Anspruchsberechtigten nach dem UKlaG von einem Regelstreitwert von 1500 Euro bis 2500 Euro pro Klausel ausgegangen werden.
D. Einzelfälle aus der Rechtsprechung 984
Nachstehend ein Überblick, der Anhaltspunkte für die Bestimmung im Einzelfall geben soll, wobei das jeweilige Alter der Entscheidung zu berücksichtigen ist. Im Sinne einer übersichtlichen Darstellung sind DM-Beträge der älteren Entscheidungen bereits umgerechnet: 1000 Euro – Gerichtsstandsklausel eines Handwerksbetriebes, dessen Auftraggeber überwiegend in der Nähe wohnen, so dass ein anderer als der in der Klausel vorgesehene Gerichtsstand ohnehin nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommt;6 – Regelwert pro Klausel bei einem mittelständischen Betrieb durchschnittlicher Größe;7
1 2 3 4
BGH, Beschl. v. 18.7.2000 – VIII ZR 12/00, NJW-RR 2001, 352. BGH, Beschl. v. 15.4.1998 – VIII ZR 317/97, NJW-RR 1998, 1465. BGH, Beschl. v. 28.9.2006 – III ZR 33/06, NJW-RR 2007, 497. BGH, Beschl. v. 6.3.2013 – IV ZR 211/11; vgl. auch Beschl. v. 8.9.2011 – III ZR 229/10 („unter Berücksichtigung ihrer hohen Verwendungshäufigkeit“). 5 BGH, Beschl. v. 6.3.2013 – IV ZR 211/11; Beschl. v. 8.9.2011 – III ZR 229/10; Beschl. v. 18.7.2000 – VIII ZR 12/00, NJW-RR 2001, 352. 6 OLG Stuttgart, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 665 = WRP 1984, 112. 7 OLG Karlsruhe, Bunte, Bd. 1 § 22 Nr. 8.
144
Noethen
Allgemeine Geschftsbedingungen – Beschwer im Berufungsverfahren für zwei vorinstanzlich auf ihren zulässigen Inhalt reduzierte Klauseln.1 1500 Euro – Bauvertragsklausel im Berufungsverfahren;2 – Wert pro beanstandeter Klausel für eine Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzverbandes gegen einen Verwender;3 – Wert pro beanstandeter Klausel, wenn lediglich die etwa mittlere Größe des Betriebes des Beklagten und der Umstand zu berücksichtigen sind, dass als Käufer und Betroffene nur Motorradfahrer und damit ein verhältnismäßig kleiner Teil der Allgemeinheit in Betracht kommen;4 – Klausel im Formularmietvertrag, die Pflichten des Mieters von nur untergeordneter Bedeutung betraf.5 2000 Euro – Wert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen eine unzutreffende Widerrufsbelehrung im Internethandel (pro Fehler anzusetzen).6 2500 Euro – Regelbewertung für jede beanstandete Klausel;7 – Regelbewertung im einstweiligen Verfügungsverfahren gegen Betriebe mittlerer Größe;8 – Klausel in einem Formularmietvertrag über Wohnraum;9 – Verwendungsverbot einer beanstandeten Bauvertragsklausel auch im nichtkaufmännischen Geschäftsverkehr;10 – Lieferfristklausel, Abnahmeverzugsklausel und Gewährleistungsklausel in den AGB eines Möbelhändlers für jede Klausel;11 – Regelbewertung bei Verbandsklage mit regionaler Auswirkung oder bei mittelständischem Unternehmen.12 3000 Euro – Richtwert für einstweilige Verfügungsverfahren in Wettbewerbssachen, in denen die Verwendung einer nicht den Anforderungen der §§ 312a Abs. 1 Satz 1, 355 Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechenden Widerrufsbelehrung untersagt werden soll.13 5000 Euro – Einstweiliges Verfügungsverfahren über die Klausel eines Internethändlers, die in der Widerrufsbelehrung eine Regelung über Rücksendekosten enthält;14
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
OLG Karlsruhe, Bunte, Bd. 3 § 22 Nr. 2. OLG Karlsruhe, Bunte, Bd. 3 § 22 Nrn. 1, 2. OLG Hamm, KostRsp. AGBG § 22 Nr. 1 mit Anm. Schneider = JurBüro 1986, 1558. OLG Düsseldorf, Bunte, Bd. 1 § 22 Nr. 4. BGH, Beschl. v. 15.4.1998 – VIII ZR 317/97, NJW-RR 1998, 1465. OLG Naumburg, Beschl. v. 18.7.2007 – 10 W 37/07, JurBüro 2008, 149. OLG Stuttgart, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 665 = WRP 1984, 112. LG Rottweil, Bunte, Bd. 1 § 22 Nr. 9. OLG München, Beschl. v. 26.9.1997 – 29 W 2633/97, KostRsp. GKG § 12 Nr. 183 = WuM 1997, 613; Beschl. v. 8.9.1997 – 7 O 18843/96, NJW-RR 1998, 417. OLG Karlsruhe, Bunte, Bd. 3 § 22 Nrn. 1, 2. OLG Stuttgart, Bunte, Bd. 1 § 22 Nr. 7. OLG Oldenburg, Beschl. v. 10.12.1998 – 1 U 126/98, OLGR 1999, 96. OLG Celle, Beschl. v. 19.11.2007 – 13 W 112/07, OLGR 2008, 309 = AGS 2008, 250. OLG Hamburg, Beschl. v. 17.2.2010 – 5 W 10/10.
Noethen
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ZPO
Altenteil – Beschwer eines Versicherers, eine Klausel zu verwenden, welche die Erstattung der Aufwendungen für ambulante psychotherapeutische Behandlungen beschränkt.1 5500 Euro – Streit über Klausel einer Sparkasse bzgl. Entgelte, Kosten und Auslagen.2 7500 Euro – Beschwer eines Mobilfunkunternehmens, eine Klausel zum Verfall des Restguthabens in einem bestimmten „Zeitfenster“ nicht mehr zu verwenden.3 10 000 Euro – Gewährleistungsausschluss einer Handelsgesellschaft, die zwar kein Großbetrieb ist, deren wirtschaftliche Bedeutung jedoch nicht als gering eingeschätzt werden kann.4 25 000 Euro – Streit über die Empfehlung der Klausel „Änderungen des Umsatzsteuergesetzes berechtigen beide Teile zur entsprechenden Preisanpassung“;5 – Klauselverbot, das beim Verwender zu Zinsverlusten in siebenstelliger Höhe führen kann, da dem Verwender nicht durch eine Wertfestsetzung unterhalb der Revisionssumme die Möglichkeit der dritten Instanz genommen werden darf;6 – Unterlassung der Verwendung einer Klausel zur Kostenminderungsobliegenheit in AGB (hier: ARB) bei entsprechender Streitwertangabe des klagenden Verbraucherverbandes.7 50 000 Euro – Streit über die Empfehlung der Klausel „Änderungen des Umsatzsteuergesetzes berechtigen beide Teile zur entsprechenden Preisanpassung“.8 150 000 Euro – Streit über die erfolgsunabhängigen Zahlungsverpflichtungen in Ehemäklerverträgen.9 250 000 Euro – Streit über Klausel hinsichtlich Abschlussgebühr in einem Bausparvertrag.10
Altenteil Literatur: Bink, JurBüro 1962, 654; Schneider, MDR 1977, 270 (Bewertung bei hochbetagten Personen). 1 BGH, Beschl. v. 17.9.2003 – IV ZR 83/03, NJW-RR 2003, 1694. 2 OLG Nürnberg, Urt. v. 29.1.2008 – 3 U 1887/07, OLGR 2008, 607 = ZIP 2008, 1958. 3 BGH, Beschl. v. 18.7.2000 – VIII ZR 12/00, NJW-RR 2001, 352 – den Gründen lässt sich entnehmen, dass der Senat selbst den Wert wohl deutlich niedriger angesetzt hätte. 4 OLG Karlsruhe, Bunte, Bd. 1 § 22 Nr. 5. 5 OLG Köln, Bunte, Bd. 1 § 11 Nr. 1 AGBG Nr. 5; OLG Frankfurt, BB 1979, 703 = NJW 1979, 985 hat dafür 100 000 DM festgesetzt. 6 BGH, Beschl. v. 30.4.1991 – XI ZR 298/90, NJW-RR 1991, 1074. 7 OLG Schleswig, Beschl. v. 18.4.2012 – 2 U 6/11, r + s 2013, 208. 8 OLG Frankfurt, BB 1979, 703 = NJW 1979, 985; OLG Köln, Bunte, Bd. 1 § 11 Nr. 1 AGBG Nr. 5, hat dafür 50 000 DM angesetzt. 9 OLG Hamburg, Urt. v. 2.11.1978 – 10 U 31/78, MDR 1979, 314. 10 OLG Stuttgart, Urt. v. 3.12.2009 – 2 U 30/09, ZIP 2010, 74.
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Noethen/Monschau
Androhung von Ordnungsmitteln Das Altenteil ist eine vor allem bei bäuerlichen Hofüberlassungen übliche, meist vertragliche Vereinbarung, durch die der bisherige Eigentümer dem Übernehmer Herrschaft und Eigentum an dem landwirtschaftlichen Betrieb überträgt und sich zugleich zur Sicherung des Lebensunterhalts fortdauernde Leistungen aus dem Grundstück, eine Wohnung auf dem Hof, Dienstleistungen oder laufende Geldleistungen zusichern lässt. Altenteilsverträge haben obligatorische Bedeutung, verpflichten aber Übernehmer zur Verschaffung eines dinglichen Rechts in Form einer Reallast oder beschränkt-persönlichen Dienstbarkeit.
985
Wohnrechte sind nach § 3 ZPO zu bemessen.
986
Das Altenteil ist eine „wiederkehrende Leistung“ i.S.d. §§ 100, 241 ff. BGB und daher nach § 9 ZPO zu bewerten. Bezifferte Einzelbeträge sind mit dem Nennbetrag zu bewerten. Das gilt auch für die Leibrente, die keinen Anspruch auf gesetzlichen Unterhalt darstellt.1
987
Der Streitwert der Sicherung eines Altenteilsrechts ist nach § 6 ZPO gleich dem Betrag (Wert) der zu sichernden Forderung. Soweit für die Gebührenerhebung der Wert einer vertraglich vereinbarten Altenteilsforderung nicht nach § 9 ZPO, sondern nach § 42 Abs. 1 GKG zu berechnen ist, weil sie sich im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltspflicht hält, ist dieser Wert auch für die Sicherung maßgebend.2
988
Der Streitwert einer Klage auf Zahlung einer Geldrente bei Aufgabe des Grundstücks wegen Unzumutbarkeit aus Art. 15 § 9 Preußisches Ausführungsgesetz zum BGB ist nach § 3 ZPO zu schätzen, wobei das Interesse an der Änderung maßgebend ist.3
989
Werden Altenteilleistungen nicht ordnungsgemäß erbracht und verlangt der Berechtigte Entschädigung durch Zahlung einer Unterhaltsrente, so bemisst sich der Streitwert nicht mehr nach § 3 ZPO, sondern nach § 9 ZPO.4
990
Für die Frage, ob wegen des hohen Alters des Altenteilers eine Ermäßigung statthaft ist, ist entscheidend, ob die verlangten Leistungen noch eine dem § 9 ZPO entsprechende Dauer haben können oder ob eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit dagegen spricht.5 Die Tatsache, dass die Berechtigte 79 Jahre alt ist, soll es beispielsweise noch nicht rechtfertigen, an Stelle des 12 1/2-fachen Betrages des Jahreswertes gem. § 9 ZPO als Gegenstandswert einen geringeren Wert festzusetzen.6 Die Entscheidung erging zu § 9 ZPO a.F. Nach § 9 ZPO i.d.F. des RPflEntlG 1993 gilt nur noch der 3 1/2-fache Jahreswert. Damit wird sich die Rechtsprechung zur Abweichung von § 9 ZPO bei Hochbetagten völlig neu orientieren müssen. Nach der Sterbetafel leben 89-jährige Männer noch 3,45 Jahre und 91-jährige Frauen noch 3,49 Jahre; beides liegt noch im Rahmen des § 9 ZPO.
991
Der Tod des Berechtigten während des Rechtsstreits vermindert den Streitwert nicht rückwirkend.
992
Androhung von Ordnungsmitteln Siehe das Stichwort „Ordnungsmittel“. 1 2 3 4 5
LG Freiburg, Beschl. v. 9.4.1973 – 3 T 14/73, AnwBl. 1973, 169. LG Braunschweig, Beschl. v. 16.1.1959 – 7 T 194/58, Nds.Rpfl. 1959, 64. LG Lübeck, SchlHA 1958, 84. LG Itzehoe, Beschl. v. 27.12.1960 – 1 T 95/60, KostRsp. § 9 ZPO Nr. 2. OLG Celle, Beschl v. 18.4.1961 – 7 W 7/61, MDR 1961, 778; LG Freiburg, Beschl. v. 9.4.1973 – 3 T 14/73, AnwBl. 1973, 169. 6 OLG Nürnberg, Beschl. v. 13.2.1959 – 2 W 261/58, JurBüro 1959, 247.
Monschau
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Anerkenntnis und Anerkenntnisurteil
ZPO
Anerkenntnis und Anerkenntnisurteil A. Allgemeines 993
Hier ist zunächst zwischen dem materiell-rechtlichen Anerkenntnis (§§ 780, 781 BGB) und dem prozessualen Anerkenntnis (§ 307 ZPO) zu unterscheiden. Nach überwiegender Ansicht ist das prozessuale Anerkenntnis reine Prozesshandlung und enthält keine materiell-rechtliche Komponente.1
B. Gebührenstreitwert I. Außerprozessuales Anerkenntnis 994
Wird aus einem abstrakten Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) oder Schuldversprechen (§ 780 BGB) geklagt, dann ist der Forderungsbetrag maßgebend. Da das abstrakte Schuldversprechen oder Anerkenntnis eine neue Verpflichtung konstitutiv begründet, verlieren darin eingerechnete Zinsen (und Kosten) ihre Eigenschaft als Nebenforderung und werden in den Streitwert miteinbezogen.2
995
Ebenso ist zu bewerten, wenn derjenige, der das Schuldanerkenntnis oder das Schuldversprechen abgegeben hat, mit negativer Feststellungsklage dessen Bestand angreift.
996
Die Klage auf Feststellung der Wirksamkeit eines abstrakten Schuldanerkenntnisses oder Schuldversprechens schafft keinen vollstreckungsfähigen Titel. Der Streitwert ist deshalb entsprechend den Bewertungsregeln für positive Feststellungsklagen regelmäßig um 20 % zu ermäßigen (s. das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2292 ff.).
997
Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis soll eine bereits bestehende Schuld oder auch nur ein präjudizielles Rechtsverhältnis lediglich bestätigen und die vertraglichen Beziehungen der Parteien beweisrechtlich klarstellen sowie die bei Abgabe bekannten Einwendungen als auch die (spätere) Leugnung der klagebegründenden Tatsachen ausschließen.3 Daneben gibt es Schuldanerkenntnisse, die ohne rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen als bloße tatsächliche Erklärung des Schuldners seine Erfüllungsbereitschaft anzeigen und die Last der Beweisführung verändern.4 In derartigen Fällen ist der Streit um die Wirksamkeit nach § 3 ZPO zu schätzen. Für die Bewertung ist dabei darauf abzustellen, in welchem Maß das konkrete Anerkenntnis dem Gläubiger die Rechtsverfolgung erleichtert.
998
Hierbei bleiben Zinsen, auch wenn sie in einem deklaratorischen Anerkenntnis mit der Hauptforderung zu einer einzigen Summe zusammengefasst werden, gem. § 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO unberücksichtigt.5
1 BGH, Urt. v. 27.5.1981 – IVb ZR 589/80, MDR 1981, 925; Zöller/Vollkommer, vor § 306 ZPO Rn. 5. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 16.12.1997 – 5 W 797/97 = AGS 1999, 43 = JurBüro 1999, 197; Zöller/Herget, § 4 Rn. 11; E. Schneider, Anm. zu OLG Köln, KostRsp. GKG § 22 Nr. 8. 3 BGH, Urt v. 9.7.1986 – VIII ZR 232/85, NJW 1986, 2948 – Bestätigungsvertrag über Vorbehaltseigentum; BGH, Urt. v. 23.3.1983 – VIII ZR 335/81, MDR 1983, 1017; Palandt/ Sprau, § 781 BGB Rn. 3, 4. 4 BGH, Urt. v. 5.5.2003 – II ZR 50/01, GmbHR 2003, 954, WM 2003, 1421; BGH, WPM 1974, 411; BGHZ 66, 250; Palandt/Sprau, § 781 BGB Rn. 6. 5 OLG Köln, Beschl. v. 30.1.1980 – 2 W 6/80, KostRsp. GKG § 22 Nr. 8 mit Anm. E. Schneider = JurBüro 1980, 578.
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Kurpat
Anerkenntnis und Anerkenntnisurteil
II. Prozessuales Anerkenntnis Das prozessuale Anerkenntnis ist die nicht notwendigerweise ausdrückliche Erklärung, sich dem Klageanspruch zu unterwerfen und die mit der Klage verbundene Rechtsfolgenbehauptung als begründet anzuerkennen. Durch seine Bezugnahme auf den Anspruch unterscheidet es sich vom Geständnis (§ 288 ZPO), das einzelne Tatsachenbehauptungen zum Gegenstand hat. Im Einzelfall bedarf es einer Abgrenzung des Anerkenntnisses von der Erledigungserklärung, insbesondere wenn sich die Erklärung des Beklagten auf eine während des Rechtsstreits erfolgte Erfüllungshandlung bezieht.1 Zweifel, ob in der Erklärung des Beklagten, anerkennen zu wollen, nicht vielmehr eine Zustimmung zu einer Klagerücknahme (§ 269 Abs. 2 ZPO) oder eine Erledigungserklärung (§ 91a Abs. 1 ZPO) verbunden mit einem Anerkenntnis der Kostentragungspflicht2 liegt, sind durch Nachfrage (§ 139 ZPO) aufzuklären. Denn sie könnten beim Kläger zu einer Antragsermäßigung oder zu einer Einverständniserklärung führen, was den Streitwert ändern würde.
999
Als Prozesshandlung ist das Anerkenntnis gegenüber dem Gericht zu erklären und für den Beklagten für das gesamte Verfahren bindend. Die Erklärung kann innerhalb eines vorbereitenden Schriftsatzes abgegeben werden, einer Erklärung in der mündlichen Verhandlung bedarf es nicht mehr (§ 307 Satz 2 ZPO).3
1000
Die Abgabe der Anerkenntniserklärung entbindet das Gericht zwar von der Prüfung, ob die Klage schlüssig oder begründet gewesen ist,4 hat aber keinen Einfluss auf den Streitgegenstand selbst. Dies wird schon daraus ersichtlich, dass der Beklagte durch die Verkündung des Anerkenntnisurteils im Umfang der Verurteilung materiell beschwert wird.5 Der Streitwert verändert sich folglich bis zur Verkündung grundsätzlich nicht.6
1001
Ist die Anerkenntniserklärung dagegen auf einen Teil des Klagebegehrens beschränkt und kommt es nicht zum Erlass eines Teil-Anerkenntnisurteils, dann ändert sich der Streitwert für das weitere Verfahren, soweit von diesem nur der streitige Teil des prozessualen Anspruchs betroffen ist.7 So liegt es etwa, wenn der Beklagte einen Teil der Klageforderung anerkennt, das Gericht aber ohne vorherigen Erlass eines Teil-Anerkenntnisurteils Beweis über den nicht vom Anerkenntnis betroffenen Teil der Klageforderung erhebt oder die Parteien sich über diesen – unter Einschluss des anerkannten Teils – vergleichen. Hier sind – soweit für eine gesonderte Festsetzung Anlass besteht – der Gegenstandswert der Beweisaufnahme8 und des Vergleichs9 entsprechend zu reduzieren.
1002
1 OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.1.2011 – 5 U 158710, MDR 2011, 513; LG Leipzig, Urt. v. 19.12.1996 – 12 S 5051/09, NJW-RR 1997, 571. 2 BGH, Beschl. v. 3.6.1985 – II ZR 248/84, MDR 1985, 914. 3 Siehe auch OLG Stuttgart, Urt. v. 29.9.2005 – 13 U 99/05, OLGR 2005, 894. 4 Zöller/Vollkommer, § 307 ZPO Rn. 4. 5 Zöller/Vollkommer, § 307 ZPO Rn. 11; Zöller/Heßler, vor § 511 ZPO Rn. 19a. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.11.1986 – 2 W 136/86, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 867 mit Anm. E. Schneider = JurBüro 1987, 396; OLG Köln, Beschl. v. 2.8.1978 – 17 W 276/78, KostRsp. GKG § 22 Nr. 4; OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.7.2004 – 10 WF 2332/04, MDR 2005, 120. 7 Insoweit zutr. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 24.5.2006 – 8 Ta 94/06 – fehlerhaft jedoch soweit die nachfolgende Klageerweiterung für die Verfahrensgebühr nur mit dem nach Teil-Anerkenntnisurteil reduzierten Wert addiert wird; s. auch das Stichwort „Vergleich“, Rn. 5491 ff. 8 OLG Köln, Beschl. v. 6.2.1984 – 25 WF 246/83, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 692 mit Anm. E. Schneider = JurBüro 1984, 877; unklar OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.2.1980 – 20 WF 772/80, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 530 mit Anm. E. Schneider = JurBüro 1981, 554. 9 Siehe hierzu ausführlich unten Rn. 1007.
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ZPO
Anerkenntnis und Anerkenntnisurteil
III. Anerkenntnisurteil 1003
Während das Anerkenntnisurteil die Instanz insgesamt beendet und auf den Gebührenstreitwert keinen Einfluss hat,1 führt die Verkündung eines Teil-Anerkenntnisurteils zu einer Reduzierung des Streitwerts für das weitere Verfahren auf den Umfang des Restanspruchs.2
C. Rechtsmittel und Beschwer I. Kostenentscheidung 1004
Gemäß § 93 ZPO kann das Gericht die Kosten des Rechtsstreits dem obsiegenden Kläger auferlegen, wenn der Beklagte die Klageforderung sofort anerkannt und keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Die Kostenentscheidung ist unabhängig von der Hauptsache, soweit deren Streitwert über 600,00 Euro liegt, mit der sofortigen Beschwerde gem. § 99 Abs. 2 ZPO angreifbar.3 Der Wert des Beschwerdeverfahrens richtet sich nach dem Interesse an der Erstattung eigener und der Abwendung fremder Kosten (Kosteninteresse) und damit nach den erstinstanzlich insgesamt angefallenen Kosten des Rechtsstreits.
II. Unterliegen des Klägers 1005
Erkennt der Beklagte die Klageforderung unter gleichzeitiger Berufung auf ein Zurückbehaltungsrecht an, wird er durch Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil – beispielsweise – zur Werklohnzahlung Zug-um-Zug gegen Beseitigung im Einzelnen benannter Mängel verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die (formelle) Beschwer des Klägers bestimmt sich in diesen Fällen nach der von ihm – zur Ermöglichung der Zwangsvollstreckung (§ 756 ZPO) – zu erbringenden Gegenleistung, im Beispiel also nach den Mängelbeseitigungskosten. Die Reichweite des Zurückbehaltungsrechts, die ein Vielfaches des Werts der Gegenleistung betragen und den Wert der Klageforderung im Einzelfall übersteigen kann (vgl. etwa § 641 Abs. 3 BGB), bleibt demgegenüber unberücksichtigt. Denn der Kläger erreicht die Durchsetzbarkeit bereits mit dem von ihm aufzuwendenden Betrag.
III. Unterliegen des Beklagten 1006
Für die Ermittlung der mit dem Anerkenntnisurteil für den Beklagten verbundenen (materiellen) Beschwer ist nicht auf die in der Vorinstanz gestellten Anträge, sondern darauf abzustellen, ob die ergangene Entscheidung für den Beklagten nachteilig ist und durch das Rechtsmittel die Möglichkeit einer zu seinen Gunsten abweichenden Entscheidung besteht.4 Die Freiwilligkeit der Unterwerfung ist für die Bewertung ohne Bedeutung.
1 OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.7.2004 – 10 WF 2332/04, MDR 2005, 120; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.11.1986 – 2 W 136/86, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 867 mit Anm. E. Schneider = JurBüro 1987, 396. 2 OLG Bamberg, Beschl. v. 11.9.1985 – 2 WF 211/85, JurBüro 1986, 267; Beschl. v. 29.1.1990 – 7 WF 4/90, JurBüro 1990, 771. 3 Zu beachten bleibt aber die Kostenmindestbeschwer von 200 Euro, § 567 Abs. 2 ZPO. 4 Beschl. v. 8.5.2013 – XII ZB 198/12, MDR 2013, 865; Urt. v. 5.1.1955 – IV ZR 154/54, NJW 1955, 545.
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Anerkenntnis und Anerkenntnisurteil Der Gebührenstreitwert für die Rechtsmittelinstanz richtet sich nach dem Umfang der beantragten Überprüfung, also der Differenz zwischen Urteil und Berufungsantrag. Unerheblich ist, dass der Beklagte die Klageforderung anerkannt und in welcher Weise er sonst zum Klagevorbringen Stellung genommen hat.1 Uneinigkeit besteht über die Bestimmung des Rechtsmittelstreitwerts, wenn der Beklagte erstinstanzlich durch Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil verurteilt wird, unbeschränkt Berufung einlegt und diese vor Antragstellung und Begründung zurücknimmt. Die überwiegende Ansicht stellt für die Wertfestsetzung gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG auf die materielle Beschwer ab und unterscheidet nicht zwischen dem anerkannten und dem streitig zugesprochenen Teil des Urteilsbetrags.2 Demgegenüber stellt ein Teil der Rechtsprechung und Literatur3 für § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG auf die formelle Beschwer des Beklagten ab und legt der Wertfestsetzung allein den streitig zuerkannten Klagebetrag zugrunde. Der Ansatz begegnet schon deswegen Bedenken, weil er einen kostenrechtlich nicht akzeptablen „Nullwert“ nicht auszuschließen vermag. So bliebe der vom (Teil-)Anerkenntnisurteil erfasste Klagebetrag mangels abweichendem Sachantrag des Beklagten auch dann unberücksichtigt, wenn Zweifel an der Wirksamkeit seines Anerkenntnisses den Beklagten zur (vorsorglichen) Rechtsmitteleinlegung veranlasst haben, er dieses aber nach (interner) Prüfung vor Antragstellung und Begründung zurücknimmt. Siehe im Übrigen unter dem Stichwort „Rechtsmittel“.
D. Vergleich Wird der anerkannte Teilanspruch, ohne dass ein Teilanerkenntnisurteil erlassen wurde, in einem sich anschließenden Vergleich abschließend mitgeregelt, soll er in den Vergleichswert aufgrund der Titulierung in voller Höhe miteinzubeziehen sein.4 Dies begegnet durchgreifenden Bedenken. Denn hat der Beklagte von Beginn an keinerlei Einwendungen gegen den anerkannten Teil der Klageforderung erhoben, liegt im Anerkenntnis kein gegenseitiges Nachgeben, durch das ein Streit oder eine Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis behoben worden wäre.5 Zudem behält das (Teil-)Anerkenntnis – aufgrund seiner Bindungswirkung – auch ohne Erlass eines (Teil-)Anerkenntnisurteils seine Wirkung regelmäßig für den ganzen Prozess unabhängig davon, ob nachfolgend streitig verhandelt worden ist.6 Bei der Bestimmung des Vergleichswerts ist jedoch ein etwaiges Titulierungsinteresse zu berücksichtigen. Siehe hierzu unter dem Stichwort „Vergleich“, Rn. 5491 ff.
1 BGH, Beschl. v. 1.10.2003 – XII ZB 202/02, FamRZ 2003, 1922; Beschl. v. 15.1.1992 – XII ZB 135/91, NJW 1992, 1513; Musielak/Musielak, § 307 ZPO Rn. 17; Zöller/Vollkommer, § 307 ZPO Rn. 11. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.12.1981 – 16 UF 185/81, MDR 1982, 417; OLG Rostock, Beschl. v. 19.4.2004 – 7 U 206/03, OLGR 2005, 17. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.8.2008 – 24 U 80/08, MDR 2008, 1244; OLG Jena, Beschl. v. 5.11.2001 – 5 U 667/00, MDR 2002, 480; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Berufung“. 4 OLG Bamberg, Beschl. v. 28.8.1990 – 3 W 27/90, JurBüro 1990, 1619; OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.7.2004 – 10 WF 2332/04, MDR 2005, 120. 5 Herget, Anm. zu OLG Bamberg, KostRsp. BRAGO § 23 Nr. 58. 6 BGH, Urt. v. 17.3.1993 – XII ZR 256/91, MDR 1993, 1238.
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1007
ZPO
Anerkennung auslndischer Titel
Anerkennung auslndischer Titel 1008
Im Verfahren auf Anerkennung ausländischer Titel (vgl. § 328 ZPO) fallen für das Gericht sowohl im Antragsverfahren (Nr. 1510–1512 KV GKG) als auch im Beschwerdeverfahren (Nr. 1520 KV GKG) Festgebühren an, so dass es einer Streitwertfestsetzung nicht bedarf. Der Anwalt erhält im Antragsverfahren die (wertabhängigen) Gebühren nach Nr. 3100 ff. VV RVG, so dass eine gesonderte Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren nach § 33 Abs. 1 RVG erfolgen muss. Maßgeblich für den nach den Vorschriften des GKG bzw. FamGKG zu bestimmenden Wert ist dann der Inhalt des ausländischen Titels.1 Dabei sind nach § 4 Abs. 1 ZPO und § 40 GKG2 Zinsen nicht zu berücksichtigen, wenn sie nach dem ausländischen Titel nur Nebenforderungen sind.3
Anfechtung Siehe die Stichwörter „Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen“, „Gläubigeranfechtung“, „Insolvenzverfahren“ sowie „Nichtigkeit eines Vertrages“.
Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen Literatur: Saenger, Aktienrechtliche Anfechtungsklagen – Verfahrenseffizienz und Kosten, AG 2002, 536; Brandes, Die Rechtsprechung des BGH zur Aktiengesellschaft, WM 2000, 53; Günther, Zur Bestimmung des Streitwerts und des für die Zulässigkeit der Revision maßgeblichen Werts der Beschwer bei aktienrechtlichen Nichtigkeitsklagen und Anfechtungsklagen, EwiR 1995, 103; Fechner, JZ 1969, 349; Rebb, BB 1970, 865; Happ/Pfeifer, Der Streitwert gesellschaftsrechtlicher Klagen und Gerichtsverfahren, ZGR 1991, 103. Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Aktiengesellschaft I. Rechtsanwendungsgrundsätze . . 1009 II. Einzelfälle aus der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1024 III. Streitwertspaltung . . . . . . . . . . . 1030
B. GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035 C. Genossenschaft . . . . . . . . . . . . . 1041 D. Gewerk. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1046 E. OHG und KG . . . . . . . . . . . . . . . 1047
Stichwortübersicht Abberufung eines Geschäftsführers. Aktienbesitz des Klägers . . . . . . . . . Anfechtung von Wahlhandlungen . . Aufsichtsratsmitglied, Rücktritt, Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rn.
Rn.
. . 1039 . . 1018 . . 1045
Auswirkungen der Nichtigerklärung . 1019 Bilanzsumme . . . . . . . . . . . . . . . 1016, 1024 Einsatz des Vermögens . . . . . . . . . . . . 1031 Entlastung des Vorstandes . . . . . . . . . 1024 Genossenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 1041
. . 1025
1 Vgl. etwa OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.12.2011 – 8 W 34/11, AGS 2012, 353 = NJW-RR 2012, 331 für ausländische Unterhaltstitel. 2 BGH, Beschl. v. 17.3.1994 – IX ZB 78/93, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 75. 3 So auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.2.1993 – 20 W 29/93, JurBüro 1994, 117 hinsichtlich des Verfahrens auf Erteilung der Vollstreckungsklausel für einen ausländischen Titel.
152
Kurpat
Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen Rn. Genossenschaftsanteil . . . . . . . . . . . . 1043 Geschäftsanteil des Beklagten, Einziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1040 Geschäftsanteil des Klägers. . . . . 1037, 1043 Geschäftsführer, Abberufung . . . . . . . 1039 Gewerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1046 Gewinnverwendung . . . . . . . . . . . . . . 1026 GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035 Größe der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . 1019 Grundkapital . . . . . 1011, 1019, 1024, 1036 Hauptversammlung, Kosten einer neuen ~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1019 Hilfsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 1032 Interesse der Gesellschaft . . . . . . 1015, 1019 Interesse des Klägers . . . . . . . . . . 1015, 1018 Interessengegensatz . . . . . . . . . . . . . . 1017 Jahresabschluss, Nichtigkeit . . . . . . . . 1024 Kapitalherabsetzung/-erhöhung . . . . . 1027 Kurswert des Aktiengesetzes . . . . . . . 1024
Rn. Mehrzahl von – Anfechtungsgründen . . . . . . . . . . – Anfechtungsklagen . . . . . . . . . . . . – Beschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . Mittelwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prozesskostenhilfe . . . . . . . . . . . . . . Regelstreitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Streitwertermäßigung . . . . . . . . . . . Streitwertspaltung . . . . . . . . . . . . . . Vermögen, Einsatz . . . . . . . . . . . . . . Vermögensrechtliche Ansprüche . . . Verpflichtungsantrag . . . . . . . . . . . . Vorläufige Streitwertfestsetzung . . . . Vorstand, Entlastung . . . . . . . . . . . . Wahl neuer Aufsichtsratsmitglieder . Wirtschaftliche Bedeutung . . . . . . . . Zustimmung zur Klageerhebung . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . .
1020 1022 1021 1016 1032 1011 1038 1034 1030 1031 1014 1044 1017 1024 1025 1016 1029
A. Aktiengesellschaft I. Rechtsanwendungsgrundsätze Mit § 247 AktG steht eine besondere Regelung zur Streitwertbemessung bei An- 1009 fechtungsklagen eines Aktionärs gegen Beschlüsse der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft zur Verfügung. Diese gilt auch für die Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern (§ 251 Abs. 3 AktG), des Beschlusses über die Verwendung des Bilanzgewinns (§ 254 Abs. 2 AktG), der Kapitalerhöhung gegen Einlagen (§ 255 Abs. 3AktG) sowie der Feststellung des Jahresabschlusses (§ 257 Abs. 2 AktG). Gemäß § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG bestimmt das Prozessgericht den Streitwert von Streitigkeiten zwischen Aktionären und der Aktiengesellschaft, mithin auch für Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen, unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen.
1010
Dieser sog. Regelstreitwert darf nach § 247 Abs. 1 Satz 2 AktG ein Zehntel des Grundkapitals oder, wenn dieses Zehntel mehr als 500 000 Euro beträgt, 500 000 Euro nur überschreiten, wenn und soweit die Bedeutung der Sache für den Anfechtungskläger eine höhere Bewertung rechtfertigt.
1011
Sinngemäße Anwendung findet diese Regelung auf Klagen, mit der die Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen (§ 249 Abs. 1 AktG), der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern (§ 250 Abs. 3 AktG), des Beschlusses über die Verwendung des Bilanzgewinns (§ 253 Abs. 2 AktG) sowie des festgestellten Jahresabschlusses (§ 256 Abs. 7 AktG) geltend gemacht werden.1
1012
Anfechtungsklagen (§ 246 AktG) und Nichtigkeitsklagen (§ 249 AktG), nach zutreffender Ansicht beides Gestaltungsklagen,2 unterscheiden sich im Wesentli-
1013
1 Vgl. zur weiter gehenden Berücksichtigung auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.8.2008 – 6 W 33/00, OLGR 2000, 472 = AG 2001, 267; LG Düsseldorf, Beschl. v. 14.12.1999 – 10 O 495/99, WM 2000, 528 = AG 2000, 233. 2 Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 II 2.
Kurpat
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Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen
ZPO
chen durch die Fassung des Antrags und der berücksichtigungsfähigen Beschlussmängel (Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe): „… wird für nichtig erklärt“ oder „… wird festgestellt, dass … nichtig ist …“ Unabhängig von dem Antrag der Gestaltungsklage bleibt der Streitgegenstand auch bei einem Wechsel von der Anfechtungs- zur Nichtigkeitsklage und umgekehrt unverändert.1 1014
Aktienrechtliche Anfechtungsklagen betreffen ebenso wie die Nichtigkeitsklagen immer dann vermögensrechtliche Ansprüche, wenn der Unternehmensgegenstand geschäftlicher Art ist.2
1015
Bei der Streitwertbemessung ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen des klagenden Aktionärs und der beklagten Gesellschaft und einer Fülle von einzelnen Bewertungsumständen3 ein konkreter Wert zu ermitteln. Bisherige Bemühungen der Rechtsprechung, die Streitwertbestimmung auf eine allgemein gültige Berechnungsmethode zurückzuführen, sind nicht überzeugend.4
1016
Weder der Ansatz eines „Mittelwertes“, wonach der Wert des höheren Interesses der Gesellschaft durch die Zahl zu teilen ist, mit der der Wert des geringeren Interesses des Klägers multipliziert werden muss, um zu demselben Ergebnis zu gelangen,5 noch eine generelle Bemessung nach 1/1000 der Bilanzsumme der beklagten Aktiengesellschaft6 erfassen hinreichend die Unterschiedlichkeit der Fallgestaltungen. Dies insbesondere dann, wenn – wie häufig – mehrere Beschlüsse in einer Anfechtungsklage angegriffen werden, die dann jeweils selbständig zu beurteilen sind.7 Auch der Vorschlag, den Streitwert des Anfechtungsanspruchs auf 50 % des Leistungs- oder Schadensersatzanspruchs zu reduzieren, weil die Anfechtungsklage lediglich der erleichterten Durchführung der Leistungsklage diene,8 trägt nicht. Denn mit der Orientierung am Streitgegenstand der Leistungsklage wird in Einzelfällen das Interesse der Gesellschaft nicht erfasst. Bei der Bewertung ist aber stets die wirtschaftliche Bedeutung des Ausgangs des Rechtsstreits für beide Parteien zu berücksichtigen.9
1017
Erforderlich ist vielmehr ein Interessenausgleich. Dazu sind die Interessen beider Parteien gegeneinander abzuwägen.10 Die demnach zu Beginn des Rechtsstreits nur vorläufige Wertfestsetzung wird durch während des Verfahrens gewonnene Er-
1 Siehe Karsten Schmidt, JZ 1977, 669 ff. 2 BGH, WPM 1982, 359. 3 Beispielsweise Höhe des Aktienbesitzes des Klägers, Grundkapital der Gesellschaft, Bedeutung des Rechtsstreits für beide Parteien, wirtschaftliche Auswirkungen einer Nichtigerklärung usw.; vgl. E. Schneider, AG 1976, 20. 4 Im Ergebnis, ebenso OLG Schleswig, Beschl. v. 6.10.2008 – 5 W 51/08, NZG 2009, 434. 5 OLG Hamm, AG 1976, 19; LG Berlin, Beschl. v. 6.11.2000 – 99 O 83/99, AG 2001, 543 = DB 2001, 913. 6 OLG München, BB 1962, 690. 7 BGH, Beschl. v. 6.4.1992 – II ZR 249/90, NJW-RR 1992, 1122; OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.6.2001 – 5 W 4/01, DB 2001, 2139 = AG 2002, 562 = AktG § 247 Nr. 9 u. Nr. 11 mit Anm. E. Schneider = WPM 1984, 655 u. 1470; OLG München, AG 1962, 346; Schneider, MDR 1985, 355. 8 So OLG Frankfurt, KostRsp. AktG § 247 Nr. 9 = WPM 1984, 655. 9 OLG Hamburg, AG 1973, 279. 10 OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.1984 – 5 U 110/83, KostRsp. AktG § 247 Nr. 9; OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.1984 – 5 U 18/83, KostRsp. AktG § 247 Nr. 11 mit Anm. E. Schneider.
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Kurpat
Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen kenntnisse beeinflusst, soweit sich diese auf Umstände beziehen, die bereits bei Klageeinreichung (§ 40 GKG) vorlagen. Hierbei ist das Interesse des Klägers1 grundsätzlich begrenzt durch den Wert seines Aktienbesitzes.2
1018
Neben dem Klägerinteresse ist sodann das Interesse der beklagten Gesellschaft an der Aufrechterhaltung des angefochtenen Beschlusses zu berücksichtigen.3 Es ist in der Regel deutlich höher als das Klägerinteresse und auch maßgebend für die Rechtsmittelbeschwer.4 Wesentlich für die Interessenbezifferung sind die Größe der Gesellschaft und ihr Grundkapital,5 desgleichen die Auswirkungen der Nichtigerklärung auf die finanzielle Situation der Gesellschaft, hierzu zählen die Kosten der Vorbereitung einer neuen Hauptversammlung.6
1019
Für die Bewertung kommt es aber nur auf den Inhalt und den Gegenstand des angegriffenen Hauptversammlungsbeschlusses an, nicht auf die Art oder eine Mehrzahl von Anfechtungsgründen.7
1020
Werden mehrere Beschlüsse der Hauptversammlung angegriffen, ist jeder Beschluss stets gesondert zu bewerten.8
1021
Klagen mehrere Aktionäre mit unterschiedlichem Aktienbesitz innerhalb eines Verfahrens gegen denselben Hauptversammlungsbeschluss, sind die Streitwerte der einzelnen Klage regelmäßig nicht identisch. Der Gesamtstreitwert für die Gerichtskosten richtet sich nach dem höchsten Einzelstreitwert, für die außergerichtlichen Kosten nach der Höhe des jeweiligen Aktienbesitzes.9 In verschiedenen Verfahren geführte Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen sind bis zu einer Verbindung der Prozesse gem. § 246 Abs. 3 Satz 6 AktG gebührenrechtlich selbständig. Die nach den jeweiligen Einzelwerten angefallenen Gerichtskosten werden durch die Verbindung nicht berührt.10
1022
1 Siehe dazu LG Bayreuth, Beschl. v. 22.12.1984 – KH O 67/84, JurBüro 1985, 786 = KostRsp. AktG § 247 Nr. 12 mit Anm. E. Schneider. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.1984 – 5 U 18/83, KostRsp. AktG § 247 Nr. 11 mit Anm. E. Schneider = WPM 1984, 1470; OLG Hamburg, Beschl. v. 5.1.2011 – 2 W 125/10, MDR 2011, 628; OLG München, BB 1962, 690; a.A. OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.1984 – 5 U 110/83, WPM 1984, 655, jedoch mit der Einschränkung „zumindest im vorliegenden Fall“. 3 OLG Neustadt, JurBüro 1960, 401; BGH, Beschl. v. 28.9.1981 – II ZR 88/81, KostRsp. AktG § 247 Nr. 8 mit Anm. E. Schneider = ZIP 1981, 1335 = JurBüro 1982, 66, erneut abgedruckt Sp. 218; Beschl. v. 6.4.1992 – II ZR 249/90, NJW-RR 1992, 1122 = WM 1992, 1370. 4 BGH, Beschl. v. 28.9.1981 – II ZR 88/81, ZIP 1981, 1335 = KostRsp. AktG § 247 Nr. 8 mit Anm. E. Schneider = JurBüro 1982, 66, erneut abgedruckt Sp. 218. 5 OLG Hamburg, AG 1973, 279; LG Dortmund, AG 1968, 390 (392). 6 OLG Hamburg, AG 1964, 160; OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.1984 – 5 U 18/83, KostRsp. AktG § 247 Nr. 11 = WPM 1984, 1470; LG Bonn, AG 1968, 25. 7 BGH, Beschl. v. 11.7.1994 – II ZR 58/94, AG 1994, 469 = ZIP 1994, 1355 = NJW-RR 1995, 225 = EWiR § 546 ZPO 1/95, 103. 8 BGH, Beschl. v. 6.4.1992 – II ZR 249/90, NJW-RR 1992, 1122 = WM 1992, 1370; OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.1984 – 5 U 110/83, WPM 1984, 655; OLG München, Beschl. v. 18.12.2007 – 7 W 1875/07, GmbHR 2008, 1267; OLG Rostock, Beschl. v. 31.1.2014 – 1 W 67/13; OLG Stuttgart, Urt. v. 23.1.2002 – 20 U 45/01, AG 2003, 165 = NZG 2003, 1170; Schneider, MDR 1985, 355; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Anfechtungsklage“. 9 OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.2.2001 – 20 W 1/01, AGS 2001, 251 = AG 2002, 296 = NZG 2001, 522. 10 BGH, Beschl. vom 14.5.2013 – II ZB 12/12, MDR 2013, 1008 = NJW 2013, 2824; OLG Hamburg, Beschl. vom 25.11.2010 – 4 W 269/10.
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Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen Der nach § 247 Abs. 1 AktG ermittelte Streitwert ist zugleich Grundlage für die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO maßgebliche Beschwer.1
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1023
II. Einzelfälle aus der Rechtsprechung 1024
Richtet sich die Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage gegen Hauptversammlungsbeschlüsse über die Entlastung des Vorstands und die Feststellung des Jahresabschlusses, ist der Streitwert nach den gesamten im Einzelfall gegebenen Verhältnissen unter Berücksichtigung des Interesses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der angefochtenen Beschlüsse festzusetzen.2 Auszugehen ist gem. § 3 ZPO vom Interesse des Aktionärs am Wegfall der Entlastung und des festgestellten Jahresabschlusses, begrenzt durch den Kurswert seines Aktienbesitzes. Weil dieser Wert mit Rücksicht auf die Urteilswirkung für und gegen alle Aktionäre sowie Vorstand und Aufsichtsrat der Bedeutung der Sache nicht gerecht würde, gebietet § 247 AktG neben dem Umfang des klägerischen Aktienbesitzes die Berücksichtigung des Interesses der Aktiengesellschaft.3 In die Bewertung einzubeziehen sind daher das Grundkapital, die Bilanzsumme und die mit dem Wegfall der Entlastung verbundene Schmälerung des Ansehens.4 Kommt dem Entlastungsbeschluss nur eine geringe Bedeutung zu, kann der Streitwert für die Anfechtung des Beschlusses auf 5000 Euro beziffert werden.5 Richtet sich die Klage gegen die Feststellung mehrerer Jahresabschlüsse, dann sind die Beschlussgegenstände einzeln zu bewerten und die Beträge gem. § 5 ZPO zusammenzurechnen.6 Dagegen scheidet eine Addition der gegen die Feststellung des Jahresabschlusses und die Gewinnverwendung regelnden Beschlusses wegen wirtschaftlicher Identität aus.7 Der Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers nach § 142 Abs. 2 AktG ist nach § 36 GNotKG – und damit im Regelfall – mit 5000 Euro zu bewerten.8
1025
Der Streitwert bei einer Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Hauptversammlung einer AG betreffend den Rücktritt eines Aufsichtsratsmitgliedes ist unter Berücksichtigung der Jahresvergütung mit 2000 DM und betreffend die Wahl eines neuen Aufsichtsratsmitglieds mit 10 000 DM bewertet worden.9
1026
Bei einer Anfechtungsklage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss über die Zuführung des ausgewiesenen Gewinns in eine Rücklage an Stelle der Ausschüttung ist der Streitwert mit einem Betrag anzusetzen, der zwischen der erstrebten Dividendenausschüttung und dem Reingewinn liegt.10 Der Streit über die Ver1 BGH, Beschl. v. 11.7.1994 – II ZR 58/94, GmbHR 1995, 302 = AG 1994, 469; OLG Hamm, Urt. v. 19.11.2007 – 8 U 216/07, OLGR 2008, 320 = NZG 2008, 155; OLG Stuttgart, Urt. v. 28.1.2004 – 20 U 3/03, OLGR 2004, 160 = AG 2004, 271. 2 BGH, Beschl. v. 6.4.1992 – II ZR 249/90, NJW-RR 1992, 1122 = WM 1992, 1370 – Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. 3 OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.11.2012 – 14 U 39/12, GmbHR 2013, 472; OLG München, BB 1962, 690; KG, Rpfleger 1962, 154. 4 BGH, Beschl. v. 15.3.1999 – II ZR 94/98, AG 1999, 376 = NJW-RR 1999, 910; OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.1.1995 – 3 W 47/94, AG 1995, 237 = WM 1995, 620. 5 OLG Stuttgart, Urt. v. 23.1.2002 – 20 U 45/01, AG 2003, 165 = NZG 2003, 1170; OLG Rostock, Beschl. v. 31.1.2014 – 1 W 67/13: 3000 Euro; vgl. auch KG, JurBüro 1967, 686. 6 OLG München, Beschl. v. 7.1.2008 – 7 U 3773/07, AG 2008, 509 = WM 2008, 876; OLG Rostock, Beschl. v. 31.1.2014 – 1 W 67/13. 7 OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.11.2012 – 14 U 39/12, GmbHR 2013, 472. 8 OLG Rostock, Beschl. v. 31.1.2014 – 1 W 67/13. 9 OLG Koblenz, JurBüro 1955, 75. 10 LG Mannheim, BB 1954, 755.
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Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen abschiedung eines Betriebsfortführungskonzeptes kann aus Sicht der Gesellschaft mit dem Interesse an der Erlangung weiterer Kreditmittel bewertet werden.1 Die Bewertung einer Nichtigkeitsklage, deren Erfolg zugunsten der klagenden Kleinaktionäre keine unmittelbaren positiven wirtschaftlichen Auswirkungen hat, sollte nicht über 100 000 DM (51 129,19 Euro) liegen – hier Angriff gegen Kapitalherabsetzung und anschließende Barkapitalerhöhung zwecks Sanierung einer Gesellschaft unter Bezugsrechtausschluss.2
1027
Bei einer Anfechtungsklage gegen die Zustimmung der Hauptversammlung einer AG zum Verkauf von Anteilen an einer anderen Gesellschaft ist gem. § 247 AktG nicht grundsätzlich das höhere Interesse der beklagten Gesellschaft, sondern eine wertende Ermittlung einer Zwischengröße für die Bewertung maßgeblich. Ausgangspunkt ist nach Ansicht des OLG Frankfurt das geringwertigere, unter Berücksichtigung des Aspekts der Rechtssicherheit anzuhebende Interesse des Aktionärs.3
1028
Der Streitwert einer Klage auf Zustimmung des Ehegatten zur Erhebung der Anfechtungsklage bei gemeinschaftlicher Verwaltung von zum Gesamtgut gehörenden GmbH-Anteilen entspricht dem Bruchteil (1/5) des Verkehrswertes des Geschäftsanteils des Klägers.4
1029
III. Streitwertspaltung Ist nach dem glaubhaften Vorbringen einer Partei zu besorgen, dass die Belastung mit den nach dem Regelstreitwert (§ 247 Abs. 1 AktG) berechneten Kosten des Rechtsstreits ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährdet, so kann das Prozessgericht gem. § 247 Abs. 2 und 3 AktG auf Antrag der Partei anordnen, dass ihre Verpflichtung zur Zahlung oder Erstattung von Gerichtskosten und außergerichtlicher Kosten (auch des Gegners) sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. § 247 Abs. 2 AktG ermöglicht dem Gericht damit die Festsetzung eines – bezogen auf die Parteien – gespaltenen und für eine Seite ermäßigten Streitwertes.5
1030
Zur Prüfung, ob die gebührenrechtlichen Folgen des Regelstreitwertes zu einer erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lage einer Partei – in der Regel des Anfechtungsklägers – führen, ist zunächst der Regelstreitwert gem. § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG zu bestimmen. Danach sind auf Grundlage des festzusetzenden Regelstreitwertes die Prozesskosten zu ermitteln,6 die dem Anfechtungskläger im Falle des vollständigen Unterliegens (§ 91 ZPO) aufzuerlegen wären.7 Von einer ernstlichen Vermögensgefährdung ist auszugehen, wenn ein „vernünftiger Aktionär“ ohne eine Streitwertspaltung von einer gerichtlichen Rechtsverfolgung Abstand nehmen würde, weil die Beeinträchtigung seiner Einkünfte und seines Vermögens aus seiner Sicht in keinem vertretbaren Verhältnis zu dem verfolgten Klageziel steht. Erst dann ist der Regelstreitwert so weit herabzusetzen, dass der Kläger nicht ruiniert wird. Der teilweise Einsatz seines Vermögens wird ihm allerdings zugemutet.8
1031
1 2 3 4 5 6 7 8
OLG Hamburg, Beschl. v. 5.1.2011 – 2 W 125/11, NZG 2011, 312 = MDR 2011, 628 (Ls.). OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.10.2004 – 25 W 44/02, AG 2005, 122. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.6.2001 – 5 W 4/01, AG 2002, 562 = DB 2001, 2139. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.1.2002 – 5 W 362/01 - 113, FamRZ 2002, 1034 = FuR 2002, 572 = FÜR 2002, 189. Siehe dazu ausführlich bei dem Stichwort „Gewerblicher Rechtsschutz“. OLG Frankfurt, JurBüro 1976, 347. OLG Nürnberg, KostRspr. PatG § 53 a.F. Nr. 2. OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.1984 – 5 W 18/83, WM 1984, 1470 = KostRsp. AktG § 247 Nr. 11 mit Anm. Schneider: Kostenbelastung in Höhe der Hälfte (!) des Vermögens des Anfechtungsklägers.
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Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen Es geht dabei auch nicht um die Berücksichtigung einer „Hilfsbedürftigkeit“ i.S.d. §§ 114, 115 ZPO, da die Festsetzung eines ermäßigten Streitwertes zugunsten des Anfechtungsklägers nicht den Zweck hat, die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu ersetzen.1
1033
Der Antrag auf Ermäßigung kann zurückgewiesen werden, wenn ohne Weiteres, d.h. ohne Verzögerung des Rechtsstreits, festgestellt werden kann, dass die Klage rechtsmissbräuchlich, völlig mutwillig oder aussichtslos ist.2
1034
Wird dem – auch noch in der Berufungsinstanz möglichen3 – Antrag dagegen stattgegeben, besteht die Ermäßigung in einem Bruchteil des wirklichen Streitwerts.4 Hierbei wirkt die Streitwertermäßigung – den allgemeinen Regeln folgend – nur innerhalb der Instanz.5
ZPO
1032
B. GmbH 1035
Für das Recht der GmbH sollte ausweislich des § 197 RegE 1971 eine dem § 247 AktG entsprechende Vorschrift geschaffen werden. Nachdem eine Aufnahme in das GmbHG ausblieb, ist die aktienrechtliche Regelung nach allgemeiner Auffassung für die GmbH-rechtliche Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage analog anzuwenden.6
1036
Umstritten ist dagegen, ob auch die Streitwertbegrenzung in § 247 Abs. 1 Satz 2 AktG entsprechende Anwendung findet, wonach der Regelstreitwert des § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG auf 1/10 des Grundkapitals, höchstens aber 500 000 Euro begrenzt ist, wenn nicht eine höher zu bewertende Bedeutung für den Anfechtungskläger gegeben ist. Von der überwiegenden Ansicht wird dies mit Hinweis darauf verneint, dass der Ansatz, kleine Aktionäre großer Gesellschaften vor unverhältnismäßig hohen Streitwerten zu schützen, sich nicht auf die GmbH übertragen lasse.7
1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.1984 – 5 U 18/83, WPM 1984, 1470. 2 BGH, Beschl. v. 4.7.1991 – II ZR 249/90, AG 1992, 59 = BB 1991, 1656 = NJW-RR 1992, 484; OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.12.1993 – 6 U 2/93, WM 1994, 337; OLG Frankfurt, OLGZ 90, 351; OLG Hamm, Beschl. v. 29.7.1992 – 8 W 28/92, AG 1993, 470 = WPM 1993, 1283. 3 OLG Frankfurt v. 28.8.1984 – 5 U 110/83, BB 1985, 1360. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.1984 – 5 U 18/83, KostRsp. AktG § 247 Nr. 11 mit Anm. Schneider = WPM 1984, 1470. 5 BGH, Beschl. v. 12.10.1992 – II ZR 213/91, KostRsp. AktG § 247 Nr. 18 = AG 1993, 85 = MDR 1993, 184 = JurBüro 1993, 551; zustimmend Lappe, NJW 1994, 1189; Anders/Gehle/ Kunze, Stichwort „Anfechtungsklagen“ Rn. 7; a.A. noch OLG Frankfurt v. 28.8.1984 – 5 U 110/83, BB 1985, 1360; OLG Hamburg, AG 1973, 279. 6 BGH, Beschl. v. 10.11.2009 – II ZR 196/08, NZG 2009, 1438; Beschl. v. 5.7.1999 – II ZR 3131/97, NZG 1999, 999 = NJW-RR 1999, 1485; Beschl. v. 21.2.2002 – II ZR 91/00, NJW-RR 2002, 823; OLG München, Beschl. v. 18.12.2007 – 7 W 1875/07, GmbHR 2008, 1267; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Anfechtungsklagen“ Rn. 10; Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, § 45 Rn. 153. 7 BGH, Beschl. v. 5.7.1999 – II ZR 3131/97, NZG 1999, 999 = NJW-RR 1999, 1485; OLG Frankfurt, GmbHR 1995, 300; JurBüro 1968, 829; OLG Karlsruhe, GmbHR 1995, 300; OLG Saarbrücken, Beschl. 4.1.2013 – 4 W 338/12, ZIP 2013, 999 = NZG 2013, 341; Anders/ Gehle/Kunze, Stichwort „Anfechtungsklagen“ Rn. 10; Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, § 45 Rn. 153; a.A. OLG Bremen, Beschl. v. 5.1.2011 – 2 W 125/10, NZG 2011, 312 für die Publikums-KG; ohne Auseinandersetzung mit dem Streitstand OLG München, Beschl. v. 18.12.2007 – 7 W 1875/07, GmbHR 2008, 1267; Happ/Pfeifer, ZGR 1991, 103 (120); offen lassend BGH, Beschl v. 10.11.2009 – II ZR 196/08, NZG 2009, 1438.
158
Kurpat
Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen Der Geschäftsanteil des Klägers begrenzt auch hier den Streitwert der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage nicht.1
1037
Für den Wert des Geschäftsanteils ist maßgeblich auf den Verkehrswert der Gesellschaftsanteile abzustellen. Bei einer Schätzung auf Grundlage des Buchwerters ist – wenn möglich – der Umfang der stillen Reserven aufzuklären.2 Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte kann von einem Abfindungsguthaben auf den Verkehrswert der Geschäftsanteile geschlossen werden.3 Geht es bei der Nichtigkeitsklage gegen einen GmbH-Beschluss wirtschaftlich nur um das Stimmrecht, dann ist der Streitwert geringer als der volle Anteil des Gesellschafters am Stammkapital anzusetzen.4
1038
Gemäß § 3 ZPO und nicht nach § 247 AktG ist die Anfechtungsklage zu bewerten, die sich gegen einen Gesellschafterbeschluss richtet, durch den ein Geschäftsführer abberufen wird. Die Beschwer bestimmt sich nach § 9 ZPO und die Gebühren nach § 42 Abs. 2 GKG (§ 42 Abs. 3 GKG a.F.).5 Siehe näher dazu die Stichwörter „Gesellschaft“, Rn. 2580 und „Organe, Organmitglieder“, Rn. 4391 ff.
1039
Die Beschwer des Beklagten bei Stattgabe einer Anfechtungsklage gegen einen Beschluss über die Einziehung eines Geschäftsanteils richtet sich nach dem Interesse an der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses und damit grundsätzlich nach dem betroffenen Geschäftsanteil. Eine streitgenössische Nebenintervention unterstützender Gesellschafter rechtfertigt aufgrund wirtschaftlicher Identität der Streitgegenstände keine Wertaddition.6
1040
C. Genossenschaft Über die entsprechende Anwendung des § 247 Abs. 1 AktG auf die Anfechtung genossenschaftlicher Beschlüsse besteht kein Streit. Auch hier ist nicht nur das Interesse des Klägers streitwertbestimmend, sondern es ist die Bedeutung der Sache für beide Parteien zu berücksichtigen.7
1041
Insgesamt ist der Streitwert nach freiem Ermessen gem. § 3 ZPO zu schätzen. Dabei sind die gesamten Verhältnisse des Einzelfalles unter Berücksichtigung des Interesses der Genossenschaft an der Aufrechterhaltung des angefochtenen Beschlusses zu berücksichtigen.8
1042
1 2 3 4 5
KG, Rpfleger 1962, 154. OLG Rostock, Urt. v. 19.12.2007 – 6 U 103/06, OLGR 2009, 97. OLG München, Beschl. v. 18.12.2007 – 7 W 1875/07, GmbHR 2008, 1267. OLG Frankfurt, GmbHR 1956, 92. BGH, Beschl. v. 2.3.2009 – II ZR 59/08, MDR 2009, 815; Beschl. v. 22.5.1995 – II ZR 247/94, NJW-RR 1995, 1502; OLG Frankfurt, NJW 1968, 2112 = JurBüro 1968, 829: § 247 AktG unanwendbar; OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2012 – 14 U 10/12, GmbHR 2013, 414 = ZWH 2013, 416; OLG Thüringen, Urt. v. 8.1.2014 – 2 U 627/13, GmbHR 2014, 706 = NZG 2014, 391. 6 BGH, Beschl. v. 2.3.2009 – II ZR 259/08, MDR 2009, 815; Urt. v. 30.4.2001 – II ZR 328/00, GmbHR 2001, 576 = MDR 2001, 798 = NJW 2001, 2638. 7 OLG Naumburg, Beschl. v. 14.9.1998 – 12 W 25/98, JurBüro 1999, 310; OLG Bamberg, Beschl. v. 18.2.1980 – 3 W 70/79, JurBüro 1980, 759; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.10.2008 – 5 W 51/08, NZG 2009, 434 = SchlHA 2009, 131; OLG Zweibrücken, Urt. v. 27.6.2006 – 8 U 86/05, OLGR 2007, 750. 8 OLG Naumburg, Beschl. v. 14.9.1998 – 12 W 25/98, JurBüro 1999, 310; OLG Oldenburg, NJW 1953, 1716.
Kurpat
159
ZPO
Angebot der Gegenleistung 1043
Die Höhe des Geschäftsanteils eines anfechtenden Genossen begrenzt den Streitwert der gem. § 51 GenG erhobenen Anfechtungsklage nicht.1
1044
Der mit der Anfechtungsklage verbundene zusätzliche Antrag auf Feststellung, dass der jeweilige Leiter der Generalversammlung verpflichtet sei, einen näher bezeichneten Antrag zur Abstimmung vorzulegen, ist vom OLG Bamberg2 als nichtvermögensrechtliche Angelegenheit angesehen worden.
1045
Der Streitwert für die Anfechtung von Wahlhandlungen zur Vertreterversammlung einer Genossenschaft bemisst das OLG Schleswig3 im Hinblick auf die gegenüber den Wahlen zum Vorstand oder Aufsichtsrat geringere Bedeutung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Beteiligung des Klägers (Genossenschaftsanteile im Nomialwert von 1000 Euro) und dem Interesse der Gesellschaft an der Vermeidung einer Wiederholung der Wahl auf 15 000 Euro.
D. Gewerk 1046
Die Anfechtungsklage eines Gewerken gegen den Beschluss einer Gewerkenversammlung ist ebenfalls analog § 247 Abs. 1 AktG zu bewerten.4
E. OHG und KG 1047
Auf die OHG und die KG ist § 247 AktG nicht anzuwenden, da es an einer zur GmbH, der Genossenschaft und der bergrechtlichen Gewerkschaft gleichartigen Ausgangslage fehlt. Dort lässt sich die Analogie damit begründen, dass von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen eines einzelnen Klägers auch ein höher zu bewertendes Interesse der juristischen Person an der Aufrechterhaltung des Beschlusses betroffen wird. Diese Voraussetzungen sind bei der OHG und der KG in der Regel nicht gegeben.5 Bei der auf eine Vielzahl von Anlegern mit im Verhältnis zum Gesamtkapital geringfüigigen Einlagen ausgelegten Publikums-KG ist die Situation dagegen der einer Aktiengesellschaft ähnlich und rechtfertigt auch hier eine entsprechende Anwendung des § 247 Abs. 1 AktG.6
Angebot der Gegenleistung 1048
Der Streitwert der Klageforderung wird nicht dadurch gemindert, dass der Kläger im Klageantrag die dem Beklagten geschuldete Gegenleistung anbietet. Etwas anderes gilt nur, wenn der Kläger selbst die Gegenforderung, etwa durch Aufrechnung, von der Klageforderung absetzt.7 Siehe auch das Stichwort „Gegenleistung“. 1 OLG Naumburg, Beschl. v. 14.9.1998 – 12 W 25/98, JurBüro 1999, 310; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.4.1951 – 6 W 22/51, JurBüro 1951, 303. 2 OLG Bamberg, JurBüro 1980, 759. 3 OLG Schleswig, Beschl. v. 6.10.2008 – 5 W 51/08, NZG 2009, 434 = SchlHA 2009, 131. 4 BGH, Warneyer 1969 Nr. 277 = MDR 1970, 218 = Rpfleger 1970, 18. 5 BGH, Beschl. v. 21.2.2002 – II ZR 91/00, AG 2003, 318 = NZG 2002, 518 = NJW-RR 2002, 823 – betr. Streit zwischen den Gesellschaftern einer zweigliedrigen KG; abweichend BGH, Beschl. v. 21.6.2011 – II ZR 22/10, NZG 2011, 997 = AG 2011, 823. 6 OLG Hamburg, Beschl. v. 5.1.2011 – 2 W 125/11, NZG 2011, 312 = MDR 2011, 628 (Ls. Streit über Betriebsfortführungskonzept; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.1.2013 – 4 W 338/12, NZG 2013, 341 = ZIP 2013, 999. 7 LG Münster, JMBl.NW 1951, 10.
160
Kurpat/N. Schneider
Anmeldung zum Handelsregister
Anmeldung zum Handelsregister A. Bewertungsgrundsätze Bei der Klage auf Mitwirkung der Anmeldung zum Handelsregister, beispielsweise auf Verurteilung des Beklagten, eine Eintragung im Handelsregister anzumelden, handelt es sich um eine Leistungsklage auf Abgabe einer Willenserklärung. Der Streitwert ist nach § 3 ZPO zu schätzen;1 maßgebend ist das Interesse des Klägers daran, dass die jeweiligen Eintragungen vollzogen werden.2 In der Regel wird dabei ein Bruchteil i.H.v. 1/10 bis 1/4 des Anteils des klagenden Gesellschafters angesetzt.3
1049
Immer kommt es aber auf die Umstände des Einzelfalles an, etwa darauf, ob die anzumeldende Tatsache zwischen den Parteien streitig ist oder nicht, ob es sich lediglich um eine förmliche Registerbereinigung handelt oder um eine gewichtige, die Rechtsstellung eines Gesellschafters grundsätzlich betreffende Eintragung.4 Deshalb darf nie unter Übergehen der Einzelheiten mit einem „RegelBruchteil“ bewertet werden.5
1050
B. Beispiele aus der Rechtsprechung Der Streitwert einer Klage gegen einen ausgeschiedenen Kommanditisten einer KG, die zu seiner Löschung im Handelsregister erforderlichen Erklärungen abzugeben, ist nicht gleichzusetzen mit der Höhe der eingetragenen Kommanditeinlage.6
1051
Ebenso liegt es, wenn nur eine deklaratorisch bedeutsame Eintragung (als persönlich haftender Gesellschafter) erstrebt wird.
1052
Für den Antrag, den Beklagten zur Mitwirkung bei der Löschung seiner Eintragung als Gesellschafter im Handelsregister zu verurteilen, ist neben dem Streitwert der Klage auf Feststellung des Ausgeschiedenseins kein gesonderter Wert festzusetzen, weil dieser Antrag neben dem Feststellungsantrag keine selbständige Bedeutung hat.7
1053
Die Klage auf Verurteilung, die Änderung einer gemeinsamen Firma zum Handelsregister anzumelden, ist vom OLG Bamberg8 mit 1/10 des Werts des Gesellschaftsanteils des Klägers beziffert worden.
1054
Geht es um die Eintragung als Kommanditist, dann ist nicht vom Buchwert oder steuerlichen Wert des Anteils auszugehen, sondern von dem wirklichen Wert des Kommanditanteils unter Berücksichtigung stiller Reserven. Der so gefundene Wert ist jedoch nur mit einem Bruchteil anzunehmen, weil mit der Klage auf Anmeldung zum Handelsregister keine rechtskräftige Entscheidung über die Zuge-
1055
1 Allg. Meinung, vgl. etwa BGH, Beschl. v. 14.10.1987 – IVa ZR 84/87, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 892; OLG Stuttgart, Urt. v. 31.10.2012 – 14 U 19/12, DStR 2013, 1138 = NotBZ 2013, 281-287. 2 Vgl. etwa OLG Köln, DB 1971, 1055. 3 Siehe OLG Bamberg, Beschl. v. 30.1.1884 – 4 W 73/83, JurBüro 1984, 856. 4 BGH, Beschl. v. 19.2.1979 – II ZR 71/78, JurBüro 1979, 977 = Rpfleger 1979, 194. 5 BGH, Beschl. v. 14.10.1987 – IVa ZR 84/87, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 892. 6 OLG Koblenz, Beschl. v. 21.9.1953 – 5 W 478/53, Rpfleger 1956, 147. 7 LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 7.8.1964 – 11 S 110/63, JurBüro 1964, 829. 8 OLG Bamberg, Beschl. v. 30.1.1984 – 4 W 73/83, JurBüro 1984, 756.
Monschau
161
Anmeldung zum Handelsregister
ZPO
hörigkeit zur Gesellschaft herbeigeführt werden kann.1 Streiten die Parteien insoweit um die materielle Berechtigung, kann der Streitwert im Einzelfall auf das Fünffache des Nennwerts begrenzt werden und die Ansetzung eines Viertels dieses Werts angemessen sein.2 1056
Ist das Ausscheiden eines Kommanditisten aus einer KG unstreitig und klagt der persönlich haftende Gesellschafter deshalb nur auf Verurteilung zur Mitwirkung der Anmeldung zum Handelsregister, dann ist das Interesse des Klägers an der Offenlegung des wirklichen Beteiligungsverhältnisses nach außen wertbestimmend. Dieses Interesse ist gering zu bewerten; im Regelfall ist ein Ansatz i.H.v. 1/10 der Einlage angemessen.3 Es ist höher anzusetzen, wenn der Gegner auf seiner Gesellschafterstellung beharrt (Rn. 1059).
1057
Der Antrag auf Verurteilung des Beklagten, im Handelsregister die Eintragung einer bestimmten Person als Gesamtprokurist neben einem persönlich haftenden Gesellschafter zu beantragen, ist vom OLG Köln4 mit 1/10 des Wertes des Gesellschaftsanteils des Klägers bemessen worden.
1058
Hat ein Kommanditist sich mit einer Einlage von seinerzeit 40 000 DM an einer zum Betrieb einer Apotheke errichteten Kommanditgesellschaft beteiligt und außerdem der Gesellschaft ein Darlehen von 80 000 DM gewährt und hat die Gesellschaft bereits vor Eintragung in das Handelsregister ihre Geschäfte begonnen, so ist für eine Klage des Kommanditisten gegen den persönlich haftenden Gesellschafter auf Mitwirkung bei der Anmeldung der Kommanditgesellschaft zum Handelsregister der Betrag von 10 000 DM als angemessener Streitwert angenommen worden.5
1059
Auch bei einem Streit darüber, ob ein Kommanditist ausgeschieden ist, kann dessen Einlage nicht als maßgebend angesehen werden. Die Verurteilung, das Ausscheiden eines Gesellschafters zum Handelsregister anzumelden, enthält nämlich keine rechtskräftige Entscheidung darüber, ob der Beklagte der Gesellschaft noch angehört oder nicht (Rn. 1055). Das Eintragungsinteresse ist deshalb zwangsläufig geringer als dasjenige an einer Ausschließungs- oder Feststellungsklage. Die Höhe des Anmeldungsinteresses bestimmt sich wiederum danach, ob der Beklagte die Registeranmeldung verweigert und aus welchen Gründen, insbesondere ob er sich nach wie vor als Gesellschafter ansieht oder nicht. Das Beharren auf der Gesellschafterstellung muss sich in einem höheren Streitwert niederschlagen.6 Denn macht der Beklagte geltend, noch Gesellschafter zu sein, so kommt es für den Kläger nicht nur auf die förmliche Registerbereinigung, sondern auch darauf an, dem Beklagten die tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten zu nehmen, die ihm das Handelsregister im Rechtsverkehr zu Lasten der Gesellschaft bieten könnte. Ein solches Interesse kann in der Regel nicht gering veranschlagt werden, wenn es um den vertretungsberechtigten Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft geht.7
1060
Der BGH hat in der in Rn. 1059 angeführten Entscheidung den Streitwert von zweitinstanzlich seinerzeit 25 000 DM auf drittinstanzlich 350 000 DM angehoben – ein verfassungsrechtlich allerdings schon bedenklicher Sprung in der Ge-
1 BGH, Beschl. v. 14.10.1987 – IVa ZR 84/87, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 892. 2 BGH, Beschl. v. 19.2.1979 – II ZR 71/78, Rpfleger 1979, 194 = MDR 1979, 736; Beschl. v. 14.10.1987 – IV a ZR 84/87; OLG Stuttgart, Urt. v. 31.10.2012 – 14 U 19/12, DStR 2013, 1138 = NotBZ 2013, 281–287. 3 OLG Köln, DB 1971, 1055. 4 OLG Köln, Beschl. v. 19.9.1973 – 2 W 113/73, MDR 1974, 53. 5 OLG Frankfurt, NJW 1959, 945. 6 BGH, Beschl. v. 19.2.1979 – II ZR 71/78, Rpfleger 1979, 194 = MDR 1979, 736. 7 BGH, Beschl. v. 19.2.1979 – II ZR 71/78, Rpfleger 1979, 194 = MDR 1979, 736.
162
Monschau
Antragsberschreitung bührentabelle, da damit der ursprünglichen Prozesskostenberechnung völlig die Grundlage entzogen wird. Bei der Berufung eines Kommanditisten, der ein Urteil auf Wiedereintragung der Klägerin als persönlich haftende Gesellschafterin angreift, ist wertbestimmend sein Interesse daran, diese Wiedereintragung zu verhindern. Dabei sind die Machtbefugnisse zu berücksichtigen, die nach außen hin mit einer solchen Eintragung verbunden sind, und die vermögensrechtlichen Auswirkungen gesellschaftlicher Entscheidungen auf die Rechtsstellung der anderen Gesellschafter. Der Streitwert ist nach § 3 ZPO zu schätzen.1
1061
Annahmeverzug Siehe das Stichwort „Feststellungsklage“ bei Rn. 2277 ff.
Anspruchshufung Mehrere Ansprüche gegen denselben Beklagten, die in einer Klage geltend ge- 1062 macht werden (§ 260 ZPO), sind zusammenzurechnen (§ 5 Hs. 1 ZPO). Hinsichtlich der Zuständigkeit gilt das nicht für den Gegenstand der Klage und Widerklage (§ 5 Hs. 2 ZPO). Für die Gebühren gilt § 45 GKG. Anspruchshäufung kann zu unterschiedlichen Prozesslagen führen. Siehe dazu das Stichwort „Mehrere Ansprüche, (Klagehäufung)“.
Anstellungsvertrag eines Organs Siehe das Stichwort „Organe, Organmitglieder“.
Antragsnderung Siehe das Stichwort „Klageänderung“, Rn. 3319, 3327.
Antragsberschreitung Siehe das Stichwort „Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO“.
1 BGH, Beschl. v. 19.2.1979 – II ZR 71/78, Rpfleger 1979, 194 = MDR 1979, 736.
Monschau/Kurpat
163
1063
Anwaltsbeiordnung
ZPO
Anwaltsbeiordnung Siehe das Stichwort „Notanwalt“.
Anwaltsvergtung A. Zuständigkeitstreitwert I. Klage des Anwalts 1064
Klagt der Anwalt seine Vergütung ein, richtet sich der Wert gem. § 3 ZPO nach dem verlangten Betrag. Auslagen und Umsatzsteuer (Nr. 7000 ff. VV RVG) sind in vollem Umfang zu berücksichtigen. Es handelt sich keineswegs um Nebenforderungen i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO.
II. Klage des Auftraggebers gegen den Anwalt 1. Rückzahlung 1065
Verlangt der Auftraggeber vom Anwalt Rückzahlung bereits geleisteter Anwaltsvergütung, insbesondere nicht verbrauchter Vorschüsse, richtet sich der Wert ebenfalls nach § 3 ZPO. Maßgebend ist der verlangte Betrag. 2. Abrechnung
1066
Verlangt der Auftraggeber lediglich Abrechnung (§ 10 Abs. 2 RVG), so ist das Interesse an der Abrechnung nach § 3 ZPO zu schätzen.
1066a
Soweit der Auftraggeber noch nicht gezahlt hat, dürfte das Interesse – vergleichbar einer Auskunftsklage – auf einen Bruchteil des zu erwartenden Rückzahlungsanspruchs abzustellen sein.
1066b
Soweit die Abrechnung einen Rückzahlungsanspruch wegen zu viel gezahlter Beträge oder Vorschüsse vorbereiten soll, dürfte ebenfalls auf einen Bruchteil des zu erwartenden Rückzahlungsanspruchs abzustellen sein.
1066c
Benötigt der Auftraggeber die Abrechnung, um die gezahlte Anwaltsvergütung steuerlich geltend machen zu können, ist auf den zu erwartenden Steuervorteil abzustellen.
1066d
Wird die Rechnung benötigt, um die gezahlte Anwaltsvergütung bei einem Dritten einzufordern, ist das Interesse mit dem Betrag anzusetzen, den der Auftraggeber von dem Dritten erstattet verlangen kann. 3. Abrechnung und Rückzahlung
1067
Verlangt der Auftraggeber im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) Abrechnung und eine nach Abrechnung noch zu beziffernde Rückzahlung, so sind die Werte für den Zuständigkeitsstreitwert nach § 5 ZPO zu addieren. Siehe das Stichwort „Stufenklage“, Rn. 5035 ff.
164
Kurpat/N. Schneider
Anwaltsvergtung
III. Klage des Auftraggebers gegen Dritte 1. Erstattung Wird gegen einen Dritten auf Erstattung bereits aufgewandter Anwaltskosten geklagt, richtet sich der Wert ebenfalls nach § 3 ZPO. Maßgebend ist der verlangte Betrag.
1068
2. Freistellung Wird von einem Dritten Freistellung verlangt, richtet sich der Wert ebenfalls nach § 3 ZPO. Siehe hierzu das Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“, Rn. 1554 ff.
1069
3. Erstattung oder Freistellung neben Hauptforderung Klagt der Auftraggeber neben seiner Hauptforderung aufgewandte Anwaltsgebühren als Schadensposition mit ein, handelt es sich um Nebenforderungen i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO, soweit die Anwaltsgebühren aus den miteingeklagten Gegenständen resultieren. Unerheblich ist insoweit, ob Freistellung oder Erstattung verlangt wird.
1070
Soweit Anwaltskosten aus bereits erledigten Schadenspositionen geltend gemacht werden, handelt es sich dagegen um Hauptforderungen. Siehe hierzu ausführlich das Stichwort „Vorgerichtliche Kosten“, Rn. 5951 ff.
1071
Einstweilen frei.
1072
B. Gebührenstreitwert I. Zahlungsklage 1. Klage Der Wert einer Klage auf Zahlung einer Anwaltsvergütung oder auf Rückzahlung geleisteter Vergütungen oder Vorschüsse wird auch für den Gebührenstreitwert nach § 3 ZPO bemessen (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG). Das gilt auch für den Anwalt (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG).
1073
Stützt der Anwalt seinen Vergütungsanspruch primär auf eine Vergütungsvereinbarung und hilfsweise auf die gesetzliche Vergütung, so handelt es sich nur um eine Hilfsbegründung, nicht um einen Hilfsantrag, so dass dadurch keine Werterhöhung nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG eintritt.
1074
Û
Beispiel: Der Anwalt klagt auf Zahlung von 3000 Euro aufgrund einer Vergütungsvereinbarung. Der Beklagte bestreitet die Wirksamkeit der Vereinbarung und ist ohnehin der Auffassung, nichts zahlen zu müssen. Für den Fall, dass die Vergütungsvereinbarung tatsächlich unwirksam sein sollte, verlangt der Kläger die gesetzliche Vergütung, die sich nach seiner Auffassung auf 2000 Euro beläuft. Der Streitwert beläuft sich nur auf 3000 Euro, da insgesamt nur ein Zahlungsanspruch i.H.v. maximal 3000 Euro geltend gemacht wird.
2. „Hilfsaufrechnung“ des Auftraggebers Erklärt der beklagte Auftraggeber gegenüber dem von ihm bestrittenen Vergütungsanspruch hilfsweise die Aufrechnung mit einem auf Freistellung von der Vergütungsforderung gerichteten Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter N. Schneider
165
1075
Anwaltsvergtung
ZPO
Mandatsführung, handelt es sich nicht um eine Hilfsaufrechnung. Dieser Einwand führt daher nicht zu einer Streitwerterhöhung.1 Der Schaden, den der Auftraggeber geltend macht, besteht dann in einer Verbindlichkeit aus einem aufgedrängten oder nutzlos gewordenen Vertrag, so dass der Anspruch auf die Gegenleistung erst gar nicht geltend gemacht werden kann. Einer Aufrechnung bedarf es daher nicht.2 Für den Rechtsanwalt hat ein entsprechender gegen ihn gerichteter Schadensersatzanspruch unmittelbar den Verlust des Vergütungsanspruchs zur Folge, ohne dass es einer Aufrechnung bedarf.3 Gleiches gilt, wenn der Anwalt ohne Grund gekündigt hat und der Mandant einwendet, an der Leistung des Anwalts kein Interesse mehr zu haben, weil er einen anderen Rechtsanwalt beauftragen und vergüten musste.4 3. Klage und Widerklage 1076
Erhebt der Anwalt einerseits Klage auf Zahlung ausstehender Vergütung und klagt der Auftraggeber im Wege der Widerklage andererseits auf Rückzahlung geleisteter Vergütung oder Vorschüsse, sind die Werte nach § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG zu addieren. Gleiches gilt im umgekehrten Fall. Auch wenn in der Regel dem einen Antrag nicht stattgegeben werden kann, ohne den anderen abzuweisen, fehlt es an der erforderlichen wirtschaftlichen Identität, so dass nicht derselbe Streitgegenstand i.S.d. § 45 Abs. 1 GKG gegeben ist.
Û
Beispiel: Der Anwalt hatte einen Vorschuss von 5000 Euro erhalten. Er klagt auf Zahlung restlicher Vergütung i.H.v. 4000 Euro, da er von einer Gesamtvergütung i.H.v. 9000 Euro ausgeht. Der Beklagte beantragt Klageabweisung und verlangt widerklagend 2000 Euro bereits gezahlter Vergütung zurück, da er der Auffassung ist, insgesamt nur 3000 Euro zu schulden, also bereits zu viel gezahlt zu haben. Die Werte von Klage und Widerklage sind zu addieren. Der Streitwert beläuft sich auf 6000 Euro.
II. Abrechnung 1077
Verlangt der Auftraggeber lediglich Abrechnung (§ 10 Abs. 2 RVG), so ist das Interesse an der Abrechnung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO zu schätzen. Es gilt das Gleiche wie beim Zuständigkeitsstreitwert (s.o. Rn. 1064).
III. Abrechnung und Rückzahlung 1078
Verlangt der Auftraggeber im Wege der Stufenklage Abrechnung und Rückzahlung zu viel gezahlter Beträge oder nicht verbrauchter Vorschüsse, sind die Ansprüche zwar rechnerisch einzeln zu bewerten. Es gilt dann aber der höhere Wert (§ 44 GKG). Siehe das Stichwort „Stufenklage“, Rn. 5035 ff.
1 BGH, Beschl. v. 9.7.2009 – IX ZR 135/08, AGS 2009, 495 = MDR 2009, 1251 = BRAK-Mitt. 2009, 244 u. 286 (hier Verstoß gegen § 49b Abs. 5 BRAO). 2 Siehe auch BGH, Beschl. v. 19.1.1978 – VII ZR 175/75, MDR 1978, 483. 3 BGH, MDR 1977, 476 f.; Urt. v. 8.10.1981 – III ZR 190/79, NJW 1982, 437; Urt. v. 17.10.1996 – IX ZR 37/96, MDR 1997, 197. 4 BGH, Urt. v. 30.3.1995 – IX ZR 182/94, MDR 1995, 854; Urt. v. 17.10.1996 – IX ZR 37/96, NJW 1997, 188; Urt. v. 15.7.2004 – IX ZR 256/03, MDR 2004, 1387; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2005 – I-24 U 43/04, MDR 2005, 1140; Beschl. v. 15.7.2008 – I-24 U 224/07, AnwBl 2009, 72 = AGS 2009, 6.
166
N. Schneider
Anwaltsvergtung
IV. Kosten des Rechtsstreits Anwaltsgebühren, die für die Vertretung im Rechtsstreit anfallen, sind schon deshalb nicht zu bewerten, weil sie nicht Streitgegenstand sind. Sie werden erst zum Streitgegenstand, wenn nur noch die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen sind, etwa im Falle einer übereinstimmenden Hauptsacheerledigung. Dann ist nach § 43 Abs. 3 GKG der Wert der Kosten maßgebend, wobei dieser allerdings den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigen darf.
1079
Soweit zu diesem Zeitpunkt die genaue Höhe der Anwaltsgebühren noch nicht feststeht, ist deren Wert gem. § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO zu schätzen.
1080
Für die Gerichtsgebühren wird dieser Wert grundsätzlich keine Bedeutung haben, da das GKG kaum noch Stufenstreitwerte kennt. Eine Wertfestsetzung von Amts wegen nach § 63 GKG hat dann zu unterbleiben. Die Festsetzung erfolgt nur auf Antrag nach § 33 RVG.
1081
Û
Beispiel: Der Rechtsstreit über 5000 Euro wurde in der Hauptsache übereinstimmend vor der mündlichen Verhandlung für erledigt erklärt. In der mündlichen Verhandlung werden wechselseitige Kostenanträge gestellt. Die 3,0-Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen (Nr. 1210 KV GKG) wird aus dem Wert von 5000 Euro erhoben. Die spätere Erledigung hat auf die Gerichtsgebühren keinen Einfluss. Eine Wertfestsetzung nach § 63 GKG für den Kostenstreitwert ist daher unzulässig. Für die Anwälte ist der Kostenstreitwert dagegen u.U. von Bedeutung, da hieraus eine Terminsgebühr anfällt, sofern sie nicht schon zuvor eine Besprechung über die Hauptsache geführt haben (Vorbem. 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV RVG). Hier muss das Gericht auf Antrag nach § 33 RVG einen Wert festsetzen. Der Wert der Kosten berechnet sich nach dem Wert der bislang angefallenen Gerichtskosten (3,0) sowie der bislang angefallenen Kosten beider Anwälte, die ggf. zu schätzen sind.
Nur soweit das GKG noch Stufenstreitwerte vorsieht, etwa bei einem Kostenwiderspruch nach einem Mahnbescheid oder einer einstweiligen Verfügung, ist eine entsprechende gestaffelte Wertfestsetzung nach § 63 GKG zulässig und geboten.
Û
Beispiel: Der Antragsteller hatte einen Mahnbescheid über 5000 Euro erwirkt. Der Antragsgegner zahlt sofort die 5000 Euro und legt einen nur auf die Kosten beschränkten Widerspruch ein. Im Mahnverfahren ist die 0,5-Gebühr (Nr. 1100 KV GKG) aus 5000 Euro entstanden. Im nachfolgenden streitigen Verfahren entsteht die 3,0-Gebühr (Nr. 1210 KV GKG) – auf die die 0,5-Gebühr anzurechnen ist (Anm. zu Nr. 1210 KV GKG) – dagegen nur aus dem Wert der Kosten, der jetzt nach § 63 Abs. 2 GKG festzusetzen ist. Hier ist sogar nach § 63 Abs. 1 GKG eine vorläufige Wertfestsetzung geboten. Der Wert der Kosten berechnet sich nach dem Wert der bislang angefallenen Gerichtskosten (0,5) sowie der Kosten beider Anwälte, die ggf. wiederum zu schätzen sind.
Û
Beispiel: Der Antragsteller hatte eine einstweilige Verfügung erwirkt. Der Antragsgegner erkennt den Verfügungsanspruch außergerichtlich sofort an und gibt eine Unterlassungserklärung ab. Gegen die Kosten, die ihm durch die Verfügung auferlegt worden sind, legt er Widerspruch ein, über den durch Urteil entschieden wird. Im Anordnungsverfahren ist die 1,5-Gebühr aus dem Wert der Hauptsache entstanden (Nr. 1410 KV GKG). Durch das nachfolgende Verfahren über den Widerspruch erhöht sich die 1,5-Gebühr nach Nr. 1412 KV GKG aus dem Wert der Kosten auf 3,0. Das Gericht muss daher den Wert der Kosten nach § 63 Abs. 2 GKG festsetzen. Der Wert der Kosten berechnet sich nach dem Wert der bislang angefallenen Gerichtskosten (1,5) sowie der Kosten beider Anwälte, die ggf. zu schätzen sind.
N. Schneider
167
1082
ZPO
Anwaltsvergtung
V. Vorgerichtliche Kosten 1. Isolierte Klage 1083
Werden vorgerichtliche Anwaltskosten selbständig eingeklagt, sind sie Hauptforderung. Der eingeklagte Betrag ist maßgebend (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO). 2. Kostenerstattung neben Hauptsache
1084
Werden vorgerichtliche Anwaltskosten neben dem zugehörigen Hauptsacheanspruch geltend gemacht, handelt es sich um Nebenforderungen nach § 43 Abs. 1 GKG, deren Wert dem Wert der Hauptsache nicht hinzugerechnet wird.
1084a
Ebenfalls nicht zu addieren ist, wenn der Auftraggeber gegen den Anwalt negative Feststellungsklage erhebt und gleichzeitig die ihm zur vorgerichtlichen Abwehr entstandenen Anwaltskosten miteinklagt.
1085
Soweit aus den vorgerichtlichen Anwaltskosten allerdings gesonderte Gebühren anfallen, ist deren Wert nach § 43 Abs. 2 GKG maßgebend.
Û
Beispiel: Im Termin zur mündlichen Verhandlung weist das Gericht darauf hin, dass die Klage i.H.v. 5000 Euro zwar schlüssig sei, nicht jedoch der Antrag auf Ersatz der vorgerichtlich entstandenen 1,3-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) nebst Auslagen und Umsatzsteuer i.H.v. 492,54 Euro. Nach Erörterung wird der Antrag auf Ersatz der vorgerichtlichen Kosten zurückgenommen. Im Übrigen beantragt der Kläger ein Versäumnisurteil. Aus dem Wert der Hauptsache (Wert: 10 000 Euro) ist lediglich eine 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV RVG angefallen, da insoweit bei Säumnis des Beklagten lediglich ein Versäumnisurteil beantragt wurde. Aus dem Wert der vorgerichtlichen Kosten i.H.v. 492,54 Euro ist dagegen die volle 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG angefallen, da diese jetzt alleine betroffen sind und damit den Wert bestimmen (§ 43 Abs. 2 GKG).1 Insgesamt darf jedoch nach § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr abgerechnet werden, als eine 1,2-Terminsgebühr aus dem Gesamtwert, der sich nach § 43 Abs. 1 GKG nur auf 10 000 Euro beläuft, da beim Gesamtwert die Kosten nicht hinzugerechnet werden dürfen. 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 10 000 Euro) 2. 0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV RVG (Wert: 10 000 Euro) 3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 492,54 Euro) die Begrenzung nach § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,2 aus 10 000 Euro (669,60 Euro) ist nicht überschritten 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
725,40 Euro 279,00 Euro 54,00 Euro
20,00 Euro 1078,40 Euro 204,90 Euro 1283,30 Euro
3. Kostenerstattung aus anderer Hauptsache 1086
Soweit Anwaltsgebühren eingeklagt werden, die sich aus anderweitigen Gegenständen, die nicht (mehr) anhängig sind, ergeben, liegt keine Nebenforderung i.S.d. § 43 Abs. 1 GKG vor. Der Wert dieser Anwaltsgebühren ist dann dem Wert der Hauptsache hinzuzurechnen. Siehe hierzu ausführlich das Stichwort „Vorgerichtliche Kosten“, Rn. 5951 ff.
1087
Dies gilt erst recht, wenn Kosten aus einer völlig anderen Hauptsache im Wege der Klagehäufung miteingeklagt werden. 1 OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2005 – 17 W 232/05, AGS 2006, 224 = RVGreport 2006, 104.
168
N. Schneider
Anwartschaftsrechte 4. Widerklage Verlangt der Beklagte seinerseits im Wege der Widerklage Erstattung seiner vorgerichtlichen Kosten für die vorgerichtliche Abwehr der Klageforderung, ist der Wert der Widerklage nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG hinzuzurechnen. Es handelt sich nicht um eine Nebenforderung, da der Beklagte gar keine Hauptforderung geltend macht.
1087a
C. Beschwer Die Beschwer berechnet sich nach den gleichen Grundsätzen wie der Zuständigkeitsstreitwert. Es gelten keine Besonderheiten. Lediglich die Beschwer des Anwalts bei einer Verurteilung zu Abrechnung dürfte geringer zu bewerten sein und sich am Aufwand für die Erstellung der Abrechnung orientieren. Siehe das Stichwort „Auskunftsanspruch“, Rn. 1404 ff.
1087b
Anwartschaftsrechte A. Einleitung Eine Anwartschaft ist die Vorstufe zum Erwerb eines Rechts. Dabei werden solche Rechtspositionen als Anwartschaftsrechte bezeichnet, bei denen vom mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass der Veräußerer die Rechtsposition des Erwerbs nicht mehr durch einseitige Erklärung zerstören kann. Die wichtigsten Fallgestaltungen sind der Eigentumsvorbehalt bei Erwerb einer Sache unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 449 BGB), die Sicherungsübereignung1 sowie die Stellung des Grundstückserwerbers zwischen Eintragungsantrag und Grundbucheintragung.
1088
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Wie Ansprüche zu bewerten sind, die aus einem Anwartschaftsrecht abgeleitet werden, hängt vom konkreten Klageantrag ab.
1089
I. Herausgabeanspruch Wird ein unter Eigentumsvorbehalt gelieferter oder zur Sicherheit übereigneter Gegenstand herausverlangt, dann sind § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG anzuwenden. Maßgeblich ist entweder der Wert der herausverlangten Sache oder der geringere Wert der Forderung, wegen derer ein Pfandrecht begründet ist.2
1090
II. Rückübertragungsanspruch Verlangt der Sicherungsgeber vom Sicherungsnehmer die Rückübertragung des Sicherungseigentums mit der Behauptung, dass die zu sichernde Forderung erfüllt sei, so richtet sich der Wert des Anspruchs nach dem Wert der streitigen Forde1 Vgl. auch das Stichwort „Sicherungsübereignung“. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.10.2003 – 24 U 158/01, MDR 2003, 356.
N. Schneider/Noethen
169
1091
Arrest
ZPO
rung, wenn dieser geringer ist als der Wert der Sache. § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG sind auf diese Fälle entsprechend anzuwenden, da das Sicherungseigentum dem Pfandrecht näher steht als dem Volleigentum.1
III. Sicherungsanspruch 1092
In der Regel werden aber aus Anwartschaftsrechten nur Sicherungsansprüche oder bedingte Ansprüche hergeleitet. In diesen Fällen ist der Wert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen, wobei die Wahrscheinlichkeit eines Erwerbs des Vollrechts und die Gefahr einer Vereitelung dieses Erwerbs zu berücksichtigen sind. Das Sicherungsinteresse als solches wird in der Regel mit einem Bruchteil des Wertes des zu sichernden Anspruchs angesetzt. Ausnahmsweise kann der volle Wert erreicht werden, wenn dem Kläger oder Gläubiger ohne die verlangte Sicherheit der völlige Ausfall seines Rechts droht. Anhaltspunkte für die Schätzung werden in erster Linie diejenigen Leistungen sein, die der Anwartschaftsberechtigte bereits erbracht hat, beispielsweise eine Kaufpreiszahlung.
1093
Û
Beispiel: Lässt der Käufer, um seinen Erfüllungsanspruch zu sichern, dem Verkäufer verbieten, den verkauften Pkw anderweitig zu veräußern, stellt das OLG Koblenz2 auf den Wagenwert ab, den es im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf 1/3 reduziert.
1094–1103
Einstweilen frei.
Arrest Literatur: Meyer, JurBüro 2003, 525; Schneider, MDR 1990, 200; Schneider, Der Streitwert des Aufhebungsverfahrens bei Arrest und einstweiliger Verfügung, JurBüro 1977, 1516. Stichwortübersicht Rn. Ablehnung der Fristsetzung . . . . . . . . 1123 Abwehrinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . 1104 Anwaltsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . 1116 Arrest und einstweilige Verfügung . . . 1126 Aufhebungsverfahren . . . . . . . . . 1119, 1120 Auslandswohnsitz des Antragsgegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1110 Dinglicher Arrest . . . . . . . . . . . . . . . . 1125 Drittwiderspruchsklage gegen Arrestvollziehung . . . . . . . . . . . . . . 1128 Hauptsacheklage mit ~antrag . . . . . . . 1127 Hauptsachewert . . . . . . . . . . . . . . . . . 1109
Rn. Hinterlegung der Lösungssumme . Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . Lasten des Sicherungsobjektes . . . Mehrere Anträge . . . . . . . . . . . . . Persönlicher Arrest. . . . . . . . . . . . Regelbewertung . . . . . . . . . . . . . . Seeschiffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherungsinteresse . . . . . . . . . . . Vollziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorläufige Einstellung der Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . Widerspruchsverfahren. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
1121 1112 1107 1125 1125 1109 1124 1104 1114
. . . 1129 . . . 1118
A. Einleitung 1104
Im Verfahren über einen Antrag auf Anordnung, Abänderung oder Aufhebung des Arrestes ist der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert nach § 3 ZPO, § 53 1 BGH, Urt. v. 3.3.1959 – VIII ZR 12/58, NJW 1959, 939; vgl. auch das Stichwort „Sicherungsübereignung“. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 2 W 161/93, JurBüro 1994, 738.
170
Noethen
Arrest Abs. 1 Nr. 1 GKG zu schätzen. Maßgeblich ist das Interesse des Antragstellers an der Sicherung seiner Forderung, nicht das Abwehrinteresse des Gegners. Ausgangspunkt für die Schätzung ist der Wert der Hauptsache.
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Bruchteilsbewertung Um das Interesse des Antragstellers bewerten zu können, ist zunächst vom Wert der zu sichernden Hauptsacheforderung im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags oder des Rechtsmittels (§ 4 Abs. 1 Hs. 1 ZPO, § 40 GKG) auszugehen. Maßgebend ist dann das Interesse des Antragstellers an der Sicherung dieses Anspruchs,1 wobei grundsätzlich kein Bewertungsunterschied zwischen dem dinglichen und dem persönlichen Arrest zu machen ist.2 Soweit mit dem Arrest auch Nebenforderungen gesichert werden sollen, werden diese allerdings bei der Berechnung des Streitwerts nicht berücksichtigt (§ 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO, § 43 GKG).
1105
Der Wert der Hauptsacheforderung ist aber lediglich der Ausgangspunkt für die Bewertung des Antragstellerinteresses. Der Streitwert des Arrestverfahrens ist dem Streitwert des Hauptprozesses nicht gleichzustellen, sondern grundsätzlich niedriger zu bewerten, weil das Arrestverfahren nur der vorläufigen Sicherung des Anspruchs und nicht der Befriedigung des Antragstellers dient.3 Entscheidend ist also nicht der Hauptsachestreitwert, sondern das Sicherungsinteresse des Antragstellers.
1106
Dieses Sicherungsinteresse ist allein an wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu messen, also an der Bedeutung der Sicherstellung für den Antragsteller. Eventuelle Vollziehungsschwierigkeiten oder mögliche Probleme bei der Ermittlung pfändbaren Vermögens sind dagegen nicht zu berücksichtigen, da sie keinen Bezug zum Antragsverfahren haben. Auch das Abwehrinteresse des Gegners bleibt bei der Bewertung unberücksichtigt. Jedoch sind Lasten zu berücksichtigen, die dem Sicherungsobjekt – Grundstück – anhaften.4
1107
Die Angaben eines festen Bruchteils der Hauptsache als Regelstreitwert ist nicht möglich, da jeweils die Umstände des Einzelfalls darüber entscheiden, wie hoch das Interesse des Antragstellers an der Sicherung seiner Forderung einzuschätzen ist. In der Rechtsprechung werden – je nach den Umständen des Einzelfalls – Bruchteile von – 1/4 bis 1/3,5 – 1/3,6
1108
1 OLG Braunschweig, Beschl. v. 23.3.1995 – 2 UF 39/95, JurBüro 1996, 148; OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 5 W 550/93, MDR 1994, 738. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 31.5.1991 – 5 W 316/91, JurBüro 1992, 191 mit zust. Anm. Mümmler; KG, KGR 1993, 144. 3 OLG Brandenburg, Beschl. v. 3.2.2000 – 10 WF 7/00, JurBüro 2001, 93; OLG Oldenburg, Beschl. v. 6.6.1995 – 1 W 45/95, NJW-RR 1996, 946. 4 OLG Köln, MDR 1963, 510; RGZ 151, 167; RGZ 151, 319. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.11.1983 – 8 W 46/83, AnwBl. 1984, 94; OLG Koblenz, Beschl. v. 31.5.1991 – 5 W 316/91, JurBüro 1992, 191. 6 OLG Dresden, Beschl. v. 17.10.2007 – 21 WF 0476/06, AGS 2007, 259; OLG Hamm, Beschl. v. 10.1.2008 – 3 Ws 323/07, AGS 2008, 341; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.10.1997 – 18 WF 71/97, OLGR 1998, 386; OLG Köln, Beschl. v. 10.9.2004 – 2 Ws 370/04; OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.4.2014 – 1 Ws 212/13, JurBüro 2015, 132.
Noethen
171
ZPO
Arrest – 1/3 bis 1/21 – sowie vom halben Wert der zu sichernden Forderung angesetzt.2 1109
Es dürfte sich anbieten und insoweit wohl der herrschenden Meinung entsprechen, von einer Regelbewertung von 1/3 der zu sichernden Hauptsacheforderung auszugehen und diesen Wert nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu erhöhen oder zu verringern.
II. Gründe für eine Abweichung vom Regelstreitwert 1110
Eine Erhöhung des Arrestwertes über den Regelstreitwert hinaus bis hin zum halben Wert der Hauptsacheforderung kann in Betracht kommen, wenn der Antragsgegner im Ausland wohnt und die durch den Arrest gesicherte Forderung das einzige inländische Vermögen ist, das dem Antragsteller noch eine Befriedigungsmöglichkeit bietet.3 Diese Voraussetzung fehlt allerdings, wenn weiteres pfändbares Vermögen vorhanden ist. In einem solchen Fall darf der Streitwert nicht wegen des Wohnsitzes im Ausland erhöht werden.4
1111
Ist das Vermögensobjekt, das zur Sicherung herangezogen werden soll, geringwertiger als der anzusetzende Bruchteil des Forderungswertes, dann ist für die Streitwertberechnung in entsprechender Anwendung von § 6 Satz 2 ZPO nur von dem geringeren Wert des Sicherungsobjekts auszugehen.5
1112
Falsch ist es jedoch, den Streitwert zu erhöhen oder gar auf den vollen Betrag der Forderung festzusetzen, weil nach Arrestanordnung das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wird.6 Maßgebend ist gem. § 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG nur der Zeitpunkt, in dem der Arrestantrag gestellt wird. Insofern kann ein im Laufe des Verfahrens erhöhtes Sicherungsbedürfnis des Antragstellers ohne Änderung des Streitgegenstandes keine Auswirkungen auf den Streitwert haben.
1113
Nur ausnahmsweise kann sich der Streitwert dem Wert der Hauptsache nähern oder ihn erreichen.7 In Betracht kommen hier insbesondere folgende Fallgestaltungen: – Wenn ohne den Arrest die Vollstreckung ganz vereitelt würde. – Wenn der Arrest praktisch zur Befriedigung führt,8 so dass mit einem nachfolgenden Hauptverfahren nicht mehr zu rechnen ist. – Wenn das Gericht im Arrestverfahren faktisch schon über die Hauptsache entscheiden muss.9
1 OLG Brandenburg, Beschl. v. 3.2.2000 – 10 WF 7/00, JurBüro 2001, 94; OLG Oldenburg, Beschl. v. 6.6.1995 – 1 W 45/95, NJW-RR 1996, 946. 2 OLG Frankfurt, JurBüro 1960, 221; OLG Neustadt, JurBüro 1964, 350; BFH, BB 1982, 1353. 3 OLG Dresden, Beschl. v. 17.10.2007 – 21 WF 0476/06, AGS 2007, 259 (Wertansatz auf 50 % der zu sichernden Hauptforderung); OLG Koblenz, Beschl. v. 31.5.1991 – 5 W 316/91, JurBüro 1992, 191 mit zust. Anm. Mümmler. 4 OLG Celle, JurBüro 1970, 167. 5 OLG Frankfurt, JurBüro 1974, 1437. 6 LG Detmold, JurBüro 1974, 1590. 7 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 22.7.2013 – 4 W 26/13; OLG Frankfurt, JurBüro 1960, 220; OLG Köln, JurBüro 1961, 621; OLG Köln, JurBüro 1965, 390. 8 KG, Beschl. v. 20.12.1996 – 14 W 8213/96, KGR 1997, 240; OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.2.2004 – 2 W 8/04, RVGreport 2004, 278. 9 OLG Brandenburg, Beschl. v. 3.2.2000 – 10 WF 7/00, JurBüro 2001, 93 (eine Ausnahme kann jedoch in Unterhaltsverfahren gelten).
172
Noethen
Arrest
III. Vollziehungsverfahren Der Antragsteller kann mit dem Arrestgesuch bereits den Antrag auf Pfändung einer Forderung verbinden. Wird dann zugleich mit der Anordung des Arrestes dessen Vollzug vorgenommen (§ 929 Abs. 3 Satz 1 ZPO), also die Pfändung einer Forderung ausgesprochen, ist der Streitwert für das Arrestverfahren gem. § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach den oben bereits dargestellten Bewertungsgrundsätzen zu schätzen.
1114
Der Streitwert für das Arrestverfahren selbst wird durch die gleichzeitig erfolgende Vollziehung nicht erhöht. Die Vollziehung des Arrestes hat jedoch – unabhängig davon, ob sie nun zugleich mit der Arrestanordnung oder später erfolgt – einen eigenen Wert. Dieser ist allerdings nur für die Berechnung der Anwaltsgebühren erforderlich, da die Gerichtsgebühren für das Vollziehungsverfahren als Festgebühren (Nr. 2111 KV GKG: 20 Euro) anfallen.
1115
Für den Anwalt ist das Arrestvollziehungsverfahren eine eigene gebührenrechtliche Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 RVG), für die er die Gebühren nach den Nrn. 3309, 3310 VV RVG erhalten kann. Der Gegenstandswert richtet sich nach § 25 Abs. 1 RVG.1 Danach ist der Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung einschließlich der Nebenforderungen entscheidend. Soll ein bestimmter Gegenstand gepfändet werden, ist dessen Wert maßgebend, wenn er geringer ist als die Vollstreckungsforderung. Nach oben begrenzt wird der Gegenstandswert im Vollziehungsverfahren durch den Wert des Anordnungsverfahrens.2
1116
IV. Widerspruchs- und Aufhebungsverfahren Die Bewertungsregeln des Anordnungsverfahrens gelten gleichermaßen im Ver- 1117 fahren auf Aufhebung eines Arrestes (§§ 926 Abs. 2, 927, 934 ZPO) und im Widerspruchsverfahren (§ 924 ZPO). Für den Anwalt ist das Verfahren dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit (§ 16 Nr. 5 RVG). Im Einzelnen gilt für die damit regelmäßig nur für die Bestimmung der Gerichtsgebühren maßgebende Streitwertbemessung Folgendes: Das Widerspruchsverfahren (§ 924 ZPO) ist im Regelfall zu bewerten wie das Anordnungsverfahren. Bei einem auf die Kostenfrage beschränkten Widerspruch ist allerdings nur das Kosteninteresse maßgeblich.3 Der Streitwert bemisst sich in solchen Fällen nach den bislang aufgelaufenen Gerichts- und Anwaltskosten der Parteien.
1118
Auch nach Erlass oder Bestätigung eines Arrestes kann wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Erledigung des Arrestgrundes, die Aufhebung der im Eilverfahren getroffenen Entscheidung verlangt werden. Der Streitwert des Aufhebungsverfahrens nach § 927 ZPO bemisst sich nach dem Interesse des Gläubigers an der Aufrechterhaltung der Arrestanordnung, weil es sich nicht um ein Rechtsmittelverfahren handelt, in welchem das Interesse des Schuldners an der Aufhebung maßgeblich wäre. Er entspricht im Regelfall dem Wert des Anordnungsverfahrens, sofern der Wert des angefochtenen Titels sich nicht zwischen Erlass des Arrestes und Aufhebungsantrag verringert hat.4
1119
1 Vgl. dazu die Ausführungen beim Stichwort „Zwangsvollstreckung“. 2 OLG Köln, Beschl. v. 31.3.1993 – 17 W 47/93, JurBüro 1994, 113; KG, Beschl. v. 14.12.1999 – 1 W 574/98, KGR 2000, 182; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.5.1999 – 3 W 47/99, OLGR 1999, 330; Schneider/Wolf, § 25 RVG Rn. 1. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.5.1990 – 6 W 79/90, JurBüro 1990, 1210; OLG Frankfurt, JurBüro 1990, 1331; OLG Hamburg, Beschl. v. 2.8.1995 – 8 W 180/95, MDR 1996, 102; OLG München, AnwBl. 1987, 289. 4 KG, Beschl. v. 21.9.2001 – 5 W 40/01, JurBüro 2002, 479.
Noethen
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Arrest
ZPO
Û
Beispiel: Eine Verringerung des zu bewertenden Interesses kann beispielsweise eintreten, wenn ein Unterlassungsgebot durch Zeitablauf gegenstandslos geworden ist oder die Parteien sich mittlerweile außergerichtlich geeinigt haben und deshalb nur noch der formale Bestand der gerichtlichen Anordnung beseitigt werden muss.1
1120
Bei einem Aufhebungsantrag nach § 926 Abs. 2 ZPO (Versäumung der Frist zur Klageerhebung in der Hauptsache) ist das Aufhebungsverfahren jedenfalls dann geringer als das Anordnungsverfahren zu bewerten, wenn der Arrest inzwischen gegenstandslos geworden ist.2 Hinsichtlich der Fristsetzung zur Klageerhebung nach § 926 Abs. 1 ZPO ist keine Wertbestimmung erforderlich, weil weder Gerichts- noch Anwaltsgebühren anfallen.
1121
Bei Hinterlegung der Lösungssumme nach § 923 ZPO ist der vollzogene Arrest aufzuheben. Wertbestimmend für dieses Aufhebungsverfahren nach § 934 ZPO ist dann das Beseitigungsinteresse des Antragsgegners, das selbständig zu bemessen ist.3 Die Lösungssumme ist nicht ausschlaggebend.
C. Einzelfälle aus der Rechtsprechung 1122
Siehe auch das Stichwort „Einstweilige Verfügung“. Die dort aufgeführten Entscheidungen sind weitgehend auch auf die Bemessung des Arrestes anwendbar. • Ablehnung einer Fristsetzung
1123
Der Wert einer Beschwerde gegen die Ablehnung einer Fristsetzung gem. § 926 Abs. 1 ZPO entspricht dem Verfahrenswert.4 • Seeschiffe
1124
Der Streitwert für den Arrest in ein Seeschiff bestimmt sich nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO auf einen Bruchteil des Hauptsachewerts. Der volle Hauptsachewert ist auch dann nicht anzusetzen, wenn ohne den Arrest die Befriedigung des Antragstellers vereitelt würde. Denn die Gefahr der Vollstreckungsvereitelung ist in den meisten Arrestverfahren bereits gesetzliche Voraussetzung für den Erlass des Arrestes und kann daher nicht das besondere Interesse an der vorläufigen Sicherung des Anspruchs begründen. Bei der Arrestierung eines Schiffs ist die Beschlagnahme für den Antragsteller allerdings meist besonders wirksam. Dies rechtfertigt die Bemessung des Streitwertes mit 3/4 der Hauptsache.5 • Dinglicher und persönlicher Arrest
1125
Soweit der Antragsteller zugleich die Anordnung des persönlichen und des dinglichen Arrestes beantragt, ist dies nur einmal zu bewerten. Es handelt sich gebührenrechtlich um dieselbe Angelegenheit, weil es um die Sicherung desselben
1 2 3 4 5
KG, Beschl. v. 21.9.2001 – 5 W 40/01, JurBüro 2002, 479. OLG Hamburg, WRP 1977, 814. Schneider, JurBüro 1977, 1518. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.10.1980 – 5 W 24/80, ZIP 1980, 1144. OLG Hamburg, Beschl. v. 29.5.1991 – 6 W 24/91, MDR 1991, 1196 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1059 mit Anm. Schneider – in diesem Fall handelte es sich allerdings bei dem Schiff um den einzigen Vermögensgegenstand des Schuldners.
174 Noethen
Arrest Anspruchs geht, hinsichtlich dessen der Gläubiger den Entzug pfändbaren Vermögens durch den Schuldner verhindern will.1 • Arrest und einstweilige Verfügung Werden Arrest und einstweilige Verfügung zugleich beantragt, dann sind beide Anträge isoliert zu bewerten und die Werte dann zu addieren.2 Wird einer der beiden Anträge hilfsweise gestellt, berechnet sich der Streitwert unter Berücksichtigung der in § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG enthaltenen Grundsätze. Der Wert des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs wird mit dem Wert des Hauptanspruchs zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen Arrest und einstweilige Verfügung allerdings denselben Gegenstand – dies ist der Fall, wenn nur der Arrest oder die einstweilige Verfügung in Betracht kommen kann – richtet sich der Streitwert nur nach dem höheren der beiden Werte.
1126
• Arrest und Hauptsacheklage Dagegen erfolgt keine Zusammenrechnung der jeweiligen Streitwerte, wenn ein Arrestantrag mit der Hauptsacheklage verbunden wird, weil es sich dann nicht um eine einheitliche Verfahrensart handelt. Es muss eine getrennte Gebührenberechnung durchgeführt werden.
1127
• Drittwiderspruchsklage Eine Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) gegen Maßnahmen aus dem Arrest ist nach § 6 Satz 2 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bewerten, wenn der Pfandgegenstand weniger wert ist als die Arrestforderung.3
1128
• Einstellung der Zwangsvollstreckung Für ein Verfahren auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einer Arrestentscheidung muss kein Gerichtsgebührenstreitwert festgesetzt werden, da für das Gericht keine Gerichtsgebühren bzw. nur Festgebühren anfallen. Der Gegenstandswert für die Berechnung der Anwaltsgebühren ist nach § 25 Abs. 2 RVG anhand des Interesses des Schuldners am zeitweiligen Aufschub der Vollstreckung zu schätzen. Ausgangspunkt dieser Schätzung ist der Titel, gegen dessen Vollstreckung sich der Antragsteller mit seinem Antrag zur Wehr setzt. Bei der Wertbestimmung kann auf die frühere Rechtsprechung zum Gerichtsgebührenwert zurückgegriffen werden. Danach sind Einstellungsanträge in der Regel nur mit 1/5 des Wertes des bekämpften Anspruchs zu bemessen.4 Handelt es sich um die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem einen Arrestbeschluss aufhebenden Urteil, dann ist auf die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Schuldners abzustellen.5
1 Hartmann, KostenG, § 53 GKG Rn. 5; OLG Dresden, HRR 1940, 316; a.A. KG, JVBl. 1932, 235: jeder Antrag ist gesondert zu bewerten und dann zusammenzurechnen. 2 KG, JW 1937, 99; OLG München, Bay.JMBl. 1952, 164; a.A. KG JW 1937, 263: getrennte Berechnung der Gebühren. 3 RG, Warneyer 1925 Nr. 43. 4 Vgl. das Stichwort „Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung“. 5 OLG Köln, VersR 1973, 1032.
Noethen
175
1129
ZPO
Auffangwert
Auffangwert 1129a
Im Gegensatz zu den verwaltungsgerichtlichen Verfahren (§ 52 Abs. 2 GKG) und den familiengerichtlichen Verfahren (§ 42 Abs. 3 FamGKG) kennt das GKG schon lange keinen Auffangwert oder Regelwert mehr. Dieser war früher einmal (bis 1975) für nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten in § 14 Abs. 1 Satz 1 der damaligen Fassung des GKG enthalten. Gleichwohl wird in der gerichtlichen Praxis immer wieder auf einen vermeintlichen „Regelwert“ abgestellt. Dies ist jedoch unzutreffend. Sofern keine besonderen Wertvorschriften vorhanden sind, richtet sich sowohl der Zuständigkeits- als auch der Gebührenstreitwert für die Gerichtsgebühren nach § 3 ZPO und ist nach billigem Ermessen zu schätzen. Einen allgemeinen Regelwert in zivilgerichtlichen Verfahren gibt es nicht.
1129b
In Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist dagegen ein Auffangstreitwert oder auch ein sog. Regelwert vorgesehen. Fehlen besondere Wertvorschriften und sind auch keine hinreichenden Anknüpfungspunkte für eine Schätzung des Geschäftswerts gegeben, so ist nach § 36 Abs. 3 GNotKG von einem Wert i.H.v. 5000 Euro auszugehen.
1129c
Auch für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren ist ein Auffangwert vorgesehen (§ 23 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 RVG). Diese Wertvorschrift gilt allerdings nicht für gerichtliche Verfahren. Hier richtet sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Wert des gerichtlichen Verfahrens (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG). Dies gilt auch für außergerichtliche Tätigkeiten, die Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein können (§ 23 Abs. 1 Satz 3 RVG). Lediglich für außergerichtliche Tätigkeiten, die nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein können, sieht das RVG einen Auffangwert von 5000 Euro vor, wenn keine besonderen Wertvorschriften eingreifen und es sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit handelt oder um eine vermögensrechtliche, bei der jedoch keine Anhaltspunkte für eine konkrete Wertbemessung gegeben sind.
Aufgebotsverfahren Literatur: Heinemann, DNotZ 2009, 6.
A. Allgemeines 1130
Das Aufgebotsverfahren, das für bis zum 31.8.2009 eingeleitete Verfahren in den §§ 946 bis 1024 ZPO geregelt war, ist mit Erlass des FamFG in das Verfahrensrecht der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§ 433 bis 484 FamFG) eingegliedert worden. Im Hinblick auf die zuweilen erhebliche Dauer des Verfahrens wird die Kommentierung zur alten Rechtslage – unter Hinweis auf die Regelungen im FamFG – für die Übergangszeit fortgeführt. Zum Verfahren nach neuer Rechtslage s. die Kommentierung beim Stichwort „Aufgebotssachen“ im FamFG-Teil. Bei dem Aufgebotsverfahren handelt es sich um die öffentliche gerichtliche Aufforderung zur Anmeldung von Ansprüchen oder Rechten (§ 946 Abs. 1 ZPO bzw. § 433 FamFG). Die Unterlassung der Anmeldung führt zu Rechtsnachteilen in Form des Verlustes oder der Minderung nicht angemeldeter Rechte.
176
N. Schneider/Kurpat
Aufgebotsverfahren Folgende Aufgebotsfälle sind in der ZPO geregelt: 1. Ausschluss des Grundstückseigentümers, § 977 ZPO (vgl. §§ 442 bis 445 FamFG), 2. Ausschluss von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldgläubigern, § 982 ZPO (vgl. §§ 447 bis 453 FamFG), 3. Ausschluss von Vormerkungs-, Vorkaufs- und Reallastberechtigten, § 988 ZPO (vgl. § 453 FamFG), 4. Ausschluss von Nachlassgläubigern, § 989 ZPO (vgl. §§ 454 bis 464 FamFG), 5. Ausschluss des Schiffsgläubigers, §§ 981a, 987a, 1002 ZPO (vgl. §§ 446, 452, 465 FamFG), 6. Kraftloserklärung von Urkunden, § 1003 ZPO (vgl. §§ 466 bis 484 FamFG).
1131
B. Zuständigkeitsstreitwert Nach § 23a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 7 GVG sind die Aufgebotsverfahren – wie schon nach alter Rechtslage (§ 946 Abs. 2 ZPO, § 23 Nr. 2h GVG) – vom Streitwert unabhängig den Amtsgerichten zugewiesen. Funktionell zuständig ist der Richter, nach neuer Rechtslage der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1c RPflG).
1132
C. Gebührenstreitwert I. Antrag auf Erlass eines Ausschlussurteils, § 947 ZPO (vgl. § 434 FamFG) Mangels besonderer Bewertungsvorschriften ist der Streitwert in allen Fällen nach § 3 ZPO zu schätzen. Die Wertvorschriften der bis zum 31.7.2013 geltenden KostO finden keine Anwendung.1 Abzustellen ist auf das Interesse des Antragstellers.2
1133
Daher ist bei dem Ausschluss des Grundstückseigentümers (§ 977 ZPO bzw. §§ 442 bis 445 FamFG) der Grundgedanke des § 6 ZPO zu berücksichtigen und auf den vollen Verkehrswert des Grundstücks bzw. des betroffenen Miteigentumsanteils abzustellen.3
1134
Hingegen ist bei dem Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung eines Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefes (§ 988 ZPO bzw. §§ 447 bis 453 FamFG) oder bei Sparkassenbüchern, Schuldscheinen und anderen Beweisurkunden oder Legitimationspapieren (§ 1003 ZPO bzw. §§ 466 bis 484 FamFG) ein Bruchteil des Nennbetrages anzusetzen,4 sofern nicht der Wert des Grundstücks noch niedriger ist. Insoweit entspricht es weitgehender Praxis, als Streitwert 10–20 % des Nennbetrages anzusetzen.5 Bezweckt der Antragsteller mit der Löschung der Eigentümergrundschuld, den Grundschuldgläubiger mit seiner Forderung auszuschließen und die volle Verkehrsfähigkeit des Grundstücks herzustel-
1135
1 Zöller/Geimer, 27. Aufl., vor § 946 ZPO Rn. 8. 2 BGH, Beschl. v. 29.1.2009 – V ZB 140/08, MDR 2009, 229. 3 LG Hildesheim, Nds.RPfl. 1967, 131; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufgebotsverfahren“ Rn. 6. 4 LG Hildesheim, Beschl. v. 12.3.1964 – 5 T 120/64, Rpfleger 1965, 241; Wagner, JR 1952, 234. 5 BGH, Beschl. 3.3.2004 – IV ZB 38/03, MDR 2004, 640; OLG Rostock, Beschl. v. 5.8.2009 – 3 W 44/09, OLGR 2009, 969; LG Berlin, Beschl. v. 27.5.1988 – 82 T 176/88, JurBüro 1988, 1367; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufgebotsverfahren“ Rn. 4, 5.
Kurpat
177
ZPO
Aufgebotsverfahren len, soll nach dem LG Potsdam der Nennbetrag der Grundschuld wertbestimmend sein. Dies zumindest dann, wenn nicht bekannt ist, wie hoch und zu wessen Gunsten ein Grundpfandrecht valutiert.1 1136
Bei dem Ausschluss dinglich Berechtigter (§ 988 ZPO bzw. §§ 447 bis 453 FamFG) ist der Wert der Forderung maßgeblich, soweit nicht der Verkehrswert des Grundstücks bzw. Miteigentumsanteils niedriger ist.2
II. Anmeldung entgegenstehender Rechte, § 951 ZPO (vgl. § 438 FamFG) 1137
Der Gebührenstreitwert für die anwaltliche Tätigkeit, die auf die Anmeldung von Rechten eines Dritten (§ 953 ZPO) gerichtet ist (Nr. 3324 VV RVG), bestimmt sich entsprechend § 6 ZPO regelmäßig nach dem Wert des angemeldeten Rechts, sofern nicht der Wert des Rechts des Antragstellers geringer ist.3 Dies folgt aus der Gestaltungswirkung des Ausschlussurteils gegenüber den nicht angemeldeten Ansprüchen und Rechten.
D. Rechtsmittel und Anfechtung 1138
Gegen einen den Aufgebotsantrag zurückweisenden Beschluss sowie gegen in das Ausschlussurteil (nunmehr Ausschlussbeschluss) aufgenommene Beschränkungen und Vorbehalte steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde gem. § 952 Abs. 4 ZPO (nunmehr fristgebundene Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 58 ff. FamFG) zu. Die Beschwer entspricht bei vollständiger Zurückweisung dem Gebührenstreitwert für das Verfahren, ansonsten dem wertmäßigen Interesse an einem unbeschränkten Ausschluss. Im Übrigen findet ein Rechtsmittel nicht statt (§ 957 Abs. 1 ZPO).
1139
Nach alter Rechtslage wird das Ausschlussurteil mit seiner Verkündung rechtskräftig und kann nur unter besonderen Voraussetzungen mit der Anfechtungsklage (§ 957 ZPO) angegriffen werden. Hierfür ist das Landgericht, in dessen Bezirk das Aufgebotsgericht seinen Sitz hat, vom Streitwert unabhängig örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, § 957 Abs. 2 ZPO.4 Der Gebührenstreitwert richtet sich hier nach dem Interesse des Anfechtungsklägers und damit in der Regel nach dem Wert des ausgeschlossenen Rechts bzw. Anspruchs, ggf. begrenzt auf den Wert des Rechts des Antragstellers, §§ 3, 6 Satz 1, 2 ZPO.5 Mit dem neuen Recht ist im Zuge einer Harmonisierung der Rechtsmittelvorschriften die fristgebundene Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 58 ff. FamFG) an die Stelle der Anfechtungsklage getreten. Unverschuldeten Fristversäumnissen ist mit der Wiedereinsetzung (§ 439 Abs. 4 i.V.m. §§ 17 bis 19 FamFG) und gravierenden Verfahrensfehlern mit der Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 439 Abs. 4 i.V.m. 48 Abs. 2 FamFG) Rechnung getragen worden.
1 2 3 4 5
LG Potsdam, Beschl. v. 14.3.2008 – 7 T 142/07, MDR 2008, 653. Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufgebotsverfahren“ Rn. 7. Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufgebotsverfahren“ Rn. 10. Zöller/Geimer, 27. Aufl., § 957 ZPO Rn. 2. Vgl. auch OLG Stuttgart, Urt. v. 28.4.1955 – 3 U 3/54: Ausschluss betr. 3 Wechsel je 100 000 Reichsmark = 20 000 DM.
178
Kurpat
Aufhebung von Gemeinschaften
Aufhebung von Gemeinschaften A. Bruchteilsgemeinschaft Eine Bruchteilsgemeinschaft liegt vor, wenn mehreren Personen ein Recht zu ideellen Bruchteilen zusteht. Die Rechtszuständigkeit ist aufgeteilt, nicht aber der gemeinschaftliche Gegenstand. Es gibt auch kein Sondervermögen wie bei der Gesamthand.
1140
Durch eine Lebensgemeinschaft wird keine Bruchteilsgemeinschaft begründet. Das schließt aber nicht aus, dass die Partner an einzelnen Gegenständen Teilhaber werden. Eine Auseinandersetzung nach Gemeinschaftsrecht soll nach der Rspr. des BGH in Betracht kommen, falls die Partner einen – möglicherweise nur wirtschaftlich – gemeinschaftlichen Wert schaffen wollten.1
1141
Der Wert von Klagen auf Aufhebung der Gemeinschaft oder auf Ausschluss daraus ist nach § 3 ZPO zu schätzen.2
1142
Das Interesse des Klägers ist ausschlaggebend. Abzustellen ist auf sein Interesse an der Verteilung und damit auf den von ihm begehrten Anteil,3 beispielsweise bei der Klage auf Aufhebung einer Bruchteilsgemeinschaft an einem Grundstück durch Teilung in Natur, entsprechend einer amtlichen Vermessung.4 Dabei sind Grundstücksbelastungen nicht zu berücksichtigen.5
1143
Wenn bei der Auseinandersetzung einer Gemeinschaft lediglich über die Art der Teilung gestritten wird, dann bestimmt sich der Streitwert auch nach dem herausverlangten Teil, so dass ein geringerwertiger Auskunftsanspruch bedeutungslos ist.6
1144
Betreibt ein Miteigentümer die Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung 1145 einer Eigentümergemeinschaft, dann kann sich ein Miteigentümer dagegen unter Umständen in entsprechender Anwendung des § 771 ZPO mit einer Klage auf Unzulässigerklärung der Teilungsversteigerung wehren.7 Man spricht dann von einer sog. unechten Drittwiderspruchsklage. Der Streitwert bestimmt sich dann nicht nach § 6 ZPO, sondern nach dem Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der Miteigentumsgemeinschaft durch Verhinderung der Versteigerung. Dieses Interesse ist auch hier gem. § 3 ZPO zu schätzen.8 Der Wert entspricht jedoch weder dem Gesamtwert noch seinem Miteigentumsanteil, denn um diese geht es nicht. Wertbestimmend ist vielmehr nur der Zweck der Klage, eine Verschleuderung des Grundstücks durch wertunangemessene Gebote im Versteigerungstermin zu verhindern.9 Siehe auch das Stichwort „Drittwiderspruchsklage“. Bewertungserheblich ist nur das mit der unechten Drittwiderspruchsklage verfolgte unmittelbare Interesse. Daraus folgt, dass der Grundstückswert nicht maßgebend ist, sondern dass vom Anteilswert des Klägers auszugehen ist. Die 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Siehe z.B. BGH, Urt. v. 24.3.1980 – II ZR 191/79, BGHZ 77, 55; 84, 388. OLG Zweibrücken, Rpfleger 1969, 247; OLG Frankfurt, JurBüro 1979, 1195. OLG Frankfurt, JurBüro 1979, 1195. OLG Zweibrücken, Rpfleger 1969, 247. KG, Beschl. v. 1.10.2008 – 1 W 455/08, MDR 2008, 1417 = JurBüro 2008, 652. OLG Schleswig, SchlHA 1979, 57. BGH, FamRZ 1972, 364; 1984, 564. BGH, Beschl. v. 16.1.1991 – XII ZR 244/90, FamRZ 1991, 547. BGH, Beschl. v. 16.1.1991 – XII ZR 244/90, FamRZ 1991, 547; OLG Saarbrücken, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 387; OLG Hamm, JurBüro 1977, 1616; OLG Karlsruhe, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 586; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.7.1989 – 5 W 42/89, JurBüro 1989, 1598 mit Anm. Mümmler; LG Frankfurt, Rpfleger 1975, 322.
Monschau
179
1146
Aufhebung von Gemeinschaften
ZPO
weitergehende nachrangige wirtschaftliche Zielsetzung des Klägers ist bewertungsunerheblich, etwa das Bestreben, in der Ausübung eines auf dem Grundstück oder den Grundstücken eingerichteten Gewerbebetriebes nicht behindert zu werden. Derartige Fernwirkungen müssen unberücksichtigt bleiben, weil sie nicht dem Bewertungsobjekt anhaften und zu Streitwerten führen könnten, die erheblich über dem Verkehrswert nicht nur des Anteils des Klägers, sondern sogar des Grundstückes selbst liegen könnten. 1147
Entgegen der Auffassung des OLG Saarbrücken1 ist das Interesse des Klägers nicht gleich dem Wert seines Anteils, weil ihm durch die Teilungsversteigerung nicht der ersatzlose Verlust seines Anteils droht. Er befürchtet vielmehr einen Zuschlag an den Meistbietenden, der nicht mehr dem wirklichen wirtschaftlichen Anteilswert entspricht. Der Streitwert der unechten Drittwiderspruchsklage muss deshalb unterhalb des Anteilswertes des Miteigentümers angesetzt werden.2 Da das Interesse des Widersprechenden wirtschaftlich lediglich dahin geht, die Versteigerung zu verhindern, um einem Verlust des Grundstücks und damit seines Anteils am Miteigentum unter Wert vorzubeugen, ist der Streitwert in Beziehung zu setzen zu der Differenz zwischen dem Verkehrswert des Grundstücks und dem vom Widersprechenden befürchteten Mindererlös bei einem Zuschlag in der Zwangsversteigerung. Dieser Wert ist dann zu reduzieren auf den befürchteten anteiligen Verlust, der den Widersprechenden treffen kann. Ein ideelles Interesse am Fortbestand der Gemeinschaft, etwa um sich das soziale Umfeld zu erhalten, darf nicht berücksichtigt werden, weil dadurch weder der Verkehrswert noch der mögliche Versteigerungserlös beeinflusst werden kann.3
1148
Die Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG ist auch zulässig zur Verwirklichung des Übernahmerechts aus § 1477 Abs. 2 BGB. In diesem Fall ist das Interesse des Klägers darauf gerichtet, den Hälfteanteil des geschiedenen Ehepartners gegen Wertersatz zu übernehmen. Deshalb ist in solchen Fällen auf den Verkehrswert des zu übernehmenden Hälfteanteils oder auf die Höhe der Abstandszahlung abzustellen. Entgegen OLG Bamberg4 kommt es nicht auf den Wert des dem Kläger schon gehörenden Anteils an.
1149
Nach Aufhebung einer Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) verläuft die Abwicklung in Stufen.5 Wird dementsprechend geklagt auf 1. Zustimmung zur Aufhebung der Miteigentümergemeinschaft an bestimmten Gegenständen, 2. Zustimmung zum Verkauf dieser Gegenstände und 3. Zahlung der Hälfte des voraussichtlichen Erlöses, dann sind die Anspruchswerte nicht zu addieren, weil sämtliche Anträge – der Stufenklage vergleichbar – wirtschaftlich eine Einheit bilden. Der Streitwert bemisst sich nach dem Anspruch, der den höchsten Wert hat, und das ist immer der Leistungsanspruch. Der Anteil des klagenden Miteigentümers ist – ebenso wie bei Miterbenstreitigkeiten (s. das Stichwort „Miterbe“) – abzuziehen.6
1149a
Der Erwerb aller Erbanteile durch mehrere in Bruchteilsgemeinschaft verbundene Personen führt nicht zur Auflösung der Erbengemeinschaft und damit auch nicht zur Entstehung von Bruchteilseigentum an den einzelnen Nachlassgegenständen. 1 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.7.1989 – 5 W 42/89, JurBüro 1989, 1598 mit Anm. Mümmler. 2 Zustimmend Mümmler, JurBüro 1989, 1599; das OLG Hamm, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 402 = JurBüro 1977, 1616 hat rund 1/6 des Anteilswerts angesetzt. 3 Schneider, FamRZ 1991, 547. 4 OLG Bamberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1065 mit Anm. Schneider = JurBüro 1991, 1694. 5 Siehe dazu ausführlich mit Nachweisen H. Schneider, DGVZ 1985, 51 ff. 6 OLG Köln, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 55.
180
Monschau
Aufhebung von Gemeinschaften Die Erwerber treten vielmehr in die vermögens- und mitgliedschaftsrechtliche Stellung der verfügenden Miterben in der Gesamtheitsgemeinschaft ein, ohne dadurch selbst Erben im Rechtssinne zu werden. Die Gesamthandsgemeinschaft wird daher auch bei vollständiger Auswechslung ihrer Mitglieder nicht neu begründet, sondern mit anderen Personen fortgesetzt1. Mangels anderer Anhaltspunkte kann sich der Gebührenstreitwert am Regelwert gem. § 36 Abs. 3 GNotKG orientieren.
B. Gesamthandsgemeinschaft Im Gegensatz zur Bruchteilsgemeinschaft ist bei der Gesamthandsgemeinschaft die Rechtszuständigkeit ungeteilt. Es ist gesamthänderisch gebundenes Vermögen geschaffen worden, das vom Vermögen des einzelnen Teilhabers zu unterscheiden ist. Der Gesamthandsanteil bezieht sich auf das Gesamthandsvermögen, nicht auf einzelne Gegenstände oder Rechte an diesen.
1150
Dem BGB sind die folgenden Gesamthandsgemeinschaften zu entnehmen: Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Erbengemeinschaft, Gütergemeinschaft, fortgesetzte Gütergemeinschaft.
1151
Bei Aufhebung einer Gemeinschaft mit gemeinsamer Berechtigung – z.B. gemeinschaftlicher Bausparvertrag – richtet sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an der Verteilung und damit nach dem von ihm begehrten Anteil.2 Das gesamte Guthaben ist deshalb nicht wertbestimmend, weil dem die wirtschaftliche Betrachtungsweise entgegensteht, die sich insbesondere bei Miterbenstreitigkeiten auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung durchgesetzt hat.3
1152
Bei der Erbengemeinschaft werden mehrere Personen kraft Gesetzes durch einen Erbfall gesamthänderisch verbunden. Diese Verbindung ist von vornherein auf Auflösung angelegt. Die zu beachtenden Grundsätze für die Ermittlung des Streitwertes, wenn eine solche Auseinandersetzung mit Hilfe des Gerichts erstrebt wird, sind bei dem Stichwort „Miterbe“ ausführlich dargestellt. Dort sind insbesondere die zu berücksichtigenden wirtschaftlichen Gesichtspunkte – vornehmlich der Anteil eines mitberechtigten Klägers – herausgearbeitet.
1153
Bei einem Antrag auf Zustimmung der Umwandlung eines Sparkassenkontos zu einem Konto der Erbengemeinschaft richtet sich das Interesse „nur“ auf die Ermöglichung bzw. Erleichterung der banktechnischen Abwicklung und nicht etwa nach dem Wert der eingehenden Beträge oder den Wertvorstellungen eines Miterben über seine Beteiligung am Nachlass und ist nach freiem Ermessen gem. § 3 ZPO zu bestimmen4.
1153a
Hat das Berufungsgericht in einem Verfahren auf Auseinandersetzung einer ungeteilten Erbengemeinschaft in Abweichung von der Teilungsanordnung des Erblassers im Teilungsplan, dem Beklagten das Alleineigentum an einer Eigentumswohnung zugesprochen und ansonsten den Parteien die Erträge und Kosten von anderen Eigentumswohnungen hälftig zugewiesen, so bemisst sich der Rechtsmittelstreitwert nach dem Wert des von ihm geltend gemachten Miteigentumsanteils an der Eigentumswohnung sowie dem 3,5-fachen Wert des einjährigen Bezuges der Nutzungen aus den anderen Eigentumswohnungen. Demgegenüber ist der Nutzungsvorteil des Beklagten, der eine Eigentumswohnung trotz eines nur anteiligen Gebrauchsrechts allein nutzt, nicht streitwerterhöhend zu berücksich-
1154
1 2 3 4
OLG Thüringen, Beschl. v. 16.6.2014 – 3 W 184/14, ZEV 2014, 603 = Rpfleger 2014, 665. OLG Frankfurt, JurBüro 1979, 1195. Siehe dazu E. Schneider, JurBüro 1977, 433. BGH, Beschl. v. 10.7.2013 – IV ZR 7/13, ErbR 2014, 20 m. Anm. N. Schneider.
Monschau
181
ZPO
Auflassung tigen, wenn der Kläger sein eigenes Mitgebrauchsrecht nicht geltend gemacht hat.1 1155
Der Gebührenstreitwert einer Klage auf Aufhebung der Gütergemeinschaft ist nach § 3 ZPO zu bewerten. Er bemisst sich nicht nach dem Aktivvermögen, sondern nach dem Interesse des Klägers an der Aufhebung.2 Maßgeblich ist insoweit der Wert des begehrten Anteils, auch wenn die Parteien sich vergleichen und auch nur zum Teil um die Art der Teilung streiten3.
1156
Nach § 6 ZPO ist zu bewerten, wenn zwischen den an der Gütergemeinschaft Beteiligten um Besitz oder Eigentum gestritten wird.
1157
Laut BGH4 bestimmt sich der Streitwert der Klage eines Abkömmlings auf Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft nach dem Anteil des Klägers am Gesamtgut, der etwa auf die Hälfte seines Wertes zu ermäßigen ist, weil die Klage nur der Vorbereitung der Auseinandersetzung dient. Das OLG München5 hat den Streitwert auf 1/10 des Wertes des Gesamtgutes angesetzt.
1158
Zum vorzeitigen Ausgleich einer Zugewinngemeinschaft s. das Stichwort „Zugewinngemeinschaft“.
1159
Wird eine Grundstücksgemeinschaft durch Prozessvergleich auseinandergesetzt, so bemisst sich der Vergleichswert nach dem wirtschaftlichen Interesse der die Auseinandersetzung betreibenden Partei. Dies gilt entsprechend für den Vergleichsmehrwert, der festzusetzen ist, weil der Auseinandersetzungsanspruch nicht Klagegegenstand war.6
Auflassung 1160
Im Grundsatz gilt: Geht es um die Verschaffung von Besitz und/oder Eigentum an einem Grundstück, ist das streitwertrelevante Interesse des Klägers grundsätzlich gem. § 6 ZPO nach dem vollen Grundstückswert zu bemessen.
1161
Nach einer grundlegenden Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2001,7 bestimmt sich der Gebührenstreitwert einer Klage auf Vollzug einer Auflassung (Erteilung einer Zustimmungserklärung), die wegen einer umstrittenen Restgegenforderung verweigert wird, nach § 3 ZPO unter Berücksichtigung des Werts der streitigen Gegenforderung.8
1162
Damit ist allerdings nichts über die problematische Frage gesagt, welcher Gebührenstreitwert maßgeblich ist, wenn die Auflassung selbst wegen geringfügigen Gegenforderungen verweigert wird. Diese Frage der Streitwertbemessung für die Auflassungsklage ist bis heute nicht höchstrichterlich geklärt.
1163
Bei Auflassungsklagen stellt sich die Frage, von welchem Streitwert auszugehen ist, ob entsprechend § 6 ZPO der Wert des aufzulassenden Grundstücks maßgeb1 BGH, Urt. v. 17.3.1998 – IV ZR 205/98, ZEV 1999, 233 = EzFamR ZPO § 9 Nr. 3. 2 OLG Koblenz, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 327; s. weiter BGH, NJW 1973, 51 = JurBüro 1973, 121: 1/2 des Anteilswertes. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.9.2006 – II-3 WF 139/06, FamRZ 2007, 572 = JurBüro 2006, 644. 4 BGH, JurBüro 1973, 121 = NJW 1973, 51 = Rpfleger 1973, 14. 5 OLG München, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 72. 6 OLG Stuttgart, Urt. v. 10.10.2003 – 13 W 39/03, OLGR 2004, 19. 7 BGH, Beschl. v. 6.12.2001 – VII ZR 420/00, MDR 2002, 295. 8 H.M., vgl. nur OLG München, Beschl. v. 18.1.2011 – 13 W 2712/10, IMR 2011, 125; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.5.2014 – 22 U 139/13, BauR 2015, 869.
182 Monschau
Auflassung lich ist oder ob der Streitwert nach § 3 ZPO – orientiert am wirtschaftlichen Interesse – festzusetzen ist. Eine generelle Beurteilung verbietet sich. Es kommt auf eine Einzelfallbetrachtung an. Als Ansatzpunkt gilt, dass dann, wenn die Auflassung nur wegen eines streitigen Kaufpreiseinbehalts verweigert wird, das Prozessinteresse der Parteien bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht durch den Verkehrswert des Grundstücks, sondern durch den Betrag der offenstehenden Restkaufpreisforderung bestimmt wird. Das kann – jedenfalls im Einzelfall – Einfluss auf die Bemessung des Gebührenstreitwerts haben. Denn nach der Rechtsprechung des BVerfG1 ist der grundgesetzlich garantierte Justizgewährungsanspruch gem. Art. 103 Abs. 1 GG der kostenbelasteten Partei verletzt, wenn durch eine Festsetzung des Streitwerts weit über dem wirtschaftlichen Wert des Verfahrens bereits die Kosten einer Gerichtsinstanz das wirtschaftliche Interesse an der Rechtsverfolgung übersteigen. Jedenfalls in einem solchen Fall ist § 3 ZPO anwendbar.
1164
Nach einer im Vordringen befindlichen Auffassung soll daher jedenfalls in den Fällen, in welchen nur noch eine verhältnismäßig geringe Restforderung streitig ist und allein das Bestehen oder Nichtbestehen dieser Restforderung über die Erfolgsaussichten der Auflassungsklage entscheidet, der Gegenstandswert der Auflassung nach § 3 ZPO auf den Wert der streitigen Forderung zu begrenzen sein.2 Es wird damit argumentiert, dass der Anspruch des Rechtssuchenden auf Zugang zu effektivem Rechtsschutz gewährleistet sein müsse. Im Hinblick auf die subsidiäre Haftung der Klägerseite für die angefallenen Kosten bestünde bei nichtwirtschaftlicher Betrachtungsweise die Gefahr, dass aufgrund des in keiner wirtschaftlich vernünftigen Relation zur eigentlich streitigen Restforderung stehenden Kostenrisikos, ein Kläger von der Durchsetzung des Auflassungsanspruchs abgehalten und die Einschlagung des Rechtswegs unzumutbar erschwert würde.
1165
Nach anderer Auffassung bestimmt sich der Streitwert der Auflassungsklage nach § 6 ZPO, ist also mit dem vollen Grundstückswert anzusetzen, und zwar auch dann, wenn nur noch verhältnismäßig geringe Gegenforderungen geltend gemacht werden.3
1166
Richtigerweise wird man den Streitwert einer auf Eigentumsverschaffung gerichteten Auflassungsklage gem. § 6 ZPO nach dem Verkehrswert des Grundstücks bemessen müssen. Würde man die Rechtsprechung des BGH hinsichtlich der Streitwertbemessung einer Klage auf Vollzug der Auflassung auf Auflassungsklagen übertragen, wäre der Verkehrswert des Grundstücks nur dann als Streitwert anzunehmen, wenn die Auflassung insgesamt, nicht aber nur wegen eines geringfügigen Gegenanspruchs verweigert wird. Gegen diese Auffassung spricht, dass gem. § 6 ZPO selbst bei einem Streit lediglich um den Besitz, der volle Grundstückswert zugrunde zu legen ist, nicht aber dann, wenn um das Eigentum – also ein „Mehr“ gestritten wird. Das widerspricht der gesetzgeberischen Wertung. Berücksichtigt man schließlich, dass auch wirtschaftlich betrachtet, das Ziel des Klägers die Eigentumsverschaffung an dem Grundstück ist, erscheint eine Orientierung am Verkehrswert durchaus sachgerecht.
1167
Klagt ein Mitglied einer Bruchteilsgemeinschaft gegen ein anderes Mitglied der Gemeinschaft auf Auflassung des der Gemeinschaft gehörenden Grundstücks an
1168
1 BVerfG, Beschl. v. 19.11.1999 – 1 BvR 1821/94, NJW-RR 2000, 946. 2 So OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.12.2010 – 2 W 2145/10, IMR 2011, 12 = MDR 2011, 514; OLG Stuttgart, IBR 2010, 31 = MDR 2009, 2352; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Auflassung“ m.w.N. 3 OLG Köln, Beschl. v. 12.11.2004 – 19 U 214/02, IBR 2005, 1109; OLG Hamm, Beschl. v. 12.10.2004 – 21 W 34/04, IBR 2005, 125; OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.1.2002 – 2 W 3/02; OLG München, Beschl. v. 10.3.1997 – 28 W 2542/96, MDR 1997, 599.
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183
ZPO
Auflassungsvormerkung sich, so richtet sich der Streitwert gem. § 3 ZPO nach dem Anteil des beklagten Miteigentümers. Grundstücksbelastungen sind in diesem Fall nicht zu berücksichtigen.1 1169–1219
Einstweilen frei.
Auflassungsvormerkung Literatur: E. Schneider, Der Streitwert der Klage auf Löschung einer Auflassungsvormerkung, MDR 1983, 638.
A. Eintragung einer Vormerkung 1220
Der Streitwert ist zu ermitteln durch freie Schätzung (§ 3 ZPO) des Interesses, das der Kläger an der Sicherung seines Eigentumserwerbs hat.2 Denn die Vormerkung sichert einen Anspruch auf Übertragung oder Einräumung des dinglichen Rechts selbst. Wirtschaftlich betrachtet ist sie ein Teil des Vollrechts.
1221
Beim Anspruch auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung ist auszugehen von dem Verkehrswert des Grundstücks unter Berücksichtigung von Belastungen, die die wirtschaftliche Nutzung wesentlich beeinträchtigen (Dienstbarkeiten), nicht aber von Hypotheken und Grundschulden.3
1221a
Da sich der Streitwert nach dem Wert bemisst, der für die endgültige Eintragung zu erheben ist, orientiert er sich beim Grundstückskauf nach dem Kaufpreis; Zubehör bleibt dabei außer Betracht. Daher ist bei der Bemessung des Streitwerts für die Eintragung einer Auflassungsvormerkung der Wert einer mitverkauften Aufdach-Photovoltaikanlage nicht miteinzubeziehen, da es sich bei ihr um Zubehör des verkauften Grundstücks i.S.d. § 97 BGB handelt4.
1222
Das Interesse am Erwerb der Auflassungsvormerkung kann im Einzelfall den Wert des Grundstücks, auf das sich der Auflassungsanspruch bezieht, erreichen (dieser ist aber die obere Grenze).5
1223
Der Ansatz des Grundstückswertes kommt aber nur dann in Betracht, wenn durch die Vormerkung ein unmittelbar drohender völliger Rechtsverlust abgewendet werden soll.6
1224
Soweit solche Umstände nicht vorliegen, ist das Interesse wesentlich geringer und nur mit einem Bruchteil des Grundstückswertes anzusetzen. Wird eine besonders akute Gefährdung des Auflassungsanspruchs nicht dargelegt (§ 885 Abs. 1 Satz 2 BGB), so kann das Interesse nach OLG Frankfurt7 nur mit etwa 1/10 des Grundstückswerts angenommen werden. Ebenso hat das OLG Celle8 entschieden, weil der durch Vormerkung gesicherte Anspruch unstreitig nicht mehr be-
1 KG, Beschl. v. 1.10.2008 – 1 W 455/08, MDR 2008, 1417 = AGS 2009, 185. 2 OLG Kiel, HRR 1941 Nr. 550; OLG Oldenburg, Nds.Rpfl. 1955, 135; OLG Koblenz, Rpfleger 1956, 147; 1957, 316; OLG Schleswig, Rpfleger 1957, 1; OLG Neustadt, Rpfleger 1957, 238. 3 OLG Zweibrücken, Rpfleger 1967, 2; OLG Bamberg, JurBüro 1976, 1094. 4 OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.9.2012 – 12 W 230/12, JurBüro 2013, 96. 5 OLG Schleswig, SchlHA 1966, 85. 6 Zustimmend OLG Bamberg, JurBüro 1976, 1094. 7 OLG Frankfurt, JurBüro 1958, 253. 8 OLG Celle, JurBüro 1970, 434 = Rpfleger 1970, 248 = Nds.Rpfl. 1970, 167.
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Monschau
Auflassungsvormerkung stand. Das OLG Bamberg1 hat mit 1/4 bewertet, LG Bayreuth2 mit 1/5. Es kommt eben stets auf den einzelnen Fall an. Unter 1/10 zu gehen, dürfte jedoch immer unangemessen sein. Bei all diesen Bruchteilsschätzungen, die sich zwischen 5 %3 und 68 %4 des Verkehrswertes bewegen, bleibt letztlich unklar, wie diese Prozentzahlen gewonnen werden. So gut wie alle Entscheidungen stellen darauf ab, es gehe nicht darum, dem Verlust des Grundstücks vorzubeugen, sondern zu ermöglichen, über das Grundstück frei zu verfügen und sich dessen wirtschaftlichen Wert durch Veräußerung nutzbar zu machen. Das aber setzt Verwertungswillen und Verwertungsmöglichkeit voraus. Soweit der Berechtigte darin gehindert wird, ist sein wirtschaftliches Interesse im Wesentlichen deckungsgleich entweder mit der Vermeidung unnötigen Zinsdienstes oder mit entgangenem Veräußerungsgewinn.5 Das aber lässt sich mit Zahlen belegen. Und deshalb sollte, was in der Praxis eigentlich nie geschieht, dem Kläger vor der Wertfestsetzung aufgegeben werden, solche Zahlen wenigstens annäherungsweise mitzuteilen.6
1225
Zur Rechtslage, wenn der Beklagte als Berufungskläger die Abänderung des ihn zur Einwilligung in die Löschung einer Auflassungsvormerkung verurteilenden Urteils in eine Verurteilung Zug-um-Zug gegen Zahlungen des Klägers an ihn begehrt, s. das Stichwort „Rechtsmittel“.
1226
B. Löschung einer Vormerkung Siehe dazu auch bei dem Stichwort „Löschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslöschung“.
1227
Der Streitwert einer Klage auf Löschung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück ist vom Gericht gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen.7 Maßgebend ist dabei die Beeinträchtigung der Eigentümerrechte, die durch die Eintragung verursacht wird, die den Gegenstand des Löschungsverlangens bildet. Auszugehen ist vom Grundstückswert, von dem ein Bruchteil anzusetzen ist, regelmäßig ein Bruchteil in der Größenordnung von 1/10 bis maximal 1/3.
1228
Das OLG Saarbrücken8 hat mit Recht darauf hingewiesen, dass gerade bei Wohnhäusern ein hoher Streitwert unangemessen sei, da der Gebrauchswert bewohnter (vermieteter) Häuser regelmäßig von einer Auflassungsvormerkung nicht berührt wird.
1229
Das OLG Köln9 hält es im Allgemeinen für angemessen, den Streitwert auf etwa 1/10 des Grundstückswerts festzusetzen. Das OLG Bamberg10 hält 1/10 ausnahms-
1230
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
OLG Bamberg, JurBüro 1976, 1094. LG Bayreuth, JurBüro 1981, 758. BGH, LM § 3 ZPO Nr. 47. OLG Nürnberg, Beschl. v. 28.10.1969, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 240; hier ging es um die Löschung einer Vormerkung. OLG Köln, Beschl. v. 14.3.1983 – 2 W 15/83, MDR 1983, 495. Siehe dazu E. Schneider, MDR 1983, 638 u. Anm. zu OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.1.1983 – 1 W 53/82, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 628 = AnwBl. 1983, 174. OLG Oldenburg, Nds.Rpfl. 1955, 135; OLG Koblenz, Rpfleger 1957, 316; OLG Schleswig, SchlHA 1958, 7; 1966, 85. OLG Saarbrücken, JurBüro 1979, 264 = AnwBl. 1979, 114. OLG Köln, Beschl. v. 14.3.1983 – 2 W 15/83, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 622 = MDR 1983, 495. OLG Bamberg, JurBüro 1976, 1247.
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Auflçsung einer GmbH
ZPO
weise für vertretbar, zugleich aber auch für die unterste Grenze. In einer weiteren Entscheidung1 hat das OLG Bamberg ebenfalls mit 1/10 des Grundstückswertes bemessen und als Bewertungsumstände angeführt: Wertangabe in der Klageschrift; geringe Einschränkung der Verfügungsfreiheit und deren wirtschaftliche Folgen für den Kläger; nur formaler Charakter des Löschungsstreits; Verwertungshindernisse nicht vorgetragen. 1231
Das OLG Frankfurt2 geht für den Wert des Anspruchs auf Löschung einer Auflassungsvormerkung von der Höhe derjenigen Nachteile aus, die durch die Löschung wirtschaftlich verursacht werden. Regelmäßig wird in diesem Fall von einem Bruchteil des gesicherten Rechts auszugehen sein, der zwischen 1/2 und 1/10 des Verkehrswertes schwankt.3 Ist die Eigentumsfrage ebenfalls Gegenstand des Prozesses, ist der Wert mit 1/10 des vereinbarten Kaufpreises anzusetzen.
1232
Das OLG Schleswig4 hat 1/6 als Höchstwert bezeichnet. Das OLG Frankfurt5 geht bis zu 1/4; dieser Bruchteil scheint bevorzugt zu werden.6 Ebenso hat das OLG Celle7 für den Streitwert einer Klage auf Löschung einer im Grundbuch eingetretenen Abtretung der Rechte aus einer Auflassungsvormerkung entschieden.
1233
Das OLG Nürnberg8 nimmt für Klagen auf Löschung einer Auflassungsvormerkung den halben Grundstückswert an.
1234
Im Grundsatz gilt, dass immer dann, wenn es um die Löschung von Rechten geht, die das Grundstücksrecht zwar im Ganzen betreffen, von ihrer Eigenart her aber den Gebrauch des Rechts als solches nur teilweise einschränken, nicht der gesamte Grundstückswert für die Streitwertbemessung zugrundegelegt werden kann. Vielmehr ist nach den Umständen des Einzelfalls ein angemessener prozentualer Abschlag zu machen, der die Intensität der Einwirkung des zu löschenden Eintrags auf das Gesamtrecht berücksichtigt. Regelmäßig wird ein Bruchteil des Grundstückswerts im Bereich von 1/10 bis höchstens 1/3 für die Streitwertbemessung nicht zu beanstanden sein.
1235–1237
Einstweilen frei.
Auflçsung einer GmbH 1238
Die Auflösung einer GmbH ist in §§ 60 ff. GmbHG geregelt. Es muss ein Auflösungsgrund bestehen (§ 60 GmbHG). Der Auflösung folgt grundsätzlich ein Liquidationsstadium. Nach Begleichung der Schulden (§ 70 GmbHG) wird das Vermögen nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile verteilt (§ 72 GmbHG). Mit Abschluss der Liquidation (kein Aktivvermögen mehr vorhanden) ist die GmbH beendet und verliert die Rechtsfähigkeit. Die Beendigung ist zum Handelsregister 1 OLG Bamberg, Beschl. v. 26.3.2006 – 1 W 24/90, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1007 mit Anm. E. Schneider = JurBüro 1990, 1511. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.4.1997 – 9 W 7/97, OLGR 1997, 177. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.12.2007 – 1 W 85/07, OLGR 2008, 321: ohne Valutierung 20 % des Nennwertes. 4 OLG Schleswig, SchlHA 1966, 85. 5 OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 526. 6 Ebenso OLG Nürnberg, JurBüro 1977, 717; München, JurBüro 1978, 1564; OLG Saarbrücken, JurBüro 1979, 264 = AnwBl. 1979, 114; OLG Frankfurt, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 628 mit Anm. E. Schneider = AnwBl. 1983, 174; LG Bayreuth, JurBüro 1977, 1764. 7 OLG Celle, Beschl. v. 14.7.1986 – 4 W 100/86, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 835 = JurBüro 1987, 1866. 8 OLG Nürnberg, AnwBl. 1970, 55.
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Monschau/Kurpat
Aufrechnung anzumelden (§ 65 GmbHG). Die Eintragung hat allerdings nur deklaratorische Wirkung. Der Wert einer Klage auf Auflösung einer GmbH (§ 61 GmbHG), auf Feststellung des (Weiter-)Bestehens wegen unwirksamer Auflösung oder auf Feststellung des Nichtbestehens wegen bereits erfolgter Auflösung ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.
1239
Dabei ist das Interesse des Klägers an der Klärung der Frage der Auflösung für die Wertfestsetzung entscheidend.1 Es ist eine Zusammenschau aller konkret in Betracht kommenden Bemessungsfaktoren geboten, z.B. Beteiligungswert, Verlustgefahr, drohende Haftungserweiterung, Höhe des Auseinandersetzungsguthabens, nicht jedoch mögliche Folgewirkungen.2 Zu berücksichtigen ist ggf. auch der Wert des Gesellschaftsanteils, den sich der Beklagte durch Nichtanerkennen der Kündigung zu Unrecht beilegt.3
1240
Da die Auflösung letztlich darauf gerichtet ist, das vorhandene Vermögen der Gesellschaft nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile zu verteilen, ist bei der Schätzung nach § 3 ZPO zunächst vom Verkehrswert des Geschäftsanteils des klagenden Gesellschafters auszugehen.4 Dieser Wert begrenzt den Wert der Auflösungsklage nach oben.
1241
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass ein Urteil, durch welches die Gesellschaft aufgelöst wird, noch keinen vollstreckbaren Titel für den Zugriff auf ein eventuelles Auseinandersetzungsguthaben enthält. Daher gibt die Höhe der gesellschaftlichen Beteiligung des Klägers zwar einen Anhaltspunkt für sein Interesse, ist aber nicht ohne Weiteres mit ihm gleichzusetzen,5 sondern nur ein Bemessungsumstand neben anderen. Fehlt es an messbaren wirtschaftlichen Vorteilen einer Auflösung der GmbH oder wirtschaftlichen Nachteilen bei deren Fortbestand, dann ist auf den nominellen Wert seines Geschäftsanteils abzustellen.6
1242
Eine Wertfestsetzung auf den vollen Betrag der Stammeinlage kommt in Betracht, wenn die Auflösung der Gesellschaft erstrebt wird, um dem vollen Verlust der bisher ungeschmälerten Einlage vorzubeugen.7 Ansonsten ist regelmäßig nur ein Bruchteil des Wertes der gesellschaftlichen Beteiligung des Klägers anzusetzen.8 Das Gleiche (Bruchteilsbewertung) gilt, wenn nicht die Auflösung an sich, sondern nur ihr Zeitpunkt streitig ist.
1243
Einstweilen frei.
1244–1245
Aufrechnung Literatur: Sonnenfeld/Steder, Streitwertermittlung bei Aufrechnung, Rpfleger 1995, 60; hiergegen Lappe, Eine der Rechtskraft fähige Entscheidung, Rpfleger 1995, 401; Kanzlsperger, Probleme der streitwerterhöhenden Eventualaufrechnung, MDR 1995, 883; Bläsing, Der 1 OLG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 20.4.2012 – 10 U 24/10, GmbHR 2013, 37 = NotBZ 2013, 75; OLG Hamm, GmbHR 1955, 225. 2 Vgl. OLG Köln, Beschl. v. 22.6.1982 – 2 W 79/82, EWiR § 3 ZPO 1/88, 407 mit Anm. Lappe. 3 OLG München, OLGE 25, 124. 4 OLG Köln, Beschl. v. 14.12.1987 – 2 W 181/87, EWiR § 3 ZPO 1/88, 407 mit Anm. Lappe; OLG München, GmbHR 1957, 43. 5 RG, JW 1901, 395 Nr. 2. 6 OLG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 20.4.2012 – 10 U 24/10, GmbHR 2013, 37 = NotBZ 2013, 75. 7 RG, JW 1901, 395; OLG Dresden, OLGE 31, 5. 8 OLG Köln, Beschl. v. 14.12.1987 – 2 W 181/87, BB 1988, 365.
Kurpat
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ZPO
Aufrechnung Streitwert im arbeitsgerichtlichen Verfahren, Diss. 2001, S. 119; Madert, Streitwert der Hilfsaufrechnung, AGS 2002, 170 und 218; N. Schneider, Streitwert und Gebühren bei Vergleichsabschluss unter Einbeziehung einer Hilfsaufrechnung, AGS 2003, 150; E. Schneider, Anwaltsvergütung bei nichtbeschiedener Hilfsantrag oder Hilfsaufrechnung, AGS 2004, 274; Mock, Die Berechnung des Streitwertes bei Klage, Widerklage, Hilfswiderklage und Hilfsaufrechnung, RVHReport 2006, 405; N. Schneider, Streitwert bei Hilfsaufrechnung, AGS 2006, 34; N. Schneider, Die Berechnung des Gegenstandswertes bei der Rechtsanwaltstätigkeit bei nicht rechtskraftfähiger Entscheidung über eine Hilfsaufrechnung, AGS 2007, 255; Hansen, Der Streitwert des Berufungsverfahrens nach hilfsweiser Aufrechnung in erster Instanz, RVGReport 2008, 316; N. Schneider, Vergleich über die Hilfsaufrechnung, NJW-Spezial 2011, 411; H. Schneider, Wert- und Kostenberechnung bei hilfsweiser Aufrechnung, AGS 2012, 553. Gliederungsübersicht Rn. A. I. II. III. IV. V.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . Anrechnung und Verrechnung Geltendmachung im Prozess . . Haupt- und Hilfsaufrechnung . Anzuwendende Vorschriften . .
. . . . . .
. . . . . .
1246 1247 1249 1253 1256 1258
B. Zuständigkeitsstreitwert. . . . . . . 1259 C. Gebührenstreitwert . . . . . . . . . . I. Geltendmachung der Aufrechnung 1. Erfüllungseinwand/Prozessaufrechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verteidigung mit Gewährleistungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . b) Minderung/Freistellung von Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorschuss- und Ersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vertragsstrafeversprechen . . . . II. Hauptaufrechnung . . . . . . . . . . . III. Hilfsaufrechnung . . . . . . . . . . . . 1. Eventualverhältnis a) Prozessuale Rügen . . . . . . . . . b) Mehrfache Hauptaufrechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bestrittene Gegenforderung. . . . . 3. Rechtskraftfähige Entscheidung . a) Entscheidung über Aufrechnungseinwand . . . . . . . . . . . .
Rn.
4.
1260
1264 1268 1271 1272 1275 1283 1284 1287 1288 1290 1292 1293 1297
IV. V. VI. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
b) Entscheidung über Gegenforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unzulässigkeit der (Hilfs-)Aufrechnung . . . . bb) Fehlende Aufrechnungslage . . . . . . . . . . . . . . . . . Umfang der Rechtskrafterstreckung a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . b) Reduktion der Klageforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mehrfache Aufrechnung. . . . Wechsel zwischen Haupt- und Hilfsaufrechnung . . . . . . . . . . . Instanzunterschiede . . . . . . . . . Besondere Verfahren Negative Feststellungsklage . . . Klagenhäufung . . . . . . . . . . . . . Klage und Widerklage . . . . . . . . Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . Vollstreckungsabwehrklage . . . Wiederaufnahmeklage . . . . . . .
. 1306 . 1308 . 1314
. 1319 . 1321 . 1322 . 1328 . 1334 . . . . . .
1340 1341 1342 1345 1346 1348
D. Rechtsmittel und Beschwer . . . . I. Unterliegen des Klägers . . . . . . . II. Unterliegen des (aufrechnenden) Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verwerfung des Rechtsmittels . . IV. Rücknahme des Rechtsmittels . .
1349 1351 1353 1360 1362
E. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1366 I. Gerichtsgebühren . . . . . . . . . . . . 1368 II. Anwaltliche Gebühren . . . . . . . . 1373
Stichwortübersicht Rn.
Rn.
Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1269 Abrechnung, Rechnungsposten. . . . . . 1267 Abrechnungssaldo . . . . . . . . . . . . . . . 1252 Anerkenntnisurteil . . . . . . . . . . . . . . . 1301 Anrechnung . . . . . . . . . . . 1249, 1358, 1375 – hilfsweise erklärte. . . . . . . . . . . . . . 1355 Anwaltliche Gebühren . . . . . . . . . . . . 1373
Aufrechnung – des Klägers mit der Klageforderung . 1266 – eines Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . 1295 – mehrfache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1322 – mit mehreren Gegenforderungen . . 1357 – verspätet zurückgewiesene . . . . . . . 1311 Aufrechnungseinwand . . . . . . . . 1297, 1299
188
Kurpat
Aufrechnung Rn.
Rn.
Aufrechnungserklärung – außerprozessuale. . . . . . . . . . . . . . . 1294 – wirksame . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1302 Aufrechnungsforderung, ungenügend individualisierte . . . . . . . . . . . . . . . 1310 Aufrechnungslage, fehlende . . . . . . . . 1315 Aufrechnungsverbote . . . . . . . . . . . . . 1313 Aufrechnungswille . . . . . . . . . . . . . . . 1247 Bedingungsfeindlichkeit . . . . . . . . . . . 1256 Berechnungsposten, unselbständige . . 1352 Bürge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1265, 1295 Darlehensrückzahlung . . . . . . . . . . . . 1281 Dienstvertragliche Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1274 Differenztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . 1251 Einigungsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . 1374 Einspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1304 Einzelforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1252 Empfangsbedürftige Erklärung . . . . . . 1247 Erfüllungseinwand . . . . . . 1252, 1254, 1264 Erklärung von Dritten. . . . . . . . . . . . . 1265 Ersatzvornahmekosten . . . . . . . . . . . . 1276 Eventualforderung . . . . . . . . . . . . . . . 1367 Eventualverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . 1288 – Missachtung . . . . . . . . . . . . . . 1290, 1306 Fälligkeitsprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . 1317 Fehlerhafte anwaltliche Beratung . . . . 1274 Freistellung von Vergütung . . . . . . . . . 1272 Gebührenstreitwert . . . . . . . . . . . . . . 1260 Gegenforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1356 – bestrittene . . . . . . . . . . . . . . . 1260, 1292 – Inhaber der . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1264 – mehrere . . . . . . . . . . . . . . . . . 1286, 1326 – wertmäßig übersteigende . . . . . . . . 1285 Gegenseitigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . 1318 Gerichtsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . 1368 Geschäftsbesorgung, entgeltliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1274 Gewährleistungsrechte – Gegenansprüche . . . . . . . . . . . . . . . 1251 – Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 1344 – Verteidigung mit . . . . . . . . . . . . . . . 1268 Gleichartigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1312 Haupt- und Hilfsaufrechnung. . . . . . . 1256, 1284, 1287, 1354 Hauptaufrechnung . . . . . . 1284, 1287, 1354 – mehrfache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1290 Hilfserwägungen. . . . . . . . . . . . . . . . . 1308 Hilfswiderklage . . . . . . . . . . . . . . . . . 1261 Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 1345 Instanzbezogene Wertfestsetzung . . . . 1371 Instanzunterschiede . . . . . . . . . . . . . . 1334 Kauf- und Werkvertragsrecht . . . . . . . 1272 Klage und Widerklage . . . . . . . . . . . . . 1342 Klageforderung bestritten . . . . . . . . . . 1323 Klageforderung mit Aufrechnung . . . . 1266 Mangel-/Mangelfolgeschäden . . . . . . . 1280
Mietrechtliche Streitigkeit . . . . . . . . . 1273 Minderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1272 Negative Feststellungsklage . . . . . . . . 1340 Nichterfüllung des Vertrages . . . . . . . 1275 Prozessaufrechnung . . . . . . . . . . . . . . 1255 Prozessuale Rügen . . . . . . . . . . . . . . . 1288 Qualifizierung, fehlerhafte . . . . . . . . . 1270 Rechnungsposten, unselbständige . . . 1249 Rechtliche Würdigung . . . . . . . . . . . . 1248 Rechtskraft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1260 Rechtskrafterstreckung, Umfang . . . . 1319 Rechtskraftfähige Entscheidung . 1293, 1338 Reduktion der Klageforderung . . . . . . 1321 Rücknahme der Aufrechnungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1302 Rücknahme des Rechtsmittels . . . . . . 1362 Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1271 – Rückabwicklung. . . . . . . . . . . . . . . 1251 Sachvortrag, verspäteter . . . . . . . . . . . 1316 Saldoforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1267 Saldotheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1251 Schadenersatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1280 – wegen einzelner Mängel . . . . . . . . . 1276 – wegen Nichterfüllung . . . . . . . . . . . 1275 – wegen Verzug . . . . . . . . . . . . . . . . . 1282 – wegen Verletzung leistungsbezogener Nebenpflichten . . . . . . . . . 1281 Sperrgrenze, § 322 Abs. 2 ZPO . . . . . . 1369 Streitwert bis/nach Übergang der Hilfs- zur Hauptaufrechnung . 1328, 1331 Substantiierung, unzureichende . . . . . 1315 Überzahlung auf Abschlagrechnung . . 1251 Unzuständigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . 1309 Verfahrensgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . 1373 Verfahrensstreitwert. . . . . . . . . . . . . . 1370 Vergebliche Aufwendungen . . . . . . . . 1276 Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1366 Vergleich im Rechtsmittelverfahren . . 1371 Verrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1251 Versäumnisurteil . . . . . . . . . . . . . . . . 1303 Verstoß gegen § 308 ZPO . . . . . . . . . . 1300 Verteidigungsmittel . . . . . . . . . . . . . . 1253 Vertragsstrafeversprechen. . . . . . . . . . 1283 Verwerfung des Rechtsmittels . . . . . . 1360 Vollstreckungsabwehrklage . . . . 1346, 1359 Vorbehaltsurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . 1305 Vorgreifliche Entscheidung . . . . . . . . . 1299 Vorschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1276 Vorschusspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . 1262 Vorschusszahlung. . . . . . . . . . . . . . . . 1251 Vorteilsausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . 1251 Wertfestsetzung, getrennte . . . . . . . . . 1335 Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1261 Wiederaufnahmeklage . . . . . . . . . . . . 1348 wirtschaftliche Betrachtungsweise . . . 1376 Zurückbehaltungsrecht . . . . . . . 1296, 1298 Zuständigkeitsstreitwert . . . . . . . . . . 1259
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Aufrechnung
A. Allgemeines 1246
Im Prozess kann sich der Beklagte mit Einreden und Einwendungen gegen die Klageforderung verteidigen. Beruft er sich erfolgreich darauf, dass die Klageforderung durch eine wirksame Aufrechnung gem. § 389 BGB erloschen ist, wird die Klage als unbegründet abgewiesen. Dabei ist zwischen der Erklärung der Aufrechnung als materiell-rechtlicher Gestaltungserklärung (§ 388 BGB) und der Geltendmachung der erklärten Aufrechnung im Prozess zu unterscheiden.
I. Aufrechnung 1247
Aufrechnung ist die wechselseitige Tilgung zweier sich gegenüberstehender gleichartiger Forderungen. Sie stellt ein einseitiges Rechtsgeschäft dar, dessen Vornahme durch empfangsbedürftige Erklärung gegenüber dem anderen Teil erfolgt. Diese muss für die Herbeiführung materiell-rechtlicher Folgen nicht ausdrücklich abgegeben werden, hinreichend ist eine klare Erkennbarkeit des Aufrechnungswillens. Daher kann in dem Verweis auf eine bereits zu einem früheren Zeitpunkt angeblich erklärte Aufrechnung im Einzelfall deren Wiederholung liegen.1 Aufgrund ihrer endgültigen Wirkung (§ 389 BGB) kann jedoch eine einmal wirksam erklärte Aufrechnung weder wiederholt werden noch kann ihr mit einer weiteren Aufrechnung (sog. Replik der Aufrechnung) entgegnet werden.
1248
Nicht selten wird vorprozessual wie auch innerhalb des Prozesses eine Verteidigung vom Beklagten als „Aufrechnung“ bezeichnet, obwohl sie es nicht ist. Deshalb ist diese Vorfrage stets aufgrund rechtlicher Würdigung zu klären. So reicht es für die Streitwertbestimmung und eine danach im Einzelfall gebotene Wertaddition nicht aus, dass der Beklagte seine Verteidigung irrig als Aufrechnung bezeichnet. Verlangt er beispielsweise Herabsetzung des Kaufpreises wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) oder positiver Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB), etwa aufgrund unterlassener Aufklärung über die Ertragsumstände einer Praxis, dann leugnet er, dass die Klageforderung in der geltend gemachten Höhe entstanden ist. Der Streitwert ist dann einfach zu berechnen, auch wenn der Beklagte „nachdrücklich die Aufrechnung erklärt“.2
II. Anrechnung und Verrechnung 1249
Abzugrenzen ist die Aufrechnung daher von der – für die Streitwertbestimmung unbedeutenden – Anrechnung und der (vertraglich vereinbarten) Verrechnung. Im Gegensatz zur Aufrechnung, bei der sich zwei selbständige Forderungen gegenüberstehen, sind bei der Anrechnung von einem Anspruch unselbständige Rechnungsposten in Abzug zu bringen.3 Sie ist von Amts wegen zu berücksichtigen, ohne dass es einer dahingehenden Erklärung einer Partei bedarf. Eine nach dieser Maßgabe fehlerhaft erklärte Aufrechnung bleibt wirkungslos. Auch gelangen hier weder Aufrechnungsverbote zur Anwendung noch erwächst die Entscheidung über den Bestand der Einzelposten in Rechtskraft.4 1 BGH, Urt. v. 14.6.1994 – XI ZR 127/93, MDR 1994; zust. nur für die außerprozessuale Aufrechnung Zöller/Greger, § 145 ZPO Rn. 11. 2 OLG Köln, Beschl. v. 9.5.1984 – 16 W 36/84, KostRsp. GKG § 19 Nr. 81. 3 MünchKomm.BGB/Schlüter, § 387 Rn. 50. 4 BGH, Urt. v. 20.1.2004 – XI ZR 69/02, MDR 2004, 702; Beschl. v. 10.4.1997 – VII ZR 266/96, NJW-RR 1997, 1157; Urt. v. 13.1.1993 – XII ZR 212/90, MDR 1993, 543; KG, Beschl. v. 21.1.2000 – 4 W 1071/99, JurBüro 2000, 419; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 3; Zöller/Greger, § 145 ZPO Rn. 11.
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Aufrechnung Zur Berechnung der Beschwer bei irrtümlicher Bescheidung als Aufrechnung s. unten Rn. 1270.
1250
Fälle der Anrechnung sind die Kürzung einer Auszahlung aufgrund von Vorschusszahlungen,1 die Verteidigung mit Überzahlungen auf Abschlagsrechnungen,2 die Anwendung der Saldotheorie bei der ungerechtfertigten Bereicherung gem. § 818 BGB,3 die Schadensermittlung nach der Differenztheorie,4 die Vorteilsausgleichung5 und nach überwiegender Ansicht auch die Rückabwicklung beim Rücktritt vom Vertrag gem. § 346 BGB.6 Zur Verteidigung mit gewährleistungsrechtlichen Gegenansprüchen s. auch nachfolgend Rn. 1268 ff.
1251
Anders als bei der Aufrechnung erfolgt die Tilgung einander gegenüberstehender Forderungen bei der Verrechnung nicht durch einseitige Erklärung, sondern im Wege des Vertrages (Aufrechnungsvertrag), beispielsweise im Fall der Kontokorrentabrede. Stützt der Kläger seine Klage auf einen sich daraus ergebenden Abrechnungssaldo, dann bleiben die verrechneten Einzelforderungen unselbständige Bestandteile. Beruft sich der Beklagte gegenüber der (prozessualen) Geltendmachung einer Einzelforderung auf eine entsprechende Verrechnung, handelt es sich um einen bloßen Erfüllungseinwand. Eine (Hilfs)Aufrechnung ist nur dann anzunehmen, wenn sie einen von dem mit der Klage geltend gemachten Saldo unabhängigen Wert enthält.7
1252
III. Geltendmachung im Prozess Im Prozess werden die Rechtsfolgen der Aufrechnung als Verteidigungsmittel (§ 296 ZPO) durch Prozesshandlung geltend gemacht, deren Zulässigkeit und Wirksamkeit sich nach dem Verfahrensrecht bestimmt. Insoweit ist aufgrund des verfahrensgestaltenden Charakters eine ausdrückliche Erklärung erforderlich, da schlüssiges Verhalten nur in den vom Gesetz ausnahmsweise vorgesehenen, hier nicht einschlägigen Fällen (z.B. §§ 39, 138 Abs. 3, 295 ZPO) ausreicht.8
1253
Dabei kann sich die Geltendmachung auf die Bezugnahme einer bereits außerprozessual erklärten Aufrechnung beschränken. Es handelt sich dann um einen bloßen Erfüllungseinwand nach § 389 BGB, der ohne weitere Anhaltspunkte keine Wiederholung der Aufrechnungserklärung darstellt.9
1254
Fallen hingegen Aufrechnungserklärung und prozessuale Geltendmachung in einer Handlung zusammen (sog. Prozessaufrechnung), ist deren materiell- und prozessrechtliche Doppelnatur10 zu beachten.
1255
1 RGZ 141, 259; MünchKomm.BGB/Schlüter, § 387 BGB Rn. 50. 2 KG, Beschl. v. 21.1.2000 – 4 W 1071/99, JurBüro 2000, 419 – ungenau als Verrechnung bezeichnet; wohl auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.5.2005 – 5 W 37/04, BauR 2005, 1520 = IBR 2005, 525; Meyer, § 45 Rn. 29. 3 BGH, Urt. v. 16.3.1998 – II ZR 303/96, NJW 1998, 1951; Urt. v. 24.6.1963 – VII ZR 229/62, NJW 1963, 1870; Palandt/Sprau, § 818 BGB Rn. 50. 4 BGH, Urt. v. 17.7.2001 – X ZR 71/99, NJW 2001, 3535; Palandt/Grüneberg, § 281 BGB Rn. 20. 5 BGH, Urt. v. 6.6.1997 – V ZR 115/96, MDR 1997, 1671; Palandt/Grüneberg, Vorb v. § 249 Rn. 71. 6 BGH, Urt. v. 17.5.1994 – IX ZR 232/93, MDR 1994, 907; MünchKomm.BGB/Schlüter, § 387 Rn. 50; a.A. Palandt/Grüneberg, § 387 BGB Rn. 2 unter Verweis auf § 348 BGB. 7 OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.3.2012 – 13 W 12/12, JurBüro 2012, 363. 8 Zöller/Greger, vor § 128 ZPO Rn. 19. 9 BGH, Beschl. v. 1.2.1995 – XII ZR 219/94, MDR 1995, 407; Zöller/Greger, § 145 ZPO Rn. 11; weitergehend BGH, Urt. v. 14.6.1994 – XI ZR 127/93, MDR 1994, 1144; Schneider, JurBüro 1969, 785. 10 Vgl. BGH, NJW 1957, 591; Palandt/Grüneberg, § 388 BGB Rn. 2.
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Aufrechnung
IV. Haupt- und Hilfsaufrechnung 1256
Gem. § 388 Satz 2 BGB ist die Aufrechnungserklärung als Gestaltungsgeschäft unwiderruflich und bedingungsfeindlich. Dennoch kann die Aufrechnung im Rechtsstreit hilfsweise für den Fall erklärt werden, dass anderweitig geltend gemachte Einreden nicht durchgreifen oder die Hauptforderung vom Gericht für begründet erachtet wird. Diese sog. Rechtsbedingung beschreibt lediglich ein Erkenntnisproblem hinsichtlich des Bestandes der Hauptforderung zum Zeitpunkt der Erklärung und nicht die Abhängigkeit von einem künftigen ungewissen Ereignis.1
1257
Ob mit der Rechtsverteidigung eine Haupt- oder Hilfsaufrechnung gewollt ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Hierbei ist nicht die Wahl des Ausdrucks, sondern der sachliche Gehalt der Rechtsverteidigung ausschlaggebend.2 Ob Hauptvorbringen und Hilfsvorbringen im Prozess in einem Eventualverhältnis stehen, richtet sich ganz allein nach dem – gem. §§ 139, 278 Abs. 2 ZPO zu erfragenden – Willen der erklärenden Partei.3 Im Zweifel ist von einer nur hilfsweise erklärten Prozessaufrechnung auszugehen.4 Siehe auch unten Rn. 1287 ff.
V. Anzuwendende Vorschriften 1258
Ebenso wie bei der Widerklage ist auch bei der Aufrechnung zwischen Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert sowie Rechtsmittelstreitwert und Beschwer zu unterscheiden. Gesetzlich normiert ist mit § 45 GKG nur der Gebührenstreitwert der Hilfsaufrechnung, und zwar in Abs. 3 für den Rechtsstreit und in Abs. 4 für den Vergleich. Dessen Auslegung hat zu zahlreichen Streit- und Zweifelsfragen geführt. Hinzu kam bis zum 30.6.1994 die widersprüchliche Regelung von Hauptund Hilfsantrag in § 19 Abs. 4 GKG a.F.,5 die von Gerichten zur Auslegung herangezogen wurde. Der Hilfsanspruch ist durch das KostRÄndG 1994 der Regelung von Klage und Widerklage angeglichen. Dies ist anlässlich der Neufassung in § 45 GKG beibehalten worden. Bei der Heranziehung älterer Rechtsprechung darf die Neuregelung durch das KostRÄndG 1994 nicht unbeachtet bleiben.
B. Zuständigkeitsstreitwert 1259
Auf den Zuständigkeitsstreitwert hat die Geltendmachung der Aufrechnung keinen Einfluss, denn dieser wird durch den Streitgegenstand bestimmt und setzt Rechtshängigkeit des Anspruchs (§ 261 Abs. 1 ZPO) voraus. Da die Gegenforderung mit der Geltendmachung der Aufrechnung nicht rechtshängig wird,6 ist insbesondere für eine Addition von Forderung und Gegenforderung gem. § 5 Satz 1 ZPO kein Raum.7 1 MünchKomm.BGB/Schlüter, § 388 Rn. 4; Zöller/Greger, § 145 ZPO Rn. 13 m.w.N. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 24.6.1985 – 14 W 322/85, JurBüro 1985, 147; OLG Köln, Beschl. v. 11.1.1995 – 19 W 15/94, OLGR 1995, 79 = JurBüro 1995, 645; Beschl. v. 30.4.1993 – 19 W 15/93, JurBüro 1994, 495. 3 Kion, Eventualverhältnisse im Zivilprozess, 1971, § 3 I; Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986, § 18 II; Merle, ZZP Bd. 83, 1970, 437. 4 Palandt/Grüneberg, § 388 BGB Rn. 3. 5 Vgl. hierzu E. Schneider, NJW 1975, 2107. 6 BGH, Urt. v. 11.11.1971 – VII ZR 57/70, BGHZ 57, 422 = MDR 1972, 318; Zöller/Greger, § 145 Rn. 18. 7 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.8.1998 – 28 AR 63/98, MDR 1999, 438; Baumbach/Hartmann, Anh. § 3 Rn. 23; Mattern, NJW 1969, 1087 ff.; Musielak/Voit/Heinrich, § 3 Rn. 23 unter „Aufrechnung“; Zöller/Herget, § 5 Rn. 9.
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C. Gebührenstreitwert Die Bestimmung des Gebührenstreitwertes ist zunächst davon abhängig, ob die Geltendmachung der Aufrechnung primär, also ohne Bestreiten der Klageforderung, oder nur hilfsweise (sekundär) erfolgt. Sodann ist zu unterscheiden, ob die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung bestritten oder unbestritten ist. Denn eine Addition von Klage- und Gegenforderung erfolgt nur, wenn und soweit über die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte und bestrittene Gegenforderung eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht, § 45 Abs. 3 GKG, § 322 Abs. 2 ZPO. Die nachfolgenden Ausführungen orientieren sich an dieser Prüfungsreihenfolge.
1260
Geht der Beklagte von der Rechtsverteidigung zum Angriff über und verfolgt seine zur Aufrechnung gestellten Ansprüche (zugleich) mit der Widerklage, sind die Einzelwerte von Klage und Widerklage – jetzt nach § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG – zusammenzurechnen, soweit nicht derselbe Gegenstand betroffen ist.1 Ferner ist zu addieren, wenn eine – für den Fall der Unzulässigkeit der Aufrechnung erhobene – Hilfswiderklage vom Gericht beschieden wird (s. hierzu ausführlich unten Rn. 1287 ff.).
1261
Die Geltendmachung der Aufrechnung löst ebenso wenig wie die Erhebung der Widerklage eine Vorschusspflicht gem. § 12 GKG aus. Da erst bei Abschluss der Instanz feststeht, ob über die Gegenforderung rechtskräftig entschieden oder sie durch Prozessvergleich verbraucht wird, kann der Streitwert erst bei Instanzbeendigung endgültig festgesetzt werden, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG.
1262
Die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren ist gem. § 23 RVG auch für die – durch die Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren ausgelösten – anwaltlichen Gebühren maßgeblich. Das gilt auch soweit gerichtliche und anwaltliche Tätigkeit einander nicht entsprechen, etwa wenn der Vortrag zu einer hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung unberücksichtigt bleibt, weil die Klage bereits mangels Schlüssigkeit abzuweisen ist. Dem Begehren, in diesen Fällen (auf Antrag) neben dem Gebührenstreitwert gem. § 33 Abs. 1 RVG einen Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit unter Hinweis auf den mit der Begründung (bzw. Abwehr) der Aufrechnungsforderung verbundenen Aufwand festzusetzen, ist die Rechtsprechung ganz überwiegend entgegen getreten.2 Eine Berücksichtigung der Aufrechnungsforderung ist dagegen im Verhältnis des Anwalts zu seinem Mandanten denkbar, zumindest dann, wenn der Anwalt weitergehend mandatiert und vorprozessual entsprechend tätig war.3
1263
1 OLG Schleswig, Beschl. v. 17.3.1986 – 14 W 9/86, JurBüro 1987, 255. 2 BGH, Beschl. v. 25.9.2008 – VII ZB 99/07, MDR 2009, 54 = AGS 2008, 584 mit Anm. N. Schneider; KG Berlin, Beschl. 21.10.2008 – 7 W 59/08 = JurBüro 2009, 86 = AGS 2009, 249; Beschl. v. 11.6.2007 – 20 U 150/04, JurBüro 2007, 488; OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.8.2006 – 13 W 31/05; OLG Hamburg, Beschl. v. 19.8.2009 – 14 W 63/09, JurBüro 2009, 645; OLG Hamm, Beschl. v. 2.1.2007 – 19 U 48/06, MDR 2007, 618 = AGS 2007, 204 mit Anm. E. Schneider; OLG Jena, Beschl. v. 1.7.2008 – 5 U 552/07, MDR 2008, 1426; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.3.2007 – 7 W 1/07, AGS 2007, 470 mit abl. Anm. E. Schneider; Madert, AGS 2002, 218 (220); a.A. LAG Hamm, Beschl. v. 20.5.1989 – 8 Ta 65/89, MDR 1989, 852; LAG Köln, Beschl. v. 14.9.2001 – 13 Ta 214/01, NZA-RR 2002, 437 = AnwBl. 2002, 185; LAG Nürnberg, Beschl. v. 30.9.2004 – 6 Ta 27/04, MDR 2005, 120; VGH Baden-Württemberg, AGS 2008, 138; AnwK-RVG/E. Schneider, § 33 Rn. 15, 17 ff.; Hansens, RVG-Report 2008, 154. 3 KG Berlin, Beschl. v. 21.10.2008 – 7 W 59/08, JurBüro 2009, 86 = AGS 2009, 249; Beschl. v. 11.6.2007 – 20 U 150/04, JurBüro 2007, 488; OLG Hamburg, Beschl. v. 19.8.2009 – 14 W 63/09, JurBüro 2009, 645.
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I. Geltendmachung der Aufrechnung 1. Erfüllungseinwand/Prozessaufrechnung 1264
Wie bereits dargelegt, kann sich der (Wider-)Beklagte im Prozess in unterschiedlicher Weise auf die Folgen der Aufrechnung berufen. Für die Streitwertbemessung bedarf es jedoch keiner Differenzierung danach, ob die Aufrechnung vom Inhaber der Gegenforderung über den Erfüllungseinwand oder als Prozessaufrechnung in den Rechtsstreit eingeführt wird, da die § 45 Abs. 3 GKG, § 322 ZPO nicht auf die Erklärung der Aufrechnung, sondern nur auf die „Geltendmachung“ von deren Folgen abstellen. Folgerichtig erwächst auch die Bescheidung des bloßen Erfüllungseinwandes bezüglich des Bestehens bzw. Nichtbestehens der außergerichtlich zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung in Rechtskraft.1
1265
Beruft sich der Beklagte auf die Folgen der von einem Dritten erklärten Aufrechnung, etwa der verklagte Bürge auf die des Hauptschuldners, ändert dies nichts am rechtsvernichtenden Charakter der Einwendung (Tilgungseinwand). Die Uneinigkeit darüber, ob in diesem Fall der Gebührenstreitwert entsprechend § 45 Abs. 3 GKG (§ 19 Abs. 3 GKG a.F.) zu bestimmen ist, wird streitwertrechtlich daher nicht an dieser Stelle entschieden. Denn problematisch ist nicht die Geltendmachung der Aufrechnung, sondern ob darüber eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht, was nicht der Fall ist, da diese nur zwischen den Parteien wirkt (s. hierzu unten Rn. 1295 ff.).
1266
An einer Rechtskrafterstreckung gem. § 322 Abs. 2 ZPO fehlt es auch, wenn sich der Beklagte auf eine (außerprozessuale) Aufrechnung des Klägers mit der Klageforderung beruft. Denn § 322 Abs. 2 ZPO dient dem Schutz des Klägers vor einer erneuten Inanspruchnahme aufgrund der bereits beschiedenen Gegenforderung. Daher fehlt es an einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung über eine Aufrechnungsforderung, wenn die Klage nur deshalb abgewiesen wird, weil der Kläger während des Rechtsstreits außerprozessual die Aufrechnung mit der Klageforderung gegenüber einer (nicht streitgegenständlichen) Forderung des Beklagten erklärt und Letzterer dies im Rechtsstreit geltend gemacht hat.2 Auf diesen Fall ist § 322 Abs. 2 ZPO weder unmittelbar noch analog anzuwenden, weil der aufrechnende Kläger hier – anders als bei Aufrechnung im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage3 – nicht Schuldner derjenigen Forderung ist, die den Gegenstand des Rechtsstreits bildet.
1267
Ebenso fehlt es an der Geltendmachung, wenn der Kläger mit seiner Zahlungsklage eine Saldoforderung zum Gegenstand macht und hierbei entgegen einer – vorprozessualen – Berechnung des Beklagten eine von diesem eingestellte Gegenforderung nicht berücksichtigt, d.h. in Abzug gebracht hat. Bei der Gegenforderung handelt es sich dann lediglich um einen Rechnungsposten im Rahmen der Abrechnung, hinsichtlich deren Berechtigung die Entscheidung nicht gem. § 322 Abs. 2 ZPO in Rechtskraft erwächst.4
1 BGH, Urt. v. 4.12.1991 – VIII ZR 32/91, MDR 1992, 611; OLG Stuttgart, Beschl. v. 24.1.1989 – 8 W 248/98, NJW-RR 1989, 841; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 5; Meyer, § 45 Rn. 28; Zöller/Vollkommer, § 322 Rn. 15. 2 BGH, Urt. v. 4.12.1991 – VIII ZR 32/91, MDR 1992, 611. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.4.1999 – 9 W 27/99, MDR 1999, 1092; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 3.11.1994 – 4 U 85/94, MDR 1995, 643. 4 BGH, Urt. v. 20.1.2004 – XI ZR 69/02, MDR 2004, 702.
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Aufrechnung 2. Verteidigung mit Gewährleistungsrechten Auch bei der Anrechnung stehen sich nicht zwei selbständige Forderungen gegenüber. Vielmehr sind hier von einem Anspruch unselbständige Rechnungsposten in Abzug zu bringen. So werden bei vertraglichen Schuldverhältnissen Gewährleistungsrechte häufig nicht über eigenständige und damit im Wege der Aufrechnung verfolgbare Ansprüche, sondern durch eine Saldierung bei der Berechnung des Hauptanspruches berücksichtigt.
1268
So liegt beispielsweise beim Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung der Abgrenzung zwischen Aufrechnung und Anrechnung die Frage zugrunde, ob für den Inhalt des Schadensersatzanspruches unabhängig von der Gegenleistung allein auf das Leistungsinteresse des Gläubigers (sog. Austausch- oder Surrogationstheorie) oder auf die Einheit von vertraglich geschuldeter Leistung und Gegenleistung abgestellt und damit der Ersatzanspruch des Gläubigers auf die Nichterfüllung des ganzen Vertrages, d.h. auf die Differenz zwischen Erfüllung und Nichterfüllung der beiderseitigen Verpflichtungen, zurückgeführt wird (sog. Differenztheorie).1 Hat er – wie in der hier zu bewertenden Fallkonstellation (Verteidigung mit Gewährleistungsrechten) – seine Gegenleistung (Vergütung) noch nicht erbracht, kann er seinen aus der Nichterfüllung resultierenden Schaden nach der Differenztheorie berechnen. Das Vertragsverhältnis wandelt sich nach bislang herrschendem Verständnis dann zu einem Abrechnungsverhältnis, in dem die Einzelleistungen und -aufwendungen, u.a. die ersparte Gegenleistung (Vergütung), nur noch bloße Rechnungsposten darstellen. Ihre Berücksichtigung bei der Ermittlung eines etwaigen Differenzbetrages stellt danach einen Fall der Anrechnung und nicht der Aufrechnung dar.2 Dem ist der BGH (7. Zivilsenat) – unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung – entgegengetreten.3 Danach stehen sich Vergütungsanspruch und Schadensersatzansprüche wegen Nicht- oder Schlechterfüllung als selbständige Forderungen aufrechenbar gegenüber. Die vertraglichen oder gesetzlichen Regelungen zur Aufrechnung und etwaigen Aufrechnungsverboten dürften durch eine gesetzlich nicht vorgesehene Verrechnung nicht unterlaufen werden. Dieser Ansicht haben sich mittlerweile die Oberlandesgerichte Hamm4, Düsseldorf5 und Brandenburg6 angeschlossen.7
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Ob eine eigenständige Forderung zur Aufrechnung gestellt oder nur ein Fall der Anrechnung vorliegt, bedarf im jeweiligen Einzelfall daher einer genauen juristischen Prüfung, ohne dass es dabei auf die von dem Beklagten vorgenommene sprachliche Einordnung ankommt.8 Für die Bestimmung der Beschwer ist weiter zu klären, ob eine fehlerhafte Qualifizierung und Bescheidung des Verteidigungsvorbringens als Aufrechnung in Rechtskraft erwächst und allein deshalb den Beklagten beschwert.9 Ungeachtet dieser Vorfragen darf nicht übersehen werden, dass sich die Bewertungsproblematik bei nur teilweiser Nichterfüllung der dem Kläger obliegenden Leistung oder dem Verlangen des Beklagten nach Aufwendungsersatz oft nicht stellt. Regelmäßig wird hier die Klageforderung als solche
1270
1 MünchKomm.BGB/Emmerich, vor § 281 BGB Rn. 26 ff.; Palandt/Heinrichs, § 281 BGB Rn. 20 m.w.N. 2 BGH, Urt. v. 17.7.2001 – X ZR 71/99, NJW 2001, 3535; Beschl. v. 5.4.2001 – VII ZR 161/00, BauR 2001, 1928; Urt. v. 19.1.1978 – VII ZR 175/75, BGHZ 70, 240. 3 BGH, Urt. v. 23.6.2005 – VII ZR 197/03, MDR 2005, 1344. 4 OLG Hamm, Beschl. v. 30.11.2005 – 17 W 42/05, NJW-RR 2006, 456. 5 OLG Düsseldorf v. 21.8.2009 – 5 W 58/08, BauR 2010, 937; s. aber bereits Beschl. v. 24.5.2005 – 5 W 37/04, MDR 2006, 88. 6 OLG Brandenburg, Beschl. v. 5.2.2014 – 11 W 52/13, ZAP EN-Nr. 247/2014. 7 Zust. Kessen, BauR 2005, 1691 (1697). 8 Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Aufrechnung“. 9 Bejahend BGH, Urt. v. 13.12.2001 – VII ZR 148/01, MDR 2002, 601; BGH, Beschl. v. 30.9.1999 – VII ZR 457/98, NJW-RR 2000, 285.
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nicht in Abrede gestellt, so dass selbst bei einer Qualifizierung als Aufrechnung eine Wertaddition schon aufgrund der bloßen Primärverteidigung ausscheidet.1 Im Einzelnen ist wie folgt zu unterscheiden: a) Rücktritt 1271
Erklärt der Beklagte, etwa gem. §§ 437 Nr. 2, 440 bzw. 634 Nr. 3, 636 BGB, den Rücktritt vom Vertrag, ist der Vertrag rückabzuwickeln, § 346 Abs. 1 BGB. Dies stellt keine Aufrechnung dar, so dass eine Wertaddition ausscheidet.2 Beruft sich der Beklagte gegenüber der auf Rückzahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung gerichteten Klage auf die Verpflichtung des Klägers zur Nutzungsentschädigung (§ 346 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB), handelt es sich nach Auffassung des BGH3 um einen Fall der Anrechnung. § 348 BGB, wonach die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen Zug um Zug zu erfüllen sind, steht dem nicht entgegen.4 b) Minderung/Freistellung von Vergütung
1272
Mit der Minderung (§§ 437 Nr. 2, 634 Nr. 3 BGB) macht der Beklagte geltend, dass der mit der Klage geltend gemachte Vergütungsanspruch von vornherein nicht in der Höhe entstanden ist, die der Kläger ansetzt. Auch hier wird also nicht aufgerechnet, sondern die Klageforderung anders und geringer berechnet. Greift der Minderungseinwand durch, dann wird im Kauf- und Werkvertragsrecht der Erfüllungsanspruch mit Zugang der Erklärung auf den nach § 441 Abs. 3 BGB bzw. § 638 Abs. 3 BGB zu berechnenden Betrag herabgesetzt. Eine Wertaddition ist ausgeschlossen, da nicht zwei selbständige Forderungen gegenübergestellt und miteinander verrechnet werden, so dass auch nicht über den Bestand einer Gegenforderung (§ 322 Abs. 2 ZPO) rechtskräftig entschieden worden ist.5
1273
In mietrechtlichen Streitigkeiten ist zu unterscheiden: Verteidigt sich der Beklagte gegenüber der auf Zahlung von Miete gerichteten Klage mit dem Einwand der Mietminderung, scheidet die Annahme einer Aufrechnung aus den vorstehenden Erwägungen aus. Für eine abweichende Ansicht ist auch schon deswegen kein Raum, weil sich die Miete bei Sach- und Rechtsmängeln kraft Gesetzes mindert. § 536 Abs. 1 u. 3 BGB begründen keinen Anspruch, sondern eine rechtsvernichtende Einwendung des Mieters.6 Anders liegt es dagegen, wenn der Beklagte sich gegenüber dem Zahlungsanspruch auf minderungsbedingte Überzahlungen nicht streitgegenständlicher Zeiträume beruft. Hier rechnet der Beklagte (werterhöhend) mit einem eigenständigen Bereicherungsanspruch (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf.
1274
Für dienstvertragliche Rechtsverhältnisse und die entgeltliche Geschäftsbesorgung fehlt es an speziellen gewährleistungsrechtlichen Regelungen. Wendet der Beklagte gegenüber der Vergütungsklage ein, die Dienstleistung oder Geschäftsbesorgung sei aufgrund ihrer mangelhaften Ausführung für ihn ohne oder nur von
1 2 3 4 5
E. Schneider, Anm. zu OLG Düsseldorf, KostRsp. GKG § 19 Nr. 87, 88. BGH, Urt. v. 17.5.1994 – IX ZR 232/93, MDR 1994, 907. BGH, Urt. v. 17.5.1994 – IX ZR 232/93, MDR 1994, 907. So aber Palandt/Grüneberg, § 387 Rn. 2. Nur im Ergebnis zutreffend OLG Schleswig, Urt. v. 11.4.2000 – 3 U 56/98, AGS 2001, 228, das jedoch zu Unrecht auf die mit der Gegenforderung verbundene gerichtliche und anwaltliche „Mehrarbeit“ abstellt. 6 BGH, Urt. v. 29.10.1986 – VIII ZR 144/85, NJW 1987, 432; Palandt/Weidenkaff, § 536 Rn. 1.
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Aufrechnung geringem Wert gewesen, liegt darin keine Aufrechnungserklärung. Hier ist, etwa bei einem auf einer fehlerhaften anwaltlichen Beratung beruhenden Gebührenanspruch, für die Annahme einer Aufrechnung kein Raum. Mit dem Einwand stellt der Beklagte dem Zahlungsverlangen keinen eigenständigen Anspruch gegenüber, sondern beruft sich auf eine unzulässige Rechtsausübung des Klägers. Denn der Vergütungsanspruch ist nur in dem Umfang durchsetzbar, in dem er – beispielsweise – ohne die fehlerhafte Beratung entstanden wäre. Damit handelt es sich um einen Fall der Anrechnung, der den durch die Klageforderung bestimmten Streitwert nicht verändert.1 Das gilt auch, soweit der Beklagte ausdrücklich die Aufrechnung mit einem diesbezüglichen Schadensersatzanspruch erklärt, wobei der Ersatzanspruch ohnehin nur auf Freistellung von einer Verbindlichkeit und damit auf eine nicht gleichartige Leistung (§ 387 BGB) gerichtet wäre.2 Anders liegt es jedoch, wenn der Beklagte einen über die fehlerhafte und damit wertlose Beratungsleistung hinausgehenden Schaden geltend macht. c) Vorschuss- und Ersatzansprüche Verteidigt sich der Beklagte mit dem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§§ 634 Nr. 4, 281, 283, 311a BGB), war auf Grundlage der Differenztheorie nach bislang herrschender Ansicht von einer Anrechnung auszugehen. Dies zumindest dann, wenn der Beklagte die Werkleistung wegen völliger Wertlosigkeit zurückweist und Schadensersatz wegen Nichterfüllung des ganzen Vertrages beansprucht.3
1275
Umstritten ist dagegen, ob eine Saldierung der Aktiv- und Passivposten auch vor- 1276 zunehmen ist, wenn der Besteller das Werk behält und nur Schadensersatz wegen einzelner Mängel, mithin Gewährleistungsrechte aus teilweiser Nichterfüllung des Vertrages, beansprucht. Von Bedeutung ist dies für die Einordnung der Verteidigung mit einem Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten (§ 637 Abs. 1 BGB), auf Zahlung eines Vorschusses darauf (§ 637 Abs. 3 BGB) und auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§§ 634 Nr. 4, 284 BGB). Die bislang überwiegende Ansicht geht auch hier nur von einer Anrechnung aus und verneint eine nach § 45 Abs. 3 GKG zur Streitwerterhöhung führende (Hilfs-)Aufrechnung im Sinne des § 387 BGB. Der Unterschied zu dem Schaden, der für den Auftraggeber mit der völligen Wertlosigkeit der Werkleistung verbunden ist, sei nur quantitativ und nicht qualitativ. Dementsprechend könne der Werkunternehmer auch nur eine reduzierte Vergütung für seine Leistung beanspruchen, so dass auch in diesen Fällen von einem Abrechnungsverhältnis aus-
1 BGH, Beschl. v. 9.7.2009 – IX ZR 135/08, MDR 2009, 1251 = AGS 2009, 495; Urt. v. 24.3.1988 – IX ZR 114/87, MDR 1988, 770; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.9.2000 – 24 W 53/00, MDR 2001, 113 = AGS 2001, 130; OLG Hamm, Urt. v. 31.3.2011 – 28 U 63/10, AGS 2012, 439; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 6; die Problematik nicht erkennend und daher unzutreffend OLG Rostock, Beschl. v. 18.4.2008 – 1 U 12/08, JurBüro 2009, 88. 2 Vgl. BGH, Beschl. v. 9.7.2009 – IX ZR 135/08, MDR 2009, 1251 = FamRZ 2009, 1663. 3 BGH, Beschl. v. 5.4.2001 – VII ZR 161/00, BauR 2001, 1928; Beschl. v. 10.11.1983 – VII ZR 282/83, KostRsp. GKG § 19 Nr. 71; OLG Celle, Beschl. v. 23.7.2001 – 7 W 42/01, AGS 2001, 277; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.5.2005 – 5 W 37/04, BauR 2005, 1520 = BauRB 2005, 323; Beschl. v. 16.9.1996 – 23 W 26/96, BauR 1997, 888; OLG Hamm, Beschl. v. 7.6.2005 – 19 U 17/04, MDR 2005, 1223; OLG Koblenz, Urt. v. 10.1.2002 – 2 U 825/01, MDR 2002, 71; OLG Naumburg, Urt. v. 1.3.2000 – 12 U 63/98, BauR 2001, 1615; OLG Nürnberg, Beschl. v. 12.4.1999 – 4 W 1167/99, MDR 1999, 957; OLG Schleswig, Urt. v. 11.4.2000 – 3 U 56/98, AGS 2001, 228; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 6; Zöller/ Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Aufrechnung“.
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zugehen sei.1 Dies gelte zumindest für alle baurechtlichen Streitigkeiten. Auch die mit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30.3.2000 (BGBl. I, 330) verbundene Änderung des § 302 ZPO zwinge nicht zu einer Neubewertung der Problematik. Zwar habe der Gesetzgeber die Möglichkeit einer schnellen Titulierung durch Erlass eines Vorbehaltsurteils erweitern wollen, hierbei aber die sich aus der Anrechnung ergebenden Einschränkungen übersehen.2 1278
Demgegenüber bejaht ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung eine grundsätzlich werterhöhende (Hilfs-)Aufrechnung unter Hinweis darauf, dass der Besteller in diesen Fällen dem aufgrund des Einbehalts der Werkleistung (auch nach der Differenztheorie) verbleibenden vollen Werklohnanspruch mit einem eigenen Anspruch entgegentrete.3 Dem entspricht die neuere Rechtsprechung des BGH,4 der die Selbständigkeit und Aufrechenbarkeit der Ansprüche auf Vergütung und Schadensersatz wegen Nicht- oder Schlechterfüllung betont und es insbesondere ablehnt, dass Regelungen zur Aufrechnung und etwaigen Aufrechnungsverboten durch eine gesetzlich nicht vorgesehene Verrechnung unterlaufen werden.5 Denn diese gehe in ihrer Grundlage davon aus, dass das streitige Abrechnungsverhältnis vorrangig der Klärung und Ermittlung des Schadens dient. Daher komme der Vergütungsanspruch nur dann als bloßer Verrechnungsposten in Betracht, wenn das gesamte Schuldverhältnis sich durch die Leistungsstörung in ein auf Schadensersatz gerichtetes Schuldverhältnis umgewandelt habe. Ausgehend von der Rechtskraftwirkung des § 322 Abs. 2 ZPO sei die Annahme einer Aufrechnung mit eigenständigen gewährleistungsrechtlichen Forderungen auch deswegen geboten, weil den Parteien an einer endgültigen Entscheidung über die von dem Besteller erhobenen Ansprüche gelegen sei, die aber bei einer bloßen Anrechnung – unstreitig – ausbleibe.6
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Für die erstgenannte Ansicht spricht, dass eine Wertaddition nach der Ratio des § 45 Abs. 3 GKG nicht gerechtfertigt ist. Danach sollen Gericht und Anwälte für die auf die Gegenforderung verwandte Mehrarbeit eine zusätzliche Vergütung erhalten. Bei der werkvertraglichen Abrechnung macht es jedoch keinen Unterschied, mit welchen Rechten sich der Besteller gegenüber einem mangelhaften
1 BGH, Beschl. v. 5.4.2001 – VIII ZR 161/00, BauR 2001, 1928; Urt. v. 26.4.1991 – V ZR 213/89, MDR 1991, 1197; offen lassend: BGH, Beschl. v. 10.4.1997 – VII ZR 266/96, NJWRR 1997, 1157 = BauR 1997, 1077; KG, Beschl. v. 21.1.2000 – 4 W 10711/99, JurBüro 2000, 419; OLG Celle, Beschl. v. 23.7.2001 – 7 W 42/01, AGS 2001, 277; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.1.1992 – 5 W 60/91, OLGR 1992, 94; OLG Hamm, Beschl. v. 7.6.2005 – 19 U 100/04, JurBüro 2005, 541; Beschl. v. 14.10.1997 – 17 U 15/90, NJW-RR 1992, 448; OLG Koblenz, Urt. v. 10.1.2002 – 2 U 825/01, MDR 2002, 715; OLG Köln, Beschl. v. 18.3.1992 – 19 W 7/92, JurBüro 1992, 683; OLG München, Urt. v. 16.7.2002 – 9 U 1813/02, BauR 2003, 421; Beschl. v. 26.1.1987 – 28 W 3010/86, MDR 1987, 620; OLG Naumburg, Urt. v. 1.3.2000 – 12 U 63/98, BauR 2001, 831; OLG Oldenburg, Urt. v. 25.2.2003 – 2 U 232/02, BauR 2003, 1079; OLG Schleswig, Urt. v. 11.4.2000 – 3 U 56/98, AGS 2001, 228. 2 OLG Koblenz, Urt. v. 10.1.2002 – 2 U 825/01, MDR 2002, 715; Schmeel, MDR 2003, 601. 3 Zuletzt KG, Beschl. v. 15.8.2014 – 21 W 23/14; OLG Brandenburg, Beschl. v. 5.2.2014 – 11 W 52/13, ZAP EN-Nr. 247/2014; OLG Düsseldorf v. 21.8.2009 – 5 W 58/08, BauR 2010, 937; s. aber bereits Beschl. v. 24.5.2005 – 5 W 37/04, MDR 2006, 88; OLG Hamm, Beschl. v. 30.11.2005 – 17 W 42/05, NJW-RR 2006, 456; OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.11.2010 – 10 W 54/10, AGS 2011, 385 = NJW 2011, 540. 4 BGH, Urt. v. 23.6.2005 – VII ZR 197/03, MDR 2005, 1344. 5 Zustimmend Kessen, BauR 2005, 1691, 1697. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.5.2005 – 5 W 37/04, BauRB 2005, 323 – betr. den Anspruch auf Erstattung von Ersatzvornahmekosten; Beschl. v. 16.9.1996 – 23 W 26/96, BauR 1997, 888; OLG Hamm, Urt. v. 5.9.1997 – 12 U 113/96, OLGR 1998, 58; Urt. v. 21.4.1995 – 12 U 25/94, BauR 1996, 437; OLG Oldenburg, Urt. v. 23.2.2000 – 2 U 295/99, BauR 2001, 831; OLG Schleswig, Urt. v. 31.3.2000 – 1 U 148/98, BauR 2001, 1615.
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Aufrechnung Werk verteidigt, da die bautechnischen Probleme, die zu klären sind, dieselben bleiben.1 Zu unterschiedlichen Wertfestsetzungen führen beide Ansichten jedoch nur im Ausnahmefall. Denn auch bei Annahme selbständiger, d.h. nicht anrechenbarer Einzelansprüche ist nach der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung eine Werterhöhung regelmäßig ausgeschlossen, weil wechselseitig dasselbe wirtschaftliche Interesse betroffen ist.2 So etwa, wenn eine streitwertrechtlich unerhebliche Primärverteidigung (z.B. Einwand der fehlenden Fälligkeit oder Minderung, Hauptaufrechnung) vorliegt oder das hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Schadensersatz- oder Vorschussverlangen auf gleicher Mangelgrundlage geltend gemacht wird.3 Eine Anrechnung scheidet aber aus, wenn sich der Beklagte gegenüber der Vergütungsklage mit anderweitigen Schadensersatzansprüchen verteidigt, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der mangelhaften Hauptleistung stehen und über die gesetzlichen Gewährleistungsfolgen hinausgehen.4 Hiervon ist beispielsweise auszugehen, wenn bei Erstellung eines Bauwerks eine Mauer nicht lotrecht gemauert worden ist, so dass sich die Anschlussarbeiten erheblich verteuern. Neben der streitwertrechtlich unerheblichen Minderung des Werklohnanspruchs (s. oben Rn. 1272) kann der Bauherr gegenüber dem verbleibenden Vergütungsanspruch die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen seiner zusätzlichen Aufwendungen bei den Anschlussarbeiten erklären. Insoweit ist eine Wertaddition geboten, denn es handelt sich um Schadensersatz neben der Leistung (§ 280 Abs. 1 BGB). Eine geeignete Abgrenzung zwischen diesen eigenständigen Ersatzansprüchen und den der Anrechnung unterliegenden Abrechnungspositionen kann dadurch erreicht werden, dass zwischen den sog. Mangelschäden und Mangelfolgeschäden unterschieden wird. Letztere stehen mit den Hauptleistungspflichten in keinem unmittelbaren Zusammenhang.
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Daher ist von einer bloßen Anrechnung auszugehen, wenn sich der Beklagte mit Schadensersatzansprüchen aufgrund einer Verletzung leistungsbezogener Nebenpflichten verteidigt, die für den Abschluss des Vertrages ursächlich waren. Erklärt der Beklagte beispielsweise gegenüber einer auf Darlehen (§ 607 BGB) gestützten Klage (hilfsweise) die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen Verletzung vorvertraglicher oder vertraglicher Aufklärungspflichten des Klägers und macht geltend, bei gebotener Aufklärung hätte er den Vertrag nicht geschlossen, scheidet eine Wertaddition aus.5 Ist eine haftungsbegründende Pflichtverletzung zu bejahen, besteht der Schaden des Beklagten in seiner Belastung mit den Darlehensrückzahlungen. Ausgeräumt wird dieser Schaden durch Befreiung von der Darlehensrückzahlung, so dass sich der Kläger bereits dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ausgesetzt sieht (s. auch oben Rn. 1274).
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Keine Anrechnung, sondern (streitwerterhöhende) Aufrechnung liegt vor, wenn der Beklagte sich gegenüber dem Vergütungsanspruch (hilfsweise) mit Schadens-
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1 So auch OLG Schleswig, Urt. v. 11.4.2000 – 3 U 56/98, AGS 2001, 228. 2 Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Aufrechnung“. 3 Zutr. so KG, Beschl. v. 15.8.2014 – 21 W 23/14; OLG Brandenburg, Beschl. v. 5.2.2014 – 11 W 52/13, ZAP EN-Nr. 247/2014; OLG Düsseldorf, Beschl.v. 21.8.2009 – 5 W 58/08, BauR 2010, 93; Beschl. v. 24.5.2005 – 5 W 37/04, BauR 2005, 1520; OLG Hamm, Beschl. v. 21.2.2011 – 17 W 38/10, NZBau 2011, 495; Beschl. v. 30.11.2005 – 17 W 42/05, NJW-RR 2006, 456; OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.11.2010 – 10 W 54/10, AGS 2011, 385 = NJW 2011, 540; Kessen, BauR 2005, 1691, 1697. 4 OLG Koblenz, Beschl. v. 22.5.2001 – 5 W 347/01, JurBüro 2002, 197 = AGS 2002, 126: Aufrechnung mit Aufwendungen über Gewährleistungsfolgen oder Schadensersatz gem. § 280 Abs. 1 BGB (pVv), ohne Zusammenhang mit Mängeln; OLG Köln, Beschl. v. 18.3.1992 – 19 W 7/92, JurBüro 1992, 683. 5 BGH, Beschl. v. 26.9.1985 – III ZR 26/84, MDR 1986, 131.
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ersatzansprüchen aufgrund Verzuges (§§ 280 Abs. 2, 286 BGB) verteidigt. Aufgrund der vollständigen, wenngleich verzögerten Leistungserbringung gelangt die Differenztheorie nicht zur Anwendung.1 Ebenso liegt es, wenn Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) geltend gemacht werden, die nur gelegentlich bei der Werkleistung erfolgte (zB. Diebstahl durch Mitarbeiter des Werkunternehmers zum Nachteil des Bestellers). d) Vertragsstrafeversprechen 1283
Verteidigt sich der Beklagte gegenüber der Werklohnklage (hilfsweise) mit der Aufrechnung einer Gegenforderung aus einem Vertragsstrafeversprechen, liegt kein Fall der Anrechnung vor. Die Vertragsstrafe tritt als eigenständige Verpflichtung neben die synallagmatischen Pflichten und ist daher kein bloßer Rechnungsposten bei der Ermittlung des Vergütungsanspruchs.2
II. Hauptaufrechnung 1284
Von Haupt- oder Primäraufrechnung spricht man, wenn der Beklagte die Klageforderung nicht bestreitet, gleichwohl aber Klageabweisung beantragt, weil der Klageanspruch durch eine von ihm erklärte Aufrechnung mit einer Gegenforderung erloschen sei. Der Beklagte setzt seine Gegenforderung nicht nur hilfsweise, sondern „primär“ ein. Da in diesem Fall nur über den Bestand der Gegenforderung gestritten wird, unterbleibt eine Wertaddition.3
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Das gilt auch soweit die Aufrechnung mit einer die Klageforderung wertmäßig übersteigenden Gegenforderung erklärt wird. Eine Werterhöhung im Umfang des weiter gehenden Forderungsteils scheidet aus, da hierüber nicht rechtskräftig entschieden wird, selbst wenn die Gegenforderung in den Entscheidungsgründen in vollem Umfang verneint wird, § 322 Abs. 2 BGB.4 Insbesondere wäre es verfehlt, den überschießenden Teil der Gegenforderung als Hilfsaufrechnung zu bewerten (s. dazu unten Rn. 1325).
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Verteidigt sich der Beklagte gegenüber der unstreitigen Klageforderung durch Aufrechnung mit mehreren Gegenforderungen, ist zu unterscheiden. Liegt die Summe aller Gegenforderungen unter dem Wert der Klageforderung oder überschreitet sie diesen nur in einem Umfang, der unter dem Wert der geringsten Gegenforderung liegt, handelt es sich insgesamt um eine Primäraufrechnung. Folglich verbleibt es für die Wertfestsetzung beim Wert der Klageforderung. Erklärt der Beklagte hingegen die Aufrechnung mit mehreren, die Klageforderung jeweils übersteigenden Gegenforderungen, ist nur bezüglich der ersten von einer Primäraufrechnung und im Übrigen von Hilfsaufrechnungen auszugehen.
1 OLG Dresden, Beschl. v. 29.3.1999 – 17 W 349/99; OLG Hamm, Beschl. v. 7.6.2005 – 19 U 17/04, MDR 2005, 1223. 2 OLG Nürnberg, Beschl. v. 12.4.1999 – 4 W 1167/99, MDR 1999, 957; Meyer, § 45 Rn. 28; a.A. OLG Düsseldorf, BauR 1975, 57; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Aufrechnung“. 3 BGH, Beschl. v. 14.7.1999 – VIII ZR 70/99, NJW-RR 1999, 1736; OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.11.2003 – 2 W 72/03, OLGR 2004, 162; OLG Köln, MDR 1971, 311. 4 Allg. Meinung; BGH, Beschl. v. 24.11.1971 – VIII ZR 80/71, MDR 1972, 234; OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.11.2003 – 2 W 72/03, OLGR 2004, 162; Baumbach/Hartmann, § 322 ZPO Rn. 21.
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III. Hilfsaufrechnung Zur Abgrenzung der Hilfsaufrechnung von der wertneutralen Hauptaufrechnung ist die Prozesserklärung der aufrechnenden Partei auszulegen. Hierbei ist nicht die Wahl des Ausdrucks, sondern der sachliche Gehalt der Rechtsverteidigung ausschlaggebend (s. ausführlich oben Rn. 1257). Entscheidend ist, ob der Beklagte neben der Aufrechnung auch den Bestand der Klageforderung in Abrede stellt,1 wobei weitere prozessuale Bedingungen für die Aufrechnungserklärung, etwa eine (nur) quotale Haftung im Verkehrsunfallprozess,2 nicht ausgeschlossen sind. Für die Ermittlung des Gebührenstreitwertes ist maßgebend, welche Parteierklärung das Gericht zur Entscheidungsgrundlage gemacht hat. Ist es beispielsweise davon ausgegangen, die Klageforderung sei unstreitig, dann steht damit für diese Instanz fest, dass eine den Streitwert nicht erhöhende Primäraufrechnung vorliegt.3
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1. Eventualverhältnis a) Prozessuale Rügen Die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung steht nicht schon dann in einem Eventualverhältnis zur Klageforderung, wenn der Beklagte allein das Fehlen von Prozessvoraussetzungen, beispielsweise die internationale Zuständigkeit rügt, aber die materielle Berechtigung der Klageforderung nicht bestreitet.4 Nach den Motiven zur Gesetzesfassung sollte eine Wertaddition ausscheiden, wenn der „Streit in seinem Kern nur um eine Forderung geht“. Da mit der „bestrittenen Gegenforderung“ in § 45 Abs. 3 GKG der materiell-rechtliche Anspruch gemeint ist – denn die Aufrechnung führt nicht zur Rechtshängigkeit5 –, ist zu folgern, dass von einer Eventualaufrechnung nur auszugehen ist, wenn die Klageforderung auf derselben, nämlich der materiell-rechtlichen, Ebene im Streit steht. Für diesen Ansatz spricht auch der Gleichlauf der Rechtskrafterstreckung, denn scheitern Klage oder Aufrechnung bereits an Zulässigkeitserwägungen, fehlt es an einer materiellen Rechtskrafterstreckung, was bei der Hilfsaufrechnung eine Wertaddition ausschließt (s. dazu unten Rn. 1308 ff.).
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Anderenfalls müsste selbst dann eine (werterhöhende) Eventualaufrechnung be- 1289 jaht werden, wenn nur über das Vorliegen von Prozessvoraussetzungen gestritten wird, die von Amts wegen zu prüfen sind.6 Die Rüge der Wahrung einer Klageoder Rechtsmittelfrist oder der fehlenden Vollmacht oder der Erkennbarkeit einer Unterschrift usw. würde folglich genügen, um den Streitwert zu verdoppeln.7 b) Mehrfache Hauptaufrechnungen Eine Hilfsaufrechnung liegt jedoch dann vor, wenn der Beklagte die Klageforderung zwar nicht bestreitet, sich dagegen aber mit mehreren im Eventualverhältnis 1 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, JurBüro 2004, 378 = AGS 2004, 249; OLG Dresden, Beschl. v. 17.8.1998 – 6 W 1072/98, MDR 1999, 119; Hartmann, KostG, § 45 GKG Rn. 44. 2 KG Berlin, Beschl. v. 7.12.2010 – 12 W 42/09, daher keine Aufrechnung bei Alleinhaftung der aufrechnenden Partei. 3 KG, Beschl. v. 18.10.1985 – 21 W 5063, JurBüro 1986, 416. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.7.1998 – 3 W 42/98, MDR 1998, 1249; Hartmann, KostG, § 45 GKG Rn. 43 unter „Prozessvoraussetzung“; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, § 3 Rn. 19; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Aufrechnung“; a.A. OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.8.1985 – 21 W 36/85, JurBüro 1985, 1677 mit zust. Anm. Mümmler. 5 BGH, Urt. v. 11.11.1971 – VII ZR 57/70, MDR 1957, 318. 6 So in der Tat Mümmler, JurBüro 1985, 1678. 7 Zweifelnd auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.8.1985 – 21 W 36/85, JurBüro 1985, 1677.
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stehenden Gegenforderungen verteidigt. Dies ist etwa der Fall, wenn der Beklagte gegenüber einem auf Zahlung von 5000 Euro gerichteten unstreitigen Klageanspruch die Aufrechnung mit drei, untereinander hilfsweise gestaffelten (streitigen) Gegenforderungen über jeweils 5000 Euro erklärt. Hier handelt es sich nur bei der ersten Aufrechnung um eine Primäraufrechnung, während die nachfolgenden (bei einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung) streitwerterhöhend zu berücksichtigen sind.1 Siehe auch unten bei Rn. 1326. 1291
Bestreitet der Beklagte die Klageforderung nur teilweise und rechnet mit einer Gegenforderung primär gegen den unstreitigen Teil und zugleich hilfsweise gegen den streitigen Teil der Klageforderung auf, so ist die auf das Doppelte der Klageforderung gesetzte Obergrenze (§ 322 Abs. 2 ZPO, § 45 Abs. 3 GKG) derart zu ermitteln, dass zunächst die Klageforderung um den Betrag der Primäraufrechnung reduziert und nur der verbleibende Betrag verdoppelt wird.2 Davon ist die Fallgestaltung zu unterscheiden, dass in unzulässiger Weise mit verschiedenen Teilen eines Anspruchs (Gegenforderung) gegen denselben Teil der Klageforderung aufgerechnet wird (s. unten Rn. 1323). 2. Bestrittene Gegenforderung
1292
Eine Werterhöhung kommt nach § 45 Abs. 3 GKG nur in Betracht, wenn neben der Klageforderung auch die Aufrechnungsforderung im Streit steht. Erklärt der Beklagte daher hilfsweise die Aufrechnung mit einer unbestrittenen Gegenforderung, bleibt diese wertmäßig unberücksichtigt.3 3. Rechtskraftfähige Entscheidung
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Gemäß § 45 Abs. 3 GKG erhöht sich der Streitwert bei einer Hilfsaufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung nur, soweit über diese rechtskräftig entschieden wird. Erforderlich ist eine der materiellen und nicht nur formellen Rechtskraft fähige positive oder negative Entscheidung über die Aufrechnungsforderung.4 Für die Streitwertberechnung ist daher zu unterscheiden, ob das Gericht bei seiner Entscheidung den Aufrechnungseinwand berücksichtigt und – bejahendenfalls – in einer der Rechtskraft fähigen Weise über den Bestand der Gegenforderung entschieden hat. Maßgeblich ist dabei die – möglicherweise auch fehlerhafte – Bewertung des Gerichts. Erachtet dieses die Geltendmachung einer Gegenforderung nicht als Hilfsaufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch (z.B. nach § 628 Abs. 2 BGB), sondern als Einwendung (hier nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB), dann fehlt es an einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung über die Gegenforderung.5
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Hierbei ist die Rechtskraftwirkung der Entscheidung nicht davon abhängig, ob die geltend gemachte Aufrechnung im oder außerhalb des Prozesses erklärt worden ist. Daher wirkt auch die über den Erfüllungseinwand mitbeschiedene außerprozessuale Aufrechnungserklärung streitwerterhöhend.6 1 BGH, Beschl. v. 6.11.1991 – VIII ZR 294/90, MDR 1992, 307; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.8.2009 – 5 W 58/08, BauR 2010, 937; OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.2.2014 – 2 W 5714; OLG Karlsruhe v. 12.5.1989 – 10 U 263/88, MDR 1989, 921. 2 OLG Köln, Beschl. v. 30.4.1993 – 19 W 15/93, OLGR 1993, 157. 3 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, JurBüro 2004, 378 = AGS 2004, 249; OLG Hamm, Beschl. v. 6.12.1999 – 22 U 81/99, MDR 2000, 296. 4 BGH, Beschl. v. 30.9.1999 – VII ZR 457/98, NJW-RR 2000, 285; Meyer, § 45 Rn. 33. 5 BGH, Beschl. v. 14.10.2010 – IX ZR 2/09, AGS 2011, 344. 6 BGH, Urt. v. 4.12.1991 – VIII ZR 32/91, MDR 1992, 611 – zur Rechtskraft; OLG Stuttgart, Beschl. v. 24.1.1989 – 8 W 248/98, OLGZ 1989, 179; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 5; Zöller/Vollkommer, § 322 Rn. 15.
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Aufrechnung Da jedoch die Rechtskraft nur zwischen den Parteien des Rechtsstreits wirkt, bleibt der Einwand des Beklagten, die Klageforderung sei aufgrund der außerprozessualen Aufrechnung eines Dritten erloschen, streitwertrechtlich ohne Folgen. Denn ist der Forderungsinhaber nicht Partei, kann über den Bestand der Gegenforderung nicht endgültig entschieden werden. So beispielsweise, wenn der in Anspruch genommene Bürge gegenüber der Klageforderung einwendet, diese sei bereits aufgrund einer Aufrechnung des Hauptschuldners erloschen.1 Hier besteht auch für eine analoge Anwendung von § 45 Abs. 3 GKG kein Raum.
1295
Soweit dies mit Blick darauf befürwortet wird, dass der Prüfungsumfang der gerichtlichen Tätigkeit dem bei einer (hilfsweisen) Aufrechnung durch den verklagten Hauptschuldner entspreche,2 ist dies nicht überzeugend. Einer Werterhöhung für die Gerichtsgebühren stünde schon das gebührenrechtliche Analogieverbot entgegen. Der für die anwaltlichen Gebühren maßgebliche Gegenstandswert wiederum hat der Wertfestsetzung für das gerichtliche Verfahren zu folgen, § 23 RVG (§ 8 BRAGO). Zudem ist die fehlende Berücksichtigung des Arbeitsaufwandes, unabhängig von der grundsätzlichen Eignung dieses Anknüpfungspunktes,3 kein eigenständiges Phänomen der Hilfsaufrechnung. Beruft sich der Beklagte gegenüber der Klageforderung beispielsweise auf ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 Abs. 3 ZPO, welches unstreitig nicht unter § 45 Abs. 3 GKG fällt, bleibt der damit verbundene Klärungsaufwand ebenfalls gebührenrechtlich unberücksichtigt. Stellt man bei diesen Konstellationen hingegen die fehlende Entscheidung über die Gegenforderung in den Vordergrund,4 lässt sich deren gebührenrechtliche Bedeutungslosigkeit widerspruchsfrei erklären.
1296
a) Entscheidung über Aufrechnungseinwand Fehlt es bereits an einer Auseinandersetzung mit dem Aufrechnungseinwand, weil schon die Klage unzulässig oder auch ohne Berücksichtigung der Aufrechnung in vollem Umfang unbegründet ist,5 bleibt für eine Wertaddition kein Raum.
1297
Macht der Beklagte in erster Linie Gegenansprüche auf Herausgabe von Sachen geltend, aus denen er ein Zurückbehaltungsrecht ableitet, so ist die zusätzlich erklärte Hilfsaufrechnung streitwertmäßig ebenfalls unbeachtlich, wenn bereits das Zurückbehaltungsrecht bejaht wird.6
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An einer (rechtskräftigen) Entscheidung über den Aufrechnungseinwand mangelt es ferner, wenn das Ergebnis seiner Prüfung für die Entscheidung der Klage nur vorgreiflich ist. Dies ist etwa der Fall, wenn der Beklagte gegen eine allein auf Zahlung von Zinsen gerichtete Klage geltend macht, gegenüber der dem Zinsanspruch zugrunde liegenden Hauptforderung die Aufrechnung erklärt zu haben. Hier ist für eine Wertaddition kein Raum.7 Rechtlich entspricht dieser Sachverhalt demjenigen, bei dem im Rechtsstreit allein die Zinszahlungspflicht im Streit steht. Auch dort erfasst die Rechtskraft der Verurteilung zur Zinszahlung oder die
1299
1 BGH, Beschl. v. 29.11.1972 – VIII ZR 202/71, NJW 1973, 146: Beschwer. 2 Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Aufrechnung“. 3 Vgl. hierzu etwa Lappe, Anm. zu OLG Frankfurt, KostRsp. GKG § 19 Nr. 106; Rödding, NJW 1968, 1917. 4 Vgl. für das Zurückbehaltungsrecht BGH, Beschl. v. 16.4.1996 – XI ZR 302/95, MDR 1996, 960; Zöller/Vollkommer, § 322 ZPO Rn. 15. 5 Zöller/Greger, § 145 ZPO Rn. 13. 6 LG Bayreuth, JurBüro 1980, 1865; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Aufrechnung“. 7 Anders aber KG, Beschl. v. 18.10.1985 – 21 W 5063/85, JurBüro 1986, 416.
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Aufrechnung Abweisung der Zinsklage nicht die vorgreifliche Entscheidung hinsichtlich des Bestandes der Hauptforderung. 1300
Das gilt – trotz Auseinandersetzung mit dem Aufrechnungseinwand – auch, wenn das Gericht die Klage aufgrund der Hilfsaufrechnung abweist und hierbei ausdrücklich offen lässt, ob die Klage zulässig und die Klageforderung zunächst entstanden ist. Darin liegt eine Missachtung des Eventualverhältnisses und damit ein Verstoß gegen § 308 ZPO.1 Die (positive) Bescheidung der Gegenforderung wird von der Rechtskraft nicht erfasst.2
1301
Verteidigt sich der Beklagte schriftsätzlich mit einer Hilfsaufrechnung, lässt diese dann aber in der mündlichen Verhandlung fallen und erkennt die Klage an, dann verhält sich das daraufhin ergehende Anerkenntnisurteil nicht zu dem (schriftsätzlich) hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Anspruch. Eine Werterhöhung nach § 45 Abs. 3 GKG scheidet aus.3 Das OLG Hamm begründet dies damit, dass aufgrund „unbestrittener Klageforderung“ über die Hilfsaufrechnung nicht mehr entschieden werden könne und es zudem an einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung fehle, da wegen fehlender Entscheidungsgründe nicht erkennbar sei, dass „neben der Klageforderung über weitere – hilfsweise zur Aufrechnung gestellte – Ansprüche entschieden worden“ ist. Die Entscheidung ist im Ergebnis richtig, in der Begründung unzutreffend.
1302
Ob die in einem vorbereitenden Schriftsatz (§ 129 ZPO) erklärte (Hilfs-)Aufrechnung bereits mit Zugang des Schriftsatzes oder erst mit Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung wirksam wird, ist eine Frage der Auslegung. Nach wohl herrschender Ansicht ist bei einer Prozessaufrechnung regelmäßig von einer bloßen Ankündigung auszugehen.4 Teilt man diese Ansicht, fehlt es schon an einer wirksamen Aufrechnungserklärung, die zur Entscheidung hätte anstehen können. Anderenfalls wäre zu prüfen, ob der Beklagte von der hilfsweise erklärten Prozessaufrechnung Abstand nehmen konnte.5 Wird dies bejaht, stand der zur Aufrechnung gestellte Anspruch zum Schluss der mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht mehr zur Entscheidung und Ausführungen zur Rechtskraft des Anerkenntnisurteils wären dann überflüssig. Hält man dagegen eine Rücknahme der Aufrechnungserklärung wegen ihrer Gestaltungswirkung für ausgeschlossen, läge nach dem (materiell-rechtlichen) Anerkenntnis des Beklagten notwendigerweise eine Hauptaufrechnung vor und eine Werterhöhung schiede schon aus diesem Grunde aus. Im Übrigen ist der rechtskräftige Inhalt von Urteilen ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe über das Parteivorbringen zu ermitteln.6
1303
Wird über die Klage durch Versäumnisurteil entschieden, bleibt eine zuvor (schriftsätzlich) erklärte Hilfsaufrechnung gleichfalls unberücksichtigt.7 Denn aufgrund der Säumnis des Beklagten in der mündlichen Verhandlung fehlt es an der Geltendmachung des mit dem Schriftsatz nur angekündigten Aufrechnungseinwandes.8 Die bei ausbleibendem Einspruch (§ 338 ZPO) eintretende (materielle) Rechtskraft 1 OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.7.1997 – 2 W 88/97, OLGR 1998, 268. 2 BGH, Beschl. v. 14.4.1999 – IV ZR 253/98, NJW-RR 1999, 1157; Urt. v. 25.6.1956 – II ZR 78/55, LM § 322 Nr. 21; OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.7.1997 – 2 W 88/97, OLGR 1998, 268; Musielak/Voit, § 322 ZPO Rn. 83; Zöller/Vollkommer, § 322 ZPO Rn. 21. 3 OLG Hamm, Beschl. v. 17.11.2000 – 34 W 29/00, AGS 2001, 111 mit Anm. Madert. 4 Zöller/Greger, § 129 ZPO Rn. 6 m.w.N. 5 Ablehnend Zöller/Greger, § 145 ZPO Rn. 11; a.A. BGH, Urt. v. 11.11.1971 – VII ZR 57/70, MDR 1972, 318. 6 Zöller/Vollkommer, vor § 322 ZPO Rn. 31 m.w.N. 7 KG, Beschl. v. 30.7.2008 – 2 U 110/04, JurBüro 2008, 652; OLG Köln, MDR 1971, 311; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Aufrechnung“; a.A. Hartmann, KostG, § 45 Rn. 47 unter „Versäumnisurteil“. 8 Zöller/Greger, § 129 ZPO Rn. 6 m.w.N.
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Aufrechnung der Entscheidung erfasst daher nicht die Gegenforderung des Beklagten. Wollte man dies anders sehen, müsste (bei schlüssiger Klage) aufgrund der Geständnisfiktion (§ 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO) eine unstreitige Klageforderung und damit eine wertneutrale Hauptaufrechnung angenommen werden. Legt der Beklagte Einspruch ein, kommt eine Wertaddition nur in Betracht, wenn auch über die Gegenforderung verhandelt und entschieden wird.
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Soweit ein Urteil der materiellen Rechtskraft (§ 322 ZPO) nicht fähig ist, wie beispielsweise ein Vorbehaltsurteil im Urkunden- und Wechselprozess (§ 599 ZPO) oder ein Vorbehaltsurteil zur Aufrechnung (§ 302 ZPO), scheidet auch bei einer vom Beklagten zuvor hilfsweise erklärten Aufrechnung eine Streitwerterhöhung aus.1
1305
b) Entscheidung über Gegenforderung Enthält das Urteil eine Auseinandersetzung mit dem Aufrechnungseinwand, ist damit für die Werterhöhung nach § 45 Abs. 3 GKG noch nichts entschieden. Denn hierfür bedarf es einer inhaltlichen Entscheidung „über die Gegenforderung“. Unproblematisch ist das in den Fällen, in denen das Gericht die Klage aufgrund der Hilfsaufrechnung ganz oder teilweise abweist, soweit nicht eine Missachtung des Eventualverhältnisses (§ 308 ZPO) vorliegt (s. oben Rn. 1300).
1306
Schwieriger stellt sich die Situation dar, wenn der Aufrechnungseinwand bei der Urteilsfindung ohne Folgen bleibt, weil die Klage trotz Aufrechnung in vollem Umfang zugesprochen wird. Hier ist für die Annahme einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung und damit für die Wertaddition maßgeblich darauf abzustellen, ob sich das Urteil in den Entscheidungsgründen zur Aufrechnungslage verhält. Folgende Fallgestaltungen sind zu unterscheiden:
1307
aa) Unzulässigkeit der (Hilfs-)Aufrechnung Wird die (Hilfs-)Aufrechnung vom Gericht für unzulässig erachtet, fehlt es an einer Entscheidung über die Aufrechnungslage (§ 387 BGB). Der Streitwert erhöht sich nicht.2 Auch dann nicht, wenn das Gericht fehlerhaft eine Unzulässigkeit bejaht3 oder prozessordnungswidrig die Zulässigkeit einer Hilfsaufrechnung offen lässt, weil die Gegenforderung „jedenfalls unbegründet“ sei.4 Ebenso verhält es sich – also keine Werterhöhung –, wenn das Gericht im Urteil in Hilfserwägungen auf die Begründetheit eingeht.5
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Die Unzulässigkeit der Aufrechnung kann auf verfahrensrechtlichen und auf materiell-rechtlichen Gründen beruhen. Unterbleibt eine Auseinandersetzung mit der Gegenforderung, weil das Gericht die (Hilfs-)Aufrechnung bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen für unzulässig erachtet, fehlt es bezüglich der zur Auf-
1309
1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.7.1985 – 22 W 24/85; OLG Hamburg, Beschl. v. 12.5.2000 – 14 U 65/99, OLGR 2001, 20; OLG München, Beschl. v. 11.1.1988 – 28 W 2952/87, JurBüro 1989, 137; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Aufrechnung“. 2 BGH, Beschl. v. 22.12.2010 – IV ZR 221/10, AGS 2011, 139; Beschl. v. 31.7.2001 – XI ZR 217/01, NJW 2001, 3616; Beschl. v. 26.9.1990 – VIII ZA 5/90, NJW-RR 1991, 127; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.12.1981 – 6 U 10/81, JurBüro 1982, 265 mit Anm. Mümmler; OLG Köln, Beschl. v. 21.9.1987 – 2 U 113/86; Madert, FS für H. Schmidt, S. 77; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Aufrechnung“. 3 BGH, Beschl. v. 26.9.1990 – VIII ZA 5/90, NJW-RR 1991, 127. 4 BGH, Beschl. v. 25.5.1988 – VIII ZR 18/88, MDR 1988, 956. 5 BGH, Beschl. v. 31.7.2001 – XI ZR 217/01, MDR 2001, 1256 = AGS 2002, 27; OLG Köln, Beschl. v. 21.9.1987 – 2 U 113/86.
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rechnung gestellten Forderung an einer der materiellen Rechtskraft fähigen Entscheidung. So beispielsweise, wenn das Gericht aufgrund einer kaufmännischen Prorogation (§ 29 Abs. 2 ZPO) – zu Recht oder zu Unrecht1 – von einer örtlichen Unzuständigkeit für eine Entscheidung über die Gegenforderung ausgeht,2 oder eine Auseinandersetzung mit der Gegenforderung aufgrund der Nichtzulassung der (Hilfs-)Aufrechnung im Rechtsmittelverfahren nach § 533 ZPO ausbleibt.3 Das gilt in gleicher Weise, wenn die Geltendmachung der Hilfsaufrechnung als unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) gewertet und als unzulässig zurückgewiesen wird.4 1310
Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Verfahrenslage, bei der die Aufrechnungsforderung ungenügend individualisiert worden ist. Insoweit ist die Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechend anzuwenden. Eine Klage, die den Gegenstand nicht genügend bestimmt und deshalb als unzulässig zurückgewiesen wird, kann erneut erhoben werden. Deshalb erwächst auch die Nichtberücksichtigung der Aufrechnung wegen fehlender Individualisierung (im Gegensatz zur fehlenden Substantiierung, s. unten Rn. 1315) nicht in Rechtskraft und steht damit einer Wertaddition entgegen.5
1311
Ebenso verhält es sich, wenn die Geltendmachung der Aufrechnung gem. §§ 296, 296a ZPO als verspätet zurückgewiesen wird. Als Verteidigungsmittel unterliegt der Einwand der Aufrechnung den Verspätungsvorschriften.6 Wird dieser vom Gericht für prozessual unzulässig erachtet, ist für eine Wertaddition gem. § 45 Abs. 3 GKG kein Raum.7 Denn mangels Befassung mit der Gegenforderung fehlt es an einer rechtskräftigen Entscheidung.8 Diese Konstellation ist nicht zu verwechseln mit der Zurückweisung tatsächlichen Vorbringens zur Aufrechnungsforderung als verspätet (vgl. unten Rn. 1316).
1312
Wird die Gleichartigkeit von Klageforderung und Aufrechnungsforderung verneint, ist damit eine rechtskräftige Aberkennung der Gegenforderung nicht verbunden. Die Prozesslage entspricht vielmehr derjenigen bei unzulässiger Aufrechnung. Das Gericht lehnt es ab, sich mit der Aufrechnungsforderung zu befassen, weil es an einer Aufrechnungslage fehle. Eine Wertaddition nach § 45 Abs. 3 GKG entfällt.9
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Schließlich können materiell-rechtliche Gründe der Zulässigkeit einer Aufrechnung widerstreiten. Im Vordergrund stehen hier Aufrechnungsverbote, sei es vertraglicher oder gesetzlicher Art.10 So scheidet eine Werterhöhung aus, wenn der (Hilfs-)Aufrechnung ein mietvertraglich vereinbarter Aufrechnungsausschluss entgegensteht,11 weil die Gegenforderung gem. § 390 BGB einredebehaftet ist12
1 Zöller/Greger, § 145 Rn. 19 m.w.N. 2 BGH, Beschl. v. 28.6.1984 – IX ZR 117/83, KostRsp GKG § 19 Nr. 82. 3 BGH, Beschl. v. 11.7.1984 – VIa ZR 95/84 – zu § 530 Abs. 2 ZPO a.F.; Zöller/Greger, § 145 Rn. 15. 4 BGH, Beschl. v. 22.12.2010 – VI ZR 221/10, AGS 2011, 139. 5 BGH, Beschl. v. 25.9.1996 – VI ZR 102/96, BGHR ZPO § 546 Abs. 2 Beschwer 15; OLG Köln, Beschl. v. 11.1.1995 – 19 W 15/94, JurBüro 1995, 645; E. Schneider, Anm. zu BGH KostRsp. GKG § 19 Nr. 92; Wenzel, GK-ArbGG § 12 Rn. 89; Zöller/Greger, § 145 Rn. 16a. 6 BGH, Urt. v. 28.5.1990 – II ZR 248/89, MDR 1991, 227; Urt. v. 30.5.1984 – VIII ZR 20/83, MDR 1984, 837; Zöller/Greger, § 145 ZPO Rn. 15 m.w.N. 7 OLG Hamm, Beschl. v. 25.3.1999 – 19 W 13/99, OLGR 1999, 178. 8 OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.10.1983 – 17 W 57/83, MDR 1984, 239. 9 OLG Dresden, Beschl. v. 7.1.2003 – 6 W 240/99, JurBüro 2003, 475; Meyer, JurBüro 2004, 300; a.A. Zöller/Vollkommer, § 322 ZPO Rn. 18. 10 BGH, Beschl. v. 26.9.1990 – VIII ZA 5/90, MDR 1991, 240. 11 OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.4.1997 – 10 U 73/96, WuM 1997, 428. 12 BGH, Beschl. v. 31.7.2001 – XI ZR 217/01, MDR 2001, 1256.
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Aufrechnung oder die Klageforderung aus einer unerlaubten Handlung herrührt, § 393 BGB.1 Gleichgelagert ist der Fall, in dem der (Hilfs-)Aufrechnung gegenüber einer vom Insolvenzverwalter klageweise geltend gemachten Forderung das Aufrechnungsverbot gem. § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 KO) entgegensteht.2 bb) Fehlende Aufrechnungslage Gelangt das Gericht im Urteil zu dem Ergebnis, dass die Klageforderung mangels Aufrechnungslage nicht erloschen ist, ergeht eine den Streitwert erhöhende Entscheidung über die Gegenforderung. Dies gilt nicht nur in dem unproblematischen Fall, dass dem Beklagten der Nachweis der tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen der Gegenforderung nicht gelungen ist, sondern auch, wenn die Aufrechnung nicht durchgreift, weil es bereits an einem schlüssigen Sachvortrag fehlt.
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Verneint das Gericht die Wirksamkeit der Aufrechnung wegen unzureichender Substantiierung des die Gegenforderung betreffenden Sachvortrages, wird die Gegenforderung wegen fehlender Schlüssigkeit rechtskräftig aberkannt.3
1315
Ebenso liegt es, wenn der für die Schlüssigkeit erforderliche Sachvortrag zur Gegenforderung nach § 296 ZPO als verspätet zurückgewiesen wird.4
1316
Wird die Wirksamkeit der Aufrechnung mit der Begründung verneint, die Forderung des Beklagten sei noch nicht fällig, dann erwächst nur die Fälligkeitsprüfung in Rechtskraft. Der Beklagte kann seinen Anspruch später noch geltend machen. Rechtskräftig steht nur fest, dass die Gegenforderung der Klage „zurzeit“ nicht entgegensteht.5 Der Klageforderung darf deshalb auch nur ein nach § 3 ZPO zu schätzender Betrag hinzugerechnet werden (s. das Stichwort „Fälligkeit“).
1317
Verneint das Urteil die Gegenseitigkeit der (hilfsweise) zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung, erwächst in Rechtskraft, dass die Gegenforderung der beklagten Partei jedenfalls nicht im Verhältnis zu der klagenden Partei zusteht, mag sie ihm auch gegen einen Dritten zustehen. Dieser Sachverhalt fällt unter § 45 Abs. 3 GKG, weil die Rechtskraftwirkung sich auf den gesamten Gegenanspruch erstreckt. Es ist also volle Wertaddition geboten,6 beispielsweise weil die Voraussetzungen für eine Aufrechnung gegenüber dem nach Abtretung neuen Gläubiger der Hauptforderung (§ 406 BGB) nicht vorliegen.7 Rechtskräftig aberkannt werden Gegenansprüche umgekehrt auch dann, wenn sie deshalb als unbegründet bewertet werden, weil sie nicht dem Aufrechnenden allein, sondern nur gesamthänderisch mit einem Dritten zustehen.8
1318
1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.12.1981 – 6 U 10/81, KostRsp. GKG § 19 Nr. 52 mit Anm.E. Schneider = JurBüro 1982, 265 mit Anm. Mümmler. 2 OLG Oldenburg, Urt. v. 18.11.1983 – 8 W 123/83, MDR 1984, 239. 3 BGH, Beschl. v. 24.2.1994 – VII ZR 209/93, MDR 1994, 612; OLG Koblenz, Beschl. v. 22.5.2001 – 5 W 347/01, JurBüro 2002, 197 = AGS 2002, 126; OLG Köln, Beschl. v. 11.1.1995 – 19 W 15/94, JurBüro 1995, 645; OLG Stuttgart, Urt. v. 5.7.2000 – 9 U 61/00, OLGR 2001, 267; a.A. LG Hannover, Beschl. v. 15.7.1993 – 3 T 96/93. 4 OLG Frankfurt, JurBüro 1984, 88 = MDR 1984, 239; OLG Koblenz, JurBüro 2002, 197. 5 Zöller/Vollkommer, § 322 ZPO Rn. 18. 6 KG, Beschl. v. 18.10.1985 – 21 W 5063/85, JurBüro 1986, 416; OLG Celle, Beschl. v. 1.11.1983 – 5 W 28/83, AnwBl. 1984, 31; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.8.1996 – 6 U 8/95, MDR 1996, 1299. 7 OLG Nürnberg, Urt. v. 29.11.2000 – 4 U 2053/99, BauR 2001, 961. 8 Insoweit zutreffend KG, Beschl. v. 18.10.1985 – 21 W 5063/85, JurBüro 1986, 416.
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Aufrechnung 4. Umfang der Rechtskrafterstreckung a) Allgemeines 1319
Nach § 322 Abs. 2 ZPO ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht oder aufgrund der vom Beklagten erklärten Aufrechung gem. § 389 BGB nicht mehr besteht, nur bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig. Höher als die Klageforderung kann die – einzelne – Aufrechnungsforderung für die Streitwertbemessung also nicht in Ansatz gebracht werden, § 45 Abs. 3 GKG.1 Wird die Aufrechnung gegenüber einer (zum Zeitpunkt der erstmaligen Aufrechnungslage) bereits zu verzinsenden Klageforderung erklärt, dann erhöht sich der Umfang der Rechtskraft der Entscheidung und damit der Wert der Hilfsaufrechnung um die bereits aufgelaufenen Zinsen.2
1320
Übersteigt die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung den Betrag des Klageanspruchs, der für begründet erkannt wird, kommt daher auch nur in dieser Höhe eine Aufrechnungswirkung in Betracht. Nur um den verbrauchten Teil der Gegenforderung erhöht sich folglich der Streitwert.3 b) Reduktion der Klageforderung
1321
Die durch § 45 Abs. 3 GKG geschaffene Verknüpfung zwischen Klageforderung und Aufrechnungsforderung bleibt auch dann erhalten, wenn sie streitwertmindernd wirkt, insbesondere wenn die Klage teilweise für erledigt erklärt oder teilweise zurückgenommen wird (§§ 91a, 269 Abs. 1 ZPO), bevor eine Entscheidung unter Berücksichtigung der Hilfsaufrechnung getroffen wird. Die Aufrechnungsforderung darf dann nur bis zur Höhe des verminderten Klagewertes berücksichtigt werden.4 c) Mehrfache Aufrechnung
1322
Stellt der Beklagte mehrere (bestrittene) Gegenforderungen zur Aufrechnung, ist für den Gebührenstreitwert zunächst danach zu unterscheiden, ob die Klageforderung unabhängig von der Aufrechnungserklärung oder einem darauf beruhenden Erfüllungseinwand in ihrem Entstehungsgrund bestritten oder unbestritten ist.
1323
Bei bestrittener Klageforderung erfolgt die Aufrechnungserklärung ungeachtet der Anzahl der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen notwendigerweise nur hilfsweise, da von dem Beklagten zunächst eine von der Aufrechnung unabhängige gerichtliche Entscheidung über den Bestand der Klageforderung angestrebt wird. Der Umfang der Werterhöhung entspricht daher der Summe der in rechtskraftfähiger Weise entschiedenen Gegenforderungen, berücksichtigt wird also der Wert jeder Gegenforderung bis zur Höhe der (nach der vorherigen Aufrechnung) noch verbliebenen Klageforderung.5
1 OLG Bamberg, Beschl. v. 20.3.1984 – 5 W 30/84, JurBüro 1984, 903; OLG Schleswig, JurBüro 1984, 257 mit Anm. Mümmler. 2 OLG Rostock, Urt. v. 28.1.2010 – 3 U 113/09. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.6.1993 – 10 W 67/93, Rpfleger 1994, 129. 4 ArbG Würzburg, AnwBl. 1978, 180; Madert, FS für H. Schmidt, S. 70. 5 BGH, Urt. v. 30.1.1979 – VI ZR 154/78, BGHZ 73, 249; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.8.2009 – 5 W 58/08, BauR 2010, 937; OLG Köln, Beschl. v. 18.3.1992 – 19 W 7/92, JurBüro 1992, 683; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 9; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Aufrechnung“.
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Aufrechnung Der gegenteiligen Ansicht, wonach bei mehrfach gestaffelter Hilfsaufrechnung und Entscheidung über alle Gegenforderungen in analoger Anwendung von § 19 Abs. 4 GKG in der bis zum 30.6.1994 geltenden Fassung zur Klageforderung allein der Wert der höchsten Gegenforderung zu addieren sei,1 begrenzt auf die Höhe der Klageforderung,2 ist spätestens durch die mit dem KostRÄndG 1994 verbundene Änderung des § 19 Abs. 4 GKG a.F. der Boden entzogen worden, war jedoch bereits nach vorheriger Gesetzeslage verfehlt.3
1324
Will der Beklagte bei unbestrittener Klageforderung diese mit dem Aufrechnungseinwand zu Fall bringen und erklärt er die Aufrechnung nur mit einer Gegenforderung, handelt es sich um den Standardfall der Hauptaufrechnung. Eine Werterhöhung gem. § 45 Abs. 3 GKG scheidet schon nach dem Wortlaut aus, maßgeblich ist immer der Wert der Klageforderung. Dies gilt auch dann, wenn die zur Aufrechnung gestellte Forderung die Klageforderung im Wert übersteigt und vom Gericht in vollem Umfang für unbegründet erachtet wird. Hier kann eine Werterhöhung nicht mit dem Argument begründet werden, dass der die Klageforderung übersteigende Teil der Gegenforderung hilfsweise zur Aufrechnung gestellt werde. Dem steht entgegen, dass Teilbeträge aus einem auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt gestützten Anspruch nicht, auch nicht durch gestaffelte Hilfsaufrechnungserklärungen, prozessual verselbständigt werden können.4
1325
Stellt der Beklagte hingegen mehrere (rechtlich selbständige) Gegenforderungen zur Aufrechnung, handelt es sich nur bei der ersten um eine Hauptaufrechnung. Denn die weiteren Gegenforderungen werden nur für den Fall zur Aufrechnung gestellt, dass die Klageforderung – entgegen der Erwartung des Beklagten – nicht bereits durch die erste, die Hauptaufrechnung, erloschen (§ 389 BGB) ist. Damit ist die Klageforderung zum Zeitpunkt der Entscheidung über die zweite Gegenforderung nicht mehr unbestritten, da sie dem auf der Hauptaufrechnung beruhenden Tilgungseinwand ausgesetzt ist.5 Folglich handelt es auch nicht um eine analoge Anwendung des § 45 Abs. 3 GKG.6
1326
Anders liegt es nur, wenn die Summe der Gegenforderungen in ihrem Wert die Klageforderung nicht übersteigt, da hier die Gegenforderungen notwendigerweise sämtlich primär eingesetzt werden.7
1327
IV. Wechsel zwischen Haupt- und Hilfsaufrechnung Geht der Beklagte im Verlaufe des Rechtsstreits von der Hilfsaufrechnung zur Primäraufrechnung über, dann sind ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für ei1 So OLG Köln, Beschl. v. 1.9.1978 – 11 U 9/78, JMBl.NW 1979, 70. 2 So OLG Frankfurt, MDR 1980, 567 mit abl. Anm. E. Schneider = JurBüro 1980, 1544 mit abl. Anm. Mümmler. 3 Vgl. hierzu ausführlich E. Schneider, Anm. zu OLG Köln, Beschl. v. 1.9.1978 – 11 U 9/78, MDR 1980, 587. 4 BGH, Beschl. v. 1.2.1995 – XII ZR 218/94, MDR 1995, 407; zust. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.8.2009 – 5 W 58/09, BauR 2010, 937. 5 BGH, Beschl. v. 12.7.2000 – VIII ZR 2/99, EwiR 2000, 1043; Beschl. v. 1.2.1995 – XII ZR 218/94, MDR 1995, 407; Beschl. v. 6.11.1991 – VIII ZR 294/90, MDR 1992, 307; OLG Brandenburg, Beschl. v. 5.2.2014 – 11 W 52/13, ZAP EN-Nr. 247/2014; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.8.2009 – 5 W 58/08, BauR 2010, 937; OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.2.2014 – 2 W 5714; OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.5.1989 – 10 U 263/88, MDR 1989, 921; OLG Köln, Beschl. v. 27.9.1991 – 19 W 44/91, FamRZ 1992, 1195; OLG Saarbrücken, KostRsp. GKG § 19 Nr. 125 mit Anm. Schneider; OLG Schleswig, Beschl. v. 14.11.1986 – 14 W 5/86, JurBüro 1987, 737; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 8, 9. 6 So aber und deshalb ablehnend Lappe, NJW 1983, 1468. 7 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 7.
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Aufrechnung ne Wertaddition nach § 45 Abs. 3 GKG nach einhelliger Auffassung nicht mehr gegeben.1 1329
Uneinigkeit besteht darüber, ob der Streitwert bis zum Übergang zur Primäraufrechnung der Wertaddition unterliegt, also beispielsweise die vor dem Übergang angefallene Terminsgebühr nach dem erhöhten Wert zu berechnen ist.
1330
Während dies nach einer Auffassung unter Hinweis auf den Normzweck des § 45 Abs. 3 GKG bejaht wird,2 scheidet nach anderer Ansicht eine Wertaddition ausgehend vom Wortlaut des § 45 Abs. 3 GKG aus.3
1331
Dem letztgenannten Ansatz ist zuzustimmen. § 45 Abs. 3 GKG setzt tatbestandlich die Entscheidung über eine – zu diesem Zeitpunkt – hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung voraus.4 Die Geltendmachung des Anspruchs allein rechtfertigt – anders als bei Klage und Widerklage (§ 45 Abs. 1 GKG) – noch keine Addition der Streitwerte. Der gegenteilige Ansatz läuft darauf hinaus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen einer Norm nicht mehr zum Zeitpunkt ihrer Anwendung, sondern nur unabhängig voneinander zu einem beliebigen Zeitpunkt im Laufe des Rechtsstreits vorgelegen haben müssen. Offen bleibt auch, warum dann nach dem Übergang von der Hilfs- zur Hauptaufrechnung die Voraussetzungen für eine Wertaddition gem. § 45 Abs. 3 GKG nicht mehr gegeben sein sollen. Zudem müssten die Gerichtskosten immer nach der Wertaddition berechnet werden, da gem. § 40 GKG zumindest zeitweilig ein höherer Streitwert vorlag und die Verfahrensgebühr (Nr. 1210 KV GKG) sich nicht nachträglich vermindert.5
1332
Der deshalb vereinzelt unternommene Versuch, in der Entscheidung über die Gegenforderung eine „zurückwirkende Bedingung“6 zu erkennen, ist ebenfalls nicht überzeugend. Im Gesetzeswortlaut findet dieser Ansatz keine Stütze, da § 45 Abs. 3 GKG mit „soweit“ nicht auf ein (zeitlich relatives) „Ob“, sondern auf den der Rechtskraft fähigen Umfang der Werterhöhung abstellt. Dies erhellt auch der Umstand, dass der Gesetzgeber ausweislich § 19 GKG in der Fassung vor dem KostRÄndG 1994 durchaus danach zu unterscheiden wusste, ob sich der Streitwert erhöht, „soweit“ eine Entscheidung über einen Anspruch (§ 19 Abs. 3 Satz 1 GKG a.F.) ergeht oder der Wert eines (Hilfs-)Anspruchs bereits maßgebend ist, „wenn“ über ihn entschieden wird (§ 19 Abs. 4 GKG a.F.).
1333
Schließlich zwingt auch der Normzweck des § 45 Abs. 3 GKG zu keiner abweichenden Beurteilung, denn der gerichtliche Arbeitsaufwand wird maßgeblich davon beeinflusst, ob im Urteil über Klage- und Gegenforderung oder – nach einem Wechsel zur Primäraufrechnung – nur noch über die Gegenforderung streitig zu entscheiden ist. Soweit das für die anwaltliche Tätigkeit nur eingeschränkt gilt, handelt es sich nicht um ein auf die Bewertung der Hilfsaufrechnung beschränktes Phänomen. Denn der Verweisung (§ 23 RVG) auf die für die Gerichtsgebühren 1 OLG Dresden, Beschl. v. 17.8.1998 – 6 W 1072/98, MDR 1999, 119; OLG Hamm, Beschl. v. 28.11.2001 – 12 W 28/01, JurBüro 2002, 316 = AGS 2003, 127; OLG München, Beschl. v. 26.3.1987 – 23 W 125/87, JurBüro 1987, 1055 mit Anm. Mümmler = AnwBl. 1988, 646; OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.11.2010 – 10 W 54/10, AGS 2011, 385 = NJW 2011, 540. 2 So OLG Dresden, Beschl. v. 17.8.1998 – 6 W 1072/98, MDR 1999, 119; LAG Hamm, Beschl. v. 19.8.1982 – 8 Ta 193/82; LG Bayreuth, Beschl. v. 24.2.1992 – 1 T 7/92, JurBüro 1992, 761 mit zust. Anm. Mümmler; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Aufrechnung“; Vorauflage Rn. 401. 3 So OLG Hamm, Beschl. v. 28.11.2001 – 12 W 28/01, JurBüro 2002, 316 = AGS 2003, 127; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.7.1998 – 3 W 42/98, MDR 1998, 1249; Lappe, NJW 1983, 1468; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 5; Meyer, § 45 Rn. 31. 4 E. Schneider, MDR 1989, 300 (302); Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 5. 5 Hartmann, KostG, KV 1210 Rn. 26. 6 LG Bayreuth, Beschl. v. 24.2.1992 – 1 T 7/92, JurBüro 1992, 761.
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Aufrechnung geltenden Vorschriften ist immanent, dass damit der anwaltliche Arbeitsaufwand nicht für alle prozessualen Konstellationen vollständig abgebildet wird. Zudem sind vorliegend mit Rücknahme oder Abweisung der Klage (ohne Berücksichtigung der Aufrechnung) Fallgestaltungen denkbar, in denen die anwaltliche Auseinandersetzung mit der Gegenforderung mangels Anwendbarkeit des § 45 Abs. 3 GKG – nach allen vertretenen Ansichten – unberücksichtigt bleibt.1
V. Instanzunterschiede Nicht selten wird die Rechtslage bei einer Aufrechnung im Prozess in erster Instanz anders beurteilt als in zweiter Instanz. Hier kommen zwei Sachverhalte in Betracht: – So ist denkbar, dass die Klage erstinstanzlich ohne Berücksichtigung der hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung abgewiesen, vom Rechtsmittelgericht dagegen erst nach materiell-rechtlicher Auseinandersetzung mit der Gegenforderung für begründet oder unbegründet erachtet wird. – Schließlich kommt in Betracht, dass in erster Instanz die Klage erst nach sachlicher Entscheidung der Gegenforderung abgewiesen oder zugesprochen wird, während das Rechtsmittelgericht bereits die Klageforderung für unschlüssig erachtet.
1334
Über die Wertfestsetzung besteht in beiden Fällen Uneinigkeit. Im erstgenannten Fall bestimmt sich der Streitwert nach den bereits dargestellten Regeln, d.h. für die 1. Instanz allein nach dem Wert der Klageforderung und für die 2. Instanz unter Berücksichtigung der Werterhöhung gem. § 45 Abs. 3 GKG. Insbesondere scheidet nach ganz überwiegender Ansicht eine nachträgliche Erhöhung des erstinstanzlichen Streitwerts aufgrund der zweitinstanzlichen Entscheidung über die Gegenforderung aus.2 Vielmehr müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Wertvorschrift ausgehend vom „Grundsatz der nach Instanzen getrennten Wertfestsetzung“3 innerhalb der Instanz erfüllt werden.4
1335
In der zweiten Fallgestaltung, also bei einer zweitinstanzlich abändernden Entscheidung ohne sachliche Berücksichtigung der Gegenforderung, ist der Streitwert der Vorinstanz nach (der nicht näher begründeten) Auffassung des BGH5 nachträglich auf den Wert der Rechtsmittelinstanz herabzusetzen, wenn das Rechtsmittelgericht das zur Überprüfung stehende Urteil in der Weise (bestandskräftig) abgeändert hat, dass damit über die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung nicht mehr sachlich entschieden wird.6 Der Entscheidung, die im Widerspruch zu der vom BGH postulierten instanzbezogenen Wertfestsetzung steht,7 hat sich das OLG Düsseldorf8 unter Hinweis darauf angeschlossen, dass anderenfalls der Klä-
1336
1 OLG Hamm, Beschl. v. 28.11.2001 – 12 W 28/01, JurBüro 2002, 316 = AGS 2003, 127. 2 BGH, Beschl. v. 10.7.1986 – I ZR 102/84, MDR 1987, 117; insoweit zutr. OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.1.1999 – 25 U 40/98, OLGR 1999, 121; OLG München, Beschl. v. 18.8.1989 – 25 U 5725/88, MDR 1990, 934; OLG Rostock, Beschl. v. 29.5.2012 – 3 W 176/10, JurBüro 2012, 589; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 11; a.A. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.7.1980 – 17 W 18/80, JurBüro 1981, 248 mit abl. Anm. Mümmler. 3 BGH, Urt. v. 10.7.1986 – I ZR 102/84, MDR 1987, 117. 4 OLG Jena, Beschl. v. 5.11.2001 – 5 U 667/00, MDR 2002, 480 = AGS 2002, 159; OLG Köln, Beschl. v. 22.8.1994 – 13 U 32/94, OLGR 1995, 176; OLG München, Beschl. v. 18.9.1990 – 25 U 5725/88, MDR 1990, 934. 5 BGH, Urt. v. 26.11.1984 – VIII ZR 217/83, MDR 1985, 487. 6 So schon OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.7.1980 – 17 W 18/80, JurBüro 1981, 248 mit abl. Anm. Mümmler; ebenso Lappe, Anm. zu OLG Saarbrücken, KostRsp. GKG § 19 Nr. 31. 7 BGH, Urt. v. 10.7.1986 – I ZR 102/84, MDR 1987, 117. 8 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.9.2000 – 9 W 69/00, MDR 2000, 1457.
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Aufrechnung ger mit den Kosten der Hilfsaufrechnung belastet werde, obwohl er nach der Rechtsmittelentscheidung insoweit nicht unterlegen sei. 1337
Dagegen vertritt der überwiegende Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung die Ansicht, dass eine zweitinstanzlich ausbleibende Entscheidung über die Gegenforderung auf die Wertberechnung der Vorinstanz ohne Auswirkungen bleibe.1 Dem ist zuzustimmen.
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Für die Streitentscheidung ist maßgeblich, dass die Wertberechnung gem. § 45 Abs. 3 GKG nicht instanzübergreifend, sondern für jede Instanz selbständig zu erfolgen hat. Daher bleibt es auf den erstinstanzlichen Streitwert ohne Einfluss, dass es mit der Abänderung des erstinstanzlichen Urteils durch das Rechtsmittelgericht an einer rechtskräftigen Entscheidung über die Gegenforderung (§ 322 Abs. 2 ZPO) fehlt. Der Streitwert der jeweiligen Instanz richtet sich danach, was in dieser Instanz geschehen ist, nicht danach, wie die vorausgegangene oder nachfolgende Instanz die streitentscheidenden Fragen beurteilt. Für die Werterhöhung bedarf es keiner rechtskräftigen, sondern nur einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung.2 Nur dies trägt dem Wortlaut als auch dem Sinn und Zweck des § 45 Abs. 3 GKG Rechnung, die durch eine gerichtliche Entscheidung dokumentierte Tätigkeit zur Gegenforderung gebührenrechtlich zu erfassen und zu honorieren. Eine abändernde Entscheidung im Rechtsmittelzug kann nichts daran ändern, dass die Prozessbevollmächtigten in der vorangegangenen Instanz streitig über die zur Hilfsaufrechnung gestellte Forderung verhandelt haben und das Gericht darüber entschieden hat. Schon aus diesem Grund trägt auch der Einwand von Lappe3 nicht, wonach es im Hinblick auf § 30 GKG nach Abänderung des erstinstanzlichen Urteils an einem Entscheidungsschuldner fehlen soll.4
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Zu gleich gelagerten Bewertungsproblemen kommt es, wenn die fehlende sachliche Bescheidung der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung nicht auf einer abweichenden rechtlichen Bewertung der Klageforderung, sondern auf einer Rücknahme des Rechtsmittels oder vergleichsweisen Regelung des Rechtsstreits beruht (s. hierzu unten Rn. 1362 ff. und 1371).
VI. Besondere Verfahren 1. Negative Feststellungsklage 1340
Stützt der Kläger seine negative Feststellungsklage neben anspruchsleugnenden Einwendungen hilfsweise auch darauf, dass die vom Beklagten behauptete Forderung durch Aufrechnung getilgt sei (§ 389 BGB), sind die Werte von Feststellungsklage und Gegenforderung, Letztere begrenzt auf den Wert des Klagewertes, zu addieren.5 2. Klagenhäufung
1341
Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner in Anspruch genommen und verteidigen sie sich mit einer streitigen Hilfsaufrechnung, kommt eine Erhöhung des 1 KG, Beschl. v. 23.11.2009 – 8 U 49/09, JurBüro 2010, 85; OLG Celle, Beschl. v. 9.2.1987 – 9 U 154/84, JurBüro 1987, 1053 mit Anm. Mümmler; OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.4.2001 – 23 W 50/00, MDR 2001, 776; OLG Jena, Beschl. v. 5.11.2001 – 5 U 667/00, MDR 2002, 480; OLG Rostock, Urt. v. 28.1.2010 – 3 U 113/09; OLG Schleswig, Urt. v. 12.2.1986 – 9 U 74/85, JurBüro 1986, 1064; Schumann, NJW 1982, 1261. 2 KG, Beschl. v. 7.12.2010 – 12 W 42/09; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.9.1996 – 16 U 181/93, OLGR 1996, 236; OLG Köln, Beschl. v. 8.8.1994 – 18 U 243/93, MDR 1994, 1152. 3 Lappe, Rpfleger 1995, 401. 4 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.12.1979 – 4 W 16/79, MDR 1980, 411. 5 BGH, Urt. v. 4.12.1991 – VIII ZR 32/91, MDR 1992, 611.
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Aufrechnung Streitwerts nur für diejenigen Streitgenossen in Betracht, bei denen das Gericht eine Haftung für die Klageforderung bejaht und die Inhaber der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung sind.1 Verteidigt sich dagegen nur einer der gesamtschuldnerisch in Anspruch genommenen Streitgenossen mit einer streitigen Hilfsaufrechnung, soll die Streitwerterhöhung gem. § 45 Abs. 3 GKG nach Ansicht des KG auch im Verhältnis zwischen dem Kläger und nicht aufrechnenden Beklagten gelten.2 Hierfür spreche, dass § 45 Abs. 3 GKG nur allgemein von einer Erhöhung des Streitwertes spreche und der nicht aufrechnende Beklagte gem. § 422 BGB von der Hilfsaufrechnung im Falle ihres Erfolges profitiere. 3. Klage und Widerklage Der Rechtskraft fähig und damit werterhöhend zu berücksichtigen ist ferner die 1342 Entscheidung über die Aufrechnung des Klägers gegen eine vom Beklagten erhobene Widerklage. Es ist dann ein Gesamtstreitwert zu bilden aus der Summe der Werte von Klage, Widerklage und Aufrechnungsforderung (bis zur Höhe der Widerklage), wenn die Aufrechnung hilfsweise erfolgt. Der Wert einer außerdem noch erhobenen Feststellungswiderklage ist dem Streitwert hinzuzurechnen, soweit er durch die Wertsumme der Forderungen noch nicht erfasst ist. Er ist nach § 3 ZPO zu schätzen und richtet sich nach dem Interesse des Widerklägers.3 Erhebt der Beklagte, der sich gegenüber der unstreitigen Klageforderung mit einer Aufrechnung verteidigt, zugleich Hilfswiderklage für den Fall, dass das Gericht die Aufrechnung für unzulässig halten sollte, ist zu differenzieren.
1343
Eine Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung rechtfertigt keine Werterhöhung nach § 45 Abs. 3 GKG, da diese primär geltend gemacht wird, woran sich durch die Hilfswiderklage nichts ändert. Auch die Beschwer errechnet sich allein nach dem Wert der Klageforderung.4 Der Wert der Hilfswiderklage bleibt, da über sie nicht entschieden worden ist, nach zutreffender Ansicht unberücksichtigt.5 Siehe hierzu auch unter dem Stichwort „Hilfswiderklage“. Erachtet das Gericht die Primäraufrechnung demgegenüber für unzulässig und entscheidet über die Hilfswiderklage, sind die Werte von Klage und Widerklage – nunmehr jedoch nach § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG – zusammenzurechnen, es sei denn, sie betreffen denselben Gegenstand (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG). Danach scheidet eine Wertaddition dort aus, wo sich das beiderseitige Interesse – wirtschaftlich betrachtet – auf denselben Gegenstand richtet, während eine Zusammenrechnung geboten ist, wo „durch das Nebeneinander von Klage und Widerklage eine wirtschaftliche Werthäufung entsteht“.6 Siehe ausführlich unter dem Stichwort „Klage und Widerklage“. Von einer Identität der Gegenstände ist bei gewährleistungsrechtlichen Streitigkeiten immer dann auszugehen, wenn die mit der Hilfswiderklage geltend gemachte Forderung nicht der Aufrechnung, sondern der Anrechnung unterliegen würde, beispielsweise wenn die Klage auf Zahlung von Werklohnzahlung und die Widerklage auf Zahlung von Schadensersatz wegen Mängeln der Werkleistung 1 AG Düsseldorf, Beschl. v. 3.1.2008 – 20 C 180062/06, AGS 2008, 137 mit zust. Anmerkung N. Schneider. 2 KG, Beschl. v. 3.3.2009 – 2 U 258/02, MDR 2009, 586 = AGS 2009, 400; vgl. aber auch BGH, Urt. v. 1.6.1967 – II ZR 130/65, MDR 1967, 821. 3 OLG Düsseldorf, AnwBl. 1969, 403. 4 BGH, Beschl. v. 14.7.1999 – VIII ZR 70/99, NJW-RR 1999, 1736. 5 BGH, Rpfleger 1973, 432; 1972, 363 = MDR 1972, 357; E. Schneider, Anm. zu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.9.1986 – 23 W 32/86. 6 BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 297/03, NJW-RR 2005, 506; Urt. v. 28.9.1994 – XII ZR 50/94, MDR 1995, 198.
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ZPO
(§ 634 Nr. 4 BGB) gerichtet ist. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob die Gegenforderung einredeweise oder im Wege der Widerklage erhoben wird. In beiden Fällen ist sie nach der Differenztheorie materiell-rechtlich nur ein Rechnungsposten desselben Anspruchs.1 Siehe hierzu auch oben Rn. 1268 ff. und unter dem Stichwort „Klage und Widerklage“. 4. Insolvenzverfahren 1345
Verteidigt sich der Beklagte mit einer Hilfsaufrechnung, nachdem der Kläger wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten gem. § 179 InsO (§ 146 KO) vom Leistungsantrag zum Feststellungsantrag übergegangen ist, dann ist für die Additionsgrenze des § 45 Abs. 3 GKG der Wert des Leistungsantrages, nicht derjenige des Feststellungsantrages maßgebend, weil der Wert nach § 182 InsO (§ 148 KO) als reiner Gebührenstreitwert nicht die Rechtskraftgrenze des § 322 Abs. 2 ZPO bei Aberkennung der Gegenforderung bestimmt.2 5. Vollstreckungsabwehrklage
1346
Der Primäraufrechnung gleich steht die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO), die der Kläger allein auf eine zwischenzeitlich von ihm erklärte Aufrechnung gegenüber der titulierten Forderung des Beklagten (Vollstreckungsgläubigers) stützt. Zwar erfasst die Rechtskraft gem. § 322 Abs. 2 ZPO auch die Entscheidung über die Gegenforderung, soweit über sie entschieden worden ist.3 Für die Geltendmachung der Aufrechnung ist nämlich – bezogen auf die Beteiligten des Rechtsstreits – nur Voraussetzung, dass die Aufrechnung vom Schuldner derjenigen Forderung erklärt wird, die den Gegenstand des Rechtsstreits bildet. Dies ist bei der Vollstreckungsabwehrklage aufgrund der „vertauschten Parteirollen“ der Kläger.4 Für eine Werterhöhung fehlt es jedoch an einem – neben dem Aufrechnungseinwand bestehenden – Streit auch über die titulierte Hauptforderung.5
1347
Anders verhält es sich folgerichtig, wenn der Kläger bei der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) neben weiteren Einwendungen geltend macht, dass die titulierte Forderung zumindest aufgrund einer von ihm hilfsweise erklärten Aufrechnung erloschen sei. Hier erfasst die Rechtskraft gem. § 322 Abs. 2 ZPO analog auch die Entscheidung über die Gegenforderung und führt zu einer Werterhöhung (auch der Beschwer), soweit über sie entschieden wird.6 Die Werterhöhung ist daher auch hier auf den Wert der titulierten Forderung begrenzt.7
1 OLG Hamm, Beschl. v. 7.6.2005 – 19 U 100/04, JurBüro 2005, 541; a.A. OLG Schleswig, Beschl. v. 17.3.1986 – 14 W 9/86, JurBüro 1987, 255 mit Anm. E. Schneider, das jedoch die Identitätsformel des RG fehlerhaft anwendet. 2 OLG Schleswig, Beschl. v. 28.3.1979 – 7 W 41/78, SchlHA 1981, 189. 3 Zöller/Vollkommer, § 322 ZPO Rn. 24. 4 BGH, Urt. v. 4.12.1991 – VIII ZR 32/91, MDR 1992, 611; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.4.1999 – 9 W 27/99, MDR 1999, 1092; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 3.11.1994 – 4 U 85/94, MDR 1995, 643. 5 OLG Köln, Beschl. v. 12.6.1992 – 13 W 32/92, FamRZ 1992, 1461; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 4. 6 BGH, Beschl. v. 1.2.1995 – XII ZR 218/94, MDR 1995, 407; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.4.1999 – 9 W 27/99, MDR 1999, 1092; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 3.11.1994 – 4 U 85/94, MDR 1995, 643; OLG Köln, Beschl. v. 17.10.2003 – 13 W 54/03, OLGR Köln 2004, 14; Beschl. v. 12.6.1992 – 13 W 32/92, FamRZ 1992, 1461; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 5; Meyer, § 45 Rn. 27. 7 OLG Hamburg, Beschl. v. 21.5.2014 – 7 U 12/14, MDR 2014, 857.
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Aufrechnung 6. Wiederaufnahmeklage Hat im Verfahren über die Zulässigkeit einer Wiederaufnahmeklage der Gegner 1348 hilfsweise mit einer Gegenforderung aufgerechnet, so sind nach BGH1 die Werte nicht zusammenzurechnen. Das Urteil nach § 589 ZPO entscheidet nur über die Zulässigkeit der Wiederaufnahmeklage. In diesem Verfahrensabschnitt und im „aufhebenden Verfahren“ ist weder für eine Hilfsaufrechnung noch für eine Hilfswiderklage Raum. Darüber wird daher auch nicht entschieden.
D. Rechtsmittel und Beschwer Die Rechtsmittelbeschwer bei der Eventualaufrechnung bestimmt sich maßgeblich danach, welche Partei das Rechtsmittel einlegt. Bei der Ermittlung der Beschwer einer für den (aufrechnenden) Beklagten nachteiligen Entscheidung ist wiederum eine zwischen Haupt- und Hilfsaufrechnung differenzierende Betrachtung geboten.
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Der Gebührenstreitwert des Rechtsmittelverfahrens bestimmt sich richtigerweise 1350 zunächst nach der formellen Beschwer des Rechtsmittelführers und erst im Falle einer sachlichen Bescheidung der (hilfsweise) zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung auch unter Berücksichtigung von deren Wert, soweit in einer der Rechtskraft fähigen Weise (§ 322 Abs. ZPO) entschieden worden ist.
I. Unterliegen des Klägers Für den Kläger ist dessen sog. formelle Beschwer maßgebend. Wertbestimmend ist folglich die Differenz zwischen dem Klageantrag und der Urteilssumme. Ob die Klageabweisung auf fehlende Schlüssigkeit, den Erfolg einer Hauptaufrechnung oder erst auf eine hilfsweise erklärte Aufrechnung zurückgeht, ist ohne Bedeutung. Er ist in allen Fällen nur in Höhe der Klageforderung beschwert, weil sein Klagebegehren als solches verneint worden ist; es findet deshalb keine Addition statt.2
1351
Eine weiter gehende Beschwer kann sich jedoch ergeben, wenn das Berufungsgericht einer auf Teilzahlung eines Abrechnungssaldos gerichteten Klage in vollem Umfang stattgibt, die Klage aber unter Verkennung des Streitgegenstandes teilweise abweist und damit den Anschein erweckt, unter Missachtung von § 322 Abs. 2 BGB rechtskräftig über eine nur als unselbständigen Berechnungsposten eingestellte Gegenforderung des Beklagten (zum Nachteil des Klägers) entschieden zu haben.3
1352
II. Unterliegen des (aufrechnenden) Beklagten Für die aufrechnende Partei ist auf deren materielle Beschwer abzustellen, so dass für deren Berechnung im Ergebnis § 45 Abs. 3 GKG zur Anwendung gelangt.4 Da der Beklagte wegen § 322 Abs. 1 ZPO zur Hilfsaufrechnung keinen Sachantrag stellen muss, fehlt für ihn als Rechtsmittelführer zwangsläufig ein Klageantrag als Bewertungsobjekt. Es kann folglich nur darauf abgestellt werden, welchen
1 2 3 4
BGH, Warneyer 1970 Nr. 24. BGH, Beschl. v. 7.2.1980 – III ZR 172/79. BGH, Urt. v. 20.1.2004 – XI ZR 69/02, MDR 2004, 702. Zöller/Heßler, § 511 Rn. 23.
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Aufrechnung nachteiligen rechtskräftigen Inhalt die angefochtene Entscheidung für den Beklagten hat. 1354
Hat der Beklagte sich allein mit einer Hauptaufrechnung verteidigt, entspricht seine Beschwer bei einer der Klage stattgebenden Entscheidung dem Verurteilungsbetrag. Dass im Urteil mit Klage- und Gegenforderung über zwei Forderungen entschieden worden ist, ändert nichts an der materiellen Belastung des Beklagten, der das Entstehen der Klageforderung nicht in Abrede stellt.1 Dringt der Beklagte mit der Hauptaufrechnung durch, ist allein der Kläger durch die klageabweisende Entscheidung beschwert.
1355
Demgegenüber erhöht sich die Beschwer des Beklagten, wenn das Gericht der Klage trotz einer hilfsweise erklärten Aufrechnung stattgibt oder die Klage nur aufgrund der Hilfsaufrechnung abweist. Hier ist der Beklagte, der den Bestand der Klageforderung bestritten hat, einmal um den Wert der Klageforderung und um den Verlust seiner Gegenforderung beschwert. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob der Verlust der (bestrittenen) Gegenforderung auf die mit der Aufrechnung verbundene Tilgungswirkung (§ 389 BGB) zurückgeht oder darauf beruht, dass im Urteil eine Gegenforderung verneint wird.2
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Soweit das Rechtsmittel des Beklagten sich allein dagegen richtet, dass ihm seine Aufrechnungsforderung aberkannt worden ist, bestimmt sich der Beschwerdegegenstand3 nur nach der Gegenforderung. Dementsprechend ist auch der Gebührenwert danach zu bemessen.4
Û
1357
Beispiel: K klagt gegen B auf Kaufpreiszahlung von 10 000 Euro, dieser bestreitet den Abschluss eines Kaufvertrages und erklärt hilfsweise die Aufrechnung mit einer Gegenforderung i.H.v. 10 000 Euro. B wird zur Kaufpreiszahlung verurteilt, wobei das Gericht den Bestand einer Gegenforderung verneint. B legt Berufung ein und bgründet diese allein damit, dass seine Gegenforderung erstinstanzlich zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sei. Hier stellt B die erstinstanzliche Entscheidung, die für ihn mit einer materiellen Beschwer von 20 000 Euro verbunden ist, nur hinsichtlich der Aberkennung der Gegenforderung zur Überprüfung. Beschwerdegegenstand und Gebührenstreitwert des Rechtsmittelverfahrens belaufen sich daher (nur) auf 10 000 Euro. In gleicher Weise ist zu bewerten, wenn der Beklagte in der Rechtsmittelinstanz erklärt, an seiner erstinstanzlich erklärten Hilfsaufrechnung nicht mehr festhalten und das Urteil diesbezüglich nicht zur Überprüfung stellen zu wollen.5
Verteidigt sich der Beklagte primär durch Aufrechnung mit mehreren, die Klageforderung jedoch im Wert jeweils übersteigenden Gegenforderungen, sind die der ersten nachfolgenden Gegenforderungen werterhöhend in Ansatz zu bringen, wenn über diese der Rechtskraft fähig entschieden wird. Denn soweit der Beklagte, der mit der ersten, primär zur Aufrechnung gestellten Forderung nicht durchdringt, verteidigt er sich mit den weiteren Forderungen – wie bereits dargestellt (s. oben Rn. 1326) – nur hilfsweise und damit werterhöhend.6
1 BGH, Beschl. v. 30.6.2004 – XII ZB 21/03, FamRZ 2004, 1714; Beschl. v. 14.7.1999 – VIII ZR 70/99, NJW-RR 1999, 173; unklar Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 3. 2 BGH, Beschl. v. 25.9.1996 – VI ZR 102/96, BGHR ZPO § 546 Abs. 2 Beschwer 15: zusätzlich zur Klageforderung jeweils in gleicher Höhe beschwert; Beschl. v. 29.11.1972 – VIII ZR 202/71, BGHZ 59, 17. 3 Vgl. zum Verhältnis von Beschwer und Beschwerdegegenstand Zöller/Heßler, § 511 Rn. 13. 4 BGH, Beschl. v. 7.2.1980 – III ZR 172/79. 5 KG, Beschl. v. 23.11.2009 – 8 U 49/09, JurBüro 2010, 85. 6 BGH, Beschl. v. 12.7.2000 – VIII ZR 2/99, EWiR 2000, 1043; Beschl. v. 16.4.1996 – XI ZR 302/95, MDR 1996, 960.
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Aufrechnung Zuweilen wird vom Ausgangsgericht nicht beachtet, dass die von dem Beklagten 1358 (hilfsweise) zur „Aufrechnung“ gestellte Gegenforderung, beispielsweise bei gewährleistungsrechtlichen Einwendungen (s. oben Rn. 1268 ff.), nur einen unselbständigen Rechnungsposten einer materiell-rechtlich gebotenen Anrechnung darstellt. Bei zutreffender Sachbehandlung bliebe die bloße Verrechnung etwaiger Gegenansprüche für die Beschwer ohne Auswirkungen, da die Entscheidung insoweit nicht gem. § 322 Abs. 2 ZPO in Rechtskraft erwächst. Werden etwaige Gegenansprüche vom Gericht dennoch unter dem Gesichtspunkt der Aufrechnung gewürdigt und umfassend beschieden, nimmt diese Entscheidung gem. § 322 Abs. 2 ZPO an der Rechtskraft des Urteils teil. Ebenso liegt es, wenn den Entscheidungsgründen nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, dass aus materiell-rechtlichen Gründen nur eine Verrechnung gewollt ist. In beiden Fällen ist daher (unter Beachtung der weiteren Voraussetzungen) eine Erhöhung der Beschwer des Beklagten aufgrund des rechtskräftigen Verbrauchs der Gegenansprüche möglich.1 Wird eine Vollstreckungsabwehrklage neben anderen Einwendungen gegen den titulierten Anspruch vorsorglich auch mit einer Aufrechnung begründet, so ist der Kläger im Fall der Klageabweisung in Höhe sowohl der titulierten Forderung als auch der aberkannten Aufrechnungsforderung beschwert.2 Dringt der Vollstreckungskläger mit dem hilfsweise erhobenen Aufrechnungseinwand durch, ist er einfach beschwert. Es ist das Spiegelbild zur Klageabweisung aufgrund erfolgreicher Hilfsaufrechnung des Beklagten.
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III. Verwerfung des Rechtsmittels Nach vorstehender Maßgabe scheidet eine Erhöhung des zweitinstanzlichen Gebührenstreitwerts nach § 45 Abs. 3 GKG ferner aus, wenn das Rechtsmittel gem. §§ 522 Abs. 1, 552 Abs. 1 ZPO verworfen wird.3 Hier wird nur über die Zulässigkeit des Rechtsmittels, nicht über den Bestand der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung („sie“) entschieden. Es geht allein darum, ob die Rechtsmitteleinlegung Anlass zu einer erneuten Sachprüfung gibt.
1360
Die mit der hilfsweisen Geltendmachung von Ansprüchen nach § 45 Abs. 1 u. 3 GKG verbundene Werterhöhung setzt jedoch eine materiell-rechtliche und damit der Rechtskraft zugängliche Entscheidung des Rechtsmittelgerichts über Hilfsanspruch und Gegenforderung voraus.4 Demgegenüber erfasst die aus der Verwerfung resultierende Rechtskraft nur die – erstinstanzliche – Entscheidung über die Gegenforderung.5 Bei abweichender Betrachtung müsste eine Werterhöhung selbst dann bejaht werden, wenn die Möglichkeit eines Rechtsmittels unzweifelhaft nicht eröffnet ist. Ebenso rechtfertigt der Umstand keine Addition, dass der Berufungsanwalt sich in der Berufungsbegründung mit der aberkannten Gegenforderung befasst hat und hat befassen müssen, um dem gesetzlichen Begründungszwang des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO zu genügen. Konstruktiv entspricht die Rechts-
1361
1 BGH, Urt. v. 13.12.2001 – VII ZR 148/01, MDR 2002, 601; Beschl. v. 30.9.1999 – VII ZR 457/98, NJW-RR 2000, 285. 2 BGH, Beschl. v. 1.2.1995 – XII ZR 218/94, MDR 1995, 407. 3 KG, Beschl. v. 31.10.1989 – 1 W 3230/89, MDR 1990, 259; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.9.1996 – 16 U 181/93, OLGR 1996, 236; Hartmann, KostG, § 45 Rn. 49; Lappe, Komm. zum GKG, § 19 Anm. 13; Madert, FS für H. Schmidt, S. 77; a.A. Schneider, Anm. zu KostRsp. GKG § 19 Nr. 16; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16, Stichwort „Aufrechnung“. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.9.1996 – 16 U 181/93, OLGR 1996, 236. 5 KG, Beschl. v. 23.11.2009 – 8 U 49/09, JurBüro 2010, 85; Beschl. v. 31.10.1989 – 1 W 3230/89, MDR 1990, 259; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.9.1996 – 16 U 181/93, OLGR 1996, 236.
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mittelverwerfung der vom Gericht erkannten Unzulässigkeit einer Klageänderung, mit welcher der Kläger einen Hilfsantrag in den Prozess einführen will. Auch hier wird nicht i.S.v. § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG über die Forderung, genauer den Hilfsanspruch („ihn“), entschieden. Eine Werterhöhung scheidet aus.
IV. Rücknahme des Rechtsmittels 1362
Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Findet das Verfahren vor (fristgerechter) Einreichung solcher Anträge sein Ende, ist die Beschwer des Rechtsmittelführers maßgebend, § 47 Abs. 1 GKG. Ist der Beklagte erstinstanzlich mit der von ihm hilfsweise erklärten Aufrechnung nicht durchgedrungen, weil das Gericht eine Aufrechnungslage verneint hat, bestimmt sich seine Beschwer nach dem Wert von Klageforderung und Gegenforderung, soweit über Letztere gem. § 322 Abs. 2 ZPO entschieden worden ist (s. oben Rn. 1355). Fraglich ist, ob dies auch gilt, wenn der Beklagte sein Rechtsmittel gegen die Entscheidung zurücknimmt.
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Nach Ansicht des BGH1 und ihm folgend des OLG Frankfurt2 sowie des OLG Schleswig3 bestimmt sich der Gebührenstreitwert für das Rechtsmittel des Beklagten, der die Klage erneut mit der Hilfsaufrechnung angreift, von Beginn an nach der Addition von Klage- und Gegenforderung, ohne dass es hierfür einer zweitinstanzlichen Entscheidung über die Gegenforderung bedürfe, also auch bei einer Rücknahme der Berufung oder Revision noch vor Antragstellung. § 45 Abs. 3 GKG sei „im Lichte“ von § 47 GKG zu „interpretieren“,4 da dem Beklagten abweichend zur ersten Instanz von Beginn an nicht nur an einem Erfolg seiner primären Einwendungen, sondern auch an der Wiederherstellung seiner erstinstanzlich aberkannten Hilfsaufrechnungsforderung gelegen sei. Darüber hinaus könne § 45 Abs. 3 GKG nicht entnommen werden, dass die danach notwendige Entscheidung über die Gegenforderung in der Rechtsmittelinstanz ergangen sein müsse, um eine Werterhöhung zu rechtfertigen. Hierfür sei vielmehr ausreichend, dass bereits erstinstanzlich eine Entscheidung ergangen sei.
1364
Der Ansatz ist nicht überzeugend. Mit der in der obergerichtlichen Rechtsprechung nahezu einhellig vertretenen Auffassung bleibt der Wert der erstinstanzlich beschiedenen Gegenforderung bei der Rechtsmittelrücknahme unberücksichtigt. Für eine Werterhöhung gem. § 45 Abs. 3 GKG fehlt es an einer Bescheidung der Gegenforderung durch das Rechtsmittelgericht.5 Unzutreffend ist auch die Annahme, dem Rechtsmittel des Beklagten liege ein – über das erstinstanzlich auf Klageabweisung gerichtetes – hinausgehendes Interesse zugrunde. Hierbei wird verkannt, dass der Beklagte bereits mit einem Erfolg seiner primären Einwendungen eine „Wiederherstellung“ seiner Gegenforderung erreicht, da es ohne Hauptforderung an einer Aufrechnungslage und der damit verbundenen Tilgungswirkung (§ 389 BGB) fehlt. Einer Entscheidung über die Gegenforderung bedarf es für 1 BGH, Beschl. v. 28.9.1978 – VII ZR 52/78, MDR 1979, 133; Beschl. v. 30.6.1978 – I ZR 72/77, JurBüro 1979, 358. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.1.1999 – 25 U 40/98, OLGR 1999, 121. 3 OLG Schleswig, Beschl. v. 19.12.2013 – 1 W 67/13, AGS 2014, 337. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.1.1999 – 25 U 40/98, OLGR 1999, 121. 5 KG, Beschl. v. 23.11.2009 – 8 U 49/09, JurBüro 2010, 85; OLG Brandenburg, Beschl. v. 7.2.2006 – 13 U 135/05; OLG Celle, Beschl. v. 9.2.1987 – 9 U 154/84, JurBüro 1987, 1053 mit Anm. Mümmler; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.9.2000 – 9 W 69/00, MDR 2000, 1457; OLG Jena, Beschl. v. 5.11.2001 – 5 U 667/00, MDR 2002, 480 = AGS 2002, 159; OLG Köln, Beschl. v. 20.12.2012 – 19 W 48712; Beschl. v. 22.8.1994 – 13 U 32/94, JurBüro 1995, 485; OLG München, Beschl. v. 18.9.1989 – 25 U 5725/88, MDR 1990, 934; OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.11.2004 – 13 U 93/04, NJW-RR 2005, 507; a.A. Diehl, NJW 1970, 1092.
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Aufrechnung diese Feststellung gerade nicht. Die fehlende zweitinstanzliche Entscheidung kann auch nicht durch einen Rückgriff auf die Entscheidung des Ausgangsgerichts ersetzt werden. Wegen des „Grundsatzes der nach Instanzen getrennten Wertfestsetzung“1 müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Wertvorschrift innerhalb der Instanz erfüllt werden.2 Anderenfalls wären unvermeidbare Wertungswidersprüche die Folge, da eine Werterhöhung auch dann bejaht werden müsste, wenn das Rechtsmittelgericht zwar in der Sache entscheidet, aber hierbei auf die Gegenforderung nicht eingeht.3 § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Dieser bezweckt allein, die Ungewissheit über die Reichweite des vom Rechtsmittelführer beabsichtigten Angriffs zu beheben, indem bei ausbleibender Antragstellung unterstellt wird, dass sich der Beklagte in vollem Umfang gegen die ihn beschwerende Entscheidung gewandt hätte. Dem liegt die – (nur) für den Regelfall zutreffende – Annahme zugrunde, dass Beschwer und unbeschränkter Rechtsmittelantrag wertmäßig einander entsprechen. Eine Werterhöhung im Umfang der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung folgt daraus gerade nicht. Denn gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG wird der Streitwert – unabhängig vom Umfang der materiellen Beschwer – durch den Wert des Streitgegenstands der ersten Instanz, also „durch das Interesse des Klägers an der Durchsetzung des geltend gemachten Anspruch“ begrenzt.4 Dem widerspricht auch nicht der Vorbehalt des § 47 Abs. 2 Satz 2 GKG, wonach die Wertbegrenzung auf die formelle Beschwer nicht gilt, wenn der Streitgegenstand erweitert wird. Denn zum Streitgegenstand wird die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung erst mit der (wider)klageweisen Geltendmachung.5 Es kann daher dahinstehen, ob § 45 Abs. 3 GKG dem § 47 Abs. 1 GKG als lex speciales vorgeht6 oder einen davon grundverschiedenen Sachverhalt betrifft.7
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E. Vergleich Während der Prozessvergleich im Fall der Identität von Vergleichs- und Streitgegenstand streitwertrechtlich keine Besonderheiten aufweist, bedarf der Wert des Vergleichsgegenstandes einer gesonderten Prüfung, wenn mit dem Vergleich auch eine Regelung nicht anhängiger Ansprüche erfolgt.8 Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Beklagte sich vor der vergleichsweisen Erledigung gegenüber der Klageforderung primär oder hilfsweise mit einer Aufrechnung verteidigt hat. Hier ist häufig eine für die Gerichtsgebühren und die anwaltlichen Gebühren gesonderte Wertfestsetzung notwendig.
1366
Eine Erhöhung des Verfahrenswertes kommt – abweichend zum Gegenstandswert der Einigungsgebühr gem. Nrn. 1000, 1003 RVG – jedoch nur in Betracht, wenn
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1 BGH, Urt. v. 10.7.1986 – I ZR 102/84, MDR 1987, 117. 2 OLG Jena, Beschl. v. 5.11.2001 – 5 U 667/00, MDR 2002, 480 = AGS 2002, 159; OLG Köln, Beschl. v. 22.8.1994 – 13 U 32/94, OLGR 1995, 176; OLG München, Beschl. v. 18.9.1990 – 25 U 5725/88, MDR 1990, 934. 3 OLG München, Beschl. v. 18.9.1990 – 25 U 5725/88, MDR 1990, 934; OLG Jena, Beschl. v. 5.11.2001 – 5 U 667/00, MDR 2002, 480 = AGS 2002, 159. 4 BGH, Urt. v. 10.12.1993 – V ZR 168/92, MDR 1994, 840; OLG Jena, Beschl. v. 5.11.2001 – 5 U 667/00, MDR 2002, 480 = AGS 2002, 159. 5 OLG Rostock, Beschl. v. 3.3.2004 – 3 U 267/03, OLGR 2004, 262. 6 So KG, Beschl. v. 23.11.2009 – 8 U 49/09; OLG Jena, Beschl. v. 5.11.2001 – 5 U 667/00, MDR 2002, 480 = AGS 2002, 159. 7 So E. Schneider, Anm. zu OLG München, Beschl. v. 18.9.1989 – 25 U 5725/88, KostRsp. GKG § 19 Nr. 160. 8 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.1.1984 – 6 WF 12/84, JurBüro 1984, 736 mit Anm. Mümmler.
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Aufrechnung
ZPO
der Rechtsstreit durch einen gerichtlich protokollierten Vergleich beendet wurde. Eine entsprechende Anwendung von § 45 Abs. 4 GKG auf außergerichtliche Vergleiche, denen eine übereinstimmende Erledigungserklärung nachfolgt, scheidet aus.1 Unerheblich ist dagegen, in welchem Rechtsstreit der Vergleichsabschluss erfolgt. Es genügt die Erledigung der Eventualforderung in einem anderen Rechtsstreit.2 Das gilt auch dann, wenn für die Prüfung der Gegenforderung ein anderes Gericht ausschließlich zuständig wäre.3
I. Gerichtsgebühren 1368
Während bis zum KostRÄndG 1994 die vergleichsweise Beendigung auf den Verfahrenswert ohne Einfluss blieb, d.h. dieser sich mangels Entscheidung über die Gegenforderung gem. § 12 Abs. 1 GKG a.F. (§ 48 Abs. 1 GKG) weiterhin nach dem Wert der Klageforderung richtete, wurde mit der Änderung des GKG die vergleichsweise Beendigung der streitigen Entscheidung (weitgehend) gleichgestellt. Diese Regelung wurde vom KostRMoG 2004 in § 45 Abs. 4 GKG übernommen, wonach § 45 Abs. 3 GKG bei einer vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits entsprechend anzuwenden ist. Eine Erhöhung des Verfahrenswerts kommt also nur in Betracht, wenn und soweit eine hilfsweise zur Aufrechnung gestellte und bestrittene Gegenforderung durch den Prozessvergleich endgültig erledigt wird, d.h. über ihr Bestehen oder Nichtbestehen zwischen den Parteien eine abschließende Einigung getroffenen worden ist.4
1369
Hierbei ist die Werterhöhung (für den Verfahrenswert) bei vergleichsweiser Regelung einer die Klageforderung übersteigenden, hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung – wie im Falle der streitigen Entscheidung – auf den Umfang der Klageforderung beschränkt. Die Sperrgrenze des § 322 Abs. 2 ZPO gilt gem. § 45 Abs. 4 GKG entsprechend, so dass für den Verfahrenswert (und die anwaltliche Verfahrensgebühr) die Werte der Gegenforderungen jeweils nur bis zur Höhe des Werts der Klageforderung addiert werden dürfen.5 Denn die Bezugnahme auf § 45 Abs. 3 GKG setzt den Abschluss eines Vergleichs voraus und stellt die Wertbegrenzung damit gerade nicht (mehr) unter den Vorbehalt einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung. Anderenfalls bliebe auch unverständlich, warum die mit dem Verfahren anfallenden Gebühren sich wegen eines Forderungsteils erhöhen sollen, der selbst bei streitiger Erledigung niemals Verfahrensgegenstand wäre. Verfahrenswert und Vergleichswert müssen daher gesondert berechnet werden.6
1370
Die vom OLG München7 und neuerdings auch vom OLG Saarbrücken8 vertretene Ansicht, wonach sich bei Abschluss eines Vergleichs auch der Verfahrensstreitwert ohne die Begrenzung des § 45 Abs. 3 GKG erhöhe, vermag nicht zu überzeu1 OLG Hamm, Beschl. v. 12.8.2003 – 23 W 120/03, OLGR 2004, 14 = AGS 2004, 27 mit Anm. N. Schneider; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 5.11.2012 – 14 W 55/12, MDR 2013, 424. 2 Insoweit zutr. OLG Hamm, Beschl. v. 29.7.1983 – 26 W 10/83, JurBüro 1983, 1680. 3 KG, Beschl. v. 8.8.1983 – 12 W 3119/83, Rpfleger 1983, 505. 4 LG Bayreuth, JurBüro 1980, 1219; Madert, FS für H. Schmidt, S. 79. 5 OLG Celle, Beschl. v. 17.12.2010 – 14 W 36/10, BauR 2011, 886. 6 OLG Celle, Beschl. v. 20.12.2007 – 2 W 510/06, OLGR 2007; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.4.1987 – 9 W 29/87, JurBüro 1987, 1383; OLG München, Beschl. v. 12.1.1998 – 7 W 3384/97, MDR 1998, 680; Beschl. v. 11.7.1997 – 21 W 1688/97, OLGR 1998, 15 = AGS 2000, 10; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aufrechnung“ Rn. 13. 7 OLG München, Beschl. v. 20.3.1987 – 15 W 1132/87, AnwBl. 1988, 247 mit abl. Anm. Madert. 8 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 28.1.2008 – 4 W 4/08, OLGR 2008, 364: Erhöhung sämtlicher vor dem Vergleich verwirkten Gebührentatbestände ohne Begrenzung auf die Höhe der Klageforderung.
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Aufrechnung gen. Der ohne Auseinandersetzung mit der herrschenden Meinung vertretene Ansatz übersieht, dass § 45 Abs. 4 GKG eine Ausnahmevorschrift gegenüber § 45 Abs. 3 GKG darstellt, bedingt dadurch, dass bei Prozessvergleichen keine Rechtskraftbeschränkung gem. § 322 Abs. 2 ZPO eintreten kann. Mit der gesetzgeberischen Vorgabe, die § 45 Abs. 1 bis 3 GKG „entsprechend“ anzuwenden, wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es bei einer vergleichsweisen Regelung an dem nach § 45 Abs. 3 GKG notwendigen Bedingungseintritt, d.h. einer positiven Entscheidung des Gerichts über die Klageforderung, fehlt. Wird der Vergleich nach einer abschlägigen Bescheidung der Hilfsaufrechnung erst im Rechtsmittelverfahren geschlossen, so bemisst sich dessen Gebührenstreitwert mangels zweitinstanzlicher Entscheidung über die Gegenforderung allein nach dem Wert der Klageforderung.1 Für die erste Instanz verbleibt es – ausgehend vom Grundsatz der instanzbezogenen Wertfestsetzung – bei der Werterhöhung gem. § 45 Abs. 3 GKG. Dass die erstinstanzliche Entscheidung nicht rechtskräftig wird, ist unerheblich, da es für die Werterhöhung allein einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung bedarf.2
1371
Zu beachten bleibt, dass sich die Gerichtsgebühren bei einer vergleichsweisen Regelung nicht anhängiger Ansprüche um eine 0,25 Gebühr gem. Nr. 1900 KV GKG erhöhen, berechnet nach dem Unterschied der Streitwerte.3
1372
II. Anwaltliche Gebühren Die Wertbestimmung für die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG), folgt gem. § 23 RVG dem Verfahrenswert. Insoweit kann für die Auswirkungen der vergleichsweisen Beendigung des Rechtsstreits auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.
1373
Ferner löst die anwaltliche Mitwirkung beim Abschluss eines Prozessvergleichs oder an den diesem vorausgehenden Verhandlungen u.a. eine Einigungsgebühr gem. Nr. 1000, 1003 VV RVG aus. Da sich der Gegenstand des Vergleichs und damit die Grundlage der Bewertung grundsätzlich danach bestimmt, worüber der Vergleich geschlossen, d.h. welcher Streit durch den Vergleich beigelegt wird,4 kommt eine Werterhöhung regelmäßig in Betracht, wenn sich die Parteien vergleichen, nachdem der Beklagte gegenüber der (streitigen) Klageforderung die Aufrechnung (mit einer streitigen Gegenforderung) erklärt hat und der Vergleich auch die Gegenforderung erfasst.
1374
Gewährleistungsrechtliche Einwendungen, die nur zur Anrechnung führen und keine Aufrechnung ermöglichen (s. oben Rn. 1268 ff.), erhöhen – wenn ihr Wert den der Klageforderung nicht übersteigt – auch den Vergleichswert nicht.5 Die abweichende Entscheidung des OLG Celle,6 dass sich der Vergleichswert „grundsätzlich nach allen streitigen Ansprüchen bestimme“, übersieht, dass es im Fall der Anrechnung zumindest bis zur Höhe der Klageforderung an einer Gegenforderung fehlt. Diese ergibt sich erst bei einem zugunsten des Beklagten über die Hö-
1375
1 OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.11.2004 – 13 U 93/04, NJW-RR 2005, 507. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.4.2001 – 23 W 50/00, MDR 2001, 776 = AGS 2002, 40 – s. auch oben Rn. 594 ff. 3 Hartmann, KostG, KV 1900 Rn. 7. 4 BGH, NJW 1964, 1523; OLG Hamburg, Beschl. v. 29.8.1986 – 2 WF 138/86, FamRZ 1987, 184; KG, KGR 2004, 310; OLG Köln, JurBüro 1996, 476; OLG München, JurBüro 2001, 141; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 4; E. Schneider, Rpfleger 1986, 81; Zöller/ Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Vergleich“ – s. auch bei dem Stichwort „Vergleich“. 5 LG Bayreuth, Beschl. v. 14.7.1989 – 2 O 227/89, JurBüro 1989, 1601. 6 OLG Celle, Beschl. v. 23.7.2001 – 7 W 42/01, AGS 2001, 278.
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Auseinandersetzung
ZPO
he des verlangten Werklohnes hinausgehenden schadensersatzrechtlichen Nichterfüllungsanspruch. Unabhängig davon lägen bei abweichender Betrachtung bezüglich des Werklohnanspruchs und des zur „Aufrechnung“ gestellten Vorschussanspruchs (§ 637 BGB) wirtschaftlich identische Gegenstände vor, so dass eine Werterhöhung dann aus diesem Grunde ausgeschlossen wäre. 1376
Zu beachten ist, dass auch bei der Bewertung einer vergleichsweisen Regelung über eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten ist. Ist die mitverglichene Gegenforderung nicht oder voraussichtlich nicht realisierbar, dann kann das zu Abstrichen beim Vergleichswert führen. Anzusetzen ist dann der Teilbetrag, der nach den Umständen des Falles für realisierbar gehalten werden konnte.1 Siehe zu den Einzelheiten unter dem Stichwort „Vergleich“.
1377
Im Übrigen ist wie folgt zu unterscheiden: – Im Falle der Primäraufrechnung ist die Klageforderung unstreitig, so dass eine Wertaddition ausscheidet.2 Vielmehr ist für den Vergleichswert auf die höherwertige Forderung abzustellen. Die Sperrwirkung des § 322 Abs. 2 ZPO findet hier keine Anwendung, da es mit dem Vergleich an einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung mangelt. – Demgegenüber ist eine Zusammenrechnung von Forderung und Gegenforderung geboten, wenn der Beklagte primär die Aufrechnung erklärt und sich nur hilfsweise mit anderweitigen Einwendungen verteidigt.3 Denn für den Vergleich und damit für den Vergleichswert ist das Eventualverhältnis bedeutungslos, so dass sich die Klageforderung trotz der nur hilfsweise erhobenen anderweitigen Einwendungen als streitig darstellt. – Hat der Beklagte die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung nur hilfsweise erklärt, ist der Vergleichswert immer aus der Summe der verglichenen Ansprüche zu bilden. Hier stehen Klageforderung und Gegenforderung im Streit, der durch die vergleichsweise Einigung beendet wird.4 Der Vergleichswert wird auch hier durch die Sperrwirkung des § 322 Abs. 2 ZPO nicht begrenzt, da § 45 Abs. 3 GKG nach einhelliger Ansicht nur für den Verfahrenswert gilt.5
Auseinandersetzung Siehe das Stichwort „Aufhebung von Gemeinschaften“.
1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.10.1980 – 5 U 124/79, MDR 1981, 57; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.9.1984 – 15 W 52/84, Justiz 1985, 139, 140; OLG München, Beschl. v. 11.7.1997 – 21 W 1688/97, AGS 2000, 10. 2 A.A. Meyer, § 45 Rn. 43. 3 KG, Beschl. v. 21.12.1976 – 5 W 1061/76, KostRsp. GKG § 19 Nr. 6. 4 Nur insoweit zutreffend OLG Celle, Beschl. v. 20.12.2006 – 2 W 501/06, OLGR 2007, 198. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 29.7.1983 – 26 W 10/83, JurBüro 1983, 1680; OLG Köln, JurBüro 1994, 496; OLG München, Beschl. v. 12.1.1998 – 7 W 3384/97, MDR 1998, 680; Beschl. v. 11.7.1997 – 21 W 1688/97, AGS 2000, 10 = AnwBl. 1999, 132; OLG Nürnberg, JurBüro 1982, 1380; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 15; N. Schneider, AGS 2003, 150 (152); Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Vergleich“; unzutreffend OLG Celle, Beschl. v. 20.12.2006 – 2 W 501/06, Nds.RPfl. 2007, 69, das die Begrenzung (ohne nähere Begründung) auch auf den Vergleichswert erstreckt.
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Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters
Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters Literatur: Schneider, DB 1976, 1298.
Ein Handelsvertreter kann nach Beendigung seines Vertragsverhältnisses unter bestimmten Umständen einen Ausgleich vom Unternehmer nach § 89b HGB verlangen. Für die Bestimmung des Zuständigkeits- und Gebührenstreitwertes ist entscheidend, auf welchem Wege bzw. auf welche Weise er seinen Anspruch geltend macht:
1378
A. Bezifferte Anträge Erhebt der Handelsvertreter gegen den Unternehmer eine bezifferte Zahlungsklage, so entspricht der Streitwert dem geforderten Betrag.
1379
Berühmt sich der Handelsvertreter eines bezifferten Anspruchs, dann bestimmt dessen Höhe auch den Streitwert einer negativen Feststellungsklage des Unternehmers. Denn bei einer leugnenden Feststellungsklage gegen einen bezifferten Anspruch ist im Gegensatz zur positiven Feststellungsklage der volle Wert des aus dem Rechtsverhältnis abgeleiteten Interesses zugrunde zu legen.1
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B. Unbezifferte Anträge Bei einem unbezifferten Klageantrag des Handelsvertreters auf Ausgleichszahlung ist der Streitwert unter Berücksichtigung von § 89b Abs. 2 HGB und der generellen Grundsätze für unbezifferte Leistungsanträge nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Entscheidend ist also, welcher Betrag dem Kläger unter Zugrundelegung seines klagebegründenden Sachvortrags zuzubilligen wäre.2
1381
Û
Beispiel: Hat der Kläger eines Ausgleichsanspruches seinen unbezifferten Antrag in der Klagebegründung mit 6000 Euro bewertet, verfolgt er aber im Laufe des Rechtsstreites die Aufrechterhaltung eines zu seinen Gunsten erstrittenen Versäumnisurteils über 10 000 Euro, so ist der Rechtsstreit jedenfalls dann mit 10 000 Euro zu bewerten, wenn das Versäumnisurteil auf der Grundlage des klagebegründenden Sachvortrages ergangen ist.3
1382
Die Schätzung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG gilt auch für die negative Feststellungsklage des Unternehmers, dass dem ausgeschiedenen Handelsvertreter kein Anspruch mehr zusteht.
1383
Û
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1 2 3 4
Beispiel: Nach einer Entscheidung des OLG Nürnberg kann, wenn sich ein Vertreter, der bisher jährlich mehr als (umgerechnet) 15 000 DM verdient hat, nach Auflösung des mehrjährigen Vertretungsverhältnisses eines nicht bezifferten Ausgleichsanspruches nach § 89b HGB berühmt, der Streitwert für eine negative Feststellungsklage auf (umgerechnet) 5000 Euro festgesetzt werden.4
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.9.1997 – 10 W 121/97, OLGR 1998, 39. Vgl. dazu das Stichwort „Unbezifferte Anträge“, Rn. 5277 ff. OLG Köln, Urt. v. 28.3.1973 – 2 U 131/72, VersR 1973, 1065. OLG Nürnberg, JurBüro 1958, 515.
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ZPO
Ausgleichsanspruch nach § 2050 BGB
C. Auskunftsanspruch 1385
Wird ein Auskunftsanspruch über die in den letzten Jahren gezahlte Jahresprovision geltend gemacht oder innerhalb einer Stufenklage vorgeschaltet, dann kann er im Wege einer Schätzung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG mit etwa 1/5 bis 1/4 des Wertes der Ausgleichsansprüche nach § 89b HGB angenommen werden, die er vorbereiten soll.1 Die Bewertungsregeln für Auskunftsklagen sind anwendbar.2
Ausgleichsanspruch nach § 2050 BGB 1386
Bei einer Klage auf Feststellung der Ausgleichspflicht gem. § 2050 BGB (gerichtet auf deren Grund und Höhe oder dahingehend, dass der Ausgleichspflichtige bei der Auseinandersetzung nichts mehr erhält) ist der Streitwert nach dem Interesse zu bemessen, das der Kläger an der Ausgleichung hat. Es ist also § 3 ZPO und nicht § 6 ZPO anzuwenden.3 Die Festsetzung des Wertes nach freiem Ermessen rechtfertigt sich daraus, dass die Verurteilung für die Beklagten nicht dieselben Folgen hat wie eine Verurteilung zur Leistung nach § 2039 BGB.
1387
Bei der positiven Feststellungsklage ist in der Regel ein Feststellungsabschlag von 20 % vorzunehmen.
1387a
Für die Klage auf Feststellung, dass der Kläger Vorerbe des Erblassers geworden sei, ist der Streitwert geringer zu bemessen als bei der Feststellungsklage, die eine Vollerbenstellung betrifft.4 Denn bei der Wertfestsetzung kann nicht der Gesichtspunkt maßgeblich sein, dass der Vorerbe an der Erbschaft die gleichen Nutzungsrechte hat wie der Vollerbe. Die Erbenstellung erschöpft sich nicht darin, dem Erben eine Nutzung der zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstände zu ermöglichen; ebenso bedeutsam ist für ihn die Befugnis, über die Nachlassgegenstände verfügen zu können. Die Verfügungsmacht des Vorerben unterliegt bereits bei Rechtsgeschäften unter Lebenden gewissen Einschränkungen. Die Möglichkeit, von Todes wegen über die Erbschaft zu verfügen, fehlt dem Vorerben gänzlich. Die Stellung eines Vorerben ist demnach erheblich schwächer als die eines Erben, und zwar auch dann, wenn der Nacherbfall nicht nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums, sondern erst mit dem Tode des Vorerben eintritt. Das ist auch bei der Wertfestsetzung zu berücksichtigen
1387b
Sind ausgleichungspflichtige Zuwendungen i.S.d. §§ 2050 ff. BGB Gegenstand einer Auskunftspflicht des Erben gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten gem. § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB in Bezug auf die fiktiven Nachlassaktiva, ist der Gebührenstreitwert nach § 3 ZPO an dem Interesse der Beklagten zu bemessen, die Auskünfte (und ggfs. ein Verkehrswertgutachten für eine Nachlassimmobilie) nicht erteilen zu müssen.5
1 2 3 4 5
BGH, Beschl. v. 10.3.1960 – VII ZR 246/59, BB 1960, 796 mit Anm. von Weiher. Vgl. dazu das Stichwort „Auskunftsanspruch“. BGH, Beschl. v. 3.10.1956 – IV ZR 208/56, Rpfleger 1957, 247. BGH, FamRZ 1989, 958: 25 %. OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.5.2011 – 1 U 249/10, ZEV 2011, 379.
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Kurpat/Monschau
Auskunftsanspruch
Auskunftsanspruch A. Zuständigkeitsstreitwert I. Anzuwendende Vorschriften Mangels spezieller Bewertungsvorschriften ist der Zuständigkeitsstreitwert einer Auskunftsklage nach § 3 ZPO zu schätzen.
1388
II. Bewertungsgrundsätze Soweit ein Anspruch auf Auskunft ohne Bezug zu einem Leistungsanspruch geltend gemacht wird, ist der Streitwert gem. § 3 ZPO frei nach dem Interesse des Klägers zu schätzen.
1389
In aller Regel soll der Anspruch auf Auskunftserteilung jedoch einen Leistungsanspruch vorbereiten. In diesem Fall stellt sich sein Wert als Bruchteil des Anspruchs dar, dessen Geltendmachung er erleichtern soll, also des jeweiligen Leistungsanspruchs.
1390
Der Wert des Auskunftsanspruchs lässt sich dabei nicht generell auf einen bestimmten Bruchteil des Leistungsanspruchs festlegen. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalles an. Je nach Bedeutung der Auskunft ist dabei ein höherer oder geringerer Bruchteil anzusetzen.
1391
Das Auskunftsinteresse darf jedoch grundsätzlich nicht dem Erfüllungsinteresse gleichgesetzt werden. Nur in besonderen Fällen kann das Auskunftsinteresse bis an den Hauptsachewert heranreichen, etwa, wenn der Leistungsanspruch mit der Auskunft „steht und fällt“, wenn also ohne Auskunft der Leistungsanspruch nicht feststellbar oder durchsetzbar sein wird.
1392
Maßgebend für das zu bewertende Interesse des Klägers an der Erteilung der Auskunft ist die Höhe des Leistungsanspruchs, dessen sich der Kläger berühmt oder der aufgrund der vom Kläger vorgetragenen objektiven Kriterien zu erwarten ist.
1393
Abzustellen ist darauf, welche Vorstellung sich der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 4 Abs. 1 Hs. 1 ZPO) von dem Wert seines Leistungsantrages gemacht hat. Dabei ist auf seinen Klagevortrag abzustellen. Auf subjektive Erwartungen kommt es nicht an, sondern darauf, was nach den vom Antragsteller vorgetragenen Tatsachen objektiv zu erwarten ist. Fehlen entsprechende Darlegungen, sind diese anzufordern (§ 139 ZPO).
1394
Kann der Antragsteller mangels entsprechender Kenntnisse und Informationen keine Darlegungen erbringen, ist zu schätzen.
1395
Das Interesse der Parteien daran, schon mithilfe des Auskunftsanspruchs eine rechtliche Prognose über den Ausgang der Hauptsache zu erlangen, ist unbeachtlich, weil die Auskunftsstufe insoweit nicht zu einer rechtskräftigen Klärung führen kann.1
1396
Wertangaben der Parteien (§ 61 GKG) und wirklicher Wert der Gegenstände oder Ansprüche, über die Auskunft verlangt wird, haben nur indizielle Bedeutung.
1397
Als generelle Auslegungsregel zur Bewertung lässt sich mit der Rechtsprechung formulieren: Das Auskunftsinteresse des Klägers ist umso höher zu bewerten, je geringer seine Kenntnisse und sein Wissen über die zur Begründung des Leis-
1398
1 BGH, Urt. v. 27.11.1991 – VIII ZR 37/91, NJW-RR 1992, 69.
N. Schneider
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ZPO
Auskunftsanspruch tungsanspruchs maßgeblichen Tatsachen sind (s. auch das Stichwort „Rechnungslegung“, Rn. 4615 ff.). 1399
Hinsichtlich der dabei zu berücksichtigenden Umstände lässt sich im Anschluss an den BGH1 folgende Bewertungsskala für das Angriffsinteresse des Klägers aufstellen: 1. Hohe Bewertung, wenn der Kläger seinen Anspruch ohne Auskunft voraussichtlich nicht durchsetzen kann. 2. Mittlerer Wertansatz, wenn die Auskunft dem Kläger die Begründung des Zahlungsanspruchs erleichtert. 3. Geringer Wertansatz, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für die Bezifferung des Zahlungsanspruchs weitgehend geklärt sind. 4. Geringste Bewertung, wenn dem Kläger die maßgeblichen Unterlagen bereits zur Verfügung stehen und die Auskunft nur noch Kontrollfunktion oder Erhöhung der Übersichtlichkeit bezweckt.
1400
So ist beispielsweise der Auskunftsanspruch hoch zu bewerten, wenn der Berechtigte ohne die Auskunft nicht einmal weiß, welche Rechte ihm zustehen.
Û
Beispiel: A hat eine Wohnung an B vermietet. Als Mietdauer sind fünf Jahre vereinbart. B ist zur Untervermietung berechtigt. Nach Ablauf der fünf Jahre hat B, wenn er nicht untervermietet hat, die Wohnung geräumt und renoviert an A zurückzugeben. Bei Untervermietung soll A nach Ablauf der Frist in das Mietverhältnis eintreten; B hat ihm dann die notwendigen Auskünfte zu erteilen und die Unterlagen dazu – Untermietvertrag usw. – auszuhändigen. Nach Beendigung des Mietverhältnisses geschieht nichts. A weiß nicht, ob B die Wohnung selbst nutzt oder untervermietet hat. Er weiß also auch nicht, ob er einen Anspruch auf Räumung gegen B hat oder einen Anspruch auf Mietzinszahlung gegen einen ihm noch unbekannten Mieter. Folglich muss er auf Auskunft klagen, um überhaupt zu erfahren, welche Rechte ihm zustehen. Ohne diese Auskunft ist er faktisch rechtlos gestellt. Das rechtfertigt es, den Auskunftsanspruch sehr hoch anzusetzen.
1401
Umgekehrt sinkt der Auskunftsstreitwert, wenn die für die Durchsetzung des Leistungsanspruchs erforderlichen Auskünfte nur geringe Bedeutung haben oder der Kläger sich die erforderlichen Informationen auch ohne Auskunft des Beklagten anderweitig verschaffen kann.
1402
Soweit keine besonderen Umstände gegeben sind, geht die Rechtsprechung von einem Bruchteil zwischen 20 % und 25 % des zu erwartenden Leistungsanspruchs aus.
B. Gebührenstreitwert 1403
Der Gebührenstreitwert richtet sich erstinstanzlich nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Es gilt das Gleiche wie beim Zuständigkeitsstreitwert. Im Rechtsmittelverfahren gilt § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Beschwer Bezug genommen werden.
C. Beschwer 1404
In der Rechtsmittelinstanz kommt es darauf an, von welcher Partei das Rechtsmittel eingelegt worden ist.2 1 BGH, Beschl. v. 4.11.1982 – VII ZR 147/82, JurBüro 1983, 118. 2 BGH, Beschl. v. 19.10.1977 – IV ZR 64/77, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 403.
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Auskunftsanspruch Das Interesse des Klägers als Rechtsmittelführer, wenn er also mit seinem Rechtsmittel den abgewiesenen Antrag auf Erteilung einer Auskunft weiterverfolgt, ist ebenso zu bewerten wie der Zuständigkeitsstreitwert, so dass auf die Rn. 1389 ff. verwiesen werden kann.
1405
Bei einem Rechtsmittel des Beklagten gegen seine Verurteilung zur Auskunftserteilung ist die Beschwer eigenständig zu ermitteln. Sie ist nicht lediglich die spiegelbildliche Beschwer des Leistungsinteresses des Klägers.1
1406
Dabei ist der Wert der Beschwer nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, sowie nach einem etwaigen Geheimhaltungsinteresse zu bewerten, nicht aber nach dem Wert des Auskunftsanspruchs. Dabei bleibt das Interesse des Beklagten an der Vermeidung einer für ihn nachteiligen Kostenentscheidung außer Betracht. Diese Grundsätze hat der BGH grundlegend in einer Entscheidung des Großen Zivilsenats2 festgelegt und hält daran in ständiger Rechtsprechung fest.3
1407
Der Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen ist dabei entsprechend den Regelungen für Zeugen im JVEG zu bewerten. Als Stundensatz für den eigenen Zeitaufwand kann dabei nur der eigene Aufwand angesetzt werden und nicht der Stundensatz gelten, den der zur Auskunft verpflichtete Dritte für seine berufliche Tätigkeit in Rechnung stellt.4
1408
Der eigene Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen ist dabei maximal mit den gem. § 22 JVEG für die Entschädigung von Zeugen maßgeblichen Höchstsätzen zu bewerten.5 Der BGH6 geht sogar davon aus, dass der zur Auskunft Verpflichtete die hierfür erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbringen kann, so dass nur von einem Stunden satz von 3,50 Euro auszugehen ist.
1409
Darüber hinaus können die Kosten für die Zuziehung sachkundiger Hilfspersonen (etwa eines Steuerberaters) zu berücksichtigen sein, wenn der Auskunftspflichtige ohne sie die geforderte Auskunft nicht sachgerecht zu erteilen vermag.7
1410
Daneben kommt in Ausnahmefällen noch ein Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten in Betracht,8 beispielsweise bei konkurrierenden Unternehmen. Ein zu berücksichtigendes Geheimhaltungsinteresse scheidet allerdings aus, wenn der Verurteilte Auskünfte der Art, zu deren Erteilung er verurteilt ist, zu Werbezwecken in seinem Internetauftritt nutzt.9
1411
Einstweilen frei.
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1412–1449
BGH, Urt. v. 30.11.1983 – VIII ZR 243/82, JurBüro 1984, 382. BGH, Beschl. v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, NJW 1995, 664. Zuletzt BGH, Beschl. v. 22.4.2015 – XII ZB 317/14. BGH, Beschl. v. 21.3.2012 – XII ZB 420/11, FuR 2012, 383; Beschl. v. 22.2.2012 – III ZR 301/11, NJW-RR 2012, 888. BGH, Beschl. v. 21.3.2012 – XII ZB 420/11, FuR 2012, 383; Beschl. v. 28.9.2011 – IV ZR 250/10, FamRZ 2012, 299; Beschl. v. 10.3.2010 – IV ZR 255/08, FamRZ 2010, 891. BGH, Beschl. v. 11.3.2015 – XII ZB 317/14, MDR 2015, 536. BGH, Beschl. v. 24.9.2013 – II ZB 6/12, NZG 2013, 1258; Beschl. v. 21.3.2012 – XII ZB 420/11, FuR 2012, 383; Beschl. v. 22.2.2012 – III ZR 301/11, NJW-RR 2012, 888; Beschl. v. 22.3.2010 – II ZR 75/09, MDR 2010, 766. BGH, Beschl. v. 22.3.2010 – II ZR 75/09, MDR 2010, 766; Beschl. v. 15.9.2009 – VI ZR 287/08, GuT 2009, 329; BGH, WPM 1984, 180; Beschl. v. 22.2.1995 – IV ZB 20/94, NJW-RR 1995, 764. BGH, Beschl. v. 22.3.2010 – II ZR 75/09, MDR 2010, 766.
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Auslndische Whrung
ZPO
Auslndische Whrung Literatur: Mümmler, JurBüro 1993, 269; Ritter, Prozessrechtliche Fragen in der Übergangszeit der Europäischen Währungsunion, NJW 1999, 1213 ff.
A. Allgemeines 1450
Bildet den Streitgegenstand eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld – z.B. bei einer echten Fremdwährungsschuld (§ 244 BGB)1 oder bei der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils oder eines Schiedsspruchs –, dann sind diese Geldbeträge in Euro umzurechnen, um den jeweiligen Streitwert bestimmen zu können.
1451
Entsprechend ist zu verfahren, wenn dem Streitgegenstand eine in Deutsche Mark (DM) bezeichnete Geldschuld zugrunde liegt, wie dies bei vor 1999 entstandenen Forderungen der Fall war. Angesichts möglicher Umrechnungsdifferenzen sind gesetzliche Rundungsregelungen bei einer objektiven Klagenhäufung (§ 260 ZPO), auch wenn der Klageantrag auf Zahlung eines Gesamtbetrages lautet, streitgegenstandsbezogen anzuwenden.2 Bezieht sich der Streitgegenstand auf eine in Reichsmark bezeichnete Geldschuld, z.B. bei einem Aufgebot eines Sparkassenbuches aus der Zeit vor 1945, ist der Streitwert in Euro unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen Geldentwertung zu bestimmen.
B. Zuständigkeitsstreitwert 1452
Maßgeblich für den Zuständigkeitsstreitwert ist der Umrechnungsbetrag in Euro zum Zeitpunkt der Klage- bzw. Antragseinreichung (Anhängigkeit), § 4 Abs. 1 ZPO. Folglich bleiben nach Anhängigkeit eintretende Veränderungen durch Kursschwankungen, gleich in welche Richtung, unberücksichtigt.3 Für den Zuständigkeitsstreitwert folgt dies für die Zeit nach Rechtshängigkeit zudem aus § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO.
C. Gebührenstreitwert 1453
Im Grundsatz folgt der Gebührenstreitwert dem Zuständigkeitsstreit, d.h. maßgebend ist gem. § 40 GKG (§ 15 GKG a.F.) der Umrechnungsbetrag bei Anhängigkeit.4 Spätere Kursschwankungen bleiben auf die Wertbestimmung ohne Einfluss.5
1 RGZ 109, 61; BGH, Urt. v. 22.6.1989 – IX ZR164/88, MDR 1989, 989. 2 Vgl. Ritter, NJW 1999, 1213 (1215 ff.). 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.10.1990 – 1 U 248/88, MDR 1991, 164; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Ausländische Währung“ Rn. 2; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Ausländische Währung“. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.11.1999 – 10 W 124/99, NJW-RR 2000, 1594; a.A. KG, NJWRR 2000, 215: Rechtshängigkeit. 5 OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.4.2008 – 24 U 186/06, GI aktuell 2010, 167; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Ausländische Währung“; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Ausländische Währung“ Rn. 3; a.A. wohl Thomas/Putzo/Hüßtege, § 3 Rn. 22 unter Berufung auf eine noch zur alten Gesetzeslage (§ 15 GKG idF vor dem 1.7.1994) ergangenen Entscheidung des OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.10.1990 – 1 U 248/88, MDR 1991, 164.
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Kurpat
Auslegung des Klageantrags Bei der Berücksichtigung älterer Rechtsprechung ist zu beachten, dass nach § 15 Abs. 1 GKG in der vor dem 1.7.1994 geltenden Fassung für die Wertbestimmung der höchste Wert zwischen Klageeinreichung und Beendigung der Instanz maßgebend war.1
1454
Hingegen war auch nach altem Recht eine im Laufe der Instanz eingetretene Wertminderung auf den Streitwert stets ohne Einfluss, d.h. der höhere Wert bei Beginn der Instanz blieb maßgebend. Dies gilt auch für den Berufungsrechtszug.2 Hieran hat sich durch Neufassung des GKG zum 1.7.2004 nichts geändert.3 Für die Änderungen nach Anhängigkeit s. auch bei dem Stichwort „1. Teil: Verfahrensrecht“, Rn. 206 ff.
1455
D. Rechtsmittel und Beschwer Für den Rechtsmittelstreitwert ist ebenfalls gem. §§ 4 Abs. 1, 40 GKG auf den die Instanz einleitenden Antrag, folglich auf den Tag des Eingangs der Rechtsmittelschrift abzustellen.4 Davon abweichend ist als Zeitpunkt der Einlegung der Berufung der Tag des Eingangs der Berufungsbegründung anzusehen, wenn erst darin die Berufungsanträge enthalten sind.5
1456
Zu beachten ist, dass gem. § 47 Abs. 2 GKG der Rechtsmittelstreitwert bei unverändertem Streitgegenstand durch den Wert des Streitgegenstandes in erster Instanz begrenzt wird.6 Kurssteigerungen nach Klageeinreichung bleiben daher auch für die Rechtsmittelinstanz streitwertrechtlich ohne Bedeutung. Die gegenteilige Entscheidung des BGH7 ist mit dem Wortlaut des § 47 Abs. 2 GKG nicht in Einklang zu bringen.8
Auslegung des Klageantrags Klageanträge sind – wie alle Erklärungshandlungen im Prozess (z.B. bei der Aufrechnung) – der Auslegung fähig und bei Unklarheiten auch bedürftig.9 Vorrangig vor der Auslegung sind jedoch immer die Ausübung des Fragerechts (§ 139 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und die Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO.
1457
Angaben zum Gebührenstreitwert nach § 61 GKG oder für die Zuständigkeit nach § 253 Abs. 3 ZPO oder für die Rechtsmittelbeschwer nach § 511 Abs. 4 Nr. 2 ZPO
1458
1 Vgl. beispielhaft OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1981 – 23 W 442/81, JurBüro 1981, 1860 mit Anm. Mümmler. 2 BGH, Urt. v. 17.3.1982 – IVa ZR 234/80, VersR 1982, 591; KG, Rpfleger 1973, 36; OLG München, Beschl. v. 3.6.1996 – 12 WF 823/96, FamRZ 1997, 34; OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.3.1999 – 1 W 18/99, NJW-RR 1999, 942; a.A. OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.10.1990 – 1 U 284/88, JurBüro 1991, 208 mit abl. Anm. Mümmler = MDR 1991, 164. 3 Hartmann, KostG, § 40 GKG Rn. 3. 4 BGH, Beschl. v. 13.1.2010 – XII ZB 12/05, JurBüro 2010, 201. 5 OLG Düsseldorf, NJW 1971, 147; Zöller/Herget, § 4 ZPO Rn. 4. 6 OLG Hamburg, Beschl. v. 15.1.1981 – 6 U 85/80, JurBüro 1981, 1546; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Rechtsmittel“ Rn. 30. 7 BGH, Urt. v. 4.2.1999 – III ZR 56/98, MDR 1999, 689; Beschl. v. 5.10.1981 – II ZR 49/81, MDR 1982, 299 – hier noch auf zwischenzeitlich aufgehobenen § 14 Abs. 2 Satz 3 GKG i.d.F. bis zum 30.6.1994 abstellend. 8 Ebenso Hartmann, KostG, § 47 GKG Rn. 8. 9 Siehe dazu Zöller/Greger, vor § 128 ZPO Rn. 25.
Kurpat
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ZPO
Auslegung des Klageantrags dürfen bei der Prüfung, was mit einem textlich unklaren Klageantrag bezweckt ist, als Auslegungsumstand berücksichtigt werden.1 1459
Ergibt die Auslegung eines Antrags, der auf Verurteilung zur Zahlung eines bestimmten Klagebetrages gerichtet ist, dass der Kläger in Wahrheit nur den Unterschiedsbetrag zwischen dieser Summe und einem ihm bereits in einem anderen Verfahren (z.B. Entschädigungsverfahren) zugeteilten Betrag fordert, so ist nur der Unterschiedsbetrag der für die Streitwertfestsetzung maßgebende Streitgegenstand.2
1459a
Wird im Klageantrag nicht zwischen Haupt- und Nebenforderungen unterschieden, sondern werden diese in einem Betrag geltend gemacht, dann ist der Klagebetrag aufzuschlüsseln. Denn eine nach § 4 ZPO, § 43 GKG für den Streitwert unmaßgebliche Nebenforderung verliert ihren Charakter nicht dadurch, dass sie in den bezifferten Hauptantrag eingerechnet wird. Das gilt nicht nur für ausgerechnete und der Hauptforderung zugeschlagene Zinsen3 oder in den Klagebetrag eingerechnete Kosten des Vorprozesses bei der Vollstreckungsabwehrklage4, sondern auch für die klageweise Geltendmachung der Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens im Hauptsacheprozess. Im letztgenannten Fall ist der Klageantrag dahingehend auszulegen, dass allein die Hauptforderung geltend gemacht und die Entscheidung über die Kostentragung dem Festsetzungsverfahren vorbehalten und bei der Streitwertermittlung unberücksichtigt bleibt.5
1460
Wird nach Teilleistungen in der mündlichen Verhandlung ein Klageantrag auf Zahlung (nebst Zinsen) „abzüglich am … geleisteter …, – Euro“ gestellt, bedarf es – auch für die Streitwertbestimmung – zunächst der Klärung, was damit prozessual ausgedrückt werden soll: teilweise Klagerücknahme oder teilweise Hauptsacheerledigung. Regelmäßig wird davon auszugehen sein, dass der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise für erledigt erklären will.6 Dann ist der Antrag, soweit eine abweichende Leistungsbestimmung des Schuldners nicht ersichtlich ist, weiter dahin zu verstehen, dass die Zahlung zunächst auf die bis zum Zahlungszeitpunkt aufgelaufenen Zinsen und erst dann auf die Hauptforderung (§ 367 Abs. 1 BGB) verrechnet werden soll.
1461
Ergibt sich aus der Klagebegründung, dass die Bezifferung eines Antrages auf Verurteilung zur Zahlung auf einem Berechnungsfehler beruht, dann ist der Streitwert nach dem wirklich gewollten Antrag (Betrag) zu beziffern, der sich bei richtiger Berechnung ergibt.7 Ob die nach § 319 ZPO, § 133 BGB vorzunehmende Auslegung den Streitwert erhöht oder ermäßigt, ist in diesem Fall unerheblich. Die Berichtigung kann auch vom Rechtsmittelgericht vorgenommen werden.8
1462
Bei unbezifferten Klageanträgen, also solchen, bei denen der Kläger die Entscheidung über die Anspruchshöhe in das Ermessen des Gerichts stellt (sog. Ermessensanträge), ist der Streitwert gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG zu schätzen. Unabhängig davon kann eine Auslegung des Klageantrags ergeben, dass der Kläger, beispielsweise bei einem Schmerzensgeldverlangen, mit seiner Klage die Zahlung eines Mindestbetrages anstrebt.9 Diesen vom Kläger für angemessen erachteten 1 2 3 4
5 6 7 8 9
OLG Köln, KostRsp. GKG § 23 Nr. 2. OLG Frankfurt, MDR 1962, 992. BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – III ZR 325/03. BGH, Beschl. v. 9.2.2006 – IX ZB 310/04, MDR 2006, 1064; OLG Jena, Beschl. v. 23.4.2008 – 5 W 527/07, OLGR 2008, 634; KG Berlin, Beschl. v. 5.1.2009 – 2 U 125/06, JurBüro 2009, 436; a.A. OLG Hamburg, MDR 1988, 1060. OLG Jena, Beschl. v. 20.11.2003 – 5 W 288/03, OLGR 2004, 223. OLG Frankfurt, MDR 1977, 56. OLG Oldenburg, Rpfleger 1968, 313. BGH, NJW 1964, 1858. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.11.2009 – 4 W 343/09.
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Kurpat
Ausscheiden eines Gesellschafters Mindestbetrag darf das Gericht bei der Streitwertfestsetzung nach überwiegender und zutreffender Ansicht nicht unterschreiten.1 Siehe dazu ausführlich unter dem Stichwort „Unbezifferte Anträge“. Wird auf eine zeitlich unbefristete Auskunft über die Einkommensverhältnisse geklagt, soll der Klageantrag (zur Vermeidung einer Verurteilung zu einer unmöglichen Leistung) auf Auskunft für den Zeitraum bis zur Klageeinreichung ausgelegt und der Streitwert entsprechend (niedriger) beziffert werden.2
Ausscheiden eines Gesellschafters Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert einer Klage auf Feststellung, dass ein Gesellschafter aus der Gesellschaft infolge Kündigung ausgeschieden ist, bemisst sich nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG. Maßgebend ist das Interesse des Klägers an der gerichtlichen Feststellung, dass der Beklagte nicht mehr Gesellschafter ist.3 Bei der Schätzung ist insbesondere zu berücksichtigen, mit welchem Anteil der Kläger an der Gesellschaft beteiligt ist und inwiefern er daher an dem (geschätzten) Interesse der Gesellschaft an dem Ausscheiden partizipiert.4
1463
Würde der Kläger mit seinem Kapitalanteil auch bei Ausscheiden des Beklagten weiterhin in einer gesellschaftsrechtlichen Bindung bleiben, weil der Kapitalanteil des Beklagten lediglich gegen einen neu zu bildenden Kapitalanteil eines neuen Gesellschafters ausgetauscht würde, dann kann für den Streitwert weder die Höhe des Kapitalanteils des Klägers noch die Höhe des Kapitalanteils des Beklagten maßgebend sein. Das Interesse des Klägers muss vielmehr nach der Veränderung des Ertragswertes seines Kapitalanteils bemessen werden, die bei der vorgesehenen neuen gesellschaftsrechtlichen Verbindung eintreten würde.5
1464
Der Streitwert eines Verfahrens, in dem festgestellt werden soll, dass der Austritt eines Gesellschafters unwirksam ist, bemisst sich gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Interesse des Klägers am Verbleib des Beklagten in der Gesellschaft.6 Das Bundesverfassungsgericht7 hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es für den Streitwert in den Fällen des Ausscheidens eines Gesellschafters zwar auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers ankomme. Allerdings dürfe der Streitwert nicht außer Verhältnis zu dem vom Kläger erstrebten persönlichen wirtschaftlichen Vorteil stehen. Denn dies bedeute eine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zu den Gerichten.
1465
Ebenfalls nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen ist der Streitwert eines Verfahrens über die Wirksamkeit der Einziehung eines Geschäftsanteils8 und die Ausschließung eines Gesellschafters. Maßgeblich ist hier der Verkehrswert
1466
1 BGH, Urt. v. 2.10.2001 – VI ZR 356/00, NJW 2002, 212; OLG München, Beschl. v. 26.4.1994 – 1 W 2878/93, VersR 1995, 1117; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.11.2009 – 4 W 343/09; OLG Zweibrücken, Beschl. 19.1.1998 – 5 W 20/97, JurBüro 1998, 260; Prütting/ Gehrlein/Gehle, § 3 Rn. 214; a.A. OLG Koblenz, Beschl. v. 20.1.2004 – 12 W 35/04; Zöller/ Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Unbezifferte Klageanträge“. 2 OLG Dresden, Beschl. v. 7.8.2001 – 22 WF 803/00, FamRZ 2002, 681. 3 OLG Celle, Urt. v. 20.8.2014 – 7 U 38714, RdL 2015, 47. 4 BVerfG, Beschl. v. 31.10.1996 – 1 BvR 1074/93, NJW 1997, 311. 5 OLG Nürnberg, JurBüro 1964, 829. 6 OLG Celle, Urt. v. 20.8.2014 – 7 U 38714, RdL 2015, 47. 7 BVerfG, Beschl. v. 31.10.1996 – 1 BvR 1074/93, NJW 1997, 311. 8 BGH, Beschl. v. 14.5.2013 – II ZR 81/11; Urt. v. 30.4.2001 – II ZR 328/00, MDR 2001, 1006; OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2012 – 14 U 10/12, GmbHR 203, 414.
Kurpat
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Ausschließung
ZPO
des Geschäftsanteils des betroffenen Gesellschafters1, der im Einzelfall mangels diesbezüglicher Erkenntnisse auf den Nennwert geschätzt werden kann.2 Fehlt es an einem substantiellen Wert und einer Einlageverpflichtung, dann kann der Wert auf 100 Euro festgesetzt werden.3 Eine Vergütung, die dem Gesellschafter aufgrund der ihm nach dem Gesellschaftsvertrag übertragenen Geschäftsführertätigkeit gewährt wird, bleibt, da nicht auf der Gesellschafterstellung beruhend, unberücksichtigt.4 Wird die Klage gegen die übrigen Gesellschafter und die Gesellschaft gerichtet, findet wegen wirtschaftlicher Identität keine Zusammenrechnung der Werte statt.5 1467
Den Streitwert einer Klage auf Zustimmung zur Löschung des Beklagten als Kommanditisten aus dem Handelsregister hat das OLG Karlsruhe mit 5000 Euro bemessen.6 Die wirtschaftliche Bedeutung der Löschung des ausgeschiedenen Kommanditisten im Register sei nämlich für die anderen Gesellschafter in der Regel gering. Für den Kläger habe die Bereinigung des Registers in erster Linie eine optische Bedeutung im Auftreten nach außen (das Register ist auf dem neuesten Stand). Dies gelte auch dann, wenn die Frage des Ausscheidens zwischen den Gesellschaftern streitig sei. Denn das Verhältnis der Gesellschafter untereinander werde durch die Löschung im Register gerade nicht geklärt. Siehe auch die Stichwörter „Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen“, „Anmeldung zum Handelsregister“ und „Ausschließung“.
Ausschließung A. Einleitung 1468
Praktische Bedeutung hat vor allem die Ausschließung eines Gesellschafters aus einer Kapitalgesellschaft oder aus einer Personengesellschaft. Es handelt sich dabei um eine eigenständige Form des Ausscheidens aus der Gesellschaft neben dem Austritt des Gesellschafters. Sie zieht ebenso wie diese eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung nach sich.
1469
Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Formen besteht darin, dass die Ausschließung gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters stattfindet. Durchgeführt wird die Ausschließung aus einer Kapital- oder Personengesellschaft mangels abweichender Satzungsregelung mit einer Ausschlussklage und einem ihr entsprechenden gerichtlichen Gestaltungsurteil. Bei der Entscheidung ist eine Gesamtabwägung aller durch das Urteil betroffenen Interessen erforderlich. Dies ist bei der Streitwertberechnung zu berücksichtigen.
1 BGH, Beschl. v. 11.12.2012 – II ZR 27/12; OLG Koblenz, Urt. v. 15.7.2014 – 3 U 1462/12, MDR 2014, 1160; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.2.2014 – 14 U 14/13; Urt. v. 19.12.2012 – 14 U 11/12, NZG 2013, 456; OLG München, Beschl. v. 7.6.2013 – 7 U 908/13, NZG 2013, 1260. 2 OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2012 – 14 U 10/12, GmbHR 203, 414. 3 OLG München, Beschl. v. 11.7.2013 – 7 U 908/13; Beschl. v. 7.6.2013 – 7 U 908/13, NZG 2013, 1260: Beschwer. 4 OLG München, Beschl. v. 7.6.2013 – 7 U 908/13, NZG 2013, 1260. 5 OLG Stuttgart, Urt. v. 26.2.2014 – 14 U 14/13. 6 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.5.2006 – 15 W 9/06, NJW-RR 2007, 1046.
232
Kurpat
Ausschließung
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Der Streitwert ist mangels spezieller Bewertungsvorschrift nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.1 Dies gilt auch für den Streitwert der Feststellungsklage, die auf die Unwirksamkeit eines auf Ausschließung von Gesellschaftern gerichteten Beschlusses abzielt.2
1470
Als Grundsatz gilt, dass für die Bewertung in erster Linie das subjektive Interesse des Klägers am wirtschaftlichen Ergebnis der sich anschließenden vermögensrechtlichen Auseinandersetzung maßgebend ist.3 Dies ergibt sich im Wesentlichen aus dem konkreten Umfang der Beteiligung des Klägers an der Gesellschaft. Soweit der Kläger allerdings Rechte der Gesellschaft geltend macht, können bei der Schätzung auch die damit verbundenen höheren objektiven Interessen berücksichtigt werden.4
1471
I. OHG und KG Der Streitwert einer Ausschließungsklage nach § 140 Abs. 1 (i.V.m. § 161 Abs. 2) HGB ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Dabei ist das Interesse der Kläger an der von ihnen erstrebten Ausschließung des beklagten Gesellschafters maßgebend. Wie dieses Interesse konkret zu bestimmen ist, darüber besteht Streit: – Nach herrschender Meinung bemisst sich das Interesse regelmäßig nach dem (wirtschaftlichen) Wert der Gesellschaftsanteile der Kläger, da es das Ziel der Klage ist, diesen Wert sicherzustellen und zu erhalten.5 Nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann es angezeigt sein, den Wert des Streitgegenstandes niedriger als den Wert der Geschäftsanteile anzusetzen,6 z.B. bei Wertminderung des Geschäftsanteils durch Verluste.7 – Nach anderer Auffassung richtet sich das Interesse der Kläger einer Ausschlussklage nicht nach dem Verkehrswert der Anteile, sondern nach dem wirtschaftlichen Wert, den das Ausscheiden nach dem Vorbringen der übrigen Gesellschafter für diese hat. Der Streitwert berechnet sich demgemäß nach dem Schaden, der durch das weitere Verbleiben des Beklagten in der Gesellschaft eintritt bzw. nach den Möglichkeiten, die sich durch das Ausscheiden für die erfolgreiche Arbeit der Gesellschaft ergeben. Erst für die wirtschaftliche Bewertung dieser Umstände sind dann allerdings auch das Gesellschaftsvermögen, die Gewinne der letzten Zeit und der Verkehrswert mitheranzuziehen.8 Aus diesem Grunde kommen die beiden Meinungen in der praktischen Anwendungen vielfach zu ähnlichen Ergebnissen.
1472
Geht das Interesse des Klägers dahin, nach dem Ausschluss der anderen Gesellschafter das Geschäft allein fortzuführen und sich damit mindestens den Geschäftsgewinn zu erhalten, den er in den vorangegangenen Jahren durchschnittlich jährlich erzielt hat, so ist der Streitwert nach einer Entscheidung des OLG
1473
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OLG Frankfurt, JurBüro 1979, 1195. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.12.1984 – 12 W 254/84, JurBüro 1985, 1083. OLG Frankfurt, JurBüro 1979, 1195. BVerfG, Beschl. v. 31.10.1996 – 1 BvR 1074/93, NJW 1997, 311. OLG Frankfurt, JurBüro 1985, 1083; OLG Rostock, Urt. v. 19.12.2007 – 6 U 103/06; OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.12.2012 – 14 U 11/12, NZG 2013, 456. 6 BGHZ 19, 173; OLG Frankfurt JurBüro 1966, 1068. 7 OLG Hamburg, OLGE 31, 4. 8 OLG Hamm, Rpfleger 1962, 222.
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ZPO
Ausschließung Frankfurt1 auf etwa das Fünffache dieses Jahresbetrages festzusetzen. Dem hat sich das OLG München2 jedenfalls für den Fall angeschlossen, dass die Gesellschaft bei geringem Eigenkapital hohe Gewinne erzielt. 1474
Bei der Bewertung einer Klage des ausgeschiedenen Kommanditisten auf Feststellung, dass die Ausschließung nichtig ist, ist für die Schätzung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht der Kapitalanteil des Beteiligten, sondern das Interesse an dem Ausschluss maßgeblich. Ausgangspunkt ist der Wert der Geschäftsanteile des Klägers (also des Ausgeschiedenen), wobei maßgeblich auf den Verkehrswert abzustellen ist.3
1475
Die Klage auf Eintragung des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der Gesellschaft in das Handelsregister (§ 143 Abs. 2 HGB) ist mit 1/4 des Wertes des Anteils des Klägers anzusetzen.4
II. GmbH 1476
Die Ausschließung aus einer GmbH ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bewerten. Soll der Gesellschafter unter Auszahlung seines Geschäftsanteils ausgeschlossen werden, so ist der Wert des auszuzahlenden Anteils bei der Festsetzung des Streitwerts nicht zu berücksichtigen. Bestimmend ist vielmehr der Wert der Anteile der in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter, weil es diesen darum geht, sich den Wert ihrer Geschäftsanteile durch Ausschließung des ungeeigneten Gesellschafters zu erhalten und sicherzustellen.5 Der Streitwert wird durch einen Streit um die Ausschließungsbedingungen nicht erhöht.6 Die Anteile der verbleibenden Gesellschafter sind dabei mit ihrem wirtschaftlichen Wert, nicht mit ihrem Nennwert anzusetzen.7
III. Stille Gesellschaft 1477
Die Ausschließung eines Gesellschafters aus einer atypischen stillen Gesellschaft ist ebenfalls nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bewerten.8 Den Streitwert hat das OLG Köln entsprechend der Einlage des stillen Gesellschafters bemessen. Dagegen sollen der Verkehrswert des Unternehmens, das Betriebsvermögen und die Gewinnerwartungen für die Zukunft keine Berücksichtigung finden, wenn der Antrag darauf gerichtet ist, die Nichtigkeit des Beteiligungsvertrages festzustellen.
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OLG Frankfurt, BB 1953, 426. OLG München, MDR 1962, 63 unter Ablehnung von BGHZ 19, 173. BGHZ, 19, 175; OLG Rostock, Urt. v. 19.12.2007 – 6 U 103/06, OLGR 2009, 97. BGH, Rpfleger 1979, 194; diff. OLG Karlsruhe (Beschl. v. 29.5.2006 – 15 W 9/06, OLGR 2007, 591), wonach für die Klage auf Zustimmung des Beklagten zur Löschung seiner Kommanditistenstellung im Handelsregister – unabhängig von dem Wert der Anteile des Klägers – pauschal 5000 Euro anzusetzen seien, da das wirtschaftliche Interesse an einer solchen Bereinigung des Registers regelmäßig gering sei. BGHZ 19, 175; OLG Frankfurt, MDR 1967, 138; OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 1. OLG Neustadt, MDR 1964, 605. OLG Bamberg, JurBüro 1963, 556. OLG Köln, JurBüro 1970, 427.
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Kurpat
Ausschließung
IV. Genossenschaft Der Streit über die Wirksamkeit des Ausschlusses eines Genossen ist grundsätzlich nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bestimmen und nach den oben dargelegten Grundsätzen zu schätzen. Ausnahmsweise betrifft der Streit einen nichtvermögensrechtlichen Gegenstand, wenn der Ausschluss auf die Behauptung ehrenrührigen Verhaltens gestützt wird. Dies gilt auch dann, wenn (weitere) vermögenswerte Interessen der Genossen mit im Spiele sind. Der Gebührenstreitwert ist dann nach § 48 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien zu bestimmen.1
1478
Für die Bemessung des Streitwerts einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Ausschließung eines Genossen ist, wenn in einer solchen Klage die Geltendmachung eines vermögensrechtlichen Anspruches erblickt wird, lediglich der wirtschaftliche Wert maßgebend, den ein Anteil an der Genossenschaft für jeden Genossen hat, also der Vorteil, den die Mitgliedschaft als solche für den Einzelnen mit sich bringt.2 Hält ein Genosse mehrere Anteile, dann erhöht sich der Streitwert entsprechend.
1479
V. Idealverein Der Streit um die Wirksamkeit des Ausschlusses eines Mitgliedes aus einem Idealverein wird zumeist im Wege der Feststellungsklage des Mitglieds oder des Vereins vor Gericht ausgetragen. Es handelt sich dabei um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit.
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Der Streitwert einer solchen Klage ist nach § 48 Abs. 2 GKG nach den gesamten 1481 Umständen des Falles festzusetzen.3 Dies mag im Einzelfall einen nicht unerheblichen Begründungaufwand erfordern, ist aber der pauschalen Festsetzung4 auf jeden Fall vorzuziehen. Zu berücksichtigen sind bei der Festsetzung nicht nur das Affektionsinteresse des Mitglieds, sondern auch mögliche wirtschaftliche Vorund Nachteile der Mitgliedschaft, beispielsweise eine persönliche Haftung als nicht entlastetes Vorstandsmitglied, die Mitgliedschaft als (im Ausnahmefall gegebene) Voraussetzung für die Teilnahme am Wirtschaftsleben etc.5
Û
Beispiel: Das OLG Koblenz hat die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Ausschlusses aus einem Idealverein („Porsche-Club“) mit (umgerechnet) 2000 Euro bewertet.6 Im einstweiligen Verfügungsverfahren hat das OLG Köln7 die Wirksamkeit des Ausschlusses aus einem Verein mit (umgerechnet) 500 Euro bewertet.
Wenn allerdings hinreichende Anhaltspunkte für eine Schätzung fehlen, sollten die Gerichte nicht mit Begründungshülsen scheinbar genaue Werte festsetzen, sondern sich am Regelwert des § 52 Abs. 2 GKG bzw. § 23 Abs. 3 RVG (derzeit 5000 Euro) orientieren.
1 2 3 4 5 6 7
RGZ 163, 202; OLG Celle, JurBüro 1961, 455. OGH, Rpfleger 1948/49, 469; Hartmann, KostG, Anh. I § 48 GKG Rn. 60. OLG Frankfurt, Rpfleger 1966, 25. Vgl. KG, KostRsp. GKG a.F. § 14 C Nr. 10: in aller Regel unter (umgerechnet) 1500 Euro. OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.7.2003 – 9 W 13/03, JurBüro 2003, 644. OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1989 – 5 W 374/89, JurBüro 1990, 1034. OLG Köln, Beschl. v. 5.10.1983 – 2 W 87/83, MDR 1984, 153.
Kurpat
235
1482
ZPO
Ausschließung
VI. Erbengemeinschaft 1483
Innerhalb einer Erbengemeinschaft kommt der Ausschluss eines Miterben wegen Erbunwürdigkeit (§ 2339 BGB) in Betracht. Die Erbunwürdigkeit wird gem. §§ 2340 Abs. 1, 2342 BGB durch Erhebung einer Anfechtungsklage mit dem Ziel geltend gemacht, dass der Anfall der Erbschaft als nicht erfolgt gilt.
1484
Seit der Entscheidung des BGH vom 20.10.19691 bemisst die Rechtsprechung den Streitwert gem. § 3 ZPO. Entscheidend sei dabei die Beteiligung des Beklagten am Nachlass und der ihm drohenden finanziellen Einbuße durch die Erbunwürdigkeitserklärung.2 Dies wird damit begründet, dass ein solcher Bewertungsmodus dem Beklagten unter Umständen einen Rechtsmittelweg eröffnet, der nicht gegeben wäre, wenn lediglich auf den Vorteil des Klägers abgestellt würde, der bei einer mehr als zwei Personen umfassenden Erbengemeinschaft geringer als der umstrittene Anteil des Beklagten sein kann.3 Nach anderer Ansicht4 ist für die Bestimmung des Streitwertes nur der vom Kläger erstrebte Vorteil maßgeblich, der sich aus der beantragten Ausschließung des Beklagten aus der Erbengemeinschaft ergibt.
1485
Die Vertreter der ersten Meinung verkennen den Unterschied zwischen Streitwert und Beschwer: Für den Streitwert als Grundlage der Zuständigkeitsbestimmung und der Gebührenberechnung ist bei der Schätzung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG das Interesse des Klägers am Rechtsstreit maßgeblich. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei der Erbunwürdigkeitsklage um eine Gestaltungsklage handelt, die nicht nur die wirtschaftliche Position des Klägers, sondern auch die Stellung des Beklagten als Erbe bzw. Mitglied der Erbengemeinschaft unmittelbar zum Gegenstand hat. Für die Wertfestsetzung ist daher entscheidend, welchen erbrechtlichen Vorteil der Kläger mit dem Wegfall des Beklagten als Erbe bzw. aus der Erbengemeinschaft anstrebt. Diese Bewertung versperrt dem Beklagten auch kein sonst gegebenes Rechtsmittel. Denn bei Bestimmung der Beschwer des Beklagten ist seine Belastung durch die angefochtene Entscheidung maßgeblich (vgl. das Stichwort „Rechtsmittel“).
1486
Hat die Ausschlussklage gegen einen Erben das Ziel, ein Nachlassgrundstück vom Beklagten herauszuverlangen, wurde der Streitwert früher gem. § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem vollen Wert des Nachlasses5 bzw. nach dem vom Kläger durch erbrechtliche Besserstellung erstrebten Vorteil bemessen.6
1487
Der Streitwert in einem auf Auseinandersetzung einer zweigliedrigen Erbengemeinschaft gerichteten Rechtsstreit ist bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf die Punkte zu beschränken, die zwischen den Parteien streitig sind.7
1 BGH, Beschl. v. 20.10.1969 – III ZR 208/67, MDR 1970, 124. 2 OLG Frankfurt, JurBüro 1971, 540; OLG Koblenz, Beschl. v. 11.12.1996 – 14 W 739/96, MDR 1997, 693. 3 Vgl. dazu Schneider, MDR 1972, 278. 4 Hartmann, KostG, Anh. I § 48 GKG Rn. 42; so auch für den Fall der Erbauseinandersetzung OLG Celle, Beschl. v. 23.3.2001 – 22 W 21/01, OLGR 2001, 142. 5 Vgl. OLG Hamburg, Rpfleger 1951, 570; OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 219. 6 BGH, LM § 3 Nr. 16; Speckmann, MDR 1972, 908. 7 BGH, Beschl. v. 24.4.1975 – III ZR 173/72, MDR 1975, 741; OLG Bremen, Beschl. v. 16.9.2003 – 2 U 27/03, RVG-Berater 2004, 126; zu den Einzelheiten vgl. das Stichwort „Miterbe“.
236
Kurpat
Aussetzung
VII. Gemeinschaft Siehe dazu die Stichwörter „Aufhebung von Gemeinschaften“ und „Wohnungseigentum“, Rn. 6319 ff.
1488
Ausschlussurteil Mit der Aufnahme von Beschränkungen und Vorbehalten im Ausschlussurteil wird nicht entschieden, ob die geltend gemachten bzw. behaupteten materiellen Rechte des Anmeldenden gegenüber dem Antragsteller bestehen. Dies war nach altem Recht über die Anfechtungsklage (§ 957 ZPO) dem ordentlichen Zivilverfahren und ist nunmehr über die fristgebundene Beschwerde (§ 58 FamFG) dem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorbehalten1.
1489
Siehe auch das Stichwort „Aufgebotsverfahren“ zum alten Recht im ZPO-Teil und zum neuen Recht das Stichwort „Aufgebotssachen“ im FamFG-Teil.
1490
Aussetzung Literatur: N. Schneider, AGS 2003, 82.
Die Aussetzung eines Rechtsstreits dient der Entscheidungsharmonie und der sachlich gebotenen Berücksichtigung außerprozessualer Vorgänge bei der Urteilsfindung.2 Anordnung und Ablehnung der Aussetzung unterliegen der sofortigen Beschwerde, § 252 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung steht die Aussetzung in der Regel nicht entgegen.3
1491
Der Streitwert für ein Verfahren über einen Aussetzungsantrag entspricht nicht dem Streitwert des Hauptverfahrens.4 Gegen eine Heranziehung des Streitwerts der Hauptsache spricht bereits, dass mit der Aussetzung keine inhaltliche Ausgestaltung der Sachentscheidung, sondern nur deren Aufschub begehrt wird. Maßgeblich ist vielmehr das nach § 3 ZPO zu schätzende Interesse der antragstellenden Partei an einer Aussetzung, das gilt sowohl für eine Aussetzung nach § 148 ZPO,5 nach § 149 ZPO6 als auch nach § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG.7
1492
Dieser Maßstab gilt auch für die Bestimmung des Beschwerdewertes,8 ferner für die Bewertung der gesetzlich nicht geregelten Untätigkeitsbeschwerde.9
1493
1 OLG Thüringen, Beschl. v. 27.5.2013 – 9 W 197/13. 2 Zöller/Greger, § 148 Rn. 1. 3 BGH, Beschl. v. 20.3.2014 – IX ZB 288/11, MDR 2014, 566 = AGS 2014, 246; Beschl. v. 8.11.1999 – II ZB 1/99, MDR 2000, 168 = NJW 2000, 1199; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.7.2006 – 2 W 30/06. 4 So noch OLG Hamm, NJW 1971, 273. 5 BGHZ 22, 283; OLG Nürnberg, JurBüro 1963, 56. 6 OLG Koblenz, Beschl. v. 23.2.1973 – 6a W 78/73, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 317. 7 OLG Dresden, Beschl. v. 22.4.2003 – 10 UF 660/01, FamRZ 2004, 34. 8 BGHZ 22, 283; KG, Beschl. v. 23.2.2001 – 21 W 1336/00, AGS 2003, 81 mit Anm. N. Schneider; OLG Hamburg v. 30.11.2001 – 12 W 23/01, MDR 2002, 479; OLG Köln v. 23.11.1981 – 6 W 65/81, WRP 1982, 236; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aussetzung“ Rn. 2. 9 Vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.9.2008 – 5 W 46/08, BauR 2009, 1933 mit einem nicht näher begründeten Ansatz von 1/5 der Klageforderung; OLG Rostock, Beschl. v. 4.9.2009 – 3 W 74/09, OLGR 2009, 959: 1000 Euro.
Kurpat
237
Aussonderung
ZPO
1494
Nach ganz überwiegender Ansicht ist eine Bruchteilsbewertung von 1/5 in Ansatz zu bringen.1 Dem ist als Regelbewertung zuzustimmen, die Bewertung entspricht derjenigen für den Streit über eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung (s. das Stichwort „Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung“) und über die Aufnahme eines ruhenden Verfahrens (s. das Stichwort „Verfahrensruhe“). Besondere Umstände eines Einzelfalles können jedoch zu einer Bruchteilserhöhung oder -ermäßigung Anlass geben.2 Hierzu dürfte jedoch nicht ausreichen, dass der Beklagte einer Aussetzung unter Hinweis auf eine Entscheidungsreife des Rechtsstreits widerspricht.3 Anders kann es liegen, wenn der Kläger die Glaubwürdigkeit der prozessentscheidenden Aussage des Beklagten durch ein Strafverfahren erschüttern will und den Rechtsstreit bis zu dessen Beendigung ausgesetzt haben will.4 Wird die Aussetzung oder das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf schwebende Musterprozesse begehrt, kann auch auf die Ersparnis von Aufwendungen und der Entlastung vom Prozesskostenrisiko abgestellt werden.5 Für die Bewertung eines Streits über die Aussetzung eines Verletzungsrechtsstreits bis zur Entscheidung eines Streits über die Rechteinhaberschaft kann auch auf die mit der Aussetzung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile abgestellt werden.6
1495
Auch für einen Antrag auf zeitweilige Aussetzung der Zwangsvollstreckung bemisst sich der Streitwert nicht gem. § 6 ZPO nach dem Betrag der Vollstreckungsforderung, wie vom OLG München7 angenommen wird, sondern nach § 3 ZPO. Er ist also frei zu schätzen, ohne dass hierbei von der Höhe der Gebühren auf die Höhe des Streitwertes geschlossen werden kann.8
Aussonderung 1496
Die Streitwertbestimmung bei Klagen von Aussonderungsberechtigten (§§ 47 ff. InsO) und Massegläubigern (§ 53 InsO) hinsichtlich eines dem Schuldner nicht gehörenden Gegenstands aus der Insolvenzmasse aufgrund eines dinglichen oder persönlichen Rechts richtet sich nicht nach § 182 InsO, sondern nach § 6 ZPO,
1 OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.10.1995 – 10 UF 61/95, FamRZ 1996, 496; OLG Celle, Beschl. v. 7.1.2003 – 20 W 31/02; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.1.2013 – 2 W 1/13 – für Aussetzung eines Patentrechtsstreits; Beschl. v. 25.4.2002 – 20 W 31/02, InstGE 2, 229; Beschl. v. 2.12.1992 – 18 W 58/92, OLGR 1993, 110; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.11.2001 – 12 W 23/91, MDR 2002, 479; OLG Koblenz, Beschl. v. 24.10.2005 – 5 W 656/05, MDR 2006, 289 = AGS 2005, 560; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.8.2012 – 8 W 48/12, IPRspr 2012, Nr. 194, 445; BayVGH, AGS 2002, 58; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.2.2004 – 11 S 46/04; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Aussetzung“ Rn. 1; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Aussetzungsbeschluss“; abweichend OLG Jena, Beschl. v. 2.3.2001 – 2 W 53/01, OLG-NL 2001, 238: 1/10; OLG Koblenz, Beschl. v. 23.2.1973 – 6a W 78/73, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 317: 1/10; OLG Nürnberg, Beschl. v. 3.7.1970 – 3 W 18/70, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 254: 1/3; einschränkend Thomas/Putzo/Hüßtege, § 3 ZPO Rn. 24: höchstens 1/3. 2 OLG Köln, MDR 1973, 683. 3 So aber OLG Hamm, OLGR 1997, 354 und Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Aussetzungsbeschluss“: dann 1/2. 4 OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.3.1965 – 2 W 87/64, KostRsp. ZPO, § 3 Nr. 129. 5 So für das finanzgerichtliche Verfahren BFH, Beschl. v. 18.11.1970 – I B 29-31/70, BB 1971, 598: hier Bruchteilsbewertung mit 1/20. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.1.2013 – 2 W 1/13. 7 OLG München, NJW 1953, 1716. 8 OLG Köln, Rpfleger 1976, 138.
238
Kurpat
Automatenaufstellvertrag § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.1 Maßgeblich ist die Höhe der Forderung oder der geringere Wert des Gegenstandes, an dem das persönliche oder dingliche Recht geltend gemacht wird.2 Das gilt in gleicher Weise, wenn das Aussonderungsrecht Gegenstand wechselseitiger Feststellungsklagen ist.3 Die Bewertung der Aussonderungsansprüche ist demgemäß so vorzunehmen, dass die konkret verfolgten Rechte entsprechend dem Klageantrag nach den jeweils einschlägigen Bewertungsregeln zu bemessen sind, wobei es sich meist um materiell-rechtliche Ansprüche nach § 985 BGB handelt.
1497
Für die Klagen der Massegläubiger gilt dies selbst dann, wenn unsicher ist, ob die Masse zur Deckung ausreicht.4 Jedoch ist der Nominalbetrag der Forderung eines Massegläubigers dann nicht anzusetzen, wenn der Insolvenzverwalter sich ausdrücklich auf Masseunzulänglichkeit beruft und der Kläger zum Feststellungsantrag auf Bestehen einer bezifferten Masseforderung übergeht.5
1498
Automatenaufstellvertrag A. Zuständigkeitsstreitwert Wird eine bezifferte Forderung geltend gemacht, ist ihr Wert maßgebend (§ 3 ZPO). Ist das Rechtsverhältnis selbst Streitgegenstand, etwa bei einer Klage auf Feststellung des Rechts zur Aufstellung von Automaten oder auf Unterlassung, dieses Recht zu beeinträchtigen, dann ist von den voraussichtlichen Gewinnen des Automatenaufstellers der restlichen behaupteten Vertragslaufzeit auszugehen. Dieser hat, um seiner Pflicht zur Wertangabe nach § 253 Abs. 2 ZPO nachzukommen, eine Berechnung darzulegen. Wird auf Feststellung geklagt, dass ein Vertragsverhältnis nicht (mehr) bestehe, ist das Interesse des Klägers zu schätzen.
1499
B. Gebührenstreitwert Das Rechtsverhältnis, aufgrund dessen Automaten in einen Gaststättenbetrieb eingegliedert werden (Automatenaufstellvertrag), ist kein der Miete oder der Pacht ähnliches Nutzungsverhältnis i.S.d. § 41 GKG. Dem Aufsteller geht es nicht um Rechte an einer Fläche oder an einem Raum, sondern um den Einsatz seines Automaten; der Gastwirt wiederum will nicht Fläche oder Raum vermieten, sondern sich am Einspielgewinn beteiligen.6
1500
Beim üblichen Automatenaufstellvertrag handelt es sich um ein Rechtsverhältnis, bei dem für beide Vertragspartner die Gewinnzuteilung im Vordergrund steht. Der Automat wird damit dem Gastwirt nicht etwa zur Nutzung i.S.v. § 41 GKG überlassen, sodass eine Beschränkung des Streitwerts auf höchstens einen Jahresbetrag nicht stattfindet.7
1501
1 BGH, Beschl. v. 3.2.1988 – VIII ZR 276/87, NJW-RR 1988, 690; Schneider, MDR 1974, 101. 2 OLG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27.5.2009 – 5 U 36/09, ZInsO 2009, 1448. 3 OLG Frankfurt, Urt. v. 11.2.2010 – 16 U 176/09, ZIP 2010, 437. 4 OLG Frankfurt, OLGE 31, 6. 5 BGH, Beschl. v. 3.2.1988 – VIII ZR 276/87, NJW-RR 1988, 690 zur Revisionsbeschwer. 6 Siehe dazu BGH, Urt. v. 22.3.1967 – VIII ZR 10/65, BGHZ 47, 202 ff. 7 OLG Koblenz, Beschl. v. 18.6.1980 – 14 W 212/80, JurBüro 1980, 1861.
Kurpat/N. Schneider
239
ZPO
Bauhandwerkersicherungshypothek 1502
Deshalb ist der Streitwert mangels einer speziellen Vorschrift nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO zu schätzen.
1503
Bewertungsschwierigkeiten ergeben sich selten, weil der Automatenaufsteller in der Regel bezifferte Leistungsklage wegen Schadensersatzes oder entgangenen Gewinns erhebt, sodass sich der Streitwert nach § 3 ZPO richtet und gleich der Höhe der Forderung ist.
1504
Wird auf Feststellung des Rechts zur Aufstellung von Automaten oder auf Unterlassung, dieses Recht zu beeinträchtigen, geklagt, dann ist von den voraussichtlichen Gewinnen des Automatenaufstellers auszugehen. Dieser hat, um seiner Pflicht zur Wertangabe nach § 61 GKG nachzukommen, eine Berechnung darzulegen. Diese muss wenigstens so substantiiert sein, dass eine nachvollziehbare Schätzung nach § 64 GKG möglich ist.
Bauhandwerkersicherungshypothek 1505
Bei einer Klage auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek (§ 648 BGB) richtet sich der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG. Auszugehen ist bei der Schätzung vom Wert der zu sichernden Forderung.1 Kosten bleiben gem. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG unberücksichtigt.2 Maßgebend ist das Interesse des Gläubigers im Zeitpunkt der Antragstellung.3
1506
Wird die Eintragung einer Vormerkung verlangt, sind die wichtigsten Bemessungsfaktoren neben der Höhe der zu sichernden Forderung die Dringlichkeit des Sicherungsinteresses und die Rangwahrung einer Vormerkung. Als Bruchteil wird hier meist ein Bruchteil von 1/4 bis 1/3 der erstrebten Sicherungshypothek angesetzt.4
1507
Zur Eintragung einer Vormerkung aufgrund einer einstweiligen Verfügung gem. §§ 648, 885 BGB5 s. das Stichwort „Einstweilige Verfügung“. Zur Löschung einer bereits eingetragenen Vormerkung vgl. das Stichwort „Löschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslöschung“.
1508
Streitig ist die Wertbestimmung, wenn die Klage auf Zahlung des Werklohns mit einer Klage auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek6 verbunden wird: – Nach einer Meinung erhöht dieser zusätzliche Antrag den Streitwert nicht. Es ist lediglich auf die Höhe der Werklohnforderung abzustellen. Da der Sicherungsanspruch nur aus dem Leistungsanspruch folgt, sind beide auf dasselbe Interesse ausgerichtet und verfolgen beide den Zweck, die Befriedigung des
1 OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.2.2012 – 10 W 5/12, JurBüro 2013, 27 für die Bauhandwerkersicherung nach § 648a BGB; OLG Frankfurt, JurBüro 1977, 1136. 2 LG Tübingen, Beschl. v. 23.6.1983 – 2 O 11/83, BauR 1984, 309. 3 LG Frankfurt, AnwBl. 1983, 556. 4 OLG Bremen, Beschl. v. 22.12.1980 – 2 W 101/80, JurBüro 1982, 1052; OLG Düsseldorf, JurBüro 1975, 649; OLG Frankfurt, JurBüro 1977, 719; LG Leipzig, JurBüro 1995, 26; vgl. auch OLG Saarbrücken, JurBüro 1987, 1218: 1/2 der Forderung einschl. der Kostenpauschale. 5 OLG Köln, Beschl. v. 25.11.2011 – 11 U 128/11, – Bruchteil (1/3) der zu sichernden Forderung. 6 Für die Sicherheitsleistung gem. § 648a BGB offenlassend: OLG Brandenburg, Beschl. v. 22.2.2012 – 4 W 34/11, BauR 2012, 997.
240
N. Schneider/Kurpat
Baulandverfahren Gläubigers zu bewirken. Es handelt sich um einen Anwendungsfall des Additionsverbotes wegen wirtschaftlicher Identität.1 – Die Gegenmeinung2 stellt darauf ab, dass die wirtschaftliche und rechtliche Abhängigkeit des Sicherungs- vom Forderungsanspruch keine Identität der beiden Ansprüche bedeutet, da durchaus unterschiedliche Entscheidungen über sie ergehen könnten. Bereits dies mache deutlich, dass für beide Ansprüche eigenständige Streitwerte anzusetzen und diese nach § 5 ZPO zusammenzurechnen seien, wobei allerdings das OLG München3 den Wert für die Sicherungshypothek auf den vollen Forderungsbetrag festsetzt, während das OLG Düsseldorf4 und das OLG Hamm5 diese nur mit 1/5 des Forderungsbetrags berücksichtigen.
Baulandverfahren A. Einleitung Das Verfahren in Baulandsachen fällt in den Aufgabenbereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Bei den Landgerichten und den Oberlandesgerichten werden besondere Baulandkammern und Baulandsenate gebildet, denen zwei Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit und ein Verwaltungsrichter angehören; im Revisionsverfahren gibt es keine besondere Besetzung (vgl. §§ 220, 229, 230 BauGB). Nach § 221 Abs. 1 BauGB gelten für Streitigkeiten in Baulandsachen die Vorschriften für Klagen in Bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten entsprechend.
1509
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Bei der Bestimmung des Zuständigkeits- und Gebührenstreitwerts ist darauf abzustellen, welches Ziel der Kläger mit seiner Klage verfolgt. Anhand dieses Klageantrages sind die Regelungen zur Streitwertberechnung zu bestimmen.
1510
I. Geldentschädigung Wird mit der Klage eine bezifferte Geldentschädigung verlangt, dann ist für den Streitwert der geforderte Betrag oder der Mehrbetrag gegenüber der bereits bewilligten Summe maßgebend (§ 6 Satz 1 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG). Bei unbezif-
1 KG, Beschl. v. 12.9.1997 – 4 W 1583/97, BauR 1998, 829; OLG Dresden, Beschl. v. 22.11.2013 – 10 W 1107/13, BauR 2014, 1352; OLG Koblenz, Beschl. v. 12.2.2008 – 6 W 1/08; OLG Nürnberg, Beschl. v. 2.7.2003 – 6 W 2019/03, JurBüro 2003, 594; OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.9.2002 – 12 W 42/02, BauR 2003, 131; OLG Jena, Beschl. v. 18.2.2010 – 5 W 341/09, IBR 2010, 370. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.6.2012 – 23 W 30/12; Beschl. v. 2.12.2008 – 5 W 48/08, BauR 2009, 1009; OLG Hamburg, Beschl. v. 15.1.2001 – 9 W 101/00, OLGR 2001, 217; OLG Hamm, Beschl. v. 9.6.2011 – 24 U 147/08, BauR 2011, 1546; OLG München, Beschl. v. 27.9.1999 – 28 W 2150/99, BauR 2000, 927. 3 OLG München, Beschl. v. 27.9.1999 – 28 W 2150/99, BauR 2000, 927. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.1996 – 23 W 19/96, OLGR 1997, 136. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 9.6.2011 – 24 U 147/08, BauR 2011, 1546 – bei vorangegangener rangwahrender Vormerkung, ansonsten 1/3.
Kurpat/Noethen
241
1511
ZPO
Baulandverfahren ferten Anträgen auf Zahlung einer Entschädigung gelten auch in Baulandsachen die allgemeinen Bemessungsregeln.1 1512
Der Streitwert einer unbezifferten Leistungsklage bemisst sich nach dem Betrag, der sich als angemessene Entschädigung des Klägers ergibt, wenn von dessen Tatsachenbehauptungen über das den Entschädigungsanspruch auslösende Geschehen und über den Umfang des entstandenen und zu ersetzenden Schadens ausgegangen wird.2
1513
Etwa im Klageantrag bezifferte Mindest- oder Höchstbeträge stellen in jedem Fall die äußerste untere oder obere Grenze für den Streitwert dar. Ausnahmsweise ist der unbezifferte Leistungsantrag in Baulandsachen dann nicht nach den in der Antragsbegründung genannten Höchstbeträgen anzusetzen, wenn sich aus einer vom Antragsteller beigefügten Wirtschaftlichkeitsberechnung eines Architekten ergibt, dass der Zahlenvorschlag nicht als Entschädigungssumme angestrebt sein kann, sondern die Bezifferung lediglich von einem Höchstschaden ausgeht, um an dessen Hand die angemessene und erstrebte Entschädigung zu berechnen.3
1514
Erledigt sich ein unbezifferter Leistungsantrag ohne gerichtliche Entscheidung, dann ist der Streitwert ebenfalls nur nach den Tatsachenbehauptungen des Antragstellers zu bemessen.4
II. Enteignung 1515
Bei gerichtlichem Vorgehen im Zuge eines Enteignungsverfahrens (§§ 85 ff. BauGB) richtet sich der Streitwert nach dem objektiven Verkehrswert des von der Enteignung betroffenen Grundstücks (§ 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG).5 Auch der Streitwert eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung, der die Behörde zur Einleitung eines Enteignungsverfahrens verpflichten soll, wird durch den Wert des Grundstücks bestimmt, das enteignet werden soll.6 Denn der Streit, ob der Eigentümer sein Eigentum im Wege der Enteignung hergeben muss, steht einem Streit, der eine Klage auf Auflassung zum Gegenstand hat, so nahe, dass hier nach § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG bemessen werden muss.
1516
Nach dem OLG Bremen7 richtet sich der Streitwert eines Antrages auf Aufhebung des Enteignungsbeschlusses auch dann nach dem objektiven Verkehrswert des betreffenden Grundstückes, wenn der Eigentümer vorträgt, die Entschädigung sei zu niedrig. Ein höherer Wert komme nur in Betracht, wenn der Kläger hilfsweise eine höhere Entschädigung beantrage. Diese Entscheidung ist jedoch bedenklich.8 Wenn der Kläger in der Klagebegründung ausführt, die Entschädigung sei zu niedrig berechnet, weil der Verkehrswert des Grundstückes zu gering angesetzt werde, dann kann nicht einfach von dem Betrag ausgegangen werden, den die Enteignungsbehörde festgesetzt hat. Vielmehr muss für den Gebührenstreitwert den Angaben des Klägers gefolgt oder gem. § 64 GKG ein Wertgutachten eingeholt werden.
1 2 3 4 5 6 7 8
Vgl. OLG Köln, JurBüro 1970, 606; OLG München, Rpfleger 1968, 361. Vgl. zu den Einzelheiten das Stichwort „Unbezifferte Anträge“. OLG Köln, JurBüro 1971, 85. OLG Köln, JurBüro 1970, 606. BGHZ 50, 291. BGH, Beschl. v. 28.9.1967 – III ZR 164/66, NJW 1968, 153. OLG Bremen, Beschl. v. 7.12.1984 – W (B) 1/84 (a), JurBüro 1985, 764. Vgl. Anm. Schneider zu OLG Bremen, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 750.
242
Noethen
Baulandverfahren Bei der enteignenden Belastung eines Grundstückes mit einer beschränkt persönlichen Leitungsdienstbarkeit ist die Beschwer gleich der Differenz der Verkehrswerte des Grundstücks ohne Belastung und mit Belastung.1
1517
III. Umlegung In Umlegungssachen (§§ 45 ff. BauGB) ist hinsichtlich der Streitwertbestimmung zu differenzieren:
1518
1. Enteignungsgleicher Eingriff Geht es dem Antragsteller nicht in erster Linie um die Zuweisung von Ersatzland im Tauschverfahren oder um eine höhere Geldentschädigung, sondern steht der Verlust einer Grundstücksfläche im Vordergrund, so dass der Streitfall enteignungsähnliche Züge trägt, ist der Streitwert entsprechend § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem objektiven Verkehrswert des eingebrachten Grundstücks zu bemessen.2
1519
2. Anfechtung des Umlegungsplans Geht es dagegen um die Rechtmäßigkeit der Umlegung dem Grunde nach, also etwa darum, ob und auf welche Weise ein Grundstück in die Umlegung einbezogen werden darf oder nicht, dann ist der Streitwert gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach freiem Ermessen zu schätzen.3 Der Tendenz der Verwaltungsgerichte, solche Sachverhalte als nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten einzuordnen, um den Streitwert möglichst niedrig halten zu können,4 ist von den Zivilgerichten mit Recht nicht nachgegeben worden.
1520
Auch die Schätzung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG kann zunächst vom objektiven5 Verkehrswert des von der Umlegung betroffenen Grundstücks ausgehen. Sinn der Umlegung ist es aber nicht, das Eigentum an den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken zu nehmen, sondern nur zu verändern und das Eigentum in veränderter Form fortsetzen zu lassen.6 Angestrebt wird im Regelfall eine Neuordnung wie im Tauschverfahren. Insofern wird bei Verfahren, mit welchen beispielsweise die Einbeziehung von Grundstücken in den Umlegungsplan angefochten oder die Zuweisung einer anderen Ersatzfläche angestrebt wird, nur ein Bruchteil des Grundstückswertes als Streitwert angesetzt.
1521
Als Grundsatz gilt hier Folgendes: – Der Streitwert im Umlegungsverfahren beträgt im Regelfall 20 % der vom Umlegungsplan erfassten dinglichen Rechte des Antragstellers, wenn dieser sich nicht gegen die Umlegung als solche wendet, sondern lediglich ein für sich günstigeres Ergebnis der Umlegung erreichen will.7
1522
1 BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 821. 2 OLG Bamberg, Beschl. v. 29.5.1998 – 9 BAU W 6/98, JurBüro 1998, 542; OLG Düsseldorf, KostRsp. BauG §§ 161, 168 Nr. 6. 3 BGH, Beschl. v. 22.2.1968 – III ZR 140/66, BGHZ 49, 319; BGH, Beschl. v. 13.2.1969 – III ZR 123/68, BGHZ 51, 341; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.3.2006 – 21 U 1/05, JurBüro 2006, 538; OLG Hamburg, NJW 1965, 2404. 4 Vgl. Gelzer, DVBl. 1962, 888, 890. 5 BGH, KostRsp. BBauG §§ 161, 168 Nr. 4. 6 BGH, Beschl. v. 1.12.1977 – III ZR 139/77, MDR 1978, 648. 7 BGH, Beschl. v. 27.1.2012 – III ZR 119/10; OLG München, JurBüro 1971, 881.
Noethen
243
Baulandverfahren
ZPO
– Der Streitwert ist allerdings geringer als mit 20 % des objektiven Grundstückswertes festzulegen, wenn das Begehren des Antragstellers wertmäßig noch unter 20 % seiner von der Umlegung betroffenen Rechte liegt.1 – Eine Ausnahme von der Bruchteilsbewertung gilt dann, wenn mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Zuteilung weiteren Grundbesitzes erstrebt wird. Dann kann mindestens der volle Verkehrswert des zusätzlich begehrten Grundstücks angesetzt werden.2 1523
In der Rechtsprechung sind zur Anfechtung von Umlegungsverfahren folgende Fälle entschieden worden: Geht es dem Antragsteller nur darum, Erschwernisse bei der Zufahrt zu seinem Grundstück zu vermeiden, dann kann der Wert mit 10 % der in die Umlegung einbezogenen Fläche angesetzt werden.3 Wird die Herausnahme eines Grundstücks aus der Umlegung angestrebt, so wird überwiegend ein Bruchteil von 20 % des objektiven Grundstückswertes angesetzt.4 Das OLG Celle5 setzt 20 % bis 33 % des Verkehrswertes an.
1524
Das Rechtsschutzinteresse eines an der Umlegung beteiligten Grundstückspächters kann nicht in Anlehnung an den Grundstückswert, sondern lediglich in Anlehnung an den Wert des Nutzungsrechtes bemessen werden. Für Miet- und Pachtverträge sieht § 41 GKG eine Bewertung in Höhe des einjährigen Entgelts vor. Sofern die Umlegung nicht zur Aufhebung, sondern lediglich zur Umgestaltung des Nutzungsrechtes führt (§ 61 BauGB), kommt sogar noch ein Abschlag hiervon in Betracht.6
1525
Die Beanstandung des Umlegungsplanes mit dem Ziel, das zugewiesene Grundstück gegen ein anderes zu tauschen, damit eine nachteilige Bebauung verhindert werde, ist ebenfalls nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bewerten. Maßgebend ist das Interesse daran, weiterhin ohne Nachbarn zu wohnen. Das OLG Bamberg7 hat den Wert in einer früheren Entscheidung mit mehr als 20 % des Grundstücksverkehrswertes bemessen. Diese Bewertung erscheint zu hoch und ist auch kaum mit der Rechtsprechung zu vereinbaren, wonach sogar die Abwehr des Umlegungsplanes mit dem Ziel, das eigene Grundstück ganz aus der Umlegung herauszuhalten, lediglich mit 20 % des Verkehrswertes beziffert wird.
1526
Ein Verfahren, mit welchem die Eigentümer mit ihrem Klagebegehren den beschleunigten Abschluss eines seit über elf Jahre andauernden Umlegungsverfahrens erstrebten, wurde mit 20 % des Wertes von Grund und Boden der eingeworfenen Fläche einschließlich vorhandener baulicher Anlagen, Anpflanzungen und sonstiger Einrichtungen bewertet.8
1 OLG München, JurBüro 1971, 888. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.3.2006 – 21 U 1/05, JurBüro 2006, 538 unter Bezugnahme auf BGH, Beschl. v. 15.12.1988 – III ZR 187/88. 3 OLG Karlsruhe, AnwBl. 1974, 353. 4 BGH, Beschl. v. 27.1.2012 – III ZR 119/10; BGH, Urt. v. 22.2.1968 – III ZR 140/66, BGHZ 49, 317; BGH, Beschl. v. 13.2.1969 – III ZR 123/68, BGHZ 51, 341; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.9.1983 – W 2/83, AnwBl. 1984, 202; OLG München, Beschl. v. 18.2.1993 – W 2/93 Bau, OLGR 1993, 240; OLG München, Beschl. v. 12.2.1993 – W 1/93 Bau, OLGR 1993, 187; OLG Bamberg, Beschl. v. 29.5.1998 – 9 BAU W 6/98, JurBüro 1998, 542; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.3.2006 – 21 U 1/05, JurBüro 2006, 538. 5 OLG Celle, Beschl. v. 12.10.1994 – 4 W (Baul) 175/94, OLGR 1995, 23. 6 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.2.2006 – 21 W 1/06, JurBüro 2006, 539. 7 OLG Bamberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 610 mit krit. Anm. Schneider; ebenfalls – allerdings eher am Rande – erfolgt der Ansatz von 20 % in der Entscheidung des OLG Bamberg v. 29.5.1998 – 9 BAU W 6/98, JurBüro 1998, 542. 8 BGH, Beschl. v. 1.12.1977 – III ZR 139/77, MDR 1978, 648.
244
Noethen
Baulandverfahren 3. Beteiligung mehrerer Grundstückseigentümer Das OLG Köln1 hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH bei Beteiligung mehrerer Grundstückseigentümer, die Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hatten, den Streitwert wie folgt bemessen: Die Werte der Grundstücke der beteiligten Antragsteller sind zunächst zusammengerechnet worden. Von der so ermittelten Wertsumme ist ein Betrag i.H.v. 20 % als Streitwert festgesetzt worden. Diese Berechnung hat auch der BGH gebilligt.2 Einstweilen frei.
1527
1528–1529
IV. Vereinfachte Umlegung Der Wert des Beschwerdegegenstandes einer Berufung oder Revision, die sich gegen die Zulässigkeit einer vereinfachten Umlegung (§§ 80 ff. BauGB) richtet, ist in entsprechender Anwendung von § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Wert der Teilfläche zu bestimmen, die der Rechtsmittelführer im Wege des Flächenaustausches oder einer einseitigen Zuteilung an einen anderen Eigentümer verlieren soll.3 Denn bei diesen Streitigkeiten geht es darum, ob der Eigentümer eine Teilfläche seines Grundstücks verliert.
1530
V. Vorzeitige Besitzeinweisung Der Streitwert für ein gerichtliches Verfahren über eine vorzeitige Besitzeinweisung (§§ 77, 116, 224 BauGB) ist (in entsprechender Anwendung des § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG) nach dem Interesse des Antragstellers zu bemessen, das gem. § 3 ZPO frei zu schätzen ist.4
1531
Zu dieser Schätzung werden in der Rechtsprechung unterschiedliche Ansichten vertreten: – Den Streitwert des Verfahrens über die Rechtmäßigkeit einer vorzeitigen Besitzeinweisung hat das LG Bayreuth5 mit 1/3 des Verkehrswerts der Fläche bewertet. – Das OLG Hamburg6 bestimmt den Wert dieses Interesses in der Regel mit 1/3 des Wertes der Fläche, auf die sich die Besitzeinweisung bezieht. – Das OLG Nürnberg7 geht ebenfalls vom Verkehrswert der am Verfahren beteiligten Grundstücke aus und hat hiervon 1/4 angesetzt.
1532
Mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des BGH zum Streitwert in Umlegungsver- 1533 fahren ist zweifelhaft, ob diese Bruchteilsbewertung überhaupt noch angewandt werden kann. Wenn schon das Umlegungsverfahren als solches nur mit 20 % des Grundstückswertes einschließlich vorhandener baulicher Anlagen bemessen werden darf, dann kann der Streitwert jedenfalls bei einer vorzeitigen Besitzeinweisung nicht höher, sondern sollte sogar niedriger bemessen werden. Der BGH8 hat 1 OLG Köln, JurBüro 1969, 1090. 2 BGH, Urt. v. 22.2.1968 – III ZR 140/66, BGHZ 49, 317 und damit zugleich eine vom OLG München vorgeschlagene Halbierung der einzelnen Streitwerte abgelehnt, vgl. OLG München, Beschl. v. 5.6.1967 – W 1/66, NJW 1967, 1666 sowie die 13. Auflage. 3 BGH, Urt. v. 1.7.1968 – III ZR 88/67, BGHZ 50, 291. 4 OLG Hamburg, Beschl. v. 5.6.1964 – 1 W 35/64, NJW 1965, 2404. 5 LG Bayreuth, Beschl. v. 12.11.1985 – O 10/85, JurBüro 1986, 586. 6 OLG Hamburg, Beschl. v. 5.6.1964 – 1 W 35/64, NJW 1965, 2404. 7 OLG Nürnberg, JurBüro 1965, 155. 8 BGH, Urt. v. 27.9.1973 – III ZR 131/71 NJW 1973, 2202; so auch OLG Köln, Rpfleger 1976, 140.
Noethen
245
Baulandverfahren
ZPO
sich auch in den Fällen der vorzeitigen Besitzeinweisung auf 20 % des Wertes des Gegenstandes, um dessen Besitz es geht, festgelegt.
VI. Aufschiebende Wirkung 1534
Nach § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtung aufschiebende Wirkung. Sie entfällt in den gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen. Dann besteht jedoch nach § 80 Abs. 5 VwGO die Möglichkeit, bereits vor Einleitung des Hauptverfahrens beim Gericht zu beantragen, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen, was in Baulandverfahren bei einer vorzeitigen Besitzeinweisung gem. § 224 BauGB relevant werden kann.
1535
Das OLG München1 hat den Antrag eines Mieters an die Kammer für Baulandsachen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung mit dem Wert der Nutzungen eines Jahres angesetzt. Der Senat hat die Bewertung mit dem einjährigen Mietzinsbetrag für solche Fälle als Regel erklärt. Er begründet dies mit entsprechender Anwendung des (jetzigen) § 41 Abs. 1 GKG.
1536
Nach dem LG Bayreuth2 ist der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen die vorzeitige Besitzeinweisung anzuordnen, in der Regel mit 1/3 des Streitwertes für das Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung zu beziffern, der Rechtmäßigkeitsstreit wiederum mit 1/3 des Verkehrswertes der Fläche. Richtigerweise dürften auch hier die Ausführungen zum Streitwert bei der Anfechtung einer vorzeitigen Besitzeinweisung gelten (Festsetzung auf nicht mehr als 20 % des Verkehrswerts, s.o. Rn. 1531 ff.).
1537
Hat ein Beteiligter gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, so sind Zwangsmaßnahmen zur Verschaffung des tatsächlichen Besitzes nur mit Zustimmung des Gerichts zulässig, bei dem die Sache anhängig ist. Der Streitwert einer sofortigen Beschwerde gegen eine Entscheidung auf Erteilung oder Verweigerung der gerichtlichen Zustimmung zu Zwangsmaßnahmen ist nach OLG Stuttgart3 in der Regel dem einer Beschwerde gegen die vorzeitige Besitzeinweisung selbst gleichzusetzen.
C. Rechtsmittel und Beschwer 1538
Der Wert des Beschwerdegegenstandes einer Berufung oder Revision, mit der ein Grundstückseigentümer die Regelung in einem Umlegungsplan aufgehoben sehen will, wonach hinsichtlich der von dem betreffenden Eigentümer eingeworfenen Grundstücksfläche zum Teil eine Landabgabe für Verkehrszwecke, zum Teil die Zuweisung einer anderen Grundstücksfläche sowie die Entrichtung von Ausgleichszahlungen stattfinden soll, ist mit 20 % des Wertes von Grund und Boden der eingeworfenen Fläche einschließlich vorhandener baulicher Anlagen, Anpflanzungen und sonstiger Einrichtungen zu bemessen.4
1 2 3 4
OLG München, JurBüro 1972, 52. LG Bayreuth, Beschl. v. 12.11.1985 – O 10/85, JurBüro 1986, 586. OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.4.1970 – 10 W (Baul.) 2/70, NJW 1970, 1693 (Ls.). BGH, Urt. v. 22.2.1968 – III ZR 140/66, BGHZ 49, 317; Beschl. v. 27.1.2012 – III ZR 119/10.
246
Noethen
Bausparvertrag
Bausparvertrag A. Einleitung Nach § 1 Abs. 2 des Bausparkassengesetzes (BauSparkG) erwirbt ein Bausparer mit einem Bausparvertrag nach Leistung von Bauspareinlagen einen Anspruch auf Gewährung eines verzinslichen Bauspardarlehens; der Bausparvertrag verbindet einen Sparvertrag mit einem Darlehensvertrag. Der Bausparer hat, wenn er einen Mindestbetrag (in der Regel 40 % der Bausparsumme) angespart und gewisse Wartezeiten erfüllt hat, einen Anspruch auf Auszahlung seines Sparguthabens und Gewährung des vereinbarten Bauspardarlehens (zusammen: Bausparsumme).1
1538a
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Gewährung des Bauspardarlehens Für eine Leistungsklage auf Auszahlung des bisher Angesparten ist der bezifferte Auszahlungsbetrag maßgebend. Wegen des Streitwerts einer Klage auf Gewährung des Bauspardarlehens (Abschluss des Bausparvertrages) kann zunächst auf die Ausführungen zum Stichwort „Darlehen“ verwiesen werden; maßgebend ist der gewünschte Darlehensbetrag (§ 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) ohne Zinsen. Die Möglichkeit zur Leistung von Einlagen und deren Verzinsung dürfte nur dann eine Rolle spielen, wenn der Kläger hieran wegen hoher Zinsen ein besonderes Interesse hat (§ 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG); eine Bewertung als Nebenforderung (§ 4 ZPO, 43 Abs. 1 GKG) kommt allerdings nicht in Betracht (vgl. hierzu das Stichwort „Zinsen“).
1538b
II. Kündigung des Bausparvertrages Nach vollständiger Ansparung der Bausparsumme kann ein Darlehen nicht mehr gewährt werden. Vielmehr kann die Bausparkasse den Bauparvertrag ordentlich kündigen,2 woran sie insbesondere dann ein Interesse haben wird, wenn dem Bausparer (hohe) Zinsen garantiert worden sind, die über dem aktuellen Zinsniveau liegen. Der Bausparer kann sich hiergegen mit einer (positiven) Feststellungsklage auf Fortbestand des Bauparvertrages wehren. Deren Streitwert bestimmt sich nach dem Interesse des Klägers, welches nicht auf Auszahlung des Angesparten, sondern vielmehr auf die (volle) Verzinsung gerichtet ist; zu berücksichtigen ist ferner ein Abschlag wegen des Feststellungsantrages (siehe hierzu das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2289 f.). Denkbar ist auch eine Klage auf zukünftige Leistung (ohne Abschlag). Anwendbar ist jeweils § 9 ZPO, weil es sich um wiederkehrende Leistungen aus einem einheitlichen Rechtsgrund in regelmäßigen Abständen handelt, bei denen nicht absehbar ist, wann sie wegfallen und die deswegen eine Dauer von 3 1/2 Jahren haben können;3 es handelt sich auch nicht um eine Zinsforderung mit ungewissem Erfüllungszeitpunkt.4 Siehe zu beidem aber auch unter dem Stichwort „Zinsen“, Rn. 6431.
1 MünchKomm.BGB/Berger, Vorb. § 488 BGB, Rn. 28. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.10.2013 – 19 U 106/13; OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.10.2011 – 9 U 151/11, WM 2013, 508. 3 Verneint für Verzugszinsen: BGH, Urt. v. 6.11.1961 – III ZR 143/60, NJW 1962, 583. 4 Siehe hierzu BGH, Urt. v. 25.6.1981 – III ZR 96/80, ZIP 1981, 1137.
Noethen
247
1538c
ZPO
Bearbeitungsgebhren
Bearbeitungsgebhren 1539
Werden Bearbeitungsgebühren zurückverlangt, weil der Kläger der Auffassung ist, diese seien vom Vertragspartner unter Verstoß gegen § 307 BGB erhoben worden,1 ist der volle Wert des verlangten Betrags maßgebend.
1540
Muss nach einem Schadensfall, insbesondere nach einem Verkehrsunfall, der Geschädigte mangels eigener Mittel einen Kredit aufnehmen, um die Unfallfolgen beheben zu lassen und macht er anschließend die Finanzierungskosten als Schadensersatz geltend, sind diese einschließlich eventueller Bearbeitungsgebühren bei der Streitwertbemessung zu berücksichtigen, da es sich um eigenständige Gegenstände handelt.2 Es handelt sich nicht um „Kosten“ i.S.d. Streitwertrechts (s. zu diesem Begriff das Stichwort „Nebenforderungen“, Rn. 4192 ff.). Unzutreffend ist die Auffassung des OLG Köln,3 das diese Kosten als Nebenforderung nach den § 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG nicht berücksichtigen will. Siehe auch das Stichwort „Inkassokosten“, Rn. 3176.
Bebauungsverpflichtung 1541
Eine Bebauungsverpflichtung findet sich in Grundstückskaufverträgen, wenn der Verkäufer sicherstellen will, dass das Grundstück überhaupt (innerhalb einer bestimmten Frist) bzw. auf eine bestimmte Art und Weise bebaut wird. Beispielsweise wird eine Gemeinde den Grundstückskäufern Bebauungsverpflichtungen auferlegen, wenn sie mit der Veräußerung des Grundstücks den Zweck verfolgt, einen Gewerbebetrieb anzusiedeln und dadurch ihr Steueraufkommen zu erhöhen oder wenn sie bei dem Grundstücksverkauf sicherstellen will, dass die Einheitlichkeit des Stadtbildes durch eine in etwa gleichzeitige Bebauung eines größeren Baugebiets gewährleistet wird. Ein privater Verkäufer kann beispielsweise das Interesse haben, eine ihm obliegende Bauverpflichtung an einen Grundstückserwerber weiterzugeben.
1542
Die Bewertung einer solchen Bebauungsverpflichtung spielt in erster Linie im Rahmen des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG) eine Rolle, nämlich bei der Frage, welcher Geschäftswert für den betreffenden Grundstückskaufvertrag anzusetzen ist, um die Kosten des Urkundsnotars zu berechnen.
1543
Zur Bewertung einer Bauverpflichtung, die der Erwerber eines Grundstücks gegenüber dem Veräußerer übernimmt, werden unterschiedliche Ansätze vertreten: – Nach einer Auffassung bot der von einer Gemeinde gewährte Preisnachlass gegenüber dem Verkehrswert des verkauften Grundstücks einen tatsächlichen Anhaltspunkt für eine von dem Regelwert des § 36 Abs. 3 GNotKG abweichende Schätzung des Werts.4 – Nach anderer Auffassung sollte der Geschäftswert einen Bruchteil der zu erwartenden Baukosten betragen.5
1 2 3 4
Siehe zuletzt BGH, Urt. v. 13.5.2014 – XI ZR 170/13, MDR 2014, 912. Siehe auch das Stichwort „Verkehrsunfallschadenregulierung“, Rn. 5656, 5662. OLG Köln, Beschl. v. 31.10.1993 – 2 W 21/73, JMBl.NW 1974, 46. LG Kassel, Beschl. v. 15.6.2012 – 3 OH 18/12: Anhaltspunkt; OLG Zweibrücken, JurBüro 1998, 202. 5 OLG Hamm, NVwZ-RR 2004, 814; Lappe, NotBZ 2005, 339; Wielgoss, JurBüro 2001, 520.
248
N. Schneider/Kurpat
Bedingte Rechte – Wiederum andere setzten einen Bruchteil des Kaufpreises oder des für den Fall der Nichteinhaltung der Bauverpflichtung vereinbarten Rückkaufpreises an.1 – Schließlich wurde die Auffassung vertreten, dass mangels anderer Anhaltspunkte als Geschäftswert der Bauverpflichtung der Regelwert des § 36 Abs. 3 GNotKG anzunehmen sei.2 Nach Ansicht des BGH3 ist der Geschäftswert nach dem Gesamtwert der Leistun- 1544 gen des Käufers bzw. nach dem (höheren) Verkehrswert des Grundstücks zu berechnen. Die Übernahme einer Bau- und Selbstnutzungsverpflichtung in einem Grundstückskaufvertrag stelle auch im Falle eines nur ideelen Interesses des Verkäufers eine vermögensrechtliche Angelegenheit i.S.v. § 36 Abs. 3 GNotKG dar. Gewähre der Verkäufer dem Käufer für die Übernahme einer Bau- und Selbstnutzungsverpflichtung einen Preisnachlass, so sei mangels anderer Anhaltspunkte die Differenz zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert des Grundstücks als Wert der übernommenen Verpflichtung anzusetzen. Entspreche der Kaufpreis dem Verkehrswert, so sei der Wert der Verpflichtung grundsätzlich mit einem prozentualen Anteil des Kaufpreises unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Für die Wertfestsetzung bedarf es keiner Unterscheidung zwischen der wesensgleichen ausdrücklich vereinbarten („positiven“) und stillschweigend vereinbarten („negativen“) Bauverpflichtung.4 Soweit die Bebauungsverpflichtung außerhalb des Bereichs des GNotKG zum Streitpunkt wird – also beispielsweise bei einer Klage des Veräußerers auf Erfüllung der Bebauungsverpflichtung oder auf Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen Nichterfüllung – ist zur Berechnung des Zuständigkeits- und Gebührenstreitwertes nach §§ 3, 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG auf den konkreten Klageantrag abzustellen.5
1545
Bedingte Rechte A. Aufschiebende Bedingung Bei bedingten Rechten ist nicht § 9 ZPO, sondern § 3 ZPO Bemessungsgrundlage.6
1546
Bei der Schätzung nach § 3 ZPO ist die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Voraussetzungen für die Entstehung des künftigen Anspruchs zu berücksichtigen.7
1547
1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.12.2005 – 14 Wx 47/04, JurBüro 2006, 149; LG Kassel, Beschl. v. 15.6.2012 – 3 OH 18/12: Anhaltspunkt; OLG Zweibrücken, FGPrax 1999, 76; BayObLG, MittBayNot 1993, 226; OLG Celle, Beschl. v. 14.3.1995 – 8 W 17/95, OLGR 1995, 252; OLG Oldenburg, Nds.Rpflege 1997, 137. 2 OLG Hamm, NVwZ-RR 2004, 811; LG Bonn, Beschl. v. 9.2.2005 – 6 T 106/04: bei Verfolgung ideeller Interessen; LG Kassel, Beschl. v. 15.6.2012 – 3 OH 18/12; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.3.1994 – 10 W 26/94, DNotZ 1994, 723; OLG Köln, JurBüro 1986, 589. 3 BGH, Beschl. v. 24.11.2005 – V ZB 103/05, MDR 2006, 714. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.12.2005 – 14 Wx 47/04, JurBüro 2006, 149. 5 Vgl. etwa OLG Köln, Beschl. v. 4.10.2011 – 16 W 29/11; OLG Frankfurt, Urt. v. 5.3.1998 – 1 U 190/96, OLGR 1998, 321 – jeweils § 30 KostO a.F. und Rückauflassungsverlangen wegen Nichterfüllung. 6 BGH, Urt. v. 25.6.1981 – III ZR 96/80, MDR 1982, 36; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.11.1960 – 5 W 61/60, KostRsp. ZPO § 9 Nr. 5. 7 RG, JW 1908, 13 Nr. 15.
Kurpat/Monschau
249
ZPO
Befreiung von einer Verbindlichkeit Das kann ein Bruchteil des geltend gemachten Anspruchs, aber im Einzelfall auch der volle Wert sein.1 1548
Entgegen des RG2 ist § 3 ZPO (und nicht § 6 ZPO) auch dann anzuwenden, wenn eine noch nicht fällige Forderung eingeklagt wird.3 Der volle Betrag kommt in diesem Fall als Streitwert nur in Betracht, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die zu titulierende Forderung demnächst auch realisiert werden kann.
1549
Anwartschaftsrechte sind entweder nach § 6 ZPO oder nach § 3 ZPO zu bewerten, je nachdem wie das Klagebegehren lautet (s. dazu das Stichwort „Anwartschaftsrechte“).
B. Auflösende Bedingung 1550
Steht ein Recht unter einer auflösenden Bedingung, dann ist der Streitwert nach allgemeinen Grundsätzen in erster Linie nach §§ 3, 6 ZPO zu bestimmen. Da das Recht voll besteht, ist in der Regel der volle Wert anzusetzen. Im Einzelfall kann allerdings die konkrete Gefahr des Eintritts der auflösenden Bedingung das Recht (teilweise) entwerten und zu einem Abschlag vom Hauptsachewert führen.
1551–1553
Einstweilen frei.
Befreiung von einer Verbindlichkeit Literatur: Görmer, Der Streitwert eines Befreiungsanspruchs, JurBüro 2010, 68; Görmer, Berücksichtigung von Zinsen und Kosten beim Wert der Befreiungsklage, NJW 1999, 1309; Weisbrodt, Die Berücksichtigung von Nebenforderungen beim Wert des Freistellungsanspruchs, JurBüro 1995, 115. Gliederungsübersicht Rn. A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1554 B. Bemessungsgrundsätze I. Leistungsanträge . . . . . . . . . . . . . 1556 II. Feststellungsanträge . . . . . . . . . . 1566 C. Rechtsprechung zu Einzelfragen I. Gesamtschuldner . . . . . . . . . . . II. Persönliche und dingliche Haftung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Unterhaltsansprüche. . . . . . . . . IV. Wiederkehrende Versicherungsbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 1575 . 1582 . 1587
Rn. V. VI. VII. VIII. IX.
Haftpflichtversicherung . . . . . . . Vermögensabgabe . . . . . . . . . . . . Lastenausgleich . . . . . . . . . . . . . Kosten eines Vorprozesses . . . . . Außergerichtliche Schadensregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Einrede des Befreiungsanspruchs, „Aufrechnung“ mit Befreiungsanspruch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI. Befreiung von einer Nebenforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1590 1594 1595 1596 1597
1598 1599
. 1589
A. Überblick 1554
Der Wert für einen Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit ist sowohl für den Zuständigkeitsstreitwert, den Rechtsmittelstreitwert sowie den Gebüh1 BGH, Urt. v. 25.6.1981 – III ZR 96/80, MDR 1982, 36. 2 RGZ 118, 321. 3 So mit Recht: OLG Nürnberg, Beschl. v. 4.7.1961 – 1 W 39/61, Rpfleger 1963, 178.
250
Monschau/N. Schneider
Befreiung von einer Verbindlichkeit renstreitwert (Gericht und Anwalt) gleichermaßen zu bestimmen. Die Wertfestsetzung richtet sich letztlich immer nach den §§ 3 ff. ZPO, die über § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG auch für die Gerichtsgebühren gelten und über § 23 Abs. 1 Satz 1, 3 RVG auch für die Anwaltsgebühren. Zum Teil wird vertreten, dass in bestimmten Fällen für die Gerichts- und Anwaltsgebühren abweichende Bemessungskriterien gelten, nämlich dann, wenn im GKG – insbesondere für wiederkehrende Leistungen – gesonderte Wertvorschriften enthalten sind. Einzelheiten sind hier jedoch strittig (s. Rn. 1557).
1555
B. Bemessungsgrundsätze I. Leistungsanträge Der Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit wird, wenn er beziffert ist, nach § 887 ZPO vollstreckt. Der Wert ist nach § 3 ZPO zu schätzen.1
1556
Eine sinngemäße Anwendung privilegierender Vorschriften für den Wert der Gerichts- oder Anwaltsgebühren (z.B. § 42 GKG) scheidet grundsätzlich aus, es sei denn, dass die privilegierenden Tatbestandsmerkmale bei beiden Parteien gegeben sind. Anderenfalls ist auch hier in Ausrichtung auf die §§ 8, 9 ZPO die voraussichtliche Dauer der Leistungen maßgebend, deren Freistellung begehrt wird.2
1557
Zinsen und Kosten des Anspruchs, von dem Befreiung begehrt wird, sind nach zutreffender Ansicht keine Nebenforderung des Befreiungsanspruchs und deshalb bei der Wertfestsetzung zu berücksichtigen, sofern auch insoweit Befreiung verlangt wird.3 Es zählt der Gesamtbetrag, den der Befreiungsschuldner ablösen muss. Zum Sonderfall des Anspruchs auf Befreiung von einer Nebenforderung s. Rn. 4179 ff.
1558
Der BGH4 sieht die Zinsen, von denen zu befreien ist, als Nebenforderungen an. Dies ist jedoch unzutreffend, da die Zinsen nur Berechnungsfaktor des einheitlichen Befreiungsanspruchs sind. Der BGH widerspricht sich zudem, da nach seiner eigenen Definition unter „Zinsen“ das vom Schuldner zu entrichtende Entgelt für die Überlassung von Kapital zu verstehen ist.5 Der Befreiungsschuldner hat dem Hauptschuldner aber kein Kapital überlassen; die anfallenden Zinsen sind auch kein Entgelt im Verhältnis des Befreiungsschuldners zum Hauptschuldner. Siehe ausführlich das Stichwort „Nebenforderungen“, Rn. 4179 f.
1559
Zinsen werden nur dann Nebenforderungen, wenn der Gläubiger gezahlt und der Befreiungsanspruch sich in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat und darauf nunmehr Zinsen verlangt werden.
1560
Der Befreiungsanspruch ist in der Regel6 dem Betrag der Schuld gleichzusetzen;7 z.B. bei der Klage eines ausgeschiedenen Gesellschafters gegen die OHG auf Befreiung von den betragsmäßig feststehenden Gesellschaftsschulden,8 bei der Klage eines Mitgesellschafters gegen einen geschäftsführenden Gesellschafter, dass die-
1561
1 BGH, Rpfleger 1974, 428. 2 Siehe BGH, Rpfleger 1974, 428 = NJW 1974, 2128. 3 So schon das RG, DR 1940, 2009; s. ausführlich Görmer, JurBüro 2010, 68 und bei dem Stichwort „Nebenforderungen“, Rn. 4179 f. 4 BGH, Beschl. v. 6.10.1960 – VII ZR 42/59, MDR 1961, 48. 5 BGH, Beschl. v. 25.3.1998 – VIII ZR 298/97, NJW 1998, 2060. 6 Nach BAG, MDR 1960, 616, sogar zwingend. 7 BGH, WPM 1990, 659; OLG Köln, Beschl. v. 15.4.1985 – 2 U 37/85, MDR 1985, 769; OLG Bremen, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 241. 8 RG, JW 1898, 2.
N. Schneider
251
ZPO
Befreiung von einer Verbindlichkeit ser für einen bezifferten Schaden alleine haften müsse1 oder bei der Klage des Bürgen gegen den Hauptschuldner.2 1562
Unerheblich für die Bewertung ist, ob der Freistellungsberechtigte seinerseits von einem Dritten einen Ausgleich erlangen kann.3
1563
Eine geringere Bewertung wird in Betracht zu ziehen sein, wenn der Beklagte in Vermögensverfall geraten ist oder der Bürge mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf die volle Hauptsumme in Anspruch genommen werden wird.
1564
Jedoch wird dann zu verlangen sein, dass der Kläger sich auf solche Ausnahmen beruft, um sein gemindertes Interesse darzulegen. Dass lediglich der Beklagte dies vorträgt, genügt nicht, weil es für die Schätzung nach § 3 ZPO nur auf den prozessualen Anspruch (Streitgegenstand) ankommt, nicht auf das Verteidigungsvorbringen des Beklagten.
1565
Maßgebender Zeitpunkt für die Wertfestsetzung ist die Einreichung der Klage auf Befreiung (§ 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG). Bis dahin angefallene Zinsen und auch Kosten des Gläubigers, für die Befreiung geschuldet ist, sind mitzurechnen. Künftige Zinsen und Kosten sind zu schätzen.
II. Feststellungsanträge 1566
Diese Bewertungsgrundsätze gelten erst recht, wenn der Kläger die Höhe des Befreiungsanspruchs noch nicht kennt und ihn deshalb – oder aus anderen Gründen, z.B. weil er die Höhe der gegen ihn gerichteten Ansprüche selbst für übersetzt hält – nicht beziffert. Dann muss er auf Feststellung klagen, dass ihm gegen den Beklagten ein (höhenmäßig noch offener) Befreiungsanspruch zusteht.
1567
Der Klageantrag auf Verurteilung des Beklagten zur unbezifferten Freistellung ist der Sache nach ein bloßes Feststellungsbegehren. Der Streitwert richtet sich wiederum gem. § 3 ZPO nur nach dem Interesse des Klägers.
1568
Das gilt auch dann, wenn der Dritte, dessen Ansprüche der Kläger auf den Beklagten abwälzen will, seinerseits seine Regressforderung beziffert. Er kann damit keinen Einfluss auf die Höhe des Streitwertes nehmen, solange der Kläger diese Bezifferung nicht übernimmt oder konkrete Wertangaben daraus herleitet.4 Dass der Dritte sich als Streithelfer des Klägers am Verfahren beteiligt, ändert daran ebenfalls nichts. Denn auch als Streithelfer ist er nicht befugt, durch Erklärungen, die der Kläger nicht übernimmt oder die er nicht gelten lässt, die Höhe des Streitwertes zu steuern. Anderenfalls hätte er es in der Hand, beispielsweise über die Rechtsmittelfähigkeit eines Befreiungsanspruches durch seine Berühmungen zu entscheiden.
1569
Ein Feststellungsabschlag ist nicht vorzunehmen, wenn der Freistellungsantrag beziffert ist.5
1570
Anders kann es liegen, wenn der Freistellungserfolg zweifelhaft ist.6
1 RGZ 171, 51. 2 OLG Kiel, OLGE 33, 73; OLG München, Rpfleger 1956, 58; OLG Karlsruhe, AnwBl. 1973, 168. 3 BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 992 mit Anm. Schneider = WPM 1990, 659. 4 Siehe OLG Köln, JurBüro 1978, 1062. 5 OLG Köln, MDR 1980, 769. 6 Lappe, Anm. zu KostRsp. ZPO § 3 Nr. 757; Schneider, MDR 1986, 182.
252
N. Schneider
Befreiung von einer Verbindlichkeit Bei unbezifferten Freistellungsansprüchen ist ein Feststellungsabschlag zu machen, weil eine entsprechende Verurteilung nicht vollstreckbar ist.1 Wie bei der positiven Feststellungsklage (s. das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2289 ff.) ist ein Abschlag von 20 % angebracht.2 Dabei ist von der voraussichtlichen Höhe der Inanspruchnahme auszugehen, die ggf. nach §§ 3, 287 ZPO zu schätzen ist.
1571
Maßgebender Zeitpunkt ist zwar auch hier gem. § 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG der 1572 Zeitpunkt der Einreichung der Klage. Erkenntnisse, die sich während des Rechtsstreits zur genauen Höhe der freizustellenden Forderung ergeben, sind jedoch bei der endgültigen Wertfestsetzung heranzuziehen.3 Wird z.B. Freistellung von voraussichtlichen Schadensbeseitigungs- oder Sanierungskosten verlangt, ist nicht der in der Klageschrift gem. § 63 GKG genannte Wert maßgebend, sondern die objektiven Kosten, die zur Erfüllung der Verbindlichkeit voraussichtlich anfallen werden, mögen diese auch erst im Verlauf des Rechtsstreites ermittelt worden sein. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass nach den Bestimmungen der § 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG für die Wertberechnung der Zeitpunkt der Klageeinreichung maßgeblich ist. Gerade in solchen Fällen, bei denen der Aufwand zunächst nicht einmal nachvollziehbar geschätzt werden kann, verbietet es sich, der abschließenden Wertfestsetzung den Orientierungsbetrag nach der Klageschrift zugrunde zu legen, der nur zur Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit des Gerichts und zur Bestimmung der Verfahrensgebühr heranzuziehen ist.4
1573
Manchmal wird der sprachlichen Form nach ein Freistellungsantrag gestellt, bei dem es sich in Wirklichkeit um einen schlecht formulierten echten Feststellungsantrag handelt. Er ist nicht vollstreckbar, so dass der Feststellungsabschlag gerechtfertigt ist.
1574
C. Rechtsprechung zu Einzelfragen I. Gesamtschuldner Verlangt ein Gesamtschuldner Befreiung vom anderen, so kommt es auch hier auf die Höhe der verlangten Freistellung an.5 Eine Mithaftung des Klägers spielt nur dann eine Rolle, wenn sie im Klageantrag auch zum Ausdruck kommt. Ob und in welcher Höhe tatsächlich eine Gesamtschuld besteht, ist eine Frage der Begründetheit der Klage, nicht aber eine Frage des Streitwerts.
Û
Beispiel: A und B haften dem C als Gesamtschuldner auf Zahlung von 50 000 Euro, und zwar mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB je zur Hälfte. Verlangt A von B die Freistellung i.H.v. 25 000 Euro, beläuft sich der Streitwert auf 25 000 Euro. Er wird den Prozess gewinnen. Verlangt A von B die Freistellung i.H.v. 50 000 Euro, beläuft sich der Streitwert auf 50 000 Euro. Die eigene Haftung des A ist nicht etwa abzuziehen. Er wird den Prozess jetzt allerdings zur Hälfte verlieren.
1 BGH, Beschl. v. 21.12.1989 – VII ZR 152/88, NJW-RR 1990, 958; OLG Frankfurt, JurBüro 1983, 1561; KG, Beschl. v. 7.7.1998 – 4 U 9420/97 und 4 W 1378/90, MDR 1998, 1310 = JurBüro 1998, 648. 2 BGH, Beschl. v. 20.9.1974 – IV ZR 113/74, NJW-RR 1990, 958; KG, Beschl. v. 7.7.1998 – 4 U 9420/97 und 4 W 1378/90, MDR 1998, 1310. 3 KG, Beschl. v. 7.7.1998 – 4 U 9420/97 und 4 W 1378/90, MDR 1998. 4 KG, Beschl. v. 7.7.1998 – 4 U 9420/97 und 4 W 1378/90, MDR 1998, 1310. 5 OLG Rostock, Beschl. v. 16.6.2008 – 1 W 25/08, 1 W 43/08, JurBüro 2009, 197.
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Befreiung von einer Verbindlichkeit Zu berücksichtigen sein kann, welchen Gesamtschuldner der Gläubiger voraussichtlich in Anspruch genommen hätte (§ 421 BGB). Bei Eheleuten spricht die Lebenserfahrung dafür, dass er den berufstätigen und damit verdienenden Ehegatten zur Schuldentilgung heranziehen würde (s. Rn. 1586). Angesichts dessen kann nur eine Schätzung nach § 3 ZPO dem jeweiligen Fall gerecht werden. Das OLG Düsseldorf1 bemisst die Freistellung mit dem Wert der Forderung, von der freigestellt wurde, aber nur, wenn keine Umstände vorliegen, wegen denen das Interesse geringer bewertet werden muss. Im Ergebnis läuft dies doch auf eine Schätzung nach § 3 ZPO hinaus.
1577
Die anzusetzende Quote des Streitwerts kann bei der Hälfte des noch valutierten Gesamtschuldbetrags liegen, ohne dass dies aber zwingend wäre. Der Streitwert kann auch höher oder niedriger sein. Demgegenüber nimmt das OLG Hamburg2 an, im Hinblick auf die Innenhaftung zu gleichen Teilen (§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB) sei lediglich die Hälfte des noch valutierten Darlehens als Streitwert anzusetzen. Auch dieser Entscheidung kann in ihrer Einseitigkeit nicht gefolgt werden. Das OLG Hamburg stützt seine gegenteilige Auffassung auf die Vorschrift des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen Anteilen verpflichtet sind, zwei Gesamtschuldner also zu je 50 %. Dabei bleibt jedoch außer Betracht, dass der Gläubiger „die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern“ darf (§ 421 Satz 1 BGB – s. allerdings abweichend § 7 Abs. 2 RVG). Wenn daher einer der Gesamtschuldner im Innenverhältnis die gesamte Schuld auf sich nimmt, befreit er zugleich im Innenverhältnis den anderen von der Gefahr, seinerseits auf das Ganze in Anspruch genommen zu werden. Angesichts dessen ist es nicht vertretbar, ausschließlich auf das Innenverhältnis abzustellen.
1578
Die Situation bei Miterbenstreitigkeiten (s. das Stichwort „Miterbe“, Rn. 4055 ff.) ist nicht vergleichbar, weil es dort ausschließlich um das Innenverhältnis geht und kein Drittgläubiger beteiligt ist. Klagt ein Miterbe auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrages der Erbengemeinschaft, der den Beklagten zum Ankauf eines Nachlassgrundstückes berechtigt, so bestimmt sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an der Befreiung von den Verpflichtungen aus dem Vertrag, nicht nach dem entsprechenden Interesse der ganzen Erbengemeinschaft.3
1579
Wird ein Vergleich geschlossen, wonach eine Partei die andere von Schulden freistellt, ist danach zu fragen, in welcher Höhe der Freistellungsanspruch streitig war. Unzutreffend ist es, ohne Weiteres auf den Wert der freizustellenden Forderung abzustellen.
1580
Das OLG Karlsruhe4 hatte den Wert einer Scheidungsvereinbarung, durch die sich der Beklagte verpflichtet hatte, die Klägerin von ihrer Mithaftung aus einem Darlehensvertrag zu befreien und der Klägerin eine entsprechende Freistellungserklärung der Darlehensgläubigerin zu verschaffen, dem Betrag der Darlehensschuld im Zeitpunkt der Vereinbarung gleichgestellt.
1581
Diese generelle Bewertung ist unverhältnismäßig. Das OLG Karlsruhe übersieht, dass derjenige Gesamtschuldner, der einen anderen Gesamtschuldner freistellt, nur dessen Anteil zusätzlich übernimmt. Für seinen eigenen Anteil hatte er vor und nach der Übernahme der Verbindlichkeit einzustehen. Der volle Betrag kann daher auf keinen Fall angesetzt werden, wenn unstreitig ist, dass der Freistellungsverpflichtete zu einem bestimmten Teil ohnehin freistellungsverpflichtet ist und die Parteien sich nur über den Anteil des Freizustellenden streiten. Ist dage-
ZPO
1576
1 2 3 4
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.1993 – 5 WF 61/93, FamRZ 1994, 57. OLG Hamburg, JurBüro 1980, 278 mit abl. Anm. Mümmler. BGH, Rpfleger 1955, 101. OLG Karlsruhe, JurBüro 1974, 1592 = AnwBl. 1974, 394.
254 N. Schneider
Befreiung von einer Verbindlichkeit gen die Freistellung insgesamt streitig, etwa weil der in Anspruch genommene Gesamtschuldner meint, ihm stehe selbst ein Freistellungsanspruch zu, dann ist der Gesamtwert anzusetzen.
Û
Beispiel: Die Parteien haften als Gesamtschuldner auf Zahlung von 100 000 Euro. Die Ehefrau ist der Auffassung, sie sei freizustellen. a) Die hälftige Freistellung ist von vornherein unstreitig. Der Streitwert beläuft sich auf 50 000 Euro. b) Der Ehemann ist der Auffassung, die Ehefrau hafte für die Schulden insgesamt, also er selbst habe einen Freistellungsanspruch. Der Streitwert beläuft sich jetzt auf 100 000 Euro. c) Der Ehemann ist zunächst der Auffassung, die Ehefrau hafte für die Schulden insgesamt; später stellt er die hälftige Freistellungsverpflichtung unstreitig. Der Streitwert beläuft sich auf 100 000 Euro, da es nach § 40 GKG auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage ankommt. Sofern ein Teilanerkenntnisurteil über die Hälfte ergeht, berechnen sich allerdings weitere Kosten (etwa eine Einigungsgebühr) nur noch nach dem verbliebenen Teil.
II. Persönliche und dingliche Haftung Die Befreiung von der persönlichen Haftung für eine Hypothek bemisst sich nach dem Nennbetrag der Forderung,1 nicht nach der wahrscheinlichen Inanspruchnahme.2
1582
Anderenfalls müsste zur Bezifferung des Befreiungsinteresses, also im Rahmen der Streitwertschätzung (!), geklärt werden, ob und inwieweit das Grundstück Sicherheit für den Gläubiger bietet und mit welchem Ausfall zu rechnen ist3 – Bewertungsumstände, die sich im Schätzungsverfahren praktisch gar nicht ermitteln lassen.
1583
Wird auf Befreiung von der persönlichen und der dinglichen Haftung geklagt, dann ist die Forderung nur einmal anzusetzen; es wird nicht zusammengerechnet.4
1584
Der Wert des Anspruchs eines Gesamtschuldners gegen den anderen auf Freistellung von der Inanspruchnahme aus einem Baudarlehen und der dafür gestellten Hypothek ist nach dem Nennbetrag der Forderung zu berechnen. Eine doppelte Berücksichtigung wegen der persönlichen und der dinglichen Haftung kommt nicht in Betracht (Rn. 1584). Weder die Unwahrscheinlichkeit noch der Umfang einer etwaigen Inanspruchnahme noch der Umstand, dass Gesamtschuldner im Innenverhältnis grundsätzlich zu gleichen Anteilen verpflichtet sind, rechtfertigt einen Abzug vom Streitwert.5
1585
Dass andererseits nicht zwingend der volle Wert der valutierten Gesamtschuld maßgebend sein muss,6 ist bereits dargelegt worden (Rn. 1577). Damit würden Ermessensregeln aufgestellt, die nicht mehr fallbezogen wären. Wenn etwa die Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners völlig unwahrscheinlich ist, widerspräche es billigem Ermessen (§ 3 ZPO), dies so zu bewerten, als drohe die Gefahr voller Inanspruchnahme. Insbesondere bei Scheidungsvereinbarungen kann Anlass bestehen, den Streitwert im Bereich zwischen vollem Gesamtschuldbetrag und In-
1586
1 2 3 4 5 6
RG, Gruchot 34, 1137. OLG Karlsruhe, AnwBl. 1973, 168. So in der Tat RG, DJZ 1912, 1470; 1926, 450; LG Berlin, JVBl. 1938, 110. RG, Recht 1906 Nr. 1955; KG, JurBüro 1968, 466. KG, JurBüro 1968, 466; im Ergebnis ebenso OLG Karlsruhe, AnwBl. 1974, 394. So OLG Karlsruhe, AnwBl. 1974, 394 und KG, JurBüro 1968, 466 (467).
N. Schneider
255
Befreiung von einer Verbindlichkeit
ZPO
nenverhältnis-Anteil anzusetzen. Nicht einmal der Anteil des Innenverhältnisses wird gerechtfertigt sein, wenn – wie es häufig der Fall ist – die Ehefrau nur „mitunterschrieben“ hat, der Ehemann dagegen der alleinige Verdiener ist; denn dann hätte sich der Darlehensgläubiger im Zweifel ohnehin nur an den Ehemann gehalten und praktisch auch nur halten können. Die Gefahr einer vollen Inanspruchnahme ist daher in solchen Fällen für die Ehefrau immer geringer als für den Ehemann. Das muss bei der Streitwertbemessung berücksichtigt werden können, was wiederum zur Voraussetzung hat, dass keine starren Bewertungsregeln (die Hälfte – das Ganze) festgeschrieben werden.
III. Unterhaltsansprüche 1587
Auch bei Freistellung von gesetzlichen Unterhaltspflichten ist nach § 3 ZPO zu schätzen.1 Im Rahmen der Schätzung ist die Bemessungsvorschrift des § 51 FamGKG ebenso wenig wie die des § 8 ZPO oder des § 9 ZPO anwendbar; denn es wird in diesem Fall nicht um die Unterhaltsverpflichtung selbst gestritten, sondern um einen selbständigen und andersgearteten Leistungsanspruch.2 Eine analoge Anwendung privilegierender Vorschriften, etwa des § 51 FamGKG, kommt nur dann in Betracht, wenn die Tatbestandsmerkmale der Sondervorschrift bei beiden Parteien gegeben sind, beispielsweise wenn ein kraft Gesetzes Unterhaltspflichtiger von einem anderen gesetzlich Unterhaltspflichtigen Befreiung verlangt. Dann handelt es sich auch um eine Familiensache, für die die Wertvorschriften des FamGKG gelten. Wird der andere jedoch aus einem anderen Rechtsgrund in Anspruch genommen, etwa aus vertraglicher Übernahme oder aus Delikt, dann scheidet eine analoge Anwendung der privilegierenden Vorschrift aus.3
1588
Bei der nach § 3 ZPO vorzunehmenden Schätzung wird im Blick auf die §§ 8, 9 ZPO auf die voraussichtliche Dauer der Zahlungsverpflichtung des Beklagten abgestellt.4
IV. Wiederkehrende Versicherungsbeiträge 1589
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung von künftig sukzessive fällig werdenden Versicherungsbeiträgen soll sich nach OLG Saarbrücken5 gem. § 9 ZPO nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag richten. Das dürfte unzutreffend sein. Im Freistellungsverhältnis ist alleine auf § 3 ZPO abzustellen.
V. Haftpflichtversicherung 1590
Klagt ein rechtskräftig zum Schadenersatz verurteilter Versicherungsnehmer gegen seinen Haftpflichtversicherer auf Befreiung von der Urteilssumme und den zugunsten des Geschädigten festgesetzten Kosten, dann sind die festgesetzten Kosten dem Streitwert hinzuzurechnen. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Geschädigte den Deckungsanspruch aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einklagt.6
1591–1593 1 2 3 4 5 6
Einstweilen frei.
BGH, JurBüro 1975, 325 = NJW 1974, 2138. KG, JurBüro 1963, 682; Rpfleger 1964, 321. BGH, NJW 1974, 2128 = JurBüro 1975, 325; ausf. Schneider, ZAP Fach 13, S. 369. BGH, Rpfleger 1974, 428; Schneider, ZAP Fach 13, S. 369. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.12.2007 – 5 W 296/07, OLGR 2008, 246. BGH, Beschl. v. 21.1.1976 – IV ZR 123/74, MDR 1976, 649.
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Befreiung von einer Verbindlichkeit
VI. Vermögensabgabe Wird darüber gestritten, ob und in welchem Umfang eine Partei die andere von ih- 1594 rer Pflicht zur Entrichtung der Vermögensabgabe gegenüber dem Finanzamt freizustellen habe, so bestimmt sich der Wert des Streitgegenstandes nicht gem. § 9 ZPO, sondern es ist von dem Zeitwert der Vermögensabgabe auszugehen.1
VII. Lastenausgleich Das Klagebegehren auf Freistellung vom Lastenausgleich stellt sich als ein Anspruch auf Feststellung dahin dar, dass der Beklagte verpflichtet sein soll, den Kläger von dessen Verbindlichkeit zu befreien, so dass der Streitwert nach § 3 ZPO und nicht nach § 9 ZPO zu bestimmen ist.2
1595
VIII. Kosten eines Vorprozesses Der Streitwert eines Freihalteanspruchs bemisst sich neben der Hauptanforderung, von welcher Freihaltung erstrebt wird, auch nach den Kosten eines wegen dieser Hauptforderung geführten Vorprozesses.3
1596
IX. Außergerichtliche Schadensregulierung Sind nach einem Verkehrsunfall Schadensersatzforderungen hinsichtlich einzelner Positionen abgetreten, etwa an den Autovermieter wegen der Mietwagenkosten oder an den Sachverständigen hinsichtlich seiner Vergütung, so wird deren Wert für den Anwalt des Geschädigten in voller Höhe berücksichtigt. In diesen Fällen liegt lediglich eine Sicherungsabtretung vor, so dass der Geschädigte berechtigt bleibt, den abgetretenen Anspruch weiterhin in eigenem Namen als Freistellungsanspruch geltend zu machen, auch wenn er nur Zahlung an den Zessionar verlangen kann.4
1597
X. Einrede des Befreiungsanspruchs, „Aufrechnung“ mit Befreiungsanspruch Wendet ein Schuldner ein, ihm stehe gegen die vom Gläubiger geltend gemachte Forderung ein Schadensersatzanspruch zu, der auf Freistellung dieser Verbindlichkeit gehe, so erhöht dies nicht den Wert. Das gilt auch dann, wenn die Freistellung nur hilfsweise neben anderem Bestreiten geltend gemacht wird. Maßgebend ist der Wert des geltend gemachten Anspruchs. Dies ist z.B. der Fall, wenn sich der Mandant im Gebührenprozess des Anwalts hilfsweise auf die Schlechterfüllung des abgerechneten Mandats beruft. Bei dem vom Mandanten geltend ge-
1 BGH, MDR 1958, 914. 2 OLG Neustadt, Rpfleger 1955, 138. 3 BGH, Beschl. v. 21.1.1976 – IV ZR 123/74, MDR 1976, 649; OLG Bremen, Beschl. v. 23.10.2002 – 3 U 94/01, AGS 2003, 214 mit Anm. N. Schneider = JurBüro 2003, 82; OLG Hamburg, Beschl. v. 23.10.2002 – 3 U 94/01, JurBüro 2003, 82 = AGS 2003, 214; a.A. OLG Hamburg, Beschl. v. 17.9.2007 – 6 W 65/07, OLGR 2008, 183. 4 AG Biberach, Beschl. v. 17.9.1987 – 5 C 604/87, VersR 1988, 499; AG Tettnang, Beschl. v. 21.6.1985 – 3 C 297/85, VersR 1986, 776; AG Limburg, Beschl. v. 6.3.2006 – 4 C 118/06, AGS 2007, 100; AG Hannover, Urt. v. 14.4.2015 – 501 C 15253/14, AGS 2015, 364.
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Befriedigung, abgesonderte
ZPO
machten Ersatzanspruch handelt es sich dann nicht um eine (hilfsweise erklärte) Aufrechnung, sondern um einen Fall, der der „Anrechnung“ von Gegenpositionen vergleichbar ist, und der die Rechtsfolgen des § 45 Abs. 3 GKG nicht auslöst.1
XI. Befreiung von einer Nebenforderung 1599
Verlangt der Gläubiger neben der Hauptforderung (etwa Zahlung) die Freistellung von Zinsen oder Kosten, weil er diese noch nicht gezahlt hat und er daher insoweit nicht Zahlung verlangen kann, handelt es sich auch bei dem Befreiungsanspruch um eine Nebenforderung nach § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG, wenn der entsprechende Zahlungsanspruch als Nebenforderung anzusehen wäre.
Û
1600
Gleiches gilt, wenn die Freistellung vorgerichtlicher Anwaltskosten geltend gemacht wird.
Û
1601
Beispiel: Der Beklagte schuldet dem Kläger 10 000 Euro aus einem Kaufvertrag. Nach Verzugseintritt finanziert der Kläger diesen Betrag und klagt auf Zahlung der 10 000 Euro sowie Befreiung der an den Darlehnsgeber noch zu zahlenden Zinsen, die er noch entrichtet hat, so dass er nicht auf Zahlung klagen kann. Der Anspruch auf Freistellung von den Zinsen ist jetzt Nebenforderung i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG.
Beispiel: Der Kläger klagt seinen Schaden aus einem Verkehrsunfall ein und verlangt daneben, Freistellung der an seinen Anwalt für die Regulierung noch zu zahlenden Geschäftsgebühr. Der Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten ist nach § 4 Abs. 2 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG eine Nebenforderung und bleibt unberücksichtigt.
Anders verhält es sich nur, wenn Freistellung von Anwaltskosten aus bereits erledigten Positionen geltend gemacht wird. Siehe dazu das Stichwort „Vorgerichtliche Kosten“, Rn. 5950.
1602–1605
Einstweilen frei.
Befriedigung, abgesonderte Siehe das Stichwort „Abgesonderte Befriedigung“.
Behandlungsunterlagen, Einsicht Literatur: Riemer, Zur Frage der Bemessung des Streitwertes bei einer Klage auf Einsichtnahme in Behandlungsunterlagen, AGS 2010, 503 ff.
1606
Der Streitwert einer auf Einsicht in ärztliche Behandlungsunterlagen gerichteten Klage ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Das gilt auch für den Gebührenstreitwert (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 23 Abs. 1 Satz 1, 3 RVG).
1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.9.2000 – 24 W 53/00, AGS 2001, 130 = MDR 2001, 113; im Anschluss an BGH, Beschl. v. 24.3.1988 – IX ZR 114/87, NJW 1988, 3013.
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N. Schneider
Belstigung Maßgebend ist das Interesse des Klägers, insbesondere in welchem Maß die Durchsetzbarkeit des Anspruchs von der Vorlage der Unterlagen abhängig ist. Das wiederum bemisst sich nach einem Bruchteil des vom Kläger erwarteten bzw. angegebenen Schadensersatzanspruchs.
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Eine feste Regel zur Bewertung von Klagen auf Herausgabe von Kopien ärztlicher Behandlungsunterlagen gibt es nicht. Welcher Bruchteil des zu erwartenden Hauptsacheanspruchs angemessen ist, hängt von der Bedeutung der Dokumentation für die Entscheidung des Hauptsacherechtsstreits ab.1
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Das OLG Köln2 geht grundsätzlich von 10 % der Hauptsache aus. Das OLG München ist zunächst ebenfalls von 10 % ausgegangen,3 hat später 1/5 angenommen4 und geht in späteren Entscheidungen jedoch – je nach Bedeutung – von einem Rahmen zwischen 1/4 und 1/10 der potentiellen Hauptsacheansprüche aus.5 Das OLG Saarbrücken6 nimmt 10–25 % an. OLG Nürnberg,7 das OLG Düsseldorf8 und das AG Düsseldorf9 gehen dagegen von 20 % des Hauptsacheanspruchs aus. Im Falle eines Rechtsmittels des die Auskunft verlangenden Klägers gilt der Wert auch für die Beschwer. Legt dagegen der zur Herausgabe der Behandlungsunterlagen Verurteilte Rechtsmittel ein, dürfte nur auf den Aufwand der Auskunftserteilung abzustellen sein. Siehe dazu das Stichwort „Auskunftsanspruch“. Einstweilen frei.
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1610–1617
Beiordnung eines Notanwalts Siehe das Stichwort „Notanwalt“.
Belstigung A. Einleitung Der Begriff Belästigung bezeichnet das nachhaltige Einwirken einer oder mehrerer Personen auf eine andere Person (Opfer), wobei entscheidend ist, dass das jeweilige Verhalten vom Opfer als beeinträchtigend oder schädigend wahrgenommen wird. Die Belästigung unterscheidet sich von der unerwünschten Werbung dahingehend, dass der Inhalt der Kontaktaufnahme nicht von Geschäftsinteressen geprägt, sondern rein privat ist.
1 OLG München, Beschl. v. 13.4.2007 – 1 W 1328/07. 2 OLG Köln, Beschl. v. 16.11.2009 – 5 W 32/09, AGS 2010, 100 mit abl. Anm. Riemer = AGS 2010, 247; Beschl. v. 13.8.2010 – 5 W 27/10, AGS 2010, 502. 3 OLG München, Beschl. v. 13.4.2007 – 1 W 1328/07. 4 OLG München, Beschl. v. 21.6.2011 – 1 W 1039/11. 5 OLG München, Beschl. v. 2.3.2012 – 1 W 357/12, MDR 2012, 869 = AGS 2013, 339; OLG München, Beschl. v. 6.6.2011 – 1 W 953/11. 6 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 8.1.2007 – 1 W 301/06, MedR 2008, 164. 7 OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.4.2010 – 5 W 620/10, MDR 2010, 1418 = AGS 2010, 501. 8 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.11.1998 – 3 O 240/98, NJW 1999, 873 = NJW 2001, 920. 9 AG Düsseldorf, Beschl. v. 12.12.2003 – 23 C 11795/03.
N. Schneider/Kurpat
259
1618
Belstigung Die möglichen Begehungsformen der Belästigung sind äußerst vielfältig. Eine Belästigung kann durch persönliche Kontaktaufnahme, telefonisch, durch E-Mail oder SMS oder auch durch Briefe erfolgen. Sie kann gegenüber dem Opfer selbst oder auch gegenüber Dritten (z.B. in Form der üblen Nachrede) stattfinden. Besondere Ausprägungen der Belästigung sind das – zumeist im arbeitsrechtlichen Bereich angesiedelte – sog. Mobbing sowie das sog. Stalking (Nachstellen).
1620
Neben der zivilrechtlichen Seite einer Belästigung, die in Form von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen des Opfers zum Ausdruck kommt, gibt es auch eine strafrechtliche Seite, soweit die Belästigung z.B. den Tatbestand der Beleidigung (§ 185 StGB), Körperverletzung (§§ 223 ff. StGB), Sachbeschädigung (§ 303 StGB) oder Nachstellung (§ 238 StGB) erfüllt. Dies rechtfertigt keine Absenkung des Streitwertes gegenüber anderweitigen Unterlassungsbegehren,1 denn das für die Wertbestimmung maßgebliche klägerische Interesse an der Beachtung seiner Rechtsgüter wird durch individualschützende Strafnormen nicht berührt.
ZPO
1619
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert 1621
Die zivilrechtlichen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, die aus einer Belästigung resultieren, stellen im Regelfall nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten dar, deren Gebührenstreitwert sich nach § 48 Abs. 2 GKG bestimmt. Danach ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen und darf 1 000 000 Euro nicht übersteigen. In Anlehnung an § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG kann sowohl für den Gerichtsgebührenstreitwert als auch für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren von einem Betrag von 4000 Euro ausgegangen werden. Je nach den Umständen des Einzelfalls ist dieser Betrag dann zu reduzieren bzw. zu erhöhen. Der Zuständigkeitsstreitwert ist nach § 3 ZPO unter Beachtung der Grundsätze des § 48 Abs. 2 GKG nach freiem Ermessen zu schätzen. Ausnahmsweise ist der Streitwert nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO als vermögensrechtliche Streitigkeit zu schätzen, wenn mit dem Unterlassungsanspruch ein wirtschaftliches Interesse verfolgt wird. In Betracht kommen hier insbesondere Fälle von Kreditgefährdung, Verleumdung gegenüber Geschäftspartnern oder dem Arbeitgeber bzw. Belästigungen, die mit unmittelbaren finanziellen Nachteilen verbunden sind.
1622
Soweit aufgrund der konkreten Belästigung Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz getroffen werden, handelt es sich um den Bereich der Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Hinsichtlich der Wertfestsetzung in diesen Fällen wird daher auf die Ausführungen unter dem Stichwort „Gewaltschutzsachen“, Rn. 7737 ff. verwiesen.
1623
Nach Ansicht des OLG Köln übersteigt der Wert einer Unterlassungsverfügung gegen trennungsbedingtes Verfolgungsverhalten (Zusendung von E-Mails und SMS, belästigende Anrufe, Geltendmachung unberechtigter Ansprüche) in der Regel nicht die Grenze von 5000 Euro, so dass das Amtsgericht für die Entscheidung des Streits zuständig ist.2
1624
Das LG Rostock hat den Wert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen das ständige Nachstellen durch den ehemaligen Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch wiederholte Briefe, Geschenke, SMS und Gespräche,
1 So aber OLG Saarbrücken, Beschl. v. 17.6.2013 – 5 W 56/13, MDR 2013, 1244. 2 OLG Köln, Beschl. v. 8.4.2002 – 11 W 25/02, NJW-RR 2002, 1723 – der Senat hat auch für die einstweilige Verfügung den Wert der Hauptsache angenommen.
260
Kurpat
Beratungshilfe wiederholten Aufenthalt in der Nähe und wiederholte Beobachtungen auf 1000 Euro festgesetzt.1 Hat der Arbeitnehmer vorgetragen, er fühle sich durch ständige Anfeindungen in seinem Persönlichkeitsrecht erheblich benachteiligt, gemobbt und sei deswegen arbeitsunfähig erkrankt, ist eine wesentliche Beeinträchtigung sowohl immaterieller Rechtsgüter als auch materieller Rechtsgüter benannt und sind von den behaupteten Störungen auch erhebliche Auswirkungen auf eine eventuelle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen, so ist der Gegenstandswert auf den Regelwert des § 23 Abs. 3 RVG (4000 Euro) festzusetzen.2
1625
C. Rechtsmittel und Beschwer Bei der Unterlassung der Zusendung von E-Mails im gewerblichen und privaten Bereich bestimmt sich die Beschwer des Unterlassungsklägers nach dem Umfang der abzuwehrenden Beeinträchtigung ohne Berücksichtigung generalpräventiver Gesichtspunkte.3 Die Beschwer des Unterlassungsschuldners bemisst sich nach den Nachteilen, die mit der Beachtung des Unterlassungsgebots verbunden sind, d.h. bei gewerblichem Handeln die Einschränkung seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit,4 bei privatem Handeln dagegen in der Regel der Aufwand zur Vermeidung weiterer Beeinträchtigungen.5
1625a
Belastung Siehe das Stichwort „Auflassung“.
Beleidigung Siehe das Stichwort „Ehrkränkende Äußerungen“.
Beratungshilfe A. Beratungshilfevergütung Die Anwaltsgebühren in Beratungshilfesachen sind streitwertunabhängig. In den Nrn. 2500 VV RVG ff. sind ausschließlich Festbeträge vorgesehen. Die Frage eines Gegenstandswerts stellt sich daher nicht.
1 LG Rostock – 2 T 377/07, 2 T 279/07, n.v. 2 LAG Mainz, Beschl. v. 9.10.2006 – 4 Ta 190/06, AGS 2007, 427. 3 BGH, Beschl v. 30.11.2004 – VI ZR 65/04; OLG Hamm, Urt. v. 17.10.2013 – 6 U 95/13; a.A. OLG Schleswig, Beschl. v. 5.1.2009 – 1 W 57/08, JurBüro 2009, 256. 4 BGH, Beschl. v. 25.9.2013 – VII ZB 26/11, GRUR 2013, 1271. 5 OLG Hamm, Urt. v. 17.10.2013 – 6 U 95/13 – Löschungsaufwand mit 50 Euro bewertet.
Kurpat/N. Schneider
261
1626
Beratungshilfe
ZPO
B. Bewilligungsverfahren I. Gerichtskosten 1626a
Das Verfahren auf Bewilligung von Beratungshilfe – einschließlich des Erinnerungsverfahrens – ist kostenfrei. Gleiches gilt für ein Aufhebungsverfahren nach § 6a oder 8a BerHG – einschließlich der Beschwerde.
II. Anwaltsvergütung 1627
Wird der Anwalt damit beauftragt, einen Beratungshilfeantrag zu stellen, insbesondere im Falle des § 6 Abs. 2 BerHG, ist die Tätigkeit durch die Beratungshilfegebühren mitabgegolten, wenn Beratungshilfe bewilligt wird. Fragen des Gegenstandswerts stellen sich dann nicht.
1627a
Wird Beratungshilfe nicht bewilligt, steht dem Anwalt grundsätzlich für den Beratungshilfeantrag eine Vergütung zu. Darauf wird er allerdings zuvor hinweisen müssen, um sich nicht schadensersatzpflichtig zu machen. Für den Antrag entsteht dann eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG. Der Gegenstandswert bemisst sich nach dem Interesse, also nach den Gebühren, die die Landeskasse im Falle der Bewilligung hätte zahlen müssen. Dabei wird es sich angesichts der geringen Beratungshilfegebühren wohl stets um die unterste Streitwertstufe handeln. Es darf nicht auf die gesetzlichen Gebühren abgestellt werden, die der Rechtsuchende als Wahlanwaltsvergütung für die beabsichtigte Rechtssache würde zahlen müssen, denn ob ein Wahlanwaltsauftrag erteilt wird, steht zu diesem Zeitpunkt gar nicht fest. Die Wertvorschrift des § 23a RVG ist nicht anwendbar und mit der hier gegebenen Interessenlage nicht vergleichbar.
1627b
Legt der Anwalt gegen die Ablehnung der Beratungshilfe Erinnerung ein (§ 7 BerHG), löst dies gegenüber dem Bewilligungsverfahren keine gesonderte Anwaltsvergütung aus, so dass sich auch hier die Frage nach dem Gegenstandswert nicht stellt. Ist der Anwalt nur mit der Erinnerung beauftragt, entsteht eine Vergütung nach Nr. 3500 VV RVG. Die Wertvorschrift des § 23a RVG ist allerdings auch hier nicht anwendbar. Der Gegenstandswert richtet sich nach § 23 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 RVG und dürfte sich auf das Kosteninteresse belaufen, also auf die von der Staatskasse voraussichtlich zu übernehmenden Kosten (s. Rn. 1627).
C. Aufhebungsverfahren 1628
Soll die Bewilligung der Beratungshilfe aufgehoben werden (§ 6a BerHG), dürfte für den Anwalt, der einen Rechtsuchenden in diesem Verfahren vertritt (Einzeltätigkeit nach Nr. 3403 VV RVG), von dem Wert der Vergütung auszugehen sein, den der Rechtsuchende bei Aufhebung der Bewilligung an seinen Anwalt als Wahlanwaltsvergütung oder als für diesen Fall vereinbarte Vergütung würde zahlen müssen.
1628a
Auch ein Verfahren über die Erinnerung gegen die Aufhebung (§ 7 BerHG) kann eine gesonderte Anwaltsvergütung auslösen, wenn der Anwalt nur im Erinnerungsverfahren beauftragt ist (Nr. 3500 VV RVG). Die Wertvorschrift des § 23a RVG ist allerdings auch hier nicht anwendbar. Der Gegenstandswert richtet sich nach § 23 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 RVG und dürfte sich wiederum nach der Vergütung bemessen, die der Rechtsuchende bei Aufhebung der Bewilligung an seinen Anwalt als Wahlanwaltsvergütung oder als für diesen Fall vereinbarte Vergütung würde zahlen müsssen (s. Rn. 1627).
262
N. Schneider
Bereicherungsansprche
Bereicherungsansprche A. Einleitung Wird eine Klage auf Bereicherungsrecht gestützt, richtet sich der Streitwert nach 1629 dem konkreten Begehren. In Betracht kommen Ansprüche auf Rückzahlung des Erlangten, Einräumung einer Mitberechtigung,1 Wiedereinräumung des Besitzes, Befreiung von einer Verbindlichkeit2 oder von der persönlichen Haftung,3 Wiedereinräumung einer Rangstelle im Grundbuch, Verzicht auf ein Recht bzw. eine Rechtsposition usw.
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Der Streitwert für Zuständigkeit und Gebührenberechnung ist anhand des Klageantrags zu ermitteln. Im Regelfall ist er nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.
1630
Bei Klagen auf Zahlung oder Abtretung4 ist gem. § 6 Satz 1 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG der verlangte Betrag bzw. der Wert der abzutretenden Forderung maßgebend. Geht der Bereicherungsanspruch auf Herausgabe einer Sache, ist gem. § 6 Satz 1 ZPO deren Wert bestimmend.5
1631
Zinsen und Nutzungen sind nur dann Teil der Hauptforderung, wenn sie Gegenstand eines einheitlichen bereicherungsrechtlichen Gesamtanspruchs sind. Dies ist etwa der Fall beim Anspruch auf Herausgabe des zur Bezahlung einer Nichtschuld nebst Zinsen aufgewandten Betrags oder beim Anspruch auf Zustimmung zur Auszahlung einer aus hinterlegtem Betrag und aufgelaufenen Zinsen bestehenden Hinterlegungsmasse.6 Ist also Geld Gegenstand des Bereicherungsanspruchs, so sind die erlangten Zinsen ebenfalls herauszugeben und damit für die Berechnung des Streitwerts dem Wert der Forderung hinzuzurechnen.7 Gleiches gilt für ersparte Zinsen, wenn das Geld zur Schuldentilgung verwendet wurde.8 Ansonsten beeinflussen sie als Nebenforderungen gem. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG den Streitwert nicht.
1632
Bei der Bemessung des Wertes eines Freistellungsanspruchs sind neben der Forderung, von der Freistellung begehrt wird, auch die Kosten eines wegen dieser Hauptforderung geführten Vorprozesses zu berücksichtigen. Denn diese stellen Schadensersatzansprüche dar, die als Haupt- und nicht als Nebenforderungen zu qualifizieren sind.9 Erheben mehrere Gesamtschuldner Klage auf Freistellung von
1633
1 OLG Hamburg, MDR 1959, 753. 2 BGH, WM 1990, 616; Urt. v. 15.5.1990 – VI ZR 162/89, WM 1990, 1324; Beschl. v. 20.9.1974 – IV ZR 113/74, NJW 1974, 2128; KG, Beschl. v. 7.7.1998 – 4 U 9420/97, 4 W 1378/98, JurBüro 1998, 648; OLG Bremen, Beschl. v. 23.10.2002 – 3 U 94/01, AGS 2003, 214 mit Anm. N. Schneider. 3 RG, JW 1927, 1931. 4 BGH, Urt. v. 15.3.1990 – III ZR 248/88, WM 1990, 799. 5 RG, JW 1897, 541; OLG Breslau, OLGE 35, 24. 6 BGH, Beschl. v. 15.2.2000 – XI ZR 273/99, NJW-RR 2000, 1015; RG, JW 1909, 691; RG, HRR 1931 Nr. 252. 7 BGH, Urt. v. 15.2.2000 – XI ZR 76/99, NJW 2000, 1637. 8 BGH, Urt. v. 6.3.1998 – V ZR 244/96, BGHZ 138, 160; Urt. v. 16.7.1999 – V ZR 56/98, NJW 1999, 2890. 9 OLG Bremen, Beschl. v. 23.10.2002 – 3 U 94/01, AGS 2003, 214 mit Anm. N. Schneider.
Noethen
263
Berichtigung
ZPO
einer Forderung, für die jeder von ihnen gesamtschuldnerisch haftet, findet keine Wertaddition statt.1
Berichtigung Siehe das Stichwort „Grundbuchberichtigung“.
Berufsunfhigkeitsrente A. Zuständigkeitsstreitwert I. Zahlungsklage 1. Zahlungsklage des Versicherers 1634
Verlangt der Versicherer Beitragszahlung, so gilt § 3 ZPO. Der verlangte Betrag ist maßgebend. Werden auch künftige Beiträge verlangt, gilt § 9 ZPO. Maßgebend sind die verlangten Beiträge, höchstens die der nächsten dreieinhalb Jahre. Fällige und zukünftige Beiträge sind zusammenzurechnen (§ 5 ZPO). 2. Zahlungsklage des Versicherungsnehmers a) Künftige Leistungen
1635
Wird auf künftige Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsrente geklagt, handelt es sich um wiederkehrende Ansprüche, die nach § 9 ZPO zu bewerten sind.2 Maßgebend sind die verlangten Leistungen, höchstens die der nächsten dreieinhalb Jahre.
1636
Ausgehend von der früheren Fassung des § 9 ZPO nahm die Rechtsprechung den 12 1/2-fachen Jahresbetrag der beanspruchten Leistung an.3 Dem Grunde nach kann diese Rechtsprechung übernommen werden; nach der Neufassung des § 9 ZPO ist insoweit jetzt vom 3 1/2-fachen Jahresbetrag auszugehen.
1637
Nach OLG Köln soll ein niedriger Streitwert gem. § 3 ZPO festgesetzt werden können, wenn ein kürzerer Bezugszeitraum absehbar ist.4 Dies erscheint bedenklich, weil mit § 9 ZPO nicht vereinbar. Diese Vorschrift stellt nicht auf eine Wahrscheinlichkeit ab. Eine solche einschränkende Auslegung erscheint auch nicht geboten, da der Kläger den Wert selbst verringern kann, indem er die Klage (zunächst) auf den Zeitraum beschränkt, den er als sicher ansieht. Zu beachten ist, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des OLG Köln noch der 12 1/2-fache Wert galt (vgl. Rn. 1636). In Anbetracht dessen, dass jetzt nur noch vom 3 1/2-fachen Jahreswert auszugehen ist, besteht ohnehin keine Notwendigkeit mehr, den Wert zusätzlich zu begrenzen. 1 BGH, Beschl. v. 1.12.2004 – IV ZR 1/04, RVG-Berater 2005, 36. 2 OLG Hamm, Beschl. v. 21.7.1986 – 20 U 229/85, JurBüro 1986, 1543; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.4.1992 – 12 W 14/92, AGS 1994, 5 (Anschluss an BGH, Beschl. v. 11.11.1981 – IVa ZR 56/80, NJW 1982, 1399); OLG Köln, Beschl. v. 12.12.1988 – 5 W 101/88, VersR 1989, 378. 3 OLG Hamm, Beschl. v. 19.5.1985 – 20 W 45/82. 4 OLG Köln, Beschl. v. 12.12.1988 – 5 W 101/88, VersR 1989, 378.
264
Noethen/N. Schneider
Berufsunfhigkeitsrente b) Fällige und künftige Leistungen Fällige Leistungen sind nach § 3 ZPO mit ihrem vollen Wert anzusetzen.
1638
Werden sowohl fällige als auch künftige Beträge geltend gemacht, so sind die bis zur Klageerhebung angefallenen fälligen Leistungen den künftigen Leistungen (Rn. 1635) hinzuzurechnen (§ 5 ZPO).1
1639
II. Feststellungsklage 1. Feststellung der Versicherungsleistung Wird lediglich auf Feststellung der Leistungspflicht geklagt, ist wie bei der Leistung zu bewerten (s. oben Rn. 1634 ff.).
1640
Je nach den Umständen ist ein Feststellungsabschlag vorzunehmen. Das OLG Köln2 geht in der Regel von 20 % aus. Hier ist allerdings Zurückhaltung geboten, weil § 9 ZPO bereits einen privilegierten Wert vorsieht. Siehe das Stichwort „Feststellungsklage“.
1641
2. Feststellung des Fortbestands des Vertrages Wird auf Feststellung des (Fort-)Bestands des Vertrages geklagt, so ist danach zu differenzieren, ob der Versicherungsfall – nach dem Vortrag des Klägers – bereits eingetreten ist oder nicht.
1642
a) Versicherungsfall ist noch nicht eingetreten Ist der Versicherungsfall noch nicht eingetreten, ist der Wert der Versicherungsbeiträge der nächsten dreieinhalb Jahre zugrunde zu legen, eventuell zzgl. fälliger Beträge (§ 9 ZPO). Ggf. ist ein Feststellungsabschlag vorzunehmen.
1643
b) Versicherungsfall ist eingetreten Ist der Versicherungsfall bereits eingetreten, richtet sich der Wert nach dem zu erwartenden Bezug, höchstens nach dem Bezug der nächsten dreieinhalb Jahre (§ 9 ZPO); ggf. abzgl. eines Feststellungsabschlags.
1644
c) Eintritt des Versicherungsfalls ist noch nicht geklärt Für eine Feststellungsklage auf Fortbestand einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, bezüglich derer nicht geklärt ist, ob der Versicherungsfall bereits eingetreten ist, soll der Wert mit 50 % des für eine Klage auf Leistung aus dieser Zusatzversicherung maßgeblichen Wertes angesetzt werden.3
1645
Besteht Streit über die Wirksamkeit eines Rücktritts des Versicherers von einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, so ist nach Auffassung des BGH4 der Streitwert – sofern der Versicherungsnehmer zwischenzeitlich den Eintritt des Versicherungsfalles angezeigt hat – mit der Hälfte des Wertes der Leistungsklage anzusetzen. Dabei ist der BGH gem. § 3 ZPO für eine Leistungsklage von dem 5-fachen Jahreswert ausgegangen. Offenbar hatte er hier den damaligen § 42 Abs. 1
1646
1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.4.1992 – 12 W 14/92, AGS 1994, 5 (Anschluss an BGH, Beschl. v. 11.11.1981 – IVa ZR 56/80, NJW 1982, 1399). 2 OLG Köln, Beschl. v. 12.12.1988 – 5 W 101/88, VersR 1989, 378. 3 BGH, Beschl. v. 12.2.1992 – IV ZR 241/91, NJW-RR 1992, 608. 4 BGH, Beschl. v. 11.7.1990 – IV ZR 100/90, NJW-RR 1990, 1361.
N. Schneider
265
Berufsunfhigkeitsrente
ZPO
GKG a.F. im Blick, der zwischenzeitlich aufgehoben worden ist. Abzustellen ist jetzt auf den 3 1/2-fachen Jahreswert. Zugrunde zu legen war nach Auffassung des BGH zum einen die begehrte monatliche Rente und – da mit dem Eintritt des Versicherungsfalls auch die Prämienzahlung entfiel – zusätzlich die monatliche Prämie. 1647
Zutreffend dürfte es sein, für den Gegenstandswert einer Feststellungsklage bei strittigem Eintritt des Versicherungsfalls von dem 3 1/2-fachen Jahresbetrag der begehrten monatlichen Rentenleistung sowie der für den Versicherungsfall vorgesehenen Prämienfreistellung auszugehen. Die Rechtsprechung nimmt davon dann einen Feststellungsabschlag von 50 % vor.1
III. Leistungs- und Feststellungsklage 1648
Wird neben einer Klage auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zugleich die Feststellung begehrt, dass der Versicherungsvertrag trotz einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung fortbestehe, so bemisst sich der Streitwert der Feststellungsklage nach dem 3 1/2-fachen Jahresbetrag der Rentenleistung ggf. abzgl. eines Feststellungsabschlags von 20 % sowie dem Wert der damit verbundenen Beitragsfreistellung (3 1/2-facher Jahresbetrag abzgl. 20 %).2 Die Werte von Feststellung und Leistung sind sodann zu addieren, wobei hinsichtlich identischer Zeiträume wegen wirtschaftlicher Identität ein Additionsverbot besteht.
B. Gebührenstreitwert 1649
Der Gebührenstreitwert richtet sich nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. den §§ 3 ff. ZPO. Es gelten daher die gleichen Grundsätze wie für den Zuständigkeitsstreitwert. Das gilt auch für die Anwaltsgebühren (§ 23 Abs. 1 Satz 1, 3 RVG).
1650
Fällige und zukünftige Beträge werden auch hier zusammengerechnet (§ 39 Abs. 1 GKG).
1651
Wird neben der Versicherungsleistung und der künftigen Beitragsbefreiung hilfsweise die Feststellung des Bestehens des Vertrages nach Anfechtung durch den Versicherer begehrt, so ist der Hilfsantrag, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht, streitwerterhöhend zu berücksichtigen und zwar mit 20 % des für eine Klage auf Leistung aus der Versicherung maßgeblichen Werts.3
1652
Einigen sich die Parteien in einem Verfahren auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente auch über die Beendigung des Versicherungsvertrags, so ist hierfür ein Mehrwert i.H.v. 20 % des 3,5-fachen Jahresbetrages der Summe aus Monatsrente und Monatsprämie anzusetzen.4
1 OLG Bamberg, Beschl. v. 6.5.2008 – 1 W 14/08, VersR 2009, 701; OLG Celle, Beschl. v. 3.1.2007 – 8 U 123/06, VersR 2008, 1515; ebenso wohl auch BGH, Urt. v. 13.12.2000 – IV ZR 279/99, NJW-RR 2001, 316. 2 BGH, Beschl. v. 17.5.2000 – IV ZR 294/99, VersR 2001, 600. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.10.2011 – 14 W 84/11. 4 OLG Nürnberg, Beschl. v. 13.8.2014 – 8 W 1409/14, AGS 2015, 79; Beschl. v. 22.3.2012 – 8 W 390/12; OLG Hamm, Beschl. v. 27.4.2012 – 20 W 13/12, VersR 2013, 920.
266
N. Schneider
Berufungsrcknahme
C. Rechtsmittelstreitwert Für den Rechtsmittelstreitwert gelten die gleichen Grundsätze wie für den Zuständigkeitsstreitwert.
1653
Bei der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bemisst sich die Beschwer nach dem 3 1/2-fachen Jahresbetrag der begehrten monatlichen Rentenzahlung zzgl. der monatlichen Prämie, von der der Versicherungsnehmer freizustellen ist. Ist der Eintritt des Versicherungsfalls ungeklärt, ist hiervon ein Abschlag von 50 % vorzunehmen. Ist der Eintritt der Berufsunfähigkeit hingegen geklärt, beläuft sich der Feststellungsabschlag auf 20 %. Für die Wertbemessung der Beschwer ist die Rechtshängigkeit etwaiger Leistungsansprüche bedeutungslos.1
1653a
Berufung Siehe das Stichwort „Rechtsmittel“.
Berufungsrcknahme A. Einleitung Nach Rücknahme der Berufung ergeht von Amts wegen ein Beschluss, in dem der Berufungsführer des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt wird und ihm die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt werden (§ 516 Abs. 3 ZPO). Die Parteien können den eigenen Kostenerstattungsanspruch außergerichtlich ausschließen.2
1654
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Gerichtsgebühren fallen für den Beschluss nach § 516 Abs. 3 ZPO nicht an. Die Frage, welcher Gegenstandswert für die Verlustigerklärung im Hinblick auf die Anwaltsgebühren festzusetzen ist, ist umstritten. Der praktische Anwendungsbereich dieser Streitwertbestimmung ist allerdings gering: Ist der Anwalt Prozessbevollmächtigter des vorhergehenden Rechtszugs, so erhält er für die Tätigkeit im Rahmen des Beschlusses nach § 516 Abs. 3 ZPO keine eigene Gebühr neben der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, weil diese noch zum Rechtszug gehört (§ 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG).3 Die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren, in welchem der Anwalt bereits vor Rücknahme der Berufung tätig war, berechnet sich nach dem Wert des Berufungsverfahrens in der Hauptsache (vgl. § 47 GKG). Für den Prozessbevollmächtigten des Berufungsverfahrens ist die Tätigkeit ebenfalls mit der Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV RVG) bzw. – wenn die Rücknahme im Termin erklärt wird – mit der Terminsgebühr (Nr. 3202 VV RVG) abgegolten. Es verbleibt damit nur der Anwalt, für den die Entgegennahme der Rücknahmeerklärung und des Beschlusses nach § 516 Abs. 3 ZPO eine 1 BGH, Beschl. v. 1.12.2004 – IV ZR 150/04, VersR 2005, 959. 2 LG Karlsruhe, Beschl. v. 5.7.2013 – 9 T 146/11, NJW-RR 2013, 1343; BGH, Beschl. v. 11.10.2006 – XII ZR 285/02, NJW 2007, 1213. 3 OLG Hamburg, Beschl. v. 14.7.2003 – 8 W 152/03, MDR 2003, 1261.
N. Schneider/Noethen
267
1655
ZPO
Berufungsrcknahme Einzeltätigkeit darstellt. Für diesen muss zur Berechnung der verdienten Gebühren ein eigenständiger Wert für den Beschluss nach § 516 Abs. 3 ZPO festgesetzt werden. 1656
Nach einer Ansicht1 ist der Wert des Hauptsacheverfahrens für den Gegenstandswert maßgeblich. Nach anderer Ansicht2 richtet sich der Streitwert nach dem Betrag derjenigen Kosten, die bis zur Rücknahme des Rechtsmittels angefallen sind. Darüber hinaus sei ggf. für die Verlustigerklärung ein eigener, nach § 3 ZPO zu schätzender Wert zu addieren.3
Û
Beispiel: Der in erster Instanz unterlegene Kläger verlangt mit der Berufung weiterhin die Zahlung von 15 000 Euro. Nach Hinweis des Senats auf die mangelnden Erfolgsaussichten nimmt er die Berufung zurück. Es ergeht ein Beschluss nach § 516 Abs. 3 ZPO. Nach der ersten Meinung gilt für diesen Beschluss ein Gegenstandswert von 15 000 Euro (Hauptsachewert). Nach der zweiten Meinung sind für den Gegenstandswert die bislang angefallenen Kosten (Gerichtsgebühren sowie Anwaltsgebühren für zwei Parteien) zu berechnen.
1657
Da sowohl die Verlustigerklärung als auch die Kostentragungspflicht des Berufungsführers von Amts wegen in demselben Beschluss ausgesprochen werden, kommt nur ein gemeinsamer Gegenstandswert in Betracht. Richtigerweise muss für die Berechnung dieses Wertes nach dem Zeitpunkt der Berufungsrücknahme differenziert werden: – Ist – was in der Praxis allerdings selten sein dürfte – die Berufungsfrist noch nicht abgelaufen, kann dem Beschluss über Verlustigerklärung und Kosten nur der Wert der bisher entstandenen Kosten beigemessen werden. Denn die Verlustigerklärung hat für den Berufungsbeklagten in diesem Fall kein zusätzlich messbares Interesse, da sie sich nur auf das konkrete Rechtsmittel bezieht und eine erneute Berufung innerhalb der laufenden Frist eingelegt werden kann.4 – Ist jedoch die Berufungsfrist im Zeitpunkt der Rücknahme bereits abgelaufen, so bedeutet die Verlustigerklärung, dass der Berufungsbeklagte vor einem erneuten Angriff gegen das erstinstanzliche Urteil geschützt und der Rechtsstreit abgeschlossen ist. Insofern ist es hier gerechtfertigt, den Wert des Beschlusses nach § 516 Abs. 3 ZPO gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG auf den vollen Wert des Berufungsverfahrens zu schätzen.
1658
Ein anderes, bei allen Rechtsmitteln auftretendes Problem besteht darin, inwieweit der Berufungsstreitwert herabgesetzt werden kann, um Kosten zu ersparen, indem vor der Rücknahmeerklärung ein niedrig gehaltener Sachantrag gestellt wird. Diese Frage wird bei dem Stichwort „Rechtsmittel“ erörtert. Dort finden sich auch Ausführungen zu den Folgen der Rücknahme einer nur versehentlich eingelegten Berufung.
1659
Ähnliche Bewertungsprobleme können auch bei der Klagerücknahme auftreten.5
1 RGZ 155, 382; OLG München, Beschl. v. 27.2.2004 – 19 U 1540/04, MDR 2004, 966; OLG Rostock, Beschl. v. 30.8.2007 – 6 U 1/06, MDR 2007, 1398 = AGS 2008, 305 (hier ging es allerdings in der Sache um den Wert des Berufungsverfahrens und nicht um einen isolierten Wert für das Verfahren nach Berufungsrücknahme); Zöller/Heßler, § 516 ZPO Rn. 27. 2 BGH, Beschl. v. 14.12.1954 – V ZR 8/53, BGHZ 15, 394; OLG Hamm, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 23; OLG Koblenz, Beschl. v. 3.12.1982 – 14 W 651/82, MDR 1983, 414; OLG Koblenz, Beschl. v. 13.7.1995 – 13 UF 375/95, JurBüro 1996, 307. 3 Vgl. BGH, Beschl. v. 14.12.1954 – V ZR 8/53, BGHZ 15, 394; Herget, Anm. zu KostRsp. BRAGO § 31 Ziff. 1 Nr. 81; Schneider, JurBüro 1970, 899 f.; vgl. auch das Stichwort „Klagerücknahme“. 4 BGH, Beschl. v. 1.4.1958 – VIII ZR 191/57, BGHZ 27, 60; Urt. v. 9.12.1993 – IX ZR 64/93, MDR 1994, 1038 = NJW 1994, 737. 5 Vgl. das Stichwort „Klagerücknahme“.
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Noethen
Beseitigung
Beschrnkt persçnliche Dienstbarkeit Siehe das Stichwort „Dienstbarkeit (§ 1090 BGB)“.
Beschrnkte Haftung Siehe das Stichwort „Haftungsbeschränkung“.
Beschwerde Siehe das Stichwort „Rechtsmittel“.
Beseitigung Literatur: N. Schneider, JurBüro 2002, 532 (Beseitigung von Parabolantennen); Gerold, JurBüro 1959, 364 (Beseitigung eines auf einem zu räumenden Pachtgrundstück errichteten Bauwerks); Schmidt, JurBüro 1961, 379 (Beseitigung von Bauschutt).
A. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Gemäß § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG ist der Wert des Beseitigungsverlangens nach 1660 freiem Ermessen zu schätzen. Wertbestimmend ist das Interesse des Klägers an der Beseitigung, d.h. an der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes.1 Dabei sind insbesondere die wirtschaftlichen Nachteile zu berücksichtigen, die dem Kläger durch den unrechtmäßigen Zustand erwachsen.2 Bei der Störung von Grundeigentum ist der Wertverlust maßgebend, den die Sache durch die Störung erleidet.3 Das Interesse an der Beseitigung ist – soweit mit der Störung keine Substanzbeeinträchtigung einhergeht – wertmäßig nicht identisch mit dem zur Wiederherstellung erforderlichen Aufwand. Der Beseitigungsaufwand ist auch nicht neben dem Wiederherstellungsinteresse zu berücksichtigen.4 Ebenfalls ohne Bedeutung ist – an dieser Stelle – das Abwehrinteresse des Beklagten.5 Wird neben Beseitigung zugleich auf Unterlassung künftiger Beeinträchtigungen geklagt, dann sind die Einzelwerte zusammenzurechnen.6
1 BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZR 19/12, Grundeigentum 2012, 1314; Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, MDR 2006, 1374. 2 KG, JurBüro 1956, 348: Entfernung von Reklameanlage auf Hausdach; OLG Koblenz, Urt. v. 7.1.1998 – 7 U 349/97, OLGR 1999, 114. 3 BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, MDR 2006, 1374 – Anbringung einer Parabolantenne. 4 BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, MDR 2006, 1374; a.A. OLG Düsseldorf, NJWRR 2001, 160; LG Frankfurt/M., JurBüro 2002, 532 mit abl. Anm. N. Schneider; wohl auch Musielak/Voit/Heinrich, § 3 ZPO Rn. 24 unter „Beseitigung“. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.9.2007 – 19 W 57/07, AGS 2008, 92 = NJW-RR 2008, 534. 6 BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZR 19/12, Grundeigentum 2012, 1314.
Kurpat
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ZPO
Beseitigung
B. Rechtsmittel und Beschwer 1661
Der Beschwerdewert einer Beseitigungsklage bestimmt sich nach § 3 ZPO1 und ist für den Kläger und den Beklagten in der Regel unterschiedlich zu bemessen. Während die (formelle) Beschwer des vollständig unterliegenden Klägers dem Gebührenstreitwert entspricht, kann die (materielle) Beschwer des unterliegenden Beklagten diesen Betrag übersteigen.2 Denn die Beschwer des Beklagten bestimmt sich nach dessen Interesse, nicht mit dem mit der Beseitigung verbundenen Aufwand belastet zu werden. Dieser entspricht daher regelmäßig den zur Wiederherstellung des nach dem Urteil geschuldeten Zustandes erforderlichen Beseitigungskosten,3 die auf der Grundlage der Kosten einer Ersatzvornahme geschätzt werden können.4 Im Einzelfall kann ein darüber hinausgehendes Interesse am Erhalt des angegriffenen Zustandes zu berücksichtigen sein.5 Hierfür bedarf es der konkreten Darlegung, dass die mit der Beseitigung verbundenen Nutzungs- oder sonstigen Einbußen von dem Beklagten nicht anderweitig (in gleichartiger Weise) kompensiert werden können. Beispielsweise, dass eine unter Verletzung nachbarrechtlicher Abstandsvorschriften gepflanzte Hecke unter Beachtung des gebotenen Abstandes umgepflanzt, während eine zu beseitigende Garage aufgrund einer geringen Grundstücksgröße an keiner anderen Stelle des Grundstücks errichtet werden kann.
1662
Zur Beschwer bei der Verurteilung zur Beseitigung einer Eigentumsstörung s. auch die Stichwörter „Eigentums- und Besitzstörung“, Rn. 1904 ff., „Nachbarrechtliche Ansprüche“, Rn. 4143 und „Rechtsmittel“, Rn. 4675 ff.
C. Einzelfälle aus der Rechtsprechung 1663
Für die Bewertung einer auf Beseitigung kredithinderlicher Eintragungen („Schufa-Eintragungen“) gerichteten Klage ist das Interesse des Klägers an der Beseitigung, d.h. in der Regel das Ausmaß etwaiger durch sie drohende Kreditnachteile maßgeblich. Negative Eintragungen können insbesondere zur Herabstufung der Kreditwürdigkeit eines potentiellen Kreditnehmers führen und erhebliche Krediterschwernisse oder Nachteile bei der Anbahnung anderweitiger Dauerschuldverhältnisse (Miete) mit sich bringen.6
1664
Der Streitwert einer auf Beseitigung von Internet-Inhalten gerichteten Klage richtet sich nach dem Umfang der Beeinträchtigung des sozialen Geltungsanspruchs bzw. der wirtschaftlichen Verhältnisse des Anspruchsstellers. Gegenstand des Beseitigungsverlangen können dabei Angaben auf einer Internetseite (z.B. auf Facebook, Spickmich, Ebay etc.) oder die Anmeldung und Unterhaltung von Internetadressen (z.B. Tippfehlerdomains)7 sein. Soweit neben der Beseitigung die Un1 BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, MDR 2006, 1374. 2 Ausführlich BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, MDR 2006, 1374; Beschl. v. 26.6.1997 – IX ZR 59/97, WM 1997, 2049. 3 BGH, Beschl. v. 6.12.2012 – V ZR 44/12, Grundeigentum 2013, 347; Beschl. v. 29.1.2009 – V ZR 152/08, Grundeigentum 2009, 514; Beschl. v. 18.12.2008 – V ZR 110/08; Beschl. v. 15.6.2005 – XII ZR 104/02, NZM 2005, 677; Beschl. v. 20.4.2005 – XII ZR 92/02, MDR 2005, 1194; Beschl. v. 29.4.2004 – III ZB 72/03, WuM 2004, 352. 4 BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – VII ZR 134/11, NJW-RR 2012, 1107; Beschl. v. 29.1.2009 – V ZR 152/08, Grundeigentum 2009, 514; Beschl. v. 8.1.2009 – IX ZR 107/08, AGS 2009, 240 = NJW-RR 2009, 549. 5 Offenlassend BGH, Beschl. v. 29.1.2009 – V ZR 152/08, Grundeigentum 2009, 514. 6 OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.4.2007 – 3 W 69/06, NJ 2008, 83 (Ls.): 10 000 Euro; OLG Düsseldorf, ZMR 2007, 108; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.5.2005 – 15 U 196/04, NJW 2005, 2401. 7 LG Stuttgart, Urt. v. 27.1.2009 – 43 O 101/08 KfH, MMR 2009, 271: 10 000 Euro je Domain.
270
Kurpat
Beseitigung terlassung künftiger Rechtsverletzungen verlangt wird, ist der höherwertige Unterlassungsanspruch maßgebend. Eine Zusammenrechnung der Werte der Einzelansprüche findet nicht statt (vgl. im Einzelnen unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“, Rn. 3665). Wird Beseitigung von Leuchtreklame verlangt, dann ist nach OLG Saarbrücken1 auf die Höhe der monatlichen Nutzungsentschädigung abzustellen, die der Kläger durch die Vermietung der Reklamewand erzielen könnte, der 3,5-fachen Jahresmiete (§ 9 ZPO). Das Interesse des Vermieters an der Beseitigung einer an der Hauswand ohne seine Zustimmung angebrachten Metallverkleidung ist nach der optischen Beeinträchtigung der Hausfassade und etwaig drohender Gewährleistungsansprüchen der übrigen Mieter und Nachbarstreitigkeiten zu bewerten.2
1665
Den Streitwert einer Klage auf Beseitigung eines (18 m langen) Jägerzaunes hat das AG Königstein3 mit 600 Euro bemessen. Den Streitwert des Anspruchs auf Beseitigung einer Funkantenne hat das LG Hamburg mit (umgerechnet) 500 DM bewertet und dabei u.a. auf die Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks des Gebäudes abgestellt.4
1666
Bei der Bewertung der Klage auf Beseitigung einer Parabolantenne werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Ansätze vertreten. Während ein Teil ausschließlich auf den mit der Beseitigung verbundenen Aufwand abstellt,5 berücksichtigen andere neben dem Beseitigungsaufwand das Interesse des Hauseigentümers (Vermieters) an der Erhaltung des optischen Gesamteindrucks des Hauses.6 Schließlich wird – entsprechend den vorstehenden Ausführungen – allein auf den Wert der Beeinträchtigung des Hauseigentümers (Vermieters) durch die mit der Anbringung einhergehende optische und/oder die Gebäudesubstanz verletzende Beeinträchtigung abgestellt.7 Dem letztgenannten Ansatz hat sich – für die gleichlaufende Beschwer des unterliegenden Klägers – nunmehr auch der BGH8 angeschlossen und dem Beseitigungsaufwand eine (mittelbare) Bedeutung nur für den Fall beigemessen, dass die mit der Wiederherstellung verbundenen Kosten einen Anhaltspunkt für die Wertminderung des Gebäudes darstellen. Demgegenüber bemisst sich die Beschwer des zur Beseitigung verurteilten Beklagten grundsätzlich nach den für die Beseititung der Parabolantenne erforderlichen Aufwendungen. Im Einzelfall kann jedoch das Interesse des Mieters am Empfang zusätzlicher, insbesondere muttersprachlicher Fernsehprogramme werterhöhend berücksichtigt werden.9 Siehe auch das Stichwort „Mietstreitigkeiten“, Rn. 3984 f.
1667
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OLG Saarbrücken, JurBüro 1980, 280. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.4.2011 – 10 W 33/11, Grundeigentum 2011, 752. AG Königstein, Urt. v. 12.11.2000 – 21 C 365/99, NZG 2001, 112. LG Hamburg, Urt. v. 3.9.1990 – 311 T 74/90, WuM 1991, 359; ebenso AG Lörrach, Beschl. v. 20.9.2011 – 4 C 1292/11; zum Anspruch selbst s. auch OLG aktuell 1/92 Seite 2. LG Berlin, Urt. v. 13.8.2001 – 62 S 99/01; LG Kiel, Beschl. v. 18.3.1994 – 1 S 319/93, WuM 1996, 632; LG München, Beschl. v. 12.10.1993 – 20 S 17880/92, 20 S 16565/98, WuM 1993, 745; LG Wuppertal, Urt. v. 9.4.1997 – 8 S 11/97, WuM 1997, 324. LG Frankfurt, Beschl. v. 8.5.2002 – 2-11 T 22/02, JurBüro 2002, 532 = WuM 2002, 378; Schmittmann, JurBüro 1995, 509; LG Karlsruhe, Beschl. v. 20.4.2000 – 9 T 40/99, AGS 2000, 135; AG Lörrach, Beschl v. 20.9.2011 – 4 C 1292/11. LG Cottbus, Urt. v. 26.2.2014 – 5 S 59/13, WuM 2014, 197 (Plattenbau); LG Berlin, Beschl. v. 4.6.1993 – 64 T 75/93, Grundeigentum 1993, 805; LG Bonn, Beschl. v. 11.1.1993 – 6 S 416/92, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1137: 1200 DM mit Anm. Herget = WuM 1993, 468; N. Schneider, JurBüro 2002, 532. BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, MDR 2006, 1374 = NJW 2006, 2639. Offengelassen in BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, MDR 2006, 1374 = NJW 2006, 2639.
Kurpat
271
Beseitigung Zum Streitwert einer Klage auf Räumung eines Grundstücks und Beseitigung darauf befindlicher beweglicher und unbeweglicher Sachen (im letztgenannten Fall liegen unterschiedliche Streitgegenstände vor)1, s. ausführlich unter dem Stichwort „Mietstreitigkeiten“, Rn. 3841 ff. Wird dagegen vom Vermieter nicht Räumung und Herausgabe, sondern nur die Entfernung von Aufbauten verlangt, ist der Streitwert gem. § 3 ZPO nach dem Interesse an deren Beseitigung zu bemessen.2
1669
Zur Beseitigung eines Überbaus, hier ist für die Wertbestimmung grundsätzlich der Wertverlust maßgeblich, den das betroffene Grundstück durch den Überbau erleidet,3 s. das Stichwort „Überbau“. Zur Beseitigung von gegenwärtigen Besitzstörungen (§ 862 BGB) s. auch unter dem Stichwort „Besitz“.
1670
Verlangt der Kläger aufgrund vertraglicher Beziehungen mit dem Beklagten die Beseitigung von Mängeln gegenständlicher Vertragsleistungen, z.B. der fehlerhaften Ausführung baulicher Leistungen (§ 635 BGB), bestimmt sich der Streitwert nach § 3 ZPO. Maßgebend ist das Interesse des Klägers an einer mangelfreien Leistung und damit der Minderwert der mangelhaften Leistung. Der Betrag entspricht in der Regel den Kosten der Mängelbeseitigung, da diese – zumindest bei neuwertigen Waren und Leistungen – im Falle der Veräußerung vom Verkehrswert der mangelfreien Sache abgezogen werden (s. auch unter den Stichwörtern „Werkvertrag“ und „Kaufvertrag“).
1670a
Auch bei einer Klage des Mieters auf Beseitigung von Schäden der Mietsache oder – gleich bedeutend – auf Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustandes ist auf das Interesse des Mieters am begehrten Zustand der Sache abzustellen. Dieses Interesse ist nicht ohne Weiteres identisch mit den vom Vermieter zur Beseitigung des Mangels aufzuwendenden Kosten.4 Insbesondere rechtfertigt § 538 Abs. 2 BGB es nicht, das Wiederherstellungsinteresse des Mieters mit dem entsprechenden Kostenaufwand des Vermieters wirtschaftlich gleichzustellen. § 538 BGB ist nur eine Privilegierung, bei der als vertretbare Handlung anzusehenden Mängelbeseitigung sofort auf Vorschuss bzw. Ersatzvornahmekosten zu klagen. Das ändert nichts an dem zugrunde liegenden Nutzungsinteresse, wie das Beispiel zeigt, dass eine fehlende Schraube (MB-Aufwand 50 Euro) einen Heizungsausfall (Minderung 100 %) verursacht.
1671
Soweit eine Mietwohnung betroffen ist, greifen jedoch die Sperrbeträge des § 41 Abs. 1, 2 und 5 GKG ein. Der Streitwert darf nicht höher als eine Jahresmiete angesetzt werden, da es in sich widersprüchlich wäre, den Bestandsschutz an einer Wohnung geringer zu bewerten als den Anspruch auf Beseitigung von Mängeln und auf Wiederherstellung des vertragsmäßigen Zustandes.5 Insoweit ist auch der Ansatz abzulehnen, wonach das Mieterinteresse auf den Mietminderungsbetrag für 36 bzw. 42 Monate zu schätzen sei.6 Dafür findet sich im Gesetz kein Anhaltspunkt. Siehe auch unter dem Stichwort „Mietstreitigkeiten“, Rn. 3916 f.
1672
Bei einer auf Beseitigung eines auf dem Grundstück des Klägers verlegten Energieversorgungskabels gerichteten Klage, ist das klägerische Interesse an dieser Beseitigung, hilfsweise an der Unterlassung der Benutzung des Kabels, wertbestimmend. Die Bewertung hat sich vorrangig auch an der Wertminderung des betroffenen Grundstücks zu orientieren.7
ZPO
1668
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Zutr. BGH, Beschl. v. 16.3.2012 – LwZB 3/11, MDR 2012, 1117 (Beschwer). LG Cottbus, Beschl. v. 10.7.2013 – 5 S 10/13, AGS 2014, 382 (Fertigteilgarage). BGH, Beschl. v. 19.5.2011 – V ZB 250/10, WuM 2011, 432. OLG Schleswig, SchlHA 1991, 202; LG Hamburg, ZMR 1985, 1032 = JurBüro 1985, 1701. OLG Schleswig, SchlHA 1991, 202. LG Hamburg, Beschl. v. 11.5.1984 – 16 T 16/84, ZMR 1985, 1032 = JurBüro 1985, 1701; ZMR 1998, 294 = NZM 1998, 305; LG Berlin, ZMR 1999, 556. 7 BGH, Urt. v. 6.11.1998 – V ZR 48/98, ZfIR 1998, 749; OLG Koblenz, Urt. v. 7.1.1998 – 7 U 349/97, OLGR 1998, 114: 20 %ige Minderung bei Wald- und Wiesengrundstücken.
272
Kurpat
Besichtigung
Besichtigung Literatur: Lützenkirchen, Besichtigungsrechte des Vermieters von Wohn- und Gewerberaum, NJW 2007, 2152.
A. Allgemeines Zuweilen entsteht im Rahmen vertraglicher Nutzungs- oder Leistungsverhältnisse das Bedürfnis einer Vertragspartei, den Vertragsgegenstand zu besichtigen. Dem Wesen nach handelt es sich um einen auf Duldung gerichteten Anspruch, da den zur Ermöglichung der Besichtigung erforderlichen Leistungshandlungen, etwa der Gewährung des Zutritts, nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Besichtigung durch den Kläger selbst oder durch Dritte, etwa einen Sachverständigen, erfolgen soll.
1673
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Bei der auf Duldung einer Besichtigung gerichteten Klage bestimmen sich Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG. Dies gilt auch im Zusammenhang mit einem Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsverhältnis, wenn beispielsweise der Vermieter vom Mieter verlangt, die Mietsache selbst oder über einen Dritten besichtigen zu können. Da es sich um einen Streit über die aus einem Nutzungsverhältnis erwachsenden Verpflichtungen handelt, ist § 41 GKG unmittelbar nicht anwendbar.
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Das in allen Fällen für den Streitwert maßgebliche klägerische Interesse ist ausgehend vom Zweck der Besichtigung zu ermitteln.1
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Geht es um eine Besichtigung durch Mietinteressenten, dient sie der Ermöglichung einer Weitervermietung, also dem Abschluss eines Mietvertrages. Hier ist eine Bruchteilsbewertung geboten, bezogen auf die für den Vertragsabschluss geltenden Bewertungsmaßstäbe (s. unter dem Stichwort „Vertragsabschluss“). Insoweit kann das Vermietungsinteresse gem. § 9 ZPO mit dem 3 1/2-fachen des Jahresbetrages der Miete bemessen werden und entsprechend der Bewertung des Auskunftsanspruchs – je nach Dringlichkeit und Bedeutung – ein Bruchteil zwischen 1/10 und 1/5 angesetzt werden. Denn die Besichtigung dient nur der Vorbereitung weiter gehender Ansprüche bzw. Rechtsänderungen, indem sie Auskunft über den Zustand der Mietsache gibt.2
1676
Ähnlich liegt es, wenn es um eine Besichtigung durch Kaufinteressenten und damit um das Verwertungsinteresse des Vermieters geht. Für den Streitwert ist daher auf einen Bruchteil des beabsichtigten Kaufpreises abzustellen.3 Den Mindererlös aufgrund eines (etwaigen) Scheiterns der Kaufverhandlungen heranzuziehen,4 erscheint dagegen wenig sinnvoll. Weder lassen sich das Risiko des Scheiterns und ein daraus – möglicherweise – resultierender Minderlös bei Klageerhebung annähernd einschätzen, noch repräsentiert dieser das Verwertungsinteresse des Klägers.
1677
1 Zutreffend AG Coesfeld, Urt. v. 15.10.2013 – 4 C 210/13, WuM 2014, 165. 2 Vgl. auch Hartmann, KostG, Anh. I § 48 GKG (§ 3 ZPO) Rn. 83: 1 Monatsmiete; Lützenkirchen, NJW 2007, 2152 (2156). 3 AG Dorsten, WuM 1979, 15. 4 Lützenkirchen, NJW 2007, 2152 (2156).
Kurpat
273
ZPO
Besichtigung Da es um das Verwertungsinteresse des Vermieters geht, scheidet als Anknüpfungspunkt die Jahresmiete1 aus, da diese allein den Nutzungswert repräsentiert. 1678
Dient die Besichtigung durch den Vermieter der Klärung, ob die Mietsache mit Mängeln behaftet oder sonst in ihrer Substanz gefährdet ist, ist Ausgangspunkt das Interesse des Vermieters am Substanzerhalt. Da es sich hierbei um notwendige Vorbereitungen zu etwaig geschuldeten Instandsetzungs- oder zu duldenden Erhaltungsmaßnahmen handelt, ist – zumindest im Bereich des Wohnungsmietrechts – ein Bruchteil des für den Anspruch auf Mängelbeseitigung nach § 41 Abs. 5 GKG maßgeblichen Wertes geboten.2
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Ist die Klage auf Duldung der Besichtigung eines Hausgrundstücks durch einen Sachverständigen zum Zwecke der Wertschätzung gerichtet, ist nach den Grundsätzen für die Bewertung eines Auskunftsanspruchs zu beziffern; maßgebend ist daher das Bewertungsinteresse des Klägers, nicht das Duldungsinteresse des Beklagten.3 Geht es um die Duldung der Besichtigung im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens4 ist auf das Interesse des Klägers an der Beweissicherung und der vorzubereitenden Rechtsverfolgung in der Hauptsache abzustellen und die Bruchteilsbewertung nach der Bedeututung der Beweissicherung zu bemessen. Der Streitwert eines Besichtigungsanspruch nach § 101a Abs. 1 Satz 1 UrhG richtet sich nach dem Streitwert der Ansprüche, deren Vorbereitung er dient. Für das Verhältnis vom Besichtigungs- zum Hauptanspruch kann auf die Grundsätze zur Bemessung des Auskunftsanspruchs zurückgegriffen werden, der ebenfalls der Vorbereitung des Hauptanspruchs dient und regelmäßig mit 1/10 bis 1/4 des Hauptsachewertes zu bemessen ist. Im Einzelfall ist darauf abzustellen, in welchem Umfang der Kläger zur Begründung seines Hauptanspruches auf die Auskunftserteilung angewiesen ist.5
C. Rechtsmittel und Beschwer 1680
Während sich die Beschwer des Klägers nach dem Wert des Klageantrages und damit nach dem Gebührenstreitwert bestimmt, ist für die Beschwer des Beklagten auf die mit der (ggf. mehrfachen) Besichtigung verbundene Beeinträchtigung abzustellen. Insofern ist von Bedeutung, ob der titulierte Anspruch auf Vornahme von Besichtigungen Beschränkungen enthält, etwa hinsichtlich der Anzahl und Zeitpunkt.6 Abzustellen ist auf den mit der Besichtigung für den Beklagten verbundenen Zeit- und Kostenaufwand. Hier kann auch Verdienstausfall berücksichtigt werden, der dem Beklagten entsteht, weil er bei der Besichtigung anwesend sein will.7 Die Beschwer wird bei einer zu duldenden Besichtigung durch einen Sachverständigen oder zweimal jährlich durch einen Miteigenümer regelmäßig 600 Euro unterschreiten.8
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Ist der Beklagte zur Duldung der Wertermittlung seines Grundstücks durch einen Sachverständigen verurteilt worden, bleiben die Kosten der zu duldenden Maß-
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So aber AG Steinfurt, Urt. v. 10.4.2014 – 21 C 987/13, WuM 2014, 405. So auch Lützenkirchen, NJW 2007, 2152 (2156). OLG Bamberg, Beschl. v. 30.9.1986 – 7 WF 50/86, JurBüro 1987, 427. Vgl. LG Aurich, Urt. v. 28.10.2011 – 5 O 854/11, NZM 2012, 428 = NZBau 2012, 369. BGH, Beschl. v. 31.3.2010 – I ZR 27/09; Beschl. v. 25.1.2006 – IV ZR 195/04, FamRZ 2006, 119. 6 BGH, Beschl. v. 31.3.2010 – XII ZB 130/09, MDR 2010, 765; Beschl. v. 12.7.2007 – V ZB 36/07, NZM 2007, 660 = NJW-RR 2007, 1384. 7 BGH, Beschl. v. 22.4.1999 – IX ZR 292/98, FamRZ 1999, 647 = NJWE-FER 1999, 65; OLG Koblenz, Beschl. v. 24.9.1999 – 5 U 545/99, AnwBl. 2000, 264. 8 BGH, Beschl. v. 31.3.2010 – XII ZB 130/09, MDR 2010, 765 – Miteigentümer.
274 Kurpat
Besitz nahme bei der Ermittlung der Beschwer außer Ansatz, da diese dem Kläger als Auftraggeber und Beweisführer obliegen. Zu berücksichtigen ist jedoch auch hier der Verdienstausfall des Beklagten, wenn er wegen der Begutachtung unbezahlten Urlaub nehmen muss. Dagegen bleiben die Kosten für die Zuziehung eines Rechtsanwalts unberücksichtigt, da sich die Auskunftsverurteilung nicht darauf erstreckt, sondern sich in der Pflicht erschöpft, den Zutritt zum Grundstück zu dulden.1 Im Einzelfall können auch die mit einer Besichtigung verbundenen Eingriffe in die Bausubstanz, etwa bei einer Ortsbesichtigung durch einen Sachverständigen, (zusätzlich) wertbestimmend sein.2
Besitz Gliederungsübersicht Rn. A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1683 B. I. II. III. IV. V.
Zuständigkeitsstreitwert Allgemeines . . . . . . . . . . Wert der Sache . . . . . . . . Besitzeinräumung . . . . . . Besitzstörung . . . . . . . . . Besitzeinweisung . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
1684 1688 1692 1700 1704
Rn. C. I. II. III. IV.
Gebührenstreitwert Allgemeines . . . . . . Wert der Sache . . . . Besitzeinräumung. . Besitzstörung . . . . .
. . . .
. . . .
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. . . .
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. . . .
. . . .
. . . .
1706 1708 1709 1713
D. Rechtsmittel und Beschwer . . . . 1716
Stichwortübersicht Abnahme, Kaufgegenstand . . . . . . . Affektionsinteresse . . . . . . . . . . . . . Baulandverfahren . . . . . . . . . . . . . . Befahren von Grundstücken . . . . . . Begriff des Besitzes . . . . . . . . . . . . . Dingliche Belastungen . . . . . . . . . . Eigenbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einräumung – vom Bauträger . . . . . . . . . . . . . . . – von Mitbesitz . . . . . . . . . . . . . . . – an Wohnhaus . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . Einweisung in Grundstücksbesitz. . Entziehung von Wohnraumbesitz . . Fremdbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegenleistung. . . . . . . . . . . . . . . . . Grundstücksübergabe, Verzögerung Hauskauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herausgabe von Eigentum und ~ . . .
Rn.
Rn.
. . . . . . .
. . . . . . .
1686 1688 1705 1702 1683 1690 1683
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
1711 1698 1712 1707 1704 1710 1683 1689 1697 1712 1692
Kfz-Fahrwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1702 Leihvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1684 Miet-/Pachtverhältnis . . . 1695, 1709, 1714 Mitbenutzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . 1687 Mittelbarer ~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1683 Parkplätze, Besitzstörung . . . . . . . . . . 1702 Störung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1717 – des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . 1703 Streitgegenstand . . . . . . . . . . . . . 1684, 1707 Ungerechtfertigte Bereicherung . . . . . 1694 Unterlassung der Besitzstörung . . . . . 1700 Urkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1699 Verkehrswert . . . . . . . . . . 1688, 1696, 1708 Verletzung von Strafgesetzen . . . . . . . 1701 Verwahrungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . 1684 Vorläufige Besitzübertragung . . . . . . . 1712 Vorlegung einer Sache . . . . . . . . . . . . 1686 Wert der Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1684 Wohnhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1712
1 BGH, Beschl. v. 30.10.1991 – XII ZB 127/91, NJW-RR 1992, 188. 2 BGH, Beschl. v. 4.11.1998 – XII ZB 111/98, FamRZ 1999, 647 = NJWE-FER 1999, 65; OLG Koblenz, Beschl. v. 24.9.1999 – 5 U 545/99, AnwBl. 2000, 264.
Kurpat
275
1682
ZPO
Besitz
A. Einleitung 1683
Unter Besitz ist die vom Verkehr anerkannte tatsächliche Sachherrschaft einer Person über eine Sache zu verstehen, § 854 BGB. Der Besitzbegriff der §§ 854 ff. BGB schließt den unmittelbaren und mittelbaren Besitz, Eigenbesitz und Fremdbesitz ein.1
B. Zuständigkeitsstreitwert I. Allgemeines 1684
Gemäß § 6 ZPO wird der Zuständigkeitsstreitwert durch den Wert der Sache bestimmt, wenn es auf deren Besitz ankommt. Streitgegenstand ist der Sachbesitz immer, wenn der Klageantrag darauf abzielt, den Besitz zu erlangen oder wiederzuerlangen, selbst wenn der Beklagte nicht Besitzer ist, sondern er dem Kläger den Besitz anderweitig verschaffen soll. Dies gilt auch dann, wenn der Kläger selbst Eigentümer ist,2 beispielsweise bei dem Verlangen der Herausgabe von Sachen aufgrund eines Leihvertrages oder eines Verwahrungsvertrages.3
1685
Ob der Wert der Sache ebenso maßgeblich ist, wenn allein die Eigentumsübertragung, nicht aber die Besitzeinräumung im Streit steht, ist umstritten.4 Siehe hierzu unter den Stichwörtern „Auflassung“ und „Eigentum“.
1686
Die Erlangung des Besitzes steht nicht im Streit, wenn der Kläger gem. § 809 BGB die Vorlegung einer Sache zum Zwecke der Besichtigung oder Einsicht5 oder nach § 433 Abs. 1 BGB die Abnahme des Kaufgegenstandes verlangt. Hier ist der Wert gem. § 3 ZPO nach dem klägerischen Interesse zu bestimmen.6 Siehe auch das Stichwort „Abnahme von Sachen“.
1687
Auch der Streit um ein Mitbenutzungsrecht wird nicht nach § 6 ZPO bewertet, da dieses nicht dem (Mit-)Besitz entspricht. Wertbestimmend ist gem. § 3 ZPO das klägerische Interesse.7
II. Wert der Sache 1688
Der Wert der Sache bemisst sich nach ihrem objektiven Verkehrswert, also dem Betrag, der sich bei einer Veräußerung erzielen lässt.8 Dieser Wert ist nach § 3 1 RGZ 61, 92. 2 LAG Koblenz, Beschl. v. 16.10.2008 – 1 Ta 190/08, JurBüro 2009, 140 – Herausgabeklage des Leasingnehmers. 3 Siehe dazu RGZ 61, 92; OLG Hamburg, OLGE 25, 46. 4 Bejahend KG, JurBüro 1970, 174; OLG Frankfurt, JurBüro 1985, 238; OLG München, Beschl. v. 10.3.1997 – 28 W 2542/96, MDR 1997, 599; verneinend OLG Celle, Beschl. v. 29.4.1983 – 14 U 15/83, JurBüro 1983, 1691; OLG München, Beschl. v. 18.1.1983 – 24 W 232/82, JurBüro 1983, 1393; Zöller/Herget, § 6 ZPO Rn. 1 m.w.N. 5 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 6. 6 BGH, Beschl. v. 11.7.1980 – VIII ZR 107/80, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 499; KG, JurBüro 1960, 166; OLG Stuttgart, Rpfleger 1964, 162. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.5.2009 – 19 W 28/09, AGS 3009, 499 – Mitbenutzungsrecht eines Ehepartners an dem im Alleineigentum des anderen Ehepartners stehenden Wohnhaus; OLG Nürnberg, Rpfleger 1956, 298; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 9. 8 BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518; Beschl. v. 12.6.1991 – II ZR 65/91, MDR 1992, 83 = NJW-RR 1991, 1210; OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2007 – 2 W 71/07, AGS 2008, 189; LAG Frankfurt, Urt. v. 16.10.2006 – 19 Sa 701/06.
276
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Besitz ZPO zu schätzen,1 wobei der maßgebliche Zeitpunkt derjenige der Einreichung der Klage oder des Rechtsmittels ist, § 4 ZPO.2 Von kostenträchtigen Ermittlungen ist abzusehen, wenn auf ein für andere Gerichtsverfahren eingeholtes Wertgutachten zurückgegriffen werden kann.3 Der Verkehrswert bestimmt sich nicht ohne Weiteres nach einem etwaig vereinbarten Kaufpreis, obschon dieser einen Anscheinsbeweis für die Höhe des Verkehrwerts begründet.4 Ein etwaig vorhandenes Affektionsinteresse bleibt unberücksichtigt.5 Bei der Wertmittlung bleiben Gegenleistungen außer Ansatz, selbst wenn nur über sie gestritten wird.6 Siehe aber auch nachfolgend Rn. 1708. Dies gilt auch für von den Beklagten in Bezug auf die Sache erhobene Einwendungen, beispielsweise Zurückbehaltungsrechte.7
1689
Die auf Immobiliareigentum ruhenden dinglichen Lasten (Grundschulden, Hypotheken) werden nicht wertmindernd berücksichtig, da bei der Veräußerung das Eigentum entweder lastenfrei übertragen oder nur unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen werde.8 Anders liegt es jedoch, wenn auf dem Eigentum liegende Rechte Dritter die wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks beeinträchtigen, wie dies etwa bei Nießbrauchs- und Wegerechten der Fall ist.9
1690
Siehe zu den Einzelheiten der Berechnung auch unter dem Stichwort „Verkehrswert“.
1691
III. Besitzeinräumung Das Begehren nach Besitzeinräumung umfasst den Anspruch auf Herausgabe des gegnerischen Besitzes sowie auf Verschaffung des von einem Dritten gehaltenen Besitzes.
1692
Der Klage auf Herausgabe einer Sache steht wiederum das Begehren nach Duldung der Wegnahme gleich.10 Siehe auch unter dem Stichwort „Duldungsklage“. Ist die Klage auf Duldung des Ausbaus von Messeinrichtungen der Energieversorgung gerichtet, bestimmt sich der Wert nur dann nach dem Verkehrswert der Messeinrichtung, wenn das Interesse des Klägers nicht auf die Einstellung der Versorgung (durch Ausbau) gerichtet ist.11 Siehe ausführlich unter dem Stichwort „Energie- und Wasserversorgung“.
1693
Unerheblich ist, auf welcher materiell-rechtlichen Grundlage der Besitzeinräumungsanspruch beruht. Daher fallen Besitzansprüche aufgrund ungerechtfertigter
1694
1 2 3 4 5 6 7 8 9
10 11
OLG Nürnberg, JurBüro 1961, 508; Zöller/Herget, § 6 ZPO Rn. 2. LAG Hessen, Urt. v. 16.10.2006 – 19 Sa 701/06. Vgl. OLG Celle, Beschl. v. 29.9.2009 – 4 W 126/09, OLGR 2009, 1024. OLG Bamberg, Beschl. v. 30.1.1990 – 1 W 130/89, JurBüro 1990, 773; a.A. OLG Köln, MDR 2005, 299. Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 11. OLG Nürnberg, MDR 1995, 966; Zöller/Herget, § 6 ZPO Rn. 2. OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.11.1983 – 8 W 46/83, AnwBl. 1984, 94. BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518; OLG Bamberg, Beschl. v. 30.1.1990 – 1 W 130/89, JurBüro 1990, 773; KG, MDR 2001, 56. BGH, JurBüro 1958, 387; OLG Bamberg, JurBüro 1992, 629; OLG Schleswig, Beschl. v. 9.1.1980 – 7 W 11/79, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 80 mit Anm. E. Schneider; a.A. OLG Karlsruhe, Justiz 1967, 240: maßgeblich ist der wirtschaftliche Erfolg. BGH v. 12.6.1991 – XII ZB 30/91, NJW 1991, 3221; KG, Rpfleger 1971, 227; Anders/Gehle/ Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 10. Vgl. LG Chemnitz, Beschl. v. 4.6.2007 – 3 T 443/07, GWF/Recht und Steuern, 2008, 23 – Herausgabeklage der nicht mit der Energieversorgung befassten Netzbetreibergesellschaft.
Kurpat
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ZPO
Besitz Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) ebenso unter § 6 ZPO,1 wie dingliche (§§ 861, 985 BGB) oder obligatorische (z.B. § 433 Abs. 1 BGB) Herausgabeansprüche.2 1695
Davon ausgenommen sind jedoch Besitzeinräumungsansprüche aus Miet- oder Pachtverhältnissen, soweit sie nicht wertunabhängig in die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts fallen. Hier bestimmt sich der Wert gem. § 8 ZPO nach dem auf die streitige Zeit entfallenden Nutzungsentgelt, soweit nicht der 3,5-fache Jahresbetrag geringer ist.3 Dies gilt auch, wenn sich der Beklagte gegenüber dem Herausgabeverlangen mit (angeblichen) Rechten aus einem Miet- oder Pachtverhältnis verteidigt. Wegen der Einzelheiten s. insoweit unter dem Stichwort „Mietstreitigkeiten“.
1696
Die Umstände des Einzelfalls können eine vom Verkehrswert abweichende Bewertung rechtfertigen. So ist etwa beim Verlangen nach Wiedereinräumen des Besitzes eine unbestrittene Eigentümerstellung wertmindernd zu berücksichtigen, die auf dem Grundstück ruhenden Lasten vom Verkehrswert sind abzuziehen.4
1697
Für den Streitwert einer Räumungs- und Herausgabeklage des Käufers ist nicht der Verkehrswert, sondern nur das (geringwertigere) Interesse des Käufers an der alsbaldigen Besitzverschaffung maßgeblich, wenn ein an sich erfüllungsbereiter Grundstücksverkäufer kurzfristig die Übergabe des Grundstücks verzögert.5
1698
Begehrt der Kläger nur die Einräumung von Mitbesitz, bestimmt sich der Wert nach einem Bruchteil des Verkehrswertes. Die Sachherrschaft des Mitbesitzers erfasst zwar die ganze Sache, sie ist jedoch durch gleichen Besitz anderer Personen beschränkt.6 Die infolge der Beschränkung gebotene Bruchteilsbewertung richtet sich beim qualifizierten Mitbesitz nach der Anzahl der Mitbesitzer und beim schlichten Mitbesitz nach den Umständen des Einzelfalles. Im Falle des Teilbesitzes ist auf den Wert des betroffenen Sachteils abzustellen.7
1699
Verlangt der Kläger die Herausgabe einer Urkunde, ist § 6 ZPO nur anwendbar, wenn der Wert des Rechts, wie etwa bei echten Inhaberpapieren, unmittelbar durch den Besitz der Urkunde verkörpert wird. Anderenfalls ist das Interesse an der Innehabung nach § 3 ZPO zu bemessen.8 Dieses besteht bei einem Vollstreckungstitel für den Titelschuldner nicht darin, den Titel für eigene Zwecke zu nutzen, sondern einen Missbrauch des Titels zu verhindern. Nur wenn bereits eine die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärende Entscheidung vorliegt, kommt eine (geringe) Bruchteilsbewertung in Betracht. Will der Titelschuldner dagegen allein mit dem Herausgabeantrag die Vollstreckbarkeit beseitigen, dann entspricht der Wert dem eines Vollstreckungsabwehrantrages (§ 767 ZPO) und damit dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung. Maßgeblich ist dann der Nennbetrag des vollstreckbaren Anspruchs ohne Rücksicht auf seine Realisierbarkeit.9 1 RG, JW 1897, 541. 2 OLG Celle, Beschl. v. 29.9.2009 – 4 W 126/09, OLGR 2009, 1024 – Herausgabeverlangen nach verbotener Eigenmacht; Beschl. v. 13.8.2007 – 2 W 71/07, AGS 2008, 189. 3 BGH, Beschl. v. 22.1.2013 – VIII ZR 104/12, AGS 2014, 67 – Beschwer. 4 Insoweit zutr. OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.2.1981 – 22 W 30/80, MDR 1981, 589. 5 KG, JurBüro 1968, 740. 6 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 4; Hillach/Rohs, S. 187. 7 Thomas/Putzo/Hüßtege, § 6 ZPO Rn. 3. 8 BGH, Beschl. v. 10.10.2001 – VI ZR 120/01, AGS 2002, 230; Beschl. v. 25.9.1991 – XII ZB 61/91, FamRZ 1992, 169; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.3.2011 – 24 W 20/11, AGS 2012, 190 – Kraftfahrzeugbrief; OLG Köln, Beschl. 22.2.2013 – 19 W 6/13 – Bürgschaftsurkunde; Beschl. v. 11.9.1996 – 19 W 46/96, MDR 1997, 203: Schuldschein; LAG Koblenz, Beschl. v. 5.6.2008 – 1 Ta 94/08, AE 2008, 240 (Ls.) – Leistungsnachweise zur Abrechnung gegenüber Dritten. 9 BGH, Beschl. v. 17.9.2014 – XII ZB 284/13, AGS 2014, 565.
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Besitz Siehe auch unter dem Stichwort „Wert einer Sache“.
IV. Besitzstörung Gemäß § 862 Abs. 1 BGB kann derjenige, dessen Besitz rechtswidrig gestört wird, die Beseitigung der Störung und Unterlassung künftiger Störungen verlangen. Das Interesse des Klägers an der Beseitigung einer Besitzstörung ist nach § 3 ZPO zu schätzen.1 Hier gilt also nicht § 6 ZPO, der nur dann anzuwenden ist, wenn vom Störer Wiedereinräumung verlorenen Besitzes verlangt wird.2
1700
Beruht das Unterlassungsbegehren auf Besitzstörungen, die unter Verletzung der Strafgesetze begangen und in besonders aggressiver Weise ausgeführt worden sind, ist regelmäßig ein erhöhter Streitwert gerechtfertigt.3 Setzt sich der Beeinträchtigte mit einer einstweiligen Verfügung zur Wehr und wird dadurch (faktisch) ein endgültiger Rechtsschutz erreicht, ist der Streitwert des Verfügungsverfahrens mit einem höheren Bruchteil als gewöhnlich zu bemessen.4
1701
Der Streitwert einer Unterlassungsklage, mit der das Verbot begehrt wird, Grundstücke mit Kraftfahrzeugen zu befahren und sie dort abzustellen, ist ebenfalls gem. § 3 ZPO zu bewerten. Maßgebend ist das Interesse des Klägers an ungestörter Benutzung der Parkplätze, wobei nach Ansicht des OLG Bamberg5 als Bewertungshilfe § 41 Abs. 1 GKG herangezogen werden könne.6
1702
Richtet sich die Klage gegen die Störung des Eigentums (Geräusche, Behinderungen, unbefugte Inanspruchnahme des Grundstücks usw.), dann ist ebenfalls nicht der Wert der dem Kläger gehörenden Sache (§ 6 ZPO) maßgebend. Vielmehr ist der Streitwert nach § 3 ZPO zu schätzen, wobei darauf abzustellen ist, wie hoch das Interesse des Klägers an der Beseitigung der Störung seines Eigentums anzusetzen ist.7 Handelt es sich um eine Störung gewerblichen Mietbesitzes, kann auf die damit einhergehende Umsatzeinbuße abgestellt werden.8
1703
V. Besitzeinweisung Streiten die Parteien über eine Besitzeinweisung der klagenden Ersteherin in den Besitz des erstandenen Grundstücks, bemisst sich der Wert gem. § 6 ZPO nach dem Wert des Grundstücks, nicht nach dem des behaupteten Pachtrechts des Schuldners.9
1704
Bestreitet der Kläger dagegen in Baulandsachen nur die Rechtmäßigkeit einer vorzeitigen Einweisung (§ 116 BauGB), ist sein Aufhebungsinteresse gem. § 3 ZPO zu bewerten. Angesichts des vorläufigen Charakters der Verwaltungsmaßnahme ist entsprechend § 53 GKG eine auf den Grundstückwert bezogene Bruchteilsbewer-
1705
1 RGZ 3, 394; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.3.2012 – 24 W 17/12, MDR 2012, 1187. 2 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.12.1983 – 2 W 21/83, JurBüro 1984, 284; OLG Hamburg, OLGE 23, 72; Musielak/Voit/Heinrich, § 23 unter „Besitzstörungsklage“; Schneider, MDR 1985, 272. 3 OLG Köln, Beschl. v. 25.11.1975 – 2 W 133/75, ZMR 1977, 62. 4 OLG Köln, JMBl. NW 1976, 71: Hälfte des Hauptsachewerts. 5 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.1.1971 – 4 U 17/70, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 262. 6 Ebenso OLG Zweibrücken, JurBüro 1984, 284; a.A. Lappe, Anm. zu KostRsp. ZPO § 3 Nr. 262: § 16 GKG a.F. verfolge den sozialen Zweck, Mietprozesse kostenmäßig niedrig zu halten, und gelte daher nicht für Streitigkeiten über Kfz-Fahrwege. 7 RGZ 3, 394. 8 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.3.2012 – 24 W 17/12, MDR 2012, 1187. 9 LG Bayreuth, AnwBl. 1966, 403; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 28.
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Besitz
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tung geboten, die sich im Hinblick auf die Bewertung des Umlegungsverfahrens1 auf 1/5 beläuft.2 Siehe auch unter dem Stichwort „Baulandverfahren“.
C. Gebührenstreitwert I. Allgemeines 1706
Für den Gebührenstreitwert findet sich keine allein auf besitzrechtliche Streitigkeiten zugeschnittene Bewertungsvorschrift. Daher gelangen über § 48 Abs. 1 GKG die §§ 3 ff. ZPO entsprechend zur Anwendung, soweit nicht Sonderregelungen des GKG, etwa § 41 GKG, vorgehen. Daher wird zunächst auf die Ausführungen zum Zuständigkeitswert verwiesen, hier insbesondere zum Anwendungsbereich des § 6 ZPO.
1707
Ist der Besitz Streitgegenstand eines einstweiligen Rechtschutzverfahrens (Arrest und einstweilige Verfügung), bestimmt sich (nur) der Gebührenstreitwert gem. § 53 Abs. 1 GKG nach § 3 ZPO. Der Hauptsachewert nach § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG ist nur Ausgangspunkt des zu bewertenden Sicherungsinteresses des Antragstellers. Die demnach grundsätzlich gebotene Bruchteilsbewertung richtet sich nach dem Umfang der ohne vorläufigen Rechtsschutz drohenden Rechtsgutsgefährdung und der (faktischen) Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung.3
II. Wert der Sache 1708
Der für die Zuständigkeit nach § 6 ZPO maßgebliche objektive Verkehrswert der Sache4 kann für den Gebührenstreitwert nur eingeschränkt herangezogen werden. Hier ist bei besitzrechtlichen Klagen auf das vom Kläger angestrebte Rechtsschutzziel und das zugrunde liegende Rechtsverhältnis abzustellen. Denn mit einer rein formalen Anknüpfung an § 6 ZPO besteht insbesondere bei Immobiliarstreitigkeiten die Gefahr, den Zugang zu den Gerichten mit Streitwerten zu erschweren, die in keinem Verhältnis zum „wirklichen wirtschaftlichen Streit der Parteien“ stehen.5 Probleme zeigen sich insbesondere dann, wenn der Besitz an einer Sache nur deswegen zurückbehalten wird, weil die Parteien über den Bestand oder die Erfüllung einer wertmäßig unterhalb des Verkehrswertes der Sache liegenden Forderung streiten.
1 BGH, MDR 1978, 648; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Baulandsachen“ m.w.N. 2 BGH, JurBüro 1974, 186 = MDR 1974, 30; OLG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 29.11.2012 – 2 U 63/12; OLG München, Beschl. v. 1.12.2003 – W 8/03 Bau, BauR 2004, 1044. 3 OLG Braunschweig, Beschl. v. 29.12.1999 – 7 W 45/99, OLGR 2000, 290; OLG Hamm, Beschl. v. 1.3.2000 – 12 W 2/00, AGS 2000, 134. 4 BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518; Beschl. v. 12.6.1991 – II ZR 65/91, MDR 1992, 83. 5 BVerfG, Kammerbeschl. v. 16.11.1999 – 1 BvR 1821/94, NJW-RR 2000, 946; KG, NJW-RR 2003, 787; OLG Braunschweig, Beschl. v. 29.12.1999 – 7 W 45/99, OLGR 2000, 290; OLG Frankfurt, Beschl. 29.10.2002 – 24 U 158/01, MDR 2003, 356: Herausgabe entgegenstehendes Werkunternehmerpfandrecht; OLG Köln, Beschl. v. 8.10.2003 – 19 W 52/03, OLGR 2004, 28; Beschl. v. 29.4.1981 – 2 W 17/81, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 78 mit zust. Anm. Lappe; Schneider, MDR 1984, 142; OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.1.2004 – 12 W 14/04, RVG-Letter 2004, 83; a.A. OLG Hamm, Beschl. v. 16.7.2002 – 21 W 1/02, MDR 2002, 1458.
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Kurpat
Besitz
III. Besitzeinräumung Neben den bereits beim Zuständigkeitsstreitwert erörterten Fragestellungen ist bei besitzrechtlichen Streitigkeiten aufgrund eines (behaupteten) Miet- oder Pachtverhältnisses die Sondervorschrift des § 41 GKG zu beachten. Hiernach ist bei einem Streit über den Bestand oder die Dauer eines Mietverhältnisses sowie über die Verpflichtung zur Räumung regelmäßig nur der Jahresbetrag des vereinbarten Nutzungsentgelts wertbestimmend.1
1709
Bei Klagen, die auf Besitzentziehung von Wohnraum gestützt sind (§§ 861, 823 BGB), ist der Streitwert nach § 3 ZPO, jedoch unter Berücksichtigung der Berechnungsweise des § 41 Abs. 1 GKG zu schätzen. In der Regel wird hiernach für die Wertberechnung der Betrag des einjährigen Nutzungsentgelts mit entsprechenden Abschlägen in Betracht kommen,2 wenn nur Mitbesitz eingeräumt werden soll und/oder es sich um ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung handelt.3
1710
Siehe zu den Einzelheiten das Stichwort „Mietstreitigkeiten“. Verlangt der Käufer eines schlüsselfertigen Eigenheims die Einräumung vom Bauträger, dann ist darauf § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG und nicht § 41 GKG anzuwenden, weil die sozialen Erwägungen, die dieser Ausnahmevorschrift zugrunde liegen, hier nicht gegeben sind.4
1711
Der Streitwert einer einstweiligen Verfügung auf vorläufige Besitzübertragung nach dem Kauf eines Wohnhauses kann entsprechend § 41 GKG mit dem fiktiven Jahresnutzungsentgelt beziffert werden. Das OLG Düsseldorf5 hat stattdessen 2/5 des Kaufpreises angenommen, was wesentlich übersetzt erscheint.
1712
IV. Besitzstörung Die Bewertung der Besitzstörung erfolgt auch für den Gebührenstreitwert über § 48 Abs. 1 GKG nach den Vorschriften zum Zuständigkeitsstreitwert (§ 3 ff. ZPO).6
1713
Dies gilt auch dann, wenn der mit der Nutzung einer Miet- oder Pachtsache verbundene Besitz durch Dritte oder von der anderen Mietvertragspartei ausgeht und das Unterlassungsbegehren mietvertraglich begründet wird. Denn für eine unmittelbare Anwendung von § 41 GKG besteht nur Raum, wenn aufgrund der Störung der Bestand des Nutzungsverhältnisses selbst in Frage gestellt wird. Wertbestimmend ist in beiden Fällen das Interesse des Klägers an der Beseitigung bestehender oder Verhinderung weiterer Störungen. Hierbei kann in der Regel auf die Wertung in § 41 Abs. 5 GKG abgestellt und eine Bemessung nach dem Jahresbetrag der aufgrund der Störung anzunehmenden Mietminderung (§ 537 BGB) vorgenommen werden.7 Denn das Interesse an einem ungestörten Gebrauch der Mietsache entspricht – wirtschaftlich betrachtet – dem zur Gebrauchsgewährung erforderlichen Aufwand. Zudem wäre auch der Gebührenstreitwert einer gegen den Vermieter
1714
1 KG, Beschl. v. 7.1.2008 – 12 U 127/06, ZMR 2008, 448; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.1.2008 – 10 W 6/08, AGS 2008, 307. 2 OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2007 – 2 W 71/07, AGS 2008, 189. 3 LG Bielefeld, Beschl. v. 3.2.1992 – 3 T 89/92, FamRZ 1992, 1095; ohne Abschlag OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2007 – 2 W 71/07, AGS 2008, 189. 4 LG Bayreuth, JurBüro 1978, 553. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.7.1985 – 9 W 58/85, AnwBl. 1986, 36. 6 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.9.2007 – 19 W 57/07, AGS 2008, 92. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.9.2007 – 19 W 57/07, AGS 2008, 92; Beschl. v. 26.9.1985 – 8 W 25/85, WuM 1986, 15; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.12.1983 – 2 W 21/83.
Kurpat
281
ZPO
Bestimmungsverfahren nach § 36 ZPO, Zustndigkeit als mittelbaren Störer bzw. den zur unbeeinträchtigten Gebrauchsgewährung Verpflichteten gerichtete Klage nach Maßgabe von § 41 Abs. 5 GKG zu bemessen.1 1715
Handelt es sich um eine Streitigkeit zwischen den Mietvertragsparteien, soll im Rahmen der Schätzung nach § 3 ZPO die Bemessungsregel des § 41 Abs. 1 GKG nicht überschritten werden.2 Sinnvoll ist eine Orientierung am Jahresbetrag der aufgrund der Störung möglichen Minderung.3
D. Rechtsmittel und Beschwer 1716
Es gelten die allgemeinen Regeln, der Wert der Beschwer entspricht in der Regel dem Wert der herauszugebenden Sache. Wird dagegen der Streit – wirtschaftlich betrachtet – nur um den Bestand eines von dem Besitzer geltend gemachten Pfandrechts geführt, ist der Wert des Pfandrechts für die Beschwer maßgeblich. Hierbei entspricht der Wert des Werkunternehmerpfandrechts dem Wert der von ihm gesicherten Werklohnforderung.4
1717
Zu beachten bleibt, dass bei der auf Beseitigung oder Unterlassung von Besitzstörungen gerichteten Klage die Beschwer von Kläger und Beklagten regelmäßig unterschiedlich zu bewerten sind. Während die Beschwer des Klägers notwendigerweise dem Zuständigkeitsstreitwert (§ 3 ZPO) folgt, ist für den Beklagten maßgeblich darauf abzustellen, mit welchem Aufwand die ihm auferlegte Störungsbeseitigung bzw. -unterlassung verbunden ist.
1718
Einstweilen frei.
Bestimmungsverfahren nach § 36 ZPO, Zustndigkeit Siehe das Stichwort „Gerichtsstandsbestimmungsverfahren“.
Beweisverfahren Siehe das Stichwort „Selbständiges Beweisverfahren“.
Bewilligung Siehe die Nachweise bei dem jeweiligen Gegenstand der Bewilligung zum Beispiel bei den Stichwörtern „Auflassung“, „Auflassungsvormerkung“ oder „Löschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslöschung“. 1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.9.2007 – 19 W 57/07, AGS 2008, 92. 2 BGH, Beschl. v. 7.4.1993 – XII ZR 244/92, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1133; OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 2; s. auch OLG Bamberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 262 u. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.12.1983 – 2 W 21/83, JurBüro 1984, 284. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.9.1985 – 8 W 25/85, WuM 1986, 15. 4 OLG, Beschl. v. 29.10.2002 – 24 U 158/01, MDR 2003, 356; LG Münster, Beschl. v. 18.7.2007 – 9 S 99/07.
282
Kurpat/N. Schneider
Bierabnahmepflicht
Bewilligung oder Aufhebung von Prozesskosten- und Beratungshilfe Zur Bewilligung und Aufhebung von Prozesskostenhilfe siehe das Stichwort „Prozesskostenhilfe“. Zur Bewilligung und Aufhebung von Beratungshilfe siehe das Stichwort „Beratungshilfe“.
Bierabnahmepflicht Der sog. Bierlieferungsvertrag ist ein wichtiger Anwendungsfall der Bezugsverpflichtung. Eine spezielle Bewertungsvorschrift fehlt. Daher ist das Interesse des Klägers nach § 3 ZPO zu schätzen.
1719
Klagt eine Brauerei auf Feststellung der Verpflichtung zur Abnahme von selbst hergestelltem Bier, dann ist bei der Schätzung nach § 3 ZPO nicht von der Gewinneinbuße, sondern von der Umsatzminderung auszugehen.1
1720
Überwiegend dürfte jedoch auf den Gewinn abgestellt werden, den der Lieferant bei Einhaltung der Bierbezugsverpflichtung zu erwarten hat.2
1721
Im Ergebnis weichen beide Ansichten nicht oder nur gering voneinander ab. Berechnungsgrundlage ist in jedem Fall die voraussichtliche jährliche Bierbezugsmenge. Der Gewinn wiederum muss immer mitberücksichtigt werden. Beide Bewertungsumstände sind daher miteinzubeziehen und der Schätzung nach § 3 ZPO zugrunde zu legen.
1722
Vertretbar ist ein Aufschlag auf den Streitwert zur Abgeltung des Interesses der Brauerei an der Stetigkeit des Umsatzes,3 etwa wenn es um eine Bezugsbindung von noch langer Dauer geht.4
1723
Den Streitwert einer Klage auf Nichtigkeit eines Getränkebezugsvertrages hat das OLG Saarbrücken5 nach dem vollen Wert der Leistungen bemessen, von denen der Nichtigkeitskläger freigestellt werden wollte. Diese Auffassung ist insofern abzulehnen, als sie von einem starren Grundsatz ausgeht und im Einzelfall dazu führen kann, dass wesentliche streitwertmindernde Umstände entgegen wirtschaftlicher Betrachtungsweise unbeachtet bleiben. Insbesondere sind alle Faktoren zu berücksichtigen, die das Interesse beeinflussen, etwa der Wert der Gegenleistung, das Absatzinteresse6 oder sonstige mitlaufende Vergünstigungen.7
1724
Bei Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit betreffend eine Abnahmeverpflichtung aus Getränkelieferungen ist maßgebender Bewertungsausgangspunkt der vom Kläger zu erwartende Gewinn, der auf der Grundlage des Umsatzes zu ermitteln ist.
1725
1 OLG Neustadt, MDR 1962, 413. 2 KG, Beschl. v. 8.9.1969 – 1 W 6749/69, Rpfleger 1969, 443 = JurBüro 1969, 1195; OLG Bamberg, Beschl. v. 5.7.1984 – 1 W 47/84, JurBüro 1985, 441; LG Bayreuth, Beschl. v. 27.11.1978 – 3 O 89/78, JurBüro 1979, 253. 3 OLG Braunschweig, Beschl. v. 25.10.1978 – 2 O 69/74, JurBüro 1979, 436. 4 Siehe dazu auch OLG Bamberg, MDR 1977, 935. 5 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.9.1978 – 1 W 20/78, JurBüro 1978, 1718 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 427 mit krit. Anm. Schneider. 6 LG Magdeburg, Urt. v. 7.5.2013 – 11 O 134/13. 7 Vgl. E. Schneider, JurBüro 1978, 1608.
N. Schneider/Monschau
283
Bilanz
ZPO
1726
Die im Eilverfahren erstrebte Vormerkung zur Sicherung der Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit betreffend die Abnahmeverpflichtung von Getränkelieferungen ist nach § 3 ZPO zu schätzen, wobei der für die Hauptsache maßgebende § 9 ZPO die Richtschnur bildet. Wichtigster Bewertungsumstand ist der vom Antragsteller erwartete Gewinn.1 Siehe auch das Stichwort „Auflassungsvormerkung“, Rn. 1220 ff.
Bilanz Literatur: Stötter, DB 1972, 271.
1727
Bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Handelsgesellschaft ist er abzufinden. Die Berechnung seines Guthabens wird anhand der sog. Abschichtungsoder Auseinandersetzungsbilanz vorgenommen. Zur Bestimmung des Zuständigkeits- bzw. Gebührenstreitwerts einer solchen Klage auf Bilanzerteilung ist nicht der Aktivsaldo maßgebend, sondern das Interesse des Klägers nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.2 Maßgeblich ist dafür das Interesse des Klägers an der Bilanz. Wie dieses Interesse zu bewerten ist, hängt davon ab, welchen Zweck der Kläger mit der Bilanz verfolgt.
1728
Ist die Vorlage der Bilanz beispielsweise als Auskunft erforderlich, um einen Anspruch berechnen bzw. in einem späteren Prozess darlegen zu können, können die Grundsätze für die Bewertung eines Auskunftsanspruchs bzw. eines Anspruchs auf Rechnungslegung entsprechend angewandt werden.3 Ist die Bilanzerstellung Gegenstand einer Stufenklage, die auf der Leistungsstufe auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens gerichtet ist, gelangt § 44 GKG zur Anwendung.4
1729
Ist die Bilanz zur Vorlage bei Behörden oder öffentlichen Stellen erforderlich bzw. entspricht ihre Erstellung einer gesetzlichen Pflicht, so ist für den Wert nach § 3 ZPO der Aufwand zu schätzen, den die Erstellung der Bilanz erfordert.
1730
Die Höhe der Beschwer eines zur Rechnungslegung verurteilten Beklagten ist jedenfalls dann nach den Kosten für eine Fremdleistung zu bemessen, wenn er glaubhaft macht, aus Alters- oder Krankheitsgründen zur Eigenleistung nicht in der Lage zu sein.5 Insofern ergibt sich bei der Klage auf Erstellung einer Bilanz ein unterschiedlicher Streitwert für die Klage und für die Berufung des zur Auskunft verurteilten Beklagten.6
1730a
Ist die Bilanz Gegenstand einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Jahresabschlusses einer Gesellschaft, dann bemisst sich das für den Streitwert maßgebliche wirtschaftliche Interesse des Klägers nach den zusätzlichen, von dem Jahresergebnis der Gesellschaft abhängigen Tantieme- und Gewinnansprüchen.7 Sollen diese Ansprüche mit der Klage nur vorbereitet werden, ist eine Bruchteilsbewertung angemessen.8
1 Siehe OLG Bamberg, Beschl. v. 26.1.1978 – 5 W 20/78, JurBüro 1978, 1061. 2 RG, Warneyer 1940 Nr. 173; OLG München, Beschl. v. 14.3.1996 – 15 W 888/96, OLGR 1996, 106. 3 Vgl. dazu die Stichwörter „Auskunftsanspruch“ und „Rechnungslegung“. 4 OLG Thüringen, Beschl. v. 7.3.2014 – 1 W 83/14. 5 BGH, Beschl. v. 5.2.2001 – II ZB 7/00, NJW 2001, 1284. 6 BGH, Beschl. v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, BGHZ 128, 85; OLG München, Beschl. v. 14.3.1996 – 15 W 888/96, OLGR 1996, 106. 7 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.10.2013 – 17 W 37/13. 8 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.10.2013 – 17 W 37/13: 1/5.
284
Monschau/Kurpat
Bçrsenpapiere
Bild Das Recht am eigenen Bild soll als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts die Selbstbestimmung des Betroffenen sichern. Eine Klage auf Unterlassung wegen Verletzung dieses Rechts oder auf Herausgabe der betreffenden Bilder/Negative betrifft daher eine nach § 48 Abs. 2 GKG zu bewertende nichtvermögensrechtliche Streitigkeit.1 Der Gebührenstreitwert ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Ermessen zu bestimmen und darf 1 000 000 Euro nicht überschreiten. Der Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nach § 3 ZPO frei zu schätzen. Dass dabei der (unrechtmäßigen) Online-Veröffentlichung gegenüber der Printveröffentlichung generell ein geringer Wert zukommen soll,2 erscheint angesichts der Perpetuierungswirkung von Onlinepublikationen, die regelmäßig längerfristig als Veröffentlichungen in Printmedien abrufbar sind, zweifelhaft.3
1731
Die Klagen auf Unterlassung oder Herausgabe sind nur dann als vermögensrechtliche Streitigkeit anzusehen, wenn sich aus der Klage oder offenkundigen Umständen ergibt, dass es dem Kläger in wesentlicher Weise auch um die Wahrung wirtschaftlicher Interessen geht.4 Dabei müssen allerdings bloße vermögensrechtliche Reflexwirkungen außer Betracht bleiben.5 Eine vermögensrechtliche Streitigkeit liegt beispielsweise vor, wenn der Kläger Ersatz von Vermögensschäden oder Schadensersatz wegen Beeinträchtigung eigener Vermarktungschancen fordert.
1732
Wird das Unterlassungsbegehren auf eine unbefugte Nutzung von Bildern gestützt, die von privaten oder Kleingewerbetreibenden zum Zwecke der Produktwerbung erstellt worden sind, dann bemisst sich der Streitwert nach überwiegender Ansicht in Höhe eines Vielfachen des vom Urheber aufgezeigten drohenden Lizenzschadens.6 Nach anderer Auffassung sind derartige urheberrechtliche Verstöße mit 3000 Euro7 und bei einem nicht nur einmaligen Verkauf mit 6000 Euro zu bewerten.8
1732a
Anders liegt es, wenn das Geschäftsmodell der streitenden Parteien gerade im Verkauf der streitgegenständlichen Motive bzw. von Produkten besteht, auf denen die Motive angebracht sind.9
Bçrsenpapiere Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert einer Klage auf Herausgabe von Bör- 1733 senpapieren bestimmt sich gem. § 6 Satz 1 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach deren Wert im Zeitpunkt der Klageerhebung oder der sonst die Instanz einleitenden 1 2 3 4 5 6
BGH, Urt. v. 17.10.1995 – VI ZR 352/94, NJW 1996, 999; KG JurBüro 1969, 1190. So KG, Beschl. v. 18.4.2011 – 10 W 129/10, AfP 2011, 284: regelmäßig nur 1/3. OLG Köln, Beschl. v. 19.1.2012 – 15 W 63/11, AfP 2012, 268. BGH, Urt. v. 28.6.1994 – VI ZR 252/93, VersR 1994, 1120. BGH, Urt. v. 27.5.1986 – VI ZR 169/85, VersR 1986, 1075. OLG Brandenburg, Beschl. v. 22.8.2013 – 6 W 31/13, GRURPrax 2013, 470: das 10fache; OLG Braunschweig, Beschl. v. 14.10.2010 – 2 W 92/11, GRUR-RR 2012, 93: Verdopplung; OLG Hamm, Beschl. v. 13.9.2012 – 22 W 58/12, JurBüro 2013, 28: Verdopplung; a.A. OLG Nürnberg, Beschl. v. 4.2.2013 – 3 W 81/12, MDR 2013, 343. 7 OLG Dresden, Beschl. v. 5.11.2012 – 11 W 692/11; OLG Köln, Beschl. v. 22.11.2011 – 6 W 256/11. 8 OLG Köln, Beschl. v. 25.8.2014 – 6 W 123/14, WRP 2014, 1236. 9 OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.5.2014 – 11 U 117/12.
Kurpat
285
Bruchteilsgemeinschaft
ZPO
Antragstellung (§ 4 Abs. 1 Hs. 1 ZPO, § 40 Abs. 1 GKG). Maßgebend ist dabei der Börsenkurswert. Ein im Laufe des Verfahrens schwankender Kurs hat auf diesen Streitwert keinen Einfluss. Das Abstellen auf einen bei Klageerhebung zu berechnenden Durchschnittswert bei stark schwankenden Kursen ist abzulehnen, da dies mehr oder minder willkürlich ist.1
Bruchteilsgemeinschaft Siehe das Stichwort „Aufhebung von Gemeinschaften“.
Brgschaft A. Einleitung 1734
Nach § 765 Abs. 1 BGB verpflichtet sich der Bürge durch den Bürgschaftsvertrag gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. Gegenstand eines Bürgschaftsvertrags kann jede schuldrechtliche Verpflichtung sein, typischerweise ist es die Verpflichtung zur Geldzahlung.
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert 1735
Der Streitwert eines Bürgschaftsstreits bestimmt sich nach dem Inhalt der Verpflichtung, für die der Bürge gegenüber dem Hauptschuldner einzustehen hat. Zu differenzieren ist nach den Ansprüchen sowie den betroffenen Rechtsbeziehungen (zwischen Bürgen, Hauptschuldner und Gläubiger).
I. Zahlungsklagen 1736
Von praktischer Bedeutung ist im Bürgschaftsrecht in erster Linie die Verpflichtung zur Geldzahlung, also „die Bürgschaft für eine Geldforderung“ (§ 772 Abs. 1 BGB). Hier wiederum liegt das Schwergewicht auf der Bürgschaft als Kreditsicherungsgeschäft im rechtsgeschäftlichen Kontakt mit Banken. Für den Wert einer Zahlungsklage gegen den Bürgen ist in diesen Fällen die Höhe der Forderung maßgebend (§ 6 Satz 1 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG).
1737
Die neben der Hauptschuld zu entrichtenden Zinsen und Kosten bleiben bei der Wertberechnung nach § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG unberücksichtigt, wenn der Bürge im Wege der Klage in Anspruch genommen wird.2 Aus der Sicht des Gläubigers handelt es sich um Nebenforderungen zu seiner Hauptforderung.
1738
Wird durch die Bürgschaft ein Anspruch auf Miet- oder Pachtzinszahlung gesichert, so ist der Gebührenstreitwert einer Zahlungsklage gegen den Bürgen nach § 41 GKG zu bestimmen.3 Der Zuständigkeitsstreitwert bestimmt sich nach § 3 1 BGH, Beschl. v. 25.4.1989 – XI ZR 18/89, MDR 1989, 909; OLG Rostock, Urt. v. 16.7.2008 – 1 U 47/08, MDR 2009, 133 – zum Börsenkurs für Edelmetalle. 2 BGH, MDR 1958, 765. 3 OLG Hamburg, OLGE 15, 53; LG Berlin, JVBl. 1937, 67.
286
Kurpat/Noethen
Brgschaft ZPO, da die Regelung des § 8 ZPO bei Klagen auf Mietzinszahlung gegen den Mieter nicht anwendbar ist1 und daher auch bei der Zahlungsklage gegen den Bürgen nicht greift. Ist die Hauptforderung ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch, dann gilt auch für die Zahlungsklage gegen den Bürgen § 51 FamGKG, denn die Klage ist auf Zahlung von Unterhalt gerichtet.2 Nach einer früher vertretenen Ansicht3 sollte (der jetzige) § 51 FamGKG nur bei einer Klage des Unterhaltsberechtigten gegen den Unterhaltsverpflichteten anwendbar sein. Dagegen sollte es nicht genügen, dass die Unterhaltsverpflichtung die Grundlage des Anspruchs gegen den Bürgen bilde. Diese Ansicht hat sich jedoch nicht durchgesetzt.4
1739
Nimmt der Gläubiger neben dem Bürgen mit der Klage zusätzlich auch den Hauptschuldner auf Zahlung in Anspruch, dann werden die Ansprüche nicht zusammengerechnet, weil der Gläubiger die Leistung nur einmal beanspruchen kann.5 § 5 ZPO bzw. § 39 Abs. 1 GKG sind unanwendbar.
1740
„Erklärt“ der Bürge gegenüber dem Zahlungsanspruch die „hilfsweise Aufrechnung“ mit Gegenforderungen des Hauptschuldners, führt das nicht zu einer Erhöhung des Streitwerts.6 Denn tatsächlich kann sich der Bürge lediglich darauf berufen, dass der Hauptschuldner wirksam aufgerechnet hat (§ 767 BGB) oder wirksam aufrechnen kann (§ 770 Abs. 2 BGB); es wird nicht rechtskräftig über die Gegenforderung entschieden, § 322 Abs. 2 ZPO.7 Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 GKG sind damit nicht erfüllt. Hinsichtlich des Gegenstandswerts für die Anwaltsgebühren kann allerdings etwas anderes gelten, weil hier in erster Linie der Auftrag des Mandanten entscheidend ist. Gegebenenfalls muss der Anwalt eine gesonderte Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG beantragen.
1741
II. Klagen auf Bestellung, Freistellung, Feststellung Klagen auf Bestellung einer Bürgschaft, Freistellung von einer Bürgschaftsverpflichtung bzw. auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Bürgschaft dienen der Sicherung einer Forderung und bemessen sich nach § 6 Satz 1 ZPO.8 Maßgebend ist dabei die Höhe der Hauptforderung. Nach einer Entscheidung des OLG München9 gilt das auch in den Fällen, in denen der Bürge wahrscheinlich nur wegen eines geringeren Betrages in Anspruch genommen werden wird. Bei einer eindeutigen Beschränkung der Haftungshöhe erscheint es jedoch vorzugswürdig, den Streitwert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen und dabei auf den Betrag abzustellen, bis zu dem eine Inanspruchnahme des Bürgen nach dem Klagevorbringen droht.10 1 BGH, NZM 2002, 736. 2 So schon OLG Königsberg, JW 1926, 2477; OLG Königsberg, JW 1929, 139. 3 Friedlaender, JW 1926, 2477; ähnlich auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.9.2002 – 24 W 36/02, AGS 2004, 75 mit Anm. Schneider: Der Senat will den Streitwert einer Anwaltsregressklage wegen der Versäumung der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen nicht nach § 17 Abs. 1 GKG (= § 51 FamGKG), sondern nach § 9 ZPO bewerten. 4 Dagegen auch RG, DR 1940, 2267; KG, JVBl. 1934, 170. 5 LG Kaiserlautern, Rpfleger 1966, 347. 6 BGH, Beschl. v. 29.11.1972 – VIII ZR 202/71, NJW 1973, 146. 7 BGH, Beschl. v. 29.11.1972 – VIII ZR 202/71, NJW 1973, 146. 8 RG, JW 1898, 3; KG, OLGE 25, 46; KG, JW 1933, 2402; OLG Stuttgart, Rpfleger 1957, 97; OLG Karlsruhe, AnwBl. 1973, 168. 9 OLG München, Rpfleger 1956, 58; so wohl auch BGH, Beschl. v. 15.2.2006 – VIII ZB 93/04, WuM 2006, 215. 10 So OLG Naumburg, JW 1936, 2574; OLG Frankfurt, AnwBl. 1980, 460; OLG Stuttgart, Urt. v. 12.3.1980 – 13 W 7/80, MDR 1980, 678.
Noethen
287
1742
Brgschaft
ZPO
1743
Ist die Hauptforderung zwischen den Parteien streitig, dann ist deren vom Kläger behauptete Höhe für die Streitwertbestimmung maßgebend.1
Û
1744
Lautet die Bürgschaftsurkunde auf einen höheren Betrag als die Klageforderung, dann ist nach dem Prinzip des § 6 Satz 2 ZPO für die Höhe des Streitwerts nur die Klageforderung maßgebend.2
Û
1745
Beispiel: Der Kläger erhebt Klage auf Freistellung von einer Bürgschaftsverpflichtung. Die Höhe der Hauptforderung, für welche die Bürgschaft gilt, gibt er mit 25 000 Euro an. Hier ist der Streitwert auf 25 000 Euro festzusetzen, auch wenn der Beklagte geltend macht, die Hauptforderung bestehe nur in geringerer Höhe.
Beispiel: Die Bürgschaft lautet auf einen Betrag von 50 000 Euro, eingeklagt werden nur 30 000 Euro. Hier ist der Streitwert auf 30 000 Euro festzusetzen, soweit nicht gleichzeitig Widerklage auf Feststellung erhoben wird, dass eine über 30 000 Euro hinausgehende Haftung des Bürgen nicht besteht.
Bei der negativen Feststellungsklage auf Unwirksamkeit einer Höchstbetragsbürgschaft ist von der noch valutierten Hauptschuld auszugehen und für den nicht valutierten Teil der Bürgschaft eine nach § 3 ZPO zu schätzende Quote anzusetzen, weil sich die Forderung wieder erhöhen kann, beispielsweise wegen der Zinsen. Das OLG Karlsruhe hat aus dem Wert des nicht valutierten Teils eine – eher hohe – Quote von 30 % angesetzt.3
Û
Beispiel: Die negative Feststellungsklage wird hinsichtlich einer Höchstbetragsbürgschaft über 50 000 Euro erhoben. Die Hauptschuld beläuft sich im Zeitpunkt der Klageerhebung auf 20 000 Euro. Damit setzt sich der Streitwert aus 20 000 Euro Hauptschuld zzgl. 30 % des nicht valutierten Teils von 30 000 Euro (= 9000 Euro) zusammen und beträgt 29 000 Euro.
1746
Wird mit der Klage die Nichtigerklärung einer Mietzinsbürgschaft erstrebt, richtet sich der Gebührenstreitwert nach § 41 GKG.4 Für die Klage auf Feststellung, dass der Bürge ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr für die Miete haftet, hat das KG5 die Summe des auf die streitige Zeit entfallenden Mietzinses angesetzt.6
1747
Den Wert für ein einstweiliges Verfügungsverfahren, mit welchem dem Vermieter untersagt werden sollte, die Mietbürgschaft in Anspruch zu nehmen, hat das LG Bonn gem. § 53 Abs. 1 GKG nach dem für den Mieter zu erwartenden Zinsschaden berechnet.7
III. Regressklagen 1748
Bei der Regressklage des Bürgen gegen den Hauptschuldner werden – anders als bei der Zahlungsklage gegen den Bürgen – Zinsen und Kosten mitgerechnet. Sie sind keine Nebenforderungen des Regressanspruches. Dieser stellt vielmehr einen
1 OLG Stuttgart, Rpfleger 1957, 97. 2 OLG Stuttgart, Urt. v. 12.3.1980 – 13 W 7/80, MDR 1980, 678. 3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.5.1991 – 17 W 10/91, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1058 mit Anm. Schneider = MDR 1991, 1197. 4 KG, OLGE 13, 71. 5 OLGE 25, 46. 6 Für Bemessung nach § 16 Abs. 1 GKG a.F. auch in diesem Fall mit Recht LG Berlin, JVBl. 1937, 67. 7 LG Bonn, Beschl. v. 14.2.2008 – 6 T 27/08, AGS 2008, 464.
288 Noethen
Brgschaft einheitlichen Anspruch dar, der sich nur aus verschiedenen Berechnungspositionen zusammensetzt.1 Auch § 4 Abs. 2 ZPO ist nicht anwendbar.2
IV. Herausgabe der Bürgschaftsurkunde Wird auf Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde geklagt, dann bestimmt sich der Streitwert nicht gem. § 6 ZPO nach der Höhe der gesicherten Forderung, sondern nur nach dem Herausgabeinteresse des Klägers, das nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen ist.3 Ausgangspunkt für die Schätzung ist die Höhe der Hauptschuld. Entscheidend ist sodann, ob und inwieweit zum Zeitpunkt der Erhebung der Herausgabeklage eine Inanspruchnahme des Bürgen noch in Betracht kommen kann.4 Weiter können die mit der Bürgschaftsurkunde verbundenen finanziellen Aufwendungen (z.B. Kosten für eine Bankbürgschaft) berücksichtigt werden.
1749
Das Interesse kann im Einzelfall gleich der Höhe der Hauptschuld sein, wenn es darum geht, – mit der Herausgabe den Bürgschaftsvertrag zu beseitigen5 und damit die volle Inanspruchnahme des Bürgen zu verhindern,6 – oder bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern,7 weil diese dem Gläubiger innerhalb kürzester Zeit liquide Mittel zur Verfügung stellt, wenn er die Bürgenleistung vertragsgemäß anfordert.
1750
Auf der anderen Seite ist das Interesse besonders gering zu bewerten, wenn die gesicherte Forderung unstreitig erloschen ist oder die Bürgschaft nicht mehr besteht und mit der Klage nur eine mögliche missbräuchliche Benutzung der Bürgschaftsurkunde verhindert werden soll.8 Da das Interesse nach § 3 ZPO geschätzt werden muss, liegt es im Sinne der Rechtssicherheit, hier – ähnlich etwa wie bei der Bewertung einstweiliger Verfügungen oder positiver Feststellungsklagen – in den übrigen Fällen die Wertermäßigung zu pauschalieren: Überwiegend wird der Wert der Herausgabeklage mit 20 bis 30 % der Bürgschaftsforderung angesetzt.9 Das OLG Köln lehnt dagegen ei-
1 RG, Recht 1917 Nr. 1663 und 1664; Hartmann, KostenG, GKG Anh. I § 48 (§ 3 ZPO) Rn. 30. 2 KG, OLGE 21, 63. 3 BGH, Beschl. v. 14.10.1993 – IX ZR 104/93, NJW-RR 1994, 758; OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.6.1998 – 12 W 36/98, OLGR 1998, 427; KG, Beschl. v. 7.6.2001 – 8 W 164/01, KGR 2002, 28. Die Regelung des § 6 ZPO ist für den Besitzstreit nur dann maßgeblich, wenn der Besitz der Urkunde unmittelbar den Wert eines Rechts verkörpert (vgl. BGH, Beschl. v. 10.10.2001 – VI ZR 120/01, BGHR 2002, 155). 4 KG, Beschl. v. 7.6.2001 – 8 W 164/01, KGR 2002, 28. 5 BGH, Beschl. v. 14.10.1993 – IX ZR 104/93, NJW-RR 1994, 758; OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.7.1980 – 1 W 23/80, AnwBl. 1980, 460; LG Hamburg, JurBüro 1992, 81; LG Hamburg, Beschl. v. 23.10.2001 – 308 O 117/01, JurBüro 2002, 81; LG Berlin, Beschl. v. 13.5.2002 – 67 T 29/02, JurBüro 2002, 478; OLG Dresden, Beschl. v. 21.10.2002 – 9 U 774/02, BauR 2003, 931. 6 BGH, Beschl. v. 15.2.2006 – VIII ZB 93/04, WuM 2006, 215. 7 KG, Beschl. v. 6.3.2000 – 26 W 599/00, AGS 2001, 253; OLG München, Beschl. v. 29.12.1999 – 15 W 3367/99, BauR 2000, 607. 8 BGH, Beschl. v. 14.10.1993 – IX ZR 104/93, NJW-RR 1994, 758; OLG Hamm, Beschl. v. 19.1.1981 – 4 U 6/81, JurBüro 1981, 434. 9 OLG Köln, AnwBl. 1982, 437; OLG Stuttgart, JurBüro 1980, 896; ebenso für die Klage auf Herausgabe eines Schuldscheins: OLG Köln, Beschl. v. 11.9.1996 – 19 W 46/96, wenn eine erneute Inanspruchnahme aus dem Schuldschein nicht droht; OLG Bamberg, Beschl. v. 16.5.1990 – 5 W 42/90, JurBüro 1990, 1512.
Noethen
289
1751
Brgschaft
ZPO
ne Pauschalierung ab und hält jeweils eine Einzelbewertung des konkreten Missbrauchsrisikos für erforderlich.1 Soweit das OLG Düsseldorf2 das Interesse dem „Beweiswert der Bürgschaftsurkunde“ gleichsetzt, überzeugt das nicht, denn die Bürgschaftsurkunde hat keinen Beweiswert für das Bestehen der gesicherten Forderung, so dass dieser Gesichtspunkt als Bewertungskriterium ausscheiden muss.
V. Anspruchshäufung 1752
Wehrt sich der Beklagte gegen das Herausgabeverlangen mit einem Zurückbehaltungsrecht aufgrund angeblicher Gegenansprüche, so hat das keinen Einfluss auf die Streitwertberechnung.3
1753
Nimmt der Gläubiger neben dem Bürgen mit der Zahlungsklage zusätzlich auch den Hauptschuldner in Anspruch, dann werden die Ansprüche nicht zusammengerechnet. Da der Gläubiger die Leistung nur einmal verlangen kann, sind § 5 ZPO, § 39 Abs. 1 GKG nicht anwendbar.
1754
Beim Zusammentreffen der Zahlungsklage gegen den Bürgen und der Widerklage des Bürgen auf Herausgabe der Urkunde sind die Streitwerte ebenfalls nicht nach § 5 ZPO zusammenzurechnen, da wirtschaftliche Identität vorliegt.4 Es erfolgt für den Gebührenstreitwert auch keine Zusammenrechnung nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG, da Klage und Widerklage denselben Gegenstand haben. Gleiches gilt für den umgekehrten Fall, dass der Kläger die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verlangt und der Beklagte Widerklage auf Erfüllung der durch die Bürgschaft gesicherten Ansprüche erhebt.5
1755
Ist allerdings beim Zusammentreffen von Zahlungsklage und Widerklage auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde der Zahlungsantrag geringwertiger als die verbürgte Verpflichtung, dann liegt wirtschaftliche Identität nur vor, soweit sich die Werte decken. Wegen des in der Bürgschaftsurkunde ausgewiesenen Mehrbetrages kann, wenn weitere Inanspruchnahme nicht auszuschließen ist, ein Aufschlag geboten sein, der nach § 3 ZPO zu schätzen ist.6
Û
1756
Beispiel: Aus einer Höchstbetragsbürgschaft über 50 000 Euro wird Zahlungsklage über 20 000 Euro erhoben. Mit der Widerklage wird Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verlangt. Hier liegt wirtschaftliche Identität hinsichtlich des Streits über die Verpflichtung zur Zahlung über 20 000 Euro vor. Für den verbleibenden Teil der Höchstbetragsbürgschaft (30 000 Euro) kann ein Aufschlag i.H.v. 30 % des Wertes (= 9000 Euro, s. auch oben Rn. 1745) hinzugerechnet werden.
Klagt der Hauptschuldner dagegen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses auf Herausgabe der Bankbürgschaft und macht der Gläubiger im Wege der Widerklage
1 OLG Köln, Beschl. v. 22.9.1993 – 2 W 161/93, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 116 = MDR 1994, 101. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.10.1981 – 21 W 45/81, JurBüro 1981, 1893. 3 OLG Bamberg, Beschl. v. 16.5.1990 – 5 W 42/90, JurBüro 1990, 1512; OLG Hamm, JurBüro 1981, 434; OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.7.1980 – 1 W 23/80, AnwBl. 1980, 460. 4 OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.8.1999 – 13 W 35/99, OLGR 2000, 42; Urt. v. 12.3.1980 – 13 W 7/80, MDR 1980, 678; OLG Bamberg, JurBüro 1974, 1437; a.A. LG Hamburg, Beschl. v. 7.9.2001 – 308 O 117/01, JurBüro 2002, 81 (Zusammenrechnung). 5 OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.6.1998 – 12 W 36/98, OLGR 1998, 427. 6 OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.6.1998 – 12 W 36/98, OLGR 1998, 427; OLG Stuttgart, Urt. v. 12.3.1980 – 13 W 7/80, MDR 1980, 678.
290
Noethen
Darlehen Schadensersatzansprüche aus dem Vertragsverhältnis geltend, so ist nur der Höhere der beiden Werte maßgeblich.1
Darlehen A. Einleitung Die Bemessung des Streitwerts hängt vom konkreten Klageantrag ab.
1757
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Abschluss des Darlehensvertrages Für den Streitwert einer Klage auf Abschluss eines Darlehensvertrags ist der gewünschte Darlehensbetrag maßgebend (§ 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG).2 Zinsen bleiben nach § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG unberücksichtigt.
1758
Hat der Darlehensgeber der vorzeitigen Ablösung des Darlehens in Verbindung mit einem Schuldnachlass zugestimmt und auch seine Sicherheiten aufgegeben, so ist die Klage auf Wiederherstellung des alten Rechtszustandes wegen Nichtigkeit des Darlehens-Ablösungsvertrages zwar nach dem Wert der alten Rechtsstellung einschließlich der Sicherungsrechte zu bestimmen, jedoch abzüglich der vom Darlehensgeber zurückzuerstattenden Ablösungssumme.3 Damit hat der BGH im Ergebnis die Gegenleistung streitwertmindernd berücksichtigt und den durch die Klageanträge bestimmten Streitgegenstand nicht mehr als allein maßgeblich angesehen.
1759
II. Widerruf des Darlehensvertrages Widerruft ein Darlehensnehmer einen als Verbraucher geschlossenen Darlehensvertrag wegen einer unwirksamen Widerrufsbelehrung des Darlehensgebers, begehrt er regelmäßig entweder die (positive) Feststellung der Umwandlung des Darlehensvertrages in ein Rückgewährschuldverhältnis oder die (negative) Feststellung, dass er nicht mehr als die (Rück-)Zahlung der noch offenen Darlehensvaluta, insbesondere nicht die vereinbarten Zinsen und keine Vorfälligkeitsentschädigung schuldet.
1759a
Ausgangspunkt der Bewertung ist das Interesse des Darlehensnehmers und Klägers, § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG. Dessen Interesse richtet sich aber – insbesondere in Zeiten historisch niedriger Zinsen – nicht darauf, den noch offenen Darlehensbetrag behalten (oder gar zurückzahlen) zu dürfen, sondern vielmehr bei Abschluss eines neuen Darlehensvertrages geringere Zinsen zu zahlen und keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen; wertbestimmend ist daher ein wirtschaftlicher Vergleich der von ihm mit und ohne wirksamen Widerruf zu leistenden Zahlungen (für die nach dem Darlehensvertrag zukünftig zu zahlenden Zinsen gegebenenfalls unter Berücksichtigung von § 9 ZPO4). Hinzu kommen – trotz § 4 ZPO, § 43 GKG – mit einem Leistungsantrag zurückgeforderte Zinsen
1759b
1 2 3 4
OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.8.1999 – 13 W 35/99, OLGR 2000, 42. BGH, NJW 1959, 1493 mit Anm. Geißler; OLG Köln, JurBüro 1960, 305. BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 745. Hierzu OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.4.2015 – 6 W 25/15.
Noethen
291
ZPO
Darlehen (ggf. abzgl. einer Nutzungsentschädigung).1 Ein prozentualer Abschlag wegen des Feststellungsantrages ist nur bei einem positiven Feststellungsantrag angezeigt.2 1759c
Eine Festsetzung nach den noch offenen Darlehensvaluta mag zwar (rechnerisch) einfacher sein, kommt aber auch bei einer negativen Feststellungsklage nach dem Vorstehenden nicht in Betracht, zumal der Anspruch des Darlehensgebers auf Rückzahlung der offenen Darlehensvaluta gerade nicht geleugnet wird.3 Eine Festsetzung nach den Darlehensvaluta birgt insbesondere die Gefahr, Darlehensnehmer wegen hoher Kosten von einer gerichtlichen Geltendmachung abzuhalten, und kann deswegen deren aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz verletzen.4 Dass die Bemessung des klägerischen Interesses auf der Grundlage des gebotenen wirtschaftlichen Vergleichs (rechnerisch) schwierig ist, kann demgegenüber kein taugliches Argument sein, zumal es sich um eine – gegebenenfalls großzügige – Schätzung handelt5 und Berechnungstabellen – z.B. v. Stiftung Warentest – zur Verfügung stehen.
III. Auszahlung bzw. Abnahme des Darlehens 1760
Für den Streitwert einer Klage auf Auszahlung des Darlehens ist der vereinbarte Darlehensbetrag maßgeblich (§ 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG). Zinsen bleiben nach § 4 ZPO, § 43 GKG unberücksichtigt.
1761
Die Klage des Darlehensgebers auf Abnahme des Darlehens dürfte in der Praxis äußerst selten sein, da der Darlehensgeber regelmäßig unmittelbar seinen Schadensersatzanspruch aus der Leistungsverweigerung der Gegenseite geltend machen wird. Die Bewertung der Klage auf Abnahme richtet sich nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG. Maßgeblich für die Bestimmung des Klägerinteresses ist nicht der Darlehensbetrag. Denn es geht dem Kläger nicht um die Hauptforderung, sondern um die vertraglich geschuldeten Zinsen bzw. sonstige Leistungsverpflichtungen des Darlehensnehmers. Deren Wert für die Dauer der vereinbarten Laufzeit bzw. der Zinsbindungfrist ist Grundlage der Schätzung des Streitwertes. Maßgeblich ist – ähnlich wie bei der Vorfälligkeitsentschädigung – der Schaden, der dem Kläger durch die unterbliebene Abnahme des Darlehens entsteht.
IV. Freistellung/Feststellung 1762
Der Wert einer Vereinbarung, mit der sich die eine Partei verpflichtet, die andere von ihrer Mithaftung aus einem Darlehensvertrag zu befreien und ihr eine entsprechende Freistellungserklärung des Gläubigers zu verschaffen, entspricht nicht dem Betrag der Darlehensschuld, sondern ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 1 Siehe hierzu das Stichwort „Zinsen“ sowie für den Fall einer Wertbestimmung nach den noch offenen Darlehensvaluta: OLG Brandenburg, Urt. v. 17.1.2007 – 3 U 228/05, NJOZ 2007, 3584; OLG Köln, Beschl. 18.11.2014 – 13 W 50/14. 2 Siehe hierzu das Stichwort „Feststellungsklage“. 3 OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.4.2015 – 6 W 25/15; Urt. v. 17.9.2014 – 9 U 120/14, VuR 2015, 106 m. Anm. Scharder; LG Berlin, Beschl. v. 15.6.2015 – 37 O 172/15; LG Hagen, Beschl. v. 12.6.2015 – 10 O 120/15, jeweils n.v.; LG Hamburg, Urt. v. 26.1.2015 – 325 O 299/14, AGS 2015, 229; AG Düsseldorf, Urt. v. 12.3.2015 – 51 C 16961/14, AGS 2015, 181 mit Anm. Humpe; a.A. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 20.4.2015 – 6 O 9499/14; zur positiven Feststellungsklage: OLG Köln, Beschl. 18.11.2014 – 13 W 50/14. 4 Zutreffend OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.4.2015 – 6 W 25/15; zum Einfluss des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz auf die Streitwertfestsetzung vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.3.1999 – 1 BvR 1431/90, NVwZ 1999, 1104; BVerfG, Beschl. v. 1.12.2010 – 1 BvR 1682/07, NZA 2011, 354 m.w.N. 5 Richtig AG Ludwigsburg, Urt. v. 5.2.2015 – 7 C 2223/14, n.v.
292 Noethen
Darlehen GKG zu schätzen.1 Maßgebend für diese Schätzung ist der Anteil, auf den der freizustellende Gesamtschuldner im Innenverhältnis haftet.2 Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Darlehensvertrages bestimmt sich nach der Höhe der (restlichen) Darlehenshauptforderung.3 Die aufgrund des Darlehensvertrags geschuldeten Zinsen erhöhen den Streitwert nicht, weil sie nur als Nebenforderung zum Stammrecht geltend gemacht werden (siehe hierzu auch bei „Zinsen“). Gleiches gilt für Ansprüche auf Rückgabe von Sicherheiten, z.B. der Rückabtretung sicherungszedierter Forderungen. Auch sie sind bei der Wertberechnung der Feststellungsklage wegen wirtschaftlicher Identität nicht zu berücksichtigen.4
V. Rückzahlung Bei Klagen des Darlehensgebers auf Rückzahlung des Darlehens ist grundsätzlich der geltend gemachte Betrag maßgeblich (§ 6 Satz 1 ZPO); zu Nebenforderungen gilt das zuvor Ausgeführte (s. auch das Stichwort „Zinsen“). Haben die Parteien vereinbart, dass der gemeinsame Kredit je zur Hälfte zurückgezahlt werden soll, so ist der Streitwert i.H.d. Hälfte der Verbindlichkeiten festzusetzen.5
1763
Umstritten ist die Bewertung einer Klage, die auf sofortige Rückzahlung eines Darlehens entgegen vereinbarter monatlicher Ratenzahlungen gerichtet ist: – Nach einer Auffassung ist für die Schätzung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht der volle Darlehensbetrag, sondern das wirtschaftliche Interesse an der sofortigen Rückzahlung statt ratenweiser Tilgung maßgeblich. – Der BGH6 setzt dagegen in solchen Fällen den Streitwert mit dem vollen Betrag der Rückzahlungsforderung an.
1764
Der Auffassung des BGH ist nicht entgegenzuhalten, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung als solche zwischen den Parteien unstreitig und der Rechtsstreit – und damit das Interesse des Klägers – letztlich nur darauf gerichtet sei zu entscheiden, ob die betreffende Summe schon zum jetzigen Zeitpunkt oder erst später (im Rahmen der vertraglich vereinbarten Ratenzahlung) verlangt werden kann. Denn der Kläger will die Titulierung des gesamten Anspruchs erreichen.
1765
VI. Kosten und Gebühren Bei Finanzierungsdarlehen werden Kosten und Kreditgebühren häufig durch Vereinbarung zu einem einheitlichen „Gesamtkreditbetrag“ zusammengefasst. Ob die Kreditgebühren dadurch ihre Eigenschaft als Nebenforderung verlieren und damit bei der Streitwertberechnung berücksichtigt werden müssen, ist streitig: 1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.2002 – 5 WF 62/01, OLGR 2002, 96; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.10.1997 – 2 WF 130/97, FamRZ 1998, 1311 = JurBüro 1998, 472. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.2002 – 5 WF 62/01, OLGR 2002, 96; vgl. auch OLG Rostock, Beschl. v. 16.6.2008 – 1 W 25/08, 1 W 43/08, JurBüro 2009, 197; OLG Hamburg, Beschl. v. 18.10.1979 – 15a WF 20/79, JurBüro 1980, 279; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.1993 – 5 WF 61/93, FamRZ 1994, 57. 3 OLG Brandenburg, Urt. v. 17.1.2007 – 3 U 228/05, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1419; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.4.2005 – 17 W 21/05, OLGR 2005, 353 (der Senat hat zutreffend keinen Wertabschlag vorgenommen, da es sich um eine negative Feststellungsklage handelte). 4 OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.4.2007 – 3 W 77/06, NJ 2007, 463 = KostRsp. ZPO § 5 Nr. 103; BGH, Beschl. v. 11.4.2006 – XI ZR 199/04, MDR 2006, 1257 = NJW-RR 2006, 997. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.1.2002 – 5 WF 62/01, OLGR 2002, 96. 6 BGH, Beschl. v. 25.2.1997 – XI ZB 3/97, MDR 1997, 591: Gleiches gelte für eine Feststellungsklage des Darlehensnehmers auf Unwirksamkeit der Kündigung.
Noethen
293
1766
Darlehen
ZPO
– Nach herrschender Meinung müssen diese Positionen bei der Streitwertberechnung außer Betracht bleiben.1 Diese Auffassung deckt sich mit der Rechtsprechung des BGH,2 wonach kapitalisierte Zinsen bei der Bemessung des Streitwerts einer Darlehensrückzahlungsklage nur anzusetzen sind, soweit sie sich auf bereits zurückgezahlte und deshalb nicht streitgegenständliche Teile der Darlehensforderung beziehen. – Nach anderer Ansicht verlieren die Kreditgebühren ihre Eigenschaft als Nebenforderung, weil sie aufgrund einer besonderen Vereinbarung zum Kapital geschlagen werden.3 1767
Eine solche besondere Vereinbarung liegt jedoch – entgegen der Ansicht des OLG München – nicht schon dann vor, wenn der Kläger aus Vereinfachungsgründen die einzelnen Zahlungspositionen in einem Gesamtbetrag zusammenfasst.4 Denn Buchungsvorgänge können nicht darüber bestimmen, ob eine Forderung Hauptoder Nebenforderung ist. Lediglich dann, wenn dies die rechtliche Folge einer Vereinbarung ist – etwa beim Kontokorrentverhältnis –, kann eine auch streitwertmäßig beachtliche Novation eintreten.5
1768
Dem OLG München ist zwar darin zuzustimmen, dass die Nichtberücksichtigung der Kreditgebühren bei der Streitwertbemessung zu rechnerischen Schwierigkeiten führen kann. Indessen ist es Sache des Klägers, der aus Vereinfachungsgründen die Zusammenfassung vorgenommen hat, nachträglich die zur Wertbestimmung notwendige Rückrechnung darzulegen (§ 61 GKG). Darauf muss ungeachtet des Bestrebens, im Streitwertrecht einfache und leicht handhabbare Maßstäbe zu entwickeln, bestanden werden, weil Finanzierungsdarlehen in der Regel an einkommensmäßig schwächer gestellte Personen gewährt werden, die schon aus sozialstaatlichen Gründen vor übersetzten Prozesskosten geschützt werden müssen. Rechnerische Schwierigkeiten, die nicht behoben werden können oder deren Behebung einen unverhältnismäßig großen Aufwand fordert, können im Übrigen durch Anwendung des § 3 ZPO ausgeräumt werden.
C. Rechtsmittel und Beschwer 1769
Die Beschwer des Klägers berechnet sich bei vollständiger Klageabweisung nach dem im Klageantrag geforderten und mit dem Rechtsmittel weiter verfolgten Zahlungsanspruch. Bei teilweiser Klageabweisung ist für das weitere Verfahren und für die Rechtsmittelbeschwer der aberkannte Differenzbetrag maßgebend.6 Für die Beschwer des verurteilten Beklagten ist die im Tenor genannte Zahlungsverpflichtung maßgeblich. Hat der Kläger nur insoweit Erfolg, als statt voller Rückzahlung des Darlehens auf Erhöhung der monatlichen Raten erkannt wird, dann berechnet sich der Streitwert für ein Rechtsmittel des insoweit unterlegenen 1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.4.2005 – 17 W 21/05, OLGR 2005, 353; OLG Köln, Beschl. v. 14.5.1999 – 11 W 3/99, OLGR 1999, 404; OLG Schleswig, Beschl. v. 16.11.1998 – 9 W 198/98, OLGR 1999, 79; OLG Bamberg, JurBüro 1976, 343; KG, BB 1974, 1505; OLG Hamm, NJW 1973, 1002; OLG Hamm, NJW 1974, 1951. 2 BGH, Beschl. v. 15.2.2000 – XI ZR 273/99, NJW-RR 2000, 1015; BGH, WM 1981, 1092; ebenso OLG Celle, Beschl. v. 16.7.2009 – 2 W 188/09, JurBüro 2010, 88; vgl. auch BGH, Beschl. v. 8.5.2012 – XI ZR 261/10, NJW 2012, 2446 (zu Anlagezinsen). 3 OLG München, JurBüro 1976, 237, vgl. jetzt aber Beschl. v. 22.1.2013 – 15 W 186/13, NJWRR 2013, 1088 (zu Anlagezinsen); weiterhin Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Ratenzahlungskredit“, § 4 ZPO Rn. 11. 4 Vgl. BGH, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 2: Verzugszinsen. 5 Vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 16.12.1997 – 5 W 797/97, JurBüro 1999, 197. 6 BGH, Beschl. v. 29.11.1984 – III ZR 151/84, WM 1985, 279.
294
Noethen
Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) Beklagten nach dem ihm auferlegten Rückzahlungs-Mehrbetrag.1 Das gilt nach dem BGH2 auch dann, wenn die vertraglich vereinbarten und unstreitig freiwillig gezahlten Tilgungsbeträge mit tituliert werden.3
Dauerwohnrecht Siehe das Stichwort „Wohnrecht“.
Derselbe Streitgegenstand Siehe das Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“.
Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) Nach § 1090 BGB kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass derje- 1770 nige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen, oder dass ihm eine sonstige Befugnis zusteht, die den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden kann (beschränkt persönliche Dienstbarkeit). Die beschränkt persönliche Dienstbarkeit ist im Rahmen der Streitwertbestimmung abzugrenzen von der Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB), wonach ein (dienendes) Grundstück zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines (herrschenden) Grundstücks in bestimmter Weise belastet werden kann. Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Der Wert einer Grunddienstbarkeit richtet sich nach § 7 ZPO.4
1771
Ein dingliches Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) – s. hierzu auch das Stichwort „Wohnrecht“ – ist grundsätzlich kein dem Miet- bzw. Pachtverhältnis ähnliches Nutzungsrecht.5 Die Schätzung nach § 3 ZPO kann sich an der Wertstaffel des § 52 GNotKG6 oder § 41 GKG, nicht aber an § 9 ZPO orientieren.7
1772
Wird zunächst nur die Eintragung einer Vormerkung für die Dienstbarkeit beantragt, ist der Streitwert entsprechend dem nur vorläufigen Sicherungscharakter der Maßnahme geringer zu schätzen (§ 53 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO).
1773
Soll eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit betreffend eine Abnahmeverpflichtung aus Getränkelieferungen bestellt werden, ist der vom Kläger zu erwar-
1774
1 2 3 4
BGH, Beschl. v. 29.11.1984 – III ZR 151/84, WM 1985, 279. BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 736 mit Anm. Schneider. Siehe zu der Problematik des sog. Titulierungsinteresses das Stichwort „Vergleich“. BGH, Beschl. v. 20.2.1986 – IX ZR 146/85, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 814 mit Anm. E. Schneider; vgl. auch BGH, Beschl. v. 2.10.2003 – V ZB 18/03, MDR 2004, 296 und Beschl. v. 10.4.2014 – V ZR 174/13. 5 BGH, Beschl. v. 20.2.1986 – IX ZR 146/85, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 814 mit Anm. Schneider. 6 AG Lahr, Beschl. v. 21.7.2005 – 2 C 260/03, AGS 2005, 355. 7 OLG Naumburg, Beschl. v. 6.4.2000 – 13 W 14/00, AGS 2001, 159; LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 20.7.2011 – 1 T 82/11.
Noethen
295
Dingliche Sicherung
ZPO
tende Gewinn Ausgangspunkt der Bewertung. Dieser ist auf der Grundlage des Umsatzes zu ermitteln.1
Û
Beispiel: Der Streitwert für einen Tankstellenvertrag, durch den ein Grundstückseigentümer einem Betriebsstoffkonzern seine Grundfläche zum Bau und Betrieb einer Tankstelle gegen Umsatzbeteiligung überlässt, wurde vom OLG Celle2 nach dem 20-fachen Jahresbetrag der zu zahlenden Mindestvergütung berechnet, wenn dieses Nutzungsverhältnis durch eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit dinglich gesichert ist, ferner der Grundstückseigentümer dem Konzern ein Vorkaufsrecht für die überlassene Grundfläche einräumen soll und ihm ein Konkurrenzverbot auferlegt wird. Es handelt sich um ein Abkommen gemischter Natur, das streitwertmäßig nach § 9 ZPO, nicht nach § 41 Abs. 1 GKG zu beurteilen sei. Somit wäre nach der aktuellen Rechtslage nur noch der 3 1/2-fache Jahresbetrag anzusetzen.
Dingliche Sicherung 1775
Der Zuständigkeits- bzw. Gebührenstreitwert eines Anspruchs auf dingliche Sicherung berechet sich nach dem Betrag der zu sichernden Forderung (§ 6 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG). Dabei kommt es weder darauf an, aus welchem Grund eine Sicherheit verlangt wird – in Betracht kommen Ansprüche aus Vertrag oder Gesetz – noch darauf, auf welche Art und Weise die Sicherstellung durchgeführt werden soll – in Betracht kommen z.B. Sicherungsabtretung, Eintragung einer Vormerkung, Stellen einer Bürgschaft etc. – s. jeweils bei diesen Stichwörtern.
1776
Für die Gebührenerhebung ist der Wert einer vertraglich vereinbarten Altenteilsforderung nicht nach § 9 ZPO, sondern nach § 42 Abs. 1 GKG zu berechnen, soweit sie sich im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltspflicht hält. Dieser Wert ist dann auch für die Sicherung maßgebend.3
Direktanspruch Siehe das Stichwort „Versicherungsschutz“.
Dividende 1777
Dividenden (Gewinnanteile) sind Anteile am Jahresgewinn einer Handelsgesellschaft oder einer Genossenschaft, die unter den Mitgliedern der betreffenden Vereinigung zu verteilen sind (z.B. §§ 58 Abs. 4, 60 AktG, § 29 GmbHG). Im Aktienrecht gelten Dividenden als Früchte der Aktie (§ 99 BGB),4 so dass sie bei Streit über das Aktionärsrecht gem. den § 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO bei der Berechnung des Streitwerts außer Ansatz bleiben.5
1778
Von den Dividenden zu unterscheiden ist das Bezugsrecht (Gewinnrecht) des Aktionärs. Es ist ein gesetzliches Recht auf Bezug neuer Aktien bei einer Kapital1 2 3 4
Siehe die Stichworte „Bierabnahmepflicht“ und „Abnahme von Sachen“. OLG Celle, JurBüro 1955, 443. LG Braunschweig, Nds.Rpfl. 1959, 64. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.10.2000 – 11 Wx 108/00, OLGR 2001, 44; OLG Bremen, DB 1970, 1436. 5 RG, Gruchot, Bd. 52, 1095; OLG München, SeuffArch Bd. 72, 189.
296
Noethen/Kurpat
Drittwiderspruchsklage erhöhung (§ 186 Abs. 1 Satz 1 AktG). Dieses Bezugsrecht ist streitwertmäßig selbständig, erhöht also den Wert und ist nicht als wertmäßig unerhebliche „Frucht“ i.S.d. § 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO anzusehen.1
Drittschuldner Siehe das Stichwort „Pfändung“.
Drittwiderspruchsklage A. Einleitung Mit der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) kann ein Dritter im Rahmen der Zwangsvollstreckung im Wege der Klage geltend machen, dass ihm an dem Vollstreckungsgegenstand ein die Veräußerung hinderndes Recht zusteht.
1779
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Bei der Drittwiderspruchsklage aus § 771 ZPO ist der Streitwert nach § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu berechnen.2 Maßgeblich ist also die Höhe der Forderung, für die gepfändet wurde, es sei denn, dass der Wert des gepfändeten Gegenstands geringer ist.3
1780
I. Wert der Forderung Maßgebend für die Wertberechnung ist die Höhe der Forderung zum Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG).4 Titulierte Nebenforderungen, insbesondere also Zinsen und Kosten, bleiben nach §§ 4 Abs. 1 ZPO, 43 Abs. 1 GKG unberücksichtigt.5
1781
Diese Bemessungsgrundlage gilt auch dann, wenn der Drittwiderspruchskläger nur Sicherungseigentümer ist. Denn die Abrede, die übereignete Sache nur in bestimmter Höhe in Anspruch zu nehmen, vermindert den Streitwert nicht. Durch eine solche Vereinbarung wird der Sicherungseigentümer nämlich nur schuldrechtlich gebunden. Seine Stellung als (Voll-)Eigentümer bleibt davon unberührt. Deshalb ist es nicht gerechtfertigt, wegen einer solchen Abrede den Streitwert lediglich nach der Höhe der Forderung des Widerspruchsklägers zu berechnen, denn diese ist nicht in Streit.6
1782
1 OLG München, OLGE 35, 22; KG, OLGE 24, 140. 2 BGH, Beschl. v. 16.1.1991 – XII ZR 244/90, FamRZ 1991, 547; Beschl. v. 19.1.1983 – VIII ZR 277/82, WM 1983, 246. 3 BGH, Beschl. v. 19.1.1983 – VIII ZR 277/82, WM 1983, 246; OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.9.1991 – 11 U 15/91, OLGR 1991, 13. 4 KG, Rpfleger 1962, 426; OLG Schleswig, JurBüro 1957, 179. 5 BGH, Beschl. v. 19.1.1983 – VIII ZR 277/82, WM 1983, 246. 6 KG, Rpfleger 1962, 155; vgl. aber zum Herausgabeanspruch des Sicherungsgebers gegen den Sicherungsnehmer das Stichwort „Sicherungsübereignung“ (die geringwertigere Forderung ist maßgebend).
Kurpat/Noethen
297
Drittwiderspruchsklage Geben die Parteien den Betrag der Forderung verschieden an, dann ist auf den Betrag abzustellen, wegen dessen das Pfandrecht beansprucht wird. Auf den Betrag, den der Widerspruchskläger als richtig zugibt oder der sich später objektiv als richtig herausstellt, kommt es dann nicht an.1
1784
Soweit in der Zeit zwischen Zwangsvollstreckung und Erhebung der Drittwiderspruchsklage Zahlungen auf die Forderung erfolgen, verringern diese den Streitwert und sind vom ursprünglichen Wertansatz abzuziehen.2 Wird der Anspruch des Gläubigers zwischen Zwangsvollstreckung und Erhebung der Drittwiderspruchsklage des Berechtigten auf andere Weise als durch Zahlungen des Schuldners teilweise getilgt, z.B. durch Zufließen von Verwertungserlösen, dann vermindert auch dies den Streitwert.3 Soweit bei Zustellung der Klage die Forderung bereits teilweise getilgt war, ist daher nur der Restbetrag wertbestimmend.4 Zahlungen nach Klageerhebung beinflussen wegen § 40 GKG den Streitwert nicht mehr.
1785
Richtet sich die Drittwiderspruchsklage gegen die Räumungsvollstreckung aus einem Zuschlagsbeschluss in der Grundstücks-Zwangsversteigerung (§ 93 ZVG), so ist bei der Berechnung des Streitwertes zu differenzieren: – Beruft sich der Drittwiderspruchskläger auf einen Miet- oder Pachtvertrag als das „die Veräußerung hindernde Recht“, so ist der Wert nach § 41 GKG und nicht nach § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bestimmen.5 Das erklärt sich daraus, dass nach § 57 ZVG der Grundsatz des § 566 BGB („Kauf bricht nicht Miete“) gilt, wenn das ersteigerte Grundstück einem Mieter oder Pächter überlassen war.6 – Geht es lediglich um den Besitz (die Nutzung) des Grundstücks, ohne dass der Nutzende sich auf einen Miet- oder Pachtvertrag als Besitzrecht beruft, ist die Drittwiderspruchsklage nach dem Verkehrswert des Grundstücks zu bemessen.7
1786
Richtet sich die Drittwiderspruchsklage gegen mehrfache Pfändungen desselben Gläubigers, dann ist der Wert der Forderung, derentwegen gepfändet wurde, nur einmal anzusetzen.8
ZPO
1783
II. Wert des Pfandgegenstands 1787
Auf den Wert des Pfandgegenstands ist bei der Streitwertbemessung abzustellen, wenn dieser geringer ist als die Forderung des Pfändungsgläubigers.
Û
1788
Beispiel: Der Gläubiger hat eine Forderung i.H.v. 10 000 Euro. Er lässt in der Wohnung des Schuldners einen Fernseher pfänden. Hier ist bei der Wertberechnung der (geringere) Wert des Fernsehers zugrunde zu legen.
Bei gepfändeten Sachen ist der Verkehrswert (gewöhnlicher Verkaufswert) maßgebend, nicht der voraussichtliche Versteigerungserlös.9
1 2 3 4 5 6 7
OLG Kiel, JW 1932, 2901 Nr. 18. KG, Rpfleger 1962, 426; OLG Schleswig, JurBüro 1957, 179. OLG Schleswig, JurBüro 1957, 179. OLG München, OLGE 23, 65. OLG Celle, KostRsp. GKG § 16 Nr. 52 mit Anm. Schneider. Anders: LG Bayreuth, AnwBl. 1966, 403. LG Kassel, Beschl. v. 9.3.1987 – 2 T 106/87, Rpfleger 1987, 425; a.A. LG Berlin, Beschl. v. 5.7.1989 – 81 T 462/89, Rpfleger 1990, 35. 8 LG Ellwangen, JW 1929, 886. 9 KG, JW 1932, 1155; KG, Rpfleger 1956, 90; OLG Dresden, JW 1932, 2894.
298
Noethen
Drittwiderspruchsklage Richtet sich die Widerspruchsklage gegen einen Gläubiger, der im Anschluss an andere Gläubiger (nachrangig) gepfändet hat, sind bei der Bewertung des Pfandgegenstandes die vorhergehenden Pfandrechte nicht abzuziehen.1
1789
Die Versteigerung des Pfandgegenstandes unter Wert verändert den Streitwert nicht.2 Das gilt umgekehrt auch bei einem höheren Erwerbspreis: Hat das Gericht bei der Streitwertbemessung einer Drittwiderspruchsklage hinsichtlich der in einer Wohnung gepfändeten Hausratsgegenstände auf den Wert der Pfandstücke abzustellen, so kommt es selbst dann nicht auf den Erwerbspreis der Gegenstände an, wenn diese vor ganz kurzer Zeit erworben und bisher noch nicht benutzt worden sind. Entscheidend ist vielmehr stets der für den Zeitpunkt der Klageerhebung zu ermittelnde gewöhnliche Verkaufswert.3
1790
Wertmäßig nicht zu beachten ist weiter die Einrede der Anfechtung nach dem AnfG, die der Beklagte gegenüber dem als Widerspruchskläger auftretenden Abtretungsempfänger einer Forderung geltend macht4 (vgl. auch das Stichwort „Einrede, Einwendung“).
1791
III. Mehrere Gläubiger oder Gegenstände 1. Pfändung desselben Gegenstandes Haben mehrere Gläubiger wegen jeweils selbständiger Forderungen denselben Gegenstand oder dieselben Gegenstände gepfändet, dann berechnen sich die Gerichtskosten für die gegen die Gläubiger erhobene Drittwiderspruchsklage nach der Summe der Forderungen (§ 5 ZPO), sofern nicht der Wert des Pfandes oder der Pfänder geringer ist (§ 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG).5
Û
Beispiel: A, B und C haben jeweils Forderungen i.H.v. 10 000 Euro gegen den Schuldner. Sie pfänden das neue Mercedes-Cabrio, das sich in der Garage des Schuldners befindet. Der angebliche Eigentümer D erhebt Drittwiderspruchsklage gegen sämtliche Titelgläubiger. Der Wert für die Gerichtsgebühren beläuft sich auf 30 000 Euro.
Der Wert für die Anwaltsgebühren entspricht dem Wert für die Gerichtskosten, soweit mehrere Beteiligte einer Parteiseite durch denselben Anwalt vertreten werden. Bei Beauftragung mehrerer Anwälte hat jeder so abzurechnen, wie es seinem Auftragsverhältnis entspricht.6 – Hat also jeder Beklagte einen eigenen Anwalt, so müssen diese ihre Gebühren nach dem Wert der jeweiligen Beteiligung des Auftraggebers abrechnen. Der Streitwert bemisst sich gem. § 6 ZPO nach dem Wert der Forderung oder des geringerwertigen Pfandes.7
Û
1792
Beispiel: Im obigen Beispiel können die Anwälte von A, B und C ihre Gebühren jeweils aus einem Gegenstandswert von 10 000 Euro berechnen.
1 BGH, Beschl. v. 7.7.1952 – IV ZR 1/52, NJW 1952, 1335; LG Essen, Urt. v. 4.1.1956 – 1 S 468/55, NJW 1956, 1033. 2 OLG Schleswig, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 25. 3 OLG Celle, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 35. 4 RG, JW 1934, 1174; a.A. LG Essen, JW 1937, 3040 Nr. 32. 5 BGH, Urt. v. 18.9.1952 – III ZR 144/51, NJW 1952, 1335; OLG Schleswig, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 25; OLG München, Beschl. v. 29.7.1988 – 21 W 2168/88, JurBüro 1989, 848. 6 OLG München, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 120 mit Anm. Schneider = JurBüro 1989, 848. 7 OLG München, JurBüro 1973, 737; OLG München, JurBüro 1977, 1421; OLG Frankfurt, JurBüro 1973, 152.
Noethen
299
1793
Drittwiderspruchsklage
ZPO
– Haben einzelne Beklagte denselben Anwalt, so sind die nach § 6 ZPO zu ermittelnden Einzelwerte bezüglich des gemeinsamen Anwaltes für dessen Gebührenberechnung nach § 5 ZPO, § 22 Abs. 1 RVG zu addieren.
Û
Beispiel: Im obigen Beispiel kann der gemeinsame Anwalt von A und B seine Gebühren aus einem Wert von 20 000 Euro berechnen, der Anwalt des C aus einem Wert von 10 000 Euro.
2. Pfändung verschiedener Gegenstände 1794
Haben mehrere Gläubiger wegen jeweils selbständiger Forderungen verschiedene Gegenstände gepfändet, dann darf der Wert der Drittwiderspruchsklage wegen § 6 Satz 2 ZPO nicht höher sein als der Gesamtwert der gepfändeten Sachen. Deshalb sind zur Ermittlung des Gerichtskostenwertes zunächst bei jedem Gläubiger Forderung und Pfand zu vergleichen und der geringere Wert ist anzusetzen. Danach sind die so ermittelten Werte zu summieren. Bei dieser Berechnungsweise kann der Gesamtwert unterhalb der Pfandobjekte liegen, deren Wert auch erreichen, niemals aber ihn übersteigen.1 Der Wert für die Anwaltsgebühren entspricht dem Wert für die Gerichtskosten, soweit mehrere Beteiligte einer Parteiseite durch denselben Anwalt vertreten werden. Bei Beauftragung mehrerer Anwälte hat jeder so abzurechnen, wie es seinem Auftragsverhältnis entspricht. 3. Pfändung teilweise derselben Gegenstände
1795
Haben mehrere Gläubiger wegen jeweils selbständiger Forderungen teils dieselben, im Übrigen aber verschiedene Gegenstände gepfändet, dann sind zunächst bei jedem Gläubiger dessen Forderung und die von ihm gepfändeten Gegenstände zu vergleichen, um den geringeren Wert als Streitwert zu ermitteln; die so ermittelten Einzelwerte sind dann zusammenzurechnen und machen den Gesamtstreitwert aus.2
1796
Dabei werden jedoch Pfandgegenstände, in die mehrere Gläubiger vollstreckt haben, nur einmal angesetzt. Die Wertaddition kommt also nur hinsichtlich solcher Gegenstände in Betracht, in die von verschiedenen Gläubigern nur jeweils einmal vollstreckt worden ist. Bei der Drittwiderspruchsklage mehrerer Kläger gegen mehrere Beklagte ist entsprechend zu berechnen.3
IV. Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung 1797
Siehe das Stichwort „Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung“.
V. Unechte Drittwiderspruchsklage 1798
Die Regelung des § 771 ZPO wird entsprechend auf die Klagen angewandt, mit denen geltend gemacht wird, es fehle an einem Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft an einem Grundstück durch Zwangsversteigerung gem. § 180 Abs. 1 ZVG zu bewirken (sog. unechte Drittwiderspruchsklage)4.
1 2 3 4
OLG Hamm, JW 1933, 539; OLG Hamm, JW 1934, 168. RG, JW 1909, 730 Nr. 29; OLG Hamm, JW 1933, 539 Nr. 19. LG Berlin, JVBl. 1934, 168; Breuer, JW 1937, 1038, 1039 zu VI. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.7.1989 – 5 W 42/89, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 124 mit Anm. Schneider = JurBüro 1989, 1598 mit Anm. Mümmler; vgl. auch das Stichwort „Aufhebung von Gemeinschaften“.
300
Noethen
Duldungsklage In diesen Fällen liegt der Vollstreckung weder ein Pfandrecht noch eine Forderung zugrunde, derentwegen gepfändet worden ist, so dass für den Streitwert nicht gem. § 6 ZPO der Gesamtwert des Grundstücks entscheidend ist. Vielmehr ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG auf das Interesse des Klägers abzustellen, der verhindern will, dass das Grundstück verschleudert wird.1
1799
Das Klägerinteresse ist in diesen Fällen in der Regel in Höhe eines Bruchteils des Grundstückswertes anzusetzen, wobei Werte zwischen 10 %2 und 20 %3 vom Verkehrswert des auf den Kläger entfallenden Miteigentumsanteils vertreten werden. Ausnahmsweise kann der volle Wert angesetzt werden, wenn der Kläger sich Besitz und wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks sichern wollte.4
1800
Auch ein mögliches affektives oder ideelles Interesse des Klägers kann berücksichtigt werden, jedoch nicht durch Erhöhung des Bruchteils vom Grundstückswert.5 Das OLG Karlsruhe6 hat dieses Affektionsinteresse mit einem Viertel des berechneten Bruchteils vom Grundstückswert, also mit 5 % zusätzlich angesetzt.
1801
C. Rechtsmittel und Beschwer Die Berufungsbeschwer entfällt, wenn der Gläubiger nach Urteilserlass und vor Einlegung der Berufung die Freigabe der gepfändeten Sachen erklärt und den Schuldner zur Entfernung der Pfandzeichen ermächtigt (Berufung des Gläubigers nur aus Kosteninteresse).7
1802
Duldungsklage Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Anzuwendende Vorschriften . . . . 1803
III. Duldung der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1809
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1805 I. Duldung einer Handlung . . . . . . . 1807 II. Duldung der Wegnahme von Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1808
C. Rechtsmittel und Beschwer . . . . 1815 D. Einzelfälle aus der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1816
A. Anzuwendende Vorschriften Ein Anspruch ist das Recht, von einem anderen ein Tun oder ein Unterlassen zu verlangen (§ 194 Abs. 1 BGB). Hierbei rechnet zum Unterlassen auch das Dulden 1 BGH, Beschl. v. 16.1.1991 – XII ZR 244/90, FamRZ 1991, 547; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.7.1989 – 5 W 42/89, JurBüro 1989, 1598 mit Anm. Mümmler. 2 BGH, Beschl. v. 16.1.1991 – XII ZR 244/90, FamRZ 1991, 547. 3 OLG Saarbrücken, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 387; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 5.11.2003 – 2 WF 136/03, FamRZ 2004, 1221; OLG Celle, OLGR 1994, 96. 4 OLG Karlsruhe, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 586; OLG Bamberg, Beschl. v. 10.7.1991 – 2 WF 72/91, JurBüro 1991, 1694; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.7.1989 – 5 W 42/89, JurBüro 1989, 1598. 5 BGH, Beschl. v. 16.1.1991 – XII ZR 244/90, FamRZ 1991, 547. 6 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 5.11.2003 – 2 WF 136/03, FamRZ 2004, 1221. 7 OLG Hamm, Urt. v. 5.3.1991 – 19 U 234/90, NJW-RR 1991, 1343 – Erledigung zwischen den Instanzen, s. auch BGH, Urt. v. 16.11.1993 – X ZR 7/92, NJW 1994, 942.
Noethen/Kurpat
301
1803
ZPO
Duldungsklage als ein Nichttun gegenüber dem Eingriff eines anderen in die eigene Rechts- und Machtsphäre. Die auf Erzwingung der Duldung gerichtete Klage ist eine Leistungsklage.1 1804
Gegenstand gesetzlicher Duldungspflichten sind beispielweise das Gestatten, ein Grundstück zu betreten (§ 867 BGB), oder die Hinnahme der Zwangsvollstreckung in einen der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlassgegenstand (§ 2213 Abs. 3 BGB) oder die Vollstreckung wegen Vermögensübernahme nach § 419 BGB zu dulden,2 und dergleichen. Selbstverständlich kann die Duldungspflicht auch durch individuellen Vertrag begründet werden (§ 305 BGB).
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert 1805
Für die Streitwertbestimmung im Einzelfall ist maßgebend, welche konkrete Duldung erzwungen werden soll.
1806
Wird in demselben Rechtsstreit im Wege der objektiven Klagehäufung auf Leistung und zugleich auf Duldung die Leistung betreffender Handlungen geklagt, so bestimmt sich der Streitwert nur nach dem Wert des Leistungsanspruchs; es liegt eine wirtschaftliche Identität der Ansprüche vor,3 die eine Wertaddition ausschließt.4
I. Duldung einer Handlung 1807
Wird darauf geklagt, dass der Beklagte eine Handlung zu dulden habe, dann bestimmt sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an der Vornahme der Handlung und ist in der Regel gem. § 3 ZPO frei zu schätzen.5
II. Duldung der Wegnahme von Sachen 1808
Besteht die vom Beklagten zu duldende Handlung hingegen in der Wegnahme eingebauter Sachen, richtet sich der Streitwert – wie bei der Klage auf Herausgabe des Besitzes – in der Regel nach § 6 ZPO. Maßgebend ist der Verkehrswert, den die Sachen nach ihrer Trennung vom Gebäude oder vom Grundstück haben, nicht der Betrag der Kosten, der nach Wegnahme zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes aufzubringen ist.6 Hierbei ist zu beachten, dass der ansonsten übliche Wert dieser Sachen schon aufgrund der Trennung gemindert sein dürfte.
III. Duldung der Zwangsvollstreckung 1809
Ist die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung (§ 7 AnfG, §§ 737, 1134, 2213 BGB) gerichtet, dann findet § 6 ZPO entsprechende Anwendung. Der Streitwert 1 Zöller/Greger, vor § 253 ZPO Rn. 3. 2 BGH, NJW 1984, 794. 3 Siehe dazu Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Duldungsklagen“ Rn. 4; Zöller/Herget, § 5 ZPO Rn. 8. 4 OLG Celle, Beschl. v. 15.11.2002 – 4 AR 79/01, OLGR 2002, 11; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Duldungsklage“ Rn. 4; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Duldung“. 5 BGH, Beschl. v. 13.3.2008 – V ZB 113/07, NVwZ-RR 2008, 742; OLG Koblenz, Beschl. v. 24.9.1999 – 5 U 545/99, OLGR 2000, 248; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Duldungsklagen“ Rn. 1; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Duldung“. 6 BGH, Beschl. v. 12.6.1991 – XII ZR 30/91, MDR 1992, 196.
302
Kurpat
Duldungsklage der Vollstreckungs-Duldungsklage bestimmt sich nach der Höhe der Forderung, zu deren Realisierung vollstreckt wird.1 Abweichend hiervon hat das OLG Celle2 den Wert auf 1/10 des Forderungsbetrages festgesetzt, dessentwegen Duldung eingeklagt war. Die Besonderheit war hier jedoch, dass mit der Klage nicht Befriedigung begehrt wurde, sondern der Beklagte für den Fall nicht vertragsgerechter Rückzahlung einer Darlehensschuld unter den Druck sofortiger Vollstreckbarkeit gestellt werden sollte.
1810
Nur dann, wenn der Wert der Forderung, wegen der vollstreckt werden soll, höher ist als der Wert des Vollstreckungsobjekts, ist gem. § 6 Satz 2 ZPO der geringere Wert bestimmend.3
1811
Da dingliche Belastungen auch bei Erfolg der Duldungsklage die Zugriffsmöglichkeit des Gläubigers schmälern, müssen sie vom Verkehrswert abgezogen werden.4 Mit wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist es unvereinbar, dabei zwischen dauernden und nur vorübergehenden Belastungen zu unterscheiden. Auch ablösbare, aber nicht abgelöste Grundpfandrechte schmälern das Verwertungsrecht des Duldungsklägers, so dass § 6 Satz 2 ZPO eingreift. Das OLG Bamberg hat in einer späteren Entscheidung5 seine zutreffende Auffassung aufgegeben und die Abzugsfähigkeit von Grundschuldbeträgen verneint. Dabei ging es um die Bemessung des Streitwerts einer Rückauflassungsklage.
1812
Bei der Bemessung des Streitwertes sind Zinsen und Kosten der Forderung mit in Ansatz zu bringen.6 § 43 Abs. 1 GKG, § 4 ZPO stehen dem nicht entgegen, da „Hauptanspruch“ (§ 43 Abs. 1 GKG) nicht die Forderung, deretwegen vollstreckt wird, sondern der Duldungsanspruch ist.
1813
Demgegenüber bleiben die Kosten der Befriedigung der auf dem Grundstück gerichteten Rechtsverfolgung bei der Festsetzung des Streitwertes außer Betracht.7
1814
C. Rechtsmittel und Beschwer Während für die Beschwer des unterliegenden Klägers auf dessen Interesse an der Vornahme der Handlung8 und damit auf den Gebührenstreit (formelle Beschwer) abzustellen ist, ist für die Beschwer des unterliegenden Beklagten dessen wirtschaftliches Interesse an der Abwehr des geltend gemachten Duldungsanspruchs in die mit der Vornahme der Handlung verbundene wirtschaftliche Einbuße maßgebend.9
1 BGH, Beschl. v. 22.4.1999 – IX ZR 292/98, NJW-RR 1999, 1080; LG Gera, Urt. v. 19.12.2007 – 3 O 1009/06, NotBZ 2009, 34; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Duldungsklagen“ Rn. 3. 2 OLG Celle, Beschl. v. 16.4.1992 – 4 W 14/92, Nds.Rpfl. 1992, 142. 3 OLG Stuttgart, Urt. v. 1.4.1998 – 9 U 246/97, OLGR 1998, 227; OLG Frankfurt, OLGE 31, 4; OLG Bamberg, JurBüro 1977, 1277. 4 OLG Bamberg, JurBüro 1977, 1277. 5 OLG Bamberg, Beschl. v. 30.1.1990 – I W 130/89, JurBüro 1990, 773. 6 BGH, Beschl. v. 22.4.1999 – IX ZR 292/98, NJW-RR 1999, 1080; a.A. OLG Bamberg, JurBüro 1977, 1277; OLG Stuttgart, Urt. v. 1.4.1998 – 9 U 246/97, OLGR 1998, 227. 7 BGH, LM § 3 ZPO Nr. 6. 8 BGH, Beschl. v. 13.3.2008 – V ZB 113/07, NVwZ-RR 2008, 742. 9 BGH, Beschl. v. 31.3.2010 – XII ZB 130/09, MDR 2010, 765 – Besichtigung; Beschl. v. 22.4.1999 – IX ZR 292/98, FamRZ 1999, 647; Beschl. v. 22.5.2002 – VIII ZR 217/01, ZfIR 2003, 265: Duldung der Verlegung von Versorgungsleitungen; OLG Koblenz, Beschl. v. 24.9.1999 – 5 U 549/99, AnwBl. 2000, 264.
Kurpat
303
1815
ZPO
Duldungsklage
D. Einzelfälle aus der Rechtsprechung 1816
Klagt ein Gläubiger nach dem Anfechtungsgesetz gegen denjenigen, der von seinem Schuldner einen Gegenstand anfechtbar erworben, aber wieder veräußert hat, gegen dessen Rechtsnachfolger auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen der Forderung, dann werden die Ansprüche nicht zusammengerechnet.1 Hingegen sind hier Zinsen und Kosten bei der Streitwertbemessung zu berücksichtigen.2
1817
Der Streitwert der auf Duldung einer Besichtigung gerichteten Klage bemisst sich nach dem Interesse des Klägers; der Streitwert ist ausgehend vom Zweck der Besichtigung zu ermitteln. Für die Beschwer des verurteilten Beklagten sind die ihm mit der Besichtigung entstehenden Kosten maßgeblich. In Betracht kommen der Verdienstausfall, der dem Beklagten entsteht, weil er bei der Besichtigung anwesend sein will, oder etwaige mit der Begutachtung verbundene Eingriffe in die Bausubstanz.3 Siehe auch unter dem Stichwort „Besichtigung“.
1818
Eine auf Duldung der Unterbrechung der Energieversorgung bzw. Wegnahme erforderlicher Mess- und Regeleinrichtungen gerichtete Klage des Versorgungsträgers ist keine mietrechtliche Streitigkeit und daher gem. §§ 3 ff. ZPO zu bewerten. Zutreffend dürfte sein, auf das Interesse des Versorgers an der Verhinderung einer weiteren Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen4 und damit für den Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert gem. § 3 ZPO bzw. § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO auf den Jahresbetrag einer künftigen Nutzung abzustellen, der auf Grundlage der zu leistenden Vorauszahlungen berechnet werden kann.5 Das gilt auch dann, wenn die Unterbrechung der Versorgung – aus technischen Gründen – notwendigerweise mit einer Wegnahme von Mess- und Regeleinrichtungen verbunden ist.6 Abweichend ist zu bewerten, wenn die Klage nicht auf die Unterbrechung der Versorgung abzielt. Will sich das Versorgungsunternehmen z.B. zum Zwecke der Erneuerung oder Reparatur in den Besitz der Mess- und Regeleinrichtungen bringen, ist auf deren Verkehrswert abzustellen.7 Der bereits aufgelaufene Zahlungsrückstand ist als Anknüpfungspunkt nicht geeignet, weil er weder in einer Beziehung zum Umfang des weiter drohenden Ausfalls steht noch durch die
1 OLG Frankfurt, MDR 1955, 496. 2 BGH, Beschl. v. 10.2.1982 – VIII ZR 339/81, WM 1982, 435. 3 BGH, Beschl. v. 22.4.1999 – IX ZR 292/98, FamRZ 1999, 647; OLG Koblenz, Beschl. v. 24.9.1999 – 5 U 545/99, AnwBl. 2000, 264. 4 OLG Celle, Beschl. v. 23.2.2010 – 13 W 17/10; OLG Hamburg, Beschl. v. 17.1.2008 – 14 W 3/08, ZMR 2008, 891; OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2005 – 5 W 161/05, ZMR 2006, 208; OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.10.2009 – 5 W 54/09, MDR 2009, 1407; OLG Schleswig, Beschl. v. 2.2.2009 – 14 W 6/09, NJW-RR 2010, 14; LG Hamburg, Beschl. v. 16.4.2004 – 309 T 39/04, ZMR 2004, 586; LG Koblenz, Beschl. v. 10.11.2006 – 14 T 7/06, n.v: bei einstw. Verfügung 1/2 Jahresvorauszahlungsbetrag; AG Hamburg-Bergedorf, Beschl. v. 30.12.2003 – 409 C 550/03, ZMR 2004, 273; AG Neuruppin, Beschl. v. 28.7.2005 – 42 C 109/05, WuM 2005, 596. 5 OLG Celle, Beschl. v. 26.9.2006 – 4 W 77/09, n.v.; OLG Hamburg, Beschl. v. 17.1.2008 – 14 W 3/08, ZMR 2008, 891; OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2005 – 5 W 161/05, ZMR 2006, 208; LG Itzehoe, Beschl. v. 9.4.2008 – 9 T 20/08, ZMR 2008, 799; LG Köln, Beschl. v. 3.8.2007 – 13 T 132/07, IR 2008, 42 (Ls.). 6 Zutreffend LG Hamburg, Beschl. v. 16.4.2004 – 309 T 39/04, ZMR 2004, 586; LG Koblenz, Beschl. v. 10.11.2006 – 14 T 7/06, n.v: bei einstweiliger Verfügung 1/2 Jahresvorauszahlungsbetrag; AG Hamburg-Bergedorf, Beschl. v. 30.12.2003 – 409 C 550/03, ZMR 2004, 273; AG Neuruppin, Beschl. v. 28.7.2005 – 42 C 109/05, WuM 2005, 596; a.A. AG Königstein, Beschl. v. 25.4.2003 – 21 C 261/03, NJW-RR 2003, 949: Verkehrswert der Messeinrichtung; AG Nürnberg, Urt. v. 22.2.2001 – 20 C 567/01, NZM 2002, 144. 7 LG Chemnitz, Beschl. v. 4.6.2007 – 3 T 443/07, GWF/Recht und Steuern 2008, 23.
304
Kurpat
Duldungsklage begehrte Versorgungsunterbrechung verringert wird.1 Siehe ausführlich unter dem Stichwort „Energie- und Wasserversorgung“. Wird mit der Leistungsklage gegen Erben zugleich die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen deren Testamentsvollstrecker erhoben, dann ist wegen wirtschaftlicher Identität nur der Streitwert der Leistungsklage in Anwendung des § 5 ZPO anzusetzen, der Duldungsantrag dagegen streitwertmäßig nicht zu berücksichtigen.2
1819
Werden im Streitgenossenprozess Leistungsbeklagter und Duldungsbeklagter durch denselben Anwalt vertreten, dann schuldet, da der Streitwert für Leistungsund Duldungsbegehren deckungsgleich ist, jeder Streitgenosse gesamtschuldnerisch mit dem anderen dem gemeinsamen Anwalt die Gebühren nach dem nämlichen Wert.3 Ein besonderer Streitwert für die abgewiesene Duldungsklage braucht deshalb nicht festgesetzt zu werden.4
1820
Für eine Klage auf Einräumung einer Grunddienstbarkeit, hier eines Wege- und Überfahrrechtes, ist der Streitwert danach zu bemessen, welchen Wert die begehrte Nutzung für das begünstigte Grundstück hat. Ist die Wertminderung durch die Belastung für das betroffene Grundstück größer, ist auf diesen Wert abzustellen.5 Die besonderen Verhältnisse in den Bundesländern des Beitrittsgebietes rechtfertigen keinen abweichenden Bewertungsmaßstab.6 Siehe auch das Stichwort „Grunddienstbarkeit“.
1821
Der Streitwert einer Klage auf Duldung der Benutzung eines Grundstücks zur Herstellung der erforderlichen Verbindung mit einem öffentlichen Weg (Notweg) bemisst sich nach dem Interesse des Klägers an der zu duldenden Handlung. Maßgebend ist die Wertsteigerung, die das klägerische Grundstück durch die Gewährung des Notwegrechts erfährt.7 Für deren Berechnung sind die mit der Errichtung und Unterhaltung des Notweges verbundenen Kosten und die Höhe der Notwegrente ohne Bedeutung.8 Dagegen bestimmt sich die Beschwer des zur Duldung verurteilten Beklagten nach der Wertminderung, die sein Grundstück durch die Pflicht zur Duldung des Notwegs erfährt.9
1821a
Der Klageanspruch auf Duldung der Wertschätzung eines Hausgrundstücks durch einen Sachverständigen ist nach den Grundsätzen für die Bewertung eines Auskunftsanspruchs zu beziffern; maßgebend ist daher das Bewertungsinteresse des Klägers, nicht das Duldungsinteresse des Beklagten.10 Für die Berechnung der Beschwer des Beklagten sind die Kosten der zu duldenden Maßnahme unerheblich, weil der Gegner sie als Auftraggeber und Beweisführer zu tragen hat. Zu berück-
1822
1 2 3 4 5
6 7 8
9 10
Zutreffend AG Oldenburg, Beschl. v. 20.8.2009 – 23 C 697/09. KG, AnwBl. 1979, 229. OLG Frankfurt, JurBüro 1957, 316. KG, JW 1933, 2074; OLG Stettin, JW 1926, 868. BGH, Beschl. v. 2.10.2003 – V ZB 18/03, MDR 2004, 296; vgl. auch OLG Koblenz, Beschl. v. 19.10.2006 – 5 W 666/09, JurBüro 2010, 200 – Herstellungskosten zzgl. des 3 1/2fachen der jährlichen Notwegrente für Klage auf dessen Einräumung. BGH, Beschl. v. 2.10.2003 – V ZB 18/03, MDR 2004, 296; a.A. OLG Thüringen, OLG-NL 2001, 263. BGH, Beschl. v. 12.12.2013 – V ZR 52/13, MDR 2014, 461; OLG Jena, Beschl. v. 20.10.1998 – 3 W 626/98, JurBüro 1999, 196. BGH, Beschl. v. 12.12.2013 – V ZR 52/13, MDR 2014, 461; a.A. OLG Dresden, Beschl. v. 24.2.2002 – 11 W 149/02; OLG Koblenz, Beschl. v. 19.10.2009 – 5 W 666/09, JurBüro 2010, 199; OLG Köln, Beschl. v. 23.8.2010 – 2 W 58/10, JurBüro 2011, 262; OLG Rostock, Beschl. v. 31.1.2013 – 3 W 25/12, Grundeigentum 2013, 1002. BGH, Beschl. v. 12.12.2013 – V ZR 52/13, MDR 2014, 461; Beschl. v. 12.7.2012 – V ZR 29/12. OLG Bamberg, Beschl. v. 30.9.1986 – 7 WF 50/86, JurBüro 1987, 427.
Kurpat
305
Durchsuchungsanordnung
ZPO
sichtigen ist jedoch der Verdienstausfall des Beklagten, wenn er wegen der Begutachtung unbezahlten Urlaub nehmen muss. Hingegen bleiben die Kosten für die Zuziehung eines Rechtsanwalts unberücksichtigt, da sich die Auskunftsverurteilung nicht darauf erstreckt, sondern sich in der Pflicht erschöpft, den Zutritt zum Grundstück zu dulden.1 1823
Da die Zwangsverwaltung sich nicht auf einen Forderungsbetrag beschränkt, sondern das zu verwaltende Objekt allgemein erfasst, ist bei einer Klage auf Duldung der Zwangsverwaltung und auf Herausgabe des Grundstücks an den Zwangsverwalter der Grundstückswert maßgebend, nicht der niedrigere Wert der Forderung des klagenden Gläubigers.2
1824
Zur Duldung von Modernisierungsarbeiten durch den Mieter s. das Stichwort „Mietstreitigkeiten“, Rn. 3807 f.
1825
Rechtsstreitigkeiten, bei denen sich erst in der Zwangsvollstreckung eine Haftungsbeschränkung ergeben kann (vgl. §§ 781, 786 ZPO), sind nicht wie Duldungsklagen zu bewerten. Bei ihnen ist ohne Rücksicht auf den Wert der Haftungsmasse lediglich der Zahlungsanspruch wertbestimmend, der durchgesetzt werden soll.3
Durchsuchungsanordnung 1826
Der Gerichtsvollzieher darf die Wohnung des Schuldners gegen dessen Willen nur betreten und durchsuchen, wenn ihm dies durch eine richterliche Durchsuchungsanordnung gestattet wird (§ 758a ZPO). Für das Verfahren auf Erlass einer Durchsuchungsanordnung fallen keine Gerichtsgebühren an.
1827
Der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren, der nach § 33 Abs. 1 RVG gesondert festzusetzen ist, bestimmt sich nicht nach dem Wert der zu vollstreckenden Forderung oder dem Wert des beabsichtigten Pfändungsgegenstandes (§ 25 RVG). Denn die Durchsuchungsanordnung verschafft dem Gläubiger kein Pfändungspfandrecht, sondern nur die Möglichkeit, sich gegen den Willen des Schuldners über pfändbare Gegenstände in dessen Wohnung zu informieren. Maßgeblich ist daher nur ein nach § 3 ZPO, § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG zu schätzender Bruchteil dieses Wertes, den das OLG Köln mit 50 % des Wertes der zu vollstreckenden Forderung angesetzt hat.4
Ehrkrnkende ußerungen A. Einleitung 1828
Bei Klagen wegen Ehrverletzungen hängt die Bestimmung des Streitwertes davon ab, welche Ansprüche der Kläger im Einzelnen aus dem ehrkränkenden Verhalten ableitet.
1 2 3 4
BGH, Beschl. v. 30.10.1991 – XII ZB 127/91, NJW-RR 1992, 188. LG Hamburg, JW 1935, 878 Nr. 7. RGZ 54, 411; 137, 50. OLG Köln, Beschl. v. 16.11.1987 – 2 W 185/87, MDR 1988, 329.
306
Kurpat/Noethen/Kurpat
Ehrkrnkende ußerungen
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Geldentschädigung Verlangt der Kläger analog § 253 Abs. 2 BGB eine Geldentschädigung,1 dann ist für den Streitwert nach § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG der geforderte Betrag maßgebend, denn in diesem Fall ist nur das Grundverhältnis nichtvermögensrechtlicher Art. Der daraus hergeleitete Geldanspruch ist vermögensrechtlicher Natur.2
1829
II. Widerruf, Rücknahme, Unterlassung Klagen auf Rücknahme, Widerruf oder Unterlassung einer ehrkränkenden Äußerung sind im Regelfall als nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten hinsichtlich des Gebührenstreitwertes nach § 48 Abs. 2 GKG zu bewerten.3 Entscheidend ist also die Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien,4 wobei der Streitwert 1 Mio. Euro nicht überschritten werden darf. Der Zuständigkeitsstreitwert ist in solchen Streitigkeiten nach § 3 ZPO unter Berücksichtigung insbesondere der Kriterien des § 48 Abs. 2 GKG zu schätzen.
1830
Die Höhe des Streitwertes wird unter anderem davon beeinflusst, unter welchen Umständen die Behauptung aufgestellt worden, in welchem Umfang sie Dritten zur Kenntnis gelangt und mit welchen wirtschaftlichen Interessen sie verknüpft ist.5 Dabei sollte allerdings – auch wenn die Parteien sich subjektiv schwer getroffen fühlen – eine objektive Sichtweise stets beibehalten werden.
1831
Da § 48 Abs. 2 GKG keinen Regelwert kennt, dürfte es zulässig sein, sich als Ausgangspunkt der Streitwertbestimmung an den in § 52 Abs. 2 GKG bzw. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG genannten Wert (derzeit 5000 Euro) zu orientieren.6 Entscheidend sind jedoch immer die Umstände des Einzelfalls, wobei die bei Prozessbeginn und damit vom Ausgang des Rechtsstreits unbeeinflusste Wertangabe des Klägers einen wesentlichen Gesichtspunkt darstellen kann.7 Der Ansicht des OLG Saarbrücken,8 wonach bei einem gleichlaufenden strafrechtlichen Rechtsgüterschutz eine über 1500 Euro liegende Bewertung ausscheide, ist daher in dieser Allgemeinheit nicht zuzustimmen.
1832
Ältere Entscheidungen gingen grundsätzlich mangels Besonderheiten des Einzelfalles vom Ausgangswert von 4000 DM aus.9 Eine einheitliche Rechtsprechung hat sich jedoch nicht herausgebildet (vgl. dazu die Einzelfälle in der Rechtsprechung unter D.).
1833
1 2 3 4 5 6 7 8 9
BGH, Beschl. v. 3.4.1985 – VI ZR 80/83, MDR 1985, 43; BGHZ 66, 182. Vgl. das Stichwort „Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit“. BGH, NJW 1996, 999. BAG, Beschl. v. 2.3.1998 – 9 AZR 61/96 (A), JurBüro 1998, 647; BGH, MDR 1974, 926; OLG Koblenz, JurBüro 1967, 1015; OLG Karlsruhe, AnwBl. 1972, 25. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.12.2011 – 19 W 67/11; OLG Köln, MDR 1963, 510. OLG Köln, Beschl. v. 22.8.2012 – 16U 184/11, JurBüro 2012, 656. OLG Celle, Urt. v. 25.10.2012 – 13 U 156/12; LG Wiesbaden, Beschl. v. 12.3.2014 – 9 O 58/13. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 17.6.2013 – 5 W 56/13, MDR 2013, 1244; Beschl. v. 9.1.2013 – 5 W 435/12. OLG Bamberg, JurBüro 1973, 459; OLG Frankfurt, AnwBl. 1983, 89; OLG Köln, VersR 1974, 151; BB 1974, 1184; vgl. aber auch LG Oldenburg, JurBüro 1995, 369 (6000 DM für Unterlassungsklage).
Kurpat
307
Ehrkrnkende ußerungen Steht der Betroffene im Wirtschafts- und Berufsleben, dann können hinsichtlich der Klagen auf Widerruf bzw. Rücknahme und Unterlassung Abgrenzungsschwierigkeiten dahingehend auftreten, ob der Anspruch vermögensrechtlicher oder nichtvermögensrechtlicher Natur ist:1
1835
Soweit es nämlich um den Teil der öffentlichen Wertschätzung einer Person geht, der ihre Berufsausübung betrifft, ist der Anspruch auf Unterlassung der die Berufsehre tangierenden Äußerungen nicht von vornherein vermögensrechtlicher Natur. Das ist nur dann der Fall, wenn der Anspruch in wesentlicher Weise auch der Wahrung wirtschaftlicher Belange (z.B. Verlust von Kunden, Einschränkung der Kreditwürdigkeit etc.) dienen soll.2
1836
Die Klage auf Unterlassung einer ehrverletzenden Behauptung (§§ 12, 862, 1004 BGB analog) ist nichtvermögensrechtlicher Natur, wenn sie auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185, 186 StGB gestützt wird, und zwar auch dann, wenn eine nicht eingeklagte Vermögensschädigung durch die Äußerung eingetreten ist.3 Denn sie soll den sozialen Geltungsanspruch des Verletzten in der Öffentlichkeit schützen. Anderes gilt nur, wenn sich aus dem Klagevorbringen ergibt, dass das Rechtsschutzbegehren in wesentlicher Weise auch der Wahrung wirtschaftlicher Belange dienen soll.4
1837
– Klagt beispielsweise ein Rechtsanwalt auf Widerruf einer Eingabe an die Anwaltskammer, die ihn in seiner Berufsehre verletzt, so liegt eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit vor, so dass der Wert nach § 48 Abs. 2 GKG zu bemessen ist.5 – Wird dagegen die Unterlassungsklage auf § 824 BGB gestützt (Kreditgefährdung), dann liegt eine vermögensrechtliche Streitigkeit vor.6 Ihr Streitwert ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach freiem Ermessen zu schätzen.7
1838
Bei Zusammentreffen nichtvermögensrechtlicher (ehrverletzender) und vermögensrechtlicher (wirtschaftlicher) Interessen in einer Widerrufsklage können die Bemessungsvorschriften des § 48 Abs. 2 GKG und des § 3 ZPO miteinander konkurrieren.8 So kann beim Zusammentreffen nichtvermögensrechtlicher und vermögensrechtlicher Interessen nach § 48 Abs. 3 GKG der sich aus der Bemessungsvorschrift des § 3 ZPO ergebende höhere Wert festgesetzt werden.9 Dazu muss sich jedoch aus dem Klagevorbringen ergeben, dass das Rechtsschutzbegehren des Klägers der Wahrung höher zu bewertender wirtschaftlicher Interessen dienen soll.10
1839
Es geht also nur um die Frage, wie ein einzelner einheitlicher Anspruch – mag er auf Widerruf oder auf Unterlassung gerichtet sein – zu bewerten ist, wenn damit zugleich dieselben kreditschädigenden und ehrverletzenden Behauptungen bekämpft werden. In diesem Fall ist nur ein Wert anzusetzen, und zwar der höhere.11 Dieser Sachverhalt darf nicht verwechselt werden mit dem Zusammentref-
ZPO
1834
1 Vgl. dazu BGH, VersR 1969, 1094. 2 BGH, NJW-RR 1990, 1270; OLG Schleswig, Beschl. v. 25.1.2002 – 1 W 3/02, JurBüro 2002, 316. 3 OLG Koblenz, JurBüro 1967, 1015; OLG Köln, MDR 1957, 238 Nr. 43. 4 BGH, Beschl. v. 3.4.1985 – VI ZR 80/83, MDR 1985, 43. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.12.2011 – 19 W 67/11; auf § 3 ZPO abstellend LG Wiesbaden, Beschl. v. 12.3.2014 – 9 O 58/13. 6 OLG Bremen, Rpfleger 1957, 271 zu GKG § 11 Abs. 2; OLG Köln, MDR 1957, 238 Nr. 43. 7 OLG Celle, Urt. v. 25.10.2012 – 13 U 156/12; OLG Köln, MDR 1957, 238 Nr. 43. 8 Vgl. Schneider, JurBüro 1965, 589. 9 OLG Köln, Beschl. v. 18.8.1993 – 19 W 37/93, JurBüro 1994, 491. 10 BAG, Beschl. v. 2.3.1998 – 9 AZR 61/96(A), JurBüro 1998, 647; BGH, NJW-RR 1990, 1270; BGHZ 35, 302. 11 OLG München, JurBüro 1977, 852.
308
Kurpat
Ehrkrnkende ußerungen fen von Widerrufsansprüchen und Unterlassungsansprüchen. Wird nämlich neben einem Anspruch auf Unterlassung ehrenrühriger Behauptungen ein aus diesem hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch (Schmerzensgeld) geltend gemacht, so bestimmt sich der Streitwert gem. § 48 Abs. 3 GKG allein nach dem Wert des höheren Anspruchs.1 Einstweilen frei.
1840
III. Mehrere prozessuale Ansprüche 1. Mehrere ehrkränkende Äußerungen Sind mehrere ehrkränkende Äußerungen, deren Unterlassung mit der Klage begehrt wird, beispielsweise in einem Buch oder im Rahmen eines Rechtsstreits aufgestellt worden, so ist der gesamte Komplex mit einem einheitlichen Streitwert zu bewerten. Eine getrennte Bewertung unterbleibt auch dann, wenn die beanstandeten Äußerungen in einzelnen Unterlassungsanträgen ihren Niederschlag gefunden haben.2
1841
2. Unterlassung und Widerruf Die Anträge auf Widerruf einer Äußerung gegenüber verschiedenen Adressaten haben getrennte Streitwerte, die zusammenzurechnen sind.3
1842
Der Streitwert des Antrages auf Widerruf einer ehrverletzenden Äußerung ist in der Regel nicht geringer anzusetzen als der Wert des auf Unterlassung dieser Äußerung gerichteten Antrages.4 Eine Ausnahme gilt dann, wenn schon im Zeitpunkt der Klageerhebung feststeht, dass die Äußerung für den Kläger ohne nachteilige Folgen geblieben ist.5
1843
Wird neben Unterlassung ehrverletzender Äußerungen zugleich auf Verurteilung zum Widerruf geklagt, dann sind die jeweiligen Werte zusammenzurechnen.6 Denn die Unterlassung ist auf die Zukunft, das Widerrufsverlangen dagegen auf Kompensation einer vergangenen Rechtsverletzung gerichtet. Daher geht der Unterlassungsantrag auch nicht im Widerrufsantrag auf.7
1844
3. Unterlassung und Beseitigung Eine andere Beurteilung als beim Zusammentreffen von Unterlassungs- und Wi- 1845 derrufsantrag gilt jedoch bei einem zusätzlichen Beseitigungsantrag: Soweit der sich gegen ehrverletzende Äußerungen wendende Kläger neben Ansprüchen auf Unterlassung auch Ansprüche auf Beseitigung (der Äußerungen auf einer Internetseite) geltend macht, kommt diesen Beseitigungsansprüchen kein eigenständiger Wert zu, da es sich um denselben Gegenstand i.S.v. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG handelt. Anders als beim Widerruf einer ehrverletzenden Behauptung, der auf Be1 OLG Köln, Beschl. v. 18.8.1993 – 19 W 37/93, JurBüro 1994, 491. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.9.1999 – 16 W 39/98, OLGR 1999, 296. 3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.4.2009 – 14 W 53/08, JurBüro 2009, 430; OLG München, Beschl. v. 10.11.1992 – 21 W 2023/92, MDR 1993, 286. 4 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1970, 207; LG Oldenburg, Nds.Rpfl. 1993, 299; LG Oldenburg, JurBüro 1995, 369: Unterlassungsklage in der Regel 6000 DM, Widerruf in der Regel 50 % über dem Wert des Unterlassungsanspruchs. 5 OLG Köln, Beschl. v. 26.2.1999 – 19 W 8/99, OLGR 1999, 220. 6 KG, JurBüro 1969, 320; OLG Düsseldorf, AnwBl. 1980, 358. 7 So aber noch OLG Frankfurt, JurBüro 1963, 38; aufgegeben mit OLG Frankfurt, JurBüro 1974, 1413.
Kurpat
309
Ehrkrnkende ußerungen
ZPO
seitigung einer bereits eingetretenen Rechtsbeeinträchtigung zielt, ist das Beseitigungsverlangen (wie das Unterlassungsbegehren) auf die Vermeidung künftiger Rechtsbeeinträchtigungen gerichtet. Dies zeigt sich auch daran, dass die Verpflichtung zur Beseitigung der ehrverletzenden Äußerung bereits aus der Verurteilung zur Unterlassung folgt.1 4. Unterlassung und Schmerzensgeld/Vertragsstrafe 1846
Streitig ist die Bewertung, wenn ein Unterlassungsbegehren sowie ein Schmerzensgeldanspruch aus derselben unerlaubten Handlung hergeleitet werden. Nach Ansicht des OLG Hamm sind für die Streitwertfestsetzung die Werte der Anträge zu addieren. Die Regelung des § 48 Abs. 3 GKG findet keine Anwendung, weil der vermögensrechtliche Zahlungsanspruch nicht aus dem nichtvermögensrechtlichen Unterlassungsanspruch folgt.2 Das OLG Köln verneint dagegen eine Zusammenrechnung und hält nur den höheren der beiden Ansprüche für maßgeblich.3 Entsprechend hat das OLG Karlsruhe die Regelung des § 48 Abs. 3 GKG auf einen Fall angewandt, in welchem ein Anspruch auf Unterlassung einer ehrverletzenden Behauptung mit einem daraus hergeleiteten Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus demselben Sachverhalt verbunden wurde. Auch hier sei für die Wertberechnung nur der höhere Anspruch maßgeblich.4
C. Rechtsmittel und Beschwer 1847
Bei gleichbleibendem Interesse, wenn also nach wie vor eine klärende Entscheidung erstrebt wird, ist für beide Instanzen gleich zu bewerten und dann auch unter Umständen gem. § 63 Abs. 3 GKG der erstinstanzliche Wertansatz zu korrigieren.5
1848
Wegen des Zeitablaufs kann sich das zu bewertende Interesse zwischen erster und zweiter Instanz verändert haben. Dann ist im zweiten Rechtszug ein geringerer Wert anzusetzen.6
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Bei Klagen auf Unterlassung ehrkränkender Äußerungen in der Presse ist der Streitwert für das Berufungsverfahren nicht notwendigerweise gleich dem Streitwert für den ersten Rechtszug. Häufig wird infolge der Länge der vergangenen Zeit das Interesse der Parteien an der Aufhebung des Verbots oder an dessen Bestand erheblich geringer sein als bei Erhebung der Klage oder bei Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.7
D. Einzelfälle aus der Rechtsprechung 1850
Der nichtvermögensrechtliche Bewertungsbereich bei einer Ehrverletzung ist erfahrungsgemäß stark von Emotionen geprägt, die jedoch auf den Streitwert keinen Einfluss haben dürfen. Da § 48 Abs. 2 GKG keinen Regelwert kennt, dürfte es zu1 2 3 4
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.4.2009 – 14 W 53/08, JurBüro 2009, 430. OLG Hamm, Beschl. v. 10.8.2007 – 9 W 33/07, OLGR 2008, 408 = AGS 2008, 463. OLG Köln, Beschl. v. 18.8.1993 – 19 W 37/93, JurBüro 1994, 491. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.4.2009 – 14 W 53/08, JurBüro 2009, 430; ebenso: OLG Köln, Beschl. v. 18.8.1993 – 19 W 37/93, JurBüro 1994, 491. 5 OLG Köln, BB 1974, 1184. 6 Vgl. BAG, Beschl. v. 2.3.1998 – 9 AZR 61/96 (A), JurBüro 1998, 647 für einen Fall, in dem der Kläger zwischenzeitlich aus seinen hervorgehobenen Ehrenämtern ausgeschieden war. 7 OLG Neustadt, JurBüro 1964, 599.
310
Kurpat
Ehrkrnkende ußerungen lässig sein, sich als Ausgangspunkt an dem in § 52 Abs. 2 GKG bzw. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG genannten Wert (derzeit 5000 Euro) zu orientieren. Entscheidend sind jedoch immer die Umstände des Einzelfalls. Über den Grundstreitwert ist deutlich hinauszugehen, wenn die Ehrkränkung stark den Bereich des sozialen Ansehens berührt,1 beispielsweise bei einem Repräsentanten einer berufsständischen Vereinigung mit bundesweiter Tätigkeit.2 Das LG Oldenburg setzte für Unterlassungsansprüche in der Regel (umgerechnet) 3000 Euro fest und für Widerrufsklagen einen im Vergleich zu Unterlassungsklagen um 50 % erhöhten Streitwert.3
1851
Der Streitwert einer Klage auf Rücknahme von Beleidigungen gegenüber einem Anwalt, bei der besondere Bemessungsfaktoren nicht gegeben waren, ist vom KG mit (umgerechnet) 1000 Euro bemessen worden.4 Die auf Unterlassung der Bezeichnung als „Winkeladvokat“ gerichtete Klage hat das OLG Köln5 mit 4000 Euro bewertet. Das gegenüber der Behauptung des gewerblichen Prozessbetruges eines Anwaltes erhobene Unterlassungsverlangen ist mit 10 000 Euro bewertet worden.6 Der Wert einer Klage auf Unterlassung der Behauptung, der Anwalt habe Mandantengelder i.H.v. (umgerechnet) 6000 Euro veruntreut, ist vom OLG Schleswig auf (umgerechnet) 10 000 Euro festgesetzt worden.7 Überzogen erscheint in diesem Zusammenhang allerdings eine Entscheidung des OLG Hamm:8 Der Senat hat ein Verfahren gegen eine Zeitung, die über einen Anwalt die Behauptung verbreitet hatte, er habe seinen Mandanten unter Verletzung anwaltlicher Pflichten bloßgestellt, mit (umgerechnet) 150 000 Euro bewertet.
1852
Ein Eilverfahren auf künftige Unterlassung der in einer Fernsehsendung ausgestrahlten Behauptung, der Antragsteller sei wegen Vergewaltigung vorbestraft, hat das OLG Frankfurt9 mit (umgerechnet) 15 000 Euro bewertet.
1853
Das OLG Köln10 hat in einem Verfügungsverfahren den Streitwert wegen einer anonymen Sammelbeleidigung unter Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung von (umgerechnet) 50 000 Euro auf 15 000 Euro heruntergesetzt. Das OLG Karlsruhe11 hat eine Unterlassungsklage gegen elf Gemeinderäte einer Kleinstadt mit (umgerechnet) 5000 Euro bewertet.
1854
Ein Streitwert von (umgerechnet) 7500 Euro wurde bei der Behauptung des Verfügungsbeklagten angesetzt, dass die Verkürzung des Religionsunterrichtes an der städtischen Berufsschule mit der Zugehörigkeit des Direktors der Berufsschule zur X-Partei und zur X-Religionsgemeinde in Verbindung stehe.12
1855
Wird eine ehrenrührige Behauptung im Wahlkampf mit einer einstweiligen Verfügung abgewehrt, so kann der Ansatz des vollen Hauptsachewertes gerechtfertigt sein, wenn und weil die vorläufige Maßnahme im Ergebnis einer Verwirklichung des Hauptsacheanspruches gleichkommt, da das einstweilige Verfügungsverfahren zu einer endgültigen Klärung der Zulässigkeit der beanstandeten Äußerungen
1856
1 OLG Karlsruhe, AnwBl. 1972, 25. 2 BAG, JurBüro 1998, 647. 3 LG Oldenburg, Nds.Rpfl. 1993, 299; LG Oldenburg, Beschl. v. 6.3.1995 – 5 T 131/94, JurBüro 1995, 369. 4 KG, AnwBl. 1956, 141; heute wäre der Fall wohl mit ca. 4000 Euro zu bemessen. 5 OLG Köln, Beschl. v. 22.8.2012 – 16 U 184/11, JurBüro 2012, 656; anders noch das erstinstanzliche LG Köln, Urt. v. 15.11.2011 – 5 O 344/10, BRAK-Mitt. 2012, 94: 2000 Euro. 6 OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.12.2011 – 19 W 67/11. 7 OLG Schleswig, Beschl. v. 25.1.2002 – 1 W 3/02, JurBüro 2002, 316. 8 OLG Hamm, AnwBl. 1972, 319. 9 OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.4.1997 – 16 W 18/97, OLGR 1998, 156. 10 OLG Köln, VersR 1974, 151. 11 OLG Karlsruhe, AnwBl. 1982, 25. 12 OLG Neustadt, JurBüro 1961, 136.
Kurpat
311
Eidesstattliche Versicherung
ZPO
führt und sich ein Hauptsacheverfahren nicht mehr anschließt.1 Das LG Bayreuth2 hat in diesem Sinne einen vom Antragsteller mit (umgerechnet) 10 000 Euro bewerteten Verfügungsantrag eines SPD-Kommunalpolitikers auf 2500 Euro herabgesetzt, wobei es davon ausgegangen ist, dass dies nahezu dem Hauptsachewert entspreche, der weitgehend maßgebend sei, da das Verfügungsverfahren unter den gegebenen Umständen eine endgültige Regelung schaffe. 1857
Den Wert des Unterlassungsbegehrens eines Universitätsprofessors gegen ehrverletzende Äußerungen über seine Habilitationsschrift im Internet hat das OLG Karlsruhe mit 30 000 Euro bewertet. Dabei wurden neben den überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Parteien insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger als Universitätsprofessor und Inhaber eines Lehrstuhls eine herausgehobene Stellung einnimmt und er durch die deutliche Kritik an seiner Habilitationsschrift in besonderer Weise in seinem beruflichen Ansehen und seiner wissenschaftlichen Reputation beeinträchtigt wurde.3
Eidesstattliche Versicherung Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1858
II. Die materiell-rechtliche eidesstattliche Versicherung 1. Stufenklage. . . . . . . . . . . . . . . . . 1874 2. Isolierter Klageantrag . . . . . . . . . 1876 3. Freiwillige Abgabe . . . . . . . . . . . 1882
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die vollstreckungsrechtliche eidesstattliche Versicherung/ Vermögensauskunft . . . . . . . . . 1. Gerichtsgebühren . . . . . . . . . . . 2. Anwaltsgebühren . . . . . . . . . . .
. 1859
. 1860 . 1861 . 1864
C. Rechtsmittel und Beschwer . . . . 1886
A. Einleitung 1858
Ein Schuldner kann unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sein, dem Gläubiger Auskunft zu erteilen bzw. Rechenschaft zu legen und die dort gemachten Angaben an Eides statt zu versichern. Diese sog. materiell-rechtliche eidesstattliche Versicherung (vgl. z.B. §§ 259, 260, 2006, 2028, 2057 BGB) kann der Schuldner entweder freiwillig abgeben; dann handelt es sich um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. § 410 Nr. 1 FamFG). Gibt der Schuldner die eidesstattliche Versicherung nicht freiwillig ab, kann der Gläubiger eine entsprechende Klage erheben, was in der Praxis zumeist im Rahmen einer Stufenklage gem. § 254 ZPO (Auskunft, eidesstattliche Versicherung, Leistung) erfolgt. Das entsprechende Urteil wird dann nach § 889 Abs. 1 ZPO vollstreckt. Daneben gibt es die sog. vollstreckungsrechtliche eidesstattliche Versicherung nach §§ 836, 883 ZPO sowie die Vermögensauskunft nach §§ 807, 802c ff. ZPO (früher ebenfalls eidesstattliche Versicherung). Sie beziehen sich auf die Offenbarungspflicht des Schuldners im Rahmen der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen oder zur Erwirkung der Herausgabe einer beweglichen Sache. 1 Vgl. OLG Bamberg, JurBüro 1973, 459; OLG Frankfurt, OLGR 1999, 296 für Äußerungen in einem Flugblatt. 2 LG Bayreuth, JurBüro 1977, 1269. 3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.4.2009 – 14 W 53/08, JurBüro 2009, 430.
312 Kurpat/Noethen
Eidesstattliche Versicherung
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Bei Bestimmung des Zuständigkeits- und Gebührenstreitwerts ist zwischen der vollstreckungsrechtlichen eidesstattlichen Versicherung/Vermögensauskunft und der materiell-rechtlichen eidesstattlichen Versicherung zu unterscheiden.
1859
I. Die vollstreckungsrechtliche eidesstattliche Versicherung/Vermögensauskunft Für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nach §§ 836, 883 ZPO sowie der Vermögensauskunft ist der Gerichtsvollzieher zuständig (§ 802e Abs. 1 ZPO), so dass es eines Zuständigkeitsstreitwertes nicht bedarf. Hinsichtlich des Gebührenstreitwertes stellt sich nach der Neufassung des Gerichtskostengesetzes und des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes seit 1.7.2004 die Situation wie folgt dar:
1860
1. Gerichtsgebühren Für das Verfahren über die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung/Vermögensauskunft werden keine Gerichtsgebühren mehr erhoben. Die Festgebühr nach Nr. 2114 KV GKG bezieht sich ausschließlich auf das Verfahren nach § 889 ZPO (Vollstreckung einer Verurteilung durch Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach Vorschriften des bürgerlichen Rechts). Der Gerichtsvollzieher erhält für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung die Gebühr nach Nr. 262 KV GvKostG, für die Abnahme der Vermögensauskunft eine Gebühr nach Nr. 260 GvKostG; im Falle einer Verhaftung kommt die Gebühr nach Nr. 270 KV GvKostG hinzu.
1861
Für das Verfahren über den Antrag eines Drittgläubigers auf Erteilung der Ablichtung eines im Rahmen der Vermögensauskunft abgegebenen Vermögensverzeichnisses fällt die Gebühr der Nr. 261 KV GvKostG an; die Gebühr der Nr. 260 KV GvKostG fällt nicht an, wenn die Vermögensauskunft deshalb nicht abgenommen wird, weil der Schuldner sie innerhalb der letzten zwei Jahre bereits abgegeben hat (§ 802d Abs. 1 Satz 1 ZPO, Nr. 604 KV GvKostG). Eine Einsichtnahme in die zentral verwalteten Vermögensverzeichnisse ist nicht möglich, § 802k ZPO.
1862
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, es sei denn, die Beschwerde wird verworfen oder zurückgewiesen. Dann fällt eine Festgebühr an (Nr. 2121 KV GKG). Bei einem Teilerfolg der Beschwerde kann die Festgebühr nach billigem Ermessen auf die Hälfte ermäßigt oder ganz erlassen werden. Gleiches gilt für das Verfahren über die Rechtsbeschwerde, für das bei Verwerfung oder Zurückverweisung eine Festgebühr gem. Nr. 2124 KV GKG erhoben wird.
1863
2. Anwaltsgebühren Mangels eines nach § 32 Abs. 1 RVG maßgebenden Gerichtsgebührenwertes muss der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren gesondert bestimmt und festgesetzt werden (§ 33 Abs. 1 RVG). Er bestimmt sich gem. § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG im Verfahren über die Abnahme der eidestattlichen Versicherung/Erteilung der Vermögenauskunft nach dem Betrag, der einschließlich der Nebenforderungen aus dem Vollstreckungstitel noch geschuldet wird. Der Wert ist auf höchstens 2000 Euro begrenzt.
1864
Der gesetzgeberische Gedanke hinter der pauschalen – nunmehr von 1500 auf 2000 Euro erhöhten – Begrenzung des Gegenstandswerts geht dahin, dass das Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zwar auf der einen Seite dem
1865
Noethen
313
ZPO
Eidesstattliche Versicherung ganzen Anspruch des Gläubigers nutzt, andererseits aber durch die Eidesleistung nur in seltenen Fällen erhebliche Vermögenswerte des Schuldners für die weitere Vollstreckung zu Tage gefördert werden. 1866
Mit anderen Worten: Die wirtschaftliche Betrachtungsweise des Verfahrens hat Vorrang. Es wäre formalistisch, einen hohen Streitwert wegen einer hohen titulierten Forderung anzunehmen, obwohl mit großer Wahrscheinlichkeit nichts oder nur wenig beim Schuldner zu holen ist. Eine vergleichbare Problematik ergibt sich, wenn in einen Prozessvergleich nicht rechtshängige „faule“ Forderungen einbezogen werden.1
1867
Auch die vom Gesetz vorgesehene Berücksichtigung von Zinsen und Kosten bei der Wertberechnung ist gerechtfertigt, denn in nicht wenigen Fällen übersteigt der Zinsanspruch den restlichen Hauptanspruch, so dass die Arbeit des Anwaltes, die er mit der Beitreibung hat, auch honoriert werden muss. Schuldnerinteressen gebieten hier nichts Gegenteiliges. Der Schuldner kann den höheren Streitwert verhindern, indem er rechtzeitig bezahlt. Da die Kosten einer vorausgegangenen Vollstreckung bei Stellung des Antrags auf Abgabe der Vermögensauskunft noch nicht feststehen, sollten sie geschätzt in den Vollstreckungsauftrag aufgenommen werden.2
1868
Der Umfang der Titulierung ist für die Wertberechnung ohne Belang. Ist beispielsweise der titulierte Forderungsbetrag durch Zahlung vermindert worden, dann ist nur der verminderte Betrag für den Streitwert maßgebend, da es nicht auf die Titulierung, sondern auf die tatsächliche Höhe der Schuld ankommt.
Û
1869
Nur wenn der tatsächlich geschuldete Betrag inkl. Nebenforderungen noch über 2000 Euro liegt, ist die Wertgrenze des § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG zu beachten und die Gebührenberechnung nach 2000 Euro vorzunehmen.
Û
1870
Beispiel: Tituliert ist ein Betrag von 2000 Euro zzgl. Zinsen. Diese belaufen sich im Mai 2010 auf insgesamt 250 Euro. Die dann erfolgende Zahlung des Schuldners von 1000 Euro wird zunächst auf die Zinsen und sodann auf die Hauptforderung angerechnet. Für das Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist daher ein Gegenstandswert von 1250 Euro anzusetzen.
Beispiel: Tituliert ist im obigen Beispiel ein Betrag von 3000 Euro. Nach Zahlung des Schuldners auf Zinsen und Hauptforderung verbleibt ein tatsächlich geschuldeter Betrag von 2250 Euro, so dass hinsichtlich des Gegenstandswertes die Wertbegrenzung auf 2000 Euro eingreift.
Ebenfalls ohne Belang ist der Umfang des Vollstreckungszugriffs. Der Wert des Verfahrens auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist auch dann mit dem tatsächlich noch geschuldeten Betrag (maximal 2000 Euro) festzusetzen, wenn der Gläubiger, der einen Vollstreckungsbescheid auf einen 2000 Euro übersteigenden Betrag erwirkt hat, das Verfahren nur wegen der titulierten Kosten betreibt, die unter 2000 Euro liegen.
Û
Beispiel: Hat ein Gläubiger einen Vollstreckungstitel i.H.v. 8000 Euro, tritt aber nach fruchtlosem Pfändungsversuch nur wegen der Kosten i.H.v. 300 Euro in das (damalige) Verfahren auf Abgabe der Vermögensauskunft ein, kommt es weiterhin auf den geschuldeten Betrag an; § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG stellt weder auf den Titel, noch auf den Vollstreckungszugriff, sondern allein auf die tatsächlich bestehende Schuld ab, unterwirft diese dann allerdings der Bewertungssperre von 2000 Euro.3
1 Siehe dazu das Stichwort „Vergleich“. 2 Vgl. Enders, JurBüro 1999, 1 (3). 3 Vgl. AG München, JurBüro 1964, 741 (mit entsprechenden DM-Beträgen).
314
Noethen
Eidesstattliche Versicherung Etwas anderes gilt, wenn die Zwangsvollstreckung wegen der Zinsen oder Kosten aufgrund eines selbständigen Vollstreckungstitels (z.B. § 788 Abs. 2 ZPO) erfolgt. In einem solchen Fall kommt eine Bewertung lediglich nach der Kostenschuld und nicht nach der tatsächlich bestehenden Hauptforderung in Betracht.1
1871
Hat der Schuldner eine bewegliche Sache oder eine Menge beweglicher Sachen herauszugeben, die bei ihm nicht vorgefunden werden, so wird ebenfalls durch Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vollstreckt (§ 883 Abs. 2 ZPO). Der Gegenstandswert für die Gebühr nach Nr. 3309 bzw. Nr. 3310 VV RVG wird in diesen Fällen entsprechend der Regelung in § 25 Abs. 1 Nr. 2 RVG durch den Wert der Sache oder der Sachen bestimmt, die der Herausgabepflicht unterliegen, wobei die Wertbegrenzung des § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG (2000 Euro) nicht anwendbar2 ist. Entscheidend ist vielmehr der volle Verkehrswert der betreffenden Sachen.
1872
Allerdings darf in diesen Fällen nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 RVG der für die Berechnung der Gerichtskosten maßgebliche Wert des Herausgabe- oder Räumungsanspruchs nicht überschritten werden. Erfolgt also das Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Hinblick auf die Herausgabe nach Beendigung eines Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses, darf der Gegenstandswert den Wert des Jahresentgeltbetrages (§ 41 Abs. 2 Satz 1 GKG) nicht überschreiten; macht die streitige Zeit weniger als ein Jahr aus, ist dieser geringere Betrag maßgebend. Hatte der Gläubiger den Herausgabeanspruch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert für die Nutzung eines Jahres maßgebend (§ 41 Abs. 2 Satz 2 GKG). Nur wenn die Herausgabe ausschließlich aus einem anderen Rechtsgrund als der Beendigung eines Nutzungsverhältnisses verlangt wird, ist der Verkehrswert maßgeblich.3
1873
II. Die materiell-rechtliche eidesstattliche Versicherung 1. Stufenklage Der Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung wird regelmäßig im Rahmen einer Stufenklage geltend gemacht. Hinsichtlich des Zuständigkeitsstreitwerts einer solchen Klage ist umstritten, ob die Einzelansprüche nach § 5 Satz 1 ZPO zusammengerechnet werden müssen oder ob der höchste Einzelwert – grundsätzlich also der unbezifferte Leistungsanspruch – maßgeblich ist. Vgl. zu dieser Streitfrage die ausführliche Darstellung beim Stichwort „Stufenklage“, Rn. 5035 ff.
1874
Der Gebührenstreitwert einer Stufenklage hat in § 44 GKG eine spezielle Regelung erfahren, die nach § 23 Abs. 1 RVG auch für die Berechnung der Anwaltsgebühren maßgeblich ist. Danach ist für die Wertberechnung der Stufenklage nur einer der verbundenen Ansprüche – und zwar der höhere – maßgebend. Da die Ansprüche auf Auskunft und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nur der Vorbereitung des Leistungsanspruchs in der dritten Stufe dienen, haben sie regelmäßig einen geringeren Wert als dieser. Der vom Kläger erwartete Leistungsanspruch bestimmt damit die Obergrenze des Gebührenstreitwerts.
1875
2. Isolierter Klageantrag Die Bewertung des Zuständigkeits- und Gebührenstreitwerts einer Klage auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hinsichtlich einer Auskunfts- oder Rech1 Schneider/Wolf, § 25 RVG Rn. 22. 2 So LG Köln, JurBüro 1977, 404; KG, Rpfleger 1965, 354. 3 LG Augsburg, Beschl. v. 31.3.2005 – 5 T 1005/05, DGVZ 2005, 95.
Noethen
315
1876
Eidesstattliche Versicherung
ZPO
nungslegungspflicht nach bürgerlichem Recht richtet sich gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Interesse des Klägers an der Ableistung der Versicherung,1 also nach seinem Interesse an einer zutreffenden Auskunft.2 Maßgeblich ist der Mehrbetrag, den der Kläger durch den sanktionierten Zwang zur wahrheitsgemäßen Auskunft und Rechnungslegung zu erlangen hofft.3 Beim Herausgabeanspruch ist dementsprechend maßgebend das Interesse daran, dessen Durchsetzung zu erleichtern.4 1877
Der mit der Leistung der eidesstattlichen Versicherung angestrebte Erfolg (Zahlung, Herausgabe etc.) ist aber nur Schätzungsgrundlage, nicht schon gleich Streitwert. Es muss ein Abschlag gemacht werden, dessen Höhe sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet.5 Die Rechtsprechung geht bei Bestimmung dieses Abschlages unterschiedlich vor:
1878
– Nach einer Ansicht ist eine Bruchteilsbewertung vorzunehmen. Das OLG Hamburg6 und das OLG Bremen7 bemessen das Interesse des Auskunftsgläubigers an der Abgabe der Versicherung an Eides statt nach § 260 Abs. 2 BGB im Regelfall mit 1/10 des Hauptsacheanspruchs.
1879
– Eine andere Meinung spricht sich für eine Differenzbewertung aus. Das OLG Köln8 hat als Streitwert den Differenzbetrag zwischen dem Wert des Auskunftsanspruches und dem des Zahlungsanspruches angesetzt, weil der Kläger mit der materiellen Offenbarungsversicherung erreichen wolle, dass ihm die in der Auskunft nicht erfassten Werte offen gelegt würden.
1880
Diese Differenzbewertung erscheint jedoch ebenso schematisch und deshalb bedenklich wie eine Bruchteilsbewertung, die sich ohnehin stets dem Vorwurf einer zu pauschalen Beurteilung ausgesetzt sieht. Sie nimmt immer noch den vollen (restlichen) Zahlungsanspruch als Bewertungsmaßstab, während es doch bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nur um das Interesse des Klägers geht, diesen Anspruch später auch durchsetzen zu können.
1881
Zutreffend hat in diesem Zusammenhang das OLG Düsseldorf9 ausgeführt: „Anhaltspunkt für die Bewertung kann sein, von welchen Vorstellungen über die Höhe des zu erwartenden Zahlungsanspruchs der Kläger bei dem vorgetragenen Sachverhalt ausgegangen ist, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass diese Ansprüche lediglich der Vorbereitung des Zahlungsanspruchs dienen sollen.“
Für die Streitwertberechnung bedeutet dies, dass zunächst ermittelt werden muss, welche Auskünfte der Beklagte bisher – entgegen dem klägerischen Verlangen – nicht erteilt hat. Der Wert der Ansprüche, auf die sich diese Auskünfte beziehen, ist sodann um einen pauschalen Faktor zu mindern, weil es im Rahmen der eides1 OLG Bamberg, JurBüro 1972, 1091; OLG Nürnberg, JurBüro 1964, 829; KG, Rpfleger 1962, 120; LG Düsseldorf, MDR 1956, 559; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 2.5.1985 – 1 U 74/83, JurBüro 1985, 1238. 2 BGH, Urt. v. 20.6.1991 – I ZR 13/90, MDR 1992, 302; Beschl. v. 13.4.1994 – XII ZB 33/94, NJW-RR 1994, 898 zur Beschwer; Beschl. v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, NJW 1995, 664 = JZ 1995, 681 mit Anm. Roth. 3 BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 113; KG, Rpfleger 1962, 120; OLG Bamberg, Beschl. v. 11.5.1995 – 7 WF 47/95, FamRZ 1997, 40. 4 OLG Celle, Rpfleger 1956, 347. 5 OLG Nürnberg, JurBüro 1964, 598; Beispiele für die Höhe der Abzüge: BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 113: 25 %; OLG Bamberg, JurBüro 1972, 1091: 25–50 %; OLG Braunschweig, OLGE 4, 266 und OLG Nürnberg, JurBüro 1964, 598: 50 %. 6 OLG Hamburg, Beschl. v. 17.2.2000 – 2 U 101/99, OLGR 2000, 162. 7 OLG Bremen, Urt. v. 17.2.2000 – 2 U 101/99, OLGR 2000, 162. 8 OLG Köln, MDR 1963, 144 Nr. 76. 9 OLG Düsseldorf, MDR 1963, Nr. 72; ähnlich OLG Koblenz, Beschl. v. 22.9.2004 – 5 W 574/04, NJW-RR 2005, 160.
316
Noethen
Eidesstattliche Versicherung stattlichen Versicherung noch nicht um Leistung, sondern lediglich um deren Vorbereitung geht. Der Beklagte soll durch den Druck der eidesstattlichen Versicherung angehalten werden, sich über die ausstehenden Auskünfte wahrheitsgemäß zu erklären. Angemessen erscheint daher eine Quote von 20 bis 30 %. 3. Freiwillige Abgabe Gibt der Schuldner die eidesstattliche Versicherung freiwillig ab, dann handelt es sich um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. § 410 Nr. 1 FamFG). Das Verfahren bestimmt sich nach § 413 FamFG, die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 411 Abs. 1 FamFG. Da die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit bereits in § 23a Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 23a Abs. 2 Nr. 5 GVG festgelegt ist, bedarf es keines Zuständigkeitsstreitwerts.
1882
Die Gerichtsgebühren für das Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit richten sich nach dem Kostenverzeichnis des GNotKG, Nr. 15212 KV GNotKG.
1883
Der Geschäftswert für die Gerichtsgebühren bei einer eidesstattlichen Versicherung zur Erlangung eines Erbscheins oder eines Zeugnisses nach §§ 40, 41 GNotKG bestimmt sich nach eben diesen Vorschriften (Grundsatz beim Erbschein: Wert des reinen Nachlasses nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten). In den übrigen Fällen der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ist der Geschäftswert nach § 36 Abs. 1 GNotKG nach freiem Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich ist das Interesse des Antragstellers an der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Der Auffangwert liegt bei 5000 Euro (§ 36 Abs. 3 GNotKG); ein Betrag von 1 000 000 Euro darf nicht überschritten werden, § 36 Abs. 2 GNotKG.
1884
Der Wert für die Gerichtsgebühren bestimmt nach § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG auch den Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren. Bei Bestimmung des Gegenstandswertes ist allerdings die Wertgrenze des § 25 Abs. 2 Nr. 4 RVG nicht anwendbar, da sie sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut auf die Fälle der vollstreckungsrechtlichen eidesstattlichen Versicherung beschränkt.
1885
C. Rechtsmittel und Beschwer Ist der Beklagte zur eidesstattlichen Versicherung der Richtigkeit einer bereits erteilten Auskunft oder Rechnungslegung verurteilt worden, dann bemisst sich der Wert seiner dagegen eingelegten Berufung nach seinem Interesse daran, die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu vermeiden.1 Wie dieses Interesse zu bestimmen ist, dazu werden unterschiedliche Ansichten vertreten:
1886
– Das OLG Saarbrücken2 setzt das Beklagteninteresse gleich dem Interesse des Klägers an der Erteilung der Auskunft oder der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Das entspricht jedoch nicht der Rechtsprechung des BGH3 und überzeugt auch in der Sache nicht: Die Beschwer ist für die jeweils rechtsmittelführende Partei gesondert zu bestimmen.
1887
1 Siehe das Stichwort „Auskunftsanspruch“. 2 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 2.5.1985 – 1 U 74/83, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 768 mit Anm. Schneider. 3 BGH, Beschl. v. 13.4.1994 – XII ZB 33/94, NJW-RR 1994, 898; Beschl. v. 29.11.1995 – IV ZB 19/95, WM 1996, 466; BGH, FamRZ 1999, 649; Beschl. v. 30.3.2000 – III ZB 2/00, MDR 2000, 907; Beschl. v. 21.6.2000 – XII ZB 12/97, NJW 2000, 3073.
Noethen
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Eidesstattliche Versicherung – Das OLG Celle1 schließlich hat die Auffassung vertreten, der Wert für die Berufungsinstanz sei bei einer Stufenklage i.H.d. Zahlungsanspruches festzusetzen, auch wenn die Berufung nur wegen der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung eingelegt werde. Diese Bewertung sei deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger beabsichtige, mit Hilfe der eidesstattlichen Versicherung Werte in Höhe seines Zahlungsanspruches für sich verfügbar zu machen. Diese Rechtsansicht ist jedoch unzutreffend, weil die eidesstattliche Versicherung nur die Durchsetzung des Zahlungsanspruches erleichtern soll, aber nicht mit dessen Realisierung selbst gleichgesetzt werden kann.
1889
– Nach zutreffender Ansicht insbesondere auch des BGH richtet sich der Wert des Rechtsmittels des Beklagten nach dem Aufwand, den die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfordert.2 Dieses Interesse ist nicht deckungsgleich mit dem Interesse des Klägers, als Rechtsmittelführer die eidesstattliche Versicherung des Beklagten zu erzwingen.3 Vielmehr ist als bewertungserhebliches Interesse auf den Aufwand an Arbeitszeit und Kosten sowie auf das Geheimhaltungsinteresse des Beklagten abzustellen4; der Aufwand an Arbeitszeit und Kosten entspricht regelmäßig demjenigen für die Erteilung einer vorangegangenen Auskunft5 und kann regelmäßig nicht mit mehr als 300 Euro bewertet werden. Die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung im Falle der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung kann die Wertfestsetzung nicht beeinflussen.6
1890
Eine besondere Fallkonstellation, die ein Abweichen von der zuvor dargestellten Berechnungsweise erfordert, liegt vor, wenn das Urteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, weil ihm die notwendige bestimmte Bezeichnung derjenigen Auskünfte fehlt, deren Richtigkeit eidesstattlich versichert werden soll. Muss der Beklagte in einem solchen Fall befürchten, vom Kläger wegen der Erfüllung der titulierten Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gezwungen zu werden und möglichen Vollstreckungsversuchen gem. §§ 889 Abs. 2, 888 Abs. 1 ZPO unter Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe entgegentreten zu müssen, dann ist der dafür entstehende Aufwand an (Anwalts-)Kosten und Zeit zu berücksichtigen.7
ZPO
1888
1 OLG Celle, Beschl. v. 31.7.1954 – 9 U 57/53, NJW 1954, 1493 (Ls.). 2 BGH, Beschl. v. 13.4.1994 – XII ZB 33/94, NJW-RR 1994, 898; Beschl. v. 29.11.1995 – IV ZB 19/95, WM 1996, 466; BGH, FamRZ 1999, 649; Beschl. v. 30.3.2000 – III ZB 2/00, MDR 2000, 907; Beschl. v. 21.6.2000 – XII ZB 12/97, NJW 2000, 3073; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 2.2.1987 – 2 UF 181/86, JurBüro 1987, 594; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.11.1996 – 2 UF 63/96, NJW-RR 1997, 577. 3 So aber OLG Saarbrücken, Beschl. v. 2.5.1985 – 1 U 74/83, JurBüro 1985, 1238. 4 BGH, Beschl. v. 21.6.2000 – XII ZB 12/97, FamRZ 2001, 1213 = NJW 2000, 3073; Beschl. v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, NJW 1995, 664; Beschl. v. 30.1.1991 – XII ZB 156/90, MDR 1991, 679; Urt. v. 20.6.1991 – I ZR 13/90, MDR 1992, 302; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 2.2.1987 – 2 UF 181/86, JurBüro 1987, 594; OLG Köln, Beschl. v. 11.6.1990 – 2 U 246/89, FamRZ 1990, 1128; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.11.1986 – 7 UF 141/86, FamRZ 1987, 172; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.11.1996 – 2 UF 63/96, NJW-RR 1997, 577. 5 BGH, Beschl. v. 4.5.2005 – XII ZB 202/04, FamRZ 2005, 1066; Beschl. v. 28.11.2012 – XII ZB 620/11, MDR 2013, 50. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.11.1986 – 7 UF 141/86, FamRZ 1987, 172. 7 BGH, Beschl. v. 21.6.2000 – XII ZB 12/97, NJW 2000, 3073; Urt. v. 18.12.1991 – XII ZR 79/91, NJW-RR 1992, 450; Beschl. v. 27.11.1991 – XII ZB 102/91, FamRZ 1992, 425; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.11.1996 – 2 UF 63/96, NJW-RR 1997, 577.
318
Noethen
Eigentum
Eigentum A. Einleitung Streitigkeiten über das Eigentum können in unterschiedlichen Fallkonstellationen vorkommen. In Betracht kommen insbesondere Klagen auf Auflassung, auf Eigentums- bzw. Besitzverschaffung, auf Feststellung der Eigentumsverhältnisse und auf Abwehr von Eigentumsstörungen. Da diese Bewertungsfragen jeweils auch in eigenen Stichworten besprochen werden, soll hier lediglich ein kurzer Überblick über die Problematik gegeben werden.
1891
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Allgemeines Der Zuständigkeitsstreitwert für Streitigkeiten um das Eigentum richtet sich nach § 6 Satz 1 ZPO, der zwar nach seinem Wortlaut nur für Besitzstreitigkeiten gilt, nach herrschender Ansicht aber auch auf Eigentumsstreitigkeiten anzuwenden ist.1 Sondervorschriften für den Zuständigkeitsstreitwert finden sich in § 7 ZPO, wenn Grunddienstbarkeiten, und in § 8 ZPO, wenn Pacht- oder Mietverhältnisse betroffen sind – diese beiden Regelungen gehen der Wertbestimmung nach § 6 ZPO vor.
1892
Spezielle Regelungen für den Gebührenstreitwert finden sich nur in § 41 GKG, wenn dem Herausgabeanspruch des Eigentümers ein Miet-, Pacht- oder sonstiges Nutzungsverhältnis entgegengehalten wird.2 Im Übrigen ist die Anwendung von § 6 ZPO auf den Gebührenstreitwert umstritten:
1893
Die bisher herrschende Meinung wendet § 6 ZPO über die Verweisung in § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG auch auf den Gebührenstreitwert an und setzt durchweg den Verkehrswert des Eigentums an.3 Eine in der Rechtsprechung im Vordringen befindliche Gegenansicht befürwortet dagegen eine einschränkende Auslegung bei der Anwendung von § 6 ZPO auf den Gebührenstreitwert, wenn der wirkliche wirtschaftliche Wert des Streits unterhalb dieses Wertes liegt.4 Mit demselben Ergebnis
1 OLG Köln, Beschl. v. 20.9.2004 – 19 U 214/02, MDR 2005, 298; OLG Hamm, Beschl. v. 16.7.2002 – 21 W 1/02, MDR 2002, 1458; OLG Nürnberg, Beschl. v. 22.3.1995 – 13 W 605/95, MDR 1995, 966; OLG München, Beschl. v. 12.9.1994 – 15 W 2006/94, OLGR 1994, 239; Beschl. v. 28.3.1994 – 27 W 40/94, OLGR 1994, 264; Beschl. v. 10.3.1997 – 28 W 2542/96, MDR 1997, 599 = NJW-RR 1998, 142; OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.8.1995 – 19 W 23/95, OLGR 1995, 238. 2 BGH, Beschl. v. 22.2.2006 – XII ZR 134/03, MDR 2006, 980 = NZM 2006, 378. 3 OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.1.2002 – 2 W 3/02, AGS 2002, 182 = JurBüro 2002, 424; OLG Hamm, Beschl. v. 17.3.2005 – 21 W 2/05, IBR 2005, 297; OLG Köln, Beschl. v. 20.9.2004 – 19 U 214/02, MDR 2005, 298; OLG Jena, Beschl. v. 30.7.1998 – 7 W 217/98, OLGR 1998, 350; OLG Celle, Beschl. v. 7.9.1998 – 16 W 58/98, OLGR 1999, 200; KG, Beschl. v. 28.1.1997 – 19 W 421/97, KGR 1997, 57; Hartmann, KostenG, GKG Anh. I § 48 (§ 6 ZPO) Rn. 1. 4 OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.9.2009 – 8 W 392/09, MDR 2009, 1353 = AGS 2009, 603; KG, NJW-RR 2003, 787; OLG Oldenburg, Beschl. v. 14.1.1998 – 2 U 259/97, MDR 1998, 1406; OLG Köln, Beschl. v. 29.4.1981 – 2 W 17/81, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 78 mit Anm. Lappe; Schneider, MDR 1984, 266; offen gelassen von BGH, Beschl. v. 6.12.2001 – VII ZR 420/00, MDR 2002, 295.
Noethen
319
ZPO
Eigentum sprechen sich Gerichte für eine Anwendung von § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG bei Eigentumsklagen (ohne Übertragung des Besitzes) aus.1 1894
Lappe2 hält die einschränkende Auslegung von § 6 ZPO für verfehlt, weil der Besitzstreit dann höher als der Eigentumsstreit bewertet werde. Sinn des § 6 ZPO sei es, den Streit um den Besitz ebenso wie denjenigen um das Eigentum zu bewerten sowie Klarheit für Zuständigkeit und Rechtsmittelzuständigkeit zu schaffen; ohne die Regelung des § 6 ZPO müsste der Besitzstreit geringer als der Eigentumsstreit bewertet werden.
1895
Die Bewertung des Gebührenstreitwerts bei Klage ums Eigentum ist insbesondere bei Auflassungsklagen von Bedeutung, wenn die Parteien in der Sache nur noch um (geringfügige) Restforderungen aus dem zugrunde liegenden Kaufvertrag streiten, hinsichtlich derer der Verkäufer ein Zurückbehaltungsrecht geltend macht.3 Weiter kommt er bei Klagen auf Zustimmung zur Löschung von Grundpfandrechten zum Tragen, wenn die gesicherte Forderung nur noch in einer Höhe weiter unter dem Nennbetrag des Grundpfandrechts valutiert.4
Û
1896
Beispiel: Der Erwerber eines Hausgrundstücks verklagt den Verkäufer auf Auflassung. Dieser wendet ein, der Kläger habe unter Hinweis auf angebliche Mängel den Kaufpreis noch nicht vollständig gezahlt. Der Wert des Grundstücks beträgt 400 000 Euro, der Wert der noch nicht bezahlten Kaufpreisforderung 20 000 Euro. Hier würde die erste Meinung die Gebühren nach einem Wert von 400 000 Euro berechnen, obwohl die Parteien in der Sache nur noch darum streiten, ob der Kläger 20 000 Euro wegen Mängeln einbehalten darf.
Auch wenn das systematische Argument von Lappe zutrifft, ist bei der Bemessung des Gebührensstreitwerts der aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Anspruchs auf Justizgewährung und effektiven Rechtsschutz sowie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Einem Rechtsschutzsuchenden dürfen nicht Gebühren auferlegt werden, die außer Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Wert stehen, den das Verfahren für ihn hat, weil ihm auf diese Weise der Rechtsschutz unzumutbar erschwert wird.5 Jedenfalls im Einzelfall ist daher eine einschränkende Auslegung von § 6 ZPO oder Anwendung von § 3 ZPO geboten.6 Wegen der unklaren Grenzziehung und der generellen Überbewertung (bei Auflassungsklagen) ist eine Klarstellung durch den Gesetzgeber geboten, zu der er sich allerdings bislang nicht veranlasst gesehen hat.7
1 OLG Hamm, Beschl. v. 30.1.2013 – 12 W 37/12, I-12 W 37/12, BauR 2013, 995; OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.12.2010 – 2 W 2145/10, MDR 2011, 514; OLG München, Urt. v. 13.11.2007 – 13 U 3419/07, BauR 2008, 1011; so auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.5.2005 – 2 W 30/05, OLGR 2006, 270; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.7.2005 – 1 W 33/05, OLGR 2006, 32 = AGS 2006, 561; OLG Celle, Beschl. v. 21.8.2002 – 4 W 162/02, OLGR 2002, 292; OLG Celle, Beschl. v. 29.4.1983 – 14 U 15/83, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 97 mit Anm. Schneider; OLG München, Beschl. v. 18.1.1983 – 24 W 232/82, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 96 mit Anm. Schneider; LG Hamburg, Beschl. v. 20.1.1998 – 309 T 14/96, MDR 1998, 372. 2 Lappe, NJW 1984, 1212. 3 Vgl. dazu das Stichwort „Auflassung“. 4 Vgl. dazu das Stichwort „Löschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslöschung“. 5 BVerfG, Beschl. v. 16.11.1999 – 1 BvR 1821/94, AGS 2001, 33 = NJW-RR 2000, 946; Beschl. v. 12.2.1992 – 1 BvL 1/89, BVerfGE 85, 337 = NJW 1992, 1673; Beschl. v. 3.1.2007 – 1 BvR 737/04, NJW 2007, 2032; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 15.4.2012 – 1 BvR 1951/11, NJW 2012, 2947. 6 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.11.1999 – 1 BvR 1821/94, AGS 2001, 33 = NJW-RR 2000, 946. 7 Anders als im Fall der Überbewertung bei Löschung einer Globalgrundschuld, § 44 Abs. 1 Satz 2 GNotKG, siehe hierzu BVerfG, Beschl. v. 15.4.2012 – 1 BvR 1951/11, NJW 2012, 2947.
320
Noethen
Eigentum
II. Wert der Sache Die Regelung in § 6 Satz 1 ZPO stellt auf den Wert der Sache ab. Gemeint ist damit der objektive Verkehrswert der Sache,1 bei Grundstücken also nicht der Einheitswert. Der Kaufpreis der betreffenden Sache kann mit dem objektiven Verkehrswert nicht ohne Weiteres gleichgesetzt werden. Er kann aber – wenn andere Anhaltspunkte fehlen – bei der Wertschätzung einen wichtigen Anhaltspunkt bieten.2
1897
Ob dingliche Belastungen den Verkehrswert eines Grundstücks mindern, ist umstritten. Nach einer Ansicht mindern sie den Wert auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers herab.3 Nach der Gegenansicht sind nur solche Belastungen wertmindernd zu berücksichtigen, welche die wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks selbst beeinträchtigen (z.B. ein Wegerecht).4
1898
Eine eventuelle Gegenleistung bleibt bei der Ermittlung des objektiven Verkehrswerts außer Betracht.5 Ohne Einfluss auf den Wert sind daher: – das Angebot der geschuldeten Gegenleistung, – der Einwand einer Erfüllung nur Zug-um-Zug, – ein behauptetes Zurückbehaltungsrecht.
1899
III. Einzelfälle • Auflassungsklage Entscheidend ist nach § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG der objektive Verkehrswert des streitbefangenen Grundstücks ohne Abzug der dinglichen Belastungen, es sei denn, die Belastung beeinträchtigt die Nutzung des Grundstücks an sich (z.B. Wegerecht). Streiten die Parteien im Rahmen der Auflassungsklage tatsächlich nur noch um eine (geringwertige) vom Kläger zu erbringende Gegenleistung, so ist der Gebührenstreitwert in analoger Anwendung von § 6 ZPO auf den Wert des wirklichen wirtschaftlichen Interesses zu reduzieren.6 Zu den Einzelheiten vgl. das Stichwort „Auflassung“. 1 BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518; OLG Köln, Beschl. v. 20.9.2004 – 19 U 214/02, MDR 2005, 299; OLG Oldenburg, Urt. v. 14.1.1998 – 2 U 259/97, MDR 1998, 1406; OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.1.2002 – 2 W 3/02, AGS 2002, 182 = JurBüro 2002, 424; AG Königstein, NJW-RR 2003, 949. 2 OLG Köln, Beschl. v. 20.9.2004 – 19 U 214/02, MDR 2005, 298. 3 Hartmann, KostenG, Anh. I § 48 GKG (§ 6 ZPO) Rn. 5; OLG Brandenburg, JurBüro 1977, 1278. 4 BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518; Beschl. v. 11.12.1981 – V ZR 49/81, ZIP 1982, 221; BGH, JurBüro 1958, 387; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.3.1997 – 7 W 1/97, OLGR 1997, 324; OLG Schleswig, Beschl. v. 9.1.1980 – 7 W 11/79, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 80 mit Anm. Schneider; OLG Bamberg, Beschl. v. 2.6.1992 – 3 W 38/92, JurBüro 1992, 629; OLG Köln, Beschl. v. 20.9.2004 – 19 U 214/02, MDR 2005, 298; OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.1.2002 – 2 W 3/02, AGS 2002, 182 = JurBüro 2002, 424; KG, Beschl. v. 11.9.2000 – 3 W 3881/00, MDR 2001, 56; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.7.2002 – 2 U 2/00, FamRZ 2004, 43. 5 BGH, Beschl. v. 1.12.2004 – IV ZR 1/04, MDR 2005, 345 = FamRZ 2005, 265; OLG Hamm, Beschl. v. 16.7.2002 – 21 W 1/02, MDR 2002, 1458; OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.1.2002 – 2 W 3/02, AGS 2002, 182 = JurBüro 2002, 424; Müller, MDR 2003, 250. 6 KG, Beschl. v. 23.8.2002 – 12 W 202/02, NJW-RR 2003, 787; OLG Oldenburg, Beschl. v. 14.1.1998 – 2 U 259/97, MDR 1998, 1406; OLG München, Urt. v. 13.11.2007 – 13 U 3419/07, MDR 2009, 308 = BauR 2008, 1011; OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.5.2005 – 2 W 30/05, OLGR 2006, 270; OLG Celle, Beschl. v. 21.8.2002 – 4 W 162/02, OLGR 2002, 292; LG Hamburg, Beschl. v. 20.1.1998 – 309 T 14/96, MDR 1998, 372; OLG Köln, Beschl. v. 29.4.1981 – 2 W 17/81, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 78 mit Anm. Lappe; Schneider, MDR 1984, 266; offen gelassen von BGH, Beschl. v. 6.12.2001 – VII ZR 420/00, MDR 2002, 295. Siehe oben Rn. 1893 ff. und BVerfG, Beschl. v. 16.11.1999 – 1 BvR 1821/94, AGS 2001, 33 = NJW-RR 2000, 946.
Noethen
321
1900
ZPO
Eigentum • Feststellungsklage 1901
Der Streitwert von Klagen auf Feststellung der Eigentumsverhältnisse richtet sich nach § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG. Maßgeblich ist zunächst der objektive Verkehrswert der betreffenden Sache. Von diesem darf nach einer Entscheidung des KG1 kein Abschlag gemacht werden, selbst wenn das Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung geringer ist als an einem Leistungsurteil.2 In dieselbe Richtung geht eine Entscheidung des OLG Hamm3 über eine Feststellungsklage hinsichtlich der Wirksamkeit eines Eigentumsvorbehalts. Richtigerweise muss jedoch in solchen Fällen ein Abschlag vom Wert der Sache vorgenommen werden, weil der Kläger die Sache nicht herausverlangt und damit wieder in ihren Besitz kommt, sondern lediglich ein Feststellungsurteil ergeht. Dieses bleibt in seinen Auswirkungen hinter dem einer Leistungsklage zurück, da es keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.4 Es ist daher ein Abschlag von 20 % gerechtfertigt. • Klage auf Herausgabe
1902
Klagt der Verkäufer einer unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache auf Herausgabe, so bestimmt sich der Streitwert nach dem Wert der herausverlangten Sache, nicht nach dem Wert der Restkaufpreisforderung.5 Raten, die der Käufer auf den Kaufpreis gezahlt hat, bleiben unberücksichtigt. Eine Gleichstellung mit der Bewertung des Pfandrechts (§ 6 Satz 2 ZPO) findet – anders als bei der Sicherungsübereignung6 – nicht statt.
1902a
Ist Ziel der Herausgabeklage die Wiedererlangung des Besitzes, richtet sich der Streitwert nach § 6 ZPO, wobei vom Wert der Sache auszugehen ist und, wenn lediglich der Besitz streitig und dieser einen geringeren Wert hat, dieser maßgebend ist.
1902b
Verlangt ein Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die Herausgabe eines diesem zur Verfügung gestellten Firmenwagens, so bemisst sich der Wert dieses Verlangens auch dann gem. § 6 ZPO nach dem Wert der herauszugebenden Sache (und nicht nach der Höhe der Leasingraten), wenn der Arbeitgeber diesen nur geleast hat.7
1902c
Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist gem. § 41 Abs. 2 Satz 1 GKG ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, für die Wertberechnung das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach § 41 Abs. 1 GKG ein geringerer Streitwert ergibt. Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist gem. § 41 Abs. 2 Satz 2 GKG der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend. Im Hinblick auf ihren sozialen Schutzgedanken, Mietstreitig-
1 KG, Beschl. v. 14.8.1969 – 1 W 2711/69, MDR 1970, 152; so auch Hartmann, KostenG, GKG Anh. I § 48 (§ 6 ZPO) Rn. 2. 2 Ebenso OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.10.1983 – 1 W 39/83, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 106 mit Anm. Schneider und Lappe. 3 OLG Hamm, MDR 1958, 250; ebenso KG, Beschl. v. 13.10.1969 – 6 W 387/69, NJW 1970, 334. 4 Vgl. zum Bewertungsabschlag die Ausführungen beim Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2289 ff. 5 OLG Stuttgart, AnwBl. 1959, 41; OLG Bamberg, JurBüro 1964, 32 Nr. 7; OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.10.1996 – 6 W 378/69, JurBüro 1970, 173; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 unter „Eigentumsvorbehalt“. 6 BGH, Beschl. v. 12.2.1959 – VII ZR 215/58, NJW 1959, 939. 7 LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 16.10.2008 – 1 Ta 190/08, JurBüro 2009, 140.
322
Noethen
Eigentums- und Besitzstçrung keiten zu verbilligen, ist diese Vorschrift weit auszulegen und auch auf den Fall anzuwenden, dass sich der Beklagte – gegenüber der auf Eigentum gestützten Räumungsklage – auf ein vom Kläger bestrittenes Mietverhältnis beruft, denn auch in diesem Fall muss das Gericht über das Bestehen eines Mietverhältnisses entscheiden.1 Die Streitwertbegrenzung des § 41 GKG greift allerdings trotz eines behaupteten Nutzungsverhältnisses nicht ein, wenn der Herausgabeanspruch allein auf verbotene Eigenmacht gestützt wird, da schon nach der gesetzlichen Regelung (§ 863 BGB) gegen diesen ein Recht zum Besitz nicht eingewendet werden kann. Kann nämlich schon aus rechtlichen Gründen ein Nutzungsverhältnis i.S.d. § 41 GKG keine Rolle spielen, dann kann ein solches Nutzungsverhältnis auch bei der Streitwertfestsetzung nicht berücksichtigt werden.2 Gleiches gilt, wenn der Herausgabeanspruch ausschließlich auf Eigentum gestützt wird, da keine schuldrechtlich begründeten Herausgabeansprüche bestehen. Auch dann ist für die Bestimmung des Gegenstandswertes der Verkehrswert maßgebend.3
1902d
Verlangt ein Besteller vom Unternehmer die Herausgabe seines Pkw, der sich demgegenüber auf sein Werkunternehmerpfandrecht beruft, bestimmt sich der Streitwert des einstweiligen Verfügungsverfahrens nach der Höhe der das Pfandrecht begründenden Werklohnforderung. Denn wenn einem auf Eigentum gestützten Herausgabeanspruch im Wesentlichen ein (Werkunternehmer-)Pfandrecht entgegengehalten wird, bestimmt die Höhe der dieses Pfandrecht begründeten (Werklohn-)Forderung nach § 6 ZPO den Streitwert des Herausgabeanspruchs.4 Nach anderer Ansicht ist in einem solchen Fall der volle Wert des Pkw anzusetzen, weil es dem Verfügungskläger in erster Linie um dieses Fahrzeug und seine Nutzung im Geschäftsbetrieb ging und durch den Antrag auf Herausgabe an ihn selbst auch ein dem Hauptverfahren gleichstehendes Ergebnis erreicht werden sollte.5
1902e
• Klage wegen Veräußerungsverbot/Verfügungsbeschränkung Hat der Antragsteller einer einstweiligen Verfügung einen Eigentumsvorbehalt an von ihm gelieferten Waren und will er mit einer Unterlassungsverfügung verhindern, dass der Antragsgegner durch Verfügung darüber den Herausgabeanspruch des Antragstellers vereitelt, dann ist bei der Streitwertschätzung darauf abzustellen, wie groß im konkreten Fall die dargelegte Verlustgefahr ist. Ferner kann berücksichtigt werden, dass Aussicht besteht, schon im Verfügungsverfahren zu einer abschließenden Regelung zu gelangen (vgl. die Ausführungen beim Stichwort „Einstweilige Verfügung“.
1903
Eigentums- und Besitzstçrung Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert von Besitzstörungsklagen ist ebenso wie der von Eigentumsstörungsklagen nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu
1 2 3 4
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.1.2008 – 10 W 6/08, OLGR 2008, 366 = AGS 2008, 307. OLG Celle, Beschl. v. 29.9.2009 – 4 W 126/09, OLGR 2009, 1024. LG Augsburg, Beschl. v. 31.3.2005 – 5 T 1005/05, DGVZ 2005, 95. OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 29.10.2002 – 24 U 158/01, MDR 2003, 356 = NJOZ 2002, 2762; LG Köln, Beschl. v. 23.9.2008 – 13 T 171/08, AGS 2008, 613 mit Anm. von Monschau. 5 Monschau, AGS 2008, 614.
Noethen
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1904
ZPO
Eigentums- und Besitzstçrung bestimmen.1 Abzustellen ist auf die Wertminderung, die der Kläger durch die konkrete Störung an seinem Besitz bzw. Eigentum erleidet.2 1905
Mündet die Besitz- bzw. Eigentumsstörung in eine Entziehung des Besitzes, so ist der entsprechende Unterlassungsanspruch nach den Grundsätzen einer Herausgabeklage zu bewerten. Hinsichtlich der Einzelheiten kann auf das Stichwort „Herausgabe“ Bezug genommen werden. Wird der Kläger in sonstiger Weise in seinem Besitz bzw. Eigentum gestört, ist seine Beeinträchtigung durch die Störung zu bewerten. Als Störungen kommen insbesondere in Betracht: – Zerstörung, – Beschädigung, – Unerlaubte Benutzung, – Imissionen, – Unterbrechung der Strom-/Wasser-/Gasversorgung.
1906
Maßgeblich für die Bewertung ist das Interesse des Klägers an der Unterlassung der konkret behaupteten Störung.3 Dagegen kommt es weder auf die Höhe der Kosten an, die der Beklagte aufwenden müsste, um die Störung zu vermeiden bzw. auf die sonstigen Auswirkungen des Unterlassungsgebotes auf den Beklagten,4 noch auf die Art der Rechtsverteidigung des Beklagten, etwa die Berufung auf ein Notwegerecht.5 Die Kosten für die Beseitigung der Besitzstörung können nur mittelbar von Bedeutung sein, wenn sich aus ihnen ein Anhaltspunkt für die Wertminderung der Sache durch die Störung ergibt.6
Û
1907
Anmerkung: Eine weitere Ausnahme nimmt das OLG Düsseldorf7 an, wenn die Beseitigung einer durch Lagerung von Sondermüll verursachten Eigentumsstörung verlangt wird und der Beklagte sich darauf beruft, dass auch der Kläger nach Ordnungswidrigkeitsrecht verpflichtet war, die Gefahr zu beseitigen, nämlich als Zustandsstörer. Der Senat hat in diesem Fall maßgeblich auf die Kosten der Entsorgung abgestellt. Dies ist aber insofern ein Sonderfall, als das Interesse des Klägers an der Unterlassung der Störung maßgeblich durch die eigene Verpflichtung zur Gefahrbeseitigung (und damit deren Kosten) bestimmt wird.
Die möglichen Arten der Störung von Eigentum und Besitz sind so vielfältig und die jeweils betroffenen Interessen des Klägers so unterschiedlich, dass generalisierende Bewertungsmaßstäbe nicht aufgestellt werden können. Es wurden beispielsweise festgesetzt: – 1000 Euro für das Betreten von Terrasse/Balkon durch Katzen des Nachbarn,8 1 OLG Köln, Beschl. v. 20.10.1989 – 2 W 181/89, JurBüro 1990, 246; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.12.1983 – 2 W 21/83, JurBüro 1984, 284; BGH, Beschl. v. 23.1.1986 – V ZR 119/85, MDR 1986, 663 = NJW-RR 1986, 737. 2 BGH, Beschl. v. 10.4.2008 – V ZR 154/07; Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, MDR 2006, 1374 = NJW 2006, 2639; Urt. v. 23.1.1986 – V ZR 119/85, MDR 1986, 663 = NJW-RR 1986, 737; Urt. v. 6.11.1998 – V ZR 48/98, ZfIR 1998, 749. 3 BGH, Beschl. v. 9.6.2011 – V ZR 280/10, Grundeigentum 2011, 1019; Urt. v. 24.4.1998 – V ZR 225/97, MDR 1998, 982; OLG Köln, Beschl. v. 20.10.1989 – 2 W 181/89, JurBüro 1990, 246. 4 BGH, Beschl. v. 13.10.2004 – XII ZR 110/02, MDR 2005, 228 = NJW-RR 2005, 224; Beschl. v. 23.1.1986 – V ZR 119/85, MDR 1986, 663 = NJW-RR 1986, 737; OLG Naumburg, Beschl. v. 16.2.2010 – 1 W 7/10; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.9.2007 – 19 W 57/07, AGS 2008, 92; OLG Koblenz, Beschl. v. 25.2.1994 – 5 W 119/94, JurBüro 1995, 27; OLG Frankfurt, Rpfleger 1955, 210 zu ZPO § 3, a: betrifft Immissionen. 5 OLG Köln, Beschl. v. 20.10.1989 – 2 W 181/89, JurBüro 1990, 246. 6 BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, MDR 2006, 1374 = NJW 2006, 2639. 7 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.11.1990 – 9 W 97/90, MDR 1991, 353. 8 LG Bonn, Urt. v. 6.10.2009 – 8 S 142/09.
324
Noethen
Eigentums- und Besitzstçrung – 2500 Euro für den angedrohten Rückbau eines Stellplatzes bzw. einer Grundstückszufahrt,1 – 4600 Euro für die Entfernung von Rohrleitungen und die Unterlassung der Überleitung von Traufwasser,2 – 5300 Euro für Geräuschimmissionen bei Öffnen und Schließen eines Hoftores,3 – 6000 Euro für die Einstellung von Wasser- und Wärmeversorgung durch den Vermieter,4 – 7500 Euro für Reflexionen von Sonnenlicht auf dem verglasten Oberlicht des Nachbarhauses,5 – 7500 Euro für unerwünschte Werbung durch Postwurfsendung in Klarsichtfolie („Einkauf Aktuell“),6 – 8000 Euro für die Unterbrechung der Stromversorgung durch den Vermieter einer Druckerei.7 Soweit eine Grundstücksstörung in Form eines Überbaus (§ 912 BGB) vorliegt, wird auf die Ausführungen zum Stichwort „Überbau“ verwiesen. Bei vorübergehenden Störungen ist das Interesse des Klägers geringer zu bewerten.8 Das ist etwa der Fall, wenn feststeht, dass der Betrieb des Störers kurzfristig eingestellt wird.9 Wird die Besitzstörung dagegen unter Verletzung von Strafgesetzen begangen und in besonders aggressiver Weise ausgeführt, dann ist auch der Streitwert entsprechend anzuheben.10
1908
Der Streitwert einer einstweiligen Verfügung auf Abwehr von Störungen ist mit einem höheren Bruchteil als ein gewöhnliches Verfügungsverfahren anzusetzen, weil in derartigen Fällen das Verfügungsverfahren weitergehend als sonst endgültigen Rechtsschutz bringt.11 So hat beispielsweise das OLG Naumburg12 bei einer einstweiligen Verfügung im Bereich der saisonabhängigen Landwirtschaft den Wert auf 9/10 des Hauptsachewertes festgesetzt, da der einstweiligen Verfügung kaum weniger wirtschaftliche Bedeutung zukam, als einer entsprechenden Hauptsacheklage.
1909
Die Höhe eines dem Störer angedrohten Ordnungsgeldes ist für die Streitwertfestsetzung unbeachtlich, da das Gericht befugt ist, für verhältnismäßig geringfügige Zuwiderhandlungen hohe Ordnungsgelder anzudrohen.13
1910
Bezieht sich die Besitzstörung auf eine Wohnung, dann ist der Gebührenstreitwert 1911 einer entsprechenden Unterlassungsklage nicht höher anzusetzen als eine mögliche Klage über das Bestehen oder die Dauer des Mietverhältnisses, die nach § 41
1 OLG Stuttgart, Beschl. v. 8.11.2006 – 10 W 74/06, NJW-RR 2007, 527. 2 LG Flensburg, Urt. v. 10.10.2006 – 1 S 46/06. 3 BGH, Beschl.v. 26.9.2013 – V ZR 262/12, Grundeigentum 2013, 1584 (bei nicht hinreichender Substantiierung eines Mietausfalls). 4 LG Heilbronn, Urt. v. 18.12.2007 – 2 O 448/07, ZMR 2008, 717. 5 OLG Stuttgart, Urt. v. 9.2.2009 – 10 U 146/08, MDR 2009, 1099. 6 LG Bonn, Urt. v. 15.6.2004 – 10 O 181/04. 7 OLG Köln, Beschl. v. 26.4.2004 – 1 U 67/03, OLGR 2004, 281. 8 RG, HRR 1932 Nr. 169. 9 RG, Recht 1915 N. 605. 10 OLG Köln, JMBl.NW 1976, 71. 11 OLG Köln, JMBl.NW 1976, 71: 1/2 des Werts der Hauptsache. 12 OLG Naumburg, Beschl. v. 16.2.2010 – 1 W 7/10. 13 BGH, Beschl. v. 8.1.2009 – IX ZR 107/08, MDR 2009, 522 = NJW-RR 2009, 549 = AGS 2009, 240.
Noethen
325
ZPO
Eigentums- und Besitzstçrung Abs. 1 GKG zu bemessen wäre.1 Diese Wertobergrenze gilt ebenso bei einem Unterlassungsanspruch, der auf das – streitige – Bestehen eines Pachtverhältnisses gestützt wird.2 1912
Macht der Kläger (Mieter) geltend, dass ihn der beklagte Mitmieter durch den Betrieb seiner Gaststätte durch Lärm- und Geruchsimmissionen stört, setzt das OLG Frankfurt nach dem Rechtsgedanken des § 41 Abs. 5 GKG den Streitwert auf der Grundlage der nach der Klage in Betracht kommenden Mietminderung fest. Denn dies entspreche dem zu schätzenden wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Beseitigung der Störung.3
1913
Bei der Bemessung des Streitwertes einer Klage auf Beseitigung einer Parabolantenne muss auch das ideelle Interesse des Klägers an der Vermeidung der Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks des Gebäudes berücksichtigt werden.4 Das LG Karlsruhe hat diesen Punkt besonders herausgehoben, weil angesichts der technisch völlig unproblematischen Entfernung einer solchen Antenne der Streitwert ansonsten gegen Null tendieren würde.
1914
In diesem Sinne hat auch der BGH5 für die Beschwer des in erster Instanz unterlegenen Vermieters entschieden: Wird dessen Klage auf Beseitigung einer durch den Mieter errichteten Satellitenempfangsantenne abgewiesen, richtet sich die Beschwer nach dem Wertverlust, den der Vermieter durch eine von der Satellitenempfangsantenne verursachte Beeinträchtigung der Substanz und/oder des optischen Gesamteindrucks seines Hauses erleidet. In den Gründen dieser Entscheidung hat der BGH auch Ausführungen zum Wert der Klage in erster Instanz gemacht: „Der Wert einer Beseitigungsklage wird allgemein durch das Interesse des Klägers an der Beseitigung bestimmt. Dieses bemisst sich bei der Störung von Grundeigentum grundsätzlich nach dem Wertverlust, den die Sache durch die Störung erleidet. Dafür ist ein zu erwartender Aufwand bei der Beseitigung der Antenne allenfalls mittelbar von Bedeutung, wenn man – bei einer mit der Anbringung der Antenne verbundenen Beeinträchtigung der Gebäudesubstanz – die auf die Wiederherstellung des Gebäudes entfallenden Kosten als Anhaltspunkt für die Wertminderung betrachtet. Fehlt es wie hier an einer Substanzbeeinträchtigung, ist der Beseitigungsaufwand bei der Bemessung des Wertverlustes zu vernachlässigen. Unter dem Gesichtspunkt der Beseitigungskosten beeinträchtigt die Parabolantenne in einem solchen Fall den Wert des Gebäudes nicht mehr als jeder andere Gegenstand, den ein Mieter am Ende der Mietzeit möglicherweise vertragswidrig in den Mieträumen zurücklässt.“
1915
Wird der Beklagte zur Beseitigung der Eigentumsstörung verurteilt, bemisst der BGH die Beschwer – unabhängig vom Streitgegenstand – nach dem Interesse des Beklagten, sich gegen die Kosten einer Ersatzvornahme zu wehren bzw. mit den Kosten der für die Beseitigung erforderlichen Maßnahmen. Dies hat zur Folge,
1 OLG Rostock, Beschl. v. 14.8.2006 – 3 W 78/06, JurBüro 2006, 645; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.12.1983 – 2 W 21/83, JurBüro 1984, 284 (zu § 16 GKG a.F.). 2 BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1133. 3 OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.9.2007 – 19 W 57/07, AGS 2008, 92; ebenso: OLG Frankfurt, WuM 1986, 19; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.12.1983 – 2 W 21/83, JurBüro 1984, 284. 4 LG Karlsruhe, Beschl. v. 20.4.2000 – 9 T 40/99, AGS 2000, 135. 5 BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, MDR 2006, 1374 = AGS 2006, 450; dagegen stellt das OLG Köln, Beschl. v. 21.10.2004 – 16 Wx 166/04, AGS 2005, 305 auf den Wert der Antenne zzgl. der Kosten der Wiederherstellung des Zustands vor Anbringung der Antenne ab.
326 Noethen
Eigentumsvorbehalt dass der Wert des Beschwerdegegenstandes den Wert des Streitgegenstandes übersteigen kann.1
Eigentumsvorbehalt Die materiell-rechtliche Regelung des Eigentumsvorbehalts finden sich in § 449 BGB. Da das Eigentum in diesen Fällen trotz Besitzübergang beim Veräußerer der Sache verblieben ist, geht es in den betreffenden Klageverfahren im Wesentlichen um Herausgabeansprüche. Die maßgebliche Bemessungsvorschrift für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert ist § 6 ZPO. Der Gebührenstreitwert richtet sich nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 6 ZPO (analog) für die Gerichtsgebühren und nach § 32 Abs. 1 RVG für die Anwaltsgebühren.
1916
Klagt der Verkäufer einer unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache auf Herausgabe, so bestimmt sich der Streitwert immer nach dem Wert der herausverlangten Sache, nicht nach dem Wert der Restkaufpreisforderung.2 Raten, die der Käufer auf den Kaufpreis gezahlt hat, bleiben unberücksichtigt. Eine Gleichstellung mit der Bewertung des Pfandrechts (§ 6 Satz 2 ZPO) findet – anders als bei der Sicherungsübereignung3 – nicht statt.
1917
Maßgebend ist der Verkehrswert der Sache im Zeitpunkt der Erhebung der Herausgabeklage. Eine etwa eingetretene Wertminderung durch Verschleiß, Abnutzung oder Beschädigung der Sache ist streitwertermäßigend zu berücksichtigen.4 Wird beispielsweise eine herauszugebende Baracke durch den Abriss in ihrem Wert nachhaltig vermindert, dann ist nicht der Wert der gelieferten Sache maßgeblich, sondern der Wert der Sache nach ihrem Abriss und ihre Herausgabe an den Vorbehaltsverkäufer.5
1918
Wird auf Feststellung geklagt, dass der Eigentumsvorbehalt an einer Sache wirksam sei, so ist nach OLG Hamm6 der Streitwert ebenfalls gleich dem Wert der Sache. Richtigerweise muss jedoch in solchen Fällen ein Abschlag vom Wert der Sache vorgenommen werden, da der Kläger die Sache nicht herausverlangt und damit wieder in ihren Besitz kommt, sondern lediglich ein Feststellungsurteil ergeht. Dieses bleibt in seinen Auswirkungen hinter dem einer Leistungsklage zurück, da es keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.7 Es erscheint daher ein Abschlag von 20 % gerechtfertigt.
1919
Hat der Antragsteller einer einstweiligen Verfügung einen Eigentumsvorbehalt an von ihm gelieferten Waren und will er mit einer Unterlassungsverfügung verhindern, dass der Antragsgegner durch Verfügung darüber den Herausgabeanspruch des Antragstellers vereitelt, dann ist bei der Streitwertschätzung darauf abzustel-
1920
1 BGH, Beschl. v. 8.1.2009 – IX ZR 107/08, MDR 2009, 522 = AGS 2009, 240; Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, MDR 2006, 1374 = AGS 2006, 450; Beschl. v. 10.12.1993 – V ZR 168/92, MDR 1994, 839 = NJW 1994, 735. 2 OLG Stuttgart, AnwBl. 1959, 41; OLG Bamberg, JurBüro 1964, 32 Nr. 7; OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.10.1969 – 6 W 387/69, JurBüro 1970, 173; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16, Stichwort „Eigentumsvorbehalt“. 3 BGH, Beschl. v. 12.2.1959 – VII ZR 215/58, NJW 1959, 939. 4 KG, Rpfleger 1962, 156 zu ZPO § 6q; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16, Stichwort „Eigentumsvorbehalt“. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.10.1969 – 6 W 387/69, JurBüro 1970, 173. 6 OLG Hamm, MDR 1958, 250; ebenso KG, Beschl. v. 14.8.1969 – 1 W 2711/69, MDR 1970, 152. 7 Vgl. zum Bewertungsabschlag die Ausführungen beim Stichwort „Feststellungsklage“,Rn. 2289 ff.
Noethen
327
Eigentumswohnung
ZPO
len, wie groß im konkreten Fall die dargelegte Verlustgefahr ist. Ferner kann berücksichtigt werden, dass Aussicht besteht, schon im Verfügungsverfahren zu einer abschließenden Regelung zu gelangen. Zur Klagehäufung bei Eigentumsvorbehalt s. das Stichwort „Mehrere Ansprüche, (Klagehäufung)“.
Eigentumswohnung 1921
Wird auf lastenfreie Auflassung einer Eigentumswohnung geklagt, so ist § 6 ZPO anzuwenden und deren Verkehrswert maßgebend – nach herrschender Meinung selbst dann, wenn die dinglichen Lasten höher als der Verkehrswert sind.1 Ob und in welchem Umfang bei der Ermittlung des Grundstückswertes (§ 6 ZPO) dingliche Belastungen wertmindernd zu berücksichtigen sind, ist sehr umstritten. Siehe zu dieser Problematik die Ausführungen unter den Stichwörtern „Auflassung“ und „Grundstück“.
1922
Verlangt der Kläger jedoch lediglich die Zustimmung zum Vollzug einer bereits erklärten Auflassung, die der Beklagte allein wegen einer strittigen Gegenforderung verweigert, ist der Gebührenstreitwert nicht nach § 6 ZPO, sondern gem. § 3 ZPO nach dem Wert der Gegenforderung zu bemessen.2
1923
Die Klage auf Löschung einer Auflassungsvormerkung ist gem. § 3 ZPO nach dem Interesse des Klägers an der Beseitigung der Vormerkung zu schätzen, meist mit einem Bruchteil des Grundstückswertes, der 1/4 nicht übersteigt.3 Siehe das Stichwort „Löschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslöschung“.
1924
Eine Klage auf Zustimmung der Miteigentümer zur Veräußerung einer Eigentumswohnung bemisst sich nach einem Bruchteil des in Aussicht genommenen Kaufpreises.4
1925
Richtet sich die Klage auf Zustimmung des Verwalters, soll sich der Streitwert auf 10–20 % des Kaufpreises belaufen.5
1926
Verweigert der Miteigentümer die Zustimmung zum Abschluss eines Mietvertrages über die gemeinsame Wohnung, dann bestimmt sich der Gebührenstreitwert der Klage eines Wohnungseigentümers gegen den Miteigentümer auf Ersatz des Mietausfalls nicht entsprechend § 41 GKG.6 Das Verhältnis der Beteiligten ist 1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.7.2005 – 1 W 33/05, JurBüro 2006, 145; JurBüro 1982, 1402 = AnwBl. 1982, 375; OLG Frankfurt, JurBüro 1983, 919 = AnwBl. 1984, 203; JurBüro 1979, 1888; s. auch BGHZ 48, 177, 180. 2 BGH, Beschl. v. 6.12.2001 – VII ZR 420/00, MDR 2002, 295 = AGS 2002, 155; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.7.2005 – 1 W 33/05, OLGR 2006, 32 = JurBüro 2006, 145. 3 OLG Bamberg, Beschl. v. 26.3.1990 – I W 24/90, JurBüro 1990, 1511: 1/10; OLG Celle, Beschl. v. 26.1.1994 – 16 W 48/93, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 144 = OLGR 1994, 111: 1/4; OLG Frankfurt, JurBüro 1975, 512: 1/4. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.11.1993 – 20 W 376/92, ZMR 1994, 124 = WE 1994, 37; LG Köln, Beschl. v. 21.8.1989 – 30 T 114/89, WuM 1990, 128: 1/10; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Wohnungseigentum“ Rn. 20; a.A. bei unstreitigem Zustimmungsanspruch KG, Beschl. v. 12.1.2007 – 11 W 15/06: 10–20 % des Kaufpreises, hilfsweise gem. § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG, § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO. 5 KG, Beschl. v. 11.10.1989 – 24 W 4478/89, ZMR 1990, 68; OLG Hamm, Beschl. v. 3.2.1992 – 15 W 63/91, OLGR 1992, 209 = NJW-RR 1992, 785; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Wohnungseigentum“ Rn. 20. 6 So aber OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.3.2003 – 1 W 11/03, AGS 2004, 162 mit Anm. N. Schneider = NJW-RR 2004, 299.
328
Noethen/Kurpat
Eigentumswohnung hier in der Regel gesellschafts- oder gemeinschaftsrechtlich geprägt, so dass für eine Gebührenprivilegierung in der Regel kein Anlass besteht.1 Auch die Klage eines Wohnungseigentümers gegen einen Miteigentümer auf Zustimmung zur Kündigung eines mit einem Dritten geschlossenen Mietvertrages bemisst sich gem. § 3 ZPO nach dem klägerischen Interesse an der wirtschaftlichen Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums.2
1927
Wird gem. § 18 WEG auf Entziehung des Wohnungseigentums geklagt, bestimmt sich der Streitwert nicht nach dem Interesse der Beteiligten am Ausscheiden bzw. Verbleib in der Eigentümergemeinschaft,3 sondern nach dem Verkehrswert der Wohnung.4
1928
Verlangt der Kläger Herausgabe oder Räumung einer Eigentumswohnung, ist nach § 6 ZPO der Verkehrswert für den Streitwert maßgeblich. Entscheidend ist, welcher Betrag sich bei der Veräußerung erzielen lässt, wobei damit verbundene Nebenkosten (z.B. Maklerprovision) unberücksichtigt bleiben.5
1929
Wird eine Eigentumswohnung dem in Aussicht genommenen Käufer aufgrund eines privatrechtlichen Vorvertrages überlassen, der nur eine Verpflichtung zum Erwerb der Wohnung und die dafür geltenden Bedingungen enthält, so bestimmt im Falle einer Herausgabeklage des Veräußerers nur die Frage den Streitgegenstand, ob der spätere Käufer die Wohnung bis zur endgültigen Klärung der Rechtsbeziehungen der Parteien nutzen darf. Den Streitwert für diesen Streit bildet der einjährige Nutzungswert der Wohnung.6
1930
Das Herausgabeverlangen des Erwerbers nach Ablauf der vereinbarten Nutzungsfrist für den Veräußerer richtet sich gem. § 41 Abs. 2 Satz 2 GKG nach dem Jahresbetrag der Nutzungsentschädigung, auch wenn die Klage zusätzlich auf Eigentum gestützt ist.7
1931
Ein einstweiliges Verfügungsverfahren auf vorläufige Besitzverschaffung und Übergabe eines Schlüssels bemisst sich ebenfalls nicht nach dem Kaufpreis der Eigentumswohnung, sondern entsprechend § 53 Abs. 2 GKG bzw. § 41 GKG nach 1/4 der Jahresmiete.8
1932
Die gegen den Verwalter gerichtete Klage auf Herausgabe einer Eigentümerliste im Vorfeld einer beabsichtigten, gegen die Wohnungseigentümer der Anlage zu richtenden Anfechtungsklage, bemisst sich – entsprechend den Grundsätzen zur Auskunftsklage – nach einem Bruchteil des Hauptsachewertes. Denn die dadurch mögliche Benennung sämtlicher Wohnungseigenümer der Gemeinschaft ist nur eine prozessuale Voraussetzung für die gerichtliche Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs.9
1933
1 So auch KG, Beschl. v. 30.3.1992 – 2 W 1331/92, NJW-RR 1992, 1490; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 7. 2 OLG Hamburg, Urt. v. 1.6.2001 – 11 U 47/01, NJW-RR 2002, 1165. 3 So aber BayObLG, Beschl. v. 16.8.1991 – 2 Z 106/91, WuM 1991, 633 – Interessenbewertung mit 20 % des Verkehrswertes. 4 OLG Frankfurt, DWE 84, 62; LG Köln, Beschl. v. 22.10.1997 – 29 T 264/97, WuM 1998, 120; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Wohnungseigentum“ Rn. 3. 5 BGH, NJW 1967, 2463; OLG Frankfurt, AnwBl. 1984, 203; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Wohnungseigentum“ Rn. 1. 6 KG, JurBüro 1969, 166; OLG Köln, Beschl. v. 14.9.1995 – 19 W 34/95, JurBüro 1996, 194. 7 OLG Frankfurt, JurBüro 1983, 255; OLG Köln, Beschl. v. 14.9.1995 – 19 W 34/95, JurBüro 1996, 194. 8 OLG Hamm, Beschl. v. 1.3.2000 – 12 W 2/2000, AGS 2000, 134. 9 LG Stuttgart, Beschl. v. 14.8.2008 – 19 T 299/08, ZMR 2009, 77.
Kurpat
329
Einrede, Einwendung
ZPO
Einrede, Einwendung Stichwortübersicht Aussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriff der Einrede. . . . . . . . . . . . . . . – im materiellen Recht . . . . . . . . . . – im Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . Begriff der Einwendung . . . . . . . . . . . – im materiellen Recht . . . . . . . . . . – im Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . Berufung gegen Zwischenurteil über Einrede der Unzuständigkeit . . . . . Endurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundstücksprozess . . . . . . . . . . . . . Hilfsaufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . Klageleugnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . . . .
Rn.
Rn.
. . . . . . .
1947 1934 1935 1936 1934 1935 1936
. . . . . .
1949 1945 1944 1940 1939 1937
Parteifähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1945 Prozessfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 1945 Prozessführungsbefugnis . . . . . . . . . . 1945 Prozesshindernde Einrede . . . . . . . . . . 1937 Prozessualer Anspruch . . . . . . . . . . . . 1939 Prozessvoraussetzungen . . . . . . . . . . . 1945 Rechtshängigkeit, anderweitige . . . . . . . . . . . . . . . . . 1945 (Fn. 4) Sachurteilsvoraussetzungen . . . . . . . . 1945 Unzuständigkeit des Gerichts . . . . . . 1937 Zulässigkeit des Rechtsweges . . . . . . . 1948 Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1946 Zwischenurteil. . . . . . . . . . . . . . . . . . 1949
A. Einleitung 1934
Die Begriffe Einrede und Einwendung werden im materiellen Recht mit anderem Inhalt als im Prozessrecht verwendet. Folgende Bedeutungen sind zu unterscheiden:
1935
Einrede im materiellen Recht ist das durch Erklärung geltend zu machende Recht, die geschuldete Leistung zu verweigern (Leistungsverweigerungsrecht). Einwendung im materiellen Recht ist jedes Vorbringen, das sich gegen den geltend gemachten Anspruch wendet, die materiell-rechtlichen Einreden eingeschlossen.
1936
Einrede im Prozessrecht ist jedes Vorbringen, das die Voraussetzungen einer Gegennorm erfüllt, etwa die Behauptung der Geschäftsunfähigkeit, § 105 BGB (= Einwendung im materiell-rechtlichen Sinne) oder die Berufung auf Verjährung, § 214 BGB (= Einrede im materiell-rechtlichen Sinne). Unter Einwendung im Prozessrecht versteht man – weitergehend als den Begriff der Einrede – nach herrschender Meinung jedes Verteidigungsvorbringen des Beklagten, mit dem er die Abweisung der Klage erreichen will. Darunter fällt auch das bloße Bestreiten der klagebegründenden Tatsachen (sog. Klageleugnen). Teilweise wird unter Einwendung im Sinne des Prozessrecht nur dasjenige Vorbringen gefasst, das sich nicht gegen die klagebegründenden Tatsachen als solche wendet, aber gleichwohl zur Abweisung der Klage als unbegründet führt, weil eine Gegennorm eingreift, beispielsweise beim Einwand der Erfüllung, § 362 BGB (= materiell-rechtliche Einwendung) oder bei Berufung auf Verjährung, § 214 BGB (= materiell-rechtliche Einrede).
1937
Daneben gibt es noch den speziellen Begriff der prozesshindernden Einrede. Dabei handelt es sich um prozessuale Gegenrechte, auf die sich der Beklagte im Prozess berufen muss, da sie nicht von Amts wegen geprüft und berücksichtigt werden. Beispiele für solche prozesshindernden Einreden sind die Unzuständigkeit des Gerichts (§ 39 ZPO), das Verlangen der Ausländersicherheit (§ 110 Abs. 1 ZPO) oder die Verweigerung der Einlassung auf eine neue Klage bis zur Kostenerstattung (§ 269 Abs. 6 ZPO).
330
Noethen
Einrede, Einwendung Im Folgenden geht es nur um Einreden und Einwendungen, die im Prozess zur Rechtsverteidigung vorgebracht werden. Darauf, wie sie materiell-rechtlich zu qualifizieren sind, kommt es für die Streitwertbemessung nicht an.
1938
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Streit über klagebegründende Tatsachen Bestreitet der Beklagte die klagebegründenden Tatsachen (Klageleugnen), hat dies auf die Bemessung des Streitwerts keinen Einfluss. Bewertet wird nur der prozessuale Anspruch, also das Begehren des Klägers. Aus diesem Grund ist auch die Geltendmachung von Einwendungen (i.S.d. Prozessrechts) für die Streitwertbemessung unerheblich. Entschieden wird nur über die Stattgabe bzw. die Abweisung des Klageantrags. Ob die Klage aufgrund einer Einrede oder Einwendung oder aus sonstigen Gründen abgewiesen wird, ist für die Höhe des Streitwertes ohne Belang.1
1939
II. Hilfsaufrechnung Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Einwendungen des Beklagten keine Auswirkungen auf den Streitwert haben, besteht wegen § 322 Abs. 2 ZPO für die Hilfsaufrechnung.2 Der Wert der Aufrechnungsforderung wird nach § 45 Abs. 3 GKG dem Klagewert hinzugerechnet, wenn und soweit über die Forderung entschieden wurde oder die Parteien sich hierüber vergleichen. Ein außergerichtlich erzielter Vergleich der Parteien reicht jedoch für die Anwendung des § 45 Abs. 4 GKG nicht aus.3
1940
Die Hilfsaufrechnung eines von mehreren gesamtschuldnerisch in Anspruch genommenen Beklagten führt zu einer Streitwerterhöhung gem. § 45 Abs. 3 GKG i.V.m. § 422 BGB (auch) im Verhältnis zwischen dem Kläger und demjenigen Beklagten, der die Hilfsaufrechnung nicht erklärt hat.4
1941
Kommt es nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung über die Aufrechnungsforde- 1942 rung, so erfolgt auch keine Addition für den Gerichtsgebührenwert. Ob für die Anwaltsgebühren eine gesonderte Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG unter Berücksichtigung der zur Aufrechnung gestellten Forderung erfolgen kann, ist umstritten: Die herrschende Meinung5 lehnt eine solche Wertfestsetzung ab, da für die Gebühren des Anwalts auch in einem solchen Fall der Gerichtsgebühren-
1 BGH, Beschl. v. 20.1.2004 – X ZR 167/02, MDR 2004, 829; Beschl. v. 1.12.2004 – IV ZR 1/04, MDR 2005, 345 = RVG-Berater 2005, 36; Beschl. v. 16.4.1996 – XI ZR 302/95, MDR 1996, 960. 2 OLG Hamm, Beschl. v. 28.11.2001 – 12 W 28/01, AGS 2003, 127; vgl. dazu das Stichwort „Aufrechnung“. 3 OLG Hamm, Beschl. v. 12.8.2003 – 23 W 120/03, AGS 2004, 27 mit Anm. N. Schneider. 4 KG, Beschl. v. 3.3.2009 – 2 U 258/02; MDR 2009/586 = KostRsp. GKG 2004 § 45 Nr. = AGS 2009, 400. 5 BGH, Beschl. v. 25.9.2008 – VII ZB 99/07, AGS 2008, 584 = MDR 2009, 54; KG, Beschl. v. 21.10.2008 – 7 W 59/08, JurBüro 2009, 86; Beschl. v. 11.6.2007 – 20 U 150/04, JurBüro 2007, 488; OLG Hamm, Beschl. v. 2.1.2007 – 19 U 48/06, AGS 2007, 254 = MDR 2007, 618; KG, Beschl. v. 21.10.2008 – 7 W 59/08, JurBüro 2009, 86; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.3.2007 – 7 W 1/07, AGS 2007, 470.
Noethen
331
Einrede, Einwendung
ZPO
wert maßgeblich sei. Die Gegenmeinung1 weist zutreffend darauf hin, dass für die Berechnung der Anwaltsgebühren darauf abzustellen ist, ob ein gesonderter zusätzlicher Anspruch geltend gemacht wurde, mit dem sich der Anwalt auftragsgemäß zu beschäftigen hatte. 1943
Û
1944
Darüber hinaus ist teilweise eine Tendenz erkennbar, die Rechtsverteidigung des Beklagten dann als streitwertbestimmend anzusehen, wenn die Parteien lediglich über die Begründetheit eines Gegenrechts streiten. Gebührenrechtlich kann dies insbesondere in Grundstücksprozessen durchschlagen, beispielsweise wenn der Kläger Auflassung verlangt, der Beklagte diesen Anspruch als solchen auch nicht bestreitet, jedoch Zug um Zug die Erstattung von Auslagen oder Aufwendungen oder die Zahlung eines Restkaufpreises verlangt.2
Hinweis: Im Hinblick auf die für ihn ungünstige höchstrichterliche Rechtsprechung sollte der Anwalt mit seinem Mandanten eine Gebührenvereinbarung treffen, dass der Wert der Aufrechnungsforderung bei der Berechnung der Anwaltsgebühren Berücksichtigung findet. Ansonsten werden der Inhalt der anwaltlichen Tätigkeit und insbesondere das aufgrund der Beschäftigung mit der Aufrechnungsforderung erhöhte Haftungsrisiko nicht ausreichend berücksichtigt.
III. Streit über Sachurteilsvoraussetzungen 1945
Damit eine Sachentscheidung ergehen kann, müssen die Sachurteilsvoraussetzungen (auch Prozessvoraussetzungen oder Verfahrensvoraussetzungen genannt) vorliegen. Beispiele dafür sind die Parteifähigkeit, die Prozessfähigkeit, die Prozessführungsbefugnis usw. Wird über solche Voraussetzungen gestritten, ist der Streitwert der Hauptsache maßgebend.3 Diese hohe Bewertung rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass bei Durchgreifen der Einrede der gesamte Klageanspruch durch Endurteil abgewiesen wird.4
IV. Streit über Zuständigkeit 1946
Soll hingegen die Zuständigkeit des Gerichts nach § 36 ZPO bestimmt werden, dann geht es nur um eine vorverfahrensrechtliche Klärung, so dass der Streitwert für dieses Verfahren nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nur mit einem Bruch-
1 VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 6.12.2007 – 11 S 2402/07, AGS 2008, 138; LAG Nürnberg, Beschl. v. 13.3.2008 – 6 Ta 57/08, DB 2008, 1332; LAG Berlin, Beschl. v. 28.3.2008 – 17 Ta (Kost) 6027/08, RVGreport 2008, 275; LAG Hamm, Beschl. v. 12.7.2006 – 10 Ta 384/06, AGS 2007, 470; vgl. auch E. Schneider, AGS 2004, 274. 2 Vgl. dazu näher das Stichwort „Auflassung“. 3 Vgl. OLG München, Rpfleger 1956, 30; KG, MDR 1957, 366; KG, JurBüro 1965, 486; OLG Düsseldorf, JurBüro 1972, 1022; anderweitige Rechtshängigkeit: RG, Recht 1925, 2279; örtliche Unzuständigkeit: OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 11.3.1999 – 5 U 189/98, FamRZ 2000, 35 = OLGR 1999, 153 (1/3 des Hauptsachewerts, wenn vom Berufungskläger erkennbar nur ein Verweisungsinteresse verfolgt wird); OLG Düsseldorf, Rpfleger 1972, 463; OLG Hamburg, MDR 1957, 367; Kostensicherheit nach § 110 ZPO: RGZ 40, 416; BGH, Urt. v. 20.6.1962 – VIII ZR 65/61, BGHZ 37, 264; Beschl. v. 21.6.1990 – IX ZR 227/89, VersR 1991, 122; Beschl. v. 20.3.2002 – VI ZR 3/01, BGHR 2002, 951; OLG Hamburg, Beschl. v. 9.8.1973 – 8 W 169/73, MDR 1974, 53; OLG Hamburg, Beschl. v. 28.1.2002 – 14 U 98/01, AGS 2003, 82. 4 Lappe, NJW 1994, 1189, (1190 I 1b).
332
Noethen
Einrede, Einwendung teil des Hauptsachewertes anzusetzen ist.1 Maßgeblich ist das Interesse des Klägers, den beabsichtigten Rechtsstreit an einem bestimmten Gericht führen zu können. Der Wert einer gegen die Aussetzung des Rechtsstreits gerichteten Beschwerde ist auf 1/5 des Hauptsachewertes festzusetzen.2
1947
Zur Bewertung des Streits über die Zulässigkeit des Rechtswegs, s. das Stichwort „Rechtswegverweisung“.
1948
C. Rechtsmittel und Beschwer Nach herrschender Meinung ist der Streitwert über prozesshindernde Einreden 1949 für sämtliche Instanzen gleich dem Wert der Hauptsache.3 Dementsprechend wird auch der Streitwert für die Berufung gegen ein Zwischenurteil, das die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts bejaht (und damit die Einrede der Unzuständigkeit verwirft), mit dem Wert des erhobenen Anspruchs angesetzt, weil mit der Berufung auch der Klageanspruch selbst bekämpft werde.4 Nach anderer Auffassung5 ist der Streitwert der Berufung gegen ein solches Zwischenurteil selbständig nach § 3 ZPO festzusetzen, und zwar mit 1/3 des Hauptsachewertes. Teilweise wird dahingehend differenziert, ob der Kläger hilfsweise einen Verweisungsantrag gestellt hatte.6 Diese zweite Auffassung erscheint entgegen der herrschenden Meinung zutreffend. Das Zwischenurteil entscheidet nur über die Zuständigkeit. Die materielle Rechtslage dagegen wird nicht rechtskräftig geklärt. Das Interesse des Klägers im Rechtsmittelverfahren liegt deshalb unterhalb des Wertes der Hauptsache. Hierin liegt auch kein Widerspruch zur erstinstanzlichen Bewertung. Im ersten Rechtszug streiten die Parteien über das Klagebegehren insgesamt, also auch über dessen sachliche Berechtigung. Spätestens aber ab Erlass des angefochtenen Zwischenurteils streiten sie – worauf das LG Braunschweig zu Recht hinweist – zunächst nur noch über die Frage der sachlichen Zuständigkeit. Nur damit befassen sich das Zwischenurteil und auch die höhere Instanz.
1950
Wird im ersten Rechtszug eine abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet (§ 280 ZPO), dann sind allerdings unter Zugrundelegung der zweiten Auffassung entsprechende Konsequenzen für die Streitwertbemessung zu ziehen. In diesem Fall ist daher der Streitwert nach § 3 ZPO auf einen Betrag unterhalb des Hauptsachewertes zu schätzen.
1951
Der Wert des Beschwerdegegenstands erhöht sich nicht über den Betrag der Verurteilung hinaus, wenn der Beklagte, der mit dem Rechtsmittel seinen Antrag auf
1952
1 BayObLG, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 952 = JurBüro 1989, 132: in der Regel mit 1/4 anzusetzen; OLG Stuttgart, Beschl. v. 27.10.1992 – 9 AR 3/92, WM 1993, 17: regelmäßig im unteren Bereich der Gebührentabellen anzusetzen. 2 KG, Beschl. v. 23.2.2001 – 21 W 10336/00, AGS 2003, 81; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.11.2001 – 12 W 23/01, MDR 2002, 479 = OLGR 2002, 180. 3 OLG Hamm, JurBüro 1968, 991; OLG Düsseldorf, JurBüro 1973, 1021; OLG Celle, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 208; KG, MDR 1957, 366; KG, JurBüro 1965, 486. 4 So OLG München, JurBüro 1954, 181; OLG Hamm, JurBüro 1968, 991; OLG Celle, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 208; vgl. auch BayObLG, Beschl. v. 21.3.2002 – 2Z BR 170/01, NJWRR 2002, 882 für den Wert einer Beschwerde gegen einen Verweisungsbeschluss. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.3.1999 – 5 U 189/98, OLGR 1999, 153; LG Braunschweig, Beschl. v. 14.5.1973 – 7 S 43/73, NJW 1973, 1846; eine Bruchteilsbewertung nimmt der BGH für das Rechtswegbeschwerdeverfahren nach § 17a GVG an (BGH, Beschl. v. 19.12.1996 – III ZB 105/96, MDR 1997, 386). 6 MünchKomm.ZPO/Lappe, § 3 Rn. 154.
Noethen
333
Einstellung der Zwangsvollstreckung
ZPO
Klageabweisung weiterverfolgen will, neben anderen Einwendungen auch mit einem hilfsweise geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht ohne Erfolg geblieben war.1
Einstellung der Zwangsvollstreckung Siehe das Stichwort „Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung“.
Einstweilige Anordnungen A. Überblick 1953
Einstweilige Anordnungen kommen auch in Zivilsachen vor (§§ 570 Abs. 3, 732 Abs. 2, 769, 770, 771 ZPO, § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG). Sie sind – im Gegensatz zu den Familiensachen – jedoch immer Teil des zugehörigen Hauptsacheverfahrens, so dass sich hier kaum Bewertungsprobleme ergeben.
B. Zuständigkeitsstreitwert 1954
Fragen des Zuständigkeitsstreitwerts stellen sich nicht, da isolierte einstweilige Anordnungen nicht möglich sind.
1955
Einstweilen frei.
C. Gerichtsgebühren 1956
Einstweilige Anordnungen lösen nach der derzeitigen Fassung des GKG keine Gerichtsgebühren aus, so dass eine Wertfestsetzung nach § 63 GKG unzulässig ist.
1957
Sofern gegen eine einstweilige Anordnung Beschwerde geführt wird, können zwar Gerichtsgebühren anfallen, allerdings werden ausnahmslos Festgebühren erhoben (Nr. 1812 KV GKG), so dass auch hier eine Wertfestsetzung nach § 63 GKG unzulässig ist.
D. Anwaltsgebühren I. Anordnungsverfahren 1. Verfahren nach §§ 570 Abs. 3, 769, 770, 771 ZPO 1958
Bei den Anwaltsgebühren zählen einstweilige Anordnungen nach §§ 570 Abs. 3, 769, 770 ZPO mit zum Rechtszug (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 RVG). Sie lösen für den in der Hauptsache bereits tätigen Anwalt grundsätzlich keine gesonderte Vergütung aus.
1 BGH, Beschl. v. 1.12.2004 – IV ZR 1/04, MDR 2005, 345.
334
Noethen/N. Schneider
Einstweilige Anordnungen Nur dann, wenn über die einstweilige Anordnung eine abgesonderte mündliche Verhandlung stattfindet, handelt es sich für den in der Hauptsache tätigen Anwalt um eine eigene selbständige Angelegenheit (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 RVG). Es entstehen dann die Gebühren nach den Nrn. 3328, 3332 VV RVG.
1959
Wird der Anwalt ausschließlich mit dem Verfahren über die einstweilige Anordnung gem. §§ 570 Abs. 3, 769, 770, 771 ZPO beauftragt, liegt eine Einzeltätigkeit vor, die eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV RVG auslöst.
1960
Der Gegenstandswert errechnet sich in beiden Fällen nach der neueren Rechtspre- 1961 chung, der auch der BGH folgt,1 nach § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO. Er wird regelmäßig mit einem Fünftel des Hauptsachewerts angenommen,2 da mit den Verfahren nicht der Titel angegriffen, sondern lediglich ein zeitweiliger Zahlungsaufschub angestrebt wird. Das OLG München geht von einem Zehntel des Hauptsachewerts aus.3 Anders verhält es sich jedoch in Verfahren nach § 771 ZPO (Widerspruchsklage). Bis zur Vollstreckung ist der Wert der Widerspruchsklage maßgebend; ist diese schon erfolgt, findet § 6 ZPO Anwendung. Danach wird der Wert bestimmt durch den Wert der Sache. Hat der Gegenstand des Pfandrechts jedoch einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.
1962
2. Verfahren nach § 732 Abs. 2 ZPO Soweit der Anwalt bereits im Vollstreckungsverfahren tätig ist, erhält er keine gesonderte Vergütung, da die einstweilige Anordnung nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 RVG mit zur Vollstreckungstätigkeit zählt.
1963
Soweit der Anwalt nur mit der einstweiligen Anordnung nach § 732 Abs. 2 ZPO befasst ist, löst diese für ihn die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG aus, so dass es dann insoweit auch eines Gegenstandswertes bedarf. Die Wertfestsetzung erfolgt nach § 33 RVG.
1964
Der Gegenstandswert richtet sich hier nach § 25 Abs. 2 RVG. Maßgebend ist das Interesse des Schuldners an der Aussetzung der Vollstreckung.
1965
3. Verfahren nach § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG Auch hier fallen Anwaltsgebühren nur als Einzeltätigkeit an (Nr. 3403 VV RVG). Man wird einen Bruchteil der Hauptsache je nach Interesse an der Aussetzung der Vollstreckung ansetzen.
1966
II. Beschwerdeverfahren Soweit gegen eine einstweilige Anordnung Beschwerde geführt wird, gilt § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 RVG. Hier dürften die gleichen Bewertungen gelten wie für die Anordnung selbst.4
1 BGH, Beschl. v. 22.6.1983 – VIII ZB 8/83, VIII ZB 9/83, WM 1983, 968; Beschl. v. 28.5.1991 – IX ZR 181/90, MDR 1991, 1204. 2 BGH, Beschl. v. 28.5.1991 – IX ZR 181/90, MDR 1991, 1204. 3 OLG München, Beschl. v. 25.5.1981 – 25 W 1271/81, MDR 1981, 1029; OLG Bamberg, Beschl. v. 26.3.1981 – W 25/81, JurBüro 1981, 919. 4 BGH, Beschl. v. 28.5.1991 – IX ZR 181/90, MDR 1991, 1204.
N. Schneider
335
1967
Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung
ZPO
Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung A. Einleitung 1968
In bestimmten Verfahrenssituationen (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Wiederaufnahmeantrag, Rüge nach § 321a ZPO, Fortsetzung des Verfahrens nach Vorbehaltsurteil, Einspruch, Berufung, Revision, Vollstreckungsabwehrklage, Klauselgegenklage etc.) kann das Gericht auf Antrag Entscheidungen über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung treffen. Die entsprechenden Verfahren sind in §§ 707, 719, 769, 785, 786 ZPO geregelt.
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Gerichtsgebühren 1969
Für die Verfahren auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. §§ 707, 719, 769, 785, 786 ZPO fallen in erster Instanz keine Gerichtsgebühren an. In den Beschwerdeverfahren entstehen Festgebühren nach Nrn. 2121, 2124 KV GKG. Insgesamt bedarf es daher für die Gerichtsgebühren keiner Wertfestsetzung.
II. Anwaltsgebühren 1970
Für die Anwaltsgebühren muss daher mangels einer Anknüpfung an den Gerichtsgebührenwert (§ 32 Abs. 1 RVG) ein Gegenstandswert bestimmt werden. Dieser ist nach § 25 Abs. 2 RVG anhand des Interesses des Schuldners am zeitweiligen Aufschub der Vollstreckung zu schätzen. Ausgangspunkt dieser Schätzung ist der Titel, gegen dessen Vollstreckung sich der Antragsteller mit seinem Antrag zur Wehr setzt. Bei der Wertbestimmung kann auf die frühere Rechtsprechung zum Gerichtsgebührenwert zurückgegriffen werden.
1971
Während zunächst1 für den Wert des Einstellungsverfahrens auf den vollständigen (vollstreckungsfähigen) Teil des Urteils – ohne Zinsen und Kosten – abgestellt wurde, dessen Vollstreckung verhindert werden sollte, schätzte die später herrschende Meinung2 das Interesse im Rahmen einer Bruchteilsbewertung regelmäßig auf 1/5 des Hauptsachewertes. Grund für diese geringere Bewertung war der Umstand, dass die Einstellung der Zwangsvollstreckung nur zu einem vorübergehenden Aufschub führen konnte und der Titel selbst nicht angegriffen wurde. Das Interesse des Antragstellers an der einstweiligen Einstellung konnte nicht identisch sein mit der entsprechenden Hauptklage, die Zwangsvollstreckung schlechthin, also zeitlich unbegrenzt auszuschließen, da sich die zu bewertenden Streitgegenstände nicht deckten. Diese Grundsätze können auch auf die Bestim-
1 Siehe Gerold, Streitwert, S. 354 Rn. 14 m.w.N. 2 BGH, WM 1983, 968; Urt. v. 28.5.1991 – IX ZR 181/90, MDR 1991, 1204 = NJW 1991, 2280; KG, Beschl. v. 30.3.1982 – 1 W 326/82, Rpfleger 1982, 308; OLG Köln, Beschl. v. 10.12.1975 – 2 W 137/75, Rpfleger 1976, 138; OLG Köln, Beschl. v. 12.8.2002 – 8 W 15/02, BRAGOreport 2002, 143; OLG Hamm, Beschl. v. 1.10.1979 – 5 WF 504/79, FamRZ 1980, 476; KG, Beschl. v. 30.3.1982 – 1 W 326/82, JurBüro 1982, 1243; OLG München, Beschl. v. 25.5.1981 – 25 W 1271/81, MDR 1981, 1029; OLG Bamberg, JurBüro 1981, 919; OLG Stuttgart, Beschl. v. 26.5.1986 – 8 W 16486, Justiz 1986, 413; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.11.1987 – 16 WF 212/87, FamRZ 1988, 634; OLG Bremen, Beschl. v. 25.10.1993 – 2 W 97/93.
336
Noethen
Einstweilige Verfgung mung des Gegenstandswertes nach § 25 Abs. 2 RVG übertragen werden. Anzusetzen ist daher ein Bruchteil von 1/5 des Hauptsachewertes.1 In der Praxis wird die Bestimmung eines Gegenstandswertes für die Anwaltsgebühren allerdings nur selten erforderlich sein. Denn ist der Anwalt – wie regelmäßig – Prozessbevollmächtigter der Partei, so gehört ein Verfahren auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung für ihn gem. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 RVG zum Rechtszug. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn eine abgesonderte mündliche Verhandlung über die Einstellung stattgefunden hat. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der Anwalt nicht Prozessbevollmächtigter ist, sondern im Einstellungsverfahren im Rahmen eines Einzelauftrags tätig wird. Denn die Verfahrensgebühr nach Nr. 3328 VV RVG knüpft ebenfalls daran an, dass eine abgesonderte mündliche Verhandlung über die Frage der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung stattgefunden hat. In den Verfahren nach §§ 707, 719, 769 ZPO wird dies kaum der Fall sein, da die betreffenden Entscheidungen durch Beschluss ergehen. In dieser Verfahrensart findet wegen § 128 Abs. 4 ZPO eine mündliche Verhandlung in der Praxis nicht statt.
1972
Einstweilige Verfgung Siehe auch das Stichwort „Arrest“. Literatur: Schneider, JurBüro 1977, 1516; Schneider, JurBüro 1968, 665; Schneider, JurBüro 1967, 462. Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1973
IV. Verhältnis zum Hauptsacheverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1988 V. Widerspruchs- und Aufhebungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1992 VI. Vollziehungsverfahren . . . . . . . . 1997
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 1974 II. Bruchteilsbewertung . . . . . . . . . . 1978 III. Nichtvermögensrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1984
C. Rechtsprechungs-ABC . . . . . . . . 2000
A. Einleitung Die möglichen Verfahrensgegenstände einstweiliger Verfügungen sind praktisch unbegrenzt. Eine umfassende Zusammenstellung, sofern sie überhaupt möglich ist, hat aufgrund ihres Umfangs für den Benutzer wenig Wert. Es sollen daher im Anschluss an die Übersicht über grundsätzliche Fragen der Bewertung in einem alphabetisch geordneten Streitwertschlüssel die für die Praxis wichtigsten Fälle dargestellt werden (ab Rn. 2000).
1 Schneider/Wolf, § 25 RVG Rn. 28.
Noethen
337
1973
Einstweilige Verfgung
ZPO
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Allgemeines 1974
Der Streitwert für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist gem. § 3 ZPO, § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG nach freiem Ermessen zu schätzen.
1975
Der Wert der Hauptsache ist sowohl für die Berechnung der Gebühren – regelmäßig als ein Bruchteil des Hauptsachewerts – als auch für die sachliche Zuständigkeit des Gerichts entscheidend. Zuständig für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist das Gericht der Hauptsache (§ 937 Abs. 1 ZPO), nämlich das Gericht des ersten Rechtszuges (§ 943 Abs. 1 ZPO). Daher ist es fehlerhaft, den beim Landgericht eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Begründung zurückzuweisen, das Amtsgericht sei zuständig, weil der Verfügungsstreitwert 5000 Euro nicht übersteige (§ 23 Nr. 1 GVG). Wenn die Hauptsache höherwertig als 5000 Euro ist, dann ist das Landgericht zuständig, auch wenn das Verfügungsverfahren aufgrund einer Bruchteilsbewertung nur mit 1000 Euro zu bewerten ist.
1976
Maßgebend für die Bemessung des Streitwerts ist gem. § 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG das Interesse des Antragstellers im Zeitpunkt der Antragstellung. Bei der Berechnung der Gebühr für die gerichtliche Entscheidung (Nr. 1412 KV GKG) sind jedoch ausnahmsweise Wertänderungen nach Antragstellung zu berücksichtigen, denn die Verfahrensgebühr von 1,5 (Nr. 1410 KV GKG) erhöht sich nur nach dem Wert desjenigen Streitgegenstands auf 3,0 (Nr. 1412 KV GKG), auf den sich die Entscheidung bezieht.1
1977
Da im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung keine strenge Antragsbindung besteht, muss das wirkliche Begehren des Antragstellers klargestellt werden.2 Für die Bemessung bildet zunächst der Wert des zu sichernden Anspruchs einen Anhaltspunkt. Darüber hinaus gibt er auch die Höchstgrenze vor, die im Regelfall wertmäßig nicht erreicht werden kann.3
II. Bruchteilsbewertung 1978
Der Streitwert ist grundsätzlich niedriger anzunehmen als der Wert für ein entsprechendes Klageverfahren.4 Anzusetzen ist ein Bruchteil der zu sichernden Forderung,5 der unter ihrem Nennwert liegt.6 Eine allgemeine feste Übung hinsichtlich des anzusetzenden Bruchteils hat sich nicht herausgebildet. Meist wird 1/3 des Wertes der zu sichernden Forderung angenommen.7 Eine andere Meinung nimmt
1 2 3 4 5 6 7
OLG München, Beschl. v. 25.1.1996 – 11 W 3187/95, MDR 1996, 423. OLG Köln, JurBüro 1980, 741. OLG Frankfurt, KostRsp. GKG a.F. § 18 Nr. 5. KG, JurBüro 1967, 806. OLG Düsseldorf, NJW 1953, 424. OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 161. Vgl. z.B. OLG Rostock, Beschl. v. 14.8.2006 – 3 W 78/06, OLGR 2006, 1004; OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.4.2007 – 3 W 57/06, MDR 2007, 1225; OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.3.2001 – 9 WF 47/01, BRAGOreport 2002, 27; OLG Rostock, Urt. v. 5.10.1994 – 2 U 39/94, OLGR 1995, 11; KG, Rpfleger 1962, 120; OLG Hamm, JurBüro 1964, 272; OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 5 W 550/93, MDR 1994, 737, JurBüro 1994, 738; KG, Rpfleger 1970, 97 (Bruchteil von 1/3 bis 1/4); OLG Bamberg, Beschl. v. 12.7.1991, JurBüro 1991, 1690; OLG Frankfurt, JurBüro 1977, 719: 1/4 für Bauhandwerkersicherungshypothek.
338
Noethen
Einstweilige Verfgung in der Regel 1/2 des Forderungswertes an.1 Zwei jüngere Entscheidungen sollen hier aufgrund eines abweichenden Ansatzes gesondert dargestellt werden: – Das KG2 hat sich dafür ausgesprochen, aufgrund der gesteigerten Bedeutung der einstweiligen Verfügung in der heutigen Prozesspraxis, einen Regelwert von 2/3 des Hauptsacheverfahrens anzunehmen. Diese gesteigerte Bedeutung komme darin zum Ausdruck, dass nach § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB n.F. die Zustellung einer einstweiligen Verfügung den Ablauf der Verjährungsfrist hemme, und zwar gem. § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB bis sechs Monate nach der Beendigung des Verfahrens. Darüber hinaus seien inzwischen auch im Hauptsacheverfahren die Berufungs- und Revisionsrechtsmittel erheblich eingeschränkt worden, was ebenfalls faktisch die Bedeutung der Eilverfahren stärke. – Das OLG München3 vertritt in wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsverfahren die Ansicht, dass das einstweilige Verfügungsverfahren ebenso hoch zu bewerten sei wie das Hauptsacheverfahren. Die in der Rechtsprechung durchgeführten Differenzierungen und Bruchteilsbewertungen seien – schon wegen ihrer Beliebigkeit sowohl der Höhe der Abschläge als auch der Kriterien für deren Nichtanwendung – wenig praktikabel und führten nicht zu einem Gerechtigkeitsgewinn. Vielmehr sei mit ihnen ein erhöhter Begründungsaufwand verbunden, der bei einer Nebenentscheidung wie der Streitwertfestsetzung nicht zu rechtfertigen sei. Mit einer Bewertung zwischen 1/3 und 1/2 – je nach den Besonderheiten des Einzelfalls – dürfte die große Mehrzahl aller Fälle abgedeckt sein. Der Streitwert darf allerdings nie rein schematisch auf einen solchen Bruchteil des Wertes der Hauptsache festgesetzt werden. Nach Abwägung der Umstände des Einzelfalls kann er – je nach der Bedeutung des Verfahrens für das gesamte Streitverhältnis – auch einmal den Streitwert der Hauptsache erreichen. Das ist insbesondere dann möglich: – wenn der Antragsteller mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung keine vorläufige, sondern eine endgültige Regelung anstrebt,4 – wenn dem Antragsteller volle Befriedigung verschafft wird,5 – oder wenn die unmittelbar drohende Gefahr eines Rechtsverlustes beseitigt werden soll.6
1979
Dabei muss für eine derartig hohe Bewertung des einstweiligen Verfügungsantrags die angestrebte endgültige Regelung für den Antragsteller nicht unbedingt erfolgreich gewesen sein.
1980
1 Vgl. OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 160; OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 239; OLG Nürnberg, JurBüro 1963, 554; OLG Saarbrücken, KostRsp. GKG § 20 Nr. 18; LG Siegen, JurBüro 1963, 475. 2 KG, Beschl. v. 26.11.2004 – 5 W 146/04, KGR 2005, 208. 3 OLG München, Beschl. v. 26.5.2009 – 29 W 1498/09, JurBüro 2009, 484. 4 OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2007 – 2 W 71/07, AGS 2008, 189 (Leistungsverfügung wegen verbotener Eigenmacht). 5 OLG Koblenz, Beschl. v. 26.1.2009 – 5 W 62/09, MDR 2009, 1075 = AGS 2009, 402; OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2007 – 2 W 71/07, OLGR 2008, 91; OLG Schleswig, Beschl. v. 27.5.2008 – 6 W 9/08, OLGR 2008, 628; OLG Rostock, Beschl. v. 5.9.2008 – 2 W 22/08, GRUR-RR 2009, 39 = AGS 2009, 243; OLG Saarbrücken, KostRsp. GKG § 20 Nr. 8; OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.11.1990 – 5 W 25/90, MDR 1991, 354 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1024 mit Anm. Schneider; OLG Köln, Beschl. v. 27.1.1999 – 16 W 3/99, OLGR 1999, 336; OLG München v. 1.4.1996 – 12 UF 1457/95, FamRZ 1997, 691. 6 OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.3.2001 – 9 WF 47/01, BRAGOreport 2002, 27; OLG Karlsruhe, Justiz 1971, 354; OLG Bamberg, JurBüro 1978, 1552 (Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs).
Noethen
339
Einstweilige Verfgung
ZPO
Û
Beispiel: So hat das OLG Rostock den Gegenstandswert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens auch dann nach dem Wert des Hauptsacheverfahrens bemessen, wenn der Verfügungskläger seinen Antrag zurückgezogen hat, in der Erwartung, dass der Antrag nicht erfolgreich sein werde. Denn auch in dieser Fallgestaltung werde in der Sache praktisch entschieden.1
1981
Eine Bemessung auf die volle Höhe der zu sichernden Forderung muss aber die Ausnahme sein, denn im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist Streitgegenstand eben nicht der im Hauptsacheprozess zu klärende materielle Anspruch, sondern lediglich der auf dem Prozessrecht beruhende Anspruch auf einstweilige Regelung oder Sicherung. Der Antragsteller kann im Wege des Verfügungsverfahrens eine endgültige Streiterledigung nicht erzwingen, sondern ist weiterhin auf eine Einsicht des Antragsgegners angewiesen. Allein das Hauptsacheverfahren gibt ihm die Möglichkeit, die endgültige Streitentscheidung herbeizuführen. Bei seiner Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist das Gericht auch weder an seine tatsächlichen Feststellungen im Verfügungsverfahren noch an seine dort geäußerte Rechtsauffassung gebunden. Dem muss bei der Streitwertbemessung weiterhin hinreichend Rechnung getragen werden durch einen in der Regel gebotenen Abschlag des Wertes des Verfügungsverfahrens gegenüber dem Hauptsacheverfahren. Maßgebend für den Streitwert ist deshalb nur das Interesse der Partei an einer Sicherung und die sachliche Bedeutung des Verfahrens.2
1982
Die Androhung eines Ordnungsgeldes für den Fall der Zuwiderhandlung in der Entscheidung über eine einstweilige Verfügung ist für den Streitwert grundsätzlich nicht maßgebend.3
1983
Ebenso darf der Streitwert eines vorangegangenen Verfügungsverfahrens nicht auch dem Bestrafungsverfahren zugrunde gelegt werden. Dieses ist verfahrensrechtlich selbständig und muss deshalb auch selbständig bewertet werden.4
III. Nichtvermögensrechtliche Ansprüche 1984
Der Streitwert für eine einstweilige Verfügung hinsichtlich eines nichtvermögensrechtlichen Anspruchs ist ebenfalls nach § 3 ZPO zu schätzen,5 da § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG der Regelung in § 48 Abs. 2 GKG grundsätzlich vorgeht.
1985
Im Rahmen dieser Schätzung nach § 3 ZPO muss die Vorschrift des § 48 Abs. 2 GKG allerdings als Richtschnur des richterlichen Ermessens herangezogen werden, denn § 48 Abs. 2 GKG ist angesichts der schwierigen wertmäßigen Erfassbarkeit nichtvermögensrechtlicher Streitigkeiten seinem Sinne nach die Rechtsgrundlage aller Ermessensentscheidungen in diesem Bereich.6 Soweit das OLG Köln7 allerdings eine Bindung an die Grundsätze des § 48 Abs. 2 GKG annimmt, ist dem zu widersprechen, weil das mit dem klaren Verweis des § 53 Abs. 1 GKG auf § 3 ZPO unvereinbar ist. Der Wert nach § 48 Abs. 2 GKG dient nur als Vergleichsmaßstab, um sicherzustellen, dass der nach § 3 ZPO, § 53 Abs. 1 GKG festgesetzte Wert in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der Hauptsache steht.8 1 2 3 4 5 6 7 8
OLG Rostock, Beschl. v. 5.9.2008 – 2 W 22/08, GRUR-RR 2009, 39 = AGS 2009, 243. OLG München, Rpfleger 1967, 135; OLG Frankfurt, KostRsp. GKG a.F. § 18 Nr. 5. OLG Neustadt, JurBüro 1961, 457. Vgl. das Stichwort „Ordnungsmittel“. OLG Köln, JMBl.NW 1961, 286; KG, JurBüro 1967, 806. OLG Köln, JMBl.NW 1961, 286; OLG Frankfurt, JurBüro 1972, 706. OLG Köln, JMBl.NW 1961, 286 (die Entscheidung bezog sich noch auf § 12 GKG a.F.). KG, JurBüro 1967, 807.
340
Noethen
Einstweilige Verfgung Auch in nichtvermögensrechtlichen Eilverfahren ist der Wert nur mit einem Bruchteil des Hauptverfahrens anzusetzen.1
1986
Bei gleichzeitiger Geltendmachung mehrerer nichtvermögensrechtlicher Ansprüche ist nach OLG Köln2 der Streitwert für jeden Anspruch gesondert zu berechnen, wenn ein „Fall echter Anspruchshäufung“ vorliege. Wenn jeder der Ansprüche nur einen Teil, nicht aber den vollen Wert des Anspruchs auf Ehrschutz umfasse, führe diese Einzelberechnung nicht zu einer unzulässigen mehrfachen Bewertung desselben Streitgegenstandes. Folgt man dem, dann sind die Gebühren nach der Summe der einzelnen (für jeden Antrag) ermittelten Werte zu berechnen.3
1987
IV. Verhältnis zum Hauptsacheverfahren Umstritten ist die Berechnung des Streitwertes, wenn in einem Verfahren der einstweiligen Verfügung zugleich die noch nicht anhängige Hauptsache mitverglichen wird. – Nach einer Ansicht ist Streitwert für den Vergleich der zusammengerechnete Wert der einstweiligen Verfügung und der Hauptsache.4 Es handelt sich nach dieser Meinung um zwei selbständige rechtliche Begehren (Streitgegenstände) aus je selbständigen Verfahren. – Demgegenüber ist das OLG Frankfurt5 der Meinung, wenn – im umgekehrten Fall – im Hauptprozess ein anhängiges Eilverfahren mitverglichen werde, sei der Streitwert für den Prozessvergleich nicht durch Addition zu bilden, sondern der Vergleichswert werde lediglich durch den Betrag der mitverglichenen Kosten des Eilverfahrens erhöht.
1988
Bedeutung hat dieser Streit – da es eine gesonderte gerichtliche Gebühr für den Vergleichsschluss nicht mehr gibt – nur noch für die Bestimmung des Gegenstandswertes für die Anwaltsgebühren. Richtigerweise ist hinsichtlich des Gegenstandswertes für die Einigungsgebühr wie folgt zu differenzieren: Hauptsacheverfahren und einstweiliges Verfügungsverfahren sind nach § 17 Nr. 4 RVG verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten. Das bedeutet eigentlich, dass für die beteiligten Anwälte die Gebühren für jedes Verfahren gesondert anfallen und zwar auch dann, wenn die Angelegenheiten in demselben Gerichtstermin verhandelt werden. Bei Abschluss eines Prozessvergleichs entsteht jedoch ausnahmsweise nur eine Einigungsgebühr, wenn die Parteien mehrere Rechtsstreitigkeiten durch einen gemeinsamen Vergleich beendet haben, weil sie Gegenstände des einweiligen Verfügungsverfahrens und des Hauptsacheverfahrens in die Einigung einbezogen haben. Die Einigungsgebühr berechnet sich dann für den Anwalt aus dem zusammengerechneten Wert der Gegenstände (§ 22 RVG).6
1989
Erklärt der Antragsgegner nach Erlass der einstweiligen Verfügung die Hauptsache für erledigt, so bleibt der Streitgegenstand unverändert, wenn der Antragsteller der Erledigungserklärung widerspricht und auf seinen Anträgen beharrt, die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.7
1990
1 2 3 4
OLG Frankfurt, AnwBl. 1983, 89. OLG Köln, JMBl.NW 1961, 286. Vgl. dazu das Stichwort „Ehrkränkende Äußerungen“. OLG Koblenz, Beschl. v. 22.1.2008 – 11 WF 24/08, MDR 2008, 1068; OLG Hamburg, MDR 1959, 401. 5 OLG Frankfurt, JurBüro 1981, 918; zust. Lappe, NJW 1982, 1737. 6 Meyer, JurBüro 2010, 630. 7 OLG München, Rpfleger 1967, 135.
Noethen
341
Einstweilige Verfgung Siehe zu dieser Streitfrage (Hauptsachewert oder Kostenwert?) das Stichwort „Erledigung der Hauptsache“, Rn. 2231.
ZPO
1991
V. Widerspruchs- und Aufhebungsverfahren 1992
Wie im Verfahren über einen Antrag auf Erlass ist auch im Verfahren auf Widerspruch gegen Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Verfügung (§§ 924, 927, 936 ZPO) der Streitwert nach § 3 ZPO zu schätzen.1 Das ist in § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG ausdrücklich vorgesehen.
1993
Für den Prozessbevollmächtigten des einstweiligen Verfügungsverfahrens ist das Abänderungs- oder Aufhebungsverfahren nach § 16 Nr. 5 RVG dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit. In der Regel ist der Streitwert des Verfahrens, das die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung zum Gegenstand hat, dem des Anordnungsverfahrens gleich.2 Er richtet sich nach dem Interesse des Verfügungsklägers, das dem Wert entspricht, den der aufzuhebende Titel bei Erhebung der Aufhebungsklage noch hat.3 Voraussetzung dafür ist jedoch, dass über den Fortbestand der einstweiligen Verfügung, also über die Fortdauer ihrer Rechtmäßigkeit noch wirklich gestritten wird und nicht lediglich über die formelle Aufhebung einer einstweiligen Verfügung, die nach der übereinstimmenden Auffassung der Parteien durch die Entwicklung der Dinge gegenstandslos geworden ist.4 In diesem Fall ist nur ein geringer Betrag festzusetzen.5
1994
Ist das Interesse wegen Zeitablaufs in zweiter Instanz geringer, ermäßigt sich auch der Streitwert.6 Meist wird dies darauf zurückzuführen sein, dass sich das Sicherungsbedürfnis abgeschwächt hat.7 Ebenso liegt es, wenn der aufzuhebende Titel bei Erhebung der Aufhebungsklage nur noch einen geringeren Wert hat. Dann ist dieser maßgebend.8
1995
Nach Einlegung eines sog. Kostenwiderspruchs im Verfügungsverfahren entsteht die Verfahrensgebühr für den Anwalt (Nr. 3100 VV RVG) nur aus dem Kostenstreitwert, da der Kostenwiderspruch den Streit der Parteien auf den Kostenpunkt reduziert; der (zusätzliche) Ansatz einer reduzierten Gebühr aus dem Gegenstandswert des Verfügungsverfahrens (Nr. 3101 VV RVG) kommt nicht in Betracht.9 Eine gesonderte Verfahrensgebühr kann der Anwalt nicht verlangen, wenn diese bereits im Anordnungsverfahren nach dem vollen Streitwert entstanden ist, welches mit dem Widerspruchsverfahren nach § 16 Nr. 5 RVG gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit bildet. Eine – nur bei mündlicher Verhandlung anfallen-
1 OLG München, JurBüro 1973, 357; OLG Frankfurt, JurBüro 1969, 343; OLG Celle, Rpfleger 1969, 96; OLG Bamberg, JurBüro 1974, 1150; näher dazu Schneider, JurBüro 1977, 1516. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.1.2014 – 6 W 106/13, AGS 2014, 184; KG Berlin, Beschl. v. 24.3.2010 – 8 W 10/10. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.1.2014 – 6 W 106/13, AGS 2014, 184; KG Berlin, Beschl. v. 24.3.2010 – 8 W 10/10; OLG Celle, AnwBl. 1969, 130. 4 OLG München, JurBüro 1963, 357; OLG Bamberg, JurBüro 1974, 1150; OLG Hamburg, WRP 1977, 814. 5 KG Berlin, Beschl. v. 24.3.2010 – 8 W 10/10, (Kosteninteresse); KG, Beschl. v. 21.9.2001 – 5 W 40/01, JurBüro 2002, 479 (1/3 des Wertes des Verfügungsantrags). 6 OLG Köln, BB 1974, 1184. 7 OLG Köln, JurBüro 1980, 244. 8 OLG Celle, Rpfleger 1969, 96. 9 BGH, Beschl. v. 15.8.2013 – I ZB 68/12, NJW 2013, 310; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.10.2007 – 6 W 58/07, MDR 2007, 1455; OLG Hamburg, Beschl. v. 2.8.1995 – 8 W 180/95, MDR 1996, 102; OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.5.1990 – 6 W 83/90, JurBüro 1990, 1332; a.A. OLG München, Beschl. v. 31.8.2005 – 11 W 1883/05, OLGR 2005, 818.
342
Noethen
Einstweilige Verfgung de1 – Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) wird ebenfalls aus dem Kostenstreitwert berechnet. Wird die Anordnung einer Frist zur Erhebung der Klage nach § 926 Abs. 1 ZPO abgelehnt, so ist der Beschwerdewert für die hiergegen eingelegte Beschwerde gleich dem des Eilverfahrens.2
1996
VI. Vollziehungsverfahren Nicht geregelt ist, wie die Vollziehung der Anordnungen aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren, also die Durchführung entsprechender Vollstreckungsmaßnahmen, zu bewerten ist. Für die Gerichtskosten kommt es dabei auf den Streitwert nicht an, weil insoweit Festgebühren anfallen. Anders verhält es sich bei den Anwaltsgebühren (§§ 25, 26 RVG). Der Streitwert für Vollstreckungsmaßnahmen, die nach § 18 Nr. 4 RVG eine besondere Angelegenheit darstellen, soweit sie sich nicht auf die Zustellung beschränken, bestimmt sich nach § 25 RVG, § 6 ZPO. Im Hinblick auf die Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung werden zwei Ansichten vertreten:
1997
– Möglich ist es, die § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO über den Wortlaut des § 53 Abs. 1 GKG hinaus auch auf die Vollziehung anzuwenden. Pfändungen zum Zweck der Arrestvollziehung haben dann wegen ihres Sicherungscharakters keinen höheren Streitwert als das Anordnungsverfahren.3 – Alternativ kann auch darauf abgestellt werden, dass die Arrestvollziehung einschließlich der Vollstreckung ein vom Anordnungsverfahren getrenntes, selbständiges Verfahren darstellt, auf das nur § 25 RVG, § 6 ZPO anzuwenden sind. Dann bestimmt und begrenzt immer die Höhe der Forderung des Gläubigers den Streitwert.4
1998
Die beiden Ansichten zugrunde liegenden Erwägungen lassen sich in folgendem Grundsatz zusammenfassen: Der Streitwert des Vollziehungsverfahrens entspricht grundsätzlich demjenigen des Anordnungsverfahrens. Darüber hinaus ist aber, wie es auch in § 25 Nr. 1 RVG vorgesehen ist, die Begrenzungsregel des § 6 Satz 2 ZPO anzuwenden, so dass ein im Vergleich zum Anordnungswert geringerer Vollziehungswert vorrangig ist.5 Dafür spricht, dass dem Antragsteller die Vollziehung nicht mehr wert sein kann als die bereits auf Vollziehung abzielende Anordnung einer Eilmaßnahme. Dies ist dann auch für das Vollziehungsverfahren bei der Streitwertbemessung zu berücksichtigen.
1999
C. Rechtsprechungs-ABC Die nachfolgende alphabetische Ordnung gibt einen Überblick über die wichtigsten Lebenssachverhalte und die von der Rechtsprechung dazu entwickelten Bewertungskriterien.
1 Hansens, RVGReport 2011, 128. 2 OLG Frankfurt, JurBüro 1981, 626. 3 OLG Bremen, Beschl. v. 14.7.1997 – 2 W 46/97, OLGR 1997, 362; OLG Frankfurt, KostRsp. GKG § 20 Nr. 61 mit Anm. Schneider; OLG Koblenz, KostRsp. GKG § 25 Nr. 48 mit Anm. Schneider; OLG Hamm, Rpfleger 1969, 21; OLG Köln, KostRsp. GKG § 20 Nr. 79; KG, JurBüro 1991, 230; Schalhorn, JurBüro 1969, 432. 4 KG, Rpfleger 1962, 120 zu § 18 e; LG Darmstadt, KostRsp. GKG a.F. § 18 Nr. 33; LG Hannover, JurBüro 1969, 432; Schneider/Wolf, § 25 RVG Rn. 1. 5 Schneider, JurBüro 1977, 1517; Mümmler, JurBüro 1984, 818.
Noethen
343
2000
Einstweilige Verfgung Stichwortübersicht
ZPO
Rn. Abberufung eines Vorstandsmitglieds . Auflassungsvormerkung . . . . . . . . . . . Bauhandwerkersicherungshypothek . . Besitzübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . Ehrkränkende Äußerungen . . . . . . . . . Filmaufführung . . . . . . . . . . . . . . . . . Gestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mietbürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2001 2002 2005 2011 2014 2018 2019 2020 2024 2028
Rn. Übernahme, feindliche . . . . . . . . . . Unterlassung von Immissionen . . . Verbotene Eigenmacht . . . . . . . . . . Verfügungsverbot . . . . . . . . . . . . . . Versorgung der Wohnung . . . . . . . . Vormerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . Widerspruch gegen Richtigkeit des Grundbuchs . . . . . . . . . . . . . . . . Zugangsgestattung . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
2029 2030 2031 2034 2039 2040 2045
. . 2048 . . 2050
• Abberufung eines Vorstandsmitglieds 2001
Der Streitwert einer einstweiligen Verfügung auf Nichtvollzug der Abberufung eines Vorstandsmitgliedes durch den Aufsichtsrat, wenn der die Abberufung aussprechende Aufsichtsrat zuvor durch Beschluss der Hauptversammlung umgebildet worden war und deren Verfahren angegriffen wird, bemisst sich nach dem Interesse des Antragstellers an der ungehinderten Weiterausübung seiner Vorstandstätigkeit. Als rechnerischer Maßstab ist von seinen Vorstandsbezügen auszugehen;1 darüber hinaus aus dem Fortbestehen der Position abzuleitende Vorteile sind kaum zu bemessen.2 • Auflassungsvormerkung
2002
Der Streitwert eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung wird durch das Sicherungsinteresse des Antragstellers bestimmt. Es kann nach LG Düsseldorf3 im Regelfall mit 1/5 des Verkehrswertes des Grundstückes angenommen werden.
2003
Das Interesse am Erlass der Auflassungsvormerkung kann aber auch im Einzelfall den Wert des Grundstücks erreichen, auf das sich der Auflassungsanspruch bezieht, wenn durch die Vormerkung ein unmittelbar drohender, totaler Rechtsverlust abgewendet werden soll.4 Soweit solche Umstände nicht vorliegen, ist das Interesse wesentlich geringer und nur mit einem Bruchteil des Grundstückswertes anzusetzen.
2004
Wird eine besonders akute Gefährdung des Auflassungsanspruches nicht dargelegt (§ 885 Abs. 1 Satz 2 BGB), so kann das Interesse nur mit etwa 1/10 des Grundstückswertes angenommen werden.5 • Bauhandwerkersicherungshypothek
2005
Der Streitwert einer einstweiligen Verfügung auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek (§ 648 BGB) ist geringer anzusetzen als die zu sichernde Forderung. Der mit einem Bruchteil des Wertes des zu sichernden Rechts (= Hauptsache) zu beziffernde Streitwert muss erheblich niedriger liegen. 1 OLG Köln, Beschl. v. 17.7.1991 – 22 W 22/91, OLGReport 1991, 71; OLG Celle, JurBüro 1963, 297 – mit detaillierter Berechnung des Streitwertes, der auf 25 000 DM festgesetzt wurde. 2 Vgl. aber OLG Köln, Beschl. v. 17.7.1991 – 22 W 22/91, OLGReport 1991, 71. 3 LG Düsseldorf, KostRsp. GKG a.F. § 18 Nr. 12. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.9.1971 – 1 W 58/71, Justiz 1971, 354. 5 OLG Frankfurt, JurBüro 1958, 253; vgl. auch das Stichwort „Auflassungsvormerkung“.
344
Noethen
Einstweilige Verfgung Es kommt immer auf das Interesse des Antragstellers im Einzelfall an, für dessen Bewertung der Grad der Rechtsgefährdung wesentlich ist. Ein genereller Bruchteil kann daher nicht angegeben werden. Welcher Wert in Betracht kommt, hängt davon ab, ob im einzelnen Fall die Gefahr besteht, dass der Grundstückseigentümer bis zur Eintragung der Sicherungshypothek das Grundstück veräußert, so dass die Sicherungshypothek nicht mehr eingetragen werden könnte.
2006
Die Rechtsprechung geht selten über 1/2 hinaus,1 da die Vormerkung dem Vollrecht nicht gleichgesetzt werden kann. Ein Bruchteil von 1/3 ist weitgehend als Regelwert angenommen worden.2 Es kommt aber immer auf das Interesse des Antragstellers im Einzelfall an, für dessen Bewertung der Grad der Rechtsgefährdung wesentlich ist.
2007
Abweichend vom „Regelwert“ hat das OLG Koblenz3 das Interesse an der Sicherung mit rund 2/5 angesetzt,4 das OLG Frankfurt hält 1/4,5 das LG Bayreuth 1/56 für akzeptabel. Vereinzelte Entscheidungen zur Bewertung des Interesses mit 9/107 sind nicht (mehr) maßgebend.8
2008
Die Kostenpauschale wegen des Anspruchs auf Kostenerstattung im Rechtsstreit ist nach OLG Saarbrücken9 hinzuzurechnen.
2009
Einstweilen frei.
2010
• Besitzübertragung Der Streitwert einer auf nur vorläufige Besitzübertragung einer gekauften Sache gerichteten einstweiligen Verfügung bestimmt sich nach dem Interesse des Antragstellers an der vorläufigen Regelung, das erheblich niedriger als der Kaufpreis anzunehmen ist.10
2011
Der Streitwert einer einstweiligen Verfügung auf vorläufige Besitzverschaffung und Übergabe des Schlüssels einer (Eigentums-)Wohnung bemisst sich nicht nach dem vollen Kaufpreis der Wohnung, sondern beläuft sich entsprechend dem Interesse des Antragstellers gem. § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO und dem Rechtsgedanken des 41 Abs. 1 GKG auf drei Monatsmieten.11
2012
Ist Gegenstand des Rechtsstreits allein ein auf verbotene Eigenmacht gestützter Verfügungsanspruch auf Herausgabe eines Grundstücks, kann nach umstrittener
2013
1 OLG Schleswig, JurBüro 1971, 438; OLG Frankfurt, JurBüro 1975, 512; OLG Celle, JurBüro 1982, 1227 mit Anm. Mümmler; OLG Saarbrücken, JurBüro 1987, 1218; OLG Köln, OLGR 1991, 71. 2 OLG Köln, Urt. v. 28.9.2012 – 19 U 129/12, Rpfleger 2013, 265; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.8.2009 – 4 W 36/09, IBR 2010, 567; OLG Celle, JurBüro 1985, 1680; OLG Düsseldorf, JurBüro 1975, 649; OLG Koblenz, Rpfleger 1973, 368 = AnwBl. 1974, 27; OLG Hamm, JurBüro 1964, 272; LG Frankenthal, AnwBl. 1983, 556; OLG Rostock, Beschl. v. 5.10.1994 – 2 U 39/94, OLGR 1995, 11. 3 OLG Koblenz, JurBüro 1963, 109. 4 Auch OLG Bremen, JurBüro 1982, 1952. 5 OLG Frankfurt, JurBüro 1977, 719; ebenso OLG Bamberg, JurBüro 1975, 940. 6 LG Bayreuth, JurBüro 1981, 758. 7 OLG Bremen, AnwBl. 1976, 411; LG Saarbrücken, AnwBl. 1981, 70. 8 Zumal das OLG Bremen später selbst anders bewertet hat: OLG Bremen, Beschl. v. 22.12.1980 – 2 W 101/80, JurBüro 1982, 1052 (2/5 der Werklohnforderung). 9 OLG Saarbrücken, JurBüro 1987, 1218 im Anschl. an OLG Köln, MDR 62, 60. 10 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.7.1985 – 9 W 58/85, AnwBl. 1986, 36 = JurBüro 1985, 1848. 11 OLG Hamm, Beschl. v. 1.3.2000 – 12 W 2/00, AGS 2000, 134.
Noethen
345
Einstweilige Verfgung
ZPO
Ansicht ein Pachtvertrag und damit ein Nutzungsverhältnis gem. § 41 Abs. 1 GKG für Streitwertzwecke nicht berücksichtigt werden.1 • Ehrkränkende Äußerungen 2014
Der Gegenstandswert für ein einstweiliges Verfügungsverfahren auf Unterlassung ehrenrühriger Äußerungen geringen Umfanges und ohne große Bedeutung ist vom OLG Hamm2 trotz günstiger wirtschaftlicher Verhältnisse der Parteien nur mit dem Mindestbetrag von jetzt 300 Euro bemessen worden.
2015
Allerdings muss auch in summarischen Verfahren der Umstand berücksichtigt werden, dass unwahre Behauptungen in der öffentlichen Wahrnehmung oft nur schwer auszulöschen sind und daher die berufliche Entwicklung allgemein hemmen können.3 Dies spricht gegen eine allzu niedrige Bewertung.
2016
Der Antrag auf ein Verbot von öffentlichen Behauptungen ist nicht schon deshalb gering zu bewerten, weil die in Frage stehenden Vorwürfe finanziell nur geringwertig sind. Steht der Betroffene beispielsweise im öffentlichen Leben und muss er befürchten, dass sich die Behauptungen auf seine Laufbahn als Politiker und Verwaltungsbeamter ungünstig auswirken, so kann durchaus eine höhere Bewertung angezeigt sein.4 – Das OLG Neustadt hat für den Vorwurf der Inanspruchnahme einer öffentlichen Portokasse für Privatkorrespondenz und der teilweisen Unterschlagung von Kilometergeldern bei normalen Schwierigkeiten des Prozessstoffes sowie geordneten bis guten Einkommens- und Vermögensverhältnissen (umgerechnet) 5000 Euro angesetzt. – Das OLG Bamberg5 hat eine einstweilige Verfügung zur Abwehr ehrenrühriger Behauptungen im Wahlkampf zutreffend nach dem vollen Hauptsachewert bemessen, weil die vorläufige Maßnahme im Ergebnis einer Verwirklichung des Hauptsacheanspruchs gleichkam. – Geht es um die Behauptung des Verfügungsbeklagten, dass die Verkürzung des Religionsunterrichts an der Städtischen Berufsschule mit der Zugehörigkeit des Direktors der Berufsschule zur X-Partei und zur X-Religionsgemeinde Deutschlands in Verbindung stehe, so weicht die Bedeutung der Sache so erheblich vom Normalfall ab, dass eine Wertfestsetzung auf (umgerechnet) 7500 Euro gerechtfertigt ist.6 – Ein Eilverfahren auf künftige Unterlassung der in einer Fernsehsendung ausgestrahlten Behauptung, der Antragsteller sei wegen Vergewaltigung vorbestraft, hat das OLG Frankfurt7 mit (umgerechnet) 15 000 Euro bewertet.
2017
Zu weiteren Einzelheiten vgl. die Ausführungen unter dem Stichwort „Ehrkränkende Äußerungen“.
1 OLG Celle, Beschl. v. 29.9.2009 – 4 W 126/09, OLGR 2009, 1024; anders: OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2007 – 2 W 71/07, AGS 2008, 189 (Anspruch ist durch die Höhe des Jahresmietzinses begrenzt). 2 OLG Hamm, NJW 1963, 1017. 3 OLG Frankfurt, KostRsp. GKG a.F. § 18 Nr. 5. 4 Vgl. OLG Neustadt, KostRsp. GKG a.F. § 18 Nr. 1. 5 OLG Bamberg, KostRsp. GKG a.F. § 18 Nr. 48. 6 OLG Neustadt, JurBüro 1961, 136. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.4.1997 – 16 W 18/97, OLGR 1998, 156.
346 Noethen
Einstweilige Verfgung • Filmaufführung Der Streitwert eines auf den Einsatz eines Films gerichteten Eilverfahrens bestimmt sich nach dem Interesse des Antragstellers (Verleihers). Für das Interesse sind außer den zu erwartenden Einspielgeldern auch die sonstigen nachteiligen Folgen zu berücksichtigen, die das Verhalten des Antragsgegners (Filmtheaterbesitzer) für den Antragsteller unmittelbar mit sich bringt. Dazu zählt vor allem der Wertverlust für den Film durch die Verzögerung seiner Aufführung und die Verringerung der Möglichkeiten seiner Unterbringung bei Nachspieltheatern. Diese sonstigen Schadensfolgen entziehen sich einer konkreten Errechnung, sind jedoch nach allgemeiner Erfahrung mit dem Mehrfachen des zu erwartenden Einspielergebnisses zu bewerten.1
2018
• Gestattung Der Streitwert eines Verfügungsverfahrens auf Gestattung, dass Handwerker eines Energielieferungsunternehmens einen Wasseranschluss für die Wohnung der Antragsteller einschließlich Wasseruhr anbringen und zu diesem Zweck das Hausgrundstück betreten, hat das AG Kerpen mit (umgerechnet) 500 Euro bewertet.2
2019
• Herausgabe Bei Herausgabeansprüchen kommt der vorläufige Charakter der im Wege einer einstweiligen Verfügung beantragten und getroffenen Maßnahme dadurch besonders zum Ausdruck, dass die Herausgabe nur an einen Gerichtsvollzieher oder Sequester angeordnet wird. Eine solche Maßnahme nimmt den Erfolg einer Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweg. Der Streitwert ist daher nur auf einen Bruchteil des Verkehrswertes der umstrittenen Sache festzusetzen, und zwar auf 1/4 bis 1/2.3
2020
Verfehlt ist es, den Streitwert bei Herausgabe eines Gegenstandes an einen Sequester in Höhe der Hauptsache festzusetzen.4 Der volle Wert der Sache kann nur dann angesetzt werden, wenn die dauerhafte Herausgabe an den Antragsteller selbst verlangt wird.5
2021
Wird im Rahmen einer Geschäftsverbindung ein Grundschuldbrief zur Sicherung eines Kredites überlassen und entsteht dann Streit, ob das Darlehen völlig zurückgezahlt sei, ist der Wert des Verfahrens auf Hinterlegung des Grundschuldbriefes mit einem Bruchteil von 15–20 % des Kreditbetrages festzusetzen.6
2022
Verlangt ein Besteller vom Unternehmer die Herausgabe seines Pkw, der sich demgegenüber auf sein Werkunternehmerpfandrecht (§ 647 BGB) beruft, bestimmt sich der Streitwert des einstweiligen Verfügungsverfahrens nach der Höhe der das Pfandrecht begründenden Werklohnforderung. Denn wenn einem auf Eigentum gestützten Herausgabeanspruch im Wesentlichen ein (Werkunternehmer-)Pfandrecht entgegengehalten wird, bestimmt die Höhe der dieses Pfandrecht begründenden (Werklohn-)Forderung nach § 6 ZPO den Streitwert des Heraus-
2023
1 2 3 4
OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 689: 100 000 DM. AG Kerpen, Urt. v. 6.6.1990 – 3 C 267/90. KG, Rpfleger 1962, 120. OLG Koblenz, Beschl. v. 26.1.2009 – 5 W 62/09, MDR 2009, 1075 = AGS 2009, 402; so aber OLG Bamberg, JurBüro 1975, 793; OLG Bamberg, JurBüro 1979, 438; dagegen Schneider, MDR 1977, 268. 5 OLG Koblenz, Beschl. v. 26.1.2009 – 5 W 62/09, MDR 2009, 1075 = AGS 2009, 402; OLG Köln, Beschl. v. 27.1.1999 – 16 W 3/99, OLGR 1999, 336. 6 OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 416 – die Vorinstanz hatte auf 20 000 DM festgesetzt.
Noethen
347
Einstweilige Verfgung
ZPO
gabeanspruchs.1 Nach anderer Ansicht ist in einem solchen Fall der volle Wert des Pkw anzusetzen, weil es dem Verfügungskläger in erster Linie um dieses Fahrzeug und seine Nutzung im Geschäftsbetrieb ging und durch den Antrag auf Herausgabe an ihn selbst auch ein dem Hauptverfahren gleichstehendes Ergebnis erreicht werden sollte.2 • Hypothek 2024
Bei Streit über die Inhaberschaft an einer Hypothek, die nach ihrem Rang und nach dem Wert des belasteten Grundstücks werthaltig ist, kann das Sicherungsinteresse für die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung auf Eintragung eines Widerspruchs mit 1/3 des Nennbetrages angenommen werden.3
2025
Der Streitwert für den Widerspruch im Eilverfahren ist am Einheitswert und am Verkehrswert auszurichten. Beträgt der Einheitswert 7600 DM und der Verkehrswert rund 20 000 DM, so ist nach OLG Frankfurt4 ein Streitwert von 10 000 DM angemessen.
2026
Wenn lediglich die Gefahr besteht, dass der Eigentümer das Grundstück vorher noch anderweitig belastet, kommt es darauf an, ob der Wert des Grundstücks die Sicherungshypothek noch deckt bzw. in welchem Umfang er sie noch deckt. Der Wert der Vormerkung für den Unternehmer kann daher der zu sichernden Forderung gleichkommen, wenn er ohne die Vormerkung nicht mehr zu seinem Geld käme, weil der Eigentümer das Grundstück veräußert hat und andere pfändbare Habe nicht vorhanden ist.
2027
Der Wert kann aber auch sehr gering sein, wenn keine Gefahr besteht, dass der Eigentümer sein Grundstück veräußern wird und weitere Belastungen nicht zu befürchten sind.5 • Mietbürgschaft
2028
Die Untersagung der Inanspruchnahme einer Mietbürgschaft hat das LG Bonn nach § 53 Abs. 1 GKG mit dem zu erwartenden Zinsschaden bewertet.6 Nach dem Vortrag der Mieterin wäre eine Befriedigung aus der Bürgschaft unberechtigt gewesen, so dass ein Anspruch auf Wiederherstellung der Bürgschaft bestanden hätte. Es bestand nach Ansicht des Gerichts kein Anhaltspunkt dafür, dass die Mieterin zu einer solchen Wiederherstellung nicht in der Lage gewesen wäre, so dass ihr Risiko allein darin bestand, Zinsen für die Inanspruchnahme der Bürgschaft zahlen zu müssen. • Übernahme, feindliche
2029
Begehrt ein Aktionär im Wege der einstweiligen Verfügung, dass der Vorstand der Aktiengesellschaft Abwehrmaßnahmen gegen ein feindliches Übernahmeangebot unterlässt und kurzfristig eine Hauptversammlung einberuft, in der über Zustim-
1 OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 29.10.2002 – 24 U 158/01, NJOZ 2002, 2762; LG Köln, Beschl. v. 23.9.2009 – 13 T 171/08, AGS 2008, 613. 2 Monschau, AGS 2008, 614. 3 OLG Köln, JurBüro 1961, 458. 4 OLG Frankfurt, MDR 1958, 175. 5 OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 160: Da es mit der Zahlungsfähigkeit des Antragsgegners nicht zum Besten stand und Belastungen drohten, wurde der Wert auf die Hälfte der zu sichernden Forderung festgesetzt. 6 LG Bonn, Beschl. v. 14.2.2008 – 6 T 27/08, NZM 2008, 664 = AGS 2008, 464.
348
Noethen
Einstweilige Verfgung mung oder Ablehnung des Angebots entschieden werden soll, ist der Streitwert in analoger Anwendung von § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG festzusetzen.1 • Unterlassung von Immissionen Der Streitwert eines Verfügungsverfahrens auf Unterlassung von Immissionen ist 2030 in Anlehnung an die für Grunddienstbarkeiten getroffene Regelung des § 7 ZPO zu schätzen. Es ist zunächst die Wertminderung zu ermitteln, die für das beeinträchtigte Grundstück entsteht, wenn die umstrittenen Einwirkungen fortdauern (siehe hierzu das Stichwort „Eigentums- und Besitzstörung“). Von diesem Wert ist wiederum ein Bruchteil als Streitwert anzusetzen.2 Kann der Kläger die Immission durch eigene Vorkehrungen abwehren, so können ihre Kosten der Wertminderung gleichgesetzt werden.3 Die dem Beklagten aus der Unterlassung erwachsenden Nachteile sind dagegen bei der Bestimmung des Streitwertes unbeachtlich.
2030a
• Verbotene Eigenmacht Die Abwehr rechtswidriger und vorsätzlicher Besitz- und Eigentumsstörungen hat das OLG Köln4 mit der Hälfte des Hauptsachewertes festgesetzt, weil in einem solchen Verfügungsverfahren weitergehend als in der Regel endgültiger Interessenschutz gewährt werde. Besitz- und Eigentumsstörungen, die unter Verletzung der Strafgesetze begangen und in besonders aggressiver Weise ausgeführt werden, sind nach Ansicht des Senats auch aus diesem Grunde höher zu bewerten.
2031
Wird Herausgabe wegen Besitzentziehung durch verbotene Eigenmacht verlangt, dann steht dies einer endgültigen Regelung gleich, da der alte Zustand wiederhergestellt wird. Es geht um den Besitz mit der Folge, dass der Streitwert entsprechend § 6 Satz 1 ZPO auf den Verkehrswert der Sache anzusetzen ist. Ein eventuell gegenüber dem Herausgabeanspruch eingewandtes Nutzungsverhältnis kann für die Wertberechnung keine Rolle spielen.5
2032
Bei Abwehr künftiger verbotener Eigenmacht i.S.d. §§ 858 ff. BGB ist ein besonders geringer Bruchteil des Streitwerts der Hauptsache anzunehmen.6
2033
• Verfügungsverbot Erstrebt der Antragsteller eine Sicherung vor rechtsgeschäftlichen Verfügungen des Antragsgegners über die in Streit befangene Sache, so kann sein Interesse nicht so hoch bemessen werden, als wenn er einen Anspruch auf Herausgabe der Sache geltend macht.7
2034
Soll beispielsweise dem Verkäufer im Wege der einstweiligen Verfügung verboten werden, die Sache an einen Dritten zu übereignen, so bemisst sich der Streitwert
2035
1 2 3 4 5
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.8.2000 – 6 W 33/00, OLGR 2000, 472. OLG Nürnberg, JurBüro 1967, 827; OLG Saarbrücken, KostRsp. GKG a.F. § 18 Nr. 21. OLG Saarbrücken, KostRsp.a.F. § 18 Nr. 21. OLG Köln, Beschl. v. 25.11.1975 – 2 W 133/75, VersR 1976, 740. OLG Celle, Beschl. v. 29.9.2009 – 4 W 126/09, OLGR 2009, 1024; anders dagegen: OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2007 – 2 W 71/07, AGS 2008, 189 (Anspruch ist durch die Höhe des Jahresmietzinses begrenzt). 6 LG Gießen, Rpfleger 1952, 501 setzt 10 % an. 7 LG Paderborn, JurBüro 1950, 166; OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 5 W 550/93, JurBüro 1994, 738 (1/3 des Wertes der Sache).
Noethen
349
ZPO
Einstweilige Verfgung nicht nach dem möglichen Veräußerungsgewinn des Käufers, sondern es ist – basierend auf dem Wert der Sache – eine Bruchteilsbewertung vorzunehmen.1 2036
Hat der Antragsteller einen Eigentumsvorbehalt an von ihm gelieferten Waren und will er verhindern, dass der Antragsgegner durch Verfügung über die Ware den Herausgabeanspruch vereitelt, so ist die im Einzelfall drohende Gefahr des Rechtsverlusts und die Erwartung, schon im Verfügungsverfahren zu einer endgültigen Regelung zu kommen, abzuschätzen.2
2037
Wird im Eilverfahren die Sicherung eines im Miteigentum des Antragstellers stehenden Kraftfahrzeuges begehrt, dann bestimmt sich der Streitwert danach, in welchem Maße der in Geld zu veranschlagende Eigentumsanteil durch das Verhalten des Antragsgegners tatsächlich gefährdet erscheint.3
2038
Der Antrag, einem Grundstückseigentümer die Verfügung über sein Eigentum zu verbieten, weil der Antragsteller ein Optionsrecht auf Abschluss eines Kaufvertrages über dieses Grundstück habe, muss vom Grundstückswert ausgehen (§ 6 Satz 1 ZPO). Dass wirtschaftlich mit dem Veräußerungsverbot nur die Sicherung des Gewinns einer Weiterveräußerung nach Ausübung des Optionsrecht erstrebt wird, ist, weil nicht Streitgegenstand, für die Bewertung unbeachtlich.4 • Versorgung der Wohnung
2039
Der Streitwert eines Verfügungsverfahrens mit dem Antrag, dem Antragsgegner aufzugeben, eine Wohnung mit Wasser und über die Heizungsanlage mit Heizenergie und Warmwasser zu versorgen, ist vom AG Kerpen5 mit der Hälfte des jährlichen Nutzungsentgelts bewertet worden. Dies überzeugt in der Begründung nicht, weil sich der Streitwert nach dem Interesse des Antragstellers richtet. Dessen Interesse ist darauf gerichtet, mit Wasser und Energie versorgt zu werden, während die Zahlung des Nutzungsentgeltes das Interesse des Antragsgegners betrifft. Angesetzt wurden im Übrigen die Hälfte der jährlichen Kosten der Versorgung6 oder ein in entsprechender Anwendung von § 36 Abs. 3 GNotKG bestimmter Betrag7 • Vormerkung
2040
Für den Streitwert eines Verfügungsverfahrens auf Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch ist maßgebend das Interesse des Gläubigers an der Sicherung seiner Geldforderung. Der Streitwert kann sich bis zum Betrag der zu sichernden Forderung erhöhen, wenn der Schuldner das Grundstück veräußern will und der Gläubiger seinen Sicherungsgegenstand dadurch verlieren könnte.8
2041
Er ermäßigt sich, wenn der Gläubiger nur mit einer teilweisen Befriedigung wegen vorhandener Belastungen rechnen kann.9
2042
Demgegenüber nimmt das LG Hildesheim10 stets einen Bruchteil des Wertes der Hauptsache an, also auch dann, wenn die Zwangsversteigerung des betreffenden 1 2 3 4 5 6 7
OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 5 W 550/93, JurBüro 1994, 738. LG Bayreuth, JurBüro 1979, 1885: 1/2 des Hauptsachewerts. OLG Frankfurt, JurBüro 1964, 206. OLG Köln, JurBüro 1980, 244. AG Kerpen, Urt. v. 6.6.1990 – 3 C 266/90, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 999. AG Ludwigslust, Urt. v. 31.5.2013 – 5 C 324/13, DWW 2013, 375. LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 30.9.2013 – 1 T 146/13 (1000 Euro als Bruchteil von 3000 Euro nach damals § 30 Abs. 3, Abs. 2 KostO). 8 OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 179. 9 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1965, 203; LG Bayreuth, JurBüro 1981, 758: 1/5. 10 LG Hildesheim, JVBl. 1965, 163.
350 Noethen
Einstweilige Verfgung Grundstückes droht.1 Die Abwendung eines drohenden Rechtsverlustes wird also vom LG Hildesheim nicht als Umstand gewertet, der zu einer Erhöhung des Streitwertes führen kann. Die im Eilverfahren erstrebte Vormerkung zur Sicherung der Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit betreffend die Abnahmeverpflichtung von Getränkelieferungen ist nach § 3 ZPO zu schätzen, wobei der für die Hauptsache maßgebende § 9 ZPO die Richtschnur bildet. Wichtigster Bewertungsumstand ist der vom Antragsteller erwartete Gewinn.2
2043
Vgl. auch die Ausführungen zu den Stichwörtern „Auflassungsvormerkung“ und „Bauhandwerkersicherungshypothek“.
2044
• Wettbewerbsrecht Auch für Verfügungsverfahren, in denen ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch geltend gemacht wird, kann als Regelwert ein Bruchteil des Hauptsachewertes angesetzt werden. Dieser liegt im Regelfall bei 1/3 bis 1/2 des Hauptsachewertes.3 Das Interesse des Klägers an der Unterbindung der Wettbewerbsverstöße wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit für den Wettbewerber anhand des ihm drohenden Schadens (wie Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden) bestimmt. Dabei sind u.a. die Unternehmensverhältnisse bei dem Verletzter und dem Verletzten (Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft, Marktstellung und deren voraussichtliche Entwicklung), die Intensität des Wettbewerbs zwischen beiden (in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht), die Auswirkungen zukünftiger Verletzungshandlungen (Ausmaß, Intensität und Häufigkeit, indiziert durch die bereits begangene Verletzungshandlung), die Intensität der Wiederholungsgefahr (Verschuldensgrad, späteres Verhalten) zu berücksichtigen.
2045
Das OLG München4 vertritt in wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsverfahren die Ansicht, dass das einstweilige Verfügungsverfahren ebenso hoch zu bewerten sei wie das Hauptsacheverfahren. Die in der Rechtsprechung durchgeführten Differenzierungen und Bruchteilsbewertungen seien – schon wegen ihrer Beliebigkeit sowohl der Höhe der Abschläge als auch der Kriterien für deren Nichtanwendung – wenig praktikabel und führten zu keinem Gerechtigkeitsgewinn. Vielmehr sei mit ihnen ein erhöhter Begründungsaufwand verbunden, der bei einer Nebenentscheidung wie der Streitwertfestsetzung nicht zu rechtfertigen sei.
2046
Bei einem einstweiligen Verfügungsverfahren in Wettbewerbssachen, in denen die 2047 Verwendung einer nicht den Anforderungen der §§ 312c Abs. 1 Satz 1, 355 Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechenden Widerrufsbelehrung untersagt werden soll, kann bei der Bemessung des Streitwerts von einem Richtwert von 3000 Euro ausgegangen werden.5 Siehe näher dazu das Stichwort „Gewerblicher Rechtsschutz“.
1 Gegen OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 179. 2 OLG Bamberg, JurBüro 1978, 1061. 3 OLG Oldenburg, Beschl. v. 6.6.1995 – 1 W 45/95, NJW-RR 1996, 946: Hälfte des Klagewerts. 4 OLG München, Beschl. v. 26.5.2009 – 29 W 1498/09, JurBüro 2009, 484. 5 OLG Celle, Beschl. v. 19.11.2007 – 13 W 112/07, AGS 2008, 250 – zu den Einzelheiten vgl. das Stichwort „Allgemeine Geschäftsbedingungen“.
Noethen
351
ZPO
Eintragungsbewilligung • Widerspruch gegen Richtigkeit des Grundbuchs 2048
Der Wert einer einstweiligen Verfügung auf Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs ist dem Wert des Hauptanspruchs auf Herausgabe des Grundstückes dann gleichzusetzen, wenn die unmittelbar bevorstehende Gefahr einer Weiterveräußerung des Grundstücks besteht.1 Ansonsten kann nur ein Bruchteil des Hauptsachewertes angesetzt werden, der sich nach dem Interesse des Antragstellers an der einstweiligen Verhinderung des Rechtsverlustes richtet.2
2049
Soll ein hälftiger Miteigentumsanteil an einem Grundstück zur Vorbereitung einer Grundbuchberichtigungsklage durch einstweilige Verfügung auf Eintragung eines Grundbuchwiderspruchs gesichert werden, ist beim Streitwert wegen des vorläufigen Charakters der Maßnahme ein Abschlag von 3/4 vom Wert des Miteigentumsanteils vorzunehmen, da es nicht um die Durchsetzung, sondern lediglich um die Sicherung des Berichtigungsanspruchs geht.3 • Zugangsgestattung
2050
Die einstweilige Verfügung auf Gestattung des Zugangs zu einem Hausteil, der ausgebaut werden sollte, ist vom OLG München4 mit 1/10 des Verkehrswertes des Hausteiles vor Durchführung der Baumaßnahmen bewertet worden.
Eintragungsbewilligung 2051
Wird auf Bewilligung einer Grundbucheintragung geklagt, so besteht Streit über den darauf gerichteten materiellen Anspruch. Dieser ist für die Wertbestimmung maßgebend; z.B. richtet sich der Wert bei einem Streit – um die Eintragung eines unentgeltlichen lebenslänglichen Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts nach § 3 ZPO,5 – um die Bewilligung der Umschreibung des Eigentums an einem Grundstück in der Regel nach dem Verkehrswert des Grundstücks zum Zeitpunkt der Klageeinreichung, § 6 ZPO;6 dies gilt auch bei einer Auflassungsklage gegen einzelne Miterben,7 – um die Eintragung oder Löschung einer Grunddienstbarkeit nach § 7 ZPO;8 für die Grundschuld- oder Hypothekeneintragung ist der Wert der Forderung (§ 6 ZPO),9 für die Eintragung einer Reallast § 9 ZPO maßgebend,10
1 OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 1: Hälfte des Verkehrswertes bei Nichtberücksichtigung der Belastungen. 2 OLG Bamberg, JurBüro 1978, 1552. 3 OLG Koblenz, Beschl. v. 28.6.2006 – 5 W 379/06, OLGR 2006, 1016 = AGS 2006, 562. 4 OLG München, JurBüro 1973, 1191. 5 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.7.2005 – 4 W 209/05. 6 OLG Celle, Beschl. v. 7.9.1998 – 16 W 58/98, OLGR 1999, 200; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.7.2005 – 1 W 33/05, JurBüro 2006, 145; OLG Köln, Beschl. v. 20.9.2004 – 19 U 214/02, MDR 2005, 298. 7 OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.3.2012 – 12 W 444/12, MDR 2012, 978: keine Beschränkung auf den Erbteil des verklagten Miterben. 8 BGH, Beschl. v. 12.9.2013 – V ZB 1/13, Grundeigentum 2014, 55 – maßgebend ist die Wertminderung, die das Grundstück durch die Belastung erleidet. 9 OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.12.2007 – 1 W 85/07, OLGR 2008, 31 = AGS 2008, 190; OLG Koblenz, Beschl. v. 14.3.2003 – 8 W 147/03, OLGR 2003, 256. 10 Thomas/Putzo/Hüßtege, § 3 Rn. 53.
352
Noethen/Kurpat
Einwilligung wegen Hinterlegung – um die Löschung einer Sicherungshypothek gem. § 6 ZPO nach der Wert der zu sichernden Forderung, soweit die noch besteht, ansonsten gem. § 3 ZPO nach dem Löschungsinteresse des Klägers.1 Diese wenigen Beispiele sollen zeigen, dass es immer darauf ankommt, auf welchen materiellen Anspruch sich das Bewilligungsbegehren richtet. Dieser Anspruch ist dann streitwertbestimmend.
2052
Siehe zu den Einzelheiten unter den Stichwörtern „Abgabe einer Willenserklärung“ und „Willenserklärung“, sowie „Auflassung“ und „Grundbuchberichtigung“.
2053
Einwendung Siehe das Stichwort „Einrede, Einwendung“.
Einwilligung wegen Hinterlegung A. Zuständigkeitsstreitwert I. Grundsatz Wird Einwilligung in die Herausgabe einer hinterlegten Sache oder eines hinter- 2054 legten Geldbetrages verlangt, so gilt § 3 ZPO,2 da die Abgabe einer Willenserklärung begehrt wird (§ 894 ZPO) und nicht die Herausgabe. Allerdings ist im Rahmen des § 3 ZPO die Vorschrift des § 6 Abs. 1 ZPO entsprechend heranzuziehen und auf den Wert der Gegenstände oder Beträge abzustellen, deren Herausgabe begehrt wird.3 Nach Auffassung des OLG Nürnberg4 richtet sich das Interesse des Klägers zwar auch nach dem Interesse an der Freigabe des hinterlegten Betrags, allerdings nicht an der Freigabe schlechthin, sondern gerade durch den Beklagten. Danach soll maßgebend sein, in welcher Höhe (einschließlich Nebenforderungen) der Beklagte dem Kläger die Herausgabe streitig macht, denn nur die Forderung des Beklagten und seinen damit verbundenen Widerstand gegen die Auszahlung des Geldes wolle ein Kläger ausräumen; deshalb sei auch nur dieser Teilbetrag wertbestimmend.5
2055
Dies ist nicht nachzuvollziehen. Der Streitwert richtet sich nach dem Interesse des Klägers. Dieser will den gesamten Betrag freigegeben erhalten. Aus welchem
2056
1 OLG Celle, Beschl. v. 23.2.2005 – 16 W 11/05, MDR 2005, 1196; Beschl. v. 5.9.2000 – 4 W 165/00, MDR 2000, 1456; OLG Dresden, Beschl. v. 3.6.2008 – 6 W 139/08, MDR 2008, 1005; OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.12.2007 – 1 W 85/07, AGS 2008, 190; Beschl. v. 30.7.2004 – 2 W 42/04, OLGR 2004, 347; OLG Rostock, Beschl. v. 5.8.2009 – 3 W 44/09, OLGR 2009, 969; OLG Hamburg, MDR 1975, 846; OLG Köln, Beschl. v. 2.7.1979 – 20 W 18/79, MDR 1980, 1025. 2 OLG Nürnberg, Beschl. v. 1.7.2002 – 4 W 1675/02, OLGR 2003, 79; Anders/Gehle/Kunze, Hinterlegung Rn. 1; Madert/v. Seltmann, Rn. 284; a.A.: unmittelbar nach § 6 ZPO: KG, Beschl. v. 17.11.1977 – 22 W 3656/77, AnwBl. 1978, 107. 3 Anders/Gehle/Kunze, Hinterlegung Rn. 1; Madert/v. Seltmann, Rn. 284. 4 OLG Nürnberg, Beschl. v. 1.7.2002 – 4 W 1675/02, OLGR 2003, 79. 5 Ebenso OLG Schleswig, Beschl. v. 13.2.1975 – 2 W 38/75, JurBüro 1976, 239.
Kurpat/N. Schneider
353
Einwilligung wegen Hinterlegung
ZPO
Grund der Beklagte die Freigabe verweigert, ist insoweit unerheblich.1 Der Beklagte kann den Wert ganz einfach reduzieren, indem er i.H.d. unstreitigen Betrags oder der unstreitigen Gegenstände die Freigabe erklärt, so dass der Rechtsstreit dann nur noch über den restlichen Betrag geführt wird.
Û
2057
Beispiel: 10 000 Euro sind hinterlegt. Der Beklagte berühmt sich eines Anspruchs i.H.v. 2000 Euro. Gibt er jetzt die 8000 Euro nicht vorab frei, sondern verweigert die gesamte Freigabe, muss der Kläger auf Freigabe der vollen 10 000 Euro klagen, so dass sich der Wert nach den vollen 10 000 Euro richtet.
Andernfalls dürfte man gar keinen Wert annehmen, wenn der Beklagte keine Gegenansprüche erhebt und sich einfach nur schlicht weigert, die Freigabe zu erklären.
II. Zinsen aus der Hinterlegungssumme 2058
Die Zinsen der Hinterlegungssumme, die der Kläger für sich fordert, sind keine Nebenansprüche i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO. Zinsen und Hauptsumme bilden vielmehr einen einheitlichen, unzerlegbaren Anspruch, der für den Streitwert maßgebend ist.2 Die Hinterlegungsmasse darf also nicht in einen Hauptanspruch und in einen Nebenanspruch zerlegt werden; es fehlt an dem in § 4 ZPO vorausgesetzten objektiven Abhängigkeitsverhältnis, da nicht der Beklagte, sondern die Hinterlegungsstelle der Zinsschuldner ist.
2059
Bei der Klage auf Zustimmung in die Auszahlung eines beim Notar hinterlegten Betrages ist die Summe maßgebend, die das Hinterlegungskonto im Zeitpunkt der Instanzeinleitung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ausweist. Nachträgliche Veränderungeb sind unbeachtlich.3
III. Teilweise Einwilligung 2060
Wird nur die Einwilligung betreffend eines Teils der Gegenstände oder eines Teilbetrages begehrt, so ist auch nur dieser Teilwert maßgebend.4
IV. Klagehäufung von Einwilligung und Feststellung 2061
Bei Klagehäufung im Bewilligungsstreit muss das Prozessziel klar erfasst werden. Sind beispielsweise 10 000 Euro bei der Hinterlegungsstelle eingezahlt worden, dann zahlt diese aus, wenn die Beteiligten die Herausgabe bewilligen oder die Berechtigung des Fordernden durch rechtskräftiges Urteil nachgewiesen wird (früher: §§ 13 Abs. 2 Nr. 1, 21 HinterlO). Angesichts dessen kann der Kläger klagen auf – Leistung, nämlich Abgabe der Bewilligungserklärung, oder – positive Feststellung seiner Berechtigung.
2062
Beide Anträge können auch über § 256 Abs. 2 ZPO verbunden werden. Soweit wirtschaftliche Identität der Begehren besteht, entfällt eine Zusammenrechnung. Soweit ein Anspruch höherwertig ist, bestimmt dieser den Streitwert. 1 2 3 4
Siehe dazu auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.4.1970 – 6 W 83/07, Rpfleger 1970, 353 f. RG, HRR 1931 Nr. 252; BGH, Beschl. v. 11.1.1967 – Ib ZA 8/66, MDR 1967, 280. A.A. OLG Köln, Beschl. v. 14.11.1979 – 2 U 39/79, JurBüro 1980, 281. OLG Schleswig, Beschl. v. 13.2.1975 – 9 W 17/75, JurBüro 1976, 239.
354
N. Schneider
Einwilligung wegen Hinterlegung Ist der Feststellungsantrag höherwertig oder wird nur auf positive Feststellung der Berechtigung geklagt, dann ist der übliche Abschlag für Feststellungsklagen nicht gerechtfertigt, weil das Feststellungsurteil (früher: § 13 Abs. 2 Nr. 2 HinterlO) zur Auszahlung und damit zur Erfüllung führt.
2063
V. Klagehäufung von Zahlung und Einwilligung Wird neben der Freigabe auch Zahlung verlangt, dann werden die Werte wegen wirtschaftlicher Identität nicht addiert, wenn der freizugebende Betrag im Zahlungsantrag enthalten ist.1 Wird allerdings neben der Freigabe eine weitergehende Zahlung geltend gemacht, dann ist zu addieren (§ 5 ZPO).
2064
VI. Klage eines oder mehrerer Mitberechtigten Sind mehrere Personen nur gemeinsam berechtigt, eine hinterlegte Sache in Empfang zu nehmen, soll sich der Streitwert der Klage eines Einzelnen auch hier wiederum nur nach seinem jeweiligen Anteil berechnen.2 Soweit mehrere Mitberechtigte zugleich klagen, soll danach für jeden ein entsprechender Anteil festzusetzen sein.
2065
Auch dies ist nicht nachzuvollziehen. Abgesehen davon, dass für den Zuständigkeitsstreitwert eine Differenzierung nach verschiedenen Klägern gar nicht vorzunehmen ist, geht das Interesse eines jeden darauf, den vollen Betrag oder den gesamten Gegenstand freizubekommen.
Û
Beispiel: Zwei Klägern steht der hinterlegte Betrag gemeinsam zu. Klagen sie auf Freigabe der 10 000 Euro an beide, so beträgt der Streitwert 10 000 Euro. Klagen sie auf 5000 Euro an jeweils den einen und den anderen, dann beträgt der Zuständigkeitsstreitwert ebenfalls 10 000 Euro (§ 5 ZPO). Hier ist lediglich beim Gebührenstreitwert zu differenzieren (s. unten Rn. 2075 ff.).
VII. Klage gegen einen von mehreren Verpflichteten Bei der Einwilligungsklage gegen einen von mehreren Verpflichteten ist nicht streitwertmindernd zu berücksichtigen, dass die übrigen Verpflichteten zur Erfüllung des Klagebegehrens bereit sind, da Verweigerung auch nur eines von mehreren Gesamthändern die Auszahlung des gesamten Betrages verhindert.
Û
Beispiel: Hinterlegt sind 10 000 Euro zur Absicherung eines Anspruchs i.H.v. 10 000 Euro für den A und den B als Gesamtgläubiger. Nach Wegfall des Hinterlegungsgrundes verlangt der Anwalt für den Hinterleger von A und B die Freigabe. A erteilt die Freigabe; der B verweigert sie, so dass gegen ihn nunmehr Klage erhoben wird. Der Wert beträgt 10 000 Euro, weil trotz der Einwilligung des A die 10 000 Euro nicht – auch nicht teilweise – ausgezahlt werden, sondern die Auszahlung des gesamten Betrages von der Freigabe des B abhängig bleiben.
Anders verhält es sich nur dann, wenn eine Teilfreigabe erklärt werden soll. Dann gilt nur der ihn betreffende Wert:
Û
2066
Beispiel: Hinterlegt sind 10 000 Euro zur Absicherung von Ansprüchen i.H.v. jeweils 5000 Euro für den A und den B.
1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.3.1994 – 22 W 18/94, OLGR 1994, 96. 2 KG, Beschl. v. 17.11.1997 – 22 W 3656/77, AnwBl. 1978, 107.
N. Schneider
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2067
Einwilligung wegen Hinterlegung
ZPO
Wird nur der A oder nur der B auf Einwilligung verklagt, dann richtet sich der Wert nur nach 5000 Euro, weil von der Einwilligung des einen die Hinterlegung des anderen Betrages unberührt bleibt.
VIII. Klage gegen mehrere Verpflichtete 2068
Werden mehrere Streitgenossen auf Einwilligung in die Auszahlung eines hinterlegten Betrages verklagt, so richtet sich der Streitwert nach dem Gesamtwert, dessen Freigabe erteilt werden soll, unabhängig davon, ob sie als Gesamtschuldner oder als Teilschuldner verklagt werden. Lediglich beim Gebührenstreitwert können sich hier Unterschiede ergeben. Keinesfalls ist darauf abzustellen, welche Einwände die einzelnen Beklagten erheben1 (s. oben Rn. 2065).
Û
Beispiel: 10 000 Euro sind hinterlegt. Der Kläger klagt gegen zwei Beklagte auf Freigabe. Jeder der Beklagten ist der Auffassung, dass ihm 5000 Euro zustehen. Der Streitwert beläuft sich auf 10 000 Euro.
Û
Beispiel: 10 000 Euro sind hinterlegt zur Absicherung von Ansprüchen i.H.v. jeweils 5000 Euro zugunsten des A und zugunsten des B. Der Kläger klagt gegen beide auf Freigabe.
Der Streitwert beläuft sich auf 10 000 Euro. Hier kann sich allerdings im Verhältnis zu A und B ein abweichender Gebührenstreitwert ergeben (s. unten Rn. 2075 ff.).
B. Rechtsmittelstreitwert 2069
Es gelten die gleichen Grundsätze wie für den Zuständigkeitsstreitwert. Zwischenzeitlich aufgelaufene Hinterlegungszinsen sind jetzt bis zur Einreichung des Rechtsmittels zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 1 Hs. 1 ZPO).
C. Gebührenstreitwert I. Grundsatz 2070
Für den Gebührenstreitwert gelten nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG (für den Anwalt anwendbar über § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG) die gleichen Grundsätze wie für den Zuständigkeitsstreitwert.
II. Zinsen 2071
Aufgelaufene Hinterlegungszinsen sind keine Nebenforderung i.S.v. § 43 Abs. 1 GKG und daher beim Wert zu berücksichtigen, und zwar bis zum Tage der Klageerhebung (§ 40 GKG).
2072
Nur für die außergerichtlichen Anwaltsgebühren (§ 23 Abs. 1 RVG) sind die Hinterlegungszinsen, die den Hinterlegungsbetrag ständig erhöhen, zu berücksichtigen, da eine dem § 40 GKG vergleichbare Vorschrift fehlt.
2073
In der Rechtsmittelinstanz wird zwar auf die Einreichung des Rechtsmittels abgestellt; da der Wert der Rechtsmittelinstanz nach § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG auf den Wert der ersten Instanz begrenzt ist, bleiben hier aber weitere Zinsen nach Klageerhebung außer Ansatz. 1 So aber OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.4.1970 – 6 W 83/07, Rpfleger 1970, 353 f.
356
N. Schneider
Einwilligung wegen Hinterlegung
III. Klage und Widerklage Werden wechselseitig Klage und Widerklage erhoben, so findet eine Addition nicht statt, sofern die Freigabe desselben Gegenstands oder Betrags verlangt wird (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).1 Soweit dagegen verschiedene Beträge oder Gegenstände verlangt werden, ist zu addieren (§ 45 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Û
2074
Beispiele: Hinterlegt sind 100 000 Euro. a) Kläger und Beklagter verlangen jeweils die Einwilligung in die Freigabe der gesamten 100 000 Euro. b) Der Kläger verlangt die Einwilligung in die Vorab-Freigabe eines Betrages von 20 000 Euro; der Beklagte verlangt die Einwilligung in die Vorab-Freigabe eines Betrages von 15 000 Euro. c) Kläger und Beklagter verlangen jeweils die Einwilligung in die Vorab-Freigabe eines Betrages von 75 000 Euro. Im Fall a) liegt derselbe Gegenstand zugrunde; der Wert beläuft sich nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG auf 100 000 Euro. Im Fall b) liegen verschiedene Gegenstände zugrunde; der Wert beläuft sich nach § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 35 000 Euro (20 000 Euro + 15 000 Euro). Im Fall c) liegen zum Teil verschiedene Gegenstände zugrunde (jeweils 25 000 Euro) und zum Teil derselbe Gegenstand (jeweils 50 000 Euro); der Wert beläuft sich nach § 45 Abs. 1 Satz 1, 3 GKG wiederum auf 100 000 Euro (75 000 Euro + 25 000 Euro).
IV. Mehrere Verpflichtete Werden mehrere Streitgenossen auf Einwilligung in die Auszahlung eines hinterlegten Betrags oder die Freigabe hinterlegter Sachen in Anspruch genommen, ist dies für die Gerichtsgebühren unerheblich, da diese sich aus dem Gesamtwert berechnen (§ 39 Abs. 1 GKG).
2075
Hinsichtlich der Anwaltsgebühren gilt das Gleiche für den Anwalt, der den Anspruchsteller vertritt und den Anwalt, der alle in Anspruch genommenen vertritt. Soweit der Anwalt nur einen von mehreren Teilschuldnern vertritt, gilt für ihn allerdings nur der entsprechende geringere Teilwert, der ggf. nach § 33 RVG gesondert festzusetzen ist.
2076
Û
Beispiele: – 10 000 Euro sind hinterlegt. Der Kläger klagt gegen zwei Beklagte auf Freigabe der 10 000 Euro. Für den Anwalt des Klägers gilt der Wert von 10 000 Euro, für den Anwalt der Beklagten ebenfalls, unabhängig davon, ob er einen oder beide Beklagte vertritt. – 10 000 Euro sind hinterlegt zur Absicherung von Ansprüchen i.H.v. jeweils 5000 Euro zugunsten des A und zugunsten des B. Der Kläger klagt gegen beide auf Freigabe. Der Streitwert für die Gerichtsgebühr beläuft sich auf 10 000 Euro. Für den Anwalt des Klägers gilt ebenfalls der Wert von 10 000 Euro. Lassen sich die Beklagten von demselben Anwalt vertreten, gelten auch für ihn 10 000 Euro. Lassen sie sich durch verschiedene Anwälte vertreten, gilt für jeden ein Wert von 5000 Euro.
V. Mehrere Berechtigte Vertritt der Anwalt mehrere Berechtigte, die die Freigabe desselben Betrags oder derselben Gegenstände verlangen, wird der Gegenstandswert wegen wirtschaftli1 KG, Beschl. v. 8.4.1959 – 15 W 456/59, Rpfleger 1962, 120.
N. Schneider
357
2077
ZPO
Einzelrichter cher Identät nicht erhöht. Hier greift dafür die Gebührenerhöhrung nach Nr. 1008 VV RVG. 2078
Vertritt der Anwalt mehrere Berechtigte, die die Freigabe verschiedener Beträge oder Gegenstände verlangen, sind die einzelnen Werte zusammenzurechnen (§ 23 Abs. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG).
Û
Beispiele: – Für A und B als Gesamtgläubiger sind 10 000 Euro hinterlegt. Der Anwalt verlangt für A und B die Freigabe. Abzurechnen ist nur nach 10 000 Euro, allerdings mit einer Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG. Jeder Auftraggeber schuldet im Innenverhältnis die Gebühren aus 10 000 Euro, allerdings ohne Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG (§ 7 Abs. 2 RVG). – Für A und B sind jeweils 5000 Euro hinterlegt. Der Anwalt verlangt für A und B die Freigabe. Abzurechnen ist auch hier nach 10 000 Euro, da die Einzelwerte zusammenzurechnen sind (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG). Eine Werterhöhung nach Nr. 1008 VV RVG greift jetzt nicht. Jeder Auftraggeber schuldet im Innenverhältnis aber die Gebühren nur aus 5000 (§ 7 Abs. 2 RVG).
Einzelrichter 2079
Das Kollegialprinzip wurde mit der Neufassung der §§ 348 ff. ZPO durch das ZPO-RG für das landgerichtliche Verfahren in 1. Instanz aufgegeben. Die Zivilkammer entscheidet nunmehr danach grundsätzlich durch den Einzelrichter, soweit ihr nicht durch den Geschäftsverteilungsplan besondere Sachgebiete zugewiesen sind, § 348 ZPO. Unter bestimmten Voraussetzungen ist wiederum die Übertragung vom Einzelrichter auf die Kammer und umgekehrt von Amts wegen geboten (§§ 348 Abs. 3, 348a Abs. 2 ZPO).
2080
Der Einzelrichter erster Instanz (§ 348 ZPO) stellt das erkennende Prozessgericht dar. Seine Zuständigkeit endet nicht mit der Entscheidung der Hauptsache, sondern er bleibt für alle vom Richter in dieser Instanz zu treffenden Entscheidungen zuständig. Seine Entscheidungen, etwa bezüglich der Abhilfe in einem Erinnerungsverfahren, können auch dann nicht durch die Kammer ersetzt werden, wenn er als Kammermitglied an der Kammerentscheidung beteiligt ist.1
2081
In der Berufungsinstanz verbleibt es bei der originären Zuständigkeit des Kollegiums, eine Übertragung auf den Einzelrichter steht gem. § 526 ZPO im Ermessen des Gerichts. Kommt es zu einer Übertragung, dann obliegt dem Einzelrichter auch dann die Streitwertfestsetzung, wenn sich der Rechtsstreit vor ihm durch Vergleich erledigt hat.2
2082
Im Übrigen kann das Berufungsgericht einem seiner Mitglieder den Rechtsstreit zur Vorbereitung überweisen (§ 527 ZPO), in diesem Fall entscheidet der vorbereitende Einzelrichter u.a. über den Wert des Streitgegenstandes sowie Kosten, Gebühren und Auslagen, § 527 Abs. 3 Nr. 4, 5 ZPO. Hat der vorbereitende Einzelrichter eine in seine Zuständigkeit fallende Entscheidung getroffen, dann ist er auch zu einer hierauf bezogenen Streitwertfestsetzung befugt.3
2083
Anträge auf Übertragung der Sache an den Einzelrichter oder Rückübertragung vom Einzelrichter an das Kollegium (§§ 348 Abs. 3 Nr. 3, 348a Abs. 2 Nr. 2, 526 1 OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1992 – 23 W 430/92, JurBüro 1993, 300. 2 OLG Bamberg, JurBüro 1971, 166. 3 Zöller/Heßler, § 527 ZPO Rn. 12.
358
N. Schneider/Kurpat
E-Mail Abs. 2 Nr. 2, 527 Abs. 4 ZPO) sind Anträge zur Prozess- und Sachleitung gem. Nr. 3105 VV RVG.1 Dass dies auch für „Anregungen“ auf Übertragung nach § 348a Abs. 1 ZPO gilt, muss bezweifelt werden, da die Prüfung hier von Amts wegen zu erfolgen hat und dem Gericht bei der Entscheidung kein Ermessenspielraum zusteht. Beschränkt sich die anwaltliche Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung auf einen Antrag zur Prozess- und Sachleitung, dann bestimmt sich der Gegenstandwert nach dem nach § 3 ZPO zu schätzenden Interesse des Antragstellers.2
2084
E-Mail Die Bewertung von Streitigkeiten, die sich mit Unterlassungsansprüchen bezüglich unerwünschter E-Mails beschäftigen, hängt vom Inhalt der übermittelten Nachricht ab.
2085
A. Werbung Soweit es sich beim Inhalt der E-Mail um Werbung oder um eine in sonstiger Weise gewerblich bzw. geschäftlich geprägte Mitteilung handelt, ist der Unterlassungsanspruch des Empfängers vermögensrechtlicher Natur, denn hier erfolgt das Verfahren allein bzw. maßgeblich auch aus wirtschaftlichen Gründen. Sein Wert ist dann nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO zu schätzen.
2086
Wertbestimmend ist das Interesse des Klägers, im Einzelfall durch die entsprechende Werbung nicht belästigt zu werden.3 Ein etwaiger volkswirtschaftlicher Gesamtschaden durch unerlaubte E-Mail-Werbung bleibt dabei ebenso unberücksichtigt,4 wie die Breitenwirkung und das häufige Erscheinen solcher Zusendungen.5 Nach Maßgabe der jeweiligen Umstände des Einzelfalls finden sich, abhängig von Anzahl, Umfang und (leichter) Erkennbarkeit der Werbe-E-Mails, Streitwerte von 10 000 Euro,6 7500 Euro,7 6000 Euro,8 3000 Euro,9 2000 Euro10oder bis 500 Euro.11
2086a
1 Zur alten Rechtslage Hartmann, KostenG, § 33 BRAGO Rn. 36; a.A. für die Einverständigungserklärung nach § 527 Abs. 4 ZPO: Zöller/Heßler, § 527 ZPO Rn. 15. 2 BGH, Beschl. v. 29.11.1959 – III ZR 4/56, BGHZ 22, 283 = NJW 1957, 242 – Aussetzung; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.1.1991 – 7 WF 55/90, JurBüro 1991, 343; a.A. OLG Hamm, NJW 1971, 2317 = KostRsp. BRAGO § 33 Nr. 6; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 18.7.1991 – 7 Ta 157/91, JurBüro 1991, 749. 3 OLG Braunschweig, Beschl. v. 10.2.2014 – 2 W 11/14, ITRB 2014, 129. 4 BGH, Beschl. v. 30.11.2004 – VI ZR 65/04, RVGreport 2005, 80 (Ls.). 5 OLG Hamm, Urt. v. 17.10.2013 – 6 U 95/13, NJW-RR 2014, 613; aA. OLG Schleswig, Beschl. v. 5.1.2009 – 1 W 57/08, JurBüro 2009, 256. 6 OLG Koblenz, Beschl. v. 29.9.2006 – 14 W 590/06, MDR 2007, 356: Spam-Email. 7 OLG Hamm, Beschl. v. 6.2.2012 – 4 W 4/12, CR 2012, 718; KG, Beschl. v. 23.9.2002 – 5 W 124/02, JurBüro 2003, 142 mit Hinweis auf Nachahmungsgefahr. 8 BGH, Beschl. v. 20.5.2009 – I ZR 218/07, MDR 2009, 1234: 15-seitiger Newsletter an Anwaltskanzlei. 9 BGH, Beschl. v. 30.11.2004 – VI ZR 65/04, RVGreport 2005, 80 (Ls.). 10 OLG Braunschweig, Beschl. v. 10.2.2014 – 2 W 11/14, ITRB 2014, 129. 11 OLG Karlsruhe, GRUR 2008, 262: 500 Euro; KG, Beschl. v. 5.4.2002 – 14 W 40702, JurBüro 2002, 371: 350 Euro; OLG Rostock, Beschl. v. 13.10.2008 – 5 W 147/08, OLGR 2009, 128: 300 Euro; AG Mülheim, Urt. v. 17.5.2011 – 27 C 2550/10, NJW-RR 2011, 1613.
Kurpat
359
E-Mail Die Beschwer des Unterlassungsklägers bemisst sich nach dem Umfang der abzuwehrenden Beeinträchtigung ohne Berücksichtigung generalpräventiver Gesichtspunkte.1 Für die Beschwer des Unterlassungsschuldners ist dagegen auf die Nachteile abzustellen, die mit der Beachtung des Unterlassungsgebots verbunden sind. Wertbestimmend ist die Einschränkung seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit.2 Liegt der Klage eine irrtümliche (und damit wirtschaftlich betrachtet nutzlose) Versendung zugrunde, dann kann die Beschwer nach dem Aufwand bemessen werden, der für die Vermeidung einer künftigen Versendung ergriffen werden muss.3
2086c
Hinsichtlich der Einzelheiten kann auf das Stichwort „Werbung, unverlangte“ verwiesen werden.
ZPO
2086b
B. Private Mitteilungen 2087
Soweit der Empfänger der E-Mail dagegen durch private Mitteilungen beleidigt, belästigt oder in sonstiger Weise in seiner Privatsphäre gestört wird, handelt es sich – vergleichbar mit einem belästigenden Telefonanruf4 – um einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch, dessen Gebührenstreitwert nach § 48 Abs. 2 GKG zu bestimmen ist. In solchen Fällen geht es nämlich um Rechtsbeziehungen, die den sozialen Geltungsanspruch des Klägers in der Öffentlichkeit vor drohenden Beeinträchtigungen schützen sollen.5
2088
Der Wert des Streitgegenstandes ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, zu bestimmen. Jedoch darf der Wert nicht über 1 000 000 Euro angenommen werden. Der Zuständigkeitsstreitwert solcher Verfahren ist unter Beachtung der Grundsätze des § 48 Abs. 2 GKG nach § 3 ZPO zu schätzen.
2089
In Anlehnung an § 23 Abs. 3 RVG kann von einem Regelstreitwert von 4000 Euro für das Hauptsacheverfahren und 1000 Euro bis 2000 Euro für das einstweilige Verfügungsverfahren ausgegangen werden.6 Sodann ist anhand der Einzelheiten des jeweiligen Falles zu entscheiden, ob der Streitwert von diesem Ausgangspunkt nach oben oder nach unten abweicht.
2090
Will die Antragstellerin in einem einstweiligen Verfügungsverfahren erreichen, dass dem Antragsgegner ein trennungsbedingtes Verfolgungsverhalten (Zusendung von SMS und E-Mails, belästigende Anrufe) untersagt wird, so übersteigt der Wert in der Hauptsache in der Regel nicht 5000 Euro.7
2091
Die Beschwer des Unterlassungsschuldners bemisst sich nach den Nachteilen, die mit der Beachtung des Unterlassungsgebots verbunden sind. Diese liegen bei privatem Handeln in der Regel im Aufwand zur Vermeidung weiterer Beeinträchtigungen.8 1 BGH, Beschl v. 30.11.2004 – VI ZR 65/04, RVGreport 2005, 80 (Ls.); OLG Hamm, Urt. v. 17.10.2013 – 6 U 95/13, NJW-RR 2014, 613; a.A. OLG Schleswig, Beschl. v. 5.1.2009 – 1 W 57/08, JurBüro 2009, 256. 2 BGH, Beschl. v. 25.9.2013 – VII ZB 26/11, GRUR 2013, 1271. 3 OLG Hamm, Urt. v. 17.10.2013 – 6 U 95/13, NJW-RR 2014, 613: 100 Euro. 4 Vgl. BGH, VersR 1985, 185. 5 Vgl. BGH, Urt. v. 17.10.1995 – VI ZR 352/94, NJW 1996, 999 m.w.N.; Beschl. v. 3.4.1984 – VI ZR 80/83, MDR 1985, 43. 6 Vgl. Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Belästigung“. 7 OLG Köln, Beschl. v. 8.4.2002 – 11 W 25/02, OLGR 2002, 306 = NJW-RR 2002, 1723. 8 OLG Hamm, Urt. v. 17.10.2013 – 6 U 95/13, NJW-RR 2014, 613: Löschungsaufwand, hier 50 Euro.
360
Kurpat
Energie- und Wasserversorgung Hinsichtlich der Einzelheiten der Wertbestimmung kann auf die Stichwörter „Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit“ sowie „Belästigung“ verwiesen werden.
2091a
Energie- und Wasserversorgung Gerät der Abnehmer von Energie- und Wasserversorgungsleistungen mit der Zahlung bereits angefallener Entgelte oder Vorauszahlungen in Rückstand, kann das Versorgungsunternehmen von dem ihm nach den Allgemeinen Vertragsbedingungen Gas/Wasser/Strom zustehenden Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen und die weitere Versorgung einstellen. Hierzu ist regelmäßig der Ausbau von Messund Regeleinrichtungen (Gas-, Wasser- oder Stromzählern) notwendig. Dabei darf der in der Regel auf (Ausbau durch Bedienstete und) Herausgabe der Mess- und Regeleinrichtungen gerichtete Klageantrag nicht den Blick darauf verstellen, dass die Klage auf Duldung der Unterbrechung der Energie- oder Wasserversorgung gerichtet ist. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert bestimmen sich daher nach § 3 ZPO bzw. § 48 Abs. 1 GKG. Maßgebend ist das Interesse des Versorgungsunternehmens, gegenüber seinem Kunden, der in Zahlungsverzug geraten ist, nicht weiter in Vorleistung treten zu müssen und die Entnahme weiterer Versorgungsleistungen bis zur Zahlung der Rückstände zu verhindern.1
2092
Die Bewertung hat sich daher an der Höhe der geschuldeten monatlichen Abschlagszahlungen und dem voraussichtlichem Zeitraum zu orientieren, der üblicherweise zwischen der gerichtlichen Geltendmachung2 des Duldungsanspruchs und der Erlangung einer entsprechenden vollstreckbaren Entscheidung liegt. Der potentielle Ausfallschaden wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt: Ganz überwiegend wird auf den Halbjahresbetrag der Abschlagszahlungen3 nach anderer Ansicht auf den Jahresbetrag der Abschlagszahlungen4 abgestellt. Für den Halbjahresbetrag spricht die durchschnittliche Dauer erstinstanzlicher Verfahren.
2093
Der bereits aufgelaufene Zahlungsrückstand ist als Anknüpfungspunkt nicht geeignet,5 weil er weder in einer Beziehung zum Umfang des weiter drohenden Ausfalls steht, noch durch die begehrte Versorgungsunterbrechung verringert wird.6 Eine andere Beurteilung mag geboten sein, wenn der Kunde die laufenden Voraus-
2094
1 OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2013 – 13 W 62/13, JurBüro 2013, 643; Beschl. v. 23.2.2010 – 13 W 17/10; OLG Hamburg, Beschl. v. 17.1.2008 – 14 W 3/08, ZMR 2008, 891; OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2005 – 5 W 161/05, ZMR 2006, 208; OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.10.2009 – 5 W 54/09, MDR 2009, 1407; OLG Schleswig, Beschl. v. 2.2.2009 – 14 W 6/09, NJW-RR 2010, 14. 2 Zutreffend OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.5.2011 – 4 W 112/11, NJOZ 2011, 1254. 3 OLG Braunschweig, Beschl. v. 20.6.2006 – 7 W 24/06, NJW-RR 2006, 1584; OLG Celle, Beschl. v. 1.11.2012 – 13 U 241/11, NJW-RR 2012, 937; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.1.2013 – 3 W 201/12, MDR 2013, 809 (Ls.); OLG Koblenz, Beschl. v. 18.10.2011 – 5 W 596/11, MDR 2012, 996; OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.10.2009 – 5 W 54/09, MDR 2009, 1407; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.5.2011 – 4 W 112/11, NJOZ 2011, 1254: für einstweilige Verfügung; OLG Schleswig, Beschl. v. 2.2.2009 – 14 W 6/09, NJW-RR 2010, 14. 4 OLG Celle, Beschl. v. 26.9.2006 – 4 W 77/09, n.v.; OLG Hamburg, Beschl. v. 17.1.2008 – 14 W 3/08, ZMR 2008, 891; OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2005 – 5 W 161/05, ZMR 2006, 208; OLG München, Beschl. v. 30.8.2011 – 5 W 1574/11, MDR 2011, 1267 (Klage). 5 So aber LG Duisburg, Beschl. v. 16.3.2007 – 13 T 18/07, NZM 2007, 896; LG Potsdam, Beschl. v. 2.5.2008 – 13 T 23/08, NZM 2009, 159. 6 OLG Hamburg, Beschl. v. 17.1.2008 – 14 W 3/08; OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.10.2009 – 5 W 54/09, MDR 2009, 1407; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.5.2011 – 4 W 112/11, NJOZ 2011, 1254.
Kurpat
361
ZPO
Energie- und Wasserversorgung zahlungen leistet und nach dem Inhalt des Streits eine Ausweitung des Rückstandes nicht droht.1 2095
Dass die Unterbrechung der Versorgung – aus technischen Gründen – mit einer Wegnahme von Mess- und Regeleinrichtungen verbunden ist, rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Insbesondere ist es verfehlt, gem. § 6 ZPO auf den Verkehrswert dieser Einrichtungen abzustellen oder diesen werterhöhend zu berücksichtigen.2 Dem Versorgungsunternehmen geht es nicht um den Besitz, sondern um die mit dem Ausbau verbundene Versorgungsunterbrechung. Dies gilt jedoch nur, wenn die Klage allein auf die Unterbrechung der Versorgung abzielt. Will sich das Versorgungsunternehmen zum Zwecke der Erneuerung oder Reparatur in den Besitz der Mess- und Regeleinrichtungen bringen, ist auf deren Verkehrswert abzustellen (vgl. das Stichwort Duldungsklage,Rn. 1818). Gleiches gilt, wenn der Netzbetreiber unabhängig vom Versorgungsunternehmen eine Rückgabe der Mess- und Regeleinrichtungen begehrt.3
2096
Angesichts des Leistungscharakters ist bei einer einstweiligen Verfügung kein Abschlag vom Hauptsachewert gerechtfertigt.4
2097
Kommt es zu einem stattgebenden Urteil, bestimmt sich die (materielle) Beschwer des Beklagten nach der mit der fortdauernden Versorgungseinstellung verbundenen Beeinträchtigung. Diese entspricht dem Wert der vorenthaltenen Versorgungsleistung, so dass auch hier der Jahresbetrag oder auch Halbjahresbetrag der Abschlagszahlungen (vgl. Rn. 2093) anzusetzen ist. In keinem Fall geht es dem Beklagten um den Besitz an der Messeinrichtung.5
2098
Klagt der Mieter gegen den Vermieter auf (Wieder-)Herstellung der Energie- oder Wasserversorgung, steht der Umfang sich aus dem Mietverhältnis ergebender Pflichten und damit der Vertragsinhalt im Streit. Soweit sich die sachliche Zuständigkeit nicht bereits wertunabhängig aus § 23a Nr. 2 Buchst. a GVG ergibt, bestimmmt sich der Zuständigkeitsstreitwert gem. § 3 ZPO nach dem klägerischen Interesse an einer dahingehenden Versorgung. Dieses entspricht wertmäßig dem Betrag einer möglichen Mietminderung und sollte daher wie der Gebührenstreitwert – nach der Neufassung des § 41 Abs. 5 GKG – mit dem Jahresbetrag einer angemessenen Minderung beziffert werden.6
2098a
Begehrt der Verbraucher vom Versorgungsunternehmen die (Wieder)Herstellung der Versorgung, dann ist das Interesse an der (fortdauernden) Versorgung wertbestimmend. Im einstweiligen Verfügungsverfahren kann auf das üblicherweise anfallende Halbjahresentgelt abgestellt werden.7 Dass die Versorgungseinstellung durch die Begleichung aufgelaufener Rückstände beendet werden könnte, rechtfertigt auch hier keine abweichende Bewertung.8 Erfordert die Aufnahme der Ver1 LG Duisburg, Beschl. v. 16.3.2007 – 13 T 18/07, NZM 2007, 896; vgl. auch OLG Hamm, Beschl. v. 18.1.2013 – 19 U 53/11 für Feststellungsbegehren, dass Zahlungsrückstand nicht zur Versorgungseinstellung berechtigt. 2 So aber AG Königstein, Beschl. v. 25.4.2003 – 21 C 261/03, NJW-RR 2003, 949. 3 LG Chemnitz, Beschl. v. 4.6.2007 – 3 T 443/07, GWF/Recht und Steuern 2008, 23. 4 AG Oldenburg, Beschl. v. 20.8.2009 – 23 C 697/09; a.A. LG Koblenz, Beschl. v. 10.11.2006 – 14 T 7/06, n.v: 1/2 Jahresvorauszahlungsbetrag. 5 Insoweit zutreffend LG Duisburg, Urt. v. 30.4.2010 – 7 S 123/09: jedoch Zahlungsrückstand oder Mehrkosten für anderweitige Versorgung erwägend. 6 So schon zum alten Recht LG Hamburg, Beschl. v. 9.10.1991 – 311 T 128/91, JurBüro 1994, 116; vgl. auch AG Kerpen, Urt. v. 6.6.1990 – 3 C 267/90, MDR 1990, 928: Duldung eines Wasseranschlusses – 1/2 des Jahresnutzungsentgelts. 7 OLG Brandenburg, Beschl. v. 6.2.2012 – Kart W 3/11, VersorgW 2012, 320; LG Göttingen, Beschl. v. 16.10.2002 – 4 T 15/02. 8 Unzutreffend daher LG Koblenz, Beschl. v. 28.2.2011 – 12 T 47/11 – zudem wird die Möglichkeit eines Anbieterwechsels übersehen.
362
Kurpat
Enteignungsentschdigung sorgung, einen zuvor nicht vorhandenen Netzanschluss herzustellen, soll sich die Bewertung nach den voraussichtlichen Kosten des Netzanschlusses richten.1 Dem ist zuzustimmen, wenn die Parteien vorprozessual ausschließlich über die Verpflichtung zur Kostentragung gestritten haben. Die Klage des Verbrauchers gegen das Versorgungsunternehmen auf Unterlassung einer Versorgungsunterbrechung ist nach § 3 ZPO bzw. § 48 GKG zu bewerten. Einer (entsprechenden) Anwendung von § 9 ZPO steht entgegen, dass es an einer wiederkehrenden Leistung fehlt.2 Wertbestimmend ist das Interesse an der Vermeidung der mit der Versorgungsunterbrechung einhergegehenden Nachteile.3 Der Gebührenstreitwert eines auf Untersagung der Versorgungsunterbrechnung gerichteten einstweiligen Verfügungsverfahrens beläuft sich in der Regel auf 3/4 des Hauptsachewerts.4
2098b
Enteignungsentschdigung Literatur: Schneider, JurBüro 1969, 597.
Für den Wert der Klagen auf Leistung von Enteignungsentschädigung, die nach Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG vor den ordentlichen Gerichten zu erheben sind, ist der verlangte Betrag abzgl. des ggf. von der Enteignungsbehörde festgesetzten Betrages anzusetzen.5
2099
Wird die festgesetzte Enteignungsentschädigung vom Kläger als zu gering, von der Beklagten (Behörde) als zu hoch angegriffen, dann handelt es sich nicht um denselben Streitgegenstand, da jeweils andere Entschädigungsbeträge zur Entscheidung gestellt und über beide Anträge sowohl positiv wie negativ oder auch unterschiedlich erkannt werden kann.6 Die Werte sind daher zu addieren (§ 45 Abs. 1 Satz 1 GKG).
2100
Macht der Kläger darüber hinaus einen im Entschädigungsbetrag nicht enthaltenen Folgeschaden geltend, also einen Schaden, der nicht durch die Substanzentschädigung abgegolten ist, dann ist dieser zusätzlich zu bewerten.
2101
Bei den Zinsen ist zu unterscheiden: 2102 – Soweit die Entschädigung für entgangene Nutzung in der Form einer Verzinsung des Substanzwertes bemessen wird, handelt es sich nicht um Nebenforderungen i.S.d. § 43 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO, sondern um die Hauptentschädigung.7 Die Zuerkennung von Zinsen stellt hier nur einen Berechnungsmodus dar, weshalb diese Zinsen entgegen § 248 BGB ihrerseits bei Verzug zu verzinsen sind. – Zinsen auf die zu zahlende Entschädigung (unter Einschluss der Verzinsung als Form des Nutzungsentgangs) fallen jedoch unter § 43 GKG, § 4 ZPO.
1 2 3 4 5
OLG Brandenburg, Beschl. v. 6.2.2012 – Kart W 3/11, VersorgW 2012, 320. OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.2.2008 – 12 W 56/07. OLG Koblenz, Beschl. v. 4.7.2007 – 5 W 503/07, OLGR 2008, 248. OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.2.2008 – 12 W 56/07. OLG Neustadt, v. 6.5.1958 – 2 W 57/58, Rpfleger 1963, 65; Hartmann, KostenG, GKG Anh. I § 48 (§ 3 ZPO) Rn. 40. 6 Unrichtig daher OLG München, Beschl. v. 30.6.1976 – 1 W 1640/76, JurBüro 1976, 1358, das allerdings entgegen seiner Begründung im Ergebnis zutreffend addiert hat. 7 BGH, Urt. v. 14.11.1963 – III ZR 141/62, NJW 1964, 294.
Kurpat/N. Schneider
363
Enteignungsentschdigung
Û
Berechnungsbeispiel einer Enteignungsentschädigung:
ZPO
Substanzverlust Zinsen für Nutzungsentgang durch Besitzeinweisung für 2 Jahre Folgeschäden Gesamtentschädigung
30 000 Euro 4 200 Euro 6 000 Euro 40 200 Euro
Verzinslich ist der Betrag von 40 200 Euro. Nur die Zinsen hiervon sind Nebenforderung i.S.d. § 4 ZPO.1
2103
Der BGH2 hat demgegenüber die Auffassung vertreten, Enteignungszinsen seien beim Streitwert auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn sie die Entschädigung für entgangene Nutzung darstellen. Dem hat sich das OLG Zweibrücken3 für die Veräußerung eines Grundstücks zur Abwendung der Enteignung angeschlossen.
2104
Mit dieser Auffassung setzt sich der BGH allerdings in Widerspruch zu einer älteren Entscheidung. Im Beschluss vom 14.11.19634 wurde nämlich ausgeführt, dass es sich dann nicht um Zinsen im Rechtssinne handele, soweit der Entschädigungsbetrag wegen Entziehung der abstrakten Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks in Form einer „Verzinsung“ des Wertes des Entschädigungsobjekts berechnet werde.
2105
In der Entscheidung vom 16.2.19705 hat der BGH es unterlassen, sich mit den Argumenten der Gegenmeinung und mit seiner eigenen abweichenden Rechtsprechung auseinanderzusetzen. Er hat allerdings in einer nachfolgenden Entscheidung6 den Beschluss vom 14.11.1963 so wiedergegeben, dass es dort nicht um einen echten Zinsanspruch, sondern um eine in die Form des Zinses gekleidete Rente ging, die als Entschädigung für den durch die entzogene Nutzungsmöglichkeit entstandenen Minderwert des betroffenen Grundstücks zu zahlen war. Dabei ist aber wohl nicht genau genug unterschieden worden zwischen Zinsen als Bewertungsmaßstab für zuzusprechende Nutzung und Zinsen für zuerkannte bezifferte Nutzung, die noch nicht gezahlt worden ist. Folgende Bewertungssituationen sind daher auseinanderzuhalten: – Die Entschädigung wird berechnet, indem ein Prozentwert einer bestimmten Einbuße angesetzt wird, beispielsweise 5 % des Verkehrswertes des entzogenen Grundstücks. Dann ist der „Zinsbetrag“ unstreitig keine Nebenforderung. – Es ist von der Behörde ein konkreter Geldbetrag in Euro festgesetzt, zahlbar ab einem bestimmten Tag. Dann handelt es sich um Zinsen einer Geldforderung. Darauf sind die § 43 GKG, § 4 ZPO anzuwenden. Auch das dürfte außer Streit sein. – Die Enteignungsentschädigung wird fällig, etwa weil der Besitzübergang auf den schon Begünstigten stattgefunden hat. Dann sind dem Enteigneten die Nutzungen seines Grundstücks entzogen worden. Einen Geldersatz dafür hat er noch nicht bekommen; über dessen Höhe besteht noch keine Einigkeit.
2106
Nur dieser letzte Fall ist vom Streitwert her problematisch. Er ist dahin zu lösen, dass die Verzinsung der Entschädigung bis zur verbindlichen Festsetzung des Entschädigungsbetrages und der Festlegung des Zahltages nicht die Erfüllung eines offenen Geldanspruchs ausgleicht, sondern immer noch die Einbuße der entzogenen Nutzung abgilt und deshalb kein Zins i.S.d. § 43 GKG, § 4 ZPO ist. Es geht
1 2 3 4 5 6
Vgl. Schneider, JurBüro 1969, 597; OLG Köln, MDR 1969, 771. BGH, Beschl. v. 16.2.1970 – III ZR 73/69, MDR 1970, 994. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.11.1986 – 3 W 180/86, MDR 1987, 334. BGH, Beschl. v. 14.11.1963 – III ZR 141/62, MDR 1964, 121. BGH, Beschl. v. 16.2.1970 – III ZR 73/69, MDR 1970, 994 = MDR 1971, 116. BGH, Urt. v. 27.9.1973 – III ZR 110/71, MDR 1974, 30.
364
N. Schneider
Entlastung nicht an, dem Enteigneten über einen möglicherweise sehr langen Zeitraum hin die Grundstücksnutzung zu entziehen und ihn mit einem wirtschaftlich geringfügigen Zinsanspruch für diese Zeit abzufinden. Der Streitwert erhöht sich folglich um diesen, rechnerisch in Form von Zinsen ausgedrückten Nutzungsentgang. Das bedeutet, dass der um die „Nutzungszinsen“ erhöhte Enteignungsbetrag ab verbindlicher Festsetzung des Entschädigungsbetrages und der Festlegung des Zahlungstermins gesetzmäßig zu verzinsen ist.1 Es handelt sich dann nicht um Zinseszinsen, sondern um die Verzinsung eines einheitlichen Geldanspruchs.2 In der Praxis wird es allerdings schwer sein, den so berechneten Anspruch durchzusetzen, da die Enteignungsbehörden sich gegen eine solche Bewertung unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH vom 16.2.19703 wehren. Sie verlegen den Zinsbeginn auf einen möglichst frühen Zeitpunkt vor, etwa auf den Zeitpunkt des Besitzübergangs, weil dann der (abstrakte, der Höhe nach vielleicht unbestimmte) Entschädigungsanspruch schon fällig geworden sei.
2107
Entlastung Der Wert für Streitigkeiten betreffend die Entlastung von Organen und Organmit- 2108 gliedern einer Gesellschaft ist nach den Grundsätzen zu bestimmen, die für die Bemessung des Streitwerts einer negativen Feststellungsklage gelten. Nach überwiegender Auffassung ist die Klage auf Entlastungserteilung keine Leistungs-, sondern eine negative Feststellungsklage. Anfechtbar ist die Entlastungsentscheidung nur bei einem eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzesverstoß der Organe.4
A. Bezifferte Ersatzansprüche Macht die Gesellschaft konkrete Ansprüche geltend, kommt als Streitwert des Anspruchs auf Entlastungserteilung gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG derjenige Wert in Betracht, der dem Interesse des Klägers an der Feststellung entspricht, dass er aus Anlass seiner Geschäftsführertätigkeit von der Beklagten nicht auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann. Maßgebend ist deshalb der bezifferte Betrag der drohenden Inanspruchnahme.5
2109
B. Unbezifferte Ersatzansprüche Werden von der Gesellschaft unbezifferte Ersatzansprüche gegen das Organ oder Organmitglied geltend gemacht, dann ist auf deren voraussichtliche Höhe abzustellen, also auf die Berühmung. Notfalls ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen, welche Ansprüche sich auf der Grundlage des Vorbringens der Gesellschaft, das der Kläger der negativen Feststellungsklage darzulegen hat, erge-
1 OLG Köln, Beschl. v. 12.3.1969 – 2 W 177/68, MDR 1969, 771; Schneider, JurBüro 1969, 597. 2 BGH, Beschl. v. 14.11.1963 – III ZR 141/62, MDR 1964, 121. 3 BGH, Beschl. v. 16.2.1960 – III ZR 73/69, MDR 1970, 994; OLG Frankfurt, Urt. v. 18.3.2013 – 18 U 37/11, 18 U 38/10, 18 U 40/10, 18 U 1/11 u. 18 U 10/11. 4 BGH, Beschl. v. 14.5.2013 – II ZR 196/12, NZG 2013, 783. 5 KG, JurBüro 1962, 281.
N. Schneider/Kurpat
365
2110
Entnahmerecht
ZPO
ben können. Insoweit entspricht die Bewertungssituation derjenigen der Bestimmung des Leistungsantrages in der Auskunftsstufe der Stufenklage.1
C. Anfechtung des Entlastungsbeschlusses 2111
Wird der Hauptversammlungsbeschluss über die Entlastung des Aufsichtsratsvorsitzenden angefochten, sind u.a. der Umfang des Aktienbesitzes des Klägers, die Größe und wirtschaftliche Bedeutung der Gesellschaft sowie die Beeinträchtigung des geschäftlichen Ansehens mit Wegfall der Entlastung zu berücksichtigen.2 Erhebliche Jahresfehlbeträge in den von der Entlastung erfassten Zeiträumen sind nur eingeschränkt werterhöhend anzusetzen,3 da die Entlastung nicht mit einem Verzicht auf Ersatzansprüche verbunden ist (§ 120 Abs. 2 AktG).4
Entnahmerecht 2112
Das Recht zu Entnahmen aus der Gesellschaftskasse ist in § 122 Abs. 1 HGB geregelt. Diese Vorschrift gilt jedoch nicht für den Kommanditisten (§ 169 Abs. 2 Satz 1 HGB). Abweichende vertragliche Regelungen sind zulässig. Für Klagen auf Feststellung eines gesetzlichen oder vertraglichen Entnahmerechts ist das Interesse des Klägers zu schätzen.
2113
Beansprucht der Kläger als Kommanditist ein Entnahmerecht während der Dauer des Gesellschaftsvertrages, dann berechnet sich der Streitwert des Feststellungsverfahrens nach § 9 ZPO auf den 3,5-fachen Jahresbetrag.5
Entziehung des Wohnungseigentums Siehe das Stichwort „Wohnungseigentum“.
Erbauseinandersetzung Siehe das Stichwort „Miterbe“.
1 Vgl. dazu das Stichwort „Stufenklage“. 2 OLG Rostock, Beschl. v. 31.1.2014 – 1 W 67/13, NZG 2014, 1350 – hier: 3000 Euro; OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.3.2004 – 5 W 47/04 – hier: 50 000 Euro; OLG Stuttgart, Urt. v. 23.1.2002 – 20 U 54/01 – hier: 5000 Euro; Beschl. v. 11.1.1995 – 3 W 47/94, WM 1995, 620. 3 Zum Ansatz allgemein OLG Rostock, Beschl. v. 31.1.2014 – 1 W 67/13, NZG 2014, 1350. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.3.2004 – 5 W 47/04. 5 OLG Bamberg, Beschl. v. 21.12.1981 – 3 W 115/81, JurBüro 1982, 284; das Gericht hat, da noch § 9 ZPO a.F. einschlägig war, im konkreten Fall auf den 12,5-fachen Jahresbetrag festgesetzt.
366
Kurpat
Erbbaurecht
Erbbaurecht A. Überblick Der Streitwert richtet sich nach den §§ 3 ff. ZPO, unabhängig davon, ob es um den Zuständigkeits-, den Rechtsmittel- oder den Gebührenstreitwert geht (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 23 Abs. 1 RVG). Im Einzelnen gilt Folgendes:
2114
B. Klage auf Feststellung der Wirksamkeit Der Wert einer Klage auf Feststellung der Wirksamkeit eines Erbbaurechtsvertrags 2114a bestimmt sich nach § 3 ZPO; § 6 ZPO ist nicht einschlägig, weil nicht der Besitz der Sache im Streit ist.1
C. Klage auf Übereignung oder Bestellung Der Wert einer Klage auf Übertragung oder Bestellung eines Erbbaurechts bemisst sich nach dem Wert des Grundstücks (§ 6 ZPO). Der Grundstückswert wiederum entspricht dem gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzenden Verkehrswert.2
2115
D. Klage auf Herausgabe des Grundstücks nach Heimfall Der Streitwert des Anspruchs auf Herausgabe eines Grundstücks nach dem Eintritt des Heimfalls bestimmt sich ebenfalls nach dem Grundstückswert.3 Der volle Grundstückswert ist auch dann maßgebend, wenn das Grundstück zwischenzeitlich Gegenstand einer entgeltlichen Nutzung war und nicht fristgerecht geräumt wurde.4
2116
Ist das Grundstück bebaut, dann erhöht sich der Verkehrswert um den Wert, des darauf errichteten Gebäudes.5 Nach a.A. soll sich der Streitwert nur nach dem bloßen Bodenwert richten.6
2117
Ob auflastende Grundpfandrechte abzuziehen sind, ist umstritten. Der BGH7 verneint dies. Eine Mindermeinung nimmt demgegenüber an, dass auflastende Grundpfandrechte abzuziehen sind.8 Dafür, Grundpfandrechte wertmindernd zu berücksichtigen, spricht, dass es nicht um den Grundbesitz als solchen, sondern lediglich um das Erbbaurecht geht; ist dieses allein wertbestimmend, dann liegt es nahe, die zur Gebäudefinanzierung aufgenommenen Grundpfandrechte abzuziehen.
2118
1 2 3 4 5 6
OLG München, Beschl. v. 25.1.1995 – 3 W 3089/94, OLGR München 1995, 60. OLG Frankfurt, JurBüro 1961, 139. OLG Bamberg, Beschl. v. 26.8.1995 – 4 W 77/85, JurBüro 1985, 1705. OLG Bremen, Beschl. v. 13.11.1995 – 8 O 1386/95, AnwBl 1996, 411. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.1.1978 – 5 W 151/77, AnwBl. 1978, 106. OLG Bamberg, Beschl. v. 2.6.1992 – 3 W 38/92, JurBüro 1992, 629; Beschl. v. 30.3.1992 – 5 W 26/92, JurBüro 1992, 560. 7 BGH, Beschl. v. 11.12.1981 – V ZR 49/81, JurBüro 1982, 697 (für den Heimfallanspruch); ebenso OLG Frankfurt, JurBüro 1961, 139; OLG Celle, JurBüro 1974, 878. 8 Siehe LG Hannover, JurBüro 1974, 878; LG Köln, NJW 1977, 255.
N. Schneider
367
ZPO
Erbbaurecht
E. Klage auf Erhöhung des Erbbauzinses 2119
Der Streitwert einer Klage auf Erhöhung des Erbbauzinses bemisst sich nach dem Unterschiedsbetrag zwischen gezahlter und erstrebter Zinshöhe. Die Berechnung erfolgt nach § 9 ZPO.1
2120
Fällige Beträge sind hinzuzurechen. Die Gegenauffassung,2 die § 42 Abs. 3 GKG nicht für entsprechend anwendbar hält, dürfte nicht mehr haltbar sein, nachdem der BGH die analoge Anwendung z.B. in Mietsachen befürwortet hat.3 Siehe hierzu auch das Stichwort „Fällige Beträge“.
2121
Wird die Klage auf Zahlung eines erhöhten Erbbauzinses mit derjenigen auf Bewilligung der Eintragung einer entsprechend erhöhten Reallast im Grundbuch verbunden, dann liegt der Klagenhäufung dasselbe wirtschaftliche Interesse zugrunde. Die Eintragung im Grundbuch erhöht den Zahlungsanspruch des Klägers nicht, sondern vermindert lediglich das Risiko der Beitreibbarkeit. Der Wert des zusätzlichen „Sicherungsantrags“ ist deshalb dem Streitwert der Zahlungsklage nicht hinzuzurechnen.4
F. Klage auf Errichtung eines Gebäudes 2122
Der Streitwert für die Verpflichtung, auf einem städtischen Erbbaugrundstück ein Wohnhaus zu errichten, ist nach § 3 ZPO frei zu schätzen. Für die Klagen der Stadtgemeinde steht dabei das kommunalpolitische Interesse, dass zur Bebauung freigegebenes Gelände auch tatsächlich bebaut und durch Bereitstellung von Wohnungen der Wohnungsnot gesteuert wird, im Vordergrund.5 Der Streitwert muss erheblich unter den Baukosten liegen.6
G. Klage auf Einräumung eines Wegerechts 2123
Bei einer Klage auf Einräumung eines Wegerechts bemisst sich nach OLG Frankfurt7 das Interesse der klagenden Partei im Wesentlichen nach dem Bodenwert der Grundstücksfläche, die für das Wegerecht in Anspruch genommen wird. Für den Fall, dass nur ein Erbbaurecht dienen soll, sind nach Ansicht des Senats geringfügige Abstriche von dem Bodenwert zu machen.
2124
Diese Auffassung ist grundsätzlich abzulehnen. Das Wegerecht darf nicht nach dem Verkehrswert der zur Benutzung beanspruchten Fläche bemessen werden, da es niemals volles Eigentumsrecht gewährt. Umgekehrt wird auch der Eigentümer des dienenden Grundstücks von keiner Benutzung ausgeschlossen, die mit dem Wegerecht vereinbar ist. Es kommt daher nur eine Schätzung nach § 3 ZPO in Betracht, die wesentlich niedriger liegt als der Bodenwert. Bewertungsobjekt ist in erster Linie nicht das dienende, sondern das herrschende Grundstück (s. den entsprechend anzuwendenden § 7 ZPO). Deshalb ist für den Wertansatz zu fragen, 1 OLG Celle, JurBüro 1972, 517; OLG München, JurBüro 1977, 1002; OLG Frankfurt, JurBüro 1977, 1132; OLG Braunschweig, KostRsp. ZPO § 9 Nr. 24. 2 OLG Celle, JurBüro 1972, 517; OLG München, JurBüro 1977, 1002; OLG Frankfurt, JurBüro 1977, 1132; OLG Braunschweig, KostRsp. ZPO § 9 Nr. 24. 3 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, AGS 2004, 249 mit Anm. N. Schneider = MietRB 2004, 234 = MDR 2004, 1437. 4 OLG Celle, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 52 mit Anm. Schneider = Nds.Rpfl. 1983, 159. 5 OLG Frankfurt, MDR 1957, 560. 6 OLG Frankfurt, MDR 1957, 560. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.1.1970 – 6 W 523/69, JurBüro 1970, 437.
368
N. Schneider
Erbberechtigung welche wirtschaftliche Bedeutung die Einräumung des begehrten Notwegrechts für das herrschende Grundstück hat. Die dadurch eintretende Wertsteigerung ist gleich dem Interesse des Klägers und damit Bewertungsobjekt. Die Möglichkeit, die in § 7 ZPO erwähnt ist, dass die Wertminderung des dienenden Grundstückes größer ist als die Wertsteigerung des herrschenden, ist für die Wegerechte praktisch bedeutungslos. Ein Grundstück ohne Zugang ist in seinem Wert stets mehr gemindert als ein Grundstück mit Zugang, über das auch ein Nachbar gehen oder fahren darf.
Erbberechtigung Für den Streitwert der Erbenfeststellungsklage ist gem. § 3 ZPO das Interesse an der Erbenfeststellung maßgeblich. Dabei ist von einem Streitwert von 50 bis 80 % einer entsprechenden Leistungsklage auszugehen.1 Der Wert eines unstreitig bestehenden Pflichtteilsanspruchs des Klägers ist von dem Wert des Nachlassvermögens in Abzug zu bringen; denn streitig ist in diesem Fall nur die Erbberechtigung, nicht aber auch die Pflichtteilsberechtigung.2
2125
Bei einer auf die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gerichteten Klage auf Zustimmung zu einem Auseinandersetzungsplan, ist in der Regel das Interesse des Klägers am Auseinandersetzungsplan maßgeblich und nach § 3 ZPO festzusetzen.3 Es ist eine in erster Linie wirtschaftliche Betrachtung anzustellen und zu ermitteln, welche Punkte insoweit zwischen den Parteien streitig sind.
2125a
Demnach hat bei der Bemessung des Streitwerts in einem auf Auseinandersetzung einer zweigliedrigen Miterbengemeinschaft gerichteten Rechtsstreit außer Ansatz bleiben, dass die Parteien wechselseitig mit Klage und Widerklage die Zustimmung der jeweiligen Gegenseite zu einem Auseinandersetzungsplan verlangen und Gegenstand dieser Verteilungspläne auch die Übertragung eines Grundstücks von der Miterbengemeinschaft auf einen Miterben ist, sofern diese Übertragung als solche und der zugrunde zu legende Wert des Grundstücks nicht im Streit sind.4 Wird der Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet, in dem die Miterbengemeinschaft das zum Nachlass gehörige Grundstück auf einen Miterben zu dessen Alleineigentum überträgt, so ist ein übersteigender Vergleichswert in Höhe des Bruchteils des Grundstückswerts vorhanden, der (wirtschaftlich) übertragen wird.5 Der Rechtsmittelstreitwert einer Klage auf Feststellung der Miterbenstellung mit einer bestimmten Erbquote (hier: 1/4) bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des unterlegenen Beklagten. Zielt dessen Klageabweisungsantrag darauf ab, die Beteiligung des Klägers am Nachlass zu beseitigen, so ist maßgeblich für den Streitwert der vom Kläger für sich in Anspruch genommene Anteil an dem (um die Verbindlichkeiten) geminderten Nachlass, abzgl. eines Feststellungsabschlags von 20 %. Dieser Wert ist nicht deshalb um einen weiteren Abschlag zu
1 BGH, Beschl. v. 3.2.1988 – VIII ZR 276/87, NJW-RR 1988, 689. 2 BGH, Beschl. v. 15.1.1975 – IV ZR 124/73, MDR 1975, 389; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.2.1992 – 10 W 3/92, Rpfleger 1992, 254. 3 BGH, Urt. v. 24.4.1975 – III ZR 173/72, MDR 1975, 741; Beschl. v. 3.2.1993 – IV ZR 246/92, EzFamR ZPO § 3 Nr *(44). 4 OLG Bremen, Beschl. v. 16.9.2003 – 2 U 27/03, OLGR Bremen 2004, 134 = RVG-Berater 2004, 126. 5 OLG Bremen, Beschl. v. 16.9.2003 – 2 U 27/03, OLGR Bremen 2004, 134 = RVG-Berater 2004, 126.
N. Schneider/Monschau
369
2126
ZPO
Erbenhaftung mindern, weil der Beklage selbst nur geltend macht, mit einem bestimmten Anteil (hier: 1/3) am Nachlass als gesetzlicher Erbe beteiligt zu sein.1 2126a
Begehrt der Beklagte neben der Klageabweisung mit seiner Widerklage die Feststellung, dass er gesetzlicher Miterbe zu einer bestimmten Erbquote geworden sei, so hat die Widerklage einen Streitwert in Höhe der in Anspruch genommenen Erbquote abzgl. eines 20 %-igen Feststellungsabschlags. Der Streitwert von Klage und Widerklage ist nicht nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG zusammenzurechnen, weil die Ansprüche denselben Gegenstand betreffen.2
2127
Seine vorgenannte Rechtsprechung hat der BGH bekräftigt und ausgeführt, dass für die Bemessung des Rechtsmittelstreitwerts einer Erbfeststellungsklage der von den Klägern für sich in Anspruch genommene Erbteil maßgeblich ist.3 Für den Wert des Klageantrags kommt es weder darauf an, dass der Beklagte behauptet, selbst nur mit einem unter dem Erbanteil des Klägers liegenden Erbanteil Miterbe auf Grund gesetzlicher Erbfolge zu sein, noch darauf, dass die Kläger ihre Klagen gegen andere Beklagte, die ebenfalls als gesetzliche Miterben in Betracht kommen, zurückgenommen haben. Der Auffassung des BGH ist zuzustimmen, weil in der Rechtsmittelinstanz gem. § 3 ZPO von dem wirtschaftlichen Interesse der unterlegenen Beklagten auszugehen ist.4
Erbenhaftung Siehe das Stichwort „Haftungsbeschränkung“.
Erbschein 2128
Der Streitwert einer auf § 2362 BGB gestützten Klage auf Herausgabe eines unrichtigen Erbscheins bemisst gem. § 3 ZPO nach dem wirtschaftlichen Interesse des Anspruchstellers an der Beseitigung des unrichtigen Erbscheins. Ein solches Interesse kann in der Verhinderung drohender Nachteile liegen5 oder in der Sicherung möglicher Beweisvorteile.
2129
Weder der Nachlasswert noch das Interesse des Klägers, mittelbar die Ungültigkeit der letztwilligen Verfügung des Erblassers feststellen zu lassen, sind für die Streitwertbemessung von Bedeutung.
2130
Im Erbschein-Einziehungsverfahren ist der Wert des beanspruchten Erbteils maßgeblich.6
2131
Einstweilen frei. 1 2 3 4
BGH, Beschl. v. 28.9.2011 – IV ZR 146/10, ZEV 2011, 656 = AGS 2012, 30. BGH, Beschl. v. 28.9.2011 – IV ZR 146/10, ZEV 2011, 656 = AGS 2012, 30. BGH, Beschl. v. 13.12.2011 – IV ZR 146/10, ZEV 2012, 159. Vgl. auch BGH, Beschl. v. 21.11.2006 – IV ZR 143/05, FamRZ 2007, 464; a.A. Giehring, ZEV 2014, 282, der sich – aufgrund unzutreffender Auslegung des § 3 ZPO – dafür ausspricht, den Gebührenstreitwert im Erbfeststellungsprozess relational entsprechend dem Wert des Bruchteils des Nachlasses für den Angreifer zu ermitteln. 5 BGH, Beschl. v. 8.5.1967 – II ZR 191/66, KostRspr. ZPO § 3 Nr. 176. 6 BGH, Urt. v. 11.11.1976 – III ZR 57/75, MDR 1977, 295; vgl. N. Schneider, ErbR 2014, 164 (zum GNotKG).
370
Monschau
Erbunwrdigkeit
Erbteilungsklage Siehe das Stichwort „Miterbe“.
Erbunwrdigkeit Die Anfechtung wegen Erbunwürdigkeit kann gem. § 2342 Abs. 1 Satz 1 BGB nur durch Klage oder Widerklage geltend gemacht werden. Nach § 2342 Abs. 1 Satz 2 BGB muss im Klageantrag deutlich hervortreten, dass die Anfechtung wegen Erbunwürdigkeit (im Unterschied zur bloßen Anfechtung einer Verfügung von Todes wegen) geltend gemacht wird.
2132
Der für die sachliche Zuständigkeit gem. §§ 71, 23 Nr. 1 GVG ausschlaggebende Streitwert der Anfechtungsklage richtet sich nach heute herrschender Meinung nicht nach dem Interesse des Klägers am Wegfall des Beklagten, sondern nach der Beteiligung des Beklagten am Nachlass1. Danach ist der Streitwert gleich dem Wert des Anteils am Nachlass, den der Beklagte bei erfolgreicher Erbunwürdigkeitsklage verliert2. Erklärlich ist diese Rechtsprechung aus dem Bestreben, den wirtschaftlichen Auswirkungen einer Erbunwürdigkeitsklage Rechnung zu tragen: Klagt nämlich jemand, der bei Erbunwürdigkeit des Beklagten nur Miterbe zu einem Bruchteil wäre, so würde sich das zugunsten aller übrigen nachrückenden Erben auswirken. Bei einer Bewertung des Streitgegenstandes nur gemäß des Interesses des Klägers, kommt der Beklagte dann unter Umständen nicht in die Rechtsmittelinstanz, obwohl wirtschaftlich ein revisibler Wert auf dem Spiel steht.3 Siehe dazu auch das Stichwort „Ausschließung“, Rn. 1483 ff. und das Stichwort „Miterbe“, Rn. 4092 ff. m.w.N. zur einschlägigen Rechtsprechung des BGH.
2133
Zu bedenken ist allerdings, dass die Rückwirkung der Erbunwürdigkeitserklärung dazu führt, dass die erbrechtliche Übertragung auf den Beklagten entfällt. Gleichwohl darf daraus mit OLG Frankfurt4 nicht der Schluss gezogen werden, dass sich der Streitwert nach dem Gesamtwert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalles bemisst. Eine solche Schlussfolgerung ist nur dann zulässig, wenn eine einzige Person gegen eine einzige andere Person das Erbrecht für sich in Anspruch nimmt, ohne pflichtteilsberechtigt zu sein. Denn lediglich in diesem Fall ist der ganze Nachlass im Streit und der Streitwert deshalb nicht um erbrechtliche Beteiligungen des Klägers zu kürzen.
2134
Ist die Klage neben der Feststellung der Erbunwürdigkeit auf die Herausgabe des Nachlasses gerichtet, liegt wirtschaftliche Identität der Streitgegenstände vor, mit der Folge, dass die Werte nicht zu addieren sind.5
2135
1 BGH, Urt. v. 20.10.1969 – III ZR 208/67, LM Nr. 41 zu § 3 ZPO; OLG Koblenz, Beschl. v. 11.12.1996 – 14 W 739/96, MDR 1997, 693; Groll/Steiner, Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung, A. Rn. 28; kritisch dazu etwa Bauer, Der Erbunwürdigkeitsprozess, Rn. 121 ff.; Roth, ZEV 1997, 253; Zimmermann, Verlust der Erbschaft, Rn. 311. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 11.12.1996 – 14 W 739/96, AGS 1997, 69 = MDR 1997, 693; OLG Frankfurt, Urt. v. 29.10.2010 – 21 U 9/10, FamRZ 2011, 1177 = ZFE 2011, 80 = ErbR 2011, 62. 3 Siehe auch die entsprechende Situation bei der Abmeierungsklage nach § 18 WEG das Stichwort „Wohnungseigentum“, Rn. 6319 ff. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.2.1971 – 6 W 557/70, JurBüro 1971, 540. 5 BGH, JurBüro 1969, 1168.
Monschau
371
ZPO
Erbvertrag
Erbvertrag 2136
Der Streitwert für die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Rücktritts von einem Erbvertrag bemisst sich nach dem gem. § 3 ZPO zu schätzenden Interesse des Klägers an dem Weiterbestehen des Erbvertrages. Enthält dieser die Einsetzung des Klägers als Alleinerbe, dann ist gleichwohl nicht der Wert des gesamten Nachlasses maßgebend, weil der Erblasser nicht gehindert ist, über sein Vermögen zu verfügen und die Erbmasse zu schmälern.
2137
Aus diesen Erwägungen heraus ist es gerechtfertigt, die Feststellungsklage nur mit 1/4 des Wertes der Erbmasse im Zeitpunkt der Klage zu bewerten.
2138
Enthält der Erbvertrag eine letztwillige Verfügung, die den Kläger begünstigt, ohne ihn als Alleinerben einzusetzen, dann ist deren wirtschaftlicher Wert maßgebend.
2139
Wird eine Klage auf Rücktritt vom Vertrag gestützt, dann richtet sich der Streitwert danach, welche im Klageantrag konkretisierte Rechtsfolge aus dem Rücktritt hergeleitet wird. Das kann beispielsweise ein Rückzahlungsanspruch sein; dann ist der Nennbetrag der Forderung maßgebend. Handelt es sich hingegen etwa um den Antrag auf Feststellung der Wirksamkeit des Rücktritts vom Vertrag, dann muss der Streitwert nach § 3 ZPO geschätzt werden. Dabei ist jedoch nicht einfach auf Leistung oder Gegenleistung abzustellen, sondern auf das wirtschaftliche Interesse an der Bindungsfreiheit, das im Wesentlichen in dem Vermögensunterschied vor und nach Rückgängigmachung des Vertrages besteht (s. das Stichwort „Vertragsauflösung“).
Erledigung der Hauptsache Literatur: E. Schneider, JurBüro 1979, 1589 (Zinsen und Kosten nach teilweiser Hauptsachenerledigung); Schmidt, MDR 1984, 372; Pape/Notthoff, JuS 1995, 1016; Seutemann, MDR 1995, 122 und 1996, 555; Liebheit, NJW 2000, 2235 (Erledigung der Hauptsache im Mahnverfahren); Müller, Grundlagen der Sonderregelungen der Streitwertbemessung, JurBüro 2001, 19; E. Schneider, Die Kostenregelung der Klagerücknahme nach neuem Recht, JurBüro 2002, 509; Wolff, NJW 2003, 553; Deckenbrock/Dötsch, Streitwert bei einseitiger Erledigungserklärung, JurBüro 2003, 287; Abramenko, Die Änderung des Streitwertes bei übereinstimmender Erledigungserklärung, Rpfleger 2005, 15. Gliederungsübersicht A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . I. Erledigendes Ereignis . . . . . . . . II. Übereinstimmende Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . III. Einseitige Erledigungserklärung IV. Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses . . . . . . . . . . . . . . . . B. I. II. 1. 2. 3.
372
Zuständigkeitsstreitwert Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . Mahnverfahren Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . Zeitpunkt der Wertberechnung . Antragsänderung. . . . . . . . . . . .
Monschau/Kurpat
Rn.
Rn.
. 2140 . 2141
4. Antragsänderung vor Abgabe . . . 2170 5. Fehlende Antragsänderung oder Erklärung nach Abgabe . . . . . . . . 2175
. 2143 . 2146
C. Gebührenstreitwert . . . . . . . . . . I. Übereinstimmende Erledigungserklärung 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitpunkt der Wertänderung. . . . 3. Kosten des Rechtsstreits . . . . . . . II. Einseitige Erledigungserklärung 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Meinungsstand zum Bewertungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . .
. 2155 . 2160 . 2162 . 2163 . 2167
2176
2177 2179 2183 2188 2190
Erledigung der Hauptsache
3. 4. III. 1.
Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . Zeitpunkt der Wertänderung . . . . Teilweise Erledigung Übereinstimmende Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einseitige Teilerledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
D. I. 1. 2. II. III.
Besondere Verfahren Mahnverfahren . . . . . . Gerichtsgebühren . . . . Anwaltliche Gebühren Versäumnisverfahren . Stufenklage . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
Rn.
Rn.
2197 2206
IV. Klage und Widerklage . . . . . . . . . 2230 V. Einstweiliger Rechtsschutz. . . . . 2231 VI. Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . 2232
2207 2211 2217 2218 2220 2225 2228
E. I. II. 1. 2. III. 1. 2.
Rechtsmittel und Beschwer Anfechtbarkeit der Entscheidung Übereinstimmende Erledigung Vollständige Erledigung . . . . . . . Teilerledigung. . . . . . . . . . . . . . . Einseitige Erledigungserklärung Vollständige Erledigung . . . . . . . Teilweise Erledigung. . . . . . . . . .
2233 2238 2239 2242 2245
F. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2246
Stichwortübersicht Rn.
Rn.
Akteneingang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2163 Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . 2223 Beschwer – bei einseitiger . . . . . . . . . . . . . 2242, 2245 – bei übereinstimmender –. . . . . . . . . 2238 Differenzmethode . . . . . . . . . . . . . . . . 2214 Ehrverletzende Behauptungen. . . . . . . 2202 Eilverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2231 Einseitige Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . 2146, 2156, 2161 – als Klageänderung . . . . . . . . . . . . . . 2146 – Wert gleich 50 % der Hauptsache . . 2196 – Wert gleich Hauptsache . . . . . . . . . 2194 – Wert gleich Kosteninteresse . . . . . . 2191 Erfüllungshandlungen des Beklagten . 2141 Erklärung – in der mündlichen Verhandlung . . . 2143 – nach Teilzahlung durch Beklagten. . 2158 – stillschweigende . . . . . . . . . . . . . . . 2143 Erledigendes Ereignis . . . . . . . . . . . . . 2158 – Zeitpunkt des . . . . . . . . . . . . . . . . . 2155 Feststellung – der Hauptsacheerledigung . . . . . . . . 2188 Feststellungsinteresse . . . . . . . . . 2147, 2198 Fortsetzungsfeststellungsklage . . . . . . 2204 Gefahr gleichartiger Rechtsverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2203 Gerichtskostenbefreiung. . . . . . . . . . . 2185 Klageänderung Klagerücknahme. . . . . . . . . . . . . . . . . 2146 – Abgrenzung zur – . . . . . . . . . . . . . . 2187 – privilegierte . . . . 2148, 2156, 2169, 2189 Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2183 – Befreiung von Gerichtskosten . . . . . 2185 – Bezifferung, genaue . . . . . . . . . . . . . 2186 – der Vorinstanzen . . . . . . . . . . . . . . . 2183 – des Mahnverfahrens . . . . . . . . . . . . 2172 – vermeidbare . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2175 Kostenentscheidung – Anfechtbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 2233
Kosteninteresse . . . . . . . . . . . . . 2192, 2198 – Bewertung des . . . . . . . . . . . . . . . . 2214 – Überschreitung des . . . . . . . . . . . . . 2201a Mahnverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2162 – anwaltliche Gebühren . . . . . . . . . . 2220 – Aufgabe des bisherigen Mahnantrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2168 – Gerichtsgebühren . . . . . . . . . . . . . . 2218 – materielle Erledigung . . . . . . . 2167, 2171 Mehrwertsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . 2183 Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2156 Prozesshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . 2143 Quotenmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . 2214 Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . 2236 Rechtshängigkeit der Hauptsache. . . . . . . . . . 2145, 2165, 2206 Rechtskraft, Umfang der. . . . . . . 2150, 2201 Rechtsmittelinstanz . . . . . . . . . . . . . . 2183 Rechtsnatur des prozessualen Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2152 Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2204 Stillschweigende Erledigungserklärung Streitgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . 2143 – Änderung des . . . . . . . . 2149, 2191, 2197 – unverändert bei einseitiger Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . 2194 Streitwertfestsetzung, gestaffelte . . . . 2178 Stufenklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2228 Übereinstimmende Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2143 – nach Erörterung der Hauptsache . . . 2181 Vergleich – Gegenstandwert . . . . . . . . . . . . . . . 2248 – mit übereinstimmender Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . 2246 – negativer Kostenregelung . . . . . . . . 2246 – zur Vermeidung eines neuen Rechtsstreits. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2250 Versäumnisverfahren . . . . . . . . . . . . . 2225
Kurpat
373
Erledigung der Hauptsache Rn.
ZPO
Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2230 Wirksamwerden der Erledigungserklärung(en) . . . . . . . . . 2143, 2157 Zeitpunkt – der Wertänderung . . . . . . . . . . 2179, 2206
Rn. – der Wertberechnung . . . . . . . – des erledigenden Ereignisses . Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuständigkeit, Fortdauer der . . Zwangsvollstreckung . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
2163 2155 2207 2164 2232
A. Allgemeines 2140
Ohne Kenntnis von den mit der Erledigung des Rechtsstreits verbundenen materiell-rechtlichen und prozessualen Fragenstellungen sowie den hierzu vertretenen Lösungsansätzen, ist eine im Einzelfall zutreffende Streitwertbestimmung kaum möglich. Daher werden vorab die wesentlichen Tatbestandsmerkmale und prozessualen Folgen der Erledigung erörtert.
I. Erledigendes Ereignis 2141
Unter Erledigung der Hauptsache versteht man das Eintreten einer Tatsache, die eine ursprünglich zulässige und begründete Klage nachträglich unzulässig oder unbegründet macht,1 etwa die Erfüllung der eingeklagten Geldforderung, der Untergang des vom Kläger beanspruchten Gegenstandes oder der Wegfall einer Wiederholungsgefahr wettbewerbswidriger Werbung aufgrund Geschäftsaufgabe und dergleichen.
2142
Hierbei hat allein das erledigende Ereignis (Tatsache) auf den prozessualen Anspruch (Streitgegenstand) und damit auf den Streitwert keinen Einfluss. Dieser bleibt solange unverändert, bis entsprechende die Erledigung der Hauptsache betreffende Erklärungen gegenüber dem Gericht abgegeben werden.2
II. Übereinstimmende Erledigungserklärung 2143
Die Erledigungserklärung unterliegt als Prozesshandlung den allgemeinen Voraussetzungen.3 Hinsichtlich der Form ist nach der Neufassung des § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO („oder“) davon auszugehen, dass die Erledigung auch im Falle obligatorischer mündlicher Verhandlung außerhalb dieser durch Einreichung eines Schriftsatzes wirksam erklärt werden kann und unterliegt insoweit nicht dem Anwaltszwang.4 Ihre Wiederholung in der mündlichen Verhandlung hat dann nur noch deklaratorische Bedeutung.5 Eine wörtliche oder ausdrückliche Erklärung der Erledigung ist nicht erforderlich, es genügt, dass sich ein entsprechender Wille konkludent ermitteln lässt.6 Bloßes Schweigen des Beklagten auf die Erledigungserklärung des Klägers kann nur unter den Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO als Zustimmung behandelt werden.7
1 BGH, Urt. v. 6.12.1984 – VII ZR 64/84, MDR 1985, 570. 2 BGH, Beschl. v. 19.7.2004 – II ZR 41/02, BGHR 2005, 738; Urt. v. 8.2.1989 – IVa ZR 98/87, BGHZ 106, 359 = MDR 1989, 523. 3 BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 157/98, MDR 2002, 413. 4 BGH, Beschl. v. 15.9.2011 – VI ZR 137/11, AGS 2012, 40. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 15.5.1996 – 23 W 1/95, JurBüro 1996, 85; ausführlich Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 10. 6 BGH, Urt. v. 12.3.1991 – XI ZR 148/90, NJW-RR 1991, 1211. 7 OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.4.2010 – 3 W 22/10.
374
Kurpat
Erledigung der Hauptsache Hierbei stellt die Erledigungserklärung des Beklagten keine nachträgliche Zustimmung zur vorausgegangenen Erklärung des Klägers dar, für die man eine Rückwirkung nach § 184 Abs. 1 BGB annehmen könnte.1 Vielmehr sind die nach § 91a ZPO erforderlichen gleichgerichteten prozessualen Einverständniserklärungen (Bewirkungshandlungen) – im Hinblick auf die Rechtshängigkeit des betroffenen Klageanspruchs – als prozessualer Gesamtakt2 anzusehen. Die Reihenfolge der Erklärung ist dagegen, übereinstimmender Inhalt vorausgesetzt, ohne Bedeutung.3 Auch kann die eine Erklärung schriftsätzlich und die andere in der mündlichen Verhandlung abgegeben werden.4 Zeitlich ist eine übereinstimmende Erledigung bis zum Eintritt der Rechtskraft möglich.
2144
Wird die Hauptsache von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, dann endet mit diesem Zeitpunkt die Rechtshängigkeit der Hauptsache.5 Über die Kosten des Rechtsstreits entscheidet das Gericht nach überwiegender Auffassung von Amts wegen6 gem. § 91a ZPO nach dem „bisherigen Sach- und Streitstand“, d.h. ohne weitere Beweiserhebung.7
2145
III. Einseitige Erledigungserklärung Schließt sich der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht an, scheidet 2146 eine Anwendung des § 91a ZPO aus. Der Kläger muss entscheiden, ob er die ursprüngliche Klage (hilfsweise) aufrechterhält, zurücknimmt oder die von ihm angenommene Erledigung selbst zum Gegenstand seines Klagebegehrens macht. Nach heute ganz überwiegender Auffassung umfasst die Erledigungserklärung für den Fall, dass sie einseitig bleibt, den Antrag festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.8 Hierbei ist der Übergang vom bisherigen Klagebegehren auf die Feststellungsklage als privilegierte Klageänderung (§ 264 Nr. 2 ZPO) zu qualifizieren, die nicht der Zustimmung des Prozessgegners bedarf.9 Das gilt im Übrigen auch für die Rückkehr zum urspünglichen Klageantrag unter Wideruf der – einseitig gebliebenen (und noch nicht beschiedenen) – Erledigungserklärung.10 Der Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens steht nicht entgegen, dass es sich – nach Darstellung des Klägers – um ein vergangenes Rechtsverhältnis handelt. Denn auch erloschene Rechtsverhältnisse können Gegenstand einer gerichtlichen Feststellung sein, wenn – und hier scheint bereits die Lösung der mit der einseitigen Erledigungserklärung verbundenen Streitwertprobleme auf – sie wenigstens
1 Zutr. OLG München, JurBüro 1969, 434; s. aber Abramenko, Rpfleger 2005, 15. 2 MünchKomm.ZPO/Lindacher, § 91a Rn. 26; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.1.2007 – 18 W 38/06, JurBüro 2007, 256; OLG Hamburg, Beschl. v. 1.7.1992 – 8 W 152/92, JurBüro 1993, 363 – damit ist für die Frage der Wertänderung aber noch nichts entschieden, vgl. unten Rn. 1816. 3 Prütting/Gehrlein/Hausherr, § 91a ZPO Rn. 20. 4 Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 10. 5 BGH, Urt. v. 8.2.1989 – Va ZR 98/87, MDR 1989, 523. 6 BGH, Beschl. v. 27.11.1996 – XII ZR 249/95, NJW-RR 1997, 510; Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 22 m.w.N. 7 Str.; ausführlich Zöller/Vollkommer, § 91a Rn. 26. 8 BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 157/98, MDR 2002, 413; Beschl. v. 26.5.1994 – I ZB 4/94, MDR 1995, 92; Urt. v. 8.3.1990 – I ZR 116/88, NJW 1990, 3147; Zöller/Vollkommer, § 91a Rn. 34 m.w.N.; a.A. MünchKomm.ZPO/Lindacher, § 91a Rn. 92 m.w.N.: Zwischenstreit über den Fortgang des Verfahrens. 9 BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 157/98, MDR 2002, 413; Zöller/Vollkommer, § 91a Rn. 34 m.w.N. 10 BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 157/98, MDR 2002, 413.
Kurpat
375
2147
Erledigung der Hauptsache
ZPO
die Grundlage weiterer Ansprüche bilden können,1 also trotz Erledigung rechtliche Folgen im Raum stehen. Dies ist bei der auf Feststellung der Hauptsacherledigung gerichteten Klage schon deswegen der Fall, weil der Kläger auf die Begründetheit des bisherigen Klagebegehrens (und der damit verbundenen Verursachung der Klageerhebung) seinen Anspruch auf Erstattung ihm entstandener Kosten der Rechtsverfolgung stützt. 2148
Der Annahme, dass es sich bei der einseitigen Erledigungserklärung um einen Wirksamkeitsstreit über eine kostenmäßig privilegierte Klagerücknahme handelt,2 dürfte mit der Neufassung des § 269 Abs. 3 ZPO der Boden entzogen sein. Denn hier hat der Gesetzgeber bei Eintritt eines erledigenden Ereignisses nur für einen zeitlich eng begrenzten Bereich die Möglichkeit der Klagerücknahme mit summarischer Kostenentscheidung eröffnet.3
2149
Mit der einseitigen Erledigungserklärung ist – notwendigerweise – eine Änderung des Streitgegenstandes verbunden, da der Kläger mit dem Übergang zur Feststellungsklage nicht mehr Verurteilung gemäß der bisherigen Hauptsache, sondern nur noch die Feststellung eines bis zum Eintritt der Erledigung bestehenden Rechtsverhältnisses begehrt. Zur Entscheidung steht nicht mehr, ob der (bisherige) Anspruch des Klägers (noch) besteht, sondern nur noch, ob der Anspruch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, dem der angenommenen Erledigung, bestanden hat.4
2150
Daher ist auch die Annahme falsch, mit der Abweisung der Feststellungsklage werde zugleich die ursprüngliche Leistungsklage abgewiesen.5 Da der Übergang von der Leistungs- zur Feststellungsklage keiner Zustimmung bedarf (§ 264 Nr. 2 ZPO), kann sich der Klageabweisungsantrag des Beklagten – zur Vermeidung von Säumnisfolgen (§ 333 ZPO) – nur auf den Feststellungsantrag beziehen. Im Übrigen liegt der vorbezeichneten Annahme eine unzutreffende Bestimmung von Streitgegenstand und Umfang der Rechtskraft der Leistungs- und Feststellungsklage zugrunde.
2151
Denn während bei Aufrechterhaltung der Hauptsacheklage über ein zum Schluss der mündlichen Verhandlung bestehendes Rechtsverhältnis entschieden worden wäre, wird bei der Feststellungsklage über den Bestand eines vergangenen Rechtsverhältnisses entschieden. Dabei sind trotz desselben materiell-rechtlichen Anspruchs unterschiedliche Bewertungen möglich. So folgt aus der Abweisung des Feststellungsantrags nicht notwendigerweise, dass die zuvor gestellte Leistungsklage – ohne Eintritt des (angeblich) erledigenden Ereignisses – ebenfalls hätte abgewiesen werden müssen. Dies zeigen schon die Beispiele, dass auf einen noch nicht fälligen Anspruch gezahlt wird oder einem Ereignis nicht die vom Kläger angenommene erledigende Wirkung zukommt. Hier folgt aus der Abweisung der Feststellungsklage keineswegs, dass ohne Zahlung die Leistungsklage ebenfalls abgewiesen worden wäre, da die fehlende Fälligkeit noch zwischen Zahlung (an-
1 BGH, Urt. v. 29.4.1958 – VIII ZR 198/57, MDR 1958, 511; BAG, Urt. v. 23.4.1997 – 5 AZR 727/95, MDR 1997, 1150; Zöller/Greger, § 256 Rn. 3a. 2 Ablehnend schon BGH, Urt. v. 6.12.1984 – VII ZR 64/84, NJW 1984, 588. 3 Siehe auch Zöller/Vollkommer, § 91a Rn. 47: ein Fall der Angleichung. 4 BGH, Beschl. v. 26.5.1994 – I ZB 4/94, NJW 1994, 2363; Urt. v. 27.2.1992 – I ZR 35/90, NJW 1992, 2235; Urt. v. 8.3.1990 – I ZR 116/88, NJW 1990, 3147; a.A. noch BGH, Urt. v. 11.7.1990 – XII ZR 10/90, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1009 mit Anm. E. Schneider = FamRZ 1990, 1225; widersprüchlich BGH, Urt. v. 1.6.1990 – V ZR 48/89, NJW 1990, 2682; Urt. v. 8.12.1981 – VI ZR 161/80 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 568 mit Anm. E. Schneider = NJW 1982, 767. 5 So aber noch BGH, Urt. v. 8.2.1989 – IVa ZR 98/87, MDR 1989, 523; unklar BGH, Urt. v. 27.2.1992 – I ZR 35/90, NJW 1992, 2236.
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Erledigung der Hauptsache geblich erledigendes Ereignis) und Schluss der mündlichen Verhandlung hätte eintreten können. Fehlt es allein an einem erledigenden Ereignis, müsste dem ursprünglichen Klageantrag sogar stattgegeben werden. Folgerichtig erfasst die Rechtskraft einer den Feststellungsantrag abweisenden Entscheidung nicht den Bestand des Leistungsantrages zum Schluss der mündlichen Verhandlung. Sie ist allenfalls negativ präjudiziell für eine erneute Leistungsklage, deren Erhebung nicht der Einwand einer bereits ergangenen rechtskräftigen Entscheidung entgegensteht.1 Die Rechtsnatur des Klagebegehrens verändert sich weder durch übereinstimmende noch durch einseitige Erledigungserklärungen; eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit kann sich also dadurch nicht in eine vermögensrechtliche verwandeln.2 Die Qualifizierung war früher für Berufungen und Revisionen von Bedeutung, weil in nichtvermögensrechtlichen Sachen, anders als in vermögensrechtlichen, die Rechtsmittel keine Mindestbeschwer erforderten. Diese Unterscheidung ist für die Berufung durch das RPflEntlG 1993 und für die Revision durch das ZPO-ReformG 2001 hinfällig geworden.
2152
Die Hauptsache kann – übereinstimmend oder einseitig – auch teilweise für erledigt erklärt werden. Dann gelten die Rechtsgrundsätze zur Hauptsacheerledigung hinsichtlich des von der Erledigungserklärung betroffenen (Teils des) Streitgegenstandes.
2153
Zur rechtlichen Einordnung der „Erledigungserklärung“ im Mahnverfahren s. nachfolgend Rn. 2162 ff.
2154
IV. Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses Erklären die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt, kommt der Frage, ob und zu welchem Zeitpunkt ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, keine Bedeutung zu. Aufgrund der Dispositionsmaxime der Parteien, die sie zu einer jederzeitigen Beendigung des Rechtsstreits berechtigt, tritt die übereinstimmende Erledigungserklärung an die Stelle des erledigenden Ereignisses. Sie „erledigt“ den Rechtsstreit in der Hauptsache. Dies unabhängig davon, ob das die Erledigungserklärungen auslösende Ereignis vor oder nach Rechtshängigkeit liegt.3
2155
Bleibt die Erledigungserklärung des Klägers hingegen einseitig, ist das Vorliegen eines erledigenden Ereignisses nur für die Begründetheit der nunmehr auf Feststellung der Hauptsacheerledigung gerichteten Klage von Bedeutung. Liegt der Zeitpunkt des vom Kläger behaupteten erledigenden Ereignisses (bzw. der Wegfall des die Klageeinreichung veranlassenden Umstandes) vor Rechtshängigkeit, ist die einseitige Erledigungserklärung mangels abweichender Angaben als privilegierte Klagerücknahme gem. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO auszulegen.4 Für eine Auslegung in eine auf Kostenersatz gerichtete Feststellungsklage5, besteht nach der
2156
1 MünchKomm.ZPO/Lindacher, § 91a Rn. 84 m.w.N.; Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 46. 2 BGH, Urt. v. 8.12.1981 – VI ZR 161/80, JurBüro 1982, 596 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 568 mit Anm. E. Schneider. 3 Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 6, 16 m.w.N. 4 OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.8.2000 – 9 WF 90/00, MDR 2000, 1393; OLG München, OLGR 1997, 202; Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 42; a.A. und auf bloße Anhängigkeit abstellend OLG Köln, Beschl. v. 30.10.1995 – 1 W 52/95, MDR 1996, 208; MünchKomm.ZPO/Lindacher, § 91a ZPO Rn. 30 m.w.N. 5 Vgl. etwa OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2001 – 23 U 59/01, OLGR 2002, 296.
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Erledigung der Hauptsache
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Neufassung des § 269 Abs. 3 ZPO in der Regel kein Anlass.1 Es sollte jedoch nicht übersehen werden, dass die nach §§ 269 Abs. 3 Satz 3, 91a Abs. 1 ZPO zu erwartende Kostenverteilung aufgrund der Besonderheiten der Billigkeitsentscheidung und auf Grundlage des „bisherigen Sach- und Streitstandes“ vom Kläger weit weniger beeinflusst werden kann, als bei einer Kostenfeststellungsklage.2 Hierauf sollte das Gericht im Zweifel gem. § 139 ZPO hinweisen. 2157
In beiden Fällen hat das erledigende Ereignis allein keinen Einfluss auf die Streitwertbestimmung, weder vorgerichtlich noch während des Rechtsstreits. Vielmehr wird der Streitwert – wie auch sonst – erst durch die Vornahme von Prozesshandlungen beeinflusst, die der (ggf. streitigen) Erledigung Rechnung tragen.3 Soweit darüber hinausgehend streitwertrechtliche Auswirkungen unabhängig von der „prozessualen Wirksamkeit der Erledigungserklärung(en)“ bejaht werden,4 ist dem nicht zu folgen. Denn für die zur Begründung herangezogene wirtschaftliche Betrachtungsweise fehlt es ohne wirksame Prozesshandlung an einem Bezugspunkt.
2158
Da allein die Erfüllungshandlungen des Beklagten den prozessualen Anspruch (Streitgegenstand) nicht verändern, erhält der Prozessbevollmächtigte die Verfahrensgebühr nach dem Hauptsachewert folglich auch dann, wenn der Beklagte vor Mandatserteilung oder vor mündlicher Erörterung Teilzahlungen an den Kläger erbringt, die Erledigungserklärungen zur Hauptsache aber erst danach gegenüber dem Gericht abgegeben werden.5 Ebenso liegt es, wenn der Anwalt dem Mandanten rät, einen Teilbetrag zu zahlen, dieser dem Rat folgt und dann die Hauptsache teilweise für erledigt erklärt wird.6
2159
Die gegenteilige Auffassung7 setzt zu Unrecht das außerprozessuale Verhalten einer Partei (Teilzahlungen) mit den (ggf.) dem Anwaltszwang unterliegenden Prozesshandlungen (Abgabe der Erledigungserklärung) gleich.
B. Zuständigkeitsstreitwert I. Erkenntnisverfahren 2160
Die übereinstimmende Erledigungserklärung setzt nach zutreffender Ansicht ein Prozessrechtsverhältnis (§ 91a Abs. 1 ZPO: „den Rechtsstreit“) und damit eine rechtshängige Klageforderung voraus.8 Folglich bleibt die übereinstimmende Erledigungserklärung schon wegen § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO (sog. perpetuatio fori) auf eine einmal begründete Zuständigkeit ohne Einfluss.
2161
Dies gilt im Ergebnis auch für die einseitig gebliebene Erledigungserklärung, die als Antrag auf Feststellung des Inhalts anzusehen ist, dass der Rechtsstreit in der 1 Siehe aber OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.2.2013 – 24 W 2/13, das bei Erledigungserklärung vor Klagezustellung von einem Kostenfeststellungsantrag ausgeht. 2 Eingehend Elzer, NJW 2002, 2006 (2006 f.). 3 BGH, Beschl. v. 19.7.2004 – II ZR 41/02, BGHR 2005, 738; Urt. v. 8.2.1989 – IVa ZR 98/87, MDR 1989, 523. 4 So OLG Hamm, Beschl. v. 15.5.1995 – 23 W 1/95, JurBüro 1996, 85; OLG Koblenz, Beschl. v. 17.10.1991 – 14 W 572/91, JurBüro 1992, 465. 5 OLG Dresden, Beschl. v. 16.7.2001 – 19 W 934/01, JurBüro 2001, 589; OLG Stuttgart, JurBüro 1981, 860. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.5.1993 – 10 W 14/93, JurBüro 1994, 241 mit zust. Anm. Mümmler = AnwBl. 1993, 578. 7 OLG Hamburg, Beschl. v. 28.8.1981 – 8 W 252/89, MDR 1982, 63 – Zahlung vor Erörterung und nachfolgender Erledigungserklärung; OLG Schleswig, Beschl. v. 10.3.1981 – 9 W 30/81, JurBüro 1981, 921. 8 Vgl. Zöller/Vollkommer, § 91a Rn. 17 m.w.N.
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Erledigung der Hauptsache Hauptsache erledigt ist1 (s. im Einzelnen oben Rn. 2146 ff.). Zwar erfordert der klageändernde Charakter einer Prozesshandlung eine streitwertrechtliche Neubewertung und ermöglicht damit im Fall der die Streitwertgrenze überschreitenden Klageerweiterung (§ 264 Nr. 2 ZPO), bei einer Klagebeschränkung gilt § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, grundsätzlich eine Verweisung.2 Es besteht jedoch trotz der Differenzen über die Bewertung der einseitigen Erledigungserklärung Einigkeit darüber, dass der Streitwert des Feststellungsbegehrens nicht über dem Wert der bisherigen Hauptsache liegen kann (s. nachfolgend Rn. 2190 ff.). Eine Verweisung des Rechtsstreits vom AG zum LG gem. § 506 ZPO scheidet daher aus.
II. Mahnverfahren 1. Allgemeines Für die Durchführung des Mahnverfahrens ist das Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Wert des geltend gemachten Zahlungsanspruchs sachlich ausschließlich zuständig, § 689 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Bewertungsprobleme stellen sich hier nicht. Anders liegt es beim Übergang in das Streitverfahren, wenn während des Mahnverfahrens auf die im Mahnbescheid geltend gemachte Forderung Zahlungen erbracht worden sind. Hier kann es zu Wertunterschieden zwischen Mahn- und Streitverfahren kommen. Insoweit ist zu prüfen, ob die mit dem Mahnbescheid geltend gemachten (Haupt- und Neben-)Forderungen in vollem Umfang oder nur teilweise erfüllt wurden und die hierdurch veranlasste „Erledigungserklärung“ vor oder nach Abgabe des Verfahrens an das Prozessgericht erfolgte.
2162
2. Zeitpunkt der Wertberechnung Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertberechnung ist gem. § 4 Abs. 1 ZPO derjenige der Klageeinreichung (Anhängigkeit). Diesem Zeitpunkt entspricht bei der Überleitung der Mahnsache in das streitige Verfahren gem. § 696 Abs. 1 Satz 4 ZPO der Eingang der Akten beim Prozessgericht, nicht die Einreichung des Mahnantrages oder des Antrages auf Durchführung des streitigen Verfahrens.3
2163
Der vorgenannte Bewertungszeitpunkt wird durch die Regelung über die Fortdauer einer einmal begründeten Zuständigkeit in § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht in Frage gestellt. Zwar gilt nach § 696 Abs. 3 ZPO die Streitsache mit Zustellung des Mahnbescheides als rechtshängig geworden, jedoch findet § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO auf diese zurückbezogene Rechtshängigkeit nach ganz überwiegender Ansicht wegen der Besonderheiten des Mahnverfahrens keine Anwendung.4 Es handelt sich
2164
1 BGH, Beschl. v. 26.5.1994 – I ZB 4/94, MDR 1995, 92; Urt. v. 8.3.1990 – I ZR 116/88, NJW 1990, 3147; Zöller/Vollkommer, § 91a Rn. 34 m.w.N. 2 BGH, Beschl. v. 17.5.1989 – I ARZ 254/89, NJW 1990, 53; Zöller/Greger, § 261 Rn. 12. 3 KG, Beschl. v. 21.2.2002 – 2 AR 19/02, MDR 2002, 1147; OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.2.1996 – 21 AR 10/96, NJW-RR 1996, 1403; Beschl. v. 28.7.1992 – 20 AR 10/92, NJW-RR 1992, 1341; OLG Hamm, Beschl. v. 26.4.2001 – 23 W 594/00, JurBüro 2002, 89; OLG München, Beschl. v. 16.11.1998 – 11 W 2823/98, MDR 1999, 508; OLG Rostock, Beschl. v. 18.2.2002 – 8 W 64/01, MDR 2002, 665; OLG Stuttgart, Beschl. v. 24.2.1999 – 8 W 527/98, MDR 1999, 634; Zöller/Herget, § 4 ZPO Rn. 3; a.A. für Gebührenstreitwert OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.6.1996 – 10 W 50/96, NJW-RR 1997, 704; 98, 1077: hier zu Unrecht auf den Streitantrag abstellend. 4 BayObLG, Beschl. v. 29.6.1994 – 1 Z AR 31/94, MDR 1995, 312; KG, Beschl. v. 21.2.2002 – 2 AR 19/02, MDR 2002, 1147; Beschl. v. 27.11.1997 – 28 AR 55/97, MDR 1998, 35; OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.9.1994 – AR 15/94, NJW-RR 1995, 831; OLG Hamburg, Beschl. v. 9.6.1998 – 8 W 139/98, MDR 1998, 1121; OLG München, Beschl. v. 16.5.1997 – 11 W 1392/97, JurBüro 1997, 602; Zöller/Vollkommer, § 696 ZPO Rn. 7.
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um eine Rückwirkungsfiktion für materiell-rechtliche Normen, die an den Eintritt der Rechtshängigkeit anknüpft, beispielsweise für den Anfall von Prozesszinsen (§ 291 BGB) oder den Ersatz von Nutzungen im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§ 987 BGB). 2165
Die mit dem Erlass des Vollstreckungsbescheids verbundene fiktive Rechtshängigkeit nach § 700 Abs. 2 ZPO rechtfertigt keine andere Bewertung, was bereits aus der Verweisung in § 700 Abs. 3 Satz 2 ZPO folgt. Danach gilt bei Einlegung eines Einspruchs § 696 Abs. 1 Satz 4 ZPO, wonach der Rechtsstreit (erst) mit Akteneingang als anhängig anzusehen ist, entsprechend. Maßgeblicher Zeitpunkt für § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO ist auch hier der Akteneingang, so dass bei Wertdifferenzen zwischen Mahn- und Vollstreckungsbescheid immer auf Letzteren abzustellen ist.1
2166
Die vorstehenden Ausführungen gelten auch dann, wenn die Abgabe nach Widerspruchseinlegung nicht alsbald erfolgt. Da ein Eintritt der Rechtshängigkeit vor Anhängigkeit ausscheidet, kommt alternativ zum Akteneingang nur die nach außen erkennbare Aufnahme der gerichtlichen Tätigkeit2 oder die Zustellung der Anspruchsbegründung in Betracht.3 Beides trägt den Besonderheiten des Mahnverfahrens nur unzureichend Rechnung.4 Streitwertrechtlich gewinnt die Frage an Bedeutung, wenn eine Antragsbeschränkung auf einen Wert unterhalb der Zuständigkeitsgrenze erstmals in der nach Abgabe eingereichten Anspruchsbegründung erfolgt. § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO stünde dann einer Verweisung vom LG an das AG nicht entgegen.5 3. Antragsänderung
2167
Entscheidend für die sachliche Zuständigkeit ist mithin, in welchem Umfang das Mahnverfahren an das Streitgericht abgegeben worden ist. Dies wird bei Zahlungen des Beklagten maßgeblich davon beeinflusst, ob sich der Kläger bereits im Mahnverfahren, d.h. vor Abgabe der Akten an das Prozessgericht, auf eine vollständige oder nur teilweise materielle Erledigung der Mahnantragsforderung berufen und diese insoweit nicht mehr zur Entscheidung des Prozessgerichts gestellt hat. In der Praxis geschieht dies oft dadurch, dass „der Rechtsstreit“ in der Hauptsache (teilweise) für erledigt erklärt wird. Hierin ist weder eine Rücknahme des Streitantrages6 noch ein Antrag auf Feststellung einer dahingehenden Erledigung zu sehen.7
1 OLG Braunschweig, Beschl. v. 16.2.1999 – 1 W 5/99, OLGR 1999, 310; OLG Koblenz, Beschl. v. 10.3.1982 – 4 SmA 1/82, Rpfleger 1982, 292; Zöller/Vollkommer, § 686 Rn. 6; ohne Begründung a.A. Fischer, MDR 2000, 301 (303); Thomas/Putzo/Hüßtege, § 700 Rn. 3. 2 So OLG Köln, Urt. v. 22.2.1985 – 6 U 191/84, MDR 1985, 680. 3 So MünchKomm.ZPO/Schüler, § 696 Rn. 21; Musielak/Voit, § 696 Rn. 4. 4 KG, Beschl. v. 13.2.1998 – 28 AR 61/97, MDR 1998, 618; Beschl. v. 27.11.1997 – 28 AR 55/97, MDR 1998, 735; Zöller/Vollkommer, § 696 Rn. 5 m.w.N.; offen lassend: KG, Beschl. v. 21.1.2002 – 2 AR 19/02, MDR 2002, 1147; offen lassend für Einhaltung materiell-rechtlicher Fristen: BGH, Urt. v. 14.11.1991 – IX ZR 250/90, MDR 1992, 180 = NJW 1993, 1070: spätestens mit Zustellung der Anspruchsbegründung; Urt. v. 18.10.1990 – IX ZR 43/90, BGHZ 112, 325 = NJW 1991, 171: nicht vor Abgabe. 5 Vgl. etwa KG, Beschl. v. 21.2.2002 – 2 AR 19/02, MDR 2002, 147. 6 So aber KG, Beschl. v. 8.12.1997 – 18 W 8917/97, KGR 1998, 54; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.2.1988 – 13 W 10/88, MDR 1988, 1066; OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.4.1984 – 8 W 324/83, MDR 1984, 673. 7 So aber OLG Bamberg, JurBüro 1992, 762; OLG München, Beschl. v. 28.2.1996 – 28 W 676/96, JurBüro 1996, 368; OLG Naumburg, Beschl. v. 21.7.1998 – 12 W 17/98, OLGR 1999, 94.
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Erledigung der Hauptsache Vielmehr ist diese Erklärung sachgerecht dahingehend auszulegen, dass der Kläger – unter Aufgabe des bisherigen Mahnantrages – die Feststellung der (materiellrechtlichen) Verpflichtung des Beklagten zur Kostentragung begehrt. Denn gegen eine Wertung als Rücknahme des Streitantrages spricht, dass dann der „erledigte“ Teil des Mahnverfahrens nicht in das Streitverfahren übergeleitet und damit eine Entscheidung über die durch diesen verursachten Kosten verhindert wird,1 obwohl dem Kläger an einer Sachentscheidung gelegen ist.2 Der Annahme eines auf Erledigung gerichteten Feststellungsantrages widerstreitet, dass mangels Rechtshängigkeit des zuvor geltend gemachten Anspruchs eine Erledigung der Hauptsache nicht festgestellt werden kann, die geänderte Klage daher in jedem Fall unbegründet wäre. Dem Kosteninteresse des Klägers kann (und muss daher) dahingehend Rechnung getragen werden, dass die materiell-rechtliche Kostentragungspflicht des Beklagten Streitgegenstand wird.3
2168
Die Annahme einer privilegierten Klagerücknahme (§ 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO) vor Abgabe des Verfahrens dürfte angesichts fehlender Anhängigkeit des Zahlungsanspruchs nicht in Betracht kommen, arg. § 696 Abs. 1 Satz 4 ZPO.4 Dass auch eine übereinstimmende Erledigungserklärung der Parteien nach Abgabe an das Prozessgericht ausscheidet,5 erscheint angesichts der Dispositionsmaxime der Parteien dagegen zweifelhaft.
2169
4. Antragsänderung vor Abgabe Hat der Beklagte die mit dem Mahnbescheid geltend gemachte Forderung durch Zahlung vollständig beglichen und sich der Kläger vor Abgabe darauf berufen, dann bemisst sich der Streitwert des mit Akteneingang rechtshängigen Feststellungsantrages nach dem Kosteninteresse des Klägers, mithin nach den Kosten des Mahnverfahrens.6
2170
Umstritten ist hingegen, ob bei nur teilweiser materieller Erledigung und entsprechender Antragsbeschränkung vor Abgabe sich der Zuständigkeitsstreitwert unverändert nach dem bisherigen Wert,7 nach der Restforderung,8 der Restforderung zzgl. eines prozentual nach dem erledigten Teil zu bemessenden Aufschlages9
2171
1 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2001 – 23 U 59/01, OLGR 2002, 296; OLG Hamm, Beschl. v. 12.6.2001 – 21 W 29/00 + 21 W 7/01, OLGR 2001, 297; OLG München, Beschl. v. 28.2.1996 – 28 W 676/96, JurBüro 1996, 368; Liebheit, NJW 2000, 2235 (2236). 2 Insoweit zutr. OLG Naumburg, Beschl. v. 21.7.1998 – 12 W 17/98, OLGR 1999, 94. 3 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2001 – 23 U 59/01, OLGR 2002, 296; OLG München, Beschl. v. 1.12.1999 – 1 W 3034/99, OLGR 2000, 229 – allerdings eine ausdrückliche Klageänderung voraussetzend; ausführlich Liebheit, NJW 2000, 2235 (2236); vgl. zum gleichartigen Ansatz im Fall der „Erledigung“ vor Rechtshängigkeit bei der Stufenklage BGH, Urt. v. 5.5.1994 – III ZR 98/93, MDR 1994, 717. 4 A.A. Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 58 Stichwort „Mahnverfahren“. 5 So Liebheit, NJW 2000, 2235 (2236); a.A. OLG Naumburg, Beschl. v. 21.7.1998 – 12 W 17/98, OLGR 1999, 94. 6 OLG Karlsruhe, JurBüro 1981, 1231; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Erledigung der Hauptsache“ Rn. 15; Liebheit, NJW 2000, 2235 (2237); Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Mahnverfahren“. 7 So nur OLG München, Beschl. v. 28.2.1996 – 28 W 676/96, JurBüro 1996, 368. 8 So OLG Bamberg, Beschl. v. 6.3.1992 – 3 W 105/91, JurBüro 1992, 762; KG, Beschl. v. 8.12.1997 – 18 W 8917/97; OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.7.1992 – 20 AR 109/92, NJW-RR 1992, 1341; OLG Köln, JurBüro 1982, 1070; OLG München, Beschl. v. 30.9.1997 – 11 W 2456/97, NJW-RR 1998, 504; OLG Zweibrücken, JurBüro 1985, 1889; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Erledigung der Hauptsache“ Rn. 20. 9 OLG München, Beschl. v. 30.9.1997 – 11 W 2456/97, MDR 1998, 62: Aufschlag i.H.v. 50 %.
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Erledigung der Hauptsache oder der Restforderung zzgl. der auf den materiell erledigten Teil anfallenden Kosten des Mahnverfahrens bemisst.1 2172
Hier wiederholt sich letztlich die Auseinandersetzung um die Bewertung der einseitigen Teilerledigungserklärung, so dass auf die dortigen Bewertungsregeln verwiesen werden kann (s. nachfolgend Rn. 2213). Dies gilt auch dann, wenn die „Erledigungserklärung“ – wie diesseits für richtig erachtet – als Antrag auf Feststellung der Kostentragungspflicht angesehen wird. Denn unabhängig vom Auslegungsergebnis steht hier bewertungsrechtlich weiter die Frage zur Entscheidung, ob es sich bei den Kosten des Mahnverfahrens um Nebenforderungen i.S.v. § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO handelt.
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Dies ist nach der hier vertretenen Ansicht schon aufgrund der mit der Antragsänderung verbundenen Einführung eines eigenen Streitgegenstandes zu verneinen.2 Dass Anders/Gehle/Kunze3 vorliegend eine der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung vergleichbare Situation erkennen, weil das streitige Verfahren bei vorausgegangenem Mahnverfahren von einem Antrag des Antragstellers und der Abgabe abhängig sei, überzeugt nicht. Denn erfolgt die Zahlung bei gleichzeitigem (Kosten)Widerspruch, kann auch der Beklagte die Durchführung des streitigen Verfahrens erzwingen.
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Abweichend ist jedoch zu bewerten, wenn die erledigende Zahlung des Beklagten, die dieser, ohne Widerspruch einzulegen, erbracht hat, aufgrund Angabe des Klägers (§ 699 Abs. 1 ZPO) bereits bei Erlass des Vollstreckungsbescheides berücksichtigt worden ist. Wird hier das Verfahren auf den Einspruch des Beklagten an das Prozessgericht abgegeben (und vom Kläger die Aufrechterhaltung des Vollstreckungsbescheides beantragt), dann bleiben die bereits im Vollstreckungsbescheid titulierten Kosten des „erledigten“ Teils des Mahnverfahrens bei der Wertfestsetzung gem. § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO unberücksichtigt. Denn die Kosten sind weder unmittelbar noch mittelbar Streitgegenstand, sondern gem. §§ 696 Abs. 1 Satz 5, 281 Abs. 3 Satz 1 ZPO Bestandteil der Kosten des Rechtsstreits. 5. Fehlende Antragsänderung oder Erklärung nach Abgabe
2175
Erfolgt dagegen eine Abgabe ohne einschränkende Antragstellung des Klägers, dann wird das aus dem Mahn- oder Vollstreckungsbescheid ersichtliche Klagebegehren in vollem Umfang rechtshängig.4 Der Streitwert bestimmt sich nach der Höhe des im Mahn- bzw. Vollstreckungsbescheid aufgeführten Zahlungsanspruchs. Allein der Eintritt eines (materiell) erledigenden Ereignisses hat bekanntlich auf die Streitwertberechnung keine Auswirkung (s. oben Rn. 2142, 2157). Erklärt der Kläger den Rechtsstreit nach Abgabe in der Hauptsache einseitig oder mit dem Beklagten übereinstimmend für erledigt, gelten für die Streitwertermittlung ab diesem Zeitpunkt die allgemeinen Bewertungsregeln. Nicht entschieden ist damit, ob es sich bei den durch eine verspätete Antragsbeschränkung ausgelösten Kosten um notwendige Kosten i.S.d. § 91 ZPO handelt5 oder ob diese „vermeidbaren Kosten“ bei einer Entscheidung nach § 91a ZPO unabhängig vom weiteren Sach- und Streitstand dem Kläger aufzuerlegen sind.6 1 So OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2001 – 23 U 59/01, OLGR 2002, 296; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.2.1988 – 13 W 10/88, MDR 1988, 1066; Liebheit, NJW 2000, 2235 (2237). 2 Liebheit, NJW 2000, 2235 (2237). 3 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Erledigung der Hauptsache“ Rn. 20. 4 OLG Hamm, Beschl. v. 12.6.2001 – 21 W 7/01, OLGR 2001, 297. 5 Verneinend: Liebheit, NJW 2000, 2235 (2236). 6 Bejahend: OLG Hamm, Beschl. v. 12.6.2001 – 21 W 29/00 und 21 W 7/01, OLGR 2001, 297.
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Erledigung der Hauptsache
C. Gebührenstreitwert Hier ist für die Wertbestimmung zunächst danach zu unterscheiden, ob die Erledigungserklärung des Klägers einseitig geblieben ist oder sich der Beklagte ihr angeschlossen hat und ob von der bzw. den Erledigungserklärungen der Rechtsstreit insgesamt oder nur ein Teil davon betroffen ist.
2176
I. Übereinstimmende Erledigungserklärung 1. Allgemeines Bei übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien (§ 91a ZPO) bestimmt sich der Streitwert im Anschluss an die Erledigungserklärungen nach der Summe der bis dahin angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Parteien, soweit der Betrag den Wert der Hauptsache nicht übersteigt.1 Nur diese sind fortan Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung.2
2177
Es bedarf folglich einer zeitlich gestaffelten Streitwertfestsetzung.3 Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob mit der Streitwertermäßigung auch eine Ermäßigung der Gerichtskosten verbunden ist. Dies ist mit Blick auf § 40 GKG zu verneinen, da die Gerichtskosten gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 GKG, Nr. 1210 KV GKG in vollem Umfang bereits mit Einreichung des Klageantrages anfallen und spätere Wertminderungen folglich unberücksichtigt bleiben.4
2178
2. Zeitpunkt der Wertänderung Hierbei wird der Zeitpunkt der Streitwertänderung – entgegen der überwiegend vertretenen Auffassung5 – bereits durch die Abgabe der Erledigungserklärung des Klägers bestimmt,6 sei es in der mündlichen Verhandlung oder bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO) im Schriftverkehr (s. oben Rn. 2143). Mit deren Abgabe bringt der Kläger zum Ausdruck, dass ihm an einer Entscheidung über den bisherigen Klageanspruch nicht mehr gelegen ist. Sein Interesse ist bereits zu diesem Zeitpunkt (regelmäßig) allein auf die Erstattung eigener und Vermeidung der Tragung fremder Kosten gerichtet. Als Prozesshandlung, die bis zum Eintritt der Rechtskraft auch noch zwischen den Instanzen wirksam vorgenommen werden kann, führt sie unmittelbar zu einer Reduktion auf das
1 BGH, Beschl. v. 26.8.2014 – VIII ZR 352/12, Grundeigentum 2014, 1270 (Ls.); Musielak/ Voit/Heinrich, § 3 ZPO Rn. 26 „Erledigung der Hauptsache“; Zöller/Herget, § 91a ZPO Rn. 16 Stichwort „Erledigung der Hauptsache“. 2 BGH, Urt. v. 8.2.1989 – IVa ZR 98/87, MDR 1989, 523; OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.10.1995 – 3 W 23/95, JurBüro 1996, 193; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.5.1993 – 10 W 14/93, JurBüro 1994, 241 mit zust. Anm. Mümmler = AnwBl. 1993, 578; OLG Hamburg, Beschl. v. 21.5.1997 – 8 W 88/97, MDR 1997, 890; OLG Rostock, Beschl. v. 16.10.1998 – 6 U 98/97, OLGR 1999, 60; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.4.2001 – 8 U 500/00, AGS 2001, 276; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Erledigung“. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.1.2007 – 18 W 38/06, JurBüro 2007, 256; Beschl. v. 11.5.1993 – 10 W 14/93, JurBüro 1994, 241 mit zust. Anm. Mümmler; OLG Hamm, Beschl. v. 15.5.1995 – 23 W 1/95, JurBüro 1996, 85. 4 Nur in diesem Sinne zutreffend OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.3.1999 – 1 W 18/99, JurBüro 1999, 374. 5 OLG Bamberg, JurBüro 1978, 1719; OLG Köln, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 922; OLG München, JurBüro 1969, 434; AnwK-RVG/Onderka/N. Schneider, VV Vorb. 3 ZPO Rn. 180. 6 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.9.2012 – 1 W 41/12, NJW-RR 2013, 444; OLG Köln, Beschl. v. 5.9.2012 – 11 W 44/13, MDR 2014, 562; OLG Hamburg, JurBüro 1993, 363; eingehend Abramenko, RPfleger 2005, 15 (15).
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Erledigung der Hauptsache Kosteninteresse.1 Hiermit korrespondiert, dass der Widerruf der einseitigen Erledigungserklärung und die Rückkehr zum ursprünglichen Klageantrag als privilegierte Klageänderung gem. § 264 Nr. 2 ZPO zu behandeln ist.2 2180
Dass die Rechtshängigkeit des bisherigen Klageanspruchs erst mit der Erledigungserklärung des Beklagten entfällt, steht der vorgenannten streitwertrechtlichen Bewertung nicht entgegen. Denn ohne die Möglichkeit einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO wäre der Kläger gezwungen, im Weg der Klageänderung – auf Grundlage eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs – zu beantragen, die Kostentragungspflicht des Beklagten festzustellen, oder die Klage zurückzunehmen und den Ersatz der ihm entstandenen (bzw. auferlegten) Kosten gesondert einzuklagen. Beide Vorgehensweisen hätten eine sofortige Streitwertänderung zur Folge, sind dem Kläger jedoch mangels Rechtschutzbedürfnisses, aufgrund der einfacheren Rechtsverfolgung über 91a ZPO, bis zu einer ablehnenden Stellungnahme des Beklagten verschlossen. Zudem sind bei abweichender Auffassung für die Streitwert- und Gebührenfestsetzung zufällige und damit oft unangemessene Ergebnissen nicht auszuschließen, etwa wenn eine schriftsätzliche Erledigungserklärung des Beklagten erst nach Beginn der mündlichen Verhandlung zu den Akten gelangt.3
2181
Unterschiedlich beurteilt wird ferner, ob sich bei einem erledigenden Ereignis vor mündlicher Verhandlung und übereinstimmenden Erledigungserklärungen erst nach Erörterung der Hauptsache, die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) nach dem bisherigen Hauptsachewert oder nur nach dem Kosteninteresse bemisst.4 Maßgeblich ist hier der volle Hauptsachewert, da die Terminsgebühr – mit Einführung des RVG – bereits mit der Anwesenheit des Anwalts bei Aufruf der Sache entsteht und der Verfahrensgegenstand zu diesem Zeitpunkt noch keine Veränderung erfahren hat.5 Gegenstand und Umfang der Erörterung, also ob das erledigende Ereignis selbst im Streit stand oder nur als bloßer Rechnungsposten berücksichtigt worden ist, haben – abweichend zur Verhandlungsgebühr nach altem Recht (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO) – demgegenüber keine Bedeutung.6
2182
Anders liegt es – nach der hier vertretenen Ansicht – dagegen, wenn dem Termin die Erledigungserklärung des Klägers vorausgegangen ist, aber eine Stellungnahme des Beklagten noch aussteht und erst in der mündlichen Verhandlung – ggf. nach Eröterung – abgegeben wird. Hier ist, da sich das Interesse des Klägers mit Abgabe der Erledigungserklärung auf die Vermeidung einer Kostenbelastung beschränkt,7 nur noch der Umfang der bis dahin angefallenen Kosten des Rechtsstreits maß-
1 BGH, Beschl. v. 15.11.2007 – U 813 72/07, WuM 2008, 35 – für eine einseitige Erledigungserklärung zwischen den Instanzen. 2 BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 157/98, MDR 2002, 413; Prütting/Gehrlein/Hausherr, § 91a ZPO Rn. 20; Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 35. 3 Siehe zu weiteren Fallgestaltungen Abramenko, RPfleger 2005, 16 (17). 4 Vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.2.2009 – 5 W 81/08, AGS 2009, 316. 5 OLG Koblenz, Beschl. v. 19.1.2009 – 14 W 30/09, NJOZ 2010, 246; Enders, JurBüro 2005, 113, 114; N. Schneider, AGS 2003, 99. 6 Unzutreffend daher OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.2.2009 – 5 W 81/08, AGS 2009, 316, das für den Wert der Terminsgebühr auf die nach Erörterung bei Vergleichsschluss noch streitigen Positionen abstellt; vgl. zum alten Recht und daher abweichend OLG Hamburg, Beschl. v. 1.7.1992 – 8 W 152/92, JurBüro 1993, 363 mit abl. Anm. Mümmler; OLG Köln, Beschl. v. 25.5.2001 – 11 W 11/01, OLGR 2002, 103; OLG Koblenz, Beschl. v. 17.10.1991 – 14 W 572/91, JurBüro 1992, 465. 7 OLG Dresden, Beschl. v. 14.10.1999 – 8 W 714/99, NJW-RR 2001, 428; OLG Hamburg, Beschl. v. 1.7.1992 – 8 W 152/92, JurBüro 1993, 363; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.10.2002 – 1 U 29/02; OLG München, Beschl. v. 4.8.2003 – 7 W 1804/03, OLGR 2003, 395.
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Erledigung der Hauptsache geblich.1 Gleiches soll nach Ansicht des BGH2 für den Fall gelten, dass der Beklage die Klageforderung erst kurz vor dem Termin erfüllt, wenn es trotz der Kürze der Zeit möglich gewesen wäre, vor Aufruf der Sache einen die Erledigung der Hauptsache erklärenden Schriftsatz beim Prozessgericht einzureichen. 3. Kosten des Rechtsstreits Der Streitwert bestimmt sich nach der Summe der bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärungen angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Parteien einschließlich der Mehrwertsteuer.3 Hierzu zählen bei einer Erledigungserklärung in der Rechtsmittelinstanz alle Kosten der Vorinstanzen.4 Nach Abgabe der Erklärungen anfallende Kosten bleiben wegen § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO, § 43 GKG außer Ansatz.5 In jedem Fall bildet der Streitwert der Hauptsache die Obergrenze.6
2183
Außergerichtliche Kosten, deren Erstattungsfähigkeit und Anmeldung im Falle des Obsiegens zum Zeitpunkt der Wertfestsetzung nicht zweifelsfrei feststehen, bleiben dabei unberücksichtigt. Andernfalls würde die Wertermittlung in Konkurrenz zum Kostenfestsetzungsverfahren treten und bei widersprüchlicher Bewertung die Notwendigkeit erneuter Wert- und Kostenfestsetzung auslösen.7 Angesichts der Unkenntnis vom späteren Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens ist eine betragsgenaue Wertermittlung ohnehin nicht möglich. Vertretbar ist auch, zweifelhafte und ungewisse Kostenpositionen zu schätzen, § 3 ZPO.
2184
Zu den angefallenen Kosten gehören die Gerichtskosten auch dann, wenn eine Partei von der Zahlung der Gerichtskosten befreit ist (§ 2 GKG). Folge der Gerichtskostenbefreiung ist allein, dass die mit Antragstellung bereits entstandenen Gerichtskosten aus verwaltungstechnischen Gründen tatsächlich nicht erhoben werden.8
2185
Bei der Wertfestsetzung bedarf es für den Zeitraum nach Hauptsacheerledigung keiner genauen Bezifferung der bis dahin angefallenen Kosten. Ausreichend ist es, die Kosten bis zur Grenze des folgenden Gebührensprungs anzugeben. Die Wertangabe: „Summe der bis zum … angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten“ ist jedoch wegen § 63 Abs. 1, 2 GKG nicht ausreichend,9 da die Entscheidung über die hierfür ansatzfähigen Kosten nicht dem Rechtspfleger überlassen werden darf.
2186
Ist streitig, ob die Erklärung des Klägers als Hauptsacheerledigung oder als Klagerücknahme zu deuten ist, dann sind die Kosten schon dann streitwertbestimmend, wenn feststeht, dass das Gericht nicht mehr zur Hauptsache zu entscheiden hat, der Grund dafür aber streitig ist, weil der Kläger seine entsprechende
2187
1 Dies verkennt OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.2.2009 – 5 W 81/08, JurBüro 2009, 250 (Ls.) = AGS 2009, 316 – für eine vor Termin, Erörterung und Vergleichsschluss einseitig gebliebene Teilerledigungserklärung aufgrund unstreitiger Zahlung. 2 BGH, Beschl. v. 31.8.2010 – X ZB 3/09, NJW 2011, 116. 3 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.4.2001 – 8 U 500/00, AGS 2001, 276. 4 BGH, Beschl. v. 30.9.2004 – I ZR 30/04, WRO 2005, 126. 5 So schon RGZ 50, 368. 6 BGH, Beschl. v. 26.8.2014 – VIII ZR 352/12, Grundeigentum 2014, 1270 (Ls.). 7 KG, Beschl. v. 27.7.1987 – 1 W 3534/87, MDR 1988, 236; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Erledigung der Hauptsache“ Rn. 2; Baumbach/Hartmann, Anh. § 3 ZPO Rn. 47. 8 OLG Hamburg, Beschl. v. 14.8.1992 – 8 W 177/92, MDR 1993, 183. 9 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Erledigung der Hauptsache“ Rn. 1; a.A. noch 12. Auflage.
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Erklärung als Erledigungserklärung, der Beklagte sie als (nicht zustimmungsbedürftige) Klagerücknahme deutet.1
II. Einseitige Erledigungserklärung 1. Allgemeines 2188
Hat der Kläger die Hauptsache für erledigt erklärt, während der Beklagte weiterhin Klageabweisung beantragt, dann ist die einseitige gebliebene Erledigungserklärung als Antrag auf Feststellung der Hauptsacheerledigung auszulegen, soweit nicht ausnahmsweise ein Fall der privilegierten Klagerücknahme nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO vorliegt.2 Dabei ist der Übergang vom bisherigen Klagebegehren zur Feststellungsklage als privilegierte Klageänderung (§ 264 Nr. 2 ZPO) zu qualifizieren, die nicht der Zustimmung des Prozessgegners bedarf.3 Zu den Einzelheiten s. oben Rn. 2146 ff.
2189
Während sich im Fall der privilegierten Klagerücknahme der Streitwert mit Eingang der schriftlichen oder Abgabe der mündlichen Erklärung (§ 269 Abs. 2 Satz 2 ZPO) wegen des Wegfalls der Rechtshängigkeit auf die bis dahin angefallenen Kosten reduziert,4 ist der Einfluss der einseitigen Erledigungserklärung auf den Streitwert umstritten. Uneinigkeit besteht sowohl darüber, ob sich der Streitwert gegenüber dem bisherigen Hauptsachewert überhaupt verringert, und wenn, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Ausmaß eine Reduzierung eintritt. 2. Meinungsstand zum Bewertungsansatz
2190
In Rechtsprechung und Literatur finden sich im Wesentlichen drei Bewertungsansätze. Angesichts der mittlerweile kaum noch überschaubaren Anzahl der Judikate sowie voneinander abweichender und wechselnder Rechtsprechung auch innerhalb der Oberlandesgerichte, wird hier weitgehend auf die jüngere, d.h. ab 1980 ergangene Rechtsprechung abgestellt.
2191
Hat der Kläger einseitig die Hauptsache für erledigt erklärt, so besteht nach Ansicht des BGH der Streitwert derjenigen Instanz, in der die Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, von der Erledigungserklärung ab in der Regel nur noch in der Summe der bis zur Erledigungserklärung entstandenen Kosten, soweit nicht der Hauptsachewert geringer ist.5 Die dogmatische Begründung für diesen Ansatz hat im Laufe der Zeit gewechselt. Während der BGH zunächst bei Annahme eines trotz Erledigungserklärung gleich bleibenden Streitgegenstandes6 von einer streitgegenstandsunabhängigen „Schrumpfung“ des Streitwerts7 bzw. eines allein hinsichtlich der Kosten „rechtlich beachtlichen Interesses“ des Klägers an der Fort1 OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 695; OLG Düsseldorf, JurBüro 1972, 816. 2 BGH, Beschl. v. 26.5.1994 – I ZB 4/94, MDR 1995, 92; Urt. v. 8.3.1990 – I ZR 116/88, NJW 1990, 3147; Musielak/Voit/Lackmann, § 91a ZPO Rn. 28; Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 34 m.w.N. 3 BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 157/98, MDR 2002, 413; Musielak/Voit/Lackmann, § 91a ZPO Rn. 29; Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 34 m.w.N. 4 Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Klagerücknahme“. 5 BGH, Beschl.v. 1.3.2011 – VIII ZR 19/10, WuM 2011, 247; Beschl. 4.5.2007 – II ZR 330/05, GmbHR 2007, 824; Beschl. v. 17.6.2003 – XI ZR 242/02, BGHR ZPO § 3 Hauptsacherledigung 2; Beschl. v. 9.5.1996 – VII ZR 143/94, NJW-RR 1996, 1210; Urt. v. 11.7.1990 – XII ZR 10/90, FamRZ 1990, 1225. 6 BGH, Urt. v. 15.1.1982 – V ZR 50/81, NJW 1982, 1598; Beschl. v. 8.12.1981 – VI ZR 161/80, NJW 1982, 767; Beschl. v. 21.4.1961 – V ZR 155/60, JurBüro 1961, 289. 7 BGH, Urt. v. 11.7.1990 – XII ZR 10/90, FamRZ 1990, 1225; Beschl. v. 21.4.1961 – V ZR 155/60, JurBüro 1961, 289.
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Erledigung der Hauptsache setzung des Rechtsstreits ausgegangen ist,1 stellt er mittlerweile auf die mit der Erledigungserklärung und der damit einhergehenden Klageänderung verbundene Änderung des Streitgegenstandes ab.2 Mit dem Übergang zum Feststellungsantrag sei eine Verurteilung des Beklagten gemäß dem bisherigen Klageanspruch nicht mehr möglich. Dies sei der eigentliche Grund für die Streitwertreduzierung,3 die sich am Kosteninteresse zu orientieren habe, da dem Kläger regelmäßig nur noch an einer Abwendung einer wegen der von ihm angenommenen Erledigung ansonsten drohenden negativen Kostenentscheidung gelegen sei. Eine abweichende, über das Kosteninteresse hinausgehende Bewertung sei dagegen geboten, wenn ausnahmsweise ein weiter gehendes Interesse des Klägers an einer Entscheidung über den früheren Bestand seines bisherigen Klageanspruchs besteht.4 Ein derartiges Interesse folge jedoch nicht bereits aus dem Umstand, dass bei Abweisung der auf Feststellung der Erledigung gerichteten Klage u.a. in Rechtskraft erwachsen könne, dass die bisherige Hauptsacheklage unbegründet war.5
2192
Die ganz überwiegende Mehrheit der Oberlandesgerichte hat sich diesem Ansatz mittlerweile angeschlossen und hierbei meist auf die mit dem Übergang zum Feststellungsbegehren verbundene Änderung des Streitgegenstandes verwiesen, in deren Folge Zulässigkeit und Begründetheit des ursprünglichen Klageantrages nur noch als Vorfrage zu prüfen seien,6 wobei jedoch vereinzelt unabhängig von der Interessenlage des Klägers allein das Kosteninteresse des Klägers berücksichtigt wird.7
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Demgegenüber ist ein Teil, insbesondere der älteren obergerichtlichen Rechtsprechung, der Auffassung, die einseitige Erledigungserklärung lasse den Streitwert unberührt. Mit der Erledigungserklärung sei eine Änderung des Streitgegenstandes nicht verbunden, so dass der Wert der bisherigen Hauptsache weiterhin wert-
2194
1 BGH, Beschl. v. 19.2.1982 – V ZR 234/81, JurBüro 1982, 1242 mit Anm. Mümmler; offen lassend: BGH, Beschl. v. 8.12.1981 – VI ZR 161/80, NJW 1982, 768. 2 BGH, Beschl. v. 17.6.2003 – XI ZR 242/02, BGHR ZPO § 3 Hauptsacherledigung 2; Urt. v. 27.2.1992 – I ZR 35/90, MDR 1992, 707; Beschl. v. 26.5.1994 – I ZB 4/94, MDR 1995, 91; Urt. v. 8.3.1990 – I ZR 116/88, NJW 1990, 3147; bereits andeutend im Urt. v. 15.1.1982 – V ZR 50/81, NJW 1982, 1598. 3 BGH, Urt. v. 8.2.1989 – IVa ZR 98/87, MDR 1989, 523; Urt. v. 6.12.1984 – VII ZR 64/84, NJW 1986, 588. 4 BGH, Beschl. v. 17.6.2003 – XI ZR 242/02, BGHR ZPO § 3 Hauptsacherledigung 2. 5 BGH, Beschl. v. 9.5.1996 – VII ZR 143/94, NJW-RR 1996, 1210. 6 KG, Beschl. v. 29.1.2001 – 8 W 9/01, AGS 2002, 40; OLG Bremen, Beschl. v. 2.1.2001 – 2 W 135/00, AGS 2001, 185; OLG Celle, Beschl. v. 10.12.1987 – 16 U 169/86, MDR 1988, 414; OLG Dresden, Beschl. v. 14.10.1999 – 8 W 714/99, AGS 2000, 156 = NJW-RR 2001, 428; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.5.2009 – 24 W 26/09; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.6.2000 – 9 W 19/00, AGS 2001, 84; OLG Hamburg, Beschl. v. 2.9.1996 – 8 W 168/96, OLGR 1996, 368; OLG Hamm, Beschl. v. 23.8.2012 – 22 W 55/12; Beschl. v. 12.5.2005 – 24 U 7/05, JurBüro 2005, 598; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.10.2002 – 1 U 29/02; Beschl. v. 13.8.1993 – 6 W 38/93, MDR 1994, 217 (Aufgabe der bisherigen Rspr.); OLG Koblenz, Beschl. v. 10.9.1998 – 14 W 627/98, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1302; OLG Köln, Beschl. v. 11.10.2004 – 8 W 24/04, OLGR 2005, 19; OLG München, Beschl. v. 10.12.2001 – 27 W 303/01; Beschl. v. 22.12.1994 – 29 W 2321/94, NJW-RR 1995, 1086; OLG Naumburg, Beschl. v. 30.7.2001 – 14 WF 128/01, FamRZ 2002, 680; OLG Nürnberg, Beschl. v. 15.1.2002 – 4 W 3825/01; OLG Rostock, Beschl. v. 16.3.1993 – 3 U 19/92, MDR 1993, 1019; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 28.4.1998 – 3 W 113/98-2, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1281; OLG Schleswig, Beschl. v. 16.11.1998 – 9 W 198/98, AGS 1999, 43; OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.2.2009 – 5 W 81/08, AGS 2009, 316; OLG Thüringen, Urt. v. 28.11.2001 – 2 U 615/01, OLG-NL 2002, 18; ebenso u.a. Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Erledigung der Hauptsache“ Rn. 10; Zöller/Vollkommer, § 91a Rn. 48. 7 So OLG München, Beschl. v. 10.12.2001 – 27 W 303/01.
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Erledigung der Hauptsache
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bestimmend sei. Denn verneine das Gericht die für die Annahme einer Erledigung erforderlichen Voraussetzungen, dann werde die bisherige, noch rechtshängige Klage auf Kosten des Klägers abgewiesen. Dabei erwachse die negative Entscheidung über den Bestand des noch rechtshängigen Hauptsacheanspruchs in Rechtskraft und hindere den Kläger an einer erneuten Geltendmachung.1 2195
Hierbei wird der Ansatz des Hauptsachwertes auch mit dem Arbeitsaufwand gerechtfertigt, der mit der Entscheidung über die Erledigung verbunden sei, die eine vollständige Prüfung des bisherigen Klageanspruchs erfordere,2 oder einschränkend („zumindest“) für die Fälle bejaht, in denen Erfüllung als erledigendes Ereignis behauptet wird.3 Teilweise wird – als Ausnahme – vom vollen Wertansatz abgewichen, wenn die Berechtigung des bisherigen Hauptsacheanspruchs zwischen den Parteien außer Frage steht.4
2196
Ebenfalls ausgehend von einer Änderung des Streitgegenstandes stellt ein anderer Teil der Rechtsprechung für die Bewertung vorrangig darauf ab, dass die Abwehr der Kosten nicht den eigentlichen Inhalt der gerichtlichen Entscheidung darstelle, sondern lediglich die als Nebenentscheidung gem. § 91 ZPO eintretende Folge eines erfolgreichen Feststellungsbegehrens. Daher müsse sich die Wertfestsetzung ausgehend vom bisherigen Hauptsachewert an der Bewertung der positiven Feststellungsklage orientieren, jedoch mit einem weiter gehenden prozentualen Abschlag. Dieser wird regelmäßig bei 50 %, jedoch nicht unterhalb der bis zur Erledigungserklärung entstandenen Kosten5 verortet, da das Interesse an der Feststellung eines bestehenden Anspruchs deutlich über demjenigen liege, das auf Feststellung eines in der Vergangenheit bestehenden Anspruchs gerichtet sei.6 Zudem vermeide eine Bewertung nach dem Umfang der Rechtskraftwirkung an Stelle des tatsächlichen klägerischen Interesses Unsicherheiten bei der Streitwertfestsetzung.7
1 OLG Bamberg, Beschl. v. 13.7.1984 – 5 W 59/84, JurBüro 1985, 1359; KG, Beschl. v. 3.10.1986 – 5 W 4470/86, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 884; OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.5.2007 – 6 W 63/07; OLG Celle, Beschl. v. 14.2.1984 – 13 W 7/84, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 670; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.1992 – 10 W 61/92, NJW-RR 1993, 510; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.12.1993 – 1 W 38/83, MDR 1984, 320; OLG Jena, Beschl. v. 11.6.2008 – 5 U 84/08, OLGR 2008, 845 – Beschwer; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.11.1987 – 13 W 166/87, JurBüro 1988, 1723; OLG Koblenz, Beschl. v. 30.6.1983 – 15 WF 649/83, MDR 1984, 282; OLG Köln, Beschl. v. 16.12.1996 – 27 W 21/96, OLGR 1997, 120; Beschl. v. 14.7.1994 – 17 W 145/93, MDR 1995, 113; OLG München, Beschl. v. 28.2.1996 – 28 W 676/96, NJWRR 1996, 956; OLG Schleswig, Beschl. v. 9.5.2005 – 9 U 123/04, OLGR 2005, 527; OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.4.1984 – 8 W 324/83, MDR 1984, 673; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 4.2.2003 – 4 W 3/03, OLGR 2003, 256; Röckle, AnwBl. 1993, 317 (320); Deckenbrock/ Dötsch, JurBüro 2003, 287 sowie die 11. Auflage. 2 OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.10.1996 – 6 W 19/95, NJW-RR 1996, 1472; OLG Schleswig, Beschl. v. 2.2.2004 – 4 U 47/03, SchlHA 2005, 92. 3 OLG München, Beschl. v. 28.2.1996 – 28 W 676/96, JurBüro 1996, 368. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.4.1992 – 2 W 11/92, OLGR 1992, 228: Unterwerfungserklärung gegenüber dem Unterlassungskläger. 5 OLG Köln, Beschl. v. 18.12.1990 – 22 W 45/90, JurBüro 1991, 832 mit Anm. Mümmler. 6 OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.7.2000 – 4 W 4/00, AGS 2001, 205; OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.12.1996 – 16 W 59/96, OLGR 1996, 14; OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.12.1996 – 16 W 56/92, OLGR 1998, 14; OLG Köln, Beschl. v. 12.1.1994 – 22 W 44/93, VersR 1994, 954; Beschl. v. 18.12.1990 – 22 W 45/90, JurBüro 1991, 832 mit Anm. Mümmler; OLG München v. 30.9.1997 – 11 W 2456/97, MDR 1998, 62; Beschl. v. 11.4.1995 – 11 W 1022/95, MDR 1995, 642; Beschl. v. 14.5.1993 – 12 UF 630/95, OLGR 1993, 264: Abschlag von 33 %; Beschl. v. 24.3.1993 – 23 U 1700/92, OLGR 1993, 171: flexibler Abschlag; OLG Naumburg, Beschl. v. 8.7.1998 – 9 W 10/98; OLG Nürnberg, Beschl. v. 9.3.1987 – 9 W 3496/86, NJW-RR 1987, 1278. 7 OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.7.2000 – 4 W 4/00, AGS 2001, 205.
388
Kurpat
Erledigung der Hauptsache 3. Stellungnahme Stellt sich der Antrag auf Feststellung der Hauptsacheerledigung als privilegierte Klageänderung (§ 264 ZPO) dar, und hierüber besteht mittlerweile weitgehend Einigkeit, kann dies auf die Streitwertbestimmung nicht ohne Einfluss bleiben.1 Denn der Streitwert bestimmt sich nach dem klägerischen Interesse, wie es in dem Klageantrag seinen Ausdruck findet. Mit dem Wechsel von einer Verurteilung in der Hauptsache auf die bloße Feststellung von deren Erledigung ist notwendigerweise auch eine Änderung des zugrunde liegenden klägerischen Interesses verbunden. Notwendigerweise deshalb, weil mit der Klageänderung der bis dahin angestrebte Klageerfolg nicht mehr erreichbar ist und auch nicht mehr angestrebt wird (s. ausführlich oben Rn. 2149).
2197
Entgegen einer verbreiteten, zum Teil auf einer undifferenzierten Rezeption der 2198 BGH-Rechtsprechung beruhenden Annahme rechtfertigt die Klageänderung weder eine schematische Gleichsetzung mit dem Kosteninteresse,2 noch eine fortdauernde, sei es auch nur eine verhältnismäßige Bezugnahme auf den Wert des bisherigen Streitgegenstands (Hauptsache). Ausgangspunkt der Streitwertberechnung bleibt vielmehr das klägerische Interesse. Dieses bemisst sich bei einer auf Feststellung gerichteten Klage regelmäßig nach dem Wert eines dem festzustellenden Rechtsverhältnis entsprechenden Leistungsbegehrens. Das Leistungsbegehren ist hier jedoch wegen des erledigenden Ereignisses nicht mehr mit dem bisherigen Klageantrag identisch, sondern bezieht sich auf die trotz Erledigung fortdauernde Rechtsbeeinträchtigung. Wertbestimmend ist daher das hierauf bezogene Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers.3 Dieses Interesse beschränkt sich zwar häufig, aber keineswegs grundsätzlich auf die Abwendung der (drohenden) Belastung mit Aufwendungen, die mit der eigenen und der gegnerischen Rechtsverfolgung verbunden waren.4 Konstruktiv entspricht die Prozesslage der Fortsetzungsfeststellungsklage im öffentlichen Recht. Dort ist über die Rechtmäßigkeit einer durch Zeitlablauf oder sonstige Umstände erledigten behördlichen Maßnahme zu entscheiden, wenn der Betroffene trotz Erledigung ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung eines klärungsbedürftigen Rechtsverhältnisses geltend machen kann.5 Die mit dem Übergang von der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage zur Fortsetzungsfeststellungsklage verbundene Änderung des Streitwertes wird auch dort ausgehend vom Hauptsachewert verhältnismäßig oder frei nach dem Feststellungsinteresse des Betroffenen in der Regel beschränkt durch den Wert der Hauptsache bemessen.6
2199
Klagt der Kläger beispielsweise auf Zahlung von Anwaltshonorar und begleicht der Beklagte die Forderung erst während des Rechtsstreits, dann ist der Vergütungsanspruch gem. § 362 BGB erloschen und der Rechtsstreit in der Haupt-
2200
1 2 3 4 5 6
Zutr. Zöller/Vollkommer, § 91a Rn. 48. Zutr. OLG Thüringen, Urt. v. 28.11.2001 – 2 U 615/01, OLG-NL 2002, 18. Zustimmend Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Erledigung der Hauptsache“. So aber OLG München, Beschl. v. 10.12.2001 – 27 W 303/01. BVerwG, Urt. v. 28.4.1999 – 4 C 4/98, NJW 1999, 3505. Vgl. BVerwG, Urt. v. 28.4.1999 – 4 C 4/98, NJW 1999, 3505; Beschl. v. 4.9.1989 – 7 B 132/89, NVwZ 1990, 59; VGH Hessen, Beschl. v. 12.6.1991 – 1 UE 2797/86, Beschl. v. 12.6.1991 – 1 UE 2797/86, NVwZ-RR 1992, 218: Rehabilitationsinteresse; OVG Münster, Beschl. v. 30.10.2003 – 21 A 2606/02, NVWBl 2004, 157 = NVwZ 2004, 508: Rehabilitationsinteresse; OVG Saarland, Beschl. v. 7.5.1998 – 2 Y 3/98: Schadensersatzinteresse; BFH, Beschl. v. 26.1.1998 – VII B 180/96, BFH/NV 1998, 879: Schadensersatzinteresse; FG Hessen, Beschl. v. 29.2.1986 – 6 K 1642/90, EFG 1996, 725; Hartmann, § 52 Rn. 15 unter „Fortsetzungsklage“.
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Erledigung der Hauptsache
ZPO
sache für erledigt zu erklären. Mit der Zahlung ist hingegen die der Hauptsache zugrunde liegende Rechtsbeeinträchtigung des Klägers noch nicht vollständig behoben. So sind dem Kläger durch die Rechtsverfolgung eigene Kosten entstanden, zudem droht bei Aufrechterhaltung der Zahlungsklage die Belastung mit den Kosten des Prozessgegners (§ 91 Abs. 1 ZPO). Für die Erstattung eigener und Abwendung fremder Kosten bedarf es daher – unter Fortsetzung des Rechtsstreits – der Feststellung, dass der Kläger gegenüber dem Beklagten einen vor Eintritt des erledigenden Ereignisses (in diesem Sinne „ursprünglich“) bestehenden Anspruch verfolgt und der Beklagte deshalb die Rechtsverfolgung verursacht hat. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse entspricht (wertmäßig) daher nur dann dem Kosteninteresse, wenn die Fortsetzung allein wegen des kostenrechtlichen Verursacherprinzips (Klageveranlassung durch Rechtsverletzung) erfolgt. 2201
Aus der Rechtskraft einer die Feststellungsklage abweisenden Entscheidung im Hinblick auf die Begründetheit des ursprünglichen Klageanspruchs folgt nichts anderes. Denn dieses Klageziel wird von dem Kläger, dem nur an einer positiven Kostenentscheidung gelegen ist, nicht mehr verfolgt. Dass der Beklagte noch an einer Abweisung der ursprünglichen Klage interessiert ist, ist für die Wertbestimmung unerheblich, da es hierfür auf das – inhaltlich bereits bestimmte – klägerische Interesse ankommt.1 Ebenso wenig ist für die Bewertung der mit der Bescheidung des Feststellungsbegehrens verbundene Arbeitsaufwand von Bedeutung.2 Zumal beim Verweis hierauf übersehen wird, dass den unterschiedlichen Arten der Prozessbeendigung (und dem damit vorausgegangenen Bearbeitungsaufwand) bereits im GKG durch differenzierte Regelungen der Gebührenerstattung Rechnung getragen wird.
2201a
Vielmehr ist für die Wertbestimmung im Übrigen danach zu unterscheiden, ob der fortdauernden Rechtsbeeinträchtigung bereits mit der Erledigungsfeststellung hinreichend Rechnung getragen wird (Kompensation) oder diese nur Grundlage für die Verfolgung oder Abwehr weiter gehender Ansprüche ist. Davon hängt im Einzelfall ab, ob und in welchem Umfang eine Bruchteilsbewertung oder der volle Wertansatz geboten ist. Dem entspricht, dass auch in der Rechtsprechung, soweit diese ausgehend von einer Klageänderung auf das geänderte klägerische Interesse abstellt, Fälle einer Überschreitung des bloßen Kosteninteresses anerkannt sind. Hier erfolgt die Bewertung jeweils unter Einschluss, d.h. Zusammenrechnung mit dem Kosteninteresse, begrenzt durch den Wert der bisherigen Hauptsache.3 Ein über das Kosteninteresse hinausgehender Ansatz setzt jedoch eine entsprechende Aufklärung und Erörterung durch das Gericht voraus.4
2202
So liegt es, wenn dem Kläger an einer Feststellung des vor Eintritt des erledigenden Ereignisses bestehenden Anspruch (vorrangig) deswegen gelegen ist, weil die dem anfänglichen Klagebegehren zugrunde liegende Rechtsverletzung, etwa die Verbreitung ehrverletzender Behauptungen, trotz des erledigenden Ereignisses, beispielsweise dem Wegfall der Wiederholungsgefahr, in Form materieller oder immaterieller Einbußen fortwirkt. Dann strebt der Kläger häufig mit seinem Feststellungsantrag eine gerichtliche Bewertung zum Ausgleich der ursprünglichen Rechtsverletzung an. Es geht ihm um eine mittelbare Rechtfertigung seines bisherigen Standpunktes. War die immaterielle Einbuße bereits Gegenstand des bisherigen Klageantrages, dann ist es gerechtfertigt, den Wert nach einem Bruchteil, im
1 BGH, Beschl. v. 9.5.1996 – VII ZR 143/94, NJW-RR 1996, 1210; OLG Hamm, Beschl. v. 12.5.2005 – 24 U 7/05, JurBüro 2005, 598; OLG Köln, Beschl. v. 11.10.2004 – 8 W 24/04, JMBl.NW 2005, 79. 2 Zutr. OLG Köln, Beschl. v. 11.10.2004 – 8 W 24/04, OLGR 2005, 19. 3 OLG Thüringen, Urt. v. 28.11.2001 – 2 U 615/01, OLG-NL 2002, 18. 4 OLG Hamm, Beschl. v. 12.5.2005 – 24 U 7/05, JurBüro 2005, 598.
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Erledigung der Hauptsache Einzelfall nach dem vollen Hauptsachewert zu beziffern.1 Die Bruchteilsbewertung hat sich dann an der Intensität der – ohne Erledigungsfeststellung – fortdauernden Rechtsbeeinträchtigung zu orientieren. Eine ähnliche Bewertung ist geboten, wenn dem Kläger (vorrangig) deswegen an einer Fortsetzung des Rechtsstreits gelegen ist, weil die Gefahr zukünftig gleichartiger Rechtsverletzungen des Beklagten besteht, etwa weil das erledigende Ereignis nicht die Wiederholungsgefahr als Voraussetzung des ursprünglichen Unterlassungsanspruchs beseitigt. Hierbei handelt es sich um eine Fallgestaltung, die insbesondere bei wettbewerbsrechtlichen Klagen anzutreffen ist.2
2203
Zuweilen erfasst der Rechtsstreit nur einen Teilbereich der zwischen den Parteien bestehenden Streitigkeiten, etwa wenn der Kläger auf Räumung eines Mietobjektes klagt und außerhalb des Prozesses bereits über die Verpflichtung zur Zahlung einer über dem vereinbarten Mietzins liegenden Nutzungsentschädigung gestritten wird oder das vom prozessualen Unterlassungsbegehren erfasste Verhalten des Beklagten bereits Schäden an den Rechtsgütern des Klägers verursacht hat. Maßstab für die Bewertung des Feststellungsinteresses bei einer beabsichtigten weiter gehenden, beispielsweise auf Schadensersatz gerichteten Rechtsverfolgung, ist hier – wie auch sonst – der Wert dieser Ansprüche.3 Die angesichts des nur vorbereitenden Charakters des Feststel-lungsbegehrens gebotene Bruchteilsbewertung folgt dabei jedoch nicht der allgemeinen Bewertung positiver Feststellungsklagen und dem dort üblichen 20 %igen Abschlag. Denn die Rechtskraft der Erledigungsfeststellung entspricht ihrem Umfang nach nicht derjenigen Entscheidung, die auf Feststellung der Leistungsverpflichtung lautet, deren Verfolgung der Kläger noch beabsichtigt. Angemessen dürfte hier im Regelfall eine Halbierung des möglichen Hauptsachewertes der beabsichtigten Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung sein. Diese Annahme folgt der überwiegenden Rechtsprechung zum Streitwert der öffentlich-rechtlichen Fortsetzungsfeststellungsklage.4
2204
Wiederum anders liegt es, wenn das klägerische Interesse an der Erledigungsfeststellung (auch) darauf beruht, dass die Erledigung der Hauptsache auf einer zwischen den Parteien streitigen außerprozessualen Aufrechnung des Klägers beruht. Denn hier umfasst die Rechtskraft der Entscheidung über die Hauptsacheerledigung zugleich die Ausführungen des Gerichts zum Erlöschen der Gegenforderung des Beklagten. Das Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Rechtsstreits trotz
2205
1 BGH, Beschl. v. 9.5.1996 – VII ZR 143/94, NJW-RR 1996, 1210; OLG Hamm, Beschl. v. 31.7.2002 – 30 W 30/02, OLGR 2002, 376; OLG Naumburg, Beschl. v. 21.2.1997 – 7 W 8/97, OLGR 1998, 32; OLG Nürnberg, Beschl. v. 15.1.2002 – 4 W 3825/01, JurBüro 2002, 368; OLG Thüringen, Urt. v. 28.11.2001 – 2 U 615/01, OLG-NL 2002, 18. 2 OLG Koblenz, WM 1982, 352; OLG Thüringen, Urt. v. 28.11.2001 – 2 U 615/01, OLG-NL 2002, 18; ebenso Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Erledigung der Hauptsache“ Rn. 11. 3 KG, Beschl. v. 3.7.2003 – 12 W 128/03, MDR 2004, 116: nicht bei vorbehaltloser Räumung; OLG Nürnberg, Beschl. v. 15.1.2002 – 4 W 3825/01, OLGR 2002, 245: erledigte Räumungsklage wegen rechtswidriger Besitzentziehung; OLG Thüringen, Urt. v. 28.11.2001 – 2 U 615/01, OLG-NL 2002, 18: Unterlassung wettbewerbswidrigen Verhaltens; vgl. zur Streitwertbemessung bei Erledigung des auf einer Gebrauchsmusterverletzung beruhenden Unterlassungsanspruchs durch Ablauf der gesetzlichen Schutzdauer OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.8.2009 – 2 U 154/08, InstGE 11, 175. 4 Vgl. BFH, Beschl. v. 20.10.2005 – III S 20/05, NJW 2006, 256: 50 %; Beschl. v. 26.1.1998 – VII B 180/96, BFH/NV 1998, 879: 50 %; BVerwG, Beschl. v. 4.9.1989 – 7 B 132/89, NVwZ 1990, 59; im Einzelfall abweichend: VGH Hessen, Beschl. v. 12.6.1991 – 1 UE 2797/86, NVwZ-RR 1992, 218: 75 %; OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.4.1986 – 6 B 40/86, JurBüro 1986, 1851: 80 %; OVG Saarland, Beschl. v. 7.5.1998 – 2 Y 3/98: 100 % angesichts behaupteter weiter gehender Schadensersatzansprüche; FG Hessen, Beschl. v. 29.2.1996 – 6 K 1642/90, EFG 1996, 725: Wert nach nunmehr geltend gemachtem wirtschaftlichen Interesse; Hartmann, § 52 Rn. 15 unter „Fortsetzungsklage“.
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Erledigung der Hauptsache
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Erledigung der Hauptsache entspringt der ansonsten drohenden erneuten Geltendmachung des gegnerischen Anspruchs. Hier ist – entsprechend der Bewertung der negativen Feststellungsklage – der volle Wertansatz der bisherigen Hauptsache trotz Klageänderung geboten.1 4. Zeitpunkt der Wertänderung 2206
Gemäß § 40 GKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Nach heute ganz überwiegender Ansicht umfasst die Erledigungserklärung für den Fall, dass sie einseitig bleibt, den Antrag festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.2 Sieht man mit der ganz überwiegenden Ansicht in der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung eine Klageänderung, ändert sich der Streitwert daher entweder mit Eingang der schriftlichen Erledigungserklärung, soweit es daran fehlt, mit Abgabe der Erklärung in der mündlichen Verhandlung.3 Als Prozesshandlung, die bis zum Eintritt der Rechtskraft auch noch zwischen den Instanzen wirksam vorgenommen werden kann, führt sie unmittelbar zu einer Reduktion auf das Kosteninteresse.4 Mit der Klageänderung endet zugleich die Rechtshängigkeit des ursprünglichen Antrages, soweit dieser nicht hilfsweise neben dem neuen Antrag aufrechterhalten wird.5 Dass bei Abgabe der Erledigungserklärung eine Stellungnahme des Beklagten zur Erledigung regelmäßig noch nicht vorliegt, rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Zwar wird der Übergang zur Feststellungklage nur für den Fall erklärt, dass seiner Erledigungserklärung nicht zugestimmt wird. Unabhängig vom Eintritt dieses – vom Kläger nicht zu beeinflussenden – Umstandes beschränkt sich sein Interesse jedoch bereits jetzt darauf, nicht mit den bis dahin angefallenen Kosten belastet zu werden.6 Wollte man dies anders sehen, müsste auf das Ende der dem Beklagten nach § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO gesetzten Stellungnahmefrist abgestellt werden, soweit dieser nicht schon vor deren Ablauf eine Erledigungserklärung ablehnt.
III. Teilweise Erledigung 1. Übereinstimmende Erledigungserklärung 2207
Erklären die Parteien die Hauptsache teilweise übereinstimmend für erledigt, dann ist der erledigte Teil der Hauptforderung nicht mehr streitwertbestimmend; 1 BGH, WM 1978, 737; OLG Hamm, Beschl. v. 31.7.2002 – 30 W 30/02, OLGR 2002, 376; OLG Naumburg, Beschl. v. 21.2.1997 – 7 W 8/97, OLGR 1998, 32; OLG Thüringen, Urt. v. 28.11.2001 – 2 U 615/01, OLG-NL 2002, 18. 2 BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 157/98, MDR 2002, 413; Beschl. v. 26.5.1994 – I ZB 4/94, MDR 1995, 92; Urt. v. 8.3.1990 – I ZR 116/88, NJW 1990, 3147; Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 34 m.w.N.; a.A. MünchKomm.ZPO/Lindacher, § 91a ZPO Rn. 92 m.w.N.: Zwischenstreit über den Fortgang des Verfahrens. 3 OLG Dresden, Beschl. v. 14.10.1999 – 8 W 714/99, NJW-RR 2001, 428; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2012, 444; OLG Köln, Beschl. v. 5.9.2012 – 11 W 44/13, MDR 2014, 562; OLG München, Beschl. v. 4.8.2003 – 7 W 1804/03, OLGR 2003, 395; OLG Thüringen, Beschl. v. 15.4.2014 – W 124/14: zugleich zur Berechnung der Terminsgebühr bei Erledigungserklärung erst während der Verhandlung; ausf. Abramenko, RPfleger 2005, 15. 4 BGH, Beschl. v. 15.11.2007 – V ZB 72/07, WuM 2008, 35 – für eine einseitige Erledigungserklärung zwischen den Instanzen. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 12.5.2005 – 24 U 7/05, JurBüro 2005, 598; wohl auch BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 157/98, MDR 2002, 413, der die Rückkehr zum ursprünglichen Klageantrag (Hauptsache) nach „Widerruf“ der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung „ebenfalls als eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageänderung“ behandelt. 6 OLG Dresden, Beschl. v. 14.10.1999 – 8 W 714/99, NJW-RR 2001, 428.
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Kurpat
Erledigung der Hauptsache der streitige Teil der Hauptforderung bleibt für die Wertberechnung weiterhin maßgebend. Hinsichtlich der Nebenforderungen, hierzu zählen insbesondere Zinsen und vorgerichtliche Kosten, § 43 Abs. 1 Satz 1 GKG (§ 22 Abs. 1 GKG a.F.), und der auf den erledigten Teil entfallenden Kosten des Rechtsstreits, ist zu unterscheiden: – Erfasst die Erledigung die Hauptforderung in vollem Umfang, nicht aber die Zinsen und vorgerichtlichen Kosten, liegt ebenfalls eine Teilerledigung vor. Denn die nicht erledigten Nebenforderungen werden nun nach § 43 Abs. 2 GKG (§ 22 Abs. 2 GKG a.F.) ihrerseits zur Hauptforderung, denn mit der übereinstimmenden Erledigung entfällt die Rechtshängigkeit des ursprünglichen Hauptanspruchs. Hierüber besteht, soweit ersichtlich, kein Streit.1 – Haben die Parteien die Hauptsache nur hinsichtlich der Hauptforderung teilweise für erledigt erklärt, ist fraglich, ob die auf den erledigten Teil entfallenden (nicht erledigten) Nebenforderungen nunmehr – neben dem verbleibenden streitigen Teil der Hauptforderung – eigenständig zu berücksichtigen sind. Dies wird vom BGH mittlerweile2 in ständiger Rechtsprechung bejaht.3 Soweit der Hauptanspruch nicht mehr im Streit stehe, fehle es an einer anhängigen Hauptforderung, die die hierauf bezogenen Zinsen und Kosten zu einer Nebenforderung machen. Denn nur wenn und soweit der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht werde, sei er vom Bestehen der (ebenfalls zu entscheidenden) Hauptforderung abhängig und stelle deshalb eine Nebenforderung i.S.v. § 4 ZPO, § 43 Abs. 2 GKG dar.4 Demgegenüber lässt das OLG Köln5 aus Gründen einer „einfachen und übersichtlicheren Handhabung“ die Nebenforderungen unberücksichtigt. Dies überzeugt nicht, da schon ein mit der Bewertung verbundener erheblicher Aufwand nicht erkennbar ist. Zudem ist die Berücksichtigung gem. § 43 Abs. 2 GKG geboten. – Unproblematisch ist auch der Fall, in dem die übereinstimmende Erledigung einen Teil der Hauptforderung einschließlich der dazugehörigen Nebenforderungen erfasst. Hier ist allein der noch nicht erledigte, verbleibende Teil der Hauptforderung wertbestimmend; die sich auf diese beziehenden Nebenforderungen bleiben – wie auch sonst – gem. § 43 Abs. 1 GKG außer Ansatz. Klärungsbedürftig ist für alle Fallgestaltungen damit allein noch, ob die auf den erledigten Teil der Hauptsache entfallenden Kosten des Rechtsstreits zu dem Wert der verbleibenden Hauptsache hinzuzurechnen sind. Einer Addition soll entgegenstehen, dass nach § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 3 GKG Kosten erst wertbestimmend werden, wenn es an einer Hauptsache fehlt.6 Daher bleibt nach Ansicht des BGH7
1 BGH, Urt. v. 12.3.1991 – XI ZR 148/90, NJW-RR 1991, 1211; OLG Köln, Beschl. v. 5.9.2013 – 11 W 44/13, MDR 2014, 562; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 13.2.1985 – 7 W 3/85, JurBüro 1985, 1889. 2 Anders noch BGH, LM ZPO § 4 Nr. 1; zuvor auch RG, Urt. v. 25.5.1927 – 67/26 IV, JW 1927, 2129. 3 BGH, Beschl. v. 21.1.2014 – VI ZB 43/13, NJW 2014, 3249; Beschl. v. 4.12.2007 – VI ZB 73/06, MDR 2008, 404; Urt. v. 24.3.1994 – VII ZR 146/93, MDR 1994, 720; Beschl. v. 31.10.1991 – IX ZR 171/91, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1074; zustimmend KG, Beschl. v. 26.2.2009 – 2 AR 6/09, KGR 2009, 401 = MDR 2009, 522; Beschl. v. 18.2.2008 – 2 AR 7/08, AGS 2008, 249; OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.2.2009 – 5 W 81/08, JurBüro 2009, 250. 4 BGH, Beschl. v. 4.12.2007 – VI ZB 73/06, MDR 2008, 404. 5 OLG Köln, Beschl. v. 6.11.1991 – 19 W 43/91, JurBüro 1992, 115. 6 So aber OLG München, Beschl. v. 20.4.1994 – 11 W 1195/94, JurBüro 1994, 745; Anders/ Gehle/Kunze, Stichwort „Erledigung der Hauptsache“ Rn. 4. 7 BGH, Beschl. v. 15.3.1995 – XII ZB 29/95, NJW-RR 1995, 1089; Beschl. v. 31.10.1991 – IX ZR 171/91; Beschl. v. 23.7.1981 – III ZR 28/81, JurBüro 1981, 1489.
Kurpat
393
2208
Erledigung der Hauptsache
ZPO
sowie der ganz überwiegenden Mehrheit der Oberlandesgerichte1 dieser Teil der Kosten unberücksichtigt, wenn nur der „geringste Teil“ der Hauptsache nach der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung noch als Streitgegenstand verbleibt. Dem ist nur im Ergebnis zuzustimmen, denn von § 4 Abs. 1 ZPO werden nur vorgerichtliche Kosten, nicht aber die des laufenden Verfahrens erfasst.2 Soweit über diese gem. § 308 Abs. 2 ZPO allein von Amts wegen zu entscheiden ist, erhöhen sie den Streitwert des laufenden Verfahrens nicht.3 2209
Soweit der überwiegenden Ansicht gefolgt wird, ist danach der Begriff der Hauptsache prozessbezogen zu verstehen und daher nicht nach Prozessrechtsverhältnissen zu differenzieren, so dass die Kosten auch dann unberücksichtigt bleiben, wenn der Rechtsstreit in vollem Umfang nur hinsichtlich eines Streitgenossen übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist.4
2210
Hinsichtlich der Notwendigkeit einer gestaffelten Streitwertfestsetzung und des Zeitpunkts der Wertänderung kann auf die bisherigen Ausführungen (s. oben Rn. 2178) Bezug genommen werden. 2. Einseitige Teilerledigungserklärung
2211
Erfasst die einseitig gebliebene Erledigungserklärung nur einen Teil der Hauptsache, dann wird die Wertfestsetzung durch deren dogmatische Einordnung beeinflusst. Neben den weiterhin wertbestimmenden, rechtshängig gebliebenen Teil tritt der Wert des bezüglich des erledigten Teils erhobenen Feststellungsbegehrens. Hier wiederholt sich folglich die Auseinandersetzung um die Bewertung der einseitigen Erledigungserklärung, sodass insoweit auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen werden kann (s. oben Rn. 2190 ff.).
2212
Wird der Ansicht gefolgt, dass die einseitige Erledigungserklärung den Streitgegenstand und damit den Streitwert nicht verändere, muss dies notwendigerweise auch für die Teilerleidungserklärung gelten.5 Sieht man hingegen im Übergang zum Feststellungsbegehren eine Klageänderung, dann bedarf diese Streitgegenstandsänderung auch dann der Neubewertung, wenn sie nur einen Teil der Hauptsache betrifft. Da an die Stelle des ursprünglichen Hauptsacheanspruchs das Feststellungsbegehren tritt, gelangt § 43 Abs. 3 GKG schon wegen der fortdauernden Rechtshängigkeit der (geänderten) Hauptsache nicht zur Anwendung. Dies unabhängig davon, ob sich das Feststellungsinteresse, wovon bei dieser Konstellation regelmäßig auszugehen ist, auf die Erstattung eigener und Abwendung fremder Kosten (Kosteninteresse) beschränkt. 1 KG, Beschl. v. 12.11.2009 – 8 W 91/09; OLG Bremen, Beschl. v. 5.7.2001 – 2 W 67/01, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1365; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.2.1984 – 5 W 52/83, JurBüro 1984, 1219 mit zust. Anm. Mümmler; OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.7.1983 – 20 W 281/83, MDR 1983, 1033; OLG Hamburg, Urt. v. 12.12.1996 – 3 U 226/95, OLGR 1997, 88; OLG Hamm, Beschl. v. 8.2.2001 – 23 W 375/00, AGS 2002, 13; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.9.1996 – 3 W 96/96, MDR 1996, 1298; OLG Köln, Beschl. 17.5.2006 – 5 W 44/06; Beschl. v. 25.5.2001 – 11 W 11/01, OLGR 2002, 103; OLG München, Beschl. v. 20.4.1994 – 11 W 1195/94, JurBüro 1994, 745; OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.2.2009 – 5 W 81/08, JurBüro 2009, 250 (Ls.); OLG Zweibrücken, Beschl. v. 13.2.1985 – 7 W 3/85, JurBüro 1985, 1889; a.A. OLG Hamm, Beschl. v. 15.2.1991 – 12 W 1/91, JurBüro 1991, 1122; OLG Koblenz, Beschl. v. 19.11.1996 – 14 W 695/96, AGS 1997, 118; Beschl. v. 6.2.1992 – 14 W 713/91, JurBüro 1992, 626 mit abl. Anm. Mümmler. 2 Musielak/Voit/Heinrich, § 3 Rn. 26 Stichwort „Erledigung der Hauptsache“. 3 Stein/Jonas/Roth, § 4 Rn. 26; MünchKomm.ZPO/Wöstmann, § 4 Rn. 23; wohl auch BGH, Beschl. v. 15.5.2007 – VI ZB 18/06: allgemeiner Grundsatz. 4 So auch BGH, Beschl. v. 19.10.2000 – I ZR 176/00, MDR 2001, 648: für die Beschwer, wenngleich unter Hinweis auf fehlende Anfechtbarkeit der Kostengrundentscheidung; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Erledigung der Hauptsache“ Rn. 4. 5 So OLG Zweibrücken, Beschl. v. 4.2.2003 – 4 W 3/03, OLGR 2003, 256.
394 Kurpat
Erledigung der Hauptsache Denn bleibt die bisherige Hauptsacheklage trotz einseitiger Erledigungserklärung zumindest teilweise im Streit, besteht kein Anlass, bei der Bewertung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses von einem über das Kosteninteresse hinausgehenden Wert auszugehen. Mit der Entscheidung über den noch rechtshängigen, weil von der einseitigen Erledigungserklärung nicht betroffenen Teil der bisherigen Hauptsache wird bereits ein etwaig über die Erstattung eigener und Abwendung fremder Kosten hinausgehendes Feststellungsinteresse hinreichend abgedeckt. Mit dem BGH1 und dem überwiegenden Teil der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung2 ist der Streitwert daher nach dem Wert der Restforderung zuzüglich des Kosteninteresses zu bemessen.
2213
Für die Bewertung des Kosteninteresses sind notwendigerweise die auf den von der einseitigen Erledigungserklärung erfassten Teil der Hauptsache entfallenden Kosten zu berechnen. Hier werden zwei Berechnungsmethoden vertreten: – Die Mehrheit der Rechtsprechung berechnet das Kosteninteresse nach der Differenz der Kosten, die zwischen den durch die tatsächliche Rechtsverfolgung verursachten und den bei einer auf den nicht erledigten Teil beschränkten Rechtsverfolgung entstehenden Kosten besteht (sog. Mehrkosten- oder Differenzmethode).3 – Demgegenüber bemisst ein Teil der Oberlandesgerichte das Kosteninteresse nach dem Verhältnis der von dem durch Erledigungserklärung erfassten Teil der Hauptsache verursachten Kosten zu den Gesamtkosten der Rechtsverfolgung (sog. Quotenmethode).4
2214
Der letztgenannten Auffassung ist der Vorzug zu geben, da nur diese der degressiven 2215 Gebührenentwicklung in GKG und RVG Rechnung trägt und nicht erkennbar ist, warum der mit der Degression verbundene Vorteil allein dem Kläger zugute kommen soll. Damit erledigen sich auch weitgehend die Bedenken gegen die Praktikabilität der Berücksichtigung des Kosteninteresses im Fall der einseitigen Teilerledigung. 1 BGH, Beschl. v. 9.5.1996 – VII ZR 143/94, NJW-RR 1996, 1210; Beschl. v. 15.3.1995 – XII ZB 29/95, FamRZ 1995, 1137 = NJW-RR 1995, 1089; Beschl. v. 31.10.1991 – IX ZR 171/91, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1074; Beschl. v. 25.9.1991 – VIII ZR 157/91, WM 1991, 2009. 2 OLG Bremen, Beschl. v. 7.4.1997 – 2 W 28/97, OLGR 1997, 183; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.1.1993 – 18 W 65/92, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1127; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.6.2000 – 9 W 19/00, AGS 2001, 84; OLG Hamburg, Beschl. v. 22.11.1988 – 8 W 322/88, JurBüro 1989, 847 mit abl. Anm. Mümmler; OLG Hamm, Beschl. v. 28.8.2003 – 23 W 197/03, OLGR 2004, 32; OLG Koblenz, Beschl. v. 10.9.1998 – 14 W 627/98, AGS 2000, 12; OLG Köln, Beschl. v. 29.5.1991 – 19 W 11/91, JurBüro 1991, 1385; OLG München, Beschl. v. 4.8.2003 – 7 W 1804/03, OLGR 2003, 395; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 28.4.1998 – 3 W 113/98, OLGR 1998, 396; OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.2.2009 – 5 W 81/08, JurBüro 2009, 250 (Ls.); Beschl. v. 8.3.1989 – 5 W 4/89, JurBüro 1989, 1166; a.A. OLG Celle, Urt. v. 8.12.1981 – 16 U 37/81, Nds.Rpfl 1982, 64; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 4.2.2003 – 4 W 3/03, OLGR 2003, 256: auch hier weiterhin Hauptsachewert. 3 BGH, Beschl. v. 19.11.2009 – I ZR 33/08; Beschl. v. 13.7.2005 – XII ZR 295/02, NJW-RR 2005, 1728; Beschl. v. 9.5.1996 – VII ZR 143/94, NJW-RR 1996, 1210; Beschl. v. 25.9.1991 – VIII ZR 157/91, WPM 1991, 2009; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.12.2005 – 24 W 62/05, MDR 2006, 1079; Beschl. v. 11.1.1993 – 18 W 65/92, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1127; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.6.2000 – 9 W 19/00, AGS 2001, 84; OLG Hamm, Beschl. v. 23.8.2012 – 22 W 55/12; OLG Koblenz, Beschl. v. 6.2.1992 – 14 W 713/91, MDR 1992, 717 – für die übereinstimmende Teilerledigung; OLG Nürnberg, Beschl. v. 4.5.2006 – 5 W 878/06, JurBüro 2006, 478; OLG Schleswig, Beschl. v. 3.9.2007 – 1 W 37/07, MDR 2008, 353; OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.2.2009 – 5 W 81/08, JurBüro 2009, 250 (Ls.). 4 OLG Bremen, Beschl. v. 7.4.1997 – 2 W 28/97, OLGR 1997, 183; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.5.1996 – 23 W 19/96, BauR 1997, 356; OLG Hamm, Beschl. v. 12.5.2005 – 24 U 7/05, JurBüro 2005, 598; Beschl. v. 12.6.2001 – 21 W 29/00, OLGR 2001, 297; OLG Köln, Beschl. v. 29.5.1991 – 19 W 11/91, JurBüro 1991, 1385; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 28.4.1998 – 3 W 113/98, OLGR 1998, 396; eingehend Liebheit, AnwBl. 2000, 73 (74 f.).
Kurpat
395
Erledigung der Hauptsache
ZPO
2216
Hinsichtlich der Notwendigkeit einer gestaffelten Streitwertfestsetzung und des Zeitpunkts der Wertänderung kann auf die bisherigen Ausführungen (s. oben Rn. 2178) verwiesen werden.
D. Besondere Verfahren I. Mahnverfahren 2217
Werden vom Antragsgegner (Beklagten) während des Mahnverfahrens Zahlungen auf die mit dem Mahnbescheid geltend gemachten Forderungen geleistet, können Wertunterschiede zwischen dem Mahn- und Streitverfahren die Folge sein. Da der Eintritt materiell erledigender Umstände allein die Wertberechnung nicht beeinflusst, kommt es maßgeblich auf das nachfolgende prozessuale Verhalten des Antragstellers (Klägers) an. Hier ist zwischen gerichtlichen und anwaltlichen Gebühren zu unterscheiden: 1. Gerichtsgebühren
2218
Mit dem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids entsteht eine 0,5-Gebühr (Nr. 1110 KV GKG) nach dem Wert des im Mahnverfahren verfolgten Anspruchs.1 Die Bewertung des Anspruchs folgt den allgemeinen Regeln, mahnverfahrensrechtliche Besonderheiten bestehen insoweit nicht.
2219
Wird das Verfahren nach Erhebung des Widerspruchs oder Einlegung des Einspruchs an das Streitgericht abgegeben (§§ 696 Abs. 1, 700 Abs. 3 ZPO), entsteht mit Eingang der Akten die allgemeine Verfahrensgebühr (Nr. 1120 KV GKG) unter Anrechnung der Gebühr nach Nr. 1110 KV GKG, soweit Mahn- und Streitverfahren denselben Streitgegenstand betreffen. Entscheidend für die Wertbestimmung ist daher der Umfang, in dem das Mahnverfahren in das streitige Verfahren übergeleitet wird. Der bislang bestehende Streit, ob sich die Verfahrensgebühr – bei einer (bedingten) Streitantragstellung bereits im Mahnbescheidsantrag (§ 696 Abs. 1 ZPO) – nach dem Wert des mit dem Mahnbescheid geltend gemachten Anspruch unabhängig davon bestimmt, ob der Anspruch vom Antragsteller (Kläger) noch vor Abgabe teilweise für „erledigt“ erklärt worden ist (so die sog. Vorverlegungstheorie2), ist mit dem KostRMoG 2004 überholt.3 Ausweislich der amtlichen Anmerkungen zu Nr. 1210 KV GKG ist kostenrechtlich – wie auch beim Zuständigkeitsstreitwert (s. oben Rn. 2163 ff.) – der Eingang der Akten beim Prozessgericht der für die Wertbestimmung maßgebende Zeitpunkt. 2. Anwaltliche Gebühren
2220
Für die Vertretung des Antragstellers im Mahnverfahren erwächst spätestens mit Mahnantragstellung eine 1,0-Verfahrensgebühr (Nr. 3305 VV RVG), die gemäß der amtlichen Anmerkung der Anrechnung auf die Verfahrensgebühr für das Streitverfahren (Nr. 3100 VV RVG) unterliegt. Der Streitwert richtet sich nach dem Wert für die gerichtlichen Gebühren und damit nach dem Wert des im Mahnverfahren verfolgten Anspruchs, § 23 Abs. 1 RVG.
1 Hartmann, KV 1100 Rn. 4. 2 OLG Bamberg, Beschl. v. 29.7.1998 – 7 W 16/98, FamRZ 1999 1292; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.2.1998 – 10 W 18/98, NJW-RR 1998, 1077; OLG Hamburg, Beschl. v. 9.6.1998 – 8 W 139/98, MDR 1998, 1121; dagegen mit Recht Liebheit, NJW 2000, 2235; OLG Hamburg, MDR 2001, 294. 3 Ebenso Hartmann, 36. Aufl., KV 1210 Rn. 5.
396
Kurpat
Erledigung der Hauptsache Soweit nicht eine eingeschränkte Mandatserteilung vorliegt, ist dieser Wert auch für die mit der Vertretung des Antragsgegners anfallende Verfahrensgebühr (Nr. 3308 VV RVG) maßgeblich,1 die ebenfalls der Anrechnung unterliegt.
2221
Bleibt ein Widerspruch des Antragsgegners innerhalb der Widerspruchsfrist aus und wird infolgedessen Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides gestellt, dann entsteht eine halbe Verfahrensgebühr (nur) für die Vertretung des Antragstellers (Nr. 3308 VV RVG).2 Der Gegenstandswert dieser nicht der Anrechnung unterliegenden Verfahrensgebühr bemisst sich nach der Höhe des mit dem Vollstreckungsbescheid verfolgten Anspruchs.3 Zahlungen des Antragsgegners, die bei der Antragstellung gem. § 699 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen sind, führen folglich zu einer Wertminderung. Die auf den „erledigten“ Teil des Mahnverfahrens anfallenden Kosten bleiben bei der Wertbestimmung gem. § 4 ZPO, § 43 Abs. 3 GKG unberücksichtigt (s. oben Rn. 2172 f.).
2222
Mit dem Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens erwächst den Prozessbevollmächtigten die allgemeine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG.4 Der Gegenstandswert berechnet sich gem. § 23 Abs. 1 RVG nach dem in der Instanz erreichten höchsten Wert für das streitige Verfahren, soweit keine weiter gehende Mandatierung erfolgt, nachträgliche Wertminderungen bleiben unberücksichtigt.5 Maßgebend ist daher auch hier der Umfang, in dem das Mahnverfahren in das streitige Verfahren übergeleitet wird, mithin der Wert zum Zeitpunkt des Eingangs der Akten beim Prozessgericht (§ 694 Abs. 1 Satz 3 ZPO).
2223
Zu den Einzelheiten der Wertberechnung wird auf die Ausführungen zum Zustän- 2224 digkeitsstreitwert verwiesen (s. oben Rn. 2160 ff.).
II. Versäumnisverfahren Die Kontroverse, ob sich der Streitwert nach einseitiger Erledigungserklärung weiterhin nach dem Hauptsachewert richtet oder nur noch das Feststellungsinteresse und damit regelmäßig der Kostenpunkt maßgebend ist (oben Rn. 2190 ff.), setzt sich im Versäumnisverfahren fort. Da die Geständnisfiktion des § 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO sich nur auf tatsächliche Erklärungen, nicht auf Prozesshandlungen bezieht, kommt im Säumnisverfahren nur eine Entscheidung auf einseitige Erledigungserklärung hin in Betracht.6
2225
Folglich entsprechen die Bewertungsdifferenzen dem ausdrücklichen Wider- 2226 spruch des Beklagten auf die Erledigungserklärung des Klägers,7 so dass auf die vorstehenden Ausführungen (s. oben Rn. 2197) Bezug genommen werden kann.
1 OLG Hamm, JurBüro 1963, 100 – Kostenwiderspruch: OLG Saarbrücken, JurBüro 1973, 132 – Teilwiderspruch; AnwK-RVG/Gebauer, VV 3307 Rn. 25. 2 OLG Bamberg, JurBüro 1980, 721; a.A. AnwK-RVG/Schneider, VV 3308 Rn. 6, der jede, also auch eine vor Antragstellung liegende Tätigkeit ausreichen lassen will. 3 Hartmann, VV 3308 Rn. 16 f. 4 OLG Hamburg, Beschl. v. 15.12.1993 – 8 W 235/93, JMDR 1994, 520; OLG Jena, Beschl. v. 22.11.1999 – 5 W 594/99, JurBüro 2000, 472; OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.5.1990 – 1 W 60/90, JurBüro 1990, 613. 5 AnwK-RVG/N. Schneider, VV Vorb. 3 Rn. 45. 6 KG, Urt. v. 11.9.1998 – 18 U 786/98, KGR 1998, 380; OLG Celle, Urt. v. 24.5.1995 – 13 U 27/95, OLGR 1995, 239; Zöller/Vollkommer, § 91a Rn. 58 unter „Versäumnisverfahren“. 7 Vgl. zum Säumnisverfahren OLG Bamberg, Beschl. v. 22.7.1988 – 3 W 85/88, JurBüro 1989, 524; OLG Köln, Beschl. v. 16.12.1996 – 27 W 21/96, OLGR 1997, 120: Streitwert gleich Hauptsachewert; OLG München, Beschl. v. 11.4.1995 – 11 W 1022/95, MDR 1995, 642: Streitwert gleich 50 % des Hauptsachewerts; OLG Bremen, Beschl. v. 2.1.2001 – 2 W 135/00, AGS 2001, 185: Streitwert gleich angefallene Kosten.
Kurpat
397
Erledigung der Hauptsache
ZPO
2227
Beantragt der Kläger daher, die Hauptsache durch Versäumnisurteil für erledigt zu erklären, so ist die Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG nach dem Wert des Feststellungsinteresses und damit in der Regel nach dem Wert der bis zur Erledigungserklärung angefallenen Kosten zu berechnen.
III. Stufenklage 2228
Die Stufenklage ermöglicht es demjenigen, der eine Leistung begehrt, die er noch nicht genügend konkretisieren kann, sich das dazu erforderliche Wissen zu verschaffen, indem durch entsprechende vorbereitende Anträge Auskunfts- und Offenbarungszwang auf den Beklagten ausgeübt wird. Da es sich bei den einzelnen Ansprüchen um prozessual selbständige Streitgegenstände eines einheitlichen Verfahrens handelt,1 stellt die Stufenklage einen Fall der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) dar, deren einzelne Klagebegehren stufenwei-se entschieden werden. Hierbei kann sich ergeben, dass nach dem – unbestrittenen – Inhalt der nach Verurteilung auf der ersten Stufe erfolgten Auskunft von Anfang an kein Leistungsanspruch (3. Stufe) bestand. In dieser Situation bietet die einseitige Erledigungserklärung keine befriedigende Lösung, da das Feststellungsbegehren notwendigerweise erfolglos bleiben würde. Denn die Auskunft führt nicht zur Unbegründetheit des Leistungsbegehrens, sondern offenbart nur die von Anfang an bestehende Unbegründetheit (s. ausführlich unter dem Stichwort „Stufenklage“).
2229
Da es dem Kläger nur um die Erstattung eigener und Abwendung fremder Kosten geht (Kosteninteresse), ein etwaig weiter gehendes Interesse wird bereits mit der Verurteilung zur Auskunftserteilung kompensiert, ist die Erledigungserklärung – ggf. nach Hinweis (§ 139 ZPO) – als Antrag auf Feststellung der materiellen Kostentragungspflicht wegen verzögerter Auskunftserteilung auszulegen.2 Hierbei handelt es sich (ebenfalls) um eine privilegierte Klageänderung (§ 264 Nr. 2 ZPO), die – hier nach wohl einhelliger Ansicht – schon wegen der Streitgegenstandsänderung eine gestaffelte Streitwertfestsetzung erfordert. Die nach Klageänderung entstehenden Gebühren berechnen sich daher nach der Höhe der bis dahin angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten (wegen der Einzelheiten der Berechnung s. oben Rn. 2177 ff.).
IV. Klage und Widerklage 2230
Hat der Beklagte Widerklage erhoben und erklärt eine der Parteien oder beide übereinstimmend eines der Klagebegehren für erledigt, dann handelt es sich um einen Fall der einseitigen oder übereinstimmenden Teilerledigung. Die Bewertung richtet sich nach den allgemeinen Regelungen.3
V. Einstweiliger Rechtsschutz 2231
Auch in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist mit der einseitigen Erledigungserklärung des Verfügungsklägers eine Klagebeschränkung des Inhalts verbunden, dass der Kläger nunmehr Feststellung der Verfahrenserledigung in der 1 BGH, Urt. v. 5.5.1994 – III ZR 98/93, MDR 1994, 717; Beschl. v. 20.11.1979 – VI ZR 248/77, NJW 1980, 1106. 2 So BGH, Urt. v. 5.5.1994 – III ZR 98/93, MDR 1994, 717. 3 OLG Bamberg, JurBüro 1963, 488; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Erledigung der Hauptsache“ Rn. 17.
398
Kurpat
Erledigung der Hauptsache Hauptsache begehrt. Für die damit erforderliche gestaffelte Wertfestsetzung ist ab Erledigungserklärung nunmehr das Feststellungsinteresse des Verfügungsklägers maßgeblich. Dieses wird mangels entgegenstehender Anhaltspunkte dem Kosteninteresse entsprechen.1
VI. Zwangsvollstreckung Erklären im Ordnungsgeldverfahren (§ 890 ZPO) Vollstreckungsgläubiger und -schuldner die Hauptsache (des Zwangsvollstreckungsverfahrens) übereinstimmend für erledigt, dann richten sich Kostenentscheidung und Rechtsmittel nach § 91a ZPO. Der Beschwerdewert bestimmt sich nach den bis zur Erledigungserklärung angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.2
2232
E. Rechtsmittel und Beschwer I. Anfechtbarkeit der Entscheidung Erklären die Parteien erstinstanzlich den Rechtsstreit in der Hauptsache in vollem Umfang übereinstimmend für erledigt, ist nach § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits durch Beschluss zu entscheiden. Hiergegen ist gem. §§ 91a Abs. 2 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde eröffnet, wenn der Streitwert der Hauptsache die Berufungssumme (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO: 600 Euro) und der Wert des Beschwerdegegenstands 100 Euro übersteigen, §§ 91a Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
2233
Erfasst die übereinstimmende Erledigungserklärung der Parteien nur einen Teil der Hauptsache, dann entscheidet das Gericht über den noch verbliebenen Teil der Hauptsache und insgesamt über die Kosten des Rechtsstreits. Die Kostenmischentscheidung erfolgt für die auf den streitigen Teil entfallenden Kosten nach §§ 91 ff. ZPO und für den auf die Erledigung entfallenden Teil nach Maßgabe von § 91a ZPO.3 Hinsichtlich des erledigten Teils ist die Kostenentscheidung entweder mit der gegen die Verurteilung in der Hauptsache eröffneten Berufung4 oder selbständig nach § 91a Abs. 2 ZPO anfechtbar, wenn die bereits genannten weiteren Erfordernisse für diesen Teil vorliegen.5
2234
In allen Fällen bestimmt sich der Streitwert der Hauptsache i.S.v. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht nach dem gesamten für erledigt erklärten Teil, sondern nach dem für die Kostenentscheidung gem. § 91a ZPO maßgeblichen voraussichtlichen Unterliegen einer Partei, mithin der Höhe der hypothetischen Beschwer in der Hauptsache.6
2235
1 OLG Düsseldorf, Urt. v. 2.12.1992 – 3 U 34/92, OLGR 1993, 62; OLG Köln, Beschl. v. 16.8.1985 – 6 W 53/85, WRP 1986, 117; a.A. OLG München, Rpfleger 1967, 135; KG, Beschl. v. 3.10.1986 – 5 W 4470/86, WRP 1987, 111: Hauptsachewert. 2 OLG Braunschweig, Beschl. v. 20.5.1997 – 1 W 19/97, InVo 1998, 55. 3 BGH, Beschl. v. 29.7.2003 – VIII ZB 55/03, MDR 2004, 45 = AGS 2003, 437 mit Anm. N. Schneider. 4 BGH, Beschl. v. 19.3.2013 – VIII ZB 45/12, MDR 2013, 671; OLG München, Beschl. v. 30.9.2011 – 9 U 2138/11, BauR 2012, 537; OLG Rostock, Urt. v. 26.3.2003 – 3 U 85/02, OLGR 2003, 388; OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 12.4.1999 – 9 U 336/98, RenoR 2000, 21; Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 56. 5 BGH, Urt. v. 21.2.1991 – I ZR 92/90, MDR 1991, 793; Urt. v. 18.9.1963 – VII ZR 182/62, MDR 1964, 227; Zöller/Vollkommer, § 91a Rn. 56 m.w.N. 6 BGH, Beschl. v. 29.7.2003 – VIII ZB 55/03, MDR 2004, 45 = AGS 2003, 437 mit Anm. N. Schneider; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Erledigung der Hauptsache“ Rn. 3.
Kurpat
399
Erledigung der Hauptsache Bei übereinstimmender (Teil-)Erledigungserklärung im Berufungs- und Beschwerdeverfahren ist gegen den Kostenbeschluss bzw. die Kostenmischentscheidung nur die (zugelassene) Rechtsbeschwerde eröffnet, § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Insbesondere kann die Berufungsentscheidung bezüglich der den erledigten Teil betreffenden Kostenmischentscheidung nicht mit der Revision angefochten werden. Dementsprechend ist auch bei der Berechnung der aus dem Berufungsurteil erwachsenen Beschwer zu beachten, dass die mit der Entscheidung über die Kosten des erledigten Teils verbundene Beschwer außer Ansatz bleibt.1
2237
Hat das Gericht im Falle der einseitigen (Teil-)Erledigungserklärung streitig über den Antrag auf Feststellung der (Teil-)Erledigung durch Urteil entschieden, folgt dessen Kostenentscheidung und Anfechtbarkeit den allgemeinen Regeln. § 91a ZPO gelangt weder unmittelbar noch analog zur Anwendung.2 Hierbei richtet sich die Beschwer nach dem Streitwert des Feststellungsantrages, hinsichtlich dessen Bewertung auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann.3 Im Falle der Teilerledigungseklärung ist die Beschwer des die Erledigung in Abrede stellenden und weiterhin Klageabweisung beantragenden Beklagten durch eine Quotenoder Differenzrechnung zu ermitteln.4 Wird dieser allein durch das Kosteninteresse des Klägers bestimmt, steht § 99 Abs. 1 ZPO der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen.5 Eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung bei einseitiger Teilerledigungserklärung ist jedoch gem. § 99 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen.6
ZPO
2236
II. Übereinstimmende Erledigung 1. Vollständige Erledigung 2238
Hier bemisst sich die mit der Kostenentscheidung verbundene Beschwer immer nach dem Umfang der dem Beschwerdeführer auferlegten Kosten (Tragung eigener Kosten und Erstattung fremder Kosten). 2. Teilerledigung
2239
Diese errechnet sich bei der Teilerledigung und der damit verbundenen Kostenmischentscheidung nach der Höhe der auf den erledigten Teil entfallenden Kosten. Deren Anteil ist auch hier nach ihrem Verhältnis zu den Gesamtkosten (Quote) und nicht nach den infolge der Geltendmachung des jetzt erledigten Teils ausgelösten Mehrkosten zu bestimmen.7 Dies schon deshalb, weil anderenfalls die degressive Entwicklung der Gebührenhöhe unberücksichtigt bliebe.
2240
Für die Rechtsmittelfähigkeit der Entscheidung über den von der Erledigung nicht erfassten Teil, d.h. der Hauptsache i.S.v. § 511 ZPO, ist allein der Wert des noch
1 BGH, Beschl. v. 19.10.2000 – I ZR 176/00, MDR 2001, 648. 2 BGH, Urt. v. 5.5.1994 – III ZR 98/93, MDR 1994, 717; OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.6.1997 – 9 U 289/96, JurBüro 1998, 97; OLG Stuttgart, Urt. v. 5.6.2002 – 14 U 6/02, Justiz 2003, 151; Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 47 m.w.N.; a.A. OLG München, Urt. v. 8.7.1992 – 27 U 822/91, NJW-RR 1993, 571. 3 Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 49. 4 Vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 12.5.2005 – 24 U 7/05, JurBüro 2005, 598; Beschl. v. 12.6.2001 – 21 W 29/00, OLGR 2001, 297 – Quotenmethode; BGH, Beschl. v. 21.1.2014 – VI ZB 43/13, NJW 2014, 3249; Beschl. v. 19.11.2009 – I ZR 33/08; Beschl. v. 13.7.2005 – XII ZR 295/02, NJW-RR 2005, 1728 – Differenzrechnung; s. hierzu ausführlich oben Rn. 2214. 5 BGH, LM ZPO § 91a Nr. 31 = BGHZ 57, 224. 6 Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO Rn. 57. 7 Ebenso Musielak/Voit/Lackmann, § 91a ZPO Rn. 52.
400
Kurpat
Erledigung der Hauptsache im Streit befindlichen Klageanspruchs maßgeblich. Die Kosten des erledigten Teils bleiben gem. § 4 ZPO unberücksichtigt.1 Demgegenüber erhöhen sich Beschwer und Gebührenstreitwert des Rechtsmittelverfahrens um den Wert der auferlegten Kosten (Kosteninteresse), wenn mit der Berufung in der Hauptsache auch eine Überprüfung der Kostenentscheidung des erledigten Teils eröffnet wird.2 Abweichend davon bleibt für Revisionsbeschwer und -streitwert die Kostenlast unberücksichtigt, da diesbezüglich eine Überprüfung der Kostenmischentscheidung des Berufungsurteils nicht mehr stattfindet.3
2241
III. Einseitige Erledigungserklärung 1. Vollständige Erledigung Die Kontroverse, ob die einseitige Erledigungserklärung den Streitwert auf die bis dahin angefallenen Kosten reduziert, setzt sich bei der Bestimmung von Beschwer und Rechtsmittelstreitwert notwendigerweise fort. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorangegangenen Ausführungen Bezug genommen (s. oben Rn. 2190 ff.).
2242
Im Falle der vollumfänglichen Stattgabe oder Abweisung beschränkt sich die Beschwer regelmäßig auf die mit der Entscheidung verbundene Kostenlast, d.h. Beschwer und Rechtsmittelstreitwert bestehen in der Summe der Kosten der Vorinstanzen, soweit nicht der Hauptsachewert geringer ist;4 beispielsweise wegen einer Gebührenprivilegierung.5 Eine darüber hinausgehende Beschwer kommt bei einem im Einzelfall weiter gehenden Feststellungsinteresse des Klägers in Betracht.6 Dies gilt auch bei der Ermittlung der Beschwer des Beklagten, wenn ihm – korrespondierend zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers – an einer Klageabweisung, beispielsweise zur Abwehr etwaiger Schadensersatzansprüche, gelegen ist.7
2243
Wird dem Feststellungsantrag nur teilweise stattgegeben, ist die Beschwer wieder- 2244 um anteilig bezogen auf den bisherigen Hauptsachewert oder – nach der hier vertretenen Ansicht – auf den Wert des Feststellungsbegehrens und damit regelmäßig nach einem dem Unterliegen entsprechenden Anteil an den Gesamtkosten zu ermitteln. 2. Teilweise Erledigung Erklärt der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache nur teilweise für erledigt und bleibt im Übrigen bei seinem bisherigen Klageantrag, ist zu unterscheiden: – Bei vollumfänglicher Stattgabe von (verbleibender) Hauptsacheklage und dem (in der einseitigen Teilerledungserklärung liegenden) Feststellungsantrag bestimmt sich die Beschwer des Beklagten nach dem Wert der verbliebenen 1 BGH, Beschl. v. 21.1.2014 – VI ZB 43/13, NJW 2014, 3249; Urt. v. 12.3.1991 – XI ZR 148/90, NJW-RR 1991, 1211; Beschl. v. 20.9.1962 – VII ZB 2/62, NJW 1962, 2252; Anders/Gehle/ Kunze, Stichwort „Erledigung der Hauptsache“ Rn. 8. 2 OLG Hamm, OLGZ 87, 375; KG, MDR 1986, 241; OLG München, NJW 1970, 761; OLG Rostock, Urt. v. 26.5.2003 – 3 U 85/02, OLGR 2003, 388; E. Schneider, MDR 1997, 705; Zöller/Vollkommer, § 91a Rn. 56. 3 BGH, Beschl. v. 28.11.1990 – VIII ZB 27/90, MDR 1991, 526. 4 Siehe BGH, Urt. v. 11.7.1990 – XII ZR 10/90, FamRZ 1990, 1225. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.5.2009 – 24 W 26/09, OLGR 2009, 706; Beschl. v. 10.1.2006 – I-24 W 64/05, MDR 2006, 1017. 6 BGH, WM 1978, 736: Erledigung durch Aufrechnung des Klägers. 7 OLG Thüringen, Urt. v. 28.11.2001 – 2 U 615/01, OLG-NL 2002, 18; E. Schneider, MDR 1973, 625; offen lassend BGH, NJW 1969, 1173; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Erledigung der Hauptsache“ Rn. 14.
Kurpat
401
2245
Erledigung der Hauptsache
ZPO
Hauptsache zuzüglich dem Wert des Feststellungsbegehrens. Dessen Wert wird davon beeinflusst, welche Ansicht im Streit um die Bewertung der einseitigen Erledigungserklärung vertreten wird. Wird diese nach dem Kosteninteresse bestimmt, bedarf es einer Herausrechnung (Differenzrechnung) der auf die Verurteilung in der verbleibenden Hauptsache entfallenden Kosten wegen § 4 ZPO.1 Dies sollte – wie bereits dargestellt (s. oben Rn. 2214) – nach der Quotenmethode erfolgen. Ebenso verhält es sich bei der Abweisung von Hauptsacheantrag und Feststellungsbegehren. – Kommt es hinsichtlich der Klageanträge zu unterschiedlichen Verfahrensteilergebnissen, bestimmt sich die Beschwer – wie auch sonst bei der objektiven Klagehäufung – nach dem Umfang der stattgebenden Entscheidung. Weist das Gericht die verbleibende Hauptsacheklage ab und gibt dem Feststellungsbegehren statt, entspricht die Beschwer des Beklagten dem vollen Betrag der ihm auferlegten Kosten2 und die Beschwer des Klägers dem verbleibenden Hauptsachewert. Wird dem verbleibenden Hauptsacheantrag stattgegeben und unterliegt der Kläger allein beim Streit um die Teilerledigung, berechnet sich die Beschwer des Beklagten allein nach dem verbleibenden Hauptsachewert und die Beschwer des Klägers nach dem – im Wege einer Differenzberechnung – zu ermittelnden Kosteninteresse.
F. Vergleich 2246
Aufgrund der unmittelbar prozessbeendigenden Wirkung des Prozessvergleichs besteht für eine Verbindung von Vergleich und Erledigungserklärung keine Notwendigkeit. Der im Vergleich enthaltenen Formulierung, wonach der „Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist“, kommt eine eigenständige Bedeutung allenfalls dann zu, wenn die Parteien daneben keine oder nur eine negative Kostenregelung getroffen haben. Dann beschränkt sich der Vergleich auf die Hauptsache, so dass das Gericht in Abweichung von § 98 ZPO nach Maßgabe der allgemeinen Kostenregelungen, insbesondere von § 91a ZPO, über die Kosten zu entscheiden hat.3
2247
Nach Abschluss des Vergleichs ist aufgrund des damit verbundenen Wegfalls der Rechtshängigkeit für eine übereinstimmende Erledigungserklärung kein Raum mehr.4
2248
Erfasst die Einigung sämtliche streitgegenständlichen Ansprüche, dann entspricht der Gegenstandswert des Vergleichs dem Wert der Hauptsache. Die nach Maßgabe von § 91a ZPO zu verteilenden Kosten des Rechtsstreits bleiben demgegenüber unberücksichtigt. Denn für die Bewertung ist allein maßgeblich, worüber der Vergleich geschlossen, d.h. welcher Streit durch den Vergleich beigelegt wird. Unerheblich ist, worauf sich die Parteien verglichen haben, selbst wenn die nach dem Vergleich zu erbringende Leistung wertmäßig über dem verglichenen Anspruch liegt.5
1 BGH, Beschl. v. 9.3.1993 – VI ZR 249/92, MDR 1994, 317; Beschl. v. 25.9.1991 – VIII ZR 157/91, WM 1991, 2009, allerdings mit Berechnung nach der Differenzmethode. 2 BGH, Beschl. v. 9.3.1993 – VI ZR 249/92, MDR 1994, 317. 3 BGH, MDR 1965, 25; OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.10.2002 – 9 WF 169/02, JurBüro 2003, 323; OLG Koblenz, JurBüro 1991, 120; OLG München, Beschl. v. 13.11.1989 – 25 W 2948/89, MDR 1990, 344; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 24.5.2004 – 5 W 38/04; Zöller/Herget, § 98 ZPO Rn. 3. 4 OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.10.2002 – 9 WF 169/02, JurBüro 2003, 323. 5 BGH, NJW 1964, 1523; KG, Urt. v. 18.12.2003 – 12 U 164/02, KGR 2004, 310; OLG Köln, JurBüro 1996, 476; OLG München, JurBüro 2001, 141; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Vergleich“ m.w.N.
402
Kurpat
Ersatzvornahme nach § 887 ZPO Schließen die Parteien einen Vergleich, nachdem der Beklagte zuvor der Erledigungserklärung widersprochen hat, bestimmt sich dessen Gegenstandswert nach den bis dahin angefallenen Kosten des Rechtsstreits.1 Zu beachten bleibt, dass bei einer Erledigungserklärung des Klägers erst in der mündlichen Verhandlung sich die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) nach dem Wert der Hauptsache richtet. Denn die Terminsgebühr entsteht bereits mit Anwesenheit des Anwalts bei Aufruf der Sache. Ist dem Vergleich jedoch eine übereinstimmende Teilerledigung vorausgegangen und erfasst die Einigung auch die Verteilung der auf den erledigten Teil entfallenden Kosten, dann sind diese Kosten bei der Bemessung des Gegenstandwertes werterhöhend zu berücksichtigen.2
2249
Erklären die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt, beruhen aber diese Erklärungen auf Irrtümern über die tatsächlich erfolgten Zahlungen im Laufe des Rechtsstreites, so ist das für die Streitwertbemessung unbeachtlich, da die übereinstimmenden Erklärungen mangels Widerrufbarkeit und Anfechtbarkeit das Hauptverfahren endgültig erledigt haben. Schließen die Parteien daraufhin noch im selben Verfahren einen Vergleich, um einen neuen Rechtsstreit zu vermeiden, so sind beim Wertansatz für den Vergleich alle bisher angefallenen Kosten und alle in Wirklichkeit nicht erledigten Forderungen einschließlich restlicher Zinsansprüche zu berücksichtigen.3
2250
Ersatzvornahme nach § 887 ZPO A. Einleitung Ist der Schuldner zur Vornahme einer vertretbaren Handlung verurteilt, so kann der Gläubiger, wenn die Handlung nicht vorgenommen wird, auf Antrag vom Gericht ermächtigt werden, die betreffende Handlung auf Kosten des Schuldners selbst vorzunehmen (§ 887 Abs. 1 ZPO). Auf entsprechenden Antrag kann der Schuldner auch verurteilt werden, einen Vorschuss auf die zu erwartenden Kosten der Ersatzvornahme zu zahlen (§ 887 Abs. 2 ZPO), über den dann später abgerechnet wird.
2251
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Ein Zuständigkeitsstreitwert muss für das Verfahren über die Ersatzvornahme nach § 887 ZPO nicht ermittelt werden, da nach § 887 Abs. 1 ZPO das Prozessgericht des ersten Rechtszugs ausschließlich zuständig ist. Auch für die Gerichtsgebühren ist keine Streitwertfestsetzung erforderlich. Das Verfahren in erster Instanz ist zwar nicht mehr gebührenfrei. Die Gebühren fallen jedoch als Festgebühren an. In der ersten Instanz wird eine Festgebühr i.H.v. 20 Euro für den Antrag erhoben (Nr. 2111 KV GKG). In der Beschwerdeinstanz fällt eine Festgebühr von 30 Euro bzw. 60 Euro an, wenn die Beschwerde bzw. Rechtsbeschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (Nrn. 2121, 2124 KV GKG).
1 KG, Beschl. v. 10.10.2006 – 1 W 260/06, JurBüro 2007, 33. 2 OLG Bamberg, JurBüro 1974, 1440. 3 OLG Köln, JMBl.NW 1974, 46.
Kurpat/Noethen
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2252
Erweiterung des Klageantrags Der Anwalt kann im Verfahren nach § 887 ZPO eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG sowie ggf. eine Terminsgebühr nach Nr. 3310 VV RVG verdienen. Wird der Schuldner zugleich verurteilt, einen Kostenvorschuss zu leisten (§ 887 Abs. 2 ZPO), so ist die Vollstreckung dieser Entscheidung für den Anwalt eine besondere Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 12 RVG). Die Anwaltsgebühren richten sich nach dem gem. § 25 Abs. 1 RVG zu bestimmenden Gegenstandswert.
2254
Bei einem Verfahren auf Erteilung der Ermächtigung und Verurteilung zur Vorauszahlung ist der Wert der zu erzwingenden Handlung maßgebend. Das ist in der Regel der Wert der Hauptsache, weil es dem Gläubiger darum geht, dass die Handlung vorgenommen wird.1 Sein Interesse entspricht daher regelmäßig dem Erfüllungsinteresse und damit dem Wert der Hauptsache,2 nicht lediglich einem Bruchteil davon.
2255
Der verlangte Vorschuss bildet einen Anhalt für die Schätzung des maßgeblichen Wertes der zu erzwingenden Handlung. Wird wegen im Voraus zu zahlender Kosten vollstreckt, dann entspricht der Streitwert dem Betrag dieser Kosten.3
ZPO
2253
Erweiterung des Klageantrags Siehe das Stichwort „Klageänderung“.
Erwerbsverbot A. Einleitung 2256
Soll bei Vorliegen eines nichtigen oder unwirksamen Grundstückskaufvertrages der Erwerber an der Eintragung in das Grundbuch gehindert werden, damit er nicht die dingliche Rechtsstellung erlangt und an einen Gutgläubigen weiterveräußern kann, kann der Verkäufer ein gerichtliches Erwerbsverbot erwirken. Dies geschieht in der Regel im Rahmen einer einstweiligen Verfügung (§§ 935, 938 Abs. 2 ZPO).4
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert 2257
Der Streitwert des Antrags auf Erlass eines Erwerbsverbots5 im Wege einer einstweiligen Verfügung ist nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO zu schätzen und hat sich am Wert der Hauptsache zu orientieren.
1 Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Ersatzvornahme nach § 887 ZPO“. 2 OLG Rostock, Beschl. v. 26.9.2008 – 1 W 82/08, JurBüro 2009, 105 = AGS 2009, 187; OLG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 – 25 WF 45/05, AGS 2005, 262; OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 218; KG, JurBüro 1973, 150; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Ersatzvornahme nach § 887 ZPO“; OLG Karlsruhe, Justiz 1967, 171 . 3 Schneider/Wolf, § 25 RVG Rn. 20. 4 Vgl. RGZ 120, 118; KG, Rpfleger 192, 177; OLG Hamm, DNotZ 1970, 661. 5 Vgl. zum Gegenstück „Veräußerungsverbot“ das entsprechende Stichwort.
404
Noethen/Kurpat
Fllige Betrge Maßgebend ist das Interesse des Antragstellers an der Sicherung seiner Rechtsposition im Zeitpunkt der Antragstellung. Dabei wird vom Streitwert der Hauptsache ausgegangen und das Verfügungsverfahren mit einem entsprechenden Bruchteil bewertet.1
2258
In den einschlägigen Fällen können die Bemessungsgrundsätze für nichtige Rechts- 2259 geschäfte Anwendung finden.2 Wird nur Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrages verlangt, dann ist auf das Interesse des Klägers am Nichtbestehen oder an der Wiederaufhebung des Vertrages abzustellen. Das Interesse ist dann gleichbedeutend mit dem Ziel, vom Vertrag befreit zu werden.3 Maßgebend ist also der objektive wirtschaftliche Nachteil, der dem Kläger bei Aufrechterhaltung des Vertrages entstünde und den er durch die Hauptsacheklage abwenden will.4 Das kann die eigene Leistung oder auch der Verkehrswert des Grundstücks sein.5 Die abweichende Entscheidung des OLG Koblenz,6 wonach immer der volle Wert der Leistung anzusetzen sei, von der bei Nichtigkeit freigestellt wird, ist zu Recht unbeachtet geblieben, weil dadurch das zu bewertende Klägerinteresse unabhängig vom Einzelfall bestimmt würde.
2260
Wird auf Unterlassung der Vorlage eines Wechsels zur Zahlung geklagt, dann ist das nach § 3 ZPO zu schätzende Unterlassungsinteresse (= Interesse am Erwerbsverbot) regelmäßig mit dem bekämpften Wechselanspruch gleichzusetzen.7
2261
Wird bei Vertragsnichtigkeit im Hauptverfahren auch die Rückgewähr der bereits erbrachten Leistung verlangt, dann ist § 6 ZPO anzuwenden.
2262
Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen Siehe das Stichwort „Ordnungsmittel“.
Fllige Betrge A. Gebührenstreitwert I. Überblick Fällige Beträge sind Geldforderungen und als solche zu bewerten.
2263
Bei Klagen, die auf wiederkehrende Leistungen gerichtet sind, stellt sich das Problem der zusätzlichen Bewertung fälliger Beträge. Nach § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG sind im Falle wiederkehrender Leistungen die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge dem Wert der künftigen Beträge hinzuzurechnen. Es kommt auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung an, nicht auf den Zeitpunkt der Zustellung der Klage
2263a
1 2 3 4 5 6 7
Vgl. das Stichwort „Einstweilige Verfügung“. Vgl. das Stichwort „Nichtigkeitsklage“. OLG Stuttgart, Rpfleger 1964, 162. OLG Stuttgart, Rpfleger 1962, 162. OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18.12.2002 – 11 W 306/02, OLGR 2003, 484. OLG Koblenz, NJW 1953, 1918. BGH, Beschl. v. 20.1.1988 – VIII ZR 231/87, WM 1988, 882.
Kurpat/N. Schneider
405
ZPO
Fllige Betrge oder deren Rechtshängigkeit. Eine vergleichbare Regelung gilt in Familiensachen für Unterhaltsansprüche (§ 51 Abs. 2 FamGKG). 2263b
Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird (§ 42 Abs. 3 Satz 2 GKG).
2263c
Werden im Laufe des Verfahrens weitere zwischenzeitlich – also nach Klageerhebung – fällig gewordene Beträge geltend gemacht, sei es im Wege der Klageerweiterung oder im Wege der Klageänderung (Übergang vom Feststellungs- zum Leistungsantrag), sind diese Beträge unbeachtlich.1 Abzustellen ist nach § 42 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 40 GKG auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung.
2263d
Im Falle einer Stufenklage (§ 254 ZPO) ist auf den Zeitpunkt der Einreichung der Stufenklage abzustellen, nicht auf den späteren Zeitpunkt der Bezifferung des Leistungsantrags.2
II. Mietsachen 2264
Fällige Beträge haben insbesondere in Miet- und Pachtsachen Bedeutung. Wird gem. § 259 ZPO auf Zahlungen künftiger und fälliger Mieten, Pachtzinsen oder Nutzungsentschädigungen geklagt, sind die zukünftigen Forderungen nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 9 oder § 3 ZPO zu bewerten. Die bei Klageeinreichung fälligen Beträge werden hinzugerechnet.3
Û
Beispiel: Am 10. Oktober wird Klage auf laufende Mieten i.H.v. 500 Euro sowie rückständige Mieten seit Mai erhoben. Der Streitwert für die künftigen Mieten beläuft sich nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Jahreswert, mithin (42 × 500 Euro =) 21 000 Euro. Hinzu kommen die fälligen Beträge für Mai bis Oktober (6 × 500 Euro =) 3000 Euro, so dass sich ein Gesamtwert i.H.v. 24 000 Euro ergibt (§ 39 Abs. 1 GKG).
III. Rentenansprüche 2264a
Auch bei Rentenansprüchen sind die bei Einreichung fälligen Beträge dem Wert der bei Einreichung zukünftigen Beträge oder dem Wert eines Feststellungsantrags hinzuzurechnen.4
1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.10.2014 – 9 W 29/14; OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.10.2011 – 14 W 84/11. 2 OLG Bremen, Beschl. v. 18.6.2013 – 5 WF 64/13, AGS 2013, 583 (zur vergleichbaren Lage in Unterhaltssachen). 3 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, MDR 2004, 1437 = AGS 2004, 249 mit Anm. N. Schneider = MietRB 2004, 234 (noch zur Vorgängervorschrift des § 17 Abs. 5 GKG); OLG Hamm, Beschl. v. 13.2.2008 – 33 W 18/07, FamRZ 2008, 1208 = AGS 2008, 358; KG, Beschl. v. 28.4.2007 – 12 W 35/07, AGS 2007, 632 = MietRB 2008, 13. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.10.2014 – 9 W 29/14; OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.10.2011 – 14 W 84/11; OLG Celle, Beschl. v. 3.1.2007 – 8 U 123/06, OLGR 2007, 239 (noch zur Vorgängervorschrift des § 41 Abs. 5 GKG a.F.).
406
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Flligkeit
IV. Versicherungsbeiträge Werden laufende und fällige Versicherungsbeiträge eingeklagt, sind die bei Einreichung fälligen Prämien dem Wert der zukünftigen Prämien (höchstens für die Dauer von 3 1/2 Jahren) hinzuzurechnen.1
2264b
V. Sonstige Dauerschuldverhältnisse Für sonstige Dauerschuldverhältnisse liegen zwar noch keine vergleichbaren Entscheidungen vor. Hier dürfte jedoch nichts anderes gelten, so dass auch hier § 42 Abs. 3 GKG entsprechend anzuwenden ist.
2265
B. Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert Für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert fehlt es zwar an einer dem § 42 Abs. 3 GKG vergleichbaren Vorschrift; dennoch wird hier ebenso bewertet. Die bei Klageeinreichung fälligen Beträge werden dem Wert der zukünftigen Forderungen hinzugerechnet.
2265a
Flligkeit Wird auf Zahlung eines Betrags oder auf sonstige Leistung geklagt und verteidigt sich der Beklagte lediglich damit, der Betrag oder die Leistung sei noch nicht fällig, so wird häufig trotzdem der eingeklagte Betrag oder der Wert der Leistung in vollem Umfang als maßgebend angesehen, weil der Kläger darüber einen vollstreckungsfähigen Titel erstrebt.2
2266
Es lässt sich jedoch nicht verkennen, dass diese Bewertung am wirtschaftlichen Streit der Parteien vorbeigeht. Denn die Forderung oder die Leistung als solche ist unstreitig, es geht nur darum, wann sie zu erfüllen ist. Deshalb ist der Ansatz des vollen Forderungsnennbetrags oder des vollen Werts der Leistung bedenklich,3 zumal das Gesetz in anderen Fällen das „Fälligkeitsinteresse“ berücksichtigt. So wird z.B. bei einem Rechtsstreit auf Herausgabe eines Mietobjekts, bei dem die Parteien nur über den Zeitpunkt der Räumung streiten, nur der Bezug der streitigen Zeit berücksichtigt (§ 9 ZPO; § 41 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 GKG). Hier wird also das Fälligkeitsinteresse berücksichtigt.4
2267
Û
Beispiel: Der Vermieter, der nicht zugleich Eigentümer ist, erklärt im Januar die Kündigung des Mietverhältnisses zum 30.9. Der Mieter erklärt, die Kündigung zu akzeptieren. Er berechnet die Kündigungsfrist allerdings anders und erklärt, erst zum 31.12. zu räumen. Da jetzt nur eine Mietzeit von drei Monaten streitig ist, wird gem. § 41 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GKG auch nur der Bezug dieser drei Monate herangezogen.
Soweit das Gesetz nicht ohnehin schon auf das Fälligkeitsinteresse abstellt, kann 2268 dieses ggf. im Rahmen des § 3 ZPO – auch bei Geldforderungen – berücksichtigt 1 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.12.2007 – 5 W 296/07, OLGR 2008, 246. 2 OLG Hamburg, Beschl. v. 9.12.1971 – 6 W 76/71, MDR 1972, 335; ebenso MünchKomm.ZPO/Wöstmann, § 3 Rn. 118; Baumbach/Hartmann, Anh. § 3 ZPO Rn. 5 „Fälligkeit“. 3 So auch der BGH jedenfalls für die Urteilsbeschwer, WPM 1995, 2060. 4 Siehe OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.10.2008 – 5 W 48/08, AGS 2009, 46 = MietRB 2009, 132.
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Flligkeit
ZPO
werden. Dafür spricht insbesondere, dass das GKG – im Gegensatz zum FamGKG (§ 35 FamGKG) – nicht auf den Wert der geltend gemachten Forderung abstellt, sondern eine Schätzung nach § 3 ZPO vorsieht. Indessen muss sich der Kläger auf die unter Rn. 2066 genannte Rechtsprechung einstellen. 2269
Wird nicht der Betrag eingeklagt, sondern vom Schuldner negative Feststellungsklage erhoben mit dem Ziel der Feststellung, dass der Betrag noch nicht fällig sei, dann ist auch nach dem Klageantrag nur die Leistungszeit Streitgegenstand. Zu einem vollstreckungsfähigen Titel über den Betrag kommt es nicht. Abzustellen ist dann allein auf das „Fälligkeitsinteresse“, also auf die Nachteile, die bei vorzeitiger Zahlung entstehen.
2270
Gleiches gilt im Fall einer Vollstreckungsabwehrklage, mit der nur geltend gemacht wird, die Vollstreckung sei aufgrund einer nachträglich getroffenen Fälligkeitsabrede (Stundungsvereinbarung) zur Zeit nicht zulässig. Der Schuldner wendet sich in diesem Fall nicht gegen die Forderung selbst, sondern nur gegen die vorzeitige Zahlung. Sein Interesse beschränkt sich daher auf die Mehrkosten, die bei vorzeitiger Erfüllung anfallen (Finanzierungskosten etc.). Hier ist nach § 3 ZPO zu schätzen, was die Verzögerung für den klagenden Schuldner wirtschaftlich wert ist.1 Der Streitwert (= Zwischenzins) lässt sich über den höchstmöglichen Zinssatz oder die höchstmögliche ersparte Zinsbelastung errechnen. Des Weiteren können eventuelle Finanzierungskosten zu berücksichtigen sein.
2271
Ebenso ist in der Zwangsvollstreckung zu bewerten. Wendet sich der Schuldner mit Erinnerung oder Beschwerde lediglich dagegen, dass der zugunsten des Gläubigers titulierte Anspruch noch nicht fällig sei, dann bemisst sich der Gegenstandswert für die Gebühren des Anwalts nicht nach der Höhe der Forderung, sondern nach dem Interesse des Schuldners an der Hinauszögerung des Vollstreckungsbeginns. Dieses Interesse kann anhand des Zwischenzinses zwischen den streitigen Fälligkeitszeitpunkten geschätzt werden.2
2272
Diese Bewertungsregeln gelten auch bei außergerichtlichem Fälligkeitsstreit. Wird ein Anwalt damit beauftragt, gegenüber dem Gläubiger die noch nicht eingetretene Fälligkeit geltend zu machen, dann ist das Interesse des Schuldners an der Hinauszögerung des Fälligkeitstermins maßgebend.3 Es muss nach § 3 ZPO geschätzt werden.
2273
Der Streitwert einer Klage auf zukünftig fällig werdende Geldansprüche (§§ 257, 259 ZPO) ist gleich dem vollen Nominalwert der Forderung,4 soweit der Streit nicht ausschließlich um die Fälligkeit geht.
2274
Wird eine Klage auf künftige Leistung von wiederkehrenden Leistungen (z.B. laufende monatliche Mieten) nur deshalb erhoben, weil der Schuldner nicht pünktlich zahlt, ist dagegen nur das Fälligkeitsinteresse zu berücksichtigen, das mit einem Bruchteil der Hauptforderung zu bewerten ist.5
2275–2276
Einstweilen frei.
1 BGH, Beschl. v. 21.4.1961 – V ZR 58/60, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 13; OLG Schleswig, Beschl. v. 13.1.1983 – 8 WF 156/82, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 636; OLG Hamburg, Beschl. v. 9.12.1971 – 6 W 76/71, MDR 1972, 335; OLG Bamberg, Beschl. v. 26.5.1982 – 3 W 33/82, JurBüro 1982, 1245; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 8.7.1985 – 7 TA 179/85, JurBüro 1985, 1704. 2 OLG Köln, Beschl. v. 11.9.1985 – 2 W 107/85, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 778. 3 LG Bielefeld, Urt. v. 20.2.1980 – 1 S 505/79, AnwBl. 1980, 256 mit abl. Anm. Schmidt. 4 RGZ 118, 323; BGH, Beschl. v. 2.3.1994 – IV ZR 270/93, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1178; m.w.N. zur Rspr. bei Hirte, MDR 1987, 170; Voormann, MDR 1987, 722. 5 AG Kerpen, Urt. v. 5.4.1991 – 22 C 32/92, WuM 1991, 439 mit Anm. N. Schneider: 1/5.
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Feststellungsklage
Feststellungsklage Gliederungsübersicht Rn. A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2277 B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . II. Wertfestsetzung . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum Leistungsantrag IV. Grundurteil. . . . . . . . . . . . . . . . V. Die positive Feststellungsklage 1. Abschlag vom Leistungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
2279 2280 2283 2287
Rn. 2. VI. 1. 2. 3.
Höhe des Abschlags . . . . . . . . . . Die negative Feststellungsklage . Kein Abschlag. . . . . . . . . . . . . . . Berühmung des Beklagten . . . . . . Gewerblicher Rechtsschutz und Abwehr von Unterlassungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Streitwertüberprüfung . . . . . . . .
2292 2299 2300 2304
2310 2312
C. Rechtsprechungs-ABC . . . . . . . . 2313 . 2289
Stichwortübersicht Rn. Abzug – bei Feststellungsklage auf berechenbare Leistung . . . . – bei Feststellungsklage zur Verjährungshemmung . . . . . Berühmung des Beklagten – Ermäßigung durch ihn . . . . – überhöhte . . . . . . . . . . . . . . – wertbestimmend . . . . . . . . . Feststellungs-Teilklage . . . . . . Gerichtliche – Kenntnis der maßgebenden Umstände . . . . . . . . . . . . . . – Schätzung . . . . . . . . . . . . . . Gewerblicher Rechtsschutz . . Grundurteil . . . . . . . . . . . . . . Hauptinterventionsklage . . . . Interesse, wirtschaftliches des Klägers maßgebend . . . . . . . Klageänderung (Feststellung/ Leistung) . . . . . . . . . . . . . . . Klagehäufung . . . . . . . . . . . . . Leistung der Versicherung auf Feststellungsurteil . . . . . . . Leistungsklage als Maßstab . .
. . . . . . 2295 . . . . . . 2293 . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
2305 2306 2304 2309
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2281 2280 2310 2287 2290
. . . . . . 2279 . . . . . . 2283 . . . . . . 2279 . . . . . . 2296 . . . . . . 2277
Rn. Miterben-Feststellungsklage. . . . . . . . 2290 Negative Feststellungsklage . . . . . . . . 2299 – Abzug gegenüber Leistungsklage . . 2300 – Interesse des Klägers maßgebend . . 2299 – Wert der gegnerischen Ansprüche maßgebend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2304 Positive Feststellungsklage und Leistungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . 2289 – Abzug bei Feststellungsantrag des Nebenintervenienten . . . . . . . . 2291 – Abzug von 20 % bei Feststellungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2292 Rechtsmittelinstanz und Teilurteil. . . 2286 Schätzung – des Klägers . . . . . . . . . . . . . . . 2280, 2307 – nach § 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . 2279 Teilleistungsantrag neben Feststellungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2284 Teilurteil – über Feststellungsanspruch. . . . . . . 2286 – über Leistungsanspruch . . . . . . . . . 2286 Titel, Umfang bei Feststellungsurteil . 2289 Vorläufiger Streitwert . . . . . . . . . . . . . 2280 Wertangabe des Klägers . . . . . . . . . . . 2280 Zinsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2282
A. Einleitung Feststellungsklagen sind häufig nur Vorstufen der Leistungsklagen. Beide Klagen gehen auf dasselbe wirtschaftliche Ziel. Gegenstand einer Leistungsklage kann aber jedes Tun oder Unterlassen sein (§ 194 BGB). Daher gibt es für die Bewertung von Feststellungsklagen nur wenige Grundsätze, die nur für sie gelten.
2277
Vornehmlich geht es bei der Streitwertbestimmung um die Frage, ob und wann Feststellungsklagen geringer als die entsprechenden Leistungsklagen zu beziffern sind. Davon behandeln die folgenden Abschnitte die positive (Abschnitt B. V.) und die negative Feststellungsklage (Abschnitt B. VI.). Da sich aber die Bewertung je-
2278
Noethen
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Feststellungsklage
ZPO
der Feststellungsklage an der entsprechenden Leistungsklage ausrichten muss, ist deren Wert immer vorab zu bestimmen. Im Hinblick auf häufig auftretende Einzelfälle ist unter Abschnitt C. ein alphabetischer Bewertungsschlüssel zusammengestellt, der eine Orientierungshilfe bietet.
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Allgemeines 2279
Der Streitwert einer Feststellungsklage ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Entscheidend ist das wirtschaftliche Interesse, das der Kläger nach seinem Sachvortrag an der begehrten Feststellung hat.1 Dieses Interesse richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles und ist in drei verschiedenen Schritten zu bestimmen: 1. Zunächst sind in Fällen der Klagehäufung – insbesondere bei umfassenden Feststellungsanträgen für Vergangenheit und Zukunft – solche Ansprüche herauszurechnen, die schon beziffert miteingeklagt worden sind.2
Û
Beispiel: Ergibt sich aus der Klagebegründung, dass ein seinem Umfang nach nicht eingeschränkter Feststellungsantrag nur auf einen bestimmten Betrag gerichtet ist, dann ist der Feststellungsantrag entsprechend diesem engeren Begehren auszulegen.3
2. Sodann ist der Streitwert für eine dem Feststellungsbegehren entsprechende Leistungsklage zu bestimmen.
Û
Anmerkung: Der Wert einer Feststellungsklage darf nie höher angenommen werden als der Streitwert einer Leistungsklage über denselben Gegenstand. Hat das Gesetz den Streitwert einer Leistungsklage – z.B. für Ansprüche nach §§ 41, 42 GKG – besonders bemessen, dann gilt diese Höchstgrenze auch für die entsprechende Feststellungsklage.
3. Schließlich ist zu prüfen, ob aufgrund des Umstandes, dass nur eine Feststellungsklage und keine Leistungsklage erhoben wurde, noch ein prozentualer Abschlag vorzunehmen ist.
Û
Anmerkung: Nach herrschender und zutreffender Meinung wird bei negativen Feststellungsklagen ein solcher Abschlag nicht vorgenommen,4 sondern nur bei der positiven Feststellungsklage. Ob er in denjenigen Fällen angebracht ist, in denen der Wert einer positiven Feststellungsklage bereits nach einer Vorschrift ermittelt wurde, die Streitwertgrenzen vorsieht (z.B. §§ 8, 9 ZPO, §§ 41, 42 GKG), ist umstritten. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht, auch des BGH bei der Beendigung von Miet- und Pachtverhältnissen,5 ist ein pauschaler
1 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 28.1.2005 – 4 W 5/05, OLGR 2005, 603; OLG Köln, AnwBl. 1962, 103; BGH, AnwBl. 1976, 339 spricht vom „wahren Interesse des Klägers“. 2 OLG Bamberg, Beschl. v. 10.2.1986 – 5 U 99/85, JurBüro 1986, 1079. 3 OLG Hamm, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 871 mit Anm. Schneider = JurBüro 1987, 1201. 4 Vgl. die Ausführungen unter B. 6. 5 BGH, Beschl. v. 17.12.2009 – III ZR 66/09, MDR 2010, 355; Beschl. v. 29.10.2008 – XII ZB 75/08, JurBüro 2009, 89 = AGS 2009, 183; OLG Hamburg, Rpfleger 1958, 36; KG, Rpfleger 1962, 118; OLG Nürnberg, JurBüro 1964, 517; OLG Bamberg, JurBüro 1985, 1359; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.7.1987 – 10 W 78/87, JurBüro 1988, 227 m.w.N.; LAG BadenWürttemberg, Beschl. v. 12.7.1990 – 8 Ta 79/90, JurBüro 1991, 665; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Feststellungsklage“; Musielak/Voit/Heinrich, § 8 ZPO Rn. 3; Stein/Jonas, § 8 ZPO Rn. 18; MünchKomm.ZPO/Wöstmann, § 8 Rn. 12; ausführlich Schneider, ZAP Fach 13, S. 181.
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Noethen
Feststellungsklage Abschlag gleichwohl vorzunehmen.1 Denn Letzterer gründet auf der Erwägung, dass das Urteil bei einer positiven Feststellungsklage hinter den Wirkungen eines entsprechenden Leistungsurteils zurückbleibt.2 Dagegen beruhen die Streitwertprivilegierungen – z.B. der Regelungen in §§ 41, 42 GKG – auf anderen Gründen. Die Zweckrichtungen der jeweiligen Abschläge sind also verschieden, so dass sie nebeneinander Anwendung finden können.
II. Wertfestsetzung Erhebt der Kläger eine Feststellungsklage, so ist eine vorläufige Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG erforderlich, da Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme ist. Bei der Streitwertangabe des Klägers in der Klageschrift handelt es sich in der Regel um eine unverbindliche Schätzung, an denen der Kläger nicht festgehalten werden kann, § 61 GKG.3 Gibt daher der Kläger einer Feststellungsklage einen „vorläufigen“ Streitwert an, kann das Gericht vorläufig (§ 63 Abs. 1 GKG), und wenn dabei Erkenntnismöglichkeiten nicht genutzt wurden, nach Abschluss der Instanz erneut (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG) anders festsetzen.
2280
Bei der Bewertung des Feststellungsantrags durch das Gericht ist nach dem Grundsatz des § 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG von den Erkenntnismöglichkeiten auszugehen, wie sie zurzeit der Klageerhebung bereits vorhanden waren.4 Bestand die Möglichkeit, zu einer bestimmten, für die Beurteilung des Streitwerts wichtigen Erkenntnis zu gelangen, bereits zurzeit der Klageerhebung, wurde sie nur nicht genutzt und wird dies nachträglich erkannt, so können diese Erkenntnisquellen nachträglich für die Streitwertfestsetzung nutzbar gemacht werden.5 Aufgrund nachträglich entstandener Erkenntnismöglichkeiten kann aber eine Änderung des Streitwerts nicht begehrt werden. Das zu Beginn des Rechtsstreits ermittelte Feststellungsinteresse bleibt für die ganze Prozessdauer maßgebend (§ 4 Abs. 1 Hs. 1 ZPO, § 40 GKG).6
2281
Auch für Feststellungsklagen sind § 4 Abs. 2 ZPO, § 43 GKG zu beachten. Die in der Berühmung des Klägers oder des Beklagten enthaltenen Zinsansprüche bleiben bei der Wertberechnung unberücksichtigt.7
2282
III. Verhältnis zum Leistungsantrag Der Übergang von der positiven Feststellungsklage zur Leistungsklage wirkt sich auf den Streitwert dahingehend aus, dass ab Klageänderung der Wert der bezifferten Forderung maßgebend ist, es sei denn, dass der geforderte Betrag bereits vom Wert der (aufrechterhaltenen) Feststellungsklage erfasst wird.8
1 So auch BGH, Beschl. v. 30.4.2008 – III ZR 202/07, MDR 2008, 829; OLG Jena, Beschl. v. 4.7.2008 – 4 W 338/08, AGS 2009, 187; OLG München, Beschl. v. 12.3.1998 – 20 W 1073/98, OLGR 1998, 162. 2 Vgl. die Ausführungen unter Rn. 2289 f. 3 OLG Köln, JMBl.NW 1961, 60; siehe auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.10.2009 – 4 W 41/09, MDR 2010, 404 sowie Wessing/Basar, GRUR 2012, 1215–1223. 4 Lappe, ZAP Fach 24 S. 251 V. 5 Lappe, ZAP Fach 24 S. 251 V. 6 OLG Schleswig, Rpfleger 1962, 425. 7 BGH, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 61. 8 OLG Frankfurt, AnwBl. 1982, 436.
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Feststellungsklage 2284
Wird auf Feststellung des gesamten Rechtsverhältnisses und zugleich auf Leistungen eines Teiles geklagt, so sind die Werte beider Ansprüche nicht zusammenzurechnen.1
2285
Vielmehr ist hier zu differenzieren: – Bleibt der Wert der Teilleistungsklage hinter dem Wert der Feststellungsklage zurück oder deckt er sich damit, so ist nur der Feststellungswert anzusetzen. – Übersteigt der Wert der Teilleistungsklage den Feststellungswert, dann ist der Wert der Leistungsklage anzusetzen und der durch sie nicht erfasste, mit der Feststellungsklage rechtshängig gemachte überschießende Teil des Anspruches hinzuzurechnen, wobei dieser nach den Bewertungsregeln für Feststellungsklagen zu bemessen ist.
2286
Entsprechende Berechnungen sind für die Bestimmung des Rechtsmittelstreitwerts vorzunehmen: – Wird auf Feststellung des gesamten Rechtsverhältnisses, verbunden mit einem Teilzahlungsanspruch geklagt, dann aber lediglich über den Feststellungsanspruch durch Teilurteil entschieden und dieses angefochten, so ist dem Streitwert in den Rechtsmittelinstanzen der Wert des gesamten Rechtsverhältnisses zugrunde zu legen.2 – Wird nur über den Leistungsanspruch durch Teilurteil entschieden, dann ist dessen Wert für die Rechtsmittelinstanzen anzusetzen, weil der Wert einer Instanz sich immer nach dem für sie maßgebenden Streitgegenstand bestimmt.
IV. Grundurteil 2287
Bis auf den Ausnahmefall der bezifferten negativen Feststellungsklage3 gibt es kein Grundurteil im Rahmen einer Feststellungsklage. Denn ein Urteil, das den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, ist bereits das Endurteil einer unbezifferten Feststellungsklage.4
2288
Dies ist deshalb wichtig, weil das Grundurteil stets mit dem vollen Wert des geltend gemachten Anspruchs, die positive Feststellungsklage dagegen mit einem Abschlag von meist 20 % zu bewerten ist.
V. Die positive Feststellungsklage 1. Abschlag vom Leistungsinteresse 2289
Mit einem Feststellungsurteil erlangt der Kläger keinen so weitreichenden Titel wie mit einem entsprechenden Leistungsurteil, weil das Feststellungsurteil in der Hauptsache nicht vollstreckungsfähig ist. Darüber hinaus hat sich das Beweisrisiko der Klagepartei durch das Feststellungsurteil insofern nur zum Teil erledigt, als der Anspruch dem Grunde nach feststeht, die Höhe des behaupteten Anspruchs jedoch noch nachgewiesen werden muss.5
2290
Der Umstand, dass der Kläger vom Gericht einen Rechtsschutz verlangt, dessen Wirkungen hinter denen einer entsprechenden Leistungsklage zurückbleiben,
1 BGH, Beschl. v. 9.10.1991 – XII ZR 81/91, NJW-RR 1992, 698; BGH, JurBüro 1969, 833; OLG Schleswig, JurBüro 1952, 339. 2 BGH, MDR 1970, 127 = Rpfleger 1969, 384. 3 Vgl. Schneider, MDR 1978, 706. 4 OLG Neustadt, ZZP 69, 64; vgl. dazu Schneider, MDR 1978, 706. 5 OLG Frankfurt, MDR 1957, 734.
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Feststellungsklage muss in der Höhe des Streitwertes einen entsprechenden Ausdruck finden.1 Der Wert des positiven Feststellungsanspruchs ist daher regelmäßig geringer zu bewerten als der einer entsprechenden Leistungsklage.2 Gleiches gilt auch für die Miterben-Feststellungsklage3 und für die Hauptinterventionsklage.4 Schließt sich der Nebenintervenient einer Leistungsklage an, weil ihm Regress droht, dann hat das Urteil zu seinen Lasten nur feststellende Wirkung. Deshalb ist für ihn der Streitwert wie bei einer Feststellungsklage zu ermäßigen.5
2291
2. Höhe des Abschlags In der Regel ist der positive Feststellungsantrag um 20 % niedriger zu bemessen als der entsprechende Leistungsanspruch.6 Dieser Abschlag von 20 % des Wertes der entsprechenden Leistungsklage ist jedoch nicht starr.7 Vielmehr muss nach den Umständen des Einzelfalls bewertet werden, in welchem Umfang die Wirkungen des Feststellungsurteils hinter denen eines Leistungsurteils zurückbleiben; ein besonders hoher Abschlag bzw. eine Bemessung auf einen geringeren Betrag kann bei einem Antrag auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz künftigen Schadens geboten sein, wenn die Gefahr eines Schadenseintritts äußerst gering ist.8
2292
– Abschlag von 60 %: Wird eine aussichtsreiche Feststellungsklage lediglich zur Hemmung der Verjährung erhoben, kann ein Abschlag i.H.v. 60 % vom Leistungswert angemessen sein.9
2293
– Abschlag von 50 %: Bietet die Klage auf Feststellung, dass ein Dauerschuldverhältnis weiter besteht, dem Kläger nur einen geringen prozessualen Vorteil für die spätere Leistungsklage, weil noch eine umfangreiche und schwierige Darlegung bzw. Beweisführung im Hinblick auf den konkreten Schaden erforderlich ist, kann ein Abschlag von 50 % vom Leistungswert angemessen sein.10
2294
– Abschlag von 10 %: Wenn die Feststellungsklage dagegen auf eine genau zu errechnende Leistung gerichtet ist und ihr Erfolg den Wirkungen eines Leistungsurteils nahezu gleichkommen würde, kann ein Abschlag von nur 10 % vom Wert des Leistungsanspruches angemessen sein.11
2295
Umstritten ist die Bewertung in den Fällen, in denen der Kläger damit rechnen kann, dass die öffentliche Hand als Beklagte oder der hinter dem Beklagten stehende Versicherer dem Feststellungsurteil nachkommen wird, ohne dass der Kläger noch auf Zahlung zu klagen braucht. Teilweise wird hier der Streitwert der Feststellungsklage ohne einen Abschlag mit dem Streitwert der entsprechenden Zahlungsklage gleichgesetzt.12
2296
1 BGH, Rpfleger 1966, 46. 2 BGH, Beschl. v. 29.10.2008 – XII ZB 75/08, AGS 2009, 183; OLG München, VersR 1956, 596. 3 OLG Köln, JurBüro 1979, 1704 = JMBl.NW 1979, 245. 4 BGH, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 61. 5 A.A. OLG Stuttgart, Justiz 1981, 46 = JurBüro 1981, 273 (siehe auch das Stichwort „Nebenintervention“). 6 BGH, Beschl. v. 29.10.2008 – XII ZB 75/08, JurBüro 2009, 89; LAG Hamm, Beschl. v. 24.7.1986 – 8 Ta 174/86, AnwBl. 1986, 544. 7 BGH, Beschl. v. 28.11.1990 – VIII ZB 27/90, MDR 1991, 526. 8 BGH, Beschl. v. 28.11.1990 – VIII ZB 27/90, MDR 1991, 526 (siehe auch das Stichwort „Künftiger Schaden“). 9 OLG Frankfurt, AnwBl. 1982, 436. 10 OLG Celle, Beschl. v. 25.6.1969 – 11 W 104/68, JurBüro 1969, 978 mit zust. Anm. Schneider. 11 OLG Schleswig, Rpfleger 1962, 425. 12 OLG Köln, JurBüro 1960, 537; OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 648.
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Feststellungsklage Diese Auffassung ist vom BGH1 jedoch zu Recht abgelehnt worden. Das Übereinkommen der Parteien, ein rechtskräftiges Feststellungsurteil als Leistungsurteil zu akzeptieren, ist als interne Absprache nicht Streitgegenstand des Prozesses. Das gilt erst recht für die berechtigte Erwartung, der Schuldner werde sich der Feststellungsverurteilung beugen.2 Das erstrebte Feststellungsurteil schafft auch in diesen Fällen keine Rechtskraft zur Höhe des Anspruchs. Der Kläger bleibt insoweit auf die Bereitschaft des Gegners angewiesen, seine Zusage zu erfüllen. Zwingen kann er ihn dazu nur mit einer neuen Klage. Der Streitwert darf deshalb nur an demjenigen prozessualen Streitgegenstand gemessen werden, über den eine gerichtliche Entscheidung zu ergehen hat. Das ist aber eine Feststellung, keine Leistung, so dass ein Abschlag (von regelmäßig 20 %) geboten ist.3
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Eine ganz andere Frage ist es, ob eine Partei, die auf bezifferte Leistung klagen könnte, gleichwohl ein Rechtsschutzinteresse für die Feststellungsklage haben kann. Das wird dann bejaht, wenn der Kläger mit der Feststellungsklage voraussichtlich schneller zum Ziel kommt, weil er davon ausgehen kann, dass der Beklagte bereits auf das Feststellungsurteil hin leistet.4 Dabei geht es jedoch nur um die zivilprozessuale Zulässigkeit der Feststellungsklage, nicht um die Höhe des Streitwerts.5
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VI. Die negative Feststellungsklage 2299
Auch bei der negativen Feststellungsklage bemisst sich der Streitwert gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Interesse des Klägers an der Feststellung, wobei insbesondere von Bedeutung ist, wie groß die bekämpfte Gefahr der Inanspruchnahme durch den Beklagten ist.6 1. Kein Abschlag
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Nach herrschender Ansicht ist bei der negativen Feststellungsklage kein Abschlag zu machen, sondern der Wert entsprechend dem Wert der Ansprüche festzusetzen, derer sich der Gegner berühmt und die mit der Klage bekämpft werden.7
2301
Nach einer Mindermeinung ist auch der Streitwert der negativen Feststellungsklage regelmäßig auf einen geringeren Betrag als den der Berühmung festzusetzen.8 Das KG9 hält im Regelfall einen Abschlag von 20 % für geboten, weil bei der negativen Feststellungsklage die spätere Inanspruchnahme des Klägers durch den Beklagten fast immer ungewiss sei. 1 BGH, Beschl. v. 30.4.2008 – III ZR 202/07, MDR 2008, 829; BGH, Rpfleger 1966, 46; Beschl. v. 3.2.1988 – VIII ZR 276/87, NJW-RR 1988, 689; Beschl. v. 29.10.1998 – III ZR 137/98, NJW-RR 1999, 362; ebenso: OLG Jena, Beschl. v. 4.7.2008 – 4 W 338/08, AGS 2009, 187; OLG Hamm, JurBüro 1986, 753; OLG Köln, JurBüro 1986, 1403. 2 BGH, Beschl. v. 3.2.1988 – VIII ZR 276/87, NJW-RR 1988, 689, 690. 3 OLG Frankfurt, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1120 = OLGR 1992, 228. 4 Siehe Zöller/Greger, § 256 ZPO Rn. 8 m.w.N. 5 Vgl. BGH, Beschl. v. 29.10.1998 – III ZR 137/98, NJW-RR 1999, 362. 6 OLG Karlsruhe, MDR 1955, 367; OLG Schleswig, SchlHA 1955, 299; OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.6.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85. 7 BGHZ 2, 276; BAG, JZ 1961, 666; OLG Schleswig, JurBüro 1956, 231; Rpfleger 1962, 425; OLG Hamm, MDR 1956, 48; OLG Celle, Nds.Rpfl. 1963, 107; KG, NJW 1963, 2031; OLG München, MDR 1963, 144; OLG Oldenburg, Rpfleger 1968, 314; OLG Braunschweig, Beschl. v. 1.4.1975 – 5 W 13/75, MDR 1975, 848. 8 KG, NJW 1955, 797; OLG Schleswig, SchlHA 1957, 307; OLG Stuttgart, MDR 1959, 401; OLG Celle, Beschl. v. 2.2.1962 – 3 W 19/62, NJW 1962, 1065; OLG Karlsruhe, MDR 1959, 401. 9 KG, Beschl. v. 23.5.1955 – 1 W 1409/55, NJW 1956, 1206; KG, Rpfleger 1962, 153.
414
Noethen
Feststellungsklage Der BGH hat auch unter Berücksichtigung der Gegenargumente an seiner Ansicht festgehalten, dass die negative Feststellungsklage nach dem vollen Wert des geleugneten Anspruchs zu bemessen ist.1
2302
Dem ist zuzustimmen. Ein Abschlag verbietet sich deshalb, weil ein Urteil, das der leugnenden Feststellungsklage stattgibt, nicht nur die Erhebung einer behaupteten Feststellungsklage umgekehrten Inhalts, sondern auch die Erhebung einer entsprechenden Leistungsklage durch den vermeintlich Anspruchsberechtigten ausschließt. Die leugnende Feststellungsklage stellt also nicht nur das Gegenstück zu einer behaupteten Feststellungsklage dar, sondern auch zu einer Leistungsklage, die auf solche Ansprüche gerichtet ist, deren Nichtbestehen aufgrund des auf die leugnende Feststellungsklage ergangenen Urteils feststeht.
2303
2. Berühmung des Beklagten Bestimmend für die Höhe des Streitwerts der negativen Feststellungsklage ist die Berühmung des Beklagten, weil das Nichtbestehen des Anspruchs in Höhe der Berühmung festgestellt werden soll.2
2304
Û
Anmerkung: Das OLG Stuttgart3 hält es für zulässig, den Streitwert auch niedriger als die bezifferte Berühmung des Beklagten festzusetzen, wenn dieser eindeutig erklärt, dass er nicht den vollen von ihm errechneten Betrag, sondern einen geringeren verlange. Dem kann nur dann gefolgt werden, wenn eine solche Erklärung vor Klageerhebung abgegeben worden ist und sie so verstanden werden muss, dass der Beklagte sich fortan nur noch des geringeren Anspruchs berühmen will.4 Der Kläger muss also der Gefahr enthoben sein, dass er irgendwann einmal vom Beklagten wegen der ursprünglich höheren Berühmung in Anspruch genommen wird, was nicht allzu häufig der Fall sein wird.
2305
Da auch das Prozessrecht von dem Grundsatz über Treu und Glauben beherrscht wird, ist die Berühmung des Beklagten jedoch in den Fällen nicht maßgebend, in denen die Gefahr einer Inanspruchnahme des Klägers außerordentlich gering ist und der Beklagte sich Ansprüche in solcher Höhe anmaßt, dass sie „aus der Luft gegriffen“ erscheinen.5 Ansonsten bestünde die Gefahr, dass der Kläger auf erheblichen, beim Beklagten nicht einzutreibenden Kosten „sitzen“ bliebe. Allerdings ist hier Zurückhaltung geboten,6 vor allem weil das Rechtsschutzinteresse des betroffenen Klägers wegen der geringen Gefahr einer Inanspruchnahme ebenfalls gering ist.
2306
Die Schätzung des Klägers über den Umfang seiner möglichen Inanspruchnahme ist gegenüber der Berühmung des Beklagten unerheblich.7 Beruht die Berühmung
2307
1 BGH, Beschl. v. 21.11.2006 – IV ZR 143/05, FamRZ 2007, 464; Beschl. v. 29.4.2004 – III ZB 72/03, WuM 2004, 352; Beschl. v. 23.9.1970 – V ZR 4/70, NJW 1970, 2025; ebenso KG, Beschl. v. 4.11.2008 – 5 W 389/07, JurBüro 2009, 194; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.11.2002 – 4 WF 121/02, MDR 2003, 236; OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.6.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85; OLG Bamberg, JurBüro 1971, 536. 2 BGH, Beschl. v. 21.11.2006 – IV ZR 143/05, FamRZ 2007, 464; Beschl. v. 25.2.1997 – XI ZB 3/97, NJW 1997, 1787; KG, Beschl. v. 4.11.2008 – 5 W 389/07, JurBüro 2009, 194; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.11.2002 – 4 WF 121/02, MDR 2003, 236; OLG Dresden, Beschl. v. 30.6.2003 – 18 W 690/03, JurBüro 2004, 141; OLG Koblenz, Beschl. v. 6.3.2002 – 5 W 100/02, JurBüro 2002, 310; OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.6.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85. 3 OLG Stuttgart, Rpfleger 1957, 97 zu ZPO § 3, e. 4 So auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.6.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85. 5 LAG Frankfurt, KostRsp. § 3 Nr. 284; OLG Koblenz, Beschl. v. 6.4.1995 – 5 W 159/95, MDR 1996, 103; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.11.2002 – 4 WF 121/02, MDR 2003, 236; OLG Dresden, Beschl. v. 30.6.2003 – 18 W 690/03, JurBüro 2004, 141; OLG Koblenz, Beschl. v. 6.4.1995 – 5 W 159/95, MDR 1996, 103. 6 Zweifelnd auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.6.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85. 7 OLG Stuttgart, Rpfleger 1957, 97.
Noethen
415
Feststellungsklage
ZPO
des Beklagten allerdings selbst wiederum auf der Schätzung des Klägers, so ist auch diese nicht bindend, sondern es ist auf die objektive Schätzung des Gerichts abzustellen.1 Dadurch wird verhindert, dass der Beklagte durch offensichtlich falsche Bewertungen den Streitwert in die Höhe treibt.2 2308
Für den Streitwert ist es nicht von Belang, wenn der Beklagte eine zunächst hohe Berühmung im Verlaufe des Prozesses ermäßigt. Dadurch kann er nicht rückwirkend den Streitwert herabsetzen.3 Umgekehrt hat es aber auch keinen Einfluss auf den Streitwert, wenn der Beklagte lediglich für den Fall eines günstigen Ergebnisses der Beweisaufnahme die Geltendmachung weiterer Forderungen in Aussicht stellt. Dies erhöht den Streitwert nicht.4 Das gilt sogar dann, wenn der Beklagte nach Rechtshängigkeit erklärt, auf einen Teil der Ansprüche, derer er sich berühmt hat, zu verzichten. Eine solche Einschränkung wird nur dadurch wertmäßig beachtlich, dass entweder die Hauptsache teilweise für erledigt erklärt oder die Klage teilweise zurückgenommen wird.5
2309
Das Ziel einer negativen Feststellungsklage ist regelmäßig, den gesamten Anspruch zu verneinen, dessen sich der Gegner berühmt. Streitgegenstand kann aber – ebenso wie bei der Leistungsklage – auch ein Teil einer Forderung sein.6 Der Streitwert einer solchen Feststellungs-Teilklage ist dann gleich dem Wert des geltend gemachten Teilbetrages.7 Dass das mittelbare (wirtschaftliche) Interesse des Klägers sich auf den Gesamtbetrag der Forderung erstreckt und die Entscheidung des Gerichts (zwar nicht förmlich prozessual, wohl aber praktisch) den Rest mitklärt, wirkt sich streitwertmäßig nicht aus. 3. Gewerblicher Rechtsschutz und Abwehr von Unterlassungsansprüchen
2310
Eine Sonderstellung nimmt die negative Feststellungsklage im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes ein. Sie muss nicht immer denselben Streitwert haben wie eine ihr entsprechende Leistungsklage.8 Dies erklärt sich dadurch, dass sich Parteien wirtschaftlich unterschiedlicher Größenordnung gegenüberstehen können und ihnen dementsprechend auch je nach Parteistellung unterschiedliche wirtschaftliche Einbußen drohen, die bei der Streitwertbemessung berücksichtig werden müssen. Ob etwa ein kleiner Einzelhändler gegen ein weltbekanntes Unternehmen auf Feststellung fehlender Berechtigung zur Führung eines bestimmten Namens klagt oder ob das Unternehmen gegen den Einzelhändler auf Unterlassung klagt, ist streitwertmäßig nicht dasselbe, weil unterschiedliche wirtschaftliche Interessen betroffen sind.
2311
Zwar wird teilweise auch bei solchen Klagen – ohne Erörterung der speziellen Problematik – im Rahmen der Streitwertbemessung auf das Interesse des Klägers an der negativen Feststellung des behaupteten Anspruchs abgestellt.9 Zutreffend und 1 OLG Stuttgart, JW 1933, 2228. 2 OLG Königsberg, JW 1931, 1831. 3 BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1064; OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.6.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.11.2002 – 4 WF 121/02, MDR 2003, 236. 5 BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1064; OLG Stuttgart, Rpfleger 1957, 97. 6 OLG Koblenz, NJW 1956, 1483; OLG Frankfurt, Rpfleger 1955, 210 zu ZPO § 3, c. 7 OLG München, AnwBl. 1964, 320; OLG Frankfurt, Rpfleger 1955, 210 zu ZPO § 3, c. 8 OLG München, Beschl. v. 7.7.1986 – 6 W 1831/86, NJW-RR 1987, 128. 9 BGH, Beschl. v. 18.12.1990 – X ZB 3/90, NJW-RR 1991, 957; OLG Rostock, Beschl. v. 9.4.2003 – 6 W 77/02, AGS 2004, 161; OLG Hamm, Beschl. v. 5.11.2002 – 21 U 115/01, OLGR 2003, 248; OLG Köln, Beschl. v. 16.4.1994 – 19 W 5/94, OLGR 1994, 156; OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.10.1997 – 4 W 60/97, OLGR 1998, 35; unklar: BGH, Beschl. v. 23.9.1970 – V ZR 4/70, NJW 1970, 2025; BGH, Beschl. v. 25.2.1997 – XI ZB 3/97, NJW 1997, 1787; OLG Braunschweig, MDR 1975, 248.
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Noethen
Feststellungsklage überzeugend sind jedoch die Erwägungen, die das KG in seiner Entscheidung vom 4.11.2008 dargelegt hat:1 Der Senat stellt darauf ab, dass bei auf Unterlassung gerichteten Klagen des gewerblichen Rechtsschutzes für die Schätzung nach § 3 ZPO das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Unterbindung weiterer Verstöße maßgeblich ist.2 Entscheidend sei daher bei einer negativen Feststellungsklage im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes nicht das Interesse des Feststellungsklägers, sondern das Interesse des Feststellungsbeklagten (als Kläger einer korrespondierenden Leistungs-(Unterlassungs-)klage). Mit dieser Wertfestsetzung soll der abmahnende kleine Unternehmer davor geschützt werden, dass das große Unternehmen ihn sogleich im Wege einer negativen Feststellungsklage mit einem Kostenrisiko belastet, welches zu dem vom Abmahner verfolgten Interesse außer Verhältnis steht. Letztlich beanspruchen diese Erwägungen allgemein bei der Abwehr von Unterlassungansprüchen Geltung.3 4. Streitwertüberprüfung Die Rechtsmittelinstanz kann die Festsetzung der Tatsacheninstanz im Rahmen des § 63 Abs. 3 GKG nur daraufhin überprüfen, ob die Ermessensentscheidung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG gesetzmäßig ausgeübt worden ist. So hat der BGH beispielsweise gebilligt, dass die Feststellungsklage betreffend die Verpflichtung zur Abnahme von Heizungswärme mit dem 26-fachen Betrag der erstrebten jährlichen Kostenersparnis berechnet worden ist.4
C. Rechtsprechungs-ABC Stichwortübersicht Rn. Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anfechtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . Annahmeverzug . . . . . . . . . . . . . . Auflassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgleichspflicht . . . . . . . . . . . . . Ausscheiden eines Gesellschafters Ausschließung eines Genossen . . . Außergerichtlicher Vergleich . . . . Befreiung von Verbindlichkeiten . . Bürgschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darlehen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dauerschaden . . . . . . . . . . . . . . . . Dauerschuldverhältnisse . . . . . . . Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigentum/Eigentumsvorbehalt . . . Erbengemeinschaft . . . . . . . . . . . . Erbunwürdigkeit. . . . . . . . . . . . . . Erbvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fernsprechanschluss . . . . . . . . . . . Filmvorführung . . . . . . . . . . . . . .
1 2 3 4
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2313 2315 2316 2320
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2321 2323 2324 2325 2326 2327 2331 2335 2336 2337 2338 2339 2340 2341 2347 2348 2349 2350
Rn. Gesetzliche Erbfolge . . . . . . Grundschuld . . . . . . . . . . . Grundstückskaufvertrag. . . Grundstücksnutzung . . . . . Idealverein . . . . . . . . . . . . . Insolvenzfeststellungsklage Insolvenztabelle . . . . . . . . . Kündigung . . . . . . . . . . . . . Künftiger Schaden . . . . . . . Lastenausgleich . . . . . . . . . Miete/Pacht . . . . . . . . . . . . Mieterhöhung . . . . . . . . . . Mietvertrag . . . . . . . . . . . . Mobilfunkvertrag . . . . . . . . Nichtigkeit. . . . . . . . . . . . . Pacht . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflegekosten . . . . . . . . . . . . Rente . . . . . . . . . . . . . . . . . Rentenerhöhung. . . . . . . . . Rückstände . . . . . . . . . . . . Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatzpflicht . . . . . Teilbetrag . . . . . . . . . . . . . .
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2351 2352 2353 2356 2357 2358 2359 2360 2364 2366 2372 2367 2368 2376 2377 2384 2385 2386 2390 2391 2394 2396 2402
Noethen
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KG, Beschl. v. 4.11.2008 – 5 W 389/07, JurBüro 2009, 194. Unter Bezugnahme auf BGH, Beschl. v. 26.4.1990 – I ZR 58/89, GRUR 1990, 1052. Anders wohl BGH, Beschl. v. 29.4.2004 – III ZB 72/03, WuM 2004, 352. BGH, Beschl. v. 14.12.1988 – VIII ZR 260/88, NJW-RR 1989, 381.
2312
Feststellungsklage Rn.
ZPO
Testamentsvollstreckung . . . . . . . . Unerlaubte Handlung, vorsätzliche . Vaterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinsmitgliedschaft . . . . . . . . . . . Veröffentlichungsbefugnis . . . . . . . Versicherungsschutz . . . . . . . . . . . . Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2404 2405 2408 2409 2410 2412 2420 2421
Rn. Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . Werbefilm . . . . . . . . . . . . . . Widerklage . . . . . . . . . . . . . . Wiederkehrende Leistungen . Wirksamkeit eines Vertrages Wohnrecht . . . . . . . . . . . . . . Wohnungsnutzungsrecht . . . Zurückbehaltungsrecht . . . .
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2423 2424 2425 2431 2434 2436 2439 2440
• Aktien 2313
Der negativen Feststellungsklage einer Aktiengesellschaft, dass sie nicht verpflichtet ist, den Beklagten 57 Aktien im Nennwert von 1000 DM zum Kurswert von 413 % anzubieten, entspricht als positives Gegenstück eine Leistungsklage der Beklagten gegen die Klägerin auf Abgabe der Willenserklärung (Angebot der 57 Aktien zum Kurswert von 413 %). Eine solche negative Feststellungsklage ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bewerten. Die Vorschrift des § 6 ZPO ist weder unmittelbar noch analog anwendbar. Behaupten die Beklagten, der wirkliche Kurswert der Aktien belaufe sich auf 1100 %, so ist ihre Berühmung gleichbedeutend mit dem Ausdruck einer Gewinnerwartung i.H.v. (1100 % – 413 % =) 687 % Kurswert-Differenz. Das in der negativen Feststellungsklage der Klägerin zum Ausdruck kommende Interesse geht deshalb auf Abwehr dieser Gewinnerwartung, die im Falle einer Abgabe der Aktien zu Lasten der Klägerin ginge.
2314
Beruhen die gegensätzlichen Angaben der Parteien über den Kurswert der Aktien auf nicht glaubhaft gemachten Schätzungen, dann darf das Gericht nicht ohne Weiteres die eine oder andere Schätzung als Berechnungsgrundlage für den Streitwert übernehmen. Fehlen objektive Anhaltspunkte für den wirklichen Kurswert der Aktien, so ist es gerechtfertigt, in Anwendung des § 3 ZPO aus den gegensätzlichen Schätzungen der Parteien einen Mittelwert zu bilden. Von diesem ausgehend, ist dann die in der Berühmung der Beklagten liegende Gewinnerwartung und das in der negativen Feststellungsklage ausgedrückte Abwehrinteresse der Klägerin zu berechnen und danach der Streitwert zu beziffern.1 • Anfechtung
2315
Der Streitwert für eine negative Feststellungswiderklage, dass die vom Kläger erklärte Anfechtung einen von ihm abgeschlossenen Versicherungsvertrag nicht aufgelöst habe, ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Im Rahmen der Schätzung des Streitwerts können die Grundsätze des § 9 ZPO herangezogen werden. Danach ist der Wert auf den 3 1/2-fachen Jahresbetrag der vereinbarten Versicherungsprämien zu schätzen.2 • Annahmeverzug
2316
Ob der Antrag auf Feststellung, dass der Beklagte sich in Annahmeverzug befindet, neben dem Zug-um-Zug gestellten Leistungsantrag des Klägers noch einen eigenen Wert hat, ist umstritten, in der Praxis jedoch zumeist ohne Bedeutung.
1 OLG Köln, JurBüro 1971, 713 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 270. 2 OLG Schleswig, Beschl. v. 14.1.2008 – 16 W 14/08, OLGR 2008, 458; OLG Köln, Urt. v. 18.7.1956 – 4 W 89/56, VersR 1958, 241 (noch zu § 9 ZPO a.F., wonach der 25-fache Jahresbetrag anzusetzen war).
418
Noethen
Feststellungsklage Nach einer Meinung liegt in solchen Fällen wirtschaftliche Identität mit dem Zahlungsantrag vor.1 Die ersparten Vollstreckungskosten betreffen nicht den eingeklagten Anspruch, sondern sind Folgekosten aus der Durchsetzung des Zahlungstitels. Die Gegenmeinung setzt einen eigenen Wert für den Feststellungsantrag an, wobei teilweise ein Betrag von 1 % des zu vollstreckenden Anspruchs2 und teilweise der Wert der ersparten Kosten für das Angebot in der Vollstreckung3 zugrunde gelegt werden. Zutreffend ist es jedenfalls, das Feststellungsinteresse nur gering zu bewerten, da der Kläger den Beweis des Annahmeverzugs auch durch das Leistungsurteil erbringen kann, aus dessen Tatbestand sich der Zugum-Zug-Antrag des Klägers und der Abweisungsantrag des Beklagten ergibt.4 Eine Bedeutung für die Höhe der Gerichtskosten und Anwaltsgebühren wird dem Antrag daher ohnehin nur in den seltensten Fällen zukommen.
2317
Der BGH hat es als Revisionsgericht gebilligt, dass der Wert eines Antrages, mit dem neben der Klage auf Rückerstattung des Kaufpreises die Feststellung begehrt wurde, der Beklagte befinde sich mit der Rücknahme der Kaufsache in Annahmeverzug, vom Berufungsgericht auf 300 DM geschätzt wurde.5 Er hat jedoch in dieser Entscheidung ausdrücklich offen gelassen, ob einem solchen Antrag ein eigener Wert zuzumessen sei, denn als Revisionsgericht konnte er nur prüfen, ob das Berufungsgericht die Ermessensgrenze des § 3 ZPO überschritten hat.
2318
Die Bedeutung des Feststellungsurteils geht dahin, dass mit ihm die für § 756 ZPO erforderliche öffentliche Urkunde über den Annahmeverzug des Beklagten geschaffen wird. Richtigerweise liegt der Wert eines isolierten Feststellungsantrages in dem Vorteil, die Kosten nicht aufwenden zu müssen, die sonst dadurch entstehen, dass der Gläubiger dem Schuldner die diesem zustehende Leistung anbieten muss. Ist der Feststellungsantrag mit dem Leistungsantrag verbunden, so kommt ihm dagegen aufgrund wirtschaftlicher Identität kein eigener Wert zu. Denn aus dem Urteil kann der Kläger nicht mehr erlangen, als den auf den Leistungsantrag zugesprochenen Geldbetrag.
2319
• Auflassung Der Streitwert einer Feststellungsklage auf Berechtigung zur Einbehaltung eines Restkaufpreises für ein Grundstück und Nichtberechtigung des Beklagten, wegen dieses Betrages die Auflassung und die Bewilligung der Eintragungen in das Grundbuch zu verweigern, ist vom OLG Karlsruhe auf den Verkehrswert des Grundstücks abzüglich eines Abschlages von 20 % wegen positiver Feststellung festgesetzt worden.6 1 BGH, Beschl. v. 6.7.2010 – XI ZB 40/09, MDR 2010, 1087; KG, Beschl. v. 22.7.2008 – 2 U 80/07, AGS 2009, 81; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.7.2008 – I-24 W 46/08, JurBüro 2009, 33; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.10.2007 – 7 W 79/07, JurBüro 2007, 648; OLG Jena, RVGreport 2006, 360; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.6.2004 – 1 U 10/04; OLG Hamburg, Beschl. v. 10.5.2000 – 11 U 108/00, OLGR 2000, 455; LG Mönchengladbach, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 57 mit Anm. Schneider. 2 OLG Bremen, Urt. v. 21.6.2007 – 2 U 5/07, OLGR 2007, 625; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.7.1993 – 9 W 53/93, JurBüro 1994, 496; LG Magdeburg, Beschl. v. 11.10.1993 – 8 O 913/93. 3 LG Essen, Beschl. v. 28.6.1999 – 10 S 268/99, MDR 1999, 1226; in diesem Sinne wohl auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 31.10.1990 – 22 U 203/89, MDR 1991, 159, das den Wert des Feststellungsantrags hinsichtlich des Annahmeverzuges über die Abholung eines Pkw mit 100 DM festgesetzt hat. 4 Siehe Schneider, JurBüro 1966, 914, 916; BGH, Beschl. v. 15.3.1989 – VIII ZR 300/88, WM 1989, 802. 5 BGH, Beschl. v. 15.3.1989 – VIII ZR 300/88, MDR 1989, 732. 6 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.10.1980 – 7 W 35/80, AnwBl. 1980, 502; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.2.2003 – 5 W 2/03, BauR 2003, 1760 – der Senat hat nur den Restkaufpreis als Streitwert angesetzt, da dies der wirtschaftliche Hintergrund für die Feststellungsklage sei.
Noethen
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2320
ZPO
Feststellungsklage • Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters 2321
Berühmt sich ein Vertreter nach Auflösung des mehrjährigen Vertretungsverhältnisses eines nichtbezifferten Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB, dann kann der Streitwert für eine negative Feststellungsklage nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 1/3 des Jahresverdienstes festgesetzt werden.1 Bei einer bezifferten negativen Feststellungsklage beläuft sich der Streitwert auf den Betrag der Forderung, derer sich der Handelsvertreter berühmt.
2322
Bei der Klage auf Feststellung, dass die Kündigung des Handelsvertreters gerechtfertigt gewesen sei, ist auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Vertragsauflösung abzustellen. Maßgebend sind also die objektiv zu ermittelnden Vorteile und Nachteile, die sich bei Aufrechterhaltung bzw. bei Auflösung des Vertrages ergeben.2 • Ausgleichspflicht
2323
Bei einer Klage auf Feststellung der erbrechtlichen Ausgleichspflicht i.S.d. § 2050 BGB ist der Streitwert nach dem Interesse zu bemessen, das der Kläger an dem Ausgleich hat.3 • Ausscheiden eines Gesellschafters
2324
Maßgebend ist das Interesse des Klägers an der gerichtlichen Feststellung, dass der Beklagte nicht mehr Gesellschafter ist. Der Streitwert bestimmt sich weder nach der Höhe des Kapitalanteils des Klägers noch nach der Höhe des Kapitalanteils des Beklagten, sondern lediglich nach der Veränderung des Ertragswertes des Kapitalanteils des Klägers, die bei einer gesellschaftsrechtlichen Veränderung eintreten würde. Die Höhe dieser Veränderung ist nach § 3 ZPO zu schätzen.4 • Ausschließung eines Genossen
2325
Für den Streitwert einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Ausschließung eines Genossen ist lediglich der wirtschaftliche Wert maßgebend, den ein Anteil an der Genossenschaft für jeden Genossen hat. Es ist also weder auf den Mietwert der Genossenschaftswohnung noch auf den Wert des dem Genossen als Vorstandsmitglied zustehenden Gehaltsanspruchs abzustellen.5 • Außergerichtlicher Vergleich
2326
Soll gerichtlich festgestellt werden, dass ein außergerichtlich abgeschlossener Vergleich wirksam zu Stande gekommen ist und fortbesteht, dann ist der Streitwert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bestimmen. Abzustellen ist dabei auf das Interesse des Klägers an der Rechtsstellung und den Ansprüchen, die ihm aus dem Vergleichsvertrag zukommen, da er diese sonst gerichtlich geltend machen müsste. Die Differenz zwischen Leistung und Gegenleistung ist nicht maßgebend, da sonst der Streitwert bei Wertgleichheit auf Null sinken würde. Aufgrund des Vorliegens einer positiven Feststellungsklage ist ein Wertabschlag von 20 % vorzunehmen.
1 2 3 4 5
OLG Nürnberg, JurBüro 1958, 515. OLG München, AnwBl. 1977, 468. BGH, Rpfleger 1957, 247. OLG Nürnberg, JurBüro 1964, 829. OGH, Rpfleger 1949, 469.
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Feststellungsklage • Befreiung von Verbindlichkeiten Maßgebend ist der bezifferte Schuldbetrag mit einem Abschlag von 20 %, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Freistellungsberechtigte seinerseits von einem Dritten einen Ausgleich verlangen kann.1
2327
Ob die Kosten des Vorprozesses zum Streitwert hinzuzurechnen sind2 oder ob sie als Nebenforderungen unberücksichtigt bleiben,3 ist umstritten. Zu prüfen ist in solchen Fällen zunächst aber immer, ob es sich wirklich um eine Feststellungsklage handelt. Das ist nicht der Fall, wenn „Feststellung“ begehrt wird, dass der Beklagte verpflichtet sei, den Kläger in Höhe eines bezifferten Betrages freizustellen. In diesem Fall handelt es sich um einen sprachlich falsch formulierten Leistungsantrag.4
2328
Klagt ein Miterbe auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrages der Erbengemeinschaft, der den Beklagten zum Ankauf eines Nachlassgrundstücks berechtigt, so bestimmt sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an der Befreiung von den Verpflichtungen aus dem Vertrag, nicht nach dem entsprechenden Interesse der ganzen Erbengemeinschaft.5
2329
Verlangt ein Gesamtschuldner von dem anderen Gesamtschuldner Befreiung, so ist als Streitwert sein Anteil an der Gesamtschuld im Innenverhältnis anzusetzen.6
2330
• Bürgschaft Bei der Klage auf Feststellung einer Bürgschaftsverpflichtung richtet sich der Streitwert gem. § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach der Höhe der Hauptforderung, soweit der Bürge haftet. Die unter anderem durch die Solvenz des Hauptschuldners bedingte Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme bleibt außer Betracht.7
2331
Grundsätzlich maßgebend ist die Hauptforderung. Nach OLG München8 gilt das auch in den Fällen, in denen der Bürge wahrscheinlich nur wegen eines geringeren Betrages in Anspruch genommen wird. In diesem Fall erscheint es jedoch vorzugswürdig, den Streitwert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen und dabei auf den Betrag abzustellen, bis zu dem eine Inanspruchnahme des Bürgen droht.9 Ist die Hauptforderung zwischen den Parteien streitig, dann ist allerdings die vom Kläger behauptete Höhe maßgebend.10
2332
1 BGH, Beschl. v. 21.12.1998 – VII ZR 152/88, NJW-RR 1990, 958; OLG Rostock, Beschl. v. 16.6.2008 – 1 W 25/08, JurBüro 2009, 197. 2 So OLG Bremen, Beschl. v. 23.10.2002 – 3 U 94/01, JurBüro 2003, 82; Görmer, JurBüro 2010, 68; offen gelassen von BGH, Beschl. v. 21.12.1989 – VII ZR 152/88, NJW-RR 1990, 958. 3 So OLG Hamburg, Beschl. v. 17.9.2007 – 6 W 65/07, OLGR 2008, 183; Weisbrodt, JurBüro 1995, 115. 4 Siehe Schneider, Anm. KostRsp. ZPO § 3 Nr. 992. 5 BGH, Rpfleger 1955, 101. 6 OLG Rostock, Beschl. v. 16.6.2008 – 1 W 25/08, JurBüro 2009, 197. 7 RG, JW 1898, 3; KG, OLGE 25, 46; KG, JW 1933, 2402; OLG Karlsruhe, AnwBl. 1973, 168; OLG Stuttgart, Rpfleger 1957, 97 zu ZPO §§ 3, 6. 8 OLG München, Rpfleger 1956, 58. 9 So OLG Naumburg, JW 1936, 2574; OLG Frankfurt, AnwBl. 1980, 460; OLG Stuttgart, Urt. v. 12.3.1980 – 13 W 7/80, MDR 1980, 678. 10 OLG Stuttgart, Rpfleger 1957, 97.
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Feststellungsklage 2333
Lautet die Bürgschaftsurkunde über einen höheren Betrag als die Klageforderung, dann ist nach dem Prinzip des § 6 Satz 2 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG für die Höhe des Streitwerts nur die Klageforderung maßgebend.1
2334
Bei der negativen Feststellungsklage auf Unwirksamkeit einer Höchstbetragsbürgschaft ist von der noch valutierten Hauptschuld auszugehen und für den nicht valutierten Teil der Bürgschaft eine nach § 3 ZPO zu schätzende Quote anzusetzen, weil sich die Forderung wieder erhöhen kann, beispielsweise wegen der Zinsen. Das OLG Karlsruhe hat den Wert des nicht valutierten Teils mit 30 % angesetzt.2
Û
Beispiel: Die negative Feststellungsklage wird hinsichtlich einer Höchstbetragsbürgschaft über 50 000 Euro erhoben. Die Hauptschuld beläuft sich im Zeitpunkt der Klageerhebung auf 20 000 Euro. Damit setzt sich der Streitwert aus 20 000 Hauptschuld zzgl. 30 % des nicht valutierten Teils von 30 000 Euro (= 9000 Euro) zusammen und beträgt 29 000 Euro.
• Darlehen 2335
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung, dass ein Darlehensvertrag unwirksam ist, bestimmt sich nach der Höhe der offenen Darlehensvaluta. Dabei erhöhen die aufgrund des Darlehensvertrags geschuldeten Zinsen den Streitwert nicht, da sie nur als Nebenforderung zum Stammrecht geltend gemacht werden.3 • Dauerschaden
2336
Bei der Feststellungsklage auf Rentenzahlungsverpflichtung wegen Körper- oder Gesundheitsverletzung kann § 42 Abs. 1 GKG angewandt werden, wenn der Dauerschaden feststeht und seine Auswirkungen überschaubar sind. Die positive Feststellungsklage ist dann mit dem fünffachen Jahresbetrag abzüglich 20 % wegen bloßer Feststellung zu bewerten.4 • Dauerschuldverhältnisse
2337
Der Streitwert für Feststellungsklagen, die Dauerverträge betreffen, ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Fehlt es an Bewertungsanhaltspunkten im Einzelfall, so sollte unter Anwendung des Rechtsgedankens des § 9 ZPO im Zweifel nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag berechnet und bei positiven Feststellungsklagen um 20 % gekürzt werden.5 Zu berechnen ist nur die Zeit ab Klageeinreichung (§ 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG), nicht der zurückliegende Zeitraum, in dem erfüllt worden ist, es sei denn, er wird von der Antragstellung miterfasst. • Dritter
2338
Klagt ein Dritter auf Feststellung der Nichtigkeit eines zwischen anderen Personen geschlossenen Vertrages, so bestimmt sich der Streitwert nach dem Interes1 OLG Stuttgart, Urt. v. 12.3.1980 – 13 W 7/80, MDR 1980, 678. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.5.1991 – 17 W 10/91, MDR 1991, 1197. Hinsichtlich der Einzelheiten vgl. das Stichwort „Bürgschaft“. 3 OLG Brandenburg, Urt. v. 17.1.2007 – 3 U 228/05, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1419; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.4.2005 – 17 W 21/05, OLGR 2005, 353 (der Senat hat zutreffend keinen Wertabschlag vorgenommen, da es sich um eine negative Feststellungsklage handelte). Hinsichtlich der Einzelheiten vgl. das Stichwort „Darlehen“. 4 LG Essen, JurBüro 1972, 898. 5 Vgl. KG, NJW 1956, 1206 noch zu § 9 ZPO a.F. – der Senat hat im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls für einen Telefonanschlussvertrag einen 5-Jahres-Zeitraum zugrunde gelegt. Dies dürfte in der heutigen Zeit nicht mehr angemessen sein.
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Feststellungsklage se des Dritten.1 Der dafür angemessene Wert ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Das gilt auch dann, wenn zwischen den eigentlichen Vertragsparteien der Streitwert nach einer Sondervorschrift (z.B. § 8 ZPO für eine Jagdpacht) zu bewerten wäre.2 Jedoch kann der für das Vertragsverhältnis als solches maßgebende Streitwert als Anhaltspunkt der freien Schätzung nach § 3 ZPO herangezogen werden.3 • Eigentum/Eigentumsvorbehalt Der Streitwert von Klagen über die Feststellung der Eigentumsverhältnisse richtet sich nach § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG. Maßgeblich ist zunächst der objektive Verkehrswert der betreffenden Sache. Von diesem darf nach einer Entscheidung des KG4 kein Abschlag wegen bloßer Feststellung gemacht werden, selbst wenn das Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung geringer ist als an einem Leistungsurteil.5 In dieselbe Richtung geht eine Entscheidung des OLG Hamm6 über eine Feststellungsklage hinsichtlich der Wirksamkeit eines Eigentumsvorbehalts. Richtigerweise muss jedoch in solchen Fällen ein Abschlag vom Wert der Sache vorgenommen werden, da der Kläger die Sache nicht herausverlangt und damit wieder in ihren Besitz kommt, sondern lediglich ein Feststellungsurteil ergeht. Dieses bleibt in seinen Auswirkungen hinter dem einer Leistungsklage zurück, da es keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.7 Es erscheint daher ein Abschlag von 20 % gerechtfertigt.
2339
• Erbengemeinschaft Bei der Klage auf positive Feststellung der Erben- oder Miterbeneigenschaft ist ein Abzug von 20 % wegen bloßer Feststellung zu machen.8
2340
• Erbunwürdigkeit Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Erbunwürdigkeit bestimmt sich allein nach dem Interesse des Klägers an der sich für ihn aus der Erbunwürdigkeit des Beklagten ergebenden Besserstellung.9
2341
Seit der Entscheidung des BGH vom 20.10.196910 bemisst die Rechtsprechung den Streitwert nach § 3 ZPO. Entscheidend sei dabei die Beteiligung des Beklagten am Nachlass und der ihm drohenden finanziellen Einbuße durch die Erbunwürdigkeitserklärung.11 Dies wird damit begründet, dass ein solcher Bewertungsmodus dem Beklagten unter Umständen einen Rechtsmittelweg eröffnet, der nicht gegeben wäre, wenn lediglich auf den Vorteil des Klägers abgestellt würde, der bei einer mehr als zwei Personen umfassenden Erbengemeinschaft geringer als der umstrittene Anteil des Beklagten sein kann.12 Nach anderer An-
2342
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
BGH, Beschl. v. 29.9.2011 – II ZR 256/10, AGS 2012, 571. BGH, Rpfleger 1955, 101. RG, Warneyer, 1910, 381. KG, MDR 1970, 152; so auch Hartmann, GKG Anh. I § 48 (§ 6 ZPO) Rn. 2. Ebenso OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.10.1983 – 1 W 39/83, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 106 mit Anm. Schneider und Lappe. OLG Hamm, MDR 1958, 250; ebenso KG, NJW 1970, 334. Vgl. zum Bewertungsabschlag die Ausführungen unter Rn. 2289 f. OLG Köln, JurBüro 1979, 1704. BGH, MDR 1959, 922. BGH, Beschl. v. 20.10.1969 – III ZR 208/67, MDR 1970, 124. OLG Frankfurt, JurBüro 1971, 540; OLG Koblenz, Beschl. v. 11.12.1996 – 14 W 739/96, MDR 1997, 693. Vgl. dazu Schneider, MDR 1972, 278.
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Feststellungsklage sicht1 ist für die Bestimmung des Streitwertes nur der vom Kläger erstrebte Vorteil maßgeblich, der sich aus der beantragten Ausschließung des Beklagten aus der Erbengemeinschaft ergibt. 2343
Die Vertreter der ersten Meinung verkennen den Unterschied zwischen Streitwert und Beschwer: Für den Streitwert als Grundlage der Zuständigkeitsbestimmung und der Gebührenberechnung ist bei der Schätzung nach § 3 ZPO (i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) das Interesse des Klägers am Rechtsstreit maßgeblich. Für die Wertfestsetzung ist daher entscheidend, welchen erbrechtlichen Vorteil der Kläger mit dem Wegfall des Beklagten als Erbe bzw. aus der Erbengemeinschaft anstrebt.2
2344
Ist der Beklagte Alleinerbe und will der nicht pflichtteilsberechtigte Kläger an seiner Stelle Alleinerbe werden, dann bestimmt sich das Interesse des Klägers nach der Höhe des Erbteils, der ihm mit der Rechtskraft eines obsiegenden Urteils zufallen würde.3 Ein Abschlag wegen bloßer Feststellung ist nicht anhängig, da die positive Feststellung zugunsten des Klägers gleichzeitig negative und endgültige Feststellung zu Lasten des Beklagten (dessen Ausschluss als Erbberechtigter) ist.
2345
Hat die Ausschlussklage gegen einen Erben das Ziel, ein Nachlassgrundstück vom Beklagten herauszuverlangen, wurde der Streitwert früher gem. § 6 ZPO nach dem vollen Wert des Nachlasses4 bzw. nach dem vom Kläger durch erbrechtliche Besserstellung erstrebten Vorteil bemessen.5
2346
Hat der Kläger mit seiner Feststellungsklage, dass die Beklagten nicht Erben geworden sind, obsiegt, so richtet sich die Beschwer der unterlegenen Beklagten in der Rechtsmittelinstanz nach dem vollen Wert des Nachlasses. Denn aus Sicht der Beklagten ist der gesamte Nachlass im Streit und nicht nur der das wirtschaftliche Interesse des Klägers ausmachende Erbteil. Da die negative Feststellung im Erfolgsfalle jegliche erbrechtlichen Ansprüche ausschließt, ist auch ein Feststellungsabschlag nicht geboten.6 • Erbvertrag
2347
Der Streitwert für eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Rücktritts von einem Erbvertrag ist vom OLG Celle7 auf 25 % des derzeitigen reinen Vermögens bemessen worden. • Fälligkeit
2348
Wird negativ auf Feststellung geklagt, dass der Betrag einer an sich unstreitigen Forderung noch nicht fällig sei, dann ist der Streitwert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.8 Für die Bewertung ist maßgebend das Interesse des Klägers, zurzeit noch nicht leisten zu müssen und damit beispielsweise einen günstigen Kredit noch länger nutzen zu können.
1 Hartmann, GKG, Anh. I § 48 Rn. 42; so auch für den Fall der Erbauseinandersetzung OLG Celle, Beschl. v. 23.3.2001 – 22 W 21/01, OLGR 2001, 142. 2 Vgl. zu den Einzelheiten das Stichwort „Ausschließung“, Rn. 1483 ff. 3 OLG Hamburg, MDR 1959, 585. 4 Vgl. OLG Hamburg, Rpfleger 1951, 570; OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 219. 5 BGH, LM § 3 Nr. 16; Speckmann, MDR 1972, 908. 6 BGH, Beschl. v. 21.11.2006 – IV ZR 143/05, FamRZ 2007, 464. 7 OLG Celle, NJW 1962, 540. 8 OLG Bamberg, JurBüro 1982, 1245.
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Feststellungsklage • Fernsprechanschluss Der Streitwert einer Feststellungsklage, die die Wirksamkeit einer Preiserhöhung hinsichtlich eines Fernsprechanschlusses betrifft, ist vom KG1 nach dem fünffachen Jahresbetrag der Gebührendifferenz bemessen worden, da dies die durchschnittliche Dauer eines derartigen Vertrages sei. Angesichts der Vielzahl der auf dem Markt tätigen Telefonanbieter, der unproblematischen Wechselmöglichkeit und der kurzen Kündigungsfristen dürfte heute in einem solchen Fall nur noch vom einfachen Jahresbetrag der Gebührendifferenz ausgegangen werden, der bei positiven Feststellungsklagen um 20 % zu kürzen ist.
2349
• Filmvorführung Bei einer Feststellungsklage dahingehend, dass ein Werbeverwaltungsvertrag über die Vorführung von Diapositiven, Werbefilmen und Film-Diapositiven in einem Filmtheater durch die Kündigung des Beklagten nicht aufgelöst sei, sondern noch bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragszeit fortbestehe, berechnet sich der Streitwert nicht nach dem mutmaßlichen Reingewinn des Klägers für die restliche Vertragsdauer, sondern nach seinen voraussichtlichen Umsätzen für diese Zeit.2
2350
• Gesetzliche Erbfolge Bei einer Klage auf Feststellung, dass die gesetzliche Erbfolge eingetreten ist, bestimmt sich der Wert des Streitgegenstandes nach dem Anteil des klagenden Erben am Nachlass, nicht aber nach dem Wert des Gesamtnachlasses.3
2351
• Grundschuld Begehrt der Kläger die Feststellung, dass dem Beklagten die durch eine Grundschuld gesicherte Forderung nicht zusteht, dann ist der Nennbetrag dieser Forderung auch dann in voller Höhe für den Wert der negativen Feststellungsklage ausschlaggebend, wenn zwischen den Parteien streitig ist, ob und in welchem Umfang die Grundschuld valutiert. Denn entscheidend ist für die Bewertung einer negativen Feststellungsklage das Berühmen des Beklagten und nicht der tatsächliche Bestand der Forderung.4
2352
• Grundstückskaufvertrag Der Streitwert der Klage auf Feststellung der Wirksamkeit eines Grundstückskaufvertrages und auf Verurteilung zur Vornahme von Erfüllungsleistungen kann insgesamt den Betrag des vereinbarten Kaufpreises nicht übersteigen.5
2353
Geht es um die Feststellung der Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages, dann ist auf das Interesse des Klägers abzustellen. Das OLG Oldenburg hat hier den vereinbarten Kaufpreis angesetzt.6
2354
1 2 3 4 5 6
KG, NJW 1956, 1206. OLG Celle, Beschl. v. 25.6.1969 – 11 W 104/68, JurBüro 1969, 978 mit Anm. Schneider. BGH, JurBüro 1975, 1197; OLG Schleswig, SchlHA 1958, 83. OLG Koblenz, Beschl. v. 6.3.2002 – 5 W 100/02, JurBüro 2002, 310. KG, Rpfleger 1962, 154. OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.9.1995 – 5 W 150/95, MDR 1996, 101; ebenso OLG Frankfurt, OLGR 1999, 206; vgl. auch OLG Saarbrücken, JurBüro 1978, 1718 und die Darstellung m.N. bei Schneider, Anm. zu OLG Saarbrücken, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 427 und OLG Bremen, JurBüro 1979, 1705.
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Feststellungsklage
ZPO
2355
Bei einer Klage auf Feststellung der Wirksamkeit einer Rücktrittserklärung von einem Grundstückskaufvertrag und dem zusätzlichen Antrag auf Abgabe der Löschungsbewilligung für eine Auflassungsvormerkung werden die Streitwerte nicht zusammengerechnet.1 • Grundstücksnutzung
2356
Der Streitwert des Anspruchs eines Grundstückseigentümers auf Feststellung, dass ein Kfz-Besitzer für jeden Tag der unbefugten Benutzung des Grundstücks ein Standgeld von x,– Euro zu entrichten habe, ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen und nicht gem. § 9 ZPO mit dem 3,5-fachen Jahresbetrag zu bewerten.2 • Idealverein
2357
Die gegen einen Idealverein gerichtete Klage auf Feststellung, dass sein Vorstand nicht rechtmäßig gewählt worden sei, ist als nichtvermögensrechtliche Streitigkeit nach § 48 Abs. 2 GKG zu bewerten. Wegen der besonderen Bedeutung eines solchen Streits für einen Verein ist auch bei sonst durchschnittlichen Verhältnissen regelmäßig die Festsetzung eines über dem Regelstreitwert liegenden Streitwerts gerechtfertigt.3 • Insolvenzfeststellungsklage
2358
Der Streitwert einer Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, eine angemeldete Forderung beruhe auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, bemisst sich nicht nach dem Nennwert der Forderung. Maßgeblich sind vielmehr die späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung. Wenn diese als zu gering anzusehen sind, kann ein Abschlag von 3/4 des Nennwerts der Forderung angemessen sein.4 • Insolvenztabelle
2359
Bei einer Insolvenzfeststellungsklage ist der Streitwert dann, wenn eine Quote nicht zu erwarten ist, in Höhe der niedrigsten Wertstufe festzusetzen.5 Die Gegenmeinung6 setzt 10 % der angemeldeten Forderung an.
1 OLG München, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 706 mit Anm. Schneider = JurBüro 1984, 1235. 2 OLG Nürnberg, JurBüro 1965, 920 zum alten § 9 ZPO, der noch den 12,5-fachen Jahresbetrag vorsah. 3 KG, JurBüro 1969, 1193 hat unter Berücksichtigung des früheren Regelstreitwertes des § 12 Abs. 2 GKG a.F. einen Betrag von 5000 DM angesetzt; s. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.9.1997 – 10 W 121/97, AnwBl 1997, 680. 4 BGH, Beschl. v. 22.1.2009 – IX ZR 235/08, MDR 2009, 594; ebenso: OLG Celle, Beschl. v. 26.9.2006 – 4 W 178/06, ZInsO 2007, 42; OLG Celle, Beschl. v. 21.5.2007 – 7 W 38/07, NZI 2007, 473; OLG Rostock, Beschl. v. 19.2.2007 – 3 U 65/06, NZI 2007, 358; LG Kempten, Beschl. v. 20.7.2006 – 5 T 1461/06, ZInsO 2006, 888; a.A.: OLG Hamm, Beschl. v. 8.6.2006 – 27 W 41/06, NZI 2007, 249; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.10.2007 – 12 W 70/07, JurBüro 2007, 648; LG Mühlhausen, Beschl. v. 14.4.2004 – 2 T 77/04, ZVI 2004, 504. 5 Vgl. die Ausführungen bei dem Stichwort „Insolvenzverfahren“. 6 OLG Frankfurt, NJW 1970, 868; OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.5.1986 – 8 U 240/85, ZIP 1986, 1063.
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Feststellungsklage • Kündigung Der Wert einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer (fristlosen) Kündigung bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse an der Fortführung des Vertrages. Entscheidend kann beispielsweise die Höhe des durch die Kündigung entgangenen Gewinns sein.1 Das OLG Stuttgart hat hinsichtlich eines (gekündigten) Franchisevertrages nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO geschätzt, da auf diesen weder §§ 41, 42 GKG noch § 48 GKG i.V.m. § 9 ZPO anwendbar seien.
2360
Wird auf Feststellung geklagt, dass die gegenüber einem Handelsvertreter ausgesprochene Kündigung zu Recht erfolgt sei, so ist der Streitwert ebenfalls nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.2 Ausschlaggebend ist das wirtschaftliche Interesse an der Auflösung des Vertrages, also die gegeneinander abzuwägenden Vorteile und Nachteile, die sich bei Aufrechterhaltung bzw. Auflösung des Vertrages ergeben.3 Abzustellen ist auf den durchschnittlichen Provisionsausfall bis zum Zeitpunkt der Vertragsauflösung bei ordentlicher Kündigung und einem etwaigen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB, (jeweils) gekürzt um einen Abschlag von 20 %.4
2361
Der Gebührenstreitwert einer (nicht arbeitsrechtlichen) Klage auf Feststellung der (Un-)Wirksamkeit eines Dienstverhältnisses (z.B. eines Organs einer juristischen Person) ist nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO zu schätzen;5 die Wertberechnung nach § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG kann aber ein Anhaltspunkt sein.6
2362
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung, dass ein Miet- oder Pachtverhältnis infolge fristloser Kündigung – seit einem bestimmten Tag – nicht mehr besteht, ist nach § 41 GKG (ohne Abschlag) zu bemessen. Dies gilt auch dann, wenn feststeht, dass es inzwischen auch ohne diese Kündigung an einem späteren Tage beendet gewesen wäre.7 Wird die Feststellungsklage auf mehrere Kündigungen gestützt, erhöht dies den Streitwert nicht.8 § 41 GKG ist insoweit auch für die negative Feststellungsklage maßgebend.9 Dagegen richtet sich der Streitwert für die Feststellung der Kündigungsmöglichkeit eines Miet- oder Pachtverhältnisses nach § 3 ZPO ohne Berücksichtigung der in § 41 GKG bestimmten Höchstgrenzen.10
2363
• Künftiger Schaden Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz künftigen Schadens orientiert sich in erster Linie an der Höhe des drohenden Schadens. Daneben ist aber auch zu berücksichtigen, wie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich das Risiko eines Schadenseintritts oder einer tatsächlichen Inanspruchnahme des Gegners ist.11
2364
Bei der Bewertung eines künftigen Schadens ist nach dem Grundsatz des § 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG von den Erkenntnismöglichkeiten auszugehen, wie sie zurzeit der Klageerhebung bereits vorhanden waren. Bestand die Möglichkeit, zu
2365
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.10.2006 – 5 W 65/06, JurBüro 2007, 144. OLG Zweibrücken, Rpfleger 1967, 1. OLG München, AnwBl. 1977, 468. OLG Köln, Urt. v. 12.7.2001 – 19 U 219/00, AGS 2002, 64; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 8.2.1999 – 24 U 5/97, OLGR 1999, 139. BGH, Beschl. v. 9.6.2005 – III ZR 21/04, NJW-RR 2006, 213. OLG Rostock, Beschl. v. 7.2.2014 – 1 W 88/13. BGH, Beschl. v. 29.10.2008 – XII ZB 75/08, NZM 2009, 51; BGH, MDR 1958, 601. KG Berlin, Beschl. v. 12.1.2012 – 8 W 31/11, MDR 2012, 455. KG Berlin, Beschl. v. 12.1.2012 – 8 W 31/11, MDR 2012, 455. OLG Frankfurt, MDR 1967, 313. BGH, Beschl. v. 28.11.1990 – VIII ZB 27/90, MDR 1991, 526 = NJW-RR 1991, 509.
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427
Feststellungsklage
ZPO
einer bestimmten, für die Beurteilung des Streitwerts wichtigen Erkenntnis zu gelangen, bereits zurzeit der Klageerhebung, wurde sie nur nicht genutzt und wird dies nachträglich erkannt, so können diese Erkenntnisquellen nachträglich für die Streitwertfestsetzung nutzbar gemacht werden.1 Aufgrund nachträglich entstandener Erkenntnismöglichkeiten kann aber eine Änderung des Streitwerts nicht begehrt werden. Das zu Beginn des Rechtsstreits ermittelte Feststellungsinteresse bleibt dann für die ganze Prozessdauer maßgebend.2 • Lastenausgleich 2366
Das Begehren auf Freistellung vom Lastenausgleich stellt sich als ein Anspruch auf Feststellung dahin dar, dass der Beklagte verpflichtet sein soll, den Kläger von dessen Verbindlichkeiten zu befreien, so dass der Streitwert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG und nicht nach § 9 ZPO zu bestimmen ist.3 • Mieterhöhung
2367
Der Streitwert für eine Feststellungsklage des Vermieters dahin, dass der Mieter von einem bestimmten Zeitpunkt an zur Zahlung einer höheren Miete für die restliche Dauer des Mietverhältnisses verpflichtet sei, ist nach § 41 Abs. 5 GKG höchstens auf den Jahresbetrag des zusätzlich geforderten Mietzinses festzusetzen. • Mietvertrag
2368
Bei einem Streit über das Bestehen oder die Dauer eines Mietverhältnisses richtet sich der Gebührenstreitwert nach § 41 Abs. 1 GKG (ohne Abschlag, s. auch das Stichwort „Mietstreitigkeiten“ sowie oben „Kündigung“),4 nicht nach § 8 ZPO. Die Wertberechnung nach § 8 ZPO ist nur für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelwert (Beschwer) maßgeblich.5
2369
Wird neben dem Antrag auf Feststellung des Bestehens eines Mietvertrages hilfsweise der Antrag auf Abschluss eines Mietvertrages mit gleichem Inhalt gestellt, so gelten § 45 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GKG, denn es handelt sich gebührenrechtlich um denselben Gegenstand.
2370
Bei der Verbindung einer Feststellungsklage über das Bestehen eines Mietverhältnisses mit einer Leistungsklage auf rückständigen Mietzins ist für die Festsetzung des Gebührenstreitwerts der nach § 41 Abs. 1 GKG ermittelte Wert der Feststellungsklage nicht mit dem Wert der Leistungsklage zusammenzurechnen, wenn nur das Mietverhältnis streitig ist, nicht aber die Höhe des Mietzinses.6
2371
Werden in einer Klage durch Leistungsantrag ein Mietzinszahlungsanspruch und gleichzeitig durch Feststellungsantrag das Bestehen oder Nichtbestehen des Mietverhältnisses geltend gemacht, so sind die beiden Ansprüche jedoch einzeln zu bewerten und sodann zu addieren, wenn und soweit der Zeitraum, für den Zahlung verlangt wird, und der Zeitraum, für den das Bestehen oder Nichtbestehen des
1 OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.6.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 16.10.1997 – 5 W 336/97, JurBüro 1998, 363; Lappe, ZAP Fach 24 S. 251 V. 2 OLG Schleswig, Rpfleger 1962, 425. 3 OLG Neustadt, Rpfleger 1955, 138. 4 BGH, Beschl. v. 29.10.2008 – XII ZB 75/08, NZM 2009, 51. 5 BGH, Beschl. v. 22.2.2006 – XII ZR 134/03, MDR 2006, 980; BGH, Beschl. v. 2.11.2005 – XII ZR 137/05, MDR 2006, 657. 6 OLG Karlsruhe, Justiz 1980, 272.
428
Noethen
Feststellungsklage Mietverhältnisses festgestellt werden soll, sich nicht decken. Wenn und soweit sich die Zeiträume überschneiden, ist allein auf den höheren Anspruch abzustellen, da es sich im Umfang der zeitlichen Kongruenz wirtschaftlich um denselben Gegenstand handelt.1 Dies gilt auch dann, wenn Zahlungs- und Feststellungsbegehren nicht im Verhältnis von Klage und Widerklage stehen.2 • Miete/Pacht Miete oder Pacht sind die vom Mieter bzw. Pächter in Geld zu zahlenden oder in Naturalien zu erbringenden vertraglichen Gegenleistungen. Maßgebend ist der erzielbare und damit objektive Nutzungswert. Macht der Kläger dazu andere Angaben als der Beklagte und stellt gar das Gericht wieder einen anderen Betrag fest, dann muss auf die Angaben des Klägers abgestellt werden.3
2372
Fordert der Mieter als Kläger oder Widerkläger Feststellung, dass er ab einem bestimmten Datum berechtigt sei, wegen vorhandener Mängel die Miete auf einen bestimmten Betrag zu mindern, dann lautet der begehrte Urteilstenor auf positive Feststellung. In der Sache ist es aber eine Verneinung der vollen Mietzinsforderung, so dass es sich in Wirklichkeit um eine negative Feststellungsklage handelt, also von der Bewertung nach § 41 GKG schon deshalb kein Abschlag zu machen ist.4 Der Gebührenstreitwert richtet sich entsprechend § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG nach dem Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung.5 Nach anderer Ansicht ist bei einer Klage auf Feststellung der Berechtigung zur Mietminderung auf § 48 Abs. 1 GKG, § 9 ZPO und damit den Zeitraum von 3 1/2 Jahren abzustellen.6
2373
Klagt der Vermieter auf Feststellung, dass der Beklagte Mitmieter der betreffenden Wohnung ist, entspricht der Streitwert der Jahresmiete (§ 41 Abs. 1 GKG) abzüglich 20 %, da es um den Bestand des Mietverhältnisses geht.7
2374
Stellt das Gericht auf Antrag des Vermieters fest, dass der Mieter zur Zahlung einer erhöhten Nebenkostenpauschale verpflichtet ist, bemisst sich die Beschwer gem. § 9 ZPO nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der streitigen Differenz abzüglich 20 %.8
2375
1 BGH, Beschl. v. 22.2.2006 – XII ZR 134/03, MDR 2006, 980; Beschl. v. 2.11.2005 – XII ZR 137/05, MDR 2006, 657. 2 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, NZM 2004, 423. 3 Anders das LG Köln, Beschl. v. 26.6.1994 – 12 T 220/94, WuM 1994, 624 bei der Räumung, wenn der Mietzins nur für den Streitwert zu ermitteln ist. 4 Vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 8.5.2013 – 2 U 3/13, ZMR 2014, 280 sowie das Stichwort „Mietstreitigkeiten“. 5 OLG Saarbrücken, Urt. v. 8.5.2013 – 2 U 3/13, ZMR 2014; KG, Beschl. v. 1.7.2009 – 8 W 59/09, RVGreport 2009, 395 mit Anm. von Hansens = JurBüro 2009, 538 (der Senat hat damit seine bisherige Rspr., wonach gem. § 9 ZPO auf den 3 1/2-fachen Jahresbetrag der Minderung abzustellen war [vgl. KG, Beschl. v. 6.11.2003 – 8 W 250/03, KGR 2004, 306] aufgegeben); ebenso OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.3.2007 – I-24 W 9/07, AGS 2007, 472 für den Wert eines selbständigen Beweisverfahrens, mit welchem der Pächter Mängel des Pachtobjektes festgestellt wissen möchte: angemessener Minderungsbetrag, höchstens für ein Jahr. 6 OLG Hamm, Beschl. v. 15.8.2000 – 7 W 9/00, OLGR 2001, 37; LG Berlin, Beschl. v. 27.8.1996 – 64 T 66/96, NJW-RR 1997, 652; LG Kiel, Beschl. v. 10.5.1994 – 1 S 306/93, MDR 1994, 834; OLG Hamburg, WM 1994, 624. 7 LG Berlin, Beschl. v. 7.7.2000 – 65 T 62/00, JurBüro 2001, 96. 8 BGH, Beschl. v. 21.5.2003 – VIII ZB 10/03, JurBüro 2004, 207.
Noethen
429
ZPO
Feststellungsklage • Mobilfunkvertrag 2376
Das Interesse des Klägers an der Feststellung der Unwirksamkeit eines Mobilfunkvertrages entspricht der Höhe der Schadensersatzforderung des Beklagten aus der Vertragsauflösung.1 Anzusetzen sind dabei die monatlichen Grundgebühren sowie ein eventueller monatlicher Mindestumsatz für die (restliche) Vertragslaufzeit. • Nichtigkeit
2377
Als Streitwert der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrages ist der ungeschmälerte Wert der Leistung maßgebend, von der der Kläger bei Nichtigkeit freigestellt wird2 oder die im Falle der schon erbrachten Leistung zurückzugewähren ist.3 Darüber hinausgehende wirtschaftliche oder ideelle Interessen sowie die Gegenleistung sind nicht zu berücksichtigen.4
2378
Ob bei einer positiven Feststellungsklage einer Vertragspartei auf Feststellung der Nichtigkeit ein Abzug von 20 % vorzunehmen ist, ist streitig.5 Richtigerweise muss in solchen Fällen danach differenziert werden, ob der Kläger seine vertragliche Leistung schon erbracht hat: – Ist dies nicht der Fall, so hat er prozessual die Wahl, negative Feststellungsklage über das Nichtbestehen seiner vertraglichen Verpflichtung oder positive Feststellungsklage auf Feststellung der Nichtigkeit zu erheben. Der Wert ist dann in beiden Fällen ohne einen Abschlag vom Wert einer Leistungsklage zu bestimmen.6 – Hat der Kläger dagegen seine vertragliche Leistung schon erbracht, dann ist hinsichtlich der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Vertrages ein solcher Abschlag vorzunehmen, denn das eigentliche wirtschaftliche Ziel des Klägers (Rückgewähr der bereits erbrachten Leistung) kann mit dem Feststellungsurteil nicht erreicht werden.
2379
Wird neben der Feststellung der Unwirksamkeit eines Vertrages die Verurteilung des Beklagten zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen begehrt, so kommt dem Feststellungsantrag dann keine selbständige Bedeutung zu, wenn aus der Unwirksamkeit des Vertrages keine weiteren Ansprüche hergeleitet werden.7
2380
Der Wert des Streitgegenstandes für die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines langjährig abgeschlossenen Pachtvertrages richtet sich gem. § 41 GKG nach dem Wert des einjährigen Pachtzinses.8 Klagt ein Dritter auf Feststellung der Nichtigkeit eines Pachtvertrages, so bestimmt sich der Streitwert nach dem Interesse dieses Dritten.9 1 AG Düsseldorf, Urt. v. 15.6.2000 – 34 C 3564/00, NJW-RR 2001, 275. 2 LG Bückeburg, JurBüro 1988, 1233 mit Anm. Mümmler; OLG Oldenburg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1218: Feststellung der Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrags. 3 OLG Koblenz, NJW 1953, 1918; OLG München, JurBüro 1984, 1235; OLG Bamberg, JurBüro 1985, 1703: Feststellung des Nichtbestehens eines Versicherungsvertrages richtet sich nach dem Interesse am Nichtzahlen der Versicherungssumme. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.6.1999 – 21 W 24/99, NJW-RR 2000, 587; OLG Hamm, Beschl. v. 9.11.2002 – 21 U 115/02, AnwBl. 2003, 597. 5 Vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.6.1999 – 21 W 24/99, NJW-RR 2000, 587 einerseits und OLG München, JurBüro 1984, 1235 andererseits. 6 Vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 9.11.2002 – 21 U 115/02, AnwBl. 2003, 597: Die Klage der Erwerber auf Feststellung, dass ihre Erwerbspflicht nicht besteht, bemisst sich nach dem vereinbarten Kaufpreis ohne Berücksichtigung der Gegenleistung. 7 KG, Rpfleger 1962, 120. 8 OLG Düsseldorf, JMBl.NW 1956, 176. 9 BGH, Rpfleger 1955, 101.
430
Noethen
Feststellungsklage Bei einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Testaments oder einer sich aus der behaupteten Testamentsauslegung ergebenden Rechtsfolge ist der Streitwert nicht nach dem Wert des ganzen Nachlasses, sondern nach dem Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung zu bemessen.1
2381
Klagt ein Miterbe auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrages der Erbengemeinschaft, der den Beklagten zum Ankauf eines Nachlassgrundstückes berechtigt, so bestimmt sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an der Befreiung von den Verpflichtungen aus dem Vertrag, nicht nach dem entsprechenden Interesse der ganzen Erbengemeinschaft.2
2382
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses ist gleich dem Wert der mit dem Anerkenntnis verbundenen Unterhaltsverpflichtung.3 Die Feststellung hat vermögensrechtlichen Charakter, so dass der Streitwert nach § 3 ZPO unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 42 Abs. 1 GKG festzusetzen ist.4
2383
• Pacht Der Wert einer Klage auf Feststellung, dass der Kläger nach dem Ende des Pachtverhältnisses nicht verpflichtet ist, auf dem Pachtgrundstück errichtete Bauten zu entfernen, ist nach einer Entscheidung des BGH nach den vom Kläger aufzubringenden Beseitigungskosten gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG ohne weiteren Abschlag zu ermitteln.5 Der Senat hat in diesem Fall eine Anwendung von § 8 ZPO richtigerweise abgelehnt, da der Bestand des Pachtvertrages zwischen den Parteien nicht streitig war, sondern nur die Beseitigungspflicht des Beklagten.
2384
• Pflegekosten Werden Pflegekosten wegen der Verletzung aus einem Verkehrsunfall geltend gemacht, dann ist für die Bewertung von den jährlichen Aufwendungen für die Pflege auszugehen, die gem. § 42 Abs. 1 GKG auf den fünffachen Betrag zu erhöhen sind.6 Hiervon ist dann bei der positiven Feststellungsklage ein Abzug von 20 % zu machen. Das gilt auch, wenn der Haftpflichtversicherer mitverklagt wird.
2385
• Rente Der Streitwert einer nicht unter § 42 GKG fallenden negativen Feststellungsklage ist auf den 3,5-fachen Jahresbetrag der Rente ohne Rückstände und ohne Abschlag festzusetzen (§ 9 ZPO). Das gilt auch dann, wenn die Berühmung in Form einer Schadensersatzforderung erfolgt.7
2386
Soweit nicht die Umstände eines Einzelfalls Anlass zu einer anderen Festsetzung des Streitwertes geben, kann bei einem Feststellungsantrag, der eine auf einem Unfall beruhende Jahresrente zum Inhalt hat (§ 42 Abs. 1 GKG), in der Regel das Fünffache des Jahresbetrages abzüglich 20 % zugrunde gelegt werden.8
2387
1 2 3 4 5 6 7 8
BGH, NJW 1956, 1877. BGH, JurBüro 1954, 231. OLG Frankfurt, MDR 1955, 304. OLG München, NJW 1953, 631. BGH, Beschl. v. 29.4.2004 – III ZB 72/03, WuM 2004, 352. OLG Schleswig, JurBüro 1971, 539. OLG München, MDR 1962, 223. BGHZ 1, 43; OLG Schleswig, SchlHA 1960, 24; OLG Köln, Beschl. v. 13.3.1992 – 13 W 14/92, JurBüro 1992, 624.
Noethen
431
Feststellungsklage Nach dem OLG Köln1 hat eine weitere Kürzung des bereits durch § 42 Abs. 1 GKG auf den fünffachen Jahresbetrag verkürzten Wertansatzes wegen des bloßen Feststellungsantrages auszuscheiden, wenn der Feststellungsantrag bestimmte Leistungen betrifft und die Erfüllung aufgrund der Feststellung sicher ist.2 Dies überzeugt jedoch nicht, da auch bei Erfüllungsbereitschaft des Beklagten der Feststellungstitel in seinen Wirkungen hinter dem Leistungstitel zurückbleibt. Ein Abschlag ist daher vorzunehmen.
2389
Bei der Abgrenzung von § 9 ZPO und § 42 Abs. 1 GKG ist zu beachten, dass die privilegierende Vorschrift § 42 Abs. 1 GKG immer noch den fünffachen Jahresbetrag vorsieht, während § 9 ZPO, der früher zu hohen Werten führte und deshalb oftmals als nicht passend bewertet wurde, jetzt nur noch den 3,5-fachen Jahreswert vorsieht und damit unterhalb des „sozialen“ Gebührenwerts liegt.3
ZPO
2388
• Rentenerhöhung 2390
Der Antrag auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Rentenerhöhungen hat einen eigenen Streitwert gegenüber demjenigen nach § 42 Abs. 1 GKG. Dieser zusätzliche Streitwert kann mit 20 % des Wertes aus § 42 Abs. 1 GKG geschätzt werden,4 mindestens ist er mit 10 % der geltend gemachten Forderung anzusetzen.5 • Rückstände
2391
Rückstände, die zurzeit der Einreichung der Feststellungsklage bestehen, werden dem Streitwert nicht hinzugerechnet,6 da Feststellungsklagen wesensmäßig nur auf die Zukunft ausgerichtet sind. Andernfalls müssten sie im Hinblick auf die Prozessvoraussetzung des § 256 ZPO beziffert werden.7
2392
Hat jedoch der Kläger auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Schadensersatz geklagt und geht er alsdann im Laufe des Verfahrens zur Leistungsklage auf Entrichtung von Rente über, so sind die bis zum Übergang zur Leistungsklage fällig gewordenen Rentenbeiträge bei der Streitwertfestsetzung hinzuzurechnen.8
2393
Werden bei einer von Anfang an erhobenen Leistungsklage auf Rentenzahlung solche Rückstände, die während des Prozesses entstehen, aus dem Rentenanspruch herausgenommen und selbständig kapitalisiert geltend gemacht, so sind diese bei der Streitwertfestsetzung nicht zu berücksichtigen.9 • Rücktritt
2394
Maßgebend für den Wert einer Klage auf Feststellung der Wirksamkeit des Rücktritts (z.B. § 427 Nr. 2 BGB) ist das nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bewertende Interesse des Klägers an der Befreiung von seinen vertraglich übernommenen Verpflichtungen.10
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
OLG Köln, NJW 1960, 2248. Siehe auch OLG Schleswig, SchlHA 1960, 24. Hierzu Lappe, NJW 1994, 1189. OLG Köln, JurBüro 1961, 562. OLG Frankfurt, JurBüro 1968, 634. BGHZ 2, 74, 77; OLG München, MDR 1962, 223 Nr. 74; OLG Hamm, JurBüro 1988, 788 mit abl. Anm. Lappe; a.A. OLG Schleswig, SchlHA 1981, 119. Siehe BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 293; BGHZ 2, 74. RGZ 77, 324; BGHZ 2, 74, 77; OLG Düsseldorf, MDR 1957, 686. OLG Düsseldorf, MDR 1957, 686. OLG München, JurBüro 1984, 1235.
432
Noethen
Feststellungsklage Der Streitwert für eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Rücktritts von einem Erbvertrag bemisst sich auf 25 % des derzeitigen reinen Vermögens des Erblassers.1
2395
• Schadensersatzpflicht Für das Interesse des Geschädigten an der Feststellung der Schadensersatzpflicht ist die Höhe des durch die behauptete Rechtsverletzung voraussichtlich erwachsenden künftigen Schadens entscheidend. Hiervon ist jedoch ein Abschlag von 20 % zu machen, weil in aller Regel das Gegenwartsinteresse an einer Feststellung, die erst in der Zukunft Wirkungen auslöst, geringer ist.2
2396
Der nach der Klagebegründung voraussichtlich zu erwartende Schaden muss nach § 3 ZPO geschätzt werden.3 Dabei ist nach dem Grundsatz des § 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG von den Erkenntnismöglichkeiten auszugehen, wie sie zurzeit der Klageerhebung bereits vorhanden waren. Bei einem zwar möglichen, aber nahezu unwahrscheinlichen Schadenseintritt kann auch der Streitwert so niedrig bemessen werden, dass er nur noch die Funktion eines „Erinnerungswertes“ hat.4 Ist bei Klageerhebung oder im Zeitpunkt der Urteilsfällung die Höhe des zukünftigen Schadens in keiner Weise abzusehen, dann ist der Streitwert der Feststellungsklage unter Heranziehung der Grundsätze für nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten zu bewerten.5
2397
Aufgrund nachträglich entstandener Erkenntnismöglichkeiten kann eine Änderung des Streitwerts dagegen nicht begehrt werden. Das zu Beginn des Rechtsstreits ermittelte Feststellungsinteresse bleibt für die ganze Prozessdauer maßgebend.6 Das schließt die Korrektur von Irrtümern nicht aus: Bestand schon bei Klageerhebung die Möglichkeit, zu einer bestimmten, für die Beurteilung des Streitwerts richtigen Erkenntnis zu gelangen, die jedoch nicht genutzt wurde und wird dies nachträglich erkannt, so müssen diese Erkenntnisquellen nachträglich für die Streitwertfestsetzung herangezogen werden.7
2398
Geht der Kläger im Laufe des Rechtsstreits mit dem zunehmenden Fälligwerden 2399 der Schadensersatzansprüche von der Feststellungsklage zur Leistungsklage über, so ist eine Summierung der Werte des Leistungsantrages und des Feststellungsanspruchs in voller Höhe nur dann zulässig, wenn der Kläger zu erkennen gibt, dass er neben dem Leistungsantrag den Feststellungsantrag in der ursprünglichen Höhe für die Zukunft aufrechterhalten will, dass also der Übergang von der Leistungs- zur Feststellungsklage den Wert des Feststellungsinteresses nicht gemindert hat. Ob dieses Vorgehen zulässig ist, kann im Einzelfall zweifelhaft sein, hat aber keinen Einfluss auf die Streitwertberechnung, wenn der Kläger so vorgehen will. Liegt es dagegen so, dass der Kläger den Feststellungsantrag in der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr stellt, weil dieser durch die laufende Erhöhung des Leistungsantrages aufgezehrt worden ist, dann ist nur das Leistungsbegehren für den Streitwert bestimmend.8 Bei teilweisem Abbau der Feststellungsklage ist der verbleibende Zukunftsantrag zu berücksichtigen.
1 2 3 4 5 6 7 8
OLG Celle, NJW 1962, 540. OLG Stuttgart, BB 1959, 460. OLG Köln, MDR 1971, 226. OLG Düsseldorf, JurBüro 1975, 232. OLG Frankfurt, Rpfleger 1957, 124. So OLG Schleswig, Rpfleger 1962, 425. OLG Bamberg, JurBüro 1977, 1422; LG Bochum, VersR 1969, 165. OLG Frankfurt, JurBüro 1960, 302.
Noethen
433
2400
Feststellungsklage
ZPO
2401
Bei Übergang von der Feststellungsklage zur Leistungsklage aus § 116 SGB X sind die bis zum Übergang angefallenen Rückstände der übergegangenen Schadensersatzansprüche dem Streitwert der Hauptklage hinzuzurechnen, wenn sie zusätzlich gefordert werden.1 • Teilbetrag
2402
Ist nur wegen eines Teilbetrages einer größeren Forderung Feststellungsklage erhoben worden, soll aber die darüber ergehende gerichtliche Entscheidung nach der Vereinbarung der Partei für den nicht rechtshängig gemachten Restanspruch verbindlich sein, dann ist das auf den Streitwert für die Gerichtsgebühren ohne Einfluss. Er bemisst sich nur nach dem prozessualen Streitgegenstand.2 Etwas Anderes kann jedoch für den Gegenstandswert zur Berechnung der Anwaltsgebühren – insbesondere bezüglich der Einigungsgebühr für die Mitwirkung an der Vereinbarung der Parteien über die Verbindlichkeit der gerichtlichen Entscheidung – gelten, weil hier der dem Anwalt von der Partei erteilte Auftrag maßgeblich ist.
2403
Handelt es sich um eine positive Feststellungsklage, so ist auch trotz der Bereitschaft des Beklagten, auf ein Feststellungsurteil hin zu leisten, ein Abschlag vom entsprechenden Wert einer Leistungsklage zu machen.3 Denn an diese im Wege der privatschriftlichen Vereinbarung erklärte Bereitschaft ist der Beklagte nicht in gleichem Maße gebunden wie an ein Leistungsurteil. • Testamentsvollstreckung
2404
Klagt ein Miterbe, dessen Erbteil den Beschränkungen der Vorerbschaft und der Testamentsvollstreckung unterliegt, auf Feststellung, dass die Testamentsvollstreckung beendet sei, so kommt im Hinblick auf die Wirkungen der Testamentsvollstreckung als Streitwert nicht der Wert des Erbteils, sondern nur ein deutlich hinter diesem zurückbleibender Betrag in Betracht.4 • Unerlaubte Handlung, vorsätzliche
2405
Die Feststellung, dass ein gleichzeitig zuerkannter Schadensersatzanspruch auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruht, kann in der anschließenden Zwangsvollstreckung (§ 850 f Abs. 2 ZPO) und auch bei einer späteren Insolvenz des Beklagten (§§ 302 Nr. 1, 174 Abs. 2 InsO) für den Kläger von Vorteil sein. Denn eine solche Feststellung kann seine Aussicht verbessern, den Zahlungstitel im Rahmen einer Privilegierung zu realisieren. Der Feststellungsantrag ist – anders als bei der Klage auf Feststellung des Annahmeverzugs, die zusammen mit einem Antrag auf Zahlung eines Geldbetrages Zug um Zug gegen Erbringung der Gegenleistung geltend gemacht wird – mit dem Zahlungsantrag wirtschaftlich nicht identisch, da die Vollstreckungsmöglichkeit auch bei Restschuldbefreiung nach Durchführung eines Insolvenzverfahrens erhalten bleiben soll.
2406
Der Wert eines solchen Antrags neben dem Leistungsantrag ist umstritten: – Nach einer Entscheidung des OLG Stuttgart erhöht dieser zusätzliche Antrag den Streitwert jedenfalls dann nicht, wenn die Zahlungsklage gegen den Beklagten ausschließlich auf ein Vorsatzdelikt gestützt ist.5 Denn wenn eine Kla1 OLG Bamberg, JurBüro 1971, 778 noch zu § 1542 RVO. 2 BGH, Rpfleger 1966, 46. 3 BGH, Rpfleger 1966, 46; a.A. OLG Köln, JurBüro 1960, 537; OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 648: kein Abschlag. 4 OLG Frankfurt, JurBüro 1961, 90; OLG Zweibrücken, Rpfleger 1967, 2. 5 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.12.2008 – 7 W 79/08, MDR 2009, 654.
434
Noethen
Feststellungsklage ge nur mit dieser Begründung überhaupt Erfolg haben könne, bedürfe es einer zusätzlichen Feststellung des Vorliegens einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung nicht. Für den Nachweis gem. § 850 f Abs. 2 ZPO genügt es nämlich, wenn in dem vollstreckbaren Titel der deliktische Schuldgrund und der erforderliche Verschuldensgrad genannt sind.1 Kommt nach dem Klagevorbringen auch ein anderer Rechtsgrund als ein solcher aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung in Betracht, ist die Wertberechnung des Feststellungsantrags höchst unterschiedlich: – Das OLG Köln2 und das OLG Dresden3 halten eine Quote von maximal 5 % der Klageforderung für ausreichend, da der mögliche Vorteil des Klägers in einer späteren Zwangsvollstreckung bzw. Insolvenz als eher gering einzustufen sei. Ebenso haben der 7. Senat des OLG Karlsruhe (500 Euro)4 und das AG Leipzig (niedrigste Gebührenstufe bis 300 Euro)5 einen solchen Antrag recht gering bewertet. – Nach anderer Ansicht kann als Wert die volle Forderungshöhe angesetzt werden, wenn das Interesse des Klägers im konkreten Einzelfall darin besteht, dass er aufgrund dieses Feststellungsurteils auch nach Abschluss des Insolvenzverfahrens unbeschränkt gegen den Schuldner vollstrecken kann.6 Diese hohe Wertfestsetzung hatte offensichtlich ihren Grund darin, dass das Insolvenzverfahren gegen den Schuldner jeweils bereits eröffnet war und damit die Regelung des § 302 Nr. 1 InsO in greifbare Nähe rückte.
2407
• Vaterschaft Bei der Klage eines nichtehelichen Kindes auf Zahlung von Unterhalt und Feststellung der Vaterschaft begründet der Feststellungsanspruch nur dann einen über den Wert des Zahlungsanspruchs hinausgehenden Streitwert, wenn mit der Klage besondere Umstände vorgetragen sind, die auf vermögensrechtliche Ansprüche über den bereits geltend gemachten Zahlungsanspruch hinaus hindeuten.7
2408
• Vereinsmitgliedschaft Die Klage auf Feststellung der Zugehörigkeit zu einem Idealverein betrifft einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch,8 so dass ihr Wert nach § 48 Abs. 2 GKG zu bestimmen ist. Wirtschaftliche Auswirkungen der Mitgliedschaft stehen dem im Allgemeinen nicht entgegen.9
2409
• Veröffentlichungsbefugnis Neben dem Antrag auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung kommt dem Antrag auf Auskunftserteilung oder Rechnungslegung streitwertmäßig eine eigen-
1 Vgl. BGHZ 152, 148; BGH, Beschl. v. 5.4.2005 – VII ZB 17/05, NJW 2005, 1663 = MDR 2005, 1014. 2 OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2008 – 8 W 109/08, JurBüro 2009, 257. 3 OLG Dresden, Beschl. v. 26.10.2007 – 8 W 1224/07, MDR 2008, 50. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.10.2007 – 7 W 79/07, JurBüro 2007, 648. 5 AG Leipzig, Beschl. v. 10.11.2003 – 164 C 6914/03, ZMR 2005, 131. 6 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.10.2007 – 12 W 70/07, JurBüro 2007, 648; OLG Hamm, Beschl. v. 8.8.2006 – 27 W 41/06; OLG Brandenburg, Urt. v. 16.11.2005 – 4 U 72/05; OLG Celle, Urt. v. 7.9.2006 – 6 U 66/06. 7 OLG Schleswig, JurBüro 1954, 230. 8 LG Lübeck, JurBüro 1959, 376. 9 KG, Rpfleger 1962, 118; vgl. das Stichwort „Ausschließung“, Rn. 1480 ff.
Noethen
435
2410
ZPO
Feststellungsklage ständige Bedeutung zu. Auch bezüglich des Antrags auf Zuerkennung der Veröffentlichungsbefugnis ist in jedem Fall ein besonderer Einzelstreitwert festzusetzen.1 2411
Dagegen kommt nach dem OLG Stuttgart2 dem Klageantrag auf Bewilligung einer Veröffentlichungsbefugnis kein eigener Streitwert zu, wenn er mit einer Unterlassungs- oder Schadensfeststellungsklage verbunden ist. • Versicherungsschutz
2412
Im Grundsatz gelten die folgenden Regeln: Klagt die Versicherungsgesellschaft auf Feststellung des Nichtbestehens des Versicherungsvertrags, dann ist wertmäßig von ihrem Interesse an der Nichtzahlung der Versicherungssumme auszugehen.3 Macht der Versicherungsnehmer mit der Klage den Fortbestand eines Versicherungsvertrages (trotz Anfechtung/Rücktritt des Versicherers) geltend, dann beläuft sich der Wert auf die 3 1/2-fache Jahresprämie abzüglich 20 %.4 Hinsichtlich weiterer Fragen ist zwischen den einzelnen Formen des Versicherungsschutzes zu differenzieren: – Haftpflichtversicherung
2413
Der Streitwert einer Klage des Versicherungsnehmers auf positive Feststellung, dass der Versicherer bis zur Höhe eines bestimmten Betrages Haftpflichtversicherungsschutz gewähren müsse, beläuft sich auf den geforderten Betrag abzüglich des üblichen Abschlags von 20 %.5 Zinsen bleiben außer Ansatz.6 Der Streitwert der Klage eines Haftpflichtversicherers gegen ihren Versicherungsnehmer, der aus einem Unfall als Schädiger in Anspruch genommen wird, auf Feststellung, dass ein Anspruch gegen sie nicht besteht, bewertet sich gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach der Höhe der gegen den Schädiger erhobenen Ansprüche.7 Da es sich um eine negative Feststellungsklage handelt, ist kein Abschlag vorzunehmen. – Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
2414
Macht der Versicherungsnehmer mit der Klage den Fortbestand seines Versicherungsvertrages (trotz Anfechtung/Rücktritt des Versicherers) geltend, dann bemisst sich das Interesse nach dem 3 1/2-fachen Jahresbetrag der begehrten monatlichen Rentenzahlung zuzüglich der monatlichen Prämie, von der der Versicherungsnehmer freizustellen ist. Von dieser Summe ist ein Abschlag wegen positiver Feststellung vorzunehmen.8 Die für die Wertfestsetzung einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines privaten Krankenversicherungsvertrages gel-
1 2 3 4 5 6 7 8
OLG Frankfurt, GRUR 1955, 459; vgl. das Stichwort „Veröffentlichungsbefugnis“. OLG Stuttgart, NJW 1959, 890. OLG Bamberg, JurBüro 1985, 1703. OLG Köln, Beschl. v. 26.2.1996 – 5 W 4/96, MDR 1996, 1194; LG Magdeburg, Urt. v. 1.2.2002 – 1 S 583/01, VersR 2003, 263. BGH, NJW 1965, 1198; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.1.1974 – 11 U 193/73, VersR 1974, 1034; OLG Hamm, AnwBl. 1984, 95 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 684 mit Anm. Schneider. OLG Nürnberg, Beschl. v. 24.2.1978 – 8 W 19/78, VersR 1978, 854. OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 423. BGH, Beschl. v. 1.12.2004 – IV ZR 150/04, NJW-RR 2005, 259; Beschl. v. 13.12.2000 – IV ZR 279/99, NJW-RR 2001, 316; Beschl. v. 12.2.1992 – IV ZR 241/91, NJW-RR 1992, 608; Beschl. v. 11.7.1990 – IV ZR 100/90, NJW-RR 1990, 1361; OLG Celle, Beschl. v. 3.1.2007 – 8 U 123/06, OLGR 2007, 239.
436
Noethen
Feststellungsklage tenden Grundsätze1 sind auf die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht übertragbar, weil die Krankenversicherung gerade nicht dadurch geprägt wird, dass die vom Versicherer im Versicherungsfall zu erbringenden Leistungen in ihrer Höhe und Dauer durch den Vertrag von vornherein festgelegt sind.2 Die Höhe des Abschlags, der auf die für eine entsprechende Leistungsklage berechnete Summe vorzunehmen ist, ist je nach Fallgestaltung unterschiedlich: – Der regelmäßige Abschlag für solche positiven Feststellungsklagen liegt bei 20 %.3 – Ein Abschlag von 50 % ist vorzunehmen, wenn der Eintritt des Versicherungsfalls zwar behauptet wird, tatsächlich aber bislang ungeklärt geblieben ist, ob der Kläger tatsächlich berufsunfähig ist.4 – Ein Abschlag von 80 % ist schließlich vorzunehmen, wenn der Eintritt des Versicherungsfalls nicht behauptet und auch nicht zu erwarten ist.5 Denn in einem solchen Fall ist das Interesse des Klägers als gering zu bewerten, da er selbst nicht vorträgt, die Versicherungsleistung in absehbarer Zeit überhaupt in Anspruch nehmen zu müssen. – Lebensversicherung Der Wert einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens einer Lebensversicherung auf den Todes- oder Erlebensfall ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach der Versicherungssumme unter Abzug eines Feststellungsabschlags von 20 % zu bestimmen, da bei einer derartigen Versicherung der Versicherungsfall – sei es im Todes-, sei es im Erlebensfall – mit Sicherheit eintreten wird. Den Wert einer Klage auf Feststellung, dass der Versicherer nach Ablauf von 46 Jahren eine bestimmte Ablaufleistung aus einer Kapitallebensversicherung zu zahlen hat, hat das OLG Frankfurt6 gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem gegenwärtigen wirtschaftlichen Interesse des Klägers unter Abzinsung des Gesamtbetrages ermittelt und davon wegen positiver Feststellung einen Abschlag von 20 % vorgenommen. Bei einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens einer Risikolebensversicherung hat der BGH7 das Interesse lediglich auf 20 % der versprochenen Versicherungssumme bemessen. Die Bewertungsgrundsätze für eine Lebensversicherung auf den Todes- oder Erlebensfall lassen sich hier nicht übertragen. Denn bei einer Risikolebensversicherung sind Versicherungsleistungen nur im Todesfall in versicherter Zeit zu erbringen. Damit ist der Eintritt des Versicherungsfalls ungewiss.
1 BGH, Beschl. v. 10.10.2001 – IV ZR 171/01, NVersZ 2002, 21: 3,5-fache Jahresprämie ohne Feststellungsabschlag. 2 BGH, Urt. v. 15.11.2000 – IV ZR 223/99, NJW-RR 2001, 316; OLG Hamm, Beschl. v. 14.2.2001 – 20 W 29/99, AGS 2002, 177. 3 BGH, Beschl. v. 1.12.2004 – IV ZR 150/04, NJW-RR 2005, 259; Beschl. v. 13.12.2000 – IV ZR 279/99, NJW-RR 2001, 316; Beschl. v. 12.2.1992 – IV ZR 241/91, NJW-RR 1992, 608; Beschl. v. 11.7.1990 – IV ZR 100/90, NJW-RR 1990, 1361; OLG Celle, Beschl. v. 3.1.2007 – 8 U 123/06, OLGR 2007, 239. 4 BGH, Beschl. v. 13.12.2000 – IV ZR 279/99, NJW-RR 2001, 316; KG, Beschl. v. 11.12.1998 – 6 W 8984/98, OLGR 1999, 96. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 14.2.2001 – 20 W 29/99, AGS 2002, 177. 6 OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.10.2000 – 7 U 20/00, OLGR 2001, 59. 7 BGH, Beschl. v. 13.12.2000 – IV ZR 279/99, NJW-RR 2001, 316; Beschl. v. 23.7.1997 – IV ZR 38/97, NJW-RR 1997, 1562.
Noethen
437
2415
ZPO
Feststellungsklage – Rechtsschutzversicherung 2416
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Gewährungspflicht bezüglich Deckungsschutz aus einer Rechtsschutzversicherung richtet sich gem. § 3 ZPO grundsätzlich nach den voraussichtlichen, durch die gerichtliche oder außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers entstehenden Kosten, deren Übernahme durch den Versicherer er erstrebt, abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20 %. Die Frage, ob eine Selbstbeteiligung nur einmal oder mehrfach zu berücksichtigen ist, kann nicht schon im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung bei der Wertfestsetzung entschieden werden, sie betrifft die Begründetheit.1
2417
Der Rechtsschutzversicherer gewährt Deckungsschutz immer nur für eine Instanz. Für die höhere Instanz ist eine erneute Erfolgsprüfung vorgeschaltet. Das ist schon deshalb erforderlich, weil sich nach Abschluss einer Instanz die Sachund Rechtslage wesentlich anders als zu Beginn des Rechtsstreits darstellen kann. Beispielsweise kann der Gegner eine Urkunde vorgelegt haben, die alle bisherigen tatsächlichen Zweifel beseitigt hat. Deshalb ist der Streitwert der Deckungsklage gegen einen Rechtsschutzversicherer auf die Kosten der Instanz zu beschränken, für die zunächst Deckungsschutz verlangt wird. – Unfallversicherung
2418
Der Streitwert einer auf die Feststellung des Fortbestehens einer Unfallversicherung gerichteten Klage ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG regelmäßig mit 10 % der Versicherungs(höchst)leistungssumme zu bemessen.2 Die Anknüpfung an die Versicherungssumme ist deshalb ein tauglicher Anhaltspunkt, da die Unfallversicherung – anders als die Kranken- oder Haftpflichtversicherung – eine Summenversicherung und keine Schadenversicherung ist. Bei der Unfallversicherung besteht aber die Besonderheit darin, dass Leistungen nicht nur als einheitlicher, von vornherein feststehender Betrag gewährt werden, wie bei der Lebensoder der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, sondern in Abhängigkeit vom Grad der Invalidität in zahlreichen Stufen. Da die Vollinvalidität als Versicherungsfall die absolute Ausnahme darstellt und zudem die Ungewissheit besteht, ob sich das versicherte Risiko überhaupt verwirklicht, ist eine Quote von 10 % der Versicherungshöchstleistung als Interessenbewertung des Klägers ausreichend und angemessen. – Krankentagegeldversicherung
2419
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Verpflichtung, Leistungen aus einer Krankentagegeldversicherung für die ungewisse Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu erbringen, bemisst sich unter Berücksichtigung eines Feststellungsabschlags von 20 % nach dem Bezug von 6 Monaten.3 • Vollstreckung
2420
Behauptet der Vollstreckungsschuldner, der Gläubiger habe zugesagt, er werde von einem Vollstreckungstitel keinen Gebrauch machen, und begehrt er ein Feststellungsurteil darüber, dass aus diesem Grunde eine Vollstreckung des Titels und der aufgrund des Titels festgesetzten Kosten nicht erfolgen darf, so sind die Kosten Nebenforderung und daher dem Streitwert nicht hinzuzurechnen.4 1 2 3 4
BGH, Beschl. v. 8.3.2006 – IV ZB 19/05, VersR 2006, 716. OLG Köln, Beschl. v. 17.5.2006 – 5 W 44/06, OLGR 2007, 591. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.3.2006 – 12 W 18/06, OLGR 2006, 406 = AGS 2006, 453. BGH, ZZP 69, 1956, 276.
438
Noethen
Feststellungsklage • Vorerbe Die Klage auf Feststellung, dass der Kläger Vorerbe ist, ist nach seinem Interesse an der (späteren) Beteiligung am Nachlass zu bewerten. Die entsprechende Schätzung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG hat insbesondere die dem Kläger zustehende Quote und den vermutlichen Bestand des Nachlasses im Zeitpunkt des Nacherbfalls unter Berücksichtigung der Art der Vorerbschaft (befreiter oder nicht befreiter Vorerbe) einzubeziehen.
2421
Wird festgestellt, dass der Kläger – Schwiegersohn der Beklagten – neben seinen Kindern Nacherbe an der Nachlasshälfte des verstorbenen Ehemannes der Beklagten sei, dann bemisst sich die Rechtsmittelbeschwer der Beklagten, die diese Feststellung bekämpft, an dem Interesse, das sie als Vorerbin an dem Wegfall dieser Nacherben-Feststellung hat. Für die Rechtsmittelinstanz kommt es also nicht mehr auf das Interesse des (siegreichen) Klägers an. Die Beschwer ist nur danach zu bestimmen, ob und was die angegriffene Entscheidung dem Rechtsmittelkläger versagt oder auferlegt hat.
2422
Û
Beispiel: Der BGH hat bei einem Nachlasswert von 100 000 bis 130 000 DM den Streitwert für die Revision mit 5000 DM angesetzt, da das Interesse des Vorerben am Wegfall der Feststellung, wer nun Nacherbe ist, regelmäßig gering zu bewerten sei.1
• Vorkaufsrecht Bei einer Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Vorkaufsrechts nach Ausübung dieses Rechts durch den Vorkaufsberechtigten bestimmt sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung, das – unter Ausschluss des § 6 ZPO – nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen ist.2 Einen Anhaltspunkt für die Bewertung bietet der Grundstückswert, der jedoch in der Regel wertmäßig nicht erreicht wird.
2423
• Werbefilm Bei einer Feststellungsklage dahin, dass ein Werbeverwaltungsvertrag über die Vorführung von Diapositiven, Werbefilmen und Film-Diapositiven in einem Filmtheater durch die Kündigung des Beklagten nicht aufgelöst sei, sondern noch bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragszeit fortbestehe, berechnet sich deren Streitwert nicht nach dem mutmaßlichen Reingewinn des Klägers für die restliche Vertragsdauer, sondern nach seinen voraussichtlichen Umsätzen für diese Zeit.3
2424
• Widerklage Gegenstand einer negativen Feststellungswiderklage sind Ansprüche des Klägers, die, ohne Gegenstand der Klage zu sein, zwischen den Parteien streitig sind, derer sich der Kläger also in irgendeiner Form berühmt haben muss. Der Wert richtet sich folglich nach dem Umfang dieser Berühmung.
2425
Für die Beantwortung der Frage, ob und in welchem Umfang der Kläger sich weitergehender Forderungen berühmt hat, ist grundsätzlich von der Darstellung des Beklagten (Widerklägers) auszugehen, da der Streitwertberechnung der Vortrag des jeweiligen Klägers (Widerklägers) zugrunde zu legen ist.4 Anderenfalls würde
2426
1 2 3 4
BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 263. BGH, Beschl. v. 4.12.1996 – VIII ZR 87/96, WM 1997, 643; BGH, JurBüro 1957, 224. OLG Celle, JurBüro 1969, 978 mit Anm. Schneider. KG, Rpfleger 1962, 153; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.11.2002 – 4 WF 121/02, MDR 2003, 236; OLG Düsseldorf, AnwBl. 1969, 403.
Noethen
439
ZPO
Feststellungsklage der beklagte Gegner mit seinen Wertangaben den Streitwert und damit die Kosten des Klage(Widerklage)angriffs bestimmen. 2427
Ist Gegenstand der Feststellungswiderklage von Anfang an nur ein Teil einer Forderung, dann ist nur dieser Anspruchsteil beim Streitwert zu berücksichtigen. Lässt der Widerkläger im Verlaufe des Prozesses einzelne Schadensposten fallen, dann vermindert sich zwar der Streitwert, jedoch nur für die Zukunft, so dass bereits entstandene Gebühren unberührt bleiben.1
2428
Es ist unerheblich, dass sich für den unterlegenen Beklagten aus der Abweisung der begrenzten Feststellungswiderklage mittelbar ergibt, dass auch eine nicht eingeschränkte Feststellungswiderklage erfolglos geblieben wäre.2
2429
Bezieht sich die negative Feststellungsklage auf die Klageforderung, ist gem. § 45 Abs. 1 GKG zu differenzieren: – Betreffen Klage und Widerklage denselben Gegenstand, so ist nur der höhere Wert maßgeblich. Ein solcher gleicher Gegenstand i.S.d. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG liegt vor, wenn dem einen Antrag nur unter Zurückweisung des anderen stattgegeben werden kann. – Ansonsten sind die Werte von Klage und Widerklage zu addieren.
2430
Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des OLG Düsseldorf3 zumindest missverständlich: Gegen die Klage des Verkäufers auf den Restkaufpreis erhob der Käufer negative Feststellungswiderklage darauf, dass der Kaufpreis vollständig gezahlt und daher kein Restbetrag mehr geschuldet sei. Der Senat hat ausgeführt, dass sich der Wert der Feststellungswiderklage aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nur auf den Wert der noch im Streit stehenden Forderung beziehe. Wenn aber der Verkäufer sich nur noch des Restkaufpreises berühmt, dann zielt die negative Feststellungswiderklage genau auf diese Forderung ab und betrifft – da ihr nur bei Zurückweisung des Klageantrags stattgegeben werden kann – denselben Gegenstand. Folglich beläuft sich nicht der Streitwert der Feststellungswiderklage, sondern der Wert von Klage und Widerklage auf den Restkaufpreis. • Wiederkehrende Leistungen
2431
Der Wert einer positiven Feststellungsklage, die wiederkehrende Leistungen zum Gegenstand hat, ist regelmäßig mit 80 % des Wertes der entsprechenden Leistungsklage anzusetzen, auch wenn die Leistungen von Gegenleistungen abhängig sind.4 Diese werden nicht in Abzug gebracht.
2432
Handelt es sich um eine negative Feststellungsklage, die wiederkehrende Leistungen zum Gegenstand hat, dann ist der Streitwert nicht geringer als bei der entsprechenden Leistungsklage anzusetzen, in den Fällen des § 42 Abs. 1 GKG also regelmäßig auf den fünffachen Jahresbetrag,5 in den Fällen des § 42 Abs. 1 GKG auf den dreifachen Jahresbetrag6 oder bei Anwendung des § 9 ZPO auf den 3,5-fachen Jahresbetrag.
2433
Die Vorschrift des § 42 Abs. 4 GKG, wonach die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge dem Streitwert hinzugerechnet werden, ist auf Feststellungsklagen nicht anwendbar, weil die Feststellungsklage sich ihrem Wesen nach nur auf zukünftige Leistungen bezieht. Soweit bei Klageerhebung Rückstände bestehen, die beziffert 1 2 3 4 5 6
OLG Düsseldorf, AnwBl. 1969, 403. OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 2. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.2.2003 – 5 W 2/03, BauR 2003, 1760. BAG, NJW 1961, 1788 unter Aufgabe von BAG, AP § 3 ZPO Nr. 1. BAG, JZ 1961, 666, unter Berufung auf BGHZ 2, 726. BAG, AP § 3 ZPO Nr. 7.
440
Noethen
Feststellungsklage werden können, müssen diese mit einem Leistungsantrag geltend gemacht werden. Einer Feststellungsklage fehlt insoweit das nach § 256 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse.1
Û
Beispiel: Das LAG Frankfurt2 berechnet den Wert einer Feststellungsklage auf wiederkehrende Leistungen so, dass die Rückstände bis zur Klageeinreichung dem Wert des Zukunftsbegehrens hinzugerechnet und davon 20 % abgezogen werden. Das soll auch dann gelten, wenn wegen der Rückstände keine besondere Leistungsklage erhoben worden ist. Diese Bewertung ist falsch, da die Rückstände nicht eingeklagt worden sind und dementsprechend auch nicht tituliert werden.
• Wirksamkeit eines Vertrages Klagen mehrere Miterben gegen einen anderen Miterben auf Feststellung der Wirk- 2434 samkeit eines von der Erbengemeinschaft mit einem Dritten abgeschlossenen Pachtvertrages, so bestimmt sich der Streitwert nicht nach der Höhe der Pacht, sondern nach dem Interesse des Klägers am Bestand des Pachtvertrages.3 Wollen Käufer festgestellt wissen, dass ihre Erwerbspflicht nicht besteht, richtet sich der Wert der negativen Feststellungsklage nach dem vereinbarten Kaufpreis ohne Berücksichtigung der Gegenleistung.4
2435
• Wohnrecht Der Gebührenstreitwert einer Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines dinglichen Wohnrechts entspricht gem. § 41 GKG dem einjährigen Mietwert.5
2436
Für die sachliche Zuständigkeit ist der Wert dagegen nach § 3 ZPO festzusetzen.6
2437
Wird ein Antrag auf Feststellung, dass das Wohnrecht erloschen ist mit einem 2438 Räumungsantrag verbunden, haben die beiden Anträge nicht denselben Streitgegenstand, weil die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils von demjenigen des Räumungsurteils verschieden ist. Während der Räumungsantrag auf Wiedereinräumung des Besitzes an der Wohnung gerichtet ist, besteht die wirtschaftliche Bedeutung des Feststellungsantrags in der Beseitigung einer Verfügungsbeschränkung. Damit ist der Räumungsantrag gesondert zu bewerten und die Werte der beiden Anträge sind gem. § 5 ZPO zusammenzurechnen.7 • Wohnungsnutzungsrecht Der Streitwert einer negativen Feststellungsklage dahin, dass der Mieter zur unentgeltlichen Nutzung der Wohnung auf Lebenszeit nicht berechtigt sei, bemisst sich nach § 3 ZPO und damit nach dem Interesse des klagenden Vermieters am Obsiegen. Bei der Bemessung des Streitwerts kann § 9 ZPO als Richtschnur herangezogen werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch ein auf Lebenszeit des Mieters abgeschlossener Mietvertrag vorzeitig beendet werden kann.8
1 2 3 4 5
Vgl. BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 293. LAG Frankfurt, NJW 1966, 691. BGH, ZMR 1956, 55. OLG Hamm, Beschl. v. 9.11.2002 – 21 U 115/02, AnwBl. 2003, 597. OLG Frankfurt, NJW 1963, 1930; OLG Celle, Nds.Rpfl. 1964, 106; LG Hildesheim, JVBl. 1964, 127. 6 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1964, 106; LG Hildesheim, JVBl. 1964, 127. 7 OLG Braunschweig, Beschl. v. 5.10.2007 – 8 W 81/07, AGS 2008, 299. 8 OLG Celle, JurBüro 1966, 427.
Noethen
441
2439
ZPO
Film • Zurückbehaltungsrecht 2440
Zug-um-Zug-Leistungen mindern den Wert der Leistungsklage nicht und deshalb auch nicht den Wert der negativen Feststellungsklage.1
Film 2441
Verlangt der Kläger die Herausgabe von Filmmaterial, das zum Zwecke gewerblicher Nutzung hergestellt worden ist (z.B. Kinofilme, Videofilme etc.), bestimmt sich der gem. § 6 ZPO für den Streitwert maßgebliche Verkehrswert nach den Verwertungsmöglichkeiten. Diese sind mit einem Bruchteil des zu erwartenden Netto-Verwertungserlöses zu beziffern. Der Materialwert oder die Kosten der Filmerstellung bleiben unberücksichtigt.2
2442
Bei einer auf Feststellung gerichteten Klage, dass ein Werbeverwaltungsvertrag über die Vorführung von Werbefilmen durch eine Kündigung des Beklagten nicht aufgelöst werde, sondern für die Dauer der vereinbarten Vertragszeit fortbestehe, ist der Streitwert nach § 3 ZPO zu schätzen. Abzustellen ist dabei auf die voraussichtliche Umsatzminderung,3 wobei jedoch bei längerfristigen Verträgen der mutmaßliche Gewinn nicht außer Ansatz bleiben sollte.
2443
Demgegenüber richtet sich die Bewertung nach § 8 ZPO, § 41 Abs. 1 GKG (§ 16 Abs. 1 GKG a.F.) bei Streitigkeiten über Bestand oder Dauer eines Filmverleihvertrages, da hier die entgeltliche Gebrauchsüberlassung des Filmmaterials im Vordergrund steht.4
2444
Bei der Streitwertbemessung des Anspruchs auf Unterlassung der Störung der Vorführung eines Filmes durch Filmhersteller oder Filmverleiher ist gem. § 3 ZPO deren Interesse an der ungestörten Auswertung maßgeblich.5
Finanzierungskosten 2445
Für die Schätzung des Verkehrswertes einer finanzierten Kaufsache sind die Finanzierungskosten außer Betracht zu lassen.6 Im Rahmen des Schadensersatzanspruchs sind Finanzierungskosten – beispielsweise für einen Unfallkredit – aber mit ihrem Wert anzusetzen. Es handelt sich dann nicht um Nebenforderungen i.S.d. § 4 Abs. 2 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG.7
2445a
Streit über die Fälligkeit einer Energieeinspeisevergütung ist nach der Zinsbelastung zu bemessen, die mit einer späteren Zahlung einhergeht.8 Bei Verpflichtungen aus einem Dauerschuldverhältnis oder Sukzessivlieferungsvertrag ist gem. § 9 ZPO der 31/2-fache Jahresbetrag der Finanzierungskosten maßgeblich.9 1 OLG Nürnberg, JurBüro 1966, 876. 2 OLG Frankfurt, MDR 1957, 48; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 18; Hillach/ Rohs, S. 192. 3 OLG Celle, JurBüro 1969, 978. 4 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 7. 5 OLG Hamburg, GRUR 1959, 492. 6 OLG Köln, JurBüro 1971, 86. 7 Schneider, AGS 2005, 323 (324). 8 OLG München, Urt. v. 13.2.2014 – 14 U 1823/13, REE 2014, 97: Beschwer. 9 BGH, Urt. v. 19.11.2014 – VIII ZR 79/14: Beschwer.
442
Noethen/Kurpat
Forderung
Fischereirecht Bei einem Streit über das Bestehen einer selbständigen Fischereigerechtigkeit (Recht zu fischen) ist § 7 ZPO unanwendbar.1 Maßgebend ist vielmehr § 3 ZPO (ebenso bei dem vergleichbaren Streit über das Recht, Ton zu entnehmen oder Bausteine zu brechen).2
2446
Klagt der Kläger auf Unterlassung des Fischens im Bereich seines Fischereirechts, ist der Streitwert gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen.3
2447
Anhaltspunkte für diese Schätzung bieten der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbare Kaufpreis für das Fischereirecht, ferner die bei einer Trennung des Fischereirechts vom Grundeigentum etwa eintretende Wertminderung des Grundstücks sowie schließlich – für die Ermittlung der Rechtsmittelbeschwer – der Betrag, der dem 20-fachen Jahresbetrag entspricht, der sich durch eine Verpachtung des Fischereibetriebes nachhaltig erzielen lässt.4
2448
Ebenso bewertet im Ansatz das OLG Brandenburg,5 das allerdings mangels näherer Angaben zu den als Schätzungsgrundlage in Betracht kommenden Parametern den Wert unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Streitgegenstandes auf 4000 Euro festgesetzt hat.
2448a
In einer aktuelleren Entscheidung geht der BGH6 insoweit von einem Bruchteil des am Kaufpreis orientierten Verkehrswerts des Fischereirechts aus und stellt auf die Wertminderung aufgrund der Beeinträchtigung des Fischereirechts ab (hier: höchstens 50 % des Werts).
2449
Forderung Literatur: Freitag/Leible, Erleichterung der grenzüberschreitenden Forderungsbetreibung in Europa: Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, BB 2009, 2.
Der Streitwert einer bezifferten Geldforderung bestimmt sich nach der Summenangabe.7 Ob der Klagebetrag dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers entspricht, ist für die Wertbestimmung bedeutungslos.8 Da sich die Rechtskraft der Entscheidung (§ 322 ZPO) auf den Streitgegenstand beschränkt und präjudizielle Rechtsverhältnisse nicht erfasst,9 rechtfertigt der Umstand, dass zwischen den Parteien Streit auch in gleichartigen weiteren Sachverhalten besteht bzw. über den mit der (Teil-)Klage geltend gemachten Anspruch hinaus weitergehende Ansprüche aus demselben Sachverhalt in Betracht kommen, keine Werterhöhung.
1 OLG München, DJZ 1911, 1123. 2 OLG Oldenburg, OLGE 4, 263. 3 BGH, Urt. v. 9.6.1969 – III ZR 231/65, MDR 1969, 916; Beschl. v. 25.11.2010 – III ZR 94/10, GuT 2011, 63; OLG Brandenburg, Urt. v. 10.5.2012 – 5 U 18/10, RdL 2012, 301 = AUR 2012, 472. 4 BGH, Urt. v. 9.6.1969 – III ZR 231/65, MDR 1969, 916. 5 OLG Brandenburg, Urt. v. 10.5.2012 – 5 U 18/10, RdL 2012, 301 = AUR 2012, 472. 6 BGH, Beschl. v. 25.11.2010 – III ZR 94/10, GuT 2011, 63. 7 RG Warneyer, 1912, 251; BGH, Beschl. v. 28.7.2009 – X ZR 153/04, WRP 2009, 1401 = GRUR 2009, 1100. 8 Vgl. Schumann, NJW 1982, 1258; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Bezifferter Leistungsantrag“ Rn. 3. 9 Vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.7.2007 – 3 W 38/07, OLGR 2008, 172.
N. Schneider/Kurpat
443
2450
ZPO
Forderung Der Streitwert einer Klage auf Freistellung von einer Verbindlichkeit bemisst sich nach dem bezifferten Schuldbetrag.1 Siehe hierzu das Stichwort „Freistellung“. 2451
Bei unbezifferten Zahlungsanträgen, wie etwa bei Schmerzensgeldklagen, ist nach zutreffender Ansicht auf den Betrag abzustellen, der auf Grundlage des klägerischen Tatsachenvortrages angemessen wäre. Beantragt der Kläger die Zuerkennung eines Mindestbetrages, so bestimmt dieser die untere Grenze des Streitwertes. Siehe ausführlich unter dem Stichwort „Unbezifferte Anträge“.
2451a
Der Streitwert einer Klage, mit der (allein) die Feststellung zum Rechtsgrund einer Forderung begehrt wird, richtet sich nicht nach dem Nennwert der Forderung. Begehrt der Kläger beispielsweise die Feststellung, dass eine zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhe, ist eine Bewertung nach § 3 ZPO geboten. Wertbestimmend sind vielmehr die späteren Vollstreckungsausichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung. Geboten ist eine auf den Wert der Forderung bezogene Bruchteilsbewertung, die bei nur geringen Erfolgsaussichten zwischen 1/20 und 1/4 liegen kann.2 Ist das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet, dann ist das Interesse des Klägers auf eine Herabsetzung der nach § 850f ZPO unpfändbaren Beträge gerichtet. Hier ist ein weitergehender Abschlag gerechtfertigt.3
2451b
Wird zugleich auf Leistung geklagt, kommt dem Feststellungsantrag keine werterhöhende Bedeutung zu. Siehe hierzu unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“.
2451c
Geht es um die Sicherstellung der Forderung, dann ist ebenfalls deren Betrag maßgebend (§ 6 ZPO), sofern nicht das Sicherungsgut geringerwertig ist.
2452
Bildet den Streitgegenstand eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld, z.B. bei einer echten Fremdwährungsschuld4 oder bei der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils oder eines Schiedsspruchs, dann ist für den Zuständigkeitsstreitwert auf den Umrechnungsbetrag in Euro zum Zeitpunkt der Klage- bzw. Antragseinreichung (Anhängigkeit) abzustellen, § 4 Abs. 1 ZPO. Nach Anhängigkeit eintretende Veränderungen durch Kursschwankungen, gleich in welche Richtung, bleiben unberücksichtigt.5
2453
Dies gilt im Grundsatz auch für den Gebührenstreitwert, d.h. maßgebend ist gem. § 40 GKG der Umrechnungsbetrag bei Anhängigkeit.6 Siehe auch das Stichwort „Ausländische Währung“.
2454
Unerheblich für die Bewertung ist das Verteidigungsverhalten des Beklagten. Bestreitet er nur die Fälligkeit, dann ist gleichwohl der volle Betrag maßgebend, weil der Kläger darüber einen Titel erstrebt.7 Dies gilt ebenso, wenn der Beklagte sich gegenüber der Klageforderung auf ein Zurückbehaltungsrecht (§§ 273, 322 BGB) beruft. Demgegenüber ist eine von der Forderungssumme abweichende Bewer1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.11.2014 – 12 U 256/14. 2 BGH, Beschl. v. 29.10.2013 – VI ZB 2/13, MDR 2014, 108; Beschl. v. 6.4.2009 – VI ZB 88/08, Schadenpraxis 2010, 29: 1/4; Beschl. v. 22.1.2009 – IX ZR 235/08; OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2013 – 4 W 137/13, RVG prof. 2014, 74: 50 %; OLG Hamm, Beschl. v. 12.4.2012 – 6 W 11/12, AGS 2012, 351: 30 %; OLG Dresden, Beschl. v. 26.10.2007 – 8 W 1224/07, MDR 2008, 50: 1/20; OLG Koblenz, Beschl. v. 1.10.2012 – 10 U 635/12: 1/20. 3 OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.3.2012 – 9 UF 29/12, FamRZ 2012, 1743: 1/20. 4 RGZ 109, 61; LM § 116 BEG 1956 Nr. 18. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.10.1990 – 1 U 284/88, MDR 1991, 164; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Ausländische Währung“ Rn. 2. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.11.1999 – 10 W 124/99, JurBüro 2001, 316; KG, Beschl. v. 31.5.1999 – 8 W 3707/99, NJW-RR 2000, 215. 7 OLG Kiel, SchlHA 1947, 205; Schumann, NJW 1982, 1257 (1258).
444
Kurpat
Forderung tung geboten, wenn der vom Kläger bestimmte Streitgegenstand nur die Fälligkeit betrifft. Zu streitigen Einzelfragen s. das Stichwort „Fälligkeit“. Der Klagebetrag bleibt auch dann wertbestimmend, wenn die Klageforderung (be- 2455 reits) vorprozessual unstreitig war. Denn das Erkenntnisverfahren ist auf eine Entscheidung über den Bestand des gesamten Anspruchs gerichtet.1 Das gilt auch für den Streitwert einer Klage auf zukünftig fällig werdende Leistungen.2 Der fehlende Streit über den Bestand einer Forderung hat nur auf den für die gerichtliche Vergleichsgebühr (Nr. 1900 KV GKG) und die anwaltliche Einigungsgebühr (Nr. 1300 VV RVG) relevanten Streitwert Einfluss (s. weitergehend unter dem Stichwort „Vergleich“, Rn. 5491 ff.). Ohne Bedeutung für die Wertbemessung sind die Aussichten des Klägers auf Durchsetzung der eingeklagten Forderung nach ihrer Titulierung.3 Indessen werden auch insoweit schon Abstriche aufgrund wirtschaftlicher Betrachtungsweise gemacht.4 Ist eine grenzüberschreitende Vollstreckung titulierter Forderungen nach der Verordnung (EG) Nr. 86/2007 vom 11.7.2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (EuSCVO – Small-Claims-VO) beabsichtigt, darf diese keinen 2000 Euro übersteigenden Streitwert aufweisen. Dabei sind die gegenüber dem GKG teilweise abweichendenen Wertvorschriften in der EuSCVO zu beachten.5
2456
Verbindet der Kläger in seiner Klage Ansprüche auf Leistung mit Ansprüchen auf Sicherung seines Leistungsinteresses, kommt regelmäßig eine Wertaddition nicht in Betracht. Dies ist etwa der Fall, wenn bei einer Klage auf Zahlung zugleich auf Sicherstellung des geforderten Betrages,6 Einwilligung zur Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek7 oder einer Reallast geklagt wird.8 Hier bestimmt sich der Streitwert nach dem Wert des Zahlungsanspruchs, da beide Anträge denselben Gegenstand betreffen.
2457
Ist die Klage neben dem Leistungsantrag auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet, scheidet eine Wertaddition regelmäßig aus, wenn der Leistungsanspruch aus demselben Rechtsverhältnis resultiert.9
2458
Werden neben dem Leistungsanspruch vorbereitende, unterstützende oder nachbereitende Zusatzanträge gestellt, ist zu prüfen, ob diesen ein vom Leistungsanspruch abweichendes wirtschaftliches Interesse zugrunde liegt. Ist das zu verneinen, sind die Einzelwerte zu addieren; anderenfalls ist der höchste Einzelwert maßgeblich. So liegt etwa bei einer Klage auf Darlehensrückzahlung und Herausgabe des damit in Zusammenhang stehenden Grundschuldbriefs wirtschaftliche Gleichheit vor, so dass nur ein Streitwert anzunehmen ist.10
2459
1 OLG Oldenburg, FamRZ 1979, 64; OLG Bamberg, JurBüro 1979, 1681 und 874. 2 RGZ 118, 323; BGH, Beschl. v. 2.8.1994 – IV ZR 270/93, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1178; Hirte, MDR 1978, 170; Voormann, MDR 1987, 722. 3 RGZ 25, 367; LAG Hamm, Beschl. v. 8.8.1991 – 8 Ta 252/91, MDR 1991, 1203; Anders/ Gehle/Kunze, Stichwort „Bezifferter Leistungsantrag“ Rn. 3. 4 Siehe Schneider, Anm. zu KostRsp. ZPO § 3 Nr. 890. 5 Vgl. ausführlich Freitag/Leible, BB 2009, 2 ff. 6 OLG Nürnberg, JurBüro 1967, 74; OLG Köln, JMBl.NW 1968, 201. 7 KG, Beschl. v. 12.9.1997 – 4 W 1583/87, BauR 1998, 829; OLG Frankfurt, JurBüro 1977, 1136; OLG Koblenz, Beschl. v. 14.3.2003 – 8 W 147/03, OLGR 2003, 256; OLG Köln, DB 1974, 429; OLG Nürnberg, JurBüro 1968, 543; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagenhäufung“ Rn. 15. 8 OLG Nürnberg, JurBüro 1964, 684; OLG Celle, Beschl. v. 21.4.1983 – 4 W 68/83, Nds.Rpfl. 1983, 159. 9 OLG München, Beschl. v. 20.3.1984 – 24 W 48/84, JurBüro 1984, 1235; Anders/Gehle/ Kunze, Stichwort „Klagenhäufung“ Rn. 14. 10 OLG München, MDR 1968, 769.
Kurpat
445
Forderungsverzicht
ZPO
Siehe zu den Einzelheiten unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“.
Forderungsverzicht A. Klage- oder Widerklageforderung 2460
Soweit auf eine (anhängige) Klage- oder Widerklageforderung verzichtet wird, ist dies für den Steitwert unerheblich.
B. Nicht anhängige Forderungen I. Überblick 2461
Wird auf nicht anhängige Forderungen verzichet, hat dies für den Wert nur dann Bedeutung, wenn diese in einen Vergleich einbezogen werden. Das kann sowohl für den Wert des Verfahrens als auch für den Wert des Vergleichs Bedeutung haben.
II. Streitwert des Verfahrens 2462
Die Einbeziehung nicht anhängiger Forderungen in einen Vergleich wirkt sich auf den Streitwert des Verfahrens grundsätzlich nicht aus. Lediglich dann, wenn die Forderung zur Aufrechnung gestellt war, kann der vergleichsweise Verzicht den Wert des Verfahrens erhöhen (§ 45 Abs. 4, 3 GKG).
2463
Wird auf eine Forderung verzichtet, die primär zur Aufrechnung gestellt worden ist, erhöht sie den Streitwert nicht (arg. e. § 45 Abs. 4 GKG), weil dies ein einfaches Bestreiten der Klageforderung darstellt.
2464
Gleiches gilt für den Verzicht auf eine hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Forderung, wenn die Klageforderung unstreitig geblieben ist (arg. e. § 45 Abs. 4 GKG).
2465
Wird in einem Vergleich auf eine Forderung verzichtet, die bei streitiger Klageforderung im Prozess hilfsweise zur Aufrechnung gestellt worden ist, so ist der Wert dieser Forderung nach § 45 Abs. 4, 3 GKG dem Wert der Klageforderung hinzuzurechnen.
2466
Zu beachten ist aber wiederum, dass sich der Streitwert des Verfahrens nur insoweit erhöht, als im Falle einer Entscheidung eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die Gegenforderung möglich gewesen wäre. Daher wirkt auch der vergleichsweise Verzicht über eine hilfsweise zur Aufrechnung gestelle Forderung nur bis zur Höhe der Klageforderung. Siehe dazu das Stichwort „Aufrechnung“, Rn. 1287 ff.
2467
Soweit in diesem Fall auf mehrere Forderungen verzichtet wird, sind die Werte der einzelnen Forderungen zusammenzurechnen, wobei jede Forderung maximal mit dem Wert der Klage berücksichtigt werden darf. Siehe dazu das Stichwort „Aufrechnung“, Rn. 1287 ff.
2468
Im Übrigen spielt ein Forderungsverzicht über nicht anhängige Gegenstände beim Streitwert des Verfahrens keine Rolle.
446
Kurpat/N. Schneider
Freigabe
III. Mehrwert des Vergleichs Soweit in einem Vergleich auf nicht anhängige Forderungen verzichtet wird und ihr Wert nicht bereits nach § 45 Abs. 4, 3 GKG beim Streitwert des Verfahrens berücksichtigt ist, kann insoweit ein Mehrwert vorliegen, der die Vergleichsgebühr nach Nr. 1900 KV GKG auslöst.
Û
Beispiel: Eingeklagt sind 10 000 Euro. Der Beklagte bestreitet die Klageforderung und verteidigt sich mit einer Gegenforderung i.H.v. 15 000 Euro, die er hilfsweise zur Aufrechnung stellt und die der Kläger wiederum bestreitet. Später schließen die Parteien einen Vergleich, wonach der Beklagte sich verpflichtet, zum Ausgleich der Klageforderung 5000 Euro zu zahlen und auf seine Gegenforderung verzichtet. Der Wert des Verfahrens beläuft sich auf 20 000 Euro (§ 45 Abs. 3, 4 GKG); der Mehrwert des Vergleichs auf 5000 Euro.
Zu beachten ist allerdings, dass der Mehrwert des Vergleichs nicht zwingend mit dem Wert der Forderung anzusetzen ist, auf die verzichtet wird. Der Wert eines Vergleichs richtet sich nicht danach, worauf sich die Parteien einigen, sondern darauf, worüber sie sich einigen. Eine Forderung, auf die verzichtet wird, ist daher nur insoweit zu berücksichtigen, als sie auch streitig war.
Û
2469
2470
Beispiel: Der Vermieter verlangt Renovierungskosten i.H.v. 5000 Euro, die der Beklagte bestreitet. Im Rechtsstreit schließen die Parteien später einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtet, noch 1000 Euro zu zahlen und gleichzeitig auf die Rückzahlung seiner ihm unstreitig zustehenden Mietkaution im Wert von 2000 Euro zu verzichten. Der Wert des Verfahrens beläuft sich auf 5000 Euro. Der Vergleich hat keinen Mehrwert, weil die Forderung auf Rückzahlung der Mietkaution nicht streitig war. Der Forderungsverzicht war hier faktisch nur ein Zahlungsersatz für die streitige Klageforderung. Faktisch haben sich die Parteien auf Renovierungskosten i.H.v. 3000 Euro geeinigt und dann eine unstreitige – nicht werterhöhende – Aufrechnung mit dem Kautionsguthaben vorgenommen.
Werden in einem Vergleich nicht rechtshängige, aber behauptete erhebliche Schadensersatzansprüche, deren Realisierbarkeit zweifelhaft ist, mitgeregelt, so ist der Vergleichsmehrwert auf den voraussichtlich zu realisierenden Betrag festzusetzen. Es kommt weder auf den behaupteten Anspruch noch auf das Ergebnis an.1
2470a
Freigabe Literatur: Gerold, Freigabeaufforderung gegenüber mehreren Pfändungsgläubigern, JurBüro 1955, 425.
Bei der Klage auf Freigabe handelt es sich um eine Klage auf Abgabe einer Willens- 2471 erklärung, nämlich der Zustimmung zur Auszahlung eines Geldbetrages oder zur Herausgabe eines Gegenstandes durch einen Dritten.2 Dementsprechend ist für die Bewertung darauf abzustellen, welcher vermögensrechtliche Erfolg mit der erzwungenen Erklärung angestrebt wird. In gleicher Weise ist zu bewerten, wenn beispielsweise anlässlich der Rückabwicklung eines Darlehensvertrages die Freigabe sicherungszedierter Ansprüche verlangt wird. Der Wert des Rückabtretungsverlangens bestimmt sich nach dem
1 LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 1.2.2011 – 5 Ta 229/10. 2 Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Hinterlegung“.
N. Schneider/Kurpat
447
Freigabe
ZPO
Wert der betroffenen Forderung. Wird neben der Freigabe auf Feststellung geklagt, dass das die Sicherungsabrede auslösende Vertragsverhältnis nicht besteht, scheidet eine Zusammenrechnung der für § 5 ZPO, § 39 Abs. 1 GKG wirtschaftlich identischen Ansprüche aus.1 Siehe auch das Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“. 2471a
Von alldem zu unterscheiden ist das aktienrechtliche Verlangen nach Freigabe gemäß §§ 327e, 319 AktG. Hierbei geht es um die Berechtigung zur vorläufigen Umsetzung des Hauptversammlungsbeschlusses vor einer Entscheidung über offensichtlich unbegründete Beschlussmängelklagen.2
2472
Erstrebt der Kläger die Freigabe eines Gegenstandes, so bestimmt sich der Streitwert gem. § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG nach dem Wert der Sache, mithin nach deren Verkehrswert. Für die Einzelheiten wird auf das Stichwort „Verkehrswert“ verwiesen.
2473
Fordert der Kläger die Freigabe eines Geldbetrages oder Guthabens, das der Beklagte gesperrt hält, so bestimmt sich der Streitwert nach dem vollen Betrag der Klageforderung3 bzw. dem streitigen Betrag einschließlich aufgelaufener Zinsen.4
2474
In beiden Fällen ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten und zu beachten, dass dem Kläger nicht an einer Freigabe schlechthin, sondern gerade durch den Beklagten gelegen ist. Der Beklagte wiederum stellt sich dem Freigabeverlangen nur insoweit entgegen, als er eigene Rechte an dem hinterlegten Gegenstand bzw. Betrag geltend macht. Unterschreiten seine Ansprüche den Wert des Gegenstandes bzw. den freizugebenden Geldbetrag, ist nur dieser Teilbetrag für die Bewertung maßgeblich.5
2475
Besteht daher nur über die Fälligkeit einer ansonsten unstreitigen Freigabeverpflichtung Streit, ist dementsprechend auf das Interesse des Klägers an der sofortigen Verfügungsmöglichkeit abzustellen6 – s. auch unter dem Stichwort „Fälligkeit“.
2476
Ist der Kläger nur gemeinsam mit einem oder mehreren Dritten berechtigt, die Freigabe zu verlangen, richtet sich der Streitwert nach der Höhe seines Anteils.7
2477
Verlangt der Kläger Freigabe eines hinterlegten Betrages, der im zugleich gestellten Zahlungsantrag mitenthalten ist, besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang, so dass die Antragswerte nicht addiert werden.8
2478
Klagen beide Parteien wechselseitig auf Freigabe eines hinterlegten Betrages, betreffen Klage und Widerklage denselben Gegenstand i.S.d. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Eine Zusammenrechnung der Einzelwerte scheidet aus.9 Siehe näher bei den Stichwörtern „Hinterlegung“ und „Forderung“.
1 BGH, Beschl. v. 11.4.2006 – XI ZR 199/04, NW-RR 2006, 997; OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.4.2007 – 3 W 77/06, NJ 2007, 463. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.4.2011 – 5 Sch 4/10 (50 000 Euro). 3 BGH, Beschl. v. 14.12.2012 – V ZR 179/11; OLG Kiel, SchlHA 1947, 205; LG Düsseldorf, Urt. v. 3.12.2010 – 15 O 295/08. 4 BGH, MDR 1967, 280 = NJW 1967, 930; OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.3.1994 – 22 W 18/94, OLGR 1993, 96; OLG Nürnberg, Beschl. v. 1.7.2002 – 4 W 1675/02, OLGR 2003, 79; Zöller/ Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Hinterlegung“. 5 OLG Nürnberg, Beschl. v. 1.7.2002 – 4 W 1675/02, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1408 = OLGR 2003, 79; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Hinterlegung“. 6 A.A. Hartmann, Anhang zu § 48 GKG (§ 3 ZPO) Rn. 57 unter „Freigabe“: voller Betrag. 7 KG, AnwBl. 1978, 107; Hartmann, Anh. § 48 (§ 3 ZPO) Rn. 71 unter „Hinterlegung“. 8 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.3.1994 – 22 W 18/94, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 93 = OLGR 1994, 96. 9 KG, Rpfleger 1962, 120.
448
Kurpat
Freistellung
Freistellung Literatur: Görmer, Der Streitwert des Befreiungsanspruchs, JurBüro 2010, 68; Weisbrodt, Die Berücksichtigung von Nebenforderungen beim Wert des Freistellungsanspruchs, JurBüro 1995, 115 ff.; Görmer, Berücksichtigung von Zinsen und Kosten beim Wert der Befreiungsklage, NJW 1999, 1309 ff.; Bischoff, Der Befreiungsanspruch, ZZP 120, 237 (2007).
Verlangt der Kläger Freistellung von einer unbezifferten Leistungsverpflichtung, handelt es sich nicht um eine Leistungsklage, sondern um eine Feststellungsklage. Für die Wertberechnung ist mangels Vollstreckungsmöglichkeit – entsprechend den allgemeinen Regeln – auf den Wert des fiktiven Leistungsantrags abzgl. eines 20 %igen Abschlages abzustellen.1
2479
Wird auf Freistellung in bezifferter Höhe geklagt, bemisst sich der Wert gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG nach dem Betrag der Hauptforderung, auf die der Kläger in Anspruch genommen wird, soweit nicht ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände das Freistellungsinteresse geringer zu bewerten ist.2 Für einen generellen prozentualen Abschlag besteht kein Anlass, da auch der Anspruch auf Befreiung von einer Geldschuld vollstreckbar ist, wenngleich abweichend zur Verurteilung zur Zahlung nach § 887 ZPO.3 Eine geringere Bewertung kommt dagegen in Betracht, wenn die Gefahr einer Inanspruchnahme des Forderungsschuldners (Klägers) ausscheidet4 oder zumindest fern liegt.5
2480
Bei einer Klage auf Freistellung von künftig sukzessive fällig werdenden Beträgen ist zur Bewertung § 9 ZPO heranzuziehen.6
2481
Auf die Hauptforderung angefallene Zinsen sind – entgegen der überwiegenden Auffassung – werterhöhend zu berücksichtigen, da sie nicht vom Freistellungsanspruch selbst abhängig sind.7 Vielmehr sind die bis zur Anhängigkeit des Freistellungsanspruchs (§ 40 Abs. 1 GKG) angefallenen Zinsen Bestandteil des Gesamtbetrags der Freistellungsverpflichtung. Demgegenüber ist der Befreiungsanspruch selbst, da kein Zahlungsanspruch, unverzinslich.
2482
1 BGH, Beschl. v. 12.4.2007 – VII ZR 16/06; Beschl. v. 21.12.1989 – VII ZR 152/88, NJW-RR 1990, 958; KG, Beschl. v. 7.7.1998 – 4 U 9420/97, MDR 1998, 1310; OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.7.1983 – 17 W 47/82, JurBüro 1983, 1561; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Befreiung“. 2 BGH, Beschl. v. 14.7.2011 – III ZR 23/11, NJW-RR 2012, 60; Beschl. v. 14.7.2011 – III ZR 23/11, MDR 2011, 1075: 1/5 der Nominalforderung; Beschl. v. 15.11.1994 – XI ZR 174/94, MDR 1995, 196; Beschl. v. 21.12.1989 – VII ZR 152/88, NJW-RR 1990, 958; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.11.2014 – 12 U 256/14; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.1993 – 5 WF 61/93, FamRZ 1994, 57; OLG Köln, Beschl. v. 15.5.1985 – 2 U 37/85, MDR 1985, 769; OLG Rostock, Beschl. v. 16.6.2008 – 1 W 25/08, 1 W 43/08, OLGR 2009, 223 = JurBüro 2009, 197; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“ Rn. 1; Görmer, JurBüro 2010, 68 (68). 3 OLG Köln, Beschl. v. 15.5.1985 – 2 U 37/85, MDR 1985, 769. 4 BGH, Beschl. v. 14.7.2011 – III ZR 23/11, MDR 2011, 1075; Beschl. v. 14.11.2014 – 12 U 256/14, Justiz 2015, 61. 5 OLG Karlsruhe, AnwBl. 1973, 168; offen lassend BGH, Beschl. v. 21.12.1989 – VII ZR 152/88, NJW-RR 1990, 958; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.11.2014 – 12 U 256/14. 6 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.12.2007 – 5 W 296/07, OLGR 2008, 246; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Befreiung“. 7 Zutreffend Görmer, JurBüro 2010, 68 (68); a.A. BGH, NJW 2012, 2446; Beschl. v. 21.12.1989 – VII ZR 152/88, NJW-RR 1990, 958; Beschl. v. 6.10.1960 – VII ZR 42/59, MDR 1961, 48 = NJW 1960, 2336; OLG Hamburg, Beschl. v. 17.9.2007 – 6 W 65/07, OLGR 2008, 183; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“ Rn. 1.
Kurpat
449
ZPO
Fristsetzung Geht es um die Freistellung von der Verpfändung eines Sparkontos, besteht Einigkeit, dass das jeweilige Kontoguthaben einschließlich Zinsen wertbestimmend ist.1 2483
Verlangt der Kläger die Freistellung auch wegen der Kosten eines wegen der Hauptforderung geführten Vorprozesses, sind diese werterhöhend zu berücksichtigen. Es handelt sich insoweit nicht um Nebenforderungen i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG, da deren Bestand nicht von der Durchsetzung des Freistellungsanspruchs (materiell-rechtlich) abhängig ist.2 Soweit das OLG Hamburg demgegenüber auf die Abhängigkeit der Prozesskosten von einem „Verzug des Befreiungsschuldners mit der Erfüllung seiner Verbindlichkeit“ abstellt und eine Werterhöhung verneint,3 werden Ursache und Wirkung verwechselt. Die Prozesskosten entstehen durch die Inanspruchnahme des Befreiungsschuldners und sind daher Folge der Rechtsverfolgung (Forderungsdurchsetzung) des Forderungsgläubigers, dienen also weder der Vorbereitung noch der Durchsetzung des von dem Befreiungsgläubiger geltendgemachten Freistellungsanspruchs.
2484
Eine vom Kläger angestrebte Verurteilung zur Befreiung von einer Verbindlichkeit Zug-um-Zug gegen Ausgleich der erhaltenen Vorteile bemisst sich nach dem Wert der Verbindlichkeit. Die Vorteile bleiben auch dann unberücksichtigt, wenn die Verpflichtung zu ihrer Auskehr auf dem schadensrechtlichen Aspekt der Vorteilsausgleichung beruht.4
2484a
Bei einer Klage auf Befreiung von persönlicher und dinglicher Schuld sind die Werte der Einzelansprüche nicht zusammenzurechnen, da insoweit wirtschaftliche Identität vorliegt.5
2484b
Wird der Beklagte statt zur Freistellung fehlerhaft zur Zahlung verurteilt, bemisst sich seine hierauf gestützte Beschwer nach einem Bruchteil des Forderungsbetrages.6 Siehe weiter unter dem Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“.
Fristsetzung Literatur: E. Schneider, Streitwert bei Berufung gegen fristsetzende Urteile, MDR 1987, 60.
2485
Wird neben einer Leistungsklage ein Antrag auf Fristsetzung mit der Maßgabe gestellt, dass der Beklagte nach fruchtlosem Fristablauf Schadensersatz zu leisten habe (s. § 283 BGB, §§ 255, 259, 510b ZPO), dann handelt es sich um einen unechten Hilfsantrag. Im Gegensatz zum echten Hilfsantrag, der für den Fall der Abweisung des Hauptantrags gestellt wird, baut der unechte Hilfsantrag auf dem Haupt-
1 BGH, Beschl. v. 15.11.1994 – XI ZR 174/94, MDR 1995, 196 = NJW-RR 1995, 362 = VersR 1995, 319. 2 OLG Bremen, Beschl. v. 23.10.2002 – 3 U 94/01, OLGR 2003, 176 = AGS 2003, 214 mit zust. Anm. N. Schneider; diff. BGH, Urt. v. 21.1.1976 – IV ZR 123/74, MDR 1976, 649 = VersR 1976, 477; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“ Rn. 1; Görmer, JurBüro 2010, 68 (69); offen lassend BGH, Beschl. v. 21.12.1989 – VII ZR 152/88, NJW-RR 1990, 958; a.A. OLG Hamburg, Beschl. v. 17.9.2007 – 6 W 65/07, OLGR 2008, 183; Weisbrodt, JurBüro 1995, 115. 3 OLG Hamburg, Beschl. v. 17.9.2007 – 6 W 65/07, OLGR 2008, 183. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.11.2014 – 12 U 256/14, Justiz 2015, 61. 5 KG, JurBüro 1968, 466; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Befreiung“. 6 OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.5.2011 – 13 U 63/11, MDR 2011, 482: 1/10.
450
Kurpat
Frchte antrag auf, steht zu diesem folglich nicht in einem Eventualverhältnis, sondern teilt mit diesem nur den Erfolg bzw. Misserfolg.1 Da die Fristsetzung nur eine notwendige Voraussetzung für die Verurteilung zur Schadensersatzleistung darstellt, ist bei isolierter Betrachtung nur eine Bruchteilsbewertung geboten, in der Regel von 1/10.2
2486
Obwohl die Bewertungsregeln zur objektiven Klagehäufung zur Anwendung gelangen, scheidet für den Zuständigkeitsstreitwert eine Addition der Einzelwerte (§ 5 ZPO, § 39 GKG) aus, da mit dem die Vollstreckung von Schadensersatz nur vorbereitenden Antrag auf Fristsetzung – wirtschaftlich betrachtet – gegenüber dem Leistungsantrag kein eigenständiges Rechtsschutzziel verfolgt wird. Dem Antrag kommt daher wertmäßig keine eigenständige Bedeutung zu3 (s. auch unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“, Rn. 3644, 3668).
2487
Das gilt für den Gebührenstreitwert unabhängig davon, ob über den unechten Hilfsantrag entschieden wird. Der abweichenden Ansicht,4 wonach der Wortlaut von § 45 Abs. 3 GKG nicht zwischen echtem und unechtem Hilfsantrag differenziere und daher auch für den uneigentlichen Hilfsantrag gelte, ist nicht zu folgen (s. hierzu unter dem Stichwort „Hilfsantrag“, Rn. 3087 ff.).
2488
Frchte A. Überblick Der Begriff der Früchte ist in § 99 BGB definiert. Früchte – einer Sache sind die Erzeugnisse der Sache und die sonstige Ausbeute, welche aus der Sache ihrer Bestimmung gemäß gewonnen wird. – eines Rechts sind die Erträge, welche das Recht seiner Bestimmung gemäß gewährt, insbesondere bei einem Recht auf Gewinnung von Bodenbestandteilen die gewonnenen Bestandteile.
2489
Früchte sind auch die Erträge, welche eine Sache oder ein Recht vermöge eines Rechtsverhältnisses gewährt (§ 99 Abs. 3 BGB).
B. Zuständigkeitsstreitwert Werden Früchte isoliert, also ohne die Hauptsache eingeklagt, ist ihr Wert gem. § 3 ZPO maßgebend.
1 OLG Koblenz, Beschl. v. 8.9.2009 – 19 W23/09; insoweit zutreffend LAG Nürnberg, Beschl. v. 13.3.2008 – 6 Ta 57/08, AGS 2008, 359; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Unechter Hilfsantrag“ Rn. 1; Lappe, Anm. zu BGH, KostRsp. § 5 Nr. 92. 2 Vgl. auch LG Karlsruhe, Beschl. v. 11.2.1986 – 9 S 370/84, MDR 1987, 60 mit abl. Anm. E. Schneider. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.5.2011 – 3 W 27/11, AGS 2011, 446; KG, Beschl. v. 8.9.2009 – 19 W 23/09; OLG Jena, Beschl. v. 24.8.1998 – 5 W 513/98, OLGR 1999, 100; LG Köln, Beschl. v. 20.12.1983 – 13 T 82/83, MDR 1984, 501; LAG Düsseldorf, JurBüro 1990, 243; 1989, 955; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Unechte Hilfsanträge“ Rn. 5. 4 KG, Beschl. v. 8.9.2009 – 19 W 23/09; LAG Niedersachen, Beschl. v. 16.12.2004 – ArbuR 2009, 227; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 5.12.2009 – 6 Ta 583/06.
Kurpat/N. Schneider
451
2490
ZPO
Frchte 2491
Werden Früchte neben der Hauptforderung eingeklagt, so bleiben sie für den Zuständigkeitsstreitwert außer Ansatz und, soweit sie aus der eingeklagten Hauptforderung resultieren (§ 4 Abs. 1 ZPO).
2492
Soweit Früchte aus einer anderen nicht eingeklagten Hauptforderung oder einem nicht eingeklagten Teil der Hauptforderung geltend gemacht werden, ist ihr Wert dagegen hinzuzurechnen. Zu Einzelheiten s. das Stichwort „Nebenforderungen“.
C. Gebührenstreitwert 2493
Werden Früchte isoliert, also ohne die Hauptsache eingeklagt, ist ihr Wert gem. § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO maßgebend. § 43 Abs. 2 GKG gilt in diesem Fall nicht. Die Früchte sind daher unbegrenzt zu bewerten.
2494
Werden Früchte neben der Hauptforderung geltend werden, so bleiben sie für den Gebührenstreitwert außer Ansatz (§ 43 Abs. 1 GKG).
2495
Soweit Früchte zwar neben der Hauptforderung geltend werden, aber bestimme Gebühren nur aus dem Wert der Früchte anfallen, richtet sich der Wert dieser Gebühren nach dem Wert der Früchte, der allerdings den Wert der Hauptforderung nicht übersteigen darf (§ 43 Abs. 2 GKG).
2496
Für die Gerichtsgebühren hat dies in der Instanz keine Bedeutung, da es hier keine Stufenstreitwerte mehr gibt. Bedeutung kann dies für ein Rechtsmittelverfahren haben.
Û
2497
Bei den Anwaltsgebühren sind Anwendungsfälle des § 43 Abs. 2 GKG, der über § 23 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG anwendbar ist, dagegen häufiger, da hier in der Instanz mehrere Gebühren anfallen können.
Û
2498
Beispiel: Eingeklagt sind Hauptforderung und daraus resultierende Früchte. Die Hauptsache wird zugesprochen; die Klage hinsichtlich der Früchte wird abgewiesen. Dagegen wird Berufung eingelegt. Der Wert der Früchte (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO) ist jetzt maßgebend; er darf den Wert der Hauptforderung jedoch nicht überschreiten (§ 43 Abs. 2 GKG). Die gleiche Rechtsfolge ergibt sich zudem auch aus § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG.
Beispiel: Eingeklagt sind Hauptforderung und daraus resulierende Früchte. Die Hauptsache wird anerkannt; über die Früchte wird eine Einigung geschlossen. Verfahrens- und Terminsgebühr (Nrn. 3100, 3104 VV RVG) richten sich nach dem Wert der Hauptsache (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 43 Abs. 1 GKG). Die Einigungsgebühr (Nrn. 1000, 1003 VV RVG) richtet sich dagegen nur nach dem Wert der Früchte, der den Wert der Hauptforderung nicht überschreiten darf (§ 43 Abs. 2 GKG).
Soweit Früchte aus einer anderen nicht eingeklagten Hauptforderung oder einem nicht eingeklagten Teil der Hauptforderung geltend gemacht werden, ist ihr Wert hinzuzurechnen. Auch hier ist § 43 Abs. 2 GKG nicht anwendbar. Der Wert der Früchte, soweit er hinzuzurechnen ist, unterliegt keiner Begrenzung. Zu Einzelheiten s. auch hier das Stichwort „Nebenforderungen“.
D. Rechtsmittelstreitwert 2499
Für den Rechtsmittelstreitwert gilt gem. § 4 ZPO grundsätzlich das Gleiche wie für den Zuständigkeitsstreitwert. 452
N. Schneider
Gebrauchsmuster Hier können allerdings ursprünglich als Nebenforderung zu behandelnde Früchte nachträglich zur Hauptsache werden.
Û
2500
Beispiele: – Eingeklagt sind Hauptforderung und daraus resultierende Früchte. Die Hauptsache wird zugesprochen; die Klage hinsichtlich der Früchte wird zurückgewiesen. Dagegen wird Berufung eingelegt. Jetzt ist der Wert der Früchte maßgebend (§ 4 ZPO). – Eingeklagt wird eine Hauptforderung im Wert von 8000 Euro und daraus resultierende Früchte. Die Hauptsache wird i.H.v. 6000 Euro übereinstimmend für erledigt erklärt und im Übrigen abgewiesen. Die Beschwer richtet sich nach dem Wert der abgewiesenen Hauptforderung (2000 Euro) sowie dem Wert der Früchte aus den erledigten 6000 Euro.
Futterkosten Futterkosten sind Nebenforderungen i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 GKG. Sie bleiben neben der Hauptforderung unberücksichtigt. Soweit Gebühren nur aus den Futterkosten als Nebenforderungen anfallen, ist deren Wert maßgebend, höchstens jedoch der Wert der Hauptsache (§ 43 Abs. 2 GKG).
2501
Werden Futterkosten isoliert als Hauptforderung geltend gemacht, ist der Wert des verlangten Betrags maßgebend (§ 3 ZPO). Dieser Wert gilt auch für die Gerichtsgebühren (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) und die Anwaltsgebühren (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG).
2502
Wird Klage auf zukünftige Leistungen erhoben, so ist zu schätzen, für welchen Zeitraum Futterkosten anfallen werden. Fehlen jegliche Anhaltspunkte, kann auf § 9 ZPO (3 1/2-facher Jahreswert) zurückgegriffen werden.
2503
Werden sowohl Rückstände als auch laufende Leistungen geltend gemacht, so sind die Werte beider Anträge zu addieren (§ 5 ZPO; § 39 Abs. 1 GKG; § 22 RVG).
2504
Garantievertrag Für die Bewertung ist maßgebend, welche materiellen Rechte aus dem Garantievertrag hergeleitet werden und welche Anträge in welcher Klageform (Leistung, Feststellung) im Rechtsstreit verfolgt werden. Danach ist dann zu prüfen, welche Streitwertvorschriften einschlägig sind.
2505
Gebrauchsmuster Wegen der Bewertung von Schadensersatz- und Unterlassungsklagen aufgrund einer Gebrauchsmusterverletzung s. die Erläuterungen unter dem Stichwort „Gewerblicher Rechtsschutz“.
N. Schneider/Noethen
453
2506
ZPO
Gegendarstellung
Gegendarstellung 2507
Unter einer Gegendarstellung versteht man den Abdruck einer auf Tatsachen beschränkten Erwiderung zu einer Veröffentlichung in einem periodischen Druckwerk. Geregelt ist ein entsprechender Anspruch in den Landespressegesetzen. Der Anspruch auf Abdruck einer Gegendarstellung nach den Pressegesetzen ist ein nichtvermögensrechtlicher Anspruch.1
2507a
Bei der Geltendmachung von Unterlassungs-, Richtigstellungs- und Gegendarstellungsansprüchen handelt es sich um verschiedene Streitgegenstände und gebührenrechtlich unterschiedliche Angelegenheiten.2 Dagegen stellt das presserechtliche Vorgehen wegen Print- und Online-Veröffentlichung eine gebührenrechtliche Angelegenheit dar.3
2507b
Der Gebührenstreitwert richtet sich folglich nach § 48 Abs. 2 GKG.4 Der Zuständigkeitsstreitwert ist nach § 3 ZPO unter Beachtung der Grundsätze des § 48 Abs. 2 GKG zu schätzen. Regelmäßig ist ein Ansatz von 10 000 Euro bis 15 000 Euro anzutreffen.5 Für eine Bruchteilsbewertung bei einem presserechtlichen Vorgehen gegen eine Verbreitung in Online-Medien gegenüber einer inhaltsgleichen Printveröffentlichung besteht kein Anlass (mehr).6
Gegenforderung Siehe die Stichwörter „Aufrechnung“ und „Gegenleistung“.
Gegenleistung Literatur: Müller, MDR 2003, 248.
A. Einleitung 2508
Beim gegenseitigen Vertrag stehen sich Leistung und Gegenleistung gegenüber. Jeder der Vertragspartner ist zugleich Gläubiger hinsichtlich der vom Gegner geschuldeten Leistung und Schuldner hinsichtlich der von ihm selbst geschuldeten Leistung. Der Leistungsaustausch findet grundsätzlich Zug-um-Zug statt (§ 298 BGB). Im Streitwertrecht führt das zu der Frage, wie zu bewerten ist, wenn eine der Vertragsparteien die ihm geschuldete Leistung einklagt, und der Beklagte sich (auch) auf die Gegenleistung beruft.
1 BGH, MDR 1963, 42. 2 LG Berlin, Urt. v. 27.3.2012 – 27 S 11/11, ZUM 2012, 593. 3 BGH, NJW 2010, 3037; vgl. auch Beschl. v. 2.10.2012 – VI ZB 70/11 zur rechtsmissbräuchlichen Aufspaltung der Rechtsverfolgung gegenüber Print- und Online-Veröffentlichung. 4 Vgl. zu den Einzelheiten das Stichwort „Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit“. 5 KG, Beschl. v. 8.11.2012 – 10 W 81/12, AfP 2013, 65 (15 000 Euro); LG Berlin, Beschl. v. 27.9.2010 – 27 O 492/10 (10 000 Euro); LG Lüneburg, Urt. v. 31.5.2012 – 1 S 66/11, AfP 2012, 491 („üblicherweise“ 10 000 Euro). 6 KG, Beschl. v. 8.11.2012 – 10 W 81/12, AfP 2013, 65; OLG Köln, AfP 2012, 268.
454
Kurpat/Noethen
Gegenleistung
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Nichtberücksichtigung der Gegenleistung Die herrschende Ansicht wendet einschränkungslos den Grundsatz des Streitwertrechts an, wonach immer nur das im Klageantrag erfasste Interesse, also nur der prozessuale Anspruch Bewertungsobjekt ist und die Gegenleistung keine Berücksichtigung findet.1 Dieses Verbot des Abzuges der Gegenleistung von oder Hinzurechnung zu der Klageforderung gilt nicht nur für gegenseitige Verträge, sondern auch für alle anderen Fälle.2 Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: – Der Streitwert der Klageforderung wird nicht dadurch gemindert, dass der Kläger im Klageantrag die dem Beklagten geschuldete Gegenleistung – z.B. im Rahmen einer Zug-um-Zug-Verurteilung – anbietet.3 – Der Wert einer positiven Feststellungsklage auf wiederkehrende Leistungen ist regelmäßig mit 80 % des Wertes der entsprechenden Leistungsklage anzusetzen, auch wenn die Leistungen von Gegenleistungen des Klägers abhängig sind.4 – Der Streitwert der negativen Feststellungsklage entspricht dem der Leistungsklage. Da Zug-um-Zug zu erbringende Leistungen den Wert der Leistungsklage nicht mindern, können sie auch den Wert der negativen Feststellungsklage nicht verringern.5
2509
Eine andere Berechnung ist nur dann statthaft, wenn die Gegenforderung – etwa durch vorprozessuale Aufrechnung – bereits von der Klageforderung abgesetzt wurde und damit nur ein ermäßigtes Begehren zur Entscheidung steht.6 Gleiches gilt, wenn der Beklagte im Rechtsstreit die Aufrechnung mit einer Gegenforderung geltend gemacht hat und darüber entschieden wird (§ 45 Abs. 3 GKG, § 322 Abs. 2 ZPO).
2510
Mittlerweile nicht mehr als vereinzelt zu bezeichnende Entscheidungen7 haben den Grundsatz der Nichtberücksichtigung der Gegenleistungen allerdings abgeschwächt und sprechen sich für eine restriktive Interpretation des § 6 ZPO in diesem Zusammenhang aus, um den tatsächlichen wirtschaftlichen Streitpunkt der Parteien zutreffender zu erfassen. – Bei der Klage auf Wiedereinräumung des früheren Rechtszustandes wegen Nichtigkeit eines Darlehensvertrages hat der BGH8 die vom Kläger zurückzuzahlende Ablösungssumme streitwertmindernd berücksichtigt. Darin liegt im Ergebnis die Verminderung des Streitwertes um den Betrag der geschuldeten Gegenleistung.
2511
1 BGH, Beschl. v. 1.12.2004 – IV ZR 1/04, FamRZ 2005, 265; Beschl. v. 15.4.1999 – V ZR 391/98, MDR 1999, 1022; OLG Hamm, Beschl. v. 16.7.2002 – 21 W 1/02, MDR 2002, 1458; OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.1.2002 – 2 W 3/02, JurBüro 2002, 424; KG, KGR 1997, 57; Müller, MDR 2003, 248. 2 RGZ 140, 359. 3 RG, HRR 1934 Nr. 41; KG, OLGE 15, 49; BGH, Beschl. v. 1.12.2004 – IV ZR 1/04, FamRZ 2005, 265; OLG Celle, Beschl. v. 26.1.1995 – 16 W 48/93, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1175; Müller, MDR 2003, 248. 4 BAG, NJW 1961, 1788. 5 OLG Nürnberg, JurBüro 1966, 876. 6 LG Münster, JMBl.NW 1951, 10. 7 OLG Köln, Beschl. v. 29.4.1981 – 2 W 17/81, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 78 mit Anm. Lappe; OLG Köln, Beschl. v. 12.2.1982 – 17 W 454/81, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 83 mit Anm. Schneider; OLG München, Beschl. v. 18.1.1983 – 24 W 232/82, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 96 mit Anm. Schneider; OLG Celle, Beschl. v. 29.4.1983 – 14 U 15/83, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 97 mit Anm. Schneider. 8 BGH, Beschl. v. 7.3.1985 – III ZR 155/84, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 745.
Noethen
455
Gegenleistung
ZPO
– Nach OLG Köln1 kommt die Berücksichtigung von Gegenrechten dann in Betracht, wenn sie offenkundig sind und keinem rechtlichen Zweifel unterliegen. – Beim Streitwert eines Vergleichs kann der geringe wirtschaftliche Wert einer in den Vergleich einbezogenen Gegenforderung wertmindernd oder ausnahmsweise auch der höhere Wert werterhöhend berücksichtigt werden. Siehe dazu das Stichwort „Vergleich“.
II. Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts 2512
Problematisch wird die rein am Klageantrag orientierte Bewertung, wenn der Streit zwischen den Parteien wirtschaftlich nur um die Gegenleistung geht, derentwegen der Beklagte die eigene Leistung verweigert (zurückbehält). Vor allem bei Herausgabeklagen, bei denen der Beklagte seine Herausgabepflicht überhaupt nicht in Frage stellt, sondern sich lediglich auf eine Gegenforderung und ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht beruft, kann die oben dargestellte Berechnungsweise zu Ergebnissen führen, die dem tatsächlichen wirtschaftlichen Streit der Parteien nicht entsprechen. Siehe dazu auch das Stichwort „Auflassung“.
Û
Beispiel: Verlangt der Kläger die Übereignung eines bebauten Grundstücks aufgrund eines notariellen Kauf- und Übereignungsvertrages und verweigert der Beklagte die Herausgabe nur deshalb, weil ihm der Kläger noch 200 Euro für eine geschäftsbezogene Aufwendung schuldet, so ist kaum zu erklären, warum der Streitwert nach dem objektiven Verkehrswert des bebauten Grundstücks bemessen werden soll. Der Streit geht nämlich nur noch darüber, ob der Kläger dem Beklagten 200 Euro schuldet. Für die Sachentscheidung wäre diese Frage obendrein noch unerheblich, da die Zurückbehaltung bei solch minimalen Beträgen mit § 242 BGB unvereinbar wäre. Gleichwohl müsste der Streitwert nach § 6 ZPO auf den Verkehrswert des Grundstücks festgesetzt werden.
2513
Die noch herrschende Auffassung hält indessen auch bei solchen Fällen an der Bewertung nach § 6 ZPO fest. Sie bemisst den Streitwert der Klage auf Herausgabe einer beweglichen Sache oder eines Grundstücks auch dann nach dem Verkehrswert der Sache, wenn der Streit nur um die Höhe einer Gegenforderung geht, wegen der ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht wird.2
2514
Entsprechend der im Streitwertrecht immer mehr vorrückenden wirtschaftlichen Betrachtungsweisen ist jedoch in Analogie zu § 6 Satz 2 ZPO lediglich auf das (geringerwertige) Zurückbehaltungsrecht abzustellen, wenn sich bereits aus der Klageschrift ergibt und von vornherein unstreitig ist, dass der Klageanspruch besteht, der Streit also ersichtlich nur um die Berechtigung des Zurückbehaltungsrechtes geführt wird.3
1 OLG Köln, JurBüro 1977, 250. 2 Vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.1.2010 – 13 W 67/09, NZM 2011, 135; OLG Bamberg, JurBüro 1982, 886; OLG Bamberg, JurBüro 1978, 427; OLG Bamberg, JurBüro 1975, 650; OLG Bamberg, JurBüro 1971, 456; OLG Bremen, JurBüro 1972, 1987; OLG Celle, Beschl. v. 4.2.1977 – 15 W 1/77, MDR 1977, 672 und 935; OLG Frankfurt, MDR 1970, 772; OLG Frankfurt, MDR 1974, 1441; OLG München, Beschl. v. 13.1.1981 – 5 W 2607/80, JurBüro 1981, 892 mit Anm. Mümmler; OLG Koblenz, Beschl v. 17.2.1983 – 11 W 68/83, JurBüro 1983, 916; OLG Nürnberg, JurBüro 1956, 227; OLG Stuttgart, MDR 1959, 401; OLG Stuttgart, Beschl. v. 28.11.1974 – 13 W 50/74, NJW 1975, 394. 3 OLG Hamm, Beschl. v. 30.1.2013 – 12 W 37/12, BauR 2013, 995; OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.12.2010 – 2 W 2145/10, MDR 2011, 514; OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.9.2009 – 8 W 392/09, MDR 2009, 1353; OLG Köln, Beschl. v. 12.2.1982 – 17 W 454/81, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 83 mit Anm. Schneider; KG, Beschl. v. 23.8.2002 – 12 W 202/02, NJW-RR 2003, 787.
456
Noethen
Gegenseitiger Vertrag Ist der Wert der Gegenleistung allerdings höher als der des Klagegegenstands, dann darf letzterer nicht überschritten werden.1 Wenig praktikabel ist die Auffassung des OLG Karlsruhe,2 das die Frage, ob der Klagewert oder der Wert der Gegenleistung maßgebend ist, davon abhängig macht, wie hoch die Gegenleistung zu beziffern ist. Beträgt sie 1/4 des Wertes der Auflassungsklage, soll der Klagewert maßgebend sein. Die Unterscheidung, ob die Gegenleistung im Verhältnis zum Verkehrswert des Grundstücks mehr oder weniger geringfügig ist, würde aber nur neue Abgrenzungsschwierigkeiten mit sich bringen.
2515
C. Rechtsmittel und Beschwer Unbestritten ist inzwischen, dass sich der Wert eines Rechtsmittels, mit dem sich der Beklagte lediglich dagegen wendet, dass das von ihm geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht nicht bejaht worden ist, nur nach dem Wert der Gegenleistung richtet.3 Der Wert des Zurückbehaltungsrechts wurde nach früherer Rechtsprechung durch den Wert des Klageanspruchs begrenzt.4 Diese Wertobergrenze hat der BGH in einem Fall der Klage auf Beseitigung von Eigentumsstörungen aufgegeben und ausgeführt, dass für den verurteilten Beklagten der Wert des Beschwerdegegenstandes durchaus den Wert des Streitgegenstandes überschreiten könne.5 Ist aber allein auf das wirtschaftliche Interesse des Beklagten abzustellen, müsste auch hier der Wert des Zurückbehaltungsrechts unbegrenzt die Beschwer bestimmen. Insofern kommt es zu einer Abkopplung des Streitwerts vom Beschwerdewert: Wird nur wegen der Gegenleistung ein Rechtsmittel eingelegt, bestimmt sich der Rechtsmittelstreitwert allein nach dieser.6
2516
Gegenseitiger Vertrag Literatur: Müller, MDR 2003, 248.
A. Klage auf Erfüllung Wird aus einem gegenseitigen Vertrag auf Erfüllung geklagt, dann bestimmt sich der Streitwert gem. § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Wert der geforderten Sach- oder Geldleistung.7 Die Gegenleistung, die der Kläger zu erbringen hat,
1 Anders ggf. (s. oben Rn. 2511 a.E. und das Stichwort „Vergleich“), wenn sich die Parteien über die Gegenleistung vergleichen. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.8.1988 – 10 W 34/88, MDR 1988, 1067. 3 Vgl. BGH, Urt. v. 17.12.1990 – II ZR 89/90, MDR 1991, 794; Urt. v. 28.6.1995 – VIII ZR 1/95, MDR 1995, 1162; Beschl. v. 20.1.2004 – X ZR 167/02, MDR 2004, 829 = NJW-RR 2004, 714; ausführlich dazu das Stichwort „Rechtsmittel“. 4 Vgl. hierzu BGH, Urt. v. 17.12.1990 – II ZR 89/90, MDR 1991, 794; OLG Celle, OLGR 1995, 227 – auch kein „Druckzuschlag“ auf die im Wege der Einrede geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten. 5 BGH, Urt. v. 17.12.1990 – II ZR 89/90, MDR 1994, 839 = NJW 1994, 735. 6 BGH, Urt. v. 28.6.1995 – VIII ZR 1/95, MDR 1995, 1162; Beschl. v. 18.1.1995 – XII ZB 204/94, NJW-RR 1995, 706; Beschl. v. 20.1.2004 – X ZR 167/02, NJW-RR 2004, 714, MDR 2004, 829; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.5.1998 – 5 U 159/97, MDR 1999, 628. 7 KG, JW 1931, 1047.
Noethen
457
2517
ZPO
Gegenseitiger Vertrag bleibt unberücksichtigt, weil sie nicht Streitgegenstand ist.1 Gleiches gilt für eventuelle, über die geforderte Leistung hinausgehende wirtschaftliche oder ideelle Interessen.2 2518
Geht der Anspruch auf Leistung einer Sache und macht der Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht daran geltend, weil ihm eine noch unbeglichene Forderung gegen den Kläger zustehe, dann bestimmt ebenfalls allein der Wert der herausverlangten Sache den Streitwert.3 Von diesen Grundsätzen macht die herrschende Auffassung auch dann keine Ausnahme, wenn der Streit der Parteien wirtschaftlich ausschließlich um die Gegenleistung geht.4
B. Klage auf Feststellung 2519
Bei einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrages ist Streitwert regelmäßig der Wert der Leistung, von der der Kläger bei Nichtigkeit frei wird5 oder die im Falle der schon erbrachten Leistung zurückzugewähren ist.6 Darüber hinausgehende wirtschaftliche oder ideelle Interessen sowie die Gegenleistung sind nicht zu berücksichtigen.7 Nach der Gegenmeinung richtet sich der Wert nicht nach der vom Kläger zu erbringenden Leistung, sondern nach dem Vermögensunterschied, der sich für den Kläger zwischen den Alternativen Ungültigkeit oder Gültigkeit des Vertrags ergibt.8
2520
Wird neben der Feststellung der Unwirksamkeit eines Vertrages die Verurteilung des Beklagten zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen begehrt, so kommt dem Feststellungsantrag dann keine selbständige Bedeutung zu, wenn aus der Unwirksamkeit des Vertrages keine weiteren Ansprüche hergeleitet werden.9
2521
Ob bei einer positiven Feststellungsklage einer Vertragspartei auf Feststellung der Nichtigkeit ein Abzug von 20 % vorzunehmen ist, ist streitig.10 Richtigerweise muss in solchen Fällen danach differenziert werden, ob der Kläger seine vertragliche Leistung schon erbracht hat: – Ist dies nicht der Fall, so hat er prozessual die Wahl, negative Feststellungsklage über das Nichtbestehen seiner vertraglichen Verpflichtung oder positive Feststellungsklage auf Feststellung der Nichtigkeit zu erheben. Der Wert ist
1 OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 5 W 550/93, JurBüro 1994, 738; OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.6.1999 – 21 W 24/99, NJW-RR 2000, 587. 2 OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.9.1995 – 5 W 150/95, MDR 1996, 101. 3 OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 5 W 550/93, JurBüro 1994, 738. 4 Vgl. die Ausführungen unter dem Stichwort „Gegenleistung“. 5 OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.9.1995 – 5 W 150/95, MDR 1996, 101; OLG Celle, Beschl. v. 18.10.1983 – 4 W 29/83, Nds.Rpfl. 1984, 14; LG Bückeburg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 932 = JurBüro 1988, 1233 mit Anm. Mümmler; OLG Oldenburg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1218: Feststellung der Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrags. 6 OLG Koblenz, NJW 1953, 1918; OLG München, JurBüro 1984, 1235 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 706 mit Anm. Schneider; OLG Bamberg, JurBüro 1985, 1703 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 786: Feststellung des Nichtbestehens eines Versicherungsvertrages richtet sich nach dem Interesse am Nichtzahlen der Versicherungssumme. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.6.1999 – 21 W 24/99, NJW-RR 2000, 587; OLG Hamm, Beschl. v. 9.11.2002 – 21 U 115/02, AnwBl. 2003, 597. 8 OLG Braunschweig, Beschl. v. 2.11.1982 – 2 W 113/82, JurBüro 1983, 434; OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.2.1982 – 22 W 12/82, AnwBl. 1982, 247. 9 KG, Rpfleger 1962, 120. 10 Vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.6.1999 – 21 W 24/99, OLGR 1999, 206 einerseits und OLG München, JurBüro 1984, 1235 andererseits.
458
Noethen
Gegenvorstellung dann in beiden Fällen ohne einen Abschlag vom Wert einer Leistungsklage zu bestimmen.1 – Hat der Kläger dagegen seine vertragliche Leistung schon erbracht, dann ist hinsichtlich der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Vertrags ein solcher Abschlag vorzunehmen, denn das eigentliche wirtschaftliche Ziel des Klägers (Rückgewähr der bereits erbrachten Leistung) kann mit dem Feststellungsurteil nicht erreicht werden. Wird auf Feststellung geklagt, dass ein Austauschvertrag beendet ist, so bestimmt 2522 sich der Streitwert nicht nach dem wirtschaftlichen Schaden, der dem Kläger bei Aufrechterhaltung des Vertrages entsteht, sondern nach dem Wert des Anspruchs, dessen sich der Gegner berühmt.2 Denn da eine Klage auf Feststellung der Beendigung des Vertragsverhältnisses (durch Kündigung o.Ä.) – ebenso wie eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Vertrages – dadurch gekennzeichnet ist, dass der Kläger ein Recht der Beklagten umfassend leugnet, gelten die Grundsätze der Bemessung des Streitwerts einer negativen Feststellungsklage (s. im Übrigen auch das Stichwort „Feststellungsklage“).3
C. Beschwer Für die Beschwer des Beklagten bei unbedingter Verurteilung zur Zahlung des Kaufpreises kommt es nur auf den Wert der allein noch streitigen Einrede des nicht erfüllten Vertrages an. Dieser Wert entspricht dann dem vollen Wert der Kaufpreisforderung, wenn der Beklagte glaubhaft macht, dass die Kaufsache insgesamt unbrauchbar ist.4
2523
Gegenvorstellung Mit der Gegenvorstellung, die von der sofortigen Beschwerde abgegrenzt werden muss,5 hat die Rechtsprechung einen Rechtsbehelf geschaffen, um Fehler unanfechtbarer Entscheidungen in der Instanz selbst korrigieren zu können.6 Soweit dieser Rechtsbehelf, der vom BGH aus einer entsprechenden Anwendung des § 321a ZPO a.F. hergeleitet wurde,7 auf eine Verletzung rechtlichen Gehörs gestützt wird, ist für ihn neben der Anhörungsrüge nach § 312a ZPO kein Raum mehr.8 Trotz des verfassungsrechtlichen Postulats der Rechtsmittelklarheit9 sollen jedoch weiterhin andere Rechtsverletzungen mit der Gegenvorstellung gerügt werden können.10 1 Vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 9.11.2002 – 21 U 115/02, AnwBl. 2003, 597: Die Klage der Erwerber auf Feststellung, dass ihre Erwerbspflicht nicht besteht, bemisst sich nach dem vereinbarten Kaufpreis ohne Berücksichtigung der Gegenleistung. 2 OLG Rostock, Beschl. v. 9.4.2003 – 6 W 77/02, AGS 2004, 161 mit Anm. Schneider. 3 Vgl. BGH, Beschl. v. 6.3.1997 – VII ZB 26/96, MDR 1997, 682 – Unwirksamkeit einer Darlehenskündigung; OLG Frankfurt, NJW-RR 2000, 187 – Nichtigkeit eines Kaufvertrages. 4 BGH, Urt. v. 28.6.1995 – VIII ZR 1/95, MDR 1995, 1162. 5 Vgl. BGH, Beschl. v. 17.3.1982 – IVa ZB 5/82, VersR 1982, 598. 6 Einzelheiten bei Zöller/Heßler, § 567 Rn. 22 ff. 7 BGH, Beschl. v. 7.3.2002 – IX ZB 11/02, MDR 2002, 901 = NJW 2002, 1577. 8 Vgl. die ausführliche Darstellung in Zöller/Vollkommer, § 321a Rn. 4. 9 BVerfG, Beschl. v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02, MDR 2003, 886. 10 BVerfG, Beschl. v. 25.11.2008 – 1 BvR 848/07, MDR 2009, 295 = BVerfGE 122, 190; BGH, Beschl. v. 12.12.2012 – IV ZB 26/12, NJW-RR 2013, 256; OLG Koblenz, Beschl. v. 27.5.2008 – 13 WF 1061/07, FamRZ 2008, 1967.
Noethen
459
2524
Gehçrsrge Ein Zuständigkeitsstreitwert muss nicht bestimmt werden, da für die Gegenvorstellung immer dasjenige Gericht zuständig ist, welches den abzuändernden Beschluss erlassen hat. Auch eines Gerichtsgebührenstreitwerts bedarf es nicht, weil für das Verfahren keine Gerichtsgebühren erhoben werden.
2526
Für den Anwalt gehört die Tätigkeit im Rahmen einer Gegenvorstellung im Regelfall analog § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RVG zum Rechtszug und löst keine besondere Gebühr aus. Lediglich dann, wenn der Anwalt nicht zum Prozessbevollmächtigten bestellt, sondern mit der Erhebung der Gegenvorstellung als Einzeltätigkeit beauftragt wurde, entsteht eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV RVG1 – Nr. 3500 VV RVG (Beschwerdegebühr) ist auf die Gegenvorstellung nicht entsprechend anwendbar.2
2527
Der Gegenstandswert für die Gebühr nach Nr. 3403 VV RVG bemisst sich nach dem jeweiligen Wert des Auftrags. So ist beispielsweise bei der Gegenvorstellung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss die vom Antragsteller beabsichtigte Änderung der Kostenbelastung maßgeblich. Fehlt es an Anhaltspunkten für eine Wertbestimmung, kann der Wert nach § 23 Abs. 3 RVG mit 5000 Euro angenommen werden.
ZPO
2525
Gehçrsrge 2528
Mit dem ZPO-ReformG 2002 hat der Gesetzgeber in § 321a ZPO die sog. Anhörungsrüge in die ZPO aufgenommen. Danach kann eine Partei eine nicht rechtsmittelfähige Entscheidung unter Hinweis auf eine (erhebliche) Verletzung rechtlichen Gehörs zur erneuten Prüfung des erkennenden Gerichts stellen. Bei dem hierdurch eingeleiteten Prüfungsverfahren handelt es sich um ein (auch) kostenrechtlich unselbständiges, zweiseitiges Annexverfahren, an dem neben dem Rügeführer auch die gegnerische Partei zu beteiligen ist.3
2529
Hierbei bleibt dem Rügeführer nachgelassen, die Anhörungsrüge wie den Einspruch (§ 342 ZPO) auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes oder die Kostenentscheidung (sog. Kostenrüge) zu beschränken, § 321a Abs. 5 Satz 1 ZPO.4 Soweit die Rüge begründet ist, wird der Prozess in die Lage vor Schluss der mündlichen Verhandlung zurückversetzt, § 321 Abs. 5 ZPO. Anderenfalls endet das Verfahren mit einer unanfechtbaren Verwerfung (Unzulässigkeit) bzw. Zurückweisung (Unbegründetheit) der Rüge, § 321 Abs. 4 ZPO.5 Nur bei vollständiger Erfolglosigkeit ist dem Rügeführer gem. Nr. 1700 KV GKG eine Unterliegensgebühr von 60 Euro aufzuerlegen.6
2530
Die (isolierte) anwaltliche Vertretung der am Rügeverfahren beteiligten Parteien wird nach Nr. 3330 VV RVG und die Terminsvertretung nach Nr. 3332 VV RVG mit einer 0,5 Gebühr nach § 13 RVG abgegolten. Deren Wert bestimmt sich gem. § 23 Abs. 2 Satz 3 RVG nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften
1 2 3 4
Schneider/Wolf, VV 3403–3404 Rn. 23. Schneider/Wolf, VV Vorb. 3.5, VV 3500 Rn. 11. Zöller/Vollkommer, § 321a Rn. 15. Ebenso für den Rechtszustand vor dem 1. JuMoG Zöller/Vollkommer, § 312a ZPO Rn. 15 m.w.N. 5 Vgl. auch BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – XII ZB 137/03, MDR 2005, 229; Beschl. v. 10.12.2003 – VI ZB 35/03, FamRZ 2004, 437 – beide zur Unanfechtbarkeit der Verwerfung einer gegen die Berufungszurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO erhobenen Anhörungsrüge. 6 Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, Nr. 1700 KV GKG Rn. 4.
460
Noethen/Kurpat
Geldforderung und damit nach dem Gegenstandswert, der anzusetzen wäre, wenn es sich um ein Beschwerdeverfahren handeln würde.1 Da die Anhörungsrüge eine Beschwer des Rügeführers erfordert, bestimmt sich der Gegenstandswert des Rügeverfahrens nach dem Umfang, in dem die Entscheidung angegriffen wird, und kann daher den Wert der Hauptsache nicht überschreiten.2 Beschränkt sich die Rüge auf die Kostenentscheidung, ist der Wert der dem Rügeführer auferlegten Kosten maßgebend.3 Erheben beide Parteien eine (notwendigerweise) auf einen (unterschiedlichen) Teil des Streitgegenstandes beschränkte Gehörsrüge, sind deren Werte analog § 45 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen.4
2531
Geldforderung A. Zuständigkeitsstreitwert und Streitwert für Gerichtsgebühren I. Klageforderung Für Geldforderungen enthalten weder die ZPO noch das GKG Wertvorschriften, 2531a im Gegensatz zum FamGKG, in dem in § 35 FamGKG ausdrücklich angeordnet ist, dass im Falle einer bezifferten Geldforderung deren Betrag maßgebend ist. Das bedeutet, dass im Zivilprozess für den Zuständigkeitsstreitwert und auch für den Gebührenstreitwert (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) auf § 3 ZPO abzustellen ist. Der Wert einer Geldforderung ist danach an sich zu schätzen. Die ganz überwiegende Praxis und Rechtsprechung setzt den Wert einer Geldforderung grundsätzlich mit dem verlangten Betrag fest, ohne sich weitere Gedanken über die Werthaltigkeit der Forderung zu machen. Dies dürfte im Ergebnis auch zutreffend sein. So wäre es schon nicht erklärlich, wieso in Familiensachen die Geldforderung mit dem Nominalbetrag anzusetzen ist, aber in Zivilsachen gegebenenfalls eine Abschätzung vorgenommen werden soll. Im Übrigen war dem Gesetzgeber das Problem wertloser und unsicherer Forderungen bekannt. So hat er z.B. in § 182 InsO ausdrücklich angeordnet, dass bei Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle nicht deren Wert maßgebend ist, sondern die zu erwartende Quote. Als Ausnahmeregelung ist diese Vorschrift nicht analogiefähig. Würde sich aus § 3 ZPO bereits ergeben, dass jede Forderung nach ihrer Werthaltigkeit zu schätzen und zu prüfen ist, hätte es des § 182 InsO nicht bedurft. Bedenklich ist daher die vereinzelt gebliebene Entscheidung des OLG Koblenz,5 das eine Geldforderung i.H.v. mehreren Millionen auf die unterste Gebührenstufe herabgeschätzt hat, weil es dem Kläger eine „Selbstschädigungsabsicht“ unterstellt hat. Zwar ließe sich insoweit argumentieren, dass Forderungen auch ihren Verkehrswert haben und zum Teil auch gehandelt werden können (Factoring); andererseits würde aber eine unerträgliche Unsicherheit geschaffen. Wer soll denn beurteilen, ob eine Forderung aussichtslos, offenbar unbegründet, vermutlich uneinbringlich etc. ist. Wo soll die Grenze gezogen werden, bei unbegründeten Forderungen, bei offensichtlich unbegründeten Forderungen, bei eindeutig unbegrün-
1 AnwK-RVG/E. Schneider, § 23 RVG Rn. 38. 2 Hartmann, KostG, VV 3330 Rn. 7. 3 OLG Naumburg, Beschl. v. 26.5.2005 – 14 WF 6/05, OLGR 2005, 929 – für die an Stelle der Anhörungsrüge unzulässigerweise erhobene sofortige Beschwerde. 4 AnwK-RVG/N. Schneider, RVG, VV 3330 Rn. 18. 5 OLG Koblenz, Beschl. v. 19.10.2006 – 5 W 624/06, MDR 2007, 422 = OLGR 2007, 74.
Kurpat/N. Schneider
461
2531b
ZPO
Geldforderung deten Forderungen o.Ä. Mit der gleichen Argumentation müsste man dann auch die Forderung einer nicht existenten Partei gen Null bewerten. 2531c
All dies spricht dagegen, bei bezifferten Geldforderungen einen Ermessensspielraum des Gerichts zu eröffnen. So geht auch das RVG im Rahmen der Zwangsvollstreckung davon aus (s. Rn. 2531i), dass eine Geldforderung mit dem vollen Nominalbetrag anzusetzen ist, obwohl gerade hier die Durchsetzbarkeit und damit die Werthaltigkeit sehr häufig fraglich ist.
2531d
Die strikte Bindung an den geforderten Geldbetrag entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers,1 der ausweislich der Begründung zu § 35 FamGKG davon ausgegangen ist, dass bei Geldforderungen, die nach § 3 ZPO zu bewerten sind, der allgemeine Grundsatz gilt, dass sich der Wert eines Verfahrens auf Zahlung einer bestimmten Geldforderung nach dieser richtet. Da § 3 ZPO in Familiensachen nicht anwendbar ist, hat der Gesetzgeber diesen Grundsatz für die Familienrechtler in § 35 FamGKG gesondert festgeschrieben.2
2531e
Wird eine Zahlungsforderung in ausländischer Währung geltend gemacht, ist für den Zuständigkeitsstreitwert und den Streitwert der Gerichtsgebühren der Umrechnungskurs zum Zeitpunkt der Einreichung maßgebend (§ 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG). Im Falle einer außergerichtlichen Tätigkeit des Anwalts gilt dagegen der Wert nach dem höchsten Umrechnungskurs während des gesamten Mandats, da das RVG eine den § 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG vergleichbare Regelung nicht kennt.
2531f Zur Frage, inwieweit bei einer Geldforderung Nebenforderungen, insbesondere Zinsen zu berücksichtigen sind, s. die Stichwörter „Zinsen“ und „Nebenforderungen“.
II. Vergleichsmehrwert 2531g
Die gleichen Bewertungsgrundsätze gelten auch dann, wenn eine nicht anhängige bezifferte Geldforderung mitverglichen wird. Auch hier ist kein Grund für eine Abschätzung ersichtlich. A.A. ist offenbar das LAG Baden-Württemberg,3 das bei einem Vergleich über außergerichtlich geltend gemachte erhebliche Schadensersatzansprüche den Vergleichsmehrwert nicht mit der ursprünglichen Höhe des geltend gemachten Anspruchs bewerten will, sondern ausschließlich mit dem als realisierbar erscheinenden Teil davon.
B. Anwaltsgebühren I. Grundsatz 2531h
Auch hinsichtlich der Anwaltsgebühren ist für Geldforderungen grundsätzlich keine besondere Regelung vorgesehen. Es gilt also auch hier nach § 23 Abs. 1 RVG, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, die Vorschrift des § 3 ZPO und damit der Betrag der Forderung ohne Zinsen.
1 Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum FFG-ReformG, BR-Drucks. 309/07. 2 Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum FFG-ReformG, BR-Drucks. 309/07. 3 LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 1.2.2011 – 5 Ta 229/10, AGS 2011, 196.
462
N. Schneider
Genossenschaft
II. Zwangsvollstreckung Lediglich in der Zwangsvollstreckung ist eine gesonderte Regelung für Geldforderungen enthalten. So ordnet § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG an, dass der Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung maßgebend ist, wobei hier allerdings Zinsen nicht als Nebenforderung gelten, sondern dem Wert der Forderung hinzugerechnet werden.
2531i
Gemeinschaft Siehe das Stichwort „Aufhebung von Gemeinschaften“.
Genehmigung Für den Streitwert kommt es darauf an, wozu die Genehmigung erteilt werden soll, beispielsweise zur Annahme eines Vertragsangebots oder zur Führung eines Namens und dergleichen.
2532
Der Streitwert ist dann nach § 3 ZPO zu schätzen1 und ist nicht unbedingt gleich dem Streitwert desjenigen Vorganges oder Gegenstandes, auf den sich die Genehmigung bezieht. Denn die Genehmigung ist gegenüber dem, was genehmigt wird, ein aliud und zudem nur eine von mehreren Voraussetzungen für das gewollte Ergebnis.
2533
Der volle Wert ist allenfalls dann gerechtfertigt, wenn das Geschäft mit der Genehmigung „steht und fällt“, wenn also alle sonstigen Voraussetzungen vorliegen und die Durchführung des Geschäfts im Falle der Erteilung der Genehmigung feststeht.
2534
Klagen mehrere Erben gegen einen anderen Miterben auf Genehmigung eines Erbauseinandersetzungsvertrages, so ist der Streitwert gleich dem Interesse, das die Kläger an der Aufhebung ihrer Bindung an die Erbengemeinschaft und an der Erlangung der unbeschränkten Verfügungsbefugnis an den ihnen entsprechend ihren Erbanteilen zukommenden Grundstücken haben. Dieses Interesse ist regelmäßig geringer als der Gesamtwert ihrer Erbanteile am Nachlass.2
2535
Zur familienrechtlichen Genehmigung s. die Stichwörter „Genehmigung“, 2536 Rn. 7676 ff. und „Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung“ im FamFGTeil. Rn. 7679 ff.
Genossenschaft Der Streit über die Wirksamkeit des Ausschlusses eines Genossen aus einer Genossenschaft betrifft einen nichtvermögensrechtlichen Gegenstand, wenn der Ausschluss auf die Behauptung ehrenrührigen Verhaltens gestützt wird. Das gilt auch dann, wenn daneben auch vermögenswerte Interessen der Genossen mit im Spiel sind. Als Bewertungsvorschrift für den Gebührenstreitwert ist dann § 48
1 Lappe, in Anm. zu OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.10.1958 – 6 W 423/56, Rpfleger 1959, 137. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.2.1956 – 6 W 99/56, JurBüro 1956, 467.
N. Schneider/Kurpat
463
2537
Gerichtsstandsbestimmungsverfahren
ZPO
Abs. 2 GKG anzuwenden.1 Soweit es dagegen um einen vermögensrechtlichen Anspruch geht, ist für die Streitwertbestimmung nach § 3 ZPO § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG lediglich der wirtschaftliche Wert maßgebend, den ein Anteil an der Genossenschaft für den Genossen hat.2 2537a
Der maßgebliche Streitwert einer auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung des Dienstverhältnisses eines Vorstandsmitglieds gerichteten Klage, bemisst sich nach § 3 ZPO (über § 48 Abs. 1 GKG), denn § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG erfasst nur die Leistungsklage. Regelmäßig kommt eine mittelbare Anwendung in Betracht.3 Ist dem anderen Vertragsteil dagegen bereits vor Ablauf von 3 Jahren eine ordentlichen Kündigung möglich, ist auf den danach verleibenden Zeitraum abzustellen. Im Einzelfall, insbesondere bei geringer Vergütung, kann die sozialpolitisch motivierte Streitwertbegrenzung des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG zu beachten sein.4
2538
Der Streitwert für eine gem. § 51 GenG erhobene Anfechtungsklage wird nicht durch den Betrag des Geschäftsanteils des anfechtenden Genossen begrenzt.5 Den Wert bestimmt das Gericht vielmehr nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG unter Berücksichtigung des Interesses der Genossenschaft an der Aufrechterhaltung des angefochtenen Beschlusses nach freiem Ermessen.6
2539
Die Berücksichtigung auch des Interesses der Genossenschaft lässt sich aus dem Grundgedanken rechtfertigen, der in § 247 Abs. 1 AktG enthalten ist: Grundsätzlich ist zwar im Bewertungsrecht nur das im Klageantrag zum Ausdruck kommende Interesse des Klägers zu berücksichtigen. § 247 Abs. 1 AktG weist den Richter jedoch ausdrücklich an, die Bedeutung der Sache für beide Parteien zu berücksichtigen. Ist dies aber für aktienrechtliche Anfechtungsklagen geltendes Recht, dann muss das Gesetz wegen der Gleichheit der Interessenlage auf genossenschaftliche Anfechtungsklagen analog angewendet werden.7
2540
Der im Rahmen einer genossenschaftsrechtlichen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage zusätzlich gestellte Antrag auf Feststellung, dass der jeweilige Leiter der Generalversammlung verpflichtet sei, einen näher bezeichneten Antrag zur Abstimmung vorzulegen, ist nichtvermögensrechtlich.8
Gerichtsstandsbestimmungsverfahren A. Gerichtsgebühren 2541
In einem Verfahren auf Bestimmung des zuständigen Gerichts nach §§ 36 ff. ZPO fallen keine Gerichtsgebühren an. Im Beschwerdeverfahren wird eine Festgebühr nach Nr. 1812 KV GKG erhoben. Auch im Rechtsbeschwerdeverfahren wird eine Festgebühr erhoben (Nr. 1826 KV GKG). Daher kommt in allen Instanzen eine Wertfestsetzung nach § 63 GKG nicht in Betracht. 1 RGZ 163, 202; OLG Celle, JurBüro 1961, 455. 2 OGH, Rpfleger 1948/49, 469; Hartmann, KostG, Anh. I § 48 GKG (§ 3 ZPO) Rn. 60. 3 BGH, Beschl. v. 9.6.2005 – III ZR 21/04, NJW-RR 2006, 213; OLG Rostock, Beschl. v. 7.2.2014 – 1 W 88/13; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.4.2011 – 24 W 27/11. 4 OLG Rostock, Beschl. v. 11.12.2003 – 6 U 210/02, OLG-NL 2005, 90. 5 OLG Düsseldorf, JurBüro 1951, 303. 6 OLG Oldenburg, NJW 1953, 1716. 7 Vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 18.2.1980 – 3 W 70/79, JurBüro 1980, 759; OLG Naumburg, Beschl. v. 14.9.1998 – 12 W 25/98, JurBüro 1999, 310; BGH, Beschl. v. 5.7.1999 – II ZR 313/97, NJW-RR 1999, 1485. 8 OLG Bamberg, JurBüro 1980, 759.
464
Kurpat/N. Schneider
Gerichtsstandsbestimmungsverfahren
B. Anwaltsgebühren I. Bestimmungsverfahren Das Verfahren auf Gerichtsstandsbestimmung zählt nach § 16 Nr. 3a RVG mit zum Rechtszug und löst neben den Gebühren aus der Hauptsache keine gesonderten Gebühren aus.
2542
Das gilt nach der Neufassung des § 16 Nr. 3a RVG durch das 2. KostRMoG unabhängig davon, ob es auch zu einer Bestimmung kommt und der Rechtsstreit dann vor dem bestimmten Gericht eingeleitet bzw. durchgeführt wird. Die frühere Rechtsprechung, die in diesen Fällen zum Teil eine gesonderte Angelegenheit mit einer gesonderten Vergütung für den Anwalt nach Nr. 3403 VV RVG angenommen hat,1 ist daher nicht mehr vertretbar.
2542a
Eine anwaltliche Vergütung fällt jetzt nur noch an, wenn der Anwalt – ohne Verfahrensbevollmächtigter zu sein – ausschließlich im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren beauftragt ist und ihm auch nicht im Anschluss daran das Prozessmandat übertragen wird.
2543
Û
Beispiel: Der Antragsteller leitet ein Gerichtsstandsbestimmungsverfahren ein. Der Antrag wir als unzulässig zurückgewiesen. Die Klage wird nicht mehr erhoben. Die beteiligten Anwälte erhalten jetzt gesonderte Gebühren für das Gerichtsstandsbestimmungsverfahren (Nr. 3403 VV RVG).
Die Wertfestsetzung erfolgt im Verfahren nach § 33 RVG.
2544
Der Gegenstandswert ist nach § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO zu schätzen und richtet sich nach dem Interesse des Antragstellers, die Antragsgegner bei demselben Gericht verklagen zu können. Dieses Interesse entspricht in der Regel einem Bruchteil des Wertes der Hauptsache. Vertreten wird insoweit – ein Viertel,2 – ein Fünftel,3 – ein Zehntel.4
2545
II. Beschwerdeverfahren Kommt es gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zur sofortigen Beschwerde (zulässig nur gegen Bestimmungen des LG), dann gilt § 23 Abs. 2 Satz 1 RVG. Maßgebend ist das Interesse des Beschwerdeführers, das ebenso wie im Bestimmungsverfahren mit einem Bruchteil der Hauptsache anzusetzen sein dürfte.
1 BGH, Beschl. v. 5.2.1987 – I ARZ 703/86, MDR 1987, 735; BayObLG, Beschl. v. 23.2.1999 – 1Z BR 25/99, AnwBl. 1999, 354; OLG Koblenz, Beschl. v. 14.3.2000 – 4 SmA 54/99, OLGR 2000, 419; OLG Koblenz, Beschl. v. 28.3.2006 – 4 SmA 48/05, NJW-RR 2007, 425; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.1.2008 – 19 AR 9/07, AGS 2008, 223 = MDR 2008, 473; OLG Köln, AGS 2003, 205; OLG Köln, Beschl. v. 13.3.2007 – 5 W 87/06, MDR 2007, 921; a.A. OLG Dresden, Beschl. v. 14.7.2005 – 1 AR 120/04, AGS 2006, 272 = Rpfleger 2006, 44; OLG Düsseldorf, MDR 1983, 846; OLG Köln, AGS 2008, 114 u. AGS 2007, 607; AGS 2007, 67. 2 BayObLG, Beschl. v. 21.3.2002 – 17 AR 20/02, IBR 2002, 584 mit Anm. Mandelkow; ebenso vgl. BayObLG, Beschl. v. 30.8.1988 – 1 Z AR 30/88. 3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.1.2008 – 19 AR 9/07, AGS 2008, 223 = MDR 2008, 473. 4 OLG Koblenz, Beschl. v. 12.10.2006 – 4 SmA 21/06, NJW 2006, 3723; OLG Köln, Beschl. v. 24.2.2003 – 5 W 9/03, AGS 2003, 205.
N. Schneider
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2546
ZPO
Gesamthypothek
III. Rechtsbeschwerdeverfahren 2547
Im Rechtbeschwerdeverfahren dürfte ebenso zu bewerten sein, wie im Beschwerdeverfahren. Allerdings ist die Rechtsbeschwerde nach überwiegender Auffassung nicht statthaft,1 was aber nichts daran ändert, dass sie einen Wert hat, wenn sie eingelegt wird.
Gesamthypothek 2548
Bezweckt die Klage, der eine Vereinbarung über die Eintragung einer Gesamthypothek an bestimmter Rangstelle auf mehreren Grundstücken zugrunde liegt, nicht nur die Rangverbesserung der auf einem der Grundstücke bereits eingetragenen Sicherungshypothek, sondern zugleich ihre Eintragung als Gesamthypothek mit der bereits eingetragenen Hypothek auf den anderen Grundstücken, so bestimmt sich der Streitwert auch dann nach § 6 ZPO, wenn die wirtschaftliche Sicherung der Forderung schon durch die Rangverbesserung der bereits eingetragenen Hypothek allein mit Gewissheit erreicht würde.
2549
Als Streitwert ist daher der Forderungsbetrag anzunehmen und nicht nur gem. § 3 ZPO der geringere Wert des wirtschaftlichen Interesses des Klägers an der Rangverbesserung der bereits vorhandenen Hypothek.2
2550
Betrifft ein landwirtschaftsgerichtliches Verfahren die Genehmigung der Eintragung einer Gesamthypothek auf einem landwirtschaftlichen Grundstück zur Mithaftung neben anderen nichtlandwirtschaftlichen Grundstücken oder aber die Feststellung, dass mangels eines landwirtschaftlichen Grundstücks eine solche Genehmigung nicht erforderlich ist (Negativattest), so ist als Geschäftswert nicht der volle Nennwert der Hypothek, sondern der geringere Wert des fraglichen Grundstücks zugrunde zu legen.3
2551
Reine Rangstreitigkeiten wegen der Stelle eines Grundpfandrechtes sind nach § 3 ZPO zu bewerten.
2552
Jedoch ist § 6 ZPO dann anwendbar, wenn nicht nur die Rangverbesserung eines bereits eingetragenen Pfandrechts, sondern zugleich Neueintragung einer Gesamthypothek auf anderen Grundstücken gefordert wird.
Gesamtschuldner Literatur: E. Schneider, NJW 1992, 2680; Foerste, Zur Rechtskraft in Ausgleichungszusammenhängen, ZZP 108 (1995), 167 ff. (1995).
A. Allgemeines 2553
Gesamtschuldner schulden eine Leistung in der Weise, dass der Gläubiger die Leistung von jedem Schuldner nach seinem Belieben ganz oder teilweise, insgesamt jedoch nur einmal verlangen kann, § 421 BGB. Nimmt der Kläger mehrere 1 Zöller/Vollkommer, § 37 ZPO Rn. 4. 2 OLG Frankfurt, Rpfleger 1956, 318. 3 OLG Frankfurt, JurBüro 1959, 426.
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N. Schneider/Monschau/Kurpat
Gesamtschuldner Gesamtschuldner klageweise in Anspruch, handelt es sich um einfache Streitgenossen, § 59 ZPO.1 Befriedigt einer der Gesamtschuldner den Gläubiger ganz oder teilweise, ist bezüglich der Ausgleichungspflicht der Schuldner untereinander gem. § 426 BGB zu differenzieren. Der zahlende Schuldner kann von dem anderen gem. § 426 Abs. 1 BGB eine Ausgleichung im Umfang des auf diesen entfallenden, im Zweifel gleichen Anteils verlangen. Er kann hingegen auch gem. § 426 Abs. 2 BGB im Umfang der geschuldeten Ausgleichung aus der auf ihn übergegangenen Forderung des Gläubigers vorgehen.
2554
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Werden mehrere als Gesamtschuldner verklagt, liegt ein Fall der subjektiven Klagehäufung vor. Die Werte der einzelnen Ansprüche werden nicht gem. § 5 ZPO, § 39 GKG (ohne Entsprechung im GKG a.F.) zusammengerechnet, da ein Fall wirtschaftlicher Identität vorliegt. Wertbestimmend ist vielmehr die Klagesumme.2
2555
Dies gilt ebenso, wenn der Kläger die Beklagten aufgrund gesamtschuldnerischer Verbindung zwar gemeinsam, aber in unterschiedlicher Höhe in Anspruch nimmt. Auch hier muss der Streitwert einheitlich nach der vollen Höhe des Klageantrags festgesetzt werden, also auch gegenüber demjenigen Beklagten, von dem ein geringerer Betrag gefordert wird.3 Die Beteiligungsunterschiede sind erst bei der Kostengrundentscheidung (§§ 92, 100 ZPO) auszugleichen.
2556
Sind nichtvermögensrechtliche Ansprüche Gegenstand des Rechtsstreits, ist regelmäßig eine Wertaddition geboten, da ihnen kein (gemeinsames) wirtschaftliches Interesse zugrunde liegt. Hiervon ist beispielsweise auszugehen, wenn der Kläger von mehreren Beklagten die Unterlassung künftiger ehrverletzender oder unzulässiger wettbewerblicher Äußerungen beansprucht.4 Selbst wenn gleichartige Verletzungshandlungen vorliegen, kann der Kläger von jedem Streitgenossen kumulativ die Erfüllung der Unterlassungsverpflichtung verlangen.5 Gleiches gilt für die Inanspruchnahme mehrere Beklagten auf Rechnungslegung oder Auskunftserteilung, selbst wenn für den (vorzubereitenden) Hauptanspruch eine gesamtschuldnerische Haftung besteht.6 Dass hier eine Mehrheit der Streitgegenstände zur Bewertung stehen, erhellt auch den Umstand, dass der gemeinsame Prozess gegen die Streitgenossen gem. § 145 ZPO getrennt werden kann, ohne dass sich die von jedem Kläger für sich beanspruchte oder von jedem Beklagten zu erbringende Leistung verändern würde. Hiervon abweichend stellt das KG7 bei einem Unterlassungsbegehren mehrerer Kläger gegen einen Beklagten auf das
2557
1 Vgl. Zöller/Vollkommer, § 60 Rn. 5. 2 BGH, Beschl. v. 25.11.2003 – VI ZR 418/02, MDR 2004, 406; BGHZ 23, 339; OLG Hamm, Beschl. v. 9.6.2011 – 24 U 147/08, BauR 2011, 1546; RGZ 116, 309; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Gesamtschuldner“ Rn. 1; Zöller/Herget, § 5 ZPO Rn. 8. 3 BGH, Beschl. v. 23.6.1983 – IVa ZR 156/82, KostRsp.ZPO § 5 Nr. 53 mit Anm. E. Schneider, AnwBl. 1976, 339. 4 BGH, GRUR-RR 2008, 460; Beschl. v. 15.4.2008 – X ZB 12/06, AGS 2008, 327; Beschl. v. 12.7.1994 – VI ZB 43/93, NJW-RR 1994, 1404; OLG Hamburg, Beschl. v. 3.4.2013 – 3 W 18/13, MDR 2013, 1240 (Ls.); OLG München, Beschl. v. 10.11.1992 – 21 W 2023/92, MDR 1993, 286; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagenhäufung“ Rn. 13. 5 Für das Wettbewerbsrecht BGH, Beschl. v. 15.4.2008 – X ZB 12/06, AGS 2008, 327; OLG Köln, OLGR 2006, 134; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.12.1999 – 20 W 40/99, GRUR 2000, 825; a.A. Tillmann, GRUR 1986, 691, (694). 6 BGH, Beschl. v. 15.4.2008 – X ZB 12/06, AGS 2008, 327. 7 KG, Beschl. v. 6.4.1999 – 5 W 12/99, KGR 1999, 344.
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Gesamtschuldner höchste Interesse eines Klägers ab und addiert für jeden weiteren Kläger einen Zuschlag in der Höhe, die seinem Interesse an einer selbständigen Verfolgung entspricht. 2558
Die Klagesumme ohne Zinsen und Kosten ist ferner maßgeblich, wenn mehrere Gesamtschuldner Feststellung begehren, dass der gegen sie ergangene Titel nichtig ist, und dessen Herausgabe begehren.1 Für eine von zwei Gesamtschuldnern erhobene Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) hat Gleiches zu gelten.
2559
Verlangt ein Gesamtschuldner vom anderen unter Berufung auf das Innenverhältnis Ausgleich oder Freistellung, dann ist sein Begehren nach § 3 ZPO zu bewerten. Ist der Klageantrag auf Zahlung oder Freistellung in bestimmter Höhe gerichtet, bestimmt sich der Streitwert nach dem Klagebetrag.
2560
Ansonsten muss bei der Bewertung berücksichtigt werden, dass der Gläubiger berechtigt ist, einen Gesamtschuldner nach seiner Wahl voll in Anspruch zu nehmen (§ 421 BGB), ihn das Innenverhältnis (§ 426 Abs. 1 BGB) also nicht bindet, tatsächlich aber in aller Regel einer der Gesamtschuldner – meist sind es Eheleute – der vermögendere Schuldner ist, dessen Inanspruchnahme durch den Gläubiger wahrscheinlich ist. Daher sollte weder grundsätzlich der volle Schuldbetrag2 noch stets der halbe Valutabetrag3 festgesetzt werden.
2561
Es ist vielmehr anhand der Umstände des konkreten Falles zu klären, welche tatsächliche wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung die Freistellung eines Gesamtschuldners durch den anderen hat. Dabei können sich durchaus Bruchteilswerte der insgesamt noch geschuldeten Valuta ergeben, die bei gleicher Innenhaftung unterhalb der Hälfte oder oberhalb der Hälfte liegen. Siehe auch das Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“, Rn. 1575 ff.
2561a
Verteidigen sich die Beklagten, die als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden, mit einer streitigen Hilfsaufrechnung, so kommt eine Streitwerterhöhung nach § 45 Abs. 3 GKG nur für den Gesamtschuldner in Betracht, dessen Haftung das Gericht für die Klageforderung bejaht und deshalb in einer der Rechtskraft fähigen Weise über die Aufrechnungsforderung entscheidet.4
C. Rechtsmittel und Beschwer 2562
Unterliegen der Kläger oder alle Gesamtschuldner in vollem Umfang, bestimmt sich die Beschwer nach dem Klagebetrag.
2563
Dringt der Kläger mit der Klage gegen einen von mehreren Gesamtschuldnern durch und wird zugleich seine Klage gegen den anderen Gesamtschuldner abgewiesen, dann werden der erste Gesamtschuldner (wegen seiner Verurteilung) und der Kläger (wegen der Klageabweisung im Verhältnis zum anderen Gesamtschuldner) beschwert. Legen beide Beschwerten Berufung ein, dann betreffen die wechselseitig eingelegten Rechtsmittel denselben Gegenstand. Weder für die Berechnung der Beschwer noch für die Streitwerte der beiden Rechtsmittel ist gem. § 5 ZPO, § 45 Abs. 2 GKG zu addieren5 – s. auch das Stichwort „Rechtsmittel“. 1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.11.1990 – 1 W 53/90, MDR 1991, 353; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Gesamtschuldner“ Rn. 5. 2 So OLG Karlsruhe, AnwBl. 1974, 394; KG, JurBüro 1968, 466. 3 OLG Hamburg, JurBüro 1980, 279. 4 AG Düsseldorf, Beschl. v. 3.1.2008 – 20 C 180062/06, AGS 2008, 137 mit zust. Anm. N. Schneider. 5 BGH, Urt. v. 28.9.1994 – XII ZR 50/94, NJW 1994, 3292; Beschl. v. 22.9.1952 – III ZR 367/51, BGHZ 7, 152; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Gesamtschuldner“ Rn. 3; a.A. noch RG, Beschl. v. 25.9.1934 – III B 11/34, RGZ 145, 164.
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Geschftsrume
D. Vergleich Endet ein gegen gesamtschuldnerisch verbundene Beklagte geführter Rechtsstreit mit einem Vergleich, in dem neben der Klageforderung auch Ausgleichs- oder Regressansprüche der Streitgegenossen untereinander geregelt werden, führt das nicht zu einer Erhöhung des Gegenstandswerts des Vergleichs. Denn eine Werterhöhung aufgrund der Regelung nicht rechtshängiger Ansprüche setzt voraus, dass hierüber zwischen dem Kläger und dem Beklagten Streit besteht.1 Weitergehende Gebührenansprüche der die Streitgegenossen vertretenden Anwälte gegen ihre Mandanten sind dagegen nicht ausgeschlossen.
2564
Geschftsgebhr Siehe das Stichwort „Vorgerichtliche Kosten“, Rn. 5944 ff.
Geschftsrume Geschäftsräume fallen nicht unter den Begriff des Wohnraums. § 41 GKG ist daher bereits nach seinem Wortlaut unmittelbar nur auf Streitigkeiten über Bestand und Dauer des gewerblichen Mietverhältnisses (Abs. 1) sowie auf das Verlangen nach Räumung von Geschäftsräumen (Abs. 2) anwendbar. Insoweit ist auf die Ausführungen bei dem Stichwort „Mietstreitigkeiten“ zu verweisen.
2565
Der Gebührenstreitwert einer Klage auf Feststellung einer wucherischen (Staffel-)Mietpreisvereinbarung ist nach § 41 Abs. 1 GKG nach dem Jahresbetrag der gesamten Miete zu bemessen, soweit nicht der auf die streitige Zeit entfallende Betrag geringer ist. Der Einwand einer wucherischen Miete ist gem. § 138 Abs. 1 BGB geeignet, den rechtlichen Bestand des Mietvertrages in Zweifel zu ziehen, da bei der Geschäftsraummiete keine sozialstaatlichen Erwägungen greifen, die eine Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses gebieten.2
2566
Streitigkeiten über den Inhalt des Mietvertrages und der sich daraus ergebenden Verpflichtungen fallen nicht unter § 41 Abs. 1 GKG.3 Daher bemisst sich der Wert einer Klage des Vermieters auf Zahlung rückständiger Gewerbemiete oder des Mieters auf Feststellung, dass nur ein geringerer Mietzins geschuldet wird, nach § 3 ZPO.
2567
Das gilt auch für die Durchsetzung eines mietvertraglich vereinbarten Konkurrentenschutzes. Verlangt der Mieter vom Vermieter es zu unterlassen, anderweitig noch vorhandene Räumlichkeiten an einen Konkurrenten zu vermieten, bemisst sich der Streitwert gem. § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO nach dem bei Verletzung einer Konkurrentenschutzklausel drohenden Gewinnentgang. Der maßgebliche Zeitraum bestimmt sich bei befristeten Mietverhältnissen nach der noch bevorstehenden Vertragsdauer und bei einer Befristung nach dem für den Vermieter nächstmöglichen Kündigungstermin, in beiden Fällen begrenzt auf das 3,5-fache des Jahresmietbetrags (arg. § 9 ZPO). Für eine zusätzliche Berücksichtigung eines an
2568
1 OLG Frankfurt, Beschl. 12.3.2009 – 3 W 10/09, NJW-RR 2009, 1079. 2 BGH, Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NJW-RR 2006, 16. 3 BGH, Beschl. v. 9.8.2006 – XII ZR 165/05, MDR 2007, 202; Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NZM 2005, 944; Beschl. v. 20.4.2005 – XII ZR 248/04, NZM 2005, 519.
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der Mangelhaftigkeit der Mietsache (fehlende Konkurrenzfreiheit) orientierten Minderungs- oder Schadensersatzinteresses besteht schon unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Identität kein Raum.1 Für die Ermittlung der Beschwer des Vermieters bei einer der Klage stattgebenden Entscheidung gilt ebenfalls § 3 ZPO. Die Beschwer entspricht im letztgenannten Fall den zu erwartenden Kosten der Rechtsverfolgung, die der Vermieter aufwenden müsste, um eine Unterlassung gewerblicher Tätigkeit gegenüber dem Konkurrenten durchzusetzen.2 2569
Der Streitwert einer Klage auf Einhaltung einer (vertraglich vereinbarten) Betriebspflicht bestimmt sich nach dem Interesse des Vermieters an der Aufrechterhaltung der Vermietbarkeit der übrigen Gewerberäumlichkeiten in dem Gesamtobjekt. Bei pauschalierender Betrachtungsweise kann auf die Jahresmiete der an den Beklagten vermieteten Gewerbeeinheit abgestellt werden.3
2570
Streitigkeiten betreffend die Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen und Duldung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen bemessen sich auch bei der Geschäftsraummiete gem. § 41 Abs. 5 GKG nach dem Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung bzw. möglichen Mieterhöhung.4
2571
Klagt der Vermieter auf Zustimmung zur Mietzinserhöhung, gelangt § 41 Abs. 5 GKG nicht zur Anwendung, da diese Vorschrift nur für die Wohnraummiete gilt. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert bestimmen sich gem. § 9 ZPO, § 48 GKG nach dem 3,5-fachen Jahresentgelt, soweit die verbleibende Dauer des Mietverhältnisses nicht geringer ist.5 Der Gesetzgeber hat die Neufassung des GKG durch das KostRMoG 2004 nicht zum Anlass genommen, die in § 16 Abs. 5 GKG a.F. (jetzt § 41 Abs. 5 GKG) enthaltene Beschränkung auf Wohnraumietverhältnisse aufzuheben. Für eine analoge Anwendung fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke.6 Dass dessen sozialer Schutzzweck auch eine Erstreckung auf kleine Gewerbetreibende und Unternehmen rechtfertigen könnte, vermag über den klaren Wortlaut nicht hinweg zu helfen.
2572
Einer Bemessung nach § 3 ZPO steht entgegen, dass § 9 ZPO als speziellere Norm vorgeht.7 Denn mit dem Streit über die Zustimmung zur Erhöhung der Miete sind
1 BGH, Beschl. v. 9.8.2006 – XII ZR 165/05, NZM 2006, 777; KG, Rpfleger 1962, 154; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.3.1993 – 10 W 36/93, JurBüro 1994, 243; a.A. zur ergänzenden Berücksichtigung von Mietminderung und Schadensersatz aufgrund der Konkurrenz: OLG Düsseldorf, Beschl. 18.7.2005 – 24 W 33/05, NZM 2006, 158. 2 BGH, Beschl. 13.12.1995 – XII ZR 161/95, NJW-RR 1996, 460. 3 KG, Beschl. v. 7.3.2006 – 8 W 2/06, ZMR 2006, 611. 4 BGH, Beschl. v. 2.11.2005 – XII ZR 137/05, ZMR 2006, 190; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.3.2007 – 24 W 9/07, JurBüro 2007, 426 – Pachtverhältnis; a.A. Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 37, 38; Binz/Dörndorfer, § 41 GKG Rn. 15. 5 BGH, Beschl. v. 26.5.1993 – XII ZR 32/91, BGHR GKG § 16 Abs. 5 Gewerberaum; OLG Bamberg, JurBüro 1984, 254 mit zust. Anm. Mümmler; KG, Beschl. v. 7.4.2004 – 8 W 23/04, KGR 2004, 499 = AGS 2005, 354; OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.10.1995 – 3 W 23/95, JurBüro 1996, 193; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.10.1992 – 24 W 47/92, MDR 1993, 697; OLG Hamburg, Beschl. v. 6.7.1990 – 4 W 45/90, MDR 1990, 1024; OLG Köln, Beschl. v. 21.2.1991 – 18 U 78/90, MDR 1991, 545; OLG München, Beschl. v. 5.6.2007 – 34 SchH 02/07, SchiedsVZ 2007, 330; ebenso für die Klage auf Pachtzinserhöhung: OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.8.1982 – 4 W 14/82, AnwBl. 1982, 486; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 35; a.A. 12. Auflage; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Mietstreitigkeiten“. 6 KG, Beschl. v. 7.4.2004 – 8 W 23/04, AGS 2005, 354. 7 OLG Frankfurt, Beschl. 30.10.1992 – 24 W 47/92, MDR 1993, 697; OLG Köln, Beschl. v. 21.2.1991 – 18 U 78/90, MDR 1991, 545.
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Geschftsschdigende ußerungen wiederkehrende Leistungen aus einem in seinem Umfang streitigen Stammrecht betroffen. Dass mit § 9 ZPO nicht die Rechtslage bei Mieterhöhungsklagen geregelt werden sollte und dieser zudem nur über § 48 Abs. 1 GKG zur Anwendung gelangt, rechtfertigt (spätestens) seit dem KostRMoG 2004 keine abweichende Beurteilung mehr. Die gegen eine Anwendung des § 9 ZPO im Hinblick auf die erhebliche Wertdifferenz zu § 41 GKG erhobenen Bedenken sind bereits mit der Neufassung und Beschränkung auf den 3,5-fachen Jahresbetrag durch das RPflEntlG 1993 überholt.1 Ebenso nach § 9 ZPO, § 48 GKG ist zu bewerten, wenn etwa wegen fortlaufend unpünktlicher Entgeltzahlungen gem. § 259 ZPO eine Klage auf künftige Leistung wegen Besorgnis der Nichterfüllung erhoben wird. Vor Klageerhebung aufgelaufene Mietrückstände sind auch hier hinzuzurechnen, arg. § 42 Abs. 5 GKG.2
2573
Klagt der Vermieter dagegen rückständigen oder zukünftigen Mietzins beziffert ein3 oder auf Feststellung über die Höhe der Miete,4 bestimmt sich der Wert, da nur einzelne Leistungen und nicht das Stammrecht Gegenstand der Klage sind, nach § 3 ZPO. Bei der Feststellungsklage ist zu beachten, dass deren Wert durch den Wert einer entsprechenden Leistungsklage auf künftige Miete (§ 9 ZPO) begrenzt wird.5
2574
Geschftsschdigende ußerungen Wird ein Anspruch auf Unterlassung oder Widerruf geschäftsschädigender Äußerungen ausdrücklich auf § 824 BGB gestützt, dann handelt es sich um einen vermögensrechtlichen Anspruch, dessen Streitwert nicht nach § 48 Abs. 2 GKG zu bemessen, sondern nach § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO zu schätzen ist.6
2575
Für die Schätzung sind, anders als bei Klagen auf Unterlassung unlauteren Wettbewerbs, weniger die Größe des Unternehmens des Klägers und die Höhe seines Umsatzes als vielmehr der Umfang sowie Art und Weise, in welcher der Beklagte Dritten gegenüber seine geschäftsschädigenden Behauptungen aufgestellt hat, zu berücksichtigen.7
2576
Wird der Anspruch auf Widerruf neben einem Anspruch auf Unterlassung geltend gemacht, sind die Ansprüche getrennt zu bewerten und die Werte zu addieren.8
2577
1 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 35. 2 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, MDR 2004, 1437; a.A. OLG Bamberg, Beschl. v. 19.11.1984 – 3 W 100/84, JurBüro 1985, 589; OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.3.1980 – 22 W 1/80, MDR 1980, 761– nach § 3 ZPO. 3 BGH, Beschl. v. 16.1.1985 – VIII ZR 112/84, KostRsp. GKG § 16 Nr. 39 mit Anm. E. Schneider; OLG Bamberg, JurBüro 1985, 589. 4 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, MDR 2004, 1437. 5 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, MDR 2004, 1437. 6 OLG Köln, MDR 1957, 238; LG Bayreuth, JurBüro 1975, 1356; ausführlich zur Abgrenzung zu ehrkränkenden Äußerungen s. die Stichworte „Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit“ sowie „Ehrkränkende Äußerungen“. 7 OLG Nürnberg, JurBüro 1967, 72 hat den Wert auf (umgerechnet) 2500 Euro festgesetzt, wenn in einem kleineren Ort, in dem die Verbreitung unwahrer Behauptungen schnell vonstatten geht, die Äußerungen in der Öffentlichkeit vor einer Reihe von Zeugen gemacht worden sind. 8 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.5.1980 – 15 W 34/80, AnwBl. 1980, 358.
Kurpat/Noethen
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ZPO
Geschmacksmuster/Design
Geschmacksmuster/Design 2578
Wegen der Bewertung von Schadensersatz- und Unterlassungsklagen aufgrund einer Designverletzung (früher: Geschmacksmuster), s. die Erläuterungen unter dem Stichwort „Gewerblicher Rechtsschutz“.
Gesellschaft Rechtsprechungs-ABC Rn. Abberufung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befreiung von Gesellschaftsschulden Einlageverpflichtung. . . . . . . . . . . . . Eintragung im Handelsregister . . . . . Eintragung in das Aktienregister . . . . Einziehung von Geschäftsanteilen . . Entnahmerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . Freigabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschafterliste . . . . . . . . . . . . . .
2579
. 2580 . . . . . . . . . .
2582 2587 2588 2589 2590 2592 2591 2593 2594 2595 2595a
Rn. Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . Herausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Informationserzwingungsverfahren Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . Klagezulassungsverfahren . . . . . . . Leistungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . Offenlegung der Verhältnisse . . . . . Organstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . Teilhaberschaft. . . . . . . . . . . . . . . . Übernahme, feindliche . . . . . . . . . . Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unwirksame Kündigung. . . . . . . . . Vergütungsklage . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
2596 2598 2599 2602 2603 2604 2606 2609 2614 2615 2616 2617 2618
Die Klagemöglichkeiten im Zusammenhang mit einer Gesellschaft sind vielfältig. Im Folgenden sollen die in der Praxis häufigsten Fälle nach Stichworten geordnet aufgeführt werden. Soweit keine speziellen gesellschaftsrechtlichen Bewertungsvorschriften einschlägig sind (vgl. §§ 247, 249 AktG), bestimmt sich der Streitwert zumeist nach § 3 ZPO. • Abberufung
2580
Der Streit um die Wirksamkeit der Abberufung eines Organmitglieds einer Kapitalgesellschaft ist gem. § 3 ZPO nach dem Interesse der Gesellschaft zu bewerten, dass der Abberufene von der Leitung der Gesellschaft ferngehalten wird bzw. nach dem gegenteiligen Interesse des Organs, weiterhin Lenkungs- und Leitungsmacht auszuüben.1 Die Gehaltsinteressen des Organs und die möglichen Folgeansprüche der Gesellschaft aus einer wirksamen Abberufung spielen dagegen keine Rolle,2 denn der Streitgegenstand betrifft nur die organrechtliche Stellung, nicht den zugrunde liegenden Dienstvertrag.3
2581
In gleicher Weise ist zu bewerten, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer seine Abberufung als Geschäftsführer und nicht auch zusätzlich die Beendigung seines Dienstverhältnisses angreift. Da die Abberufung keinen schwerwiegenderen Eingriff in die Rechte des Klägers darstellt als seine Ausschließung als Gesellschafter, 1 BGH, Beschl. v. 2.3.2009 – II ZR 59/08, MDR 2009, 815; Beschl. v. 22.5.1995 – II ZR 247/94, NJW-RR 1995, 1502; OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2012 – 14 U 10/12, GmbHR 2013, 414 = ZWH 2013, 416; OLG Thüringen, Urt. vom 8.1.2014 – 2 U 627/13, GmbHR 2014, 706 = NZG 2014, 391. 2 Vgl. auch BGH, Beschl. v. 28.5.1990 – II ZR 245/89, NJW-RR 1990, 1123. 3 Vgl. zu den Einzelheiten das Stichwort „Organe, Organmitglieder“.
472
Noethen/Kurpat
Gesellschaft kann auf den wirtschaftlichen Wert des betreffenden Geschäftsanteils als geeignetes Kriterium für eine Wertobergrenze abgestellt werden.1 Fehlen Angaben zum Verkehrswert, kann der Nennwert als Mindestwert herangezogen werden.2 Der mit der Abberufung verbundene Verlust an Einfluss auf die Geschäftspolitik von Tochtergesellschaften kann im Einzelfall werterhöhend zu berücksichtigen sein. • Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen Die Anfechtungsklagen gegen aktienrechtliche Beschlüsse werden – ebenso wie die Nichtigkeitsklagen – nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen bewertet (§§ 247, 249 AktG).3 Dabei darf der Streitwert 10 % des Grundkapitals bzw. 500 000 Euro nur dann übersteigen, wenn das Interesse des Klägers höher zu bewerten ist.4
2582
Die Bemessung des Streitwerts hängt in entscheidendem Maße von Inhalt und Gegenstand des Hauptversammlungsbeschlusses ab, dessen Nichtigkeit geklärt werden soll. Nach ihnen bemessen sich im Wesentlichen die wirtschaftlichen und gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen, die eine Nichtigkeit des Beschlusses für den anfechtenden Aktionär, die verklagte Gesellschaft und die übrigen Aktionäre hat. Art und Zahl der geltend gemachten Anfechtungsgründe sind dagegen nicht geeignet, den Streitwert zu beeinflussen.5
2583
§ 247 Abs. 2 AktG gibt die Möglichkeit der Streitwertbegünstigung, deren Wir- 2584 kung sich allerdings auf die Instanz beschränkt.6 Auf die genossenschaftsrechtliche Anfechtungsklage ist § 247 AktG entsprechend anzuwenden,7 weil es sich bei der Frage der Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Generalversammlung ebenfalls um schwierige Probleme handelt und die Begrenzung des Streitwertes durch den meist niedrigen Geschäftsanteil und ggf. die Haftungssumme des klagenden Genossen im Allgemeinen als nicht angemessen erscheint. Gleiches gilt für die Rechtsstreitigkeiten um Beschlüsse einer GmbH.8 Auf den Streit zwischen Gesellschaftern einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft9 sowie auf den Anfechtungs- oder Nichtigkeitsprozess eines Vereinsmitglieds gegen einen Beschluss der Mitgliederversammlung10 findet § 247 Abs. 1 AktG dagegen keine Anwendung.
2585
Führen mehrere Aktionäre Anfechtungsklagen gegen denselben Hauptversammlungsbeschluss, sind sie notwendige Streitgenossen i.S.d. § 62 Abs. 1 ZPO. Sind die Streitwerte für die einzelnen Klagen wegen unterschiedlichen Aktienbesitzes
2586
1 BGH, Beschl. v. 2.3.2009 – II ZR 59/08, GmbHR 2009, 995 = MDR 2009, 815; OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2012 – 14 U 10/12, GmbHR 2013, 414 = ZWH 2013, 416. 2 OLG Stuttgart, Urt. vom 19.12.2012 – 14 U 10/12, GmbHR 2013, 414 = ZWH 2013, 416. 3 Vgl. BGH, Beschl. v. 15.3.1999 – II ZR 94/98, NJW-RR 1999, 910. 4 Vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.1.1995 – 3 W 47/94, WM 1995, 620 zur Anfechtung des Beschlusses über die Entlastung des Aufsichtsratsvorsitzenden; BGH, Beschl. v. 28.5.1990 – II ZR 245/89, NJW-RR 1990, 1123 zur Anfechtung des Beschlusses über die Abberufung des GmbH-Geschäftsführers. 5 BGH, Beschl. v. 11.7.1994 – II ZR 58/94, NJW-RR 1995, 225 = ZIP 1994, 1355. 6 BGH, Beschl. v. 12.10.1992 – II ZR 213/91, MDR 1993, 184; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.2.1991 – 15 U 127/90, KostRsp. § 247 AktG Nr. 14 m. abl. Anm. E. Schneider; a.A. OLG Frankfurt, KostRsp. AktG § 247 Nr. 10. 7 OLG Bamberg, Beschl. v. 18.2.1980 – 3 W 70/79, JurBüro 1980, 759; OLG Naumburg, Beschl. v. 14.9.1998 – 12 W 25/98, JurBüro 1999, 310; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.10.2008 – 5 W 51/08, NZG 2009, 434 = SchlHA 2009, 131; OLG Zweibrücken, Urt. v. 27.6.2006 – 8 U 86/05, OLGR 2007, 750. 8 BGH, Beschl. v. 5.7.1999 – II ZR 313/97, NJW-RR 1999, 1485. 9 BGH, Beschl. v. 21.2.2002 – II ZR 91/00, NJW-RR 2002, 823. 10 BGH, Beschl. v. 25.5.1992 – II ZR 23/92, MDR 1993, 183.
Kurpat
473
Gesellschaft
ZPO
der Kläger nicht identisch, bestimmt sich der Gesamtstreitwert für das Verfahren nach dem höchsten Einzelstreitwert (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).1 • Auflösung 2587
Der Streitwert der Auflösungsklage ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Er entspricht grundsätzlich nicht der vollen Höhe der Beteiligung der Gesellschafter, da das Auflösungsurteil noch keinen vollstreckbaren Titel mit Zugriffsmöglichkeit auf das Auseinandersetzungsguthaben bildet. Zu berücksichtigen sind weitere Umstände wie eine Verlustgefahr oder Haftungserweiterung.2 • Ausschluss
2588
Der Wert der Klage auf Ausschluss eines Gesellschafters ist nach § 3 ZPO zu schätzen und bemisst sich nach dem Wert der Gesellschaftsanteile des Klägers.3 Das gilt ebenso, wenn der Betroffene gegen den Ausschließungsbeschluss mit der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage vorgeht. Für den Wert seines Anteils ist vorangig auf dessen Verkehrswert, hilfsweise auf den Nennwert, abzustellen.4 • Befreiung von Gesellschaftsschulden
2589
Der Wert der Klage eines Gesellschafters gegen den anderen auf Befreiung von Gesellschaftsschulden wegen seines Ausscheidens richtet sich gem. § 6 ZPO nach dem Gesamtwert der Schulden. • Einlageverpflichtung
2590
Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert einer Feststsellungsklage, wonach eine Verpflichtung für eine ratierlich über die gesamte Beteiligungsdauer zu erbringende Einlagenzahlung aus einem stillen Gesellschaftsvertrag nicht besteht, bestimmt sich nach den Regeln für wiederkehrende Leistungen (§ 9 ZPO) nach dem 3,5-fachen des Jahresbetrags.5 Das gilt in gleicher Weise für Freistellungsansprüche.6 • Eintragung in das Aktienregister
2591
Die Klage auf Eintragung in das Aktienregister gem. § 67 Abs. 1 AktG ist ebenfalls nach § 3 ZPO zu bewerten, wobei vom wirtschaftlichen Interesse des Klägers am Erfolg der Klage auszugehen ist. Da die Eintragung dem Eingetragenen im Verhältnis zur Aktiengesellschaft die Möglichkeit verschafft, die Zahlung etwaiger Dividenden zu fordern und aktienrechtliche Mitwirkungsrechte auszuüben, wird auf 1 OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.2.2001 – 20 W 1/01, OLGR 2001, 270. 2 OLG Köln, Beschl. v. 14.12.1987 – 2 W 181/87, DB 1988, 281. 3 BGH, Beschl. v. 28.11.1955 – II ZR 19/55, BGHZ 19, 173; OLG Rostock, Urt. v. 19.12.2007 – 6 U 103/06, OLGR 2009, 97; OLG Stuttgart, Urt. v. 13.5.2013 – 14 U 12/13, GmbHR 2013, 274; Urt. v. 19.12.2012 – 14 U 10/12, GmbHR 2013, 414 = ZWH 2013, 416; vgl. zu den Einzelheiten das Stichwort „Ausschließung“. 4 OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2012 – 14 U 10/12, GmbHR 2013, 414 = ZWH 2013, 416; OLG Rostock, Urt. v. 19.12.2007 – 6 U 103/06, OLGR 2009, 97; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Ausschluss“. 5 BGH, Beschl. v. 4.4.2005 – II ZR 192/04; KG, MDR 2010, 47; OLG Dresden, Beschl. v. 20.9.2005 – 8 W 702/05; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.9.2012 – 9 W 43/12; OLG SachsenAnhalt, Beschl. v. 16.7.2007 – 10 W 29/07; a.A. OLG Frankfurt MDR 2009, 353. 6 BGH, Beschl. v. 4.4.2005 – II ZR 107/04; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.9.2012 – 9 W 43/12.
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Gesellschaft einen Bruchteil (1/10 bis 1/4) des Wertes dieser Rechte abzustellen sein. Als Regelfall erscheint eine Feststetzung auf 1/4 des Aktienwerts angemessen.1 • Eintragung im Handelsregister Der Wert einer Klage, die das Ziel verfolgt, eine bestimmte Eintragung im Handelsregister zu erreichen, ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Es kann ein Bruchteil des klägerischen Anteils an der Gesellschaft – je nach Umständen des Einzelfalls – i.H.v. 1/10 bis 1/4 angesetzt werden.
2592
• Einziehung von Geschäftsanteilen Der Streitwert der Klage, einen Einziehungsbeschluss für nichtig zu erklären, bestimmt sich regelmäßig nach dem Wert des betroffenen Geschäftsanteils. Der Vermögenswert der gesellschafterlichen Mitwirkungs- und Kontrollrechte, deren Verlust mit der Einziehung des Geschäftsanteils notwendigerweise einhergeht, ist nicht höher als der Anteilswert zu bemessen.2
2593
• Entnahmerecht Nimmt der Kläger als Kommanditist ein vertraglich vereinbartes Entnahmerecht für sich während der Dauer des Gesellschaftsvertrages in Anspruch, dann ist der Streitwert nach § 9 ZPO auf den 3,5-fachen Jahresbetrag festzusetzen, bei positiver Feststellung mit einem Abschlag von 20 %.3
2594
• Freigabeverfahren Gemäß § 246a AktG kann eine Aktiengesellschaft feststellen lassen, dass bereits erhobene Beschlussanfechtungsklagen der Eintragung des Beschlussinhalts in das Handelsregister nicht entgegenstehen, weil die Klagen unzulässig oder offensichtlich unbegründet sind oder weil das Wirksamwerden des Beschlusses zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Gesellschaft vorrangig erscheint. Der Wert des Verfahrens ist gem. § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 GKG nach § 3 ZPO zu bestimmen und orientiert sich am Wert des Hauptsacheverfahrens.4 Hierbei kann auf die Bewertungskriterien des § 247 AktG zurückgegriffen werden.5 In der Regel liegt der Streitwert zwischen dem Wert des Antragsteller- und des Antragsgegenerinteresses. Ersteres entspricht dem Vermögenswert oder der sonstigen Bedeutung der beschlossenen Maßnahme, letzteres dem wirtschaftlichen Erfolg, den er mit der Nichtfreigabe anstrebt, begrenzt durch den Wert seines Aktienbesitzes.6 Für den Wert des Beschwerdeverfahrens gegen eine erstinstanzliche Freigabeanordnung stellt das OLG Frankfurt auf das Interesse der Antragstellerin an der Überwindung der Registersperre ab.
1 OLG Hamm, Beschl. v. 15.4.2008 – 27 W 54/07, OLGR 2008, 688 = AG 2008, 671. 2 BGH, Beschl. v. 8.12.2008 – II ZR 39/08, NZG 2009, 518 = DStR 2009, 339; OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.5.2013 – 14 U 12/13, GmbHR 2013, 803 = NZG 2013, 1146. 3 OLG Bamberg, JurBüro 1982, 284. 4 OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.7.2012 – 12 AktG 778/12, ZIP 2012, 2052 = AG 2012, 758; OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.12.2012 – 20 AktG 1/12, AG 2013, 604: hohe Bruchteilsbewertung; Beschl. v. 19.10.2009 – 20 AR (Freig) 1/09, AG 2010, 89. 5 Hüffer, § 246a AktG Rn. 10. 6 OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.7.2012 – 12 AktG 778/12, ZIP 2012, 2052 = AG 2012, 758.
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2595
ZPO
Gesellschaft • Gesellschafterliste 2595a
Streitigkeiten über den Inhalt der Gesellschafterliste bemessen sich nach einem Bruchteil des behaupteten Geschäftsanteils. Das gilt für die auf Duldung der Eintragung eines Widerspruchs im Handelsregister ebenso wie für die auf Einreichung einer neuen Gesellschafterliste gerichtete Klage. Der Wert des einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Eintragung eines Widerspruchs entspricht dem des Hauptsacheverfahrens, da beiden dieselbe Wirkung zukommt.1 • Gesellschaftsvertrag
2596
Der Wert der Klage auf Feststellung des Bestehens, der Fortdauer oder Auflösung des Gesellschaftsvertrages bemisst sich nach § 3 ZPO. Hier ist eine Zusammenschau aller in Betracht kommenden Bemessungsfaktoren geboten.2 Streiten sich die Parteien nicht um die Auflösung der Gesellschaft als solche, sondern nur um die Frage des genauen Zeitpunktes, so ist nur ein Bruchteil des nach § 3 ZPO ermittelten Wertes anzusetzen.
2597
Der gebührenrechtliche Wert (§ 2 Abs. 1 RVG) für die Änderung eines Gesellschaftsvertrages ist mangels anderer Anhaltspunkte gem. § 23 Abs. 3 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Der BGH hat in der Entscheidung vom 24.11.19943 maßgeblich darauf abgestellt, welche Bestimmungen des bereits bestehenden Gesellschaftsvertrages geändert wurden und was diese Änderungen (steuerrechtlich, erbrechtlich, haftungsrechtlich etc.) für die Gesellschaft bedeuteten. • Herausgabe
2598
Die Klage auf Herausgabe von Aktien, Interimsscheinen, Gewinnanteilsscheinen oder Bezugsrechten ist nach § 6 ZPO zu bewerten. Maßgeblich ist der Verkehrswert der jeweiligen Urkunde. • Informationserzwingungsverfahren
2599
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 GNotKG gilt für die Festsetzung des Geschäftswertes des Verfahrens nach § 51b GmbHG bzw. § 132 AktG die Regelung in § 36 Abs. 3 GNotKG mit der Maßgabe, dass der Wert regelmäßig mit 5000 Euro anzunehmen ist.
2600
Der Geschäftswert ist auch dann einheitlich festzusetzen, wenn mehrere Beteiligte Informationsanträge gestellt haben.4 Der Zahl der Antragsteller ist nicht durch bloße schematische Multiplikation des Regelgeschäftswertes mit der Zahl der Anträge Rechnung zu tragen, sondern durch angemessene Erhöhung des Geschäftswertes bis zur Obergrenze von 1 000 000 Euro (§ 36 Abs. 3 GNotKG). Maßgeblich ist für die Erhöhung, ob es sich um mehrere selbständige Informationsbegehren handelt, oder ob und in welchem Umfang die Auskünfte zusammenhängen5 bzw. ob die Antragsteller dem Verfahren eine über den Verfahrensgegenstand hinausgehende grundsätzliche Bedeutung beimessen.6 1 OLG Brandenburg, Beschl. v. 6.11.2012 – 7 U 125/12. 2 OLG Köln, Beschl. v. 22.6.1982 – 2 W 79/82, JurBüro 1982, 1719; OLG Köln, Beschl. v. 14.12.1987 – 2 W 181/87, DB 1988, 281. 3 BGH, Urt. v. 24.11.1994 – IX ZR 222/93, MDR 1995, 319. 4 BayObLG, Beschl. v. 28.3.1991 – BReg. 3 Z 2/91, GmbHR 1991, 576; BayObLG, Beschl. v. 27.5.1993 – 3 Z BR 55/93, JurBüro 1994, 756; BayObLG, Beschl. v. 14.11.2000 – 3 Z BR 321/00, JurBüro 2001, 254. 5 BayObLG v. 8.2.2000 – 1Z BR 150/99, NJW-RR 2000, 1201. 6 BayObLG, Beschl. v. 27.5.1993 – 3 Z BR 55/93, JurBüro 1994, 756; ähnlich auch OLG Stuttgart, Beschl. v. 8.5.1992 – 8 W 244/91, DB 1992, 1179.
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Kurpat
Gesellschaft Das OLG Frankfurt1 vertritt die Ansicht, dass der Regelwert mit der Zahl der gestellten Fragen zu multiplizieren ist, wenn das Verfahren mehrere Fragen mit jeweils einem eigenständigen Inhalt zum Gegenstand hat. Dagegen spricht schon, dass § 36 Abs. 3 GNotKG nicht auf die einzelne Frage, sondern auf das Verfahren als solches abstellt und für dieses einen Regelstreitwert vorgibt. Dieser kann nach den Umständen des Einzelfalls dann niedriger oder höher angenommen werden.
2601
• Jahresabschluss Kapitalgesellschaften und ihnen gem. § 264a HGB gleichgestellte Personenhandelsgesellschaften sind gem. § 325 HGB verpflichtet, ihren Jahresabschluss offen zu legen, dh. dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers zur Verfügung zu stellen und dessen (kostenpflichtige) Veröffentlichung zu veranlassen. Kommt die Gesellschaft der ihr obliegenden Offenlegungspflicht trotz Ordnungsgeldandrohung nicht nach, kann das Bundesamt für Justiz gem. § 335 HGB ein Ordnungsgeld von 2500 bis 25 000 Euro gegen die Gesellschaft als auch gegen deren gesetzliche Vertreter verhängen. Gegen die Androhung steht dem Betroffenen die Möglichkeit des Einspruchs, gegen die Ordnungsgeldfestsetzung die der Beschwerde zu. Das Verfahren richtet sich seit dem 1.9.2009 nach den Vorschriften des FamFG. Der Verfahrenswert bemisst sich nach der Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes.
2602
Der Streitwert einer Klage, die Nichtigkeit des Jahresabschlusses festzustellen, bemisst sich gem. §§ 256 Abs. 1, 249 Abs. 1 Satz 1, 256 Abs. 7 AktG.2 Hierbei kann, etwa wenn die Klage auf eine unzulässige Unterbewertung von Aktivposten (§ 256 Abs. 5 Nr. 2, Satz 3 AktG) abzielt, auf die von dem Kläger angegriffenen Positionen des Jahresabschlusses zurückgegriffen werden. • Klagezulassungsverfahren Nach § 148 AktG lässt das Gericht die Klage dann zu, wenn Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung (§§ 117, 147 Abs. 1 AktG) ein Schaden entstanden ist. Die Bewertung des Verfahrens richtet sich gem. § 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG nach § 3 ZPO und orientiert sich an dem nach dem Vortrag des Antragstellers denkbaren Schaden der Gesellschaft.3
2603
• Leistungsklage Für die Klage eines Gesellschafters gegen einen Mitgesellschafter mit dem Ziel einer Leistung an die Gesellschaft (actio pro socio) ist nicht nur der Anteil des Klägers am Gesellschaftsvermögen,4 sondern der volle Betrag der Forderung ohne Abzug des klägerischen Anteils anzusetzen. Nach anderer Ansicht5 ist vom Betrag der Forderung der Anteil des Beklagten abzuziehen.
2604
Das Verlangen eines Gesellschafters, ein Mitgesellschafter möge Geldbeträge zum Gesellschaftsvermögen zurückführen, die er unter Überschreitung seiner Befugnisse für die Errichtung von betrieblichen Erweiterungsbauten verwendet habe, bemisst sich nach dem vollen Wert des zurückzuführenden Geldbetrages, nicht
2605
1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.8.1992 – 20 W 300/92, DB 1992, 1920. 2 OLG München, Beschl. v. 7.1.2008 – 7 U 3773/07, AG 2008, 59 = WM 2008, 876. 3 LG München, Beschl. v. 29.3.2007 – 5 HKO 12931/06, NZG 2007, 477 = AG 2007, 458 – unangemessene Vergütung von Vorstandsmitgliedern. 4 RGZ 171, 52. 5 Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Gesellschaft“.
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Gesellschaft
ZPO
nur nach dem Anteil des klagenden Gesellschafters. Dieser nimmt nämlich nicht nur seine Belange als Gesellschafter wahr, sondern jedenfalls auch die der Gesellschaft. Dieser aber steht ggf. der volle, zu Unrecht (weil außerhalb der Vertretungsmacht) verwendete Geldbetrag zu.1 • Offenlegung der Verhältnisse 2606
Begehrt ein Vorstandsmitglied gegen die Aktiengesellschaft Einsicht in Geschäftsunterlagen, so richtet sich der Streitwert nach der Art des verfolgten Interesses. Soweit der Antragsteller lediglich persönliche oder gesellschaftsfremde Ziele verfolgt, sind die wirtschaftlichen Belange der Gesellschaft unbeachtlich. Soll dagegen die Organtätigkeit als Vorstandsmitglied durchgesetzt werden, ist deren Bedeutung für die Gesellschaft maßgeblich.2
2607
Der Streitwert des Antrags eines Gesellschafters gegen die GmbH auf Offenlegung der Verhältnisse (Einsicht in die Geschäftsbücher, Geschäftspapiere und Bilanzen zur Feststellung der Umsätze, Auskunft über die Vergütung des Aufsichtsrats und der Unternehmensleistung) ist mindestens nach dem Gewinn zu bemessen, den der Kläger als Folge der Offenlegung erwarten kann. Der Streitwert darf jedoch nicht höher als der Kurswert der Anteile des Klägers festgesetzt werden.3 Wird ein solcher Anspruch im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht, so führt dies dann nicht zu einer Ermäßigung des Streitwertes auf einen Bruchteil,4 wenn die begehrte Maßnahme volle Befriedigung verschaffen würde.5
2608
Demgegenüber bemisst sich der Streitwert des von einem Aktionär entprechend § 132 AktG geltend gemachten Auskunftsrechts nach dem Regelwert von 5000 Euro, § 1 Abs. 2 Nr. 1 GNotKG. Das gilt auch für den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens.6 • Organstellung
2609
Bei Klagen im Zusammenhang mit der Beendigung der Organstellung ist danach zu unterscheiden, worauf die Beendigung beruht.7
2610
Bei Klagen gegen die Abberufung als Geschäftsführer erfolgt die Streitwertbestimmung nach § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO, wobei das Interesse beider Parteien berücksichtigt wird.8 Kämpft der Kläger also nur um seine Organstellung und will er weiterhin als Geschäftsführer die Lenkungs- und Leitungsmacht des beklagten Unternehmens behalten oder wieder in die Hand bekommen, dann berücksichtigt der BGH auch das gegenteilige Interesse des Beklagten, den Kläger von der Geschäftsführung fern zu halten.9 Dies gilt gleichermaßen, wenn der Streit darum geht, ob das abberufene Organmitglied überhaupt wirksam bestellt worden ist.10 Ist der Kläger zugleich Gesellschafter des Unternehmens, dann stellt der wirt1 2 3 4 5 6 7
OLG München, NJW 1965, 258. OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.11.1990 – 5 W 25/90, MDR 1991, 354. OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.11.1990 – 5 W 25/90, MDR 1991, 354. Vgl. zur grundsätzlichen Bruchteilsbewertung das Stichwort „Einstweilige Verfügung“. Zur Durchsetzung von Informationsrechten s. auch das Stichwort „Auskunftsanspruch“. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.10.2009 – 26 W 5/09, AG 2010, 211. Siehe dazu BGH, Beschl. v. 28.5.1990 – II ZR 245/89, NJW-RR 1990, 1123; zu den Einzelheiten vgl. das Stichwort „Organe, Organmitglieder“. 8 BGH, Beschl. v. 28.5.1990 – II ZR 245/89, KostRsp. ZPO § 9 Nr. 39 mit Anm. Schneider = NJW-RR 1990, 1123; Beschl. v. 22.5.1995 – II ZR 247/94, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1206 = NJW-RR 1995, 1502. 9 BGH, Beschl. v. 2.3.2009 – II Z 59/08; Beschl. v. 22.5.1995 – II ZR 247/94, NJW-RR 1995, 1502; zustimmend: OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.8.2012 – 14 W 8/12. 10 BGH, Beschl. v. 22.5.1995 – II ZR 247/94, NJW-RR 1995, 1502.
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Gesellschaft schaftliche Wert seines Geschäftsanteils die Obergrenze für die Wertbemessung dar, da seine Abberufung als Geschäftsführers nicht schwerer wiegt als sein Ausschluss als Gesellschafter.1 Das Gehaltsinteresse des Abberufenen und etwaige Ansprüche der Gesellschaft aus der Abberufung sind dagegen unbeachtlich, weil sie nicht die organschaftliche Stellung, sondern den Dienstvertrag aus dem Innenverhältnis betreffen.
2611
Nur dann, wenn auch die Beendigung des Anstellungsverhältnisses (Dienstvertrag) und damit der Verlust der daraus abgeleiteten Gehaltsansprüche angegriffen wird, ist § 9 ZPO für die Beschwer anwendbar2 und § 42 Abs. 2 GKG für die Gebührenberechnung, wobei es nicht auf das Jahresentgelt, sondern lediglich auf das zwischen Beschlussfassung und nächstmöglicher ordentlicher Kündigung anfallende Entgelt ankommt.3 Auch bei einem Antrag auf Feststellung des Fortbestehens des Dienstverhältnisses wendet der BGH die Regelung des § 42 Abs. 2 GKG für die Bestimmung des Gebührenstreitwerts (Vergütungsinteresse des Klägers) und die Regelung des § 9 ZPO für die Beschwer an.4 Nach anderer Ansicht ist der Gebührenstreitwert einer Feststellungsklage über das Bestehen eines Dienstverhältnisses des Geschäftsführers nach § 3 ZPO zu schätzen.
2612
Werden die Klage auf Feststellung der Gesellschaftereigenschaft und die Klage auf Duldung der Einsicht in die Geschäftsbücher verbunden, dann ist jede Klage nach § 3 ZPO zu bemessen und sind sodann die beiden Werte gem. § 5 ZPO zusammenzurechnen.5
2613
• Teilhaberschaft Der Wert der Klage auf Feststellung der Teilhaberschaft bemisst sich gem. § 3 ZPO nach dem Interesse des Klägers am Gewinn.
2614
• Übernahme, feindliche Begehrt ein Aktionär im Wege der einstweiligen Verfügung, dass der Vorstand der Aktiengesellschaft Abwehrmaßnahmen gegen ein feindliches Übernahmeangebot unterlässt und kurzfristig eine Hauptversammlung einberuft, in der über Zustimmung oder Ablehnung des Angebotes entschieden werden soll, ist der Streitwert in analoger Anwendung von § 247 AktG festzusetzen.6
2615
• Übertragung Die Klage auf Übertragung des Anteils an einer GmbH richtet sich nicht nach dem Nominalwert des Geschäftsanteils, sondern nach dem Verkehrswert.7 Die Ermittlung des Wertes ist schwieriger als bei Anteilen einer AG, da Aktien an der Börse gehandelt werden und einen Kurswert haben. Sie ist aber dadurch nicht ausgeschlossen und kann je nach der wirtschaftlichen Situation der GmbH unter oder über dem 1 BGH, Beschl. v. 28.6.2011 – II Z 127/10; Beschl. v. 2.3.2009 – II Z 59/08; zustimmend: OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.8.2012 – 14 W 8/12. 2 BGH, Beschl. v. 17.1.1994 – II ZR 219/93, GmbHR 1994, 244 – Beschwer richtet sich nach dem Vergütungsinteresse. 3 OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.5.2013 – 14 U 12/13, GmbHR 2013, 803 = NZG 2013, 1146. 4 BGH, Beschl. v. 9.6.2005 – III ZR 21/04, BGHR 2005, 1288 = AGS 2005, 454; Beschl. v. 17.1.1994 – II ZR 219/93, KostRsp. ZPO § 9 Nr. 49 = GmbHR 1994, 244; KG, Beschl. v. 21.6.1996 – 5 W 2444/96, NJW-RR 1997, 543. 5 OLG Karlsruhe, HRR 1930 Nr. 746. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.8.2000 – 6 W 33/00, OLGR 2000, 472. 7 OLG Frankfurt, JurBüro 1980, 606 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 469; ebenso Riedel, JurBüro 1962, 255.
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2616
Gesetzliche Erbfolge
ZPO
Nominalwert des Anteils liegen. Es ist jedoch kein Aufschlag wegen des Gewinnbezugsrechts zu machen, da dieses Bestandteil des Gesellschaftsanteils und damit bereits ausschlaggebender Faktor bei der Verkehrswertermittlung ist. Der Streitwert einer Vollstreckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung aus einem notariellen Geschäftsanteilsübertragungsvertrag bestimmt sich nach der vollen Summe des Kaufpreises.1 • Unwirksame Kündigung 2617
Klagt der persönlich haftende Gesellschafter einer KG auf Feststellung, dass die Kündigung des Kommanditisten unwirksam sei, dann ist dessen Einlage in Streit, gleichgültig ob sie schon voll eingezahlt ist oder nicht.2 • Vergütungsklage
2618
Der Streitwert für die Klage eines Organmitgliedes einer juristischen Person oder seiner Hinterbliebenen auf Zahlung von Gehalt oder Versorgungsbezügen ist jedenfalls dann nicht nach § 9 ZPO, sondern nach § 42 Abs. 3 GKG festzusetzen, wenn das Organmitglied sich in einer ähnlichen beruflichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit von seinem Unternehmen befunden hat wie ein Arbeitnehmer. Zu prüfen ist also, ob hinsichtlich der sozialen Abhängigkeit eine „arbeitnehmerähnliche“ Stellung vorliegt.3
2619
Das OLG Schleswig4 hat mit Recht darauf abgestellt, dass (der jetzige) § 42 Abs. 3 GKG eine soziale Schutzvorschrift ist und das Organ, etwa der Geschäftsführer einer GmbH, aus den wiederkehrenden Leistungen seinen Lebensunterhalt erzielt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass seine Alters- und Hinterbliebenenversorgung nicht aus seiner Organstellung erwächst, die lediglich das Außenverhältnis betrifft, sondern auf dem Anstellungsvertrag, also dem Innenverhältnis, beruht.
2619a
Die Abgrenzung von § 9 Satz 1 ZPO zu § 42 Abs. 3 GKG hat allerdings durch die Neufassung des § 9 ZPO erheblich an praktischer Bedeutung verloren, denn § 9 ZPO sieht jetzt nur noch den 3,5-fachen Jahresbetrag gegenüber dem 3-fachen Jahresbetrag in § 42 Abs. 3 GKG vor.
Gesetzliche Erbfolge 2620
Bei einer Klage auf Feststellung, dass die gesetzliche Erbfolge eingetreten sei, bestimmt sich der Wert des Streitgegenstandes nach dem Anteil des klagenden Erben am Nachlass, nicht aber nach dem Wert des Gesamtnachlasses.5
2620a
Maßgeblich für die Bemessung des Streitwerts einer Erbfeststellungsklage ist der von den Klägern für sich in Anspruch genommene Erbteil. Für den Wert des Klageantrags kommt es weder darauf an, dass der Beklagte behauptet, selbst nur mit einem unter dem Erbanteil der Klägers liegenden Erbanteil Miterbe auf Grund gesetzlicher Erbfolge zu sein, noch darauf, dass die Kläger ihre Klagen gegen andere 1 OLG Rostock, Urt. v. 30.1.2013 – 1 U 75/11. 2 OLG München, OLGE 29, 7. 3 OLG Stuttgart, Justiz 1968, 306; OLG Köln, MDR 1968, 593; OLG Koblenz v. 17.9.1979 – 6 U 637/78, MDR 1980, 319; OLG Schleswig, JurBüro 1980, 480; Schneider, JurBüro 1969, 803; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Arbeitnehmer“. 4 OLG Schleswig, JurBüro 1980, 480. 5 BGH, Urt. v. 24.4.1975 – III ZR 173/72, JurBüro 1975, 1197; OLG Schleswig, SchlHA 1958, 83; OLG Bamberg, Beschl. v. 13.6.1975 – 4 W 30/75, JurBüro 1975, 1367.
480
Kurpat/Monschau
Gestaltungsklage Beklagte, die ebenfalls als gesetzliche Miterben in Betracht kommen, zurückgenommen haben1. Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Miterbenstellung mit einer be- 2620b stimmten Erbquote (hier: 1/4)1/4) bestimmt sich in der Rechtsmittelinstanz nach dem wirtschaftlichen Interesse des unterlegenen Beklagten. Zielt dessen Klageabweisungsantrag darauf ab, die Beteiligung des Klägers am Nachlass zu beseitigen, so ist maßgeblich für den Streitwert der vom Kläger für sich in Anspruch genommene Anteil an dem (um die Verbindlichkeiten) geminderten Nachlass, abzgl. eines Feststellungsabschlags von 20 %. Dieser Wert ist nicht deshalb um einen weiteren Abschlag zu mindern, weil der Beklage selbst nur geltend macht, mit einem bestimmten Anteil (hier: 1/3)1/3) am Nachlass als gesetzlicher Erbe beteiligt zu sein2. Begehrt der Beklagte neben der Klageabweisung mit seiner Widerklage die Feststellung, dass er gesetzlicher Miterbe zu einer bestimmten Erbquote geworden sei, so hat die Widerklage einen Streitwert i.H.d. in Anspruch genommenen Erbquote abzgl. eines 20 %-igen Feststellungsabschlags. Der Streitwert von Klage und Widerklage ist nicht nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG zusammenzurechnen, weil die Ansprüche denselben Gegenstand betreffen3. Ist ein Pflichtteilsanspruch unstreitig, die Beteiligung als Miterben am Nachlass aber streitig, so bestimmt sich der Streitwert nur nach der Differenz zwischen dem streitigen Erbteil und dem unstreitigen Pflichtteil;4 der Wert des unstreitigen Pflichtteilsanspruchs des Klägers ist also von dem Wert des von ihm beanspruchten Nachlassvermögens abzuziehen.
2621
Zum Feststellungsabschlag s. das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2281 ff. Siehe näher zu den einschlägigen Fragen das Stichwort „Miterbe“.
Gestaltungsklage Leistungsklagen und Feststellungsklagen zielen auf ein Urteil ab, durch das eine bereits bestehende Rechtsfolge, etwa die Verpflichtung zur Zahlung oder die Haftung für alle aus einem Unfallereignis entstandenen Schäden, rechtskräftig festgestellt wird. Leistungsklagen und Feststellungsklagen wirken daher nur deklaratorisch. Gestaltungsklagen und die ihnen entsprechenden Gestaltungsurteile wirken demgegenüber konstitutiv. Sie sprechen nicht aus, was bereits geschehen ist, sondern sie schaffen (erstmals) eine Rechtsfolge, die es bisher nicht gegeben hat, die ohne das Urteil auch nicht eintreten kann.
2622
Neben den nichtvermögensrechtlichen Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteilen, beispielsweise auf Scheidung einer Ehe (§ 1564 BGB) oder deren Aufhebung (§ 1314 BGB), gibt es auch vermögensrechtliche Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, beispielsweise auf Bestimmung einer Leistung (§§ 315, 319 BGB), auf Auflösung einer GmbH (§ 61 GmbHG), auf Erbunwürdigkeitserklärung (§ 2342 BGB) oder auf Erklärung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung (§§ 767, 771 ZPO).
2623
Für die Bezifferung des Streitwerts kommt es darauf an, welche konstitutive Wir- 2624 kung begehrt wird. Spezielle Bewertungsvorschriften für Gestaltungsklagen als solche gibt es nicht. Für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten gilt § 48 Abs. 2 1 2 3 4
BGH, Beschl. v. 13.12.2011 – IV ZR 146/10, ZEV 2012, 159. BGH, Beschl. v. 28.9.2011 – IV ZR 146/10, AGS 2012, 30 = ZEV 2011, 656. BGH, Beschl. v. 28.9.2011 – IV ZR 146/10, AGS 2012, 30 = ZEV 2011, 656. BGH, Beschl. v. 15.1.1975 – IV ZR 124/73, JurBüro 1975, 460 = MDR 1975, 389.
Monschau/Kurpat
481
Gewerbliche Schutzrechte, Lçschung
ZPO
GKG. Für vermögensrechtliche Streitigkeiten ist auf das Interesse des Klägers abzustellen. Die in Betracht kommenden Bewertungsmaßstäbe sind den im Einzelfall einschlägigen Stichwörtern zu entnehmen, beispielsweise „Auflösung einer GmbH“ oder im FamFG-Teil „Ehesachen“ und dergleichen.
Gewerbliche Schutzrechte, Lçschung Siehe das Stichwort „Löschung von gewerblichen Schutzrechten“.
Gewerblicher Rechtsschutz Literatur: Krbetschek/Schlingloff, WRP 2014, 1 (Verhinderung von Rechtsmissbrauch); Büscher, GRUR 2012, 16 (Klagehäufung); Mayer, WRP 2010, 1126 (Streitwertminderung); Rojahn/Lunze, MittdtschPatAnw 2011, 533 (Streitwertfestsetzung im Patentrecht); Goldmann, WRP 2001, 240; Kühnen, GRUR 2009, 288; Weiß, WRP 1995, 151 (UWG-Novelle 1994; Klagebefugnis der Verbände); Ulrich, WRP 1995, 362 (UWG-Novelle 1994); Ulrich, GRUR 89, 401 (Streitwert in Wettbewerbssachen nach der UWG-Reform 1986); Ulrich, GRUR 1984, 177 (kritische Darstellung zum Streitwert in Wettbewerbssachen); Herr, MDR 1985, 187 (zur Höhe der Wettbewerbsstreitwerte); Thesen/Schneider, MDR 1984, 544; Lambsdorff/Kanz, BB 1983, 2215 (Verfassungswidrigkeit der Streitwertherabsetzung); Traub, WRP 1982, 557 (Streitwert der Verbandsklage). Gliederungsübersicht Rn. A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2625 B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . II. (Gerichtliche) Regelstreitwerte III. Klägerinteresse bei Individualklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umsatz des Klägers . . . . . . . . . 2. Gefährlichkeit des Angriffs . . . 3. Wirtschaftliche Stellung des Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Interesse bei Verbandsklagen. . V. Ermittlung der Umstände . . . . VI. Einstweilige Verfügung . . . . . . VII. Klagehäufung . . . . . . . . . . . . . VIII. Anspruchshäufung . . . . . . . . . IX. Wiederholte Anträge . . . . . . . .
. . 2626 . . 2631 . . 2634 . . 2637 . . 2639 . . . . . . .
. . . . . . .
2644 2647 2649 2654 2658 2661 2664
C. Streitwertbegünstigung I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 2666
Rn. II. Abgrenzung zur Prozesskostenhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Streitwertbegünstigung aufgrund Härtefalls . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . 2. Tatbestand a) Erhebliche Gefährdung der wirtschaftlichen Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Art der Rechtsverfolgung . c) Rechtsmissbrauch . . . . . . 3. Antrag a) Antragsbefugnis . . . . . . . . b) Zeitpunkt der Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . c) Ausnahmsweise späterer Antrag möglich . . . . . . . . 4. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . 5. Beschwerde. . . . . . . . . . . . . .
. . . 2668 . . . 2671 . . . 2673
. . . 2674 . . . 2680 . . . 2683 . . . 2690 . . . 2693 . . . 2697 . . . 2702 . . . 2705
D. Rechtsprechungs-ABC . . . . . . . . 2707
A. Einleitung 2625
Das schlagwortartig als „gewerblicher Rechtsschutz“ bezeichnete Rechtsgebiet umfasst im Wesentlichen das Wettbewerbsrecht, das Patentrecht, das Design-1 1 Früher Geschmacksmusterrecht.
482
Kurpat/Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz und Gebrauchsmusterrecht sowie das Markenrecht. Die Streitwertbestimmung in diesem Bereich – überwiegend handelt es sich um Unterlassungsansprüche wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens bzw. wegen der Verletzung eines Schutzrechtes – wird maßgeblich von zwei Faktoren bestimmt. Zum einen von der Schwierigkeit der Bewertung der einzelnen Bemessungsumstände (Rn. 2634 ff.), die gerade in der Praxis den Ruf nach Regelstreitwerten nicht verstummen lässt, und zum anderen von den spezialgesetzlich geregelten Möglichkeiten der Streitwertbegünstigungen (Rn. 2666 ff.). Aufgrund der Vielzahl der zu bewertenden Sachverhalte sind die Erwägungen zu den Bemessungsfaktoren notwendigerweise allgemein gehalten. Eine alphabetische Übersicht von Einzelfällen (Rn. 2707 ff.) soll daher bei der Eingruppierung helfen.
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Allgemeines In Verfahren nach dem Patentgesetz, dem Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Designgesetz, dem Halbleiterschutzgesetz und dem Sortenschutzgesetz sowie diesbezüglichen Rechtsmittelverfahren ist der Gebührenstreitwert gem. § 51 Abs. 1 GKG nach billigem Ermessen zu bestimmen.
2626
In Streitigkeiten nach dem UWG richtet sich der Gebührenstreitwert aufgrund der Neuregelung nach dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken1 seit dem 9.10.2013 nicht mehr nach den § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO, sondern nach den (weiteren) Regelungen des neu gefassten § 51 GKG. Nach § 51 Abs. 2 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Damit bleibt es letztlich dabei, dass der Streitwert unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens durch das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (und damit den zu § 3 ZPO geltenden Grundsätzen) zu bestimmen ist. Das Gleiche gilt (über § 3 ZPO) für den Zuständigkeitsstreitwert, soweit nicht (wie weitgehend) eine ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte bestimmt ist – vgl. § 143 Abs. 1 PatG, § 101 Abs. 9 Satz 2 UrhG, § 140 Abs. 1 MarkenG, § 52 Abs. 1 DesignG2, § 24b Abs. 9 Satz 2 GebrMG, § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG.
2627
Wird mit der Klage Zahlung einer bestimmten Geldsumme verlangt (z.B. eine Vertragsstrafe oder vorgerichtliche Abmahnkosten), ist diese wertbestimmend.3 Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes sind Leistungsklagen mit bezifferten Forderungen allerdings eher selten. Überwiegend werden Unterlassungs-, Auskunfts- und Feststellungsklagen erhoben, deren Wert wie zuvor dargestellt zu bestimmen ist. Abzustellen ist bei der Bewertung auf die konkreten Umstände des Einzelfalls.4 Maßgeblich ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs, welches u.a. von Umsatz, Größe und Wirtschaftskraft des Klägers, Marktstellung des Beklagten und Gefährlichkeit des Angriffs abhängt.5
2628
In Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagegesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 GKG).
2629
1 BGBl. I 2013, 3714. 2 Nichtigkeitsverfahren werden allerdings nunmehr vor dem Deutschen Patent- und Markenamt geführt, vgl. § 33 Abs. 3 DesignG. 3 OLG Karlsruhe, NJW 1953, 512. 4 OLG Bamberg, JurBüro 1983, 269 = KostRsp. GKG § 20 Nr. 56. 5 OLG Celle, Urt. v. 2.8.2012 – 13 U 4/12, WRP 2012, 1427. Im Einzelnen nachfolgend III. (Rn. 2634 ff.).
Noethen
483
Gewerblicher Rechtsschutz In Verfahren des gewerblichen Rechtsschutzes sind im Übrigen bestimmte Streitwertbegünstigungen zu berücksichtigen (vgl. § 52 Abs. 3 GKG sowie die Aufzählung in § 51 Abs. 5 GKG), um die Beteiligten vor zu hohen Kostenbelastungen zu schützen.1 In Verfahren nach dem UWG kann nunmehr – vor allem zum Schutz vor als zu hoch empfundenen Abmahnkosten – auch die Bedeutung der Sache für den Beklagten berücksichtigt werden; im Falle stark unterschiedlicher Bedeutung für die Parteien soll ein Interessensausgleich möglich sein.2
2630a
Zudem wurde in § 51 Abs. 3 Satz 2 GKG ein Auffang- und Regelstreitwert von 1000 Euro eingeführt, wenn der Sach- und Streitstand nicht genügend Anhaltspunkte für eine Streitwertbestimmung bietet. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift dürfte allerdings gering sein,3 jedenfalls aber in Ansehung der Gesetzesbegründung4 auf geringfügige Wettbewerbsverstöße durch Kleinunternehmer beschränkt sein.5
ZPO
2630
II. (Gerichtliche) Regelstreitwerte 2631
Die Unterschiedlichkeit der Sachverhalte, die im gewerblichen Rechtsschutz zu beurteilen sind, ist ursächlich dafür, dass die Streitwertfestsetzungen der verschiedenen Gerichte oft divergieren. Verschiedene Oberlandesgerichte haben sich deshalb bemüht, vereinheitlichende Bewertungsgrundsätze im Sinne von Regelstreitwerten zu erarbeiten: – Das OLG Koblenz6 geht in Verfahren von mittlerer Bedeutung von folgenden Regelstreitwerten aus: – Eilverfahren: 10 000/15 000 Euro bei Wettbewerbern und Verbänden – Hauptsacheverfahren: 20 000 Euro bei Wettbewerbern und Verbänden – Das OLG Oldenburg7 hält folgende Regelstreitwerte für zulässig und angebracht, wenn die nicht näher erläuterten Wertangaben der Parteien ohne Aussagekraft sind: – Eilverfahren: 6500 Euro bei Wettbewerbern, 12 500 Euro bei Verbänden – Hauptsacheverfahren: 12 500 Euro bei Wettbewerbern, 25 000 Euro bei Verbänden – Das OLG Schleswig8 bewertet Unterlassungsansprüche eines Wettbewerbers mit 15 000 Euro im Hauptsacheverfahren und mit 10 000 Euro im Eilverfahren, wobei allerdings die Verhältnisse der beteiligten Unternehmen, die Häufigkeit und Intensität der gerügten Wettbewerbsverstöße sowie die Auswirkungen möglicher künftiger Verletzungshandlungen zu einer vom Regelstreitwert abweichenden Festsetzung führen können. 1 2 3 4 5
Vgl. dazu die Ausführungen unter C. (Rn. 2666). Vgl. BT-Drucks. 17/13057, S. 30. Vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.1.2014 – 2 W 63/13, 2 W 77/13. Vgl. BT-Drucks. 17/13057, S. 30. Vgl. OLG Celle, Beschl. v. 22.5.2014 – 13 W 22/14, MDR 2014, 982; OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.1.2014 – 2 W 63/13, 2 W 77/13; auch Krbetschek/Schlingloff, WRP 2014, 1; Köhler/ Bornkamm, § 12 UWG Rn. 5.3d. 6 OLG Koblenz, Urt. v. 23.2.2011 – 9 W 698/10, NJW-RR 2011, 624; Beschl. v. 28.10.2010 – 9 W 567/10, GRURPrax 2011, 231; zur früheren Rechtsprechung (Unterscheidung Wettbewerber/Verband) s. OLG Koblenz, Beschl. v. 13.6.2007 – 4 W 393/07; Urt. v. 19.3.2002 – 4 U 1198/01, OLGR 2002, 286; Urt. v. 20.11.2001 – 4 U 928/01, OLGR 2002, 204; Urt. v. 27.6.2000 – 4 U 1863/99, GRUR-RR 2001, 32. 7 OLG Oldenburg, Beschl. v. 6.6.1995 – 1 W 45/95, WRP 1995, 878; Beschl. v. 21.1.1993 – 1 U 136/92, WRP 1993, 351; Beschl. v. 16.4.1991 – 1 W 17/91, MDR 1991, 955. 8 OLG Schleswig, Beschl. v. 27.5.2008 – 6 W 9/08, OLGR 2008, 628; Beschl. v. 9.12.1997 – 6 W 31/97, OLGR 1998, 176; Beschl. v. 8.11.1993 – 6 W 15/93, SchlHA 1994, 22.
484
Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz – Das OLG Saarbrücken1 schließlich setzt sowohl für die einstweilige Verfügung eines Wettbewerbers als auch für die eines Verbandes einen Betrag von 10 000 bis 20 000 Euro an, wenn kein substantiierter Vortrag als Grundlage der Streitwertschätzung vorhanden ist. – Das OLG Brandenburg2 bemisst in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten von durchschnittlicher Schwierigkeit den Streitwert im Hauptsacheverfahren regelmäßig mit 20 000 Euro. Dogmatisch dürfte die Annahme gerichtlich bestimmter Regelstreitwerte zwar mit der durch § 51 Abs. 2 GKG vorgeschriebenen Bewertung (des Einzelfalls) nicht in Einklang zu bringen sein.3 Andererseits sollte man aber auch nicht die Augen davor verschließen, dass das Dogma einer am Einzelfall orientierten Schätzung des Gerichts kein Garant für eine zutreffende Streitwertbestimmung ist und dazu führen kann, dass die Streitwertpraxis mit einem Moment der Unberechenbarkeit behaftet ist.4 Insofern scheint überlegenswert, ob ein Teil der erstrebten Einzelfallgerechtigkeit nicht zugunsten einer höheren Berechenbarkeit der Verfahren aufgegeben werden sollte und die Parteien damit – unabhängig vom angerufenen Gericht – in die Lage versetzt werden, das finanzielle Risiko eines Prozesses schon frühzeitig zu beurteilen.
2632
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Entscheidungen kann daher als Ausgangspunkt für die Schätzung des Streitwerts weiterhin von folgenden Summen ausgegangen werden: – Ansprüche eines Wettbewerbers: 10 000 Euro im Eilverfahren, 20 000 Euro im Hauptsacheverfahren; – Ansprüche eines Verbandes: 20 000 Euro im Eilverfahren, 30 000 Euro im Hauptsacheverfahren (wenn man die Verbandsinteressen höher bewertet, s. unten IV.).
2633
III. Klägerinteresse bei Individualklagen Maßgeblich für den zu schätzenden Streitwert der Individualklage eines Wettbewerbers ist das Interesse des Klägers an der Unterlassung.5 Das Interesse der
1 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 13.6.2005 – 1 W 134/05, OLGR 2005, 952; Beschl. v. 22.7.2002 – 1 W 154/02, OLGR 2002, 417; vgl. auch OLG Saarbrücken, Beschl. v. 19.7.1995 – 1 W 228/95, WRP 1996, 145 (Regelstreitwert von 10 000 bis 15 000 Euro bei einfachen Fällen von durchschnittlicher Bedeutung, wenn keine sonstigen Anhaltspunkte vorhanden sind). 2 OLG Brandenburg, Urt. v. 26.6.2012 – 6 U 34/11, WRP 2012, 1123. 3 So ausdrücklich BGH, Beschl. v. 22.1.2015 – I ZR 95/14, WRP 2015, 454; ebenso OLG Braunschweig, Beschl. v. 28.3.2011 – 2 W 21/11 (welches dann allerdings ebenfalls 20 000 Euro „pro Verstoß“ ansetzt); OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.4.2007 – 3 W 485/07, JurBüro 2007, 364 = GRUR 2007, 815 (für das Markenverletzungsverfahren); OLG Köln, Beschl. v. 20.7.1999 – 6 W 34/99, OLGR 2000, 101; KG, Beschl. v. 21.10.1997 – 5 W 5834/97, NJW-WettbR 1998, 139; OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.12.1982 – 2 W 42/82, WRP 1983, 368; OLG Frankfurt, OLGR 1992, 162 – für das Einstweilige Verfügungsverfahren. 4 So zutreffend Ulrich, GRUR 1984, 185. 5 BGH, Urt. v. 12.7.2012 – I ZR 54/11, WRP 2013, 491; Beschl. v. 26.4.1990 – I ZR 58/89, GRUR 1990, 1052; OLG Neustadt, WRP 1958, 384; OLG Celle, JurBüro 1974, 1434; OLG Bamberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 888 = JurBüro 1987, 1831; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.5.2001 – 4 W 21/01, JurBüro 2001, 418; KG, Beschl. v. 21.10.1997 – 5 W 5834/97, NJWWettbR 1998, 139; OLG Bremen, Beschl. v. 30.6.1997 – 2 W 37/97, OLGR 1997, 363; OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.1.2004 – 25 W 77/03, GRUR-RR 2004, 344.
Noethen
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2634
ZPO
Gewerblicher Rechtsschutz Allgemeinheit an der Reinhaltung des Wettbewerbs sowie das Interesse eines Dritten sind bei der Bestimmung des Streitwertes außer Acht zu lassen.1 2635
Bei der Bewertung eines Unterlassungsanspruchs geht es um die Beeinträchtigung, die von dem beanstandeten Verhalten des Gegners verständlicherweise zu besorgen ist und die mit den jeweils begehrten Maßregeln beseitigt werden soll.2 Dementsprechend kommt es auch nur auf den Schaden an, der dem Kläger durch den konkreten Beklagten droht, so dass behauptete Wettbewerbsverstöße anderer Firmen unberücksichtigt bleiben müssen.3 Bewertungskriterien für das Interesse des Klägers sind sein Umsatz, die Gefährlichkeit des Angriffs sowie die wirtschaftliche Stellung des Beklagten.4
2636
Û
Anmerkung: Andere Maßstäbe gibt das OLG Brandenburg in seiner Entscheidung vom 12.5.2009 vor, wenn es ausführt: „Lässt sich das Interesse des wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend machenden (Verfügungs-)Klägers nicht in nachvollziehbarer Weise in einem Geldbetrag ausdrücken, hat die Streitwertbemessung dahin gehend zu erfolgen, dass Rechtsanwälte und Gericht für ihre Dienstleistungen angemessen honoriert werden“.5 Diese Rechtsprechung ist angesichts der im Gesetz keine Stütze findenden Bemessungskriterien mehr als zweifelhaft; zudem bleibt nunmehr § 51 Abs. 3 Satz 2 GKG zu beachten.
1. Umsatz des Klägers 2637
Bei der Bestimmung des klägerischen Interesses kommt dem vom Kläger erzielten Umsatz erhebliche Bedeutung zu.6 Das ergibt sich schon daraus, dass aus der Größe eines Unternehmens seine wirtschaftliche Bedeutung erkennbar wird.7 Im Vordergrund steht dabei der Umsatz,8 also weder der dem Kläger entgangene Gewinn9 noch der möglicherweise vom Beklagten durch dessen Verletzungshandlung erzielte Mehrumsatz.10 Denn in einer Wettbewerbssache bemisst sich der Streitwert nach der Beeinträchtigung, die der Kläger durch die Fortdauer des beanstandeten Verhaltens zu besorgen hat.
1 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1998 – 4 W 337/98, OLGR 1998, 434; OLG Karlsruhe, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 192; OLG München, WRP 1974, 170; BGH, MDR 1978, 28 = JurBüro 1977, 1357. Soweit solche Drittinteressen bei Verbandsklagen Berücksichtigung finden, ist dies kein Widerspruch. Denn die Drittinteressen sind kraft Satzung und Funktion eigene Interessen des Verbandes. 2 OLG München, JurBüro 1963, 298; OLG Bremen, Beschl. v. 30.6.1997 – 2 W 37/97, OLGR 1997, 363; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.5.2001 – 4 W 21/01, JurBüro 2001, 418. 3 LG Mosbach v. 10.5.1983 – KfH O 29/83, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 657 mit Anm. Schneider = BB 1983, 2073. 4 BGH, Urt. v. 12.7.2012 – I ZR 54/11, WRP 2013, 491; OLG Köln, Beschl. v. 14.5.2013 – 1 RVs 67/13, NJW 2013, 2772. 5 OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.5.2009 – 6 W 47/09, OLGR 2009, 971. 6 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.5.2001 – 4 W 21/01, JurBüro 2001, 418; OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1998 – 4 W 337/98, OLGR 1998, 434; OLG Nürnberg, JurBüro 1957, 507; OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.1.1980 – 2 W 62/79, WRP 1980, 582. 7 OLG Stuttgart, WRP 1977, 135; Beschl. v. 25.1.1980 – 2 W 62/79, WRP 1980, 582. 8 OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.1.1980 – 2 W 62/79, WRP 1980, 582; OLG München, AnwBl. 1963, 55; OLG Nürnberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 158; OLG Karlsruhe, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 441. 9 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1998 – 4 W 337/98, OLGR 1998, 434; OLG Karlsruhe, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 441. 10 OLG Nürnberg, WRP 1982, 551.
486
Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz Ausgangspunkt der Berechnung ist der Jahresumsatz des Klägers, der durch die wettbewerbswidrige Handlung beeinträchtigt werden kann.1 Das Interesse des Beklagten und dessen Umsatz kommen als Bemessungskriterien (nur) in Betracht, soweit sich aus dem Umsatz des Beklagten Rückschlüsse auf die Umsatzschmälerung beim Kläger ziehen lassen.2
2638
2. Gefährlichkeit des Angriffs Die Gefährlichkeit des Wettbewerbsverstoßes, die nach dem Tatsachenvortrag des Klägers zu beurteilen ist,3 ist ebenfalls von erheblicher Bedeutung.4 Man spricht hier vom „Angriffsfaktor“, der bei geringem Umsatz des Beklagten entsprechend gering ist, aber andererseits auch dadurch erhöht werden kann, dass ein soeben auf dem Markt in Erscheinung tretendes Unternehmen potentiell in der Lage ist, sich zu einem erheblichen Konkurrenten zu entwickeln.5
2639
Faktoren für die Gefährlichkeit des Verstoßes sind: – der Umsatz und die Unternehmensgröße des Beklagten,6 – die Intensität und Dauer des Angriffs, – die Zielrichtung des Angriffs, – die erkennbaren oder zu erwartenden Auswirkungen, – die räumliche Nähe zwischen den Konkurrenten sowie – die Wahrnehmungsmöglichkeit des Angriffs für die Öffentlichkeit, da diese die Nachahmungsgefahr beeinflusst.
2640
Bei der Bestimmung der Gefährlichkeit des Wettbewerbsverstoßes kann auch von Bedeutung sein, dass der Beklagte mit anderen Unternehmen am Markt in einem Verbund auftritt, der u.a. durch eine gemeinsame Absatzstrategie gekennzeichnet ist.7 Für die Beurteilung der Stärke des Angriffsfaktors und damit für die drohende Umsatzeinbuße bei der verletzten Partei ist weiter das Verschuldensmaß des Verletzers zu berücksichtigen.8 Das OLG Bremen9 lehnt die Berücksichtigung der 1 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1998 – 4 W 337/98, OLGR 1998, 434; OLG Bamberg, Beschl. v. 11.8.1998 – 3 W 86/98, OLGR 1999, 246; OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1998 – 4 W 337/98, OLGR 1998, 434; OLG Bremen, Beschl. v. 30.6.1997 – 2 W 37/97, OLGR 1997, 363; OLG Karlsruhe, MDR 1968, 933. 2 OLG Karlsruhe, MDR 1968, 933; MDR 1966, 769; Beschl. v. 9.4.1981 – 4 W 105/80, WRP 1981, 407. 3 OLG Stuttgart, Beschl. v. 6.2.1985 – 2 W 82/84, WRP 1985, 366. 4 BGH, Urt. v. 12.7.2012 – I ZR 54/11, MDR 2013, 477; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.8.2009 – 2 U 154/08, InstGE 11, 175; OLG Schleswig, Beschl. v. 27.5.2008 – 6 W 9/08, OLGR 2008, 628; OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.4.2007 – 3 W 485/07, JurBüro 2007, 364; KG, Beschl. v. 14.11.2006 – 5 W 254/06, GRUR-RR 2007, 63; OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.8.2004 – 6 W 128/04, GRUR-RR 2005, 239; OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.9.1996 – 2 W 53/96, WRP 1997, 239; OLG Hamburg, Urt. v. 8.4.2009 – 5 U 13/08, WRP 2009, 1305; OLG Hamm, Beschl. v. 28.6.2007 – 4 W 79/07; LG Hamburg, Urt. v. 19.1.2010 – 312 O 258/09, Magazindienst 2010, 564; KG, Beschl. v. 26.11.2004 – 5 W 146/04, KGR 2005, 208; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.5.2001 – 4 W 21/01, JurBüro 2001, 418; OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1998 – 4 W 337/98, OLGR 1998, 434; OLG Bremen, Beschl. v. 30.6.1997 – 2 W 37/97, OLGR 1997, 363; OLG Stuttgart, WRP 1977, 135; OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.1.1980 – 2 W 62/79, WRP 1980, 582. 5 OLG Frankfurt, JurBüro 1976, 1249 = WRP 1976, 482 – sog. „Aufstiegsbetriebe“. 6 Vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1998 – 4 W 337/98, OLGR 1998, 434; OLG Bremen, Beschl. v. 30.6.1997 – 2 W 37/97, OLGR 1997, 363. 7 OLG Celle, Beschl. v. 24.7.2001 – 13 W 55/01, OLGR 2001, 291. 8 BGH, Beschl. v. 24.2.2011 – I ZR 220/10, GRUR-RR 2011, 440; OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.11.1979 – 2 W 50/79, WRP 1980, 105; OLG Frankfurt, JurBüro 1983, 1249. 9 OLG Bremen, Beschl. v. 30.6.1997 – 2 W 37/97, OLGR 1997, 363.
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Gewerblicher Rechtsschutz
ZPO
subjektiven Umstände zwar ab, weil die Streitwertfestsetzung keinen Sanktionscharakter habe. Gegen diese Sichtweise spricht, dass die Streitwerthöhe zwar keine Bestrafung des Beklagten bewirkt, jedoch das Interesse des Klägers an der beantragten Unterlassung abbilden soll. Da vorsätzliche Verstöße eine größere Angriffsstärke und Gefährlichkeit indizieren als fahrlässige Verstöße, müssen diese subjektiven Momente auch berücksichtigt werden.1 2642
Da der Unterlassungsanspruch der Abwehr von Störungen dienen soll, richtet sich das zu bewertende Interesse des Klägers auch auf den ungestörten Fortgang der Produktion und auf die Klarheit der bevorstehenden Entwicklung. Die Tragweite der Störungs- bzw. Verletzungshandlungen ist nicht nur objektiv nach voraussichtlicher Dauer und Intensität, sondern auch nach den begründeten Besorgnissen gerade des verletzten Antragstellers zu bestimmen.2 Umgekehrt schwächt sich die Angriffsstärke und damit auch das Interesse an einem Unterlassungstitel ab, wenn der Unterlassungsschuldner wegen bereits vorliegender Titel anderer Gläubiger seine Verletzungshandlungen voraussichtlich aufgeben wird. Der Streitwert ist dann weniger hoch anzusetzen.3
2643
Das Interesse des Klägers ist gering, wenn die unzulässige Wettbewerbshandlung verhindert werden konnte und daher kein Schaden eingetreten ist.4 Ist die Wiederholungsgefahr und damit die zu erwartende wirtschaftliche Einbuße oder die Beeinträchtigung eines Schutzrechts gering, dann ist das bei der Streitwertfestsetzung ermäßigend zu berücksichtigen.5 3. Wirtschaftliche Stellung des Beklagten
2644
Bestimmend für den Streitwert sind weiter die wirtschaftliche Bedeutung des Beklagten,6 der Umfang der Streuung seiner Werbung (z.B. mittels E-Mail7 oder Postwurfsendung, die nicht rückgängig gemacht werden kann und weiterwirkt) sowie die Gefahr der Beeinträchtigung der Mitbewerber durch diese Wettbewerbshandlung.8
2645
Teilweise wird vertreten, dass es sich stets mindernd auf den Streitwert auswirkt, wenn der Umsatz des Beklagten besonders gering ist, weil dann der Angriffsfaktor als entsprechend weniger gefährlich anzusetzen sei.9 Entschieden wird jedoch über den Antrag des Klägers, der dessen Interesse an der Rechtsverfolgung konkretisiert. Ist das Interesse des Klägers an Schadensabwehr und Schadensverhinderung wegen des beträchtlichen eigenen Umsatzes groß, dann kann es sich nicht deshalb vermindern, weil der Beklagte mit seinem unerlaubten Verhalten nur geringere Umsätze erzielt. Die mehr oder minder große Geschäftstüchtigkeit des Beklagten lässt zwar einen Rückschluss auf die Verletzungsintensität und die Ge-
1 Zu diesem Ergebnis kommt letztlich auch das OLG Bremen (Beschl. v. 30.6.1997 – 2 W 37/97, OLGR 1997, 363), da es das Ausmaß des Verschuldens beim Umfang des zu befürchtenden Schadens berücksichtigt und damit ebenfalls in die Streitwertbemessung einfließen lässt. 2 OLG München, GRUR 1955, 260. 3 OLG Frankfurt, JurBüro 1983, 1561 = WRP 1983, 523; OLG München, WRP 1975, 46; zustimmend: Teplitzky, Wettbewerbsrecht, Kap. 49 Rn. 14. 4 OLG Stuttgart, WRP 1978, 481. 5 OLG Bamberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 888 = JurBüro 1987, 1831. 6 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1998 – 4 W 337/98, OLGR 1998, 434; OLG Bremen, Beschl. v. 30.6.1997 – 2 W 37/97, OLGR 1997, 363. 7 100 Euro bei irrtümlich versandter Mail nach OLG Hamm, Urt. v. 17.10.2013 – I-6 U 95/13, NJW-RR 2014, 613. 8 OLG Nürnberg, WRP 1967, 412. 9 KG, BB 1968, 266.
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Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz fährdung des Klägers zu, kann aber nicht feststehende Nachteile beim Kläger aufheben. Auch die Neuregelung in § 51 Abs. 3 GKG dürfte hieran nichts geändert haben, weil sie lediglich den Schutz Abgemahnter vor zu hohen Kosten bezweckt; außerhalb dieser Fälle steht weiterhin das Interesse des Klägers im Vordergrund.1
2646
IV. Interesse bei Verbandsklagen Seit dem Beschluss vom 5.3.19982 hält der BGH es im Regelfall für gerechtfertigt, das Interesse eines Verbandes nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ebenso zu bewerten wie das Interesse eines gewichtigen Mitbewerbers.
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Klagebefugt sind nach § 8 Abs. 3 UWG die Mitbewerber (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG), die rechtsfähigen Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG), die qualifizierten Einrichtungen (§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG) sowie die Industrie- und Handelskammern bzw. Handwerkskammern (§ 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG). Für die Bewertung gilt Folgendes: – Bei Verbänden nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist das Interesse des Verbandes regelmäßig so zu bewerten wie das Interesse eines gewichtigen Mitbewerbers. – Bei den Verbänden nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG ist das mit der Klage verfolgte, der Satzung entsprechende Interesse der Verbraucher zu schätzen. Das Interesse kann höher zu bewerten sein als das Interesse eines Mitbewerbers.3 – Das Interesse der Kammern nach § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG setzt sich aus den Interessen der von ihnen repräsentierten und von der Zuwiderhandlung betroffenen Unternehmen zusammen. Auch insoweit ist das Interesse eines gewichtigen Mitbewerbers maßgebend.4
2648
V. Ermittlung der Umstände Grundlegender Anhaltspunkt für die Streitwertschätzung des Gerichts sind der Klageantrag und die Angaben des Klägers, der seinen drohenden Schaden und die sonstigen Umstände darzulegen hat.
2649
Die eigenen Wertangaben des Klägers bei Verfahrensbeginn (§ 40 GKG) binden das Gericht zwar nicht.5 Sie haben aber indizielle Bedeutung für das wirklich in Streit stehende Interesse.6 Erst recht gilt das im Fall übereinstimmender Wertangaben beider Parteien.7 Das Gericht darf diese Angaben allerdings nicht unbesehen übernehmen, sondern hat sie – nicht nur in Fällen der Unvertretbarkeit – in vollem
2650
1 A.A. offenbar Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rn. 5.3c. 2 BGH, Beschl. v. 5.3.1998 – I ZR 185/95, MDR 1998, 1237; Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rn. 5.8. 3 KG Berlin, Beschl. v. 9.4.2010 – 5 W 3/10, MDR 2010, 839; OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.11.2011 – 6 W 91/11, MDR 2012, 185. 4 Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rn. 5.10. 5 OLG Bamberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 888 = JurBüro 1987, 1831. 6 BGH, Beschl. v. 8.10.2012 – X ZR 110/11, MDR 2012, 1429; Urt. v. 24.4.1985 – I ZR 130/84, GRUR 1986, 93; OLG Celle, Urt. v. 2.8.2012 – 13 U 4/12, WRP 2012, 1427; OLG Jena, Beschl. v. 16.12.2009 – 2 W 504/09, Magazindienst 2010, 318; KG, Beschl. v. 9.4.2010 – 5 W 3/10, MDR 2010, 839; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 22.7.2002 – 1 W 154/02, OLGR 2002, 417; OLG Köln, Beschl. v. 9.3.2000 – 6 W 23/00, JurBüro 2000, 648; OLG Bamberg, Beschl. v. 11.8.1998 – 3 W 86/98, OLGR 1999, 246; OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1998 – 4 W 337/98, OLGR 1998, 434; OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.12.1980 – 6 W 127/80, WRP 1981, 221. 7 BGH, Beschl. v. 8.10.2012 – X ZR 110/11, MDR 2012, 1429; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.5.2014 – 2 U 27/13; OLG Hamburg, Beschl. v. 8.6.2006 – 5 W 77/06, WRP 2007, 95.
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Gewerblicher Rechtsschutz Umfang selbständig nachzuprüfen. Maßstab sind dabei die objektiven Gegebenheiten, die Erfahrung des Gerichts und die Wertfestsetzung in gleichartigen oder ähnlichen Fällen.1 2651
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Den eigenen Angaben des Klägers bei Verfahrensbeginn wird gerade in Wettbewerbssachen zu Recht hohe Bedeutung beigemessen.3 Auch der Beklagte wird mit nachträglichen Einwendungen (wenn er aufgrund Unterliegens kostenerstattungspflichtig wird) vielfach nicht mehr gehört, falls er im Verfahren selbst keine Bedenken gegen die Wertangabe des Klägers und die entsprechende Festsetzung geltend gemacht hat.4 Insgesamt ist Zurückhaltung geboten, auch wenn eine nachträgliche Herauf- oder Herabsetzung selbst dann nicht ausgeschlossen ist, wenn die Tatsachen hierfür von der einen Partei erst beigebracht werden, nachdem diese endgültig obsiegt oder verloren hat.5
Û
2653
Anmerkung: Nach Ansicht des OLG Brandenburg2 zeigen die Angaben des Klägers dagegen allenfalls, bis zu welchem Punkt der Klage er ein Kostenrisiko eingehen will. Ansonsten handele es sich nur um rein subjektive Einschätzungen, die für die Streitwertermittlung ungeeignet seien. Diese Entscheidung ist bedenklich – nicht primär deshalb, weil das OLG Brandenburg den Angaben des Klägers keine Indizwirkung beimisst, sondern weil es in Fällen, in denen es an einer nachvollziehbaren Wertangabe des Klägers fehlt, den Streitwert auf einen Betrag festsetzen will, der zu einer angemessenen Honorierung von Gericht und Anwälten führt. Dieser Bewertungsmaßstab hat mit dem klägerischen Interesse, welches Grundlage der Streitwertschätzung ist, nun gar nichts zu tun (vgl. auch Rn. 2636).
Anmerkung: Das OLG Köln6 hat zutreffend darauf hingewiesen, dass den Angaben des Klägers in einem vorgerichtlichen Abmahnschreiben regelmäßig nur geringe Bedeutung zukommt, da die Wertangaben in diesem Stadium der Auseinandersetzung vielfach von dem Bestreben (mit-)bestimmt sind, durch einen moderaten Betrag die Bereitschaft zu einer außergerichtlichen Regelung zu fördern.
Das OLG Düsseldorf7 hat sich (in einem Patentrechtsstreit) trotz übereinstimmender Wertangaben der Parteien zu einer nachträglichen (deutlichen) Erhöhung des Streitwerts berechtigt und veranlasst gesehen, weil es davon ausging, dass die Angaben übereinstimmend niedrig gehalten und (vorsätzlich) die Mitwirkung an einer sachgerechten Streitwertfestsetzung verweigert wurden.
VI. Einstweilige Verfügung 2654
Auch der Streitwert einer einstweiligen Verfügung ist vom Gericht gem. § 51 Abs. 2, Abs. 3 GKG festzusetzen. Maßgebend ist dabei das Interesse des Antrag1 BGH, GRUR 1997, 748; Beschl. v. 12.3.1992 – I ZR 296/91, GRUR 1992, 562; OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1998 – 4 W 337/98, OLGR 1998, 434; KG, Beschl. v. 9.4.2010 – 5 W 3/10, MDR 2010, 839; Beschl. v. 26.11.2004 – 5 W 146/04, KGR 2005, 208; Beschl. v. 21.10.1997 – 5 W 5834/97, KGR 1998, 170 = NJW-WettbR 1998, 139; OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.1.2004 – 25 W 77/03, GRUR-RR 2004, 344. 2 OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.5.2009 – 6 W 47/09, OLGR 2009, 971; Beschl. v. 8.7.1997 – 6 W 1/97, JurBüro 1997, 594. 3 BGH, Beschl. v. 8.10.2012 – X ZR 110/11, MDR 2012, 1429; BGH, WPM 1990, 2058; OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.1.1980 – 2 W 62/79, WRP 1980, 582; OLG Koblenz, Beschl. v. 29.1.1990 – 6 W 778/89, KostRsp. UWG § 23a Nr. 16 = WRP 1990, 844. 4 OLG München, WRP 1977, 278. 5 OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.5.2014 – 2 U 27/13; Beschl. v. 10.5.2011 – 2 W 15/11, GRUR-RR 2011, 341; s. auch BGH, Beschl. v. 8.10.2012 – X ZR 110/11, MDR 2012, 1429. 6 OLG Köln, Beschl. v. 20.7.1999 – 6 W 34/99, OLGR 2000, 101. 7 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.4.2010 – 2 W 20/10, GRUR-RR 2010, 406; Beschl. v. 10.5.2011 – 2 W 15/11, GRUR-RR 2011, 341.
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Gewerblicher Rechtsschutz stellers an dem erstrebten Unterlassungsgebot. Dieses Interesse wiederum wird vor allem bestimmt durch die Gefahr, die dem Umsatz des Antragstellers ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung drohen würde.1 Zu berücksichtigen ist dabei auch die subjektive Seite des Verstoßes. Die Bereitschaft des Verletzers, sich auf eine Verwarnung hin rechtstreu zu verhalten, indiziert die geringere Gefährlichkeit des Wettbewerbsverstoßes.2 Das Abwehrinteresse des Wettbewerbers an der Unterlassung ist streitwertmäßig geringer zu bewerten, wenn bereits ein Verfügungsurteil gegen den Verletzer erstritten worden ist.3
2655
Dass der Wert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens regelmäßig geringer anzusetzen ist als der Wert des entsprechenden Hauptsacheverfahrens, was früher auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes umstritten war,4 ist nunmehr in § 51 Abs. 4 GKG ausdrücklich festgelegt.
2656
Erforderlich ist daher eine Bruchteilsbewertung, die allerdings nicht einheitlich gehandhabt wird. Angesetzt werden Quoten in einem Rahmen von 1/3 des Hauptsachewertes,5 über 2/56 und 1/27 bis zu 2/38 des Hauptsachewertes; § 51 Abs. 4 GKG schließt es allerdings nicht aus, den Hauptsachewert anzusetzen, wenn das Verfügungsverfahren tatsächlich keine geringere Bedeutung hat.9
2657
VII. Klagehäufung Klagen mehrere durch unlauteren Wettbewerb Geschädigte gegen einen Verletzer 2658 oder klagt ein Geschädigter gegen mehrere Verletzer oder klagen gar mehrere Geschädigte gegen mehrere Verletzer auf Unterlassung, dann werden dadurch entsprechend viele Streitgegenstände geschaffen. Weder sind mehrere Kläger Gesamtgläubiger noch mehrere Unterlassungsschuldner Gesamtschuldner. Denn jeder Gläubiger eines Unterlassungsanspruchs kann von jedem Verletzer eigenständig Unterlassung verlangen, auch wenn die materiellen Ansprüche inhaltsgleich sind, also dieselbe Verletzungshandlung betreffen. Hiervon ausgehend ist für die Streitwertberechnung bei identischen Unterlassungsbegehren mehrerer Kläger eigentlich eine Addition der Einzelwerte geboten (§ 5 ZPO). Das kann allerdings zu außerordentlich hohen Streitwerten führen, die der wirtschaftlichen Bedeutung der Unterlassungsverfügung oder des Unterlas1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.1.2004 – 25 W 77/03, GRUR-RR 2004, 344; OLG Celle, NJW 1964, 1527. 2 OLG Frankfurt, JurBüro 1976, 368 = WRP 1976, 109. 3 OLG Frankfurt, JurBüro 1982, 911. 4 Siehe hierzu die Vorauflage. 5 OLG Rostock, Beschl. v. 14.8.2006 – 3 W 78/06, OLGR 2006, 1004; OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.4.2007 – 3 W 57/06, MDR 2007, 1225; OLG Koblenz, DB 1969, 614; ebenso KG, Beschl. v. 28.4.1988 – 25 W 2419/88, WRP 1989, 166; KG, WRP 1977, 793 mit Anm. Burchert: Hauptsachewert in dreifacher Höhe des Verfügungsverfahrens; KG, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 563; vgl. auch BGH v. 29.9.1978 – I ZR 107/77, MDR 1979, 116 = NJW 1979, 217 = GRUR 1979, 121 mit Anm. Horn; KG, Beschl. v. 17.2.1987 – 5 U 6945/86, WRP 1987, 469. 6 OLG Bremen, Beschl. v. 30.6.1997 – 2 W 37/97, OLGR 1997, 363. 7 OLG Oldenburg, Beschl. v. 16.4.1991 – 1 W 17/91, MDR 1991, 955; Beschl. v. 21.1.1993 – 1 U 136/92, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1128 = WRP 1993, 351. 8 KG, Beschl. v. 26.11.2004 – 5 W 146/04, unter Aufgabe der bisherigen Rspr. des Senats, wonach für das einstweilige Verfügungsverfahren 1/3 des Hauptsachewerts angesetzt wurde (vgl. nur KG, Beschl. v. 6.4.1999 – 5 W 12/99, NJW-RR 2000, 285). 9 Krbetschek/Schlingloff, WRP 2014, 1; s. auch OLG Rostock, Beschl. v. 5.9.2008 – 2 W 22/08, AGS 2009, 243.
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Gewerblicher Rechtsschutz
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sungsprozesses nicht mehr entsprechen. Der BGH1 hat daher für solche Fälle entschieden, dass vom höchsten Interesse eines der Kläger auszugehen und für jeden weiteren Kläger ein Zuschlag in der Höhe zu machen ist, die seinem Interesse daran entspricht, den titulierten Anspruch ggf. selbständig geltend machen zu können. 2660
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Anmerkung: Die früher vertretenen Lösungsmöglichkeiten (Abstellen nur auf das gemeinsame Interesse der Antragsteller,2 nachträgliche Ermäßigung des durch Addition gewonnenen Gesamtstreitwerts, weil durch die verbundene Inanspruchnahme die Wiederholungsgefahr vermindert wird,3 Ansetzen von geringen Einzelstreitwerten, weil dem Unterlassungsbeklagten bei der gleichzeitigen Inanspruchnahme mehrerer Kläger höhere Kosten entstehen4) werden sich angesichts der zum gleichen Ergebnis führenden Ansicht des BGH langfristig nicht mehr halten können.
VIII. Anspruchshäufung 2661
Wird die Klage auf Schadensersatz wegen einer Wettbewerbsverletzung verbunden mit einer Klage auf künftige Unterlassung desselben schädigenden Verhaltens, so ist der Unterlassungsanspruch grundsätzlich höher zu bewerten als der Schadensersatzanspruch, weil er unbegrenzt in die Zukunft gerichtet und damit umfassender ist.5
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Sind Werbebehauptungen, deren Unterlassung begehrt wird, inhaltlich nicht selbständig abgrenzbar, sondern nur Variationen und Modifikationen, Einschränkungen und Erweiterungen des gleichen Gedankens, so kommt, auch wenn der Klageantrag diese Behauptungen in verschiedene Teile zerlegt und unter verschiedenen Ziffern anführt, nur ein Streitwert in Betracht. Sind dagegen die mit den einzelnen Klageanträgen bekämpften Werbebehauptungen voneinander unabhängig und selbständig, so sind für die Anträge gesonderte Streitwerte festzusetzen,6 und zwar auch dann, wenn die verschiedenen Behauptungen in einem Rundschreiben enthalten waren oder bei derselben Gelegenheit gefallen sind7 Dies gilt auch, wenn ein einheitlicher Unterlassungsantrag (hilfsweise) auf verschiedene Schutzrechte und wirtschaftlich nicht identische Ansprüche8 gestützt wird, §§ 45 Abs. 1 Satz 2 und 3, 47 Abs. 1 Satz 1, 39 GKG; allerdings hat keine schematische Erhöhung zu erfolgen, vielmehr ist der Streitwert des Hauptanspruchs angemessen zu erhöhen;9 dies hat auch Bedeutung für die Kostenentscheidung.10
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Neben dem Antrag auf Unterlassung soll nach Ansicht einiger Gerichte der Antrag auf Veröffentlichung (vgl. z.B. § 7 UKlaG, § 12 Abs. 3 UWG, § 103 UrhG) grundsätzlich keine selbständige Bedeutung haben, weshalb auch kein besonderer 1 BGH, Beschl. v. 5.3.1998 – I ZR 185/95, MDR 1998, 1237; ebenso: KG, Beschl. v. 6.4.1999 – 5 W 12/99, NJW-RR 2000, 285 und schon OLG Stuttgart, WRP 1988, 632; vgl. auch BGH, Urt. v. 17.1.2002 – I ZR 241/99, BGHZ 149, 371 = MDR 2002, 898 zur missbräuchlichen Mehrfachabmahnung durch Konzernunternehmen; wohl anders OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.4.2007 – 3 W 485/07, JurBüro 2007, 364 = GRUR 2007, 815. 2 OLG Hamburg, JurBüro 1979, 50 unter Berufung auf Schneider, MDR 1972, 523; zweites Beschwerdeverfahren in derselben Sache: OLG Hamburg, JurBüro 1979, 732. 3 OLG Koblenz v. 16.8.1984 – 6 U 771/84, JurBüro 1985, 257 = WRP 1985, 45. 4 So OLG Celle, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 66 = JurBüro 1987, 109. 5 OLG München, JurBüro 1954, 188. 6 LG Osnabrück, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 735 = AnwBl. 1985, 106. 7 OLG Frankfurt, GRUR 1955, 309. 8 Siehe hierzu Büscher, GRUR 2012, 16. 9 BGH, Beschl. v. 12.9.2013 – I ZR 58/11, WRP 2014, 192; OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.5.2015 – 6 W 43/15; OLG Köln, Urt. v. 21.11.2014 – 6 U 187/11, WRP 2015, 239. 10 OLG Köln, Urt. v. 21.11.2014 – 6 U 187/11, WRP 2015, 239.
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Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz Streitwert festgesetzt werden könne.1 Diese Auffassung dürfte kaum richtig sein. Sie widerspricht dem Grundsatz, dass das Interesse des Klägers für den Streitwert maßgebend ist. Wer aber zur Unterlassung zusätzlich die Befugnis zur Veröffentlichung begehrt, verlangt eben mehr als nur Unterlassung. Das muss in der Streitwertbemessung zum Ausdruck kommen.2 Für den Antrag auf Zuerkennung der Veröffentlichungsbefugnis ist deshalb in jedem Fall ein besonderer, nach § 51 GKG zu schätzender Einzelstreitwert festzusetzen,3 der sich nicht auf die Höhe der voraussichtlichen Druckkosten beschränkt.4 Überwiegend werden 10 % des Wertes des Unterlassungsanspruchs angesetzt.5
IX. Wiederholte Anträge Ist das Rechtsschutzbedürfnis für eine wiederholte einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen zu bejahen (z.B. für den Verfügungsantrag eines gemeinnützigen Verbandes, nach dem der Hauptwettbewerber bereits selbst eine Untersagung erstritten hatte), so ist der Streitwert für das wiederholte Eilverfahren nicht deshalb geringer zu bewerten, weil bereits ein Verbot vorliegt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Beklagte sein Verhalten fortsetzt.
2664
Der Streitwert eines wiederholten Unterlassungsprozesses ist allerdings dann geringer zu bewerten, wenn bereits eine andere Partei einen Unterlassungstitel erstritten hat,6 zumal angenommen werden muss, dass sie diesen Titel auch vollstrecken wird.7 Anders kann es sich allerdings verhalten, wenn die Notwendigkeit wiederholter Anrufung des Gerichts nur durch die Hartnäckigkeit des Verletzers zu erklären ist.
2665
C. Streitwertbegünstigung I. Allgemeines Nach der mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken8 verbundenen Neuregelung des § 51 GKG sind die Härtefallregelungen der § 12 Abs. 4 UWG, § 144 PatG, § 26 GebrMG, § 142 MarkenG, § 54 DesignG (auch als soziale Kostenschutzvorschriften bezeichnet) einheitlich gefasst; sie sollen der Verwirklichung des Anspruchs auf Justizgewährung und effektiven Rechtsschutz wirtschaftlich schwacher Parteien dienen9 und stehen auch im Übrigen mit der Verfassung in Einklang.10
1 OLG Karlsruhe, WRP 1958, 190; OLG Stuttgart, NJW 1959, 890; OLG Nürnberg, JurBüro 1967, 72. 2 Zutreffend OLG Frankfurt, GRUR 1955, 450. 3 So auch OLG Frankfurt, GRUR 1955, 450; JurBüro 1972, 706; OLG Hamburg, MDR 1977, 142. 4 OLG Hamm, JMBl.NW 1954, 177. 5 OLG Köln, Urt. v. 14.4.2000 – 6 U 135/99, ZIP 2000, 2017; OLG Celle, Urt. v. 2.3.2000 – 13 U 280/98, GRUR-RR 2001, 125; OLG Nürnberg, Urt. v. 20.7.1999 – 3 U 1559/99, JurBüro 2000, 275. 6 OLG Stuttgart, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 824 = NJW-RR 1986, 432. 7 OLG Frankfurt, WRP 1974, 630. 8 BGBl. I 2013, 3714. 9 Vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 26.3.1999 – 1 BvR 1431/90, NVwZ 1999, 1104; Beschl. v. 1.12.2010 – 1 BvR 1682/07, NZA 2011, 354 m.w.N. 10 BVerfG, Beschl. v. 16.1.1991 – 1 BvR 933/90, MDR 1991, 610; KG, WRP 1978, 300 = AnwBl. 1978, 142 m.w.N.; a.A. Lambsdorff/Kanz, BB 1983, 2215.
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Da die Streitwertbegünstigung sich nur auf den Gebührenstreitwert, nicht dagegen auf den Zuständigkeits- oder den Rechtsmittelstreitwert bezieht, spricht man von einem „gespaltenen“ Streitwert.
II. Abgrenzung zur Prozesskostenhilfe 2668
Die Vorschriften zur Streitwertbegünstigung bezwecken einen Kostenausgleich, um wegen der oft hohen Streitwerte in wettbewerbsrechtlichen Prozessen eine faktische Rechtswegsperre abzubauen. Diese Regelungen stehen selbständig neben der Bewilligung von Prozesskostenhilfe und weichen in ihren gesetzlichen Voraussetzungen von denen des § 115 ZPO ab. Maßgebend ist für die Streitwertbegünstigung allein, ob die Kostenbelastung des konkreten Rechtsstreits den Antragsteller nach dem Stand seines realen Einkommens und Vermögens wirtschaftlich untragbar belasten würde (vgl. § 12 Abs. 4 UWG, § 144 PatG, § 26 GebrMG, § 142 MarkenG, § 54 DesignG).
2669
Ob dagegen die Rechtsverfolgung der die Streitwertbegünstigung beantragenden Partei aussichtsreich erscheint, ist unerheblich.1 Lediglich wenn die Klage völlig aussichtslos2 oder mutwillig bzw. rechtsmissbräuchlich3 ist, kann daran die Festsetzung eines verminderten Gebührenstreitwertes scheitern.4
2670
Die Vorschriften über die Streitwertbegünstigung setzen auch – anders als die Bewilligung von Prozesskostenhilfe – nicht voraus, dass der Antragsteller hilfsbedürftig i.S.d. Prozesskostenhilferechts ist.5 Bestehende Hilfsbedürftigkeit hindert aber umgekehrt nicht die Streitwertbegünstigung. Welche Bedeutung die Streitwertbegünstigung auch für eine hilfsbedürftige Partei hat, ergibt sich aus § 123 ZPO. Denn trotz bewilligter Prozesskostenhilfe muss auch sie bei Unterliegen dem Gegner dessen Kosten voll erstatten. Dagegen wirken die Streitwertbegünstigungen nach § 12 Abs. 4 UWG, § 144 PatG, § 26 GebrMG, § 142 MarkenG und § 54 DesignG endgültig und auch gegenüber dem obsiegenden Gegner.6
III. Streitwertbegünstigung aufgrund Härtefalls 2671
Die nunmehr (im Wesentlichen7) einheitlich gefassten Regelungen der § 12 Abs. 4 UWG, § 144 PatG, § 26 GebrMG, § 142 MarkenG und § 54 DesignG lauten wie folgt: „Macht eine Partei glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur 1 BGH, Beschl. v. 26.4.1990 – I ZR 58/89, GRUR 1990, 1052; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.8.2004 – 2 W 5/03, InstGE 5, 70; OLG Koblenz, Beschl. v. 27.10.1995 – 6 W 453/95, WRP 1996, 40 = GRUR 1996, 139; OLG Koblenz, KostRsp. UWG § 23b Nr. 14 = JurBüro 1985, 279. 2 OLG Hamm, AG 1993, 407 = WPM 1993, 1283. 3 BGH, Beschl. v. 4.7.1991 – II ZR 249/90, NJW-RR 1992, 484 = ZIP 1991, 1581. 4 OLG Hamm, WPM 1993, 1283; BGH, Beschl. v. 4.7.1991 – II ZR 249/90, NJW-RR 1992, 484 = ZIP 1991, 1581 beide zu der vergleichbaren Regelung des § 247 AktG. 5 BGH, LM PatG § 53 Nr. 1. 6 Das ist vom OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.1.1990 – 5 W 26/89, KostRsp. AktG § 247 Nr. 13 mit abl. Anm. Lappe = ZIP 1990, 268 verkannt worden, das in der Bewilligung von Prozesskostenhilfe einen wesentlichen Umstand für die Entscheidung auf Herabsetzung des Streitwertes nach § 247 Abs. 2 AktG gesehen hat. Im Ergebnis aber zust. Hüffer, EWiR § 247 AktG 1/90, 427. 7 § 12 Abs. 4, Abs. 5 UWG enthalten die gleichen Regelungen in anderer Darstellung.
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Gewerblicher Rechtsschutz Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwertes bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat. Soweit ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, hat sie die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten. Soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, kann der Rechtsanwalt der begünstigten Partei seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben. Der Antrag nach Absatz 1 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.“ Die gebührenrechtlichen Folgen dieser Vorschriften sind beachtlich: Da der Gegner nicht von der Ermäßigung profitiert, muss er sowohl dem Gericht als auch seinem Anwalt gegenüber Gebühren nach dem vollen Streitwert zahlen. Selbst bei vollem Obsiegen bleibt er also mit der Differenz belastet.1 Das Bundesverfassungsgericht hat die gleich lautende Vorschrift des § 23b UWG a.F. allerdings nicht beanstandet.2
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1. Anwendungsbereich Es muss sich um ein Verfahren handeln, in dem Ansprüche aus einem in dem jeweiligen Spezialgesetz geregelten Rechtsverhältnis geltend gemacht werden. Erfasst werden sowohl die Eilverfahren als auch die Hauptsacheverfahren, jeweils in allen Instanzen. Die Herabsetzung des Streitwerts in Rechtsstreitigkeiten wegen Verletzung gewerblicher Schutzrechte ist auch dann zulässig, wenn der Klageantrag zugleich auf Bestimmungen des UWG oder auch des BGB gestützt wird.3
2673
2. Tatbestand a) Erhebliche Gefährdung der wirtschaftlichen Lage Die Ausfüllung des Begriffs der „erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen La- 2674 ge“ hat der Gesetzgeber der Rechtsprechung überlassen. Der Begriff ist einerseits weniger streng als die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO, denn die Streitwertbegünstigung soll auch dann eingreifen können, wenn Prozesskostenhilfe nicht in Betracht kommt – insbesondere ist erstere unabhängig von den Erfolgsaussichten des beabsichtigten Verfahrens.4 Andererseits rechtfertigt nicht jede wirtschaftliche „Schieflage“ des Antragstellers auch eine Streitwertreduzierung. Denn gerade mit Rücksicht auf den Gegner muss auch der Antragsteller ein gewisses Kostenrisiko übernehmen. Bei der Berechnung dieses Risikos kann – auch wenn die beiden Institute unterschiedlich sind – eine Orientierung an der Kostenbelastung bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgen.5
1 Vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.7.1985 – 10 W 89/85, JurBüro 1985, 1526. 2 BVerfG, Beschl. v. 16.1.1991 – 1 BvR 933/90, NJW-RR 1991, 1134; Beschl. v. 28.6.1993 – 1 BvR 1321/90. 3 BGH, MDR 1968, 300 = Warneyer, 1967 Nr. 268 = NJW 1968, 593 = GRUR 1968, 333 mit zust. Anm. Droste. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.8.2004 – 2 W 5/03, InstGE 5, 70; BGH, GRUR 1953, 123; OLG Koblenz, Beschl. v. 27.10.1995 – 6 W 453/95, GRUR 1996, 139. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.8.2004 – 2 W 5/03, InstGE 5, 70; BGH, GRUR 1953, 123.
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Gewerblicher Rechtsschutz Für einen Antrag auf Streitwertbegünstigung muss der Antragsteller glaubhaft machen, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert seine wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde. Hierfür genügt allerdings die Darlegung allgemeiner wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht. Vielmehr sind auch zumutbare Kreditaufnahmemöglichkeiten zu berücksichtigen.1
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Das KG2 fordert als Voraussetzung der Vergünstigung eine bilanzkritische Würdigung der zur Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) vorgelegten Unterlagen. Die erhebliche Gefährdung der wirtschaftlichen Lage kann nicht allein durch einen Verdienstnachweis aus einem Arbeitsverhältnis glaubhaft gemacht werden.3 Bei der Bestimmung der Kostenbelastung der Partei sind nicht nur die Gerichtskosten und die Kosten der Prozessbevollmächtigten zu beachten. In bestimmten Fällen (vgl. § 140 Abs. 3 MarkenG) können außerdem Kosten für den mitwirkenden Patentanwalt zu berücksichtigten sein.
2677
Eine erhebliche Gefährdung der wirtschaftlichen Lage kann auch bei einem großen Unternehmen mit erheblichem Umsatz gegeben sein, wenn es in Schwierigkeiten geraten ist und kaum noch seine Schulden bezahlen kann.4 Da eine BGBGesellschaft nach der Rechtsprechung des BGH5 als rechts- und parteifähig anzusehen ist, ist bei der Entscheidung über den Antrag auf Streitwertbegünstigung nach Ansicht des OLG München6 die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ausschlaggebend. Die Vermögensverhältnisse der Gesellschafter werden dagegen nicht berücksichtigt.
2678
Bei welchen Prozesskosten von einer erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lage auszugehen ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Es ist nicht entscheidend, ob die Partei fähig ist, die Kosten für den Rechtsstreit nach dem gem. § 51 Abs. 1, Abs. 2 GKG bestimmten Streitwert zunächst aufzubringen. Vielmehr ist zu prüfen, wie sich diese Kostenbelastung auf ihre wirtschaftliche Lage im Falle des Unterliegens im Prozess auswirken würde.7 Insofern ist diese Prüfung für jede Instanz gesondert anzustellen, denn es ist durchaus möglich, dass die Partei die Kosten für eine Instanz ohne erhebliche Gefährdung der wirtschaftlichen Lage tragen kann, nicht aber die Kosten der Rechtsmittelinstanz.
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Handelt es sich um den Herabsetzungsantrag eines Verbandes, der nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt ist,8 wurde die wirtschaftliche Gefährdung früher nur auf den konkreten Rechtsstreit bezogen, nicht dagegen zusätzlich auf den Einfluss weiterer Verfahren.9 Nach der Gegenmeinung10 sollte berücksichtigt werden, dass der Verband auch nach Verlust eines Prozesses weiterhin im Stande sein müsse, seine Aufgaben zu erfüllen. Insofern sei nicht auf die Belastung durch den konkre-
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OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.8.2004 – 6 W 128/04, GRUR-RR 2005, 239. KG, KostRsp. UWG § 23b Nr. 12 = WRP 1983, 20. BPatG, Beschl. v. 2.7.2001 – 2 Ni 8/00 (EU). OLG Stuttgart, Beschl. v. 5.3.1982 – 2 W 4/82, KostRsp. UWG § 23b Nr. 7 = WRP 1982, 489. BGH, Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056. OLG München, Beschl. v. 20.11.2001 – 6 W 2850/01, InstGE 2, 81 (Antrag nach § 142 MarkenG). BGH, Beschl. v. 5.3.1998 – I ZR 185/95, MDR 1998, 1237 = GRUR 1998, 958. Soweit die nachfolgenden Entscheidungen aus der Zeit vor der Neufassung des UWG am 3.7.2004 (BGBl. I, 1414) stammen, beziehen sie sich überwiegend auf die Regelung des § 23b UWG a.F., die aber inhaltlich mit § 144 PatG, § 26 GebrMG, § 142 MarkenG und § 54 DesignG übereinstimmt. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.1.1980 – 6 W 108/79, JurBüro 1980, 904; Beschl. v. 19.9.1988 – 6 W 101/88, KostRsp. UWG § 23a Nr. 10 mit Anm.Schneider = JurBüro 1989, 530; OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.7.1983 – 2 W 38/83, WRP 1983, 709; Urt. v. 26.5.1986 – 2 U 56/86, KostRsp. UWG § 23b Nr. 17 = NJW-RR 1986, 1164; OLG Hamburg, WRP 1977, 498. OLG Koblenz, Beschl. v. 13.7.1984 – 6 W 326/84, JurBüro 1985, 279.
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Gewerblicher Rechtsschutz ten Prozess, sondern auf die Gesamttätigkeit des Verbandes abzustellen.1 In Übereinstimmung mit der Entscheidung des BGH vom 5.3.19982 stellt die nunmehr herrschende Meinung3 auch auf die sonstige Prozesstätigkeit und daraus resultierende Kostenbelastung des Verbands ab, der also nicht andere Verfahren aufgeben muss, um dasjenige Verfahren führen zu können, in dem er eine Streitwertbegünstigung beantragt hat. b) Art der Rechtsverfolgung Die Rechtsprechung hat neben der erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lage zusätzlich das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal geschaffen, dass die wirtschaftlich schwache Partei alles zu tun habe, um ihrer Klage oder Rechtsverteidigung zum Erfolg zu verhelfen. Daran fehlt es beispielsweise, wenn die Berufungsbegründungsfrist versäumt wird oder prozessuale Nachteile dadurch entstehen, dass Schriftsätze falsch abgelegt werden, sei es auch vom Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO).
2680
Lässt ein klagender Verband zur Förderung gewerblicher Interessen seinen Unterlassungsanspruch verjähren, so dass er auf Einrede des Beklagten hin die Klage zurücknehmen muss, dann begibt er sich nach einer Entscheidung des KG durch dieses Verhalten der Streitwertbegünstigung.4
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Dem Streitwertbegünstigungsantrag ist trotz einer Klagerücknahme jedoch stattzugeben, wenn die Klage nicht mutwillig erhoben wurde und ihre Rücknahme auch für eine Partei, die den Antrag nicht stellt oder stellen kann, die prozessökonomisch gebotene Prozesshandlung ist.5
2682
c) Rechtsmissbrauch In bestimmten Fällen lehnt die Rechtsprechung eine Streitwertbegünstigung ab, obwohl die Antragsvoraussetzungen der § 12 Abs. 4 UWG, § 144 PatG, § 26 GebrMG, § 142 MarkenG und § 54 DesignG gegeben sind. Begründet wird dies mit dem Gedanken des Rechtsmissbrauchs.6
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Rechtsmissbrauch wurde beispielsweise bejaht, wenn Gewerbetreibende einen Verband gründen, der sie vor Wettbewerbsverstößen schützen soll, den Verband aber nicht mit den erforderlichen Geldmitteln ausstatten, die notwendig sind, um die im Interesse der Mitglieder liegende Verfolgung von Wettbewerbsverstößen finanzieren zu können.7 Eine solche Konstellation ist allerdings nach der aktuellen Rechtslage nur noch eingeschränkt möglich, da die Anerkennung eines klagebefugten Verbandes nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG voraussetzt, dass dieser nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine Aufgaben wahrzunehmen; eine Streitwertbegünstigung kommt daher allenfalls bei
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1 OLG Koblenz, Beschl. v. 1.6.1989 – 6 W 151/89, NJW-RR 1989, 1441 = GRUR 1989, 764; OLG Köln, Beschl. v. 8.6.1990 – 6 U 31/90, NJW-RR 1991, 186. 2 BGH, Beschl. v. 5.3.1998 – I ZR 185/95, MDR 1998, 1237 = GRUR 1998, 985. 3 KG, WRP 1977, 717; WRP 1982, 468; WRP 1983, 561; WRP 1984, 20; OLG Koblenz, Beschl. v. 13.7.1984 – 6 W 326/84, GRUR 1984, 746; Beschl. v. 1.6.1989 – 6 W 151/89, GRUR 1989, 764; OLG Köln, Beschl. v. 8.6.1990 – 6 U 31/90, GRUR 1991, 248. 4 KG, KostRsp. UWG § 23b Nr. 16 = WRP 1986, 680 – die Entscheidung ist allerdings bedenklich, da sie mittelbar die Frage der Erfolgsaussichten in das Verfahren der Streitwertbegünstigung einbezieht, was nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen ist. 5 LG Berlin v. 25.11.1980 – 160 U 418/80, KostRsp. UWG § 23b Nr. 6 = WRP 1982, 53. 6 BGH, Beschl. v. 4.7.1991 – II ZR 249/90, ZIP 1991, 1581 = MDR 1992, 355; OLG Hamm, Beschl. v. 29.7.1992 – 8 W 28/92, AG 1993, 470 = WPM 1993, 1283. 7 KG, KostRsp. UWG § 23b Nr. 2 = WRP 1979, 308.
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Gewerblicher Rechtsschutz sehr hohen Streitwerten in Betracht (ab 30 000 Euro).1 Anders ist dies bei Verbraucherverbänden (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 UWG), deren finanzielle Ausstattung regelmäßig gering ist.2 2685
Das OLG Stuttgart3 hat den Antrag eines Verbandes auf Streitwertbegünstigung4 zu Recht als rechtsmissbräuchlich abgelehnt, weil dem Verband für die Klage die Kostendeckung durch einen Dritten zugesagt worden war und der Verband auf Veranlassung und im überwiegenden Interesse dieses Mitbewerbers klagte. Unter diesen Umständen konnte der Senat davon ausgehen, dass der Verband nur aus Gründen der Kostenersparnis bzw. Risikominderung vorgeschoben wurde.
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Rechtsmissbrauch kommt ebenfalls in Betracht, wenn dem Antragsteller bereits die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen Fehlens hinreichender Erfolgsaussicht versagt worden ist und er dann den Rechtsstreit auf eigene Kosten, aber streitwertbegünstigt führen will.5 Insofern bestehen Überschneidungen zwischen den Regelungen zur Streitwertbegünstigung und dem Recht der Prozesskostenhilfe. Anders als in der Prozesskostenhilfe ist zwar für § 12 Abs. 4 UWG, § 144 PatG, § 26 GebrMG, § 142 MarkenG und § 54 DesignG keine Prüfung vorgesehen, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.6 Entsprechend der ausdrücklichen Regelung in § 114 ZPO weicht die Rechtsprechung aber dann von einer Streitwertbegünstigung ab, wenn das prozessuale Vorgehen der wirtschaftlich schwachen Partei völlig aussichtslos oder mutwillig ist. Dann wird Rechtsmissbrauch bejaht mit der Folge, dass eine Herabsetzung ausscheidet,7 denn es ist eben Missbrauch stattlichen Rechtsschutzes, Prozesse auf Kosten der Allgemeinheit zu führen, die von vornherein aussichtslos sind.8
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Dieselbe Tendenz wird deutlich, wenn eine Streitwertbegünstigung im Eilverfahren verneint wird, weil der Antragsteller eine durch Beschluss erlassene einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkannt und auf die Einlegung eines Widerspruchs verzichtet hat.9
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Ebenso verhält es sich, wenn der Antragsteller sich bereits in Liquidation befindet, nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, denn dann kann die Prozessführung seine wirtschaftliche Existenz nicht weiter verschlechtern. Dass möglicherweise eine bessere Befriedi-
1 In diese Richtung gehen auch BGH, Beschl. v. 5.3.1998 – I ZR 185/95, MDR 1998, 1237 und BGH, Beschl. v. 5.3.1998 – I ZR 185/95, GRUR 1994, 385, wonach ein Verband, der sich die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs zum Ziel gesetzt hat und fast ausschließlich dieser Tätigkeit nachgeht, sich dann auf die Streitwertbegünstigung nach § 12 Abs. 4 UWG berufen kann, wenn der volle Streitwert deutlich über der Revisionssumme liegt. 2 BGH, Beschl. v. 17.3.2011 – I ZR 183/09, MDR 2011, 680. 3 OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.9.1997 – 2 W 89/96, WRP 1998, 229. 4 Die Entscheidung erging zu § 23b UWG a.F. 5 OLG Hamburg, KostRsp. UWG § 23 b Nr. 3 = WRP 1979, 382 mit Anm. Borck; s. auch LG Berlin, Beschl. v. 14.11.1980 – 16 O 349/80, KostRsp. UWG § 23b Nr. 5 = WRP 1981, 292. 6 RGZ 155, 132; OLG Koblenz, KostRsp. UWG § 23b Nr. 14 = JurBüro 1985, 279. 7 Siehe z.B. OLG Hamburg, KostRsp. UWG § 23b Nr. 3 mit Anm. Schneider = WRP 1979, 382 mit Anm. Borck; LG Berlin, Beschl. v. 14.11.1980 – 16 O 349/80, KostRsp. UWG § 23b Nr. 5 = WRP 1981, 292; OLG Hamm, Beschl. v. 29.7.1992 – 8 W 28/92, AG 1993, 470 = WPM 1993, 1283. 8 In dieser Weise wurde auch die frühere Regelung des § 23b Abs. 2 UWG nicht selten interpretiert: Siehe BGH, Beschl. v. 4.7.1991 – II ZR 249/90, BB 1991, 1656 = ZIP 1991, 1581 = MDR 1992, 355. 9 OLG München, Beschl. v. 3.3.1982 – 6 W 772/82, KostRsp. WZG § 31a Nr. 3 = WRP 1982, 430.
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Gewerblicher Rechtsschutz gung der Gläubiger im Insolvenzverfahren erzielt wird, rechtfertigt keine Herabsetzung des Streitwerts.1 Zu § 144 PatG hat der BGH im Übrigen entschieden, dass ein nicht aktiv am Wirtschaftsleben beteiligtes Unternehmen, welches nicht über nennenswerte Vermögensgegenstände verfügt, in seiner wirtschaftlichen Lage nicht gefährdet wird, wenn es mit einer Prozesskostenforderung belastet wird, die angesichts seiner Vermögenssituation ohnehin nicht beitreibbar ist;2 wählt dieses Unternehmen bei Abschluss einer Vereinbarung über die Finanzierung von Prozesskosten eine Vertragsgestaltung, die ihm und dem finanzierenden Dritten alle mit dem Rechtsstreit verbundenen Chancen sichert, das Kostenrisiko eines Nichtigkeitsverfahrens wirtschaftlich aber der Gegenseite auferlegt, ist es in der Regel nicht angemessen, ihn von diesem Kostenrisiko nach § 144 PatG zu entlasten.3 Rechtsmissbräuchlich ist es weiter, wenn ein Verband unbeschadet einer Auskunft des Abgemahnten, er habe den Verstoß nicht begangen, ohne weitere tatsächliche Feststellung Klage erhebt.4 Ebenso liegt es umgekehrt, wenn der Antragsgegner bei eindeutiger Rechtslage auf eine Abmahnung nicht reagiert hat und erst durch sein unmotiviertes Schweigen Anlass dazu gegeben hat, dass der Unterlassungsgläubiger ein Verfügungsverfahren eingeleitet hat.5
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3. Antrag a) Antragsbefugnis Antragsberechtigt im Rahmen von § 12 Abs. 5 UWG, § 144 PatG, § 26 GebrMG, § 142 MarkenG und § 54 DesignG sind beide Parteien, der Kläger ebenso wie der Beklagte. Die Antragsbefugnis besteht unabhängig davon, ob die Rechtsverfolgung der wirtschaftlich schwachen Partei hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.6 Zuständig ist das jeweilige erkennende Gericht, so dass der Antrag für jeden Rechtszug neu gestellt werden muss.7
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Daraus folgt auch, dass die Streitwertbegünstigung einer Partei im ersten Rechtszug für die Berufungsinstanz bedeutungslos ist und keine Bindungswirkung für das Berufungsgericht entfaltet.8 Setzt aber das Instanzgericht einen bereits beschlossenen Streitwert abändernd höher an und wird daraufhin erstmals ein Antrag auf Streitwertherabsetzung gestellt, dann treten insoweit Bindungswirkungen ein. Die Erstfestsetzung ist die untere Grenze für eine Herabsetzung, weil sie von der wirtschaftlich schwachen Partei nicht angefochten worden ist.
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LG Frankenthal, Beschl. v. 20.10.1981 – 2 (HK) O 1027/80, WRP 1983, 239. BGH, Beschl. v. 3.9.2013 – X ZR 1/13, X ZR 2/13, GRUR 2013, 1288. BGH, Beschl. v. 3.9.2013 – X ZR 1/13, X ZR 2/13, GRUR 2013, 1288. KG, KostRsp. UWG § 23b Nr. 10 mit Anm. Schneider = WRP 1983, 561. OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.4.2005 – 6 W 43/05, OLGR 2005, 842 = GRUR-RR 2005, 296 = GRUR 2006, 264; OLG Hamburg, WRP 1985, 281. 6 OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.8.1988 – 6 W 130/88, KostRsp. UWG § 23b Nr. 21 = JurBüro 1989, 531 – der Senat hat einen Fall der offensichtlichen Aussichtslosigkeit verneint. 7 OLG Frankfurt, JurBüro 1976, 347; OLG Karlsruhe, WRP 1973, 49; a.A. OLG Düsseldorf, DR 1941, 793, jedoch gegen RG, HRR 1941 Nr. 344. 8 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.2.1991 – 15 U 127/90, KostRsp. AktG § 247 Nr. 14 mit abl. Anm. Schneider = EWiR § 247 AktG 1/91 S. 633 – Hirte; a.A. OLG Frankfurt, KostRsp. AktG § 247 Nr. 10 unter Hinweis auf BGH, Beschl. v. 19.4.1982 – II ZR 88/81; Hirte, EWiR § 247 AktG 1/91 S. 633. Auch der BGH hat sich inzwischen dieser Auffassung angeschlossen und seine frühere Rechtsprechung, auf die sich das OLG Frankfurt, MDR 1993, 184 = AG 1993, 85; zustimmend Lappe, NJW 1994, 1198 stützte, ausdrücklich aufgegeben.
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499
2691
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2692
Das gilt auch dann, wenn das Beschwerdegericht den Streitwert auf den ursprünglich angenommenen Wert ermäßigt.1 Die Entscheidung beruht auf der zutreffenden Überlegung, dass die Herabsetzung des Streitwerts den obsiegenden Prozessgegner benachteiligen kann, weil sich dessen Kostenerstattungsanspruch vermindert. Den eigenen Anwalt muss er nach dem nicht ermäßigten Streitwert bezahlen, also im Ergebnis aus eigener Tasche. Deshalb wird er durch die Antragsfristen geschützt. Er soll davor bewahrt werden, während des laufenden Rechtsstreits mit einer Streitwertherabsetzung überrascht zu werden, die seine eigene Kostenprognose umstößt. b) Zeitpunkt der Antragstellung
2693
Der Antrag auf Herabsetzung des Streitwertes muss grundsätzlich vor der Verhandlung zur Hauptsache gestellt werden (vgl. § 12 Abs. 5 Satz 2 UWG, § 144 Abs. 2 Satz 2 PatG, § 26 Abs. 2 Satz 2 GebrMG, § 142 Abs. 3 Satz 2 MarkenG und § 54 Abs. 3 Satz 2 DesignG). Damit ist jedoch nur gefordert, dass er überhaupt rechtzeitig gestellt wird, nicht etwa, dass er bereits in der Klageschrift oder zusammen mit dem Klageantrag angebracht wird. Insbesondere im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung genügt es, wenn er bis zur Verhandlung über den Widerspruch angebracht wird.2 Zulässig ist er selbst dann, wenn ein Widerspruch überhaupt nicht eingelegt werden soll, wobei jedoch in einem solchen Fall die Frage des Rechtsmissbrauchs zu prüfen ist.3 Es besteht keine Hinweispflicht des Gerichts auf die zeitliche Begrenzung des Antrags.4 Das entspricht der Regelung im Prozesskostenhilferecht (§§ 114 ff. ZPO). Allerdings kann der Rechtsanwalt hinweispflichtig sein.5
2694
2694a
Grundsätzlich kann der Begünstigungsantrag sogar noch nach Zurücknahme des Verfügungsantrages gestellt werden.6 Der Antrag kann jedoch in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung von dem Antragsgegner nicht mehr gestellt werden, wenn dieser die ohne mündliche Verhandlung erlassene einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkannt und ausdrücklich auf das Recht zur Einlegung des Widerspruchs verzichtet hat.7
Û
Anmerkung: Das OLG München8 begründet diese zutreffende Entscheidung damit, Sinn der Streitwertbegünstigung sei es, der Partei bei der Geltendmachung oder Verteidigung ihrer Rechte zu helfen, nicht hingegen, sie bei der Abstandnahme davon zu unterstützen. Richtiger dürfte es wohl sein, entsprechend dem Gedanken des § 114 ZPO die Streitwertvergünstigung einfach deshalb zu versagen, weil und wenn die Rechtsverfolgung aussichtslos erscheint.9
2695
Ebenso liegt es, wenn feststeht, dass die Partei den begonnenen Rechtsstreit nicht weiterführen wird und mit dem Antrag lediglich bezweckt, die ihr durch Klagerücknahme oder Säumnisentscheidung entstehenden Kosten zu verringern.10
2696
Solange ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, kann der Antrag nicht verfristen. Er darf insbesondere bei Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Be1 2 3 4 5 6 7 8 9
OLG Hamm, KostRsp. UWG § 23b Nr. 13 mit Anm. Schneider = WRP 1984, 158. KG, KostRsp. UWG § 23b Nr. 11 = WRP 1983, 367. OLG Hamburg, KostRsp. UWG § 23b Nr. 15 = WRP 1985, 281. OLG Düsseldorf, KostRsp. PatG § 144 Nr. 2 = JurBüro 1985, 1860. Siehe dazu Schneider, MDR 1988, 282. KG, KostRsp. UWG § 23b Nr. 8 = WRP 1982, 530. OLG München, Beschl. v. 3.3.1982 – 6 W 772/82, WRP 1982, 430. OLG München, Beschl. v. 3.3.1982 – 6 W 772/82, WRP 1982, 430. LG Berlin, Beschl. v. 14.11.1980 – 16 O 349/80, WRP 1981, 292; oben Rn. 2207; s. auch OLG Hamburg, WRP 1979, 382 mit Anm. Borck. 10 LG Berlin, Beschl. v. 14.11.1980 – 16 O 349/80, WRP 1981, 292.
500 Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz schluss noch bis zur Verhandlung über den Widerspruch gestellt werden. Nach der ersten mündlichen Verhandlung ist ein Antrag auf Herabsetzung des vom Kläger in der Klageschrift angegebenen Streitwerts allenfalls dann noch zulässig, wenn nachträglich eine ganz entscheidende Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Klägers eintritt. Eine Kreditverweigerung der Hausbank des Klägers mit Rücksicht auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung reicht dazu nicht aus.1 c) Ausnahmsweise späterer Antrag möglich Da das Gericht den Grundsatz der Streitwertwahrheit befolgen muss, kann es zu einer nachträglichen Erhöhung des Streitwertes von Amts wegen (§ 63 Abs. 3 GKG) oder auf Antrag eines Prozessbevollmächtigten (§ 32 Abs. 2 RVG) kommen. Der neue Streitwert kann dann nachträglich die in § 12 Abs. 4 UWG, § 144 PatG, § 26 GebrMG, § 142 MarkenG und § 54 DesignG vorausgesetzte erhebliche Gefährdung der wirtschaftlichen Lage einer Partei auslösen.2 Nach der mündlichen Verhandlung ist ein Antrag auf Streitwertbegünstigung daher ausnahmsweise zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird.3
2697
Der Streitwert ist im Sinne dieser Vorschrift „angenommen“, wenn er Grundlage 2698 einer Maßnahme des Gerichts geworden ist.4 Es macht dabei keinen Unterschied, ob der Streitwert bereits vom Gericht festgesetzt worden oder nur vom Kostenbeamten seiner Kostenberechnung zugrunde gelegt („angenommen“) worden war. Eine Streitwertangabe der Parteien in der Klage- oder Antragsschrift genügt dagegen nicht.5 Kommt es dagegen im Laufe des Verfahrens zu einer Ermäßigung des Streitwerts, dann bleibt es bei der Regelung, dass ein Herabsetzungsantrag vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen ist. Versäumt eine Partei diesen Zeitpunkt, so besteht kein Anlass zur Erweiterung ihres Antragsrechts, da sie durch eine spätere Streitwertermäßigung nur begünstigt werden kann. Die Ausnahme der späteren Antragstellung soll nur die Möglichkeit schaffen, neu auftretenden zusätzlichen Kostenbelastungen zu begegnen, nicht aber, Antragsversäumnisse unschädlich machen.
2699
Findet keine Verhandlung zur Hauptsache statt, weil beispielsweise der Sachantrag vor Terminsbeginn oder nach Erörterung der Sache, aber vor Antragstellung zurückgenommen wird, dann versagt die zeitliche Sperre der § 12 Abs. 5 Satz 2 UWG § 144 Abs. 2 Satz 2 PatG, § 26 Abs. 2 Satz 2 GebrMG, § 142 Abs. 3 Satz 2 MarkenG und § 54 Abs. 3 Satz 2 DesignG. Nach dem Gesetzeswortlaut kann der Antrag daher zeitlich unbegrenzt gestellt werden, also noch nach der Zurücknahme eines Verfügungsantrages.6 Dies gilt auch für die zurücknehmende Partei selbst, wenn sie damit die prozessökonomisch richtige Maßnahme getroffen hat.7 Die fehlende zeitliche Begrenzung würde jedoch zu Unzuträglichkeiten
2700
1 OLG Düsseldorf, KostRsp. PatG § 144 Nr. 2 = JurBüro 1985, 1860. 2 Vgl. OLG München, Beschl. v. 30.1.1991 – 6 W 2832/90, GRUR 1991, 561. 3 OLG Koblenz, Beschl. v. 27.10.1995 – 6 W 453/95, WRP 1996, 40 = GRUR 1996, 139; BPatG München, Urt. v. 2.10.2012 – 5 Ni 40/10 (Antrag bis zur endgültigen Streitwertfestsetzung). 4 BGH, GRUR 1953, 284 [zu § 53 PatG]; OLG Nürnberg, Urt. v. 25.5.1982 – 3 U 928/82, WRP 1982, 489. 5 OLG Nürnberg, Urt. v. 25.5.1982 – 3 U 928/82, KostRsp. UWG § 23b Nr. 7 = WRP 1982, 489. 6 KG, WRP 1982, 530. 7 LG Berlin, Beschl. v. 25.11.1980 – 160 O 418/80, KostRsp. UWG § 23b Nr. 6 = WRP 1982, 53.
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führen. Irgendwann muss jedes Verfahren einmal ein (endgültiges) Ende nehmen. Deshalb hat die Rechtsprechung das Antragsrecht bei Fehlen einer Verhandlung zur Hauptsache verkürzt und verlangt, dass der Herabsetzungsantrag innerhalb angemessener Frist gestellt wird.1 2701
Was im Einzelfall „angemessen“ ist, bestimmt sich letztlich nach richterlicher Wertung. Derartige „Gummifristen“ lassen sich lediglich mit anderen Worten umschreiben („eng zu bemessen“, „gebührende Berücksichtigung der Interessen des Gegners“ usw.). Eine zuverlässige kalendermäßige Bestimmung ist nicht möglich. Deshalb ist es stets angebracht, den Herabsetzungsantrag umgehend zu stellen, wenn sich die Prozesslage so verändert, dass eine Verhandlung zur Hauptsache nicht mehr stattfinden kann.2 4. Rechtsfolgen
2702
Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, ist der nach § 51 Abs. 1, Abs. 2 GKG bestimmte Streitwert zugunsten der Partei zu vermindern. Das Gericht trifft diese Entscheidung durch einen Beschluss gem. § 63 GKG.
2703
Über die konkrete Höhe der Minderung macht das Gesetz keine Angaben. Sie richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wonach zu berechnen ist, bei welchem Streitwert die Kostenbelastung für den Antragsteller nicht zu einer erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lage führen würde.
2703a
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Anmerkung: Nach einer älteren Berechnungsmethode des KG3 fand für Streitwerte bis 10 000 DM keine Begünstigung statt. Bei einem höheren Streitwert sei von einem Sockelbetrag von 10 000 DM auszugehen und 1/10 des darüber hinausgehenden Betrages hinzuzurechnen. Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob diese generalisierende Betrachtungsweise den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers bzw. den Interessen des obsiegenden Gegners im Rahmen der Kostenerstattung gerecht werden kann.
Bei Verbandsklagen erscheint es auch im Bereich der in § 51 Abs. 2 GKG vorgesehenen Streitwertbegünstigungen sachgerecht, die Wertstaffelung zu übernehmen, die der BGH im Rahmen des § 12 Abs. 4 UWG vertritt. Danach kommt bis zu einer Streitwerthöhe von 30 000 Euro eine Begünstigung – vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls – nicht in Betracht, weil die Mittel eines Verbandes für solche Prozesse auszureichen haben.4 Der BGH5 hat hierzu ausgeführt, dass eine Streitwertbegünstigung bei Werten, die 30 000 Euro nicht übersteigen, nur dann angeordnet werden könne, wenn der Verband außergewöhnliche Umstände darlege, wonach die Belastung mit den vollen Kosten als eine besondere Härte erscheine. Solche außergewöhnlichen Umstände könnten etwa in einer Häufung von Verfahren mit besonders hohem Kostenrisiko oder in einer ungewöhnlichen Anzahl von Passivprozessen liegen, die den eigentlich für die Führung von Verfahren ausreichenden Prozesskostenfonds ausgeschöpft haben. 1 BGH, MDR 1965, 522 = GRUR 1965, 562 mit Anm. von Utscher; OLG Koblenz, Beschl. v. 27.10.1995 – 6 W 453/95, WRP 1996, 40 = GRUR 1996, 139; KG, WRP 1982, 468; KostRsp. UWB § 23b Nr. 10 = WRP 1983, 561. 2 OLG Köln, Beschl. v. 7.12.1994 – 6 W 91/94, KostRsp. UWG § 23b Nr. 27 = WRP 1995, 421: sechs Wochen nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen ist zu spät. 3 KG, KostRsp. UWG § 23b Nr. 1 = AnwBl. 1978, 142; so auch: OLG Koblenz, Beschl. v. 13.7.1984 – 6 W 326/84, KostRsp. UWG § 23b Nr. 14 mit Anm. Schneider = JurBüro 1985, 279; Beschl. v. 1.6.1989 – 6 W 151/89, KostRsp. UWG § 23a Nr. 11 = NJW-RR 1989, 1441; OLG Schleswig, SchlHA 1987, 60 = JurBüro 1987, 750. 4 Vgl. BGH, Beschl. v. 5.3.1998 – I ZR 185/95, GRUR 1998, 958. 5 BGH, Beschl. v. 5.3.1998 – I ZR 185/95, MDR 1998, 1237 – die Entscheidung erging zu § 23b UWG a.F., der mit § 144 PatG, § 26 GebrMG, § 142 MarkenG und § 54 DesignG inhaltsgleich war.
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Gewerblicher Rechtsschutz 5. Beschwerde Ein Streitwertbegünstigungsbeschluss ist mit der Beschwerde nach § 68 Abs. 1 GKG anfechtbar. Beschwerdeberechtigt ist je nach Inhalt des Beschlusses der Antragsteller oder dessen Gegner, der bei Prozessgewinn keinen vollen Erstattungsanspruch erlangt. Ist der Streitwert jedoch gem. § 12 Abs. 4 UWG, § 144 PatG, § 26 GebrMG, § 142 MarkenG und § 54 DesignG herabgesetzt worden, dann darf dieser Begünstigungsbeschluss nachträglich nur erhöhend abgeändert werden, wenn sich die wirtschaftliche Lage der begünstigten Partei erheblich verbessert hat.1 Auch die Prozessbevollmächtigten können aus eigenem Recht gegen den Beschluss vorgehen, wenn sie den Wertansatz als zu niedrig ansehen (§ 32 Abs. 2 RVG).2
2705
Wird die Entscheidung nach § 144 PatG, § 26 GebrMG, § 142 MarkenG und § 54 DesignG in den Gründen eines Urteils getroffen, so handelt es sich gleichwohl nicht um einen Teil des Urteils, sondern um einen selbständigen Beschluss, der nach § 68 Abs. 1 GKG anfechtbar ist.3 In jedem Fall besteht, wenn Streitwertbeschwerde eingelegt wird, Begründungszwang, wobei eine Begründung auch im Nichtabhilfebeschluss nachgeholt werden darf.4 Insoweit gilt für die Verfahren des gewerblichen Rechtsschutzes nichts Besonderes.5
2706
D. Rechtsprechungs-ABC Die nachfolgende Zusammenstellung gibt einen Überblick über wettbewerbsrechtlich erhebliche Sachverhalte. Die nachgewiesene Rechtsprechung kann die Bestimmung des im Einzelfall maßgebenden Streitwerts erleichtern. Bei den Wertansätzen ist wegen des Währungsverfalls auch auf das Datum der Veröffentlichung zu achten. Stichwortübersicht Rn. Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . . . Befristete Unterlassungsklage . . . . . Besichtigungsflüge . . . . . . . . . . . . . Bootleg-DVD/CD-LP . . . . . . . . . . . Boykottaufruf . . . . . . . . . . . . . . . . . Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Buchpreisbindung . . . . . . . . . . . . . . Ehrkränkende Äußerungen . . . . . . . Einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . Film . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Firma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gebrauchsmuster, Design . . . . . . . . Geschäftsschädigende Äußerungen. Großhändler/Einzelhändler . . . . . . Kaffee-Fahrten . . . . . . . . . . . . . . . . Karenzzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kartellsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . Konkurrenztätigkeit . . . . . . . . . . . .
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2708 2709 2711 2712 2713 2714 2716 2717 2718 2719 2724 2726 2729 2733 2738 2739 2740 2742 2746
Rn. Kostenwiderspruch. . . . . . . . . Kraftfahrzeug . . . . . . . . . . . . . Kundenausweise . . . . . . . . . . Löschung . . . . . . . . . . . . . . . . Makler . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitgliederwerbung . . . . . . . . . Musterprozess . . . . . . . . . . . . Online-Fotoklau . . . . . . . . . . . Optiker. . . . . . . . . . . . . . . . . . Ordnungsgeld . . . . . . . . . . . . . Patent. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patenterteilungs-Beschwerdeverfahren . . . . . . . . . . . . . . Patentnichtigkeitsverfahren . . Schutzrechtsverwarnung . . . . Störung . . . . . . . . . . . . . . . . . Tauschbörsen/Filesharing . . . .
. . . . . . . . . . . . .
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2747 2749 2750 2751 2752 2755 2770 2771 2772 2773 2774 2775 2780
. . . . .
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2789 2790 2796 2797 2798
OLG Koblenz, Beschl. v. 9.8.1989 – 14 W 439/89, JurBüro 1990, 1037. KG, WRP 1978, 300 = AnwBl. 1978, 142. OLG Koblenz, Beschl. v. 13.7.1984 – 6 W 326/84, AnwBl. 1984, 627 = JurBüro 1985, 279. OLG Frankfurt, KostRsp. UWG § 23a Nr. 14 = AnwBl. 1990, 99. Siehe ausführlicher dazu unter dem Stichwort „Streitwertvereinbarung“.
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Gewerblicher Rechtsschutz Rn.
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Unterwerfung . . . . . . . . . . Urheberrecht/Verlagsrecht Verbandsklagen. . . . . . . . . Veröffentlichungsbefugnis
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2799 2801 2802 2805
Rn. Vertragsstrafe . . . . . Werbeaktion . . . . . . Wettbewerbsverbot. Widerrufsbelehrung
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2807 2808 2811 2812
• Abmahnung 2708
Der Streitwert der Abmahnung entspricht dem vollen Wert einer eventuellen Hauptsacheklage.1 Es ist nicht – wie im Verfügungsverfahren – ein prozentualer Abschlag vorzunehmen. Denn das für § 51 Abs. 2 GKG maßgebende Interesse des Klägers geht dahin, den Beklagten dauerhaft zur Unterlassung der beanstandeten Handlung anzuhalten. Ob dies außergerichtlich durch eine Abmahnung oder durch eine Unterlassungsklage erfolgt, macht im Hinblick auf den Streitwert keinen Unterschied. Bewertungsmaßstab ist der durch die zu unterbindende Handlung drohende Schaden, der sich nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien wie Umsatz, Größe, Wirtschaftskraft und Marktstellung der Unternehmen sowie nach der Intensität des Wettbewerbs, den Auswirkungen künftiger Verletzungshandlungen und der Wiederholungsgefahr richtet.2 • Auskunftsanspruch
2709
Der Streitwert eines wettbewerblichen Auskunftsanspruchs ist gem. § 51 Abs. 2 GKG nach freiem Ermessen des Gerichts festzusetzen. Es ist das Interesse des Klägers an der begehrten Auskunft maßgebend. Die Klage auf Auskunftserteilung dient im Regelfall nur der Erleichterung der Geltendmachung eines Leistungsanspruchs. Der Streitwert der Auskunftsklage ist daher geringer als der Streitwert der Leistungsklage, deren Vorbereitung sie dient und – je nach den Umständen des Falles – auf 10 bis 40 % des Hauptanspruchs festzusetzen.3 Zur (abweichenden) Beschwer des zur Auskunft Verurteilten sowie allgemein s. das Stichwort „Auskunftsanspruch“.
2710
Der Streitwert des Auskunftsanspruchs auf Benennung des Lieferanten zur Beseitigung einer Lücke eines Vertriebsbindungssystems ist höher anzusetzen als in den Fällen, in denen durch den Auskunftsanspruch nur die Bemessungsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch geschaffen werden soll.4 • Befristete Unterlassungsklage
2711
Bei der befristeten Unterlassungsklage ist für die Bewertung des Rechtsmittelstreitwerts auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte als Rechtsmittelführer ein Interesse daran hat, die „Feststellungswirkung“ zu beseitigen, die ein Urteil auf Unterlassung im Allgemeinen ab der Rechtshängigkeit hat.5 • Besichtigungsflüge
2712
Das OLG Stuttgart6 hat einen Wert von 300 000 DM angesetzt, weil es nicht um die Unzulässigkeit von Besichtigungsflügen schlechthin ging, sondern nur darum, diese als für die Käufer kostenlos zu bezeichnen. Darüber hinaus war die Beklagte 1 2 3 4 5 6
Vgl. KG, WRP 1977, 793 mit Anm. Burchert. OLG Köln, Beschl. v. 14.5.2013 – 1 RVs 67/13, NJW 2013, 2772. OLG Celle, BB 1962, 1565. OLG Köln, WuW 1969, 185. Vgl. BGHZ 52, 2. OLG Stuttgart, WRP 1974, 423.
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Gewerblicher Rechtsschutz nur als Werbeagentur mit dem Vorgang befasst, so dass sie am Erfolg der Werbung nur mittelbar interessiert war. • Bootleg-DVD/CD-LP Der Streitwert für das Einstellen einer urheberrechtswidrigen Bootleg-DVD (illegaler (Musik-)Mitschnitt) auf eBay ist mit 10 000 Euro zu bemessen;1 beim Einstellen einer (Doppel-)LP kommt ein niedrigerer Streitwert in Betracht.2
2713
• Boykottaufruf Den Wert einer einstweiligen Verfügung, mit welcher dem Antragsgegner Boykottaufrufe untersagt werden sollte, hat das OLG Frankfurt3 angesichts zweier in der Antragsschrift konkret bezeichneter Boykottaufrufe, dem planvollen und umfassenden Vorgehen des Antragsgegners und der Gefahr erheblicher Umsatzverluste mit 50 000 Euro festgesetzt.
2714
Das OLG Jena hat für ein einstweiliges Verfügungsverfahren einen Streitwert von 8750 Euro angesetzt, wenn ein Konkurrent durch Werbemaßnahmen (Flyer) eines in räumlicher Nähe angesiedelten Verletzers gezielt herabgesetzt wird.4
2715
• Briefe Eine durch die Deutsche Post AG erwirkte einstweilige Verfügung wegen unerlaubter Briefbeförderung des Antragsgegners wurde angesichts ihrer bundesweiten Tätigkeit und des Umstands, dass der Antragsgegner seine unzulässige Tätigkeit jederzeit über eine bestimmte Region auszudehnen drohte, mit 50 000 DM bewertet.5
2716
• Buchpreisbindung Ein Verstoß des weltweit größten Buchhandelsunternehmens gegen die Buchpreisbindung wurde vom LG Hamburg mit 25 000 Euro bewertet.6
2717
• Ehrkränkende Äußerungen Der Wert einer Klage auf Unterlassung ehrkränkender Äußerungen oder auch auf Unterlassung bestimmter Handlungen des unlauteren Wettbewerbs braucht in den verschiedenen Instanzen nicht gleich zu bleiben. Es ist möglich, dass der Kläger der Sache später nicht mehr die ursprüngliche Bedeutung beimisst.7 Nach § 40 GKG ist der Wert bei Einleitung der jeweiligen Instanz maßgebend.
2718
• Einstweilige Verfügung Den Wert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gerichtet auf Unterlassung der falschen Behauptung, die Stromtarife des Antragstellers seien teurer als die 1 OLG Hamburg, Beschl. v. 30.10.2014 – 5 W 118/13, ZUM 2015, 263. 2 OLG Celle, Beschl v. 11.6.2014 – 13 W 40/14, ZUM-RD 2014, 486; OLG Schleswig, Beschl. v. 20.1.2015 – 6 W 36/14. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.1.2004 – 25 W 77/03, GRUR-RR 2004, 344. 4 OLG Jena, Beschl. v. 16.12.2004 – 2 W 630/04, OLG-NL 2005, 44. 5 OLG Köln, Beschl. v. 9.3.2000 – 6 W 23/00, JurBüro 2000, 648. 6 LG Hamburg, Urt. v. 19.1.2010 – 312 O 258/09, Magazindienst 2010, 564. 7 OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 2. Beachte hierzu aber oben B.V. Ermittlung der Umstände (Rn. 2649 ff.).
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Gewerblicher Rechtsschutz
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des Antragsgegners, hat das KG1 auf 50 000 Euro festgesetzt.2 Grundlage dafür war, dass die Parteien als marktstarke Unternehmen der Strombelieferung in einem unmittelbaren, scharfen Wettbewerb standen und die falsche Behauptung günstigerer Tarife den Kunden einen unbedenklichen und vorteilhaften Wechsel zum Antragsgegner suggerierte. 2720
Das einstweilige Verfügungsverfahren eines bundesweiten Parfumanbieters gegen einen Konkurrenten, der unter einer marktgängigen und ohne Weiteres auffindbaren Internetdomain auftritt, hat das OLG Celle3 mit 100 000 DM bewertet, da der Beklagte über das Internet in der Lage war, bundesweit Kunden zu erreichen und für sich zu gewinnen.
2721
Eine durch die Deutsche Post AG erwirkte einstweilige Verfügung wegen unerlaubter Briefbeförderung wurde angesichts ihrer bundesweiten Tätigkeit und des Umstands, dass der Antragsgegner seine unzulässige Tätigkeit jederzeit über eine bestimmte Region auszudehnen drohte, mit 50 000 DM bewertet.4
2722
Die einstweilige Verfügung eines Wettbewerbers, der einen Jahresumsatz von 5 Mio. DM erwirtschaftete und befürchtete, vom Gegner aus dem regionalen Markt gedrängt zu werden, wurde vom OLG Koblenz5 mit 100 000 DM bewertet. Der Verfügungskläger hatte einen Antrag auf Einschränkung der Lieferbeziehungen zu 16 Lieferanten und die Unterlassung des Vertriebs von 165 Produkten verlangt.
2723
Das OLG Stuttgart6 hat einen Antrag auf Unterlassung des Angebots von Computer-Software-Programmen ohne Hinweis auf den gewerblichen Charakter mit 5500 DM bewertet, wenn sich der Antragsgegner nur nebenberuflich mit dem Vertrieb seines Programms befasst. • Film
2724
Bei der Streitwertbemessung des Anspruchs auf Unterlassung der Störung der Vorführung eines Filmes durch Filmhersteller oder Filmverleiher ist deren Interesse an der ungestörten Auswertung maßgeblich.7
2725
Bei einer Feststellungsklage dahin, dass ein Werbeverwaltungsvertrag über die Vorführung von Diapositiven, Werbefilmen und Film-Diapositiven in einem Filmtheater durch die Kündigung des Beklagten nicht aufgelöst sei, sondern noch bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragszeit fortbestehe, berechnet sich der Streitwert nicht nach dem mutmaßlichen Reingewinn des Klägers für die rechtliche Vertragsdauer, sondern nach seinen voraussichtlichen Umsätzen für diese Zeit.8 • Firma
2726
Bei Ansprüchen auf Unterlassung des Gebrauchs einer Firma – es handelt sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit, so dass § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG oder § 51 GKG anzuwenden ist – sind maßgebende Bemessungsgesichtspunkte
1 KG, Beschl. v. 26.11.2004 – 5 W 146/04, KGR 2005, 208. 2 Das KG hat in dieser Entscheidung zudem – unter Aufgabe seiner bisherigen Rspr. – ausgeführt, dass das einstweilige Verfügungsverfahren mit 2/3 des Hauptsachewerts anzusetzen sei. 3 OLG Celle, Beschl. v. 11.4.2001 – 13 W 24/01, CR 2002, 458. 4 OLG Köln, Beschl. v. 9.3.2000 – 6 W 23/00, JurBüro 2000, 648. 5 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1998 – 4 W 337/98, OLGR 1998, 434. 6 OLG Stuttgart, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 816 = WRP 1986, 358 – auch hier ist das Alter der Entscheidung bei der Bewertung aktueller Fälle zu berücksichtigen. 7 OLG Hamburg, GRUR 1959, 492. 8 OLG Celle, JurBüro 1969, 978 mit Anm. Schneider.
506
Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz vor allem Intensität und Umfang der Verletzung, regionale Ausbreitung, Umsatz und entgangener Gewinn des Klägers.1 Der Streitwert des Antrags eines großen Bankunternehmens gegen eine Teilzahlungsbank mit geringer Kapitalausstattung auf Unterlassung des Gebrauchs des verwechslungsfähigen Firmennamens ist unter Berücksichtigung des Jahresumsatzes der Antragstellerin von rd. 1 700 000 DM auf 100 000 DM geschätzt worden.2
2727
Bei einem Jahresumsatz der beteiligten Unternehmen von jeweils drei Millionen DM kommt bei Unterlassungsklagen wegen des firmenmäßigen Gebrauchs eines Kennzeichnungsmittels ein Streitwert von einer Mio. in Betracht. Hat die klagende Partei jedoch den Streitwert selbst sehr niedrig angegeben, dann kann dieser Wertvorschlag Indiz für das wirkliche Klägerinteresse sein, auf das allein es ankommt. In diesem Fall ist eine Herabsetzung des Streitwertes auf ein Viertel des regelmäßig in Betracht kommenden Streitwertes nicht ausgeschlossen.3 Allerdings sind übereinstimmende (niedrige) Streitwertangaben der Parteien mit Vorsicht zu genießen.4
2728
• Gebrauchsmuster, Design Das Gebrauchsmusterrecht gibt das Recht zur ausschließlichen Nutzung der geschützten Erfindung; das Designrecht (früher Geschmacksmuster) berechtigt zur ausschließlichen Nutzung von ästhetisch wirkenden, gewerblich nutzbaren Mustern und Modellen, sofern sie eine schöpferische Leistung verkörpern. Die Dauer des Schutzes ist jedoch begrenzt (§ 23 GebrMG, § 27 Abs. 2 DesignG), womit Unterlassungsansprüche nur für die Schutzdauer bestehen.
2729
Der Streitwert einer design- oder gebrauchsmusterrechtlichen Unterlassungsklage ist nach § 51 Abs. 1 GKG zu schätzen und bemisst sich nach dem Interesse des Klägers an der ungestörten Ausübung seines Rechts. Anhaltspunkte sind in erster Linie die befürchtete Umsatzeinbuße während der voraussichtlichen Laufzeit des Schutzrechts und weiter der Umfang und die Intensität der Verletzungshandlung.5
2730
Daneben ist auch die örtliche Ausdehnung, also das Absatzgebiet des Angreifers wesentlich.6 Das OLG Nürnberg hat den Streitwert für eine Klage wegen Gebrauchsmusterverletzung im Hinblick auf den Umsatz von 30 Mio. DM in der verbleibenden Schutzzeit von 3 1/2 Jahren auf 100 000 DM festgesetzt,7 da die zu erwartende Umsatzeinbuße auf diese Summe zu schätzen sei.
2731
Für die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Gebrauchsmusters hat der BGH8 den Wert nach der Höhe der Schadensersatzansprüche ausgerichtet, derer der Beklagte sich aufgrund der vermeintlich ungerechtfertigten Nutzung des Gebrauchsmusters gerühmt hat. Dies entspricht der grundsätzlichen Bewertung negativer Feststellungsklagen nach der Höhe des Anspruchs, dessen der Beklagte sich rühmt.9
2732
1 2 3 4
5 6 7 8 9
OLG Frankfurt, JurBüro 1974, 224 = Rpfleger 1974, 117 = WRP 1974, 100. OLG Frankfurt, JurBüro 1964, 277. OLG Frankfurt, JurBüro 1974, 224 = Rpfleger 1974, 117. Siehe hierzu oben V. Ermittlung der Umstände (Rn. 2649 ff.) sowie OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.4.2010 – 2 W 20/10, GRUR-RR 2010, 406; Beschl. v. 10.5.2011 – 2 W 15/11, GRUR-RR 2011, 341. OLG Bamberg, JurBüro 1981, 919. OLG Nürnberg, JurBüro 1967, 162. OLG Nürnberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 158 = JurBüro 1967, 162. BGH, KostRsp. GebrMG § 18 Nr. 1. Vgl. das Stichwort „Feststellungsklage“.
Noethen
507
ZPO
Gewerblicher Rechtsschutz • Geschäftsschädigende Äußerungen 2733
Der Streitwert einer Klage auf Unterlassung einer kreditschädigenden Behauptung (§ 824 BGB) bemisst sich nicht nach § 48 Abs. 2 GKG, sondern – da es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handelt – nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.1 Der Wert kann in verschiedenen Instanzen verschieden hoch sein, wenn der Kläger der Sache später nicht mehr die ursprüngliche Bedeutung für sich und sein Unternehmen beimisst.2
2734
Wird der Anspruch auf Widerruf geschäftsschädigender Äußerungen, der einem entsprechenden Unterlassungsanspruch gleichzustellen ist, ausdrücklich auf § 824 BGB gestützt, dann ist der Streitwert ebenfalls nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO zu schätzen.3 Für die Schätzung ist, anders als bei Klagen auf Unterlassung unlauteren Wettbewerbs, weniger die Größe des Unternehmens des Klägers und die Höhe seines Umsatzes als vielmehr der Umfang sowie die Art und Weise, in der der Beklagte Dritten gegenüber seine erwerbsschädigenden Behauptungen aufgestellt hat, zu berücksichtigen.4
2735
Hat die Beklagte den Geschäftsbetrieb der Klägerin dadurch geschädigt, dass sie sich zu Unrecht als Generalvertreterin der von der Klägerin vertretenen Erzeugnisse ausgegeben hat, so hält sich die im Unterlassungsrechtsstreit getroffene Wertfestsetzung, die als Streitwert etwa 25 % des Reingewinns der Klägerin zweier Jahre angenommen hat, im Rahmen des zulässigen Ermessens.5
2736
Für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen einen Verbandsgeschäftsführer, der von einer nicht verbandsangehörigen Firma behauptet hatte, sie bediene sich unsolider Verkaufspraktiken, verkaufe unter Preis, um den Mitkonkurrenten vom Markt zu verdrängen, und mache sich des unlauteren Wettbewerbs schuldig, wurde ein Wert von 5000 DM festgesetzt.6 Unter Berücksichtigung des Alters dieser Entscheidung dürfte aktuell für eine solche Streitigkeit durchaus ein Wert von 10 000 Euro angesetzt werden.
2737
Für einen Prozess zwischen zwei Tabakgroßhändlern mit dem Antrag, bestimmte für unlauter erachtete Geschäftspraktiken zu unterlassen und eine diskriminierende Äußerung nicht mehr zu gebrauchen, wurde ein Streitwert von 30 000 DM festgesetzt. Berücksichtigt wurden als Bemessungsumstände Kundenstamm und Jahresumsatz der Klägerin, Dauer, Intensität und Wirkungsbreite der beanstandeten Handlung, Zahl der versuchten Anwerbungen.7 • Großhändler/Einzelhändler
2738
Für den Unterlassungsantrag eines Großhändlers gegen einen Einzelhändler mit kleinem Einzugsgebiet gegen die Verwendung der Bezeichnung „Kachelofen“ für einen nicht mit Tonkacheln verkleideten Ofen hat das OLG Stuttgart einen Streitwert von 150 000 DM angesetzt.8 Dabei ist abgewogen worden, dass der Kläger zwar einen Jahresumsatz von 50 Mio. DM hatte, aber bereits ein Unterlassungstitel erwirkt worden war.
1 OLG Köln, MDR 1957, 238; vgl. zu den Einzelheiten das Stichwort „Unterlassung“. 2 OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 2. Beachte hierzu aber oben B.V. Ermittlung der Umstände (Rn. 2649 ff.). 3 RG, JW 1914, 208 Nr. 24, S. 209. 4 OLG Köln, MDR 1957, 238; OLG Nürnberg, JurBüro 1967, 72 – in beiden Fällen wurden 5000 DM angenommen. 5 OLG Frankfurt, JurBüro 1954, 413. 6 OLG Neustadt, JurBüro 1959, 431. 7 OLG Neustadt, JurBüro 1965, 496. 8 OLG Stuttgart, WRP 1983, 596.
508
Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz • Kaffee-Fahrten Die Antragsgegnerin hatte recht aufwendige Ausflugsfahrten mit Werbeveranstaltungen arrangiert. Infolgedessen hatte sie erhebliche Umsätze machen können. Das OLG Karlsruhe hat den Streitwert mit 100 000 DM angesetzt.1
2739
• Karenzzeit Bei Karenzzeitverstößen richtet sich der Wert nach dem Interesse des Klägers an der Unterlassung der verbotenen Wettbewerbstätigkeit und bemisst sich in erster Linie nach dem Umsatz- oder Gewinnrückgang, der infolge des vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten zu befürchten ist. Es kann in solchen Fällen bei Fehlen von Bewertungsumständen in der Regel ein Streitwert von 10 000 Euro angesetzt werden.2
2740
Das LAG Thüringen3 hat auf der Basis konkreter Umsatzzahlen einen Betrag i.H.v. 50 % der erwarteten Gewinneinbuße (32 500 DM) angesetzt.
2741
• Kartellsachen Die Festsetzung des Streitwertes in Kartellsachen (Beschwerde zum OLG bzw. Rechtsbeschwerde zum BGH) richtet sich nach § 50 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO. Der Streitwert ist also nach billigem Ermessen zu bestimmen. Maßgebend sind das Interesse des Beschwerdeführers an der Änderung der Entscheidung der Kartellbehörde und die wirtschaftliche Bedeutung, die das streitige Rechtsverhältnis für ihn hat.4
2742
Eine allgemeine Herabsetzung zugunsten einer bedürftigen Partei ist in § 50 GKG für Kartellsachen nicht vorgesehen.5
2743
Dem Interesse an dem Fortbestand eines Kartells nach seinen Rationalisierungserfolgen wird in der Regel 10 % des Jahresumsatzes zugrunde gelegt werden können. Für einen Beteiligten kann aber der Streitwert seinem Interesse entsprechend niedriger festgesetzt werden.6
2744
Im Verfahren über die Beschwerde eines Beigeladenen (§ 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB) ist der Streitwert nach der Bedeutung der Sache für den Beigeladenen zu bestimmen und darf 250 000 Euro nicht übersteigen (§ 50 Abs. 1 Satz 2 GKG). In Verfahren nach § 116 GWB – Beschwerden gegen die Entscheidungen der Vergabekammern – beträgt der Streitwert 5 % der Bruttoauftragssumme (§ 50 Abs. 2 GKG).7
2745
• Konkurrenztätigkeit Wird eine Klage auf Unterlassung einer vertraglich verbotenen Konkurrenztätigkeit, die zeitlich beschränkt ist, nach Ablauf der Verbotsfrist dahin geändert, dass im weiteren Verlauf des Verfahrens nur noch Schadensersatz begehrt wird, dann sind die Streitwerte vor und nach Klageänderung nicht zusammenzurechnen.8 Ur1 2 3 4 5 6 7
OLG Karlsruhe, WRP 1973, 284. Vgl. auch OLG Hamburg, WRP 1974, 283. LAG Thüringen, Beschl. v. 8.9.1998 – 8 Ta 89/98, JurBüro 1999, 286. BGH, Beschl. v. 7.8.1978 – KVR 4/77, WuW 1981, 652; OLG Stuttgart, BB 1960, 576. Vgl. BayObLG, JurBüro 2003, 307. So KG, WuW 1968, 400. Vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 6.4.2005 – 1 Verg 2/05, NZBau 2005, 486; OLG Naumburg, Beschl. v. 30.12.2002 – 1 Verg 11/02, NZBau 2003, 464; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.5.2004 – VII-Verg 72/03; OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.8.2004 – Verg W 2/04, JurBüro 2005, 37. 8 Siehe KG, Rpfleger 1968, 289.
Noethen
509
2746
Gewerblicher Rechtsschutz
ZPO
sprüngliches Unterlassungsbegehren wegen Wettbewerbs nach Vertragsende und späteres Verlangen von Schadensersatz sind nur antragsmäßige Konkretisierungen desselben Interesses, enthalten also nicht zwei kumulierbare Ansprüche. • Kostenwiderspruch 2747
Nach allgemeiner Meinung kann der Widerspruch im Eilverfahren auf die Kosten beschränkt werden.1 Erklärt der Antragsgegner bei Einlegung des Widerspruchs, dass er ihn auf die Kosten beschränke und bereit sei, den Verfügungsanspruch strafbewehrt anzuerkennen, dann wirkt sich das auf den Streitwert insofern aus, als nunmehr lediglich über den Kostenpunkt gestritten wird. Der Kostenstreitwert ist deshalb auch den nachträglich anfallenden Gebühren zugrunde zu legen.2
2748
Eine bloße Absichtserklärung des Antragsgegners (anzuerkennen) genügt jedoch nicht, weil damit (noch) keine Beschränkung auf die Kosten verbunden ist.3 • Kraftfahrzeug
2749
Bei einem Streit über die Berechtigung zur Herstellung eines Kraftfahrzeugs, welches hohe Entwicklungs- und Investitionskosten bedingt, bleibt häufig nur der Umsatz als Ausgangspunkt für die Streitwertbemessung übrig.4 • Kundenausweise
2750
In einer umfangreichen Aktion hatte die Antragsgegnerin Hunderte unzulässige Kundenausweise an ihre Kundschaft verteilt und die dadurch angelockte Kundschaft angewiesen, sich bei den örtlichen Möbelhändlern Möbelstücke auszusuchen, um sie unter Einschaltung der Antragsgegnerin – über den Kundenausweis – bei der Firma X zu beziehen. Diesen Wettbewerbsverstoß, der als schwer und gefährlich bewertet worden ist, hat das OLG Hamburg5 bereits im Jahre 1973 mit 20 000 DM beziffert. • Löschung
2751
Verfolgt der Kläger neben einem Unterlassungsanspruch auch Ansprüche auf Vernichtung beanstandeter Werbeschriften und auf Löschung des beanstandeten Firmenteils im Handelsregister, dann sind diese zusätzlichen Ansprüche gesondert zu bewerten, weil sich der Kläger damit die Möglichkeit zum sofortigen Eingreifen (Vernichtung und Löschung) verschaffen will.6
1 Siehe z.B. KG, GRUR 1973, 86; OLG Köln, WPR 1975, 173; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.10.1981 – 6 W 60/81, WRP 1982, 226; OLG Hamm, JurBüro 1982, 267; Zöller/Herget, § 93 Rn. 6 Stichwort „Kostenwiderspruch“. 2 BGH, Beschl. v 15.8.2013 – I ZB 68/12, MDR 2013, 1253; OLG München, Beschl. v. 3.9.2001 – 29 W 2377/01, OLGR 2002, 428; OLG Braunschweig, Beschl. v. 29.3.1999 – 2 W 16/99, OLGR 1999, 290; OLG Köln, Beschl. v. 7.1.1998 – 17 W 276/97, OLGR 1998, 134; OLG Hamburg, Beschl. v. 21.5.1997 – 8 W 88/97, MDR 1997, 890; OLG München, Beschl. v. 25.1.1996 – 11 W 3187/95, MDR 1996, 423; OLG Frankfurt, JurBüro 1982, 283; OLG Hamm, JurBüro 1982, 267; vgl. zu den Einzelheiten das Stichwort „Kostenwiderspruch“. 3 KG, JurBüro 1982, 1400. 4 OLG München, GRUR 1957, 148. 5 OLG Hamburg, WRP 1973, 106. 6 OLG Nürnberg, Beschl. v. 10.2.1981 – 3 W 3147/80, JurBüro 1981, 1380.
510
Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz • Makler Der Streitwert für den Verfügungsantrag eines Verbraucherverbandes, durch den einer Immobiliengesellschaft, die sich als Maklerin betätigte, verboten werden sollte, beim Angebot einer Eigentumswohnung mit Autoabstellplätzen Einzelpreise für Eigentumswohnung und Abstellplatz ohne Endpreis anzugeben, ist vom OLG Stuttgart mit 10 000 DM bewertet worden.1 Der Senat hat dabei den Verstoß der Antragsgegnerin gegen die Preisangabeverordnung bei Immobilienanzeigen als nicht besonders folgenschwer angesehen und ihm keine besonderen Wettbewerbsvorteile beigemessen.
2752
Den Streitwert eines Unterlassungsbegehrens wegen unerlaubter Immobilienwerbung für noch nicht fertig gestellte Objekte hat das KG2 mit 10 % des Kaufpreises der angebotenen Objekte beziffert, das Verfügungsverfahren mit 1/3 davon. Diese Bruchteilsbewertung hat das KG zwischenzeitlich aufgegeben und bestimmt den Streitwert nunmehr dadurch, dass zu einem ein einheitliches Grundinteresse ausdrückenden Sockelbetrag ein niedrigerer Anteil des Objektwertes hinzugerechnet wird.3 Wurde die Wettbewerbsverletzung durch eine Kleinanzeige begangen, dann mindert dies nicht ohne Weiteres den Streitwert.4 Der Kaufpreis der angebotenen Immobilie, nicht die Höhe der Maklerprovision, ist auch dann maßgebend, wenn der Wettbewerbsverstoß im fehlenden Hinweis auf die Betätigung als Makler liegt.5
2753
Die Klage auf Unterlassung einer Immobilienwerbung, aus der nicht ersichtlich ist, dass die angebotenen Objekte noch nicht fertig gestellt sind, hat der BGH6 als mit 50 000 DM hinreichend bewertet angesehen, wenn es sich dabei um eine Kleinanzeige in einer überwiegend regional verbreiteten Zeitung gehandelt hat und die Gefahr einer Irreführung gering gewesen ist. Es handelt sich bei dieser Entscheidung um einen der wenigen Streitwertbeschlüsse des BGH in Wettbewerbssachen, der ausführlicher begründet worden ist. Der Beschluss lässt eine restriktive Bewertungstendenz erkennen. Für alle drei Instanzen ist der Streitwert der von den Vorinstanzen kritiklos übernommenen Wertangabe des Klägers (240 000 DM) auf rund 1/5 ermäßigt worden.
2754
• Marke Der Streitwert eines Unterlassungsanspruchs wegen Verletzung einer Marke ist vom Gericht gem. § 3 ZPO, § 51 Abs. 1 GKG nach billigem Ermessen festzusetzen. In einem solchen Markenverletzungsverfahren nach § 14 MarkenG wird das wirtschaftliche Interesse an der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen durch zwei Faktoren bestimmt. Zum einen durch den wirtschaftlichen Wert des verletzten Kennzeichens und zum anderen durch Ausmaß und Gefährlichkeit der Verletzung (sog. Angriffsfaktor).7
1 2 3 4 5 6 7
OLG Stuttgart, WRP 1983, 237 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 624. KG, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 870 = NJW-RR 1987, 878. KG, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 977 mit Anm. Schneider = WRP 1989, 725. KG, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 959 = WRP 1989, 166. KG, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 959 = WRP 1989, 166. BGH, Beschl. v. 26.4.1990 – I ZR 58/89, KostRsp. UWG § 23a Nr. 15 = MDR 1990, 986. OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.4.2007 – 3 W 485/07, JurBüro 2007, 364 = GRUR 2007, 815; OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.8.2004 – 6 W 128/04, OLGR 2004, 423 = GRUR-RR 2005, 239; LG Düsseldorf, Beschl. v. 25.1.2006 – 2a O 267/05, MMR 2006, 412; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.5.2001 – 4 W 21/01, OLGR 2001, 331 = AGS 2002, 14.
Noethen
511
2755
Gewerblicher Rechtsschutz Der Wert des verletzten Kennzeichens wird geprägt durch: – die Dauer und den Umfang der bisherigen Benutzung, – die unter dem Kennzeichen erzielten Umsätze, – den Ruf und Bekanntheitsgrad des Kennzeichens, – den Grad der originären Kennzeichnungskraft sowie – die allgemeine Bedeutung von Kennzeichen für den Absatz nach Produktart und Branche.
2757
Die Rechtsprechung des BGH zum regelmäßigen Gegenstandswert in Markenlöschungsverfahren1 ist auf Markenverletzungsverfahren nicht übertragbar.2 Denn in einem Markenverletzungsverfahren bestimmt nicht das wirtschaftliche Interesse des Verletzers, seine Kennzeichnung weiter benutzen zu dürfen, den Streitwert. Vielmehr ist allein das wirtschaftliche Interesse des Klägers/Antragstellers an der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen maßgeblich.
2758
Das Interesse des Klägers richtet sich nach dem Ausmaß des bei Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens der Beklagten dem Kläger drohenden Schadens3 sowie nach Art und Umfang der Verletzungshandlung.4 Es ist also nicht nach einem Prozentsatz seiner Umsätze oder der Umsätze des Beklagten zu bemessen,5 sondern hängt ab von der Größe und der Wirtschaftskraft des klägerischen Unternehmens sowie der Gefährlichkeit der beanstandeten Markenrechtsverletzung für den weiteren Vertrieb der betroffenen Markenartikel.6
2759
Ein bisher geringerer Umsatz auf Seiten des Beklagten vermag das Interesse des Klägers nicht zu vermindern.7 Es kann daher das maßgebende Interesse des Klägers höher sein als der Umsatz des Verletzers auf dem betreffenden Gebiet.8 Es kommt auch nicht darauf an, welchen Nutzen der Beklagte aus Handlungen gehabt hat, deren Verbot die Klage bezweckt hat. Das Interesse des Klägers an den mit der Klage verfolgten Anträgen beschränkt sich nicht einmal auf den Umfang der ihm durch die beanstandeten Handlungen des Beklagten etwa entgehenden Geschäfte, sondern erstreckt sich, weit darüber hinausgreifend, auf die Gefahr, die für Markenrechte des Klägers entsteht, wenn die Marke unbefugt von Dritten benutzt wird.9
2760
Der Wert eines markenrechtlichen Unterlassungsanspruchs ist bei einem Unternehmen von weltweiter Bedeutung auch dann unter besonderer Berücksichtigung der mit der Marke erzielten hohen Umsatzzahlen zu bemessen, wenn die konkret beanstandete Verletzungshandlung nur eine geringe Menge der Markenartikel erfasst.
ZPO
2756
1 Vgl. BGH, Beschl. v. 16.3.2006 – I ZB 57/05, GRUR 2006, 704. 2 OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.4.2007 – 3 W 485/07, JurBüro 2007, 364 = GRUR 2007, 815. 3 KG, Beschl. v. 21.10.1997 – 5 W 5834/97, KGR 1998, 170 = NJWE-WettbR 1998, 139; OLG Celle, DB 1962, 1565; KG, GRUR 1952, 262. 4 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.5.2001 – 4 W 21/01, JurBüro 2001, 418; OLG Karlsruhe, JurBüro 1972, 503. 5 OLG Frankfurt, JurBüro 1969, 1081 gegen KG, GRUR 1953, 406, das 1/8 des Umsatzes der betreffenden Waren angenommen hat. 6 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.5.2001 – 4 W 21/01, JurBüro 2001, 418 = AGS 2002, 14; OLG Stuttgart, WRP 1977, 135; OLG Koblenz, Beschl. v. 27.10.1995 – 6 W 453/95, GRUR 1996, 139; BGH, Beschl. v. 26.4.1990 – I ZR 58/89, GRUR 1990, 1052. Unter Berücksichtigung des Alters der Entscheidung sowie der Marken- und Wirtschaftsentwicklung wird man heute einen solchen Unterlassungsanspruch mit mindestens 100 000 Euro bewerten können. 7 OLG Düsseldorf, GRUR 1952, 54. 8 OLG Hamburg, GRUR 1952, 262. 9 OLG Koblenz, Beschl. v. 27.10.1995 – 6 W 453/95, GRUR 1996, 139; OLG Celle, JurBüro 1960, 404.
512
Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz
Û
Beispiel: Das OLG Zweibrücken1 hat, obwohl Anlass für den Unterlassungsanspruch nur 50 gefälschte Armbanduhren waren, den Streitwert auf 500 000 DM festgesetzt, weil die Klägerin einen Inlandsumsatz in Millionenhöhe erzielt und mit ihren Produkten ständigen Versuchen des Imports und Vertriebs von Plagiaten ausgesetzt ist.
Das OLG Schleswig2 setzt bei markenrechtlichen Streitigkeiten im einstweiligen Verfügungsverfahren einen Regelstreitwert von 15 000 DM fest. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der markenrechtliche Angriff weder von besonderer Qualität oder Gefährlichkeit ist bzw. keine sonstigen objektiven Gründe vorliegen, die eine höhere Wertfestsetzung rechtfertigten.
2761
Das KG3 hat die Klage eines Verbandes auf Unterlassung der Benutzung des Verbandszeichens („blau-rot-gelb-schwarzer Eckring“) auf 30 000 DM festgesetzt, wobei maßgeblich auf die Angaben des Klägers in der Klageschrift abgestellt wurde.
2762
In Markenrechtsstreitigkeiten hat der mitwirkende Patentanwalt ein eigenes Beschwerderecht gegen die Streitwertfestsetzung.4
2763
Eine negative Feststellungsklage wegen Markenrechtsverletzungen ist so zu bewerten wie der Anspruch, dessen sich der Gegner berühmt.5
2764
Û
Beispiel: Das LG Düsseldorf hat den Wert einer negativen Feststellungsklage des Inhabers der Wortmarke „ARD-Wahltipp“ gegen die Internetdomain „www.wahltipp.de“ mit 50 000 Euro angesetzt.
Obwohl es sich bei dem Beseitigungsanspruch (§ 18 MarkenG) nur um einen Nebenanspruch zum Unterlassungsbegehren (§§ 14, 15, 17 MarkenG) handelt, hat das Beseitigungsbegehren einen eigenen, dem Unterlassungsanspruch hinzuzurechnenden Streitwert, weil es sich dabei nicht um Nebenforderungen i.S.d. § 4 ZPO handelt.6
2765
Wird die Klage auch auf Ansprüche nach § 8 Abs. 1 UWG gestützt, ist eine Beurteilung nach § 51 Abs. 2 GKG sowie eine Streitwertermäßigung nach § 12 Abs. 4 UWG möglich. Handelt es sich dagegen um eine reine Markenrechtsstreitigkeit, kommt nur die Streitwertermäßigung nach § 142 MarkenG in Betracht.7 Für einen solchen Antrag auf Streitwertermäßigung nach § 142 MarkenG muss der Antragsteller glaubhaft machen, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert seine wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde. Hierfür genügt allerdings die Darlegung allgemeiner wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht. Vielmehr sind auch zumutbare Kreditaufnahmemöglichkeiten zu berücksichtigen.8
2766
1 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.5.2001 – 4 W 21/01, JurBüro 2001, 418. 2 OLG Schleswig, Beschl. v. 9.12.1997 – 6 W 31/97, OLGR 1998, 176; OLG Schleswig, Beschl. v. 8.11.1993 – 6 W 15/93, SchlHA 1994, 22; gegen hohe Regelstreitwerte für Markensachen: KG, Beschl. v. 21.10.1997 – 5 W 5834/97, KGR 1998, 170 = NJWE-WettbR 1998, 139 – die Vorinstanz (LG Berlin, Beschl. v. 5.8.1997 – 16 O 78/97) hatte einen Regelstreitwert von 100 000 DM angenommen. 3 KG, Beschl. v. 21.10.1997 – 5 W 5834/97, KGR 1998, 170 = NJWE-WettbR 1998, 139. 4 OLG Karlsruhe, JurBüro 1982, 503. 5 LG Düsseldorf, Beschl. v. 25.1.2006 – 2a O 267/05, MMR 2006, 412. 6 OLG Bamberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 888 mit Anm. Schneider = JurBüro 1987, 1831 zum WZG. 7 OLG Frankfurt, KostRsp. WZG § 31a Nr. 13 = JurBüro 1990, 247. 8 OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.8.2004 – 6 W 128/04, OLGR 2004, 423 = GRUR-RR 2005, 239; siehe auch oben unter C. (Rn. 2666 ff.).
Noethen
513
Gewerblicher Rechtsschutz Da eine BGB-Gesellschaft als rechts- und parteifähig anzusehen ist,1 hält das OLG München2 bei der Entscheidung über den Antrag auf Streitwertbegünstigung nach § 142 MarkenG die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft für ausschlaggebend. Die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft werden nicht berücksichtigt.
2768
Ein Antrag auf Streitwertbegünstigung nach § 142 MarkenG stellt sich in der Regel als rechtsmissbräuchlich dar, wenn der Verletzer trotz eindeutiger Rechtslage auf die vom Markeninhaber ausgesprochene Abmahnung nicht reagiert hat.3 Da er damit eine nahe liegende Möglichkeit hatte, ein Klageverfahren (und die damit verbundenen Kosten) zu vermeiden, kann er sich – auch bei Anerkenntnis des Unterlassungsanspruchs innerhalb des Klageverfahrens – nicht mit Erfolg auf die Möglichkeit zur Streitwertbegünstigung berufen.
2769
Im Markenlöschungsverfahren wird der Gegenstandswert nach § 51 Abs. 1 GKG, § 32 Abs. 1 RVG nach billigem Ermessen bestimmt. Im (Rechts-)Beschwerdeverfahren ist das wirtschaftliche Interesse des Markeninhabers an der Aufrechterhaltung seiner Marke maßgeblich. Auf das Interesse des Inhabers der Widerspruchsmarke an der Löschung des prioritätsjüngeren Zeichens oder auf die gewerbliche Bedeutung der Widerspruchsmarke kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Rechtsprechung des Bundespatentgerichts bzw. des BGH geht in (Rechts-)Beschwerdeverfahren wegen Löschung einer Marke von einem Regelstreitwert von 50 000 Euro aus.4
ZPO
2767
• Mieter 2770
Der Streitwert der Klage eines Geschäftsraummieters gegen den Vermieter mit dem Ziel, dass dieser Wettbewerbshandlungen (Verkauf gleicher Waren) eines anderen Mieters verhindert, ist nach folgenden Gesichtspunkten festzusetzen: Maßgebend ist das Interesse des Klägers an der begehrten Verurteilung des Beklagten. Dieses Interesse geht dahin, dass der Beklagte den Schaden, der dem Kläger durch das Verhalten des anderen Mieters droht, von ihm abwehrt. Der hiernach abzuwehrende Schaden entspricht grundsätzlich dem Reingewinn, der dem Kläger infolge des Verkaufs der beanstandeten Waren durch den anderen Mieter entgeht. Dieser Verlust kann allerdings nicht in vollem Umfange dem Gewinn gleichgesetzt werden, den der andere Mieter aus dem Verkauf der Waren gezogen hat und weiterhin zieht. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass zwar ein erheblicher Teil des von ihm erzielten Umsatzes, nicht aber der gesamte Umsatz an diesen Waren dem Kläger zugutegekommen wäre, wenn der andere Mieter den Handel mit den beanstandeten Erzeugnissen nicht aufgenommen hätte. Dabei ist nicht nur der in der Vergangenheit eingetretene Verlust entscheidend. Es muss vielmehr auch derjenige Schaden berücksichtigt werden, der in Zukunft eintreten wird. Insgesamt ist bei durchschnittlichen Verhältnissen in der Regel auf die Dauer von drei Jahren abzustellen.5 • Mitgliederwerbung
2771
Stehen zwei wirtschaftliche Interessenverbände im Wettbewerb um Mitglieder, dann ist nach dem OLG Karlsruhe6 der Streitwert einer Unterlassungsklage nach 1 2 3 4
BGH, Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056. OLG München, Beschl. v. 20.11.2001 – 6 W 2850/01, InstGE 2, 81. OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.4.2005 – 6 W 43/05, OLGR 2005, 842 = GRUR-RR 2005, 296. BPatG GRUR 2007, 176; BGH, Beschl. v. 16.3.2006 – I ZB 48/05, RVGreport 2006, 398 = MittdtschPatAnw 2006, 282; für das Widerspruchsbeschwerdeverfahren setzt das BPatG (GRUR 1999, 64) einen Regelstreitwert von 10 000 Euro an. 5 KG, Rpfleger 1962, 154. 6 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.1.1979 – 4 W 97/78, MDR 1980, 59.
514
Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz der Höhe der jährlichen Mitgliederbeiträge des Verletzten zu beziffern, soweit deren Aufkommen durch die beanstandete Abwerbungsaktion betroffen werden kann. Der Senat hat damit die Streitwertregelung derjenigen bei der allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage angeglichen. Sie richtet sich dort vornehmlich nach dem Umsatz des Verletzten, soweit er durch die beanstandete Wettbewerbswidrigkeit gefährdet werden könnte.1 • Musterprozess Der Umstand, dass ein Musterprozess (auch) im Interesse Dritter geführt wird, ist nicht streitwertbildend. Abzustellen ist allein auf die Angaben des Klägers zu seinem Interesse.2
2772
• Online-Fotoklau Bei einem Online-Fotoklau durch einen Unternehmer ist der Streitwert mit 6000 Euro,3 bei ungenehmigter Verwendung von ohne Kopierschutz und ausdrücklichen Rechtevorbehalt ins Internet gestellten Lichtbildern durch privat oder kleingewerblich Tätige mit 3000 Euro zu bemessen.4
2773
• Optiker Der Streitwert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Unterlassung eines 2774 wettbewerbsrechtlich zu beanstandenden Aushangs eines Optikers in einer Behörde, aus dessen Inhalt auf besondere Beziehungen dieses Optikers zu Fachärzten geschlossen werden konnte, wurde mit 10 000 DM festgesetzt, wobei der Wert des Eilverfahrens mit dem der Hauptsache angesetzt wurde.5 • Ordnungsgeld Das Interesse des Gläubigers geht dahin, dass der Schuldner durch Ordnungsgeld 2775 oder Ordnungshaft zur Befolgung des Unterlassungsgebotes angehalten wird. Folglich ist darauf abzustellen, wie ernst der Gläubiger bei objektiver Würdigung der Zuwiderhandlung des Schuldners die Bedrohung seines Unterlassungsanspruches einschätzen muss.6 Das Interesse beurteilt sich nicht danach, welches Ordnungsgeld für den Zuwiderhandlungsfall zur Festsetzung beantragt oder festgesetzt ist.7 Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalles an, insbesondere auf die Art und Weise des Verstoßes sowie das Ausmaß der konkreten Verletzung.8 1 2 3 4 5 6
Siehe OLG Karlsruhe, MDR 1968, 933. OLG München, WRP 1974, 170. OLG Köln, Beschl. v. 25.8.2014 – 6 W 123/14, WRP 2014, 1236. OLG Köln, Beschl. v. 22.11.2011 – 6 W 256/11. OLG Zweibrücken, JurBüro 1965, 495; vgl. auch OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 12. OLG Bremen, JurBüro 1979, 1394; OLG Karlsruhe, Justiz 1966, 213; OLG München, Beschl. v. 17.8.1983 – 25 W 1621/83, MDR 1983, 1029; OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.3.1984 – 3 W 662/84, MDR 1984, 762 = KostRsp. § 3 Nr. 710 mit Anm. Schneider; OLG Celle, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 207 u. KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1029 mit Anm. Schneider = Nds.Rpfl. 1991, 54; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.11.1991 – 4 W 72/91, WRP 1992, 198; OLG Hamburg, Beschl. v. 11.5.1982 – 3 W 53/82, WRP 1982, 592; KG, Rpfleger 1970, 97. 7 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.11.1999 – 14 W 61/99, MDR 2000, 229; OLG Hamburg, InVo 1998, 264; LAG Bremen, AnwBl. 1988, 173; noch zu den früher anfallenden Wertgebühren des Gerichts: OLG München, Beschl. v. 17.8.1983 – 25 W 1621/83, MDR 1983, 1029; OLG Bamberg, GRUR 1953, 255; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.11.1991 – 4 W 72/91, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1084 = WRP 1992, 198; LG Bonn, JR 1960, 225. 8 OLG Nürnberg, JurBüro 1979, 872.
Noethen
515
Gewerblicher Rechtsschutz Für den Streitwert des Ordnungsgeldverfahrens ist der Streitwert der Hauptsache, etwa des Unterlassungsanspruchs, der wichtigste Orientierungsumstand.1 Das Interesse geht jedoch in der Regel nicht so weit wie das Interesse an der Hauptsache,2 sondern kann nur auf einen Bruchteil3 festgesetzt werden. Hinsichtlich der Einzelheiten kann auf das Stichwort „Ordnungsmittel“ verwiesen werden.
2777
Der Wert eines Antrags auf Festsetzung von Ordnungsgeld bei Verstößen gegen eine einstweilige Verfügung, die vom Antragsgegner für eine voraussichtlich längere Zeit ein bestimmtes Verhalten verlangt, richtet sich nach dem Interesse des Antragstellers an der Abwehr weiterer Verstöße. Dieses Interesse ist niedriger zu bewerten als der Hauptantrag, wobei im Allgemeinen ein Bruchteil von 1/3 bis 1/4 als angemessen angesehen werden kann.4
2778
In einem Fall, in dem preisgebundene Waren i.H.v. jährlich 1000 DM bezogen worden waren, wurde vom OLG Frankfurt5 der Streitwert mit 1000 DM angesetzt. Die Übung, grundsätzlich einen Streitwert von 3000 DM und im Wiederholungsfall von 6000 DM festzusetzen, sei nicht zu billigen.
2779
Der Klageantrag, den Beklagten aufgrund einer Bezugsverpflichtung unter Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verurteilen, seinen gesamten Bedarf an einer Ware nur beim Kläger zu decken, und der Antrag, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsgeld zur Unterlassung des anderweitigen Bezuges dieser Ware zu verurteilen, haben denselben Gegenstand. Das für die Streitwertfestsetzung maßgebende Interesse des Klägers an einer solchen Klage ergibt sich aus dem Gewinnverlust, der durch die Klage verhindert werden soll.6
ZPO
2776
• Patent 2780
Der Streitwert in einem Patentverletzungsverfahren, in welchem Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden, ist gem. § 51 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO nach billigem Ermessen festzusetzen. Maßgeblich ist das wirtschaftliche Interesse, das der Kläger mit seiner Klage verfolgt.7 Bei der Bewertung ist entscheidend, mit welchen Nachteilen der Kläger bei einer Fortsetzung des schutzrechtsverletzenden Verhaltens rechnen muss, denn der Unterlassungsanspruch geht dahin, den Kläger vor künftigen Verletzungshandlungen zu bewahren.
2781
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang also: – die bei Klageerhebung noch gegebene Restlaufzeit des Schutzrechts, – Umsatz, Größe und Marktstellung des Klägers, 1 OLG Köln, Beschl. v. 2.11.1981 – 6 W 61/81, WRP 1982, 288; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.11.1991 – 4 W 72/91, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1084; OLG Hamburg, WRP 1981, 222 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 522. 2 OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.3.1984 – 3 W 662/84, MDR 1984, 762 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 710 mit Anm. Schneider; OLG Nürnberg, JurBüro 1979, 872; OLG Bremen, JurBüro 1979, 1394 (unter Aufgabe der in Rpfleger 1965, 130 vertretenen Ansicht, es sei immer der Hauptsachewert maßgebend); KG, WRP 1975, 444; Rpfleger 1970, 97; OLG Celle, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 207; KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1029 mit Anm. Schneider = Nds.Rpfl. 1991, 54. 3 Vgl. OLG Stuttgart, OLGR 2000, 430; OLG Hamburg, WRP 1994, 42; a.A. OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.9.2003 – 25 W 54/03, OLGR 2004, 121 unter Bezugnahme auf BGH, NJW 1994, 45; ebenso: OLG München, NJWE-WettbR 2000, 147; OLG Dresden, Beschl. v. 25.6.1999 – 14 W 1190/98, WRP 1999, 1204; OLG Hamburg, Beschl. v. 21.10.1997 – 3 W 122/97, OLGR 1998, 89. 4 KG, JurBüro 1969, 1204 = Rpfleger 1970, 97. 5 OLG Frankfurt, MDR 1961, 1020. 6 KG, JurBüro 1969, 1195. 7 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.8.2009 – 2 U 154/08, InstGE 11, 175.
516
Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz – Art, Ausmaß und Schädlichkeit der Verletzungshandlung sowie – die Intensität der Begehungs- und Wiederholungsgefahr. Dabei ist der Zeitraum, innerhalb dessen in Zukunft ohne die Klageerhebung mit weiteren Patentverletzungen zu rechnen wäre, nicht ohne Weiteres der Dauer des Patentschutzes gleichzusetzen. Es muss vielmehr auf die Möglichkeit Rücksicht genommen werden, dass infolge neuer Erfindungen oder aus anderen Gründen der Gegner die Patentverletzung nach kürzerer oder längerer Zeit von selbst einstellen würde. Da die Vielzahl der hier in Betracht kommenden Möglichkeiten nicht überschaubar ist, ist im Wege freier Schätzung nach § 287 ZPO je nach den Umständen des Falles von einem Zeitraum von etwa 2 bis 5 Jahren auszugehen, soweit nicht die Schutzdauer kürzer ist.1 Für die Höhe des Streitwertes ist entscheidend, welchen Umsatz der Verletzer im Falle weiterer Patentverletzungen erzielt und welchen Reingewinn er damit dem Verletzten entzogen hätte.2
2782
Wird das Klagepatent während eines Rechtsstreits über Unterlassungsansprüche wegen Ablauf der gesetzlichen Schutzdauer wirkungslos, so hat dies keinen Einfluss auf den Streitwert.3 Denn der bisherige Unterlassungsanspruch wandelt sich mit dem Auslaufen des Patents in einen Schadensersatzanspruch um. Bei dessen Bewertung muss der gesamte Zeitraum bis zum Ablauf des Klageschutzrechts berücksichtigt werden. Eine Herabsetzung des Streitwertes ist in einem solchen Fall nur angezeigt, wenn der Beklagte die Verletzungshandlung vor Ablauf der Schutzdauer freiwillig einstellt.
2783
Wird auf Übertragung eines Patents geklagt, dann ist maßgeblich, in welchem geographischen Ausmaß der Kläger das Patent auswerten will, insbesondere, ob dies auch im Ausland geschehen soll.4
2784
Bei einem Streit nur um die Abtretung des Anspruchs auf Erteilung des Patents ist wertmindernd zu berücksichtigen, wenn die Patenterteilung als solche noch ungewiss ist. Es handelt sich dann nur um eine Erwartung, der ausschließlich im Falle der Erteilung des nachgesuchten Patents ein effektiver Wert zukommen kann. Dessen Höhe hängt wiederum von dem Umfang der zu erwartenden wirtschaftlichen Verwertbarkeit des Patents ab. Der Wert ist nach § 3 ZPO zu schätzen.5 Nahezu ohne Wert ist ein solcher Anspruch dann, wenn die Erteilung des Patents bereits vorläufig abgelehnt worden ist.6
2785
Auch in Patentstreitsachen ist eine Streitwertbegünstigung möglich: Macht eine 2786 Partei glaubhaft, dass die Belastung mit Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer wirtschaftlichen Lage angepassten Teil des Streitwertes bemisst (§ 144 PatG). Auch die Zahlung der eigenen und fremder Anwaltskosten bemisst sich für diese Partei dann nach dem herabgesetzten Wert. Siehe im Übrigen oben C. (Rn. 2666 ff.). Bei der Berechnung dessen, was dem Antragsteller im Rahmen der Festsetzung nach § 144 PatG als Kostenrisiko zuzumuten ist, kann man sich daran orientieren, welche Beträge ein Antragsteller bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu
1 OLG Frankfurt, JurBüro 1954, 373. 2 OLG Karlsruhe, Rpfleger 1964, 33. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.8.2009 – 2 U 154/08, InstGE 11, 175; Kühnen, GRUR 2009, 288 (293). 4 OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 217. 5 OLG Frankfurt, JurBüro 1960, 127. 6 OLG Frankfurt, JurBüro 1960, 127.
Noethen
517
2787
ZPO
Gewerblicher Rechtsschutz tragen hätte.1 Die nach PKH-Grundsätzen maßgebliche Belastung darf aber durch die Streitwertreduzierung nicht unterschritten werden. 2788
Die erhebliche Gefährdung der wirtschaftlichen Lage kann nicht allein durch einen Verdienstnachweis aus einem Arbeitsverhältnis glaubhaft gemacht werden.2 Denn allein auf Grundlage der Verdiensthöhe eines Arbeitnehmers lässt sich nicht beurteilen, ob er die Prozesskosten nach dem vollen Streitwert tragen könnte. • Patenterteilungs-Beschwerdeverfahren
2789
Die Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit im Patenterteilungs-Beschwerdeverfahren erfolgt nach den gleichen Grundsätzen wie in Patentnichtigkeitsverfahren oder Designlöschungs-Beschwerdeverfahren.3 • Patentnichtigkeitsverfahren
2790
Der Streitwert in Patentnichtigkeitsverfahren4 ist gem. § 51 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO zu bewerten und richtet sich nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Vernichtung des angegriffenen Patents.5 Er entspricht in der Regel dem gemeinen Wert des Patents bei Erhebung der Klage oder – in der Berufungsinstanz – bei Einlegung der Berufung zuzüglich des Betrages der bis dahin entstandenen Schadensersatzansprüche.6
2791
Die Klagesumme einer bezifferten Patentverletzungsschadensersatzklage ist bei Bestimmung des Wertes des Patentnichtigkeitsverfahrens regelmäßig in voller Höhe zu berücksichtigen. Gegenstand der Wertfestsetzung im Nichtigkeitsverfahren sind zwar nicht die durch unerlaubte Verwendung der patentierten Lehre entstandenen Schadensersatzansprüche. Jedoch ist die bezifferte Schadensersatzforderung der einzige substanzielle Anhaltspunkt für die Wertbestimmung. Der Wert der Schadensersatzforderung erlaubt, objektiv von einem mindestens entsprechenden Interesse des Klägers auszugehen, weil mit der erstrebten Vernichtung des Streitpatents der Verletzungsklage die Grundlage entzogen wäre.7 Der BGH hat zutreffend darauf hingewiesen, dass mit dieser Rechtsprechung ein Zugang zu den Gerichten nicht erschwert wird: Denn auch wenn der Streitwert für das Nichtigkeitsverfahren unter Berücksichtigung des vollen Betrages einer (ggf. hohen) Schadensersatzforderung festgesetzt werde, bestehe immer noch die Möglichkeit einer Streitwertherabsetzung nach § 144 PatG.8
2792
Wird nach teilweiser Nichtigerklärung des Patents in erster Instanz lediglich Berufung mit dem Ziel einer weitergehenden Nichterklärung geführt, geht nur das durch die Berufungsanträge umschriebene Klageziel (also die vollständige statt der teilweisen Nichtigerklärung) in den Berufungsstreitwert mit ein.9
1 2 3 4 5 6
7 8 9
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.8.2004 – 2 W 5/03, InstGE 5, 70. BPatG, Beschl. v. 2.7.2001 – 2 Ni 8/00 (EU). BPatG, NJW 1964, 2371. Nichtigkeitsverfahren werden allerdings nunmehr vor dem Deutschen Patent- und Markenamt geführt, vgl. § 33 Abs. 3 DesignG. BPatG, Beschl. v. 2.7.2001 – 2 Ni 8/00. BGH, Beschl. v. 28.7.2009 – X ZR 153/04, MDR 2009, 1363; Beschl. v. 7.11.2006 – X ZR 138/04, GRUR 2007, 175; NJW 1975, 144 in Abw. von RG, GRUR 1940, 55; Beschl. v. 17.12.1963 – I ZR 146/59, Mitt. 1963, 60. BGH, Beschl. v. 28.7.2009 – X ZR 153/04, GRUR 2009, 1100 = MDR 2009, 1363. BGH, Beschl. v. 28.7.2009 – X ZR 153/04, GRUR 2009, 1100 = MDR 2009, 1363. BGH, Beschl. v. 12.7.2005 – X ZR 56/04, GRUR 2005, 972 = WRP 2005, 1182.
518
Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz Im Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht fallen keine wertabhängigen Gerichtsgebühren an, sodass es hier nur einer Festsetzung des Gegenstandswertes für die Anwaltsgebühren bedarf. § 144 PatG ist jedoch auch im Nichtigkeitsverfahren anwendbar, wenn dieses den Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren festsetzt.1 Dies hat zur Folge, dass von der wirtschaftlich schwachen Partei auch die Anwaltsgebühren nur nach dem herabgesetzten Streitwert zu zahlen sind.
2793
Der Streitwert der Unterlassungsklage wegen Verstoßes gegen Absatzbindungen wird auch nicht dadurch beeinflusst, dass der Beklagte, der zunächst nur die tatsächlichen Zuwiderhandlungen bestritten hatte, im Laufe des Rechtsstreits dazu übergeht, auch die rechtliche Gültigkeit der Absatzbindung anzugreifen.2
2794
Der Streitwert des Auskunftsanspruchs auf Benennung des Lieferanten zur Beseitigung einer Lücke eines Vertriebsbindungssystems ist höher anzusetzen als in den Fällen, in denen durch den Auskunftsanspruch nur die Bemessungsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch geschaffen werden soll.3
2795
• Schutzrechtsverwarnung Bei einer Klage auf Unterlassung von Schutzrechtsverwarnungen richtet sich der Streitwert danach, wie stark Produktion und Vertrieb des Klägers während der Laufzeit des Schutzrechts durch die Verwarnung gefährdet erscheinen.4
2796
• Störung Da der Unterlassungsanspruch der Abwehr von Störungen dienen soll, ist für die Streitwertbemessung das Interesse der Antragstellerin an der Durchsetzung der Unterlassung maßgebend. Es umfasst auch das Interesse an einem ungestörten Fortgang der Produktion und an der Klarheit der bevorstehenden Entwicklung. Die Tragweite der Störungs- bzw. Verletzungshandlungen ist nicht nur objektiv nach voraussichtlicher Dauer und Intensität, sondern auch nach den begründeten Besorgnissen gerade der verletzten Antragstellerin zu bestimmen.5
2797
• Tauschbörsen/Filesharing Der Streitwert eines Antrages auf Unterlassung des Angebots von urheberrechtlich geschützten Werken in einer Tauschbörse wurde vom OLG Köln bei einem einzelnen Musiktitel auf 3000 Euro,6 bei einem Album auf 10 000 Euro, bei einem ganzen Kinofilms auf 30 000 Euro sowie bei einem Hörbuch auf 20 000 Euro festgesetzt.7
2798
• Unterwerfung Das Interesse an der Unterlassung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens ist ge- 2799 ringer zu bewerten, wenn der mit einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung überzogene Verletzte bereits vor Einreichung des Verfügungsgesuches 1 2 3 4 5 6
BGH, Beschl. v. 22.7.1982 – X ZR 57/81, JurBüro 1982, 1828 = MDR 1983, 129. OLG Köln, WRP 1956, 14. OLG Köln, WuW 1969, 185. OLG Düsseldorf, WRP 1973, 525. OLG München, GRUR 1955, 260. OLG Köln, Beschl. v. 17.11.2011 – 6 W 234/11; siehe auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.2.2013 – 20 W 68/11, ZUM-RD 2013, 638 (2500 Euro); zur Höhe des Schadensersatzes bei Filesharing vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 16.12.2014 – 11 U 27/14, ZUM 2015, 397 m.w.N. 7 OLG Köln, Beschl. v. 14.3.2011 – 6 W 44/11.
Noethen
519
ZPO
Gewerblicher Rechtsschutz eine Unterwerfungserklärung gegenüber einem anderen Unterlassungsgläubiger abgegeben hat.1 2800
Die vorprozessuale Vereinbarung einer Vertragsstrafe zur Absicherung einer Unterlassungserklärung ist zwar für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr von Bedeutung, hat aber keinen Einfluss auf den Streitwert des Unterlassungsanspruchs, wenn dieser trotz Unterlassungserklärung gerichtlich geltend gemacht wird.2 • Urheberrecht/Verlagsrecht
2801
Der Streitwert der Klage auf Unterlassung der Verletzung des Urheberrechts und Verlagsrechts an Schulbüchern bemisst sich nach dem gem. § 3 ZPO frei zu schätzenden Interesse des Klägers.3 Maßgeblich sind insbesondere die befürchteten Umsatzeinbußen des Verlegers. Im Urheberrecht ist zudem der neugefasste § 97a Abs. 3 UrhG zu beachten.4 • Verbandsklagen
2802
Der Zweck von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG) besteht darin, die Interessen ihrer gewerblichen oder selbständigen Mitglieder zu fördern. Da die von ihnen bekämpften Zuwiderhandlungen die Interessen ihrer auf demselben Markt wie der Verletzer tätigen Mitglieder berühren müssen, ist das Interesse der Allgemeinheit für die Bestimmung des Streitwertes nicht maßgebend. Nach insofern geänderter Rechtsprechung des BGH sind aber auch nicht die Interessen sämtlicher betroffener Vereinsmitglieder zu addieren. Das Interesse des Verbandes ist vielmehr so zu bewerten wie das Interesse eines gewichtigen Mitbewerbers.5
2803
Für die Ermittlung des Streitwertes von Klagen durch Verbraucherverbände (§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG) kommt es auf das satzungsgemäß wahrgenommene Interesse der Verbraucher an. Dieses Interesse wird durch die Nachteile geprägt, die den Verbrauchern durch die beanstandeten Wettbewerbsverstöße drohen.
2804
Für die Verfahren, die durch Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern geführt werden (§ 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG), ist grundsätzlich auf das Interesse der von ihnen repräsentierten und von der angegriffenen Wettbewerbshandlung betroffenen Unternehmen abzustellen. In entsprechender Anwendung der Grundsätze, die der BGH zur Streitwertbestimmung bei Verbänden im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aufgestellt hat, ist auch hier keine Addition sämtlicher Einzelinteressen vorzunehmen, sondern das Interesse eines gewichtigen Mitbewerbers zugrunde zu legen.6 • Veröffentlichungsbefugnis
2805
Neben dem Antrag auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung kommt dem Antrag auf Auskunftserteilung oder Rechnungslegung streitwertmäßig eine besondere Bedeutung zu. Ebenso ist für den Antrag auf Zuerkennung der Veröffentlichungsbefugnis (vgl. z.B. § 12 Abs. 3 UWG) ein besonderer Einzelstreitwert festzusetzen.7 1 2 3 4 5 6 7
OLG München, WRP 1975, 46. OLG München, Beschl. v. 30.7.1981 – 6 W 1682/81, WRP 1982, 49. OLG Frankfurt, GRUR 1954, 228. Hierzu Hohlweck, GRUR 2014, 940. BGH, Beschl. v. 5.3.1998 – I ZR 185/95, MDR 1998, 1237 = GRUR 1998, 985. So auch Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rn. 5.10. OLG Frankfurt, GRUR 1955, 450.
520
Noethen
Gewerblicher Rechtsschutz Entsprechend hat das OLG Nürnberg1 entschieden, wenn neben dem Unterlassungsanspruch Ansprüche auf Vernichtung beanstandeter Werbeschriften und auf Löschung eines beanstandeten Firmenteils im Handelsregister geltend gemacht werden. Demgegenüber nehmen andere Gerichte an, eine Veröffentlichungsbefugnis habe, wenn sie mit einer Unterlassungs- oder Schadensfeststellungsklage verbunden sei, keinen eigenen Streitwert2 (vgl. zu den Einzelheiten das Stichwort „Veröffentlichungsbefugnis“).
2806
• Vertragsstrafe Die vorprozessuale Vereinbarung einer Vertragsstrafe zur Absicherung einer Unterlassungserklärung ist zwar für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr, nicht aber für die Höhe des Streitwerts des Unterlassungsanspruchs von Bedeutung.3
2807
• Werbeaktion Maßgebend für den Wert des Unterlassungsanspruchs gegen eine Werbeaktion ist der Umsatz der Parteien in dem betroffenen Warenbereich. Hält die klagende Partei bei Klageerhebung einen bestimmten Betrag für angemessen, dann ist auf diesen abzustellen, auch wenn das von ihr befürchtete Ausmaß der Beeinträchtigung nicht eintritt.4
2808
Stehen zwei wirtschaftliche Interessenverbände im Wettbewerb um Mitglieder, dann ist der Streitwert einer Unterlassungsklage nach der Höhe der jährlichen Mitgliedsbeiträge des Verletzten zu beziffern, soweit deren Aufkommen durch die beanstandete Abwerbungsaktion betroffen werden kann.5
2809
Den Unterlassungsanspruch eines Verbandes gegen eine irreführende Werbung mit „100-Gratis-SMS“ im Internet hat das OLG Hamburg mit 15 000 Euro bewertet.6
2810
• Wettbewerbsverbot Bei Unterlassungsansprüchen wegen Verstoßes gegen ein vertragliches Wettbewerbsverbot richtet sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers, durch das beantragte Unterlassungsgebot künftige Umsatzeinbußen zu verhindern.7 Für die Bemessung des Streitwerts unterscheiden sich die Klagen auf Unterlassung z.B. nach § 1 UWG und die Klagen auf Unterlassung einer nach dem Vertrag verbotenen HGB-Konkurrenztätigkeit dadurch grundlegend, dass die Unterlassungspflicht des Beklagten in den letzteren Fällen nach §§ 74a Abs. 1, 90a Abs. 1 HGB auf längstens zwei Jahre beschränkt ist. Das hat zur Folge, dass bei Prozessen um das Bestehen der streitigen Unterlassungspflicht der Kläger regelmäßig von der zunächst erhobenen Unterlassungsklage auf eine – nach § 254 ZPO zunächst unbezifferte – Schadensersatzklage übergehen muss, weil eine Verurteilung zur Unterlassung des Wettbewerbs nur in die Zukunft wirkt und der dem Kläger durch den verbotenen Wettbewerb erwachsende Schaden sich während des Prozesses laufend vergrößert. 1 2 3 4 5
OLG Nürnberg, Beschl. v. 10.2.1981 – 3 W 3147/80, JurBüro 1981, 1380 = WRP 1981, 602. OLG Karlsruhe, WRP 1958, 190; OLG Stuttgart, NJW 1959, 890. OLG München, Beschl. v. 30.7.1981 – 6 W 1682/81, WRP 1982, 49. OLG Karlsruhe, WRP 1974, 501. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.1.1979 – 4 W 97/78, MDR 1980, 59 = KostRsp. § 3 Nr. 459 mit Anm. Schneider. 6 OLG Hamburg, Urt. v. 8.4.2009 – 5 U 13/08, WRP 2009, 1305. 7 BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1012 = WPM 1990, 2058; LAG Thüringen, Beschl. v. 8.9.1998 – 8 Ta 89/98, JurBüro 1999, 286 mit Anm. Worzalla.
Noethen
521
2811
ZPO
Glubigeranfechtung • Widerrufsbelehrung 2812
Die Streitwertbemessung bei Unterlassungsanträgen wegen fehlender oder fehlerhafter Widerrufsbelehrung ist sehr uneinheitlich; sie reicht von 1000 bis 20 000 Euro;1 der Streitwert sollte im Einzelfall nicht zu hoch bemessen und eine Anwendung von § 14 Abs. 4 UWG erwogen werden.2
2813–2832
Einstweilen frei.
Glubigeranfechtung 2833
Bei der Anfechtung außerhalb eines Insolvenzverfahrens ist entsprechend § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bewerten,3 weil die Klagen auf Zurückgabe eines Gegegenstandes gerichtet sind, der durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt wurde (§§ 11, 13 AnfG). Abzustellen ist auf die Forderung des Anfechtenden einschließlich Zinsen und Kosten oder auf den geringeren Wert des Gegenstandes.4
2834
Zinsen und Kosten werden im Rahmen der Streitwertbestimmung dem Betrag der Forderung hinzugerechnet,5 denn es handelt sich nicht um einen Fall des § 43 Abs. 1 GKG. Nachdem der BGH6 dieser reichsgerichtlichen Rechtsprechung gefolgt ist, hat die früher vereinzelt abweichende Judikatur7 keine Bedeutung mehr.
2835
Wird wegen eines Anspruchs auf wiederkehrende Leistungen angefochten, ist § 9 ZPO auch bei Unterhaltsansprüchen entsprechend heranzuziehen. Für diese ist also nicht § 42 Abs. 1 GKG maßgebend,8 da es bei der Klage nach § 7 AnfG nicht um einen Unterhaltsanspruch geht. Dementsprechend bestimmt sich der Wert einer Forderung auf laufenden Unterhalt, deretwegen die Veräußerung eines Grundstücksmiteigentumsanteils außerhalb des Insolvenzverfahrens angefochten worden ist, nach der Summe der fälligen Beträge (Rückstände) und nicht nach dem Jahresbetrag des § 42 Abs. 1 GKG.9 1 KG Berlin, Beschl. v. 9.4.2010 – 5 W 3/10, MDR 2010, 839 (15 000 Euro, über § 12 Abs. 4 UWG reduziert auf 7500 Euro); OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.11.2011 – 6 W 91/11, MDR 2012, 185 (15 000 Euro bei Verbraucherschutzverband als Ausnahme); Beschl. v. 17.8.2006 – 6 W 117/06, MMR 2007, 117 (5000 Euro bei kleinen Unternehmen im Eilverfahren); OLG Hamburg, Beschl. v. 30.10.2007 – 3 W 189/07, K&R 2008, 254 (5000 Euro); OLG Celle, Beschl. v. 19.11.2007 – 13 W 112/07, AGS 2008, 250 (3000 Euro); OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.6.2010 – 4 W 19/10, JurBüro 2010, 531 (3000 Euro über § 12 Abs. 4 UWG reduziert auf 1500 Euro); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.4.2007 – 20 W 13/07 (900 Euro). 2 KG Berlin, Beschl. v. 9.4.2010 – 5 W 3/10, MDR 2010, 839; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.6.2010 – 4 W 19/10, JurBüro 2010, 531. 3 Kritisch OLG Köln, Beschl. v. 29.4.1981 – 2 W 17/81, ZIP 1981, 781, das § 6 ZPO auf den Gebührenstreitwert nur für analog anwendbar hält und bei der Bewertung den wirklichen Streitpunkt der Parteien und dessen wirtschaftliche Bedeutung ausschlaggebend sein lassen will (zustimmend: KG, NJW-RR 2003, 787). 4 BGH, Beschl. v. 28.2.2008 – IX ZR 126/06, JurBüro 2008, 368; Beschl. v. 22.4.1999 – IX ZR 292/98, NJW-RR 1999, 1080; Beschl. v. 10.2.1982 – VIII ZR 339/81, WM 1982, 435; KG, JurBüro 1957, 181; OLG Schleswig, JurBüro 1969, 1209; BGH, Beschl. v. 27.10.1994 – IX ZR 81/94, BGHR ZPO § 6 Anfechtungsanspruch 1 (zu der in gleicher Weise erfolgenden Berechnung der Beschwer bei Zurückweisung des Anfechtungsantrags). 5 BGH, Beschl. v. 10.2.1982 – VIII ZR 339/81, WM 1982, 435; BGH, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 147; RGZ 139, 238; RGZ 151, 167; RG, JW 1934, 899. 6 BGH, Beschl. v. 10.2.1982 – VIII ZR 339/81, WM 1982, 435. 7 OLG Kiel, JW 1934, 1741; LG Berlin, JVBl. 1933, 309. 8 RGZ 139, 239. 9 OLG Schleswig, SchlHA 1970, 18.
522
Noethen/Kurpat
Glubigerrangstreit Ist der Wert des zurück zu gewährenden Gegenstandes nach Abzug der auf ihm ruhenden Belastungen geringer als die Forderung, deretwegen die Anfechtung durchgeführt wird, dann gilt gem. § 6 Satz 2 ZPO der geringere Wert.1 Das ist beispielsweise wichtig bei Grundstücksveräußerungen, wenn das Grundstück hoch belastet ist.2 § 6 Satz 2 ZPO begrenzt den Streitwert auch dann auf den Wert des betreffenden Gegenstandes, wenn mehrere Gläubiger wegen mehrerer Forderungen anfechten.3
2836
Klagt ein Gläubiger nach dem Anfechtungsgesetz gegen denjenigen auf Wertersatz, der von seinem Schuldner einen Gegenstand anfechtbar erworben und sodann wieder veräußert hat, und zugleich gegen dessen Rechtsnachfolger auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen der Forderung des Gläubigers gegen seinen Schuldner in den Gegenstand, so werden die beiden Ansprüche wegen wirtschaftlicher Identität nicht nach § 5 ZPO zusammengerechnet.4 Es kommt bei der Wertberechnung darauf an, inwieweit der Kläger mit einer Befriedigung rechnen kann (Versteigerungswert).
2837
Der Streitwert eines Verfügungsverfahrens zur Sicherung des auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichteten Anfechtungsanspruchs ist vom LG Bayreuth5 unter Beachtung des Zugriffswertes für den Gläubiger mit 1/4 der Hauptsache geschätzt worden.
2838
Bezieht sich die Anfechtungsklage auf ein Mietgrundstück, ist auf den wahrscheinlichen Verkaufserlös (Verkehrswert) abzustellen.6
2839
Glubigerrangstreit Literatur: Schmidt, JurBüro 1965, 889.
Bei einem Streit mehrerer Gläubiger um den Vorrang ihrer Forderungen, insbesondere im Zwangsvollstreckungsverfahren, oder um vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös gem. § 805 ZPO ist der Streitwert nach § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bemessen. Der niedrigste Wert der Forderungen oder der noch niedrigere Wert des Pfandgegenstandes ist maßgebend, wobei Zinsen und Kosten unberücksichtigt bleiben.7 Ein Anspruch auf Sicherstellung der zugrunde liegenden Forderung ist auch das Begehren der Vorrangseinräumung – Rangverbesserung – an einem Grundstück, so dass nach § 6 ZPO die geringere Forderung wertbestimmend ist.8
2840
Bezweckt die Klage, der eine Vereinbarung über die Eintragung einer Gesamt- 2841 hypothek an bestimmter Rangstelle auf mehreren Grundstücken zugrunde liegt, nicht nur die Rangverbesserung der auf einem der Grundstücke bereits eingetragenen Sicherungshypothek, sondern zugleich ihre Eintragung als Gesamthypothek mit der bereits eingetragenen Hypothek auf den anderen Grundstücken, so be1 BGH, Beschl. v. 10.11.1982 – VIII ZR 293/81, WM 1982, 1443; Beschl. v. 10.2.1982 – VIII ZR 339/81, WM 1982, 435; RGZ 151, 167; RGZ 151, 319. 2 RGZ 151, 167; RG, JW 1936, 2091; ebenso für die konkursmäßige Anfechtung RG, JW 1936, 2798. 3 OLG Kassel, OLGE 11, 43. 4 OLG Frankfurt, MDR 1955, 496. 5 LG Bayreuth, JurBüro 1980, 1724. 6 OLG Frankfurt, MDR 1960, 507; OLG Nürnberg, JurBüro 1967, 163. 7 RG, Warneyer 1933 Nr. 83; OLG Breslau, JW 1931, 2143; OLG Stettin, HRR 1937 Nr. 341; OLG München, OLGE 23, 74. 8 OLG Stettin, HRR 1937 Nr. 341; LG Darmstadt, JW 1932, 3662.
Kurpat
523
Grenzregelung
ZPO
stimmt sich der Streitwert auch dann nach § 6 ZPO, wenn die wirtschaftliche Sicherstellung der Forderung schon durch die Rangverbesserung der bereits eingetragenen Hypothek erreicht würde. Als Streitwert ist daher der Forderungsbetrag anzunehmen, nicht aber gem. § 3 ZPO nur der geringere Wert des wirtschaftlichen Interesses des Klägers an der Rangverbesserung der bereits vorhandenen Hypothek.1 2842
Klagt der Kläger auf Feststellung, dass seine Hypothek den Vorrang vor der Hypothek des Beklagten hat, dann ist der Streitwert nach § 3 ZPO zu schätzen, wobei die Gefährdung und die voraussichtliche Höhe eines zu befürchtenden Ausfalles des Klägers maßgebend sind.2
2843
Geht der Streit nur um den Vorrang der Befriedigung an hinterlegten Beträgen, also darum, wer sich mit dem Rest zufrieden geben muss, dann ist nur der vom Vorrang erfasste Betrag wertbestimmend.3
2844
Wird auf Einwilligung in die Auszahlung eines Versteigerungserlöses „bis zur Höhe der Forderung des Klägers“ geklagt, dann ist gleichwohl der Streitwert nur nach dem Versteigerungserlös zu bemessen, wenn dieser unter der Forderung liegt.4
Grenzregelung 2845
Der Streitwert in einem Verfahren gegen einen Grenzregelungsbeschluss bestimmt sich nach dem objektiven Verkehrswert der abzutretenden Grundstücksfläche.5 Das gilt auch dann, wenn der Eigentümer vorträgt, die Entschädigung sei zu niedrig, ohne – hilfsweise – die Gewährung einer höheren Entschädigung ausdrücklich zu beantragen.6 Die gleichen Bewertungsgrundsätze gelten für den Beschwerdewert.7
Grenzscheidungsklage 2846
Grenzscheidungsklagen sind die aus § 920 BGB bzw. die auf Abmarkung gerichteten Klagen gem. § 919 BGB. Die Norm betrifft einen Streit zwischen Grundstücksnachbarn über den Umfang ihres Grundeigentums. Der Anspruch aus § 920 BGB ist vermögensrechtlicher Art. Der Streitwert ist nach dem Interesse des Klägers gem. § 3 ZPO zu schätzen.8
1 OLG Frankfurt, Rpfleger 1956, 318. 2 OLG Kiel, JW 1933, 2471. 3 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1964, 107: Der Kläger hatte einen Titel über 2032 DM, der Beklagte über 137,02 DM. Der Beklagte hatte den hinterlegten Betrag über 137,02 DM hinaus freigegeben. Dann belief sich der Streitwert nur auf 137,02 DM, weil das Interesse des Klägers nur auf diesen Betrag gerichtet sein konnte. Im Übrigen lag eine Freigabeerklärung vor. 4 OLG Breslau, JW 1931, 2143. 5 BGH, Urt. v. 1.7.1968 – III ZR 88/67, JurBüro 1968, 797; OLG München, Beschl. v. 28.4.1992 – W 1/92 Bau, NVwZ-RR 1993, 109. 6 OLG München, Beschl. v. 28.4.1992 – W 1/92 Bau, NVwZ-RR 1993, 109; ebenso OLG Bremen, Beschl. v. 7.12.1984 – W (B) 1/84 (a), JurBüro 1985, 764. 7 BGH, Urt. v. 1.7.1968 – III ZR 88/67, JurBüro 1968, 797. 8 LG München I, Beschl. v. 10.10.2011 – 13 S 5011/11: 4000 Euro.
524
Kurpat/N. Schneider/Monschau
Grundbuchberichtigung Maßgeblich sind das Interesse des Klägers an der Feststellung seiner (richtigen) Grundstücksgrenzen und die damit verbundene Schaffung neuen Eigentums. Daher wird der Verkehrswert der streitigen Grundstücksteilfläche ein Bemessungskriterium sein.
2847
Grundbuchberichtigung Die Klage auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung ist eine Klage auf Abgabe einer Willenserklärung. Ihre Bewertung richtet sich daher nach § 3 ZPO.1 Maßgebend ist das vermögensrechtliche Interesse des Klägers, nicht der Grundstückswert oder Verkehrswert eines dinglichen Rechts.2 Das Interesse wird sich regelmäßig mit dem Recht decken, das sich für den Kläger aus der Berichtigung ergibt3 bzw. dessen Beseitigung er mit der Berichtigung anstrebt.4
2848
Anders verhält es sich, wenn die Berichtigungsklage vornehmlich der Klärung und Feststellung umstrittener Eigentumsverhältnisse dient. Dann geht es um das gesamte Grundstück, so dass gem. § 6 ZPO auch dessen voller Verkehrswert für die Wertbezifferung maßgebend ist.5 Ob und in welchem Umfang bei der Ermittlung des Grundstückswertes (§ 6 ZPO) dingliche Belastungen wertmindernd zu berücksichtigen sind, ist sehr umstritten.6 Siehe zu dieser Problematik die Ausführungen unter den Stichwörtern „Auflassung“ und „Grundstück“.
2849
Zielt die Klage nur auf die berichtigende Eintragung eines Miteigentumsanteils, ist auch nur dieser wertbestimmend.7 Dies gilt auch für eine Klage, mit der ein Erbe gegen einen Miterben einen zum Nachlass gehörenden Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs dahin geltend macht, dass an Stelle des Miterben die Erben in Erbengemeinschaft als Grundstückseigentümer eingetragen werden. Hier berechnet sich der Streitwert nach dem Wert des Grundstücks abzüglich des dem Erbteil des Beklagten entsprechenden Anteils.8
2850
Für eine zutreffende Interessenbewertung ist folglich danach zu unterscheiden, ob das Eigentum als materiell-rechtliche Vorfrage im Streit steht oder die Berichtigung nur der Herbeiführung einer formal zutreffenden Buchposition bei unstreitigen Eigentumsverhältnissen dient. In letzterem Fall liegt der dann nach § 3 ZPO zu bestimmende Wert immer unterhalb des Verkehrswertes.9 So etwa, wenn Gegenstand der Grundbuchberichtungsklage nicht die Verpflichtung zur Eigentumsverschaffung, sondern nur deren dinglicher Vollzug ist. Hier bemisst sich der Streitwert gem. § 3 ZPO nach dem Interesse des Klägers an dem Vollzug der Eigentumsübertragung.
2851
1 OLG Saarbrücken, AnwBl. 1978, 106; OLG Köln, Beschl. v. 17.9.2013 – 19 W 28/13, JurBüro 2014, 537; Beschl. v. 23.3.1988 – 2 W 56/88, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 921. 2 OLG Köln, Beschl. v. 17.9.2013 – 19 W 28/13, JurBüro 2014, 537. 3 Vgl. Gerold, Streitwert, S. 47 zu Ziffer 3; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 3 Rn. 78 unter „Grundbuch“. 4 LG Dresden, Beschl. v. 10.8.1999 – 13 O 5360/98, JurBüro 2000, 83. 5 BGH, MDR 1958, 676; KG, Beschl. v. 11.9.2000 – 3 W 3881/00, MDR 2001, 56; OLG Karlsruhe, OLGE 13, 69; OLG Köln, Beschl. v. 20.2.1995 – 27 WF 5/95, JurBüro 1995, 368. 6 Ablehnend OLG Koblenz, Beschl. v. 28.6.2006 – 5 W 379/06, JurBüro 2006, 537. 7 OLG Brandenburg, Urt. v. 8.3.2007 – 5 U 41/06, NJ 2007, 369; insoweit zutr. OLG Naumburg, Urt. v. 8.6.2004 – 11 U 41/00, OLGR 2005, 1. 8 BGH, MDR 1956, 676; RGZ 156, 263. 9 KG, Beschl. v. 11.9.2000 – 3 W 3881/00, MDR 2001, 56; OLG Köln, Beschl. v. 23.3.1988 – 2 W 56/88, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 921; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 29.7.1986 – 7 W 40/86, JurBüro 1987, 265.
Monschau/Kurpat
525
Grundbucheintragung Droht dem Kläger etwa bei ausbleibender Berichtigung eine schadensersatzrechtliche Inanspruchnahme durch Dritte, entspricht der Streitwert dem Umfang der drohenden Inanspruchnahme. Dies kann im Einzelfall der volle Grundstückswert sein, hier jedoch immer abzüglich bestehender dinglicher Belastungen. Denn wertbestimmend ist nicht der Verkehrswert, sondern der mögliche Schaden.1 Das gilt auch, wenn die berichtigende Zuordnung der Eigentumsverhältnisse eine notwendige Voraussetzung für eine Vollstreckung in das Grundstück darstellt.
2853
Zielt die Grundbuchberichtigung auf die Löschung einer Grunddienstbarkeit, ist eine Bewertung nach dem Betrag vorzunehmen, um den sich der Wert des Grundstücks durch die Belastung (Grunddienstbarkeit) mindert.2
ZPO
2852
Die Klage auf Löschung einer Reallast bemisst sich grundsätzlich nach § 9 ZPO.3 Bestand das Bezugsrecht zum Zeitpunkt der Klageeinreichung nicht mehr, so bestimmt sich der Streitwert nach dem – gem. § 3 ZPO zu schätzenden – Interesse des Klägers an der Löschung der Belastung.4 2854
Eine Grundbuchberichtigung zum Zwecke der Beseitigung einer Eigentumsvormerkung ist regelmäßig mit einem Bruchteil des Grundstücksverkehrswertes zu bewerten.5
2855
Der Grundbuchberichtigungsanspruch nach zustimmungsloser Verfügung eines Ehegatten über ein Grundstück gem. § 1368 BGB dient (zugleich) der Klärung der Eigentumsverhältnisse, so dass der volle Grundstückswert anzusetzen ist.6 Ein mittelbares Interesse des Klägers an der Sicherung seines Anspruchs auf Zugewinnausgleich bleibt demgegenüber außer Ansatz.7
2856
Der Wert einer einstweiligen Verfügung auf Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs ist dem Wert des Hauptanspruchs auf Herausgabe des Grundstücks nur dann gleichzusetzen, wenn die unmittelbar bevorstehende Gefahr einer Weiterveräußerung des Grundstücks besteht.8 Ansonsten ist der Streitwert wegen des vorläufigen Charakters der Maßnahme mit einem Bruchteil des Hauptsachewertes zu bestimmen.9
Grundbucheintragung Siehe die Stichwörter „Grundbuchberichtigung“ und „Löschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslöschung“.
1 2 3 4 5 6 7 8 9
OLG Koblenz, Beschl. v. 25.10.2001 – 5 W 642/01, AGS 2002, 65. OLG Rostock, Urt. v. 5.4.2001 – 7 U 99/00, OLGR 2001, 527. OLG Koblenz, Urt. v. 26.6.2006 – 12 U 446/04, NotBZ 2007, 374. OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.11.1992 – 2 W 40/92, OLGR 1993, 47; OLG Koblenz, Urt. v. 26.6.2006 – 12 U 446/04, NotBZ 2007, 374. Ebenso BayObLG, Beschl. v. 9.2.2005 – 2 Z BR 211/04, BayObLGR 2005, 347 – für Beschwerde im Grundbuchberichtigungsverfahren. OLG Köln, Beschl. v. 20.2.1995 – 27 WF 5/95, JurBüro 1995, 368. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.5.1995 – 5 UF 96/94, AGS 1998, 139. OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 1; festgesetzt wurde die Hälfte des Verkehrswertes ohne Berücksichtigung der Belastungen. OLG Koblenz, Beschl. v. 28.6.2006 – 5 W 379/06, JurBüro 2006, 537: 1/4.
526
Kurpat
Grunddienstbarkeit
Grunddienstbarkeit A. Einleitung Grunddienstbarkeiten sind Rechte, die dem jeweiligen Eigentümer eines (herrschenden) Grundstücks an einem anderen (dienenden) Grundstück zustehen (§§ 1018 ff. BGB). Sie gehen dahin, dass entweder der Berechtigte das dienende Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder dahin, dass er die Vornahme bestimmter Handlungen auf dem Grundstück verbieten kann oder schließlich dahin, dass die Ausübung gesetzlicher Rechte ausgeschlossen wird, die sich aus dem Eigentum des dienenden Grundstücks gegenüber dem herrschenden Grundstück ergeben.
2857
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Der Wert einer Grunddienstbarkeit wird durch den Wert bestimmt, den sie für das herrschende Grundstück hat, wenn nicht der Betrag, um den sich der Wert des dienenden Grundstücks durch die Dienstbarkeit mindert, größer ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 7 ZPO). Dann ist der höhere Betrag maßgebend. Es müssen also der Wert für das herrschende Grundstück und die Wertminderung beim dienenden Grundstück nach § 3 ZPO geschätzt und sodann miteinander verglichen werden.1
2858
Die Vorschrift des § 7 ZPO gilt nicht für beschränkt persönliche Dienstbarkeiten nach § 1090 BGB, für rein schuldrechtliche Verpflichtungen oder für Reallasten nach § 1105 BGB. Für diese ist der Wert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen (vgl. dazu das Stichwort „Dienstbarkeit, (§ 1090 BGB)“).
2859
Dasselbe gilt auch für eine Klage auf Bewilligung der Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch, z.B. für die Berechtigung, eine Tankstelle zu betreiben. Dabei ist nur das nach § 3 ZPO zu schätzende Interesse des Klägers an der Sicherung seines Rechts durch Eintragung im Grundbuch wertbestimmend. Ob und welcher Vermögensschaden dem Kläger dadurch entsteht, dass sich der Beklagte etwa in Verzug befindet, ist belanglos.2
2860
Die Bewertungsvorschrift des § 7 ZPO findet Anwendung auf Klagen auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit, auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens, auf Feststellung des Umfangs,3 sowie auf Unterlassung der Beeinträchtigung nach § 1027 BGB sowie bei nachbarrechtlichen Eigentumsbeschränkungen, wenn diese ähnlich wie eine Dienstbarkeit wirken (z.B. bei Licht- oder Fensterrecht bzw. Notwegsrecht).4
2861
Das Interesse eines Grundstückseigentümers, dass bei der Trennung des Grundstücks eine lediglich den anderen Grundstücksteil belastende Dienstbarkeit nicht auf das Grundbuchblatt des Trennungsgrundstücks mitübertragen wird, ist dann
2862
1 OLG Jena, Beschl. v. 20.10.1998 – 3 W 626/98, JurBüro 1999, 196, bestätigt von BGH, Beschl. v. 12.12.2013 – V ZR 52/13. 2 OLG Nürnberg, JurBüro 1967, 829. 3 KG, OLGE 33, 73. 4 BGH, Beschl. v. 12.12.2013 – V ZR 52/13, MDR 2014, 461; Beschl. v. 12.7.2012 – V ZR 29/12. Anders: Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Notweg“, der für die Bewertung eines Anspruchs auf einen Notweg die Regelungen der §§ 3, 7 und 9 ZPO analog anwendet und zu den Herstellungs- und Unterhaltungskosten des Weges noch die 3,5-fache jährliche Notwegrente addiert (ebenso OLG Köln, JurBüro 1991, 1386). Letzteres hat der BGH aber ausdrücklich abgelehnt: BGH, Beschl. v. 12.12.2013 – V ZR 52/13, MDR 2014, 461.
Noethen
527
ZPO
Grundpfandrecht sehr gering zu bewerten, wenn bei materiell-rechtlich klarer Rechtslage nur formale Bedenken ausgeräumt werden sollen.1 2863
Das Entgelt für eine Dienstbarkeit ist eine Nutzung i.S.d. § 100 BGB und der Streitwert dafür nach § 9 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG zu berechnen.2 Die gleiche Berechnung ist vorzunehmen, wenn das Bestehen einer Dienstbarkeit außer Streit steht und nur streitig ist, ob dafür ein Entgelt zu gewähren ist. Auch dann ist der 3,5-fache Jahresbetrag maßgebend.
C. Rechtsmittel und Beschwer 2863a
Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Begehrt der Kläger, der mit seiner Klage auf Eintragung einer Grunddienstbarkeit unterlegen ist, die Abänderung der Entscheidung, bestimmt sich die Beschwer der Bestimmung des Zuständigkeits- und Gebührenstreitswerts entsprechend gem. §§ 3, 7 ZPO nach dem Wert, den die Dienstbarkeit für das herrschende Grundstück hat.3 Die Beschwer des Beklagten richtet sich nach der Wertminderung für das dienende Grundstück.4
Grundpfandrecht 2864
Zu den Grundpfandrechten zählen Hypothek, Grundschuld und Rentenschuld. Auf die jeweiligen Stichworte wird zunächst verwiesen.
2865
Die maßgebliche Bewertungsvorschrift für Klagen auf Bestellung von Grundpfandrechten ist § 6 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 GKG. Dabei kommt es nicht darauf an, in welcher Form von Klage das Grundpfandrecht geltend gemacht wird und ob es durch Vertrag oder Gesetz entstanden ist.
2866
Entscheidend für die Wertbestimmung ist der Betrag der Forderung, für die das Pfandrecht bestellt worden ist oder bestellt werden soll, wenn nicht der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Betrag hat. Dann nämlich ist dieser geringere Betrag maßgeblich.5
2867
Bei der Bewertung des Anspruchs auf Einräumung eines Vorrangs für ein Grundpfandrecht ist nach § 3 ZPO zu schätzen; dabei kann § 45 Abs. 1 GNotKG (nicht auch § 52 GNotKG) als Richtlinie beachtet werden, wonach bei Einräumung des Vorrangs der Wert des vortretenden Rechts, höchstens jedoch der Wert des zurücktretenden Rechts, maßgebend ist.6
2868
Mittelbare Bedeutung kommt den Grundpfandrechten darüber hinaus bei der Streitwertberechnung insofern zu, als zweifelhaft ist, inwieweit sie bei einem Streit um das Grundstück selbst verkehrswertmindernd zu berücksichtigen sind. Siehe dazu bei dem Stichwort „Grundstück“.
1 2 3 4
OLG Zweibrücken, JurBüro 1982, 760. OLG Neustadt, JurBüro 1954, 107. BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZR 29/12. BGH, Beschl. v. 12.12.2013 – V ZR 52/13, MDR 2014, 461; Beschl. v. 26.3.2009 – V ZR 209/08, Grundeigentum 2009, 715. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.10.2002 – 24 U 158/01, MDR 2003, 356. 6 OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.12.1981 – 22 U 85/81, MDR 1982, 411.
528 Noethen
Grundschuld
Grundschuld A. Einleitung Welche Bewertungsvorschrift auf eine Streitigkeit um eine Grundschuld anzuwenden ist, hängt davon ab, was der Kläger begehrt. In Betracht kommt die Geltendmachung von Ansprüchen auf Eintragung, Löschung oder Abtretung einer Grundschuld sowie auf Feststellung, dass eine Grundschuld nicht entstanden ist.
2869
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Eintragung Verlangt der Kläger die Eintragung (Bestellung) einer Grundschuld, dann ist § 6 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG anwendbar. Maßgebend ist in diesen Fällen der Nennbetrag der Forderung oder der Grundstückswert, wenn letzterer geringer ist.
2870
II. Löschung Auch für den Wert der Klage auf Löschung einer Grundschuld gilt zunächst die Bewertungsregel des § 6 ZPO. Der Streitwert wird durch den Nennbetrag der Grundschuld bestimmt. Das gilt auch dann, wenn geltend gemacht wird, es seien Kosten entstanden und Zinsen rückständig, für die die Grundschuld haftet.1
2871
Umstritten ist allerdings, ob und ggf. in welchem Umfang die Valutierung der Grundschuld bei der Wertbemessung für die Gebühren der Löschungsklage Berücksichtigung finden kann.2 – Nach einer Meinung bleibt die Valutierung der Grundschuld unberücksichtigt, so dass allein auf den Nominalwert der zu löschenden Grundschuld abzustellen ist.3 – Nach anderer Ansicht müssen die Höhe der Valutierung und das Löschungsinteresse des Klägers bei der Streitwertbestimmung beachtet werden.4 Der Streitwert soll sich nach dem Valutenstand, zzgl. 20 % des Nominalwerts, bestimmen, um dem Charakter eines abstrakten Sicherungsmittels Rechnung zu tragen, nach oben begrenzt durch den Nominalwert.
2872
Die zweite Ansicht begegnet jedoch Bedenken: Zum einen ist der pauschale Aufschlag von 20 % auf den Restbetrag der Forderung nicht nachvollziehbar. Hier
2873
1 OLG Nürnberg, JurBüro 1964, 685. 2 Vgl. dazu das Stichwort „Löschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslöschung“ sowie BGH, Beschl. v. 12.3.2013 – II ZR 214/10. 3 BGH, Beschl. v. 24.10.2007 – IV ZR 99/07; OLG Koblenz, Beschl. v. 26.3.2004 – 14 W 135/04, AGS 2004, 300; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.1.2001 – 7 W 11/01, MDR 2001, 897; KG, Beschl. v. 17.4.2000 – 23 W 1888/00, AGS 2002, 177; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.12.1998 – 9 W 92/98, MDR 1999, 506; OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.9.1992 – 27 W 49/92, OLGR 1992, 193; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.9.1998 – 9 W 92/98, MDR 1999, 506; OLG Frankfurt, OLGR 1992, 193 sowie zu § 23 Abs. 2 KostO BVerfG, Beschl. v. 15.4.2012 – 1 BvR 1951/11, NJW 2012, 2947. 4 OLG Rostock, Beschl. v. 5.8.2009 – 3 W 44/09; OLG Hamburg, MDR 1975, 876 (Restbetrag der Hypothek); OLG Köln, Beschl. v. 2.3.1995 – 16 W 16/95, OLGR 1995, 216; OLG Celle, Beschl. v. 5.9.2000 – 4 W 165/00, MDR 2000, 1456; OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.12.2003 – 13 W 48/03, OLGR 2004, 348.
Noethen
529
Grundschuld
ZPO
würde es – wenn man sich schon am rein wirtschaftlichen Interesse des Klägers orientiert – näher liegen, die Kosten der Löschung in die Berechnung miteinzubeziehen. Darüber hinaus wird das Abstellen auf den Valutenstand dem Umstand nicht gerecht, dass das Grundstück auch bei fortschreitender Valutierung aufgrund der fehlenden Akzessorietät der Grundschuld weiterhin mit dem Nominalbetrag haftet. Die diesbezüglich aus dem Grundbuch ersichtliche Belastung, welche die Verkehrsfähigkeit und die Kreditwürdigkeit beeinträchtigt, sowie die Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs durch Dritte, prägen maßgeblich das Interesse des Klägers an der Löschung des Grundpfandrechts. Überdies hatte das BVerfG in seiner von der zweiten Ansicht in Bezug genommenen Entscheidung vom 16.11.19991 diese Frage ausdrücklich offen gelassen und zudem den Fall einer nicht-valutierten Sicherungshypothek zu entscheiden. 2874
Ist die Forderung jedoch vollständig getilgt und geht der Streit der Parteien nur darüber, wer die Kosten der Löschung zu tragen hat, kann nicht auf den Nominalbetrag der Grundschuld abgestellt werden.2 Denn es ist offensichtlich, dass das Interesse des Klägers nicht dem Nennbetrag des eingetragenen Rechts entspricht. Deshalb muss in einem solchen Fall nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG geschätzt werden, wobei der in Streit befindliche Kostenbetrag einen Anhalt bietet. Diese Bewertung entspricht der auch im Streitwertrecht nicht ausgeschlossenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise,3 wonach die Wertfestsetzung nicht weit über dem wirtschaftlichen Wert liegen darf.4 Siehe auch das Stichwort „Löschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslöschung“.
III. Abtretung 2875
Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Abtretung einer Grundschuld bemessen sich nach deren Wert, wenn die Wirksamkeit der Abtretung bestritten ist;5 anderenfalls ist der Wert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.6
IV. Genehmigung/Zustimmung 2876
Der Streitwert für eine Klage auf Zustimmung zur Belastung eines Grundstücks mit einer Grundschuld ist vom Gericht nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.7
2877
Ebenfalls nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG ist zu bewerten, wenn auf Genehmigung einer in Stellvertretung vorgenommenen wirksamen Abtretung geklagt wird, um so dem Grundbuchamt den erforderlichen Nachweis erbringen zu können.8
1 BVerfG, Kammerbeschl. v. 16.11.1999 – 1 BvR 1821/94, NJW-RR 2000, 946. 2 BGH, Beschl. v. 12.3.2013 – II ZR 214/10; anders OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 2. 3 Vgl. auch KG, RPfleger 1956, 89 und OLG Köln, Beschl. v. 2.3.1995 – 16 W 16/95, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1205. 4 BVerfG, Kammerbeschl. v. 16.11.1999 – 1 BvR 1821/94, NJW-RR 2000, 946; KG, Beschl. 21.5.2003 – 24 W 101/03, MDR 2003, 1383; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.1.2001 – 7 W 11/01-2, 7 W 11/01, MDR 2001, 897. 5 OLG Kiel, JW 1934, 1192; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Abtretung“. 6 OLG München, BayZ 1926, 360. 7 OLG Schleswig, JurBüro 1956, 230. 8 OLG Kiel, HRR 1935 Nr. 204, 376.
530
Noethen
Grundstck
V. Feststellung Für den Wert einer Klage auf Feststellung, dass eine Grundschuld nicht entstanden und daher ein Recht auf abgesonderte Befriedigung nicht begründet worden ist, kommt es darauf an, wegen welcher, wenn auch zunächst aufschiebend bedingt vorhandener Forderung, der Beklagte durch die Grundschuld hatte gesichert werden sollen. Der Wert des Pfandgegenstandes ist gleich dem Verkehrswert des belasteten Grundstücks unter Nichtberücksichtigung der bestehenden Vorbelastungen wie beispielsweise Grundpfandrechte, Mieterdarlehen.1
2878
Das für die Festsetzung des Streitwerts maßgebende Interesse an der erstrebten Regelung kann aber in keinem Fall höher bewertet werden als der Verkehrswert des mit der Grundschuld belasteten Grundstücks.2
2879
Grundstck A. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Grundstücke sind „Sachen“ i.S.d. § 6 ZPO, so dass für eine Streitigkeit um ein Grundstück dessen Wert entscheidend ist.
2880
I. Verkehrswert Unter „Wert“ i.S.d. § 6 ZPO ist nach ganz herrschender Meinung der Verkehrswert und nicht der Einheitswert zu verstehen, der nur steuerliche Bedeutung hat.3
2881
Der Verkehrswert ist der Betrag, der sich bei einer Veräußerung im Zeitpunkt der Klageerhebung erzielen lässt.4 Ist der Verkehrswert bei Urteilserlass höher als bei Klageerhebung, gilt nach § 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG nur der Wert im Zeitpunkt der Instanzeinleitung.
2882
Dieser Wert ist nach § 3 ZPO anhand der objektiven Umstände des Einzelfalls zu schätzen.5 Da in den meisten Fällen eine Veräußerung des Grundstücks gerade nicht gewollt ist, muss der objektive Verkehrswert anhand anderer Angaben und Kriterien festgestellt werden.
2883
Der Kaufpreis des Grundstücks ist dabei nicht allein maßgeblich.6 Er kann jedoch einen wichtigen Anhaltspunkt für die Ermittlung des Verkehrswertes i.S.e. Anscheinsbeweises bieten. Für die Ermittlung des Verkehrswertes eines Grundstücks ist jedoch nicht vom konjunkturbedingten Höchst- und Überpreis auszugehen, sondern von einem der Erfahrung nach normalen und dauerhaften Wert.7
2884
Die Angaben des Klägers zum Wert des Grundstücks sind ein weiterer wichtiger Anhaltspunkt, müssen jedoch, da es sich um seine subjektive Einschätzung handelt,8 vom Gericht im Rahmen der Streitwertfestsetzung überprüft werden. Bei
2885
1 OLG Frankfurt, MDR 1956, 432. 2 KG, NJW 1961, 1122. 3 OLG Nürnberg, JurBüro 1961, 508; OLG Köln, JurBüro 1962, 350; OLG Hamm, Rpfleger 1964, 23 Nr. 9. 4 BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518; OLG Köln, MDR 2005, 299; OLG Oldenburg, Beschl. v. 14.1.1998 – 2 U 259/97, MDR 1998, 1406. 5 OLG Nürnberg, JurBüro 1961, 508; OLG Hamm, Rpfleger 1964, 23 Nr. 9. 6 A.A. OLG Köln, MDR 2005, 299. 7 OLG Köln, JurBüro 1962, 350. 8 OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.4.1997 – 16 W 13/97, OLGR 1998, 156.
Noethen
531
Grundstck
ZPO
Rechtsstreitigkeiten um Grundstücke kommt es vor, dass die Parteien Wertangaben machen, die miteinander völlig unvereinbar sind.1 Dann kann eine Schätzung nach § 3 ZPO rechtsfehlerhaft sein, sofern nämlich dafür jegliche Schätzungsgrundlage fehlt. Notfalls muss ein Gutachten nach § 64 GKG eingeholt werden.2 S. dazu auch im 1. Teil Verfahrensrecht, C. IV. Rn. 126 ff. 2886
Zur Bestimmung des objektiven Verkehrswertes eines Grundstücks existieren verschiedene Berechnungsmethoden. Vgl. dazu das Stichwort „Verkehrswert“. Hinsichtlich der Einzelheiten gilt Folgendes: – Der Verkehrswert eines bebauten Grundstücks ist der Mittelwert zwischen dem Gebäudewert und dem Boden- und Ertragswert.3 – Der Verkehrswert eines in einer Großstadt gelegenen Mietwohnhauses ist im Allgemeinen überschlägig dahin zu berechnen, dass man den Einheitswert mit 4 oder die jährlichen Roherträge mit 10 multipliziert.4 – Macht der Kläger einen Anspruch auf Auflassung eines Grundstücks geltend, das inzwischen von dem Beklagten bebaut worden ist, so ist für die Streitwertbemessung der Verkehrswert des Grundstücks einschließlich des Gebäudes maßgebend.5 – Zur Ermittlung des Betrags, um den sich der Grundstückswert durch den Ausbau eines Gebäudes erhöht hat, ist in der Regel auf den Ertrag abzustellen. Eine Bewertung allein nach dem Bauwert wird dem gesetzlichen Wertbegriff nicht gerecht. Es kommt deshalb darauf an, ob der Ertragswert, also der Mietwert, durch die baulichen Veränderungen gestiegen ist. Dieser Gesichtspunkt gilt auch für ein nur teilweise fertig gestelltes Bauwerk.6
II. Belastungen 2887
Die auf dem Grundstück ruhenden Belastungen – Hypotheken, Grundschulden usw. – sind nach herrschender Meinung bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen, mindern also den Wert nicht.7
2888
Dies gilt jedoch nicht für alle Belastungen des Grundstücks. Als Abgrenzungskriterium wird allgemein8 die Formel verwandt, dass eine Berücksichtigung der eingetragenen Belastungen nur stattfindet, wenn die wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks durch das eingetragene Recht beeinträchtigt und damit der Wert des Grundstücks selbst beeinflusst wird. Solche Rechte werden nämlich im Verkehr als eine dauernde wertmindernde Eigenschaft des Grundstücks empfunden.9 1 So z.B. im Fall des OLG München, Beschl. v. 17.8.1993 – 3 W 2181/93, KostRsp. GKG § 26 Nr. 8 mit Anm. Herget: 850 000 DM nach Klägervortrag, 13 Mio. DM nach Angaben des Beklagtenvertreters. 2 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 15.4.1980 – 5 W 37/80, KostRsp. GKG § 26 Nr. 2; OLG München, Beschl. v. 17.8.1993 – 3 W 2181/93, OLGR 1994, 96. 3 OLG Köln, MDR 1959, 223. 4 OLG Nürnberg, JurBüro 1967, 163. 5 OLG Frankfurt, NJW 1961, 2264. 6 OLG Köln, BlGBW 1962, 368. 7 BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518; OLG Bamberg, Beschl. v. 2.6.1992 – 3 W 399/92, JurBüro 1992, 629; KG, Beschl. v. 11.9.2000 – 3 W 3881/00, MDR 2001, 56; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.9.2003 – 7 W 167/03-24. 8 Vgl. BGH, JurBüro 1958, 387. 9 BGH, JurBüro 1958, 387; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.3.1997 – 7 W 1/97, OLGR 1997, 324; OLG Bamberg, Beschl. v. 2.6.1992 – 3 W 38/92, JurBüro 1992, 629; OLG Schleswig, Beschl. v. 9.1.1980 – 7 W 11/79, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 80 mit Anm. Schneider; OLG Bamberg, Beschl. v. 2.6.1992 – 3 W 38/92, JurBüro 1992, 629; OLG Neustadt, Rpfleger 1963, 66; KG, JW 1939, 498 Nr. 25.
532
Noethen
Grundstck Diese Belastungen können bei der Wertberechnung in Abzug gebracht werden – z.B. Wegerechte, Baubeschränkungen, lebenslängliche Nießbrauchsrechte, Erbbaurechte, Wohnrechte1 oder Dienstbarkeiten.2
2889
B. Rechtsprechungs-ABC • Berichtigung Werden Ansprüche auf Bewilligung der Berichtigung des Grundbuchs geltend gemacht, so ist hinsichtlich der Bewertung zu unterscheiden: – Erstrebt der Kläger nur die Berichtigung des Grundbuchs, während die wahren Rechts- und Eigentumsverhältnisse unstreitig bzw. bereits festgestellt sind, ist sein Interesse nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Dabei ist ein geringerer Wert als der Grundstückswert anzusetzen, weil es nur noch um die formelle Rechtslage geht.3 – Wird dagegen zugleich mit der Klage auf Berichtigung die Feststellung des Eigentums bezweckt, so ist nach § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG der Grundstückswert ohne Abzug der dinglichen Belastungen entscheidend.4
2890
• Beseitigung Der Streitwert der Räumungsklage erhöht sich um die für die Beseitigung erforderlichen Kosten, wenn neben der Herausgabe und Räumung eines Grundstücks ausdrücklich und zusätzlich auch die Titulierung einer Beseitigung der auf dem Grundstück befindlichen Baulichkeiten oder Ähnliches verlangt wird.5
2891
• Gegenansprüche Gegenansprüche, Zurückbehaltungsrechte, Zug-um-Zug-Verurteilungen und dergleichen lassen den Grundstückswert als solchen unberührt und bleiben deshalb nach herrschender Auffassung unberücksichtigt.6 Vgl. zu dieser umstrittenen Frage auch die Stichworte „Auflassung“ und „Gegenleistung“.
1 OLG Karlsruhe, JurBüro 1955, 446. 2 OLG Zweibrücken, Rpfleger 1967, 2. 3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.4.1998 – 14 W 36/97, Justiz 1999, 446; OLG Zweibrücken, JurBüro 1987, 265; OLG Saarbrücken, AnwBl 1978, 106; OLG Köln, Beschl. v. 23.3.1988 – 2 W 56/88, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 921; LG Dresden, Beschl. v. 10.8.1999 – 13 O 5360/98, JurBüro 2000, 83. 4 BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518; Beschl. v. 11.12.1981 – V ZR 49/81, ZIP 1982, 221; OLG Köln, Beschl. v. 20.9.2004 – 19 U 214/02, MDR 2005, 298; OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.1.2002 – 2 W 3/02, JurBüro 2002, 424; KG, Beschl. v. 11.9.2000 – 3 W 3881/00, MDR 2001, 56; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.7.2002 – 2 U 2/00, FamRZ 2004, 43; a.A. BGH, Beschl. v. 6.12.2001 – VII ZR 420/00, MDR 2002, 295 = NJW 2002, 684; OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.10.1995 – 23 W 14/95, NJW-RR 1996, 636: Es ist nach § 3 ZPO zu schätzen. 5 OLG Rostock, Beschl. v. 2.6.2014 – 3 W 65/14, MDR 2014, 1138; vgl. auch das Stichwort „Mietstreitigkeiten“, dort Rn. 3789. 6 BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518; Beschl. v. 11.12.1981 – V ZR 49/81, ZIP 1982, 221; OLG Köln, Beschl. v. 20.9.2004 – 19 U 214/02, MDR 2005, 298; OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.1.2002 – 2 W 3/02, JurBüro 2002, 424; KG, Beschl. v. 11.9.2000 – 3 W 3881/00, MDR 2001, 56; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.7.2002 – 2 U 2/00, FamRZ 2004, 43.
Noethen
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2892
ZPO
Grundstck • Herausgabe 2893
Wird nach Beendigung eines Miet- oder Pachtverhältnisses auf Herausgabe des überlassenen Grundstücks und auf Beseitigung der darauf errichteten Bauten geklagt, dann bemisst sich der Streitwert nach der Jahresmiete des Grundstücks (§ 41 Abs. 2 GKG) zzgl. der voraussichtlichen Abbruchkosten.1 • Lastenfreie Umschreibung
2894
Bezweckt die Klage die Verurteilung des Beklagten zur lastenfreien Umschreibung eines verkauften Grundstücks, so bemisst sich der Streitwert nach der Höhe der Belastung des Grundstücks. Dabei kommt es nach Ansicht des OLG Köln nicht auf die nominelle, sondern auf die valutierte Belastung des Grundstücks an.2 • Leitungsrecht
2895
Leitet ein Wasserversorgungsunternehmen einen Duldungsanspruch gegen einen Grundstückseigentümer auf Verlegung einer Wasserleitung aus dem bestehenden Wasserversorgungsvertrag ab, ist der Streitwert nach § 3 ZPO und nicht nach § 7 ZPO zu bestimmen; maßgebend ist das wirtschaftliche Interesse des Grundstückseigentümers an der Abwehr des geltend gemachten Duldungsanspruchs.3 • Miterben
2896
Für den Wert einer Erbauseinandersetzungsklage ist das gem. § 3 ZPO zu schätzende Interesse des Klägers maßgebend. Erstrebt der Kläger die Übernahme eines Grundstücks gegen Abfindung der übrigen Miterben, dann bildet der Unterschied zwischen dem Verkehrswert des Grundstücks und der Summe der Abfindungsbeträge den Streitwert.4
2897
Bei der Klage zweier Miterben gegen den dritten Miterben auf Auflassung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks auf einen der Kläger, ist der Wert des Streitgegenstandes der Anteil des beklagten Miterben.5
2898
Verklagt ein Miterbe einen anderen Miterben auf Mitwirkung bei der Auflassung eines Nachlassgrundstücks an einen Dritten, so ist nach BGH6 der Streitwert gleich dem Wert des Grundstücks. Diese Auffassung ist jedoch nicht mehr vertretbar, nachdem der BGH7 grundsätzlich dazu übergegangen ist, den Anteil des klagenden Miterben von dem den Streitwert bestimmenden Nachlasswert abzuziehen. Die Auflassungsklage unter zwei Erben muss deshalb nach dem Anteil des Beklagten bewertet werden, dessen Übertragung auf einen Dritten erzwungen werden soll. Vgl. zu den Einzelheiten das Stichwort „Miterbe“. • Rückübereignung
2899
Der Wert des Antrags auf Rückübereignung eines Grundstücks bestimmt sich nach dem Verkehrswert des Grundstücks, der auf der Grundlage des Sach- oder Er1 KG Berlin, Beschl. v. 19.11.2012 – 8 W 80/12, MDR 2013, 430; zur Beschwer BGH, Beschl. v. 16.3.2012 – LwZB 3/11, MDR 2012, 1117. 2 OLG Köln, AnwBl. 1969, 53. 3 BGH, Beschl. v. 22.5.2002 – VIII ZR 217/01. 4 OLG Nürnberg, JurBüro 1957, 553. 5 OLG Hamburg, Beschl. v. 29.4.1993 – 2 W 8/92, JurBüro 1994, 364; KG, HuW 1950, 454. 6 BGH, NJW 1956, 1072. 7 BGH, JurBüro 1975, 1197.
534
Noethen
Grundurteil tragswertes nach der jeweiligen Marktlage unter Heranziehung von Vergleichspreisen zu schätzen ist. Belastungen des Grundstücks sind nicht abzuziehen.1 Geht es dabei nur um einen ideellen Grundstücksanteil, dann entspricht der Streitwert dem zugehörigen Teil des Verkehrswertes des gesamten Grundstücks.2
2900
• Teilgrundstück Hat sich der Beklagte notariell verpflichtet, auf jederzeit statthaftes Verlangen des Klägers ein noch zu vermessendes Teilstück eines Grundstücks herauszugeben und begehrt der Kläger zunächst nur Verurteilung des Beklagten zur Vermessung, so ist der Streitwert mangels einer Sondervorschrift im GKG oder in der ZPO nach § 3 ZPO zu schätzen. Fehlen für eine Schätzung jegliche oder hinreichende Anhaltspunkte, dann darf sich die Streitwertbemessung an den Regelwerten orientieren (§ 52 Abs. 2 GKG: 5000 Euro; § 23 Abs. 3 RVG: 5000 Euro).3
2901
• Vermessung Ist nur die Richtigkeit eines Vermessungsergebnisses zwischen den Parteien streitig, dann richtet sich der Streitwert nach § 3 ZPO.4 Abzustellen ist dabei darauf, inwieweit das Messungsergebnis nach dem Vorbringen des Klägers unrichtig ist und welcher Nachteil ihm dadurch nach seiner Meinung droht. Ist der Kläger als Miterbe am neu vermessenen Grundstück beteiligt, so ist seine Erbquote abzuziehen. Das verbleibende Interesse ist mit dem entsprechenden Bruchteil des Verkehrswertes der tatsächlich herausgemessenen Fläche zu beziffern.
2902
Für die Beschwer eines zur Zustimmung zur Vermessung verurteilten Beklagten kommt eine Bewertung nach dem Interesse, die Vermessung nicht dulden zu müssen, in Betracht (wie bei einer Auskunft, s. hierzu das Stichwort „Auskunftsanspruch“).5
Grundurteil A. Allgemeines Ist der prozessuale Anspruch dem Grunde und der Höhe nach streitig, kann das Gericht gem. § 304 ZPO über den Anspruchsgrund vorab durch Grundurteil entscheiden. Beendet wird der Rechtsstreit erst durch ein Endurteil im sog. Betragsverfahren. Grundurteile gibt es daher nur bei Leistungsklagen, denen ein Zahlungsantrag zugrunde liegt. Bei einer nicht bezifferten Feststellungsklage kommt ein Grundurteil bereits seinem Wesen nach nicht in Betracht.6
1 OLG Hamm, Rpfleger 1964, 23; OLG Schleswig, Beschl. v. 9.1.1980 – 7 W 11/79, AnwBl. 1980, 255; OLG Bamberg, Beschl. v. 30.1.1990 – 1 W 130/89, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 128 mit Anm. Schneider = JurBüro 1990, 773; vgl. dazu das Stichwort „Duldungsklage“. 2 OLG Schleswig, Beschl. v. 9.1.1980 – 7 W 11/79, AnwBl. 1980, 255. 3 OLG Köln, JurBüro 1971, 719 zu § 14 Abs. 1 GKG a.F. 4 OLG Bamberg, JurBüro 1982, 1720. 5 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 5.11.1993 – 7 U 101/93, MDR 1994, 1247. 6 BGH, Urt. v. 4.10.2000 – VIII ZR 109/99, MDR 2001, 105; Urt. v. 13.5.1997 – VI ZR 145/96, MDR 1997, 774.
Noethen/Kurpat
535
2903
ZPO
Grundurteil
B. Gebührenstreitwert 2904
Für das Grundurteil gem. § 304 ZPO gibt es keine besondere Bewertungsvorschrift. Der Streitwert entspricht demjenigen, der für den Anspruch anzusetzen ist, der den Streitgegenstand des Verfahrens ausmacht. Dass nur über den Grund dieses Anspruches entschieden wird, mindert also den Gebührenwert nicht.1
2905
Ist der Streitwert im Grundverfahren nicht richtig festgesetzt worden und werden erst im Betragsverfahren maßgebliche Bewertungsumstände bekannt, dann wirkt die dadurch notwendig werdende Erhöhung des Streitwertes zurück; auch die Rechtsmittelinstanzen im Grundverfahren sind höher zu bewerten.2
C. Rechtsmittel und Beschwer 2906
Die mit Erlass eines Grundurteils verbundene Beschwer richtet sich für beide Parteien nach dem Umfang der negativen Bindungswirkung für die Entscheidung im Betragsverfahren.3 Sie entspricht damit bei vollumfänglicher Stattgabe oder Abweisung dem Grunde nach dem Wert der bezifferten Klage.4 Dies gilt auch für den Streitwert des Rechtsmittelverfahrens. Wird Rechtsmittel gegen das Grundurteil nur hinsichtlich einer Quote eingelegt, dann bestimmt diese Quote den Wert für das Rechtsmittelverfahren.
2907
Ergeht erstmals in der Berufungsinstanz ein Grundurteil, verbunden mit der Zurückverweisung wegen der Betragshöhe, ist damit eine Beschwer für den Kläger nicht verbunden. Denn eine im (erstinstanzlich zu führenden) Betragsverfahren für den Kläger etwaig nachteilige Entscheidung kann dieser erneut zur vollen Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht stellen.5
2908
Ergeht nach Einlegung der Berufung gegen das Grundurteil in der ersten Instanz ein Schlussurteil und greift der Kläger auch dieses Schlussurteil an, dann beeinflusst diese zweite Berufung unter Umständen den Streitwert der Berufung gegen das Grundurteil. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn im Grundurteil der Schaden des Klägers zur Hälfte für gerechtfertigt erklärt worden ist, ihm im Schlussurteil jedoch mehrere Schadenspositionen wegen Beweisfälligkeit nicht zugesprochen und von dem verbleibenden Rest die Hälfte zuerkannt werden. Will der Kläger nun die Abzüge wegen Beweisfälligkeit hinnehmen, sich aber dagegen wehren, dass auch das Schlussurteil auf der Quote des Grundurteils aufbaut, muss er, um der rechtskräftigen Entscheidung zu entgehen, Berufung auch gegen das Schlussurteil einlegen. Obgleich dann zwei selbständige Berufungen in der Welt sind, ist dem inneren Zusammenhang der Verfahren dahingehend Rechnung zu tragen, dass der niedrigere Wert der Berufung gegen das Schlussurteil maßgebend ist.6
1 OLG München, Beschl. v. 12.12.2006 – 1 U 4336/06; OLG Braunschweig, Rpfleger 1956, 115. 2 So OLG Bremen, JurBüro 1976, 483; s. dazu Schneider, MDR 1977, 177. 3 BGH, Urt. v. 20.12.2005 – XI ZR 66/05, MDR 2006, 768. 4 BGH, Urt. v. 20.12.2005 – XI ZR 66/05, WM 2006, 429; Beschl. v. 30.10.1997 – VII ZR 299/95 für das Teil-Grundurteil; Beschl. v. 26.9.1991 – VII ZR 125/91, MDR 1992, 73; OLG Braunschweig, Urt. v. 21.4.1995 – 4 U 11/94, OLGR 1995, 207; OLG München, Beschl. v. 12.12.2006 – 1 U 4336/06; OLG Rostock, Urt. v. 23.2.2007 – 8 U 40/06, MDR 2007, 1129; OLG Stuttgart, Urt. v. 20.6.2002 – 2 U 209/01, BauR 2003, 1062. 5 OLG Braunschweig, Urt. v. 21.4.1995 – 4 U 11/94, OLGR 1995, 207. 6 OLG Schleswig, JurBüro 1957, 273.
536
Kurpat
Gteverhandlung
Gteverhandlung A. Allgemeines Die mit dem ZPO-ReformG in § 278 Abs. 2 ZPO eingeführte Güteverhandlung geht der mündlichen Verhandlung voran, ist also nicht Bestandteil derselben, arg. § 279 Abs. 1 ZPO.1 Sie dient der Herbeiführung einer einvernehmlichen Regelung des Rechtsstreits, die nicht notwendigerweise mit dem Abschluss eines Vergleichs einhergehen muss.
2909
B. Gebührenstreitwert I. Gerichtskosten Die Gerichtskosten werden durch die Anberaumung einer Güteverhandlung und deren Durchführung nicht beeinflusst, da der Anfall der Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 KV GKG nicht tätigkeitsbezogen ausgestaltet ist und die Gebührenreduzierung nach Nr. 1211 KV GKG auf die fehlende Notwendigkeit einer Sachentscheidung abstellt.
2910
II. Anwaltliche Gebühren Demgegenüber löst die Teilnahme des Anwalts an der Güteverhandlung gem. 2911 Nr. 3104 VV RVG eine Terminsgebühr aus. Denn nach Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Erörterungstermin. Insoweit geht mit der Einführung des RVG keine gebührenrechtliche Neubewertung einher, da die (aktive) Teilnahme an der Güteverhandlung bereits nach altem Recht über den Anfall der Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO abgegolten wurde.2 Etwaige Bedenken im Hinblick auf die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung3 sind spätestens mit der Einführung des RVG obsolet geworden. Da nunmehr selbst die Mitwirkung an einer auf Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung mit dem Gegner ohne gerichtliche Beteiligung eine Terminsgebühr auslöst, kann an deren Anfall bei Wahrnehmung einer gerichtlichen, auf Herbeiführung einer gütlichen Einigung gerichteten Güteverhandlung kein Zweifel (mehr) bestehen. Der Gegenstandswert der Terminsgebühr (Erörterungsgebühr nach BRAGO) bestimmt sich nach dem Wert des Gegenstandes, über den verhandelt worden ist, § 2 RVG (§ 7 Abs. 1 BRAGO). Kommt es nachfolgend zu einer Erhöhung des Streitwertes, etwa aufgrund einer Klageerweiterung, ist diese bei erneuter Terminswahrnehmung zu berücksichtigen.4
2912
Erfolgt im Rahmen einer Stufenklage die Erörterung des gesamten Klagebegehrens in der Güteverhandlung, bemisst sich die Terminsgebühr nach dem höheren Gegenstandswert des noch unbezifferten Leistungsantrages, auch wenn in der nach-
2913
1 Zöller/Greger, § 278 ZPO Rn. 6. 2 Zutr. KG, Beschl. v. 19.5.2003 – 1 W 136/03, KGR 2004, 421; OLG Hamburg, Beschl. v. 14.10.2003 – 8 W 224/03, MDR 2004, 417; OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.11.2003 – 7 WF 3303/03, MDR 2004, 416. 3 Vgl. hierzu BRAGO, § 31 Rn. 152 m.w.N. 4 AnwK-RVG/Onderka/N. Schneider, RVG, VV Vorb. 3 Rn. 197 m.w.N.
Kurpat
537
Guthaben
ZPO
folgenden mündlichen Verhandlung nur die Rechtslage innerhalb der ersten Stufe (Auskunftserteilung) erörtert worden ist.1
Guthaben 2914
Der Streitwert einer Klage auf Freigabe eines hinterlegten Betrages bestimmt sich gem. § 3 ZPO nach dem klägerischen Interesse. Dieses ist jedoch nicht auf eine Freigabe schlechthin, sondern gerade durch den Beklagten gerichtet. Der Wert bestimmt sich daher nach dem Umfang, in dem der Beklagte dem Kläger die Herausgabe streitig macht, einschließlich aufgelaufener Nebenforderungen.2 Zu Einzelheiten s. das Stichwort „Hinterlegung“.
2915
Die gleichen Bewertungsmaßstäbe gelten für die Freigabe von Bankguthaben und der insoweit aufgelaufenen Zinsen.3 Ist die Freigabe des gesamten Guthabens Gegenstand von Klage und Widerklage, betreffen beide denselben Gegenstand gem. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG (§ 19 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F.). So etwa, wenn die Parteien wechselseitig die Verurteilung des Gegners zur Einwilligung in die Auszahlung desselben Bausparguthabens4 oder Zustimmung zur Auszahlung eines hinterlegten Betrages5 beantragen. Der Gebührenstreitwert bestimmt sich allein nach dem höheren Einzelanspruch. Ist die Berechtigung an einem Treuhandguthaben Gegenstand wechselseitiger Feststellungs(wider)klagen, dann geht der Streitwert auch dann nicht über 80 % des Treuhandvermögens hinaus, wenn die widerklagendenden Streitgenossen das Guthaben in vollem Umfang für sich selbst beanspruchen.6
2916
Ist das Guthaben Gegenstand eines Freigabeverlangens im Verfahren nach § 850k ZPO (Pfändungsschutzkonto), dann beschränkt sich das Interesse des Schuldners nicht auf eine einmalige Freigabe eines bestimmten Guthabenbetrages, sondern erstreckt sich auf die gesamte Zeit, in der die Pfändungsmaßnahme voraussichtlich fortdauert und das den laufenden Einkünften entsprechende Guthaben erfassen würde.7
Haftbefehl 2917
Gegen den Schuldner, der im Termin zur Abgabe einer (vollstreckungsrechtlichen) eidesstattlichen Versicherung nach §§ 836, 883 ZPO oder Vermögensauskunft nach §§ 807, 802c ff. ZPO nicht erscheint oder ohne Grund die Abgabe verweigert, hat das Gericht auf Antrag Haftbefehl zu erlassen (§ 802g ZPO). Zuständig ist das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner im Zeitpunkt der Auftragserteilung seinen Wohnsitz hat, § 802e ZPO. Ein Zuständigkeitsstreitwert muss daher nicht bestimmt werden.
1 OLG Hamburg, Beschl. v. 14.10.2003 – 8 W 224/03, MDR 2004, 417; AnwK-RVG/Onderka/N. Schneider, RVG, VV Vorb. 3 Rn. 199. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.6.2011 – 19 W 31/11; OLG Nürnberg, Beschl. v. 1.7.2002 – 4 W 1675/02, OLGR 2003, 79; OLG Kiel, SchlHA 1947, 105. 3 BGH, Beschl. v. 3.12.1997 – IV ZR 133/97, NJW-RR 1998, 1284. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.5.1984 – 21 W 19/84, JurBüro 1984, 1868. 5 KG, Rpfleger 1962, 120. 6 OLG Bamberg, Beschl. v. 24.2.2010 – 6 W 3/10. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.2.2004 – 26 W 67/03, OLGR 2004, 241.
538
Kurpat/Noethen
Handelsregisteranmeldung Für den Erlass des Haftbefehls fallen keine Gerichtsgebühren an, jedoch erhält der Gerichtsvollzieher eine zusätzliche Gebühr (Nr. 270 KV GvKostG). Auch für das Beschwerdeverfahren muss kein Streitwert festgesetzt werden, da hier eine Festgebühr (Nr. 2121, 2124 KV GKG) anfällt, soweit die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird.
2918
Der nach § 33 Abs. 1 RVG mangels eines nach § 32 Abs. 1 RVG maßgebenden Gerichtsgebührenwertes zu bestimmende Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren bemisst sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG. Maßgeblich ist der Betrag, der einschließlich der Nebenforderungen aus dem Vollstreckungstitel noch geschuldet wird, höchstens jedoch 2000 Euro. Auf die Höhe des Betrages, der vollstreckt wird, kommt es dagegen nicht an (s. hierzu das Stichwort „Eidesstattliche Versicherung“, Rn. 1870).
2919
Û
Beispiel: Der Gläubiger hat einen Titel gegen den Schuldner über 1200 Euro. Er vollstreckt nur wegen der bis zur Auftragserteilung angefallenen Zinsen i.H.v. 170 Euro.
Hier berechnen sich die anwaltlichen Gebühren nach einem Gegenstandswert von 1370 Euro (die Höchstgrenze von 2000 Euro greift nicht ein), da dies der Betrag ist, den der Schuldner tatsächlich noch zu erbringen hat.
Haftungsbeschrnkung Die Beschränkung der Haftung des Erben auf den Nachlass gem. §§ 780, 781 ZPO, §§ 1975 ff. BGB vermindert den Streitwert nicht, weil es für die Bewertung eines bezifferten Anspruchs nicht darauf ankommt, ob und inwieweit er mit Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse des Schuldners oder anderer Umstände zu verwirklichen ist. Der geringere „wirtschaftliche Wert“ einer Forderung stellt sich möglicherweise erst in der Zwangsvollstreckung heraus. Unter Umständen erweist sich aber auch die Befürchtung des (teilweisen) Ausfalls mit der Forderung als unbegründet. Alle diese Überlegungen sind unerheblich, weil bei einer bezifferten Forderung nur der Forderungsbetrag wertbestimmend ist.1
2920
Die Beschwer eines lediglich den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung betreffenden Rechtsmittels bestimmt sich nach dem Betrag, den der Rechtsmittelkläger bei Erfolg seines Rechtsmittels weniger zu zahlen hat.2
2921
Einstweilen frei.
2922
Handelsregisteranmeldung Siehe das Stichwort „Anmeldung zum Handelsregister“.
1 RG, RGZ 54, 412; OLG Bremen, Beschl. v. 21.3.1989 – 4 W 10/89, OLGZ 1989, 365; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.5.2010 – I-24 W 27/10, 24 W 27/10, AGS 2011, 30 = FamRZ 2011, 659 = ErbR 2011, 51. 2 OLG Bamberg, Beschl. v. 29.10.1965 – 3 U 42/65, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 140.
Noethen/Monschau
539
Handelsvertreter
ZPO
Handelsvertreter Literatur: Schneider, Der Streitwert für Klagen des Handelsvertreters, BB 1976, 1298.
A. Allgemeines 2923
Ein Handelsvertreter ist – außer in den in § 5 Abs. 3 ArbGG genannten Fällen – nicht „Arbeitnehmer“ i.S.d. § 42 Abs. 3 GKG.1 Daher ist der Streitwert für die von einem Handelsvertreter geltend gemachten Ansprüche gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Vertragsauflösung 2924
Der Wert einer Klage auf Feststellung, dass der zwischen Handelsvertreter und Unternehmer bestehende Vertrag aufgelöst ist, bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Auflösung des Vertrages.2 Abzustellen ist auf den Vergleich der Vorteile und Nachteile, die sich aus der Beendigung des Handelsvertretervertrages für den Kläger ergeben. Die Bewertung muss hinter dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage zurückbleiben. Dabei ist vor den ordentlichen Gerichten § 42 Abs. 2 GKG (max. dreifacher Jahresbetrag des Entgelts) nicht anwendbar, weil es sich bei der Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung nicht um „Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen“ handelt.3
II. Kündigung 2925
Der Wert einer Klage auf Feststellung, dass die gegenüber einem Handelsvertreter ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam ist, bestimmt sich danach, welches Interesse der Handelsvertreter an der Fortgeltung des Vertrages hat.4 Dieses Interesse berechnet sich aus der Provisionsdifferenz bezogen auf den Fall der ordentlichen Kündigung, also aus dem Provisionsausfall in dem Zeitraum zwischen dem Ausspruch der fristlosen Kündigung und dem Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bei ordentlicher Kündigung.5 Aufgrund des Feststellungsantrages ist ein Abschlag von 20 % gerechtfertigt.6
2926
Werden im Rahmen der Feststellungsklage des Handelsvertreters mehrere, zeitlich auseinanderliegende außerordentliche Kündigungen angegriffen, so muss der Provisionsausfall für jede Kündigung gesondert ermittelt und die Werte dann addiert werden.7 1 LAG Nürnberg, Beschl. v. 26.7.2000 – 6 Ta 180/00, NZA-RR 2001, 53; OLG Frankfurt, MDR 1974, 1028; OLG München, Beschl. v. 8.1.1985 – 23 W 601/85, JurBüro 1985, 574; OLG Bamberg, Beschl. v. 10.7.1991 – 1 W 24/91, JurBüro 1991, 1693. 2 OLG München, Beschl. v. 27.7.1977 – 23 W 1857/77, AnwBl. 1977, 468. 3 OLG München, Beschl. v. 8.1.1985 – 23 W 601/85, JurBüro 1985, 547. 4 OLG Bamberg, Beschl. v. 10.7.1991 – 1 W 24/91, JurBüro 1991, 1693. 5 OLG Köln, Beschl. v. 23.1.1996 – 3 W 41/95, OLGR 1996, 128; OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.2.1999 – 24 U 5/97, OLGR 1999, 139; OLG Köln, Urt. v. 20.7.2001 – 19 U 219/00, AGS 2002, 64. 6 BGH, Beschl. v. 13.2.1986 – IX ZR 114/85, MDR 1986, 669; OLG München, Beschl. v. 8.1.1985 – 23 W 601/85, JurBüro 1985, 574. 7 OLG Köln, Beschl. v. 23.1.1996 – 3 W 41/95, OLGR 1996, 128.
540
Kurpat
Hauptsacheerledigung
III. Ausgleichsanspruch/Auskunft Bildet auch ein eventueller Ausgleichsanspruch des Klägers nach § 89b HGB den Hintergrund der Feststellungsklage, kann auch dieser – allerdings nur mit einem geringen Bruchteil1 – bei der Wertfestsetzung berücksichtigt werden.
2927
Der Wert des Auskunftsanspruchs eines Handelsvertreters, mit dem das Verfahren über den Ausgleichsanspruch vorbereitet werden soll, kann im Allgemeinen mit etwa 20 % des Ausgleichsanspruchs angenommen werden.2 Vgl. dazu das Stichwort „Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters“.
2928
Erhebt der Handelsvertreter Stufenklage nach § 254 ZPO auf Zahlung offener Provisionsbeträge nach Gesamtabrechnung und verlangt er gleichzeitig einen angemessenen, aber noch nicht bezifferten Ausgleich nach § 89b HGB, dann sind die Werte von Stufenklage und Ausgleichsanspruch zu addieren. Denn auch dann, wenn die Höhe des Ausgleichsanspruchs in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, ist dieser Anspruch nicht von der Stufenklage auf Provisionszahlung gedeckt.3
2929
IV. Gestattung Der Streitwert der Klage des Handelsvertreters auf Gestattung der Befriedigung aus zurückbehaltenen Sachen ist nach dem Wert der Sachen zu bemessen, wenn dieser niedriger ist als der Betrag der in Rede stehenden Forderung (§ 6 ZPO).4
2930
V. Unterlassung Die gegen den Handelsvertreter auf Unterlassung gerichtete Klage, ihm im Rahmen seiner Tätigkeit bekannt gewordene Kundendaten zu geschäftlichen Zwecken zu verwenden, bestimmt sich der Gebührenstreitwert nach dem Interesse des Klägers, mit der Verwendung drohende Geschäftseinbußen zu vermeiden. Die Beschwer des verurteilten Handesvertreters bemisst sich dagegen nach der damit verbundenen Einschränkung seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit.5
Hauptsacheerledigung Siehe das Stichwort „Erledigung der Hauptsache“.
1 Das OLG Köln, Urt. v. 20.7.2001 – 19 U 219/00 hat 20 % des behaupteten Ausgleichanspruchs in die Wertfestsetzung miteinbezogen. 2 BGH, Beschl. v. 10.3.1960 – VII ZR 246/59, BB 1960, 796 mit Anm. von Weiher. 3 LG Bayreuth, JurBüro 1977, 1747. 4 OLG Hamburg, HVR Nr. 221. 5 BGH, Beschl. v. 25.9.2013 – VII ZB 26/11, NJW-RR 2014, 110.
Kurpat
541
2930a
Hebegebhr
ZPO
Hebegebhr A. Überblick 2931
Für das Weiterleiten von Zahlungen und die Ablieferung oder Rücklieferung von Wertpapieren und Kostbarkeiten erhält der Anwalt eine Hebegebühr nach Nr. 1009 VV RVG. Die Höhe der Gebühr ist wertabhängig (§ 2 Abs. 1 RVG). Der Anwalt erhält bei Werten bis zu 2500 Euro bis zu 10 000 Euro – 1,0 % aus 2500 Euro = – aus dem darüber hinausgehenden Wert über 10 000 Euro: – 1,0 % aus 2500 Euro = – zzgl. 0,5 % aus 7500 Euro = – aus dem darüber hinausgehenden Wert
1 % des Wertes 25,00 Euro weitere 0,5 % 25,00 Euro 37,50 Euro weitere 0,25 %.
B. Auszahlungen 2932
Die Höhe der Hebegebühr berechnet sich bei der Auszahlung von Geldbeträgen nach dem Nominalbetrag der Aus- oder Rückzahlung.
2933
Zinsen und sonstige Nebenforderungen werden entgegen § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG i.V.m. § 43 Abs. 1 GKG in voller Höhe mitberechnet.
2934
Sind Beträge in fremder Währung auszuzahlen, so sind diese Beträge in Euro umzurechnen.
2935
Unerheblich ist, ob der weitergeleitete Betrag in einer Summe oder in mehreren Teilbeträgen eingegangen ist. Entscheidend ist die Auszahlung.
Û
Beispiel: An den Anwalt werden drei Teilzahlungen i.H.v. jeweils 1000 Euro gezahlt. Der Anwalt zahlt die gesamten 3000 Euro in einem Betrag aus. Es entsteht nur eine Hebegebühr aus dem Gesamtwert von 3000 Euro. Zu Teilauszahlungen s. Rn. 2937.
C. Kosten 2936
Die Hebegebühr entsteht nicht, soweit Kosten an ein Gericht oder eine Behörde weitergeleitet oder eingezogene Kosten an den Auftraggeber abgeführt werden (Anm. Abs. 5 zu Nr. 1009 VV RVG). Solche Beträge bleiben ohne Ansatz. Unter Kosten sind in diesem Zusammenhang nur die mit der Erledigung des zugrunde liegenden Auftrags verbundenen Kosten als Nebenforderung zu verstehen (§ 23 Abs. 1 RVG i.V.m. § 43 GKG). Soweit Kosten dagegen die Hauptforderung darstellen, also z.B. in einem Rechtsstreit gegen den Rechtsschutzversicherer auf Kostenübernahme oder in einem Schadensersatzprozess auf Ersatz aufgewandter Anwaltskosten, ist Anm. Abs. 5 zu Nr. 1009 VV RVG nicht anzuwenden.
Û
Beispiele: – Der Anwalt wird damit beauftragt, einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch aus Verzug einzuklagen. Nach erfolgreich abgeschlossenem Prozess zahlt der Gegner die Urteilssumme an den Anwalt.
542
N. Schneider
Heimfallanspruch Es handelt sich jetzt nicht um eingezogene Kosten i.S.d. Anm. Abs. 5 zu Nr. 1009 VV RVG, da die zu ersetzenden Kosten als Hauptsache anzusehen sind. – Nach Anerkenntnis des Beklagten überweist die Gerichtskasse die beiden nicht verbrauchten Gerichtsgebühren nach Nr. 1211 KV GKG an den Anwalt des Klägers, der diesen Betrag an den Auftraggeber weiterleitet. Eine Hebegebühr entsteht nicht. – Nach Abschluss des Rechtsstreits zahlt der Beklagte an den Anwalt des Klägers die Klageforderung i.H.v. 10 000 Euro und die festgesetzten Kosten i.H.v. 1860 Euro. Der Anwalt überweist dem Mandanten 11 860 Euro. Die Kosten werden nicht mitgerechnet. Der Gegenstandswert für die Hebegebühr beläuft sich auf 10 000 Euro.
D. Teilauszahlungen Bei Teilauszahlungen ist jede Hebegebühr für sich zu berechnen. Es findet entgegen § 22 Abs. 1 RVG keine Zusammenrechnung der einzelnen Werte statt.
Û
2937
Beispiel: In einer Verkehrsunfallsache zahlt der Versicherer 15 000 Euro an den Anwalt. Dieser leitet aufgrund der vorliegenden Abtretungen vereinbarungsgemäß 500 Euro an den Sachverständigen weiter, 9500 Euro an die Reparaturwerkstatt und zahlt die restlichen 5000 Euro an den Mandanten aus. Es sind drei Hebegebühren angefallen, und zwar nach 500 Euro, 9500 Euro und 5000 Euro.
E. Wertpapiere Sind Wertpapiere weiterzuleiten (Anm. Abs. 4 zu Nr. 1009 VV RVG), berechnet sich die Gebühr nach dem jeweiligen Wert oder Kurswert des Wertpapiers.
2938
F. Kostbarkeiten Sind Kostbarkeiten weiterzuleiten (Anm. Abs. 4 zu Nr. 1009 VV RVG) berechnet sich die Gebühr nach dem Verkehrswert der Sache (§ 23 Abs. 1 Satz 2 RVG, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3 ff. ZPO).
2939
Heimfallanspruch Heimfall war im Lehnsrecht der Rückfall eines erledigten Lehnsgutes an den Lehnsherren. Dergleichen gibt es heute nicht mehr. Eine namensgleiche Regelung findet sich jedoch in § 2 Nr. 4 ErbbauRG. Danach gehört zum Inhalt des Erbbaurechts eine Vereinbarung des Grundstückseigentümers und des Erbbauberechtigten über „eine Verpflichtung des Erbbauberechtigten, das Erbbaurecht beim Eintreten bestimmter Voraussetzungen auf den Grundstückseigentümer zu übertragen“ (Legaldefinition des Begriffs „Heimfall“).
2940
Der Heimfallanspruch des Grundstückseigentümers kann nicht von dem Eigen- 2941 tum an dem Grundstück getrennt werden (§ 3 ErbbauRG). Er ist unübertragbar, unpfändbar und unverpfändbar.1 1 OLG Düsseldorf, DNotZ 1974, 177.
N. Schneider/Monschau
543
Heimfallanspruch Eine abgeschwächte entsprechende Regelung ist in § 36 Abs. 1 WEG enthalten. Danach kann als Inhalt eines Dauerwohnrechts vereinbart werden, dass der Berechtigte verpflichtet ist, das Dauerwohnrecht beim Eintritt bestimmter Voraussetzungen auf den Grundstückseigentümer oder einen von diesem zu bezeichnenden Dritten zu übertragen. Auch dieser Heimfallanspruch kann nicht vom Eigentum an dem Grundstück getrennt werden.
2943
Der Entschädigungsanspruch des Erbbauberechtigten bei Geltendmachung des Heimfallanspruchs des Grundstückseigentümers besteht gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG grundsätzlich in einer angemessenen Vergütung für das Erbbaurecht. Diese bezieht sich auf dessen objektiven Verkehrswert zur Zeit der Erfüllung des Heimfallanspruchs1. Dieser Wert ist aus dem realen Wert des Bauwerks, dem Ertragswert des Erbbaurechts und dem Wert für den Rückerhalt der Bodennutzung zu berechnen; davon sind die gem. § 33 Abs. 3 ErbbauRG zu übernehmenden Belastungen abzuziehen2. Für die Streitwertermittlung ist nicht § 41 Abs. 2 GKG maßgeblich, weil es sich bei dem Erbbaurecht nicht um ein miet- oder pachtähnliches Nutzungsverhältnis handelt.3
2944
Der Wert des Erbbaurechts ist nicht gleich dem Verkehrswert des Grundstücks.4 Er ist aus dem realen Wert des Bauwerks, dem Ertragswert des Erbbaurechts und dem Wert für den Rückerhalt der Bodennutzung zu berechnen5, wobei die Grundsätze des § 19 ErbbauRG heranzuziehen sind. Davon sind die gemäß § 33 Abs. 3 ErbbauRG zu übernehmenden Belastungen abzuziehen6.
2945
Umstritten ist, ob der Wert auflastender Grundpfandrechte abzuziehen ist, die zur Gebäudefinanzierung aufgenommen worden sind. Die herrschende Meinung verneint das, weil die Belastungen den Verkehrswert unberührt lassen und bei Veräußerung auf den Kaufpreis angerechnet werden.7
2946
Zweifelhaft ist, ob bei der Klage auf Feststellung eines Heimfallrechts der übliche Abschlag von 20 % wegen bloß positiver Feststellung vorzunehmen ist.
2947
Das wird mit der Begründung verneint, die Vorschrift des § 6 ZPO sei anwendbar, sehe aber keinen Abschlag für Feststellungsklagen gegenüber Leistungsklagen vor.8
2948
Dabei wird jedoch übersehen, dass § 6 ZPO nur den Streitwert für Zuständigkeit und Rechtsmittelinstanz regelt (§ 2 ZPO). Im Gebührenrecht ist er über § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nur durch Bezugnahme, also entsprechend anwendbar. Die Versagung des Abschlags bei Eigentums- und damit auch Heimfalls-Feststellungsklagen ist vom Ergebnis her wenig einleuchtend. Sie führt zu Ungleichbehandlungen, die des zureichenden Grundes entbehren.
2949
Klagt beispielsweise der Kläger auf Feststellung, dass der Beklagte vertraglich verpflichtet sei, dem Kläger einen Personenkraftwagen mit einem Verkehrswert von
ZPO
2942
1 BGH, Urt. V. 22.11.1991 – V ZR 187/90, BGHZ 116, 161 = NJW 1992, 1454. 2 MünchKomm.BGB/von Oefele/Heinemann, § 32 Rn. 3 ErbbauRG; OLG Brandenburg, Urt. v. 12.1.2012 – 5 U 7/11. 3 OLG Schleswig, SchlHA 1968, 144. 4 A.A. OLG Bamberg, JurBüro 1985, 1705 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 785. 5 BGH, Urt. V. 31.10.1974 – III ZR 82/72, DB 1975, 685; OLG Hamm, Urt. v. 22.7.2010 – 28 U 146/09; OLG Brandenburg, Urt. v. 12.1.2012 – 5 U 7/11. 6 MünchKomm.BGB/von Oefele/Heinemann, § 32 Rn. 3 ErbbauRG. 7 OLG Celle, JurBüro 1974, 880 mit Anm. Schneider; OLG Frankfurt, JurBüro 1985, 278; OLG Bamberg, JurBüro 1985, 1705; a.A. LG Hannover, JurBüro 1974, 879 unter Berufung auf Kramer, NJW 1972, 2117; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Erbbaurecht“ Rn. 2; s. auch oben Rn. 1758 f. 8 KG, Rpfleger 1970, 69; OLG Frankfurt, JurBüro 1985, 278.
544
Monschau
Herabsetzung einer vereinbarten Vergtung 20 000 Euro zu liefern, dann beläuft sich der Streitwert dieser positiven Feststellungsklage auf 20 000 Euro abzgl. 20 % = 16 000 Euro. Klagt er mit der Begründung, er habe Vertrag und Übereignung angefochten, auf Feststellung der Rückgabepflicht, dann würde sich der Streitwert auf 20 000 Euro belaufen. In beiden Fällen würde der Kläger aber keinen Titel erlangen, der ihn berechtigen würde, die Herausgabevollstreckung zu betreiben. Es erscheint deshalb richtig, auch Klagen auf Feststellung einer dinglichen Berechtigung geringer als entsprechende Leistungsklagen zu bewerten.1 Verfolgt der Kläger einen Herausgabeanspruch und damit letztlich die Rückabwicklung des Erbbaurechtsvertrages, bemisst sich das Interesse an dem Ausgang des Rechtsstreits nach dem Wert des Vertrages. Der Gebührenstreitwert bestimmt sich dann nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG, 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO2.
2949a
Ein Dauerwohnrecht nach §§ 31 ff. WEG (s. Rn. 2942), bei dem der Berechtigte vertraglich wie ein dinglicher Rechtsinhaber gestellt wird und bei Geltendmachung eines Heimfallanspruchs eine Entschädigung entsprechend des Anteils des Wohnobjekts am Marktpreis des Grundstücks erhalten soll, liegt nach seiner Funktion nahe beim Eigentum. Der Streitwert eines solchen Dauerwohnrechts entspricht deshalb dem Verkehrswert einer vergleichbaren Eigentumswohnung.3
2950
Herabsetzung einer vereinbarten Vergtung Nach § 3a Abs. 2 RVG kann das Gericht im Rechtsstreit eine unangemessen hoch vereinbarte Vergütung auf das angemessene Maß, höchstens bis auf die Höhe der gesetzlichen Vergütung herabsetzen. Dieser Anspruch ist selbständig einklagbar.
2951
Im Falle einer bezifferten Klage auf Herabsetzung der angemessenen Vergütung ist der begehrte Herabsetzungsbetrag maßgebend.4
2952
Soweit die Herabsetzung in das Ermessen des Gerichts gestellt ist, ist – vergleichbar einer unbezifferten Schmerzensgeldklage – darauf abzustellen, in welcher Größenordnung sich der Kläger die Herabsetzung vorstellt.5
2953
Wird ein Antrag auf Herabsetzung mit einem Anspruch auf Rückzahlung verbunden, dürfte nur auf den Wert des Rückzahlungsanspruchs abzustellen sein. Eine Addition verbietet sich, weil zwischen beiden Ansprüchen wirtschaftliche Identität besteht.
2954
1 2 3 4
E. Schneider, MDR 1986, 184. OLG Brandenburg, Urt. v. 9.7.2015 – 5 U 112/14. AG Frankfurt, AnwBl. 1984, 449 = KostRsp. ZPO § 6 Nr. 102 mit Anm. Schneider. N. Schneider/Onderka, Die erfolgreiche Vergütungsvereinbarung, Rn. 1738, 2015, im Erscheinen. 5 N. Schneider/Onderka, Die erfolgreiche Vergütungsvereinbarung, Rn. 1739, 2015, im Erscheinen.
Monschau/N. Schneider
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Herausgabe
ZPO
Herausgabe A. Anzuwendende Vorschriften 2955
Bemessungsvorschrift ist § 6 ZPO, der auch für den Gebührenstreitwert gilt (§§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 23 Abs. 1 RVG), sofern keine Sonderregeln greifen, wie z.B. bei § 42 Abs. 2 GKG (Herausgabe von Miet- und Pachtobjekten).
2956
Der Wert der herauszugebenden Sache als solcher ist dagegen gem. § 3 ZPO nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu schätzen. Dabei sind Parteiangaben ein Anhaltspunkt für die Wertermittlung und – wenn auch nicht bindend – oftmals die wichtigste und einzige Schätzungsgrundlage. Auch bei der Herausgabe von Urkunden, deren Besitz unmittelbar den Wert eines Rechts verkörpert (Inhaber- und Wertpapiere), ist § 6 ZPO anzuwenden; bei anderen Urkunden ist nach § 3 ZPO zu schätzen.1
2957
Stets ist genau zu prüfen, ob auch ein Herausgabesachverhalt gegeben ist. So gilt beispielsweise § 6 ZPO nicht bei Klagen wegen Besitzstörung,2 desgleichen nicht bei Klagen auf Vorlegung von Sachen oder Urkunden gem. § 908 BGB oder auf Herausgabe nur zur vorläufigen Verwahrung.3 Solche Sachverhalte sind nach § 3 ZPO zu bewerten. Anders liegt es jedoch entgegen OLG Hamm4 bei der Klage auf Herausgabe eines Computers, den der Verkäufer dem Käufer für die Dauer eines Rechtsstreits über Mängel des verkauften und gelieferten Rechners überlassen hatte. In diesem Fall geht es dem Kläger um den endgültigen Besitz, so dass § 6 ZPO und nicht § 3 ZPO anzuwenden ist. Maßgebend ist der Verkehrswert im Zeitpunkt der Erhebung der Herausgabeklage (§ 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG). Dass das herausverlangte Gerät einem raschen Wertverfall unterliegt, kann diesen Streitwert entgegen OLG Hamm nicht mehr verringern.
2958
Der Gebührenstreitwert der Klage auf Herausgabe einer Sache bemisst sich nach dem objektiven Verkehrswert derselben bei Einreichung der Klage, nicht nach der subjektiven Einschätzung der Parteien. Maßgebend ist dabei der Betrag, der sich erzielen ließe, wenn die Sache veräußert würde.5
2959
Der Streitwert einer Herausgabeklage bestimmt sich, wenn sachlich allein um ein einredeweise geltend gemachtes Pfandrecht gestritten wird, nach dem Wert der gesicherten Forderung, sofern nicht der Wert der Sache geringer ist.6
2960
Bei der Klage auf Herausgabe mehrerer Sachen sind die Werte der einzelnen Herausgabeansprüche zusammenzuzählen. Wird hilfsweise Wertersatz verlangt, so ist ein Hilfsantrag nur zu berücksichtigen, wenn das Gericht über ihn entschieden hat (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG; zu beachten: § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).
2961
Schwierig wird es, wenn herauszugebende Gegenstände praktisch keinen Verkehrswert haben, weil sie nicht veräußerlich sind. Das OLG Köln7 hat sich in einem derartigen Fall, in dem es um die Herausgabe der beim Architekten befindlichen Originalzeichnungen eines längst fertig gestellten Bauvorhabens ging, mangels schätzbaren Verkehrswertes der Zeichnungen an § 12 Abs. 2 GKG a.F.
1 2 3 4 5 6 7
BGH, Beschl. v. 25.9.1991 – XII ZB 61/91, FamRZ 1992, 169. OLG Hamburg, OLGE 23, 72. RG, JW 1903, 125. OLG Hamm, Beschl. v. 21.12.1989 – 31 U 199/89, MDR 1990, 449. OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.7.1994 – 16 W 13/97, OLGR 1998, 156. OLG Celle, NJW 1957, 1649. OLG Köln, ZMR 1974, 143.
546
Monschau
Herausgabe (jetzt § 48 Abs. 2 GKG) orientiert und den (damals) untersten Wertansatz – bis 600 DM – angenommen. Bei Wertminderung durch Rücknahme (Abriss von Hallen) ist der geringere Wert maßgebend.1
2962
Ist ein Kaufpreis vereinbart, so wird dieser regelmäßig dem Wert der Sache gleichzusetzen sein.2 Umgekehrt ist der Streitwert eines Herausgabeantrages im Zweifel auch nicht geringer als der für den „Unvermögensfall“ begehrte Geldbetrag.3
2963
Verbindet der Kläger den Antrag auf Verurteilung zur Vornahme einer Handlung 2964 mit dem Antrag, für den Fall, dass die Handlung nicht binnen einer zu bestimmenden Frist vorgenommen werde, den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung zu verurteilen (§ 510b ZPO, § 61 Abs. 2 Satz 1 ArbGG) oder geht er vor dem Landgericht ebenso nach §§ 255, 259 ZPO, § 283 BGB vor, handelt es sich um eine Klagehäufung in der Form des sog. Unechten Hilfsantrags, bei dem der Kläger den Hilfsantrag auf Zahlung von Schadensersatz nur für den Fall stellt, dass der Hauptantrag begründet ist. In diesem Fall sind beide Anträge wirtschaftlich identisch, so dass § 5 ZPO unanwendbar und folglich nicht zusammenzurechnen ist. Zu bewerten ist allein der Leistungsantrag.4 Siehe auch das Stichwort „Fristsetzung“. Das LG Köln5 will auf diesen Sachverhalt die Vorschrift des § 45 Abs. 4 GKG (§ 19 Abs. 4 GKG a.F.) analog anwenden. Dem steht jedoch schon entgegen, dass dafür eine Analogiebasis fehlt und unüberwindbare Schwierigkeiten bei der Kostenentscheidung auftreten würden.6 Die Entscheidung ist jedenfalls überholt, da durch das KostRÄndG 1994 der Hilfsanspruch in § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG geregelt ist, dabei § 45 Abs. 4 GKG (§ 19 Abs. 4 GKG a.F.) nicht übernommen wurde, so dass eine Analogie nicht (mehr) in Frage kommt. Vielmehr gilt die Regelung des § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG über die Bewertung von Hilfsanträgen auch hierfür.7 Der Wortlaut differenziert nicht zwischen Anträgen, die für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag (sog. Echte Hilfsanträge) und solchen, die für den Fall des Obsiegens mit dem Hauptantrag gestellt werden. Auch die Interessenlage ist identisch: Es soll der Wert der Berechnung der Gerichtsgebühren zugrunde gelegt werden, auf den sich das gerichtliche Verfahren tatsächlich erstreckt hat. Dafür ist es unerheblich, ob der Kläger nur mit einem Antrag oder mit beiden obsiegen möchte, da das Gericht sich jeweils nur bei Bedingungseintritt mit dem Hilfsantrag befasst.8 Der Gebührenstreitwert kann im Einzelfall höher sein. Das ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 33 Abs. 1 RVG. Denn die anwaltliche Tätigkeit, deren Vergütung sich aufgrund des § 32 Abs. 1 RVG auch nach der für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wertfestsetzung richtet, erstreckt sich unabhängig von dem Bedingungseintritt auf den Hilfsantrag, weil der Rechtsanwalt den Prozess umfassend begleiten muss.
1 2 3 4 5 6 7 8
OLG Frankfurt, JurBüro 1970, 173. OLG Bamberg, Beschl. v. 30.1.1990 – 1 W 130/89, JurBüro 1990, 773. KG, Rpfleger 1962, 155. A.A.; vgl. z.B. Thomas/Putzo, § 510b Rn. 5; Hillach/Rohs, § 14 III d, S. 64, anscheinend ohne die Abweichung von der h.M. zu bemerken. LG Köln, Beschl. v. 20.12.1983 – 13 T 82/83, MDR 1984, 501 mit abl. Anm. E. Schneider, MDR 1984, 853 Stichwort „Unechte Hilfsanträge“ Rn. 5. E. Schneider, MDR 1984, 853. Vgl. LAG Niedersachsen, ArbuR 2009, 227 m.w.N.; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 5.12.2006 – 6 Ta 583/06; a.A. LAG Nürnberg, Beschl. v. 16.12.2004 – 4 Ta 355/04. KG, Beschl. v. 8.9.2009 – 19 W 23/09.
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2965
Herausgabe
ZPO
B. Rechtsprechungs-ABC Stichwortübersicht Rn. Bereicherungsansprüche . . . . . . . . . Beweisurkunden . . . . . . . . . . . . . . . Bürgschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bürgschaftsurkunde . . . . . . . . . . . . Eigenheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . Eigentumswohnung . . . . . . . . . . . . Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erbschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Filmmaterial. . . . . . . . . . . . . . . . . . Fotografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goldbarren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundschuldbrief/Hypothekenbrief Grundstücke. . . . . . . . . . . . . . . . . . Herausgabeverfügung . . . . . . . . . . . Hinterlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . Kaufanwartschaftsverträge . . . . . . . Kraftfahrzeug/Kraftfahrzeugbrief/ Kraftfahrzeugschlüssel . . . . . . . . Lieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . .
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2966 2967 2969 2970 2978 2979 2980 2988 2990 2991 2992 2993 2994 2999 2985 3010 3011
. . 3012 . . 3023
Rn. Nachlass . . . . . . . . . . . Notarurkunden . . . . . . Originalzeichnungen . . Pacht . . . . . . . . . . . . . . Pfandrecht . . . . . . . . . . Raumüberlassung . . . . . Schuldschein . . . . . . . . Sequester . . . . . . . . . . . Sicherungsübereignung Sparbuch . . . . . . . . . . . Urkunden . . . . . . . . . . . Urteil . . . . . . . . . . . . . . Versicherungsschein. . . Versorgungsleistung . . . Verwahrungsschein . . . Vollmachtsurkunde . . . Vollstreckungstitel . . . . Wertpapiere . . . . . . . . . Zurückbehaltungsrecht
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3024 3026 3027 3028 3030 3031 3032 3035 3037 3040 3045 3046 3047 3048 3049 3050 3051 3053 3060
• Bereicherungsansprüche 2966
Die Streitwertbemessung richtet sich nach § 6 ZPO, da das Herausgabeverlangen ausschlaggebend ist. • Beweisurkunden
2967
Wenn auf Herausgabe von Beweisurkunden geklagt wird, die nicht Wertpapiere sind, bestimmt sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an der Beweisführung gem. § 3 ZPO, z.B., wenn Pelzverwahrungsscheine herausverlangt werden1 oder der Kläger eine Bürgschaftsurkunde zurückhaben will.2
2968
Besteht Streit über den Besitz an einer Urkunde (hier: Versicherungsschein für eine Lebensversicherung), ist für die Berechnung des Streitwerts einer Klage auf Herausgabe der Urkunde § 6 ZPO nur dann anzuwenden, wenn der Besitz der Urkunde unmittelbar den Wert eines Rechts verkörpert, wie es z.B. bei Inhaberpapieren der Fall ist. Handelt es sich bei der herauszugebenden Urkunde aber (wie hier) um ein qualifiziertes Legitimationspapier, ist für die Wertfestsetzung auf § 3 ZPO abzustellen.3 • Bürgschaft
2969
Verlangt ein Pächter nach Beendigung des Pachtverhältnisses mit der Klage die Herausgabe der Urkunde über die von ihm als Sicherheit gestellte Bankbürgschaft, und erhebt der Verpächter Widerklage auf Schadensersatz aus dem Pachtverhältnis, dann sind die Streitwerte von Klage und Widerklage nicht zusammenzurechnen; vielmehr ist der höhere der beiden Streitwerte als Gesamtstreitwert
1 LG Flensburg, JurBüro 1950, 146. 2 OLG Stuttgart, JurBüro 1980, 896 = MDR 1980, 658; Rn. 2977. 3 BGH, Beschl. v. 10.10.2001 – IV ZR 120/01, NJW-RR 2002, 573 = AGS 2002, 230.
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Herausgabe festzusetzen.1 Denn in einem solchen Fall wird wechselseitig das gleiche wirtschaftliche Interesse verfolgt: Mit der Klage auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde soll verhindert werden, dass der Beklagte die Bürgschaft für Ansprüche aus dem Pachtverhältnis in Anspruch nimmt; mit der Zahlungsklage werden Ansprüche geltend gemacht, bei deren Bestehen die Bürgschaft in Anspruch genommen werden kann, also vom Beklagten gerade nicht aufgegeben werden muss. Da jede Partei ihre Leistung bis zur Erbringung der Gegenleistung zurückbehalten kann, besteht ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis. Da die geltend gemachten Zahlungsansprüche die Bürgschaftssumme nicht voll ausschöpfen, decken sich die Streitgegenstände von Klage und Widerklage nicht vollständig, aber doch in Höhe der Zahlungsansprüche.2 • Bürgschaftsurkunde Der Streitwert einer Klage auf Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde ist nicht ohne Weiteres mit dem Wert der dieser zugrunde liegenden Forderung identisch, sondern muss nach § 3 ZPO geschätzt werden.
2970
Dabei ist das Interesse des auf Rückgabe der Urkunde Klagenden an dem Besitz der Urkunde maßgebend, wobei dieses erheblich geringer sein kann als der Wert der Bürgschaftsforderung, was z.B. der Fall ist, wenn die Hauptforderung erloschen ist und es nur darum geht, eine missbräuchliche Benutzung der Bürgschaftsurkunde zu verhindern. Der Wert der Bürgschaftsforderung kann hingegen bestimmend sein, wenn der Schuldner mit der Herausgabeklage eine Inanspruchnahme des Bürgen verhindern will; diese Konstellation wird angenommen, wenn nach dem Bürgschaftsvertrag die Verpflichtungen aus der Bürgschaft bei einer Rückgabe der Bürgschaftsurkunde an den Bürgen erlöschen.3 Im Regelfall bemisst sich der Wert des Anspruchs auf Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde nach einem Bruchteil des Wertes der Bürgschaftsforderung.
2971
Wenn aber der Kläger mit dem Herausgabeanspruch verhindern will, dass der Beklagte den Schuldner der Bürgschaft wegen umstrittener Forderungen in Anspruch nimmt, so ist der Streitwert nach § 3 ZPO mit dem vollen Wert der Forderungen anzusetzen, deren sich der Beklagte gegenüber dem Kläger berühmt.4
2972
Der Streitwert für eine Klage auf Herausgabe einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ist entsprechend des Bürgschaftsbetrages in voller Höhe festzusetzen, wenn der Kläger mit der Herausgabeklage eine Inanspruchnahme des Bürgen verhindern will und nach dem Bürgschaftsvertrag die Verpflichtungen aus der Bürgschaft bei Rückgabe der Bürgschaftsurkunde an den Bürgen erlöschen.5
2973
Lautet die Bürgschaftsurkunde über einen höheren Betrag als die Klageforderung, dann ist nur von dieser auszugehen; wegen des Mehrbetrages kann jedoch ein Aufschlag entsprechend dem Herausgabeinteresse des Klägers angebracht sein.6
2974
1 OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.8.1999 – 13 W 35/99, OLGR 2000, 42. 2 OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.8.1999 – 13 W 35/99, OLGR 2000, 42. 3 BGH, Beschl. v. 14.10.1993 – IX ZR 104/93, NJW-RR 1994, 758 ff.; OLG Frankfurt, AnwBl. 1980, 460; vgl. auch BGH, NJW-RR 1946, 758 (759) und die dort angegebenen weiteren Hinweise. 4 LG Berlin, Beschl. v. 13.5.2002 – 67 T 29/02, JurBüro 2002, 478; ebenso LG Hamburg, Beschl. v. 7.9.2001 – 308 O 117/01, JurBüro 2002, 81; KG, Beschl. v. 7.6.2001 – 8 W 164/01, KGR 2002, 28 = AGS 2002, 126. 5 KG, Beschl. v. 6.3.2000 – 26 W 599/00, BauR 2000, 1380 = AGS 2001, 253; OLG München, Beschl. v. 29.12.1999 – 15 W 3367/99, BauR 2000, 607. 6 OLG Stuttgart, Urt. v. 12.3.1980 – 13 W 7/80, JurBüro 1980, 896 = MDR 1980, 678.
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Herausgabe Das Verlangen auf Herausgabe einer schriftlichen Bürgschaftserklärung ist neben dem Anspruch auf Zahlung nicht zusätzlich zu bewerten;1 desgleichen nicht, wenn der Klage auf Gewährleistung die Widerklage auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde entgegengesetzt wird.2
2976
Wird lediglich Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verlangt, geht es also nicht um die Abwehr einer drohenden Inanspruchnahme, dann ist das Interesse des Klägers am Besitz der Urkunde maßgebend, nicht die Höhe der Hauptschuld.3
2977
Soweit das OLG Düsseldorf4 das Interesse des Klägers „dem Beweiswert der Urkunde in Händen des Gläubigers“ gleichgesetzt hat, handelt es sich um ein sehr unklares Bewertungskriterium, das abzulehnen ist. Die Bürgschaftsurkunde hat keinen Beweiswert für das Bestehen der gesicherten Forderung.
ZPO
2975
• Eigenheim 2978
Klagt eine staatliche Treuhandgesellschaft für Wohnungsbau auf Räumung und Herausgabe eines Eigenheims wegen Rücktritt vom Bewerbervertrag, dann bemisst sich der Gebührenstreitwert gem. § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG nach dem einjährigen Nutzungsbetrag, nicht gem. § 6 ZPO nach dem Verkehrswert des Eigenheims.5 • Eigentumsvorbehalt
2979
Wird auf Herausgabe der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Ware und gleichzeitig auf Bezahlung des Kaufpreises geklagt, so werden diese Streitgegenstände nicht zusammengerechnet.6 • Eigentumswohnung
2980
Wird eine Eigentumswohnung dem in Aussicht genommenen Käufer aufgrund eines privatwirtschaftlichen Vorvertrages überlassen, der nur eine Verpflichtung zum Erwerb der Wohnung und die dafür geltenden Bedingungen enthält, so ist im Falle einer Herausgabeklage des Eigentümers nur die Frage Streitgegenstand, ob der spätere Käufer die Wohnung bis zur endgültigen Klärung der Rechtsbeziehungen der Parteien nutzen darf. Den Streitwert für diesen Streit bildet gem. § 42 Abs. 2 GKG der einjährige Nutzungswert der Wohnung.7
2981
Ebenso hat das OLG Frankfurt entschieden für die nach Ablauf einer vertraglichen Nutzungsfrist erhobene Herausgabeklage, auch wenn die Klage zusätzlich auf Eigentum gestützt wird.8
2982
Wird auf Herausgabe einer Eigentumswohnung geklagt mit der Begründung, der Kaufvertrag sei nichtig, dann richtet sich der Streitwert nach § 6 ZPO, also nach dem Verkehrswert, nicht gem. § 42 GKG nach dem einjährigen Nutzungswert.9
1 OLG Bamberg, JurBüro 1974, 1437. 2 OLG Stuttgart, JurBüro 1980, 896. 3 OLG Hamm, JurBüro 1981, 43; OLG Düsseldorf, JurBüro 1981, 1893; OLG Stuttgart, JurBüro 1980, 896; 20–30 % als angemessener Bruchteil der gesicherten Forderung; zustimmend LG Köln, AnwBl. 1982, 437. 4 OLG Düsseldorf, JurBüro 1981, 1893. 5 OLG Köln, Beschl. v. 11.12.1973 – 2 U 5/73, MDR 1974, 323. 6 OLG Hamburg, MDR 1965, 394. 7 KG, JurBüro 1969, 166. 8 OLG Frankfurt, JurBüro 1983, 255 = KostRsp. GKG § 16 Nr. 22. 9 OLG Frankfurt, JurBüro 1979, 1888; JurBüro 1983, 919 = AnwBl. 1984, 203.
550
Monschau
Herausgabe Dem steht nicht die Rechtsprechung zur Bewertung von Kaufanwartschaftsverträgen (s. Rn. 3011) entgegen, weil es bei der auf Vertragsnichtigkeit gestützten Herausgabeklage an einer Nutzungsvereinbarung fehlt.
2983
Allerdings wird diese Unterscheidung dann bedeutungslos, wenn mit OLG Köln1 die Anwendung des § 42 Abs. 2 GKG nicht davon abhängig gemacht wird, dass ein Nutzungsentgelt vereinbart und gezahlt wird. Indessen war auch in jenem Fall ein Bewerbervertrag geschlossen worden, der durch Rücktritt beseitigt worden war.
2984
• Herausgabeverfügung Wenn eine Herausgabeverfügung – ganz ausnahmsweise – praktisch zur Befriedigung des Gläubigers führt, kann es angebracht sein, den Streitwert gem. § 53 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO auf den vollen Wert der Hauptsache zu schätzen.2
2985
Verlangt ein Verfügungskläger die Herausgabe seines Kraftfahrzeugs (Geschäftsfahrzeugs) von dem Betreiber einer Kraftfahrzeugwerkstatt, der sich demgegenüber auf sein Werkunternehmerpfandrecht beruft, bestimmt sich der Streitwert des einstweiligen Verfügungsverfahrens grundsätzlich nach der Höhe der das Pfandrecht begründenden Werklohnforderung.3 Allerdings darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass es nach der ratio des § 6 ZPO – einem allgemeinen Rechtsgrundsatz im Streitwertrecht folgend – auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ankommt. Macht der Verfügungskläger glaubhaft, dass er den Pkw, sein Geschäftsfahrzeug, zur Aufrechterhaltung seines Betriebs dringend benötigte, geht es ihm in erster Linie um die sofortige Herausgabe des Fahrzeugs, und nicht darum, die streitige Forderung nicht vorab begleichen zu müssen. Da die Herausgabeverfügung in einem solchen Fall zur Befriedigung des Verfügungsklägers führt, ist der Streitwert gem. § 53 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO auf den vollen Wert der Hauptsache zu schätzen.4
2986
Wird im Wege der einstweiligen Verfügung Herausgabe einer Sache an den Antragsteller selbst und nicht nur an einen Sequester verlangt, so ist für den Streitwert der volle Wert der Sache ohne den sonst im Verfügungsverfahren üblichen Abschlag maßgebend, da das Herausgabeverlangen wirtschaftlich dem Hauptsacheverfahren gleichkommt.5
2987
• Einwilligung Auch die Klage auf Einwilligung in die Herausgabe einer hinterlegten Sache ist nach § 6 ZPO zu bewerten.6
2988
Sind mehrere Personen nur gemeinsam berechtigt, eine hinterlegte Sache in Empfang zu nehmen, dann ist auf ihre Beteiligungsrechte abzustellen. Sind beispielsweise Kläger und Beklagter je zur Hälfte Eigentümer der hinterlegten Sache, dann ist der Wert der Klage nur mit der Hälfte des Verkehrswertes anzusetzen.
2989
1 OLG Köln, JurBüro 1978, 1054. 2 OLG Saarbrücken, KostRsp. GKG § 20 Nr. 8. 3 LG Köln, Beschl. v. 23.9.2008 – 13 T 171/08, AGS 2008, 613 mit Anm. Monschau; OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.10.2002 – 24 U 158/01, MDR 2003, 356. 4 OLG Saarbrücken, KostRspr. GKG § 20 Nr. 8. 5 OLG Köln, Beschl. v. 27.1.1999 – 16 W 3/99, OLGR 1999, 336. 6 KG, JurBüro 1978, 427 = AnwBl. 1978, 107.
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551
ZPO
Herausgabe • Erbschein 2990
Wird auf Herausgabe eines Erbscheins geklagt, dann ist abzustellen auf das Interesse des Klägers, dass die Nachteile nicht eintreten, die dem wirklichen Erben infolge der rechtlichen Bedeutung des Erbscheins mit Rücksicht auf die §§ 2365, 2367 BGB drohen.1 Der Nachlasswert oder das Bestreben des Klägers, mittelbar die Ungültigkeit der letztwilligen Verfügung des Erblassers feststellen zu lassen, sind belanglos. • Filmmaterial
2991
Obwohl sich der Streitwert einer Klage auf Herausgabe einer bestimmten Sache grundsätzlich nach dem allgemeinen Verkehrswert richtet, bemisst sich der Streitwert bei einer Klage auf Herausgabe von Filmmaterial regelmäßig weder nach dem bloßen Materialwert noch nach den Neuherstellungskosten. Er ist vielmehr unter Berücksichtigung der Aussichten einer erfolgreichen Auswertung des Filmmaterials im Zeitpunkt der Klageerhebung zu schätzen mit der Maßgabe, dass nur ein Bruchteil des aus der Verwertung etwa zu erwartenden Reingewinnes anzusetzen ist.2 • Fotografie
2992
Obgleich mit der Klage auf Herausgabe einer belastenden Fotografie die Herausgabe einer Sache begehrt wird, bestimmt sich der Wert des Streitgegenstandes nicht gem. § 6 ZPO nach dem gewöhnlichen Verkehrswert der Fotografie. § 6 ZPO ist nämlich nur dann anwendbar, wenn die Sache einen selbständigen Vermögenswert hat und wenigstens auch mit Rücksicht auf diesen herausverlangt wird. Der Kläger fordert aber die Herausgabe der Fotografie nicht um ihres Sachwertes willen, der nur geringfügig ist, auch keine selbständige Bedeutung hat, sondern sein Interesse geht dahin, die Schäden abzuwenden, die sich daraus ergeben, dass der Beklagte die Fotografie in seinem Besitz hat. Der Wert des Streitgegenstandes ist deshalb nach dem Wert des Interesses des Klägers frei zu schätzen.3 • Goldbarren
2993
Der Wert einer auf die Herausgabe von Goldbarren gerichteten Klage wird durch den an der Börse geltenden Ankaufskurs (Börsenkurswert) für Goldbarren bestimmt und nicht nach dem Verkaufskurs.4 Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist der Tag der letzten mündlichen Verhandlung. • Grundschuldbrief/Hypothekenbrief
2994
Bei Hypotheken- oder Grundschuldbriefen folgt aus dem Besitz am Brief nicht die Inhaberschaft am verbrieften Recht. Da der Brief lediglich eine Beweisurkunde und kein Wertpapier ist, bemisst sich der Streitwert für eine auf Herausgabe eines Grundschuldbriefes gerichtete Klage nicht nach § 6 ZPO. Der Streitwert ist also nicht stets gleich dem Nennbetrag der Grundschuld. Er ist vielmehr nach § 3 ZPO frei zu schätzen.
2995
Da aber die Zuerkennung des Briefes durch Urteil regelmäßig deshalb geschieht, weil dem Obsiegenden auch das materielle Recht zusteht, kann ihm der Besitz 1 2 3 4
RG, JW 1911, 813 Nr. 22; BGH, Beschl. v. 8.5.1967 – III ZR 191/66. OLG Frankfurt, MDR 1957, 48. KG, Rpfleger 1956, 89 zu ZPO § 3, g. BGH, Beschl. v. 12.6.1991 – XII ZR 65/91, NJW-RR 1991, 1210 = MDR 1992, 83.
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Herausgabe am Brief vom Gegner kaum noch wegen eines behaupteten Mangels im Recht streitig gemacht werden. Daher kann der Streitwert bis zum Wert des verbrieften Rechts geschätzt werden.1 Maßgebend ist dabei das Interesse, das die klagende Partei daran hat, den Besitz an dem Grundschuldbrief zu erlangen.2
2996
Von Bedeutung ist auch, ob die Grundschuld ihrem Rang nach durch den Grundstückswert gedeckt ist.3 Der Wert des verbrieften Rechts ist jedoch stets obere Grenze.4
2997
Scheitert die Herausgabe nur an einem vom Beklagten geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht, dann entspricht das Herausgabeinteresse des Klägers wirtschaftlich dem Betrag, den er aufwenden müsste, um das Zurückbehaltungsrecht auszuräumen.5 Müsste der Kläger den aufzuwendenden Betrag finanzieren, dann sind Kreditkosten hinzuzurechnen.
2998
• Grundstücke Ansprüche auf Herausgabe oder Auflassung von Grundstücken sind nach dem Grundstückswert ohne Rücksicht auf die auflastenden Grundpfandrechte zu bewerten.6
2999
Die Begründung dafür ist die, dass solche Belastungen den Grundstückswert als solchen nicht mindern und deshalb auch bei der Veräußerung lediglich durch Zahlungsmodalitäten (Übernahme oder Ablösung) berücksichtigt werden. Eine andere Bewertung ist schwerlich möglich, weil sonst beispielsweise bei der Vollfinanzierung eines veräußerten Grundstücks der Streitwert in der untersten Gebührenstufe läge. Diese Bewertungsfrage ist aber sehr kontrovers; vgl. das Stichwort „Auflassung“.
3000
Die Vorschrift des § 42 GKG ist anwendbar, wenn die Klage auf Räumung und Herausgabe eines vermieteten Grundstücks gerichtet ist.7 Dabei reicht es aus, dass sich der Beklagte bei seiner Verteidigung auf ein Miet-, Pacht- oder ähnliches Nutzungsverhältnis beruft.8 Ebenso ist zu bewerten, wenn ein zwischen den Parteien abgeschlossener Kaufvertrag scheitert, der Kaufinteressent das Haus aber bereits bezogen hatte und ein monatliches, auf den Kaufpreis anzurechnendes Nutzungsentgelt vereinbart war.9 Der Streit der Parteien geht dann nicht um das Eigentum am Grundstück, sondern um die Vergütung des Nutzungsrechts. Die Vorschriften der §§ 42 GKG und 6 ZPO können allerdings auch zusammentreffen, wie ein vom OLG Bamberg entschiedener Fall zeigt:10 Wird die Klage auf Räumung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks verbunden mit der Klage auf Herausgabe eines weiteren Grundstücks, über das kein Miet- oder Pachtverhältnis besteht, dann ist der Streitwert der Räumungsklage nach § 42 GKG, derjenige der Herausgabeklage nach § 6 ZPO zu berechnen.
3001
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
RG, HRR 1933 Nr. 1694; OLG Rostock, OLGE 37, 82; OLG Hamm, OLGE 35, 23. OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 431. KG, Rpfleger 1955, 89. OLG Kiel, Rpfleger 1938 Nr. 117. OLG Bremen, Beschl. v. 31.10.1984 – 2 W 125/84, JurBüro 1985, 444 = Rpfleger 1985, 77. BGH, NJW 1954, 955; OLG Braunschweig, JurBüro 1968, 483; OLG Frankfurt, JurBüro 1979, 1889. Siehe das Stichwort „Mietstreitigkeiten“, Rn. 3836 f. OLG Bamberg, JurBüro 1992, 625. OLG Düsseldorf, JurBüro 1988, 373. OLG Bamberg, JurBüro 1988, 516.
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Herausgabe Nur nach § 6 ZPO ist zu bewerten, wenn dem Räumungsanspruch lediglich ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis zugrunde liegt, die Klage also nur auf § 985 BGB oder auf eine andere, nicht mietrechtliche Vorschrift gestützt wird. In diesem Fall ist nach herrschender Rechtsprechung auch nicht die ausschließliche Zuständigkeit nach § 29a ZPO gegeben, weil es an einem Mietverhältnis fehlt.1 Maßgebend ist dann nur der Verkehrswert des Herausgabeobjektes. Handelt es sich um ein Wohnhaus oder ein anderes Gebäude, dann ist der Verkehrswert des bebauten Grundstücks gleich dem Streitwert. Handelt es sich um die Räumung einer ohne Vertrag, also rechtswidrig besetzten und genutzten Wohnung, dann ist der entsprechende Anteil des Verkehrswertes anzusetzen. Die privilegierende Streitwertvorschrift des § 42 GKG ist unanwendbar.2 Der Streitwert der Herausgabeklage ist dann auch maßgebend für die Zwangsvollstreckung (s. das Stichwort „Zwangsvollstreckung“).
3003
Eine Räumungs- und Herausgabeklage des Grundstücksverkäufers gegen den Käufer nach Rücktritt vom Vertrag fällt nicht unter § 42 Abs. 2 GKG. Zu bewerten ist vielmehr nach § 6 ZPO.3
3004
Anders verhält es sich jedoch bei gescheitertem Kauf einer Eigentumswohnung mit bereits vor der Eigentumsübertragung gestatteter Nutzung; dann ist für die Berechnung des Streitwerts des Herausgabeanspruchs des Eigentümers das analog § 42 Abs. 2 GKG zu berechnende Nutzungsentgelt auch dann maßgeblich, wenn der Eigentümer den Herausgabeanspruch auf BGB § 985 stützt.4
3005
Bei der Klage auf Herausgabe eines Gastwirtschaftsgrundstücks ist auch der Geschäftswert der Gastwirtschaft angemessen zu berücksichtigen.5
3006
Der Wert des Streitgegenstandes bei Klagen eines Nachlassgläubigers gegen einzelne Miterben auf Auflassung und Herausgabe eines Grundstücks ist nicht stets, wie das OLG Hessen6 angenommen hat, gleich dem Wert des Grundstücks; es kommt vielmehr darauf an, ob der Kläger mit einem obsiegenden Urteil sein Interesse am Erlangen des Grundstücks gegenüber sämtlichen Erben durchsetzen kann.
3007
Verzögert ein an sich erfüllungsbereiter Grundstücksverkäufer kurzfristig die Übergabe des Grundstücks, so bestimmt sich der Streitwert für die Herausgabeklage des Käufers nicht nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 6 ZPO), sondern er ist gem. § 3 ZPO nach dem Interesse des Käufers an der alsbaldigen Besitzverschaffung zu bemessen.7
3008
Der Streitwert für die Klage auf Herausgabe eines Grundstücks an den Nießbraucher bemisst sich nach § 6 ZPO. Er entspricht dem Verkehrswert des Grundstücks, da es – auch – um den Besitz geht. Belastungen des Grundstücks sind nicht abzuziehen.8
ZPO
3002
1 Siehe OLG Braunschweig, Nds.Rpfl. 1983, 225; OLG München, MDR 1977, 497; LG Ravensburg, Urt. v. 29.11.1984 – 2 O 1284/84, ZMR 1986, 169; LG Duisburg, WuM 1981, 213; AG Berlin-Charlottenburg, WuM 1983, 210; die Gegenmeinung wird zwar weitgehend im Schrifttum, kaum jedoch in der Judikatur vertreten. 2 OLG München, AnwBl. 1966, 231. 3 OLG Nürnberg, Beschl. v. 30.3.2004 – 9 W 1014/04, MDR 2004, 966 = NJW-RR 2004, 1224; OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.2.1983 – 17 W 6/83, JurBüro 1983, 919 = AnwBl. 1984, 203. 4 OLG Köln, Beschl. v. 14.9.1995 – 19 W 34/95, ZMR 1995, 549 = WuM 1995, 719 = EzFamR aktuell 1995, 415. 5 OLG Nürnberg, JurBüro 1968, 242. 6 OLG Hessen, SJZ 1949, 418. 7 KG, JurBüro 1968, 740; LG Stuttgart, Urt. v. 29.1.1993 – 22 O 390/92, MDR 1993, 915 hat sich ohne eigene Begründung dem KG angeschlossen. 8 OLG Celle, Rpfleger 1960, 413.
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Herausgabe Beruft sich in einem Rechtsstreit auf Räumung und Herausgabe einer Immobilie der Beklagte auf ein vom Kläger bestrittenes vertragliches Nutzungsrecht hinsichtlich 1/3 der Gesamtfläche der Immobilie und verteidigt sich im Übrigen damit, die Restfläche nicht in Besitz zu haben, bemisst sich der Gebührenstreitwert des Rechtsstreits nach dem einjährigen Nutzungsentgelt für 1/3 der Immobilie zzgl. 2/3 des Verkehrswertes der Immobilie.1
3009
• Hinterlegung Der Wert der hinterlegten Sache, die herausverlangt wird, ist maßgebend.2 Sind die Parteien gemeinsam am Gegenstand berechtigt, so ist der Anteil des Klägers vom Streitwert abzuziehen.
3010
• Kaufanwartschaftsverträge Die Bewertung eines Räumungs- und Herausgabeanspruchs aufgrund eines Kaufanwartschafts- und Bewerbervertrags richtet sich nicht nach § 6 ZPO, sondern nach § 42 GKG, weil es nicht um das Eigentum am Eigenheim, sondern um die Beendigung von dessen erlaubter Nutzung geht.3
3011
• Kraftfahrzeug/Kraftfahrzeugbrief/Kraftfahrzeugschlüssel Der Streitwert einer Klage auf Herausgabe eines Kraftwagens bestimmt sich gem. § 6 ZPO nach dem Wert des Wagens, und zwar nach dessen Wert im Zeitpunkt der Instanzeinleitung. Die unter Umständen höheren Instandsetzungskosten müssen jedoch unberücksichtigt bleiben.4
3012
Der Anspruch auf Herausgabe eines Kraftfahrzeugs und der Widerklageantrag auf Auslieferung des zu diesem Kraftfahrzeug gehörenden Kraftfahrzeugbriefes haben denselben Gegenstand;5 denn es liegt nur ein Streit über den Eigentumsübergang an der Kaufsache vor.6 Demgegenüber nimmt das OLG Nürnberg7 verschiedene Werte und Gegenstände an, so dass zusammenzurechnen ist. Das OLG Nürnberg hat bei einem Wert des Personenkraftwagens von 6000 DM das Interesse des widerklagenden Beklagten an der Verfügungsgewalt über den Brief mit 1000 DM geschätzt.
3013
Klagt der Käufer auf Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefs und verlangt der Verkäufer mit der Widerklage Zahlung des Restkaufpreises, so liegt ebenfalls nur ein Streit über den Eigentumsübergang vor; Klage und Widerklage betreffen denselben Streitgegenstand; es ist mithin ein einheitlicher Streitwert festzusetzen, wobei der höhere Wert von Klage oder Widerklage anzusetzen ist.
3014
Klagt der Eigentümer eines PKW auf Herausgabe und erhebt der Beklagte, der Arbeiten an dem PKW ausgeführt hat, Widerklage auf Zahlung von Werklohn, so betreffen sie nicht denselben Streitgegenstand, sondern die Gegenstände sind zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG). Denn das Gericht könnte u.U. beiden Anträgen nebeneinander stattgeben, wenn beispielsweise das das rechtliche Schicksal von Klage und Widerklage verknüpfende Werkunternehmerpfand-
3015
1 2 3 4 5 6 7
OLG Nürnberg, Beschl. v. 20.6.2012 – 4 W 1065/12, MDR 2012, 1024 = AGS 2012, 415. KG, JurBüro 1978, 427 = AnwBl. 1978, 107. OLG Köln, MDR 1974, 323; OLG Saarbrücken, KostRsp. GKG a.F. § 12 Nr. 64. OLG Neustadt, Rpfleger 1957, 238 zu ZPO § 3, c. OLG Frankfurt, JurBüro 1961, 87. KG, Rpfleger 1962, 120. OLG Nürnberg, JurBüro 1958, 513.
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Herausgabe recht nicht entstanden – der Kläger hat nach der Herstellung des Werks Eigentum erworben –, erloschen oder der Werkvertrag nichtig ist.1 3016
Der Streitwert der Klage, die lediglich auf Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefs gerichtet ist, bestimmt sich nach dem Interesse an der Herausgabe des Briefes; dessen Sachwert ist unerheblich.2 Das OLG Saarbrücken3 hat die Klage auf Herausgabe von Brief und Zweitschlüssel mit der Hälfte des Fahrzeugwertes bemessen, weil der Kläger das Fahrzeug veräußern wollte, aber durch die Herausgabeverweigerung daran gehindert wurde.4 Werden nur die Schlüssel herausverlangt, orientiert sich das OLG Düsseldorf5 an den fiktiven Kosten der Beschaffung von Zweitschlüsseln oder der Erneuerung der Schließanlage. Der Streitwert beläuft sich auf 1/3 des Fahrzeugwertes, wenn der Beklagte die Herausgabe unter Berufung auf sein Eigentum an dem Fahrzeug ablehnt, der Kläger aber an dessen Nutzung nicht gehindert ist und auch keine Veräußerung beabsichtigt.6
3017
Der Streitwert für die Herausgabe von Fahrzeugschlüsseln orientiert sich am Wert der Schlüssel (nicht des Fahrzeugs), allerdings unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Fahrzeug bei deren Vorenthaltung nicht genutzt werden kann. Zur Wertermittlung kann auf die fiktiven Kosten der Beschaffung von Zweitschlüsseln oder der Erneuerung der Schließanlage abgestellt werden. Das Interesse an der Verfügungsgewalt7 ist durch freie Schätzung zu ermitteln.8 Maßgebend ist, ob durch die Zurückhaltung des Briefes eine erhebliche Gefährdung der Vermögensinteressen des Klägers eingetreten ist.9
3018
Das Interesse des Klägers an der Herausgabe des Briefes ist höher zu bewerten als die Kosten der Beschaffung eines neuen Briefes und eines etwaigen Aufgebotes des alten Briefes.10
3019
Neben dem Interesse an der Erlangung der Verfügungsgewalt über den Brief ist an sich der Wert des Kraftfahrzeugs unmaßgeblich.11 Jedoch wird sich das Schätzungsermessen aus § 3 ZPO zwangsläufig am Wert des Kraftfahrzeugs orientieren müssen, weil ein anderer Bemessungsanhalt für den Wert der begehrten Verfügungsgewalt nicht gegeben ist. Das KG beispielsweise hält im Regelfall einen Bruchteil des Kaufpreises des Wagens von 1/10 für angemessen.12
3020
Demgegenüber schätzt das OLG Hamburg13 das Interesse an der Verfügungsgewalt über den Brief auf die Hälfte des Wertes des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Klageerhebung.14 Das OLG Nürnberg15 bewertet mit 1/3 des Neuwertes.
1 OLG Hamm, Beschl. v. 12.9.1989 – 26 W 25/89, Rpfleger 1990, 40. 2 KG, JurBüro 1956, 387; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.5.1999 – 11 W 23/99, MDR 1999, 891 = AnwBl. 2000, 140. 3 OLG Saarbrücken, JurBüro 1990, 1661. 4 Zustimmend, OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.5.1999 – 11 W 23/99, MDR 1999, 891. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.12.1992 – 11 W 123/92, OLGR 1993, 79. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.5.1999 – 11 W 23/99, MDR 1999, 891. 7 LAG Berlin v. 14.6.1982 – 9 Sa 44/82, BB 1982, 1428. 8 OLG Stuttgart, BB 1959, 460. 9 OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 1 – mit dem Hinweis, der Fall liege ähnlich wie der, dass ein Wechselschuldner nach Zahlung der Schuld auf Herausgabe des Wechsels gegen den Gläubiger klage. 10 AG Pinneberg, SchlHA 1952, 154: Es wurde ein Wert von 200 DM angesetzt. 11 OLG Neustadt, JurBüro 1963, 764. 12 KG, Rpfleger 1962, 154. 13 OLG Hamburg, MDR 1957, 495. 14 Ebenso LG Bochum, AnwBl. 1984, 202; AG Stuttgart, AnwBl. 1967, 454. 15 OLG Nürnberg, Beschl. v. 29.4.1968 – 6 W 33/68.
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Herausgabe Auf den hälftigen Wert hat das OLG Köln1 für den Fall entschieden, dass das Verlangen auf Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefes auf dem Streit über das Eigentum am Fahrzeug beruht.
3021
Trotz gleich bleibenden Streitobjektes kann das Interesse der Parteien gem. § 3 3022 ZPO je nach ihren verschiedenen Parteirollen in den Instanzen auch verschieden hoch bewertet werden. Klagt der Kläger auf Herausgabe des Briefes, weil er ihn zur Veräußerung des Fahrzeugs dringend benötigt, und macht der Beklagte wegen einer geringfügigen Forderung ein Zurückbehaltungsrecht am Brief geltend, das er nach seiner Verurteilung mit der Berufung verfolgt, so ist eine gleiche Wertfestsetzung für die Instanzen ausgeschlossen.2 • Lieferung Die Streitwertbemessung für Ansprüche auf Lieferung und Übergabe von Sachen richtet sich nach § 6 ZPO.3
3023
• Nachlass Wenn in einem Rechtsstreit unter Miterben die Herausgabe des Nachlasses an einen Dritten zum Zweck der Auseinandersetzung verlangt wird, richtet sich der Streitwert nach dem Interesse des klagenden Miterben, dessen unstreitiger Erbanteil daher immer streitwertmindernd zu berücksichtigen ist. Dies ist heute nach Änderung der Rechtsprechung des BGH4 wohl ausgetragen. Im Einzelnen hängt die Bewertung von der jeweiligen Prozesssituation ab. Insoweit sei auf die ausführliche Darstellung unter dem Stichwort „Miterbe“ verwiesen.
3024
Geht es dem Kläger bei einer Klage auf Rechnungslegung gegen den Testaments- 3025 vollstrecker im Ergebnis um die Erträge seines von ihm mit ca. 4,5 Mio. DM angesetzten Erbteils und (möglicherweise) um eine vorsorgliche Kontrolle des Testamentsvollstreckers, die eventuell zu Schadensersatzansprüchen nach § 2219 BGB führen könnte, nicht aber um die Vorbereitung des Anspruchs auf Herausgabe des Nachlasses oder nicht ausgezahlter Erträge, so ist es nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht mangels Glaubhaftmachung einer 60 000 DM übersteigenden Beschwer die Beschwer des Klägers durch die Abweisung der Klage auf Rechnungslegung für drei Jahre auf insgesamt 40 000 DM festsetzt.5 • Notarurkunden Der Rechtsmittelstreitwert nach der Verurteilung eines Notars zur Herausgabe von Urkundenausfertigungen richtet sich, wenn der Besitz der Urkunden nicht unmittelbar den Wert eines Rechts verkörpert, nicht nach § 6 ZPO, sondern nach § 3 ZPO. Danach hat das Berufungsgericht das Interesse des verurteilten Notars, die Urkunden nicht herausgeben zu müssen, nach freiem Ermessen festzusetzen.6
1 OLG Köln, JurBüro 1962, 168. 2 OLG Nürnberg, MDR 1969, 1020: für die Klage 1/2 des Wertes des Kraftfahrzeugs, für die Berufung 20 DM, weil der Beklagte (= Berufungskläger) nur wegen dieser Forderung das Zurückbehaltungsrecht ausübte und § 6 Satz 2 ZPO entsprechend anzuwenden sei. 3 OLG Nürnberg, JW 1924, 1271; OLG München, JW 1920, 1043; OLG Königsberg, OLGE 41, 240. 4 Siehe BGH, MDR 1975, 741 = Rpfleger 1975, 353 = NJW 1975, 1415. 5 BGH, NJWE-FER 2001, 27. 6 BGH, Beschl. v. 13.7.1993 – III ZB 26/93, BGHR ZPO § 511a Wertberechnung 11.
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3026
ZPO
Herausgabe • Originalzeichnungen 3027
Richtet sich das Interesse des Klägers auf die Herausgabe der nach Fertigstellung eines Bauvorhabens beim Architekten befindlichen Originalzeichnungen, lässt sich der maßgebliche Verkehrswert dieser Unterlagen kaum verlässlich schätzen, da sie praktisch unveräußerlich sind. Deshalb darf sich der Wertansatz an den Richtlinien für nichtvermögensrechtliche Ansprüche orientieren. Dementsprechend hat das OLG Köln im Jahre 19721 den Streitwert für den Anspruch des Bauherrn auf Herausgabe der Originalzeichnungen auf 500 DM angesetzt. Heute wird man den Wert ohne nähere Anhaltspunkte auf mindestens 3000 Euro bemessen, zumal die Regelwerte angehoben wurden. • Pacht
3028
Der Streitwert eines Prozesses auf Herausgabe eines Pachtgrundstücks mit Ablauf der Pachtzeit ist gleich dem einjährigen Pachtzins (§ 42 Abs. 2 GKG). Dabei treten zu dem vereinbarten Pachtzins und der vereinbarten Inventarverzinsung die etwa übernommenen, sonst den Verpächter treffenden Lasten und Abgaben (z.B. Landesrentenbankschulden, Grundsteuern, dingliche Kirchensteuer, Rentenbankgrundschuldzinsen), Versicherungsbeiträge (für Gebäude und vom Verpächter gestelltes Inventar), die halben Landwirtschaftskammerbeiträge, nicht aber die Berufsgenossenschaftsbeiträge, hinzu.2 Im Zusammenhang mit der Herausgabe entstehende mittelbare Belastungen (Kosten für die Entfernung von Bäumen/zurückgelassenen Einrichtungen) berücksichtigt der BGH nicht.3
3029
Klagt ein Grundstückseigentümer wegen behaupteter Beendigung des Pachtverhältnisses auf Herausgabe von Land, das eine Gemeindebehörde zugunsten eines Kleingartenvereins beschlagnahmt hatte, so ist der Streitwert zum Zwecke der Gebührenberechnung sowohl gegenüber dem verklagten Kleingartenverein als auch gegenüber der ebenfalls auf Herausgabe verklagten Gemeindebehörde einheitlich nach § 42 Abs. 1 GKG festzusetzen.4 • Pfandrecht
3030
Der Streitwert einer Herausgabeklage bestimmt sich, wenn sachlich allein um ein einredeweise geltend gemachtes Pfandrecht gestritten wird, nach dem Wert der gesicherten Forderung, wenn nicht der Wert der Sache geringer ist, § 6 ZPO.5 • Raumüberlassung
3031
Der Streitwert der Klage eines Eigentümers auf Herausgabe eines (zunächst zur unentgeltlichen Nutzung) überlassenen Raumes bemisst sich nach dem Wert des Raums (§ 6 ZPO), nicht nach dessen Mietwert.6 • Schuldschein
3032
Wenn nach der Rückzahlung des Darlehens für eine erneute Inanspruchnahme durch den Darlehensgeber die Anhaltspunkte fehlen, ist für den Streitwert einer
1 2 3 4 5 6
OLG Köln, Beschl. v. 8.11.1972 – 2 U 5/72. OLG Schleswig, JurBüro 1958, 512. BGH, KostRsp. ZPO § 8 Nr. 11. OLG Braunschweig, Nds.Rpfl. 1956, 86. OLG Celle, NJW 1957, 1640. OLG München, AnwBl. 1966, 231; s. näher oben Rn. 3030.
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Herausgabe Klage auf Rückgabe des Schuldscheins nicht die Höhe der verbrieften Forderung, sondern das Interesse des Darlehensnehmers am Besitz der Urkunde maßgeblich. Unter diesen Umständen kann das Interesse mit 20 bis 30 % der Forderung angesetzt werden.1 Ansprüche aus diesen Rechtsgrundlagen, die auf Herausgabe gehen, sind nach § 6 ZPO zu bemessen.2
3033
Ein auf § 992 BGB gestützter Schadensersatzanspruch, der in Abhängigkeit vom Hauptanspruch auf Herausgabe der Sache erhoben wird, bleibt bei der Wertberechnung unberücksichtigt, auch wenn er den sich aus § 987 BGB ergebenden Nutzungsanspruch übersteigt.3 Die Entscheidung ist wenig überzeugend. Der Beklagte hatte sich rechtswidrig in den Besitz einer Wohnung gesetzt. Die Klägerin verlangte Herausgabe und Nutzungsentgang. Der Senat hat das Nutzungsentgelt als streitwertmäßig unbeachtliche „Nutzung“ i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO behandelt.
3034
• Sequester Die Herausgabe eines Gegenstandes an einen Sequester oder den zuständigen Gerichtsvollzieher aufgrund einstweiliger Verfügung kommt nach OLG Bamberg4 einer endgültigen Regelung nahe, so dass in diesen Fällen der Streitwert nur wenig unterhalb des Wertes des Hauptanspruchs anzusetzen sei.
3035
Zuzustimmen ist dem nur unter der Voraussetzung, dass auch im jeweiligen Einzelfall die Sequestrierung der Sache tatsächlich einer endgültigen Regelung nahe kommt. Muss erst noch ein gerichtlicher Streit darüber durchgeführt werden, wem nun die Sache endgültig gehört, dann ist es nicht gerechtfertig, den vom OLG Bamberg5 angenommenen hohen Wert anzusetzen.
3036
• Sicherungsübereignung Bei Klagen auf Herausgabe einer zur Sicherung übereigneten Sache bestimmt sich der Streitwert nach dem Verkehrswert der übereigneten Sache.6
3037
Der Betrag der noch offenen Kaufpreisforderung soll unbeachtlich sein, weil das Sicherungseigentum nicht als Pfandrecht i.S.d. § 6 ZPO zu behandeln sei.7
3038
Demgegenüber stellt die wohl überwiegende und zutreffende Ansicht darauf ab, dass das Sicherungseigentum wirtschaftlich dem Pfandrecht näher steht als dem Vollrecht. Sie bewertet deshalb nach § 6 ZPO und lässt den Wert der Forderung maßgebend sein, sofern nicht die übereignete Sache geringerwertig als die Forderung oder der Forderungsrest ist.8
3039
• Sparbuch Bei Sparkassenbüchern bestimmt sich der Herausgabeanspruch nicht ohne Weiteres nach dem eingetragenen Guthaben; denn das Sparkassenbuch ist kein Wert-
1 2 3 4 5 6 7 8
OLG Köln, Beschl. v. 11.9.1996 – 19 W 46/96, OLGR 1996, 245 = MDR 1997, 203–204. OLG Koblenz, DRZ 1950, 135. OLG Karlsruhe, ZZP 68, 1955, 463. OLG Bamberg, JurBüro 1979, 438. Ebenso, Anm. Mümmler, JurBüro 1979, 439. OLG Hamm, JMBl.NW 1951, 226; JurBüro 1956, 231. So OLG Bamberg, JurBüro 1964, 32; OLG Stuttgart, AnwBl. 1959, 41. BGH, MDR 1959, 385; OLG München, NJW 1953, 1870; OLG Celle, NJW 1957, 593; OLG Koblenz, MDR 1968, 334.
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3040
ZPO
Herausgabe papier und kein Inhaberpapier; auch hier ist daher das Interesse des Herausgabeklägers maßgebend, das allerdings dem Guthaben entsprechen kann.1 3041
Das wird beispielsweise dann anzunehmen sein, wenn die Parteien mit der Herausgabeklage das streitige Recht an der Spareinlage entscheiden lassen wollen oder durch Herausverlangen auch der Sicherungskarte die Verfügungsgewalt beansprucht wird2 oder Gefahr besteht, dass der Beklagte über die Einlage verfügt.3
3042
Das KG4 will das nach § 3 ZPO zu schätzende Interesse des Klägers durchgehend nach dem Betrag des eingetragenen Sparkassenguthabens bemessen. Dies soll nach OLG Düsseldorf5 auch dann gelten, wenn sich der Beklagte nur mit einem Zurückbehaltungsrecht verteidigt.
3043
Wird der Herausgabeanspruch mit dem Feststellungsantrag verbunden, der Kläger sei Berechtigter hinsichtlich des Guthabens, dann liegen zwei selbständig zu bewertende Anträge vor. Indessen besteht hinsichtlich des eigentlichen Streitgegenstandes teilweise Deckungsgleichheit, so dass aus diesem Grunde eine Wertaddition ausscheidet. Es ist deshalb nur der höherwertige Anspruch zu berücksichtigen. Das wird dann, wenn keine Gefahr besteht, dass der Beklagte das Sparguthaben abhebt und dem Kläger deshalb voller Verlust droht, nur der Feststellungsanspruch sein. Denn in der Regel hat bei einer solchen Klagehäufung der Herausgabeanspruch lediglich das Ziel, die Geltendmachung der Forderung gegenüber der Bank zu erleichtern.6
3044
Der Streitwert einer Klage auf Herausgabe eines Sparbuchs bestimmt sich gem. § 6 ZPO auch dann nach dem Wert der verbrieften Forderung, wenn der Beklagte seine Verteidigung auf die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts (s. auch unten Rn. 3043 f.) beschränkt.7 • Urkunden
3045
Bei der Bewertung einer Klage auf Herausgabe von Urkunden muss unterschieden werden: Soweit der Besitz der Urkunden unmittelbar den Wert eines Rechts verkörpert – wie bei Inhaber- und weiteren Wertpapieren – ist nach § 6 ZPO dieser Wert maßgeblich. Bei einem Streit um die Herausgabe anderer Urkunden wird der Wert von dem Gericht gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen bestimmt.8 Siehe hierzu auch die hier behandelten, spezielleren Stichwörter „Wertpapiere“, „Bürgschaftsurkunde“, „Notarurkunden“, „Urteil“, „Versicherungsschein“ etc. • Urteil
3046
Bei einem Streit um die Herausgabe gerichtlicher Urteile wird der Wert gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Interessen des Klägers bestimmt.9
1 OLG Hamburg, JVBl. 1937, 247; OLG München, JurBüro 1974, 1169; LG Berlin, JVBl. 1937, 65. 2 KG, Rpfleger 1970, 96 = JurBüro 1970, 262. 3 OLG München, JurBüro 1974, 1169: aber konkrete Gefährdung nötig! 4 KG, JurBüro 1970, 262 mit krit. Anm. E. Schneider. 5 OLG Düsseldorf, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 141 = OLGR 1993, 266. 6 OLG Frankfurt, JurBüro 1975, 373. 7 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.7.1993 – 11 W 29/93, OLGR 1993, 266. 8 BGH, Beschl. v. 25.9.1992 – XII ZB 61/91, FamRZ 1992, 169 = BGH aktuell 1991, Nr. 40. 9 BGH, Beschl. v. 25.9.1992 – XII ZB 61/91, FamRZ 1992, 169 = BGH aktuell 1991, Nr. 40.
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Herausgabe • Versicherungsschein Besteht Streit über den Besitz an einem Versicherungsschein für eine Lebensversicherung, ist für die Berechnung des Streitwerts einer Klage auf Herausgabe der Urkunde § 6 ZPO nur dann anzuwenden, wenn der Besitz der Urkunde unmittelbar den Wert eines Rechts verkörpert, wie es z.B. bei Inhaberpapieren der Fall ist. Handelt es sich bei der herauszugebenden Urkunde aber – wie hier – um ein qualifiziertes Legitimationspapier, ist für die Wertfestsetzung auf § 3 ZPO abzustellen.1 Maßgebend ist also das Interesse des Beklagten, die Verurteilung zu beseitigen und die Versicherungspolice nicht herausgeben zu müssen.2
3047
• Versorgungsleistung Der Streitwert von Klagen, die auf die Wegnahme von Messeinrichtungen zur Unterbrechung der Energieversorgung durch Versorgungsbetriebe gerichtet sind, ist nicht gem. § 6 ZPO nach dem Wert dieser Einrichtungen, sondern gem. § 3 ZPO nach dem Interesse des Versorgungsunternehmens zu bemessen, im Falle der Nichtzahlung der Energiekosten nicht weiterhin durch Lieferung von Energie in Vorleistung gehen zu müssen.3 Denn dem Versorgungsunternehmen geht es nicht um die Herausgabe der Zähler und den Besitz daran, sondern um die Durchsetzung des Zurückbehaltungsrechts durch Unterbrechung der Versorgungsleistung. Das Interesse geht dahin, weiteren Schaden abzuwenden, was teilweise nur durch den Ausbau der Zähler möglich ist, der damit nur das Mittel zur Erfüllung des Interesses ist.
3048
Der Streitwert ist daher gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung des Interesses der Klägerin festzusetzen. Maßgeblich ist der Schaden, den die Klägerin bei Fortsetzung der Lieferung der Versorgungsleistung befürchten müsste. Abzustellen ist zum einen auf den Zeitraum, der üblicherweise zwischen der Entstehung des Duldungsanspruchs und dem Vorliegen einer entsprechenden vollstreckbaren Entscheidung liegt und zum anderen auf den in dieser Zeit voraussichtlich anfallenden Verbrauch, der in den festgesetzten Monatsabschlägen zum Ausdruck kommt.4 Welcher Zeitraum zwischen der Entstehung des Anspruchs und der Erlangung einer vollstreckbaren Entscheidung bei der Bemessung zugrunde zu legen ist, wird unterschiedlich beurteilt: Während teilweise davon ausgegangen wird, dass ein Jahresbetrag der Vorauszahlungen angemessen sei,5 geht die Rechtsprechung wohl überwiegend davon aus, dass binnen sechs Monaten mit einem erstinstanzlichen Urteil gerechnet werden kann.6 • Verwahrungsschein Der Verwahrungsschein stellt als Legitimationspapier nicht den Wert des verwahrten Gegenstandes dar; er erspart lediglich Beweisschwierigkeiten; wird seine
1 2 3 4
BGH, Beschl. v. 10.10.2001 – IV ZR 120/01, NJW-RR 2002, 573 = AGS 2002, 230. Vgl. BGH, Beschl. v. 14.10.1993 – IX ZR 104/93, WM 1993, 2229. OLG Schleswig, NZM 2009, 680 = NJW-RR 2010, 141. OLG Schleswig, NZM 2009, 680 = NJW-RR 2010, 141; so im Grundsatz: LG Itzehoe, ZMR 2008, 799; OLG Braunschweig, NJW-RR 2006, 1584; OLG Köln, ZMR 2006, 208; LG Bremen, Beschl. v. 5.6.2004 – 1 T 237/04. 5 So LG Itzehoe, ZMR 2008, 799; OLG Köln, ZMR 2006, 208; AG Neuruppin, WuM 2005, 596; LG Hamburg, ZMR 2004, 586. 6 So OLG Braunschweig, NJW-RR 2006, 1584; AG Oldenburg/Holstein, Urt. v. 22.4.2008 – 22 C 930/07; AG Hamburg, Beschl. v. 19.4.2007 – 518 C 451/06; LG Bremen, Beschl. v. 5.6.2004 – 1 T 237/04; OLG Schleswig, NZM 2009, 680 = NJW-RR 2010, 141.
Monschau
561
3049
Herausgabe
ZPO
Herausgabe verlangt, so richtet sich der Streitwert nicht gem. § 6 ZPO nach dem Wert des verwahrten Gegenstandes, sondern ist gem. § 3 ZPO zu schätzen.1 • Vollmachtsurkunde 3050
Wird eine Vollmachtsurkunde herausverlangt, so ist nach § 3 ZPO zu bewerten. Die herausverlangte Urkunde verkörpert selbst keinen Wert, so dass § 6 ZPO als Grundlage für die Streitwertfestsetzung ausscheidet. Das Interesse des Klägers liegt darin, sich gegen Schäden durch Missbrauch der Urkunde zu schützen. Deshalb ist für die Wertbemessung von Bedeutung, ob und in welchem Umfang überhaupt Schäden durch einen Missbrauch der Vollmacht möglich und zu befürchten waren.2 • Vollstreckungstitel
3051
Hat der Beklagte nach Titelschaffung gegen die titulierte Forderung wirksam aufgerechnet, so kann er Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO oder analog § 371 BGB die Klage auf Herausgabe des Titels erheben. Das Antragsinteresse ist in beiden Fällen gleich. Der Streitwert ist nach § 3 ZPO zu bemessen, wobei auf das Interesse des Schuldners abzustellen ist, eine missbräuchliche Benutzung des Titels zu verhindern, sowie auf die Größe der Gefahr, dass dies geschehe.3
3052
Einstweilen frei. • Wertpapiere
3053
Der Streitwert einer Klage, die auf Herausgabe von Wertpapieren gerichtet ist, bestimmt sich gem. §§ 4, 6 ZPO nach deren Kurswert im Zeitpunkt der Klageerhebung.
3054
Bei den echten Order- und Inhaberpapieren (Wertpapiere mit sog. öffentlichem Glauben) ist stets das verbriefte Recht Streitgegenstand und deshalb auch sein Wert bestimmend.4
3055
Der Streitwert einer Klage auf Herausgabe von Börsenpapieren ist nicht gleich dem Steuerkurswert; maßgebend ist vielmehr der Börsenkurswert, und zwar unter Berücksichtigung des § 15 GKG.
3056
Bei der Ermittlung des Streitwertes bleiben jedoch Dividende und Bezugsrechte auf junge Aktien außer Betracht.5
3057
Der Streitwert für die Herausgabe von Wechseln bemisst sich nach dem Interesse an der Herausgabe; er ist nach § 3 ZPO zu schätzen.6
3058
Voraussetzung ist aber, dass die Wechsel noch realisierbar sind. In einem Fall, in dem das nach den übereinstimmenden Darlegungen der Parteien zu verneinen war, hat sich das OLG Köln an dem Richtwert für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten orientiert und das Herausgabeinteresse des Klägers mit 1/10 des Nominalwerts bemessen. Selbst das kann unter Umständen noch zu hoch gegriffen sein. 1 LG Flensburg, JurBüro 1950, 146. 2 KG, JurBüro 1970, 794 = Rpfleger 1970, 353 = WM 1970, 1305. 3 OLG Köln, JurBüro 1979, 1701; zustimmend BGH, FamRZ 1992, 169 = EzFamR ZPO § 3 Nr. 23. 4 LG Kiel, JurBüro 1964, 212. 5 OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 159. 6 LG Kiel, JurBüro 1964, 212: Wechselsumme 8200 DM; Streitwert 1500 DM; OLG Düsseldorf, AnwBl. 1994, 47 = JurBüro 1994, 494: volle Wechselsumme, wenn ein fälliger Wechsel noch nicht bezahlt ist.
562
Monschau
Hilfsantrag Wird ein bereits bezahltes Wertpapier herausverlangt, um der Möglichkeit des Missbrauchs vorzubeugen, dann ist nur darauf abzustellen, dass der Kläger sich vor erneuter Inanspruchnahme aus dem Papier schützen will.1 Es kommt dann darauf an, wie groß diese Gefahr aus der Sicht des Klägers ist; dieser muss dazu substantiiert darlegen.
3059
• Zurückbehaltungsrecht Wird auf Herausgabe einer Sache geklagt, und macht der Beklagte ein Zurückbehal- 3060 tungsrecht wegen einer Gegenforderung geltend, so bestimmt sich auch bei unstreitigem Herausgabeanspruch, aber (lediglich) streitiger Gegenforderung der Streitwert nach herrschender Meinung nur nach dem Wert der herauszugebenden Sache. So wird der Streitwert einer Klage auf Herausgabe einer Sache mit deren Wert, und nicht nur mit dem des noch offenen Restkaufpreises angenommen.2 Das OLG Frankfurt lässt allerdings dahingestellt, ob das auch dann gilt, wenn nur ein Gegenrecht von im Verhältnis zur Klageforderung außerordentlich geringem Wert streitig ist.3 Einstweilen frei.
3061
3062–3081
Hilfsantrag Literatur: Schneider, MDR 1988, 462; Merle, MDR 1971, 976 und Speckmann, MDR 1972, 480; Kion, Eventualverhältnisse im Zivilprozess, Berlin 1971, § 14; Rütter, VersR 1989, 1241; Fleischmann, Sachliche Zuständigkeit bei Haupt- und Hilfsantrag, NJW 1993, 506; Sänger, Klagenhäufung und alternative Klagebegründung, MDR 1994, 860; Emde, Kostenentscheidungen bei Haupt- und Hilfsantrag, MDR 1995, 990; Lappe, NJW 2004, 2409; Lappe, NJW 2009, 478. Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 3082
2. Bescheidung des Hilfsantrags . . . 3092 II. Verschiedenheit der Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3097
B. Zuständigkeitsstreitwert. . . . . . . 3086 C. Gebührenstreitwert . . . . . . . . . . 3087 I. Entscheidung über den Hilfsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . 3089 1. Stattgabe des Hauptantrags . . . . . 3090
D. Rechtsmittel und Beschwer . . . . 3100 E. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3102
A. Allgemeines Die Zulässigkeit der bedingten Stellung eines von mehreren Klageanträgen ist, soweit sie unter dem Vorbehalt des Eintritts einer innerprozessualen Bedingung steht, allgemein anerkannt4 und wird auch von § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG (§ 19 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F.) vorausgesetzt. 1 LG Kiel, JurBüro 1964, 212. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.12.1969 – 6 W 387/69, NJW 1970, 334; OLG Bamberg, Beschl. v. 11.2.1971 – 1 W 5/71, JurBüro 1971, 456; OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.11.1983 – 8 W 46/83, AnwBl. 1984, 94. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.11.1983 – 8 W 46/83, AnwBl. 1984, 94. 4 BGH, Urt. v. 14.11.1994 – II ZR 160/93, MDR 1995, 704 = NJW 1995, 1353; Zöller/Greger, § 260 ZPO Rn. 4 m.w.N.
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3082
Hilfsantrag Vom Eventualantrag zu unterscheiden ist die bedingte Klagerhebung, dass also der Kläger die Erhebung seiner ganzen Klage von dem Eintritt einer Bedingung abhängig macht, was nur im Wege der Hilfswiderklage zulässig ist und unter diesem Stichwort streitwertrechtlich behandelt wird. Unzulässig ist daher die für den Fall der Abweisung des Hauptantrages gegen einen Dritten erhobene Klage (eventuelle subjektive Klagehäufung), da es hier an der Möglichkeit einer innerprozessualen Bedingung im Verhältnis des Klägers zum Dritten fehlt.1
3084
Auch ist zwischen echtem und unechtem Hilfsantrag zu unterscheiden. Während der echte Hilfsantrag (auch Eventualklagehäufung) für den Fall der Abweisung des Hauptantrages gestellt wird, baut der unechte Hilfsantrag auf dem Hauptantrag auf, steht zu diesem folglich nicht in einem Eventualverhältnis, sondern teilt mit diesem nur den Erfolg bzw. Misserfolg.2 Der abweichenden Ansicht,3 wonach der Wortlaut von § 45 Abs. 3 GKG nicht zwischen echtem und unechtem Hilfsantrag differenziere und daher auch für den uneigentlichen Hilfsantrag gelte, ist daher nicht zu folgen.
ZPO
3083
Die demnach grundsätzlich gebotene Addition der Einzelwerte gem. § 5 ZPO bzw. § 39 GKG scheitert jedoch häufig daran, dass mit beiden Anträgen – wirtschaftlich betrachtet – dasselbe Ziel verfolgt wird. Wertbestimmend ist bei wirtschaftlicher Identität der Anträge immer nur der höchste Einzelwert. Das gilt insbesondere für die auf Herausgabe mit Fristsetzung und für den Fall von deren Versäumung auf Zahlung von Wertersatz gerichteten Klage (§§ 255, 259 ZPO). Da sich der Wert des Herausgabeantrags nach dem Verkehrswert zum Zeitpunkt der Klageeinreichung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ZPO bzw. § 40 GKG) bemisst, kann im Einzelfall der auf Zahlung des Wiederbeschaffungswertes (zum Zeitpunkt der Anspruchsentstehung) gerichtete Zahlungsantrag über dem des Herausgabeantrages liegen und daher wertbestimmend sein.4 Die Differenz zur gegenteiligen Ansicht besteht daher regelmäßig nur darin, dass bei einer analogen Anwendung von § 45 Abs. 3 GKG ein wirtschaftlich gleichwertiger, den Herausgabeantrag wertmäßig übersteigender Ersatzanspruch erst bei dessen Bescheidung die Wertbestimmung beeinflusst. 3085
Schließlich ist der Hilfsantrag von der – streitwertrechtlich – unerheblichen Hilfsbegründung abzugrenzen. Während mit dem echten Eventualantrag ein eigenständiger Streitgegenstand in den Prozess eingeführt wird, betreffen Hilfsbegründungen nur unterschiedliche rechtliche Herleitungen des Klageantrages aus demselben Lebenssachverhalt. Sie bleiben daher wertmäßig immer unberücksichtigt.5 Siehe dazu im Einzelnen unter dem Stichwort „Hilfsbegründungen“.
1 Zöller/Greger, § 253 ZPO Rn. 1. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 8.9.2009 – 19 W23/09; LAG Nürnberg, Beschl. v. 16.12.2004 – 4 Ta 255/04; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Unechter Hilfsantrag“ Rn. 1; Lappe, Anm. zu BGH, KostRsp. § 5 Nr. 92. 3 BGH, Urt. v. 13.5.1996 – II ZR 275/94, MDR 1996, 1135 – zu § 19 Abs. 1 GKG a.F.; KG, Beschl. v. 8.9.2009 – 19 W 23/09; im Ergebnis ebenso OLG Jena, Beschl. v. 24.8.1998 – 5 W 513/98, OLGR 1999, 100; LAG Nürnberg, Beschl. v. 13.3.2008 – 6 Ta 57/08, AGS 2008. 359; LAG Niedersachen, Beschl. v. 16.12.2004 – 15 Ta 53/09, ArbuR 2009, 227; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 5.12.2009 – 6 Ta 583/06. 4 Insoweit zutreffend KG Berlin, Beschl. v. 8.9.2009 – 19 W 23/09; ebenso OLG Jena, Beschl. v. 24.8.1998 – 5 W 513/98, OLGR 1999, 100; LG Köln, Beschl. v. 20.12.1983 – 13 T 82/83, MDR 1984, 501. 5 BGH, Beschl. v. 14.1.2010 – VII ZR 162/08: zeitbezogene, aber nicht (höchst)betragsmäßige Schadensberechnung; Beschl. v. 27.2.2003 – III ZR 115/02, BGHR 2003, 576 = MDR 2003, 716; OLG Bremen, JurBüro 1979, 731; OLG Celle, Beschl. v. 25.2.2000 – 13 W 14/00, OLGR 2001, 47.
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Kurpat
Hilfsantrag
B. Zuständigkeitsstreitwert Da es sich nicht um eine kumulative Anspruchshäufung handelt, ist § 5 Hs. 1 ZPO nach allgemeiner Ansicht nicht anwendbar. Für den Wert maßgebend ist vielmehr nur der höherwertige Klageantrag.1
3086
Daher ist das Landgericht auch dann sachlich zuständig, wenn nur der höherwer- 3086a tige Hilfsantrag gem. §§ 23, 71 GVG in dessen Zuständigkeit fällt. Unerheblich ist insoweit, ob es später zu einer Entscheidung über den höherwertigeren Hilfsantrag kommt oder bereits dem Hauptantrag stattgegeben wird. Denn der Hilfsantrag wird unabhängig vom Bedingungseintritt mit seiner Zustellung – auflösend bedingt – rechtshängig.2 Da für den Zuständigkeitsstreitwert der Zeitpunkt der Einreichung der Klage entscheidend ist (§ 4 Abs. 1 ZPO), bleibt eine Veränderung der die Zuständigkeit tragenden Umstände auf die einmal begründete Zuständigkeit ohne Einfluss, 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Die Verweisung (§ 281 ZPO) der mit einem in die Zuständigkeit des Landgerichts fallenden Hilfsantrag vor dem Amtsgericht erhobenen Klage ist daher bereits vor Bedingungseintritt geboten.3
C. Gebührenstreitwert Erstmals mit dem KostRÄndG 1994 hat der Gesetzgeber in § 19 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. die Wertaddition von Haupt- und mitbeschiedenem Eventualantrag eingeführt und damit den Hilfsantrag der Hilfsaufrechnung gleichgestellt. Diese Regelung ist mit der Neufassung des GKG durch das KostRMoG 2004 in § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG unverändert übernommen worden.
3087
Voraussetzung für eine Addition der Werte von Haupt- und Hilfsantrag ist, dass 3088 „eine Entscheidung über ihn ergeht“ und Haupt- und Hilfsantrag nicht „denselben Gegenstand“ (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG entspricht § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F.) betreffen. Zusätzlich bedarf es einer getrennten Wertfestsetzung, wenn für die verschiedenen Anträge verschiedene Gebühren entstehen, z.B. weil in einem noch nach der BRAGO abzurechnenden Verfahren nur über einen von ihnen Beweis erhoben wurde.
I. Entscheidung über den Hilfsantrag Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 ZPO erhöht sich der Streitwert bei der Eventualklagehäufung mit Anhängigkeit des Hilfsantrags, aber nur soweit über den Hilfsantrag entschieden wird.4 Für die Streitwertbemessung ist maßgeblich, ob das Gericht bei seiner Entscheidung den Hilfsantrag berücksichtigt und – bejahendenfalls – über den Bestand der mit ihm geltend gemachten Forderung entschieden hat. Folgende Fallgestaltungen kommen in Betracht:
1 KG, OLGZ 79, 348; OLG Rostock, Beschl. v. 23.10.2007 – 7 W 75/07, OLGR 2008, 170; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Echte Hilfsanträge“ Rn. 1; Lappe, Anm. zu BGH KostRsp. § 5 Nr. 92; Zöller/Greger, § 260 ZPO Rn. 7; a.A. Fleischmann, NJW 1993, 506: maßgebend allein der Wert des Hauptantrags. 2 Zöller/Greger, § 260 ZPO Rn. 4. 3 Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986, § 20 III; Lappe, Anm. zu BGH, KostRsp. § 5 Nr. 92; Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 37; a.A. Fleischmann, NJW 1993, 506 (507). 4 OLG München, Beschl. v. 12.11.2008 – 1 W 2319/08 – unter zutreffender Zurückweisung der vom Ausgangsgericht erst ab Urteilsverkündung angenommenen Werterhöhung.
Kurpat
565
3089
ZPO
Hilfsantrag 1. Stattgabe des Hauptantrags 3090
Erfolgt bereits eine Stattgabe des Hauptantrags, dann fehlt es an einem Bedingungseintritt für die Erhebung des Hilfsantrags. Die Rechtshängigkeit des Hilfsantrags entfällt rückwirkend, so dass eine Entscheidung insoweit nicht mehr möglich ist. Für eine Wertaddition ist kein Raum. Das gilt nach der neueren Rechtsprechung auch für den Gegenstandswert der anwaltlichen Gebühren, insbesondere erlaubt § 33 RVG keine Zusammenrechnung der Werte des Hauptantrags und des unbeschiedenen Hilfsantrags.1
3091
Dies gilt – entgegen der Ansicht des OLG Köln – nicht, wenn noch vor der Entscheidung über den Hilfsantrag die Klage hinsichtlich des Hauptantrags zurückgenommen und allein noch der bisherige Hilfsantrag weiterverfolgt wird. Hier wird der bisherige Hilfsantrag nunmehr als allein verbleibender Hauptantrag beschieden,2 so dass zwar kein Fall des § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG vorliegt. Jedoch handelt es sich um eine Klageänderung in Form eines Klagewechsels, der zumindest für einzelne Gebühren eine Wertaddition erfordert. Siehe hierzu unter dem Stichwort „Klageänderung“, Rn. 3318 ff. 2. Bescheidung des Hilfsantrags
3092
Nach überwiegender Ansicht bedarf es für eine Wertaddition einer der materiellen Rechtskraft fähigen Entscheidung über den hilfsweise geltend gemachten Anspruch.3 Dabei ist zu beachten, dass – abweichend von der Regelung zur Hilfsaufrechnung – hier die sachliche Bescheidung des Anspruchs immer in vollem Umfang seiner Geltendmachung in Rechtskraft erwächst (§ 322 Abs. 1 ZPO) und daher die Berücksichtigung des Hilfsanspruchs nicht auf die Höhe des (mit dem Hauptantrag) geltend gemachten Klagebetrags beschränkt ist.4
3093
An einer wirksamen Entscheidung über den Hilfsantrag fehlt es, wenn das Gericht die Zulässigkeit des Hauptantrags prozessordnungswidrig offen lässt und sich damit über das nach § 308 ZPO verbindliche Eventualverhältnis hinwegsetzt.5
3094
Wird über den Hilfsantrag deshalb sachlich nicht entschieden, weil er über eine nicht zugelassene Klageänderung in den Prozess eingeführt worden ist, ist für eine Wertaddition folgerichtig kein Raum.6
3095
Eine Zusammenrechnung kommt nach richtiger Auffassung ebenfalls nicht in Betracht, wenn bereits die Zulässigkeit des Hilfsantrags verneint wird und deshalb eine Sachentscheidung über den damit geltend gemachten Anspruch ausbleibt. Be1 KG, Beschl. v. 11.6.2007 – 20 U 150/04, JurBüro 2007, 488 (Ls.); OLG Brandenburg, NJOZ 2006, 3384; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.3.2007 – 7 W 1/07, AGS 2007, 470; OLG Köln, Beschl. v. 23.7.2008 – 22 U 141/07. 2 OLG Köln, Beschl. v. 7.10.1996 – 26 W 13/96, OLGR 1997, 56 = JurBüro 1997, 435; ebenso Hartmann, KostG, § 45 GKG Rn. 31. 3 OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.7.1997 – 7 W 21/97, OLGR 1998, 70; OLG Frankfurt, NJWRR 1996, 1063; OLG Nürnberg, Beschl. v. 26.6.1979 – 5 U 183/78, MDR 1980, 238 = JurBüro 1980, 739; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Echte Hilfsanträge“ Rn. 6; Emde, MDR 1995, 990 (991); Sänger, MDR 1994, 860 (861); Zöller/Greger, § 260 ZPO Rn. 7. 4 Zutreffend daher OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.5.2008 – 8 U 136/07-38, OLGR 2008, 746. 5 BGH, Beschl. v. 14.4.1999 – IV ZR 253/98, NJW-RR 1999, 1157 – zur Beschwer; Thomas/ Putzo/Hüßtege, § 5 ZPO Rn. 6. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.12.1981 – 10 W 98/81, Rpfleger 1982, 161; OLG Nürnberg, Beschl. v. 26.6.1979 – 5 U 183/78, JurBüro 1980, 739 mit zust. Anm. Mümmler = MDR 1980, 238; hier zust. OLG München, Beschl. v. 29.1.1997 – 15 W 3507/96, OLGR 1997, 153; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Echte Hilfsanträge“ Rn. 6.
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Kurpat
Hilfsantrag ruht die Abweisung des Hilfsantrags auf dem Fehlen von Sachurteilsvoraussetzungen, beispielsweise auf mangelnder Zuständigkeit, ist für eine Wertaddition kein Raum.1 Denn mit der seinerzeit durch das KostRÄndG 1994 für den Hilfsantrag aufgenommenen Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. (jetzt § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG) wollte der Gesetzgeber einen bewertungsrechtlichen Gleichlauf von Hilfsanspruch und -aufrechnung erreichen.2 Dem steht der in § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG fehlende Zusatz einer „der Rechtskraft fähigen“ Entscheidung nicht entgegen.3 Die wörtliche Bezugnahme auf die Rechtskraft dient bei Hilfsaufrechnungen allein dazu, die Bindung der Werterhöhung an den Umfang der Rechtskraft („soweit“) zu verdeutlichen. Denn § 45 Abs. 1 GKG stellt ebenso wie die für die Hilfsaufrechnung geltende Regelung auf eine Entscheidung über „den Anspruch“ bzw. „die Gegenforderung“ ab. Eine auf Zulässigkeitserwägungen beruhende Bescheidung allein der Prozesshandlung, d.h., des Antrages bzw. des Aufrechnungseinwandes (die „Geltendmachung“) reicht. In diesem Fall fehlt es an einem Ausspruch über die Begründetheit des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs.
3096
II. Verschiedenheit der Gegenstände Sind Haupt- und Hilfsantrag auf „denselben Gegenstand“ gerichtet, entfällt auch bei einer sachlichen Bescheidung des Hilfsantrages eine Wertaddition. Maßgebend ist dann nur der höhere Wert, § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Hierbei besteht Einigkeit, dass der Gegenstand des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG mit dem des (zweigliedrigen) Streitgegenstands des Prozessrechts nicht identisch ist.4 Insoweit unterscheidet sich die Wertbestimmung nicht von der Beurteilung bei Klage und Widerklage.
3097
Maßgebend für die Streitwertberechnung ist allein das im jeweiligen Klagebegehren zum Ausdruck kommende Interesse. Nur wenn sich das dem Haupt- und Hilfsantrag zugrunde liegende klägerische Interesse – wirtschaftlich betrachtet – auf denselben Gegenstand richtet, scheidet eine Zusammenrechnung aus.5 Dies ist nach Ansicht des BGH der Fall, wenn Haupt- und Hilfsansprüche einander ausschließen und damit notwendigerweise die Zuerkennung des einen Anspruchs mit der Aberkennung des anderen verbunden ist.6 Eine Wertaddition ist demgegenüber grundsätzlich dort vorzunehmen, wo durch das Nebeneinander von
3098
1 OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.7.1997 – 7 W 21/97, OLGR 1998, 70; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Echte Hilfsanträge“ Rn. 6; a.A. OLG München, Beschl. v. 29.1.1997 – 15 W 3507/96, OLGR 1997, 153; Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986, S. 251; Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts, S. 64. 2 OLG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 20.4.2012 – 10 U 24/10; OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.7.1997 – 7 W 21/97, OLGR 1998, 70. 3 So aber Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986, S. 251; Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts, S. 64. 4 BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506; Urt. v. 28.9.1994 – XII ZR 50/94, MDR 1995, 198 = NJW 1994, 3292; OLG Rostock, Beschl. v. 23.10.2007 – 7 W 75/07, NJ 2008, 82 (Ls.); OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.5.2008 – 8 U 136/07, OLGR 2008, 746; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Echter Hilfsantrag“ Rn. 7; Lappe, Anm. zu OLG Karlsruhe, KostRsp. § 19 GKG Nr. 139. 5 BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506; LAG Brandenburg, Beschl. v. 1.9.2000 – 6 Ta 70/00, JurBüro 2001, 95; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.8.1988 – 10 W 34/88, JurBüro 1988, 1551 = MDR 1988, 1067; NJW 1976, 247; OLG Köln, Beschl. v. 11.9.1989 – 24 W 26/89, JurBüro 1990, 121; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.5.2008 – 8 U 136/07, OLGR 2008, 746; LAG Stuttgart, JurBüro 1992, 626; Hartmann, KostG, § 45 Rn. 11; N. Schneider, MDR 2003, 237 = Anm. zu OLG Düsseldorf, MDR 2003, 236. 6 BGH, Beschl. v. 6.6.2013 – 1 ZR 190711; Beschl. v. 27.2.2003 – III ZR 115/02, MDR 2003, 716; BGHZ 43, 31 = MDR 1965, 291.
Kurpat
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Hilfsantrag
ZPO
Haupt- und Hilfsantrag eine „wirtschaftliche Werthäufung entsteht“.1 Dass der Kläger beide Anträge ggf. auf dieselbe Anspruchsgrundlage stützt, ist für die Prüfung ohne Bedeutung.2 Zu den Einzelheiten betreffend die „Wirtschaftliche Identität“ s. unter dem Stichwort „Klage und Widerklage“, Rn. 3305 ff. sowie „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“, Rn. 3653 ff. 3099
Regelmäßig wird bei einem verdeckten Hilfsantrag von einem vom Hauptantrag verschiedenen Gegenstand auszugehen sein, da der Kläger nur äußerlich einen Antrag stellt, diesen jedoch auf zwei (wirtschaftlich) eigenständige Lebenssachverhalte stützt.3 Keine wirtschaftlich eigenständigen Sachverhalte liegen jedoch vor, wenn der Klageantrag auf einer Saldierung verschiedener Vergütungsansprüche auf einer Geschäftsbeziehung beruht, Uneinigkeit über die Zuordnung – unstreitig – erbracher (Teil)Zahlungen entsteht und der Kläger sein Klagebegehren deshalb hilfsweise auf den seiner Ansicht nach bereits beglichenen Teil der Ansprüche stützt.4
D. Rechtsmittel und Beschwer 3100
Hinsichtlich der Beschwer und Beschwerdegegenstand sind die Streitwerte von Hauptantrag und ggf. mehreren Hilfsanträgen zusammenzurechnen, wenn der Kläger, der mehrere voneinander unabhängige Forderungen aus selbständigen Rechtsverhältnissen in einem mehrfach gestaffelten Hilfsverhältnis geltend gemacht hat, mit seiner Klage abgewiesen worden ist und sein Begehren im höheren Rechtszug uneingeschränkt weiter verfolgt.5
3101
Hilfsanträge, die wegen fehlenden Bedingungseintritts unentschieden bleiben oder deren Gegenstand mit dem des Hauptantrages identisch ist, bleiben der Berechnung der Beschwer des Klägers unberücksichtigt.
E. Vergleich 3102
Die Beendigung des Rechtsstreits durch einen Vergleich allein über den Hauptantrag führt nicht zu einer Streitwertaddition. Darüber, ob die Forderung des Hilfsantrages in den Vergleich einbezogen worden ist, entscheidet der sachliche Gehalt der Vereinbarung, nicht der bloße Wortlaut.6
3103
Wird die mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Forderung in den Vergleich einbezogen, dann erhöht sich der Gegenstandswert des Vergleichs um den Wert des Hilfsantrages, soweit der Hilfsantrag nicht mit dem Hauptantrag wirtschaftlich
1 BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506 – zu Klage und Widerklage, dabei jedoch für die Feststellung der Werthäufung auf die Identitätsformel des RG abstellend; OLG München, Beschl. v. 24.9.2012 – 5 W 1650/12, NJW-RR 2013, 441; OLG Rostock, Beschl. v. 23.10.2007 – 7 W 75/07, OLGR 2008, 170 = NJ 2008, 82 (Ls.). 2 BGH, Beschl. v. 27.2.2003 – III ZR 115/02, NJW-RR 2003, 713 = MDR 2003, 716. 3 OLG Bamberg, Beschl. 21.5.2008 – 3 U 34/07; OLG Celle, Beschl. v. 25.2.2000 – 13 W 14/00, OLGR 2001, 47; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Hilfsantrag“ Rn. 7. 4 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.5.2008 – 8 U 136/07, OLGR 2008, 746 – anwaltliche Gebührenansprüche aus verschiedenen Mandaten. 5 BGH, Beschl. v. 24.2.1994 – VII ZR 131/93, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 92 mit Anm. Lappe und Herget; Beschl. v. 14.10.1993 – VII ZR 122/93, WPM 1994, 181 = NJW-RR 1994, 701; KostRsp. ZPO § 5 Nr. 92 mit Anm. Lappe und Herget; Beschl. v. 10.10.1983 – III ZR 87/83, MDR 1984, 208 = NJW 1984, 371. 6 OLG Köln, JurBüro 1975, 506 = JMBl.NW 1975, 143 – zur Hilfswiderklage.
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Hilfsbegrndungen identisch ist, § 45 Abs. 1 Satz 3 u. Abs. 4 GKG (§ 19 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 GKG a.F.). Hierüber besteht kein Streit.1 Erledigen sich Hauptantrag und Hilfsantrag dadurch, dass die Parteien einen umfassenden Prozessvergleich darüber abschließen, dann steht das einer gerichtlichen Entscheidung gleich, so dass sich auch der Verfahrenswert erhöht, § 45 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 4 GKG (§ 19 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 4 GKG a.F.). Dabei ist die Werterhöhung auch nicht davon abhängig, dass zum Zeitpunkt des Vergleichsschluss die innerprozessuale Bedingung des Hilfsantrages, nämlich die negative Bescheidung des Hauptantrages, bereits eingetreten war.2
3104
Die Gegenansicht verkennt die Reichweite von § 45 Abs. 4 GKG (§ 19 Abs. 4 GKG a.F.). Käme es auf den Bedingungseintritt an, würde (auch) eine Erhöhung des Verfahrenswertes im Fall der mitverglichenen Hilfsaufrechnungsforderung ausscheiden. Denn auch hier ist das Gericht gem. § 308 ZPO erst dann zu einer Entscheidung über die Gegenforderung berechtigt, wenn es zuvor (positiv) über den Bestand der Klageforderung entschieden hat. Wäre daher eine tatsächliche Entscheidung für die Werterhöhung Voraussetzung, liefe die – nur für die Gerichtsgebühren, mithin für den Verfahrenswert aufgestellte – Verweisung des § 45 Abs. 4 GKG (§ 19 Abs. 4 GKG a.F.) ins Leere, eine dem Wortlaut widersprechende, damit unzulässige und – soweit ersichtlich – von niemandem vertretene Gesetzesauslegung. Stellt aber § 45 Abs. 4 GKG (§ 19 Abs. 4 GKG a.F.) bei der mitverglichenen Hilfsaufrechnungsforderung für den Verfahrenswert gerade nicht auf den Bedingungseintritt ab, ist dieser auch bei einem Vergleich über Ansprüche entbehrlich, die Gegenstand eines Hilfsantrages oder einer Hilfswiderklage sind. Denn eine Unterscheidung zwischen diesen prozessualen Fallgestaltungen ist § 45 Abs. 4 GKG nicht zu entnehmen. Vielmehr wird mit der gesetzgeberischen Vorgabe, die § 45 Abs. 1 bis 3 GKG (§ 19 Abs. 1 bis 3 GKG a.F.) „entsprechend“ anzuwenden, die vergleichsweise Regelung dem Bedingungseintritt gleichgestellt.
3105
Bei der Prüfung der Wertaddition ist zu beachten, dass Haupt- und Hilfsanspruch häufig zumindest teilweise wirtschaftlich identische Klagebegehren zugrunde liegen.
3106
Hilfsbegrndungen Echte Hilfsbegründungen (Alternativbegründungen), die ein und denselben gebüh- 3107 renrechtlichen Gegenstand betreffen, sind für die Wertfestsetzung unbeachtlich.3 Denn anders als bei der (objektiven) Klagehäufung, der eine Mehrheit von Streitgegenständen zugrunde liegt, wird hier das Klagebegehren bei gleich bleibendem Klagegrund nur auf mehrfache rechtliche Begründungen gestützt.4 So ändert sich der Streitwert beispielsweise nicht dadurch, dass der Kläger sein Zahlungsbegehren auf vertragliche Ansprüche und (für deren Fehlen) hilfsweise
1 OLG Köln, Beschl. v. 22.2.1996 – 18 W 57/94, JurBüro 1996, 476 = NJW-RR 1996, 1278. 2 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 18; offen lassend KG, Beschl. v. 3.6.2003 – 1 W 495/02, MDR 2004, 56; a.A. OLG Köln, Beschl. v. 22.2.1996 – 18 W 57/94, JurBüro 1996, 476 = NJW-RR 1996, 1278. 3 BGH, Beschl. v. 14.1.2010 – VII ZR 162/08: zeitbezogene, aber nicht (höchst)betragsmäßig abweichende Schadensberechnung; Beschl. v. 27.2.2003 – III ZR 115/02, MDR 2003, 716; OLG Bremen, JurBüro 1979, 731. 4 OLG Celle, Beschl. v. 25.2.2000 – 13 W 14/00, OLGR 2001, 47; Zöller/Greger, § 260 ZPO Rn. 1.
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3108
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Hilfswiderklage auf Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung stützt. An solche Rangfolgen der Anspruchsgrundlagen ist das Gericht nicht gebunden.1 3109
Verbirgt sich hingegen hinter der Hilfsbegründung ein (verdeckter) Hilfsantrag, gelten die Bewertungsregeln für Haupt- und Hilfsantrag. Dies ist dann zu bejahen, wenn durch eine rechtliche und tatsächliche Hilfsbegründung ein eigenständiger Lebenssachverhalt in den Prozess eingeführt wird.2 Eine formale Antragstellung ist dafür nicht erforderlich.3 Zur streitwertrechtlichen Behandlung des (verdeckten) Hilfsantrags s. das Stichwort „Hilfsantrag“.
Hilfswiderklage Literatur: Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986, § 20 III; Schneider, MDR 1988, 462; Sänger, Klagenhäufung und alternative Klagebegründung, MDR 1994, 860.
A. Allgemeines 3110
Die Hilfswiderklage (auch Eventualwiderklage) wird heute allgemein als zulässig angesehen.4 Neben der eigentlichen Hilfswiderklage, die an den Erfolg der Klage anknüpft, gibt es die uneigentliche Hilfswiderklage, die für den Fall des Misserfolges der Klage erhoben wird.5 Der Primärantrag des Beklagten geht in beiden Fällen auf Klageabweisung.
3111
Wichtigster Anwendungsfall ist die Prozesslage, bei der sich der Beklagte mit einer Primäraufrechnung verteidigt, aber z.B. wegen eines vertraglich vereinbarten Aufrechnungsverbots ungewiss ist, ob diese Aufrechnung zugelassen wird. Hier kann der Beklagte seinen Gegenanspruch zugleich hilfsweise widerklagend verfolgen.6
B. Zuständigkeitsstreitwert 3112
Wie auch bei der unbedingt erhobenen Widerklage hat eine Wertaddition gem. § 5 Hs. 2 ZPO zu unterbleiben.7 Fällt die Hilfswiderklage aufgrund ihres Wertes in die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts (§ 71 GVG), dann ist bis dahin ein
1 Rosenberg/Schwab, ZPR, § 65 IV 4; Nikisch, Streitgegenstand im Zivilprozess, 1935, S. 145; Schwab, Streitgegenstand im Zivilprozess, 1954, S. 91 ff.; Habscheid, Streitgegenstand im Zivilprozess, 1956, S. 251 f.; Baumgärtel, Wesen und Begriff der Prozesshandlung einer Partei im Zivilprozess, 1957, S. 135; RGZ 55, 244. 2 BGH, Urt. v. 13.2.1992 – III ZR 28/90, MDR 1992, 708; OLG Bamberg, Beschl. v. 21.5.2008 – 3 U 34/07; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.6.2006 – 15 W 17/06; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Echte Hilfsanträge“ Rn. 7. 3 So auch OLG Celle, Beschl. v. 25.2.2000 – 13 W 14/00, OLGR 2001, 47; OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.5.1986 – 8 W 14/86, NJW-RR 1986, 1063 zu § 19 GKG a.F.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.6.2006 – 15 W 17/06; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.5.2008 – 8 U 136/07, OLGR 2008, 746; a.A. Meyer, § 45 GKG Rn. 18. 4 Vgl. BGHZ 21, 13 = NJW 1956, 1478; Zöller/Greger, § 253 ZPO Rn. 1 m.w.N. 5 BGH, Urt. v. 13.5.1996 – II ZR 275/94, MDR 1996, 1135. 6 BGH, Beschl. v. 14.7.1999 – VIII ZR 70/99, NJW-RR 1999, 1736; Urt. v. 10.7.1961 – VIII ZR 64/80, NJW 1961, 1862; Beschl. v. 14.7.1999 – VIII ZR 70/99, NJW-RR 1999, 1736; Urt. v. 10.7.1961 – VIII ZR 64/80, NJW 1961, 1862. 7 Schneider, MDR 1988, 462.
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Hilfswiderklage vor dem Amtsgericht geführter Rechtsstreit auf Antrag gem. § 506 ZPO insgesamt an das zuständige Landgericht zu verweisen. Hierbei ist eine Verweisung gem. § 506 ZPO bereits mit der Erhebung der Hilfswiderklage und nicht erst bei Bedingungseintritt geboten.1 Denn der vom Beklagten mit der Hilfswiderklage geltend gemachte Anspruch wird mit deren Zustellung rechtshängig und ist damit wertbestimmend. Insoweit unterscheidet sich die Situation nicht von der des gegenüber dem Hauptantrag in die Zuständigkeit des Landgerichts fallenden Hilfsantrages (s. hierzu unter dem Stichwort „Hilfsantrag“).
3113
C. Gebührenstreitwert I. Anwendbare Vorschriften Auf die Hilfswiderklage ist die Vorschrift des § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG unmittelbar 3114 anzuwenden, da auch sie eine echte Klage ist.2 Die Streitwerte von Klage und Hilfswiderklage sind danach zusammenzurechnen, wenn über die Hilfswiderklage entschieden wird3 und beide Klagebegehren nicht „denselben Gegenstand“ betreffen, § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, dann darf nicht addiert werden.4
3115
II. Entscheidung über Hilfswiderklage Erfolgt bereits eine Abweisung der Klage, dann fehlt es am Bedingungseintritt für die Erhebung der (echten) Widerklage. Gleiches gilt bei Klagestattgabe für die nur für den Fall der Klageabweisung erhobene (unechte) Widerklage. Die Rechtshängigkeit der Hilfswiderklage entfällt rückwirkend, so dass eine Entscheidung über die Widerklage nicht mehr möglich ist.5 Für eine Wertaddition ist kein Raum.6 Das gilt nach der neueren Rechtsprechung auch für den Gegenstandswert der anwaltlichen Gebühren, insbesondere erlaubt § 33 RVG keine Zusammenrechnung der Werte des Hauptantrags und des unbeschiedenen Hilfsantrags.7
3116
Das Verbot der Wertaddition bei nicht beschiedener Hilfswiderklage folgt aus dem 3117 Grundgedanken des § 45 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 GKG, wonach hilfsweise geltend gemachte Ansprüche den Streitwert erst dann erhöhen, wenn die ihnen zugrunde liegende Bedingung eingetreten ist. Die in § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG mitgere1 Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986, § 20 III; Prütting/Gehrlein/Gehle, § 5 Rn. 29; a.A. Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 39. 2 OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.4.2012 – 13 W 19/12, AGS 2012, 417; OLG Naumburg, Urt. v. 20.4.2012 – 10 U 24/10; OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.6.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.9.1986 – 23 W 32/86, JurBüro 1987, 401; Schneider, MDR 1988, 462. 3 BGH, JurBüro 1972, 777; ausführlich Schneider, MDR 1988, 462. 4 OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.6.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85. 5 Siehe dazu Schneider, MDR 1988, 462 (464). 6 BGH, Beschl. v. 27.9.1973 – VII ZR 10/72, MDR 1974, 36; Beschl. v. 12.7.1972 – VIII ZR 259/69, MDR 1972, 1028; OLG Bamberg, Beschl. v. 4.3.1993 – 8 W 9/93, JurBüro 1994, 112; OLG Hamm, Beschl. v. 23.1.1989 – 31 U 56/88, JurBüro 1989, 1005; OLG Koblenz, Beschl. v. 7.6.1996 – 14 W 318/96, MDR 1997, 404; OLG Köln, Beschl. v. 20.10.1989 – 2 W 181/89, JurBüro 1990, 123; 1996, 476; OLG München, Rpfleger 1973, 327. 7 KG, Beschl. v. 11.6.2007 – 20 U 150/04, JurBüro 2007, 488 (Ls.); OLG Brandenburg, NJOZ 2006, 3384; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.3.2007 – 7 W 1/07, AGS 2007, 470; OLG Köln, Beschl. v. 23.7.2008 – 22 U 141/07.
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Hilfswiderklage gelte Eventualwiderklage ist insoweit der nicht beschiedenen Aufrechnung (§ 45 Abs. 3 GKG) und der nicht beschiedenen Eventualklage (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG) gleichzusetzen.1 3118
Wird der Klage stattgegeben und die Hilfswiderklage als unzulässig abgewiesen, z.B. im Berufungsrechtszug nach § 533 ZPO, sind die Werte von Klage und Hilfswiderklage zusammenzurechnen, soweit sie nicht denselben Gegenstand betreffen.2 Denn mit Eintritt des Eventualverhältnisses liegt eine unbedingte (Wider-)Klageerhebung vor, die – entsprechend der einfachen Klage – unabhängig von ihrem prozessualen Schicksal streitwertrechtlich in Ansatz zu bringen ist.3 Anders als in § 45 Abs. 3 GKG ist nämlich in § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG das Ergehen einer der materiellen Rechtskraft fähigen Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch nicht Tatbestandsmerkmal, so dass nicht maßgeblich ist, ob über den Anspruch zur Widerklage im prozessualen Bereich der Zulässigkeit oder der Begründetheit entschieden wird. Für die Wertaddition der Hilfswiderklage ist es daher unerheblich, ob die Geltendmachung zulässig, unzulässig, begründet oder mangels Anspruchs unbegründet ist. Auch für eine analoge Anwendung von § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG ist schon mangels „Hauptantrages“ kein Raum, wenn sich die Rechtsverteidigung im Übrigen auf die Stellung eines Klageabweisungsantrages beschränkt.
3118a
Nach dieser Maßgabe ist eine Zusammenrechnung der Werte von Klage und Hilfswiderklage auch in dem Fall geboten, in dem der Klageforderung durch Teilurteil stattgegeben und das Verfahren wegen der Widerklage fortgesetzt, aber ohne Sachentscheidung (z.B. infolge Vergleich oder Widerklagerücknahme) beendet worden ist.4 Mit dem Erfordernis der „Entscheidung“ über den hilfsweise geltend gemachten prozessualen Anspruch wird nur der Eintritt des Bedingungsverhältnisses beschrieben.
3119
An einer wirksamen Entscheidung über die Hilfswiderklage fehlt es jedoch, wenn das Gericht die Zulässigkeit oder Begründetheit der Klage unter Verstoß gegen das Eventualverhältnis und damit entgegen § 308 ZPO prozessordnungswidrig offen lässt.5 Verstöße gegen § 308 Abs. 1 ZPO dürfen nicht dazu führen, dass die Parteien gewissermaßen „von Amts wegen“ mit höheren Kosten belastet werden.6
III. Verschiedenheit der Gegenstände 3120
Betreffen Klage und beschiedene Hilfswiderklage verschiedene Gegenstände, dann sind die Streitwerte beider Klagen zusammenzurechnen.7 Das folgt aus § 45 Abs. 3 GKG (argumentum a minore ad maius): Wenn schon die beschiedene Eventualaufrechnung zur Wertaddition führt, dann erst recht die beschiedene Eventualwiderklage.8
1 BGH, Urt. v. 13.5.1996 – II ZR 275/94, MDR 1996, 1135; OLG Köln, Beschl. v. 20.10.1989 – 2 W 181/89, JurBüro 1990, 123. 2 OLG Düsseldorf, AGS 1999, 92; OLG Stuttgart, JurBüro 1980, 1354 = Rpfleger 1980, 487. 3 Zust. OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.4.2012 – 13 W 19/12, AGS 2012, 417. 4 Zutr. OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.4.2012 – 13 W 19/12, AGS 2012, 417. 5 BGH, MDR 1974, 36; Beschl. v. 14.4.1999 – IV ZR 253/98, NJW-RR 1999, 1157 – Hilfsantrag. 6 Siehe dazu Schneider, MDR 1971, 437 ff. 7 BGH, Beschl. v. 13.10.2004 – XII ZR 110/02, MDR 2005, 228; OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.6.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85. 8 BGH, Beschl. v. 30.1.1992 – IX ZR 222/91, NJW-RR 1992, 1404; Urt. v. 16.12.1964 – VIII ZR 47/63, MDR 1965, 291; Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986, § 20 III 4a; Schneider, MDR 1988, 462 u. Anm. zu LG Bayreuth, KostRsp. GKG § 19 Nr. 37.
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Hilfswiderklage Sind die Klagebegehren auf „denselben Gegenstand“ gerichtet, dann entfällt auch bei einer Bescheidung der Hilfswiderklage eine Wertaddition, § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Maßgebend ist dann der höhere Wert.1 Insoweit unterscheidet sich die Wertbestimmung nicht von der Beurteilung von Klage und unbedingter Widerklage.
3121
Dies gilt auch für den Fall der zusätzlich gegen einen Dritten gerichteten (Hilfs-)Widerklage; denn die Streitgenossenschaft erhöht nicht den Streitwert.2
3122
Zu den Einzelheiten s. unter dem Stichwort „Klage und Widerklage“, Rn. 3305 ff.
IV. Feststellung-Hilfswiderklage Handelt es sich um eine positive Feststellungs-Widerklage, dann ist die Höhe der 3123 (von der Klageforderung nicht erfassten) Berühmung durch den Beklagten und Widerkläger wertbestimmend. Der Abschlag für positive Feststellungsklagen ist aber auch hier zu beachten.3 (Siehe dazu auch unter dem Stichwort „Feststellungsklage“). Hingegen sind für die Wertberechnung nicht die Erfolgsaussichten des Feststellungsanspruchs zu berücksichtigen.4 Wenn der Beklagte sich des Bestehens von Ansprüchen berühmt, die er voraussichtlich nicht durchsetzen kann, so ist das seine Sache; für die Streitwertbemessung kommt es immer nur auf das Begehren selbst an, nicht auf dessen Begründetheit (s. aber zu gegenläufigen Tendenzen das Stichwort „Forderung“).
3124
Wegen der streitwertrechtlichen Besonderheiten bei einer auf negative Feststellung gerichteten Widerklage wird auf die Ausführungen unter dem Stichwort „Feststellungsklage“ verwiesen.
3125
D. Rechtsmittel und Beschwer Soweit über die Hilfswiderklage entschieden wird, gelten gegenüber der Bescheidung der Widerklage keine streitwertrechtlichen Besonderheiten. Für jede Partei ist die Beschwer gesondert zu berechnen.5
3126
Bei wirtschaftlicher Identität der Streitgegenstände von Klage und Hilfswiderklage scheidet eine Zusammenrechnung der Beschwer aus.6 Wegen der Einzelheiten kann auf die Ausführungen unter dem Stichwort „Klage und Widerklage“, Rn. 3305 ff. verwiesen werden.
3127
Kommt es aufgrund der Abweisung der Klage zu keiner Bescheidung der Hilfswiderklage, beschränkt sich die Beschwer des Klägers auf sein Unterliegen hinsichtlich des Klageantrages.7
3128
1 OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.10.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85; OLG Celle, Beschl. v. 18.4.2000 – 4 W 94/00, OLGR 2000, 247; OLG Nürnberg, Urt. v. 10.3.2004 – 12 U 3873/03, NJW 2004, 2838. 2 OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.10.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.9.1986 – 23 W 32/86, JurBüro 1987, 401 mit Anm. Mümmler; OLG München, Rpfleger 1968, 232; a.A. wohl OLG Celle, AGS 1999, 92, das unzutreffend allein auf eine fehlende Streitgegenstandsidentität abstellt. 3 OLG Frankfurt, JurBüro 1971, 459. 4 A.A. OLG Frankfurt, JurBüro 1971, 459. 5 Schneider, MDR 1988, 462. 6 BGH, Beschl. v. 13.10.2004 – XII ZR 110/02, MDR 2005, 228. 7 BGH, Beschl. v. 14.7.1999 – VIII ZR 70/99, NJW-RR 1999, 1736.
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Hilfswiderklage
E. Vergleich 3129
Die Beendigung des Rechtsstreits durch einen Vergleich allein über die Klageforderung führt nicht zu einer Streitwertaddition. Darüber, ob die Forderung der Hilfswiderklage in den Vergleich einbezogen worden ist, entscheidet der sachliche Gehalt der Vereinbarung, nicht der bloße Wortlaut.1
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Wird die mit der Hilfswiderklage geltend gemachte Forderung in den Vergleich einbezogen, dann erhöht sich der Gegenstandswert des Vergleichs um den Wert der Widerklageforderung, soweit diese nicht denselben Gegenstand (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG entspricht § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F.) betrifft.2
3131
Erledigen sich Klage und Hilfswiderklage dadurch, dass die Parteien einen umfassenden Prozessvergleich darüber abschließen, dann steht das einer gerichtlichen Entscheidung gleich. Der Verfahrenswert erhöht sich nach zutreffender Ansicht um den Wert des mit der Hilfswiderklage geltend gemachten Anspruchs, soweit er nicht mit der Klageforderung wirtschaftlich identisch ist, § 45 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 4 GKG. Dabei ist die Werterhöhung auch nicht davon abhängig, dass zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses die innerprozessuale Bedingung des Widerklageantrages, nämlich die (positive) Bescheidung der Klageforderung, bereits eingetreten war.3
3132
Die Gegenansicht4 verkennt die Reichweite von § 45 Abs. 4 GKG. Käme es auf den Bedingungseintritt an, würde (auch) eine Erhöhung des Verfahrenswertes im Fall der mitverglichenen Hilfsaufrechnungsforderung ausscheiden. Denn auch hier ist das Gericht gem. § 308 ZPO erst dann zu einer Entscheidung über die Gegenforderung berechtigt, wenn es zuvor (positiv) über den Bestand der Klageforderung entschieden hat. Wäre daher eine tatsächliche Entscheidung für die Werterhöhung Voraussetzung, liefe die – nur für die Gerichtsgebühren, mithin für den Verfahrenswert aufgestellte – Verweisung des § 45 Abs. 4 GKG ins Leere, eine dem Wortlaut widersprechende, damit unzulässige und – soweit ersichtlich – von niemandem vertretene Gesetzesauslegung. Stellt aber § 45 Abs. 4 GKG bei der mitverglichenen Hilfsaufrechnungsforderung für den Verfahrenswert gerade nicht auf den Bedingungseintritt ab, ist dieser auch bei einem Vergleich über Ansprüche entbehrlich, die Gegenstand eines Hilfsantrages oder einer Hilfswiderklage sind. Denn eine Unterscheidung zwischen diesen prozessualen Fallgestaltungen ist § 45 Abs. 4 GKG nicht zu entnehmen. Vielmehr wird mit der gesetzgeberischen Vorgabe, den § 45 Abs. 1 bis 3 GKG „entsprechend“ anzuwenden, die vergleichsweise Regelung dem Bedingungseintritt gleichgestellt.5 1 OLG Köln, JurBüro 1975, 506. 2 OLG Bamberg, Beschl. v. 4.3.1993 – 8 W 9/93, JurBüro 1994, 112; OLG Braunschweig, Beschl. v. 23.1.1990 – 2 W 203/89, JurBüro 1990, 456; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.6.2005 – 5 W 13/05, MDR 2006, 297; OLG Köln, Beschl. v. 22.2.1996 – 18 W 57/94, JurBüro 1996, 476. 3 So auch OLG Braunschweig, Beschl. v. 23.1.1990 – 2 W 203/89, JurBüro 1990, 912; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.6.2005 – 5 W 13/05, MDR 2006, 297; OLG Köln, Beschl. v. 10.9.1990 – 17 U 31/89, KostRsp. GKG § 19 Nr. 163; OLG München, Beschl. v. 30.3.2009 – 1 W 977/09; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 18; unklar KG, Beschl. v. 13.12.2001 – 8 W 372/01, AGS 2002, 158. 4 KG, Beschl. v. 3.6.2003 – 1 W 495/02, MDR 2004, 56; Beschl. v. 13.12.2001 – 8 W 372/1, KGR 2002, 199; OLG Bamberg, Beschl. v. 4.3.1993 – 8 W 9/93, JurBüro 1994, 112; OLG Koblenz, Beschl. v. 7.6.1996 – 5 W 318/96, MDR 1997, 404; OLG Köln, Beschl. v. 22.2.1996 – 18 W 57/95, JurBüro 1996, 476; wohl auch OLG Koblenz, Beschl. v. 7.6.1996 – 5 W 318/96, MDR 1997, 404. 5 Wie hier OLG Braunschweig, JurBüro 1990, 456; OLG Köln, Beschl. v. 10.9.1990 – 17 U 31/89, KostRsp. GKG § 19 Nr. 163; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 19; Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986, S. 321; Lappe, Kommentar zum GKG, 1975, § 19 Rn. 21.
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Kurpat
Hypothek
Hinterlegung A. Vornahme der Hinterlegung Wird auf Vornahme der Hinterlegung geklagt, so ist der Streitwert gemäß dem Interesse des Klägers daran nach § 3 ZPO zu schätzen.1 Maßgebend ist das Sicherungsinteresse des Klägers. Auszugehen ist daher zunächst von dem zu hinterlegenden Betrag oder dem Wert der zu hinterlegenden Sachen. Davon ist dann ein Abschlag vorzunehmen. Je höher das Insolvenz- oder Verlustrisiko ist, desto geringer ist der Abschlag vorzunehmen. Ggf. kann daher sogar der volle Wert anzunehmen sein.
3133
Steht bereits fest, dass der Kläger nur einen Teil des zu hinterlegenden Betrags oder einen Teil der zu hinterlegenden Sachen für sich beanspruchen wird, ist sein Interesse an der Hinterlegung entsprechend geringer zu bewerten.
3134
Daher ist der Streitwert einer Klage, mit der ein Miterbe nach § 2039 BGB gegenüber einem anderen Miterben eine Nachlassforderung auf Hinterlegung einer bestimmten Geldsumme zugunsten des Nachlasses geltend macht, zwar nach dem Betrag der eingeklagten Forderung zu bewerten, allerdings abzüglich eines dem Miterbenanteil des Beklagten entsprechenden Betrags.2
3135
B. Einwilligung in die Auszahlung oder Herausgabe Wird die Einwilligung in die Auszahlung einer hinterlegten Geldsumme oder in die Herausgabe einer hinterlegten Sache verlangt, dann geht es in der Sache um die Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO). Siehe hierzu das Stichwort „Einwilligung wegen Hinterlegung“, Rn. 2054.
3136
Honorarvereinbarung Siehe die Stichwörter „Herabsetzung einer vereinbarten Vergütung“ und „Vereinbarungen zum Streitwert“.
Hypothek A. Anzuwendende Vorschriften Bemessungsvorschrift ist § 6 ZPO. Das gilt auch für die Gerichtsgebühren (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) und die Anwaltsgebühren (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG).
Û
Beispiele: Forderungen sollen durch Eintragung von Hypotheken gesichert werden. Es gilt der Wert der Forderung; der geringere Grundstückswert käme nur dann in Betracht, wenn es sich um bereits genau bezeichnete, betragsmäßig geringerwertige Hypotheken handelt3 – Kla-
1 Anders/Gehle/Kunze, Hinterlegung Rn; 1; Madert/v. Seltmann, Rn. 284. 2 BGH, Beschl. v. 7.11.1966 – III ZR 48/66, MDR 1967, 202. 3 OLG Köln, DRZ 1929 Nr. 512.
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ZPO
Hypothek ge auf Abtretung einer Forderung1 – Verpfändung einer Hypothek2 – Löschung einer Hypothek.3
3138
Dass die Klägerin in einer Erbengemeinschaft bereits Mitgläubigerin der Hypothek ist, mindert den Streitwert nach Auffassung des OLG Köln4 nicht.
3139
Der Senat begründet dies damit, dass solange die Hypothek im Grundbuch eingetragen sei, hindere sie die Ausnutzung des von ihr blockierten Ranges in voller Höhe des Nennbetrages. Darauf kann aber schwerlich abgestellt werden. Nachdem der BGH5 in grundlegender Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung im Miterbenstreit stets den Erbanteil des Klägers vom Streitwert abzieht, kann hiervon bei der Klage eines Miterben auf Abtretung einer Hypothek keine Ausnahme gemacht werden.
3140
Bei einem Rechtsstreit über die Abtretung einer Hypothek ist der Wert des Streitgegenstandes gem. § 6 ZPO nach dem Nennwert der Hypothek zu bestimmen und nicht nach dem Betrag der zu sichernden Forderung, deren Zahlung zwischen den Parteien streitig ist.
3141
Dagegen ist nach § 3 ZPO zu schätzen, wenn eine Briefhypothek bereits verpfändet ist und mit der Klage nur die Abgabe der zur Eintragung notwendigen formgerechten Erklärung erzwungen werden soll.6
3142
Ebenfalls nach § 3 ZPO zu bewerten ist der Fall, dass die Unzulässigkeit der Kündigung einer Hypothek geltend gemacht wird; für die Schätzung kommt es darauf an, an welcher Rangstelle die Hypothek steht.7
3143
Im Verfahren zwecks Kraftloserklärung eines Hypothekenbriefes bemisst sich der Streitwert nach dem Interesse des Antragstellers daran, dass für den verlorengegangenen Hypothekenbrief Ersatz beschafft wird; es ist nach § 3 ZPO und nicht nach § 6 ZPO zu bewerten.8 Siehe das Stichwort „Aufgebotsverfahren“, Rn. 400 ff.
B. Kosten, Zinsen 3144
Die Kosten der Kreditbeschaffung, die nach der Behauptung des Klägers durch eine unzulässige Kündigung notwendig geworden sind, müssen beim Schätzwert in Ansatz gebracht werden.9
3145
Ist eine Hypothek abgetreten und wird darum gestritten, ob das Zinsbezugsrecht beim Zedenten verblieben ist, dann bemisst sich der Streitwert gem. § 9 ZPO nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der Zinsen.10
3146
Bei Streit über die Befugnis vorzeitiger Rückzahlung des Kapitals ist der Streitwert gleich dem Unterschied der Zinsbeträge.11
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
OLG Braunschweig, OLGE 6, 373; OLG Kiel, JVBl. 1934, 82. RG, JW 1897, 446 Nr. 2. OLG Celle, MDR 1977, 935. OLG Köln, Beschl. v. 30.8.1968 – 9 W 83/68, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 24. BGH, JurBüro 1975, 1197. OLG Stettin, JW 1932, 669; OLG Kiel, OLGE 31, 5. RG, JW 1906, 169 Nr. 14. LG Hildesheim, NJW 1964, 1232. OLG Hamburg, OLGE 23, 70; OLG München, OLGE 23, 70. KG, OLGE 23, 77: 12,5-facher Jahresbetrag nach § 9 ZPO a.F. RG, Recht 1909 Nr. 3386.
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Hypothek
C. Gegenleistung Nach OLG Celle1 bestimmt sich der Streitwert für eine Klage auf Löschung einer Hypothek auch dann nach dem Nennbetrag der Hypothek, wenn diese unstreitig getilgt ist und der Beklagte die Löschungsbewilligung nur unter Berufung auf eine Forderung von geringer Höhe verweigert. Damit ist die Problematik angesprochen, inwieweit die an sich unerhebliche Gegenleistung dann für die Streitwertbemessung beachtlich wird, wenn der Hauptanspruch unstreitig ist und wirtschaftlich nur über die Berechtigung der Einwendung gestritten wird.
3147
Die Auffassung des OLG Celle erscheint zu formal. Dass der Nennbetrag der Hypothek das Grundstück in voller Höhe der Eintragung rangmäßig blockiert, sollte nicht als ausschlaggebend angesehen werden. Denn zu entscheiden ist nur über den Streit zwischen diesen konkreten Prozessparteien; und zwischen diesen geht es eben nur um die Frage, ob dem Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht.2
3148
Der Streitwert für eine Klage auf Löschung einer Hypothek, deren besicherte Forderung bereits unstreitig erfüllt ist, richtet sich ebenfalls nicht nach dem Nennbetrag der Hypothek, sondern beschränkt sich auf 20 % desselben.3
3149
Siehe dazu die Ausführungen bei dem Stichwort „Gegenleistung“, Rn. 2508 ff.
D. Gesamthypothek, Gesamtschuldner Bezweckt die Klage, der eine Vereinbarung über die Eintragung einer Gesamt- 3150 hypothek an bestimmter Rangstelle auf mehreren Grundstücken zugrunde liegt, nicht nur die Rangverbesserung der auf einem der Grundstücke bereits eingetragenen Sicherungshypothek, sondern zugleich ihre Eintragung als Gesamthypothek mit der bereits eingetragenen Hypothek auf den anderen Grundstücken, so bestimmt sich der Streitwert auch dann nach § 6 ZPO, wenn die wirtschaftliche Sicherung der Forderung schon durch die Rangverbesserung der bereits eingetragenen Hypothek allein mit Gewissheit erreicht würde. Als Streitwert ist daher der Forderungsbetrag anzunehmen, nicht nur – gem. § 3 ZPO – der geringere Wert des wirtschaftlichen Interesses des Klägers an der Rangverbesserung der bereits vorhandenen Hypothek.4
3151
Betrifft ein landwirtschaftsgerichtliches Verfahren die Genehmigung der Eintragung einer Gesamthypothek auf einem landwirtschaftlichen Grundstück zur Mithaftung neben anderen nichtlandwirtschaftlichen Grundstücken oder aber die Feststellung, dass mangels eines landwirtschaftlichen Grundstücks eine solche Genehmigung nicht erforderlich ist (Negativattest), so ist als Geschäftswert nicht der volle Nennwert der Hypothek, sondern der geringere Wert des fraglichen Grundstücks zugrunde zu legen.5
3152
Der Wert des Anspruchs eines Gesamtschuldners gegen den anderen auf Freistellung von der Inanspruchnahme aus einem Baudarlehen und der dafür bestellten Hypothek ist nach dem Nennbetrag der Forderung zu berechnen. Eine doppelte
3153
1 OLG Celle, MDR 1977, 935. 2 OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.9.2009 – 8 W 392/09, MDR 2009, 1353 = AGS 2009, 603; OLG Koblenz, Beschl. v. 31.3.2009 – 5 W 143/09, OLGR 2009, 580; OLG Dresden, Beschl. v. 3.6.2008 – 6 W 139/08, OLGR 2008, 759 = MDR 2008, 1005. 3 OLG Rostock, Beschl. v. 5.8.2009 – 3 W 44/09, OLGR 2009, 969. 4 OLG Frankfurt, Rpfleger 1956, 318. 5 OLG Frankfurt, JurBüro 1959, 426.
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Hypothek
ZPO
Berücksichtigung wegen der persönlichen und der dinglichen Haftung kommt nicht in Betracht. Weder die Unwahrscheinlichkeit oder der Umfang einer etwaigen Inanspruchnahme noch der Umstand, dass Gesamtschuldner im Innenverhältnis grundsätzlich zu gleichen Anteilen verpflichtet sind, rechtfertigen einen Abzug vom Streitwert.1
E. Sicherungshypothek 3154
Der Streitwert auf Eintragung einer Sicherungshypothek ist gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen. Er ist mit Rücksicht auf die Vorläufigkeit einer einstweiligen Verfügung regelmäßig i.H.v. 1/4 bis 2/3 des zu sichernden Anspruches angemessen.2 Dabei ist auf das Interesse des Antragstellers abzustellen, das sich wiederum nach dem Grad der Gefährdung seines Anspruches richtet.
3155
Bei Streit um die Rechtsinhaberschaft an einer Hypothek, die nach dem Wert des belasteten Grundstücks und nach ihrem Range gut ist, kann das Sicherungsinteresse für die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung auf Eintragung eines Widerspruchs mit 1/3 des Nennbetrages angenommen werden.3
3156
Der Streitwert der Klage eines Miterben auf Zustimmung zur Löschung einer zugunsten einer Erbengemeinschaft eingetragenen Sicherungshypothek ist nicht nach dem vollen Betrag der Hypothek, sondern nach dem hälftigen Anteil des löschungsunwilligen Miterben zu bemessen.4 Diese Bewertung entspricht der neueren Judikatur, die den Anteil des klagenden Erben aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht streitwerterhöhend berücksichtigt.5
3157
Wird auf Abgabe einer Löschungsbewilligung hinsichtlich einer Sicherungshypothek geklagt, dann ist ebenfalls auf das Interesse des Klägers an der Bereinigung des Grundbuches abzustellen. Das OLG Frankfurt6 bestimmt es grundsätzlich nach dem Nennwert des dinglichen Rechts, gleichgültig, ob die Forderung besteht oder nicht und in welcher Höhe. Mit Recht hat demgegenüber das OLG Hamburg7 die Vorschrift des § 6 ZPO nur mit der Maßgabe angewandt, dass der Streitwert lediglich durch die Höhe der gesicherten und noch valutierten Forderung bestimmt werde. Allein bei dieser Betrachtungsweise ist es möglich, die Streitwertbezifferung am wirklichen wirtschaftlichen Interesse der Parteien auszurichten. Dem hat sich das OLG Köln8 angeschlossen.
3158
Einstweilen frei.
1 2 3 4 5 6
KG, JurBüro 1968, 466. OLG Frankfurt, JurBüro 1977, 719; LG Siegen, JurBüro 1963, 475. OLG Köln, JurBüro 1961, 458. OLG Frankfurt, JurBüro 1981, 757. Siehe dazu Schneider, JurBüro 1977, 433 und das Stichwort „Miterbe“. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.9.1992 – 27 W 49/92, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 138 = OLGR 1992, 193; ebenso z.B. OLG Nürnberg, Beschl. v. 10.4.1970 – 5 W 17/79, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 38; OLG Bamberg, JurBüro 1982, 1721; differenziert: MünchKomm.ZPO/Wöstmann, § 3 Rn. 137. 7 OLG Hamburg, MDR 1975, 846; ebenso OLG Dresden, Beschl. v. 3.6.2008 – 6 W 139/08, OLGR 2008, 759 = MDR 2008, 1005. 8 OLG Köln, MDR 1980, 1025.
578 N. Schneider
Idealverein
Idealverein A. Einleitung Das BGB unterscheidet zwischen wirtschaftlichen Vereinen (§ 22 BGB) und Idealvereinen (§ 21 BGB). Diese materiell-rechtliche Einordnung ist allerdings streitwertmäßig bedeutungslos, denn Idealvereine können gleichermaßen vermögensrechtliche Ansprüche geltend machen wie wirtschaftliche Vereine nichtvermögensrechtliche Ansprüche.
3159
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Es kommt für die Bemessung des Streitwerts (§ 48 Abs. 2 GKG oder § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) nur darauf an, welche konkreten Anträge vom Verein bzw. gegen diesen im Rechtsstreit verfolgt werden. Dagegen richtet sich die Bewertung des Beschwerdeverfahrens über die gerichtliche Bestellung eines Notvorstandes (§ 29 BGB) nach § 58 FamFG, § 36 Abs. 2 GNotKG.1
3160
I. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit Eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit liegt beispielsweise vor, wenn gegen einen Idealverein auf Feststellung geklagt wird, dass die Wahl des Vorstands nicht rechtmäßig erfolgt sei. Wegen der besonderen Bedeutung eines solchen Streits für einen Verein, der ohne einen rechtmäßig gewählten Vorstand nicht handlungsfähig ist, ist auch bei sonst durchschnittlichen Verhältnissen regelmäßig die Festsetzung eines über dem Grundwert liegenden Streitwerts gerechtfertigt.2
3161
Nichtvermögensrechtlich sind daneben auch die Streitigkeiten um Zugehörigkeit zu einem Idealverein oder um die Berechtigung, den Vereinsnamen zu führen.
3162
Streitigkeiten über den Ausschluss aus einem Idealverein sind regelmäßig als 3163 nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten anzusehen, wenn das betroffene Mitglied (allein) in seinem sozialen Achtungs- und Geltungsanspruch betroffen ist. Die Wertbestimmung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Einbindung und Bekanntheit des betroffenen Vereinsmitglieds.3 Das OLG Frankfurt4 will auch bei Ausschluss aus einem Idealverein wirtschaftliche Interessen des ehemaligen Mitgliedes bei der Streitwertbestimmung mitberücksichtigen.5 Siehe das Stichwort „Ausschließung“.
1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.1.2014 – 20 W 368/13, ZIP 2014, 875; OLG Thüringen, Beschl. v. 23.8.2013 – 9 W 134/13 noch zu § 30 Abs. 2 KostO. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.9.1997 – 10 W 121/97, OLGR 1998, 39 – negative Feststellungsklage betr. Unwirksamkeit der Wahl von Vereinsvorstand und Ausschussmitgliedern (5000 Euro); KG, JurBüro 1969, 1193 zu § 12 Abs. 2 GKG a.F. 3 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1989 – 5 W 374/89; OLG Köln, Beschl. v. 5.10.1983 – 2 W 87/83, MDR 1984, 153: 500 Euro; LG Bonn, Urt. v. 8.1.2013 – 18 O 63/12: 6500 Euro. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.7.2003 – 9 W 13/03, JurBüro 2003, 644. 5 Im konkreten Fall ging es um die Mitgliedschaft als Voraussetzung für den Verkauf selbst gezüchteter Rassehunde sowie eine eventuelle persönliche Haftung als nicht entlastetes Vorstandsmitglied.
Kurpat
579
ZPO
Immissionen
II. Vermögensrechtliche Streitigkeiten 3164
Vermögensrechtlich ist dagegen der Streit um Höhe oder Berechtigung der Mitgliedsbeiträge sowie über Aufnahme von neuen Mitgliedern. Das LG Saarbrücken1 hat zur Bewertung des Streits über die Aufnahme von 200 neuen Mitgliedern auf die jährlichen Mitgliedsbeiträge abgestellt.
3165
Die Regelung in § 247 Abs. 1 AktG ist auf das Vereinsrecht nicht entsprechend anwendbar.2 Denn es fehlt an der für die aktienrechtliche Regelung mitbestimmenden Motivation, wirtschaftlich gering beteiligte Mitglieder durch die Berücksichtigung des Verbandsinteresses von willkürlichen Klagen abzuhalten.
III. Anspruchshäufung 3166
Werden mit einer Klage im Wege der Anspruchshäufung sowohl vermögensrechtliche als auch nichtvermögensrechtliche Ansprüche geltend gemacht, so erfolgt eine getrennte Bewertung und sodann die Addition nach § 5 ZPO.3
3167
Eine Ausnahme gilt für den Gebührenstreitwert nach § 48 Abs. 4 GKG nur dann, wenn der vermögensrechtliche Anspruch aus dem nichtvermögensrechtlichen folgt. Dann ist nur der höhere Anspruch maßgeblich.
Immissionen 3168
Für den nach § 3 ZPO zu schätzenden Streitwert einer Immissionsklage (§§ 903, 904, 907, 1004 BGB) ist die Wertminderung entscheidend, die das Grundstück des Klägers nach voraussichtlicher Dauer der Immissionen, hilfsweise bei Zulassung auf unbestimmte Zeit, erleiden würde.4 Vgl. zur Besitzstörung allgemein auch das Stichwort „Besitz“, Rn. 1700 ff. und 1713 ff.
3169
Auf die Höhe der Aufwendungen, die der Beklagte zur Abwendung der Immissionen anwenden müsste, kommt es für den Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert nicht an. Allein die Beschwer des Beklagten wird hierdurch bestimmt.5 Die Klage eines Mieters gegen einen Mitmieter zur Abwehr der von einem Gaststättenbetrieb ausgehenden Geräusch- und Geruchsimmissionen ist nach § 3 ZPO zu bewerten. Unter Berücksichtigung der Wertung in § 41 Abs. 5 GKG ist eine Bemessung nach dem Jahresbetrag der aufgrund der Immisionen anzunehmenden Mietminderung (§ 537 BGB) naheliegend.6 Denn das Interesse an einem ungestörten Gebrauch der Mietsache entspricht – wirtschaftlich betrachtet – dem zur Gebrauchsgewährung erforderlichen Aufwand. Zudem wäre auch der Gebührenstreitwert einer gegen den Vermieter als mittelbaren Störer bzw. den zur unbeein-
1 2 3 4
LG Saarbrücken, Beschl. v. 18.4.1994 – 5 T 235/94, JurBüro 1995, 26. BGH, Beschl. v. 25.5.1992 – II ZR 23/92, MDR 1993, 183. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.12.1984 – 12 W 254/84, JurBüro 1985, 1083. BGH, Beschl. v. 8.3.2012 – V ZB 247/11, Grundeigentum 2012, 683; Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, NJW 2006, 2639; OLG Koblenz, Beschl. v. 25.2.1994 – 5 W 119/94, JurBüro 1995, 27; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Immissionen“. 5 OLG Frankfurt, Rpfleger 1955, 210; OLG Schleswig, JurBüro 1973, 637 = SchlHA 1973, 88; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Immissionen“. 6 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.9.2007 – 19 W 57/07, AGS 2008, 92; Beschl. v. 26.9.1985 – 8 W 25/85, WuM 1986, 15; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.12.1983 – 2 W 21/83.
580
Kurpat
Informationserzwingungsverfahren trächtigten Gebrauchsgewährung Verpflichteten gerichtete Klage, nach Maßgabe von § 41 Abs. 5 GKG zu bemessen.1 Soweit die Abwehr von Immissionen durch einstweilige Verfügung eingeleitet wird, sind auch die Bewertungsgrundsätze dafür heranzuziehen. Vgl. das Stichwort „Einstweilige Verfügung“.
3170
Klagen Miteigentümer eines Grundstücks auf Unterlassung einer Lärmimmission, so ist der Wert ihrer Klagen nicht nach § 5 ZPO zusammenzurechnen, da aufgrund desselben betroffenen Grundstücks „wirtschaftliche Identität“ vorliegt.2
3171
Informationserzwingungsverfahren Das Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG, § 132 AktG dient der Durchsetzung des mitgliedschaftlichen Individualrechts eines Gesellschafters bzw. Aktionärs auf Information. Der Anspruch richtet sich gegen die GmbH bzw. gegen den Vorstand. Dagegen kann sich aus § 810 BGB ein Einsichtsrecht des ausgeschiedenen Gesellschafters ergeben.3
3172
Das Erzwingungsverfahren ist Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Nach § 51b GmbHG bzw. § 132 Abs. 5 AktG gilt für die Festsetzung des Geschäftswertes die Regelung in § 36 Abs. 3 GNotKG. mit der Maßgabe, dass der Wert regelmäßig mit 5000 Euro festzusetzen ist.
3173
Der Geschäftswert ist auch dann einheitlich festzusetzen, wenn mehrere Beteiligte Informationsanträge gestellt haben.4 Der Zahl der Antragsteller ist nicht durch bloße schematische Multiplikation des Regelgeschäftswertes mit der Zahl der Anträge Rechnung zu tragen, sondern durch angemessene Erhöhung des Geschäftswertes bis zur Obergrenze von 500 000 Euro (§ 36 Abs. 3 GNotKG). Maßgeblich ist für die Erhöhung, ob es sich um mehrere selbständige Informationsbegehren handelt, oder ob und in welchem Umfang die Auskünfte zusammenhängen5 bzw. ob die Antragsteller dem Verfahren eine über den Verfahrensgegenstand hinausgehende grundsätzliche Bedeutung beimessen.6
3174
Das OLG Frankfurt7 vertritt die Ansicht, dass der Regelwert mit der Zahl der gestellten Fragen zu multiplizieren ist, wenn das Verfahren mehrere Fragen mit jeweils einem eigenständigen Inhalt zum Gegenstand hat. Dagegen spricht schon, dass § 36 Abs. 3 GNotKG nicht auf die einzelne Frage, sondern auf das Verfahren als solches abstellt und für dieses – zusammen mit § 132 Abs. 5 AktG – einen Regelstreitwert vorgibt. Dieser kann nach den Umständen des Einzelfalls zwar niedriger oder höher angenommen werden. Allein die Anzahl der gestellten Fragen bestimmt jedoch nicht das Interesse der Antragsteller.
3175
1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.9.2007 – 19 W 57/07, AGS 2008, 92. 2 BGH, Beschl. v. 29.1.1987 – V ZR 136/86, MDR 1987, 570; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Immissionen“. 3 OLG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 12.12.2013 – GmbHR 2014, 209 zur Beschwer und deren Ermittlung unter Berücksichtigung des Geheimhaltungsinteresses der Gesellschaft. 4 BayObLG, Beschl. v. 28.3.1991 – BReg. 3 Z 2/91, GmbHR 1991, 576; BayObLG, Beschl. v. 27.5.1993 – 3 Z BR 55/93, JurBüro 1994, 756; BayObLG, Beschl. v. 14.11.2000 – 3 Z BR 321/00, JurBüro 2001, 254. 5 BayObLG, v. 15.2.2000 – 1Z BR 150/99, NJW-RR 2000, 1201. 6 BayObLG, Beschl. v. 27.5.1993 – 3 Z BR 55/93, JurBüro 1994, 756; ähnlich auch OLG Stuttgart, Beschl. v. 8.5.1992 – 8 W 244/91, DB 1992, 1179. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.8.1992 – 20 W 300/92, DB 1992, 1920 noch zu § 30 KostO.
Kurpat
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ZPO
Inkassokosten
Inkassokosten 3176
Neben einem Hauptanspruch auf Geldzahlung sind Inkassokosten bei der Wertbemessung außer Ansatz zu lassen, und zwar auch dann, wenn sie auf einen nicht mehr im Streit befindlichen Teil des Hauptanspruchs bezogen sind. Es handelt sich um Kosten i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG.1
Insolvenzsicherung 3177
Zwischen dem Versorgungsempfänger oder -anwärter einer betrieblichen Altersversorgung und dem Pensions-Sicherungs-Verein als Träger der Insolvenzsicherung besteht bereits vor Eintritt des Sicherungsfalls (§ 7 Abs. 1 BetrAVG) ein feststellungsfähiges (bedingtes) Rechtsverhältnis i.S.v. § 256 ZPO.2
3178
Der Streitwert für eine auf künftige Rentenleistung gerichtete Insolvenz-Sicherungsklage ist auf den dreifachen Jahresbetrag festzusetzen (§ 42 Abs. 1 GKG analog). Dies gilt auch dann, wenn die Klage von einem früheren Mitglied des Vertretungsorgans einer juristischen Person erhobenen wird.3
Insolvenzverfahren Literatur: Schoppmeyer, Gebührenstreitwert im Insolvenzverfahren, ZIP 2013, 811; Schneider, MDR 1974, 101 ff.; Uhlenbruck, ZAP Fach 24 S. 291; Enders, JurBüro 1999, 113; Enders, JurBüro 1999, 169. Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3179
C. Feststellungsklage I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . 3199 II. Bemessungsgrundsätze . . . . . . . . 3205
B. I. 1. 2.
Verfahrensstreitwerte Erste Instanz Gerichtsgebühren . . . . . . . . . Anwaltsgebühren . . . . . . . . . a) Vertretung des Schuldners b) Vertretung des Gläubigers . c) Sonstige Fälle . . . . . . . . . . II. Beschwerdeverfahren 1. Gerichtsgebühren . . . . . . . . . 2. Anwaltsgebühren . . . . . . . . .
. . . . .
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3181 3185 3186 3187 3189
. . . 3190 . . . 3193
D. Einfluss der Insolvenz auf laufende Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 3214 E. Aussonderung. . . . . . . . . . . . . . . 3221 F. Abgesonderte Befriedigung . . . . . 3223 G. Anfechtung. . . . . . . . . . . . . . . . . 3227
1 OLG Köln, JurBüro 1974, 1594 = BB 1974, 1414 = DB 1974, 2203. 2 BGH, Urt. v. 25.10.2004 – II ZR 413/02, MDR 2005, 292 = NJW-RR 2005, 637. 3 BGH, JurBüro 1980, 1822 = MDR 1980, 1001.
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Insolvenzverfahren Stichwortübersicht Rn. Abgesonderte Befriedigung . . . . . . . . . 3182 Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . 3227 – Beseitigung eines Pfandrechts . . . . . 3228 – Rückgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3227 Anwaltsgebühren . . . . . . . . . . . . 3185, 3193 – Ankündigung der Restschuldbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . 3197 – Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3193 – Bestätigung des Insolvenzplans . . . . 3198 – Durchführung des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3185 – Eröffnungsverfahren . . . . . . . . . . . . 3185 – Restschuldbefreiung . . . . . . . . . . . . 3195 – Teilbetrag des Gläubigers . . . . . . . . 3188 – Vertretung des Gläubigers . . . . . . . . 3187 – Vertretung des Schuldners . . . . . . . . 3186 – wirtschaftliches Interesse . . . . . . . . 3196 Aufnahme eines Rechtsstreites . . . . . . 3212 Aussonderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3182 Befangenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3203 Bemessungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . 3205 – besondere Umstände . . . . . . . . . . . . 3211 Beschwerde gegen Eröffnungsantrag . . 3190 Eventual-Aufrechnung . . . . . . . . . . . . 3219 Falsche Schätzung. . . . . . . . . . . . . . . . 3213
Rn. Feststellungsklage . . . . . . . . . . . – gegen bestreitenden Schuldner – Rang der Forderung . . . . . . . . . – Umstellen von Zahlungsklage Gegenforderungen, aufrechenbar Gläubiger, vermögenslos . . . . . . Hilfsaufrechnungen gegenüber Insolvenzverwalter . . . . . . . . . Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . Kündigungsschutzklage . . . . . . . Laufendes Verfahren . . . . . . . . . . Quote, gering . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsstreit – nicht weitergeführt. . . . . . . . . – wieder aufgenommen . . . . . . . Rückwirkung . . . . . . . . . . . . . . . Selbständiges Beweisverfahren . . Teilbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unternehmensfortführung . . . . . Verteilungsquote – Insolvenzverwaltungsbericht . – Prozentwert . . . . . . . . . . . . . . – Verhältnis der Masse. . . . . . . . Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . Zinsen und Kosten . . . . . . . . . . .
. . . . . .
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3199 3204 3201 3201 3207 3184
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3220 3182 3203 3214 3209
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3215 3216 3217 3202 3201 3182a
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3206 3209 3207 3200 3208
A. Einleitung Der Streitwert für die Gerichtsgebühren im Insolvenzverfahren – soweit keine Festgebühren anfallen – richtet sich nach § 58 GKG. Danach ist der Wert der Insolvenzmasse zurzeit der Beendigung des Verfahrens maßgeblich. Der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren bestimmt sich nach § 28 RVG.
3179
Bei der Klage auf Feststellung bestrittener Forderungen (§ 179 InsO) ist derjenige Betrag anzusetzen, der bei Verteilung der Insolvenzmasse zu erwarten ist (§ 182 InsO). Da diese Regelung keine maßgebliche sachliche Änderung gegenüber der früheren Vorschrift des § 148 KO enthält,1 kann auch auf Rechtsprechung zur Konkursordnung zurückgegriffen werden.
3180
B. Verfahrensstreitwerte I. Erste Instanz 1. Gerichtsgebühren Der Streitwert für das Insolvenzverfahren selbst, also für die Eröffnung und die Durchführung, richtet sich nach § 58 GKG. Danach werden die Gebühren für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Nr. 2310 KV GKG) und für die Durchführung des Insolvenzverfahrens (Nrn. 2320, 2330 KV GKG) nach dem Wert
1 BGH, Urt. v. 9.9.1999 – IX ZR 80/99, MDR 1999, 1463.
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Insolvenzverfahren der Insolvenzmasse zurzeit der Beendigung des Verfahrens erhoben (§ 58 Abs. 1 Satz 1 GKG).1 Es gilt die allgemeine Wertobergrenze des § 39 Abs. 2 GKG.2 3182
Die Insolvenzmasse umfasst nach §§ 35, 36 InsO das gesamte dem Schuldner zurzeit der Eröffnung gehörende und während des Verfahrens von ihm erlangte, einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen, einschließlich Früchte, Nutzungen und Zinsen.3 Nicht zur Insolvenzmasse zählen diejenigen Gegenstände, die aufgrund dinglicher oder persönlicher Rechte einem Aussonderungsrecht unterliegen (§ 47 InsO). Der Wert von Gegenständen, die zur abgesonderten Befriedigung dienen (§§ 49 ff. InsO), wird nur in Höhe des für diese nicht erforderlichen Betrages angesetzt (§ 58 Abs. 1 Satz 2 GKG).4 Masseverbindlichkeiten (§§ 53–55 InsO) werden nicht abgezogen.5
3182a
Bei Unternehmensfortführung bestimmt sich der Wert der Insolvenzmasse nicht allein anhand der Aktivwerte der Insolvenzmasse,6 sondern es sind die mit der Betriebsfortführung verbundenen Kosten abzuziehen („Überschussprinzip“). Maßgeblich ist das wirtschaftliche Ergebnis. Nur die abwicklungsbedingten Massekosten und Masseschulden sind wertmindernd zu berücksichtigen.7
3183
Ist der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einem Gläubiger gestellt worden (Nr. 2311 KV GKG für das Eröffnungsverfahren), dann wird die Gebühr für das Verfahren entweder nach dem Betrag seiner Forderung oder nach dem geringeren Wert der Insolvenzmasse erhoben (§ 58 Abs. 2 GKG).
3184
Nimmt der Gläubiger seinen Eröffnungsantrag zurück, weil die Anhörung des Schuldners ergeben hat, dass dieser praktisch vermögenslos ist oder weil der Gläubiger erfahren hat, dass bereits aufgrund eines anderen Antrages die Einstellung des Verfahrens mangels Masse beschlossen worden war, dann ist der Wert nicht etwa nach dem Betrag der Forderung des Gläubigers, sondern auf die geringste Gebührenstufe festzusetzen.8 2. Anwaltsgebühren
3185
Im Eröffnungsverfahren erhält der Anwalt für die Vertretung des Schuldners eine 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3313 VV RVG. Für die Vertretung des Gläubigers erhält der Anwalt eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3314 VV RVG. Für die Durchführungen des Insolvenzverfahrens entsteht unabhängig von der Person des Mandanten eine einheitliche 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3317 VV RVG. Der Wert für die Anwaltsgebühren richtet sich nach § 28 RVG. Dieser bestimmt un1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.7.2010 – 10 W 60/10, ZIP 2010, 1912. 2 BGH, Beschl. v. 26.10.2006 – IX ZB 245/05; OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.4.2014 – 18 W 28/14, AGS 2015, 87; Beschl. v. 15.4.2014 – 18 W 45/14, ZInsO 2014, 1869; ausf. Schoppmeyer, ZIP 2013, 811. 3 OLG Hamm, Beschl. v. 14.5.2013 – 15 W 198712, ZIP 2013, 1924. 4 KG, Beschl. v. 25.6.2013 – 1 W 87/12, ZIP 2013, 1541; LG Kassel, Beschl. v. 17.2.1999 – 3 T 42/99, Rpfleger 1999, 288; AG Osnabrück, Beschl. v. 5.8.2013 – 60 IN 17/12, JurBüro 2013, 647; a.A. AG Itzehoe, Beschl. v. 31.1.2013 – 28 IE 4/12 H. 5 Zutr. OLG Hamm, Beschl. v. 18.1.2013 – 25 W 262/12, ZIP 2013, 470. 6 So aber OLG München, Beschl. v. 8.8.2012 – 11 W 832/12, JurBüro 2012, 660; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.7.2010 – 10 W 60/10, JurBüro 2010, 603. 7 OLG Koblenz, Beschl. v. 20.1.2014 – 12 W 640/13; OLG Hamm, Beschl. v. 18.1.2013 – 25 W 262/12, ZIP 2013, 470; OLG Düsseldorf, Beschl. 19.3.2012 – 3 W 286/11, ZIP 2012, 1089; ebenso für die Vergütung des Insolvenzverwalters: BGH, Beschl. v. 15.11.2012 – IX ZB 88/09, MDR 2013, 557; ausf. Schoppmeyer, ZIP 2013, 811. 8 AG Göttingen, Beschl. v. 3.3.1992 – 71 N 48/90, ZIP 1992, 790; unrichtig LG Krefeld, Beschl. v. 4.5.1983 – 6a T 14/83, Rpfleger 1983, 332 mit abl. Anm. Meyer-Stolte = ZIP 1984, 92 mit abl. Anm. Eickmann; LG Mainz, Beschl. v. 27.11.1985 – 8 T 201/85, Rpfleger 1986, 110 mit abl. Anm. Meyer-Stolte.
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Insolvenzverfahren terschiedliche Werte für die verschiedenen Verfahrensabschnitte und unterscheidet zudem, ob der Gläubiger oder der Schuldner vom Anwalt im Insolvenzverfahren vertreten wird. a) Vertretung des Schuldners Soweit der Anwalt den Schuldner im Eröffnungsverfahren, im Verfahren über einen Schuldenbereinigungsplan oder im Insolvenzverfahren vertritt, berechnen sich seine Gebühren nach dem Wert der Insolvenzmasse. Dieser Wert wiederum bestimmt sich nach § 58 GKG (§ 28 Abs. 1 Satz 1 RVG). Die Insolvenzmasse umfasst nach §§ 35, 36 InsO das gesamte dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung gehörende und während des Verfahrens von ihm erlangte, einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen. Nicht zur Insolvenzmasse zählen diejenigen Gegenstände, die aufgrund dinglicher oder persönlicher Rechte einem Aussonderungsrecht unterliegen (§ 47 InsO). Ebenfalls müssen diejenigen Gegenstände vom Wert der Masse abgezogen werden, die und soweit sie einer abgesonderten Befriedigung (§§ 49 ff. InsO) unterliegen.1 Für die Vertretung des Schuldners im Eröffnungsverfahren beträgt der Gegenstandswert mindestens 4000 Euro (§ 28 Abs. 1 Satz 2 RVG). Für die anderen Verfahrensabschnitte gilt dieser Mindestwert nicht.
3186
b) Vertretung des Gläubigers Vertritt der Anwalt den Insolvenzgläubiger im Eröffnungsverfahren, im Verfahren über einen Schuldenbereinigungsplan oder im Insolvenzverfahren, ist der Nennwert der Forderung entscheidend. Dies gilt auch dann, wenn der Wert der Insolvenzmasse geringer ist, weil § 28 Abs. 2 RVG nicht auf § 58 GKG verweist. Dabei sind Nebenforderungen mitzurechnen (§ 28 Abs. 2 RVG). Entscheidend ist also der tatsächliche Betrag der Forderung einschließlich der Zinsen und der etwa erstattungsfähigen Kosten bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens.2
3187
Macht der Gläubiger nur einen Teilbetrag seiner Forderung im Insolvenzverfahren geltend, so ist nur dieser für den Gegenstandswert maßgeblich. Ob dies auch hinsichtlich der Gebühr für das Eröffnungsverfahren (Nr. 3314 VV RVG) gilt, ist umstritten: – Nach einer Meinung wird diese Gebühr – anders als die sonstigen Gebühren – immer nach der gesamten Forderung berechnet.3 – Die Gegenmeinung sieht nur den Teilbetrag als maßgeblich an.4
3188
Der zweiten Meinung ist zuzugeben, dass der Wortlaut des § 28 Abs. 2 RVG keinen Anhaltspunkt dafür bietet, dass der Gegenstandswert einmal in Höhe der gesamten Forderung und einmal in Höhe nur des Teilbetrages anzusetzen ist. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten eine solche Differenzierung zwischen dem Eröffnungsverfahren und dem weiteren Verfahren nicht. Bei Geltendmachung nur eines Teilbetrages ist also für alle Gebühren nur dieser Wert maßgeblich.
1 KG, Beschl. v. 25.6.2013 – 1 W 87/12, ZInsO 2013, 1541; LG Kassel, Beschl. v. 17.2.1999 – 3 T 42/99, KTS 2000, 468. 2 Enders, JurBüro 1999, 171. 3 OLG Dresden, Beschl. v. 14.9.1994 – 3 W 315/93, MDR 1994, 1253; Enders, JurBüro 1999, 171. 4 LG Freiburg, Beschl. v. 4.11.1991 – 2 T 44/91, Rpfleger 1992, 312; Schneider/Wolf, § 28 RVG Rn. 9; Schneider/Volpert/Fölsch/Janssen, Gesamtes Kostenrecht, § 58 GKG Rn. 7.
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Insolvenzverfahren c) Sonstige Fälle 3189
In allen sonstigen Fällen ist der Gegenstandswert unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses, das der Auftraggeber im Verfahren verfolgt, nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu bestimmen (§ 28 Abs. 3 RVG). Damit sind alle Angelegenheiten gemeint, die in § 28 Abs. 1 und 2 RVG nicht geregelt worden sind. Beispielsweise ist bei der Vertretung des Schuldners wegen des Insolvenzplans der zu erhaltende Vermögensteil maßgeblich.1 Bei Vertretung des Gläubigers wegen des Insolvenzplans kommt es auf die Differenz zwischen Plan und geforderter Quote an.2 Bei Vertretung im Rahmen der Restschuldbefreiung ist das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers maßgeblich.3 Dies kann die Summe der Forderungen sein, von denen der Schuldner Befreiung begehrt.
II. Beschwerdeverfahren 1. Gerichtsgebühren 3190
Bei der Beschwerde gegen die Entscheidung über den Eröffnungsantrag richtet sich der Wert für die Gerichtsgebühren nach § 58 Abs. 3 GKG, der nach der Person des Beschwerdeführers differenziert.
3191
Erfolgt die Beschwerde durch den Schuldner oder den ausländischen Insolvenzverwalter gegen die Eröffnungen des Insolvenzverfahrens oder gegen die Abweisung des Antrags mangels Masse, so ist für den Streitwert der Wert der Insolvenzmasse zurzeit der Beendigung des Verfahrens maßgeblich (§ 58 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 GKG).
3192
Ist dagegen ein sonstiger Antragsteller Beschwerdeführer, so richtet sich der Wert nach dem Betrag seiner Forderung bzw. nach dem geringeren Wert der Insolvenzmasse (§ 58 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 GKG). Für sonstige Beschwerdeverfahren stellt sich die Frage nach einem Wert für die Gerichtsgebühren nicht, weil hier Festgebühren anfallen (Nrn. 2361, 2364 KV GKG). 2. Anwaltsgebühren
3193
Der Wert für die Anwaltsgebühren im Beschwerdeverfahren (Nrn. 3500, 3513 VV RVG) richtet sich ebenfalls nach § 28 RVG. Vertritt der Anwalt den Schuldner in einem Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist nach § 28 Abs. 1 Satz 1 RVG der Wert der Insolvenzmasse entscheidend. Gleiches gilt, wenn der Anwalt den Schuldner als Beschwerdegegner im Beschwerdeverfahren gegen die Zurückweisung des Eröffnungsbeschlusses vertritt.4 In sonstigen Beschwerdeverfahren richtet sich der Wert nach § 28 Abs. 3 RVG.
3194
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens gegen die Anordnung einer Postsperre gem. § 99 InsO bestimmt sich nach dem Interesse des Schuldners. Das OLG Köln hat ihn auf (umgerechnet) 20 000 Euro festgesetzt.5
1 2 3 4 5
Hartmann, KostG, § 28 RVG Rn. 18; Enders, JurBüro 1999, 171. Enders, JurBüro 1999, 171. BGH, JurBüro 2003, 253; OLG Celle, Beschl. v. 29.10.2001 – 2 W 71/01, ZInsO 2002, 32. OLG Köln, JurBüro 1994, 101. OLG Köln, Beschl. v. 14.6.2000 – 2 W 86/00, InVo 2001, 95 – die näheren Bewertungsumstände lassen sich der Entscheidung leider nicht entnehmen.
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Insolvenzverfahren Die Entscheidung des BGH1 zur Bestimmung des Gegenstandswertes für das einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung betreffende Verfahren ist inzwischen für die Gerichtsgebühren überholt. Denn im gesamten Verfahren der Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) sind nur die in Nr. 2350 KV GKG abschließend genannten Entscheidungen besonders gebührenpflichtig. Soweit überhaupt eine gerichtliche Gebühr in diesem Bereich anfällt – sei es in erster Instanz oder im Beschwerdeverfahren –, ist sie als Festgebühr ausgestaltet, so dass es der Festsetzung eines Gegenstandswertes nicht bedarf.
3195
Für die Bestimmung des Gegenstandswertes für die Anwaltsgebühren (Nrn. 3500, 3513 VV RVG) ist der Wert nach dem objektiven wirtschaftlichen Interesse desjenigen zu bemessen, der den jeweiligen Antrag stellt oder das entsprechende Rechtsmittel verfolgt. Maßgeblich ist dabei nicht der Nennbetrag der dem verfahrensbeteiligten Gläubiger verbleibenden Forderung, sondern deren wirtschaftlicher Wert, bei dem auch die Erfolgsaussichten einer künftigen Beitreibung zu berücksichtigen sind. Der BGH2 hat ausgeführt, dass in den Fällen, in denen eine greifbare Schätzungsgrundlage nicht existiert, hilfsweise ein Wert von 4000 Euro (§ 23 Abs. 3 Satz 2 RVG) herangezogen werden könne.
3196
Vertritt der Anwalt den Schuldner in einem Beschwerdeverfahren gegen die Ankündigung der Restschuldbefreiung, so kann für die Berechnung des Gegenstandswertes weder auf den Nennbetrag der offenen Forderung des Versagungsantragstellers noch auf den Nennbetrag der Gesamtheit aller im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten abgestellt werden. Bei der Bemessung des wirtschaftlichen Wertes sind vielmehr auch die Erfolgsaussichten einer möglichen Beitreibung zu berücksichtigen, weil es ansonsten zu Gebührenansätzen kommen würde, die in keinem angemessenen Verhältnis zum tatsächlichen Wert des Verfahrens stehen. Ist völlig ungewiss, wie sich die Vermögensverhältnisse des Schuldners entwickeln werden und ob bzw. in welchem Umfang er in Zukunft wieder in der Lage sein wird, Zahlungen zu leisten, kann auch hier auf den Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG abgestellt werden.3
3197
Der Gegenstandswert für das Verfahren, in dem der Antrag auf Bestätigung des Insolvenzplans verfolgt oder Beschwerde gegen die vom Insolvenzgericht ausgesprochene Planbestätigung eingelegt wird, ist gem. § 3 ZPO nach dem objektiven wirtschaftlichen Interesse desjenigen zu bemessen, der den jeweiligen Antrag stellt oder das entsprechende Rechtsmittel verfolgt.4 Wird also gegen die Bestätigung eines Insolvenzplans Beschwerde eingelegt, so bemisst sich der Gegenstandswert nicht nach dem Aktivvermögen des Schuldners zum Zeitpunkt der Abstimmung über den Insolvenzplan, sondern nach dem wirtschaftlichen Interesse des Gläubigers an der Beseitigung des Insolvenzplans.5 Das wirtschaftliche Interesse des Insolvenzverwalters an der Bestätigung des Insolvenzplans entspricht dem Betrag, um den sich seine Vergütung erhöht hätte, wenn das von ihm eingelegte Rechtsmittel Erfolg gehabt hätte.6
3198
1 BGH, Beschl. v. 8.2.2007 – IX ZB 266/05, JurBüro 2007, 315; Beschl. v. 23.1.2003 – IX ZB 227/02, JurBüro 2003, 410; a.A. AG Duisburg, ZInsO 2002, 844 (maßgeblich ist der Nennbetrag der dem verfahrensbeteiligten Gläubiger verbleibenden Forderung). 2 So auch OLG Celle, Beschl. v. 29.10.2001 – 2 W 71/01, ZInsO 2002, 32. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.6.2007 – 10 W 6/07, NZI 2008, 252. 4 BGH, Beschl. v. 28.9.2009 – IX ZB 230/07, JurBüro 2010, 87. 5 OLG Dresden, Beschl. v. 2.4.2008 – 13 W 1209/07, ZIP 2008, 1351. 6 BGH, Beschl. v. 28.9.2009 – IX ZB 230/07, JurBüro 2010, 87.
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Insolvenzverfahren
ZPO
C. Feststellungsklage I. Anwendungsbereich 3199
Wird die Forderung eines Gläubigers vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten, so gilt diese Forderung nicht als festgestellt. Es bleibt dann dem Gläubiger überlassen, die Feststellungen gegen den Bestreitenden zu betreiben (§ 179 InsO). Dies erfolgt mit der Insolvenzfeststellungsklage (§ 180 InsO) außerhalb des Insolvenzverfahrens im ordentlichen Verfahren. Hierbei handelt es sich um eine echte Feststellungsklage, deren Ziel die Beseitigung des im Prüfungstermin erhobenen Widerspruchs ist, damit die Forderung zur Insolvenztabelle festgestellt werden kann.
3200
Der Streitwert einer solchen Klage bestimmt sich nach § 182 InsO. Dieser findet Anwendung, wenn die Feststellungsklage durch Neuklage (§ 180 Abs. 1 InsO), durch Prozessaufnahme (§ 180 Abs. 2 InsO), durch positive Feststellungsklage des Gläubigers (§ 179 Abs. 1 InsO) oder durch negative Feststellungsklage des bestreitenden Insolvenzverwalters (§ 179 Abs. 2 InsO) betrieben wird. Ausgenommen vom Anwendungsbereich ist lediglich der Fall, dass ein widersprechender Gläubiger seinen Widerspruch gem. §§ 179 Abs. 2, 180 InsO verfolgt. In diesem Fall bestimmt sich der Streitwert nach dem Betrag, um den sich im Erfolgsfall der Anteil des bestreitenden Gläubigers erhöhen würde.
3201
Die Regelung des § 182 InsO gilt sowohl für den Gebühren- als auch für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert, mithin auch für die Ermittlung des Wertes der mit einem Rechtsmittel geltend zu machenden Beschwer.1 Das gilt für die Bestimmung der Beschwer nur, wenn das Insolvenzverfahren bei Einlegung des Rechtsmittels bereits eröffnet war.2 § 182 InsO findet entsprechende Anwendung, wenn lediglich ein Teilbetrag oder der Rang der Forderung bestritten wurde. In diesen Fällen richtet sich der Streitwert nach dem Unterschied zwischen den Beträgen, die der Gläubiger bei einem Obsiegen oder bei einem Unterliegen gegenüber dem Bestreitenden erhalten würde.3 Entsprechend anwendbar ist § 182 InsO auch, wenn der Insolvenzverwalter in einem Rechtsstreit Massearmut einwendet und der klagende Massegläubiger daraufhin seinen Zahlungsantrag auf Feststellung der Forderung umstellt.4 Maßgebender Zeitpunkt für die Festsetzung des Streitwerts ist die Aufnahme des Verfahrens gegen den Insolvenzverwalter.5
3202
Für das selbständige Beweisverfahren gelten keine Besonderheiten. Ist der Insolvenzverwalter von Anfang an daran beteiligt, wird es nur nach § 182 InsO bewertet.6
3203
Die Regelung des § 182 InsO gilt gem. § 185 InsO auch dann, wenn die Feststellungsklage bei einer anderen Gerichtsbarkeit erhoben wird. So gilt sie für Verwaltungsstreitverfahren über die Richtigkeit einer im Insolvenzverfahren angemelde-
1 BGH, Beschl. v. 28.1.2002 – II ZB 23/01, NZI 2002, 549; OLG Celle, Beschl. v. 23.6.2005 – 4 U 83/05, ZInsO 2005, 776. 2 BGH, Beschl. v. 30.4.2014 – XII ZR 124/12. 3 Begründung zu § 210 RegE, BR-Drucks. 1/92, S. 185. 4 BGH, Beschl. v. 23.9.1987 – III ZR 96/87, NJW-RR 1988, 444; LAG Bremen, Beschl. v. 26.2.1988 – 4 Sa 235/87, MDR 1988, 699; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.4.1994 – 18 W 9/94, OLGR 1994, 306; vgl. auch BGH, Beschl. v. 29.6.1994 – VIII ZR 28/94, MDR 1995, 320. 5 BGH, Beschl. v. 12.11.1992 – VII ZB 13/92, MDR 1993, 287; Beschl. v. 27.2.1980 – I ZR 13/78, ZIP 1980, 429; LG Göttingen, Beschl. v. 4.12.1989 – 2 O 370/89, ZIP 1990, 61. 6 LG Hamburg, Beschl. v. 11.2.1983 – 2 T 15/83, KostRsp. KonkO § 148 Nr. 22.
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Insolvenzverfahren ten Abgabenforderung1 und für Sozialansprüche.2 Unanwendbar ist hingegen § 182 InsO, wenn ein Arbeitnehmer sich gegen die Kündigung des Insolvenzverwalters mit der Kündigungsschutzklage wehrt. Dann gilt nur § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG.3 Erst recht ist § 182 InsO unanwendbar, wenn der Insolvenzrichter wegen Befangenheit abgelehnt wird.4 Richtet sich die Feststellungsklage nicht gegen den Insolvenzverwalter, sondern nach § 184 InsO gegen den bestreitenden Schuldner, dann ist nicht § 182 InsO, sondern § 6 ZPO anzuwenden. Der Nennbetrag der Forderung ist gleich dem Streitwert.5
3204
II. Bemessungsgrundsätze Der Wert einer Insolvenzfeststellungsklage bemisst sich gem. § 182 InsO nach 3205 dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. Damit hat der Gesetzgeber die frühere Form der Wertbestimmung nach freiem Ermessen gem. § 148 KO, § 3 ZPO aufgegeben. Eine inhaltliche Änderung ist damit allerdings nicht verbunden, weil sich auch die freie Wertschätzung nach der bis 1998 geltenden § 148 KO auf die Schätzung der zu erwartenden Konkursquote beschränkte.6 Der Streitwert bestimmt sich nach der Höhe der für die Forderung zu erwartenden Verteilungsquote. Da die Höhe der Quote bei Klageerhebung aber in der Regel noch nicht feststeht, muss sie durch das Gericht auf der Grundlage des Insolvenzverwalterberichts (§ 156 InsO) prognostiziert werden. Hierfür hat das Gericht sämtliche Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen und ggf. auch eine erneute Auskunft des Insolvenzverwalters einzuholen.7 Ist der Insolvenzverwalter selbst Partei, so kommt es entscheidend auf den Inhalt der Insolvenzakten an.8
3206
Die Quote bestimmt sich nach dem Verhältnis der Teilungsmasse zur Schuldenmasse. Es kommt also darauf an, welcher Betrag voraussichtlich auf die vom Kläger geltend gemachte Forderung entfallen wird.9 Steht der Masse eine aufrechenbare Gegenforderung gegen den Kläger zu, so ist dies bei der Wertfestsetzung zu berücksichtigen. Der Wert der Feststellungsklage ist nach dem Betrag festzusetzen, der bei einer Verteilung der um die Gegenforderung erhöhten Masse für die Forderung zu erwarten ist.10
3207
1 OVG Münster, Beschl. v. 26.8.1982 – 2 B 1495/81, ZIP 1982, 1341; Kuhn/Uhlenbruck, § 148, Rn. 2c. 2 LAG Düsseldorf, Beschl. v. 12.3.1987 – 7 Ta 390/86, JurBüro 1987, 1586. 3 LAG Düsseldorf, Beschl. v. 12.10.1988 – 7 Ta 300/88, JurBüro 1989, 955. 4 Verfehlt daher BayObLG, Beschl. v. 19.1.1988 – AR 1 Z 104/87, NJW 1989, 44 = JurBüro 1988, 916. 5 BGH, Warneyer, 1966 Nr. 172; OLG Karlsruhe, OLGE 15, 50; OLG München, Beschl. v. 27.8.1993 – 1 W 2260/93, OLGR 1994, 11; OLG Frankfurt v. 17.5.1979 – 9 W 4/79, KTS 1980, 66. 6 BGH, Beschl. v. 12.11.1992 – VII ZB 13/92, ZIP 1993, 50; OLG Hamm, Beschl. v. 12.4.1984 – 2 W 5/84, JurBüro 1984, 1372. 7 BGH, Beschl. v. 21.12.2006 – VII ZR 200/05, MDR 2007, 681; Urt. v. 9.9.1999 – IX ZR 80/99, MDR 1999, 1463. 8 OLG Köln, JurBüro 1973, 1024 = KTS 1974, 239. 9 BGH, Urt. v. 9.9.1999 – IX ZR 80/99, MDR 1999, 1463; Urt. v. 16.12.1999 – IX ZR 197/99, MDR 2000, 351. 10 BGH, Urt. v. 16.12.1999 – IX ZR 197/99, MDR 2000, 351.
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Insolvenzverfahren 3208
Zinsen sind bei der Streitwertfestsetzung nach § 182 InsO ebenso wie die Kosten hinzuzurechnen, da dies – folgend aus einem Umkehrschluss zu § 39 InsO – abweichend von § 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 2 ZPO vorgesehen ist.1
3209
Kann hinsichtlich der Quote ein Mindestsatz – Prozentwert – geschätzt werden, ist dieser maßgebend.2 Ist keine Quote zugunsten des Gläubigers zu erwarten, so ist der Streitwert in Höhe der niedrigsten Wertstufe festzusetzen.3 Ein Null-Wert, der überhaupt keine Gebühren auslösen würde, ist also ausgeschlossen. Vielmehr ist die Gebührenstufe „bis zu 300 Euro“ zu wählen, auch im Anwaltsprozess.4 Demgegenüber will das OLG Frankfurt5 den Streitwert i.H.v. 10 % der festzustellenden Forderung ansetzen. Diese Wertbemessung erscheint jedoch angesichts der Aussichtslosigkeit, die Forderung zu realisieren, willkürlich.6
3210
Abzulehnen ist die Auffassung des LG Göttingen,7 der Streitwert müsse oberhalb der amtsgerichtlichen Zuständigkeit festgesetzt werden, wenn trotz mangelnder Aussicht auf eine Quote der beklagte Insolvenzverwalter dem vom Kläger angegebenen vorläufigen Gegenstandswert oberhalb der Zuständigkeitsgrenze des Landgerichts nicht widersprochen und die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts nicht gerügt hat.8 Denn das Gericht darf sich in seiner besseren Erkenntnis über die wirkliche Höhe des Streitwerts nicht aufgrund von Angaben der Parteien verschließen.
3211
Maßstab für die Streitwertbestimmung ist allein die zu erwartende Quote.9 Der Streitwert darf nicht aufgrund besonderer Umstände oberhalb oder unterhalb dieser Quote angesetzt werden.10 Beispielsweise sind für die Bestimmung des Streitwerts unerheblich: – ein für die Forderung bestehendes Absonderungsrecht an Gegenständen des Schuldners,11 – ein vor dem Rechtsstreit wegen derselben Forderung erwirkter dinglicher Arrest,12
1 Vgl. Schneider, MDR 1974, 104 m.N. in Fn. 36; OLG Naumburg, Beschl. v. 23.1.1995 – 7 W 34/94, ZIP 1995, 575; offen gelassen von BGH, Beschl. v. 12.11.1992 – VII ZB 13/92, ZIP 1993, 50. 2 LAG Köln, Beschl. v. 5.1.1994 – 10 Ta 192/93, AnwBl. 1995, 380 = ZIP 1994, 639. 3 BGH, MDR 2000, 351; Beschl. v. 9.9.1999 – IX ZR 80/99, ZIP 1999, 1811; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.3.1994 – 17 W 1/94, ZIP 1994, 638; LAG Köln, Beschl. v. 5.1.1994 – 10 Ta 192/93, ZIP 1994, 639; OLG München, OLGR 1992, 224; RG, KTS 1931, 9; BGH, Beschl. v. 12.11.1992 – VII ZB 13/92, JurBüro 1993, 554; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.3.1994 – 17 W 1/94, ZIP 1994, 638. 4 OLG Köln, Rpfleger 1974, 22; JurBüro 1974, 1024. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.5.1986 – 8 U 240/85, ZIP 1986, 1063; LAG Frankfurt, Beschl. v. 19.1.1990 – 15 Sa 1003/89, BB 1990, 928. 6 Ablehnend mit Recht daher LG Göttingen, Beschl. v. 4.12.1989 – 2 O 370/89, ZIP 1990, 61. 7 LG Göttingen, Beschl. v. 4.12.1989 – 2 O 370/89, ZIP 1990, 61. 8 Siehe E. Schneider, Anm. zu LG Göttingen, Beschl. v. 4.12.1989, KostRsp. GKG § 24 Nr. 6. 9 BGH, Beschl. v. 12.11.1992 – VII ZB 13/92, ZIP 1993, 50 – Sicherung durch Bürgschaft und Handwerkersicherungshypothek; OLG Hamburg, Beschl. v. 20.9.1989 – 1 W 23/89, ZIP 1989, 1345; OLG Hamm, JurBüro 1984, 1372; OLG Köln, Rpfleger 1974, 22; a.A. OLG Karlsruhe, MDR 1958, 251; OLG Köln, KTS 1971, 286. 10 Siehe näher Schneider, MDR 1974, 101. 11 BGH, Beschl. v. 12.11.1992 – VII ZB 13/92, ZIP 1993, 50; OLG Hamm, Beschl. v. 12.4.1984 – 2 W 5/84, ZIP 1984, 1258. 12 BGH, MDR 1964, 428.
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Insolvenzverfahren – die Möglichkeit zur Aufrechnung,1 – oder die Haftung weiterer Personen für den Streitwert.2 Die Prognose über die Möglichkeit, erfolgreich vollstrecken zu können, beeinflusst den Wert ebenfalls nicht. Dagegen folgt jedoch auch kein Abschlag wegen des Feststellungscharakters der Klage. Wird ein Rechtsstreit, der zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Forderung anhängig ist, gem. § 180 Abs. 2 InsO aufgenommen, so bestimmt sich der Streitwert für das weitere Verfahren nach § 182 InsO.3 Für die bis zur Aufnahme entstandenen Gebühren ist der ursprüngliche Wert maßgebend.4 In der Regel wird der Streitwert durch Aufnahme eines nach § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits sinken, da die Befriedigungsaussicht in der Insolvenz wohl immer hinter dem vollen Wert der Forderung zurückfällt.
3212
Zeigt sich nach Abschluss des Insolvenzverfahrens, dass der gem. § 182 InsO angesetzte Streitwert falsch geschätzt worden ist, weil das wirkliche Verhältnis von Teilungsmasse und Schuldenmasse verkannt worden ist, dann ist der Wert von Amts wegen abzuändern. Dies gilt jedoch nur, wenn Umstände unberücksichtigt geblieben sind, die zu dem für die Berechnung maßgeblichen Zeitpunkt (instanzeinleitender Antrag, § 40 GKG) bekannt oder erkennbar waren.
3213
D. Einfluss der Insolvenz auf laufende Verfahren Aus § 40 GKG ergibt sich, dass der Gebührenstreitwert durch diejenigen Minderungen nicht rückwirkend betroffen wird, die erst im Laufe einer Instanz eintreten. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn während der Instanz das Insolvenzverfahren mit der Folge des § 240 ZPO5 eröffnet wird oder der Rechtsstreit nach § 180 Abs. 2 InsO aufgenommen werden könnte.6
3214
Wird der Rechtsstreit während des Insolvenzverfahrens überhaupt nicht weitergeführt, sondern erst nach Insolvenzbeendigung gegen den Schuldner fortgesetzt,7 richtet sich der Streitwert unverändert nach dem Klagebegehren (§§ 3 bis 9 ZPO, § 48 GKG). Ob und inwieweit der Schuldner nach durchgeführten Insolvenzverfahren noch leistungsfähig ist, ist für die Wertberechnung unerheblich.
3215
Wird ein bereits begonnener Rechtsstreit nach Insolvenzeröffnung wieder aufgenommen (§ 180 Abs. 2 InsO), dann unterliegt das spätere Verfahren ab der Aufnahme dem geringeren Wert aus § 182 InsO.8 Teilweise wird jedoch auch die An-
3216
1 BGH, NZI 2000, 115. 2 BGH, Beschl. v. 12.11.1992 – VII ZB 13/92, ZIP 1993, 50; OLG Hamburg, Beschl. v. 20.9.1989 – 1 W 23/89, ZIP 1989, 1345; OLG Celle, JurBüro 1974, 1026. 3 BGH, Beschl. v. 12.11.1992 – VII ZB 13/92, ZIP 1993, 50; Beschl. v. 29.6.1994 – VIII ZR 28/94, NJW-RR 1994, 1251; OLG Düsseldorf, OLGR 1994, 306. 4 OLG Hamm, Beschl. v. 31.12.2007 – 26 W 24/07, DZWiR 2008, 219; OLG Dresden, Beschl. v. 23.1.2006 – 13 W 1185/05, JurBüro 2007, 531; OLG Jena, Beschl. v. 2.6.1997 – 8 W 234/97, OLGR 1997, 284. 5 Dagegen wird das selbständige Beweisverfahren nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen; vgl. BGH, Beschl. v. 11.12.2003 – VII ZB 14/03, ProzR-Berater 2004, 129; OLG Hamburg, Beschl. v. 22.3.2000 – 11 W 11/00, OLGR 2000, 436; OLG München, Beschl. v. 21.12.2001 – 13 W 2641/01, OLGR 2002, 222. 6 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1963, 280. 7 OLG Marienwerder, OLGE 25, 79. 8 BGH, Beschl. v. 12.11.1992 – VII ZB 13/92, ZIP 1993, 50; Beschl v. 27.2.1980 – I ZR 13/78, ZIP 1980, 429 = WPM 1980, 504; OLG Schleswig, ZIP 1981, 1358; OLG Düsseldorf, OLGR 1994, 306; OLG Koblenz, Beschl. v. 25.11.1993 – 14 W 702/93, KostRsp. KonkO § 148 Nr. 33; vgl. auch BGH, Beschl. v. 29.6.1994 – VIII ZR 28/94, MDR 1995, 320.
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Insolvenzverfahren
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sicht vertreten, dass sich das spätere Verfahren nach dem ursprünglichen, höheren Wert berechnet, der für die Dauer des Prozesses trotz zwischenzeitlicher Unterbrechung durch die Insolvenzeröffnung maßgebend bleibe.1 Zuzustimmen ist hier der Ansicht, die § 182 InsO anwendet. Da sich der Rechtsstreit gegen den Insolvenzverwalter fortsetzt und der Klageantrag auf Feststellung zur Insolvenztabelle gerichtet ist, liegen Parteiwechsel und Klageänderung vor. Damit verändert sich der Streitgegenstand als Bewertungsobjekt. 3217
Eine Rückwirkung der niedrigeren Wertfestsetzung nach § 182 InsO auf die Zeit vor Aufnahme scheidet auf jeden Fall aus.2 Daher richtet sich die Verfahrensgebühr einer vor Insolvenzeröffnung gegen den Gemeinschuldner eingereichten Leistungsklage nach dem höheren Wert, nicht nach dem des § 182 InsO.3
3218
Werden dem Insolvenzverwalter die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, dann erfasst diese Verurteilung nicht nur die ab Aufnahme des Rechtsstreits entstandenen Kosten, sondern auch die davor angefallenen.4 Diese Kosten sind insgesamt als Masseverbindlichkeiten gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu berichtigen.5
3219
Verteidigt sich der Beklagte mit einer Eventualaufrechnung, nachdem der Kläger vom Leistungsantrag wegen Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Beklagten nach § 180 Abs. 2 InsO zum Feststellungsantrag übergegangen ist, dann richtet sich der Grenzwert des § 45 Abs. 3 GKG nach dem Streitwert des ursprünglichen Leistungsantrages, nicht nach demjenigen des Feststellungsantrages.6 Der Grund dafür ist, dass § 182 InsO einen reinen Gebührenstreitwert betrifft und nicht etwa auch die Rechtskraftgrenze des § 322 Abs. 2 ZPO bei Aberkennung der Gegenforderung bestimmt.
3220
Soweit das Gericht eine Hilfsaufrechnung gegenüber einer vom Insolvenzverwalter geltend gemachten Forderung nach § 96 InsO für unzulässig erklärt, scheidet eine Wertaddition nach § 45 Abs. 3 GKG aus, weil es mangels einer Entscheidung über die Gegenforderung auch nicht zu einer Rechtskraftwirkung darüber kommen kann.7
E. Aussonderung 3221
Die Streitwertbestimmung bei Klagen von Aussonderungsberechtigten (§§ 47 ff. InsO) und Massegläubigern (§ 53 InsO) richtet sich nicht nach § 182 InsO, sondern nach § 6 ZPO.8 Maßgeblich ist die Höhe der Forderung oder der geringere Wert des Gegenstandes, an dem das persönliche oder dingliche Recht geltend gemacht wird.
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Für die Klagen der Massegläubiger gilt dies selbst dann, wenn unsicher ist, ob die Masse zur Deckung ausreicht.9 Jedoch ist der Nominalbetrag der Forderung eines Massegläubigers dann nicht anzusetzen, wenn der Insolvenzverwalter sich aus-
1 2 3 4 5 6 7 8 9
OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 425; OLG Stuttgart, Rpfleger 1957, 68 zu KO § 148. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.4.1994 – 18 W 9/94, OLGR 1994, 306. OLG Frankfurt, Beschl. v. 31.3.1981 – 12 W 44/81, ZIP 1981, 638. OLG Schleswig, ZIP 1981, 1358. OLG Hamm, JurBüro 1990, 1482; OLG Köln, JurBüro 1986, 1244; OLG Schleswig, Beschl. v. 24.3.1981 – 9 W 33/81, ZIP 1981, 1359. OLG Schleswig, SchlHA 1981, 189. OLG Oldenburg, Beschl. v. 18.11.1983 – 8 W 123/83, MDR 1984, 239. BGH, Beschl. v. 3.2.1988 – VIII ZR 276/87, NJW-RR 1988, 690; Schneider, MDR 1974, 101. OLG Frankfurt, OLGE 31, 6.
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Insolvenzverfahren drücklich auf Masseunzulänglichkeit beruft und der Kläger zum Feststellungsantrag auf Bestehen einer bezifferten Masseforderung übergeht.1
F. Abgesonderte Befriedigung Der Wert eines Rechts auf abgesonderte Befriedigung aus §§ 49 ff. InsO bemisst sich nach der für Pfandrechte gültigen Regel des § 6 ZPO.2 Vorgehende Pfandrechte bleiben bei der Streitwertbemessung unberücksichtigt.3
3223
Nur auf den Wert des nach § 6 ZPO zu bemessenden höheren Anspruchs ist auch abzustellen, wenn eine Insolvenzfeststellungsklage mit einer Klage auf Feststellung des Rechts auf abgesonderte Befriedigung verbunden wird.4 Auszugehen ist also regelmäßig von dem Wert des Rechts auf abgesonderte Befriedigung, der nach § 6 ZPO zu bewerten ist.5 Dagegen ist § 182 InsO anzuwenden, wenn mit der Klage nur die Feststellung des Forderungsbetrages, nicht aber die des Absonderungsrechtes begehrt wird.6
3224
Ist das Recht auf abgesonderte Befriedigung als solches unstreitig, dann kann der Klageantrag darauf gerichtet werden, die Forderung zur Insolvenztabelle „für den Ausfall“ festzustellen. Insoweit ist dann der voraussichtliche Ausfall zu schätzen und die nach § 182 InsO maßgebliche Quote nur von dem Teil der Forderung zu berechnen, der voraussichtlich durch das Recht auf abgesonderte Befriedigung nicht gedeckt ist.7
3225
Steht die Insolvenzquote noch nicht fest, ist sie zu schätzen. Ist mit einer Quote nicht zu rechnen, ergeben sich keine Besonderheiten, da dann die geringste Gebührenstufe anzusetzen ist.
3226
G. Anfechtung Der Wert einer Anfechtungsklage (§ 129 InsO) ist nach den allgemeinen Vorschrif- 3227 ten zu bestimmen. Richtet sich die Klage auf Rückgewähr des Gegenstandes zur Masse (§ 143 InsO), bestimmt sich der Streitwert nach dem Wert des Zurückverlangten (§ 3 ZPO),8 den dieses bei Zurückgewährung für die Insolvenzmasse hat. Belastungen, die auf der anfechtbar übertragenen Sache (Grundstücke!) ruhen, sind wertmindernd zu berücksichtigen, wenn sie die wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks selbst mindern.9 Richtet sich die Klage auf Beseitigung eines Pfandrechts, dann entspricht dies einer Klage aus § 771 ZPO. Das Klageinteresse ist entsprechend § 6 ZPO nach dem Wert der Forderung oder dem geringeren Wert des belasteten Gegenstandes zu bewerten.10
1 Siehe BGH, NJW-RR 1988, 690: betrifft die Revisionsbeschwer. 2 OLG Karlsruhe, OLGE 35, 25; OLG Hamm, Beschl. v. 12.4.1984 – 2 W 5/84, JurBüro 1984, 1372 = ZIP 1984, 1258. 3 OLG Karlsruhe, OLGE 35, 25. 4 OLG Hamm, Beschl. v. 12.4.1984 – 2 W 5/84, JurBüro 1984, 1372. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 12.4.1984 – 2 W 5/84, JurBüro 1984, 1372. 6 KG, OLGE 27, 14. 7 OLG Hamm, Beschl. v. 12.4.1984 – 2 W 5/84, JurBüro 1984, 1372. 8 RGZ 151, 319. 9 BGH, JurBüro 1958, 387; OLG Bamberg, JurBüro 1992, 629. 10 RG, JW 1910, 114; vgl. zu den Einzelheiten das Stichwort „Drittwiderspruchsklage“.
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Internet
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Internet A. Löschung von Interneteinträgen 3229
Verlangt der Kläger die Löschung von Einträgen im Internet, ist für die Abgrenzung zwischen einer vermögensrechtlichen und einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit auf den Inhalt der konkreten Eintragung abzustellen.
I. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit 3230
Richtet sich der Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch gegen abwertende, abfällige oder gar beleidigende Äußerungen über die Person des Klägers, so handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, da das Persönlichkeitsrecht und der soziale Geltungsanspruch des Klägers betroffen sind. Hierunter fallen etwa Angaben bzw. Bewertungen anderer Nutzer über den Kläger auf der Website eines sozialen Netzwerks oder einer online-Community (z.B. facebook, StudiVZ, Schüler VZ, Lokalisten, spickmich, wer-kennt-wen etc.).
3231
Ebenfalls eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn der Kläger als ehemaliger Nutzer eines solchen sozialen Netzwerkes bzw. einer online-Community verlangt, dass sein Account gelöscht und damit alle von ihm eingegebenen (persönlichen) Daten entfernt werden.
3232
Der Gebührenstreitwert ist in solchen Fällen nach § 48 Abs. 2 GKG, also unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen und darf 1 Million Euro nicht übersteigen. In Anlehnung an § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG kann sowohl für den Gerichtsgebührenstreitwert als auch für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren zunächst von einem Betrag von 4000 Euro ausgegangen werden. Je nach den Umständen des Einzelfalls ist dieser Betrag dann zu reduzieren bzw. zu erhöhen.
3233
Bei der Frage der Bedeutung der Sache für den Kläger ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Internet eine massenhafte Verbreitung von Äußerungen/Abwertungen/Beleidigungen ermöglicht, die ansonsten nur in einem begrenzten Kreis (Klassenverband, Arbeitskollegen, Freundes- und Bekanntenkreis etc.) kundgetan worden wären. Für die Bestimmung des Streitwertes ist dagegen ohne Belang, ob dem Kläger der entsprechende Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruch tatsächlich zusteht oder ob er die im Internet über ihn verbreiteten Äußerungen letztlich hinnehmen muss. Auch für eine gegenüber dem Ansatz bei Printveröffentlichungen niedrige Bewertung besteht kein Anlass (mehr).1
3234
Der Zuständigkeitsstreitwert ist unter Beachtung der Grundsätze des § 48 Abs. 2 GKG nach § 3 ZPO zu schätzen.
II. Vermögensrechtliche Streitigkeit 3235
Handelt es sich dagegen um eine Äußerung über das Geschäftsverhalten des Klägers oder über sonstige Umstände, die Auswirkungen auf seine wirtschaftliche Betätigung oder Interessen haben, so liegt eine vermögensrechtliche Streitigkeit vor, deren Streitwert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bewerten ist. 1 KG, Beschl. v. 8.11.2012 – 10 W 81/12, AfP 2013, 65 – Aufgabe der bisherigen Rspr.; OLG Köln, Beschl. v. 19.1.2012 – 15 W 63/11, AfP 2012, 268.
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Internet Zu nennen sind hier beispielsweise negative Bewertungen des Klägers auf einer Internethandelsplattform (ebay, Amazon, Immoscout etc.), welche die künftigen Geschäftsaktivitäten des Klägers erschweren,1 Sperrung des Mitgliedskontos (Account) auf einer Internethandelsplattform, wodurch die geschäftliche Tätigkeit des Klägers verhindert wird. Als vermögensrechtliche Streitigkeit i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG sind auch Unterlassungsansprüche von Privatpersonen einzuordnen. Denn auch wenn diese im Rahmen der Verkäufe im Internet nicht gewerblich tätig werden, sind ihre Interesse an der Entfernung negativer Einträge doch wirtschaftlicher Natur und betreffen nicht ihre Privatsphäre. Die Streitwertbestimmung hängt maßgeblich vom Interesse des Klägers ab, also von den möglichen Auswirkungen, welche die beanstandete Äußerung oder die negative Bewertung für ihn hat. Ein Anhaltspunkt für den Grad der Beeinträchtigung und damit die Höhe des Streitwertes können Art, Umfang und Intensität der bisherigen geschäftlichen Aktivitäten des Klägers im Internet sein. Darüber hinaus ist zu bewerten, in welchem Maße die negative Äußerung/Bewertung künftige Kunden des Klägers von einem Kauf bzw. einer sonstigen Geschäftsanbahnung abhalten wird.
3236
Die Beschwer des zur Löschung zweier Emails des gewerblich tätigen Klägers auf einer eigenen (Informations-)Internetseite verurteilten Schuldners ist nach den ihm aus der Erfüllung des Unterlassungsanspruchs entstehenden Nachteilen zu bemessen.2 Das Interesse des zur Unterlassung Verurteilten entspricht zwar nicht zwangsläufig, aber doch regelmäßig dem Interesse des Klagers an dieser Verurteilung. Dabei ist nicht danach zu differenzieren, ob die Parteien auch über das Bestehen einer Unterlassungsverpflichtung streiten oder allein über bereits erfolgte Verstöße gegen ein unstreitig bestehendes Unterlassungsgebot.3 Handelt der Schuldner dagegen ohne wirtschaftliche Interessen, sind die wirtschaftlichen Interessen des Klägers für die Bewertung unerheblich.4
3237
III. Einzelfälle Den Anspruch der Klägerin auf Löschung bzw. Unterlassung der Veröffentlichung ihres Namens, der Schule und der unterrichteten Fächer durch Notengebung von 1 bis 6 auf dem Schüler-Portal www.spickmich.de hat das OLG Köln im Berufungsverfahren mit 63 000 Euro bewertet und damit die Bewertung der ersten Instanz übernommen.5 In dem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren hatte das OLG Köln die insgesamt vier Anträge der Klägerin auf Löschung und Unterlassung mit jeweils 6000 Euro (insgesamt 24 000 Euro) bewertet.6
3238
Das LG Duisburg hat einen solchen Anspruch der Klägerin auf Löschung der sie betreffenden Daten auf www.spickmich.de sowie auf Unterlassung, künftig ihre Person betreffende Daten zu veröffentlichen, mit 28 000 Euro bewertet.7
3239
1 Vgl. AG Bremen, Urt. v. 27.11.2009 – 9 C 412/09. 2 BGH, Beschl. v. 13.1.2015, MDR 2015, 230 – Beschwer: 500 Euro. 3 BGH, Urt. v. 24.1.2013 – 1 ZR 174/11, MDR 2013, 1360; a.A. OLG Celle, Beschl. v. 13.4.2011 – 11 U 236/10. 4 BGH, Beschl. v. 13.1.2015, MDR 2015, 230. 5 OLG Köln, Urt. v. 3.7.2008 – 15 U 43/08, MMR 2008, 672 = CR 2008, 512 – auch der BGH hat in der nachfolgenden Revisionsentscheidung (Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08, NJW 2009, 2888 = MDR 2009, 1038) diese Wertfestsetzung nicht abgeändert. 6 OLG Köln, Urt. v. 27.11.2007 – 15 U 142/07, NJW-RR 2008, 203 = GRUR-RR 2008, 26. 7 LG Duisburg, Urt. v. 18.4.2008 – 10 O 350/07, MMR 2008, 691 = ZUM 2008, 700.
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Internet Ansprüche auf Rücknahme von negativen Bewertungen auf der Handelsplattform ebay sind von den Gerichten wie folgt bewertet worden: – 1000 Euro für die Klage auf Rücknahme einer negativen Bewertung einschließlich des Bewertungskommentars „nie, nie, nie wieder! Geld zurück, Ware trotzdem einbehalten – frech & dreist!!!“.1 – 2000 Euro für eine Klage auf Rücknahme einer negativen Bewertung einschließlich des Bewertungskommentars „Bietet, nimmt nicht ab, schade obwohl selber großer Verkäufer“.2 – 3000 Euro für eine Widerrufs- und Unterlassungsklage gegen eine negative Bewertung einschließlich des Bewertungskommentars „Vorsicht Spaßbieter. Bietet erst und zahlt dann nicht“. Das AG Koblenz ist davon ausgegangen, dass auch bei einem privaten ebay-Nutzer eine negative Bewertung weitere Geschäftsabschlüsse beeinträchtigen kann, so dass die Wertfestsetzung auch dann auf 3000 Euro lauten müsse, wenn der betreffende Kaufvertrag nur ein Bagatellgeschäft war (hier: Kaufpreis von 1 Euro).3 – 5000 Euro für eine Widerrufs- und Unterlassungsklage gegen eine negative Bewertung verbunden mit dem Bewertungskommentar „Kabel 100 % intakt. Er WILL einfach nicht verstehen. Solche KD brauchen wir nicht“ sowie „Kabel 100 % ok. Legt Gewährlstg/FernAbsG aus, wie er’s braucht. Traktiert m.mail“.4 – 6000 Euro für ein einstweiliges Verfügungsverfahren auf Unterlassung der Behauptungen auf dem ebay-Bewertungsprofil „Verkäufer erinnert an chron. Syndrom der Histrionik“, „Verkäufer bleibt weiterhin beim ‚missing the point‘“, „Verkäufer ist beratungsresistent und ignorant“. Die Kammer hat 2000 Euro für jede zu unterlassende Behauptung angesetzt.5 – 10 000 Euro für ein einstweiliges Verfügungsverfahren auf Löschung der auf dem ebay-Bewertungsprofil der Antragstellerin veröffentlichten Beschwerde des Antragsgegners mit dem Wortlaut: „Beschwerde: statt der in der Werbung vorgegaukelten 750 mg Tribulus Terrestris nur 400 mg.“6
3241
Für ein einstweiliges Verfügungsverfahren, mit welchem der Anspruch der Antragstellerin auf Freischaltung ihres Mitgliedskontos (Account) auf der Handelsplattform ebay durchgesetzt werden sollte, hat das OLG Brandenburg einen Streitwert von 10 000 Euro angesetzt.7
3242
Für eine Unterlassungsklage gegen das Angebot von Software zur Umgehung des Kopierschutzes hat das AG München einen Streitwert von 20 000 Euro für angemessen erachtet. Dabei sind das Schädigungspotential und die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit aus der Sicht des Unternehmens zu bemessen. Grundsätzlich ist hierbei nicht das wirtschaftliche Interesse durch die einzelne Verkaufshandlung zu berücksichtigen, sondern das Interesse des Klägers, Gefährdungen durch Umgehungssoftware generell zu bekämpfen. Ein wertbildender Faktor für das Schädigungspotential ist dabei nach Ansicht des Gerichts auch die Tatsache, dass im Zusammenhang mit der Umgehung von Kopierschutz kaum noch ein Unrechtsbewusstsein bei denjenigen bestehe, die sich dieser Software bedienten. In breiten Bevölkerungsschichten sei es vielmehr weitgehend üblich, alles, was kostenlos durch Brennen zu erhalten sei, sich auch kostenlos zu kopieren.8
ZPO
3240
1 2 3 4 5 6 7 8
LG Köln, Urt. v. 10.6.2009 – 28 S 4/09, ITRB 2009, 250 = MMR 2010, 244. OLG Oldenburg, Urt. v. 3.4.2006 – 13 U 71/05, NJW-RR 2006, 1204. AG Koblenz, Urt. v. 21.6.2006 – 151 C 624/06, NJW-RR 2006, 1643 = MMR 2007, 270. AG Brühl, Urt. v. 7.4.2008 – 28 C 447/07, ITRB 2008, 201. LG Köln, Beschl. v. 16.6.2005 – 28 O 304/05. LG Düsseldorf, Urt. v. 18.2.2004 – 12 O 6/04, MMR 2004, 496. OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.11.2008 – 6 W 183/08, MDR 2009, 526. AG München, Urt. v. 24.4.2007 – 161 C 24310/05, CR 2007, 816.
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Kurpat
Internet
B. Belehrung im Internethandel Im Internethandel (= Fernabsatzgeschäft) treffen den Unternehmer gegenüber dem Verbraucher bestimmte Informationspflichten nach §§ 312c, 355, 357 Abs. 2 BGB über seine Rücktritts- und Widerrufsrechte. Verstößt der Unternehmer gegen diese Pflichten, weil die Belehrung fehlerhaft ist oder völlig fehlt, kann er von Mitbewerbern auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (vgl. §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 UWG).
3243
Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert sowie der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren richtet sich bei solchen Unterlassungsbegehren gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 23 RVG nach dem Interessen des Klägers. Auch die für eine außergerichtliche Abmahnung geltend gemachten Anwaltskosten richten sich gem. § 23 Abs. 1 RVG nach dem Wert, den ein entsprechendes gerichtliches Verfahren haben würde.
3244
Für die Bewertung ist zu unterscheiden, ob ein Mitbewerber oder Verbraucherschutzverband sich gegen fehlerhafte Widerrufs- und Rückgabebelehrungen oder unzulässige Einschränkungen der Gewährleistung wendet.
3245
Das Unterlassungsverlangen eines Mitbewerbers ist maßgeblich danach zu bewerten, inwieweit die Verletzung von Informationspflichten im Fernabsatz die Interessen eines Mitbewerbers konkret beeinträchtigt. Zwar besteht an der Erfüllung der entsprechenden gesetzlichen Verpflichtungen zum Schutze der Verbraucher auch ein erhebliches Allgemeininteresse, so dass fehlerhafte Belehrungen regelmäßig die Bagatellgrenze des § 3 UWG überschreiten.1 Für den Streitwert maßgeblich ist jedoch nicht das Interesse des Verbrauchers, sondern das des Mitbewerbers. Die Bewertung muss sich also daran orientieren, inwiefern die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung in der konkret beanstandeten Form geeignet ist, die Kaufentscheidung zugunsten des fehlerhaft Belehrenden zu beeinflussen. Insoweit stellt die Rechtsprechung darauf ab, ob der Verbraucher bei ordnungsgemäßer Belehrung von seinem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht hätte. Dagegen hat die Rechtsverfolgung eines Verbraucherschutzverbandes die Wahrung der Interessen der Verbraucher in ihrer Gesamtheit zum Ziel. Dessen Unterlassungsansprüche sind daher höher zu bewerten.2 In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte werden für die entsprechenden Unterlassungsansprüche recht unterschiedliche Wertfestsetzungen vorgenommen: – 900 Euro Widerrufsbelehrung eines Onlineshops nennt eine zwei Wochen zu kurze Widerrufsfrist.3 Es handelte sich um einen Bereich des Internethandels (Computer und Zubehörteile), in dem sich eine Vielzahl von Wettbewerbern begegnen und daher wirtschaftliche Beeinträchtigungen der Mitbewerber nicht in nennenswertem Umfang zu erkennen waren.
1 OLG Hamburg, Urt. v. 24.8.2006 – 3 U 103/06, OLGR 2007, 114; OLG Hamburg, Beschl. v. 20.12.2006 – 5 U 105/06, OLGR 2007, 916; OLG Hamburg, Beschl. v. 4.1.2007 – 3 W 224/06, OLGR 2007, 656; OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.8.2006 – 6 W 117/06, OLGR 2006, 976; KG, Beschl. v. 11.5.2007 – 5 W 116/07, KGR 2007, 697; OLG Zweibrücken, Urt. v. 28.6.2007 – 4 U 210/06, OLGR 2007, 753; OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.4.2006 – 4 U 119/04, OLGR 2006, 707. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.11.2011 – 6 W 91/11, MDR 2012, 185: 15 000 Euro; Beschl. v. 4.8.2011 – 6 W 70/11. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.4.2007 – I-20 W 13/07.
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ZPO
Internet – 2000 Euro Regelwert für jeden behaupteten Fehler einer Widerrufsbelehrung im Internethandel.1 – 3000 Euro Richtwert für fehlerhafte Widerrufsbelehrung eines Onlineshops. Der Senat hat § 12 Abs. 4 UWG angewandt, weil die Sache nach Art und Umfang einfach gelagert war.2 – 4000 Euro (Untergrenze) Eilverfahren bzgl. zwei Belehrungsfehlern.3 – 5000 Euro – Wert eines Eilverfahrens wegen Fehlens der Widerrufsbelehrung und der Anbieterdaten.4 Nach Ansicht des Senats ist das Fehlen der Widerrufsbelehrung und der Anbieterdaten als solches nicht geeignet, die Kaufentscheidung zugunsten des Verletzers und zum Nachteil seiner sich gesetzestreu verhaltenden Konkurrenten zu beeinflussen. – Wert eines Eilverfahrens wegen Verstoß gegen fernabsatzrechtliche Informationspflichten.5 Es muss auf die Schwere des Verstoßes sowie auf den Umstand abgestellt werden, dass durch die Vielzahl von Anbietern, die keine ordnungsgemäße Belehrung erteilen, die Wettbewerbsposition der rechtstreuen Wettbewerber tendenziell verschlechtert, weil ein rechtstreuer Anbieter Zeit, Aufwand und ggf. auch Geld für Beratungsleistungen aufwenden muss, um die Verbraucher zutreffend über ihre Rechte belehren zu können. – Wert eines Verfahrens wegen unrichtiger Widerrufsbelehrung bei Verkaufsangeboten über einen eBay-Onlineshop.6 – Wert eines Verfahrens wegen fehlender Angaben nach § 5 Pkw-EnVKV (Verbrauchsangaben zu einem Kraftfahrzeug).7 – 10 000 Euro Wert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens wegen fehlender Widerrufsbelehrung eines Pkw-Händlers, der neue Pkw und Gebrauchtwagen verschiedener Marken an Einzelhändler im gesamten Bundesgebiet verkauft und diese auch über das Internet anbietet.8 Der Senat ist von seinem in ständiger Rechtsprechung vertretenen Regelstreitwert für wettbewerbsrechtliche Eilverfahren ausgegangen. – 15 000 Euro Zweifach fehlerhafte Widerrufsbelehrung eines Unternehmers bei insgesamt durchschnittlichem Verfolgungsinteresse.9 Allgemein können nach Ansicht des Senats bei Verletzung von Informationspflichten im Fernabsatzgeschäft Streitwerte von 10 000 bis 20 000 Euro angesetzt werden.
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OLG Naumburg, Beschl. v. 18.7.2007 – 10 W 37/07, GRUR-RR 2008, 144. OLG Celle, Beschl. v. 19.11.2007 – 13 W 112/07, MMR 2008, 172. OLG Naumburg, Urt. v. 13.7.2007 – 10 U 14/07, OLGR 2008, 300. OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.8.2006 – 6 W 117/06, OLGR 2006, 976. OLG Hamburg, Beschl. v. 30.10.2007 – 3 W 189/07, K&R 2008, 254. OLG Jena, Urt. v. 23.4.2008 – 2 U 929/07, OLGR 2008, 877 = Magazindienst 2008, 936; OLG Jena, Urt. v. 9.6.2007 – 2 W 124/07, WRP 2007, 1008. 7 OLG Celle, Beschl. v. 22.5.2014 – 13 W 22/14, MDR 2014, 982. 8 OLG Schleswig, Beschl. v. 27.5.2008 – 6 W 9/08, OLGR 2008, 628. 9 OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.11.2011 – 6 W 91/11, MDR 2012, 185 – Eilantrag eines Verbraucherschutzverbandes; OLG Hamm, Beschl. v. 29.4.2008 – 4 W 27/08.
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Internet Dem OLG Celle1 ist darin zuzustimmen, dass die Beeinträchtigung des Mitbewerbers durch Belehrungsfehler in aller Regel als gering einzustufen ist. Dessen Interesse liegt darin, dass sich der Gegner durch eine unrichtige oder fehlende Belehrung keinen Wettbewerbsvorteil verschafft. Der Umstand, dass eine Widerrufsbelehrung inhaltlich nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht, dürfte jedoch die Kaufentscheidung des Verbrauchers zum Nachteil der sich gesetzestreu verhaltenden Mitbewerber nur unwesentlich beeinflussen. In der Regel wird der Verbraucher nämlich seine Kaufentscheidung nicht von der konkreten Ausgestaltung der Widerrufsbelehrung abhängig machen, zumal schon fraglich sein dürfte, ob der durchschnittliche, rechtlich nicht vorbelastete Verbraucher den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt einer Widerrufsbelehrung überhaupt kennt.
3247
Die Festsetzung eines Werts von 4000 bis 5000 Euro für eine Unterlassungsklage dürfte ein angemessener Ausgangspunkt für die Bewertung sein. Dabei ist zu bedenken, dass durch eine weitere Herabsetzung des Streitwerts der Verbraucherschutz über § 8 UWG nicht mehr wirksam realisiert werden könnte. Denn kein Mitbewerber oder sonstiger Berechtigter würde abmahnen bzw. eine Unterlassungsklage erheben, wenn dies für ihn von vornherein ein Verlustgeschäft bedeutete.
3248
C. Urheber- und Nutzungsrechte Das LG Köln hat den Streit um die Befugnis der Beklagten, das im Miteigentum der Klägerin stehende Hausgrundstück in ihrem Internetangebot mit Adresse abzubilden, mit 19 500 Euro bewertet.2 Das Internetangebot der Beklagten konnte so genutzt werden, dass nach einem Haus systematisch durch Eingabe von Straßennamen und Hausnummer gesucht wurde. Das Ergebnis bot dann ein Bild der Gebäudeansicht, die über Geokoordinaten eindeutig lokalisiert und damit einer Gebäudeadresse zugeordnet werden konnte.
3248a
Der Streitwert einer auf Unterlassung der urheberrechtlichen Verletzung von Bild- und Tonrechten gerichteten Klage bestimmt sich in der Rregel nach einem Vielfachen des vom Urheber aufgezeigten Lizenzschadens.3 Das gilt etwa bei einem Vorgehen gegen File-Sharing über Internetportale.4 Wird im Rahmen einer Internetversteigerung (z.B. eBay) ein urheberrechtlich geschütztes Lichtbild rechtswidrig verwendet, dann bestimmt sich der Streitwert eines darauf gestützten Unterlassungsverlangens nach der Bedeutung des verletzten Rechts und der Intensität des Angriffs. Bei der Bewertung sind die Anzahl der Verkäufe, die Art der Verkaufstätigkeit (gewerblich/privat) sowie der Verkaufswert des zu bewerbenden Gegenstandes zu berücksichtigen. Die Verwendung zur Förderung eines zeitlich begrenzten Privatverkaufs wird mit 2000 Euro angemessen erfasst.5
3248b
1 OLG Celle, Beschl. v. 19.11.2007 – 13 W 112/07, MMR 2008, 172; so auch: OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.8.2006 – 6 W 117/06, OLGR 2006, 976. 2 LG Köln, Urt. v. 13.1.2010 – 28 O 578/09, MMR 2010, 278 = CR 2010, 198. 3 OLG Brandenburg, Beschl. v. 22.8.2013 – 6 W 31/13, NJW-RR 2014, 227 – 10facher Satz bei gewerblichem Handeln; OLG Hamm, Beschl. v. 13.9.2012 – 22 W 58/12, JurBüro 2013, 28: Verdopplung bei privater oder kleingewerblicher Tätigkeit. 4 OLG Hamm, Beschl. v. 26.3.2013 – 22 W 42/13: 2000 Euro je Musik- oder Filmtitel; OLG Köln. Beschl. v. 17.11.2011 – 6 W 234/11: 3000 Euro je Titel. 5 OLG Hamburg, Beschl. 22.1.2013 – 5 W 5/13, ZUM-RD 2014, 90; ähnlich LG Köln, Beschl. v. 3.12.2013, MMR 2014, 194: 6000 Euro bei gewerblicher Nutzung und 3000 Euro bei privater oder kleingewerblicher Nutzung.
Kurpat
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Inventar Eine Klage gegen Internet- und Telefonanbieter auf Abgabe der Erklärung, dass aufgrund technischer Probleme mit dem Telefon- und Internetanschluss eine von der Billigung des Klägers unabhängige Nutzungsmöglichkeit für Dritte bestanden habe könne, bemisst sich nach dem Interesse des Klägers an der Erteilung einer derartigen Erklärung, das ohne entgegenstehende Anhaltspunkte mit 1200 Euro bewertet werden kann.1
3248d
Der Streitwert eines Namensrechtsstreits um eine Internetdomain bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Namensinhabers an der Unterlassung der Domainbezeichnung. Bei der Bewertung ist zu berücksichtigen, ob die Namensverletzung sich auf die reine Inhaberschaft der Domin beschränkt und der Namensinhaber sich ohne Interesse an der Domian selbst auf die bloße Abmahnung der Namensanmaßung beschränkt.2
ZPO
3248c
Inventar Siehe das Stichwort „Pacht“.
Investitionsverpflichtung 3249
Wird im Zusammenhang mit Grundstücks- oder Unternehmensverkäufen vom Verkäufer neben der Kaufpreiszahlung die Verpflichtung übernommen, Baumaßnahmen oder sonstige Investitionen zu tätigen, sind diese regelmäßig auch streitwertrechtlich zu berücksichtigen.
3250
Dies gilt etwa für die Klage eines Unternehmenskäufers auf Feststellung der Nichtigkeit eines Kaufvertrages über ein Treuhandunternehmen. Hier bestimmt sich der Streitwert nach dem Loslösungsinteresse des Käufers. Anzusetzen sind neben dem Kaufpreis auch sonstige geldwerte Vertragspflichten, wie Arbeitsplatzgarantien oder Investitionsverpflichtungen.3
3251–3252
Einstweilen frei.
Jagdpachtrecht 3253
Bei Streitigkeiten betreffend Jagdpachtverhältnisse ist hinsichtlich der Bewertung zu unterscheiden, ob es um das Jagdausübungsrecht oder um den Bestand des Jagdpachtvertrags geht.
3254
Beeinträchtigungen des Ausübungsrechts sind nach § 3 ZPO zu bewerten. Ein solcher Streit – etwa über die Grenzen des Jagdbezirks oder über die Störung der Jagd-
1 BGH, Beschl. v. 15.12.2011 – III ZR 226/11, MMR 2012, 191. 2 AG Charlottenburg, Urt. v. 23.7.2012 – 237 C 273/11, GuT 2013, 37. 3 KG, Beschl. v. 15.10.1996 – 14 W 6060/96, KGR 1997, 268; vgl. für die Bemessung des Geschäftswerts notarieller Beurkundungstätigkeit in derartigen Fällen: OLG Jena, Beschl. v. 27.5.2010 – Not W 18/09, NotBZ 2011, 50; OLG Celle, Beschl. v. 26.10.1993 – 8 W 270/93, OLGR 1994, 46; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.3.1994 – 10 W 26/94, MDR 1994, 625; OLG Hamm, Urt. v. 26.3.2003 – 8 U 170/02.
600
Kurpat/N. Schneider
Jagdpachtrecht ausübung – ist nicht etwa durch Vervielfältigung des Jahresertrages gem. § 9 ZPO zu bestimmen, sondern nach freiem Ermessen zu schätzen.1 Bei Unterlassungsklagen wegen Störung des Besitzrechts hat sich die Schätzung an § 41 GKG zu orientieren, so dass die Jahrespacht die Höchstgrenze bildet.2 Denn der Streitwert wegen der Berechtigung einzelner Störungen kann nicht höher liegen als der Wert eines Rechtsstreits über das Bestehen eines Pachtvertrags.3 Das Ausmaß und die Intensität der Störungen sind zu berücksichtigen. Lediglich vorübergehende Störungen hat das LG Saarbrücken4 mit 2/3 des jährlichen Pachtzinses bewertet.
3255
Wird über den Bestand des Jagdpachtvertrags gestritten, dann ist für die Gerichtsund Anwaltsgebühren § 41 Abs. 1 GKG unmittelbar einschlägig und der Jahresbetrag des Pachtzinses anzusetzen.5 Für die sachliche Zuständigkeit der Gerichte bleibt hingegen § 8 ZPO maßgebend;6 ebenso für die Beschwer.7
3256
Das gilt auch dann, wenn streitig ist, wer von den Parteien aus dem Pachtverhältnis berechtigt ist.8 Vorausgesetzt ist allerdings stets, dass der Kläger auch Vertragspartei ist.
3257
Klagt ein Dritter mit dem Antrag, die Nichtigkeit des Jagdpachtvertrags im Verhältnis zu einem Jagdpächter und dem Jagdverpächter festzustellen, dann ist § 41 GKG unanwendbar.9 In diesem Fall ist das Interesse des Klägers nach § 3 ZPO zu schätzen, wobei vor allem sein Interesse daran maßgebend ist, bei Nichtigerklärung des Jagdpachtvertrags selbst Jagdpächter werden zu können.
3258
Zum Pachtzins zählen auch vertragliche Gegenleistungen, wenn sie im Verkehr als Entgelt für die Gebrauchsüberlassung angesehen werden,10 etwa die vom Pächter zu tragende Jagdsteuer.
3259
Umstritten ist, ob auch der Beitrag zur Berufsgenossenschaft zu berücksichtigen ist. Das LG Saarbrücken11 bejaht dies. Das OLG Schleswig12 berücksichtigt die Berufsgenossenschaftsbeiträge nicht, wenn der Pächter nach der einschlägigen berufsgenossenschaftlichen Satzung ohne Rücksicht auf die Vereinbarungen im Pachtvertrag verpflichtet ist, diese Beträge zu leisten.
3260
Richtiger Ansicht nach sind Jagdsteuer und Beiträge zur Berufsgenossenschaft gleichzubewertende Nebenleistungen zum Pachtzins. Die Jagdpacht zählt zu den landwirtschaftlichen Unternehmen des § 114 SGB VII. Der Jagdpächter hat deshalb auch nach 150 SGB VII die Unternehmerbeiträge aufzubringen. Satzungsgemäß ist es zwar möglich, dass primär der Eigentümer in Anspruch genommen wird, wenn er keine Angaben zum Pächter macht. Das ändert aber nichts daran, dass der Jagdpächter als Unternehmer der gesetzlich Belastete ist. Deshalb werden ihm in solchen Ausnahmefällen im Pachtvertrags-Innenverhältnis die Beträge zur Berufsgenossenschaft auferlegt. Der Pächter muss den Betrag immer zahlen, weil
3261
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
RG, JW 1938, 1841 Nr. 50. LG Saarbrücken, Beschl. v. 18.12.1990 – 15 O 2359/90, JurBüro 1991, 582. LG Saarbrücken, Beschl. v. 18.12.1990 – 15 O 2359/90, JurBüro 1991, 582. LG Saarbrücken, Beschl. v. 18.12.1990 – 15 O 2359/90, JurBüro 1991, 582. OLG Bamberg, NJW 1953, 230; OLG Celle, Beschl. v. 29.9.1972 – 7 W 43/72, JurBüro 1972, 1080; s. auch LG Saarbrücken, Beschl. v. 18.12.1990 – 15 O 2359/90, JurBüro 1991, 582. RG, JW 1938, 1047 Nr. 45. BGH, Beschl. v. 27.2.1992 – III ZR 142/91, KostRsp. ZPO § 8 Nr. 7 – Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung. OLG Hamburg, NJW 1965, 2406. BGH, Beschl. v. 10.2.1983 – III ZR 64/82, KostRsp. GKG § 16 Nr. 23. BGH, Beschl. v. 27.2.1992 – III ZR 142/91, KostRsp. ZPO § 8 Nr. 7. LG Saarbrücken, Beschl. v. 18.12.1990 – 15 O 2359/90, JurBüro 1991, 582. LG Saarbrücken, Beschl. v. 6.1.1958 – 3 W 103/57, JurBüro 1958, 512.
N. Schneider
601
Kapitalanleger-Musterverfahren
ZPO
er die Jagdpacht vertraglich übernommen und schon dadurch die Unternehmereigenschaft erworben hat. Der Abschluss des Pachtvertrages ist faktische Voraussetzung für die Beitragspflicht; und deren Übernahme wiederum ist wirtschaftlich Voraussetzung für das Zustandekommen des Pachtvertrages, weil der Verpächter sonst nicht abschließt. Somit ist die Zahlungspflicht letztlich ungeachtet der gesetzlichen Regelung durch das Bestehen des Jagdpachtvertrages bedingt. 3262
Hinzukommen muss als Voraussetzung einer Streitwerterhöhung natürlich, dass diese Positionen auch grundsätzlich dem Pachtzins zugerechnet werden. Insoweit handelt es sich um das Problem der Nebenleistungen (s. dazu das Stichwort „Mietstreitigkeiten“, Rn. 3976 ff.). Werden Nebenkosten als Teil des Pachtzinses angesehen, dann erhöhen sie den Streitwert. Werden sie streitwertmäßig nicht als Teil des Pachtzinses angesehen, weil es sich dabei um durchlaufende Beträge handele, denen keine Gegenleistungen des Verpächters gegenüberstünden, dann bleiben sie unberücksichtigt.1
3263
Ausgehend von diesen Bemessungsgrundsätzen hat der BGH2 ausgeführt, dass die Verpflichtung, den Wildschaden zu tragen, bei der Bestimmung des Pachtzinses außer Betracht zu bleiben hat, weil nicht gewiss sei, ob Ersatz für Wildschaden geleistet werden müsse.
3264
Ist aber beim Wegfall des Wildschadens ein Mindestbetrag als „weiterer Pachtzins“ zu zahlen, so gilt auch die Ersatzleistung für Wildschaden insoweit als Pachtzins, als der Pächter diese ungeachtet des Eintritts von Wildschaden jährlich mindestens für die Überlassung der Jagd aufzubringen hat.
Kapitalanleger-Musterverfahren Literatur: Mayer, Zwei Jahre RVG, Neue Justiz 2006, 242; Mock, Gebührenrecht zum Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, RVG-B 2005, 172.
A. Allgemeines 3265
Nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) können im Wege eines Vorlageverfahrens das Vorliegen oder Nichtvorliegen von anspruchsbegründenden oder -ausschließenden Voraussetzungen festgestellt oder Rechtsfragen geklärt werden, soweit davon die Entscheidung eines laufenden Rechtsstreits abhängt, in dem (u.a.) wegen falscher, irreführender oder unterlassener Kapitalmarktinformationen auf Schadensersatz geklagt wird (§ 1 Nr. 1 KapMuG). Der bei dem Prozessgericht zu stellende Musterfeststellungsantrag führt nach Bekanntmachung im Klageregister zur Unterbrechung des Prozessverfahrens (§ 5 KapMuG) und nach Bekanntmachung des Musterverfahrens zur Aussetzung aller weiteren anhängigen oder bis zum Erlass des Musterentscheids noch anhängig werdenden Verfahren, deren Entscheidung von der im Musterverfahren zu treffenden Feststellung oder zu klärenden Rechtsfrage abhängt (§ 8 KapMuG). Gegen den Musterentscheid findet die Rechtsbeschwerde statt (§ 20 Abs. 1 KapMuG). Die Geltungsdauer des Gesetzes ist derzeit bis zum 1.11.2020 befristet.
1 So OLG Oldenburg, Beschl. v. 19.11.1990 – 1 W 120/90, JurBüro 1991, 416. 2 BGH, Beschl. v. 17.11.1961 – V ZR 15/61, MDR 1962, 293.
602
N. Schneider/Kurpat
Kapitalanleger-Musterverfahren
B. Zuständigkeitsstreitwert Die Zuständigkeit für Musterverfahren ist gem. § 6 KapMuG streitwertunabhängig ausgestaltet und obliegt – vorbehaltlich einer Konzentration (§ 4 Abs. 5 KapMuG) – dem im Rechtszug übergeordneten Oberlandesgericht.
3266
C. Gebührenstreitwert I. Gerichtsgebühren Gesonderte Gerichtsgebühren löst die Einleitung und Durchführung des Musterverfahrens nicht aus. Ziel des Gesetzgebers war es, die Durchsetzung der Interessen von Kapitalanlegern nicht durch besondere Kostenrisiken zu erschweren. Für eine gesonderte Streitwertfestsetzung besteht daher kein Anlass.
3267
II. Anwaltsgebühren Ähnlich liegt es bei den Anwaltsgebühren, da nach § 16 Nr. 13 RVG das erstinstanzliche Prozessverfahren und der erste Rechtszug des Musterverfahrens nach dem KapMuG dieselbe Angelegenheit darstellen.1 Hieraus folgt, dass der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Musterverfahren lediglich die Gebühren erhält, die ihm nicht bereits aus dem Prozessverfahren zustehen.2
3268
Dabei bestimmt sich der Gegenstandswert im Musterverfahren gem. § 23a RVG nach der Höhe des von dem Auftraggeber oder gegen diesen im Prozessverfahren geltend gemachten Anspruchs, soweit dieser Gegenstand des Musterverfahrens ist. Angesichts der Bedeutung der Entscheidung im Musterverfahren für den Ausgang des Prozessverfahrens scheidet eine Bruchteilsbewertung aus.3
D. Rechtsmittel und Beschwer I. Vorlageverfahren Der Wert einer Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Musterfeststellungsantrags bestimmt sich nach § 3 Abs. 1 EGZPO, § 3 ZPO nach dem klägerischen Interesse, mit dem Musterfeststellungsantrag die wesentlichen Grundlagen für den (in der Regel) beabsichtigten Schadensersatzanspruch zu schaffen. Im Hinblick auf diese nur vorbereitende Funktion des Verfahrens erachtet das OLG München4 eine Bruchteilsbewertung i.H.v. 1/2 für angemessen.
3269
II. Rechtsbeschwerdeverfahren Im Rechtsbeschwerdeverfahren bestimmt sich der Streitwert für die Gerichtsgebühren gem. § 51a Abs. 1 GKG nach der Summe der in sämtlichen nach § 8 KapMuG ausgesetzten Prozessverfahren geltend gemachten Ansprüchen, soweit diese Gegenstand des Musterverfahrens sind. Bei der Streitwertbemessung sind 1 2 3 4
Mayer/Kroiß/Gierl, § 23a Rn. 5. AnwK-RVG/Mock/N. Schneider/Wahlen, § 16 Rn. 238 mit Berechnungsbeispielen. AnwK-RVG/Wolf, § 25 Rn. 2. OLG München, Beschl. v. 15.11.2007 – W (KAP) 27/07; Beschl. v. 1.10.2007 – W (KAP) 16/07, NJW-RR 2008, 132.
Kurpat
603
3270
Karenzentschdigung
ZPO
auch die in den Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche der Beigeladenen zu berücksichtigen, die zwar den Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beigetreten sind, ihre Klage aber nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist zurückgenommen haben.1 Der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren im Rechtsbeschwerdeverfahren beläuft sich entsprechend § 23a RVG nach der Beschwer des Auftraggebers2 und damit der nach der Höhe des von oder gegen diesen im Prozessverfahren geltend gemachten Anspruchs, soweit dieser Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist, begrenzt auf den Höchstwert von 30 Mio. Euro (§ 22 Abs. 2 RVG).3 Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen eine vom Ausgangsgericht beschlossene Aussetzung nach § 8 Abs. 1 KapMuG, entspricht der Gegenstandswert nach Ansicht des BGH dem Wert der Hauptsache.4
Karenzentschdigung 3271
Der Streit über die Gültigkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers zu bewerten. Dabei kann für die Bewertung der auf Feststellung der Nichtigkeit gerichteten Klage auf Angebote anderer Arbeitgeber, dem (Mehr)Verdienst bei selbständiger Tätigkeit im Geschäftsbereich des alten Arbeitsgebers oder die bei Wettbewerbsverstößen drohende Vertragstrafe abgestellt werden.5 Fehlen besondere Anhaltspunkte, ist regelmäßig mit dem Betrag der insgesamt nach §§ 74 Abs. 2, 74a Abs. 1 HGB höchstens geschuldeten Karenzentschädigung zu bewerten.6 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Karenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreichen muss.
3272
Dieser Wert kann auch im Eilverfahren erreicht werden, wenn dieses im praktischen Ergebnis den Streit entschieden hat.7
3273
Die auf Feststellung der Wirksamkeit gerichtete Klage des Arbeitsgebers ist grundsätzlich nach dem durch die Wettbewerbsverletzung drohenden Schaden zu bemessen. Ist dieser nicht hinreichend sicher zu beziffern, kann wiederum auf den Betrag der höchstens geschuldeten Karenzentschädigung als Bemessungsgrundlage abgestellt werden.8
1 BGH, Beschl. v. 1.7.2014 – II ZB 29/12, NZG 2014, 1946; Beschl. v. 13.12.2011 – II ZB 6/09, ZIP 2012, 117. 2 Mayer/Kroiß/Gierl, § 23a Rn. 7. 3 BGH, Beschl. v. 1.7.2014 – II ZB 29/12, NZG 2014, 1946; Beschl. v. 13.12.2011 – II ZB 6/09, ZIP 2012, 117. 4 BGH, Beschl. v. 8.9.2009 – XI ZB 4/09. 5 LAG Schleswig, Beschl. v. 31.5.2012 – 6 Ta 86/12. 6 LAG Schleswig, Beschl. v. 31.5.2012 – 6 Ta 86/12; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 28.2.2011 – 2 Ta 68/11; LAG Köln, Beschl. v. 12.11.2007 – 7 Ta 295/07; LAG Hamm, AnwBl. 1981, 106; LAG Düsseldorf, JurBüro 1985, 764; LG Bayreuth, Beschl. v. 14.3.1990 – 2 O 287/90, JurBüro 1990, 772 (773). 7 LAG Hamm, AnwBl. 1981, 106. 8 LAG Nürnberg, Beschl. v. 25.6.1999 – 2 TA 56/99, JurBüro 1999, 640.
604
Kurpat
Kaufvertrag
Kartellsachen Der Streitwert ist nach § 3 ZPO, § 50 Abs. 1 Nr. 1 GKG zu schätzen. Abzustellen ist auf das Interesse, das der Beschwerdeführer daran hat, dass die Entscheidung der Kartellbehörde geändert wird. Die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsverhältnisses für ihn ist wesentlich.1
3274
Vgl. im Übrigen die Stichworte „Gewerblicher Rechtsschutz“ und „Vergabesachen“.
Kassatorische Klagen Im Gesellschaftsrecht wird der Begriff „kassatorische Klagen“ als Oberbegriff für Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen verwendet. Vgl. deshalb die Ausführungen unter dem Stichwort „Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen“.
3275
Kaufanwartschaftsvertrag Unter einem Kaufanwartschaftsvertrag versteht man die Vereinbarung einer Privatperson mit einer staatlichen Treuhandgesellschaft für Wohnungsbau, wonach der Käufer ein Eigenheim schon vor Eigentumserwerb nutzen darf (auch TrägerBewerber-Vertrag genannt).
3276
Der Wert eines Streits, ob aufgrund der Bestimmungen eines Kaufanwartschaftsvertrags die Beklagten zur Räumung des Grundstücks verpflichtet sind, ist unter Berücksichtigung des in § 41 GKG enthaltenen und weit auszulegenden sozialen Grundgedankens nach dieser Vorschrift mit dem einjährigen Nutzungsbetrag zu bemessen.2
3277
Kaufvertrag Literatur: Riedel, JurBüro 1961, 521 (Streitwert bei Rückgängigmachung eines Kaufvertrages).
A. Einleitung Für die Bestimmung des Streitwerts kommt es auf den konkreten Anspruch an, den die Parteien im Hinblick auf den Kaufvertrag geltend machen.
1 OLG Stuttgart, WuW 1981, 873. 2 OLG Köln, Beschl. v. 11.12.1973 – 2 U 5/73, MDR 1974, 323; OLG Köln, JurBüro 1978, 1054.
Noethen
605
3278
Kaufvertrag
ZPO
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Leistungsklagen 3279
Soweit der Kaufpreis eingeklagt wird, bestimmt sich der Streitwert nach der Höhe der Forderung (§ 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Umsatzsteuer ist Teil des Kaufpreises, auch wenn sie im Kaufvertrag besonders ausgewiesen (vgl. § 14 UStG) und der Käufer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Damit ist sie der Hauptforderung hinzuzurechnen, nicht jedoch die Nebenforderungen des Verkäufers (§ 4 Abs. 2 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG).
3280
Die Kaufpreissumme ist bei solchen Leistungsklagen auch dann maßgebend, wenn die Vertragsparteien im Hinblick auf den Kaufpreis Ratenzahlung vereinbart haben. Der Streitwert wird durch diesen Umstand weder vermindert noch erhöht. § 9 ZPO findet keine entsprechende Anwendung, denn es handelt sich nicht um eine wiederkehrende Leistung, sondern um eine Zahlungsmodalität im Hinblick auf einen vereinbarten Gesamtbetrag.
3281
Der Streitwert einer Leistungsklage auf Übergabe und Übereignung der Kaufsache entspricht dem Wert der Sache (§ 6 ZPO), und zwar dem objektiven Verkehrswert.1 Das gilt nach herrschender Meinung2 auch für den Gebührenstreitwert ausnahmslos, also auch dann, wenn der Streit nur über die Höhe einer Gegenforderung geht. Diese Auffassung ist mindestens zweifelhaft, weil sie in bestimmten Fällen am Streitgegenstand und am Klägerinteresse vorbeijudiziert.3 S. dazu die Ausführungen unter dem Stichwort „Gegenleistung“.
3282
Ob sich der Käufer aus der Sache einen (späteren) Veräußerungsgewinn erhofft, ist für die Streitwertberechnung ohne Belang.4 Gleiches gilt für den Fall, dass sich der Käufer seinen Übereignungsanspruch durch ein Veräußerungsverbot sichern lassen will. Auch hier bemisst sich der Streitwert nach dem Verkehrswert der Sache und nicht nach dem möglichen Veräußerungsgewinn.5
3283
Über Ansprüche gem. § 433 Abs. 2 BGB auf Abnahme s. das Stichwort „Abnahme von Sachen“.
3284
Hat der Käufer den Kaufpreis bereits vollständig gezahlt, bevor er Minderung geltend macht, so bestimmt sich der Wert der Klage auf Zahlung des Minderungsbetrages gem. § 6 ZPO nach der geforderten Summe.
II. Feststellungsklagen 3285
Für Feststellungsbegehren im Hinblick auf einen Kaufvertrag gelten die allgemeinen Bewertungsgrundsätze von Feststellungsklagen. Der Streitwert wird nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG geschätzt, wobei bei positiver Feststellung ein Abschlag (im Regelfall 20 %) vom Wert einer entsprechenden Leistungsklage vorgenommen wird.6 1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.4.1997 – 16 W 13/97, OLGR 1998, 156. 2 OLG Nürnberg, Beschl. v. 22.3.1995 – 13 W 605/95, MDR 1995, 966; OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 5 W 550/93, JurBüro 1994, 738; KG, Beschl. v. 28.1.1997 – 19 W 421/97, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 154; OLG München, Beschl. v. 10.3.1997 – 28 W 2542/96, MDR 1997, 599. 3 Vgl. deswegen OLG Hamm, Beschl. v. 30.1.2013 – 12 W 37/12, BauR 2013, 995; OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.12.2010 – 2 W 2145/10, MDR 2011, 514 (zur Auflassung). 4 OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 5 W 550/93, JurBüro 1994, 738. 5 OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 5 W 550/93, JurBüro 1994, 738; LG Bochum, Beschl. v. 10.3.1994 – 7 T 12/94, AnwBl. 1994, 368. 6 Vgl. die Ausführungen unter dem Stichwort „Feststellungsklage“.
606
Noethen
Kaufvertrag Der neben einer Kaufpreiszahlungsklage gestellte Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs hat keine wirtschaftliche Bedeutung (vgl. hierzu auch das Stichwort „Feststellungsklage“).1
3286
Bei einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Kaufvertrages ist Gegenstand des Streits der Bestand oder Nichtbestand des Vertrages, der als solcher auf Eigentums- bzw. Besitzverschaffung gerichtet ist. Grundlage für die Streitwertfestsetzung ist daher gem. § 6 ZPO der Preis der verkauften Sache2 oder der Verkehrswert, je nachdem mit welchem Antrag geklagt wird. Klagt ein Dritter auf Feststellung der Nichtigkeit eines zwischen anderen Personen geschlossenen Vertrags, so bestimmt sich der Streitwert nach dem Interesse des Dritten.3
3287
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Wirksamkeit eines Grundstückskaufvertrags und auf Verurteilung zur Vornahme von Erfüllungsleistungen kann insgesamt den Betrag des vereinbarten Kaufpreises nicht übersteigen.4
3288
Bei der Klage umgekehrten Ziels – negative Feststellung der Unwirksamkeit – kann es um den Kaufpreis oder um das Grundstück gehen. Insoweit kommt es auf den Klageantrag und die Stellung der Vertragspartei an. Je nachdem ist der Streitwert entsprechend dem Kaufpreis oder dem Verkehrswert des Grundstücks festzusetzen.
3289
C. Einzelfälle Wird eine Leistungsklage auf Rückzahlung des Kaufpreises mit der Feststellungsklage auf Nichtigkeit des Vertrags verbunden, dann ist der Feststellungsantrag regelmäßig ohne besonderen Wert. Im Regelfall können außer der Kaufpreiszahlung nämlich keine weiteren Ansprüche gegen den Käufer aus dem Vertrag geltend gemacht werden, deren Nichtbestehen Gegenstand des Feststellungsantrags sein könnten.
3290
Die Streitwerte der Klage auf Zahlung des Restkaufpreises und der Widerklage auf Rückzahlung des bereits geleisteten Teilkaufpreises oder der Anzahlung sind zusammenzurechnen, weil damit die Kaufpreiszahlung insgesamt in Streit steht.5
3291
Enthält ein Kaufvertrag Klauseln, die gegen §§ 305 ff. BGB verstoßen, und lehnt der Käufer es deshalb ab, die Sache abzunehmen, verlangt andererseits der Verkäufer deshalb pauschalierten Schadensersatz, dann ist der Streit über die Aufhebung des Kaufvertrages nach dem Interesse des Anfechtenden an der Aufhebung zu bewerten. Es ist also nicht der Kaufpreis maßgebend.
3292
Û
Beispiel: Das AG Bremen-Blumenthal6 hat in einem solchen Fall den Streitwert danach bemessen, was gefordert und verweigert wurde, nämlich nach dem pauschalierten Schadensersatz i.H.v. 15 % des Kaufpreises.
Der Wert für die Eintragung einer Auflassungsvormerkung (vgl. § 34 GNotKG/ Nr. 14150 zum GNotKG) zur Sicherung des Übereignungsanspruchs aus einem Kaufvertrag über ein Grundstück richtet sich gem. § 47 GNotKG nach dem vollen
1 2 3 4 5 6
BGH, Beschl. v. 6.7.2010 – XI ZB 40/09, MDR 2010, 1087. KG, Rpfleger 1962, 153. BGH, Beschl. v. 29.9.2011 – II ZR 256/10, AGS 2012, 571. KG, Rpfleger 1962, 154 zu ZPO § 3. OLG Schleswig, AnwBl. 1984, 205 = KostRsp. GKG § 19 Nr. 76. Noch unter Geltung des AGBG: AG Bremen-Blumenthal, JurBüro 1984, 392 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 675 mit Anm. Schneider.
Noethen
607
3293
ZPO
Kennzeichenstreitigkeit Kaufpreis1 bzw. nach dem Wert des Grundstücks (ohne Zubehör), wenn dieser geringer ist. Ist der Abschluss des Kaufvertrages noch ungewiss, wird entsprechend der Regelung des § 51 Abs. 1 Satz 2 GNotKG für Vor- und Wiederkaufsrechte nur der halbe Wert angesetzt.2
Kennzeichenstreitigkeit Siehe das Stichwort „Gewerblicher Rechtsschutz“.
Klage und Widerklage Literatur: E. Schneider, NJW 1992, 2680; E. Schneider, Prozesstaktischer Einsatz der Widerklage, MDR 1998, 21; N. Schneider, Gegenstandswert bei Klage und Widerklage auf Zugewinnausgleich, FamRB 2002, 379. Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3294
II. Identität des Gegenstands . . . . . . 3311 III. Verschiedenheit der Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3312
B. Zuständigkeitsstreitwert. . . . . . . 3299 C. Gebührenstreitwert . . . . . . . . . . 3303 I. Gegenstand im Sinne des § 45 Abs. 1 GKG . . . . . . . . . . . . . . . . . 3305
D. Rechtsmittel und Beschwer . . . . 3314 E. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3317
Stichwortübersicht Rn.
Rn.
Additionsverbot und wirtschaftliche Identität . . . . . . 3307, 3310 f. Anwaltskosten, vorgerichtliche . . . . . 3312 Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3314 Bürgschaftsurkunde . . . . . . . . . . . . . . 3311 Drittwiderklage, isolierte . . . . . . . . . . 3310 Feststellung – und Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3311 – wechselseitige Anträge . . . . . . . . . . 3311 Gegenseitigkeitsverhältnis . . . . . . . . . 3313 Gegenstandsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . 3305 – gebührenrechtlich und prozessual . . 3304 Herausgabeansprüche – Pkw und Fahrzeugbrief . . . . . . . . . . 3311 – und Besitzschutzansprüche . . . . . . . 3311 Hilfswiderklage, s. dort Hinterlegung, Zustimmung zur Auszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3311 Identität des Gegenstandes – Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3311
Klagehäufung – objektive. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3300 – subjektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3300 Kostenpflicht der Parteien für Anträge Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3296 – und Auflassung. . . . . . . . . . . . . . . . 3312 – und Herausgabe . . . . . . 3311, 3312, 3313 – und Rückabwicklung . . . . . . . . . . . 3311 – und Schadensersatz. . . . . . . . . 3311, 3313 – und Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . 3311 Räumung und Fortsetzung . . . . . . . . . 3311 Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3311 Sicherungsrechte, Eintragung und Löschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3311 Streitgenossen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3310 Teilansprüche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3309 Unterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3312 Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3317 Verkehrsunfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3312
1 BayObLG, Beschl. v. 29.2.1996 – 3 Z BR 340/95, Rpfleger 1996, 378 (zu § 20 Abs. 1 KostO a.F.). 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.10.1993 – 10 W 99/93, Rpfleger 1994, 182 (zu § 20 Abs. 2 KostO a.F.).
608
Noethen/Kurpat
Klage und Widerklage Rn. Vermögenspositionen – unterschiedliche . . . . . . . . . . . Verschiedenheit der Gegenstände – Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . Versicherungsschutz . . . . . . . . . . Widerklagerhebung ohne Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 3308 . . . . 3312 . . . . 3311 . . . . 3298
Rn. Wirtschaftliche Identität und Additionsverbot . . . . . . . . . Wirtschaftliche Werthäufung . Zugewinnausgleich, wechselseitiger . . . . . . . . . . . . . . . . Zuständigkeit, gerichtliche. . . Zwangsvollstreckung . . . . . . .
3307, 3310 f. . . . . . . 3310 . . . . . . 3312 . . . . . 3301 f. . . . . . . 3311
A. Einleitung Die Widerklage ist die während der Rechtshängigkeit der Klage von dem Beklagten (zumindest auch) gegen den Kläger vor dem Gericht des Klageverfahrens erhobene Gegenklage, mit der ein von der Klage verschiedener Anspruch geltend gemacht wird. Wie jede Klage unterliegt sie den allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen und einer eigenständigen streitwertrechtlichen Beurteilung. Dies gilt zunächst einmal dahingehend, dass mit einer Widerklage mehrere (prozessuale) Ansprüche verfolgt werden. Hier ist entsprechend den allgemeinen Bewertungsregeln zwischen der objektiven und der subjektiven Klagehäufung innerhalb der Widerklage zu unterscheiden. Insoweit kann auf die Ausführungen zum Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“ verwiesen werden.
3294
Streitwertrechtliche Wirkung begründet die Widerklage bereits mit Einreichung des Schriftsatzes, § 4 ZPO, § 40 GKG (§ 15 GKG a.F.).1 Ob sie in der prozessual gebotenen Form eingereicht wird, zugestellt werden kann oder sonst den Sachurteilsvoraussetzungen genügt, ist für die Gerichtsgebühren unerheblich.2
3295
Auch kostenrechtlich sind Klage und Widerklage zwei Verfahren, so dass jede Partei für ihre Anträge kostenpflichtig ist.3 Hierbei wird die mit Widerklageeinreichung fällige Kostenpflicht nach § 6 GKG (§ 61 GKG a.F.) nicht davon berührt, dass das Gericht die Bearbeitung der Widerklage gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 GKG (§ 65 Abs. 1 Satz 4 GKG a.F.) nicht von Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig machen darf.4 Daher bleibt die Kostenpflicht der widerklagenden Partei über die Zweitschuldnerhaftung auch dann bestehen, wenn dem im Prozess unterlegenen Widerbeklagten zuvor Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist oder er sich als zahlungsunfähig erweist.5
3296
Als allgemein zulässig wird erachtet, dass der Beklagte die Erhebung der Wider- 3297 klage unter eine innerprozessuale Bedingung stellt, sog. Hilfswiderklage.6 Wegen der damit aufgeworfenen Fragen der Streitwertberechnung wird auf die Ausführungen unter dem Stichwort „Hilfswiderklage“ verwiesen. Davon zu unterscheiden ist die nur angekündigte Widerklage, die auf den Streitwert des Gerichtsverfahrens keinen Einfluss hat.7 Erhebt der Beklagte dagegen eine Widerklage, ohne im weiteren Verlauf des Rechtsstreits den Widerklageantrag zu verlesen, so dass – mangels Antrag auf Erlass eines (Teil)Versäumnisurteils – 1 OLG Thüringen, Beschl. v. 27.4.2012 – 1 WF 199/12; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2000, 1594. 2 OLG Hamburg, Beschl. v. 5.9.2000 – 14 W 29/2000, OLGR 2001, 49. 3 RGZ 135, 19; OLG Frankfurt, JurBüro 1966, 237. 4 OLG München, Beschl. v. 26.6.2003 – 11 W 1560/03, MDR 2003, 1078. 5 Hartmann, KostG, § 18 GKG Rn. 4; OLG Hamburg, Beschl. v. 23.11.1998 – 8 W 320/88, MDR 1989, 272; LG Hamburg, Beschl. v. 24.6.1999 – 331 O 109/95, JurBüro 2000, 89. 6 BGH, Urt. v. 13.5.1996 – II ZR 275/94, MDR 1996, 1135; E. Schneider, MDR 1998, 21 (23); Zöller/Greger, § 253 Rn. 1. 7 OLG Dresden, Beschl. v. 29.3.1999 – 17 W 349/99.
Kurpat
609
3298
Klage und Widerklage
ZPO
nur über die Klage ein (Teil-)Urteil ergeht, dann hat er den Mehrbetrag der gerichtlichen Verfahrensgebühr zu zahlen, der sich durch die Erhöhung des Gesamtstreitwertes infolge Zusammenrechnung der Streitwerte von Klage und Widerklage ergibt.
B. Zuständigkeitsstreitwert 3299
Gemäß § 5 Hs. 2 ZPO hat für die Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwertes eine Addition von Klage und Widerklage zu unterbleiben. Eine Missachtung dieser Vorschrift ist (objektiv) willkürlich und nimmt einem darauf beruhenden Verweisungsbeschluss die Bindungswirkung.1
3300
Soweit mit einer Widerklage mehrere Ansprüche verfolgt werden – objektive Klagehäufung (§ 260 ZPO) –, ist innerhalb der Widerklage der Streitwert gem. § 5 Hs. 1 ZPO durch Addition zu ermitteln. Demgegenüber führt die subjektive Klagehäufung (Streitgenossenschaft) innerhalb der Widerklage im Falle wirtschaftlicher Identität der Streitgegenstände, etwa bei gesamtschuldnerischer Inanspruchnahme im Wege der Drittwiderklage, nicht zur Werterhöhung.2
3301
Fällt die Widerklage aufgrund ihres Wertes in die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts (§ 71 GVG), dann ist ein bis dahin vor dem Amtsgericht geführter Rechtsstreit auf Antrag gem. § 506 ZPO insgesamt an das zuständige Landgericht zu verweisen. Andernfalls ist die Widerklage wegen Unzuständigkeit abzuweisen.
3302
Wird in einem vor dem Landgericht geführten Klageverfahren eine in die (nicht ausschließliche) sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gehörende Widerklage erhoben, ist das Landgericht nach allgemeiner Ansicht auch zur sachlichen Bescheidung der Widerklage befugt, da es an einer dem § 506 ZPO entsprechenden Regelung fehlt.3
C. Gebührenstreitwert 3303
Die Werte der in Klage und Widerklage geltend gemachten Ansprüche sind, soweit sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG (§ 19 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.) zu addieren. Dabei beträgt der Streitwert insgesamt höchstens 30 Mio. Euro, § 39 Abs. 2 GKG.4 Hingegen bemisst sich der Gebührenstreitwert nach dem höchsten „einfachen Wert“, wenn Klage und Widerklage „denselben Gegenstand“ betreffen, § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG (§ 19 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F.).
3304
Hierbei besteht Einigkeit, dass der Gegenstand i.S.d. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG (§ 19 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F.) mit dem des (zweigliedrigen) Streitgegenstands des Prozessrechts nicht identisch ist.5
1 KG, Beschl. v. 13.8.1998 – 28 AR 63/98, MDR 1999, 438. 2 OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.6.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85; OLG München, Rpfleger 1968, 232; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Streitgenossen“. 3 Zöller/Vollkommer, § 33 Rn. 12; s. auch KG, Beschl. v. 17.2.1999 – 28 AR 6/99, MDR 1999, 563: Widerklageerhebung im Berufungsverfahren. 4 BGH, Beschl. v. 6.4.2010 – II ZR 130/08. 5 BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506; Urt. v. 28.9.1994 – XII ZR 50/94, MDR 1995, 198; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.11.2008 – 10 W 114/08, JurBüro 2009, 85; OLG Hamm, Urt. v. 5.11.1993 – 12 U 183/92, OLGR Hamm 1994, 194; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 12.2.2009 – 5 W 37/09, NJW-RR 2009, 864; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Echter Hilfsantrag“ Rn. 7.
610
Kurpat
Klage und Widerklage
I. Gegenstand im Sinne des § 45 Abs. 1 GKG Ganz überwiegend wird zur Unterscheidung identischer und nicht identischer Gegenstände auf die Abgrenzungsformel des RG1 zurückgegriffen, wonach von demselben Gegenstand auszugehen ist, wenn die beiderseitigen Klagebegehren dergestalt einander ausschließen, dass „die Anerkennung des einen Anspruchs notwendig die Aberkennung des anderen bedingt“.2 Voneinander verschiedene Gegenstände liegen demnach vor, „wenn die mehreren Ansprüche nebeneinander bestehen können, sodass das Gericht unter Umständen beiden Ansprüchen stattgeben kann“.3 Unerheblich ist demgegenüber, ob sie beide verneint werden können.4
3305
Die Formel ist von der nachfolgenden Rechtsprechung weitgehend übernommen worden.5 Danach rechtfertige die mit der Entscheidung des einen Klagebegehrens verbundene materiell-rechtliche Klärung des anderen eine Reduzierung des Streitwerts und der danach zu berechnenden Gebühren.6
3306
Die Tragfähigkeit dieses Ansatzes ist zweifelhaft. Unklar bleibt bereits, warum die Häufung von Ansprüchen durch wechselseitige Klageerhebung gebührenrechtlich anders beurteilt werden soll als bei der objektiven und subjektiven Klagehäufung. So wird bei der Klagehäufung der Wert der Streitgegenstände unabhängig davon zusammengerechnet, ob die Entscheidung des einen Anspruchs inhaltlich zugleich die des anderen bestimmt, § 39 Abs. 1 GKG (ohne Entsprechung in GKG a.F.).7 Eine Addition scheidet hier nach allgemeiner Meinung allein dann aus, wenn die Ansprüche „wirtschaftlich identisch“ sind, wovon beispielsweise bei subjektiver Klagehäufung im Fall der gesamtschuldnerischen Inanspruchnahme auszugehen ist.8
3307
Auch wird die Abgrenzungsformel des RG von ihren Vertretern in einer Vielzahl 3308 von Fällen nicht angewandt und trotz materiell-rechtlicher Abhängigkeit der mit Klage und Widerklage verfolgten Ansprüche eine Wertaddition vorgenommen. Sie führt nämlich dann nicht zu überzeugenden Ergebnissen, wenn Klage und Widerklage trotz gleich gelagerter Rechtsfragen zeit-, inhaber- oder gesamtbetragsbezogen unterschiedliche Vermögenspositionen betreffen. Eine Wertaddition wird trotz materiell-rechtlichem Gleichlauf beispielsweise bejaht, wenn sich der Beklagte gegen eine auf Mietzahlung gerichtete Klage mit dem Einwand der Minderung (§ 536 Abs. 1 BGB) verteidigt und wegen desselben Mangels widerklagend die Rückzahlung für vorhergehende Zeiträume überzahlter Miete verlangt.9 Eben1 RGZ 154, 164. 2 So auch BGH, Beschl. v. 27.2.2003 – III ZR 115/02, MDR 2003, 716. 3 So BGH, Beschl. v. 11.3.2014 – VIII ZR 261/12; Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJWRR 2005, 506; OLG Celle, Beschl. v. 14.11.1984 – 2 W 82/84, Nds.Rpfl. 1985, 18. 4 OLG Koblenz, Beschl. v. 22.3.1985 – 13 WF 1424/84, JurBüro 1985, 917. 5 BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506; Beschl. v. 27.2.2003 – III ZR 115/02, MDR 2003, 716; BGH v. 28.9.1994 – XII ZR 50/94, MDR 1995, 198 = NJW 1994, 3292; BGHZ 43, 31; OLG Dresden, Beschl. v. 29.3.2999; OLG Köln, Beschl. v. 22.3.1996 – 2 W 2/96, JurBüro 1997, 316; OLG München, JurBüro 1956, 1358; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.1.1978 – 5 W 151/77, AnwBl. 1978, 106. 6 Nieder, NJW 1976, 901. 7 A.A. wohl nur OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.11.1987 – 6 UF 146/86, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 76 mit abl. Anm. E. Schneider = JurBüro 1988, 232: Verbindung unterhaltsrechtlicher Abänderungs- mit Bereicherungsklage. 8 KG, Beschl. v. 1.3.2007 – 8 W 66/06, KGR 2007, 759; OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.10.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.9.1986 – 23 W 32/86, JurBüro 1987, 401 mit Anm. Mümmler; OLG München, Rpfleger 1968, 232; Zöller/ Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Streitgenossen“; kritisch auch OLG Saarbrücken, Beschl. v. 12.2.2009 – 5 W 37/09, NJW-RR 2009, 864. 9 LG Hamburg, Beschl. v. 7.1.1991 – 307 T 179/90, WM 1993, 477.
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Klage und Widerklage
ZPO
so soll zusammengerechnet werden, wenn mit der Klage restliche Vergütung und mit der Widerklage die Rückzahlung bereits erbrachter Anzahlungen begehrt wird1 oder wenn in der Annahme der Vertragsnichtigkeit auf Rückzahlung des Kaufpreises geklagt und Widerklage auf Vornahme der zur Eigentumsübertragung erforderlichen Handlungen erhoben wird,2 ferner wenn gegenüber einer Klage auf Herausgabe widerklagend Zahlung des Werklohnes Zug um Zug gegen Herausgabe erhoben wird.3 3309
Ungeeignet erscheint es auch, die Identitätsformel des RG nur dann nicht anzuwenden, wenn „Teilansprüche aus demselben Rechtsverhältnis“ geltend gemacht werden.4 Zwar ist zutreffend, dass in den damit bezeichneten Sachverhalten eine Addition trotz materiell-rechtlicher Abhängigkeit zu bejahen ist. Hingegen bleiben additionsfähige Sachverhalte nicht erfasst. Denn wird gegenüber der Abänderungsklage auf Zahlung erhöhten Unterhalts widerklagend die Herabsetzung der titulierten Unterhaltsverpflichtung verlangt5 oder sind Klage und Widerklage auf Zahlung von Zugewinnausgleich gerichtet,6 kann von „Teilansprüchen“ nicht ausgegangen werden. Vielmehr repräsentieren beide Klagebegehren – aus Sicht der jeweiligen Partei – das gesamte Rechtsverhältnis. Hier ist jeweils eine Addition geboten.7
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Maßgebend für die Streitwertberechnung ist daher ebenso wie bei der Bewertung der Klagehäufung allein das im jeweiligen Klagebegehren zum Ausdruck kommende Interesse. Nur wenn sich das beiderseitige Interesse – wirtschaftlich betrachtet – auf denselben Gegenstand richtet, scheidet eine Zusammenrechnung aus.8 Eine Wertaddition ist demgegenüber grundsätzlich dort vorzunehmen, wo „durch das Nebeneinander von Klage und Widerklage eine wirtschaftliche Werthäufung entsteht“.9 Der Annahme desselben Gegenstandes steht nicht entgegen, dass die Widerklage sich neben dem Kläger gegen weitere Streitgenossen10 oder, etwa bei einer Klage 1 BGH, Beschl. v. 11.3.2014 – VIII ZR 262712 - Leasingvertrag; OLG Bamberg, Beschl. v. 10.1.1979 – 4 W 78/78, JurBüro 1979, 252; OLG Dresden, Beschl. v. 29.3.1999; OLG Nürnberg, Beschl. v. 26.10.1982 – 5 W 3202/82, JurBüro 1983, 105 = AnwBl. 1983, 89; OLG Schleswig, Beschl. v. 20.12.1983 – 1 W 50/83, AnwBl. 1984, 205. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.10.1975 – 2 U 212/74, NJW 1976, 247. 3 OLG Hamburg, Beschl. v. 17.2.2000 – 14 W 88/99, AGS 2000, 230. 4 So aber BGH, Beschl. v. 11.3.2014 – VIII ZR 262712 - Leasingvertrag; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.11.2008 – 10 W 114/08, JurBüro 2009, 85. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 29.1.1978 – 4 WF 437/80, JurBüro 1981, 737 mit Anm. Mümmler = FamRZ 1981, 809; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 3.3.1983 – 5 WF 1/83, AnwBl. 1984, 203 – beide Wertaddition. 6 OLG Koblenz, Beschl. 22.3.1985 – 13 WF 1424/84, KostRsp. GKG § 19 Nr. 98: keine Wertaddition – mit abl. Anm. Lappe; OLG München, Beschl. v. 25.10.2006 – 12 WF 1613/06, AGS 2007, 364; OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.3.2006 – 18 WF 71/06, AGS 2007, 47. 7 N. Schneider, FamRB 2002, 379. 8 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.10.1975 – 2 U 212/74, NJW 1976, 247; Beschl. v. 8.8.1988 – 10 W 34/88, MDR 1988, 1067; OLG Köln, Beschl. v. 11.9.1989 – 24 W 26/89, JurBüro 1990, 241; LAG Stuttgart, Beschl. v. 3.2.1992 – 8 Ta 120/91, JurBüro 1992, 626 mit Anm. Mümmler; offen lassend noch in Beschl. v. 12.2.1991 – 8 Ta 10/91, JurBüro 1991, 1506; Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, S. 288; N. Schneider, MDR 2003, 237, Anm. zu OLG Düsseldorf, MDR 2003, 236. Zumindest auch auf wirtschaftliche Identität abstellend: LAG Brandenburg, Beschl. v. 1.9.2000 – 6 Ta 70/00, JurBüro 2001, 95; wohl auch BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506; a.A. OLG Köln, Beschl. v. 9.9.1993 – 14 WF 73/93, MDR 1994, 316. 9 Insoweit zutr. BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506, der jedoch für die Feststellung der Werthäufung wiederum auf die Identitätsformel abstellt; kumulativ auf das(selbe) wirtschaftliche Interesse abstellend OLG Saarbrücken, Beschl. v. 12.2.2009 – 5 W 37/09, NJW-RR 2009, 864. 10 OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.6.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 85.
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Klage und Widerklage aus abgetretenem Recht, sich allein gegen den Zedenten (sog. isolierte Drittwiderklage) richtet.
II. Identität des Gegenstands Betreffen Klage und Widerklage denselben Gegenstand, kommt eine Zusammenrechnung ihrer Werte nicht in Betracht, maßgeblich ist vielmehr der Wert des höheren Anspruchs. Von wirtschaftlich identischen Ansprüchen ist unproblematisch in den Fällen auszugehen, in denen der Gegenstand von Klage und Widerklage eine körperliche Ausprägung findet bzw. auf dessen Wert gerichtet ist oder die Erfüllung bzw. den Bestand ein und derselben vertraglichen Leistungspflicht zum Inhalt hat. In folgenden Konstellationen scheidet daher eine Wertaddition aus: – Der auf Besitzschutzansprüche gestützten Herausgabeklage wird mit einer petitorischen auf Rückgabe gerichteten Widerklage begegnet; hier ist das Interesse der Parteien auf Herausgabe derselben Sache gerichtet. – Beide Parteien beantragen mit Klage und Widerklage wechselseitig die Verurteilung des Gegners zur Einwilligung in die Auszahlung desselben Bausparguthabens1 oder Zustimmung zur Auszahlung eines hinterlegten Betrages.2 – Zahlungsklage sowie nachfolgende vorläufige Vollstreckung aus einem stattgebenden Urteil und Widerklage auf (natürlich nur wertmäßige) Erstattung des vorläufig vollstreckten Klagebetrages gem. § 717 Abs. 2 ZPO. Hier geht es wirtschaftlich um denselben Betrag. Anders liegt es hingegen, wenn im Nachverfahren Widerklage auf Ersatz des weiter gehenden Schadens erhoben wird. Dann sind die Werte von Klage und Widerklage zusammenzurechnen.3 – Der Vermieter klagt auf Räumung einer Mietwohnung und der Mieter erhebt Widerklage mit dem Ziel der Verurteilung des Klägers zur Fortsetzung des Mietverhältnisses über dieselbe Wohnung4 oder auf Feststellung des Bestehens eines Mietverhältnisses.5 Hier haben Klage und Widerklage die Berechtigung zur künftigen Nutzung (tatsächlichen Sachherrschaft) derselben Wohnung zum Gegenstand. – In gleicher Weise ist zu bewerten, d.h. eine Addition scheidet aus, wenn die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung bzw. der Fortdauer des Mietverhältnisses und die (Dritt-)Widerklage auf Räumung gerichtet sind.6 – Ebenso liegt es, wenn der Mieter auf die Räumungsklage des Vermieters im Wege der Widerklage gem. § 556a BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses für eine angemessene Dauer verlangt.7 – Dies gilt auch für die Klage des Verkäufers auf Herausgabe eines nicht bezahlten Pkw und Widerklage des Käufers auf Herausgabe des dazugehörigen Fahrzeugbriefes. Denn die Parteien streiten wirtschaftlich über das Eigentum an demselben Fahrzeug, so dass eine Wertaddition ausscheidet.8 – Auch bei der Klage auf Feststellung der unbefristeten Fortdauer eines Arbeitsverhältnisses und Widerklage auf Feststellung der Beendigung des Arbeitsver-
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OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.5.1984 – 21 W 19/84, JurBüro 1984, 1868. KG, Rpfleger 1962, 120. LG Gießen, AnwBl. 1954, 89. OLG München, Beschl. v. 22.7.1988 – 21 W 3002/88, JurBüro 1989, 852. Meyer, JurBüro 1999, 74. OLG München, Beschl. v. 18.5.2010 – 32 W 1288/10. LG Dortmund, ZMR 1964, 320 = WM 1964, 111; s. § 16 Abs. 3 GKG. KG, Rpfleger 1962, 120; OLG Jena, Beschl. v. 24.8.1998 – 5 W 513/98, OLGR 1999, 100; LG Frankfurt, JurBüro 1961, 87; a.A. OLG Nürnberg, JurBüro 1958, 513.
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Klage und Widerklage
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hältnisses zu einem bestimmten (Kündigungs-)Zeitpunkt geht es in beiden Klagen um den Fortbestand desselben Arbeitsverhältnisses.1 Klage auf Eintragung einer Höchstbetragshypothek zur Sicherung einer Werklohnforderung und die Widerklage auf Löschung der Vormerkung für diese Sicherungshypothek betreffen denselben Gegenstand, da sie der Sicherung derselben Forderung dienen.2 Klage auf Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung (§ 767 ZPO) aus einer notariellen Urkunde, in der sich der Kläger der sofortigen Zwangsvollstreckung hinsichtlich einer (Rück-)Zahlungsverpflichtung unterworfen hat, unter Hinweis auf fehlende Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Errichtung und Widerklage auf Rückzahlung des darlehensweise hingegebenen Zahlungsbetrages aus ungerechtfertigter Bereicherung.3 Hier sind beide Klagebegehren auf die Durchsetzung bzw. Abwendung derselben Zahlungsverpflichtung gerichtet. Ebenso ist zu bewerten, wenn gegenüber einer Drittwiderspruchsklage mit dem Ziel, die Zwangsvollstreckung in ein Fahrzeug für unzulässig zu erklären, eine Widerklage auf Herausgabe des Fahrzeuges an den Gerichtsvollzieher erhoben wird. Hier betreffen beide Klagen die Sachherrschaft an demselben Gegenstand der Zwangsvollstreckung.4 Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus einer Sicherheitshypothek und Widerklage auf Löschung der Hypothek betreffen wirtschaftlich betrachtet denselben Gegenstand. Dem widerspricht, entgegen der Ansicht des OLG Celle5 nicht, dass der Beklagte ein über die Abweisung der Klage hinausgehendes Interesse hat. Denn diesem Umstand wird bereits dadurch Rechnung getragen, dass sich der Streitwert nach dem aus diesem Grunde höheren Wert der Widerklage bestimmt. Die von dem Kläger begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Anfechtung eines Kaufvertrages – die richtigerweise die Feststellung der Gültigkeit dieses Vertrages bedeutet – schließt den von dem Beklagten mit der Widerklage geltend gemachten Leistungsanspruch auf Rückgabe des Kaufgegenstandes aus; es liegt eine wirtschaftliche Identität der Streitgegenstände vor.6 Klage auf Gewährung von Versicherungsschutz und Widerklage auf Rückzahlung des für den Versicherungsnehmer in Ansehung des Dritten Geleisteten sind nach dem einfachen Wert zu berechnen,7 denn Gegenstand beider Klagebegehren ist der Bestand derselben vertraglichen Leistungspflicht (nur) einer Vertragspartei (hier: Deckungsschutz). Ebenso liegt es, wenn die Klage auf Zahlung eines Kaufpreisrestes mit der Widerklage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung einer sich über den Kaufpreisanspruch verhaltenden notariellen Urkunde zusammentrifft8 oder auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrages.9 Auch hier steht allein der Bestand einer vertraglichen Hauptleistungspflicht im Streit, so dass keine Zusammenrechnung erfolgt.
1 LAG Baden-Württemberg, JurBüro 1991, 753. 2 OLG Nürnberg, JurBüro 1968, 543. 3 OLG Dresden, Urt. v. 15.11.2002 – 8 U 2987/01, VuR 2003, 70; OLG Celle, JurBüro 1990, 518; Beschl. v. 18.4.2000 – 4 W 94/80, OLGR 2000, 247. 4 A.A. LG Saarbrücken, Beschl. v. 8.10.1988 – 5 T 588/98, JurBüro 1999, 309. 5 A.A. OLG Celle, Beschl. v. 17.5.2000 – 4 W 101/00, OLGR 2000, 271. 6 KG, Rpfleger 1962, 120. 7 OLG Köln, VersR 1966, 769. 8 KG, JurBüro 1981, 261. 9 BGH, Beschl. v. 2.11.2005 – XII ZR 137/05, NJW-RR 2006, 378; Beschl. v. 30.1.1992 – IX ZR 222/91, NJW-RR 1992, 1404.
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Klage und Widerklage – Dies gilt auch für eine Klage auf Gewährleistung und Widerklage auf Herausgabe der dafür ausgestellten Bürgschaftsurkunde,1 einheitlicher Gegenstand ist hier die Verpflichtung einer Vertragspartei zur Gewährleistung. – Dem entspricht die Fallgestaltung, in der auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde geklagt und Widerklage auf Schadensersatz aus Pachtverhältnis erhoben wird.2 – Klage auf Werklohnzahlung und Widerklage auf Zahlung von Schadensersatz wegen einzelner Mängel des Gewerks gem. § 13 Nr. 7 VOB/B bzw. § 635 BGB a.F.3 oder auf Zahlung eines Vorschusses zur Mängelbeseitigung gem. § 637 Abs. 3 BGB,4 da nach der Differenztheorie letztlich nur der Umfang des Vergütungsanspruchs betroffen ist. Eine Zusammenrechnung ist jedoch geboten, wenn widerklagend Schadensersatz wegen Verzuges mit der Fertigstellung (§ 286 BGB) geltend gemacht wird5 (s. hierzu auch bei den Stichwörtern „Aufrechnung“ und „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“). – Wirtschaftliche Identität der Streitgegenstände, wenn gegenüber der negativen Feststellungsklage eine Widerklage erhoben wird, mit der nur Teile des Anspruchs geltend gemacht werden, dessen Inhaberschaft sich der Beklagte vorgerichtlich berühmt hat.6
III. Verschiedenheit der Gegenstände Betreffen Klage und Widerklage unterschiedliche Gegenstände, bleibt es bei der Zusammenrechnung der Werte gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG (§ 19 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.). Wirtschaftlich betrachtet, ist von verschiedenen Gegenständen und damit von der Notwendigkeit einer Wertaddition in den Fällen auszugehen, in denen Klage und Widerklage trotz gleichem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zeitlich, inhaberoder gesamtbetragsbezogen unterschiedliche Vermögenspositionen bzw. Ansprüche betreffen: – Verlangt nach einem Verkehrsunfall jeder Beteiligte seinen eigenen Schaden mit Klage und Widerklage, sind die Einzelwerte zu addieren.7 Dass materiellrechtlich gleich gelagerte Fragestellungen, etwa Unabwendbarkeit (§ 17 Abs. 3 StVG), dazu führen können, dass die Zuerkennung des einen Klagebegehrens zur Abweisung des anderen führen muss, ändert nichts an der Notwendigkeit der Wertaddition. Denn im Streit steht nicht der Verkehrsunfall, sondern die – inhaberbezogen – unterschiedlichen Vermögenseinbußen. – In gleicher Weise ist zu bewerten, wenn gegenüber einer auf Rückabwicklung eines Vertrages gerichteten Klage mit der Widerklage die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangt wird. Die hier als Hauptforderung geltend gemachten Kosten sind streitwerterhöhend zu berücksichtigen.8
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OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.6.1998 – 12 W 36/98, OLGR 1988, 427; MDR 1980, 678. OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.8.1999 – 13 W 35/99, OLGR 2000, 42. OLG Hamm, Beschl. v. 7.6.2005 – 19 U 17/04, JurBüro 2005, 542 = MDR 2005, 1223. OLG Hamm, Urt. v. 5.11.1993 – 12 U 183/92, OLGR 1994, 194 – zu § 633 Abs. 3 BGB a.F.; a.A. OLG Celle, Beschl. v. 21.12.1994 – 16 W 66/94, OLGR 1995, 274; OLG Schleswig, Beschl. v. 17.3.1986 – 14 W 9/86, JurBüro 1987, 255 mit Anm. E. Schneider. OLG Hamm, Beschl. v. 7.6.2005 – 19 U 17/04, MDR 2005, 1223. OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.6.2002 – 10 W 16/01, JurBüro 2003, 859. OLG Köln, Beschl. v. 11.9.1989 – 24 W 26/89, JurBüro 1990, 241. BGH, Beschl. v. 17.2.2009 – VI ZB 60/07; OLG Rostock, Beschl. v. 29.5.2012 – 1 W 84/10; LG Aachen, Beschl. v. 29.12.2006 – 11 O 478/04, AGS 2007, 539.
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Klage und Widerklage – Der Klage auf erhöhende Abänderung eines Unterhaltstitels wird eine Widerklage auf Herabsetzung des titulierten Betrages entgegengesetzt; beide Klagen betreffen verschiedene Teile des materiell-rechtlichen Unterhaltsanspruchs, so dass die Werte zu addieren sind.1 Beide Klagen betreffen voneinander verschiedene Teile eines (monatlich zu zahlenden) streitigen Gesamtbetrages. Dies als „verschiedene Teile eines materiell-rechtlichen Unterhaltsanspruchs“ zu bewerten, übersieht, dass materiell-rechtlich der Unterhaltsanspruch nur in einer bestimmten Höhe besteht, die darüber hinausgehende Klageforderung also nicht mehr dessen „Teil“ sein kann.2 – Ebenso liegt es, wenn beide Ehegatten mit Klage und Widerklage wechselseitig einen Zugewinnausgleichsanspruch geltend machen.3 – Eine Wertaddition erfolgt ebenfalls bei einer Klage auf Auflassung von Grundeigentum und Widerklage auf Zahlung des restlichen Kaufpreises,4 denn die Parteien streiten hier über den Bestand wechselseitiger vertraglicher Verpflichtungen. Auf deren Erfüllung ist das jeweilige Klagebegehren (Interesse) gerichtet. Dass der Geldwert dieser Verpflichtungen bei einer Saldierung den höheren Wert der Einzelverpflichtung nicht übersteigen kann, ist – wie auch sonst, etwa bei Zurückbehaltungsrecht (s. unter dem Stichwort „Gegenleistung“) – unerheblich.5 – Dies gilt auch bei einer Klage auf Kaufpreiszahlung Zug-um-Zug gegen Lieferung der Kaufsache mit der Eigenschaft × und Widerklage auf Lieferung der Kaufsache mit der Eigenschaft y6 oder wenn der Kläger die Auflassung verkauften Wohneigentums verlangt und der Beklagte Widerklage auf Restkaufpreiszahlung erhebt. In beiden Fällen betreffen Klage und Widerklage nicht denselben Gegenstand.7 – Daher ist auch bei einem Klagebegehren auf Herausgabe einer Sache und einer auf Zahlung von Werklohn Zug-um-Zug gegen Herausgabe derselben Sache gerichteten Widerklage eine Zusammenrechnung der Einzelwerte geboten.8 – Dies gilt auch, wenn mit der Klage Zahlung der restlichen Vergütung und mit der Widerklage, etwa aufgrund einer Anfechtung, bereits erbrachte vertragliche Leistungen, beispielsweise eine Anzahlung, zurückverlangt werden.9 Zwar wird 1 OLG Bamberg, Beschl. v. 18.8.1994 – 2 UF 140/93, FamRZ 1995, 492; OLG Hamm, Beschl. v. 29.1.1981 – 4 WF 437/80, JurBüro 1981, 737 mit Anm. Mümmler; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 3.3.1983 – 5 WF 1/83, AnwBl. 1984, 203; OLG Köln, Beschl. v. 18.11.1993 – 21 WF 86/92, OLGR 1994, 102; OLG Naumburg, Beschl. v. 26.1.2004 – 14 UF 258/03, JurBüro 2004, 379; OLG München, Beschl. v. 25.10.2006 – 12 WF 1613/06, FamRZ 2007, 750; vgl. auch OLG Dresden, Beschl. v. 15.7.1997 – 10 WF 198/97, OLGR 1997, 364: Stufenklage betr. höheren Unterhalts und Widerklage auf Herabsetzung bereits titulierten Unterhalts. 2 So auch OLG Köln, Beschl. v. 11.9.1989 – 24 W 26/89, JurBüro 1990, 241. 3 OLG Bamberg, Beschl. v. 18.8.1994 – 2 UF 140/93, FamRZ 1995, 492; OLG Köln, Beschl. v. 5.3.2001 – 14 WF 24/01, MDR 2001, 941; Beschl. v. 27.6.2000 – 25 WF 108/00, OLGR 2001, 9; Beschl. v. 18.11.1993 – 21 W 86/92, OLGR 1994, 102; OLG München, Beschl. v. 16.1.1996 – 26 WF 1270/95, FamRZ 1997, 41; OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.3.2006 – 18 WF 71/06, AGS 2007, 47; N. Schneider, MDR 2003, 237 – Anm. zu OLG Düsseldorf, MDR 2003, 236; N. Schneider, FamRB 2002, 379 m.w.N.; a.A. OLG Koblenz, Beschl. v. 22.3.1985 – 13 WF 1424/84, JurBüro 1985, 917; OLG Köln, Beschl. v. 9.9.1993 – 14 WF 73/93, MDR 1994, 316. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.8.1988, MDR 1988, 1067. 5 OLG Hamburg, Beschl. v. 17.2.2000 – 14 W 88/99, OLGR 2000, 306. 6 A.A. OLG Köln, Beschl. v. 22.3.1996 – 2 W 2/96, JurBüro 1997, 316. 7 OLG Hamm, Beschl. v. 17.7.2002 – 2 W 1/02, OLGR 2002, 427. 8 OLG Hamburg, Beschl. v. 17.2.2000 – 14 W 88/99, OLGR 2000, 306. 9 OLG Bamberg, Beschl. v. 25.4.1985 – 3 W 46/85, JurBüro 1985, 1212; OLG Celle, Beschl. v. 14.11.1984 – 2 W 82/84, Nds.Rpfl. 1985, 18; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.11.2008 – 10 W 114/08, JurBüro 2009, 85; OLG Nürnberg, Beschl. v. 26.10.1982 – 5 W 3202/82, JurBüro 1983, 105; im Ergebnis ebenso BGH, Beschl. v. 11.3.2014 – VIII ZR 262712 – Leasingvertrag.
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Klage und Widerklage auch hier (wie oben unter Rn. 3311) allein über den Bestand einer vertraglichen Leistungsverpflichtung gestritten, deren Geldeswert wird jedoch erst durch die Addition von Klage und Widerklage vollständig erfasst, da diese nur auf nicht identische Teilbeträge derselben Leistungsverpflichtung gerichtet sind. – Verteidigt sich der Beklagte gegen eine auf Mietzahlung gerichtete Klage mit dem Einwand der Minderung (§ 536 Abs. 1 BGB) und erhebt wegen desselben Mangels Widerklage auf Rückzahlung für vorhergehende Zeiträume überzahlter Miete, liegen verschiedene Gegenstände vor.1 – Diese Fallgestaltung kann auch bei einer schadensersatzrechtlichen Auseinandersetzung auftreten, etwa wenn der Kläger restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall verlangt und der Beklagte Widerklage auf Rückzahlung vorprozessual bereits geleisteter Beträge erhebt.2 Ferner ist von verschiedenen Gegenständen auszugehen und eine Wertaddition 3313 vorzunehmen, wenn der Bestand wechselseitiger, nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehender vertraglicher Leistungspflichten im Streit steht: – So ist zusammenzurechnen, wenn auf Feststellung geklagt wird, dass kein Recht zur Mietminderung bestehe, und der Beklagte Widerklage auf Schadensersatz wegen desselben (streitigen) Mangels der Mietsache erhebt.3 Auch wenn den Ansprüchen derselbe Mangel zugrunde liegt, sind doch unterschiedliche Vermögenspositionen betroffen. – Ebenso liegt es, wenn der Eigentümer gegen den Inhaber einer Reparaturwerkstatt auf Herausgabe seines Fahrzeuges klagt und dieser Widerklage auf Werklohnzahlung wegen Arbeiten an diesem Fahrzeug erhebt.4 Denn das Nutzungsinteresse des Klägers ist nicht identisch mit dem Vergütungsinteresse des Beklagten, daher erfolgt eine Zusammenrechnung der Werte. – Dies gilt auch bei einer Klage auf Zahlung des Restkaufpreises und Widerklage auf Zahlung von Schadensersatz.5 – Die Klage auf Auflösung einer GmbH und die Widerklage auf Ausschluss eines Gesellschafters aus der GmbH betreffen nicht denselben Streitgegenstand; ihre Streitwerte müssen daher bei der Kostenberechnung zusammengerechnet werden.6
D. Rechtsmittel und Beschwer Die Beschwer der gerichtlichen Entscheidung ist für jede Partei getrennt zu bestimmen. Werden Klage und Widerklage zuerkannt oder abgewiesen, ist jede Partei nur einfach beschwert. Wird der Klage unter Abweisung der Widerklage stattgegeben oder die Klage unter Stattgabe der Widerklage abgewiesen, sind – verschiedene Gegenstände der Klagebegehren vorausgesetzt – deren Werte zusammenzurechnen.
3314
§ 5 Hs. 2 ZPO steht dem nicht entgegen, da er nach allgemeiner Meinung auf die Berechnung der Beschwer keine Anwendung findet. Vielmehr will § 5 Hs. 2 ZPO verhindern, dass der Beklagte mit der Erhebung der Widerklage die Zuständigkeit
3315
1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.11.2008 – 10 W 114/08, AGS 2009, 42; LG Hamburg, Beschl. v. 7.1.1991 – 307 T 179/90, WM 1993, 477. 2 LG Berlin, Beschl. v. 10.6.1988 – 82 T 316/88, KostRsp. GKG § 19 Nr. 134. 3 So auch Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Widerklage“ Rn. 6; a.A. BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, JurBüro 2004, 378. 4 OLG Hamm, Beschl. v. 12.9.1989 – 26 W 25/89, Rpfleger 1990, 40. 5 BGHZ 43, 33; LG München, JurBüro 1950, 46. 6 OLG Düsseldorf, NJW 1966, 1569.
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Klagenderung eines anderen Gerichts erzwingen kann, während die Beschwer sich nach dem Umfang des Unterliegens bemisst und daher an den Ausgang von Klage und Widerklage anknüpfen muss.1 3316
Das Additionsgebot ergibt sich aus und nach Maßgabe des § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG (§ 19 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.). Obwohl diese Vorschrift formal nur für den Gebührenwert gilt, handelt es sich doch tatsächlich um die Grundregel für die Ermittlung der materiellen Beschwer. Gebührenstreitwert und Beschwer unterliegen hier denselben Bewertungsgrundsätzen.2
E. Vergleich 3317
Wird der Rechtsstreit durch Vergleich beendet, so ist zu addieren, wenn die streitwertmäßig selbständige Widerklageforderung in den Vergleich einbezogen wird.3
Klagenderung Literatur: Liebheit, Streitwert nach einer Klageänderung, JuS 2001, 687 ff.
A. Allgemeines 3318
Der klägerische Angriff wird bestimmt durch den (zweigliedrigen) Streitgegenstand, der nach zutr. Ansicht zugleich die Beteiligten des Prozessrechtsverhältnisses (Parteien) definiert. Änderungen des Streitgegenstandes sind in dreifacher Hinsicht möglich: – unter Beibehaltung des bisherigen Sachverhalts wird ein neuer Antrag gestellt, – der bisherige Antrag wird mit einem (völlig) neuen Sachverhalt begründet, – ein neuer Antrag wird mit einem (völlig) neuen Sachverhalt begründet.
3319
Bezüglich des Verhältnisses der Änderung zum bisherigen Streitgegenstand gilt Folgendes: – Wird der bisherige Streitgegenstand vollständig ausgetauscht, handelt es sich um einen Klagewechsel. Hierzu zählt nach überwiegender Ansicht auch der Parteiwechsel.4 – Wird hingegen der bisherige Streitgegenstand (nur) um einen weiteren Streitgegenstand ergänzt, reden wir von einer (objektiven oder subjektiven) nachträglichen Klagehäufung, auf welche die Vorschriften der Klageänderung entsprechend anzuwenden sind.5 1 BGH, Urt. v. 28.9.1994 – XII ZR 50/94, MDR 1995, 198; BGHR ZPO § 546 Abs. 2 Satz 2 Klage und Widerklage Nr. 1; OLG Oldenburg, Urt. v. 16.10.1992 – 6 U 134/92, NJW-RR 1993, 827; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Widerklage“ Rn. 4; E. Schneider, NJW 1992, 2680; Zöller/Herget, § 5 Rn. 2; a.A. OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.5.1992 – 11 U 81/91, NJW 1992, 3246 – zu Unrecht allein auf den Wortlaut von § 2 ZPO abstellend. 2 Zöller/Heßler, § 511 ZPO Rn. 22. 3 OLG Frankfurt, JurBüro 1971, 459 – das aber zu Unrecht die Widerklageforderung nicht nach der Höhe der Berühmung beziffert, sondern nach § 3 ZPO frei schätzt; OLG Köln, Beschl. v. 22.2.1996 – 18 W 57/95 – Hilfswiderklage. 4 Offenlassend OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.4.1998 – 2 WF 169/97, OLGR 1999, 124, das jedoch bei einem Parteiwechsel rechtsfehlerhaft eine Streitgegenstandsänderung verneint. 5 BGH, Urt. v. 17.4.1986 – III ZR 246/84, NJW-RR 1987, 59; Beschl v. 10.1.1985 – III ZR 93/83, NJW 1985, 1841.
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Klagenderung – Wird schließlich der bisherige Streitgegenstand hinsichtlich der Antragstellung nur reduziert oder erweitert (sog. Antragsänderung), liegt zwar eine objektive Klageänderung vor, die jedoch gem. § 264 Nr. 2 und 3 ZPO nicht den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klageänderung (§ 263 ZPO) unterliegt. Von alldem zu unterscheiden ist die bloße Klageberichtigung, d.h. die Beseitigung von Unklarheiten betreffend den Antrag, den Sachverhalt oder die Parteien (Klagebzw. Parteiberichtigung). Diese unterliegt keinen Zulässigkeitsvoraussetzungen, arg. § 264 Nr. 1 ZPO, und hat keine Auswirkungen auf den Streitwert.
3320
Eine wirksame und damit streitwertrelevante Vornahme der Klageänderung ist nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung möglich, arg. §§ 297, 308 Abs. 1 ZPO.1
3321
Ebenso scheidet eine Beeinflussung des bisherigen Streitwertes aus, wenn eine Klageänderung als unzulässig zurückgewiesen2 oder eine zweitinstanzlich vorgenommene Klageerweiterung nicht zugelassen wird.3 In beiden Fällen wird nicht die (neue) Klage, sondern der Wechsel von einem prozessualen Anspruch zum anderen als unzulässig zurückgewiesen.
3322
B. Zuständigkeitsstreitwert Auf eine einmal begründete Zuständigkeit des Landgerichts bleiben Veränderungen des Streitgegenstandes ohne Einfluss, § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Dies gilt nach einhelliger Ansicht auch dann, wenn – hier infolge einer Klageänderung – der neue oder verbleibende prozessuale Anspruch in die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts fiele.
3323
Führt die Änderung einer vor dem Amtsgericht erhobenen Klage, sei es durch Klageerweiterung, (echte) Klageänderung oder eine nachträgliche Klagehäufung, zu einem die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründenden Streitwert, gelten die §§ 504, 506 ZPO. Der Rechtsstreit ist auf Antrag einer der Parteien an das zuständige Landgericht zu verweisen.
3324
C. Gebührenstreitwert I. Zeitliche gestaffelte Wertfestsetzung Die Klageänderung führt zu einer Änderung des zu bewertenden Streitgegenstandes. Unstreitig ist der Streitwert daher gesondert festzusetzen für den Zeitraum bis zur Klageänderung und danach.4 Nur so kann sichergestellt werden, dass die nach Klageänderung anfallenden Gebühren nach dem zutreffenden, d.h. an dem neuen prozessualen Anspruch zu bestimmenden Wert, berechnet werden. Mit der 1 BGH, Beschl. v. 19.3.2009 – IX ZB 152/08, MDR 2009, 824 – Beschwer; Beschl. v. 9.7.1997 – IV ZB 11/97, NJW-RR 1997, 1486; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.9.2000 – 9 W 69/00, MDR 2000, 1457; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.2.2006 – 15 W 72/05, AGS 2007, 579; zweifelnd OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.1.2009 – 24 W 87/08, AGS 2009, 127, das aber verkennt, dass eine unwirksame Klageerweiterung keine Anhängigkeit begründen kann und daher auch nicht beschieden werden muss. 2 OLG Bamberg, Beschl. v. 7.1.2013 – 6 W 51/12, MDR 2013, 624. 3 OLG Schleswig, Beschl. 22.6.2001 – 5 U 87/91, AGS 2002, 64. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.4.1994 – 18 W 9/94, OLGR 1994, 306 – für den Wechsel von Zahlungsklage auf Feststellung zur Insolvenztabelle; OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.2.1994 – 5 W 33/93, OLGR 1994, 72 – für die Klageerweiterung bei gleichzeitiger Teilerledigung; E. Schneider, JurBüro 1965, 592.
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Klagenderung zeitlichen Staffelung des Gebührenstreitwertes sind jedoch nicht alle Fragen beantwortet. 3326
Zwar entspricht der Streitwert für den Zeitraum nach Klageänderung nach einhelliger Auffassung dem Wert des neuen prozessualen Anspruchs. Damit ist aber nichts dafür gewonnen, wie sich der Streitwert für die Gebührentatbestände bemisst, welche die gerichtliche bzw. anwaltliche Tätigkeit in den Zeiträumen vor und nach Klageänderung einheitlich erfassen. Hierzu zählen namentlich die gerichtlichen und anwaltlichen Verfahrensgebühren. Richtigerweise dürfen deshalb die Werte der vor und nach Klageänderung geltend gemachten Ansprüche weder undifferenziert zusammengerechnet werden, noch ist zutreffend, einfach den höheren Wert zugrunde zu legen.1
II. Klagehäufung und Antragsänderung 3327
Von den unter Ziffer A. dargestellten Fallgruppen bereiten die nachträgliche (objektive und subjektive) Klagehäufung und die Antragsänderung jedoch insoweit streitwertrechtlich keine Bewertungsprobleme. – Die Antragsänderung, also die Klageerhöhung oder -reduzierung, führt zu einem erhöhten bzw. verringerten Streitwert ab Eingang des antragsändernden Schriftsatzes. So liegt es etwa, wenn der Kläger bei einer Vorschussklage gem. § 637 BGB die Kosten der Ersatzvornahme erst mit 5000 Euro, nach Einholung eines Kostenvoranschlages dann mit 7500 Euro beziffert und seinen Klageantrag entsprechend erweitert. Hier ist der Streitwert für den Zeitraum vor und nach Klageerweiterung festzusetzen, wenn in den Zeitabschnitten voneinander verschiedene Gebühren (z.B. Verfahrens- und Terminsgebühr gem. Nrn. 3100, 3104 VV RVG) angefallen sind. Wird die Klageerhöhung indes nicht zugelassen, weitet sie sich nicht auf die Höhe des Streitwerts aus.2 – Dies gilt auch bei einer nachträglichen Klagehäufung, wenn beispielsweise der Kläger neben der rückständigen Miete für Januar i.H.v. 1000 Euro, nunmehr auch Zahlung der Miete für Februar und damit nunmehr 2000 Euro verlangt. Eine Addition hat jedoch zu unterbleiben, wenn die Ansprüche wirtschaftlich (teil-)identisch sind, arg. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG (§ 19 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F.). Zu den Einzelheiten s. unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“.
III. Klagewechsel 3328
Schwieriger ist die Bewertung des Klagewechsels, also des vollständigen Austauschs der Streitgegenstände. Nach ganz überwiegender Ansicht können die Werte der prozessualen Ansprüche schon deswegen nicht zusammengerechnet werden, weil sie nicht nebeneinander, sondern nur nacheinander geltend gemacht werden. Erforderlich sei allenfalls eine nach Zeiträumen gestaffelte Wertfestsetzung, wenn die Streitgegenstände unterschiedliche Einzelwerte aufwiesen.3 1 So aber OLG Bamberg, JurBüro 1985, 740. 2 OLG Schleswig, Beschl. v. 22.6.2001 – 5 U 87/01, AGS 2002, 64. 3 OLG Schleswig, Beschl. v. 28.2.2012 – 17 W 1/12, SchlHA 2012, 263: anderenfalls „unnötige Verkomplizierung“; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.8.2010 – 24 W 9/10, AGS 2011, 86; OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.12.2011 – 4 W 74/11, MDR 2012, 314; KG, Rpfleger 1968, 289; OLG Dresden, Beschl. v. 29.12.2006 – 5 W 1517/06, JurBüro 2007, 315; OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.3.2009 – 3 W 3/09, AGS 2009, 247; Beschl. v. 7.2.1994 – 5 W 33/93, OLGR 1994, 72; OLG Hamburg, JurBüro 1978, 1807; OLG München, Beschl. v. 29.6.1994 – 11 WF 797/94, OLGR 1994, 15; Hillach/Rohs, § 14 II, S. 51.
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Klagenderung Dem ist in dieser Allgemeinheit nicht zuzustimmen. Richtigerweise ist zu unter- 3329 scheiden: – Handelt es sich um einen Austausch wirtschaftlich identischer Ansprüche (Streitgegenstand), verbleibt es beim bisherigen Streitwert. So liegt es etwa, wenn der Kläger zunächst auf Zahlung von 1000 Euro aus eigenem Recht klagt und nach einer Rüge der Aktivlegitimation das Zahlungsverlangen auf eine Abtretung stützt. Hier liegt zwar eine Klageänderung vor,1 einer Zusammenrechnung der Einzelwerte steht jedoch schon entgegen, dass beide Gegenstände (wirtschaftlich) denselben Gegenstand betreffen. Ebenso ist zu bewerten, wenn der Kläger von der Auskunfts- zur Zahlungsklage oder von der Zahlungs- zur Freistellungsklage übergeht. Das Gleiche gilt für die Auswechslung des Beklagten bei gleich bleibendem Klageantrag.2 – Der Austausch wirtschaftlich nicht identischer Streitgegenstände erfordert demgegenüber für bestimmte Gebühren eine Zusammenrechnung der Einzelwerte.3 Eine derartige Konstellation ist beispielsweise gegeben, wenn der Kläger den prozessualen Anspruch austauscht (Zahlung von 10 000 Euro Schmerzensgeld statt 10 000 Euro Reparaturkosten) oder seine Klage (teilweise) zurücknimmt und zugleich erweitert bzw. einen neuen Streitgegenstand in den Prozess einführt.4 Ebenso liegt es bei einer Klageerweiterung oder -häufung nach einer übereinstimmenden Teilerledigungserklärung der Parteien.5 Hiervon ist beispielsweise bei einer zunächst auf Zahlung von Schadensersatz (10 000 Euro Reparaturkosten) gerichteten Klage auszugehen, die aufgrund der außergerichtlichen Begleichung einer Schadensposition (2000 Euro) zurückgenommen oder (übereinstimmend) für erledigt erklärt und um die in dieser Höhe neue Schadensposition (4000 Euro Schmerzensgeld) erweitert wird. In allen Fällen sind für die Verfahrensgebühren (Nr. 1210 KV GKG, Nr. 3100 VV RVG) die Werte des bisherigen und des neuen Anspruchs zu addieren (10 000 + 10 000 bzw. 10 000 + 4000 Euro). Für die anwaltliche Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) gilt das ebenso, wenn über den bisherigen und den neuen Anspruch in vollem Umfang mündlich verhandelt worden ist. Ausgangspunkt der Bewertung ist § 39 Abs. 1 GKG. Hiernach werden die in einem Verfahren geltend gemachten (wirtschaftlich nicht identischen) Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nicht etwas Abweichendes bestimmt ist.
3330
Dass es für eine Addition der zeitgleichen Anhängigkeit der Streitgegenstände bedarf, ist weder den §§ 39 ff. GKG zu entnehmen, noch würde dies zu tragfähigen Ergebnissen führen. Vielmehr berechnen sich die gerichtliche und anwaltliche Verfahrensgebühr nach der Summe der Werte des bisherigen und künftigen Streitgegenstandes. Voraussetzung für die Wertaddition ist nicht, dass die zu bewertenden Ansprüche „nebeneinander geltend gemacht werden“,6 sondern dass sie „nebeneinander bestehen können“.7 Denn allein bei hilfsweise erhobenen (bzw. zur
3331
1 Zöller/Greger, § 263 ZPO Rn. 7. 2 Zutr. LG Itzehoe, Beschl. v. 10.3.2009 – 11 S 30/08, ZMR 2009, 479. 3 Zustimmend OLG Celle, Beschl. v. 20.5.2008 – 2 W 108/08, AGS 2008, 466; OLG Hamm, Beschl. v. 25.1.2007 – 21 W 50/06, AGS 2007, 516; OLG Koblenz, Beschl. v. 28.12.2005 – 5 W 829/05, WuM 2006, 45. 4 KG, Beschl. v. 27.8.2007 – 8 W 53/07, MDR 2008, 173; Zöller/Herget, § 5 Rn. 3. 5 OLG Bamberg, JurBüro 1978, 1655; OLG Celle, JurBüro 1986, 741; OLG Hamm, Beschl. v. 25.1.2007 – 21 W 50/06, AGS 2007, 516; Beschl. v. 12.5.2005 – 24 U 7/05, JurBüro 2005, 598; OLG Koblenz, AGS 2007, 151; Liebheit, JuS 2001, 687 (688 f.); AnwK-RVG/N. Schneider, § 22 Rn. 10; s. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.8.2000 – 10 W 53/00, JurBüro 2001, 313 – Teilvergleich nach Erlass eines Versäumnisurteils und späterer Klageerweiterung. 6 So aber OLG Schleswig, Beschl. v. 28.2.2012 – 17 W 1/12, SchlHA 2012, 263; OLG München, Beschl. v. 29.6.1994 – 11 WF 797/94, OLGR 1994, 15. 7 Instruktiv Liebheit, JuS 2001, 688 (690 f.).
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Aufrechnung gestellten) Ansprüchen bedarf es nach § 45 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 GKG für eine Zusammenrechnung, dass über diese entschieden worden ist, sie also zeitgleich mit dem primär geltend gemachten Anspruch anhängig gewesen sind. 3332
Zudem bleibt der mit der Klageänderung hier verbundene Wegfall des bisherigen (Teils des) Streitgegenstandes auf die bislang entstandenen gerichtlichen und anwaltlichen Gebühren – wie bei der Teilklagerücknahme1 – ohne Auswirkung.2 Daher gebietet es auch eine prozessadäquate Kostenverteilung, die durch die Geltendmachung des bisherigen Anspruchs ausgelösten Kosten demjenigen aufzuerlegen, der die Auseinandersetzung veranlasst hat und (autonom) von der weiteren Rechtsverfolgung Abstand nimmt.3 Für die Annahme, dass bei der Klageänderung „kostenrechtlich die Anhängigkeit des neuen Anspruchs – als von Anfang an bestehend – fingiert“ werde, wodurch „der bisherige Anspruch gebührenrechtlich seine Bedeutung verliere“,4 fehlt es im GKG an einer gesetzlichen Grundlage.
3333
Zudem vermag die Gegenansicht die unterschiedliche Behandlung des Parteiwechsels, der nach überwiegender Ansicht der Klageänderung gleichgestellt wird und dennoch ergebnisunabhängig zu einer Kostenlast des Klägers führt,5 nicht plausibel zu erklären.
3334
Stichtag für die Wertänderung ist nicht die erste mündliche Verhandlung über den geänderten Antrag, sondern der Eingang des Antrags bei Gericht.6 Deshalb ist für die Berechnung der erhöhten Gerichtsgebühren auf den Zeitpunkt der Einreichung dieses Antrags abzustellen.7
3335
Die Streitwerterhöhung ab Einreichung des Antrags wirkt nur für die danach erfüllten Gebührentatbestände. Es findet insbesondere keine Erhöhung der (nach der BRAGO noch anfallenden) Beweisgebühr nach einer bereits abgeschlossenen Beweisaufnahme statt, wenn der Kläger mit Rücksicht auf das Beweisergebnis den Klageantrag erweitert.8
3336
Auch darf die jeweilige Gebühr nur einmal berechnet werden, wenn auch nach dem höchsten Wert (§ 21 Abs. 3 GKG, § 13 Abs. 2 Satz 1 BRAGO).
D. Rechtsmittel und Beschwer 3337
Wird die Klageerweiterung zweitinstanzlich nicht zugelassen, scheidet für diese Instanz eine Werterhöhung aus.9
3338
Im Falle der Zulassung erhöht sich nur der zweitinstanzliche Streitwert. Die Erhöhung wirkt jedoch auf den Streitwert der ersten Instanz zurück, wenn der neue Antrag nach Zurückverweisung in erster Instanz weiterverfolgt wird.10
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
KG, Beschl. v. 31.5.1999 – 8 W 3707/99, NJW-RR 2000, 215. OLG Bamberg, JurBüro 1978, 1655; OLG Celle, JurBüro 1986, 741. Ausführlich Liebheit, JuS 2001, 688 (691). So Zöller/Greger, § 263 ZPO Rn. 32. Vgl. etwa Zöller/Greger, § 269 ZPO Rn. 5. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.1.2009 – 24 W 87/08, AGS 2009, 137; Beschl. v. 1.8.2000 – 10 W 53/00, JurBüro 2001, 313. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.8.2000 – 10 W 53/00, JurBüro 2001, 313; LG Koblenz, JurBüro 1967, 1015. OLG Bamberg, JurBüro 1977, 960; KG, JurBüro 1970, 246 mit Anm. Schneider; OLG Schleswig, JurBüro 1969, 521 mit Anm. Schneider; OLG Koblenz, MDR 1994, 629. OLG Schleswig, Beschl. v. 22.6.2001 – 5 U 87/91, OLGR 2001, 442. OLG Schleswig, JurBüro 1976, 1680.
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Klagercknahme Für die Berechnung der Beschwer dürfen die vor und nach Klageänderung geltend gemachten Ansprüche in keinem Fall zusammengerechnet werden.1
3339
Der für die Zulässigkeit der Revision maßgebende Betrag kann nicht höher sein als der Wert der Beschwer. Daran kann auch eine unzulässige Klageerweiterung nichts ändern.
3340
Klageerweiterung Siehe das Stichwort „Klageänderung“.
Klagehufung Siehe das Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“.
Klagercknahme Literatur: E. Schneider, JurBüro 1970, 897; E. Schneider, JurBüro 1985, 265. Gliederungsübersicht Rn. A. Einleitung I. Erklärung der Klagerücknahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3341 II. Abgrenzung zur Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3344 B. Wirksamkeit der Klagerücknahme I. Unstreitige Klagerücknahme. . . . 3347 II. Streit über die Wirksamkeit . . . . 3349
Rn. C. Feststellung der fehlenden Anhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 3351 D. Verpflichtung zur Klagerücknahme I. Klagerücknahmeversprechen . . . 3356 II. Prozessvergleich . . . . . . . . . . . . . 3357 E. Teilklagerücknahme . . . . . . . . . . 3361 F. Rechtsmittel und Beschwer . . . . 3364
Stichwortübersicht Rn. Ankündigung eines verminderten Antrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3342 Antrag nach § 269 Abs. 3 und 4 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . 3347, 3361 Berufungsrücknahme . . . . . . . . . . . . . 3343 Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . 3344 ff. Kostenerstattungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3347, 3363 Kostenregelung, abweichend. . . . . . . . 3358 Nichtanhängigkeitsfeststellung, Antrag des Beklagten. . . . . . . . . . . . 3351 Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3348
Rn. Prozessvergleich über Verpflichtung zur ~ – Erledigung des Rechtsstreits . . – Kosten des Prozessvergleichs . – kostenmäßige Mitbereinigung einer Teilklage . . . . . . . . . . . . – Kostenregelung, abweichend. . – Wertvereinbarung für selbständige Verfahren . . . . . . . . . Rücknahme des Mahnantrags. . . Schätzung – bei Nichtanhängigkeitserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 3357 . . . . 3359 . . . . 3360 . . . . 3358 . . . . 3360 . . . . 3342a
. . . . 3355
1 KG, Rpfleger 1968, 289.
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Klagercknahme
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– bei Verlustigerklärung . Streit über Wirksamkeit . Teilweise ~ . . . . . . . . . . . Unstreitige ~ . . . . . . . . . . Verlustigerklärung . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
Rn.
Rn.
. . . . 3355 . . . 3349 f. 3347, 3361 . . . 3347 f. . . . . 3352
Vorliegen einer ~ – vom Gericht bejaht . . . . . . . . . . . . . 3350 – vom Gericht verneint . . . . . . . . . . . 3350 Wegfall des Klageanlasses vor Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . . . . 3347
A. Einleitung I. Erklärung der Klagerücknahme 3341
Die Klagerücknahme ist eine einseitige bedingungsfeindliche und grundsätzlich unwiderrufliche Prozesshandlung. Zu ihrer Wirksamkeit bedarf es der Einwilligung des Beklagten, wenn dieser, und sei es nur erstinstanzlich, zur Hauptsache mündlich verhandelt hat, § 269 Abs. 1 ZPO.1 Eine vor Zustellung der Klage erklärte teilweise Rücknahme verändert den Zuständigkeitsstreitwert. Verringert sich dadurch der Wert des verbleibenden Anspruchs auf unter 5000,01 Euro, wird die Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet.2 Dagegen bleibt eine entsprechende Teilklagerücknahme nach Klagezustellung (Rechtshängigkeit) ohne Auswirkungen, arg. § 261 Abs. 3 ZPO.
3342
Verfahrensrechtlich ist zu beachten, dass die bloße Ankündigung eines verminderten Antrags – außerhalb des schriftlichen (Vor)Verfahrens – noch keine Klagerücknahme darstellt, auch wenn sie in einem an das Gericht gerichteten Schriftsatz enthalten ist.3
3342a
Die Rücknahme des Mahnantrags steht in seiner prozessualen Wirkung der Klagerücknahme gleich. Ab Antragsrücknahme bestimmt sich der Gebührenstreitwert für das weitere Verfahren allein nach dem Kosteninteresse der Parteien, d.h. nach den bislang angefallen Gerichts- und außergerichtlichen Kosten.4
3343
Gleichliegende Fragen wie bei Klagerücknahme ergeben sich bei der Berufungsrücknahme (s. dazu das Stichwort „Berufungsrücknahme“).
II. Abgrenzung zur Erledigungserklärung 3344
Ermäßigt der Kläger seinen Klageantrag oder erklärt er, an der Fortsetzung des Rechtsstreits kein Interesse mehr zu haben, bedarf es der Klärung, ob darin eine Klagerücknahme oder eine – bis zur Zustimmung des Beklagten – einseitige Erledigungserklärung liegt. Hier ist eine Nachfrage gem. § 139 ZPO geboten. Wegen der mit § 269 Abs. 3 ZPO verbundenen Kostenfolge ist zugunsten des Klägers bei verbleibenden Zweifeln von einer bloßen Erledigungserklärung auszugehen.5
3345
Wenn beiden Parteien an einer Entscheidung der Hauptsache nicht mehr gelegen und nur streitig ist, ob die Erklärung des Klägers an das Gericht als Klagerücknahme (§ 269 ZPO) oder als (übereinstimmende) Erledigungserklärung (§ 91a ZPO) zu deuten ist, bestimmt sich der Streitwert nach der Summe der bis dahin angelaufenen Kosten.6 Hier geht es nämlich nicht mehr darum, ob zur Sache entschieden werden muss, sondern zweifelhaft ist allein, auf welchem prozessualen Weg und 1 2 3 4 5 6
BGH, Beschl. v. 20.8.1998 – I ZB 38/98, MDR 1999, 626. OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 17.7.2014 – 1 AR 11/14. Schneider, MDR 1985, 265. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.5.2007 – 15 W 107/06, JurBüro 2007, 428 (Ls.). Vgl. auch BGH, Beschl. v. 27.10.2003 – II ZB 38/02, MDR 2004, 408. OLG Düsseldorf, JurBüro 1972, 816; OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 695.
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Kurpat
Klagercknahme mit welcher Kostenfolge die Entscheidung zur Hauptsache entbehrlich geworden ist. Zu beachten bleibt, dass eine Klagerücknahme nach übereinstimmender Erledigungserklärung aufgrund des damit verbundenen Wegfalls der Rechtshängigkeit nicht mehr möglich ist.1
3346
B. Wirksamkeit der Klagerücknahme I. Unstreitige Klagerücknahme Mit der wirksamen Klagerücknahme entfällt die Rechtshängigkeit ex tunc, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Eine Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits ergeht – soweit nicht bloß eine teilweise Klagerücknahme vorliegt (§ 308 Abs. 2 ZPO) – gem. § 269 Abs. 3 ZPO nur auf Antrag. Dessen Wert ist nach dem Interesse der antragstellenden Partei zu bemessen, das auf Erstattung eigener und Abwendung fremder Kosten gerichtet ist. Maßgeblich sind daher die bis zur Erklärung angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.2 Dies gilt auch, wenn der Kläger nach Klagerücknahme wegen Wegfalls des Klageanlasses vor Rechtshängigkeit eine Entscheidung über die Kostentragungspflicht nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO beantragt.
3347
Bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist für den der Kostenermittlung zugrunde zu legenden Hauptsachestreitwert auf den Umfang der Sache abzustellen, den sie im Fall ihrer Durchführung nach dem im Zeitpunkt der Rücknahme gegebenen Sach- und Streitstand angenommen hätte.3
3348
II. Streit über die Wirksamkeit Ist streitig, ob eine zulässige oder wirksame Klagerücknahme vorliegt, bestimmt sich der Streitwert nach dem vollen Wert der Hauptsache. Denn den Parteien ist – je nach Standpunkt zur Wirksamkeit – an der Entscheidung des Klagebegehrens bzw. an der Vermeidung einer Sachentscheidung gelegen.4
3349
Verneint das Gericht die Wirksamkeit der Klagerücknahme, so entscheidet es hierüber zusammen mit der Hauptsache in den Gründen des Endurteils oder durch selbständig anfechtbares Zwischenurteil (§ 303 ZPO) und nachfolgend über die Hauptsache durch Endurteil. Bejaht das Gericht die Wirksamkeit der Klagerücknahme, entscheidet es gem. § 269 Abs. 3 ZPO durch Beschluss. In beiden Fällen ist der Hauptsachestreitwert maßgebend, da der richterliche Spruch feststellt, ob die Hauptsache infolge wirksamer Zurücknahmeerklärung noch zur Entscheidung steht.5 Auch im Hinblick auf die streitwertrechtliche Bewertung der einseitigen Erledigungserklärung besteht kein Anlass, den Streitwert auf die bis zur Rücknahme angefallenen Kosten festzusetzen, da sich die Prozesshandlungen in Inhalt und Wirkung nicht entsprechen (s. hierzu unter dem Stichwort „Erledigung der Hauptsache“).
3350
1 OLG Jena, Beschl. v. 5.9.2001 – 5 W 174/011, OLGR 2002, 51. 2 KG, Beschl. v. 9.3.2007 – 1 W 378/05, AGS 2008, 23; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.5.2005 – 10 W 30/05, NJW-RR 2005, 1231; OLG Köln, JurBüro 2000, 77; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagerücknahme“ Rn. 2. 3 KG, JurBüro 1973, 53 = Rpfleger 1973, 36. 4 So auch Hartmann, KostG, Anh. I § 48 GKG (§ 3 ZPO) Rn. 73 Stichwort „Klagerücknahme“. 5 Gerold, Streitwert, S. 297; Göppinger, Rpfleger 1958, 81.
Kurpat
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ZPO
Klagercknahme
C. Feststellung der fehlenden Anhängigkeit 3351
Nach wirksamer Klagerücknahme ist auf Antrag (des Beklagten) gem. § 269 Abs. 3, 4 ZPO festzustellen, dass der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden und ein bereits ergangenes Urteil als wirkungslos anzusehen ist. Über die wertmäßige Erfassung dieses Antrages herrscht Streit. Während Wagner,1 Göppinger2 und Gerold3 hier den Streitwert der Hauptsache ansetzen, stellt das LG Osnabrück4 für die Bemessung auf die Kosten des Rechtsstreits ab.
3352
Für die letztgenannte Auffassung spricht, dass der BGH in Abwendung von der Rechtsprechung des RG seit BGHZ 15, 394 die Kosten für das Verfahren über Anträge auf Verlustigerklärung des Rechtsmittels und auf Kostenentscheidung nach Zurücknahme des Rechtsmittels nicht mehr nach dem Wert der Hauptsache, sondern nur nach dem Betrag der Kosten berechnet, die in der Rechtsmittelinstanz bis zu dem Antrag auf Verlustigerklärung und auf Kostenentscheidung erwachsen sind. Schließt man sich dem an, dann wird man für die entsprechenden Anträge nach Klagerücknahme keine andere Bewertung vornehmen dürfen. Lediglich wenn man entgegen des BGH der älteren Rechtsprechung5 folgt, ist nicht der Kostenwert, sondern der Hauptsachewert maßgebend.
3353
Dennoch ist beiden Ansätzen nicht zu folgen. Der sachliche Gehalt der Nichtanhängigkeits- und Wirkungslosigkeitserklärung entspricht weder der Hauptsache noch dem Kosteninteresse der Beklagten. Insbesondere vermag dem BGH6 nicht gefolgt werden, wenn dieser davon ausgeht, „dass der Verlustigerklärung eine sachliche Bedeutung überhaupt abzusprechen ist und sie nur eine Grundlage einerseits für die Erteilung des Rechtskraftzeugnisses, andererseits für die Kostenentscheidung bildet“ (s. auch das Stichwort „Berufungsrücknahme“).
3354
Die Nichtanhängigkeitserklärung ist – ebenso wie die Verlustigkeitserklärung – gegenüber der bloßen Kostenentscheidung ein Mehr.7 Wie auch sonst richtet sich seine Bewertung nach dem Interesse des Antragstellers, das hier darauf gerichtet ist, eine amtliche Beurkundung darüber zu erhalten, dass der Rechtsstreit abgeschlossen und ein (etwaig) vorangegangenes Urteil wirkungslos ist.
3355
Mangels besonderer Bewertungsvorschrift kommt nur eine Schätzung nach § 3 ZPO in Betracht.8 In der Regel dürfte es angemessen sein, 1/10 des Hauptsachewertes anzusetzen.
D. Verpflichtung zur Klagerücknahme I. Klagerücknahmeversprechen 3356
Anerkannt ist die Möglichkeit, sich durch schuldrechtlichen Vertrag (mit dem Prozessgegner) zu verpflichten, gegenüber dem Gericht die Klagerücknahme zu erklären. Die Abrede, die auch Bestandteil eines außergerichtlichen Vergleichs sein kann, führt im Falle der Nichterfüllung über die Arglisteinrede des Beklagten zur 1 2 3 4 5 6 7 8
Wagner, NJW 1953, 972. Göppinger, Rpfleger 1958, 81 (82). Gerold, Streitwert, III Rn. 2. Mitgeteilt von Wagner, NJW 1953, 973. RGZ 155, 382; OLG Bamberg, NJW 1949, 513; OLG Frankfurt, MDR 1957, 49. BGHZ 15, 399. Worauf Wagner, NJW 1953, 973 mit Recht hingewiesen hat. So früher bereits KG, JW 1933, 1078; OLG Jena, JW 1937, 142; OLG Dresden, HRR 1937 Nr. 1126; OLG Frankfurt, HRR 1938 Nr. 1249; OLG Breslau, DR 1939, 333; OLG Naumburg, JW 1937, 822.
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Klagercknahme Abweisung der Klage als unzulässig.1 Auf den Hauptsachestreitwert hat dies keinen Einfluss.
II. Prozessvergleich Da der Prozessvergleich den Rechtsstreit unmittelbar beendet,2 besteht für eine Verbindung von Vergleich und Klagerücknahme kein praktisches Bedürfnis. Vielmehr ist in diesen Fällen durch Auslegung zu ermitteln, ob die Parteien eine Beendigung des Rechtsstreits durch Klagerücknahme oder Vergleich gewollt haben. Maßgebend ist in beiden Fällen der Streitwert der Hauptsache.3
3357
Enthält der Prozessvergleich über die Klagerücknahmeverpflichtung hinaus noch eine von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO abweichende Kostenregelung, ist das für den Streitwert unerheblich, wie sich aus § 43 Abs. 3 GKG ergibt.4 Der Prozessvergleich als kostenverursachende Handlung betrifft nämlich die Kosten des Rechtsstreits und den Hauptanspruch. Der Kostenbetrag ist aber lediglich dann maßgebend, wenn Handlungen den Kostenpunkt ohne den Hauptanspruch betreffen.
3358
Die Kosten des Prozessvergleichs selbst bleiben nach § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG außer Ansatz.5
3359
Werden in einem Klagerücknahmevergleich noch Vereinbarungen über die Kosten selbständiger Verfahren getroffen, insbesondere Eilsachen, sind diese hinzuzurechnen. Dies beispielsweise, wenn eine Forderung in zwei Teilklagen geltend gemacht worden ist und in einem Prozess ein Rücknahmevergleich geschlossen wird, wobei das andere Verfahren kostenmäßig mit bereinigt wird.6
3360
E. Teilklagerücknahme Eine teilweise Rücknahme der Klage vermindert den Streitwert im Umfang der Rücknahme, soweit sie sich nicht allein auf Nebenforderungen (§ 43 Abs. 1 GKG) bezieht.7 Ist die Teilklagerücknahme dagegen Bestandteil einer von den Parteien erzielten Gesamtregelung, dann bestimmt der Wert des nachfolgenden (nur) über den noch verbliebenen Teil der Klageforderung geschlossenen Vergleichs unter Einbeziehung des von der Klagerücknahme betroffenen Teils.8 Verfahrensrechtlich beachtlich ist die Prozesshandlung jedoch erst, wenn sie wirksam geworden ist: vor Beginn der mündlichen Verhandlung durch Erklärung gegenüber dem Gericht, nach mündlicher Verhandlung ab Einwilligung des Beklagten. Sie führt gem. § 308 Abs. 2 ZPO unabhängig von einer Antragstellung nach § 269 Abs. 3 ZPO zu einer sog. gemischten Kostenentscheidung, die hinsichtlich der mit der teilweisen Rücknahme verbundenen Kosten gesondert anfechtbar ist.9 Es sei denn, dem Beklagten sind in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 2 ZPO die gesamten Prozesskos1 BGH, Urt. v. 7.3.2002 – III ZR 73/01, MDR 2002, 839; NJW-RR 1987, 307; NJW 1956, 990; BAG, MDR 1982, 258. 2 BGH, Urt. v. 7.3.2002 – III ZR 73/01, MDR 2002, 839. 3 OLG Köln, JurBüro 1970, 803; OLG Oldenburg, JurBüro 1957, 33; OLG Stuttgart, MDR 1955, 368. 4 OLG Neustadt, JurBüro 1964, 195; OLG Köln, JurBüro 1970, 803. 5 OLG Köln, JurBüro 1970, 803; OLG Nürnberg, BayJMBl. 1959, 170. 6 OLG Köln, JurBüro 1970, 803. 7 OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 17.7.2014 – 1 AR 11/14 betr. Klagerücknahme zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit. 8 OLG München, Beschl. v. 12.6.2006 – 10 W 1672/06, RVG prof. 2006, 129 (Ls.). 9 BGH, Beschl. v. 19.10.1995 – III ZR 208/94, NJW-RR 1996, 256; OLG Köln, Beschl. v. 9.1.1998 – 3 W 66/97, OLGR 1998, 170.
Kurpat
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3361
ZPO
Konkurrenzverbot ten auferlegt worden.1 Ob die auf die teilweise Klagerücknahme entfallenden Teile der Kosten nach der sog. Quoten- oder nach der Mehrkostenmethode zu berechnen sind, ist streitig.2 3362
Auf Antrag (§ 33 RVG) ist daher eine Streitwertfestsetzung nach Zeitabschnitten erforderlich, da alle bis zur Teilklagerücknahme entstandenen Gebühren nach dem ursprünglichen und alle nachfolgenden nach dem verminderten Streitwert zu berechnen sind.3 Die auf den zurückgenommenen oder erledigten Teil entfallenden Kosten des Rechtsstreits bleiben bei der Wertfestsetzung unberücksichtigt, arg. § 43 Abs. 3 GKG.4 Die Höhe der Gerichtsgebühren wird durch die teilweise Rücknahme des Klageantrages nicht berührt, da sich der für sie maßgebliche Streitwert nach der Verfahrenseinleitung (und/oder -erweiterung) bestimmt, § 40 GKG.5 Zu den Bewertungsregeln, wenn zusammen mit einer Teilklagerücknahme eine Klageerweiterung erfolgt, hier ist regelmäßig Addition der von Rücknahme und Erweiterung betroffenen Gegenstände geboten,6 s. das Stichwort „Klageänderung“.
3363
Der Übergang vom Hauptanspruch zum materiellen Kostenerstattungsanspruch beschränkt den Streitwert auf den (bezifferten)7 Kostenpunkt.8
F. Rechtsmittel und Beschwer 3364
Wendet sich eine Partei dagegen, dass ihr gem. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind, dann bestimmt sich der Wert der Beschwer und des Beschwerdeverfahrens gem. § 3 ZPO nach dem Betrag der bis zur Klagerücknahme entstandenen Verfahrenskosten.9
Konkurrenzverbot 3365
Der Streitwert für einen auf ein Konkurrenzverbot gerichteten Unterlassungsanspruch wird nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG bestimmt.
3366
Maßgebend ist das Interesse des Klägers auf Abwehr des durch die Konkurrenz drohenden Schadens. Dieses entspricht dem Reingewinn, der dem Kläger durch die beanstandeten Wettbewerbshandlungen entgeht.10 Dabei entspricht der Verlust des Klägers nicht vollumfänglich dem Gewinn des Konkurrenten. In der Regel ist davon auszugehen, dass zwar ein erheblicher Teil des vom Konkurrenten erzielten Umsatzes, nicht aber der gesamte Umsatz an Waren oder Dienstleistungen dem Kläger zugute gekommen wäre, wenn der Konkurrent den Handel nicht aufgenommen hätte.11 1 BGH, Beschl. v. 19.10.1995 – III ZR 208/94, NJW-RR 1996, 256. 2 Siehe zum Meinungsstand etwa OLG Schleswig, Beschl. v. 3.9.2007 – 1 W 37/07, MDR 2008, 353 = AGS 2007, 142. 3 OLG Koblenz, Beschl. v. 21.3.2001 – 13 WF 31/01, OLGR 2001, 393. 4 BGH, Rpfleger 1955, 12 = LM § 15 GKG Nr. 1; OLG Düsseldorf, JurBüro 1972, 816; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagerücknahme“ Rn. 3. 5 Zutr. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 12.10.2009 – 3 Ta 228/09. 6 KG, Beschl. v. 27.8.2007 – 8 W 53/07, MDR 2008, 173. 7 Siehe Schneider, MDR 1981, 353 ff. 8 LG Bayreuth, Beschl. v. 27.8.1982 – 2 O 205/82, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 615 mit Anm. Schneider = JurBüro 1983, 258, dort mit irreführendem 3. Leitsatz. 9 KG, Beschl. v. 18.3.2009 – 2 W 39/09, NJW-RR 2009, 1411. 10 LAG Köln, Beschl. v. 16.3.2012 – 9 Ta 407/11. 11 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.3.1993 – 10 W 36/93, ZMR 1993, 377.
628
Kurpat
Kostenansatz Der Streitwert über die Gültigkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ist regelmäßig mit dem Betrag der insgesamt höchstens geschuldeten Karenzentschädigung zu bewerten.1
3367
Wird der Anspruch im Eilverfahren verfolgt und führt dies praktisch zu einem endgültigen Ergebnis, dann kann es angebracht sein, bereits dort den Hauptsachewert anzusetzen.2 Ansonsten ist der Wert mit einem Bruchteil des Wertes in der Hauptsache anzunehmen, da nur eine vorläufige Sicherung angestrebt wird.
3368
Konkursanfechtung Siehe das Stichwort „Insolvenzverfahren“.
Kosten Siehe das Stichwort „Nebenforderungen“.
Kostenansatz A. Überblick Die Kosten, insbesondere also die Gerichtsgebühren, die sich nach dem jeweiligen Wert ergeben, werden im Kostenansatzverfahren nach § 19 GKG vom jeweiligen Gericht festgesetzt.
3369
Gegen den Kostenansatz ist nach § 66 Abs. 1 GKG die Erinnerung gegeben. Eine Mindestbeschwer ist nicht erforderlich.
3370
Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet nach § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG die Beschwerde statt. Sie setzt eine Mindestbeschwer voraus (§ 66 Abs. 2 Satz 1 GKG), wenn das Gericht, das über die Erinnerung entschieden hat, die Beschwerde nicht bereits wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu entscheidenden Frage in dem Erinnerungsbeschluss zugelassen hat (§ 66 Abs. 2 Satz 2 GKG).
3371
Gegen die Beschwerdeentscheidung ist unter den Voraussetzungen des § 66 Abs. 4 GKG die weitere Beschwerde zulässig, nämlich dann, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und es wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage die weitere Beschwerde in seinem Beschluss zugelassen hat. Eine Mindestbeschwer ist nicht erforderlich.
3372
Eine Rechtsbeschwerde ist im Kostenansatzverfahren nicht statthaft, da hierzu der BGH berufen wäre und nach § 66 Abs. 3 Satz 4 GKG die Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet.3
3373
Zum Kostenansatzverfahren s. Rn. 64 ff. 1 LAG Hamm, AnwBl. 1981, 106; vgl. das Stichwort „Karenzentschädigung“. 2 OLG Schleswig, Beschl. v. 27.5.2008 – 6 W 9/08, SchlHA 2008, 628; LAG Hamm, AnwBl. 1981, 106. 3 BGH, Beschl. v. 27.11.2002 – IV AR(VZ) 3/02; zur vergleichbaren damaligen Regelung des § 14 Abs. 3 Satz 4 KostO; BGH, Beschl. v. 30.4.2003 – V ZB 19/03.
Kurpat/N. Schneider
629
ZPO
Kostenansatz
B. Wert des Beschwerdegegenstands 3374
Sofern das Erinnerungsgericht die Beschwerde nicht schon wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, ist sie nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes (nicht zu verwechseln mit der Beschwer!) den Betrag von 200 Euro übersteigt (§ 66 Abs. 2 Satz 1 GKG). Der Wert des Beschwerdegegenstands richtet sich nach der Differenz der angesetzten Kosten zu dem Betrag, der nach Auffassung des Beschwerdeführers anzusetzen ist. Zu beachten ist, dass nur die Differenz der Kosten berücksichtigt werden darf, für die der Beschwerdeführer nach dem GKG haftet.
3375
Daher ist z.B. eine nur anteilige Haftung zu beachten. Sie führt dazu, dass auch nur die entsprechende Quote bei dem Wert des Beschwerdegegenstands berücksichtigt werden darf. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings nicht nur eine Haftung als Erstschuldner, sondern auch als Zweitschuldner oder Mitschuldner, solange insoweit eine Inanspruchnahme noch möglich ist, also nicht, wenn der Erst- oder Mitschuldner bereits gezahlt hat.
Û
Beispiel: Das Gericht hat den Beklagten verurteilt, 50 % der Kosten des Verfahrens zu tragen. Ausgehend von Kosten i.H.v. 1000 Euro werden 500 Euro gegen den Beklagten angesetzt. Der Beklagte ist der Auffassung, die Gerichtskosten dürften nur mit 700 Euro angesetzt werden. Die Beschwerde ist unzulässig. Zwar bestreitet der Beklagte den Kostenansatz um 300 Euro. Aufgrund der Quote wirkt sich dies für ihn jedoch nur zu 150 Euro aus.
Û
Beispiel: Die Parteien haben sich verglichen und die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben. Ausgehend von Kosten i.H.v. 1000 Euro werden 500 Euro gegen den Kläger festgesetzt. Er ist der Auffassung, die Gerichtskosten dürften nur mit insgesamt 700 Euro angesetzt werden. Zwar sind jetzt gegen den Kläger aus seiner Sicht bislang nur 150 Euro zu viel festgesetzt. Sofern der Beklagte nicht zahlt, droht jedoch die Inanspruchnahme weiterer 150 Euro. Daher muss für den Kläger die Beschwerde zulässig sein.
C. Gerichtsgebühren 3376
Im Verfahren über den Kostenansatz fallen keine Gerichtsgebühren an (§ 66 Abs. 8 Satz 1 GKG). Ein Wert für die Gerichtsgebühren ist daher nicht festzusetzen.
3377
Auch das Erinnerungsverfahren, das Beschwerdeverfahren und das Verfahren über die weitere Beschwerde sind gebührenfrei. Die Vorschrift des § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG spricht davon, dass „die Verfahren“ gebührenfrei sind, womit auch die Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren erfasst werden. Eine Wertfestsetzung nach § 63 GKG ist daher auch hier nicht vorzunehmen.
D. Anwaltsgebühren I. Erstattung/Vergütung 3378
Auch wenn hinsichtlich der Anwaltsgebühren eine Kostenerstattung ausgeschlossen ist (§ 66 Abs. 8 Satz 2 GKG), ist die Tätigkeit vom Auftraggeber dennoch zu vergüten. 630
N. Schneider
Kostenansatz Da sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten (§ 2 Abs. 1 RVG), ist insoweit auf Antrag eines Beteiligten die Festsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG vorzunehmen.
3379
II. Kostenansatzverfahren Für den im Ausgangsverfahren beauftragten Anwalt zählt die Tätigkeit im Kostenansatzverfahren zur Instanz (§ 19 Abs. 1 Satz 1 RVG), so dass es hier einer gesonderten Wertfestsetzung grundsätzlich nicht bedarf.
3380
Ist der Anwalt dagegen mit dem Kostenansatzverfahren als Einzeltätigkeit beauftragt, erhält er eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV RVG.
3381
Der Gegenstandswert richtet sich dann gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG entsprechend § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO. Maßgebend ist der Wert der Kosten, die gegen den Auftraggeber angesetzt werden sollen.
3382
III. Erinnerungsverfahren Wird der Anwalt im Verfahren über die Erinnerung gegen den Kostenansatz beauftragt, löst dies nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG eine gesonderte Angelegenheit aus, wenn der Rechtspfleger die Kosten angesetzt hat; anderenfalls zählt die Erinnerung zur Instanz. Der Anwalt erhält eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG. Maßgebender Gegenstandswert ist in diesem Fall der Betrag der strittigen Kostenpositionen (§§ 23 Abs. 2 Satz 3, 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 RVG).
3383
Werden gegen denselben Kostenansatz mehrere Erinnerungen – auch von verschiedenen Beteiligten – geführt, liegt nur eine Angelegenheit vor (§ 16 Nr. 10 Buchst. a RVG). Die einzelnen Werte werden dann nach § 22 Abs. 1 RVG addiert.
3384
IV. Beschwerdeverfahren Wird gegen die Entscheidung über eine Erinnerung Beschwerde eingelegt, so ist dies eine weitere Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG). Der Anwalt erhält wiederum eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG. Der Gegenstandswert richtet sich nach dem angegriffenen Betrag (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG). Er kann wiederum nicht höher liegen als der Wert des zugrunde liegenden Verfahrens (§ 23 Abs. 1 Satz 2 RVG).
3385
Werden gegen dieselbe Erinnerungsentscheidung mehrere Beschwerden – auch von verschiedenen Beteiligten – geführt, liegt nur eine Angelegenheit vor (§ 16 Nr. 10 Buchst. b RVG). Die einzelnen Werte werden dann nach § 22 Abs. 1 RVG addiert.
3386
V. Weitere Beschwerde Wird gegen die Beschwerdeentscheidung weitere Beschwerde eingelegt, so ist dies wiederum eine neue Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG). Der Anwalt erhält erneut eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG. Der Gegenstandswert richtet sich wiederum nach dem angegriffenen Betrag (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG) und kann nicht höher liegen als der Wert des zugrunde liegenden Verfahrens (§ 23 Abs. 1 Satz 2 RVG).
N. Schneider
631
3387
Kosten des Rechtsstreits
ZPO
3388
Werden gegen dieselbe Beschwerdeentscheidung mehrere weitere Beschwerden – auch von verschiedenen Beteiligten – geführt, liegt nur eine Angelegenheit vor (§ 16 Nr. 10 Buchst. b RVG). Die einzelnen Werte werden dann nach § 22 Abs. 1 RVG addiert.
Kosten des Rechtsstreits A. Begriff 3389
Unter Kosten des Rechtsstreits sind diejenigen Kosten zu verstehen, die durch den Rechtsstreit ausgelöst worden sind, also – die Gerichtsgebühr(en) und -auslagen, die im Verfahren entstanden sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GKG), – die Anwaltskosten für die Prozessvertretung sowie – die Parteikosten, also alle Kosten, die nach §§ 103 ff. ZPO später festgesetzt werden können.
3389a
Zu unterscheiden sind die Kosten des Rechtsstreits von den sonstigen Kosten, insbesondere den vorgerichtlichen Kosten, die aus Anlass der außergerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs entstanden sind. Soweit das Gesetz nur von „Kosten“ spricht (so in § 4 ZPO und § 43 Abs. 1 und 2 GKG), sind die vorgerichtlichen Kosten gemeint. Diese Kosten sind zwar Streitgegenstand, bleiben aber als Nebenforderung grundsätzlich für die Wertfestsetzung außer Ansatz (siehe das Stichwort „Vorgerichtliche Kosten“). Die Kosten des Rechtsstreits werden dagegen grundsätzlich gar nicht erst zum Streitgegenstand, so dass sie für die Bewertung nicht herangezogen werden können. Nur dann, wenn der ursprüngliche Streitgegenstand vollständig wegfällt, können die Kosten selbst zum Streitgegenstand werden. Dann sind sie Wert bestimmend, sofern daraus Kosten anfallen (§ 43 Abs. 3 GKG).
B. Zuständigkeitsstreitwert 3390
Für den Zuständigkeitsstreitwert kann sich die Frage des Wertes der Kosten des Rechtsstreits bei einer Klageerhebung nie stellen, da zu Beginn des Verfahrens diese Kosten nicht Streitgegenstand sein können.
3390a
Für die Frage des Zuständigkeitsstreitwerts ist der Wert der Kosten des Rechtsstreits nur im Falle eines Kostenwiderspruchs oder -einspruchs nach einem Mahnverfahren von Bedeutung. Sowohl der Widerspruch gegen einen Mahnbescheid als auch der Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid kann auf die im Mahnverfahren entstandenen Kosten beschränkt werden. In diesem Fall werden die Kosten selbst zum Streitgegenstand und sind zu bewerten. Soweit der Wert der Kosten 5000 Euro nicht übersteigt und auch keine besondere Zuständigkeit des Landgerichts gegeben ist, wird insoweit das Amtsgericht zuständig, unabhängig davon, wie hoch die im Mahnverfahren geltend gemachte Forderung war.
Û
Beispiel: Der Antragsteller macht im Mahnverfahren eine Forderung i.H.v. 10 000 Euro geltend. Der Antragsgegner beschränkt seinen Widerspruch auf die Kosten des Verfahrens. Da die Kosten (0,5-Gerichtsgebühr sowie die entstandenen Anwaltsgebühren) unter 5000 Euro liegen, ist die Sache an das Amtsgericht abzugeben. Gleiches würde gelten, wenn über die 10 000 Euro nebst Kosten ein Vollstreckungsbescheid ergangen und nur gegen die Kosten Einspruch eingelegt worden wäre.
632
N. Schneider
Kosten des Rechtsstreits
C. Gebührenstreitwert I. Gerichtsgebühren 1. Kosten neben der Hauptsache Sind die Kosten neben der Hautpsache betroffen, werden sie dem Wert der Hauptsache nicht hinzugerechnet (§ 43 Abs. 3 GKG) und haben für die Gerichtsgebühren keine Bedeutung. Soweit eine Gebühr für das gesamte Verfahren im Allgemeinen erhoben wird, stellt sich die Frage des Kostenwertes also gar nicht, da die Gebühr nach dem Wert der Hauptsache erhoben wird, weil nur diese Streitgegenstand ist (§ 3 GKG).
Û
3391
Beispiel: Vor der mündlichen Verhandlung wird die Klage zurückgenommen. Das Gericht verhandelt anschließend mündlich über die Kosten. Für die Gerichtsgebühr spielt die Rücknahme keine Rolle. Der Wert der Hauptsache bleibt maßgebend.
2. Gebühren nur aus den Kosten Der Wert der Kosten hat für die Gerichtsgebühren nur dann Bedeutung, – wenn nur gegen die Kosten ein Rechtsmittel eingelegt wird oder – wenn es ausnahmsweise zu Stufenstreitwerten kommt, also z.B. beim Übergang vom Mahnverfahren zum streitigen Verfahren oder beim sog. „Kostenwiderspruch“ in Arrest- oder einstweiligen Verfügungsverfahren.
Û
Beispiel: Gegen den Mahnbescheid über 3000 Euro wird Kostenwiderspruch eingelegt. Die Kosten des Mahnverfahrens belaufen sich auf 328,89 Euro. Im Mahnverfahren wird die 0,5-Gebühr nach Nr. 1100 KV GKG aus 3000 Euro erhoben. Die weitere Gebühr nach Nr. 1210 KV GKG wird dagegen nur aus dem Wert der Kosten, also aus 328,89 Euro, erhoben.
Û
Beispiel: Es ergeht eine einstweilige Verfügung (Wert 60 000 Euro). Der Antragsgegner legt Widerspruch nur gegen die Kosten ein. Das Gericht entscheidet nach mündlicher Verhandlung über die Kosten und setzt den Wert insoweit auf 2500 Euro fest. Für die 1,5-Verfahrensgebühr der Nr. 1410 KV GKG gilt der Wert von 60 000 Euro. Für die Erhöhung auf eine 3,0-Gebühr nach Nr. 1412 KV GKG gilt der Wert von 2500 Euro. Zu rechnen ist also wie folgt: 1,5-Gebühr, Nr. 1410 KV GKG (Wert 60 000 Euro) 3,0-Gebühr, Nr. 1412 KV GKG (Wert 2500 Euro) Gesamt
3392
999,00 Euro 324,00 Euro 1323,00 Euro1
Der Wert kann nicht höher sein als der Wert der Hauptsache (§ 43 Abs. 3 GKG). Die- 3392a se Regelung hat allerdings nur für die Anwaltsgebühren Bedeutung (s. Rn. 3399 ff.). Für die Gerichtskosten hat diese Regelung in der Praxis keine Bedeutung. Solche Fälle sind nur bei Minimalforderungen denkbar. Dann spielt der Wert aber im Ergebnis keine Rolle, weil er auf jeden Fall immer in der untersten Wertstufe liegt.
1 Die Höchstgrenze des § 36 Abs. 3 GKG, nicht mehr als 3,0 aus dem Gesamtwert von 60 000 Euro (= 1998,00 Euro), ist nicht überschritten.
N. Schneider
633
Kosten des Rechtsstreits
ZPO
Û
Beispiel: Gegen den Mahnbescheid über 50 Euro wird Kostenwiderspruch eingelegt. Die Kosten belaufen sich auf 109,35 Euro. Im Mahnverfahren gilt der Wert von 50 Euro. Im streitigen Verfahren wäre an sich der Wert der Kosten maßgebend. Er wird jedoch begrenzt auf den Wert der Hauptsache, also 50 Euro, was hier aber unerheblich ist, da beide Werte in der untersten Gebührenstufe bis 500 Euro liegen.
3. Rechtsmittelverfahren 3393
Für Rechtsmittelverfahren gegen Kostenentscheidungen werden ausschließlich Festgebühren erhoben. Es gelten – für sofortige Beschwerden die Nrn. 1810, 1811 KV GKG und – für Rechtsbeschwerden die Nrn. 1823, 1824 KV GKG.
3393a
Einer Wertfestsetzung nach § 63 GKG bedarf es also nicht; im Gegenteil ist eine solche Wertfestsetzung unzulässig und sinnlos.1 Sie entfaltet keine Wirkung. Dennoch wird hier regelmäßig – selbst vom BGH – eine Wertfestsetzung vorgenommen.
II. Anwaltsgebühren 3394
Soweit Kosten betroffen sind, so stellt § 43 GKG, auf den § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG verweist, drei Grundsätze auf: (1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt (§ 43 Abs. 1 GKG). (2) Sind Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist ihr Wert maßgebend, soweit ihr Wert den des Hauptanspruchs nicht übersteigt (§ 43 Abs. 2 GKG). (3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten als Streitwert anzusetzen, soweit der Wert den des Hauptanspruchs nicht übersteigt (§ 43 Abs. 3 GKG).
3395
Die Grundsätze (1) und (2), also § 43 Abs. 1 u. 2 GKG, gelten nur für Kosten als Nebenforderungen, also für solche Kosten, die neben dem Hauptanspruch miteingeklagt oder anderweitig (Widerklage o.Ä.) neben dem Hauptanspruch geltend gemacht werden und damit Streitgegenstand sind. Hierzu gehört insbesondere der Fall, dass vorgerichtliche Anwaltskosten als Schadensersatz miteingeklagt werden. Die Kosten des Rechtsstreits gehören nicht hierzu.
3396
Für die Kosten des Rechtsstreits, also die Kosten, die im Verfahren über den Hauptanspruch anfallen, gilt vielmehr Folgendes: (1) Soweit die Hauptsache betroffen ist, gilt § 3 GKG. Maßgebend ist nur der Wert des Streitgegenstands. Dazu gehören aber nicht die Kosten des Verfahrens,2 so dass sie nicht zu bewerten sind. (2) Soweit die Kosten des Verfahrens ohne den Hauptanspruch betroffen sind, werden die Kosten zum Streitgegenstand und damit zur Hauptsache. Maßgebend ist dann der Wert aller betroffenen Kosten, also Anwalts- und Gerichtskosten sowie Parteiauslagen, soweit diese den Hauptanspruch nicht übersteigen.
1 Siehe Rn. 3404a. 2 Hartmann, KostG, § 43 GKG Rn. 12.
634
N. Schneider
Kosten des Rechtsstreits Damit § 43 Abs. 3 GKG greift, müssten die Kosten ausschließlich betroffen sein. Solange auch nur ein Teil der Hauptsache anhängig ist, bleiben die Kosten unberücksichtigt.1 Im Gegensatz zu den vorgerichtlichen Kosten werden die Kosten des Rechtsstreits nicht zur Hauptsache, wenn die Hauptforderung, aus der sie abgeleitet werden, nicht (mehr) anhängig ist.
Û
Beispiel: Die Klage über 10 000 Euro wird i.H.v. 8000 Euro zurückgenommen und hiernach verhandelt. Der Gegenstandswert reduziert sich auf 2000 Euro. Die anteiligen Kosten aus den zurückgenommenen 8000 Euro bleiben unberücksichtigt.
Û
Beispiel: Eine Widerklage wird zurückgenommen. Solange die Klage anhängig bleibt, werden die Kosten der Widerklage nicht berücksichtigt.2
3397
Zu der Streitfrage, ob nach teilweiser Erledigungserklärung die anteiligen Kosten zu berücksichtigen sind, s. das Stichwort „Erledigung der Hauptsache“, Rn. 2140 ff.
3398
Für die Anwaltsgebühren kommt die Anwendung des § 43 Abs. 3 GKG häufiger in Betracht, da hier Stufenstreitwerte in größerem Umfang möglich sind.
3399
Neben den zu den Gerichtsgebühren geschilderten Fällen kommt in Betracht, dass einzelne Gebühren nur aus den Kosten des Rechtsstreits anfallen. Dann ist für diese Gebühren nur der Wert der Kosten maßgebend (§ 23 Abs. 1 Satz 2 RVG i.V.m. § 43 Abs. 3 GKG).
3400
Hierzu zählen insbesondere die Fälle, in denen nach Erledigung der Hauptsache, Klagerücknahme, Rücknahme eines Rechtsmittels etc. nur noch über die Kosten verhandelt oder eine Einigung geschlossen wird.
3401
Û
Beispiel: Vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung wird die Klageforderung bezahlt. Es wird dann im Termin nur noch über die Kosten (§ 91a ZPO) verhandelt. Für die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) gilt der Wert der Hauptsache. Für den Wert der Terminsgebühr der Anwälte (Nr. 3104 VV RVG) maßgebend ist der Wert aller bis zur Erledigung angefallenen Kosten (Gerichts- und Anwaltskosten sowie Parteiauslagen), soweit diese die Klageforderung nicht übersteigen (§ 23 Abs. 1 Satz 2 RVG i.V.m. § 43 Abs. 3 GKG).
Û
Beispiel: Nach übereinstimmender Erledigung der Hauptsache schließen die Anwälte für ihre Parteien einen Vergleich über die Kosten. Für die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) gilt der Wert der Hauptsache. Für den Wert der Einigungsgebühr der Anwälte (Nrn. 1000, 1003 VV RVG) gilt wiederum der Wert aller bis zur Erledigung angefallenen Kosten (Gerichts- und Anwaltskosten sowie Parteiauslagen), soweit diese die Klageforderung nicht übersteigen (§ 23 Abs. 1 Satz 2 RVG i.V.m. § 43 Abs. 3 GKG).
Û
Beispiel: Vor der mündlichen Verhandlung wird die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erkennt der Beklagte die Kostenlast an. Für die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) gilt wieder der Wert der Hauptsache. Für den Wert der Terminsgebühr der Anwälte (Nr. 3104 VV RVG) gilt wiederum der Wert aller bis zur Erledigung angefallenen Kosten (Gerichts- und Anwaltskosten sowie Parteiauslagen), soweit diese die Klageforderung nicht übersteigen (§ 23 Abs. 1 Satz 2 RVG i.V.m. § 43 Abs. 3 GKG).
1 Hartmann, KostG, § 43 GKG Rn. 12. 2 Hartmann, KostG, § 43 GKG Rn. 12.
N. Schneider
635
Kosten des Rechtsstreits
ZPO
Û
Beispiel: Es ergeht eine einstweilige Verfügung (Wert 60 000 Euro). Der Antragsgegner beauftragt seinen Anwalt, nur gegen die Kosten Widerspruch einzulegen. Das Gericht entscheidet nach mündlicher Verhandlung über die Kosten und setzt den Wert insoweit auf 2500 Euro fest. Für die Verfahrensgebühr des Anwalts des Antragstellers gilt der volle Wert von 60 000 Euro. Für die Verfahrensgebühr des Antragsgegners sowie die Terminsgebühren beider Anwälte gilt dagegen nur der Wert von 2500 Euro.
3402
Soweit die Kosten noch nicht exakt feststehen, müssen diese abgeschätzt werden, was anhand der Gebührentabellen zum RVG und GKG problemlos möglich ist. Zu beachten ist, dass auch Auslagen mit geschätzt werden müssen (Reisekosten des Anwalts, Parteiauslagen, Sachverständigenkosten, Zeugenauslagen etc.).
3403
Möglich ist, dass auch nur ein Teil der Kosten betroffen ist. Dann ist nur der entsprechende Teil maßgebend.
Û
3404
Beispiel: Der Kläger nimmt seine Klage über 10 000 Euro i.H.v. 5000 Euro zurück. In Höhe der weiteren 5000 Euro wird der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Parteien vergleichen sich, dass die Kosten des erledigten Verfahrens gegeneinander aufgehoben werden. Im Übrigen entscheidet das Gericht nach § 269 Abs. 3 ZPO. Für die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) gilt wieder der Wert der Hauptsache. Für den Wert der Einigungsgebühr der Anwälte gilt der Wert aller bis zur Erledigung angefallenen Kosten (Gerichts- und Anwaltskosten sowie Parteiauslagen), soweit diese sich aus 5000 Euro berechnen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. §§ 43 Abs. 3, 36 Abs. 1 GKG), also hier im Zweifel auf die Hälfte der Gesamtkosten.
Bei den Anwaltsgebühren kann es darüber hinaus auch vorkommen, dass eine Gebühr zu unterschiedlichen Sätzen aus der Hauptsache und aus den Kosten des Rechtsstreits anfällt. Es gilt dann § 15 Abs. 3 RVG mit der Maßgabe, dass kein höherer Wert als die Hauptsache angenommen werden darf.
Û
Beispiel: Nach Klageerhebung (5000 Euro) bleibt der Beklagte im ersten Termin säumig. Das Gericht erlässt auf Antrag des Klägers ein Versäumnisurteil. Nach Einspruch wird vor dem zweiten Termin die Klageforderung bezahlt. Es wird dann im Termin nur noch über die Kosten des Rechtsstreits (§ 91a ZPO) verhandelt. Der Wert der Kosten wird auf 1600 Euro festgesetzt. Die 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) und die 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV RVG sind aus dem Wert der Klageforderung angefallen, die 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG ist dagegen aus dem Wert der Kosten angefallen (§ 23 Abs. 1 Satz 2 RVG i.V.m. § 43 Abs. 3 GKG). Insgesamt erhält der Anwalt jedoch nicht mehr als eine 1,2-Gebühr aus dem Wert der Hauptsache, da bei der Ermittlung des Gesamtbetrages i.S.d. § 15 Abs. 3 RVG zu berücksichtigen ist, dass die Kosten neben der Hauptsache nicht berücksichtigt werden. Zu rechnen ist wie folgt: 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 5000 Euro) 2. 0,5-Terminsgebühr, Nr. 3104, 3105 VV RVG (Wert: 5000 Euro) 3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 1600 Euro) (die Grenze des § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,2 aus 5000 Euro, 363,60 Euro, ist nicht überschritten) 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
636
N. Schneider
393,90 Euro 151,50 Euro 180,00 Euro
20,00 Euro 745,40 Euro 141,63 Euro 887,03 Euro
Kosten des Rechtsstreits Eine Wertfestsetzung von Amts wegen für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren ist in diesen Fällen unzulässig, da keine Gerichtsgebühren anfallen. Der Wert darf nur auf Antrag im Verfahren nach § 33 RVG festgesetzt werden.
3404a
D. Rechtsmittel I. Rechtsmittelstreitwert bei Rechtsmittel in der Hauptsache Wird in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt, richtet sich der Wert des Beschwerdegegenstands ausschließlich nach dem Wert der Hauptsache. Die vorinstinstanzlich entstandenen Kosten des Rechtsstreits spielen insoweit keine Rolle. Das gilt auch dann, wenn eine Entscheidung der Vorinstanz in der Hauptsache nur teilweise angefochten wird, sich das Rechtsmittel aber gegen die gesamten Kosten richtet. Die Kosten des Rechtsstreits aus den nicht angefochtenen Gegenständen erhöhen – im Gegensatz zu den Kosten als Nebenforderungen (s. Rn. 3389a, 3394 f.) – nicht den Rechtsmittelstreitwert.
3405
II. Rechtsmittelstreitwert bei Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung Wird ausschließlich gegen eine Kostenentscheidung ein Rechtsmittel eingelegt, zulässig in den Fällen der §§ 91a, 99 Abs. 2 und 269 Abs. 5, 494a Abs. 2 Satz 2 ZPO, so ist die Beschwerde nur statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands, also der Wert der Kosten, 200 Euro übersteigt (§ 567 Abs. 2 ZPO). Eine wertunabhängige Zulassung der Beschwerde kommt nicht in Betracht. Dies betrifft folgende Fälle: § 567 Abs. 2 ZPO
Beschwerden gegen eine Kostenentscheidung
§ 59 FamFG
Beschwerden gegen eine Kostenentscheidung in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit
§§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 2 ZPO
Beschwerden gegen die Kostenfestsetzung
§ 87 FamFG, §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 2 ZPO
Beschwerden gegen die Kostenfestsetzung in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit
§ 63 Abs. 2 GKG
Beschwerde gegen den Kostenansatz
§ 81 Abs. 2 GNotKG
Beschwerde gegen den Kostenansatz in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
§ 68 Abs. 1 GKG
Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts
§ 83 Abs. 3 GNotKG
Beschwerde gegen die Festsetzung des Geschäftswerts
§ 69 Abs. 1 GKG
Beschwerde gegen die Auferlegung einer Verzögerungsgebühr
§ 11 Abs. 1 Satz 3 RVG i.V.m. §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 2 ZPO
Beschwerde gegen die Vergütungsfestsetzung
§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG
Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts
§ 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG
Beschwerde gegen die Festsetzung der Prozesskostenhilfevergütung
§ 4 Abs. 3 JVEG
Beschwerde gegen die Festsetzung einer Vergütung, einer Entschädigung oder eines Vorschusses
N. Schneider
637
3405a
ZPO
Kosten des Rechtsstreits 3406
Ist der Beschwerdewert nicht erreicht, kommen nur – soweit vorgesehen – Erinnerung, Gehörsrüge oder Gegenvorstellung in Betracht.
3407
Soweit eine Abhilfemöglichkeit der Vorinstanz besteht und der Beschwerde teilweise abgeholfen wird, ist der Wert nach Abhilfe maßgebend. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der jeweiligen Vorschriften kommt es nicht auf die ursprüngliche Beschwer an, sondern auf den Wert des Beschwerdegegenstands, also den Wert, der noch in die Beschwerdeinstanz übergeht.
Û
3408
Beispiel: Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss legt der Beklagte sofortige Beschwerde ein, da nach seiner Ansicht 250 Euro zu viel festgesetzt worden sind. Der Rechtspfleger hilft i.H.v. 100 Euro teilweise ab. Der Wert des Beschwerdegegenstands beläuft sich nur noch auf 150 Euro. Die Beschwerde ist damit unzulässig. Der Rechtspfleger entscheidet abschließend.1
Für die Berechnung des Wertes des Beschwergegenstands bei einem ausschließlich gegen die Kostenentscheidung gerichteten Rechtsmittel gilt § 3 ZPO. Maßgebend ist der Wert aller angefallenen Kosten, gegen die sich der Rechtsmittelführer wendet, also die Kosten des Gegners und des Gerichts, die er übernehmen soll, sowie der eigenen Kosten, die nach seiner Auffassung dem Gegner aufzuerlegen sind.
Û
Beispiel: Die Klageforderung i.H.v. 3000 Euro wird ohne mündliche Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Gericht entscheidet nach § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits und legt diese dem Beklagten auf. Hiergegen legt dieser Beschwerde ein und beantragt, a) die Kosten dem Kläger aufzuerlegen b) die Kosten gegeneinander aufzuheben. Maßgebend ist der Wert der Kostendifferenz zwischen dem Erstattungsanspruch nach der ergangenen und der beantragten Kostenentscheidung. Diese Kostendifferenz ist ggf. nach § 3 ZPO zu schätzen, da zum Zeitpunkt der Beschwerde noch nicht alle Kosten und Auslagen (Gericht, Parteien und ggf. Streithelfer, Sachverständige, Zeugenauslagen) feststehen. Hier ist von folgenden Kosten auszugehen: I. 1.
Kosten Kläger 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 3000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt II. Kosten Beklagter (wie I.) III. Gerichtskosten 3,0-Gebühr, Nr. 1210 KV GKG Summe
261,30 Euro 20,00 Euro 281,30 Euro 53,45 Euro 334,75 Euro 334,75 Euro 324,00 Euro 993,50 Euro
Im Fall a) beträgt der Wert des Beschwerdegegenstands 993,50 Euro und im Fall b) (993,50 : 2 =) 496,75 Euro.
3409
Allerdings führt bei einer Beschwerde gegen eine Kostengrundentscheidung ein höherer Wert der Kosten als der der Hauptsache nicht zur Zulässigkeit eines Rechtsmittels, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben wäre (sog. fiktive Rechtsmittelfähigkeit), §§ 91a Abs. 2 Satz 2, 99 Abs. 2 Satz 2, 269 Abs. 5 Satz 1 ZPO.
1 Zuletzt OLG Köln, Beschl. v. 24.8.2005 – 17 W 79/05, AGS 2006, 358 mit Anm. N. Schneider = OLGR 2006, 134.
638
N. Schneider
Kostenfestsetzungsverfahren
Û
Beispiel: Nach Anerkenntnis der Klageforderung (500 Euro) wird gegen die Kostenentscheidung gem. § 99 Abs. 2 ZPO sofortige Beschwerde eingelegt (Wert der Kosten 700 Euro). Die Beschwerde ist ungeachtet des an sich gegebenen Werts des Beschwerdegegenstands unzulässig (§ 99 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Liegt der Wert der Kosten über dem der Hauptsache, dann hat der Wert des Beschwerdegegenstands sogar einen höheren Wert. Eine Begrenzung auf den Wert der Hauptsache sieht die ZPO im Gegensatz zum GKG nicht vor. Allerdings ist dies für den Rechtsmittelstreitwert wegen der erforderlichen fiktiven Rechtsmittelbeschwer (§§ 91a Abs. 2 Satz 2, 99 Abs. 2 Satz 2, 269 Abs. 5 Satz 1 ZPO) unerheblich.
3410
Kein Mindestwert ist dagegen für die Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorauszahlung (§ 67 GKG) erforderlich.
3411
Ebensowenig ist für die Rechtsbeschwerde gegen eine Kostenentscheidung eine Mindestbeschwer vorgesehen.1
3411a
Kostenfestsetzungsverfahren Gliederungsübersicht Rn. A. Überblick I. Gerichtsgebühren . . . . . . . . . . . . 3412 II. Anwaltsgebühren . . . . . . . . . . . . 3414 III. Beschwerdewert . . . . . . . . . . . . . 3417 B. Gegenstandswert im Festsetzungsverfahren (§§ 103 ff. ZPO) I. Kostenfestsetzungsverfahren. . . . 3418 II. Kostenausgleichungsverfahren . . 3419 III. Erinnerungsverfahren . . . . . . . . . 3421
Rn. IV. Beschwerdeverfahren . . . . . . . . . 3425 V. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . 3426 C. Wert des Beschwerdegegenstands I. Erreichen des Beschwerdewertes als Zulässigkeitsvoraussetzung . . 3428 II. Wertberechnung . . . . . . . . . . . . . 3430 D. Bindung an die Streitwertfestsetzung im Ausgangsverfahren . . . . 3440
A. Überblick I. Gerichtsgebühren Gerichtsgebühren fallen im Kostenfestsetzungsverfahren nicht an. Das Kostenfestsetzungsverfahren wird durch die jeweilige Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen abgegolten; das Gleiche gilt für das Erinnerungsverfahren, so dass in beiden Fällen eine Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG ausscheidet.
3412
Im Beschwerdeverfahren entsteht, sofern die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird, eine wertunabhängige Gebühr i.H.v. 60 Euro (Nr. 1811 KV GKG) und im Rechtsbeschwerdeverfahren i.H.v. 120 Euro (Nr. 1824 KV GKG). Eine Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG kommt daher auch hier nicht in Betracht, wird gleichwohl aber immer wieder unzulässiger Weise vorgenommen.
3413
1 BGH, Beschl. v. 28.10.2004 – III ZB 41/04, MDR 2005, 237 = AGS 2005, 26.
N. Schneider
639
ZPO
Kostenfestsetzungsverfahren
II. Anwaltsgebühren 3414
Für den jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten zählt die Tätigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren zur Instanz (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 14 RVG), so dass es auch hier grundsätzlich keiner Wertfestsetzung bedarf.
3415
Lediglich für den nur mit der Festsetzung als Einzeltätigkeit beauftragten Anwalt fallen gesonderte Gebühren nach Nr. 3403 VV RVG an.1 Hier ist der Gegenstandswert ggf. auf Antrag eines Beteiligten nach § 33 Abs. 1 RVG festzusetzen.
3416
Unabhängig davon, ob der Anwalt im Ausgangsverfahren als Verfahrensbevollmächtigter beauftragt war oder nicht, fallen sowohl im Erinnerungs- als auch im Beschwerdeverfahren die 0,5-Gebühren nach Nr. 3500 ff. VV RVG an und im Rechtsbeschwerdeverfahren die 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3502 VV RVG. Diese Gebühren sind wertabhängig (§ 2 Abs. 1 RVG), so dass auf Antrag eines Beteiligten nach § 33 Abs. 1 RVG ein Gegenstandswert festzusetzen ist.
III. Beschwerdewert 3417
Gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss kann nach § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO sofortige Beschwerde erhoben werden. Nach § 567 Abs. 2 ZPO ist diese allerdings nur dann zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 200 Euro übersteigt. Hier ist daher ggf. eine gerichtliche Wertfestsetzung erforderlich.
B. Gegenstandswert im Festsetzungsverfahren (§§ 103 ff. ZPO) I. Kostenfestsetzungsverfahren 3418
Im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103, 104 ZPO richtet sich der Gegenstandswert nach dem Betrag der zur Festsetzung angemeldeten Kosten. Ob diese bestritten werden oder nicht, ist unerheblich.
II. Kostenausgleichungsverfahren 3419
Ist ein Kostenausgleichungsverfahren nach § 106 ZPO durchzuführen, so richtet sich der Wert nach dem vom Erstattungsgläubiger begehrten Saldobetrag, wenn die einzelnen Positionen unstreitig bleiben.
3420
Im Übrigen gilt § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG i.V.m. § 45 Abs. 3 GKG. Soweit einzelne Positionen des Erstattungsberechtigten streitig sind, und ihnen streitige Positionen des Erstattungspflichtigen gegenüberstehen, die ebenfalls streitig sind, ist der Wert der streitigen Forderungen des Erstattungspflichtigen bis zur Höhe der streitigen Forderungen des Erstattungsberechtigten hinzuzurechnen.
Û
Beispiel: Die Kosten sind zu 25 % dem Kläger auferlegt worden und zu 75 % dem Beklagten. Der Kläger meldet 1500 Euro an, der Beklagte 1860 Euro. a) Beide Forderungen sind unstreitig. b) Die Forderung des Klägers ist i.H.v. 300 Euro streitig; die des Beklagten ist insgesamt unstreitig. c) Die Forderung des Klägers ist unstreitig, die des Beklagten ist i.H.v. 360 Euro streitig.
1 VG Potsdam, Beschl. v. 31.7.2009 – 11 KE 21/09, AGS 2010, 366; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.11.1963 – 10 W 204/63, NJW 1964, 1233; AnwK-RVG/N. Schneider, Nr. 3403 VV RVG Rn. 23.
640
N. Schneider
Kostenfestsetzungsverfahren d) Die Forderung des Klägers ist i.H.v. 300 Euro streitig; die des Beklagten ist i.H.v. 360 Euro streitig. Der Gegenstandswert bemisst sich immer nach dem Interesse des Erstattungsberechtigten, also nach der Forderung, die sich nach seiner Auffassung ergibt: Im Fall a) beläuft sich der Gegenstandswert auf 1500 Euro – (1500 Euro + 1860 Euro) × 25 % = 840 Euro, da dieser Betrag nach dem Antrag des Klägers zu seinen Gunsten festzusetzen wäre. Im Fall b) ist unerheblich, dass die Forderung des Klägers streitig ist. Der Gegenstandswert beläuft sich wiederum auf 1500 Euro – (1500 Euro + 1860 Euro) × 25 % = 840 Euro, da dieser Betrag nach dem Antrag des Klägers zu seinen Gunsten festzusetzen wäre. Im Fall c) beläuft sich der Gegenstandswert auf 1500 Euro – (1500 Euro + 1500 Euro) × 25 % = 750 Euro. Blieben die streitigen 360 Euro aufseiten des Beklagten unberücksichtigt, wären jetzt 750 Euro zugunsten des Klägers festzusetzen. Im Fall d) beläuft sich der Gegenstandswert wiederum auf 750 Euro, da dieser Betrag nach dem Vortrag des Klägers festzusetzen wäre.
III. Erinnerungsverfahren Der Gegenstandswert richtet sich im Erinnerungsverfahren nach § 23 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 RVG. Maßgebend ist der mit der Erinnerung per Saldo geltend gemachte Betrag.
3421
Zu beachten ist, dass mehrere Erinnerungen, die sich gegen denselben Festsetzungsbeschluss richten, eine Angelegenheit sind (§ 16 Nr. 10 Buchst. a RVG).1 Daher sind die einzelnen Werte nach § 22 Abs. 1 RVG zu addieren.
3422
Das gilt sowohl bei mehreren Erinnerungen derselben Partei (§ 22 Abs. 1 RVG) als auch bei wechselseitigen Erinnerungen (entsprechend § 45 Abs. 1 GKG).
3423
Ausreichend dürfte es grundsätzlich sein, wenn das Gericht den Gesamtwert festsetzt. Eine gesonderte Wertfestsetzung der nach § 16 Nr. 10 Buchst. a RVG zusammengefassten Erinnerungen ist allerdings dann erforderlich, wenn Gebühren aus Teilwerten anfallen.
3424
Û
Beispiel: Der Kläger legt gegen die Absetzung der Reisekosten Erinnerung ein, der Beklagte gegen die Absetzung seiner Verkehrsanwaltskosten. Der Kläger tritt der Erinnerung des Beklagten entgegen, während sich der Beklagte an der Erinnerung des Klägers nicht beteiligt. Für den Kläger gilt der Gesamtwert (§§ 16 Nr. 10 Buchst. a, 23 Abs. 2 Satz 1, 22 Abs. 1 RVG); für den Beklagten gilt dagegen nur der Wert seiner Erinnerung.
IV. Beschwerdeverfahren Im Beschwerdeverfahren gelten die gleichen Grundsätze wie im Erinnerungsverfahren (§ 23 Abs. 2 Satz 1 RVG).
3425
V. Rechtsbeschwerde Auch im Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die gleichen Grundsätze wie im Erinnerungsverfahren (§ 23 Abs. 2 Satz 1 RVG).
3426
Legt eine Partei Erinnerung und die andere Beschwerde ein, dann wird die Erinnerung als Anschlussbeschwerde behandelt.2 Die Werte sind nach § 16 Nr. 10 Buchst. b RVG zu addieren.
3427
1 AnwK-RVG/N. Schneider, § 16 Rn. 132 ff. 2 Ausführlich AnwK-RVG/N. Schneider, § 16 Rn. 132 ff.
N. Schneider
641
Kostenfestsetzungsverfahren
ZPO
C. Wert des Beschwerdegegenstands I. Erreichen des Beschwerdewertes als Zulässigkeitsvoraussetzung 3428
Die Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss oder die Ablehnung der Kostenfestsetzung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 200 Euro überschreitet (§ 104 Abs. 3 i.V.m. § 567 Abs. 2 ZPO). Die Möglichkeit einer wertunabhängigen Zulassung besteht hier nicht.
3429
Die Rechtsbeschwerde ist dagegen wertunabhängig zulässig. Eine Mindestbeschwer ist nicht erforderlich.1 Die Rechtsbeschwerde muss allerdings zugelassen sein (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
II. Wertberechnung 3430
Der Wert des Beschwerdegegenstands berechnet sich, da es um den Rechtsmittelstreitwert geht, nach den §§ 3 ff. ZPO.
3431
Maßgebend ist der Betrag, der nach Ansicht des Beschwerdeführers oder der Beschwerdeführer zu Unrecht zugebilligt oder aberkannt worden ist und der weiterverfolgt wird. Die Beschwer ist also nicht (mehr) entscheidend. Es kommt auf den tatsächlichen Umfang der Anfechtung an.
3432
So ist eine Beschwerde unzulässig, wenn der Beschwerdeführer durch die Kostenfestsetzung zwar mit über 200 Euro beschwert ist, aber nur wegen einer Position im Wert von bis zu 200 Euro Beschwerde einlegt.
3433
Es sind zu vergleichen die festgesetzten Kosten mit den darüber hinaus durch die Beschwerde geltend gemachten oder mit ihr bestrittenen Positionen, je nachdem welche Partei die Festsetzung beanstandet. Der Differenzbetrag ist gleich dem Wert des Beschwerdegegenstands.
3434
Mehrere Positionen sind zu addieren (§ 5 ZPO), wobei unerheblich ist, ob es sich um eigene abgesetzte Positionen handelt oder um Positionen, die zugunsten der Gegenseite festgesetzt worden sind oder um beides.
3435
Zu beachten ist, dass es im Falle einer Kostenquote nur auf die entsprechende Quote ankommt.
Û
3436
Beispiel: Die Kosten sind zu 40 % dem Kläger auferlegt worden und zu 60 % dem Beklagten. Das Gericht hat Reisekosten des Klägers i.H.v. 300 Euro als nicht erstattungsfähig angesehen. Für den Kläger, der sich gegen die Absetzung seiner Reisekosten wehren will, ergibt sich ein Wert des Beschwerdegegenstands i.H.v. 60 % × 300 Euro, also i.H.v. 180 Euro. Eine Beschwerde wäre unzulässig. Möglich ist nur die Erinnerung.
Zu beachten ist auch eine Reduzierung infolge einer Kostenausgleichung.
Û
Beispiel: Die Kosten sind zu 30 % dem Kläger auferlegt worden und zu 70 % dem Beklagten (Streitwert 20 000 Euro). Das Gericht hat auf beiden Seiten eine 1,0-Einigungsgebühr (jeweils 349 Euro) abgesetzt. Wenn der Kläger die Absetzung der Einigungsgebühr angreift, ergibt sich vermeintlich ein Wert des Beschwerdegegenstands i.H.v. 70 % × 349,00 Euro, also i.H.v. 244,30 Euro, so dass die Beschwerde zulässig erscheint. Zu beachten ist aber, dass das Gericht einheitlich entscheiden muss. Auch aufseiten des Beklagten müsste dann die Einigungsgebühr berücksichtigt werden, so dass 30 % aus 349,00 Euro = 104,70 Euro abzuziehen sind, die im
1 BGH, Beschl. v. 28.10.2004 – III ZB 41/04, AGS 2005, 26 mit Anm. N. Schneider = MDR 2005, 237 = FamRZ 2005, 196.
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N. Schneider
Kostenwiderspruch Wege der Kostenausgleichung den festzusetzenden Betrag wieder verringern. Der Wert des Beschwerdegegenstands beträgt daher im Ergebnis nur (244,30 Euro – 104,70 Euro =) 139,60 Euro. Die Beschwerde ist unzulässig.
Reduziert sich nach Teilabhilfe der Wert des Beschwerdegegenstands auf 200 Euro oder darunter, wird die Beschwerde unzulässig. Der Beschwerdewert muss zum Zeitpunkt des Eingangs beim Beschwerdegericht noch gegeben sein.
3437
Soweit der Wert des Beschwerdegegenstands nicht erreicht ist, bleibt allerdings die befristete Erinnerung (§ 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG).
3438
Zum Wert des Beschwerdegegenstands bei übersehenem Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung s. das Stichwort „Haftungsbeschränkung“.
3439
D. Bindung an die Streitwertfestsetzung im Ausgangsverfahren Der Streitwertfestsetzungsbeschluss, der im Ausgangsverfahren für die Kostenrechnung ergeht, wirkt für und gegen die am Kostenfestsetzungsverfahren Beteiligten.1
3440
Ergeht nach der Kostenfestsetzung eine abweichende Streitwertfestsetzung für das Ausgangsverfahren, so ist auf Antrag die Kostenfestsetzung abzuändern (§ 107 Abs. 1 ZPO). Der Antrag muss innerhalb einer Frist von einem Monat gestellt werden (§ 107 Abs. 2 ZPO). Hiernach kommt nur eine einfache Nachfestsetzung in Betracht bzw. materiell-rechtliche Ausgleichsansprüche, in der Regel nach Bereicherungsrecht – oder sofern noch nicht gezahlt – die Vollstreckungsabwehrklage.
3441
Wird bereits während des Kostenfestsetzungsverfahrens die Streitwertfestsetzung oder -abänderung beantragt oder Streitwertbeschwerde erhoben, so ist das Festsetzungsverfahren gem. § 148 ZPO bis zur Entscheidung über den Festsetzungs- oder Abänderungsantrag oder die Beschwerde oder ggf. sogar über die weitere Beschwerde auszusetzen.2 Der analogen Anwendung des § 11 Abs. 4 RVG bedarf es nicht, da sich das Recht und die ermessensgebundene Pflicht des Gerichts zur Aussetzung bereits unmittelbar aus der ZPO ergibt.
3442
Kostenwiderspruch Literatur: N. Schneider, AGS 2008, 373.
In Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, insbesondere solchen in Wettbewerbssachen, kann ein Widerspruch auf den Kostenpunkt beschränkt werden (sog. Kostenwiderspruch).3
3443
Diese Beschränkung des Widerspruchs muss sich aus der Formulierung des Antrags hinreichend deutlich ergeben. Legt der Antragsgegner „Widerspruch“ gegen eine einstweilige Verfügung ein und kündigt er an, im Termin den Anspruch unter Protest gegen die Kostenlast anerkennen zu wollen, dann handelt es sich nicht
3444
1 OLG Hamm, Beschl. v. 13.12.1955 – 8 W 219/55, Rpfleger 1956, 77; Zöller/Herget, § 104 Rn. 21 Stichwort „Terminsgebühr“; von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert/Mathias, Rn. B 79 ff. 2 BGH, Beschl. v. 20.3.2014 – IX ZB 288/11, MDR 2014, 566 = AGS 2014, 246; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.6.2010 – 6 W 21-23/10, AGS 2010, 568. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.10.1981 – 6 W 60/81, WRP 1982, 226; KG, Beschl. v. 25.5.1982 – 1 W 1971/82, JurBüro 1982, 853.
N. Schneider/Noethen
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ZPO
Kostenwiderspruch um einen Kostenwiderspruch, sondern um einen Widerspruch in der Hauptsache1 mit der Folge, dass auch der Wert der Hauptsache entscheidend ist. 3445
Dem Ansatz des vollen Gebührenstreitwerts kann der Widerspruchsführer daher nur entgehen, wenn er den Widerspruch bereits im Antrag auf die Kosten beschränkt oder zumindest in der Widerspruchsbegründung eine Klarstellung seines uneingeschränkten Antrags bringt.
Û
Beispiel: „In dem einstweiligen Verfügungsverfahren … lege ich namens und im Auftrag des Antragsgegners gegen den Beschluss vom … insoweit Widerspruch ein, als die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner auferlegt wurden. Es wird beantragt, die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller aufzuerlegen.“
3446
Eine solche Beschränkung des Widerspruchs hat auch Auswirkungen auf den Streitwert. Dieser bemisst sich für das Widerspruchsverfahren dann nur noch aus dem Wert der bisher angefallenen Kosten. Entsprechend fällt die anwaltliche 1,2-Terminsgebühr der nachfolgenden mündlichen Verhandlung (Nr. 3104 VV RVG) und die erstattungsfähige 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) für den Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners nur aus dem Streitwert der Kosten an.2
3447
Ob darüber hinaus noch eine verminderte 0,8-Verfahrensgebühr aus dem Hauptsachestreitwert entsteht, hängt vom Inhalt des anwaltlichen Auftrags ab: – War der Mandant von Anfang an entschlossen, die einstweilige Verfügung zu akzeptieren und wollte sich nur gegen die Kostenentscheidung wehren, dann kann für den Anwalt mangels eines entsprechenden Auftrags keine Verfahrensgebühr aus dem Hauptsachewert entstanden sein.3 – Hatte der Prozessbevollmächtigte dagegen zunächst einen umfassenden Verfahrensauftrag und kommt er bei der Prüfung der Erfolgsaussichten zu dem Ergebnis, dass nur gegen die Kostenentscheidung Widerspruch eingelegt werden sollte, erhält er darüber hinaus eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 VV RVG aus dem Wert der einstweiligen Verfügung.4 Denn in diesem Fall bezieht sich der Auftrag zunächst auch auf das Verfahren in der Hauptsache. Die Summe der 1,3-Verfahrensgebühr aus dem Kostenwert und der 0,8-Verfahrensgebühr aus der Hauptsache darf dabei gem. § 15 Abs. 3 RVG eine 1,3-Verfahrensgebühr aus dem Hauptsachewert nicht überschreiten. Beachte: Die angefallene Verfahrensgebühr muss der Gegner mangels Notwendigkeit (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht erstatten, sondern der Auftraggeber selber entrichten.5
1 KG, Beschl. v. 25.5.1982 – 1 W 1971/82, JurBüro 1982, 853; Zöller/Herget, § 93 Rn. 6 unter „Kostenwiderspruch“ m.w.N. 2 BGH, Beschl. v. 15.8.2013 – I ZB 68/12, MDR 2013, 1253; OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.5.1990 – 6 W 83/90, JurBüro 1990, 1332; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.3.1985 – 10 W 30/85, JurBüro 1985, 1501; KG, Beschl. v. 19.3.1985 – 1 W 4870/84, MDR 1985, 770; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.10.2007 – 6 W 58/07, MDR 2007, 1455. 3 BGH, Beschl. v. 22.5.2003 – I ZB 38/02, MDR 2003, 955; OLG Hamburg, Beschl. v. 7.7.2008 – 8 W 118/08, AGS 2008, 413; OLG Köln, Beschl. v. 15.7.1998 – 17 W 135/98, JurBüro 1999, 244; OLG Celle, Beschl. v. 8.6.1988 – 8 W 237/88, JurBüro 1988, 1499; OLG Koblenz, Beschl. v. 12.3.1986 – 14 W 178/86, Rpfleger 1986, 407; OLG München, Beschl. v. 3.9.2001 – 29 W 2377/01, ZUM-RD 2002, 244; OLG Hamburg, Beschl. v. 8.8.1984 – 8 W 163/84, JurBüro 1985, 283; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.3.1985 – 10 W 30/85, JurBüro 1985, 1501; OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.5.1990 – 6 W 60/81, JurBüro 1990, 1332. 4 OLG München, Beschl. v. 31.8.2005 – 11 W 1883/05, AGS 2005, 496; KG, Beschl. v. 25.5.1982 – 1 W 1971/82, JurBüro 1982, 853; Zöller/Herget, § 93 Rn. 6 Stichwort „Kostenwiderspruch“ m.w.N.; missverständlich BGH, Beschl. v. 15.8.2013 – I ZB 68/12, MDR 2013, 1253, der bloß die Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr verneint. 5 BGH, Beschl. v: 15.8.2013 – I ZB 68/12, MDR 2013, 1253.
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Noethen
Kraftfahrzeugbrief Bei der Ermittlung des Kostenstreitwerts bleibt die Gerichtskostenfreiheit einer Partei außer Betracht.1
3448
Legt der Beklagte gegen ein Versäumnisurteil Einspruch ein und will er damit nur eine Abänderung des Kostentenors erreichen (sog. Kosteneinspruch), dann bestimmt sich der Streitwert für das Verfahren über den Einspruch nur nach denjenigen Kosten, mit denen sich der Beklagte zu Unrecht belastet fühlt, höchstens allerdings nach dem Wert der Hauptsache (§ 43 Abs. 3 GKG).
3449
Gleiches gilt nach Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid oder Wider- 3450 spruch gegen einen Mahnbescheid.
Kraftfahrzeug Der Streitwert einer Klage auf Herausgabe eines Kraftfahrzeugs bestimmt sich gem. § 6 ZPO nach dem Wert des Fahrzeugs, und zwar nach dessen Verkehrswert im Zeitpunkt der Instanzeinleitung (§ 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO). Der gleiche Wert gilt auch für die Gerichts- und Anwaltsgebühren (§§ 40, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG).
3451
Der Streitwert einer Klage auf Abnahme eines Kraftfahrzeugs, ohne dass der Kaufpreis geltend gemacht wird, richtet sich nach § 3 ZPO. Anzusetzen ist ein Bruchteil des Kaufpreises.2
3451a
Kraftfahrzeugbrief A. Zuständigkeitsstreitwert Der Zuständigkeitsstreitwert einer Klage auf Herausgabe eines Kfz-Briefes bestimmt sich weder nach dem Sachwert des Briefes noch nach dem vollen Wert des Fahrzeugs, sondern nach dem Interesse des Klägers an der Verfügungsgewalt über das Dokument.3 Dieses Interesse ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Es ist auf jeden Fall höher zu bewerten als die Kosten der Beschaffung eines neuen Briefes4 oder die Kosten der Kraftloserklärung.5
3452
Geht es lediglich um die Herausgabe des Briefes und ist das Fahrzeug durch den fehlenden Brief nicht in seiner Nutzung beeinträchtigt, so ist nach OLG Düsseldorf6 lediglich ein Bruchteil i.H.v. 1/10 des Verkehrswertes anzunehmen.
3453
Verweigert der Besitzer des Briefes die Herausgabe unter Berufung auf sein Eigentum am Fahrzeug, so ist ein höherer Wert als 1/10 anzusetzen. Sofern keine Gefähr-
3454
1 OLG Hamburg, Beschl. v. 14.8.1992 – 8 W 177/92, MDR 1993, 183. 2 AG Osnabrück, Urt. v. 30.10.2000 – 6 C 219/00, JurBüro 2001, 144. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.5.1999 – 11 W 23/99, MDR 1999, 891; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 7.8.1990 – 5 W 145/90, JurBüro 1990, 1661; OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.5.1969 – 6 W 33/68, MDR 1969, 1020; OLG Köln, Beschl. v. 21.11.1961 – 4 W 89/61, JurBüro 1962, 168; LG Bochum, Beschl. v. 6.7.1983 – 11 T 44/83, AnwBl. 1984, 202; LG Augsburg, Beschl. v. 3.11.2000 – 10 T 4495/00, JurBüro 2001, 143. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.5.1999 – 11 W 23/99, MDR 1999, 891. 5 OLG Neustadt, Beschl. v. 11.4.1963 – 2 W 27/63, JurBüro 1963, 764. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.5.1999 – 11 W 23/99, MDR 1999, 891.
Noethen/N. Schneider
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ZPO
Kraftfahrzeugbrief dung der Vermögensinteressen vorliegt, ist nach OLG Düsseldorf1 in diesem Fall ein Wert i.H.v. 1/3 des Verkehrswertes maßgebend. 3455
Dagegen nehmen OLG Köln,2 OLG Nürnberg3 und LG Augsburg4 grundsätzlich einen Betrag in Höhe des hälftigen Fahrzeugwertes an.5
3456
Die Bewertung im Ergebnis offen gelassen hat das LG Bochum,6 das den Streitwert mindestens mit 1/10 des Fahrzeugwertes, höchstens jedoch mit der Hälfte bewerten will.
3457
Als Bewertungsgrundlage für den Bruchteil ist der Verkehrswert zugrunde zu legen. Bei Neufahrzeugen kommt es also auf den Listenpreis an;7 bei gebrauchten Fahrzeugen ist auf den Zeitwert abzustellen.8 Dieser Wert kann ggf. anhand der Schwacke-Liste ermittelt werden.9
3458
Denkbar ist auch, dass der Wert des Briefes höher zu bewerten ist, als der Wert des Fahrzeugs, etwa dann, wenn das Fahrzeug faktisch keinen Wert mehr hat, der Brief aber für den Eigentümer von besonderer Bedeutung ist.
3459
Einstweilen frei.
B. Gebührenstreitwert I. Klageverfahren 3460
Es gelten über § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG die gleichen Grundsätze wie für den Zuständigkeitsstreitwert. Das gilt auch für die Anwaltsgebühren (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG)
II. Beschwerdeverfahren 3461
Hier gelten über § 47 Abs. 1 GKG i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG wiederum die gleichen Grundsätze wie für die Beschwer. Dies gilt auch für die Anwaltsgebühren (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG).
III. Klage- und Widerklage (Herausgabe des Fahrzeugs/Herausgabe des Briefes) 3462
Wird auf Herausgabe des Briefes geklagt und widerklagend auf Herausgabe des Fahrzeugs oder umgekehrt, so findet nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG keine Wertaddition statt, da beiden Klagen derselbe Streitgegenstand i.S.d. Vorschrift zugrunde liegt. Maßgebend ist der höhere Wert. Dies ist i.d.R. der Wert der Forderung auf
1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.5.1999 – 19 W 3/93, NZG 1999, 941; Beschl. v. 14.3.2011 – 24 W 20/11, AGS 2012, 190 m. Anm. N. Schneider. 2 OLG Köln, Beschl. v. 21.11.1961 – 4 W 89/61, JurBüro 1962, 168. 3 OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.5.1969 – 2 U 146/68, MDR 1969, 1020. 4 LG Augsburg, Beschl. v. 3.11.2000 – 10 T 4495/00, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 172 mit Anm. N. Schneider; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.5.1999 – 11 W 23/99, MDR 1999, 891 = JurBüro 2001, 143 mit Anm. Hock. 5 Ebenso AG Stuttgart, Beschl. v. 2.4.11.1966 – 16 C 9396/66, AnwBl. 1967, 454. 6 LG Bochum, Beschl. v. 6.7.1983 – 11 T 44/83, AnwBl. 1984, 202. 7 OLG Köln, Beschl. v. 21.11.1961 – 4 W 89/61, JurBüro 1962, 168. 8 LG Augsburg, Beschl. v. 3.11.2000 – 10 T 4495/00 = JurBüro 2001, 143. 9 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 7.8.1990 – 5 W 145/90, JurBüro 1990, 1661.
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N. Schneider
Kraftfahrzeugschlssel Herausgabe des Fahrzeugs.1 Fälle, in denen der Brief einen höheren Wert hat als das Fahrzeug, sind zwar denkbar, aber in der Praxis eher selten. Unzutreffend ist es im Fall von Klage und Widerklage, für den Klageantrag auf Herausgabe des Briefes keinen Streitwert festzusetzen.2 Dieser Antrag hat durchaus einen eigenen Wert, der z.B. dann zum Tragen kommt, wenn danach gesonderte Gebühren anfallen (§ 36 Abs. 1 GKG). Dies gilt insbesondere für die Anwaltsgebühren, die ggf. nur aus dem Wert der Klage oder der Widerklage entstehen können.
3463
IV. Einstweilige Verfügung Wird die Herausgabe des Briefes im Wege der einstweiligen Verfügung verlangt, um das Fahrzeug veräußern zu können, richtet sich der Wert nach § 53 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Das OLG Saarbrücken3 nimmt den hälftigen Wert des Fahrzeugs an.
3464
C. Beschwer des verurteilten Besitzers Hinsichtlich der Beschwer des zur Herausgabe verurteilten Besitzers ist anders zu bewerten. Hier kommt es nach OLG Nürnberg4 nur auf den Wert des Briefes (hier 20 DM) an; höherwertige Pfand- oder Zurückbehaltungsrechte bleiben gem. § 6 Satz 2 ZPO außer Betracht.
3464a
Kraftfahrzeugschlssel Nach OLG Düsseldorf5 orientiert sich der Streitwert für die Herausgabe von Fahrzeugschlüsseln am Wert der Schlüssel (nicht des Fahrzeugs), allerdings unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Fahrzeug bei deren Vorenthaltung nicht genutzt werden kann. Zur Wertermittlung kann auf die fiktiven Kosten der Beschaffung von Zweitschlüsseln oder der Erneuerung der Schließanlage6 abgestellt werden.
3465
Nach anderer Auffassung bestimmt sich der Streitwert einer Klage auf Herausgabe der Schlüssel eines Kraftwagens gem. § 6 ZPO nach einem Bruchteil des Wertes des Wagens. Maßgebend ist, wie sehr der Verlangende auf den Schlüssel angewiesen ist. Kann das Fahrzeug ohne Schlüssel nicht benutzt werden, ist von einem hohen Bruchteil, ggf. dem vollen Wert auszugehen. Ist das Interesse gering (Not-, Zweit- oder Drittschlüssel), kann von einem geringen Bruchteil ausgegangen werden.
3466
1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 1.12.1960 – 6 W 559/69, JurBüro 1961, 87; a.A. Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, Kraftfahrzeug 1.2., die sich allerdings zu Unrecht auf OLG Frankfurt, Beschl. v. 1.12.1960 – 6 W 559/69, JurBüro 1961, 87 und KG, Beschl. v. 16.4.1958 – 15 W 564/58, Rpfleger 1962, 154 berufen. 2 So aber OLG Frankfurt, Beschl. v. 1.12.1960 – 6 W 559/69, JurBüro 1961, 87. 3 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 7.8.1990 – 5 W 145/90, JurBüro 1990, 1661. 4 OLG Nürnberg, Beschl. v. 29.4.1968 – 6 W 33/68, MDR 1969, 1020. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.12.1992 – 11 W 123/92, OLGR 1993, 79. 6 So LAG Schleswig in einem vergleichbaren arbeitsrechtlichen Fall, AE 2007, 275 = JurBüro 2007, 238 und 258.
N. Schneider
647
Kraftloserklrung
ZPO
3467
Wird die Herausgabe der Schlüssel im Wege der einstweiligen Verfügung verlangt, um das Fahrzeug veräußern zu können, richtet sich der Wert nach § 53 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Wegen der Dringlichkeit kann ein höherer Wert anzusetzen sein. Das OLG Saarbrücken1 nimmt hier den hälftigen Wert des Fahrzeugs an.
Kraftloserklrung 3468
Im Verfahren zwecks Kraftloserklärung eines Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenbriefs bemisst sich der Streitwert nach dem Interesse des Antragstellers daran, dass für den verloren gegangenen Hypothekenbrief Ersatz beschafft wird.
3469
Der Wert ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Interesse der Ersatzbeschaffung und nicht gem. § 6 ZPO nach dem Betrag der Forderung zu bewerten.2 Maßgeblich sind im Regelfall 10–20 % des Nennwertes des Rechts, soweit nicht der Grundstückswert geringer ist.3 Siehe dazu auch das Stichwort „Aufgebotsverfahren“.
Krankenhaustagegeld A. Überblick 3469a
Krankenhaustagegeld wird aufgrund eines Versicherungsvertrags (i.d.R. einer Unfallversicherung) gezahlt. Der Versicherer leistet dann für jeden Tag einer unfallbedingten medizinisch notwendigen vollstationären Behandlung oder eines Krankenhausaufenthaltes einen nach dem Versicherungsvertrag vereinbarten Geldbetrag. Der mögliche Leistungsbezug ist i.d.R. auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt.
3469b
Streitgegenstand kann hier zum einen das Bestehen bzw. Fortbestehen des Versicherungsverhältnisses sein, zum anderen aber auch der Bezug von Versicherungsleistungen. In beiden Fällen ist insbesondere § 9 ZPO zu beachten.
3469c
Der Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert sowie der Streitwert für die Gerichtsgebühren und der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren sind gleichermaßen zu bewerten, da für die Gerichtsgebühren nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG auf die Vorschriften der ZPO verwiesen wird und für die Anwaltsgebühren wiederum auf die für die Gerichtsgebühren (§ 23 Abs. 1 RVG).
B. Klage auf Leistung 3469d
Wird die Zahlung fälliger Krankenhaustagegelder verlangt, ist der Betrag der verlangten Beträge maßgebend.
1 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 7.8.1990 – 5 W 145/90, JurBüro 1990, 1661; ebenso OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.5.1969 – 6 W 33/68, MDR 1969, 1020. 2 LG Hildesheim, Urt. v. 25.2.1964 – 5 T 98/64, NJW 1964, 1232. 3 LG Berlin, Beschl. v. 27.5.1988 – 82 T 176/88, Rpfleger 1988, 549.
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Krankenhaustagegeld Wird zukünftige Leistung verlangt, so ist maßgebend, für welchen Zeitraum Zahlung verlangt wird.
3469e
Wird Zahlung auf unbestimmte Zeit verlangt, ist die Dauer des voraussichtlichen Bezugs zu schätzen. Der Ansatz von dreieinhalb Jahren nach § 9 ZPO wird hier nicht in Betracht kommen,1 da ein Krankenhausaufenthalt für eine solche Zeitdauer grundsätzlich nicht zu erwarten ist. Die regelmäßige Bezugsdauer von Krankentagegeld liegt deutlich unter dreieinhalb Jahren, mag ein solcher Zeitraum in Einzelfällen auch nicht ausgeschlossen sein. Zudem ist der Bezug nach den Versicherungsbedingungen häufig zeitlich begrenzt und davon auszugehen, dass der Versicherte zukünftige Leistung nur im Rahmen des versicherten Zeitraums verlangt. Auszugehen sein dürfte daher in der Regel von einem Sechsmonatsbezug.2
3469f
Wird neben fälligen Beträgen auch zukünftige Leistung verlangt, so sind die Werte 3469g beider Anträge zu addieren.
C. Feststellung der Leistung Wird Feststellung der Verpflichtung zu zukünftigen Tagesgeldleistungen verlangt, bemisst sich der Streitwert nach den vorstehenden Ausführungen. Es ist vom Leistungsbezug auszugehen und ein Feststellungsabschlag von 20 % vorzunehmen.3 Dass eine solche Klage wegen des Vorrangs der Leistungsklage wohl unzulässig sein dürfte,4 ist insoweit unerheblich.5
3469h
Nach OLG Brandenburg6 soll der volle Wert ohne Feststellungsabschlag anzusetzen sein. Hierfür spricht, dass ein Versicherer in aller Regel auf ein Feststellungsurteil hin zahlt und es einer Leistungsklage in der Regel nicht bedarf. Siehe dazu auch das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2419.
D. Einstweilige Verfügung auf Leistung Der Streitwert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Zahlung von laufendem Krankentagegeld bemisst sich nach dem um ein Drittel verminderten Hauptsachewert.7
3469i
E. Feststellung des Fortbestands des Versicherungsverhältnisses Der Streitwert eines auf Feststellung gerichteten Antrags, der ausschließlich das Fortbestehen eines Krankentagegeldversicherungsvertrags zum Gegenstand hat, nicht aber auch eine zukünftige Leistungspflicht des Versicherers, ist gem. § 9 ZPO mit dem Dreieinhalbfachen der Jahresprämie zu bewerten, abzgl. eines Feststellungsabschlags i.H.v. 20 %.8
1 So aber OLG Brandenburg, Urt. v. 22.4.2014 – 11 U 234/12, RuS 2014, 513; OLG Köln, Beschl. v. 22.8.2007 – 5 W 38/07, MDR 2008, 25 = OLGR 2008, 99. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.3.2006 – 12 W 18/06, OLGR 2006, 406 = AGS 2006, 453. 3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.3.2006 – 12 W 18/06, OLGR 2006, 406 = AGS 2006, 453. 4 Siehe dazu OLG Brandenburg, Urt. v 22.4.2014 – 11 U 234/12, RuS 2014, 513. 5 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.3.2006 – 12 W 18/06, OLGR 2006, 406 = AGS 2006, 453. 6 OLG Brandenburg, Urt. v. 22.4.2014 – 11 U 234/12, RuS 2014, 513. 7 OLG Hamm, Beschl. v. 1.4.2011 – 20 W 6/11, VersR 2011, 1329. 8 BGH, Beschl. v. 3.5.2000 – IV ZR 258/99, MDR 2000, 850; OLG Nürnberg, Beschl. v. 10.2.2015 – 8 W 189/15, AGS 2015, 228.
N. Schneider
649
3469j
Kreditgebhren
ZPO
3469k
Behauptet der Versicherungsnehmer, ihm stünden nicht eingeklagte Tagegeldansprüche zu, so erhöht sich der Streitwert des Feststellungsantrags um 50 % der vermeintlichen Tagegeldansprüche.1
Kreditgebhren 3470
Kreditgebühren, die im Rahmen eines Teilzahlungskredits vereinbart werden, werden als Zinsen und damit als Nebenforderungen angesehen.2
3471
Umstritten ist, ob die Zusammenfassung des Darlehens und der Kreditgebühren in einem Betrag daran etwas ändert oder ob auch in diesem Fall die Kreditgebühren als Nebenforderung bei der Streitwertbemessung außer Ansatz zu bleiben haben. Das OLG Bamberg3 lässt auch dann die Kreditgebühren unberücksichtigt, während das OLG München4 die Zinsen dem Streitwert hinzurechnet.
3472
Das OLG München geht davon aus, eine Zinsforderung verliere die Eigenschaft als Nebenforderung und werde zum Bestandteil des Hauptanspruchs, wenn der Zins aufgrund einer besonderen Vereinbarung dem Kapital zugeschlagen werde. Das aber geschehe durch Kreditverträge, in denen Kapital und Kreditgebühren zu einem „Gesamtkreditbetrag“ zusammengefasst würden. Leitend für den Senat war bei dieser Rechtsauffassung die Überlegung, dass die gegenüber dem Hauptanspruch in der Regel nicht ins Gewicht fallenden Zinsen im Interesse einer möglichst einfachen und raschen Streitwertermittlung außer Ansatz bleiben sollen. Dieser Zweck werde nicht erreicht, sondern in sein Gegenteil verkehrt, wenn der Gesamtkreditbetrag zur Streitwertermittlung auseinandergerechnet werden müsse. „Gerade die Frage, wie sich die Restschuld aus einem Finanzierungsdarlehen zusammensetzt und welcher Zinsanteil in ihr steckt, ist oft überaus streitig und nicht ohne Weiteres zu beantworten.“5
3473
Dieser Auffassung ist zuzustimmen, da kraft Vereinbarung eine neue einheitliche Hauptforderung geschaffen wird und nur dies auch dem Praktikabilitätsgebot im Streitwertrecht entspricht. In der Grundtendenz gleich lauten dürfte die Entscheidung des BGH,6 die bei einem Befreiungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer wegen einer rechtskräftigen Verurteilung des Versicherungsnehmers die im Vorurteil mitzuerkannten Kosten und Zinsen ebenfalls dem Streitwert zugeschlagen hat.
Knftiger Schaden 3474
Für den Wert einer Klage auf Ersatz künftigen Schadens, der nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen ist, ist auf die Höhe des drohenden Schadens abzustellen, jedoch unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit des Schadenseintritts oder der Inanspruchnahme des Gegners.7
1 2 3 4 5 6 7
BGH, Beschl. v. 3.5.2000 – IV ZR 258/99, MDR 2000, 850. OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.12.1975 – 16 U 91/75, MDR 1976, 663. OLG Bamberg, Beschl. v. 18.11.1975 – 2 W 69/75, JurBüro 1976, 343. OLG München, Beschl. v. 10.11.1975 – 2 W 1976/75, JurBüro 1976, 237. OLG München, Beschl. v. 10.11.1975 – 2 W 1976/75, JurBüro 1976, 237. BGH, Warneyer 1976 Nr. 14. BGH, Beschl. v. 28.11.1990 – VIII ZB 27/90, MDR 1991, 526.
650
N. Schneider/Noethen
Landvermessung Bei einem bezifferten Antrag ist kein Abschlag gegenüber sonstigen Leistungsklagen vorzunehmen, nur weil die Leistung nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt wird. Entscheidend ist in diesen Fällen – ebenso wie bei einer auf unmittelbare Leistung gerichteten Klage – der Nennbetrag der Forderung ohne Zinsen und Kosten.
3475
Bei der Bewertung eines Feststellungsantrags hinsichtlich eines zukünftigen Schadens bemisst sich das konkrete wirtschaftliche Interesse der Partei nicht allein nach der Höhe des drohenden Schadens, sondern auch danach, wie hoch oder wie gering das Risiko eines Schadenseintritts und einer tatsächlichen Inanspruchnahme ist.1 Dabei ist nach dem Grundsatz des § 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG von den Erkenntnismöglichkeiten auszugehen, wie sie zurzeit der Klageerhebung bereits vorhanden waren.
3476
Bestand bereits bei Klageerhebung die Möglichkeit, zu einer bestimmten, für die Beurteilung des Streitwerts wichtigen Erkenntnis zu gelangen, wurde sie nur nicht genutzt und wird dies nachträglich erkannt, so können diese Erkenntnisquellen nachträglich für die Streitwertfestsetzung nutzbar gemacht werden.2
3477
Aufgrund nachträglich entstandener Erkenntnismöglichkeiten kann eine Änderung des Streitwerts nicht begehrt werden. Das zu Beginn des Rechtsstreits ermittelte Feststellungsinteresse bleibt für die ganze Prozessdauer maßgebend,3 sofern sich der Streitwert nicht erhöht (§ 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG). Erkenntnisse des Gerichts nach der letzten mündlichen Verhandlung müssen außer Betracht bleiben,4 was dem Rechtsgedanken des § 296a ZPO entspricht.
3478
Zur Bewertung der Prozesslage, in der ein Leistungsantrag über §§ 255, 259, 510b ZPO, § 61 Abs. 2 Satz 1 ArbGG verbunden wird mit dem Antrag auf Entschädigung für den Fall der Nichterfüllung innerhalb einer bestimmten Frist, vgl. das Stichwort „Herausgabe“.
3479
Lagerkosten Bei ihnen handelt es sich nicht um Nebenkostenforderungen i.S.d. § 43 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO, so dass sie dem Hauptanspruch zuzurechnen sind.5 Siehe auch das Stichwort „Standgeld“, Rn. 5007.
3480
Landvermessung Hat sich der Beklagte notariell verpflichtet, auf jederzeit statthaftes Verlangen des Klägers ein noch zu vermessendes Teilstück eines Grundstücks herauszugeben und begehrt der Kläger zunächst nur Verurteilung des Beklagten zur Landvermessung, so ist der Streitwert nach § 3 ZPO zu schätzen.
1 BGH, Beschl. v. 28.11.1990 – VIII ZB 27/90, MDR 1991, 526; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.11.1974, JurBüro 1975, 232. 2 Lappe, ZAP Fach 24, S. 251 V 2. 3 OLG Schleswig, Rpfleger 1962, 425. 4 OLG Schleswig, Rpfleger 1962, 425; s. aber auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.4.2010 – 2 W 10/10, GRUR-RR 2010, 406 zu einem Sonderfall (bewusst falsche Angaben der Parteien). 5 KG, JVBl. 1933, 250.
Noethen/N. Schneider
651
3481
Leasingvertrag Fehlten für eine Schätzung nach § 3 ZPO jegliche oder hinreichende Anhaltspunkte, so hat die frühere Rechtsprechung sich an dem Regelwert für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten (§ 48 Abs. 2 GKG a.F.) orientiert.1 Einen solchen Regelwert kennt das GKG jedoch nicht mehr, so dass nach freiem Eremssen geschätzt werden muss. Das OLG Braunschweig2 hat insoweit den Auffangwert für verwaltungsgerichtliche Verfahren (damals § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F.) angewandt. Dieser Auffangwert beläuft sich derzeit auf 5000 Euro.
3483
Für die Beschwer eines Beklagten, der zur Zustimmung zur amtlichen Landvermessung verurteilt wurde, ist wiederum auf die Höhe der ihm voraussichtlich entstehenden Kosten abzustellen.
ZPO
3482
Leasingvertrag 3484
Der Leasingvertrag ist im BGB nicht geregelt. Es handelt sich dabei um die mietähnliche Ausgestaltung der Gebrauchsüberlassung einer Sache, die jedoch der Zielsetzung nach auf eine kaufrechtliche Regelung hinausläuft. Der „Kaufpreis“ des Abzahlungsgeschäfts entspricht den Leasingraten. Wie bei der Miete geht kein Eigentum über, kann aber nach Ablauf der Leasingzeit erworben werden. Es gelten folgende Bewertungsregeln:
3485
Bei einem als Mietvertrag zu wertenden Leasingvertrag richtet sich der Streitwert nach § 41 Abs. 1 GKG und nicht nach § 3 ZPO, wenn der Bestand des Mietvertrages in Frage steht.3
3486
Leitet der Leasinggeber seinen Anspruch auf den Besitz der Mietsache zugleich aus einem zuvor mit dem Leasingnehmer geschlossenen und nunmehr rückabzuwickelnden Kaufvertrag ab, dann erhöht sich der Streitwert im Falle des Streites auch um den Bestand des Kaufvertrages entsprechend dem Wert der Sache, § 6 ZPO.4
3487
Klagt der Leasinggeber auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Rücktrittserklärung des Leasingnehmers vom Kaufvertrag und einer Kündigung des Mietvertrages, dann ist ein Abschlag von 20 % des sich nach §§ 48 Abs. 1, 42 Abs. 1 GKG, 6 ZPO ergebenden vollen Wertes vorzunehmen.5 Abzustellen ist bei der Streitwertermittlung auf die Verhältnisse des Leasinggebers, so dass Mehrwertsteuer unberücksichtigt bleibt, wenn dieser vorsteuerabzugsberechtigt ist.6
3487a
Verlangt dagegen der Leasingnehmer von einem Dritten die Herausgabe des Leasinggegenstandes, beispielsweise der Arbeitgeber die Rückgabe des geleasten Firmenfahrzeugs, bestimmt sich der Streitwert gem. § 6 ZPO nach dessen Verkehrswert und nicht nach der Höhe der noch offenen oder bereits geleisteten Leasingsraten.7
1 OLG Köln, Beschl. v. 7.4.1971 – 2 U 111/70, JurBüro 1971, 719. 2 OLG Braunschweig, Beschl. v. 18.12.1976 – 2 U 70/76, JurBüro 1988, 403 = NdsRpfl 1977, 126. 3 BGH, Beschl. v. 14.12.1988 – VIII ZR 222/88; OLG Celle, Beschl. v. 17.3.1993 – 2 U 131/91, MDR 1993, 1020: fristlose Kündigung; OLG Frankfurt, MDR 1978, 145: Anmietung einer Computeranlage. 4 OLG Frankfurt, JurBüro 1977, 1748 = MDR 1978, 145. 5 BGH, Beschl. v. 30.4.1991 – IV ZR 243/90, NJW-RR 1991, 1149. 6 BGH, Beschl. v. 30.4.1991 – IV ZR 243/90, NJW-RR 1991, 1149. 7 LAG Koblenz, Beschl. v. 16.10.2008 – 1 Ta 190/08, JurBüro 2009, 140.
652
N. Schneider/Kurpat
Lebensversicherung Klagt der Leasingnehmer wegen Mängeln des Leasinggegenstandes auf Rückzahlung bereits geleisteter Leasingraten und der Leasinggeber widerklagend auf Zahlung rückständiger Leasingraten, dann betreffen Klage und Widerklage nicht denselben Gegenstand und es sind die Einzelwerte zusammenzurechnen.1
3487b
Lebensversicherung A. Überblick Bei Streitigkeiten aus einer Lebensversicherung oder über eine Lebensversicherung ergeben sich keine Unterschiede zwischen Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert. Der Streitwert richtet sich letztlich nach den §§ 3 ff. ZPO, insbesondere nach § 9 ZPO.
3488
Da das GKG keine gesonderten Wertvorschriften enthält, gilt dieser Wert gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG auch für die Gerichtsgebühren.
3489
Dieser Wert ist gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG auch für die Anwaltsgebühren maßgebend. Das gilt auch für die außergerichtliche Tätigkeit (§ 23 Abs. 1 Satz 3 RVG).
3490
B. Prämienzahlung Die Zahlung einer Lebensversicherungsprämie wird grundsätzlich vom Versicherer nicht gerichtlich geltend gemacht, so dass hierzu auch keine Rechtsprechung vorliegt. Da es sich bei den Versicherungsbeiträgen um wiederkehrende Leistungen handelt, wäre hier der geforderte Betrag maßgebend, höchstens der Betrag der nächsten 3 1/2 Jahre (§ 9 ZPO), wobei fällige Beträge hinzuzurechnen wären.
3491
C. Beitragsfreistellung Der Streitwert einer Klage auf Feststellung von künftig sukzessive fällig werdenden Versicherungsbeiträgen bemisst sich nach dem 3 1/2-fachen Jahresbetrag.2
3492
D. Freistellung von Prämienzahlung Soweit Freistellung von einer Prämienzahlung gefordert wird, ist entsprechend einer Zahlungsklage zu bewerten.3 Solche Ansprüche werden sich in der Regel in Familiensachen ergeben, wenn sich im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung oder des Versorgungsausgleichs ein Ehegatte verpflichtet, Lebensversicherungsprämien für den anderen Ehegatten zu übernehmen. Siehe dazu auch das Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“.
1 BGH, Beschl. v. 11.3.2014 – VIII ZR 261/12, MDR 2014, 564. 2 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.12.2007 – 5 W 296/07, OLGR 2008, 246. 3 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.12.2007 – 5 W 296/07, OLGR 2008, 246.
Kurpat/N. Schneider
653
3493
ZPO
Lebensversicherung
E. Feststellung des Bestands des Versicherungsverhältnisses 3494
Wird auf Feststellung geklagt, dass ein Versicherungsvertrag besteht oder fortbesteht, so sind bei einer Risikolebensversicherung regelmäßig 20 % der Versicherungssumme anzusetzen.1
3495
Handelt es sich dagegen um eine Lebensversicherung, die auch im Erlebensfall ausgezahlt wird, ist der Wert der Versicherungsleistung maßgebend, abzgl. eines Feststellungsabschlags i.H.v. 20 %.2
3496
Das OLG Oldenburg hat den Wert einer Klage auf „Feststellung der Unwirksamkeit des Rücktritts des Versicherers“ von einer Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall nicht nach einem festen Prozentsatz des Leistungswerts bemessen, sondern gem. § 3 ZPO nach dem Interesse des Versicherten, das nach den Gegebenheiten des Einzelfalls auf einen sehr geringen Bruchteil der Versicherungssumme oder des nach § 9 ZPO zu bemessenden Werts der Leistungsklage zu veranschlagen sei (hier: 1/2).3 Dabei übersieht das OLG Oldenburg, dass eine Feststellungsklage auf „Unwirksamkeit des Rücktritts des Versicherers“ unzulässig ist, da der Rücktritt kein Rechtsverhältnis ist. Tatsächlich handelte es sich um eine positive Feststellungsklage auf Fortbestand des Versicherungsverhältnisses.
3497
Bei einer Klage auf Feststellung des beitragsfreien Fortbestands einer fondsgebundenen Lebensversicherung kann der Streitwert bei fehlenden Angaben zur Höhe des Deckungskapitals im Erlebensfalle auf die vereinbarte Mindesttodesfallsumme zzgl. eines Aufschlages von 20 % geschätzt werden. Da es sich um eine Feststellungsklage handelt, ist dieser Betrag sodann um 20 % zu kürzen.4
F. Versicherungsleistung 3498
Wird aus einer Lebensversicherung auf Auszahlung der Versicherungsleistung geklagt, so ist der Zahlbetrag gem. § 3 ZPO maßgebend.
3499
Sofern sich aus der Lebensversicherung wiederkehrende Leistungen ergeben, etwa bei einer Renten-Lebensversicherung, gilt der Wert der nächsten 3 1/2 Jahre, soweit die Laufzeit nicht geringer ist.
G. Feststellung der Versicherungsleistung 3500
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung einer in 46 Jahren zu erbringenden Ablaufleistung aus der Lebensversicherung bemisst sich nach dem gegenwärtigen wirtschaftlichen Interesse, das durch bankübliche Abzinsung des in der Zukunft erwarteten Betrages zu ermitteln ist.5
1 OLG Hamm, Beschl. v. 13.2.2001 – 20 W 29/99, AGS 2002, 177; BGH, Urt. v. 13.12.2000 – IV ZR 279/99, NJW-RR 2001, 316; Beschl. v. 23.7.1997 – IV ZR 38/97, NJW-RR 1997, 1562; Beschl. v. 1.12.2004 – IV ZR 150/04, NJW-RR 2005, 259. 2 BGH, Beschl. v. 23.7.1997 – IV ZR 38/97, NJW-RR 1997, 1562. 3 OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.4.1994 – 2 W 39/94, OLGR 1994, 236. 4 KG, Beschl. v. 11.12.1998 – 6 W 8735/98, NVersZ 1999, 165. 5 OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 20.10.2000 – 7 U 20/00, OLGR 2001, 59.
654
N. Schneider
Leibrente
H. Herausgabe der Versicherungspolice Wird die Herausgabe einer Lebensversicherungspolice verlangt, ist im Rahmen der gebührenstreitwertrechtlich gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise auf den Zweck der Klage abzustellen. Der Wert ist nicht nach § 6 ZPO, sondern nach § 3 ZPO zu bestimmen, und zwar nach dem Interesse der Klägerin an der Innehabung der Legitimations- und Beweismöglichkeit, die das Papier gibt. Nach Ansicht des LAG Baden-Württemberg ist der Streitwert mit je 1/3 der Versicherungssumme zu bemessen.1
3501
Der Streitwert einer auf Herausgabe von Lebensversicherungspolicen gerichteten Klage bemisst sich dagegen nach dem vollen Rückkaufswert der Lebensversicherungen, wenn die materielle Berechtigung des Klägers nicht im Streit steht und ohne Weiteres davon auszugehen ist, dass der Kläger nach Vorlage der Versicherungsscheine eine Auszahlung der Versicherungssumme erreichen kann.2
3502
Besteht Streit über den Besitz an einem Versicherungsschein für eine Lebensversicherung ist für die Berechnung des Streitwerts einer Klage auf Herausgabe der Urkunde § 6 ZPO nur dann anzuwenden, wenn der Besitz der Urkunde unmittelbar den Wert eines Rechts verkörpert, wie es z.B. bei Inhaberpapieren der Fall ist. Handelt es sich bei der herauszugebenden Urkunde aber um ein qualifiziertes Legitimationspapier, ist für die Wertfestsetzung auf § 3 ZPO abzustellen.3
3503
Leibrente Für die Vertragsparteien bestehen die Vorteile der Leibrente (§§ 759 ff. BGB) darin, dass der Gläubiger für seine Lebensdauer einen Zahlungsanspruch erhält, während der Schuldner seine Leistung nur ratenweise erbringen muss. Überwiegend wird eine Leibrente vereinbart bei der Übergabe von Grundstückskaufverträgen und Vermögensübertragungen, um dem Übertragenden für die Dauer seines Lebens gleichmäßige Geldbezüge zu sichern.
3504
Leibrentenansprüche aufgrund eines Vertrages, der die Unterhaltspflicht endgültig 3505 in gleichbleibender Höhe und ohne Rücksicht auf das Fortbestehen des Unterhaltsbedürfnisses festlegt, sind nach § 9 ZPO zu bewerten.4 Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die unterschiedliche Behandlung von Ansprüchen auf Kapitalleistung und solche auf Rente, bestehen hinsichtlich des Zugangs zu den Rechtsmittelinstanzen nicht.5 Maßgeblich ist daher gem. § 48 Abs. 1 GKG bzw. § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG, § 9 ZPO der 3 1/2-fache Jahresbetrag, nicht aber in analoger Anwendung des § 42 Abs. 1 GKG der einfache Jahresbetrag der Zahlungsverpflichtung.6 Vgl. auch die Ausführungen unter dem Stichwort „Altenteil“ Laufende Leibrentenzahlungen zugunsten eines hochbetagten Bezugsberechtigten bewertet der BGH7 grundsätzlich nach der Vorschrift des § 9 ZPO. 1 2 3 4 5
LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 18.10.2001 – 3 Ta 103/01, VersR 2002, 913. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 19.1.2005 – 4 UR 85/05, OLGR 2006, 465. BGH, Beschl. v. 10.10.2001 – IV ZR 120/01, AGS 2002, 230. RG, JW 1937, 1433 Nr. 39; BGH, EzFamR ZPO § 9 Nr. 5. BGH, EzFamR ZPO § 9 Nr. 5; BGH, Beschl. v. 20.12.1994 – IV ZR 259/93, NJW-RR 1995, 443 = MDR 1995, 421; BGH, Urt. v. 8.1.1997 – XII ZR 307/95, NJW 1997, 1016 = MDR 1997, 504. 6 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.11.2005 – 20 WF 135/05, JurBüro 2006, 145 = FamRZ 2006, 1217 = AGS 2007, 200; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Unterhalt“. 7 BGH, BGHZ 7, 335.
N. Schneider/Monschau
655
3506
Leistung an die Erbengemeinschaft Ist der Leibrentenberechtigte bei Erhebung einer Feststellungsklage in der Berufungsinstanz bereits 84 Jahre und bei Erlass des Berufungsurteils 85 Jahre alt, muss der nach der Regel des § 9 Alt. 1 ZPO auf den 12 1/2-fachen Jahreswert zu bemessende Wert der Feststellungsklage im Hinblick auf das hohe Alter des Berechtigten jedenfalls um ein Drittel herabgesetzt werden.1
3508
Tritt eine 98-jährige Frau von einem Grundstückskaufvertrag zurück, den sie 16 Jahre zuvor (mit einer fixen monatlichen Leibrente und einem lebenslänglichen alleinigen Nutzungsrecht) abgeschlossen hat, so bemisst sich der Grundstückswert nach der statistischen Lebenserwartung einer 82-jährigen Frau im Zeitpunkt der Vereinbarung, erhöht um den Steigerungsfaktor für Grundstücke bis zum Bewertungszeitpunkt (hier: Rücktritt vom Vertrag). Unrichtig wäre es, von der tatsächlichen Lebensdauer der jetzt 98-Jährigen ausgehend auf den Wert des Grundbesitzes zurückzurechnen.2
ZPO
3507
3509–3510
Einstweilen frei.
Leistung an die Erbengemeinschaft A. Klagen gegen Dritte 3511
Der Streitwert einer Klage gegen einen Dritten auf Leistung an die Erbengemeinschaft bemisst sich mit dem vollen Wert. Ein Abschlag, weil der klagende Miterbe „nur“ mit einer Quote am Nachlass beteiligt ist, ist unzulässig.
3512
Klagt ein Miterbe aufgrund des § 2039 BGB gegen einen Nachlassschuldner auf Leistung an die noch ungeteilte Erbengemeinschaft, dann ist die volle Leistung im Streit und gem. § 6 ZPO zu bewerten.3
3513
Das Interesse des auf Leistung an die Erbengemeinschaft Klagenden zielt auf den vollen Wert. Denn nur wenn der volle Betrag an die Erbengemeinschaft fließt, erhält er daraus auch seinen Anteil. Er hat also ein Interesse daran, dass die Miterben an der Leistung partizipieren und ihren „Anteil“ erhalten, weil nur dann auch sein „Anteil“ gesichert ist.
B. Klagen gegen Miterben I. Zahlungsklagen 3514
Bei der Zahlungsklage eines Miterben gegen die anderen Miterben auf Zahlung einer Geldsumme an die lediglich aus den Parteien bestehende Erbengemeinschaft ist eine wirtschaftliche Betrachtung geboten, so dass der auf den Anteil des beklagten Miterben entfallende Geldbetrag streitwertmäßig grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist.4 1 BGH, Beschl. v. 11.3.1993 – III ZR 75/92, BGHR ZPO § 9 Leibrente 1. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 18.5.1999 – 5 W 318/99, NJW-RR 2000, 163 = AGS 2000, 30. 3 RGZ 149, 193; OLG Düsseldorf, MDR 1962, 912; OLG Bremen, Rpfleger 1957, 274; OLG Saarbrücken, SRZ 1954, 30; beiläufig OLG Schleswig, JurBüro 1994, 26 = SchlHA 1993, 155. 4 BGH, Beschl. v. 24.4.1975 – III ZR 7/73, MDR 1975, 741 = WM 1975, 599; Beschl. v. 7.11.1966 – III ZR 48/66, NJW 1967, 443 = MDR 1967, 202; so auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.2.1992 – 10 W 3/92, Rpfleger 1992, 254 = JurBüro 1992, 418; OLG Köln, JurBüro 1969, 344; OLGR 1995, 246.
656
Monschau
Leistung an die Erbengemeinschaft Ist der beklagte Nachlassschuldner zugleich Miterbe, dann ist zu beachten, dass ihm ein seinem Erbteil entsprechender Anteil an der geforderten Leistung zukommen und verbleiben kann. Dieser Anteil müsse als außer Streit befindlich angesehen und daher von dem an sich maßgebenden Wert der gesamten Leistung abgesetzt werden.1
3515
Dasselbe soll gelten, wenn der klagende Miterbe auf Leistung an sich allein klagt, weil er von den übrigen Miterben zur Einziehung der Forderung oder des Anspruches ermächtigt worden ist.2
3516
Diese Betrachtungsweise darf jedoch nicht schematisiert und unreflektiert übernommen werden, weil dem beklagten Miterben vor der Auseinandersetzung gar kein fester Anteil an der Forderung zusteht und im Übrigen gar nicht feststeht, ob der Beklagte an der beigetriebenen Forderung partizipiert.
3517
Û
Beispiel: Der Kläger (zu 1/4 erbberechtigt) klagt gegen den Beklagten (ebenfalls zu 1/4 erbberechtigt) auf Zahlung eines Betrages i.H.v. 100 000 Euro an die Erbengemeinschaft. Nach Zahlung der Forderung ergibt sich ein Nachlassbestand von 0 Euro. In diesem Fall muss der Streitwert bei den vollen 100 000 Euro verbleiben. Es wäre nicht sachgerecht, den Streitwert in diesem Fall auf lediglich 75 000 Euro zu reduzieren. Wäre die Forderung gegen den Beklagten unbegründet gewesen und der Nachlass damit überschuldet, hätte er das Erbe ausschlagen, zumindest die Dürftigkeitseinrede erheben können, so dass er durch den Eingang der 100 000 Euro bei der Erbengemeinschaft überhaupt keinen Nutzen hat. Daher darf in einem solchen Fall nichts abgezogen werden.
Es ist somit immer zu fragen, welcher Vorteil auf den Beklagten wieder zurückfällt oder besser aus Sicht des Klägers ausgedrückt, welcher Anteil ihm wieder verloren geht und daher für ihn wirtschaftlich kein Interesse hat.
3518
Der Nachteil dieser Berechnung liegt sicherlich darin, dass die Frage der Streitwertbemessung zusätzlich mit der Ermittlung der Erbquote belastet wird, die zum Zeitpunkt der Klage noch gar nicht feststehen muss.
3519
Steht der Erbteil des Miterben nicht fest, so muss dieser geschätzt werden. Dabei dürfte es ausschließlich auf die Sicht des Klägers ankommen.
3520
Behauptet der Kläger, der in Anspruch genommene Miterbe sei erbunwürdig, dürfte ein Abzug nicht gerechtfertigt sein, da aus Sicht des Klägers dem Beklagten kein Vorteil zukommen kann. Ggf. ist auch hier nach § 3 ZPO zu schätzen.
3521
II. Klage auf Löschungsbewilligung Der Streitwert der Klage des Eigentümers gegen einen Miterben auf Erteilung der Löschungsbewilligung ist nach einhelliger Auffassung wiederum nach dem Betrag der ganzen Forderung, nicht nur nach dem Erbanteil des beklagten Miterben zu bemessen.3
3522
Auch bei der Klage gegen einen Miterben auf Löschung einer Hypothek bestimmt sich der Streitwert nach dem eingetragenen Betrag ohne Rücksicht darauf, dass der Miterbe nur zu einem Teil berechtigt ist.4
3523
Soweit jedoch nur die Zustimmung anderer Miterben notwendig (oder freiwillig erteilt) ist, ist dies streitwertermäßigend zu berücksichtigen. Denn dann kann die
3524
1 2 3 4
RG, JW 1937, 228 Nr. 11; RGZ 156, 264. Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Erbrechtliche Ansprüche“. KG, NJW 1956, 472. OLG Naumburg, JW 1936, 2169; OLG Zweibrücken, Rpfleger 1967, 2.
Monschau
657
Leistung an die Erbengemeinschaft
ZPO
Klage lediglich gegen einen Miterben nicht den vom Kläger bezweckten rechtlichen Erfolg herbeiführen. So bemisst sich der Streitwert einer Klage auf Zustimmung zur Löschung einer zugunsten einer Erbengemeinschaft eingetragenen Sicherungshypothek nicht nach dem vollen Betrag der Hypothek, sondern nach dem hälftigen Anteil des löschungsunwilligen Miterben1.
III. Klage auf Grundbuchberichtigung 3525
Den Streitwert einer Klage, mit der ein Erbe gegen einen Miterben einen zum Nachlass gehörenden Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs dahin geltend macht, dass an Stelle des Miterben die Erben in Erbengemeinschaft als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen werden, ist gem. § 6 ZPO nach dem Wert des Grundstücks, abzgl. des dem Erbteil des Beklagten entsprechenden Anteils zu bemessen.2
IV. Klage auf Zustimmung zur Einrichtung eines Erbengemeinschaftskontos 3525a
Der Streitwert der Klage eines Mehrheitserben gegen einen Miterben auf Zustimmung zur Umwandlung eines Sparkassenkontos in ein Konto der Erbengemeinschaft mit alleiniger Verfügungsbefugnis des Mehrheitserben (§ 2038 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. § 745 Abs. 2 BGB), bemisst sich nicht nach den vom beklagten Miterben angegebenen Wertvorstellungen seiner Nachlassbeteiligung oder den auf diesem Konto eingegangenen und zukünftig eingehenden Beträgen, sondern nach dem mit der Zustimmung erstrebten Erfolg3. Dabei geht es nur darum, im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung die banktechnische Abwicklung der laufenden Geschäfte der Erbengemeinschaft zu ermöglichen. Daraus ergibt sich keine Grundlage, den Wert des Beschwerdegegenstandes nach freiem Ermessen gem. § 3 ZPO auf einen Wert oberhalb der bisherigen Festsetzung von 2500 Euro oder gar der Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu schätzen.4 Da die angestrebte Maßnahme des Miterben, eine solche zur Sicherung der Handlungsfähigkeit der Erbengemeinschaft im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung darstellt, ändern sich die vermögensrechtlichen Ansprüche der Erben nicht. Daher stellt der Wert des Nachlasses eigentlich kein geeignetes Kriterium zur Streitwertbemessung dar. Andererseits können die Umsätze, die mit dem Konto getätigt werden sollen, einen Anknüpfungspunkt bei der nach § 3 ZPO gebotenen Schätzung bilden.5
V. Klage auf Zustimmung zur Grundstücksveräußerung 3525b
Verlangt ein zu 1/2 am Grundbesitz beteiligter Miterbe von einem lediglich zu 1/24 Beteiligten die Zustimmung zur Grundstücksveräußerung, bestimmt die Erbquote des Anspruchsstellers den Streitwert.6 1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.2.1981 – 16 W 38/80, JurBüro 1981, 757. 2 RGZ 156, 263; BGH, Beschl. v. 13.6.1958 – V ZR 268/56, LM Nr. 5 zu § 6 ZPO = MDR 1958, 676. 3 BGH, Beschl. v. 10.7.2013 – IV ZR 7/13, AGS 2013, 524 = ErbR 2014, 20 m. Anm. N. Schneider. 4 BGH, Beschl. v. 10.7.2013 – IV ZR 7/13, AGS 2013, 524 = ErbR 2014, 20 m. Anm. N. Schneider. 5 Vertiefend N. Schneider, ErbR 2014, 20. 6 OLG Koblenz, Urt. v. 22.7.2010 – 5 U 505/10, FamRZ 2011, 402.
658
Monschau
Leistungsklage
Leistungsklage Für die Bewertung der Leistungsklage ist zunächst danach zu unterscheiden, ob sie auf Zahlung oder eine anderweitige Leistung, wie z.B. Herausgabe, Auskunft oder Abgabe einer Willenserklärung, gerichtet ist. Die nicht auf Geldleistung gerichteten Klageantäge werden unter dem einschlägigen Stichwort jeweils gesondert kommentiert.
3526
Bei der auf Zahlung lautenden Klage ist, vom Ausnahmefall der unbezifferten Leistungsklage abgesehen (vgl. hierzu das Stichwort „Unbezifferte Anträge“), für die Wertberechnung grundsätzlich der bezifferte Leistungsantrag maßgebend.1 Geldbeträge in ausländischer Währung sind in inländische Währung umzurechnen.2 Macht der Kläger sein Zahlungsverlangen nicht als Einmalzahlung, sondern den Zahlungsbetrag als Ratenzahlung geltend, bleibt der Gesamtbetrag wertbestimmend. § 9 ZPO ist insoweit nicht einschlägig.3 Bei der Verpflichtung zur wiederkehrenden Leistung (z.B. Versicherungsprämien) ist eine Klage auf Zahlung der laufenden Beiträge nach § 9 Satz 1 ZPO zu bemessen, wenn das Stammrecht erfahrungsgemäß dreieinhalb Jahre dauern kann. Anderenfalls ist nach § 3 ZPO unter Berücksichtigung der geringeren Dauer zu bewerten.4 Der Klagebetrag bleibt auch dann maßgeblich, wenn die Klageforderung (auch schon) vorprozessual unstreitig war. Denn das Erkenntnisverfahren ist auf eine Entscheidung über den Bestand des gesamten Anspruchs gerichtet.5 Der fehlende Streit über den Bestand einer Forderung hat nur auf den für die gerichtliche Vergleichsgebühr (Nr. 1900 KV GKG) und die anwaltliche Einigungsgebühr (Nr. 1300 VV RVG) relevanten Streitwert Einfluss (s. weitergehend unter dem Stichwort „Vergleich“, Rn. 5491 ff.).
3527
Der Nennwert der Forderung bestimmt auch den Streitwert einer Klage auf zukünftig fällig werdende Geldansprüche,6 solange der Streit sich nicht auf die Fälligkeit der Forderung beschränkt (s. hierzu das Stichwort „Fälligkeit“). Für die Wertbestimmung ebenfalls bedeutungslos ist, ob der Klagebetrag dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers entspricht.7 Da sich die Rechtskraft der Entscheidung (§ 322 ZPO) auf den Streitgegenstand beschränkt und präjudizielle Rechtsverhältnisse nicht erfasst,8 rechtfertigt der Umstand, dass zwischen den Parteien Streit auch in gleichartigen weiteren Sachverhalten besteht bzw. über den mit der (Teil)Klage geltend gemachten Anspruch hinaus weiter gehende Ansprüche aus demselben Sachverhalt in Betracht kommen, keine Werterhöhung.9
1 2 3 4 5 6
7 8 9
OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.7.2007 – 3 W 38/07, OLGR 2008, 172. Vgl. ausführlich das Stichwort „Ausländische Währung“. OLG Köln, Beschl. v. 14.5.1999 – 11 W 3/99, OLGR 1999, 404. OLG Hamm, Beschl. v. 17.8.2012 – 20 W 29/12, MDR 2013, 342 – Krankenkostenvollversicherungsvertrag. OLG Oldenburg, FamRZ 1979, 64; OLG Bamberg, JurBüro 1979, 1681 und 874. BGH, BGHR ZPO § 2; RGZ 118, 323; offen gelassen: BGH, Beschl. v. 2.8.1994 – IV ZR 270/93, WuM 1995, 2060; a.A. KG, JurBüro 1989, 1599: Abzinsungsbetrag; Hirte, MDR 1978, 170; Voormann, MDR 1987, 722. Vgl. Schumann, NJW 1982, 1258; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Bezifferter Leistungsantrag“ Rn. 3. Vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.7.2007 – 3 W 38/07, OLGR 2008, 172. Schumann, NJW 1982, 1227 (1258).
Kurpat
659
3528
ZPO
Leistungsklage Schließlich wird die Bewertung nicht dadurch beeinflusst, dass die Verwirklichung des geltend gemachten Anspruchs unsicher ist, etwa weil der Erfolg einer Vollstreckung offen ist.1 3529
Wird ein Rechtsstreit, der einen Anspruch auf Zahlung zum Gegenstand hat, infolge der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Beklagten unterbrochen, dann bestimmt sich der Streitwert für den Zeitraum nach Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem Betrag, der bei einer Verteilung der Insolvenzmasse für die Klageforderung zu erwarten ist.2
3530
Spricht das Gericht dem Kläger unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO mehr zu, als er beantragt hat, berechnet sich der Gebührenstreitwert dennoch nach dem Klageantrag.3 Allein die Beschwer erhöht sich, soweit der Kläger nicht erklärt, aus dem Urteil keine über den Klageantrag hinausgehenden Rechte herleiten zu wollen (s. im Einzelnen unter dem Stichwort „Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO“).
3531
Zinsen und Kosten bleiben gem. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG unberücksichtigt, auch wenn Kapital und Zinsen in einem einheitlichen Betrag geltend gemacht werden. Das ist immer dann der Fall, wenn sie neben der Hauptforderung für einen Zeitraum beansprucht werden, in dem auch die Hauptforderung bestand oder besteht. Dabei ist unerheblich, ob sie durch einen festen Betrag oder nur einen Prozentsatz bezeichnet werden4 – s. auch unter dem Stichwort „Nebenforderungen“.
3532
Bei der Leistungsklage eines Miterben auf Leistung an die Erbengemeinschaft bestimmt sich der Streitwert nach dem Anteil, mit dem der klagende Miterbe am Nachlass beteiligt ist.5 Dies gilt auch, wenn ein Erbe von den Miterben die Rückgewähr zuvor aufgeteilter Vermögensgegenstände zum Nachlass verlangt. Hier ist für den Streitwert und die Beschwer nicht der Vollwert des Gegenstandes maßgebend, sondern der Wert nur mit der jeweiligen Erbquote des klagenden Miterben anzusetzen6 – s. auch unter dem Stichwort „Miterbe“.
3533
Werden bei einer von Anfang an erhobenen Leistungsklage auf Rentenzahlung solche Rückstände, die während des Prozesses (s. § 42 Abs. 1 GKG) entstehen, aus dem Rentenanspruch herausgenommen und selbständig kapitalisiert geltend gemacht, so sind diese bei der Streitwertfestsetzung nicht zu berücksichtigen.7
3534
Wird auf Feststellung des gesamten Rechtsverhältnisses und zugleich auf Leistung eines Teils geklagt, so sind die Werte beider Ansprüche nach überwiegender Auffassung nicht zusammenzurechnen, da dies zu einer unzulässigen MehrfachBewertung des Streitgegenstandes führen würde. Der höchste Wert ist maßgebend.8 Richtigerweise ist danach zu differenzieren, ob die Feststellungsklage den weitergehenden Leistungsanspruch (z.B. Ersatz des weiteren Schadens) oder das diesem zugrunde liegende Rechtsverhältnis (z.B. Mietvertrag bei Mietzinsklage) betrifft. In diesen Fällen ist zu addieren, wobei im letztgenannten Fall der Fest-
1 RGZ 25, 367; LAG Hamm, Beschl. v. 8.8.1991 – 8 Ta 252/91, MDR 1991, 1203; Anders/ Gehle/Kunze, Stichwort „Bezifferter Leistungsantrag“ Rn. 3. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 25.6.2009 – 5 W 414/09, JurBüro 2010, 201. 3 BGH, MDR 1974, 36; Schneider, MDR 1971, 437. 4 BGH, Beschl. v. 18.1.1995 – XII ZB 204/94, NJW-RR 1995, 706; OLG Köln, Beschl. v. 14.5.1999 – 11 W 3/99, OLGR 1999, 404. 5 BGH, Urt. v. 24.4.1975 – III ZR 7/73, MDR 1975, 741; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.2.1992 – 10 W 3/92, JurBüro 1992, 418. 6 OLG Frankfurt, Urt. v. 3.12.1993 – 2 U 80/93, OLGR 1994, 67. 7 OLG Düsseldorf, MDR 1957, 686. 8 BGH, JurBüro 1969, 833; OLG München, Beschl. v. 20.3.1984 – 24 W 48/84, JurBüro 1984, 1235; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagenhäufung“ Rn. 14; Schumann, NJW 1982, 1257 (1258).
660
Kurpat
Leistungsmodalitten stellungsantrag wegen wirtschaftlicher Identität jedoch zuvor um den in ihm enthaltenen Leistungsantrag zu bereinigen ist.1 Siehe im Einzelnen unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“, Rn. 3667. Wird auf Feststellung der Verpflichtung zur Rentenzahlung geklagt und macht der Kläger gleichzeitig bereits fällig gewordene Beträge zusätzlich durch einen Leistungsantrag geltend, dann erhöht sich der Streitwert des Feststellungsantrages um den Streitwert der Rückstände, § 42 Abs. 5 Satz 1 GKG.2 Für die Beurteilung, ob bereits ein Rückstand besteht, ist auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung (Anhängigkeit) abzustellen.3
3535
Leistungsmodalitten Klagt eine Vertragspartei gegen die andere auf Erfüllung des Vertrages, ist für die Bewertung des klägerischen Interesses gem. § 6 ZPO grundsätzlich der Wert der geforderten Leistung ohne Abzug der Gegenleistung maßgebend.4
3536
Wird nur um Modalitäten wie Art, Ort oder Zeit der Erfüllung gestritten, dann ist 3537 das Interesse des Klägers an der beanspruchten Erfüllungsweise maßgebend.5 Wird neben der Hauptleistung über Vollzugsregelungen gestritten, rechtfertigt das keine Werterhöhung.6 Dazu rechnet auch der Streit über die Verschiebung des Fälligkeitszeitpunktes, hier ist das Interesse des Klägers an der Feststellung eines früheren (Gläubiger) oder späteren (Schuldner) Zeitpunkts wertbestimmend,7 s. näher das Stichwort „Fälligkeit“. Zu beachten ist aber in diesen Fällen, dass sich die Beschränkung des Streites auf bloße Modalitäten aus dem Klagevorbringen ergeben muss. Einwendungen allein des Beklagten rechtfertigen keine Streitwertverringerung.8
3538
Der Streitwert einer (als Hauptforderung eingeklagten) Zinsforderung mit ungewissem Erfüllungszeitpunkt ist gem. § 3 ZPO frei zu schätzen.9
3539
Bei Streit über den Ort der Einsichtnahme in Handelsbücher geht es wirtschaftlich nur um die Frage, ob der Kläger höhere Kosten – Fahrt- und Transportkosten,
3540
1 Vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 29.3.2010 – 5 W 16/10. 2 BGHZ 2, 74; Rpfleger 1953, 575; OLG Bamberg, Rpfleger 1953, 47. 3 OLG Brandenburg, JurBüro 2001, 94; OLG Hamburg, Beschl. v. 3.3.2003 – 12 WF 18/03, FamRZ 2003, 1198; OLG Köln, Beschl. v. 5.3.2001 – 14 WF 24/01, FamRZ 2001, 1386 – Vollstreckungsabwehrklage. 4 OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.7.2007 – 3 W 38/07, OLGR 2008, 172; OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 5 W 550/93, MDR 1984, 738; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Vertragserfüllung“. 5 BGH, Urt. v. 25.6.1981 – III ZR 96/80, MDR 1982, 36; RG, JW 1927, 2129; RGZ 118, 324; OLG Rostock, OLGE 35, 26; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Vertragserfüllung“. 6 LAG Frankfurt, Beschl. v. 2.8.2013 – 1 Ta 125/13. 7 BGH, WPM 1995, 2060 – Beschwer; Beschl. v. 21.4.1961 – V ZR 58/60, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 13; OLG Bamberg, Beschl. v. 26.5.1982 – 3 W 33/82, JurBüro 1982, 1245; OLG Schleswig, Beschl. v. 13.1.1983 – 8 WF 156/82, SchlHA 1983, 142. 8 OLG Stuttgart, OLGE 2, 430 zu d). 9 BGH, JurBüro 1981, 1490 = NJW 1981, 2360; unzutr. LG Osnabrück, Beschl. v. 17.4.1957 – 8 T 78/57, JurBüro 1957/354 – auf § 9 ZPO abstellend, da insoweit nur bei Zinsen als wiederkehrende Leistung für Vermögensanlagen einschlägig.
Kurpat
661
Lieferung
ZPO
Dienstleistungsvergütungen usw. – aufzuwenden hat.1 Diese Kosten sind zu schätzen. Für die Leistung Zug-um-Zug s. das Stichwort „Gegenleistung“.
Lieferung 3541
Der Streitwert der Klage auf Erfüllung einer vertraglichen Lieferpflicht bemisst sich gem. § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG nach dem Wert der zu liefernden Sache (vgl. hierzu das Stichwort „Wert einer Sache“).2 Eine vertraglich geschuldete Gegenleistung bleibt bei der Wertbestimmung ebenso außer Ansatz wie Gegenrechte und Einreden. In gleicher Weise ist zu bewerten, wenn von einem Energieversorger die (Wieder)Aufnahme der Versorgung verlangt wird. Die Bemessung richtet sich hier nach dem Wert der Versorgungsleistung. Im einstweiligen Verfügungsverfahren kann auf das üblicherweise anfallende Halbjahresentgelt abgestellt werden3 (vgl. hierzu das Stichwort „Energie- und Wasserversorgung“).
3541a
Hat die geschuldete Vertragsleistung neben der Lieferung weitere Leistungen zum Gegenstand, wie beispielsweise die Montage einer Maschine oder die Einweisung in eine bereits montierte Anlage, und sind diese nur teilweise erbracht worden, dann kann der Streitwert nicht höher sein als der Wert der Kaufsache bzw. Werkleistung im Zeitpunkt der Klageerhebung abzgl. des Wertes des etwa bereits Gelieferten (Gesamtpreis abzgl. Wert der Maschinenteile und der Teilmontage).
3542
Der Umstand, dass der Beklagte es zur Vollstreckung des gegen ihn ergangenen Urteils kommen lässt und durch die Ersatzvornahme gem. § 887 ZPO unverhältnismäßig hohe Kosten entstehen, rechtfertigt keinen höheren Streitwert.4
Lçschung von gewerblichen Schutzrechten 3543
Der Streitwert eines Verfahrens auf Löschung einer Marke (§ 55 MarkenG), eines Designs (§ 36 Abs. 1 Satz 1 DesignG)5, eines Gebrauchsmusters (§ 17 GebrMG) oder auf Erklärung der Nichtigkeit eines Patents (§ 81 PatG) ist gem. § 51 Abs. 1 GKG nach billigem Ermessen zu bestimmen.
3544
Entscheidend ist – vergleichbar mit den Fällen der Unterlassungsklage – das wirtschaftliche Interesse6 des Klägers an der Löschung.7 Die Gegenmeinung berechnet in entsprechender Anwendung von § 9 ZPO das Interesse des Klägers nach dem 3,5-fachen des jährlichen Bezuges aus dem Schutzrecht.8 1 RGZ 2, 403; vgl. auch BGH, BB 2001, 752 – Beschwer. 2 Stein/Jonas/Roth, § 6 Rn. 4; Zöller/Herget, § 6 Rn. 3. 3 OLG Brandenburg, Beschl. v. 6.2.2012 – Kart W 3/11, VersorgW 2012, 320; LG Göttingen, Beschl. v. 16.10.2002 – 4 T 15/02; unzutr. LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 30.9.2013 – 1 T 146/13, RVG prof. 2014, 55, denn die Wiederaufnahme der Stromversorgung besteht in der Lieferung von Strom. 4 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1962, 111. 5 Über die Löschung entscheidet das Deutsche Patent- und Markenamt, § 36 Abs. 1 Satz 2 DesignG. 6 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.5.2001 – 4 W 21/01, JurBüro 2001, 418. 7 Vgl. BGH, NJW 1957, 144 Nr. 6; BPatG, GRUR 1978, 535 (zum Patentnichtigkeitsverfahren). 8 Vgl. OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 217 (noch zu § 11 WZG).
662
Kurpat/Noethen
Lçschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslçschung Bei der Popularklage (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) ist im Rahmen der Schätzung nach § 3 ZPO von dem Interesse der Allgemeinheit an der Vernichtung des Schutzrechts auszugehen.
3545
Für Verfahren des gewerblichen Rechtsschutzes besteht die Möglichkeit einer Streitwertbegünstigung. Zu den Einzelheiten vgl. das Stichwort „Gewerblicher Rechtsschutz“.
3546
Lçschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslçschung Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Grundschuld . . . . . . . . . . . . . . . . 3548
F. Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 3585
B. Hypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3568
G. Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . 3587
C. Miterbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3575
H. Wohnrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 3588
D. Nießbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . 3579
I. Vormerkungslöschung . . . . . . . . 3591
E. Reallast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3584 Stichwortübersicht Arresthypothek. . . . . . . . . . . . . . . . Auflassung und Löschung . . . . . . . . Auflassungsvormerkun. . . . . . . . . . Dauerwohnrecht. . . . . . . . . . . . . . . Feststellung der Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages . . . . . Grundschuld – Forderung getilgt . . . . . . . . . . . . . – Höhe der gesicherten Forderung maßgebend . . . . . . . . . . . . . . . . . – Kosten und Zinsen, rückständige Höchstbetragshypothek . . . . . . . . . Hypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – unstreitig nicht bestehende Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Valutierung und Löschungsinteresse maßgebend . . . . . . . . . . Löschung und Auflassung . . . . . . . . Miterbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nießbrauch. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rn.
Rn.
. . 3603 . . 3566 3596 ff. . . 3588
– Jahresreingewinn bei Nießbrauch an Grundstück . . . . . . . . . . . . . . . . 3580 – Schätzung nach § 3 ZPO . . . . . . . . . 3579 Quote für Löschung der Grundschuld . 3555 Reallast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3584 Sicherungshypothek . . . . . . . . . . . . . . 3593 Sicherungsnießbrauch . . . . . . . . . . . . 3582 Verfahren auf Zwangsgeldfestsetzung . 3567 Verurteilung Zug-um-Zug gegen Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3601 Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3585 Vormerkungslöschung . . . . . . . . . . 3591 ff. – Bruchteil des GrundstücksVerkehrswerts . . . . . . . . . . . . 3594, 3596 – Grundstückswert . . . . . . . . . . . . . . 3591 – konkrete Wertermittlung . . . . . . . . 3596 – wirtschaftliches Interesse des Klägers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3599 Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3587 Wohnrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3588 ff.
. . 3604 . . 3548 . . 3552 . . 3551 . . 3570 3568 ff. . . 3568 . . 3569 . . 3568 3575 ff. 3579 ff.
Falsche Eintragungen im Grundbuch sind wegen der dadurch begründeten gesetzlichen Vermutung des § 891 BGB und des den gutgläubigen Erwerb ermöglichenden öffentlichen Glaubens des Grundbuchs (§ 892 BGB) für den wirklich Berechtigten eine große Gefahr. Der gesetzliche (z.B. §§ 1179a, 1179b BGB) oder schuldrechtliche (nach §§ 305 oder 779 BGB begründete) Löschungsanspruch dient der Richtigstellung des Grundbuchs und damit der Übereinstimmung von formeller und materieller Rechtslage. Er wird durch Klage auf Löschung im Grundbuch geltend gemacht.
Noethen/N. Schneider
663
3547
Lçschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslçschung
ZPO
Mit ihr wird die Löschungsbewilligung des eingetragenen Nichtberechtigten erzwungen, sei es auch nur hinsichtlich der Rangfolge der Eintragungen.
A. Grundschuld 3548
Der Wert einer Klage auf Löschung einer Grundschuld hat die früher herrschende Auffassung mit dem eingetragenen Betrag angenommen, selbst wenn die Forderung ganz getilgt war und der Streit der Parteien nur darüber ging, wer die Löschungskosten zu tragen hatte.1
3549
Dieser Auffassung ist zuletzt auch noch das KG (23. Senat) gefolgt, das bei der Bemessung des Streitwerts einer Klage auf Bewilligung der Löschung einer Grundschuld nur den Nennbetrag und nicht den tatsächlichen Valutastand des Grundpfandrechts als maßgeblich ansieht.2
3550
Ebenso auch das OLG Saarbrücken,3 das den Streitwert einer Klage auf Einwilligung in die Löschung eines Grundpfandrechts grundsätzlich nach dem im Grundbuch eingetragenen Nennwert der Belastung bemisst, begrenzt durch den geringeren Wert des belasteten Grundstücks, selbst wenn das Grundpfandrecht ganz oder teilweise nicht mehr valutiert.
3551
Das sollte auch dann gelten, wenn geltend gemacht wird, es seien Kosten entstanden und Zinsen rückständig, für die die Grundschuld hafte.4
3552
Demgegenüber hatte das OLG Hamburg5 in einer ausführlich begründeten Entscheidung die Auffassung vertreten, es sei § 6 ZPO anzuwenden mit der Maßgabe, dass der Streitwert durch die Höhe der gesicherten, (noch) valutierten Forderung bestimmt werde. Dem hat sich das OLG Köln6 angeschlossen und nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers bewertet in einem Fall, in dem der Sicherungszweck mit dem Ende der Valutierung der gesicherten Forderung ganz entfallen war.
3553
Dies erscheint auch zutreffend, weil nur auf der Grundlage dieser Bewertung die wirtschaftlichen Interessen der Parteien, um die es doch letztlich geht, erfasst werden können.
3554
Jedoch ist folgende Einschränkung zu machen: Es muss schon zu Beginn des Rechtsstreits oder bei Erteilung des Auftrags an den Anwalt feststehen, ob und in welcher Höhe die zu löschende Forderung valutiert ist. Darüber darf auch kein Streit bestehen. Sind diese einschränkenden Voraussetzungen nicht gegeben, dann muss auf den eingetragenen Nennbetrag abgestellt werden.
3555
Soweit auf den Wert der noch valutierten Forderung abgestellt wird, müsste aber für den darüber hinausgehenden Betrag noch eine gewisse Quote angesetzt werden. Auch die Löschung einer unstreitig nicht mehr valutierten Grundschuld hat einen Wert. Anderenfalls müsste man im Falle der Löschungsverweigerung bei einer unstreitig vollständig getilgten Forderung immer einen Wert „0“ annehmen.
1 OLG Frankfurt, JurBüro 1977, 720; OLG Celle, MDR 1977, 935; OLGR 1994, 111. 2 KG, Beschl. v. 17.4.2000 – 23 W 1888/00, AGS 2002, 177 = BauR 2001, 686. 3 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.1.2001 – 7 W 11/01, MDR 2001, 897 = AGS 2002, 12 (im Anschluss an OLG München, Beschl. v. 10.3.1997 – 28 W 2542/96, NJW-RR 1998, 142; OLG Nürnberg, Beschl. v. 22.3.1995 – 13 W 605/95, MDR 1995, 966). 4 OLG Nürnberg, JurBüro 1964, 685. 5 OLG Hamburg, MDR 1975, 846; ebenso OLG Köln, MDR 1980, 1025. 6 OLG Köln, Beschl. v. 2.3.1995 – 16 W 16/95, JMBl.NW 1995, 118.
664
N. Schneider
Lçschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslçschung Der Wert für die „getilgte“ Grundschuld sollte sich an dem Interesse des Klägers orientieren, das er an der Beseitigung der nicht mehr bestehenden Belastung hat sowie an dem Missbrauchsrisiko.
3556
Das OLG Celle nimmt den Streitwert einer Klage auf Erteilung einer Löschungsbewilligung (Sicherungsgrundschuld) nach Wegfall des Sicherungszwecks mit 20 % des restlichen Nominalwertes an, sofern der Kläger nicht konkrete weitere Nachteile für ihn vorträgt.1
3557
In Fortführung dieser Rechtsprechung hat das OLG Celle2 im Rahmen einer Klage auf Erteilung einer Löschungsbewilligung für eine Grundschuld und vor allem in Anbetracht der Entscheidung des BVerfG (s. unten Rn. 3563) als gerechtfertigt angesehen, den Streitwert dergestalt zu berechnen, dass jedenfalls im Regelfall zunächst die noch streitige Restforderung und von dem dann verbleibenden Nominalbetrag 20 % zugrunde gelegt werden. So gelangt es bei einer Grundschuld über 500 000 DM, zu der der Grundschuldinhaber eine Restforderung von 100 000 DM behauptet, zu einem Streitwert von 180 000 DM. Eine solche Streitwertfestsetzung berücksichtigte angemessen die wirtschaftlichen Interessen beider Parteien.
3558
Ebenso auch OLG Frankfurt/M.,3 das den Streitwert bei begehrter Löschung einer Grundschuld nach dem Valutenstand zzgl. 20 % des restlichen Nominalwertes des Grundpfandrechts, nach oben begrenzt durch den Nominalwert annimmt.
3559
Anders wiederum das LG Bonn,4 das bei einer Klage auf Einwilligung in die Löschung eines Grundpfandrechts den Streitwert nicht nach dem Nennwert des im Grundbuch eingetragenen Pfandrechts bemisst, sondern nach dem Betrag, mit dem das Grundpfandrecht noch valutiert ist. Einen Zuschlag für den übersteigenden Nennwert nimmt das Gericht nicht an.
3560
Völlig anders wiederum das OLG Koblenz,5 das für eine Klage auf Löschung eines nicht valutierenden Grundpfandrechts grundsätzlich vom Nennwert ausgeht und dann für die Frage, ob ein Abschlag vorzunehmen ist aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalls entscheiden will.
3561
Ebenso OLG Nürnberg6 und das OLG Frankfurt,7 die den Streitwert für eine Klage auf Bewilligung der Löschung einer Grundschuld, wenn die zu sichernde Forderung nicht mehr besteht, mit lediglich 20 % des Nominalwerts der Grundschuld ansetzen, sofern der Kläger nicht konkrete weitere Nachteile vorträgt.
3562
In diesem Zusammenhang wird die Entscheidung des BVerfG8 zu wenig beachtet, in dem es sich mit dem Anspruch auf Löschung einer unstreitig nicht mehr valutierten Grundschuld zu befassen hatte. Es führt dort aus, dass der Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden dürfe.9 Zwar sei es zur Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten für den Gesetzgeber erforderlich, für die
3563
1 OLG Celle, Beschl. v. 23.2.2005 – 16 W 11/05, MDR 2005, 1196 (im Anschluss Beschl. des 4. ZS des OLG Celle v. 5.9.2000 – 4 W 165/00, NJW-RR 2001, 712). 2 OLG Celle, Beschl. v. 5.9.2000 – 4 W 165/00 u. 4 U 141/00, MDR 2000, 1456 = AGS 2001, 205. 3 LG Frankfurt/M., Beschl. v. 15.12.2003 – 13 W 48/03, OLGR 2004, 348 = RVG-B 2005, 116 mit Anm. Onderka. 4 LG Bonn, Beschl. v. 24.9.2001 – 15 O 125/01, BRAGOreport 2001, 172 mit Anm. N. Schneider. 5 OLG Koblenz, Beschl. v. 6.3.2002 – 5 W 100/02, JurBüro 2002, 310 = AGS 2002, 156. 6 OLG Nürnberg, Beschl. v. 27.11.2008 – 6 W 2061/08, MDR 2009, 217. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.12.2007 – 1 W 85/07, AGS 2008, 190. 8 BVerfG, Beschl. v. 16.11.1999 – 1 BvR 1821/94, NJW-RR 2000, 946 = AGS 2001, 33. 9 Unter Berufung auf BVerfG, Beschl. v. 11.2.1987 – 1 BvR 475/85, BVerfGE 74, 228 (234).
N. Schneider
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Lçschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslçschung
ZPO
Inanspruchnahme der Gerichte Gebühren zu erheben. Die Grundsätze über eine rechtsstaatlich nicht mehr zu vertretende Beeinträchtigung durch die Kosten einer Gerichtsinstanz seien aber zu berücksichtigen. Das gelte nicht nur für eine klagende Partei, sondern auch für eine durch den Kläger in einen Prozess gezogene Partei. 3564
Ausgehend hiervon lässt das BVerfG offen, ob es von Verfassungs wegen stets unzulässig ist, den Streitwert eines Anspruchs auf Löschung einer Grundschuld oder Sicherungshypothek auch dann in wortgenauer Anwendung von § 6 Satz 1 ZPO nach dem Nennwert der zugrunde liegenden Forderung zu bestimmen, wenn die Forderung nicht mehr (voll) valutiert ist. Im konkreten Fall hat es jedoch einen Verfassungsverstoß angenommen. Es sei dort aufgrund der konkreten Umstände eindeutig zu erkennen gewesen, dass der wirtschaftliche Wert des Verfahrens für die Beschwerdeführer weit unter dem festgesetzten Streitwert lag, weshalb die Gerichte die tatsächliche wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits für die Beschwerdeführer bei der Streitwertfestsetzung hätten berücksichtigen müssen. Dies wiederum sei mittels verfassungskonformer Auslegung des § 6 ZPO oder durch eine Schätzung nach § 3 ZPO zu korrigieren.
3565
Dieser Rechtsprechung gefolgt ist das KG (24. Senat)1 – ausdrücklich gegen den 23. Senat (Rn. 3549).2 Bei der Bemessung des Streitwerts für die Löschung einer Grundschuld ist danach nicht in jedem Fall auf den Nominalbetrag der Grundschuld abzustellen. Vielmehr sei auf die tatsächlich wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits für die Parteien abzustellen.
3566
Verbindet der Kläger den Auflassungsantrag mit dem Antrag auf Löschung einer bereits eingetragenen Eigentümergrundschuld, dann kann der Streitwert insgesamt nicht höher sein als der Verkehrswert des Grundstücks.3 Mehr als lastenfreie Übertragung des Grundstückseigentums kann der Kläger nicht erreichen; der Verkehrswert des Grundstücks kann deshalb bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht überschritten werden. Anderenfalls könnte es zu dem in sich widersprüchlichen Ergebnis kommen, dass der Streitwert den Wert des Objekts wesentlich übersteigen würde, nur weil das Grundstück mit einer wertmäßig um ein Vielfaches übersetzten Eigentümergrundschuld belastet wäre, deren Löschung mit beantragt würde.
3567
Anders soll es sich wiederum in einem Verfahren auf Zwangsgeldfestsetzung nach § 888 ZPO zur Erwirkung der Löschung einer Grundschuld verhalten. Danach bemisst sich der Gegenstandswert nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung für den Gläubiger hat, also nach dem Interesse, das er an der Vornahme der Handlung hat. Maßgeblich ist insoweit das Erfüllungsinteresse an der titulierten Verpflichtung. Bei der Zwangsvollstreckung aus einem Titel über die Verpflichtung des Schuldners zur Übertragung lastenfreien Grundstückseigentums bemisst sich der Wert des Verfahrens auf Zwangsgeldfestsetzung zur Erwirkung der Löschung einer Grundschuld nach deren Nominalwert, und zwar unabhängig davon, ob das zugrunde liegende Darlehen bereits getilgt ist.4
B. Hypothek 3568
Wird auf Löschung einer Hypothek geklagt, dann ist der eingetragene Betrag nach h.M. für die Bemessung des Streitwerts bestimmend, auch wenn zwischen den 1 2 3 4
KG, Beschl. v. 21.5.2003 – 24 W 101/03, KGR 2003, 257. Siehe auch OLG Celle, Beschl. v. 5.9.2000 – 4 W 165/00 u. 4 U 141/00, MDR 2000, 1456. OLG Köln, Beschl. v. 8.6.1988 – 11 W 25/88, JurBüro 1988, 1388. OLG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 – 25 WF 45/05, AGS 2005, 262.
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Lçschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslçschung Parteien unstreitig ist, ob die Forderung ganz oder teilweise getilgt oder überhaupt nicht entstanden ist.1 Diese Auffassung ist indessen mit dem OLG Hamburg2 und dem OLG Köln3 abzulehnen und abzustellen auf die Höhe der Valutierung sowie das Löschungsinteresse des Klägers.
3569
Bei der Klage auf Löschung einer Höchstbetragshypothek ist ebenfalls die wirklich zur Entstehung gelangte Forderung und nicht die in das Grundbuch eingetragene Forderung, bis zu deren Höchstbetrag das Grundstück belastet ist, für den Wert bestimmend.4
3570
Ist die besicherte Forderung bereits unstreitig erfüllt, soll sich der Streitwert auf 20 % des Nennbetrags der Hypothek belaufen.5
3571
Einstweilen frei.
3572–3574
C. Miterbe Der Streitwert der Klage des Eigentümers gegen einen Miterben auf Erteilung der Löschungsbewilligung ist nicht ohne Weiteres nach dem Betrag der ganzen Forderung ohne Rücksicht auf den Erbanteil des klagenden oder beklagten Miterben zu bemessen.6
3575
Durch die Änderung der Rechtsprechung des BGH7 ist die Bewertung von Miterben-Streitigkeiten auf eine neue Grundlage gestellt worden. Grundsätzlich ist ein Miterbenanteil, der außer Streit ist, streitwertmindernd zu berücksichtigen. Auch die Klage eines Dritten gegen einen Miterben auf Abgabe grundbuchrechtlicher Erklärungen wird nur dann mit dem vollen Streitwert angesetzt werden können, wenn eine antragsgemäße Verurteilung zum vollen Eigentumsübergang führt.
3576
Klagte ein Miterbe gegen einen anderen auf Erteilung der Löschungsbewilligung für eine zugunsten der Erbengemeinschaft eingetragene Sicherungshypothek, so wurde früher ebenfalls der volle Betrag der Hypothek angesetzt.
3577
Entsprechend der neueren Judikatur, die den Anteil des klagenden Erben aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht berücksichtigt,8 hat das OLG Frankfurt9 zutreffend lediglich den Hälfteanteil des die Löschung verweigernden Miterben angesetzt.
3578
D. Nießbrauch Der Wert des Antrags auf Löschung eines Nießbrauchsrechts ist gleich dem Wert dieses Nießbrauchsrechts. Die Wertfestsetzung erfolgt nicht nach § 9 ZPO, son1 RG, Warneyer 1941 Nr. 27; KG, JW 1923, 1039; 1925, 1799; OLG Hamburg, OLGE 23, 74; OLG Koblenz, Rpfleger 1956, 147; OLG Celle, MDR 1977, 935; OLG Frankfurt, JurBüro 1977, 720; OLG Bamberg, JurBüro 1982, 1721; s. auch vorstehend Rn. 3548 ff. 2 OLG Hamburg, Beschl. v. 4.6.1975, MDR 1975, 846. 3 OLG Köln, Beschl. v. 2.7.1979, MDR 1980, 1025. 4 OLG Hamburg, MDR 1975, 846; OLG Köln, MDR 1980, 1025; anders die h.M., z.B. OLG Hamburg, Rpfleger 1951, 570; OLG Schleswig, SchlHA 1964, 262. 5 OLG Rostock, Beschl. v. 5.8.2009 – 3 W 44/09, OLGR 2009, 969. 6 So aber noch KG, NJW 1956, 472; OLG Zweibrücken, Rpfleger 1962, 2. 7 Siehe BGH, JurBüro 1975, 1197. 8 Siehe E. Schneider, JurBüro 1977, 433 und die Einzelheiten bei dem Stichwort „Miterbe“. 9 OLG Frankfurt, JurBüro 1981, 757.
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3579
ZPO
Lçschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslçschung dern ist nach § 3 ZPO zu schätzen.1 Maßgeblich für die Wertfestsetzung ist das Interesse des Klägers.2 3580
Bei der Schätzung des Nießbrauchs an einem Grundstück ist von dem Jahresreingewinn auszugehen, von dem keine Hypothekenzinsen abzuziehen sind,3 und auch kein Betrag für Eigenleistungen des Bewirtschafters abzusetzen ist.
3581
Fehlen andere Schätzungsgesichtspunkte, dann ist es statthaft, die Höhe des Wertes in entsprechender Anwendung des § 9 ZPO zu ermitteln.4
3582
Die Klage auf Einwilligung in die Löschung eines sog. Sicherungsnießbrauchs ist nach § 3 ZPO zu schätzen, auch wenn er auf Lebenszeit des Berechtigten bestellt ist.5
3583
Dabei darf die Vorschrift des § 52 GNotKG (vormals § 24 Abs. 2 KostO) nicht als Schätzungsrichtlinie berücksichtigt werden, weil der Nießbrauch nur Sicherungscharakter hat und außerdem die hohen Werte des GNotKG (vormals der KostO) mit den geringeren Gebührenbeträgen des GNotKG korrespondieren.6
E. Reallast 3584
Bei der Klage auf Löschung einer Reallast begrenzt der Verkehrswert des Grundstücks nach § 6 ZPO den Höchstbetrag der gem. § 1105 Abs. 1 BGB geschuldeten wiederkehrenden Leistungen.7 Der Streitwert ist – unter Beachtung der Obergrenze – nach § 9 ZPO zu ermitteln, da es sich um wiederkehrende Leistungen handelt.8 Allein das Interesse des Klägers an der Löschung der Belastung (= wirtschaftliche Betrachtungsweise) ist maßgebend, wenn das Bezugsrecht im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr besteht.9
F. Vorkaufsrecht 3585
Der Streitwert für den Anspruch auf Löschung eines eingetragenen Vorkaufsrechts ist nach § 3 ZPO festzusetzen.10
3586
Das OLG Nürnberg11 will grundsätzlich den halben Wert des belasteten Grundstücks annehmen, und das auch bei einer Klage auf Löschung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung eines Vorkaufsrechts. Im Einzelfall könne das Interesse des Klägers eine höhere Wertfestsetzung rechtfertigen.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
OLG Schleswig, Beschl. v. 29.3.1984 – 7 W 29/84, SchlHA 1986, 46. OLG Celle, Beschl. v. 8.6.1999 – 4 W 184/99, OLGR 1999, 330. KG, OLGE 29, 78. OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 422 = MDR 1962, 742. OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.4.1984 – 22 W 15/84, JurBüro 1984, 1236. OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.4.1984 – 22 W 15/84, JurBüro 1984, 1236 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 702: Der Senat hat 1/15 des Grundstückswertes angesetzt. OLG Bremen, Rpfleger 1957, 275. OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.11.1992 – 2 W 40/92, OLGR 1993, 4. OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.11.1992 – 2 W 40/92, OLGR 1993, 47; vergleichbar Rn. 3552. OLG Schleswig, SchlHA 1953, 299. OLG Nürnberg, JurBüro 1963, 43.
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Lçschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslçschung
G. Widerspruch Die Klage auf Löschung eines Widerspruchs gegen den eingetragenen Grundstückseigentümer ist nur gering zu bewerten, wenn der Grundbucheintragung lediglich formale Bedeutung zukommt.1
3587
H. Wohnrecht Der Wert des Streitgegenstandes für eine Klage auf Bewilligung der Löschung eines Dauerwohnrechtes ist nach OLG Düsseldorf und OLG Frankfurt2 gem. § 41 Abs. 1 GKG zu bestimmen, wenn der Fortbestand des Wohnrechts unter den Parteien streitig ist.
3588
Zutreffend ist die Anwendung des § 3 ZPO.3
3589
Bei der Schätzung ist von dem Rohbetrag auszugehen, der dem Eigentümer mit der Wiedererlangung der freien Verfügung über den Nießbrauchsgegenstand zufließt.4
3590
I. Vormerkungslöschung Der Streitwert einer Klage auf Löschung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück ist nicht nach dem Wert des Grundstücks, sondern gemäß dem Interesse des Klägers an der Beseitigung der Vormerkung nach freiem Ermessen (§ 3 ZPO) zu bestimmen.5
3591
Das Interesse der Löschungsklage wird sich dabei oft nur aus den vertraglichen 3592 Beziehungen erkennen lassen. So kann es erheblich sein, ob ein Kaufvertrag bestimmten Inhaltes vorliegt, ob dieser als verbindlich angesehen wird oder nicht und dergleichen. Bei Kaufanwartschaftsverträgen mit Wohnungsbaugesellschaften ist jedoch in Räumungsklagen und Herausgabeklagen die Sondervorschrift des § 41 GKG (§ 16 GKG a.F.) zu beachten,6 und zwar auch dann, wenn die Vormerkung die Eintragung einer Sicherungshypothek betrifft.7
3593
Maßgebend ist die Behinderung des Klägers, über das Grundstück frei verfügen zu können.8 Auszugehen ist dabei vom Grundstückswert,9 der mit einem Bruchteil zu bewerten ist und unter der Hälfte liegen muss.10
3594
1 LG Bayreuth, JurBüro 1979, 1884: 1/10 des Verkehrswerts. 2 OLG Düsseldorf, JurBüro 1965, 550 u. OLG Frankfurt, MDR 1963, 937. 3 OLG Schleswig, Beschl. v. 29.3.1984 – 7 W 29/84, KostRspr. GKG § 16 Nr. 44 = SchlHA 1986, 46; so auch OLG Frankfurt, JurBüro 1967, 506. 4 OLG Schleswig, Beschl. v. 29.3.1984 – 7 W 29/84, KostRsp. GKG § 16 Nr. 44 = SchlHA 1986, 46. 5 Vgl. OLG Saarbrücken, JurBüro 1979, 264 = AnwBl. 1979, 114; OLG Bamberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1007 mit Anm. E. Schneider = JurBüro 1990, 1511; LG Bayreuth, JurBüro 1979, 1884. 6 OLG Köln, JurBüro 1974, 69; 1978, 1054. 7 OLG München, MDR 1965, 145. 8 OLG Saarbrücken, JurBüro 1979, 264. 9 OLG München, JurBüro 1978, 1564 m.w.N. 10 KG, JurBüro 1969, 555.
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Lçschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslçschung
ZPO
3595
Im Allgemeinen erscheint es angemessen, den Streitwert auf etwa 1/101 und nicht über 1/4 des Verkehrswertes des Grundstücks anzusetzen.2 Das OLG Schleswig3 hat mit (höchstens!) 1/6 bewertet. Das OLG Frankfurt4 hat als Regelwert 1/4 des Wertes des vorgemerkten Rechts angenommen.5 Das OLG Bamberg6 hat mit 1/4 bis 1/3 angesetzt. Das OLG Nürnberg7 nimmt 1/2 des Grundstückswertes an.
3596
Häufig wird dabei zwar der Zusatz gemacht, es sei nicht zulässig, von vornherein einen bestimmten Bruchteil des Verkehrswertes anzusetzen, sondern es müsse jeweils der konkrete Wert des Einzelfalles ermittelt werden, wobei wichtig sei, ob und inwieweit sich ein möglicher Kaufinteressent durch die formell noch vorhandene Auflassungsvormerkung vom Kauf hätte abhalten lassen.8 Meist sind solche Zusätze jedoch nur Lippenbekenntnisse.
3597
Demgegenüber erscheint es gleichwohl durchaus begrüßenswert, wenn die Rechtsprechung sich bemüht, berechenbare Streitwertfestsetzungen durch grundsätzliche Bruchteils-Bewertungen zu entwickeln.
3598
Wichtiger sind dabei die sachlichen Gesichtspunkte, beispielsweise dass gerade bei Wohnhäusern ein hoher Prozentsatz unangemessen ist, da deren Gebrauchswert von der Auflassungsvormerkung überhaupt nicht berührt wird.9
3599
Bei allem anerkennenswerten Bemühen, die in Einzelfällen weit auseinanderklaffende Rechtsprechung zur Bewertung der Klagen auf Löschung einer Auflassungsvormerkung durch Regel-Bruchteilsbewertungen berechenbarer zu machen, bleibt doch ein recht großer Spielraum der Unsicherheit. Er geht darauf zurück, dass zwar auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers abgestellt wird, durch die Vormerkung nicht in der Belastungs- oder Veräußerungsmöglichkeit des Grundstücks behindert zu werden.
3600
Jedoch wird durchgehend versäumt, vom Kläger konkrete Zahlenangaben darüber zu verlangen, worin sein wirtschaftlicher Nachteil besteht und wie er sich berechnet. Diese Aufklärung sollte einer abrundenden prozentualen Schätzung vorausgehen.10
3601
Begehrt der Beklagte als Berufungskläger die Abänderung des ihn zur Einwilligung in die Löschung einer Auflassungsvormerkung verurteilenden Urteils in eine Verurteilung Zug-um-Zug gegen Zahlung des Klägers an ihn, so ist sein Interesse durch den Wert der Auflassungsvormerkung begrenzt, solange er nicht Widerklage erhoben hat.11
3602
Sind sich die Parteien darüber einig, dass der zwischen ihnen geschlossene Grundstückskaufvertrag aufgehoben ist, besteht also kein Streit darüber, dass der durch 1 OLG Bamberg, Beschl. v. 26.3.1990 – 1 W 24/90, JurBüro 1990, 1511; OLG Köln, Beschl. v. 14.3.1983 – 2 W 15/83, MDR 1983, 495. 2 OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 256. 3 OLG Schleswig, SchlHA 1966, 85. 4 OLG Frankfurt, JurBüro 1968, 634 sowie 1975, 512. 5 Ebenso OLG München, Beschl. v. 20.3.1984 – 24 W 48/84, JurBüro 1984, 1235; OLG Celle, Beschl. v. Beschl. v 14.7.1986 – 4 W 100/86, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 835 = JurBüro 1986, 1866; Beschl. v. 26.1.1994 – 16 W 48/93, OLGR 1994, 111. 6 OLG Bamberg, JurBüro 1975, 940. 7 OLG Nürnberg, AnwBl. 1970, 55. 8 Siehe OLG Nürnberg, JurBüro 1977, 717. 9 OLG Saarbrücken, JurBüro 1979, 264. 10 Siehe dazu E. Schneider, MDR 1983, 638. 11 OLG Celle, Rpfleger 1970, 248.
670
N. Schneider
Mahnverfahren die Auflassungsvormerkung gesicherte Anspruch nicht mehr besteht, so ist nach OLG Celle1 die auf Löschung der Auflassungsvormerkung gerichtete Klage mit etwa 1/10 des Kaufpreises zu bewerten. Dieser überzeugenden Auffassung ist auch das LG Bayreuth2 gefolgt, weil in solchen Fällen der Grundbucheintragung nur noch formale Bedeutung zukommt. Damit dürfte es jedoch kaum zu vereinbaren sein, wenn das OLG Celle in einer anderen Entscheidung3 ausgeführt hat, der Streitwert für eine Klage auf Löschung einer Hypothek richte sich auch dann nach dem Nennbetrag der Hypothek, wenn diese unstreitig getilgt sei und der Beklagte die Löschungsbewilligung nur unter Berufung auf eine Forderung von geringerer Höhe verweigere. Insoweit sind die generellen Bedenken gegen die Nichtberücksichtigung einer Gegenleistung bei unstreitigem Hauptanspruch vorzubringen (s. dazu das Stichwort „Auflassung“). Zutreffend hat demgegenüber das OLG Köln4 den Streitwert einer Klage auf Löschung von Arresthypotheken nur auf 1/4 des Betrags der Restforderungen angesetzt, weil die Löschungsverpflichtung des Arrestgläubigers aufgrund eines Prozessvergleiches feststand und lediglich noch darüber gestritten wurde, wann die unstreitige Verpflichtung zur Abgabe der Löschungsbewilligungen zu erfüllen sei.
3603
Nach OLG Frankfurt5 hat bei einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages der Zusatzantrag auf Verurteilung zur Abgabe der Löschungsbewilligung wegen der Auflassungsvormerkung keinen besonderen Wert, da diese Verpflichtung eine selbstverständliche Folge der Vertragsnichtigkeit sei.
3604
Dem kann nicht zugestimmt werden. Das Urteil auf Feststellung der Vertragsnichtigkeit ersetzt noch keine Löschungsbewilligung. Dazu ist eine zusätzliche Willenserklärung des Beklagten erforderlich, zu der er nur durch Urteil gezwungen werden kann.
3605
Deshalb ist der Streitwert gem. § 5 ZPO um einen nach § 3 ZPO zu schätzenden interessengemäßen Aufschlag zu erhöhen.
3606
Mahnverfahren Literatur: Fischer, Neues zu Zuständigkeits- und Verweisungsfragen, MDR 2000, 301; Liebheit, Erledigung der Hauptsache im Mahnverfahren – Rücknahme des Streitantrages, NJW 2000, 2235; Volpert, Streitwert im Mahn- und Prozessverfahren, RVGreport 2008, 261. Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3607
IV. Widerspruch bzw. Einspruch gegen die Kosten . . . . . . . . . . . . . 3616 V. „Erledigung“ im Mahnverfahren. 3617
B. I. II. III.
1 2 3 4 5
Zuständigkeitsstreitwert Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 3608 Zeitpunkt der Wertberechnung . . 3610 Teilwiderspruch und -einspruch . 3614
C. Gebührenstreitwert I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 3620
OLG Celle, JurBüro 1970, 434. LG Bayreuth, JurBüro 1979, 1884. OLG Celle, MDR 1977, 935. OLG Köln, MDR 1977, 495. OLG Frankfurt, AnwBl. 1982, 247.
N. Schneider/Kurpat
671
Mahnverfahren Rn.
ZPO
II. Teilwiderspruch und -einspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Widerspruch bzw. Einspruch gegen die Kosten . . . . . . . . . . IV. „Erledigung“ im Mahnverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Rücknahme des Mahnantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 3626 . . . 3629 . . . 3631 . . . 3632
Rn. D. Rechtsmittel und Beschwer I. Zurückweisung des Mahnantrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3633 II. Zurückweisung des Antrags auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides . . . . . . . . . . . . . . . . . 3634 III. Abgabe an das Prozessgericht . . . 3635
A. Einleitung 3607
Das Mahnverfahren dient der beschleunigten Durchsetzung von Geldforderungen, die der Schuldner nicht erfüllen kann oder will. Ob der mit dem Mahnantrag verfolgte Anspruch besteht, wird im Mahnverfahren nicht überprüft. Im Hinblick auf einen damit möglichen Missbrauch des Verfahrens ist sein Anwendungsbereich durch § 688 Abs. 2 ZPO eingeschränkt worden. Soweit sie nicht der schriftlichen und schematischen Ausgestaltung des Verfahrens zuwiderlaufen, gelangen die allgemeinen Verfahrensvorschriften der ZPO zur Anwendung.
B. Zuständigkeitsstreitwert I. Allgemeines 3608
Für die Durchführung des Mahnverfahrens ist das Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Wert der geltend gemachten Forderung sachlich ausschließlich zuständig, § 689 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Bewertungsprobleme stellen sich insoweit nicht.
3609
Anders liegt es beim Übergang in das streitige Verfahren. Hier kann es zu Wertunterschieden zwischen Mahn- und Streitverfahren kommen, etwa weil der Antragsgegner den Mahn- bzw. Vollstreckungsbescheid nicht in vollem Umfang angegriffen, während des Mahnverfahrens Zahlungen auf die im Mahnbescheid geltend gemachte Forderung erbracht hat und/oder der Antragsteller die Forderung im streitigen Verfahren nicht mehr unverändert weiterverfolgt.
II. Zeitpunkt der Wertberechnung 3610
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertberechnung ist gem. § 4 Abs. 1 ZPO derjenige der Klageeinreichung (Anhängigkeit). Diesem Zeitpunkt entspricht bei der Überleitung der Mahnsache in das streitige Verfahren gem. § 696 Abs. 1 Satz 4 ZPO der Eingang der Akten beim Prozessgericht, nicht die Einreichung des Mahnantrages oder des Antrages auf Durchführung des streitigen Verfahrens.1
1 KG, Beschl. v. 21.2.2002 – 2 AR 19/02, MDR 2002, 1147; OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.2.1996 – 21 AR 10/96, NJW-RR 1996, 1403; Beschl. v. 28.7.1992 – 20 AR 109/92, JurBüro 1993, 557; OLG Hamm, Beschl. v. 26.4.2001 – 23 W 594/00, JurBüro 2002, 89; OLG München, Beschl. v. 16.11.1998 – 11 W 2823/98 MDR 1999, 508; OLG Rostock, Beschl. v. 18.2.2002 – 8 W 64/01, MDR 2002, 665; OLG Stuttgart, Beschl. v. 24.2.1999 – 8 W 527/98, MDR 1999, 634; Zöller/Herget, § 4 Rn. 3; ebenso für die Anwendbarkeit von § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO: OLG Rostock, Beschl. v. 23.10.2007 – 6 W 64/07, MDR 2008, 593; a.A. für Gebührenstreitwert: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.6.1996 – 10 W 50/96, JurBüro 1997, 145; Beschl. v. 26.2.1998 – 10 W 18/98, JW 1999, 2000 = NJW-RR 1998, 1077: jeweils zu Unrecht auf den Streitantrag abstellend.
672
Kurpat
Mahnverfahren Der vorgenannte Bewertungszeitpunkt wird durch die Regelung über die Fortdauer einer einmal begründeten Zuständigkeit in § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht in Frage gestellt. Zwar gilt nach § 696 Abs. 3 ZPO die Streitsache mit Zustellung des Mahnbescheides als rechtshängig geworden, jedoch findet § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO auf diese zurückbezogene Rechtshängigkeit nach ganz überwiegender Ansicht wegen der Besonderheiten des Mahnverfahrens keine Anwendung.1 Es handelt sich um eine Rückwirkungsfiktion für materiell-rechtliche Normen, die an den Eintritt der Rechtshängigkeit anknüpfen, beispielsweise für den Anfall von Prozesszinsen (§ 291 BGB) oder den Ersatz von Nutzungen im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§ 987 BGB).
3611
Die mit dem Erlass des Vollstreckungsbescheids verbundene fiktive Rechtshängigkeit nach § 700 Abs. 2 ZPO rechtfertigt keine andere Bewertung, was bereits aus der Verweisung in § 700 Abs. 3 Satz 2 ZPO folgt. Danach gilt bei Einlegung eines Einspruchs § 696 Abs. 1 Satz 4 ZPO, wonach der Rechtsstreit (erst) mit Akteneingang als anhängig anzusehen ist, entsprechend. Maßgeblicher Zeitpunkt für § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO ist auch hier der Akteneingang, so dass bei Wertdifferenzen zwischen Mahn- und Vollstreckungsbescheid immer auf Letzteren abzustellen ist.2
3612
Die vorstehenden Ausführungen gelten auch dann, wenn die Abgabe nach Wider- 3613 spruchseinlegung nicht alsbald erfolgt. Da ein Eintritt der Rechtshängigkeit vor Anhängigkeit ausscheidet, kommt alternativ zum Akteneingang nur die nach außen erkennbare Aufnahme der gerichtlichen Tätigkeit3 oder die Zustellung der Anspruchsbegründung in Betracht.4 Beides trägt den Besonderheiten des Mahnverfahrens nur unzureichend Rechnung.5 Streitwertrechtlich gewinnt die Frage an Bedeutung, wenn eine Antragsbeschränkung auf einen Wert unterhalb der Zuständigkeitsgrenze erstmals in der nach Abgabe eingereichten Anspruchsbegründung erfolgt. § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO stünde dann einer Verweisung vom LG an das AG nicht entgegen.6
III. Teilwiderspruch und -einspruch Legt der Antragsgegner gegen den Mahnbescheid nur teilweise Widerspruch ein, erfolgt eine Abgabe nur im Umfang des widersprochenen Teils, §§ 694 Abs. 1, 696 Abs. 1 ZPO. Allein der von der Abgabe betroffene Teil des Mahnantrages (Streitgegenstand) wird beim Prozessgericht an- und rechtshängig, während hinsichtlich 1 BayObLG, Beschl. v. 29.6.1994 – 1 Z AR 31/94, MDR 1995, 312; KG, Beschl. v. 21.2.2002 – 2 AR 19/02, MDR 2002, 1147; Beschl. v. 27.11.1997 – 28 AR 55/97, MDR 1998, 35 = NJW 1998, 1324; OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.9.1994 – AR 15/94, NJW-RR 1995, 831; OLG Hamburg, Beschl. v. 9.6.1998 – 8 W 139/98, MDR 1998, 1121; OLG München, Beschl. v. 16.5.1997 – 11 W 1392/97, JurBüro 1997, 602; OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.4.1984 – 8 W 324/83, MDR 1984, 673; Zöller/Vollkommer, § 696 Rn. 7. 2 OLG Braunschweig, Beschl. v. 16.2.1999 – 1 W 5/99, OLGR 1999, 310; OLG Koblenz, Beschl. v. 10.3.1982 – 4 SmA 1/82, Rpfleger 1982, 292; Zöller/Vollkommer, § 686 Rn. 6; ohne Begründung a.A. Fischer, MDR 2000, 301 (303); Thomas/Putzo/Hüßtege, § 700 ZPO Rn. 3. 3 So OLG Köln, Urt. v. 22.2.1985 – 6 U 191/84, MDR 1985, 680. 4 MünchKomm.ZPO/Schüler, § 696 Rn. 21; Musielak/Voit/Voit, § 696 Rn. 4. 5 KG, Beschl. v. 13.2.1998 – 28 AR 61/97, MDR 1998, 618; Beschl. v. 27.11.1997 – 28 AR 55/97, MDR 1998, 735; Zöller/Vollkommer, § 696 Rn. 5 m.w.N.; offen lassend: KG, Beschl. v. 21.1.2002 – 2 AR 19/02, MDR 2002, 1147; offen lassend für Einhaltung materiell-rechtlicher Fristen: BGH, Urt. v. 14.11.1991 – IX ZR 250/90, MDR 1992, 180 = NJW 1993, 1070: spätestens mit Zustellung der Anspruchsbegründung; Urt. v. 18.10.1990 – IX ZR 43/90, BGHZ 112, 325 = NJW 1991, 171: nicht vor Abgabe. 6 Vgl. etwa KG, Beschl. v. 21.2.2002 – 2 AR 19/02, MDR 2002, 147.
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des beim Mahngericht verbliebenen Teils Vollstreckungsbescheid beantragt werden kann.1 Beschränkt der Antragsgegner (in zulässiger Weise) seinen Einspruch, wird der nicht angegriffene Teil des Vollstreckungsbescheides rechtskräftig, § 700 Abs. 1 ZPO. Auch hier gelangt das Mahnverfahren nicht in vollem Umfang an das Prozessgericht. 3615
Der Streitwert des Erkenntnisverfahrens richtet sich in beiden Fällen nach dem Umfang der Abgabe, d.h. dem Wert des streitigen Anspruchs, wobei entsprechend den allgemeinen Regeln Zinsen und Kosten unberücksichtigt bleiben, § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 GKG.
IV. Widerspruch bzw. Einspruch gegen die Kosten 3616
Der Antragsgegner kann seinen Widerspruch bzw. Einspruch auf die im Mahnbescheid bzw. Vollstreckungsbescheid enthaltene Kostenentscheidung beschränken. Bewertungsrechtlich entspricht dies dem bereits erörterten Teilwiderspruch, da eine Abgabe des Mahnverfahrens an das Prozessgericht nur hinsichtlich der noch streitigen Kosten erfolgt, die damit nach § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 3 GKG zur Hauptsache werden.2 Der Zuständigkeitswert bemisst sich folglich nach der Summe der durch das Mahnverfahren verursachten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, soweit der Wert der Hauptsache nicht überschritten wird.
V. „Erledigung“ im Mahnverfahren 3617
Wie bereits dargelegt, bestimmt sich der Zuständigkeitsstreitwert danach, in welchem Umfang das Mahnverfahren an das Streitgericht abgegeben worden ist. Dies wird bei Zahlungen des Beklagten während des Mahnverfahrens maßgeblich davon beeinflusst, ob sich der Kläger bereits im Mahnverfahren, d.h. vor Abgabe der Akten an das Prozessgericht, auf eine vollständige oder nur teilweise materielle Erledigung der Mahnantragsforderung berufen und diese insoweit nicht mehr zur Entscheidung des Prozessgerichts gestellt hat.
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In der Praxis geschieht dies oft dadurch, dass vom Kläger „der Rechtsstreit“ in der Hauptsache (teilweise) für erledigt erklärt wird. Darin ist weder eine Rücknahme des Streitantrages noch ein Antrag auf Feststellung einer dahingehenden „Erledigung“ zu sehen. Die Erklärung ist vielmehr sachgerecht dahingehend auszulegen, dass der Kläger – unter Aufgabe des bisherigen Mahnantrages – die Feststellung der (materiell-rechtlichen) Verpflichtung des Beklagten zur Kostentragung begehrt. Denn gegen eine Wertung als Rücknahme des Streitantrages spricht, dass der „erledigte“ Teil des Mahnverfahrens nicht in das Streitverfahren übergeleitet und damit eine Entscheidung über die durch diesen verursachten Kosten verhindert wird, obwohl dem Kläger an einer Sachentscheidung gelegen ist.3
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Erfolgt dagegen eine Abgabe ohne einschränkende Antragstellung des Klägers, dann wird das aus dem Mahn- oder Vollstreckungsbescheid ersichtliche Klagebegehren in vollem Umfang rechtshängig.4 Der Streitwert bestimmt sich nach
1 Zöller/Vollkommer, § 699 Rn. 9. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.9.1983 – 5 W 9/83, MDR 1984, 149; OLG Koblenz, Beschl. v. 25.3.1994 – 5 W 117/94, JurBüro 1995, 323; OLG Zweibrücken, OLGZ 1971, 380; Zöller/ Vollkommer, § 694 Rn. 1. 3 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2001 – 23 U 59/01, OLGR 2002, 296; OLG Hamm, Beschl. v. 12.6.2001 – 21 W 29/00 + 21 W 7/01, OLGR 2001, 297; OLG München, Beschl. v. 28.2.1996 – 28 W 676/96, JurBüro 1996, 368; Liebheit, NJW 2000, 2235 (2236). 4 OLG Hamm, Beschl. v. 12.6.2001 – 21 W 7/01, OLGR 2001, 297.
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Mahnverfahren der Höhe des im Mahn- bzw. Vollstreckungsbescheid aufgeführten Zahlungsanspruchs. Zu den Einzelheiten s. unter dem Stichwort „Erledigung der Hauptsache“, Rn. 2162 ff., 2217 ff.
C. Gebührenstreitwert I. Allgemeines Im Mahnverfahren richten sich die Gerichtskosten (Nr. 1110 KV GKG) und Gebühren für die anwaltliche Vertretung des Antragstellers (Nr. 3305 VV RVG) gem. §§ 3, 39 GKG und § 23 RVG nach dem Wert des im Mahnantrag geltend gemachten Zahlungsanspruchs.1 Dass der Antragsteller den Mahnbescheid „nur“ zur Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) beantragt hat, rechtfertigt keine geringere Bewertung.2 Insoweit wie auch im Übrigen gelten die allgemeinen Regeln, Zinsen und Kosten bleiben als Nebenforderung unberücksichtigt, § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 GKG Probleme des Gebührenstreitwertes ergeben sich regelmäßig erst im Zusammenhang mit der Abgabe des Verfahrens an das Prozessgericht.
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Wird das Verfahren nach Erhebung des Widerspruchs oder Einlegung des Einspruchs an das Streitgericht abgegeben (§§ 696 Abs. 1, 700 Abs. 3 ZPO), entsteht mit Eingang der Akten die allgemeine Verfahrensgebühr (Nr. 1210 KV GKG) unter Anrechnung der Gebühr nach Nr. 1110 KV GKG, soweit Mahn- und Streitverfahren denselben Streitgegenstand betreffen.3 Entscheidend für die Wertbestimmung ist daher der Umfang, in dem das Mahnverfahren in das streitige Verfahren übergeleitet wird. Ist der Abgabe ein Teilwiderspruch bzw. -einspruch vorausgegangen, ermäßigt sich der Streitwert für das weitere Verfahren bereits mit dessen Eingang bei dem Mahngericht.4
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Der bislang bestehende Streit, ob sich die Verfahrensgebühr – bei einer (bedingten) Streitantragstellung bereits im Mahnbescheidsantrag (§ 696 Abs. 1 Satz 2 ZPO) – nach dem Wert des mit dem Mahnbescheid geltend gemachten Anspruchs unabhängig davon bestimmt, ob der Anspruch vom Antragsteller (Kläger) noch vor Abgabe teilweise für „erledigt“ erklärt worden ist,5 ist mit dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz 2004 überholt.6 Ausweislich der amtlichen Anmerkungen zu Nr. 1210 KV GKG ist kostenrechtlich – wie auch beim Zuständigkeitsstreitwert (s. oben Rn. 3610 ff.) – der Eingang der Akten beim Prozessgericht der für die Wertbestimmung maßgebende Zeitpunkt. Bleibt ein Widerspruch des Antragsgegners innerhalb der Widerspruchsfrist aus und wird infolgedessen Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides gestellt, dann entsteht eine halbe Verfahrensgebühr (nur) für die Vertretung des Antragstel-
1 2 3 4
Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Mahnverfahren“. BVerfG, Beschl. v. 3.1.2007 – 1 BvR 737/04, Rpfleger 2007, 427 = NJW 2007, 2032. Volpert, RVGreport 2008, 361 (362). OLG Düsseldorf, JurBüro 2004, 378; OLG Köln, Beschl. v. 16.6.2006 – 17 W 5/05, OLGR 2007, 67. 5 So die sog. Vorverlegungstheorie – OLG Bamberg, Beschl. v. 29.7.1998 – 7 W 16/98, FamRZ 1999, 1292; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.2.1998 – 10 W 18/98, NJW-RR 1998, 1077; OLG Hamburg, Beschl. v. 9.6.1998 – 8 W 139/98, MDR 1998, 1121; dagegen mit Recht: Liebheit, NJW 2000, 2235; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.11.2000 – 8 W 294/00, MDR 2001, 294 mit zust. Anm. Schütt. 6 Ebenso Hartmann, KostG, 36. Aufl., KV 1210 Rn. 5.
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lers (Nr. 3308 VV RVG).1 Die Regelung entspricht inhaltlich § 43 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO. Der Gegenstandswert dieser nicht der Anrechnung unterliegenden Verfahrensgebühr bemisst sich nach der Höhe des mit dem Vollstreckungsbescheid verfolgten Anspruchs.2 Zahlungen des Antragsgegners, die bei der Antragstellung gem. § 699 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen sind, führen folglich zu einer Wertminderung. Die auf den „erledigten“ Teil des Mahnverfahrens anfallenden Kosten bleiben bei der Wertbestimmung gem. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 3 GKG unberücksichtigt, da es sich ausweislich §§ 696 Abs. 1 Satz 5, 281 Abs. 3 Satz 1 ZPO um Kosten des Rechtsstreits handelt. 3623
Wird der Anwalt nach Erlass des Mahnbescheids mit der Widerspruchseinlegung oder nach Erlass des Vollstreckungsbescheids mit der Erhebung des Einspruchs beauftragt, richtet sich der Gegenstandswert für die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners (Nr. 3307 VV RVG) über § 23 RVG nach dem Wert des Mahnanspruchs, soweit nicht der Rechtsbehelf seinem Umfang nach bereits nach dem Inhalt der Mandatierung beschränkt werden soll.3
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Mit dem Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens erwächst dem Prozessbevollmächtigten die allgemeine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG.4 Der Gegenstandswert berechnet sich gem. § 23 Abs. 1 RVG nach dem in der Instanz erreichten höchsten Wert für das streitige Verfahren, soweit keine weiter gehende Mandatierung erfolgt; nachträgliche Wertminderungen bleiben unberücksichtigt.5 Maßgebend ist daher auch hier der Umfang, in dem das Mahnverfahren in das streitige Verfahren übergeleitet wird, mithin der Wert zum Zeitpunkt des Eingangs der Akten beim Prozessgericht (§ 694 Abs. 1 Satz 3 ZPO).
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Mit der Abgabe des Rechtsstreits an das Prozessgericht (§§ 696 Abs. 1 bzw. 700 Abs. 3 ZPO) endet das Mahnverfahren.6 Die nunmehr nach Nr. 1210 KV GKG und Nr. 3100 VV RVG entstehende gerichtliche und anwaltliche Verfahrensgebühr bestimmt sich vorbehaltlich von Beschränkungen oder Erweiterung des Streitgegenstandes nach dem Umfang der Abgabe. Insoweit und bezüglich des Zeitpunktes der Wertberechnung kann auf die Ausführungen zum Zuständigkeitsstreitwert Bezug genommen werden.
II. Teilwiderspruch und -einspruch 3626
Bei einem (zulässigen) Teilwiderspruch wird nur der vom Widerspruch betroffene Teil des Mahnbescheids an das Prozessgericht abgegeben, hinsichtlich des verbliebenen Teils kann beim Mahngericht Vollstreckungsbescheid beantragt werden. Wird dies vom Kläger übersehen und vor dem Prozessgericht „der Antrag aus dem Mahnbescheid“ gestellt, bedarf es eines gerichtlichen Hinweises (§ 139 ZPO). Über die bis dahin entstandenen Kosten des Mahnverfahrens kann wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung erst mit der Schlussentscheidung im streitigen Verfahren entschieden werden. Für eine Teil-Kostenentscheidung im 1 OLG Bamberg, Beschl. v. 3.12.1979 – 1 W 59/79, JurBüro 1980, 721; a.A. AnwK-RVG/Mock, VV 3308 Rn. 8, der jede, also auch eine vor Antragstellung liegende Tätigkeit ausreichen lassen will. 2 Hartmann, KostG, VV 3308 Rn. 16. 3 OLG Saarbrücken, JurBüro 1973, 132 mit Anm. Schmidt; wohl auch AnwK-RVG/Mock, VV 3307 Rn. 6, 8, und zur Anrechnung Rn. 33 f. 4 OLG Hamburg, Beschl. 15.12.1993 – 8 W 235/93, MDR 1994, 520; OLG Jena, Beschl. v. 22.11.1999 – 5 W 594/99, JurBüro 2000, 472; OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.5.1990 – 1 W 60/90, JurBüro 1990, 613. 5 AnwK-RVG/Onderka/N. Schneider, VV Vorb. 3 Rn. 86. 6 OLG München, Beschl. v. 30.9.1997 – 11 W 2456/97, MDR 1998, 62; Zöller/Vollkommer, § 696 Rn. 5.
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Mahnverfahren Teil-Vollstreckungsbescheid ist nur dann Raum, wenn diese unabhängig vom weiteren Ausgang des Rechtsstreits von dem Antragsgegner in jedem Fall zu tragen sind.1 Streitig ist insoweit, ob der Kläger, anstatt die Durchführung des streitigen Verfahrens zu beantragen, den Anspruch auch unmittelbar im Wege der Klageerhebung geltend machen kann.2 Zwar steht dem nicht eine anderweitige Rechtshängigkeit der Forderung (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) entgegen, da das Mahnverfahren keine Rechtshängigkeit begründet. Jedoch fehlt es für die Klageerhebung am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis, da dem Kläger mit der Fortsetzung des Mahnverfahrens ein einfacherer und kostengünstigerer Weg zur Erlangung eines Titels (Vollstreckungsbescheid) zur Verfügung steht. Bei verständiger Würdigung ist der Klageantrag daher dahingehend auszulegen, dass der Antrag aus dem Mahnbescheid nur im Umfang der Abgabe gestellt werden soll. Dementsprechend kommt es für das streitige Verfahren auch zu keiner Erhöhung des bereits durch den Umfang der Abgabe bestimmten Streitwertes.
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Legt der Antragsgegner (in zulässiger Weise) gegen den Vollstreckungsbescheid nur teilweise Einspruch ein, gelangt das Mahnverfahren nur in diesem Umfang an das Prozessgericht, im Übrigen wird der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig, § 700 Abs. 1 ZPO. Ein – ohne entsprechende Beschränkung – auf Aufrechterhaltung des Vollstreckungsbescheides gerichteter Klageantrag ist daher sprachlich ungenau und berichtigend auszulegen.
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III. Widerspruch bzw. Einspruch gegen die Kosten Wie bereits beim Zuständigkeitsstreitwert dargestellt, kann der Antragsgegner sei- 3629 nen Widerspruch bzw. Einspruch auf die im Mahnbescheid bzw. Vollstreckungsbescheid enthaltene Kostenentscheidung beschränken. Da in diesem Fall das Mahnverfahren nur hinsichtlich der noch streitigen Kosten abgegeben wird, werden diese gem. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 3 GKG zur Hauptsache.3 Wertbestimmend ist auch hier die Summe der durch das Mahnverfahren verursachten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, soweit nicht der Wert der bisherigen Hauptsache geringer ist. Teilt der Antragsteller mit Einreichung des Antrages auf Erlass eines Vollstre- 3630 ckungsbescheids dem Mahngericht gem. § 699 Abs. 1 Satz 2 ZPO mit, die Hauptforderung sei bezahlt worden, dann „erledigt“ sich dadurch allein die Hauptsache nicht; ein auf dem Vollstreckungsbescheid angebrachter Vermerk „abzüglich gezahlter … Euro“ stellt auch nicht die Erledigung der Hauptsache fest. Er besagt aber, dass ein auf die Kosten beschränkter Vollstreckungsbescheid ergeht. Der Wert des nach einem allein gegen die Kostenlast eingelegten Einspruch abgegebenen Mahnverfahrens ist folglich nur nach dem Wert der bis zur Einlegung des Einspruchs erwachsenen Kosten zu berechnen.4
1 OLG Köln, Beschl. v. 16.6.2006 – 17 W 5/05, OLGR 2007, 67; Volpert, RVGreport 2008, 361 (368) m.w.N. 2 Siehe MünchKomm.ZPO/Schüler, § 696 Rn. 17 m.w.N. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.9.1983 – 5 W 9/83, MDR 1984, 149; OLG Koblenz, Beschl. v. 25.3.1994 – 5 W 117/94, JurBüro 1995, 323; OLG Zweibrücken, OLGZ 1971, 380; Zöller/ Vollkommer, § 694 Rn. 1, § 700 Rn. 7. 4 KG, Beschl. v. 10.9.1982 – 1 W 2507/82, JurBüro 1983, 281 = MDR 1983, 323.
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IV. „Erledigung“ im Mahnverfahren 3631
Beim Zuständigkeitsstreitwert wurde bereits ausgeführt, dass Zahlungen mit materiell-rechtlich erledigender Wirkung auf den Wert des streitigen Verfahrens nur dann Einfluss nehmen, wenn ihnen der Antragsteller vor Abgabe durch eine entsprechende eingeschränkte Antragstellung Rechnung getragen hat. Damit ist noch nicht entschieden, welche streitwertrechtlichen Auswirkungen Antragsänderung nach Abgabe haben. Wegen der Einzelheiten wird auch insoweit auf das Stichwort „Erledigung der Hauptsache“, Rn. 2162 ff., 2217 ff. verwiesen.
V. Rücknahme des Mahnantrags 3632
Nach Rücknahme des Mahnantrags, die entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO bis zum Eintritt der Rechtskraft des Vollstreckungsbescheides möglich ist, bestimmt sich der Streitwert des weiteren Verfahrens nur noch nach dem Kosteninteresse der Beteiligten und damit nach der Höhe der bis dahin angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.1
D. Rechtsmittel und Beschwer I. Zurückweisung des Mahnantrages 3633
Die Zurückweisung des Mahnantrages ist mit der sofortigen Beschwerde nur angreifbar, wenn die Zurückweisung auf eine zur maschinellen Verarbeitung ungenügende Form des Mahnantrages gestützt wird, § 691 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Im Übrigen ist die Zurückweisung nach ganz überwiegender Ansicht nicht mit der Beschwerde (arg. § 691 Abs. 3 Satz 2 ZPO), aber mit der Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG angreifbar. Der Beschwerdewert richtet sich nach dem Umfang der Zurückweisung des geltend gemachten Anspruchs.
II. Zurückweisung des Antrags auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides 3634
Weist der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 3a i.V.m. § 20 Nr. 1 RPflG) den Vollstreckungsbescheidsantrag zurück, steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 567 ZPO zu. Auch hier entspricht der Beschwerdewert dem Umfang der Zurückweisung.
III. Abgabe an das Prozessgericht 3635
Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens oder wird nach Erlass des Vollstreckungsbescheides verspätet Widerspruch oder Einspruch erhoben, dann gibt das Mahngericht den Rechtsstreit von Amts wegen an das Prozessgericht ab. Diese Entscheidung ist gem. § 696 Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht anfechtbar, auch nicht mit der Erinnerung nach § 11 Abs. 1 RPflG.2
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Fehlt es an einem Widerspruch des Antragsgegners, scheidet eine Abgabe an das Prozessgericht aus. Eine gleichwohl angeordnete Abgabe bleibt ohne Bindungswir1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.5.2007 – 15 W 18/07, OLGR 2008, 33 = JurBüro 2007, 437. 2 Musielak/Voit, § 696 Rn. 3.
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Mehrere Ansprche (Klagehufung) kung und zwingt zur Rückgabe des Verfahrens an das Mahngericht. Die Rückgabeentscheidung unterliegt wiederum der Beschwerde.1 Der im Mahnbescheid geltend gemachte Anspruch bestimmt auch hier den Beschwerdewert. Lehnt das Mahngericht den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens und damit die Abgabe an das Prozessgericht ab, ist die Erinnerung gem. § 11 Abs. 1 RPflG eröffnet.2
Mehrere Ansprche (Klagehufung) Literatur: Schumann, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, NJW 1982, 2800; Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986; E. Schneider, MDR 1990, 197. Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3638 B. I. II. 1. 2. 3.
Zuständigkeitsstreitwert Grundsatz der Wertaddition Verbot der Wertaddition Rechtliche Identität . . . . . . Wirtschaftliche Identität . . . Nebenansprüche . . . . . . . . .
II. Verbot der Wertaddition 1. Rechtliche Identität . . . . . . . 2. Wirtschaftliche Identität. . . . a) Einzelfälle der objektiven Klagehäufung . . . . . . . . . . b) Einzelfälle der subjektiven Klagehäufung . . . . . . . . . . 3. Nebenansprüche . . . . . . . . . .
. . . . 3641 . . . . 3650 . . . . 3651 . . . . 3652
C. Gebührenstreitwert I. Grundsatz der Wertaddition . . . . 3653
. . . 3660 . . . 3662 . . . 3664 . . . 3669 . . . 3670
D. Rechtsmittel und Beschwer . . . . 3672
Stichwortübersicht Rn. Abschluss eines Vertrags. . . . . . . . . . . 3665 Aufrechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3656 Bauhandwerkersicherungshypothek . . 3666 Bezugsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . 3665 Ehrverletzende Äußerungen – Widerruf und Unterlassung . . . . . . . 3665 Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . 3666 Feststellung eines Rechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3667 Gegenstandsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . 3662 Gesamtgläubiger und -schuldner. . . . . 3669 Gläubigeranfechtungsgesetz . . . . . . . . 3669 Grundschuldbrief . . . . . . . . . . . . . . . . 3668 Haupt- und Hilfsantrag . . . . . . . . 3643, 3656 – unechter Hilfsantrag . . . . . . . . . . . . 3644 Hauptschuldner und Bürge . . . . . . . . . 3669 Herausgabe und Nutzungsersatz . . . . . 3665 Hypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3665 Klage und Widerklage . . . . . . . . . 3643, 3656 Klageänderung . . . . . . . . . . . . . . 3648, 3659 Löschung eingetragener Rechte. . . . . . 3668 Objektive Klagenhäufung – Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3664
Rn. – – – –
Feststellung und Leistung . . . . . . . . 3667 Leistung und Herausgabe . . . . . . . . 3666 Leistung und Sicherung . . . . . . . . . 3666 Leistung und unterstützende Zusatzanträge . . . . . . . . . . . . . . . . . 3668 – mehrere Leistungsansprüche . . . . . 3665 Mehrheit materieller Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . 3650, 3660 Miteigentümergemeinschaft, Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3668 Nacherbenvermerk. . . . . . . . . . . . . . . 3668 Nebenansprüche . . . . . . . . . . . . 3652, 3670 Nichtvermögensrechtliche Ansprüche – mehrere Kläger . . . . . . . . . . . . . . . . 3669 – Mehrheit von . . . . . . . . . . . . . 3641, 3654 – und vermögensrechtliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3641, 3655 Prozesstrennung . . . . . . . . . . . . . . . 3647, 3658, 3675 Prozessverbindung . . . . . . . . . . . 3647, 3658 Rechtliche Identität . . . . . . . . . . 3641, 3660 Rechtshängigkeit, doppelte. . . . . . . . . 3661
1 OLG Dresden, Beschl. v. 18.12.2000 – 8 W 663/00, Rpfleger 2001, 437. 2 Musielak/Voit, § 696 Rn. 3.
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Mehrere Ansprche (Klagehufung) Rn.
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Rentenzahlung und Reallasteintragung. . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatz nach Fristsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatz wegen Nichterfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . Streitgenossen – und Gesamtschuldner bzw. -gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . – unterschiedliche Inanspruchnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . Stufenstreitwerte bei Klageänderung. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . 3666 . . . . . 3668 . . . . . 3665
. . . . . 3669 . . . . . 3669 . . . . . 3648
Rn. Subjektive Klagenhäufung – Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3673 – Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3669 Verletzung mehrerer Schutzrechte . . . 3653a Vermögensrechtlichen Ansprüchen – Mehrheit von . . . . . . . . . . . . . 3641, 3654 Wirtschaftliche Identität . . . . . . 3651, 3662 Wohnungseigentumssachen . . . . . . . . 3665 Zeitpunkt der Wertbestimmung . 3646, 3657 Zwangsvollstreckung – Duldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3669 – Unzulässigkeitserklärung . . . . . . . . 3665
A. Einleitung 3638
Die außergerichtliche und gerichtliche Rechtsverfolgung muss sich nicht auf die Geltendmachung nur eines prozessualen Anspruches beschränken. Neben die Geltendmachung verschiedener Lebenssachverhalte sowie von vorrangig und hilfsweise verfolgten Ansprüchen, treten Forderungen von oder gegen mehrere Personen sowie die wechselseitige Inanspruchnahme der Parteien. Für eine streitwertrechtlich zutreffende Erfassung bedarf es jeweils der Klärung, ob bei einer Mehrheit von geltend gemachten Ansprüchen diese rechtlich oder wirtschaftlich identisch sind, da in diesem Fall eine Wertaddition ausscheidet.
3639
Systematisch stellt sich die Häufung von Ansprüchen wie folgt dar: I.
Zusammentreffen von Primäransprüchen 1. einseitig: objektive und subjektive Klagehäufung 2. wechselseitig: Klage und Aufrechnung bzw. Widerklage II. Zusammentreffen von Hauptanspruch und Hilfsanspruch 1. einseitig: Hauptantrag und (echter) Hilfsantrag 2. wechselseitig: Klage und Hilfsaufrechnung bzw. -widerklage III. Wechselseitige Rechtsmittel
3640
Da die Themenbereiche I. 2, II. und III. zum besseren Verständnis und der Übersichtlichkeit wegen unter eigenen Stichwörtern behandelt werden, beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen – von vereinzelten für das Gesamtverständnis erforderlichen Ausführungen abgesehen – auf die Erörterung der Klagehäufung. Siehe daher im Übrigen unter den Stichwörtern „Klage und Widerklage“, „Hilfsantrag“, „Aufrechnung“, „Hilfswiderklage“ und „Rechtsmittel“.
B. Zuständigkeitsstreitwert I. Grundsatz der Wertaddition 3641
Gemäß § 5 Hs. 1 ZPO werden mehrere in einer Klage nebeneinander primär geltend gemachte Ansprüche, soweit verschiedene Streitgegenstände vorliegen, grundsätzlich zusammengerechnet.1 Dies gilt nach allgemeiner Meinung bei der subjektiven Klagehäufung nach §§ 59 ff. ZPO sowie der objektiven Klagehäufung nach § 260 ZPO. Im letzteren Falle auch bei einer Mehrheit von nicht vermögens-
1 BGH, AnwBl. 1976, 339; Meyer, Anh. § 48 (§ 5 ZPO) Rn. 50.
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Mehrere Ansprche (Klagehufung) rechtlichen Ansprüchen1 sowie bei dem Aufeinandertreffen von vermögensrechtlichen und nicht vermögensrechtlichen Ansprüchen.2 Ist die sachliche Zuständigkeit der Gerichte für einen der geltend gemachten Ansprüche vom Streitwert unabhängig geregelt, beispielsweise gem. § 23 Nr. 2a GVG (amtsgerichtliche Zuständigkeit für Streitigkeiten bei Wohnraummiete), dann bleibt der Wert dieses Anspruchs bei der ansonsten nach § 5 Hs. 1 ZPO gebotenen Wertaddition unberücksichtigt.3 Für die Zulässigkeit einer Klagehäufung (§ 260 ZPO) kommt es daher darauf an, dass das Prozessgericht auch für den weiteren Anspruch sachlich zuständig ist.
3642
Von der Addition ebenfalls ausgenommen sind Klage und Widerklage (§ 5 Hs. 2 ZPO) sowie Haupt- und (echter) Hilfsantrag. Hier ist für den Zuständigkeitsstreitwert letztlich jeweils der höherwertigere prozessuale Anspruch wertbestimmend.4
3643
Davon abzugrenzen ist der unechte Hilfsantrag, beispielsweise der Antrag auf Schadensersatz für den Fall der Nichterfüllung einer (gleichfalls titulierten) Leistungspflicht innerhalb einer bestimmten Frist (§§ 255, 259 ZPO, 283 BGB), bei dem es sich um einen Fall der kumulativen Klagehäufung handelt. Hier gelten die allgemeinen Bewertungsregeln zur objektiven Klagehäufung (s. im Einzelnen unter dem Stichwort „Hilfsantrag“ und „Herausgabe“).
3644
Die Geltendmachung eines Anspruchs im Wege der Aufrechnung bleibt auf den Zuständigkeitsstreitwert in jedem Fall ohne Einfluss, denn dieser wird durch den Streitgegenstand bestimmt und setzt die Rechtshängigkeit des Anspruchs (§ 261 Abs. 1 ZPO) voraus. Da die Gegenforderung mit der Geltendmachung der Aufrechnung nicht rechtshängig wird,5 ist insbesondere für eine Addition von Forderung und Gegenforderung gem. § 5 Satz 1 ZPO kein Raum.6
3645
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertbestimmung ist gem. § 4 ZPO der Zeitpunkt der Antrags- bzw. Klageeinreichung (und -erweiterung). Eine Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände nach Eintritt der Rechtshängigkeit ist (bei gleich bleibendem Streitgegenstand) für den Zuständigkeitswert ohne Bedeutung, § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO.
3646
Dies gilt auch für die nachträgliche Zusammenführung oder Aufhebung anfänglich verbundener Ansprüche durch gerichtliche Anordnung der Prozessverbindung (§ 147 ZPO) oder Prozesstrennung (§ 146 ZPO). Eine einmal begründete Zuständigkeit des Prozessgerichts wird hierdurch nicht berührt.7 Siehe hier auch unter den jeweiligen Stichwörtern.
3647
Die Werte vor und nach einer Klageänderung (§ 263 ZPO) geltend gemachter Ansprüche werden für den Zuständigkeitsstreitwert ebenfalls nicht zusammengerechnet. Das Verfahren hat zu jedem Zeitpunkt nur einen Streitgegenstand. Daher müssen zeitbezogen unterschiedliche Werte – sog. Stufenwerte – festgesetzt werden.8
3648
Einstweilen frei.
3649
1 OLG Koblenz, Beschl. v. 16.8.1984 – 6 U 771/83, JurBüro 1985, 257 – mehrere Unterlassungsschuldner; OLG München, Beschl. v. 10.11.1992 – 21 W 2023/92, MDR 1993, 286 – mehrere Unterlassungsschuldner. 2 OLG Hamm, Beschl. v. 11.6.2014 – 32 SA 40/14, MDR 2014, 1347; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagenhäufung“ Rn. 4. 3 Musielak/Voit/Heinrich, § 5 Rn. 10. 4 Zöller/Herget, § 5 Rn. 4; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagenhäufung“ Rn. 4. 5 BGH, Urt. v. 11.11.1971 – VII ZR 57/70, MDR 1972, 318; Zöller/Greger, § 145 Rn. 18. 6 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.8.1998 – 28 AR 63/98, MDR 1999, 438; Zöller/Herget, § 5 Rn. 9. 7 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagenhäufung“ Rn. 10, 11; Zöller/Herget, § 4 ZPO Rn. 7. 8 Siehe dazu Schneider, Kostenentscheidung im Zivilurteil, 2. Aufl. 1977, § 22 VII und hier das Stichwort „Klageänderung“.
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II. Verbot der Wertaddition 1. Rechtliche Identität 3650
Wird ein Klagebegehren auf mehrere Klagegründe (materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen) oder Haupt- und Hilfsvorbringen gestützt, dann handelt es sich nicht um eine Häufung prozessualer Ansprüche (Klagehäufung), sondern um eine Mehrheit materieller Ansprüche. Hier ist ohne Zusammenrechnung nur ein Streitwert und dieser nach der höchsten anwendbaren Bewertungsvorschrift festzusetzen.1 2. Wirtschaftliche Identität
3651
Nur bei einer Mehrheit von Streitgegenständen (prozessualen Ansprüchen) bedarf es der Klärung, ob diese wirtschaftlich identisch sind. Betreffen diese „denselben Gegenstand“, weil der eine Anspruch aus dem anderen folgt, auf dasselbe (wirtschaftliche) Interesse ausgerichtet ist oder nur den Zweck verfolgt, den anderen Anspruch zu rechtfertigen oder ihm als Vorrausetzung oder Begründung zu dienen, scheidet eine Wertaddition aus.2 Die Bewertungsgrundlagen entsprechen daher denen des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG, so dass auf die nachfolgenden Ausführungen zur wirtschaftlichen Identität beim Gebührenstreitwert (unten Rn. 3662) verwiesen werden kann. 3. Nebenansprüche
3652
Nebenforderungen sind von der eingeklagten Hauptforderung abhängige, in demselben Rechtsstreit verfolgte, jedoch getrennt von der Hauptsache berechnete Forderungen. Sie bleiben, von Ansprüchen aus Art. 45 ScheckG und Art. 48 WG abgesehen (§ 4 Abs. 2 ZPO), gem. § 4 ZPO bei der Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwertes unberücksichtigt, solange sie neben der Hauptforderung geltend gemacht werden. Siehe im Übrigen unter dem Stichwort „Nebenforderungen“.
C. Gebührenstreitwert I. Grundsatz der Wertaddition 3653
Nach der Neufassung des § 39 Abs. 1 GKG wird nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass mehrere in einer Klage primär geltend gemachte Ansprüche zusammengerechnet werden, soweit sich im GKG keine abweichende Sonderregelung findet. Eine Änderung der bisherigen Rechtslage ist damit nicht verbunden, da die Regelung inhaltlich dem Verweis des § 12 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. auf § 5 ZPO entspricht.3
3653a
Für die Streitwertbemessung eines auf die Verletzung mehrerer Schutzrechte gestützten Unterlassungsantrages, bei dem nach Ansicht des BGH unterschiedliche prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) vorliegen sollen,4 gelten bereichsspezifische Besonderheiten.5 1 BGH, Beschl. v. 27.2.2003 – III ZR 115/02, MDR 2003, 716; Urt. v. 21.2.1985 – VIII ZR 160/83, NJW 1985, 1840. 2 Zöller/Herget, § 5 ZPO Rn. 8. 3 Zum alten Recht: BGH, Beschl. v. 23.10.1990 – VI ZR 135/90, MDR 1991, 427; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.8.2000 – 10 W 53/00, OLGR 2000, 458. 4 BGH, GRUR 2011, 1043 – TÜV II. 5 Vgl. BGH, Beschl. v. 12.9.2013 – I ZR 58/11; OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.12.2013 – 6 U 218/13 – Erhöhung des Ausgangsstreitwertes für jede weitere Schutzrechtsverletzung um 10 %.
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Mehrere Ansprche (Klagehufung) Für die Zusammenrechnung unterscheidet § 39 GKG nicht danach, ob Gegenstand der Klage eine Mehrheit von vermögensrechtlichen oder von nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen ist. Da mit Letzteren kein wirtschaftliches Interesse verfolgt wird, ist deren (Gebühren)Streitwert unter Berücksichtung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Bedeutung und des Umfangs der Sache sowie der finanziellen Verhältnisse, der Parteien zu bestimmen, § 48 Abs. 2 GKG. In beiden Fällen ist der Streitwert jedes Anspruchs einzeln festzusetzen und dann zusammenzurechnen.1
3654
Zu differenzieren ist hingegen bei einer Verbindung von vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen. Beispielsweise wenn mit der Klage eines nicht ehelichen Kindes auf Zahlung des Unterhaltes und der Antrag auf Feststellung der Vaterschaft verbunden ist. Hier hat gem. § 48 Abs. 4 GKG eine Wertaddition zu unterbleiben, wenn der vermögensrechtliche Anspruch aus dem nichtvermögensrechtlichen Anspruch abgeleitet wird,2 maßgeblich ist dann der höherwertigere Einzelanspruch. Anderenfalls ist auch hier eine Zusammenrechnung der Einzelwerte geboten.
3655
Ebenso ist gem. § 45 GKG grundsätzlich zu addieren, wenn verschiedene (prozessuale) Ansprüche im Wege der Klage und Widerklage, Haupt- und (beschiedenem) Hilfsantrag sowie Klage und (beschiedener) Hilfsaufrechnung geltend gemacht werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter den einschlägigen Stichworten verwiesen.
3656
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertbestimmung ist gem. § 40 GKG auch hier derjenige der Antrags- bzw. Klageeinreichung (und -erweiterung). Nachfolgende Wertänderungen bei gleich bleibendem Streitgegenstand sind unbeachtlich. Ist die Wertminderung oder -erhöhung dagegen Folge einer Veränderung des Streitgegenstandes, ist dies durch Festsetzung eines Stufenstreitwerts zu erfassen.
3657
Dies gilt auch für die nachträgliche Zusammenführung oder Aufhebung anfänglich verbundener Ansprüche durch gerichtliche Anordnung der Prozessverbindung (§ 147 ZPO) oder Prozesstrennung (§ 146 ZPO). Hier ist im Hinblick auf den zeitlich unterschiedlichen Anfall von Gebühren zwischen dem Gebührenstreitwert bis zur Anordnung der Verbindung bzw. Trennung und dem nachfolgenden Zeitraum zu differenzieren. Denn bereits entstandene Gebühren bleiben von der Anordnung unberührt.3
3658
Ob die Werte der vor und nach einer Klageänderung (§ 263 ZPO) geltend gemachten Ansprüche zusammengerechnet werden müssen, kann nicht für alle Fallgestaltungen einheitlich beantwortet werden. Während dies für die Antragsänderung und die nachträgliche Klagenhäufung zu verneinen ist, muss beim Klagewechsel maßgeblich darauf abgestellt werden, ob damit ein Austausch wirtschaftlich identischer oder nicht identischer Ansprüche verbunden ist. Zu den Einzelheiten s. unter dem Stichwort „Klageänderung“.
3659
1 OLG Koblenz, Beschl. v. 16.8.1984 – 6 U 771/83, JurBüro 198, 257; OLG Köln, JMBl.NW 1961, 286; OLG München, Beschl. v. 10.11.1992 – 21 W 2023/92, OLGR 1993, 286 = MDR 1993, 286; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagenhäufung“ Rn. 17. 2 OLG Hamm, VersR 2008, 1236; OLG Köln, Beschl. v. 25.11.1975 – 2 W 133/75, ZMR 1977, 62; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Klagenhäufung“. 3 RGZ 44, 420; Hess. VGH, JurBüro 1987, 1359; KG, JW 1938, 540; OLG Köln, VersR 1992, 518; OLG München, AnwBl. 1981, 155; str. ist die Berechnung, wenn eine Gebühr zunächst in einem der Verfahren entstanden ist, nach Verbindung – aus dem höheren Wert – erneut anfällt, s. OLG Koblenz, JurBüro 1986, 1523; gefolgt werden sollte dem OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.1.1995 – 10 WF 2/95, MDR 1995, 645: auf die Streitwertteile bezogene anteilige Kürzung.
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II. Verbot der Wertaddition 1. Rechtliche Identität 3660
Wird eine Klageforderung auf mehrere Klagegründe gestützt, also beispielsweise ein Herausgabeverlangen zugleich aus Gesetz, Vertrag und unerlaubter Handlung hergeleitet, dann handelt es sich nicht um eine Klagenhäufung, also um eine Häufung prozessualer Ansprüche, sondern um eine Mehrheit materieller Ansprüche. Hier ist ohne Zusammenrechnung nur ein Streitwert und dieser nach der höchsten anwendbaren Bewertungsvorschrift festzusetzen.1
3661
Wird in einer Klage derselbe Streitgegenstand mehrfach und damit – wegen des Verbots der doppelten Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) – einmal in unzulässiger Weise geltend gemacht, scheidet gleichfalls eine Wertaddition aus. Dies folgt jedoch nur mittelbar aus § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG, dessen Gegenstandsbegriff mit dem prozessualen Streitgegenstand nicht übereinstimmt und damit Fallgestaltungen der wirtschaftlichen Identität verschiedener prozessualer Ansprüche erfasst. 2. Wirtschaftliche Identität
3662
In § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG ist der Grundgedanke des Streitwertrechts ausgedrückt, dass derselbe Gegenstand nicht mehrfach bewertet werden darf. Mehrere Anträge in objektiver Klagehäufung, die denselben Gegenstand betreffen, dürfen deshalb weder für den Zuständigkeits- oder Rechtsmittelwert noch für den Gebührenwert addiert werden. Maßgebend ist dann nur der höhere Wert. Hierbei besteht Einigkeit, dass der „Gegenstand“ in § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG mit dem des (zweigliedrigen) Streitgegenstand des Prozessrechts nicht identisch ist.2 Insoweit unterscheidet sich die Wertbestimmung nicht von der Beurteilung der Mehrheit von prozessualen Ansprüchen bei Klage und Widerklage, Haupt- und Hilfsantrag oder Klage und Hilfsaufrechnung. Zu den Einzelheiten s. unter den entsprechenden Stichwörtern.
3663
Maßgebend für die Streitwertberechnung ist allein das im jeweiligen Klagebegehren zum Ausdruck kommende Interesse. Nur wenn sich das den Klageanträgen (prozessualen Ansprüchen) zugrunde liegende klägerische Interesse – wirtschaftlich betrachtet – auf „denselben Gegenstand“ richtet, scheidet eine Zusammenrechnung aus.3 a) Einzelfälle der objektiven Klagehäufung
3664
Eine Klagehäufung kann dadurch erfolgen, dass mehrere prozessuale Ansprüche gegen denselben Beklagten geltend gemacht werden, § 260 ZPO (obj. Klagehäufung). Um die streitwertrechtliche Einordnung zu erleichtern, ist die Rechtsprechung nach häufig auftretenden Konstellationen der Anspruchshäufung unterteilt. 1 BGH, Beschl. v. 27.2.2003 – III ZR 115/02, MDR 2003, 716; Urt. v. 21.2.1985 – VIII ZR 160/83, NJW 1985, 1840; OLG Bremen, JurBüro 1979, 731. 2 BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506; Urt. v. 28.9.1994 – XII ZR 50/94, MDR 1995, 198; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Echter Hilfsantrag“ Rn. 7; Lappe, Anm. zu OLG Karlsruhe, KostRsp. § 19 GKG Nr. 139. 3 BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506; LAG Brandenburg, Beschl. v. 1.9.2000 – 6 Ta 70/00, JurBüro 2001, 95; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.8.1988 – 10 W 34/88, JurBüro 1988, 1551 = MDR 1988, 1067; OLG Köln, Beschl. v. 11.9.1989 – 24 W 26/89, JurBüro 1990, 121; N. Schneider, MDR 2003, 237 = Anm. zu OLG Düsseldorf, MDR 2003, 236.
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Mehrere Ansprche (Klagehufung) (1) Treten bei der objektiven Klagehäufung mehrere Leistungsansprüche neben- 3665 einander, ist bei verschiedenen Sachverhalten regelmäßig von fehlender wirtschaftlicher Einheit auszugehen, so dass eine Wertaddition geboten ist. Verfolgt der Kläger hingegen Leistungsansprüche aus demselben Rechtsverhältnis, die auf das gleiche wirtschaftliche Ziel gerichtet sind, scheidet eine Wertaddition aus: – Verlangt der Kläger Schadensersatz wegen Nichterfüllung i.H.d. positiven Interesses und hilfsweise Ersatz des Vertrauensschadens handelt es sich um denselben Gegenstand, da die Ersatzpositionen einander ausschließen und daher eine wirtschaftliche Werthäufung fehlt.1 Wertbestimmend ist das regelmäßig weiter gehende positive Interesse. – Ist die Klage auf Widerruf einer ehrverletzenden Behauptung und Unterlassung künftiger entsprechender Äußerungen gerichtet, liegen zwei Gegenstände vor. Während der Widerruf auf Beseitigung einer bereits eingetretenen Rechtsbeeinträchtigung zielt, dient das Unterlassungsgebot der Vermeidung weiterer, auch gleichartiger Verletzungshandlungen. Die Klagebegehren sind gesondert zu bewerten und gem. § 5 ZPO zusammenzurechnen.2 – Begehrt der Kläger dagegen von dem Beklagten Unterlassung ehrverletzender Äußerungen und zugleich die Beseitigung inhaltsgleicher Interneteinträge, ist von demselben Gegenstand auszugehen und die Einzelwerte sind nicht zu addieren. Das Unterlassungsverlangen ist auf Vermeidung künftiger Beeinträchtigungen gerichtet und umfasst die Verpflichtung zur Beseitigung fortwirkender Beeinträchtigungen.3 – Wird neben dem Anspruch auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen ein aus diesen abgeleiteter Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld oder Zahlung einer Vertragsstrafe geltend gemacht, liegen zwei Gegenstände vor. Da hier vermögensrechtliche und nicht vermögensrechtliche Ansprüche aufeinandertreffen, ist für die Streitwertbestimung zu unterscheiden: Während für den Zuständigkeitsstreitwert gem. § 5 ZPO eine Addition der Einzelwerte vorzunehmen ist,4 bestimmt sich der Gebührenstreitwert gem. § 48 Abs. 3 GKG allein nach dem Wert des höheren Anspruchs.5 – Wird neben Unterlassung der Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit auf Beseitigung bereits eingetretener Beeinträchtigungen geklagt, scheidet entgegen eine Wertaddition aus. Die Verpflichtung zur Unterlassung künftiger Beeinträchtigungen umfasst die Beseitigung fortwirkender Beeinträchtigungen.6 – Der Antrag auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung in Höhe eines bestimmten bereits beigetriebenen Betrages und der Antrag auf Rückzahlung
1 OLG Rostock, Beschl. v. 23.10.2007 – 7 W 75/07, OLGR 2008, 170 = NJ 2008, 82 (Ls.). 2 OLG Düsseldorf, AnwBl. 1980, 358; KG, JurBüro 1969, 320; OLG Frankfurt, JurBüro 1974, 1413 unter Aufgabe JurBüro 1963, 38, wonach der Unterlassungsantrag von dem weiter gehenden Widerrufsantrag streitwertmäßig konsumiert werde. 3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.4.2009 – 14 W 53/08, VersR 2009, 948 = JurBüro 2009, 430 (Ls). 4 Vgl. Zöller/Herget, § 5 Rn. 7; Prütting/Gehrlein/Gehle, § 5 Rn. 2; unklar Thomas/Putzo/ Hüßtege, § 5 Rn. 4. 5 BGH, Beschl. v. 25.4.2006 – VI ZB 73/04, WuM 2006, 396 – Schmerzensgeld; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.4.2009 – 14 W 53/08, VersR 2009, 948 – Vertragsstrafe; OLG Köln, Beschl. v. 18.8.1993 – 19 W 27/93, JurBüro 1994, 991 – Schmerzensgeld; LAG Koblenz, Beschl. v. 24.4.2007 – 1 Ta 89/07, MDR 2007, 1045; a.A. OLG Hamm, Beschl. v. 10.8.2007 – 9 W 33/07, AGS 2008, 463: Schmerzensgeldanspruch folge aus der unerlaubten Handlung nicht dem Unterlassungsanspruch – das übersieht jedoch, dass der Unterlassungsanspruch die Erstbegehung voraussetzt; OLG Stuttgart, RPfleger 1957, 97 – Schätzung eines Gesamtstreitwerts allein nach § 3 ZPO. 6 Unzutreffend daher BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZR 19/12, GE 2012, 1314.
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des beigetriebenen Betrages haben wirtschaftlich denselben Gegenstand und sind deshalb nicht zusammenzurechnen.1 Gleiches gilt, wenn sich in Wohnungseigentumssachen der Anfechtungskläger gegen einen Negativ-Beschluss wendet und dieses Begehren mit einem Verpflichtungsantrag auf Vornahme einer Maßnahme der ordentlichen Verwaltung verbindet.2 Von einem wirtschaftlich einheitlichen Gegenstand ist ferner auszugehen, wenn neben dem Antrag, den Beklagten aufgrund einer Bezugsverpflichtung zu verurteilen, seinen gesamten Bedarf an einer Ware nur beim Kläger zu decken, der weitere Antrag gestellt wird, den Beklagten zur Unterlassung des anderweitigen Bezuges dieser Ware zu verurteilen. Das für die Streitwertfestsetzung maßgebende Interesse des Klägers an einer solchen Klage ergibt sich aus dem Gewinnverlust, der durch die Klage verhindert werden soll.3 Auch bei Verbindung dinglicher und persönlicher Klage aus einer Hypothek und der ihr zugrunde liegenden Forderung ist nur ein Wert anzusetzen.4 Im Falle einer Klage auf Zustimmung zum Abschluss eines Vertrags (z.B. Mietvertrags) verbunden mit dem Antrag auf Erbringung der Hauptleistung (z.B. Zurverfügungstellung der Mieträume) ist der letztgenannte Antrag zwangsläufige Folge des ersten Antrages und bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise in diesem enthalten. Eine Zusammenrechnung scheidet daher aus. Klagt der Eigentümer gegen den unrechtmäßigen Besitzer auf Herausgabe (§ 985 BGB) und Ersatz entgangener Nutzungen (§§ 823 Abs. 1, 992 BGB), liegen zwei Gegenstände vor. Deren Werte sind zu addieren.5 Ist die Klage dagegen auf Herausgabe und hilfsweise auf Wertersatz gerichtet, liegen wirtschaftlich identische Gegenstände vor, eine Zusammenrechnung scheidet aus.6 Wird wegen fehlerhafter Beratung zur Anlage eines Wertpapierdepots auf Schadensersatz geklagt und die Klage wegen desselben Wertpapierdepots hilfsweise darauf gestützt, dass pflichtwidrig zur Fortführung des Depots geraten worden sei, ist nicht zusammenzurechnen, da es sich um denselben Vermögensgegenstand handelt.7 Begehrt der Kläger Ersatz der ihm aufgrund eines Verkehrsunfalls entstandenen Reparaturkosten, hilfsweise die ihm infolge der Übernahme der Reparaturkosten durch die Vollkaskoversicherung entstandenen Prämiennachteile, dann scheidet mangels Werthäufung eine Wertaddition aus.8 Zwischen dem auf Rückzahlung einer geleisteten Gesellschaftseinlage und den Hilfsanträgen auf Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung des Gesellschaftsvertrages und Zahlung eines Abfindungsguthabens besteht wirtschaftliche Identität.9
OLG Schleswig, JurBüro 1958, 426. LG Hamburg, Beschl. v. 13.9.2012 – 318 T 48712, ZMR 2012, 966. KG, JurBüro 1969, 1195. OLG Bremen, Rpfleger 1957, 274 zu ZPO § 5. A.A. OLG Karlsruhe, ZZP 68, 1955, 463: Nutzungsentgelt bleibt gem. § 4 ZPO unberücksichtigt. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.3.2001 – 24 W 20/11, AGS 2012, 190; OLG Rostock, Urt. v. 16.7.2008 – 1 U 47/08, MDR 2009, 133. OLG München, Beschl. 24.9.2012 – W 1650/12, NJW-RR 2013, 441. OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.5.2011 – 3 W 23/11. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.8.2014 – 4 U 147/08.
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Mehrere Ansprche (Klagehufung) (2) Verbindet der Kläger in seiner Klage Ansprüche auf Leistung mit Ansprüchen auf Sicherung seines Leistungsinteresses, kommt regelmäßig eine Wertaddition nicht in Betracht: – Wird auf Kaufpreiszahlung und zugleich auf Herausgabe der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Ware geklagt, so werden diese Streitgegenstände nicht zusammengerechnet.1 Es geht wirtschaftlich nur um einen Leistungsvorgang, weil das Herausgabeverlangen nur zur Sicherung des Zahlungsanspruchs geltend gemacht wird.2 – Ebenso liegt es, wenn auf Zahlung und auf Sicherstellung des geforderten Betrages geklagt wird, dann handelt es sich nicht um verschiedene Ansprüche. Es ist nicht zusammenzurechnen, sondern der Wert der zu sichernden Hauptforderung ist maßgebend.3 – Desgleichen ist nicht zu addieren, wenn ein Bauunternehmer auf Zahlung des Werklohnes und zugleich auf Einwilligung zur Eintragung einer Bauwerksicherungshypothek für diesen Betrag klagt. Beide Anträge betreffen denselben Gegenstand, nämlich die Werklohnforderung. Der Streitwert bestimmt sich daher nur nach dem einfachen Betrag des Zahlungsanspruchs.4 – Die Klage auf Zahlung einer Rente und auf Eintragung einer Reallast im Grundbuch zur Sicherung dieser Rente sind wirtschaftlich auf den gleichen Erfolg gerichtet, so dass eine Zusammenrechnung der beiden Werte nicht stattfindet.5 Das gilt in gleicher Weise für die Klage auf Zahlung eines erhöhten Erbbauzinses und auf Bewilligung der Eintragung einer entsprechend erhöhten Reallast.6
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(3) Ist die Klage neben dem Leistungsantrag auf Feststellung eines Rechtsverhält- 3667 nisses gerichtet, ist danach zu unterscheiden, ob sich der Feststellungsantrag auf einen weiter gehenden, nicht rechtshängigen Teil des Leistungsanspruchs, auf das dem Leistungsantrag zugrundliegende Rechtsverhältnis oder nur auf die die Vollstreckung erleichterenden Umstände richtet: – Wird der Leistungsanspruch, etwa weil eine abschließende Berechnung noch nicht möglich ist, nur teilweise eingeklagt und zugleich Feststellung begehrt, dass der Beklagte auch zur weiter gehenden (noch unbezifferten) Leistung, etwa zum Ersatz des weiteren Schadens verpflichtet ist, müssen die Einzelwerte addiert werden. Dabei ist der für den Feststellungsantrag übliche Abschlag (20 %; s. das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2289 ff.) zu beachten. 1 OLG Hamburg, MDR 1965, 394; Hartmann, KostG, Anh. I § 48 (§ 5 ZPO) Rn. 7 dort unter „Kaufpreis“. 2 Ebenso Hillach/Rohs, § 41 C II, S. 180. 3 OLG Nürnberg, JurBüro 1967, 74; OLG Köln, JMBl.NW 1968, 201. 4 OLG Dresden, Beschl. v. 22.11.2013 – 10 W 1107/13; OLG Brandenburg, Beschl. v. 22.2.2012 – 4 W 34/11; OLG Jena, Beschl. v. 18.2.2010 – 5 W 341/09, IBR 2010, 370; OLG Stuttgart, Beschl. v. 26.3.2013 – 10 W 14713; Beschl. v. 10.9.2002 – 12 W 42/02, BauR 2003, 131; KG, Beschl. v. 12.9.1997 – 4 W 1583/87, BauR 1998, 829; OLG Koblenz, Beschl. v. 12.2.2008 – 6 W 1/08; OLG Köln, DB 1974, 429; OLG Nürnberg, Beschl. v. 2.7.2003 – 6 W 19/03; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagenhäufung“ Rn. 15; a.A. OLG Hamm, Beschl. v. 9.6.2011 – 24 U 147/08, BauR 2011, 1546: Zuschlag von 1/3 bzw. 1/5 bei vorausgegangener rangwahrender Vormerkungseintragung; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.12.2008 – 5 W 48/08; Beschl. v. 30.4.1996 – 23 W 19/96, OLGR 1997, 136: Aufschlag von 1/3 des Hypothekenwerts; Beschl. v. 28.1.2000 – 9 U 212/99, MDR 2000, 543: Addition; OLG Hamburg, Beschl. v. 15.1.2001 – 9 W 101/00, OLGR 2001, 217; OLG München, Beschl. v. 27.9.1999 – 28 W 2150/99, IBR 2000, 296. 5 OLG Nürnberg, JurBüro 1964, 684; OLG Celle, Beschl. v. 21.4.1983 – 4 W 68/83, Nds.Rpfl. 1983, 159. 6 OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.3.2014 – 19 W 12/14 – zur Zwischenfeststellungsklage neben einer Pflichtteilsstufenklage; OLG Celle, Beschl. v. 26.3.2014 – 4 U 6/14.
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Mehrere Ansprche (Klagehufung) – Dagegen handelt es sich um wirtschaftlich identische Begehren, wenn auf Leistung und gleichzeitig auf Feststellung des anspruchsbegründenden Rechtsverhältnisses (vgl. § 256 Abs. 2 ZPO) geklagt wird. Das gilt zumindest dann, wenn der wirtschaftliche Wert des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses durch den Leistungsantrag vollständig repräsentiert wird, etwa weil die Parteien über den Bestand eines Kaufvertrages und die Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung oder die Eigentumslage und Verpflichtung zur Herausgabe einer Sache streiten. Maßgeblich ist dann immer der höhere Einzelwert, d.h. regelmäßig der Wert des Leistungsanspruchs.1 Werden dagegen die nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis möglichen Ansprüche durch den Leistungsantrag nicht vollständig abgebildet, ist eine differenzierte Bewertung geboten.2 Zwar sind auch hier Feststellungs- und Leistungsantrag wirtschaftlich identisch, dies aber nicht in vollem Umfang. Denn würde nur der höherwertige Feststellungsanspruch zugrundegelegt, bliebe unberücksichtigt, dass der beim Feststellungsantrag gebotene Abschlag (20 %) auch den Teil umfassen würde, der Gegenstand des Leistungsantrages ist. Hier ist daher der Wert des Feststellungsantrages um 20 % des Leistungsantrages zu erhöhen oder die Werte von Leistungs- und Feststsellungsantrag zu addieren, letzterer jedoch geschmälert um 80 % des Leistungsantrags.3 – Ebenso verhält es sich bei einer Klage auf Leistung Zug-um-Zug gegen Erbringung der Gegenleistung verbunden mit dem Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges. Zwar beruht der Leistungsanspruch nicht auf dem festzustellenden Annahmeverzug. Bei dem Feststellungsantrag handelt es sich jedoch um einen nachbereitenden Zusatzantrag, dem ein vom Leistungsantrag abweichendes wirtschaftliches Interesse nicht zugrunde liegt. Denn er dient allein dazu, die Durchsetzung des Leistungsanspruchs (§ 756 ZPO) zu erleichtern. Wird er neben dem Leistungsanspruch geltend gemacht, ist allein der Wert des Leistungsantrages maßgeblich,4 (s. auch das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2316 ff.) – Der neben Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrages gestellte Antrag auf Verurteilung zur Abgabe der Löschungsbewilligung für eine Auflassungsvormerkung rechtfertigt keine Zusammenrechnung. Die Verpflichtung zur Erteilung der Löschungsbewilligung ist eine selbstverständliche Folge der Vertragsnichtigkeit.5 Dass die Löschungsbewilligung eine zusätzliche Willenserklärung erfordert und diese nicht durch die Nichtigkeitsverurteilung ersetzt wird, rechtfertigt keine andere Beurteilung (a.A. 12. Auflage). – Ebenso scheidet eine Zusammenrechnung aus, wenn die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Darlehensvertrages und daneben auf Freigabe der zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs zedierter Ansprüche gerichtet
1 OLG München, Beschl. v. 20.3.1984 – 24 W 48/84, JurBüro 1984, 1235; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagenhäufung“ Rn. 14; Schumann, NJW 1982, 2800. 2 So wohl auch BGH, Beschl. v. 9.10.1991 – XII ZR 81/91, NJW-RR 1992, 698 – Zusammentreffen von Leistungs- und Zwischenfeststellungsklage; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 5 Rn. 7 – bei Teilidentität. 3 Zutr. OLG Oldenburg, Beschl. v. 29.3.2010 – 5 W 16/10. 4 OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 7.3.2012 – 10 W 17/12, NJW-RR 2012, 1213; KG, Beschl. v. 21.3.2005 – 8 W 65/04, MDR 2005, 898; OLG Brandenburg, Urt. v. 21.2.2007 – 4 U 121/06; OLG Hamburg v. 10.5.2000 – 11 U 108/00, OLGR Hamburg 2000, 455; OLG Karlsruhe, JurBüro 2007, 648; Urt. v. 30.6.2004 – 1 U 10/04, OLGR Karlsruhe 2004, 388; offen lassend: BGH, Beschl. v. 18.7.2007 – XII ZR 87/05, FamRZ 2007, 1314; a.A. BGH NJW-RR 1989, 826; OLG Bremen OLGR 2007, 625; OLG Düsseldorf JurBüro 1994, 496; Anders/ Gehle/Kunze, Stichwort „Feststellungsklage“ Rn. 13; E. Schneider, MDR 1990, 197. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.2.1982 – 22 W 12/82, AnwBl. 1982, 247.
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Mehrere Ansprche (Klagehufung) ist. Auch hier ist die begehrte Rückabtretung Folge der Rückabwicklung des Darlehensvertrages und damit mit dieser wirtschaftlich identisch.1 – Eine Addition der Einzelwerte scheidet dagegen aus, wenn neben dem Leistungsantrag auf Feststellung des Rechtsgrundes der Leistungsverpflichtung geklagt wird. Insbesondere rechtfertigt die angesichts etwaiger Pfändungsschutzregelungen oder einer möglichen Restschuldbefreiung nach Abschluss eines (etwaigen) Privatinsolvenzverfahrens begehrte Feststellung, dass die Klage auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruht, keine Werterhöhung.2 Es handelt sich vielmehr um einen nachbereitenden Zusatzantrag, dem ein vom Leistungsantrag abweichendes wirtschaftliches Interesse nicht zugrunde liegt. Der Feststellungsantrag dient allein dazu, die Durchsetzung des Leistungsanspruchs zu erleichtern bzw. zu sichern. Bei isolierter Geltendmachung des Feststellungsantrages ist ausgehend vom Wert der Hauptforderung eine Bruchteilsbewertung geboten,3 (s. das Stichwort „Forderung“). (4) Werden neben dem Leistungsanspruch diesen vorbereitende, unterstützende oder nachbereitende Zusatzanträge gestellt, ist zu prüfen, ob diesen ein vom Leistungsanspruch abweichendes wirtschaftliches Interesse zugrunde liegt. Ist das zu verneinen, sind die Einzelwerte zu addieren; anderenfalls ist der höchste Einzelwert maßgeblich. – So liegt etwa bei einer Klage auf Darlehensrückzahlung und Herausgabe des damit in Zusammenhang stehenden Grundschuldbriefs wirtschaftliche Gleichheit vor, so dass nur ein Streitwert anzunehmen ist.4 – Das gilt auch dann, wenn neben der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) die Herausgabe des Vollstreckungstitels5 oder einer dem Beklagten (Gläubiger) gestellten Sicherheit, etwa einer Bürgschaftsurkunde, verlangt wird.6 Entsprechend ist zu bewerten, wenn neben einem Zahlungsanspruch die dafür ausgestellte Bürgschaftserklärung herausverlangt wird.7 – Eine Addition scheidet ferner aus, wenn neben dem Zahlungsanspruch ein Anspruch auf Freigabe eines hinterlegten Teilbetrages geltend gemacht wird, der im Zahlungsantrag mitenthalten ist.8 – Ebenso verhält es sich bei der Klage auf Auflassung, verbunden mit dem Antrag auf Löschung einer bereits eingetragenen Eigentümergrundschuld. Nur der Auflassungsantrag ist dann wertbestimmend, weil die Anträge zusammen keinen höheren Streitwert als den Verkehrswert des Grundstücks haben können.9 Mehr als die lastenfreie Übertragung des Grundstückseigentums kann der Kläger in diesem Fall nicht erreichen. Der Verkehrswert ist deshalb zugleich Höchstwert. Das entspricht dem Grundgedanken des § 6 ZPO.
1 BGH, Beschl. v. 11.4.2006 – XI ZR 199/04, NW-RR 2006, 997; OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.4.2007 – 3 W 77/06, NJ 2007, 463. 2 Zutr. daher OLG München, Beschl. v. 9.1.2015 – 20 W 30/15; OLG Jena, Beschl. v. 5.7.2010 – 4 W 277/10; a.A. OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.12.2008 – 7 W 79/08, NJW-RR 2009, 708; OLG Dresden, Beschl. v. 26.10.2007 – 8 W 1224/07, MDR 2008, 50. 3 BGH, Beschl. v. 6.4.2009 – VI ZB 88/08, Schaden-Praxis 2010, 29 = ZIP 2009, 2172 (Ls.): 1/4; Beschl. v. 22.1.2009 – IX ZR 235/08; OLG Dresden, Beschl. v. 26.10.2007 – 8 W 1224/07, MDR 2008, 50: 1/20. 4 BGH, Beschl. v. 11.4.2006 – XI ZR 195/04, MDR 2006, 1257; OLG München, MDR 1968, 769. 5 OLG Rostock, Urt. v. 30.1.2013 – 1 U 75/11. 6 BGH, Beschl. v. 11.7.1985 – III ZR 220/84, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 789 mit Anm. Schneider. 7 OLG Bamberg, JurBüro 1974, 1437. 8 OLG Frankfurt, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 93 = OLGR 1994, 96. 9 OLG Köln, Beschl. v. 8.6.1988 – 11 W 25/88, JurBüro 1988, 1388; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.7.1993 – 9 W 53/93, JurBüro 1994, 496.
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– Demgegenüber sind nach Ansicht des OLG Braunschweig1 die Werte der Klageanträge auf Löschung eines Nutzungsrechts und Herausgabe der genutzten Räume zu addieren, da mit dem einen Anspruch die Beseitigung rechtlicher Beschränkungen und mit dem anderen Anspruch die Wiederlangung auf tatsächlicher Ebene angestrebt werde. – Der Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des Nacherbenvermerks hat neben dem Begehren der Zustimmung des Nacherben zur Veräußerung des Nachlassgrundstücks keinen eigenen Wert. – Die Aufhebung einer Miteigentümergemeinschaft läuft in Stufen ab.2 Notwendig ist neben der Zustimmung zur Aufhebung der Gemeinschaft an bestimmten Gegenständen die Zustimmung zum Verkauf dieser Gegenstände und schließlich die Auskehrung des bruchteilsmäßig zu bestimmenden Erlösanteils. Dennoch sind die Streitwerte der entsprechenden Klageanträge nicht zu addieren, weil alle diese Anträge wirtschaftlich eine Einheit bilden, abzielend auf die Aufhebung der Gemeinschaft. Deshalb ist nur der am höchsten zu bewertende Anspruch maßgebend, und das ist – wie bei der „Stufenklage“, s. beim Stichwort dort – immer der Leistungsanspruch.3 Zu beachten ist dabei, dass der Anteil des klagenden Miteigentümers wertmäßig nicht zu berücksichtigen ist. – Wird neben einer Leistungsklage ein Antrag auf Fristsetzung mit der Maßgabe gestellt, dass der Beklagte nach fruchtlosem Fristablauf Schadensersatz zu leisten habe (s. § 283 BGB, §§ 255, 259, 510b ZPO), dann sind die Einzelwerte nicht zu addieren. Mit dem Leistungs- und dem Schadensersatzantrag verfolgt der Kläger – wirtschaftlich betrachtet – dasselbe Ziel, dem Fristsetzungsantrag kommt als vorbereitendem Antrag wertmäßig keine eigenständige Bedeutung zu. Über dieses Ergebnis besteht – ungeachtet unterschiedlicher Begründungen – Einigkeit.4 Wertbestimmend ist daher der Leistungsantrag, soweit nicht der Ersatzantrag ausnahmsweise einen höheren Wert aufweist,5 (s. unter den Stichworten „Fristsetzung“ und „Wert einer Sache“). Das gilt (auch) für den Gebührenstreitwert unabhängig davon, ob über den unechten Hilfsantrag entschieden wird (s. hierzu unter dem Stichwort „Hilfsantrag“). – Nicht zusammenzurechnen sind ferner die Werte eines Leistungsantrages Zugum-Zug gegen Erbringung der Gegenleistung und eines Antrages auf Feststellung, dass sich der Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung in Verzug befindet (s. hierzu oben Rn. 3667). – Eine Addition der Einzelwerte scheidet ferner aus, wenn auf Leistung und zugleich auf Feststellung des Rechtsgrundes der Leistungsverpflichtung geklagt wird. Siehe hierzu unter Rn. 3667. b) Einzelfälle der subjektiven Klagehäufung 3669
Eine Anspruchshäufung kann auch dadurch erfolgen, dass mehrere Personen gemeinsam klagen oder verklagt werden, §§ 59 ff. ZPO (subjektive Klagehäufung). Hat die Klage – aus wirtschaftlicher Sicht – denselben Gegenstand zum Inhalt, 1 2 3 4
OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.7.1998 – 5 W 13/98, OLGR 1999, 231. Siehe H. Schneider, DGVZ 1985, 51 ff. OLG Köln, Beschl. v. 25.4.1984 – 2 W 53/84, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 55. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.3.2001 – 24 W 20/11, AGS 2012, 190; OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.5.2011 – 3 W 27/11, AGS 2011, 446; KG, Beschl. v. 8.9.2009 – 19 W 23/09; OLG Jena, Beschl. v. 24.8.1998 – 5 W 513/98, OLGR 1999, 100; LG Köln, Beschl. v. 20.12.1983 – 13 T 82/83, MDR 1984, 501: LAG Düsseldorf, JurBüro 1990, 243; Anders/ Gehle/Kunze, Stichwort „Unechte Hilfsanträge“ Rn. 5. 5 Insoweit zutreffend KG, Beschl. v. 8.9.2009 – 19 W 23/09; OLG Jena, Beschl. v. 24.8.1998 – 5 W 513/98, OLGR 1999, 100.
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Mehrere Ansprche (Klagehufung) beispielsweise weil die Leistung materiell-rechtlich nur einmal verlangt werden kann, scheidet eine Zusammenrechnung der Einzelwerte aus. Andernfalls ist zu addieren. – Daher erfolgt keine Zusammenrechnung, wenn die Klage von Gesamtgläubigern (§ 428 BGB) oder gegen Gesamtschuldner (§ 421 BGB) erhoben wird. Es handelt sich – wirtschaftlich betrachtet – nur um einen einzigen Anspruch, der mehreren zugleich zusteht oder von mehreren zugleich zu erfüllen ist.1 – Wird gegen einen Streitgenossen auf Erfüllung, gegen den anderen hilfsweise auf Feststellung der Schadensersatzpflicht geklagt, dann handelt es sich wirtschaftlich um denselben Streitgegenstand, so dass nur der höherwertige Anspruch wertbestimmend ist.2 – Dies gilt auch dann, wenn sich der Kläger bei einer gegen mehrere Gesamtschuldner gerichteten Klage gegenüber einem Streitgenossen auf die Geltendmachung einer reduzierten Klageforderung beschränkt.3 Die nur geringere Inanspruchnahme des einen Beklagten ist beim Streitwert für seine außergerichtlichen Kosten und gem. § 100 Abs. 2 ZPO bei der Kostengrundentscheidung zu berücksichtigen.4 Dies gilt auch für den umgekehrten Fall, dass neben der gesamtschuldnerischen Inanspruchnahme von einem Streitgenossen eine weitere, wirtschaftlich selbständige Leistung beansprucht wird. – Werden mehrere Beklagte ohne gesamtschuldnerische Bindung verklagt, sind die Einzelwerte für die Gerichtsgebühren und die außergerichtlichen Gebühren des Klägers zusammenzurechnen und bei den Streitgenossen entsprechend ihrer Beteiligung zu bestimmen. Deren unterschiedliche Beteiligung ist auch hier durch eine Kostenquotierung gem. §§ 100 Abs. 2, 92 Abs. 1 ZPO auszugleichen.5 – Sind nichtvermögensrechtliche Ansprüche Gegenstand des Rechtsstreits, ist regelmäßig eine Wertaddition geboten, da ihnen kein (gemeinsames) wirtschaftliches Interesse zugrunde liegt. Hiervon ist beispielsweise auszugehen, wenn der Kläger von mehreren Beklagten die Unterlassung künftiger ehrverletzender oder unzulässiger wettbewerblicher Äußerungen beansprucht.6 Das gilt in gleicher Weise, wenn neben der juristischen Person deren gesetzlicher Vertreter in Anspruch genommen wird.7 Selbst wenn gleichartige Verletzungshandlungen vorliegen, kann der Kläger von jedem Streitgenossen kumulativ die Erfüllung der Unterlassungsverpflichtung verlangen.8 Gleiches gilt für die Inanspruchnahme mehrerer Beklagten auf Rechnungslegung oder Auskunftserteilung, selbst wenn für den (vorzubereitenden) Hauptanspruch eine gesamt1 BGH, Beschl. v. 29.1.1987 – V ZR 136/86, MDR 1987, 570; RGZ 116, 309; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.4.2009 – 14 W 53/08, VersR 2009, 948; OLG Koblenz, Beschl. v. 22.10.1984 – 14 W 619/84, JurBüro 1985, 590: für negative Feststellungsklage gegen zwei Streitgenossen; OLG Nürnberg, Rpfleger 1956, 298. 2 OLG Kiel, JVBl. 1936, 60. 3 Vgl. RG, HRR 1940 Nr. 1304. 4 Zöller/Herget, § 100 Rn. 9. 5 BGH, Beschl. v. 23.6.1983 – IVa ZR 136/82, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 53 mit Anm. Schneider – Beschwer. 6 BGH, Beschl. v. 15.4.2008 – X ZB 12/06, AGS 2008, 327; Beschl. v. 12.7.1994 – VI ZB 43/93, NJW-RR 1994, 1404; OLG Koblenz, Beschl. v. 16.8.1984 – 6 U 771/83, JurBüro 1985, 257; OLG München, Beschl. v. 10.11.1992 – 21 W 2023/92, MDR 1993, 286; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagenhäufung“ Rn. 13. 7 BGH, GRUR-RR 2008, 460; KG, MD 2011, 147; OLG Hamburg, Beschl. v. 3.4.2013 – 3 W 18/13, MDR 2013, 1240 (Ls.). 8 Für das Wettbewerbsrecht BGH, Beschl. v. 15.4.2008 – X ZB 12/06, AGS 2008, 327; OLG Köln, OLGR 2006, 134; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.12.1999 – 20 W 40/99, GRUR 2000, 825; a.A. Tillmann, GRUR 1986, 691 (694).
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schuldnerische Haftung besteht.1 Dass hier eine Mehrheit der Streitgegenstände zur Bewertung steht, erhellt auch der Umstand, dass der gemeinsame Prozess gegen die Streitgenossen gem. § 145 ZPO getrennt werden kann, ohne dass sich die von jedem Kläger für sich beanspruchte oder von jedem Beklagten zu erbringende Leistung verändern würde. Hiervon abweichend stellt das KG2 bei einem Unterlassungsbegehren mehrerer Kläger gegen einen Beklagten auf das höchste Interesse eines Klägers ab und addiert für jeden weiteren Kläger einen Zuschlag in der Höhe, die seinem Interesse an einer selbständigen Verfolgung entspricht. In diese Richtung geht auch der Ansatz des OLG Hamburg, das bei Inanspruchnahme einer juristischen Person und ihres gesetzlichen Vertreters den Anspruch gegenüber dem Vertreter geringer bewertet.3 Bei einer Klage gegen Hauptschuldner und Bürge auf Zahlung findet keine selbständige Bewertung und Zusammenrechnung der Ansprüche statt.4 Obwohl insoweit keine Gesamtschuldnerschaft vorliegt, ist die Leistung nur einmal zu erbringen. Ebenso verhält es sich, wenn der Kläger neben der Personenhandelsgesellschaft deren Gesellschafter persönlich in Anspruch nimmt, da diese entsprechend § 421 BGB wie Gesamtschuldner haften.5 Wird im selben Rechtsstreit die Ehefrau auf Leistung und der Ehemann auf Duldung der Zwangsvollstreckung verklagt, so bestimmt sich der Streitwert nach dem Wert des Leistungsanspruchs. Eine Anspruchshäufung liegt nicht vor.6 Wenn mit der Leistungsklage gegen Erben zugleich die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen deren Testamentsvollstrecker erhoben wird, ist der Streitwert in Anwendung des § 6 ZPO nach der Leistungsklage zu bemessen; der Duldungsantrag bleibt streitwertmäßig unberücksichtigt.7 Klagt ein Gläubiger nach dem Gläubigeranfechtungsgesetz gegen denjenigen, der von seinem Schuldner einen Gegenstand anfechtbar erworben, aber wieder veräußert hat, auf Wertersatz und zugleich gegen dessen Rechtsnachfolger auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen der Forderung des Gläubigers gegen seinen Schuldner in den Gegenstand, so werden beide Ansprüche nicht zusammengerechnet.8
3. Nebenansprüche 3670
Wie auch beim Zuständigkeitsstreitwert bleiben Nebenforderungen neben dem Hauptanspruch bei der Wertermittlung grundsätzlich unberücksichtigt, § 43 Abs. 1 GKG. Nur im Falle einer allein auf Nebenforderungen bezogenen Handlung ist deren Wert bis zur Höhe der (noch vorhandenen) Hauptforderung gem. § 43 Abs. 2 GKG maßgebend. Eine Zusammenrechnung scheidet daher in beiden Fällen aus.
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Eine Wertaddition ist hingegen geboten, wenn bei einer objektiven Klagehäufung von zwei Hauptforderungen, für die zugleich eine Verzinsung beansprucht wird, nur eine wegfällt. Hier tritt die Nebenforderung des einen Streitgegenstandes als 1 2 3 4 5 6 7 8
BGH, Beschl. v. 15.4.2008 – X ZB 12/06, AGS 2008, 327. KG, Beschl. v. 6.4.1999 – 5 W 12/99, KGR 1999, 344. OLG Hamburg, Beschl. v. 3.4.2013 – 3 W 18/13, MDR 2013, 1240 (Ls.). LG Kaiserslautern, Rpfleger 1966, 347; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagenhäufung“ Rn. 13; Zöller/Herget, § 5 Rn. 8. Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Klagenhäufung“ Rn. 13. OLG Frankfurt, JurBüro 1957, 360. KG, AnwBl. 1979, 229. OLG Frankfurt, MDR 1955, 496.
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Mietstreitigkeiten (nunmehrige) Hauptforderung neben die verbliebene Hauptforderung.1 Siehe im Übrigen unter dem Stichwort „Nebenforderungen“.
D. Rechtsmittel und Beschwer § 5 Hs. 1 ZPO gilt auch hier, so dass sich die Beschwer der gerichtlichen Entscheidung für jede Partei nach dem Umfang ihres Unterliegens bezogen auf die einzelnen (rechtlich und wirtschaftlich nicht identischen) Klageanträge bestimmt. Sie ist daher für jeden Klageantrag einzeln zu bestimmen und ggf. zu addieren.
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Handelt es sich um eine subjektive Klagehäufung, kann jeder durch das Urteil beschwerte Streitgenosse unabhängig von den übrigen Streitgenossen Berufung einlegen.2 Wird nur durch einen Streitgenossen Rechtsmittel eingelegt, dann ist – nach zutreffender Ansicht – allein seine Beschwer maßgebend und diese ist daher für jeden Klageantrag einzeln zu bestimmen.3
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Legen mehrere Streitgenossen gegen das für sie nachteilige Urteil Rechtsmittel ein, so sind für den Wert des Beschwerdegegenstandes die auf die einzelnen Streitgenossen entfallenden Beschwerdewerte zusammenzurechnen, soweit nicht ein Fall wirtschaftlicher Identität vorliegt.4 Beschränkt sich hingegen die Beschwer eines Streitgenossen auf die Verurteilung zur Zahlung eines anteilsmäßig bestimmten Teils der Kosten, dann bleibt dieser Teil bei der Berechnung außer Ansatz, wenn eine Überprüfung der Kostenentscheidung gesetzlich nicht eröffnet ist.5
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Im Falle der Prozesstrennung (§ 145 ZPO) kann die Beschwer den nach Aufspaltung des Verfahrens verbleibenden Wert nicht übersteigen. Dies ändert sich auch nicht, wenn die nach zulässiger Trennung getrennten Verfahrensteile in der Revisionsinstanz zum Zwecke gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung wieder verbunden werden.6
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Hingegen bleibt der vor Trennung vorhandene Hauptsachewert wertbestimmend, wenn die Prozesstrennung allein zur Vermeidung der Rechtsmittelfähigkeit der dadurch entstehenden Einzelentscheidungen erfolgt.7
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Im Übrigen folgt die Wertbestimmung den allgemeinen Grundsätzen, daher wird auf die Ausführungen unter dem Stichwort „Rechtsmittel“ Bezug genommen.
3677
Mietstreitigkeiten Literatur: Mutter, MDR 1995, 343 (Streitwert der Räumungsklage); Gärtner, WuM 1997, 160 (Beschwer); Weyhe, MDR 1999, 773 (aktuelle Entwicklungen); Lützenkirchen, WuM 2002,
1 BGH, Urt. v. 22.2.1994 – XI ZR 16/93, NJW 1994, 1868. 2 BGH, Urt. v. 8.3.2004 – II ZR 175/02, MDR 2004, 960; Zöller/Heßler, § 511 Rn. 5. 3 RG, JW 1933, 2216; OLG Schleswig, SchlHA 78, 198; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Streitgenossen“ Rn. 3; Zöller/Heßler, § 511 Rn. 25; a.A. BGH, Beschl. v. 19.10.2000 – I ZR 176/00, MDR 2001, 648; Beschl. v. 23.6.1983 – IVa ZR 136/82, NJW 1984, 927. 4 BGH, Beschl. v. 19.10.2000 – I ZR 176/00, MDR 2001, 648; Beschl. v. 23.6.1983 – IVa ZR 136/82, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 53; OLG Schleswig, Urt. v. 27.5.2004 – 11 U 33/03, OLGR 2005, 170; BAG, Urt. v. 31.1.1984 – 1 AZR 174/81, NZA 1984, 167. 5 BGH, Beschl. v. 19.10.2000 – I ZR 176/00, MDR 2001, 648. 6 BGH, Urt. v. 20.7.1999 – X ZR 139/96, NJW 2000, 217. 7 BGH, Urt. v. 6.7.1995 – I ZR 20/93, MDR 1996, 296; BayVGH, Entsch. v. 22.9.2000 – Vf. 102-VI-99, NJW 2001, 2962.
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Mietstreitigkeiten 179 (194) (Miete); Gies, NZM 2003, 886 (Streitwert in Mietsachen); Meyer, JurBüro 2003, 632 (Mietrückstände); 2004, 473 (Klage auf künftige Miete); Lützenkirchen, MDR 2003, 1279 (Mietrechtliche Gewährleistungsansprüche); Geldmacher, DWW 2005, 270 (Kaution im Mietund Pachtverhältnis); Flatow, WuM 2007, 438 Rechtsmittelstreitwert bei Räumung einer Garage); Lützenkirchen, NJW 2007, 2152 (Besichtigungsrechte des Vermieters); Peter, NJW 2007, 2298 (Geschäftswert bei Kündigung und Räumungsklage; Gies, WuM 2008, 79 (Räumungsanspruch); Winkler, ZMR 2008, 94 (Zukünftig fällig werdender Mietzins); N. Schneider, NJWSpezial 2008, 763 (Räumungsklage bei Staffelmiete); Meyer, JurBüro 2010, 184 (Geschäftswert eines Räumungsvertrags); N. Schneider, NJW-Spezial 2012, 347 („Mieterhöhungsklage“ nach Wohnraumrenovierung); Meyer, JurBüro 2013, 633 (mietvertragliche Abmahnungen); N. Schneider, ZAP Fach 24, 1259 (Gebührenstreitwert in Räumungsprozessen). Gliederungsübersicht Rn. A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3678 B. I. II. III.
Zuständigkeitsstreitwert Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . Wohnraummietverhältnisse . . . Sonstige Miet-, Pacht- oder ähnliche Nutzungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Miet- und Pachtverhältnisse . . . a) Miet- oder Pachtvertrag . . . . b) Streit über Bestehen oder Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wertberechnung im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Streitige Zeit . . . . . . . . . . bb) Pacht- oder Mietzins . . . . 2. Ähnliche und sonstige Nutzungsverhältnisse . . . . . . . . . . . a) Streit über Bestand und Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anderweitige Klagebegehren.
. 3681 . 3685
. 3690 . 3691 . 3693 . 3698 . 3704 . 3707 . 3713 . 3721 . 3724 . 3726
C. Gebührenstreitwert I. II. 1. 2.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . Bewertungsgrundsätze Allgemeines zu § 41 GKG . . . . Miet-, Pacht- oder ähnliche Nutzungsverhältnisse a) Miete und Pacht . . . . . . . . . b) Ähnliche Nutzungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonstige Nutzungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gemischte Verträge . . . . . .
. . 3727 . . 3731
. . 3737 . . 3738 . . 3741 . . 3744
Rn. 3. Entgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Streitige Zeit . . . . . . . . . . . . . . . 5. Erfasste Ansprüche a) Streit über Bestehen oder Dauer des Nutzungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . b) Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils . . c) Räumung von Wohnraum und Fortsetzung des Mietverhältnisses . . . . . . . . . . . . . d) Erhöhung der Miete für Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . e) Beseitigung von Mängeln der Mietsache . . . . . . . . . . . . . f) Modernisierung und Erhaltung der Mietsache. . . . . 6. Sonstige Ansprüche . . . . . . . . . . D. Rechtsmittel und Beschwer I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . II. Bestehen und Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses . III. Mieterhöhung. . . . . . . . . . . . . IV. Mängelbeseitigung, Instandsetzung, Modernisierung . . . . V. Sonstige Ansprüche . . . . . . . . E. I. II. III.
3747 3766
3771 3781
3791 3794 3803 3807 3809
. . 3811 . . 3814 . . 3823 . . 3830 . . 3831
Vergleich Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 3834 Räumung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3836 Mieterhöhung. . . . . . . . . . . . . . . 3840
F. Rechtsprechungs-ABC . . . . . . . . 3841
Stichwortübersicht (zu Rn. 3678–3840) Rn. Abschluss des Vertrags . . . . Auszugsrenovierung . . . . . . Beherbergungsvertrag . . . . . Beschwer . . . . . . . . . . . . . . Besichtigung . . . . . . . . . . . . Besitzstörungsklagen . . . . . Betriebs- oder Nebenkosten – Erhöhung . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . . .
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. . . . . . . .
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. . . . . . . .
3809 3810 3996 3811 3869 3780 3756 3795
Rn. – Pauschale . . . . . . . . . . . Bewegliche Sachen . . . . . . Dauerwohnrecht . . . . . . . Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . Entgelt . . . . . . . . . . . . . . . Erfüllungsansprüche. . . . . Ersatzbeschaffung, Kosten der . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . 3757 . . . . . 3694, 3737 . . . . . 3739, 3742 3703, 3876, 3884 . . . . . 3714, 3747 3698, 3820, 3832 . . . . . . . . . 3815
Mietstreitigkeiten Rn.
Rn.
Feststellungsklage – betreffend Miethöhe oder Minderung . . . . . . . . . . . . . . . 3780, 3810 – (kein) prozentualer Abschlag . . 3705, 3772 Filmverleih . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3696 Gebrauchsgewährung, Klage auf . . . . . 3773 Gemischte Verträge . . . . . . . . . . . . . . 3696 Hausmeistervertrag . . . . . . . . . . . . . . 3696 Heimvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3697 Investitionen, nutzlose . . . . . . . . . . . . 3815 Jagdpachtverhältnisse . . . . . . . . . . . . . 3695 Kaufvertrag, beabsichtigter . . . . . 3739, 3742 Klagenhäufung – Leistung und Feststellung . . . . 3734, 3736 Krankenhausbehandlungsvertrag . . . . 3697 Kündigung, Ausschluss der . . . . . . . . . 3818 Künftige Leistung, Klage auf . . . . . . . . . . . . 3780, 3801, 3806 Lebenszeit, Vertrag auf . . . . . . . . 3711, 3925 Mängelbeseitigung . . . . . 3803, 3830, 3967a Mehrere Klagebegründungen . . . . . . . 3728 Mehrere Kündigungen . . . . . . . . . . . . 3733 Mehrwertsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . 3717 Miet- oder Pachtverhältnis . . . . . . . 3693 ff. – Verteidigung mit angeblichem . . . . 3699 Miet- oder Pachtvertrag – Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3788 – Klage auf Abschluss . . . . . . . . . . . . 3809 – Veränderungen . . . . . . . . . . . . 3719, 3760 Miet- oder Pachtzins . . . . . 3713, 3714, 3747 Miete beweglicher Sachen. . . . . . 3694, 3737 Mieterhöhung . . . . . . . . . . . . . 3794, 3824 ff. Mietvertragsinhalt, Streitigkeit über . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3701, 3780 Mischmietverhältnis . . . . . . . . . . . . . 3986 Modernisierung und Erhaltung . . 3807, 3830 Neben- oder Betriebskosten . . . . . . . . 3756 – Erhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3795 – Pauschale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3757 Nebenleistungen . . . . . . . . . . . . 3715, 3753 Nichtzulassungsbeschwerde . . . . . . . . 3813 Nießbrauch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3740 Nutzungsentgelt . . . . . . . . . . . . . 3714, 3747 – umsatzbezogenes . . . . . . . . . . . . . . 3751 – Untervermietung . . . . . . . . . . . . . . 3752
Nutzungsrecht, Berufen auf . . . . . . . . 3776 Nutzungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . 3692 – der Miete ähnliche . . . . . . . . . 3722, 3738 – wesensverschiedene oder sonstige . . . . . . . . . . . . . . . . . 3723, 3741 Räumung . . . . . . . . . . . . . . . 3836 ff., 3985a – Ausgleichszahlung für vorzeitige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3836 – Räumungsaufwand . . . . . . . . . 3704, 3789 – vorübergehende . . . . . . . . . . . . . . . 3784 Räumungsfrist, Verzicht auf . . . . . . . . 3837 Säumnis des Beklagten . . . . . . . . 3768, 3777 Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3810 Schutzvorschriften, Berufen auf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3810 Sonderleistungen . . . . . . . . . . . . 3716, 3753 Streit zwischen – Eheleuten oder Lebenspartnern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3730 – Vermieter oder Mieter untereinander . . . . . . . . . . . . . 3702, 3730 Streitige Zeit . . . . . . . . . . 3707, 3766, 3817 Teilflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3633, 3782 Untermiet- und Unterpachtverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3695 Untervermietung . . . . . . . . . . . . . . . . 3752 Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3834 – Gegenstand des . . . . . . . . . . . . . . . . 3835 – Räumungs- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3836 Vertragsinhalt, Streitigkeit über . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3701, 3780 Vorschusszahlung. . . . . . 3918a, 3985, 3997 Werkdienstwohnungen . . . . . . . . . . . 3687 Werkmietwohnungen . . . . . . . . . . . . . 3687 Wert der Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . 3758 Widerklage . . . . . . . . . . 3790a, 4028, 4029 f. Wiedereinräumung des Besitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3773a Wohngemeinschaft – Streitigkeiten innerhalb . . . . . . . . . 3689 Wohnraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3685 Wohnrecht, unentgeltliches . . . . . . . . 3742 Zwischenfeststellungsklage . . . . . . . . 3706 Zustimmung zur Mieterhöhung . . . . . . . . . . . . 3797, 3823, 3947a
A. Einleitung Mietstreitigkeiten sind Gegenstand eines erheblichen Teils der erstinstanzlichen Tätigkeit der Gerichte. Beziehen sie sich auf die Nutzung von Wohnraum, sind zugleich elementare Bedürfnisse der jeweiligen Bürger betroffen. Das Wohnungsmietrecht ist daher in der Vergangenheit mehrfach Gegenstand gesetzgeberischer Reformbemühungen gewesen, die auch – wie zuletzt die GKG-Novelle vom 1.7.2004 zeigt – bis in das Gebührenrecht hineinreichen.
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Heute findet sich insbesondere im Bereich der Wohnraummiete eine kaum noch überschaubare Fülle an Rechtsprechung. Bei ihrer Auswertung können Fehler auf-
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treten, die durch eine Nichtbeachtung zwischenzeitlich ergangener Gesetzesänderungen verursacht werden. Hier sei nur an die Änderungen der gebührenrechtlichen Regelung für mietrechtliche Streitigkeiten, heute in § 41 GKG normiert, erinnert, etwa durch die Novellierungen vom 13.6.19801 und vom 5.5.2004.2 3680
Unter dem Stichwort „Mietstreitigkeiten“ werden vorliegend alle Mietverhältnisse und ähnliche Nutzungsverhältnisse betreffenden streitwertbezogenen Rechtsfragen behandelt sowie diejenigen, die sich unverändert auch bei Pachtverhältnissen stellen. Streitwertrechtliche Besonderheiten der Pacht- und Gewerbemietverhältnisse sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung sind unter den Stichwörtern „Pacht“ und „Geschäftsräume“ zu finden.
B. Zuständigkeitsstreitwert I. Allgemeines 3681
Nach § 23 Nr. 2 lit. a) GVG sind alle Streitigkeiten aus einem Wohnraummietverhältnis oder über den Bestand eines solchen Mietverhältnisses vom Streitwert unabhängig den Amtsgerichten zugewiesen; diese Zuständigkeit ist ausschließlich. Bewertungsprobleme stellen sich insoweit nicht.
3682
Demgegenüber richtet sich die Zuständigkeit für sämtliche Streitigkeiten aus sonstigen Miet-, Pacht- und ähnlichen Nutzungsverhältnissen gem. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG nach dem Streitwert, soweit nicht ausnahmsweise die amtsgerichtliche Zuständigkeit für Reisestreitigkeiten eingreift (§ 23 Nr. 2 lit. b GVG).
3683
Für die Zuordnung der jeweiligen Streitigkeit und deren streitwertrechtliche Behandlung ist es ohne Bedeutung, ob ein Haupt- oder Untermietverhältnis betroffen ist. Miet- und Pachtverhältnisse sind auch Untermiet- und Unterpachtverhältnisse.3
3684
Ergänzend zu den Rechtsprechungsnachweisen bei den Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Wertvorschriften wird auf die alphabetische Einzelfalldarstellung (Rechtsprechungs-ABC) unter Anmerkung F. (Rn. 3841 ff.) verwiesen.
II. Wohnraummietverhältnisse 3685
Die Wohnraummiete ist seit dem Mietrechtsreformgesetz vom 19.6.20014 ein in den §§ 549 ff. BGB materiell eigenständig geregeltes Rechtsgebiet. Hierbei ist unter Wohnraum jeder zum Wohnen, das heißt insbesondere zum Schlafen, Essen und auf Dauer angelegten privaten Nutzung bestimmter, innerhalb eines Gebäudes gelegener Raum zu verstehen.5
3686
Bei Mischmietverhältnissen, also der Anmietung von Räumlichkeiten zu Wohnund beispielsweise Gewerbezwecken, ist für die Einordnung nach herrschender Ansicht auf die überwiegende Nutzungsart abzustellen.6 1 BGBl. I 1980, 680. 2 BGBl. I 2004, 718. 3 BGH, Urt. v. 21.3.1952 – V ZR 20/51, MDR 1952, 666; OLG Kiel, HRR 1933, 1242; Zöller/ Lückemann, § 23 GVG Rn. 8. 4 BGBl. I 2001, 1542. 5 Palandt/Weidenkaff, vor § 535 Rn. 89. 6 OLG Celle, Beschl. v. 8.1.1986 – 3 W 102/1985, MDR 1986, 324; OLG Hamm, Urt. v. 12.7.1985 – 9 U 85/85, ZMR 1986, 11; OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.6.1997 – 7 U 101/97, NJWRR 1988, 401; OLG Köln, Urt. v. 10.10.2006 – 22 U 74/06, ZMR 2007, 114; Zöller/Lückemann, § 23 GVG Rn. 8; a.A. LG Köln, Beschl. v. 13.6.1998 – 32 O 236/88, NJW-RR 1989, 403; LG Darmstadt, Beschl. v. 19.8.1992 – 3 O 181/02, DWW 1993, 20.
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Mietstreitigkeiten Soweit die Gebrauchsgewährung in einem Zusammenhang mit der Erbringung von Arbeitsleistungen steht, ist zwischen Werkmietwohnungen und Werkdienstwohnungen zu unterscheiden. Streitigkeiten betreffend Werkdienstwohnungen, also Wohnungen, deren Überlassung Teil des Arbeitsvertrages und der danach geschuldeten Vergütung des Arbeitnehmers sind, fallen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG in die sachliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte.1
3687
Auf welche Rechtsgrundlage die Klage gestützt wird, ist für die Einordnung der Streitigkeit ohne Bedeutung. Nur wenn zwischen den Parteien unstreitig ist, dass hinsichtlich des Wohnraums kein Wohnraummietverhältnis besteht, greift § 23 Nr. 2 lit. a GVG nicht ein. Ob die betroffenen Räumlichkeiten als Wohnraum genutzt werden (können), ist in jedem Fall unerheblich. Denn nach dem Wortlaut von § 23 Nr. 2 lit. a GVG ist nicht die Eigenschaft des Raumes zuständigkeitsbegründend, sondern der Inhalt der Rechtsbeziehungen der Parteien.2 Ausgehend von seinem Schutzzweck gelangt § 23 Nr. 2 lit. a) GVG aber bereits dann zur Anwendung, wenn sich eine Partei auf den Bestand eines Wohnraummietverhältnisses beruft.3
3688
Streitigkeiten zwischen Mitgliedern einer Wohngemeinschaft fallen in keinem Fall unter § 23 Nr. 2 lit. a) GVG (oder § 8 ZPO). Denn die im Streit stehenden Ansprüche folgen nicht aus einem Wohnraummietverhältnis, sondern aus der regelmäßig gesellschaftsrechtlichen Bindung ihrer Mitglieder. So sind insbesondere Klagen betreffend die Aufhebung der Wohngemeinschaft oder auf Abgabe einer (gemeinsamen) Kündigungserklärung gegenüber dem Vermieter nach § 3 ZPO zu bewerten.4
3689
III. Sonstige Miet-, Pacht- oder ähnliche Nutzungsverhältnisse Handelt es sich nicht um eine Streitigkeit aus einem Wohnraummietverhältnis, dann bestimmt sich die Zuständigkeit nach dem Streitwert des Klagebegehrens (§§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG) und damit gem. § 2 ZPO nach den §§ 3 ff. ZPO. Danach ist wie folgt zu unterscheiden:
3690
1. Miet- und Pachtverhältnisse Betrifft die Streitigkeit den Bestand oder die Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses, kommt eine Wertbestimmung nach § 8 ZPO in Betracht, der als Sondervorschrift dem § 6 ZPO vorgeht.5 Danach entspricht der Wert der für die gesamte streitige Zeit noch zu zahlenden Pacht bzw. Miete oder dem 25-fachen Jahresbetrag, wenn dieser Betrag geringer ist.
3691
Auch auf Streitigkeiten betreffend Nutzungsverhältnisse, die der Miete oder Pacht nur ähnlich oder von ihnen wesensverschieden (sonstige) sind (s. hierzu unten Rn. 3721 ff.) ist § 8 ZPO nicht anwendbar.6
3692
1 BAG, Beschl. v. 2.11.1999 – 5 AZB 18/99, MDR 2000, 600; Urt. v. 24.1.1990 – 5 AZR 749/87, BAGE 64, 75; MDR 1990, 656; Zöller/Lückemann, § 23 GVG Rn. 9; diff. Bub/Treier/Fischer, VIII Rn. 13 m.w.N. 2 Bub/Treier/Fischer, VIII Rn. 10 m.w.N. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.11.2007 – 24 U 117/07, WuM 2007, 712; vgl. auch BGH, Beschl. v. 7.11.2002 – LwZR 9/02, BGHR 2003, 757 für § 8 ZPO; a.A. KG, Beschl. v. 6.3.2008 – 2 AR 12/08, NZM 2008, 837. 4 KG, Beschl. v. 30.3.1992 – 2 W 1331/92, WuM 1992, 323; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 7. 5 Musielak/Voit/Heinrich, § 8 Rn. 2. 6 BGH, Beschl. v. 27.10.2004 – XII ZB 106/04, MDR 2005, 124; Beschl. v. 22.1.1992 – XII ZR 149/91; BayObLG, Beschl. v. 11.3.1994 – 1 ZRR 296/93, JurBüro 1995, 27; Zöller/Herget, § 8 Rn. 3; a.A. Musielak/Voit/Heinrich, § 8 Rn. 2 unter Hinweis auf die Anwendung von § 8 auf gemischttypische Verträge.
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Mietstreitigkeiten a) Miet- oder Pachtvertrag 3693
Unter Miete und Pacht sind schuldrechtliche Gestattungsverhältnisse zu verstehen, die zur entgeltlichen Gebrauchsgewährung auf Zeit berechtigen und verpflichten. Sie unterscheiden sich im Vertragsgegenstand, der sich bei der Pacht auch auf Rechte erstrecken kann, und dem Vertragszweck, der bei der Pacht neben der Nutzung auch die Fruchtziehung umfasst. Geregelt sind sie vornehmlich in den §§ 535–597 BGB.
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Für die streitwertrechtliche Beurteilung ist eine Differenzierung zwischen Miete oder Pacht nicht erforderlich.1 Wenn auch in der Praxis Streitigkeiten im Zusammenhang mit Gebäude- oder Gebäudeteilnutzung im Vordergrund stehen, darf nicht übersehen werden, dass § 8 ZPO auch die Miete beweglicher Sachen erfasst.
3695
Zu den Miet- und Pachtverhältnissen i.S.d. § 8 ZPO gehören neben den Untermiet- und Unterpachtverhältnissen2 auch die Jagdpachtverhältnisse.3
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Bei gemischten Verträgen ist auch hier maßgeblich darauf abzustellen, ob die entgeltliche Gebrauchsüberlassung das prägende Vertragsmerkmal ist, also der mietoder pachtrechtliche Teil des Vertrages überwiegt.4 Dies kommt etwa beim Filmverleih, Hausmeistervertrag oder bei Beherbergungsverträgen5 oder einem Vertrag über die Reinigung von Kundentoiletten6 in Betracht. Da § 8 ZPO – anders als § 41 Abs. 2 GKG – auch die Miete oder Pacht von beweglichen Sachen erfasst, gelangt er auch bei modernen Mischformen, wie dem Fahrzeugleasing, zur Anwendung.7 Für die Wertberechnung ist dann der Teilwert der miet- oder pachtrechtlichen Beziehung maßgebend, falls der Teilwert der übrigen Beziehung wirtschaftlich eigenständig bewertet werden kann.8
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Stehen bei dem gemischten Vertrag dagegen andere Bestandteile, etwa dienstvertragliche Elemente, im Vordergrund, wie beispielsweise beim Bewirtungsvertrag, Krankenhausbehandlungs- oder Heimvertrag,9 scheidet eine unmittelbare Anwendung von § 8 ZPO in der Regel aus. Hier ist jedoch im Einzelfall zu erwägen, ob bei der dann nach § 3 ZPO vorzunehmenden Bewertung zum Zwecke einer angemessenen Erfassung die Wertberechnung nach § 8 ZPO mitberücksichtigt wird.10 b) Streit über Bestehen oder Dauer
3698
§ 8 ZPO setzt einen Streit über Bestehen oder Dauer des Miet- oder Pachtverhältnisses voraus und ist daher nicht anwendbar, wenn ein solches Rechtsverhältnis zwischen den Parteien unstreitig ist oder unstreitig nicht mehr besteht. Erfüllungsansprüche, beispielsweise auf Überlassung der Mietsache, fallen unter § 8 ZPO, sofern durch die mit der Klage erstrebte Verurteilung eine Entscheidung über den zwischen den Parteien streitigen Bestand des Vertragsverhältnisses er-
1 BGH, Beschl. v. 27.10.2004 – XII ZB 106/04, MDR 2005, 204; Urt. v. 20.12.1995 – XII ZR 244/94, WuM 1996, 1064. 2 BGH, Urt. v. 21.3.1952 – V ZR 20/51, MDR 1952, 666; ebenso für § 41 GKG: OLG Celle, Beschl. v. 15.7.1999 – 2 W 53/99, OLGR 1999, 263 = NZM 2000, 190. 3 BGH, Beschl. v. 27.2.1992 – III ZR 142/91, BGHR ZPO § 8 Jagdpacht Nr. 1; OLG Bamberg, NJW 1953, 230; ebenso für § 41 GKG: OLG Celle, Beschl. v. 15.7.1999 – 2 W 53/99, NZM 2000, 190. 4 BGH, Urt. v. 20.12.1995 – XII ZR 244/94, WuM 1996, 1064. 5 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 7. 6 OLG Frankfurt, Urt. v. 30.5.2008 – 2 U 26/08, NZM 2009, 334 – zu § 41 GKG. 7 Vgl. etwa AG Bad Segeberg, Urt. v. 29.8.2013 – 17 C 26/12. 8 BGH, Urt. v. 20.12.1995 – XII ZR 244/94, WuM 1996, 1064. 9 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 7. 10 So MünchKomm.ZPO/Wöstmann, § 8 Rn. 3.
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Mietstreitigkeiten reicht werden soll.1 Dies gilt jedoch nicht für Klagen auf (Mietzins-)Zahlung, selbst wenn letztlich nur über den (Fort-)Bestand des zugrunde liegenden Nutzungsverhältnisses gestritten wird.2 Da § 8 ZPO nicht auf den Klageantrag, sondern auf den dahinter stehenden Streit der Parteien abstellt, führt bereits die Verteidigung mit einem angeblichen Mietoder Pachtverhältnis, etwa gegen einen dinglichen Herausgabeanspruch, zur Anwendbarkeit des § 8 ZPO.3 Ohne Bedeutung ist insoweit, ob der Streit Gegenstand einer Feststellungs-, Leistungs- oder Gestaltungsklage ist.4
3699
Wird Räumung der Miet- oder Pachtsache verlangt, bestimmt sich der Wert nur dann nach § 8 ZPO, wenn nach dem Klagevorbringen Streit darüber besteht, ob das Pacht- oder Mietverhältnis über den Zeitpunkt der verlangten Räumung hinaus bestanden hat oder noch besteht. Anderenfalls fehlt es an dem Erfordernis der „streitigen Zeit“ und es gelten die allgemeinen Wertvorschriften.5
3700
Sind sich die Parteien über die Beendigung des Miet- oder Pachtverhältnisses einig und beschränkt sich der Streit auf die nach dem Vertragsinhalt bestehenden Handlungs- oder Unterlassungspflichten, wie etwa bei Klage auf rückständiges oder künftiges Nutzungsentgelt, oder auf die Folgen der Beendigung, wie beispielsweise bei Ansprüchen auf Vornahme von Renovierungsleistungen oder Ersatz entgangener Mieteinnahmen wegen Beschädigung der Mietsache oder unterlassener Abschlussrenovierung, ist § 8 ZPO nicht einschlägig. Die Wertbestimmung erfolgt hier regelmäßig nach §§ 3 und 6 ZPO, soweit Gegenstand des Klagebegehrens nicht eine Leistung wiederkehrender Art (§ 9 ZPO) ist.
3701
Da § 8 ZPO bei einem nicht auf Räumung gerichteten Streit nur auf einen Rechtsstreit zwischen den Vertragsparteien angewandt werden kann, fällt der Streit zwischen Vermietern oder Mietern untereinander nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift.6
3702
Auch der Streit darüber, ob eine Partei einen von ihr mit einem Dritten geschlossenen Miet- oder Pachtvertrag gegen sich gelten lassen muss, ist keine Streitigkeit nach § 8 ZPO. Dem steht schon entgegen, dass die Parteien nicht zugleich Vertragsparteien sind und damit in einer der Rechtskraft fähigen Weise über den Bestand oder die Dauer des Vertrages nicht entschieden werden kann. Die Bewertung erfolgt nach § 3 ZPO.7
3703
c) Wertberechnung im Einzelnen Gelangt § 8 ZPO zur Anwendung, bestimmt sich der Streitwert im Grundsatz nach der auf die „streitige Zeit“ entfallenden „Pacht oder Miete“, höchstens auf den 25-fachen Jahresbetrag des Nutzungsentgelts. Der zur Räumung und Herausgabe der Miet- oder Pachtsache in vertragsgemäßem Zustand erforderliche Auf-
1 BGH, Beschl. v. 19.7.2000 – XII ZR 269/99, NZM 2000, 127. 2 BGH, Beschl. v. 22.1.2013 – VIII ZR 104/12, AGS 2014, 67; Beschl. v. 19.6.2002 – XII ZR 5/02, NZM 2002, 736. 3 BGH, Beschl. v. 27.10.2004 – XII ZB 106/04, MDR 2005, 204; Beschl. v. 7.11.2002 – LwZR 9/02, BGHR 2003, 757; Zöller/Herget, § 8 Rn. 3; offen lassend noch BGH, Beschl. v. 30.1.1997 – III ZR 206/96, BGHR ZPO § 8 Räumungsklage Nr. 8. 4 BGH, Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NZM 2005, 944 = NJW-RR 2006, 16; Beschl. v. 13.5.1958 – VIII ZR 16/58, NJW 1958, 1291. 5 BGH, Beschl. v. 8.3.1995 – XII ZR 240/94, MDR 1995, 530; Zöller/Herget, § 8 Rn. 4. 6 BGH, Urt. v. 21.10.1955 – V ZR 160/54, LM ZPO § 8 Nr. 6. 7 BGH, Beschl. v. 24.2.2000 – III ZR 270/99, Jagdrechtliche Entscheidungen XVII Nr. 76; OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.3.2012 – 1 (Z) Sa 2712, Jagdrechtliche Entscheidungen IV Nr. 131.
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Mietstreitigkeiten wand, ist ausweislich des klaren Wortlauts von § 8 ZPO ohne Bedeutung.1 Dies zumindest, soweit hierzu kein eigenständiger Klageantrag gestellt wird.2 (Siehe hierzu unten „Abbruchkosten“, Rn. 3841). 3705
Der Bewertungsmaßstab des § 8 ZPO gilt auch für Klagen, die auf positive Feststellung hinsichtlich des Bestehens oder der Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses gerichtet sind. Denn für den bei positiven Feststellungsklagen gebotenen prozentualen Abschlag vom Streitwert (s. unter dem Stichwort „Feststellungsklage“) besteht hier kein Bedürfnis, da derartige Feststellungsbegehren zum Regelfall der von § 8 ZPO erfassten Streitigkeiten gehören und ihre Eigenart daher bereits in dessen Wertmaßstab berücksichtigt worden ist.3
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Überschneidet sich eine auf Zahlung von Mietzins gerichtete Leistungsklage bezogen auf den Leistungszeitraum mit einer Zwischenfeststellungswiderklage (§ 265 Abs. 2 ZPO) auf Erlöschen des Mietverhältnisse, dann findet keine Wertaddition statt.4 aa) Streitige Zeit
3707
Unter der „streitigen Zeit“ ist derjenige Zeitraum zu verstehen, für den hinsichtlich des Bestehens oder Nichtbestehens des Vertragsverhältnisses Streit zwischen den Parteien herrscht. Es ist die Spanne zwischen denjenigen Zeitpunkten, in denen nach dem jeweiligen Vorbringen der einen und der anderen Partei der Räumungsanspruch des Vermieters zu erfüllen ist.5 Dies ist nach dem Vortrag in der Klageschrift zu ermitteln, da für den Zuständigkeitsstreitwert allein das Vorbringen des Klägers maßgebend ist. Daher sind Säumnis des Beklagten (§ 331 Abs. 1 Satz 2 ZPO) und die Geständnisfiktion (§ 138 Abs. 3 ZPO) für die Wertermittlung unerheblich.6
3708
Der Beginn des streitigen Zeitraumes fällt frühestens auf den Zeitpunkt der Zustellung von Klage- oder Antragsschrift.7 Das gilt im Falle eines Räumungs- oder Herausgabebegehrens auch dann, wenn der Einreichung bereits eine Kündigung vorausgegangen ist.8 Nur wenn der Kläger Räumung erst für einen künftigen Zeitpunkt oder die Feststellung begehrt, dass das Miet- oder Pachtverhältnis bereits zu einem vor Rechtshängigkeit liegenden Zeitpunkt beendet worden ist, ist dieser Zeitpunkt der Wertberechnung zugrunde zu legen.9
1 BGH, Beschl. v. 4.7.1996 – III ZR 34/96, BGHR ZPO § 8 Räumungsklage Nr. 7 – Beschwer. 2 BGH, Beschl. v. 15.6.2005 – XII ZR 104/02, WuM 2005, 525. 3 BGH, Beschl. v. 29.10.2008 – XII ZB 75/08, JurBüro 2009, 89; Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NZM 2005, 944; Beschl. v. 13.5.1958 – VIII ZR 16/58, NJW 1958, 1291; Anders/ Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 23; Zöller/Herget, § 8 Rn. 5; a.A. ohne Begründung: LG Berlin, Beschl. v. 7.7.2000 – 65 T 62/00, JurBüro 2001, 96. 4 BGH, Beschl. v. 2.11.2005 – XII ZR 137/05; Beschl. v. 17.3.2004 – MDR 2004, 1437; Beschl. v. 9.10.1991 – XII ZR 81/91, NJW-RR 1992, 698. 5 BGH, Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NZM 2005, 944 – zu § 41 GKG; Urt. v. 1.4.1992 – XII ZR 200/91, MDR 1992, 913. 6 OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.5.1995 – 5 W 24/95, JurBüro 1995, 486; Zöller/Herget, § 8 Rn. 5. 7 BGH, Beschl. v. 2.5.2007 – XII ZB 205/06, AGS 2007, 428 – Beschwer; Beschl. v. 12.7.1952 – V ZR 30/51, LM § 8 ZPO Nr. 1. 8 BGH, Beschl. v. 10.5.2000 – XII ZR 335/99, NZM 2000, 1227; Beschl. v. 2.6.1999 – XII ZR 99/99, ZMR 1999, 615; Zöller/Herget, § 8 Rn. 5. 9 BGH, Beschl. v. 15.5.1958 – VIII ZR 16/58, MDR 1958, 601; OLG Bamberg, Beschl. v. 13.5.1991 – 8 U 83/91, JurBüro 1991, 1126; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 16.
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Mietstreitigkeiten Das Ende des streitigen Zeitraumes fällt auf den Tag, an dem der Vertrag unstreitig ablaufen würde, d.h. bei Verträgen mit bestimmter Dauer mit Zeitablauf und bei Verträgen mit unbestimmter Dauer mit dem Tage, auf den derjenige hätte (ordentlich) kündigen können, der sich auf eine längere Bestehenszeit beruft.1 Die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung bleibt bei der Berechnung außer Betracht.2
3709
Beruft sich der Beklagte gegenüber Kündigung und Räumungsklage auf Schutzvorschriften, die das Kündigungsrecht beschränken und ein Recht zur Fortsetzung der Nutzung begründen, so dauert die „streitige Zeit“ bis zu dem Zeitpunkt an, den derjenige, der sich auf das Nutzungsrecht beruft, als den für ihn günstigsten in Anspruch nimmt.3
3710
Ist (nach dem Vorbringen in der Klageschrift) die Beendigung des Nutzungsverhältnisses ungewiss, weil der Nutzungsberechtigte kein konkretes Ende des Nutzungsverhältnisses benennt,4 sich auf einen Ausschluss der Kündigung durch den Vermieter oder darauf beruft, dass der Miet- oder Pachtvertrag auf Lebenszeit geschlossen worden sei,5 dann bestimmt sich der Wert nach Ansicht des BGH in entsprechender Anwendung nach § 9 ZPO auf das 3,5-fache des Jahresnutzungsentgelts. Denn die Regelung in § 8 ZPO sei nur auf solche Fallgestaltungen zugeschnitten, „in denen die streitige Zeit genau bestimmt werden kann“.6
3711
Folgt hingegen aus dem Klagevorbringen, dass der Beklagte ebenfalls die Kündigung erklärt hat und deshalb der streitige Zeitraum kürzer als ein Jahr ist, bleibt die abstrakte Möglichkeit, dass er nach Ablauf der „streitigen Zeit“ nicht räumen wird, für die Wertbestimmung außer Betracht.7
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bb) Pacht- oder Mietzins Der für die Wertberechnung zugrunde zu legende Pacht- oder Mietzins errechnet sich nach dem Geldwert der vom Nutzungsberechtigten für die Gebrauchsgewährung zu erbringenden Gegenleistung. Maßgebend ist das vertraglich vereinbarte Entgelt und nicht der Betrag, der nach Auffassung einer Partei angemessen wäre oder ortsüblich ist.8 Ebenso unberücksichtigt bleiben Maßnahmen der Wertverbesserung oder Rückbaukosten.9 Bestreitet die klagende Partei den Bestand eines
1 BGH, Beschl. v. 7.11.2002 – LWZR 9/02, BGHR 2003, 757; Beschl. v. 10.8.1999 – XII ZR 69/99, NZM 1999, 1048; Urt. v. 1.4.1992 – XII ZR 200/91, MDR 1992, 913; Zöller/Herget, § 8 Rn. 5. 2 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 17. 3 BGH, Beschl. v. 16.2.2005 – XII ZR 46/03, ZMR 2005, 933; Urt. v. 1.4.1992 – XII ZR 200/91, MDR 1992, 913. 4 BGH, Beschl. v. 2.5.2007 – XII ZB 205/06, AGS 2007, 428 – Beschwer; Beschl. v. 14.4.2004 – XII ZB 224/02, MDR 2004, 931; Beschl. v. 7.11.2002 – LwZR 9/02, BGHR 2003, 757. 5 BGH, Beschl. v. 13.5.2014 – VIII ZR 366/13, MietPrax-AK § 26 Nr. 8 EGZPO Nr. 17 – betr. Berufen auf lebenslanges Nutzungsrecht; Beschl. v. 13.3.2007 – VIII ZR 189/06, NZM 2007, 512 mit krit. Anm. N. Schneider; Beschl. v. 16.2.2005 – XII ZR 46/03, ZMR 2005, 933; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 17. 6 BGH, Beschl. v. 11.12.2008 – III ZB 53/08, MDR 2009, 277; Beschl. 4.8.2008 – VIII ZR 50/06, AGS 2008, 401; Beschl. v. 2.10.2007 – III ZB 47/07, NZM 2008, 461; Beschl. v. 2.5.2007 – XII ZB 205/06, AGS 2007, 428; Beschl. v. 13.3.2007 – VIII ZR 189/06; Beschl. v. 27.3.2007 – VIII ZB 123/06, JurBüro 2007, 362; Beschl. v. 14.4.2004 – XII ZB 224/02, MDR 2004, 931; Beschl. v. 7.11.2002 – LwZR 9/02, BGHR 2003, 757. 7 BGH, Beschl. v. 2.7.2008 – XII ZR 44/07, GuT 2008, 35; OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.5.1995 – 5 W 24/95, JurBüro 1995, 486. 8 BGH, Beschl. v. 11.2.2014 – VIII ZR 214/13, WuM 2014, 219; Beschl. v. 27.10.2004 – XII ZB 106/04, MDR 2005, 204; Urt. v. 20.12.1995 – XII ZR 244/94, WuM 1996, 1064. 9 BGH, Beschl. v. 11.2.2014 – VIII ZR 214/13, WuM 2014, 219.
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ZPO
Mietstreitigkeiten Mietverhältnisses, kann der nach §§ 8, 9 ZPO maßgebliche Mietzins nur dem Vortrag des Beklagten entnommen werden.1 3714
Nach bisherigem Verständnis entsprach das „einjährige Entgelt“ des § 8 ZPO dem „einjährigen Zins“ des § 16 Abs. 1 GKG a.F.2 Hieran hat sich mit der Neufassung von § 41 Abs. 1, 2 GKG nichts geändert, was schon die nunmehr übereinstimmende Verwendung des „einjährigen Entgelts“ erhellt. Damit ist zugleich davon auszugehen, dass die Entgeltdefinition in § 41 Abs. 1 Satz 2 GKG auch für die Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwerts heranzuziehen ist.3 Danach umfasst das Entgelt neben dem Nettogrundentgelt die Nebenkosten nur noch dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden. Die Neuregelung folgt damit der Rechtsprechung des BGH,4 wonach Vorauszahlungen auf Nebenkosten bei der Wertbestimmung nach § 8 ZPO schon deshalb nicht berücksichtigt werden können, weil aus ihnen nicht erkennbar ist, welche über den eigentlichen Mietzins hinausgehenden Beträge der Mieter nach Abrechnung schuldet.
3715
Zum Nutzungsentgelt zählen neben dem in Geld oder Naturalien zu erbringenden Pacht- oder Mietzins alle weiteren vertraglich vereinbarten (verbrauchsunabhängigen) Nebenleistungen, es sei denn, diese werden im Verkehr nicht als Entgelt für die Gebrauchsüberlassung angesehen oder vom Mieter bzw. Pächter selbst abgerechnet.5
3716
Ferner sind alle vertragsgemäß zu erbringenden Sonderleistungen des Mieters oder Pächters zu berücksichtigen, etwa für die Unterhaltung und Instandsetzung der Mietsache, für Abgaben und sonstige öffentliche Lasten, aber auch Baukostenaufwand und Baukostenzuschüsse.6
3717
Soweit Mehrwertsteuer zu zahlen ist, erhöht sich der Streitwert um diese.7
3718
Bei der Höhe nach unterschiedlichen Jahresentgeltbeträgen ist auf den höchsten Betrag innerhalb des streitigen Zeitraums abzustellen.8
3719
Veränderungen des Mietvertrages nach Klageerhebung, die Einfluss auf den Streitwert haben könnten, bleiben gem. § 4 ZPO unberücksichtigt, solange nicht auch der Klageantrag geändert wird.
3720
Siehe ferner bei den Ausführungen zum Gebührenstreitwert (unten Rn. 3747 ff.).
1 BGH, Beschl. v. 3.4 2014 – V ZR 185/13, WuM 2014, 353. 2 BGH, Urt. v. 21.1.1955 – V ZR 160/54, BGHZ 18, 168; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 9. 3 Zöller/Herget, § 8 Rn. 6; offen lassend: BGH, Beschl. v. 11.12.2008 – III ZB 53/08, MDR 2009, 277. 4 Beschl. v. 2.6.1999 – XII ZR 99/99, ZMR 1999, 615 – Beschwer. 5 BGH, Beschl. v. 11.12.2008 – III ZB 53/08, MDR 2009, 277; Beschl. v. 2.6.1999 – XII ZR 99/99, ZMR 1999, 615; Beschl. v. 27.2.1992 – III ZR 142/91, KostRsp. ZPO § 8 Nr. 7; Zöller/ Herget, § 8 Rn. 6. 6 BGH, Beschl. v. 11.12.2008 – III ZB 53/08, MDR 2009, 277 – öffentlich-rechtliche Lasten; Urt. v. 21.1.1955 – V ZR 160/54, BGHZ 18, 168; OLG Schleswig, JurBüro 1958, 512; krit. OLG Köln, Beschl. v. 9.2.1996 – 19 W 1/96, MDR 1996, 859. 7 OLG Dresden, Beschl. v. 19.8.1997 – 15 W 1041/96, ZMR 1997, 527 – zu § 16 GKG a.F.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.12.2005 – 24 W 62/05, MDR 2006, 1079; OLG Hamm v. 28.4.1995 – 32 W 1/95, ZMR 1995, 359; KG, Beschl. v. 17.6.1999 – 8 W 4592/99, NZM 2000, 659; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 28.11.2000 – 4 W 53/00, OLGR 2001, 260. 8 BGH, Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NZM 2005, 944 – zu § 41 GKG; Zöller/Herget, § 9 Rn. 6.
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Mietstreitigkeiten 2. Ähnliche und sonstige Nutzungsverhältnisse Streiten die Parteien über Ansprüche aus einem der Pacht oder Miete nur ähnlichen oder aus einem sonstigen, d.h. wesensverschiedenen Nutzungsverhältnis, dann fehlt es an einer Sondernorm. § 8 ZPO ist schon ausweislich seines – von § 41 GKG abweichenden – Wortlauts nicht anwendbar.1 Hier ist der Streitwert vielmehr nach §§ 3 ff. ZPO zu bestimmen.
3721
Ähnliche Nutzungsverhältnisse sind solche, die miet- oder pachtähnlichen Cha- 3722 rakter haben, auch wenn sie nicht unmittelbar unter die §§ 535 ff., 581 ff. BGB fallen.2 Dies ist etwa bei dem mietähnlich ausgestalteten Dauerwohnrecht gem. § 1093 BGB oder § 31 WEG3 der Fall. Demgegenüber zeichnen sich wesensverschiedene Nutzungsverhältnisse insbesondere dadurch aus, dass es an einer mietzinsähnlichen Gegenleistung fehlt. Beispielhaft ist hier das unentgeltliche Nutzungsverhältnis4 oder das in letztwilliger Verfügung angeordnete Wohnvermächtnis5 zu nennen. Ausführlich hierzu nachfolgend unter Rn. 3742 ff.
3723
a) Streit über Bestand und Dauer Auf Feststellung des Bestehens oder der Dauer derartiger Rechtsverhältnisse gerichtete Klagebegehren sind nach § 3 ZPO zu bewerten. Im Einzelfall ist jedoch zu erwägen, ob zum Zwecke einer angemessenen Erfassung die Wertberechnung nach § 8 ZPO mitberücksichtigt wird.6
3724
Ist das Klagebegehren auf Räumung und Herausgabe gerichtet, bestimmt sich der Streitwert nach § 6 ZPO.7
3725
b) Anderweitige Klagebegehren Im Übrigen bestimmt sich der Zuständigkeitsstreitwert nach § 3 ZPO, soweit nicht aufgrund des konkreten Klagebegehrens speziellere Wertvorschriften zur Anwendung gelangen und eine mittelbare Berücksichtigung von § 8 ZPO ausscheidet. So ist etwa § 9 ZPO einschlägig, wenn der Streit Leistungen wiederkehrender Art zum Gegenstand hat.8 Das gilt beispielsweise für eine auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichtete Klage.9
1 BGH, Beschl. v. 27.10.2004 – XII ZB 106/04, MDR 2005, 124; Beschl. v. 22.1.1992 – XII ZR 149/91; BayObLG, Beschl. v. 11.3.1994 – 1 ZRR 296/93, JurBüro 1995, 27; Zöller/Herget, § 8 Rn. 3; diff. MünchKomm.ZPO/Wöstmann, § 8 Rn. 5; a.A. Musielak/Voit/Heinrich, § 8 Rn. 2 unter Hinweis auf die Anwendung von § 8 auf gemischttypische Verträge. 2 BGH, Rpfleger 1959, 1 zu § 10 Abs. 1 GKG a.F. 3 OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.7.1998 – 5 W 13/98, OLGR 1999, 231; OLG Frankfurt, NJW 1963, 1930; OLG München, Beschl. v. 11.12.1998 – 14 W 257/98, ZMR 1999, 173; OLG Stuttgart, Rpfleger 1964, 130. 4 BGH, Beschl. v. 27.10.2004 – XII ZB 106/04, MDR 2005, 204. 5 KG, JurBüro 1962, 294. 6 So MünchKomm.ZPO/Wöstmann, § 8 Rn. 3. 7 Prütting/Gehrlein/Gehle, § 8 Rn. 6; krit. Lappe, NJW 2000, 449. 8 Musielak/Voit/Heinrich, § 9 Rn. 3. 9 LG Mainz, Urt. v. 17.7.2012 – 6 S 31/12, WuM 2012, 507.
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Mietstreitigkeiten
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C. Gebührenstreitwert I. Allgemeines 3727
Mit der GKG-Novelle vom 5.5.20041 hat der Gesetzgeber auch die Wertvorschriften für Miet-, Pacht- oder ähnliche Nutzungsverhältnisse betreffende Streitigkeiten überarbeitet und einige in Rechtsprechung und Lehre streitige Punkte entschieden. So wird mit der Regelanknüpfung in § 41 Abs. 1, 2 und 5 GKG an das Nettogrundentgelt und dessen Jahreswert die – bereits anerkannte – soziale Schutzfunktion der Gebührenvorschriften nunmehr auch für die Mängelbeseitigung, Instandsetzung und Modernisierung erweitert. Danach soll der Zugang zu den Gerichten nicht durch kostentreibende Streitwerte erschwert werden.2
3728
Hierbei gelangt die Gebührenprivilegierung des § 41 GKG bereits dann zur Anwendung, wenn nur eine von mehreren Klagebegründungen dessen Voraussetzungen erfüllt.3
3729
In den noch bestehenden Streitfällen ist aus gleichen Gründen eine weite Auslegung geboten. Sie ist auf alle Sachverhalte anzuwenden, bei denen eine für das Verhältnis von Vermieter und Mieter typische Berechtigung Streitgegenstand ist.4 Dies soll jedoch nicht für gewerbliche Mietverhältnisse gelten, da dort soziale Gesichtspunkte keine Rolle spielen.5
3730
Da § 41 Abs. 1 GKG an Rechtsstreitigkeiten zwischen den Vertragsparteien anknüpft, fällt der Streit zwischen Vermietern oder Mietern untereinander nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift.6 Zu denken ist hier an Streitigkeiten zwischen Mitgliedern einer Wohngemeinschaft oder Klagen eines Mieters gegen einen Mitmieter auf Zustimmung zur Kündigung des Mietverhältnisses. Das Verhältnis der Beteiligten ist hier in der Regel gesellschafts- oder gemeinschaftsrechtlich geprägt, so dass für eine Gebührenprivilegierung kein Anlass besteht. Daher dürfte auch für eine entsprechende Anwendung von § 41 Abs. 1 GKG, wie sie vom OLG Frankfurt7 zur Vermeidung „übersetzter Streitwerte“ bejaht wird,8 ausscheiden.9 Im Einzelfall kann bei der Schätzung nach § 3 ZPO jedoch der Bewertungsmaßstab des § 41 Abs. 1 GKG berücksichtigt werden.10 Auch auf einen Räumungsvertrag zwischen einem potentiellen Käufer und einem Mieter des Verkäufers findet § 41 GKG keine Anwendung.11 Bei Streitigkeiten von Eheleuten oder Lebenspartnern über die gemeinsam genutzte Wohnung gem. §§ 200, 269 FamFG ist die Verfahrenswertregelung in § 48 FamGKG zu beachten, wonach – vorbehaltlich einer abweichenden Festsetzung aus Billigkeitsgesichtspunkten (§ 48 Abs. 3 FamGKG) – für Streitigkeiten über die Zuweisung der Woh1 BGBl. I 2004, 718. 2 BGH, Beschl. v. 8.3.1995 – XII ZR 240/94, MDR 1995, 530; OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.3.1995 – 19 W 8/95, OLGR 1995, 132; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.3.1997 – 11 W 21/97, JurBüro 1997, 478; OLG Köln, Beschl. v. 10.3.1997 – 19 W 3/97, ZMR 1997, 468. 3 BGH, Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NZM 2005, 944. 4 OLG Köln, Beschl. v. 10.3.1997 – 19 W 3/97, ZMR 1997, 468; Hartmann, KostG, § 41 Rn. 2 m.w.N. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.3.1995 – 19 W 8/95, OLGR 1995, 132; OLG München, Beschl. v. 3.3.1997 – 15 W 2857/96, OLGR 1997, 107; a.A. wohl: BGH, Beschl. 8.3.1995 – XII ZR 240/94, MDR 1995, 530. 6 BGH, LM ZPO § 8 Nr. 6 = LM GKG § 10 Nr. 10 – zu § 10 GKG a.F. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.3.2003 – 1 W 11/03, AGS 2004, 162. 8 Ebenso OLG Hamburg, Beschl. v. 18.6.1965 – 11 W 20/65, NJW 1965, 2406. 9 So auch KG, Beschl. v. 30.3.1992 – 2 W 1331/92, WuM 1992, 323; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 7. 10 KG, Beschl. v. 30.3.1992 – 2 W 1331/92, WuM 1992, 323. 11 Meyer, JurBüro 2010, 184 (185).
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Kurpat
Mietstreitigkeiten nung während der Trennungszeit 3000 Euro und anlässlich der Scheidung 4000 Euro anzusetzen sind.
II. Bewertungsgrundsätze 1. Allgemeines zu § 41 GKG § 41 GKG geht als Sondervorschrift für Streitigkeiten aus Miet-, Pacht- und ähn- 3731 lichen Nutzungsverhältnissen einer Wertberechnung nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. §§ 3–9 ZPO vor. Zum besseren Verständnis der Streitwertberechnung werden zunächst die einzelnen von § 41 GKG erfassten Tatbestände im Zusammenhang dargestellt: – Das Bestehen eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses ist streitig. Dann bemisst sich der Streitwert nach dem auf die streitige Zeit entfallenden Entgelt oder nach dem einjährigen Entgelt, je nachdem welcher Betrag geringer ist, § 41 Abs. 1 GKG. – Die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses ist streitig. Maßgebend für den Streitwert ist ebenfalls das auf die streitige Zeit entfallende Entgelt oder das einjährige Entgelt, je nachdem welcher Betrag geringer ist, § 41 Abs. 1 GKG. – Es wird Räumung wegen Beendigung des Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses (§§ 546, 578, 581 BGB) verlangt, wobei gleichgültig ist, ob die Beendigung streitig oder unstreitig ist. Auch hier ist der Streitwert gleich dem einjährigen Entgelt, sofern nicht das auf die streitige Zeit entfallende Entgelt geringer ist, § 41 Abs. 2 Satz 1 GKG. – Es wird Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund (z.B. § 985 BGB) verlangt, wobei wiederum gleichgültig ist, ob Streit über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses besteht. Dann ist der Streitwert ausnahmslos gleich dem Wert der Nutzungen eines Jahres, § 41 Abs. 2 Satz 2 GKG. Weiterhin nicht beantwortet ist in § 41 Abs. 2 GKG die Frage, wie der Streitwert zu bemessen ist, wenn Räumung oder Herausgabe allein aus einem anderen Rechtsgrund verlangt wird (s. dazu unten Rn. 3785 ff.). – Es wird die Erhöhung des Mietzinses für Wohnraum beansprucht. Der Wert richtet sich nach dem Jahresbetrag der zusätzlichen Miete, soweit nicht aufgrund kürzerer Mietdauer ein entsprechend niedriger Betrag maßgebend ist, § 41 Abs. 5 GKG. Zu beachten bleibt, dass diese Streitwertbeschränkung nur für Wohnraum gilt! – Der Mieter von Wohnraum verlangt die Instandsetzung von Wohnraum. Hier bestimmt sich der Streitwert nach dem Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung, soweit nicht auch hier wegen eines kürzeren Zeitraums ein entsprechend niedriger Betrag maßgebend ist, § 41 Abs. 5 GKG. – Der Vermieter verlangt die Duldung von Maßnahmen der Modernisierung oder Erhaltung von Wohnraum. Dann bemisst sich der Streitwert nach dem Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung bzw. einer ansonsten möglichen Mietminderung, soweit nicht auch hier wegen eines kürzeren Zeitraums ein entsprechend niedriger Betrag maßgebend ist, § 41 Abs. 5 GKG. – Die gemeinsame Verhandlung des Anspruchs auf Räumung und des Anspruchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses nach §§ 574–574b BGB. Hier ist der Wert ohne Zusammenrechnung immer nach dem einjährigen Mietzins zu errechnen, § 41 Abs. 3 und 4 GKG. Das vorstehende Schema der Tatbestandsgruppen zeigt, dass praktisch kaum Bewertungsunterschiede bestehen. Es ist im Wesentlichen darauf zu achten, ob ein Kurpat
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ZPO
Mietstreitigkeiten Fall des § 41 Abs. 2 Satz 2 GKG vorliegt: Räumungsverlangen aus mehreren Rechtsgründen. Denn dann ist immer das einjährige Nutzungsentgelt anzusetzen, auch wenn der streitige Zeitraum kürzer als ein Jahr ist. 3733
Hierbei erhöht sich der Streitwert nicht bei einer auf mehrere Kündigungen gestützten Räumungsklage.1 Soweit die Kündigungserklärungen auf im Wesentlichen unterschiedlichen Sachverhalten beruhen, liegen zwar verschiedene Streitgegenstände vor.2 Da diese jedoch auf den Rückerhalt derselben Mietsache gerichtet sind, ist wegen wirtschaftlicher Identität trotz objektiver Klagehäufung für eine Wertaddition kein Raum.3 Siehe auch das Unterstichwort „Kündigung“ (Rn. 3927 ff.).
3734
Treffen im Zuge einer objektiven Klagehäufung Ansprüche auf Leistung und Feststellung hinsichtlich des Bestandes eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses zusammen, ist für eine Wertaddition nach § 39 Abs. 1 GKG zu unterscheiden.
3735
Ist das den verschiedenen prozessualen Ansprüchen zugrunde liegende klägerische Interesse – wirtschaftlich betrachtet – auf denselben Gegenstand gerichtet und damit als wirtschaftliche Einheit anzusehen, scheidet eine Zusammenrechnung aus und der höhere Einzelwert ist maßgebend. Anderenfalls ist zu addieren.4
3736
Überschneidet sich eine auf Zahlung von Mietzins gerichtete Leistungsklage bezogen auf den Leistungszeitraum mit einer Zwischenfeststellungswiderklage (§ 265 Abs. 2 ZPO) auf Erlöschen des Mietverhältnisses, findet daher keine Wertaddition statt.5 Siehe auch unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“. 2. Miet-, Pacht- oder ähnliche Nutzungsverhältnisse a) Miete und Pacht
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Die mit der Bestimmung von Miet- und Pachtverhältnissen verbundenen Abgrenzungsfragen sind bereits beim Zuständigkeitsstreitwert (§ 8 ZPO) erörtert worden. Zu beachten bleibt, dass § 41 Abs. 1 GKG auch auf Ansprüche aus der Miete beweglicher Sachen Anwendung findet,6 was sich insbesondere bei neueren Nutzungsformen, wie dem Leasing (oben bei Rn. 3693), auswirken kann (s. hierzu unter dem Stichwort „Leasingvertrag“).
1 OLG Brandenburg, Urt. v. 10.10.2007 – 3 U 64/07, ZMR 2008, 361 – unzutreffend jedoch hinsichtlich der Ausführungen zu dem für die Kostengrundentscheidung im Einzelfall zu bildenden sog. fiktiven Streitwert; OLG München, Beschl. v. 9.7.2001 – 5 W 1857/01, NZM 2001, 749. 2 OLG Brandenburg, Urt. v. 24.2.2010 – 3 U 112/09; vgl. auch BGH, Beschl. v. 23.7.1993 – VIII ZB 22/93, NJW-RR 1994, 61: Klageänderung bei Wechsel von einer Kündigung zur anderen. 3 KG, Beschl. v. 12.1.2012 – 8 W 31/11, MDR 2012, 455; OLG München, Beschl. v. 9.7.2001 – 5 W 1857/01, NZM 2001, 749; OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.3.2011 – 5 U 137/10, JurBüro 2012, 303. 4 OLG Hamburg, MDR 1965, 394; OLG Oldenburg, Beschl. v. 8.12.1986 – 3 W 139-140/86, JurBüro 1987, 596; OLG München, Beschl. v. 20.3.1984 – 24 W 48/84, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 706 mit Anm. Schneider; OLG Zweibrücken, NJW 1982, 2800; LG Hamburg, Beschl. v. 11.9.1995 – 311 O 183/95, WuM 1996, 287; Zöller/Herget, § 5 Rn. 8. 5 BGH, Beschl. v. 9.10.1991 – XII ZR 81/81, NJW-RR 1992, 698 – zu § 8 ZPO. 6 OLG Bamberg, Beschl. v. 19.11.1984 – 3 W 100/84, JurBüro 1985, 589: Miete eines Blumenautomaten.
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Kurpat
Mietstreitigkeiten b) Ähnliche Nutzungsverhältnisse § 41 GKG erfasst – im Gegensatz zu § 8 ZPO – neben den Miet- und Pachtverhältnissen auch die ihnen „ähnlichen Nutzungsverhältnisse“. Ähnliche Nutzungsverhältnisse sind solche, die miet- oder pachtähnlichen Charakter haben, auch wenn sie nicht unmittelbar unter die §§ 535 ff., 581 ff. BGB fallen.1
3738
Hierzu zählen beispielhaft die Nutzung von Pachtland ohne Pachtvertrag,2 das mietähnlich ausgestaltete Dauerwohn- oder Nutzungsrecht gem. § 1093 BGB oder § 31 WEG,3 die Überlassung eines Siedlungsgrundstücks,4 der Werbenutzungsvertrag5 sowie die Vereinbarung einer entgeltlichen Nutzung vor Abschluss eines geplanten Kaufvertrages über ein bebautes Grundstück6 oder entgeltlicher Nutzung vor wirksamer Eigentumsübertragung nach Kauf einer Eigentumswohnung.7 Siehe dazu auch unter dem Stichwort „Herausgabe“.
3739
Auch ein Nießbrauchsrecht kann ein „ähnliches Nutzungsverhältnis“ i.S.d. § 41 GKG sein, etwa wenn es durch den schuldrechtlichen Bestellungsvertrag mietähnlich ausgestaltet ist. Daher ist der Jahresbetrag für die Wertbestimmung maßgebend, wenn beim Kauf eines bebauten Grundstücks dem Verkäufer ein dinglicher Nießbrauch am Grundstück eingeräumt wird und der Eigentümer nach dem Tode des Nießbrauchers, der die Ausübung des Nießbrauchs einem Dritten überlassen hatte, die Herausgabe verlangt.8 Doch ist das die Ausnahme. Grundsätzlich ist § 41 GKG auf den Nießbrauch unanwendbar.9
3740
c) Sonstige Nutzungsverhältnisse Sonstige, das heißt gegenüber Miete und Pacht wesensverschiedene Nutzungsverhältnisse, werden von § 41 GKG nicht erfasst. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es an einer mietzinsähnlichen Gegenleistung fehlt. Hier ist der Streitwert vielmehr nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO zu bestimmen, soweit nicht aufgrund des konkreten Klagebegehrens besondere Wertvorschriften, etwa § 6 ZPO, einschlägig sind.
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Beispielhaft sind hier zu nennen, das in letztwilliger Verfügung angeordnete Wohnvermächtnis,10 das unentgeltlich eingeräumte Nutzungsrecht aufgrund eines beabsichtigten Kaufvertrags und des damit in Aussicht genommenen Eigentumsverschaffungsanspruchs,11 das unentgeltlich eingeräumte Nutzungsrecht aufgrund
3742
1 BGH, Rpfleger 1959, 1 zu § 10 Abs. 1 GKG a.F. 2 KG, JurBüro 1966, 964. 3 OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.7.1998 – 5 W 13/98, OLGR 1999, 231; OLG Düsseldorf, JurBüro 1965, 550; OLG Frankfurt, NJW 1963, 1930; OLG München, Beschl. v. 11.12.1998 – 14 W 257/98, ZMR 1999, 173; OLG Stuttgart, Rpfleger 1964, 130. 4 OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 627. 5 BVerwG, Beschl. v. 14.10.1993 – 11 B 72.92, NVwZ-RR 1994, 420. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.7.1987 – 9 W 48/87, JurBüro 1988, 373. 7 OLG Hamm, Beschl. v. 30.6.2011 – 5 W 45/11, NZM 2012, 53 – allerdings im konkreten Fall verneinend; OLG Köln, Beschl. v. 14.9.1995 – 19 W 34/95, JurBüro 1996, 194: analog § 16 Abs. 2 GKG. 8 OLG Köln, Beschl. v. 11.4.1981 – 2 W 27/81, AnwBl. 1981, 500. 9 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 29.7.1986 – 7 W 40/86, JurBüro 1987, 265. 10 KG, JurBüro 1962, 294. 11 OLG Celle, Beschl. v. 4.1.1996 – 4 W 269/95, OLGR 1996, 119; OLG Nürnberg, Beschl. v. 30.3.2004 – 9 W 1014/04, MDR 2004, 966 = AGS 2004, 344; a.A. OLG Schleswig, Beschl. v. 20.7.1998 – 3 W 45/98, OLGR 1998, 424 – für Räumung nach Wandlung des Kaufvertrages; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Mietstreitigkeiten“: analog § 41 Abs. 2 GKG.
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Mietstreitigkeiten
ZPO
Ehe oder Lebensgemeinschaft1 sowie das unentgeltlich eingeräumte Dauerwohnrecht.2 In all diesen Fällen fehlt es – neben einer periodischen Struktur des Nutzungsrechts3 – schon an einem „Entgelt“ i.S.d. § 41 GKG, das als Berechnungsgrundlage für die Wertbestimmung dienen könnte.4 3743
Über den Maßstab, an dem sich in diesen Fällen die freie Schätzung gem. § 3 ZPO orientieren kann, besteht Uneinigkeit. Gegenüber der vom BGH bislang vertretenen Anlehnung an § 24 KostO5 (entspricht teilweise § 52 GNotKG) oder einer entsprechenden Anwendung von § 41 GKG6 erscheint es angemessener, beide Bewertungsanalogien zu kombinieren und je nach den Umständen des Einzelfalles den Jahreswert angemessen zu erhöhen. Dies zumindest dann, wenn nach der sozialen Schutzfunktion des § 41 GKG eine Begrenzung des Gebührenanfalls geboten ist. Allerdings bietet sich auch § 9 ZPO als Orientierung an.7 d) Gemischte Verträge
3744
Bei gemischten Verträgen ist ebenfalls maßgeblich darauf abzustellen, ob die entgeltliche Gebrauchsüberlassung das prägende Vertragsmerkmal ist, also der mietoder pachtrechtliche Teil des Vertrages überwiegt. Dann kommt bereits eine Einordnung als ähnliches Nutzungsverhältnis in Betracht.
3745
Stehen hingegen andere Bestandteile im Vordergrund, etwa dienstvertragliche Elemente, scheidet eine unmittelbare Anwendung von § 41 GKG in der Regel aus. Hier ist jedoch wegen der sozialen Schutzfunktion des § 41 GKG die Abgrenzung nicht auf die materiell-rechtliche Bewertung des Vertragstyps zu beschränken,8 sondern den § 41 GKG auf den mietrechtlichen Vertragsteil anzuwenden, wenn allein dieser Gegenstand der Auseinandersetzung ist.9
3746
Wegen der Einordnung einzelner Vertragstypen wird auf die Erörterung bei dem Zuständigkeitsstreitwert oben bei Rn. 3696 Bezug genommen. 3. Entgelt
3747
Das für die Wertberechnung zugrunde zu legende Nutzungsentgelt (früher: Zins) errechnet sich nach der vom Mieter, Pächter oder Nutzer für die Gebrauchs1 OLG Braunschweig, NZM 2008, 423; OLG Frankfurt, Beschl. 27.5.2009 – 19 W 28/09, OLGR 2009, 930 = AGS 2009, 499: fiktiver Jahresmietbetrag; OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.5.2009 – 19 W 28/09, AGS 2009, 499: fiktiver Jahresmietbetrag; OLG Naumburg, OLGR 2001, 13; ausf. N. Schneider, MDR 1999, 637; a.A. OLG Jena, Beschl. v. 16.7.1997 – 7 W 355/97, MDR 1998, 63; OLG Köln, Beschl. v. 25.1.1999 – 22 W 52/98, MDR 1999, 637; s. auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 5.3.1993 – 18 W 6/92, JurBüro 1994, 116; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Mietstreitigkeiten“. 2 BGH, Beschl. v. 20.10.2005 – V ZR 73/05; OLG Koblenz, Beschl. v. 1.7.2013 – 3 W 316/13, NJW-RR 2014, 197; OLG Braunschweig, Beschl. v. 5.10.2007 – 8 W 81/07, AGS 2008, 299; OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.9.1992 – 24 W 28/02, NZM 2002, 1046; Beschl. v. 29.3.1995 – 19 W 8/95, OLGR 1995, 132: Schätzung nach § 3 ZPO unter Berücksichtigung von § 41 GKG; OLG Naumburg, Beschl. v. 6.4.2000 – 13 W 14/00, AGS 2001, 159. 3 BGH, Beschl. v. 20.10.2005 – V ZR 73/05. 4 OLG München, AnwBl. 1966, 231. 5 BGH, Beschl. v. 20.10.2005 – V ZR 73/05; Beschl. v. 23.9.1992 – XII ZR 33/92; OLG Braunschweig, Beschl. v. 5.10.2007 – 8 W 81/07, AGS 2008, 2999; OLG Köln, Beschl. v. 12.6.2006 – 2 W 49/06, JurBüro 2006, 477. 6 OLG Dresden, Beschl. 2.4.2003 – 11 W 408/03; OLG Naumburg, Beschl. v. 6.4.2000 – 13 W 14/00, AGS 2001, 159; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.12.1983 – 2 W 21/83, JurBüro 1984, 284; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Mietstreitigkeiten“. 7 So OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.5.2006 – 19 W 16/06. 8 So aber Gerold, Streitwert, S. 195 m.N.; wohl auch Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 1. 9 Meyer, § 41 Rn. 5.
708 Kurpat
Mietstreitigkeiten gewährung zu erbringenden Gegenleistung. Hierzu zählt zunächst das in Geld oder Naturalien zu leistende „Nettogrundentgelt“, zu dem weitere vertraglich vereinbarte Nebenleistungen hinzuzurechnen sind, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden, § 41 Abs. 1 Satz 2 GKG. Die vorstehende Entgeltdefinition ist über den Verweis in § 41 Abs. 2 Satz 1 GKG auch für die Bewertung der dort geregelten Räumungsklage heranzuziehen.1 Zur Entgeltbestimmung beim Zuständigkeitsstreitwert gem. § 8 ZPO s. vorstehend unter Rn. 3713. Maßgebend für die jeweilige Berechnung ist das – nach dem Klagevortrag – vertraglich vereinbarte Entgelt und nicht der Betrag, der nach Auffassung einer Partei, etwa aufgrund einer Minderung, angemessen wäre oder ortsüblich ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein schriftlicher Miet-, Pacht- oder ähnlicher Nutzungsvertrag mit Regelungen über die Höhe des Nutzungsentgeltes besteht.2
3748
Ebenfalls zum Entgelt i.S.d. § 41 GKG gehört eine etwaig anfallende Mehrwertsteuer.3 Das Klagevorbringen bleibt für die Ermittlung des vertraglich vereinbarten Nutzungsentgelts auch dann maßgeblich, wenn es nach der gerichtlichen Entscheidung von dem tatsächlich geschuldeten Nutzungsentgelt abweicht.4 Denn im Streitwertrecht gilt der Grundsatz, dass der Kläger mit seinem Angriff den Streitwert bestimmt und dieser Angriff durch seinen Klageantrag konkretisiert wird.5
3749
Die Gegenansicht6 ist weder praktikabel, noch führt sie durchweg zu tragfähigen Ergebnissen. Denn ein Abstellen auf das erst bei Beendigung des Rechtsstreits bekannte „tatsächlich“ geschuldete Nutzungsentgelt ermöglicht eine korrekte Streitwertfestsetzung frühestens nach Urteilserlass und nimmt dem Anwalt zudem die Grundlage für eine Gebührenberechnung bei einer ausschließlich außergerichtlichen Tätigkeit. Auch muss zwangsläufig auf die vom Vermieter verlangte Höhe abgestellt werden, wenn das Bestehen des Mietvertrages davon abhängt, ob die Angaben des Klägers zur Miethöhe zutreffen.7 Anderenfalls würde auch der Streitgegenstand verfehlt, weil z.B. ein Mangel über die Einigung der Miethöhe dem Zustandekommen eines Mietvertrages entgegenstehen kann (§ 155 BGB) oder weil der Vermieter ein Kündigungsrecht wegen Verzuges mit der Mietzahlung nur dann hat, wenn die von ihm behauptete Miethöhe zutrifft.
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Haben die Parteien ein umsatzbezogenes Nutzungsentgelt vereinbart, ist der maßgebliche Betrag gem. § 41 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO zu schätzen, wobei die Parteiangaben berücksichtigt werden können.8
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1 KG, Beschl. v. 25.10.2004 – 8 W 75/04, ZMR 2005, 123; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.12.2005 – 24 W 62/05, MDR 2006, 1079; OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.10.2008 – 5 W 48/08, AGS 2009, 46. 2 BGH, Urt. v. 20.12.1995 – XII ZR 244/94, WM 1996, 1064; LG Itzehoe, WuM 1965, 211 – zum Einwand der wucherisch überhöhten Miete. 3 BGH, ZMR 2006, 190; KG, Beschl. v. 15.1.2007 – 12 W 5/07, ZMR 534; Beschl. v. 29.1.2005 – 8 W 20/05, GuT 2005, 179; OLG Celle, Beschl. v. 11.11.2008 – 2 W 239/08, AGS 2009, 89; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.7.2011 – 24 W 59/11, JurBüro 2011, 645; Beschl. v. 20.10.2009 – 10 W 102/09, AGS 2009, 600; OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.10.2008 – 5 W 48/08, AGS 209, 46; Urt. v. 2.6.2008 – 5 U 20/08, GuT 2008, 349. 4 Vgl. Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 13; OLG Köln, JurBüro 1961, 561; LG Augsburg, AnwBl. 1966, 232; Gerold, Streitgegenstand, S. 204; Schneider, Kostenentscheidung im Zivilurteil, 2. Aufl. 1977, S. 23. 5 LG Wuppertal, Beschl. v. 14.2.1991 – 6 T 138/91, WuM 1993, 478. 6 LG Köln, Beschl. v. 26.7.1994 – 12 T 220/94, WuM 1994, 624; LG Mannheim, NJW 1961, 1266 Nr. 11; LG Mönchengladbach, WuM 1965, 19; LG München, WuM 1963, 47. 7 OLG Köln, JurBüro 1961, 561; hier auch Meyer, § 41 Rn. 19. 8 OLG München, Urt. v. 18.4.1997 – 21 U 6318/96, OLGR 1997, 181.
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ZPO
Mietstreitigkeiten 3752
Im Falle der Untervermietung ist ein Zuschlag für den höheren Verwaltungsaufwand und die höhere Abnutzung hinzuzurechnen.1
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Zu den berücksichtigungsfähigen Nebenleistungen gehören, soweit die bereits genannten Voraussetzungen erfüllt sind, auch alle vertragsgemäß zu erbringenden Sonderleistungen des Mieters oder Pächters, etwa für die Unterhaltung und Instandsetzung der Mietsache, für Abgaben und sonstige öffentliche Lasten, aber auch Baukostenaufwand und Baukostenzuschüsse2 sowie die Verpflichtung des Jagdpächters, zum Ersatz der anfallenden Wildschäden einen Mindestbetrag als „weiteren Pachtzins“ zu zahlen,3 und die neben einer nur symbolischen Miete (1 Euro) vom Mieter übernommenen Nebenkosten.4 Ist deren Wert im Mietvertrag nicht beziffert, sondern nur mittelbar über einen deshalb reduzierten Mietzins berücksichtigt, bedarf es der Schätzung.5 Anders liegt es, wenn es dem Mieter gestattet ist, von ihm übernommene Ausbaukosten durch Aufrechnung mit der Miete zu verrechnen.6 Denn besteht keine Verpflichtung zur Vornahme der Maßnahmen, stehen Gebrauchsgewährung und Ausbauleistung nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis.
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Ein laufend zu entrichtender Betrag, der als Abgeltung für die Gestattung der Errichtung einer Einzelhandelsverkaufsstelle zu bezahlen ist und sich nach einem Prozentsatz des steuerlichen Reingewinns errechnet, gilt für den Streitwert als Mietzins.7
3755
Nicht ansatzfähig bleiben weiterhin diejenigen Nebenleistungen, die im Verkehr nicht als Entgelt für die Gebrauchsüberlassung angesehen werden, etwa Zahlungen aufgrund vom Vermieter erworbener Einrichtungsgegenstände. Auch Leistungen, die vom Mieter bzw. Pächter gegenüber einem Dritten abgerechnet werden, sind nicht hinzuzurechnen.8
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Für das Jahresentgelt ist weder allein das Nettogrundentgelt maßgeblich, noch sind generell sämtliche Neben- oder Betriebskosten hinzuzurechnen. Vielmehr sind Nebenkosten dann anzusetzen, wenn sie als Pauschale oder Teil einer Inklusivmiete vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.9
3757
Von einer Pauschale ist auszugehen, wenn die Höhe der Nebenkosten prozentual nach dem Nettogrundentgelt oder als Festbetrag vereinbart wird.10 Unerheblich ist hierbei, ob die Pauschale in monatlichen Teilbeträgen oder jährlich zu zahlen ist. Auch die Möglichkeit einer Anpassung der Pauschale für künftige Zeiträume steht einer Berücksichtigung nicht entgegen. Denn mit dem Erfordernis der pauschalen Berechnung wird nur dem Umstand Rechnung getragen, dass bei einer ab-
1 BGH, Beschl. v. 26.2.1996 – XII ZR 233/96, NJW-RR 1997, 648; Urt. v. 6.10.1959 – VIII ZR 96/59, NJW 1959, 2164; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 9. 2 BGH, Beschl. v. 31.3.1993 – XII ZR 265/01, ZMR 1993, 325; BGHZ 18, 168; OLG Köln, Beschl. v. 9.2.1996 – 19 W 1/96, MDR 1996, 859; OLG Schleswig, JurBüro 1958, 512. 3 BGH, Beschl. v. 17.11.1962 – V ZR 15/61, MDR 1962, 293. 4 AG Bad Segeberg, Urt. v. 5.1.2012 – 17 C 31/11, Gemeindehaushalt 2012, 68 (Ls.). 5 BGH, Beschl. v. 31.3.1993 – XII ZR 265/01, ZMR 1993, 325; a.A. LG Hannover, NJW 1954, 1614. 6 KG, JurBüro 1969, 537. 7 LG Wuppertal, MDR 1953, 499. 8 Zum alten Recht: BGH, Beschl. v. 2.6.1999 – XII ZR 99/99, ZMR 1999, 615 – Beschwer; Urt. v. 21.1.1955 – V ZR 160/54, BGHZ 18, 168; OLG Dresden, Beschl. v. 19.8.1997 – 15 W 1041/97, ZMR 1997, 527; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 unter „Mietstreitigkeiten“. 9 BGH, Beschl. v. 30.10.2007 – VIII ZR 163/07, AGS 2008, 461. 10 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.6.2004 – 10 W 61/04, AGS 2004, 245; Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 21.
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Mietstreitigkeiten rechnungspflichtigen Vorauszahlung vor einer endgültigen Abrechnung die Höhe der Nebenkosten nicht sicher bestimmt werden kann.1 Bestimmt sich der Streitwert gem. § 41 Abs. 2 Satz 2 GKG nicht nach dem Nutzungsentgelt, sondern ist auf den Wert der Nutzung abzustellen, ist das im Verkehr erzielbare und damit objektive Nutzungsentgelt maßgebend.2 Dessen Höhe kann im Regelfall mit dem (nach dem Klagevortrag) vereinbarten Nutzungsentgelt gleichgesetzt werden3 und muss ansonsten – etwa unter Zuhilfenahme eines Mietspiegels – geschätzt oder durch Sachverständigenbeweis ermittelt werden.
3758
Soweit sich nach dem Inhalt des Mietvertrages, etwa aufgrund einer Staffelmietvereinbarung, innerhalb der streitigen Zeit der Höhe nach unterschiedliche Jahresbeträge ergeben, ist auf den höchsten Betrag und nicht auf den Durchschnittsbetrag innerhalb des streitigen Zeitraums abzustellen. Anderenfalls wäre nicht ausgeschlossen, dass sich der Streitwert trotz einer Verlängerung der streitigen Zeit aufgrund einer vereinbarten Verringerung der Miete absenkt.4
3759
Nach Klageerhebung eintretende Veränderungen des Mietvertrages, die auf die Höhe des Streitwertes Einfluss haben könnten, sind gem. § 4 ZPO, § 40 GKG streitwertrechtlich unbeachtlich, solange nicht auch der Klageantrag geändert wird.5
3760
Einstweilen frei.
3761–3765
4. Streitige Zeit Die „streitige Zeit“ ist derjenige Zeitraum, für den hinsichtlich des Bestehens oder Nichtbestehens des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien Uneinigkeit besteht. Abweichend zum Zuständigkeitsstreitwert ist hier nicht das Vorbringen in der Klageschrift maßgebend, sondern auf den tatsächlich, d.h. unter Berücksichtigung des Beklagtenvorbringens, streitigen Zeitraum abzustellen. Fehlt es hierzu an Angaben der Parteien, dann bestimmt sich die „streitige Zeit“ nach dem Zeitraum zwischen Eingang der Klage und dem Zeitpunkt der nächstmöglichen (ordentlichen) Kündigung.6
3766
Ein Wert unterhalb des Jahresnutzungsentgelts ist daher anzusetzen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses zwischen den Parteien unstreitig ist, dem Beklagten jedoch an einer um drei Monate verlängerten Nutzungsmöglichkeit gelegen ist.7
3767
Ist dagegen wegen fehlender Räumung oder aufgrund Säumnis des Beklagten ungewiss, ob und wann er sich zur Räumung verpflichtet sieht, bleibt der Jahresbetrag wertbestimmend, unabhängig von der Möglichkeit einer früheren ordentli-
3768
1 Vgl. BGH, Beschl. v. 2.6.1999 – XII ZR 99/99, NZM 1999, 794, der deshalb schon nach altem Recht die Berücksichtigung von Nebenkostenvorauszahlungen verneinte. 2 OLG Celle, JurBüro 1968, 251; LG Bayreuth, JurBüro 1977, 1424; Meyer, 6. Aufl., § 41 Rn. 18. 3 OLG Bamberg, Beschl. v. 9.3.1992 – 3 W 18/92, JurBüro 1992, 625. 4 BGH, Beschl. v. 30.10.2007 – VIII ZR 163/07, WuM 2008, 50 mit zust. Anm. Gies; Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NZM 2005, 944; OLG Bamberg, JurBüro 1971, 536; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.10.2009 – 10 W 102/09, AGS 2009, 600; OLG Neustadt, Rpfleger 1963, 34; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 14; N. Schneider, NJW-Spezial 2008, 763. 5 LG Mannheim, ZMR 1970, 114. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.12.2005 – 24 W 62/05, MDR 2006, 1079; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.7.2001 – 5 W 14/01, AGS 2002, 39; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 17; a.A. Meyer, § 41 Rn. 15: Jahresbetrag. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.7.2001 – 5 W 14/01, AGS 2002, 39; OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.10.2008 – 5 E 48/08.
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chen Kündigung.1 Dies gilt jedoch nicht, wenn nach dem Klagevorbringen auch der Beklagte das Nutzungsverhältnis gekündigt und eine Räumung zu dem aus seiner Sicht bestehenden Beendigungszeitpunkt mitgeteilt hat, im Prozess aber säumig geblieben ist. Hier reicht die bloß abstrakte Möglichkeit einer nicht fristgerechten Räumung für den Ansatz des Jahresbetrages nicht aus.2 3769
Zu beachten bleibt, dass bei der Räumungsklage der Streitwert unabhängig von der streitigen Zeit dem Wert der Nutzung für ein Jahr entspricht, wenn das Räumungsverlangen auch oder allein auf einem anderen Rechtsgrund beruht (§ 41 Abs. 2 Satz 2 GKG) und sich der Beklagte – in letztgenannten Fall – mit einem angeblichen Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnis verteidigt (s. oben Rn. 3699).
3770
Wegen der weiteren Einzelheiten kann auf die Ausführungen zum Zuständigkeitsstreitwert unter Rn. 3707 verwiesen werden. 5. Erfasste Ansprüche a) Streit über Bestehen oder Dauer des Nutzungsverhältnisses
3771
Nach § 41 Abs. 1 GKG muss das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig sein. Ohne Bedeutung ist, ob der Streit Gegenstand einer Feststellungs-, Leistungs- oder Gestaltungsklage ist.
3772
Ist das Klagebegehren auf positive Feststellung, etwa bzgl. des Bestandes eines Mietverhältnisses, gerichtet, erfolgt auch die Berechnung des Gebührenstreitwertes ohne den bei positiven Feststellungsklagen ansonsten gebotenen prozentualen Abschlag (s. hierzu unter dem Stichwort „Feststellungsklage“). Denn dahingehende Feststellungsbegehren gehören zum Regelfall der von § 41 Abs. 1 GKG erfassten Streitigkeiten, ihre Eigenart ist daher bereits in dessen Wertmaßstab berücksichtigt worden.3
3773
Erfasst werden Streitigkeiten betreffend den Fortbestand eines unstreitig entstandenen Mietverhältnisses über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus4 sowie über die Feststellung, ob und zu welchem frühestmöglichen Zeitpunkt das Nutzungsverhältnis ordentlich gekündigt werden kann.5 Er gilt ferner für die Klage des Mieters gegen den Vermieter auf Gewährung des Mietgebrauchs6 und die Drittwider-
1 OLG Hamburg, Beschl. v. 15.2.2000 – 4 W 6/00, NZM 2000, 1228; OLG Köln, Beschl. v. 19.1.1990 – 2 W 10/90, JurBüro 1990, 323. 2 OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.5.1995 – 5 W 24/95, JurBüro 1995, 486. 3 BGH, Beschl. v. 29.10.2008 – XII ZB 75/08, AGS 2009, 183; Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NZM 2005, 944; Beschl. v. 13.5.1958 – VIII ZR 16/58, Rpfleger 1958, 215 – zu § 10 GKG a.F.; OLG Bamberg, JurBüro 1985, 1359; KG, Rpfleger 1962, 118; OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.8.2009 – 3 W 19/09, AG-Kompakt 2010, 27; Urt. v. 2.7.2008 – 3 U 156/07, ZMR 2009, 190; OLG Celle, Beschl. v. 26.6.2001 – 2 W 75/01; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.7.1987 – 10 W 78/87, JurBüro 1988, 227; OLG Frankfurt, Urt. v. 30.5.2008 – 2 U 26/08, NZM 2009, 334; Beschl. v. 5.2.2004 – 2 W 3/04, OLGR 2004, 201; OLG Hamburg, Rpfleger 1958, 36; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 23; a.A. OLG Jena, Beschl. v. 4.7.2008 – 4 W 338/08, AGS 2009, 187 unter fehlerhaftem Hinweis auf die Reichweite der Gebührenprivilegierung nach § 41 GKG. 4 BGH, Beschl. v. 22.2.2006 – XII ZR 134/03, JurBüro 2006, 369; OLG Hamburg, Rpfleger 1958, 36; KG, Rpfleger 1962. 5 OLG Köln, Beschl. v. 20.12.1984 – 8 W 15/84, KostRsp. GKG § 16 Nr. 36 mit Anm. E. Schneider; a.A. OLG Frankfurt, MDR 1967, 313. 6 OLG Brandenburg, Beschl. v. 7.5.2007 – 3 W 17/07, GuT 2007, 310 – zugleich Gebrauchsüberlassung an den Pächter; OLG Celle, Beschl. v. 21.9.1988 – 2 W 66/88, KostRsp. GKG § 16 Nr. 58 mit Anm. Schneider = MDR 1989, 272; s. auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.4.2007 – 3 W 57/06, MDR 2007, 1225 = NJ 2008, 31 – Wiedereinräumung nach Störung des Besitzes durch Entziehung des vertragsmäßigen Gebrauchs.
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Mietstreitigkeiten spruchsklage gegen die Räumungsvollstreckung aus einem Zuschlagsbeschluss in der Zwangsversteigerung.1 Entzieht der Vermieter dem Mieter den Besitz an der Mietsache durch verbotene Eigenmacht, ist die antragsgemäß auf Wiedereinräumung des Besitzes gerichtete einstweilige Verfügung gem. § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG nach § 3 ZPO zu bewerten. Dabei ist nicht auf den Wert der Sache (§ 6 ZPO), sondern auf das Jahresnutzungsentgelt (§ 41 Abs. 1 GKG) abzustellen.2 Denn die Besitzverschaffung entspricht – hier – der dem Vermieter obliegenden (streitigen) Gebrauchsgewährung nach § 535 BGB und wird daher von § 41 Abs. 1 GKG als für den Gebührenstreitwert speziellere Norm erfasst.
3773a
Der Streitwert bestimmt sich hier nach dem einjährigen Nutzungsentgelt, sofern nicht das auf die streitige Zeit entfallende Entgelt geringer ist. Soweit § 41 Abs. 1 GKG begrifflich zugleich den Streit um die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils (auch) aufgrund eines beendeten Nutzungsverhältnisses mitumfasst, greift § 41 Abs. 2 GKG als speziellere Norm ein.
3774
Da § 41 Abs. 1 GKG nicht das Bestehen eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses voraussetzt, sondern nur den Streit darüber, kann für seine Anwendbarkeit nicht allein auf den Klagevortrag abgestellt werden.3 Es ist daher gleichgültig, ob der Kläger sein Klagebegehren auf die Vorschriften zur Leihe, Eigentum, Besitz usw. stützt, sofern nur der Beklagte mit seiner Einlassung ein Miet-, Pacht- oder ähnliches Nutzungsverhältnis einwendet.4
3775
Dazu reicht es auch aus, dass der Beklagte sich auf ein durch letztwillige Verfügung begründetes schuldrechtliches Nutzungsrecht beruft5 oder sein bisheriges Nutzungsrecht auf einem (nunmehr gekündigten) Mietverhältnis zwischen seinem Ehepartner und dem klagenden Vermieter beruhte.6
3776
Bestand oder Fortdauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses sind auch dann streitig, wenn sich der Streit aus dem Vortrag des Klägers ergibt, der Beklagte jedoch auf die Klage nicht erwidert oder in der mündlichen Verhandlung säumig ist.7 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn nach dem Klagevorbringen der Beklagte einer fristlosen Kündigung nicht Folge leistet, die Mietsache weiter nutzt und sich damit ein dahingehendes Recht anmaßt, im Termin zur mündlichen Verhandlung aber nicht erscheint.8
3777
Die Geständnisfiktion in den §§ 138 Abs. 3, 331 Abs. 1 Satz 2 ZPO steht hier der Anwendung des § 41 Abs. 1 GKG nicht entgegen.9 Vielmehr ist ein Streit i.S.d.
3778
1 OLG Köln, Beschl. v. 9.9.2002 – 19 W 35/02, InVo 2003, 206. 2 OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.4.2007 – 3 W 57/06, MDR 2007, 1225; OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2007 – 2 W 71/07, AGS 2008, 189; OLG Rostock, Beschl. v. 14.8.2006 – 3 W 78/06, OLGR 2006, 1004. 3 BGH, Beschl. v. 26.6.1967 – V ZR 75/66, BGHZ 48, 177; OLG Hamburg, Beschl. v. 8.1.1993 – 4 W 73/92, WuM 1995, 197; OLG Karlsruhe, NJW 1956, 310; OLG München, NJW 1953, 1399; Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 5; a.A. noch OLG Oldenburg, NJW 1955, 956. 4 BGH, Beschl. v. 26.6.1967 – V ZR 75/66, BGHZ 48, 177 = NJW 1967, 2263; OLG Bamberg, Beschl. v. 9.3.1992 – 3 W 18/92, JurBüro 1992, 624; OLG Köln, Beschl. v. 6.12.2002 – 11 W 80/02, GuT 2003, 64; OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 177; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 20; Schneider, DGVZ 1986, 4. 5 KG, JurBüro 1978, 892. 6 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.9.2004 – 19 W 9/04, MDR 2004, 906. 7 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.9.2004 – 19 W 9/04, MDR 2004, 906 = NZM 2004, 880; OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.5.1995 – 5 W 24/95, JurBüro 1995, 486; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 22. 8 Vgl. LG Passau, Beschl. v. 1.2.1994 – 1 O 407/93, KostRsp. GKG § 16 Nr. 28 mit Anm. E. Schneider. 9 Im Ergebnis ebenso: OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.5.1995 – 5 W 24/95, JurBüro 1995, 486.
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Mietstreitigkeiten
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§ 41 GKG, sei es hinsichtlich des Nutzungsverhältnisses oder der noch verbleibenden Zeit, immer dann zu bejahen, wenn sich der Kläger durch Klageerhebung einen Titel verschaffen muss, wenn er also darlegt, dass der Beklagte nicht freiwillig zahlt oder herausgibt. Diese Lösung vermeidet die Belastung der Streitwertberechnung mit diffizilen Unterscheidungen danach, ob der Beklagte das tatsächliche Vorbringen des Klägers zugesteht (§ 138 Abs. 1 ZPO), nicht bestreitet (§ 138 Abs. 3 ZPO) oder säumig ist (§ 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie macht zugleich einen Stufenstreitwert für die Zeit ab Klageeinreichung bis Einlassung des Beklagten entbehrlich.1 3779
Umgekehrt ist § 41 Abs. 1 GKG dann unanwendbar, wenn ein Miet-, Pacht- oder ähnliches Nutzungsverhältnis besteht, die Parteien darüber aber nicht streiten. Demgegenüber ist der Streit über die rechtliche Einordnung eines – in seinem Bestand unstreitigen – Miet- oder Pachtverhältnisses nach § 41 Abs. 1 GKG zu bewerten, da der Streit über die Einordnung keinen höheren Wert haben kann als der Streit über seinen Bestand.2
3780
So gelten über § 48 Abs. 1 GKG die allgemeinen Wertvorschriften, wenn beispielsweise wegen fortlaufend unpünktlicher Entgeltzahlungen gem. § 259 ZPO eine Klage auf künftige Leistung wegen Besorgnis der Nichterfüllung erhoben wird,3 der Vermieter rückständigen oder zukünftigen Mietzins oder Nutzungsentschädigung beziffert einklagt,4 bei einem Mietverhältnis von unbestimmter Dauer auf Feststellung geklagt wird, dass der Mieter (keine) Miete schuldet5 oder zur Mietminderung (nicht) berechtigt ist6 oder über den Inhalt des Mietvertrages gestritten wird, ohne dass hiervon Bestand oder Dauer des Nutzungsverhältnisses betroffen ist,7 oder Löschung einer Grunddienstbarkeit verlangt wird, mit der die Gebrauchsgewährung aus einer Stellplatzanmietung gesichert wird.8 Dies gilt auch für die nach § 3 ZPO zu bewertenden Besitzstörungsklagen, wobei streitig ist, ob im Rahmen der Schätzung die Wertansätze des § 41 GKG zu berücksichtigen sind (s. hierzu unter den Stichwörtern „Besitz“ und „Beseitigung“).
1 Siehe zur Begründung und zu den prozessualen Unterscheidungen ausführlich: Schneider, Anm. zu LG Passau, KostRsp. GKG § 16 Nr. 28. 2 BGH, Beschl. v. 17.12.2009 – III ZR 66/09, MDR 2010, 355 – Kleingartenpachtverhältnis. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.3.1980 – 22 W 1/80, MDR 1980, 761. 4 BGH, Beschl. v. 20.4.2005 – XII ZR 248/04, MDR 2005, 1101; Beschl. v. 16.1.1985 – VIII ZR 112/84, KostRsp. GKG § 16 Nr. 39 mit Anm. Schneider: § 6 ZPO; ebenso OLG Celle, Beschl. v. 17.2.2014 – 2 W 32/14, MDR 2014, 568: (Nutzungsentschädigung) und KG, Beschl. v. 22.12.2005 – 12 W 46/05, MDR 2006, 958 – jeweils Bewertung nach § 3 ZPO, jedoch in „einfach gelagerten Fällen“ Begrenzung auf Jahresbetrag; OLG Bamberg, Urt. v. 19.11.1984 – 3 W 100/84, JurBüro 1985, 589; OLG Neustadt, Rpfleger 1963, 34; weitergehend BGH, Beschl. v. 19.6.2002 – XII ZR 5/02, NZM 2002, 736, auch wenn zugleich Bestehen eines Mietverhältnisses streitig; a.A. KG, Beschl. v. 1.7.2009 – 8 W 59/09, MDR 2009, 315 – künftige Nutzungsentschädigung analog § 41 Abs. 5 GKG. 5 BGH, Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NZM 2005, 944; Beschl. v. 20.4.2005 – XII ZR 248/04, MDR 2005, 1101: § 9 ZPO; ebenso OLG Zweibrücken, KostRsp. GKG a.F. § 12 Nr. 22; abweichend OLG Neustadt, Rpfleger 1963, 34: Schätzung nach § 3 ZPO. 6 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, MDR 2004, 1437 = AGS 2004, 249: Schätzung nach § 3 ZPO mit 20 %igem Abschlag und wegen § 9 ZPO begrenzt auf den 42-fachen Mietminderungsbetrag; a.A. KG, Beschl. v. 1.7.2009 – 8 W 59/09, MDR 2009, 1135 – gem. § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG analog nach dem Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung. 7 BGH, Beschl. v. 9.8.2006 – XII ZR 165/05, MDR 2007, 202; Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NZM 2005, 944; Beschl. v. 20.4.2005 – XII ZR 248/04, NZM 2005, 519; OLG Koblenz, JurBüro 1977, 1132 = ZMR 1978, 64: § 3 ZPO. 8 OLG München, Urt. v. 5.4.2000 – 3 U 5502/99, DWW 2000, 159: § 7 ZPO.
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Mietstreitigkeiten b) Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils Wie bereits aus der eingangs dargestellten Systematik erkennbar, ist das Räumungsbegehren in drei Konstellationen anzutreffen:
3781
Die Räumung wird (1) wegen der Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses oder (2) auch aus einem anderen Rechtsgrund oder (3) nur aus einem anderen Rechtsgrund verlangt. Dabei kann im Einzelfall eine auf Teilflächen bezogene Betrachtungsweise geboten sein. Klagt der Eigentümer auf Herausgabe eines Grundstücks und verteidigt sich der Beklagte damit, einen Teil der Grundstücksfläche gemietet zu haben und die übrige nicht zu nutzen, dann muss für jede Teilfläche eine gesonderte Bewertung stattfinden.1
3782
Die beiden erstgenannten Fälle werden, soweit sie sich auf die Räumung von Grundstücken, Gebäuden und Gebäudeteilen beziehen, von § 41 Abs. 2 GKG unmittelbar erfasst. Hiernach bestimmt sich der Wert der wegen der Beendigung erhobenen Räumungsklage nach dem einjährigen Entgelt, sofern nicht das auf die streitige Zeit entfallende Entgelt geringer ist, § 41 Abs. 2 Satz 1 GKG, während der Wert eines auch auf einen anderen Rechtsgrund gestützten Räumungsanspruchs ausnahmslos dem Wert der Nutzungen eines Jahres entspricht, § 41 Abs. 2 Satz 2 GKG. Der dem Kläger bei Fortsetzung des Mietverhältnisses drohende wirtschaftliche Schaden bleibt unberücksichtigt.2 Unerheblich ist in beiden Fällen, ob Streit über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses besteht.
3783
Auch für die vom KG3 vorgenommene Abgrenzung in den Fällen, in denen ein Herausgabeanspruch sowohl unter schuldrechtlichen als auch unter dinglichen Gesichtspunkten geltend gemacht wird, wonach es auf den „inhaltlichen Kern des Streits“ ankomme, besteht schon nach dem Wortlaut von § 41 Abs. 2 Satz 2 GKG („auch aus einem anderen Grund“) kein Bedarf. Insbesondere wäre es verfehlt, gem. § 48 GKG, § 6 ZPO auf den Wert der Sache (nur) deswegen abzustellen, weil die Eigentümer- und Vermieterstellung des aus Eigentum und Mietvertrag vorgehenden Klägers in Abrede gestellt wird. Dabei gelangt § 41 Abs. 2 GKG auch dann zur Anwendung, wenn der Eigentümer nur vorübergehende Räumung zur Durchführung von Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen verlangt.4
3784
Wird das Räumungsverlangen hingegen allein auf einen anderen Rechtsgrund gestützt, ist zu unterscheiden:
3785
Ist unstreitig, dass ein Miet-, Pacht- oder ähnliches Nutzungsverhältnis nicht besteht, bestimmt sich der Streitwert gem. § 6 ZPO nach dem Verkehrswert des genutzten Objekts.5 So liegt es beispielsweise, wenn allein gegen einen unselbständigen Mitbewohner, der keinen Mietvertrag hat, auf Räumung geklagt wird6 oder der Räumungskläger nicht Mietvertragspartei ist, sondern sein Herausgabeverlangen allein auf das ihm an der Sache zustehende Eigentumsrecht stützt.7
3786
Beruft sich der Beklagte jedoch gegenüber der allein auf einen anderen Rechtsgrund (z.B. Eigentum) gerichteten Klage auf Räumung von Grundstücken, Gebäu-
3787
1 OLG Nürnberg, Beschl. v. 20.6.2012 – 4 W 1065/12, MDR 2012, 1024: Streitwert entspricht dem Jahresbetrag des Nutzungsentgelts zzgl. des anteiligen Verkehrswertes. 2 OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.3.2011 – 5 U 137710, JurBüro 2012, 303. 3 KG, Beschl. v. 7.1.2008 – 12 U 127/06, ZMR 2008, 448. 4 KG, JurBüro 1978, 892; OLG Düsseldorf, Rpfleger 2008, 160; LG Bayreuth, JurBüro 1977, 1425; LG Mannheim, ZMR 1974, 275; Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 28. 5 LG Bayreuth, JurBüro 1978, 533; LG Kassel, Beschl. v. 9.3.1987 – 2 T 106/87, Rpfleger 1987, 425; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Mietstreitigkeiten“; Meyer, § 41 Rn. 11. 6 H. Schneider, DGVZ 1986, 8; a.A. Rabl, DGVZ 1987, 41, der jedoch übersieht, dass § 41 Abs. 2 Satz 2 GKG ein (streitiges) Mietverhältnis voraussetzt. 7 LG Köln, Beschl. v. 23.10.1995 – 1 T 362/95, ZMR 1996, 268.
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ZPO
den und Gebäudeteilen einredeweise auf ein Miet-, Pacht- oder ähnliches Nutzungsverhältnis oder auf einen Anspruch aus § 546 BGB,1 ist § 41 Abs. 2 GKG entsprechend anzuwenden. Das dürfte auch gelten, wenn ein Beklagter sein Besitzrecht auf ein von einem Streitgenossen, der sich seinerseits auf ein Mietverhältnis mit dem Kläger beruft, eingeräumtes Nutzungsrecht stützt.2 Denn unter Rechtsgrund ist im Sinne einer Mehrheit von Rechtsgründen neben dem der Klage, auch derjenige der Verteidigung zu verstehen, um dem sozialen Schutzgedanken des § 41 GKG Rechnung zu tragen.3 Dazu besteht jedoch kein Anlass, wenn der Einwand eines bestehenden Nutzungverhältnisses dem (Räumungs- und) Herausgabebegehren schon aus rechtlichen Gründen nicht entgegen gehalten werden kann, wie etwa bei einem gem. § 863 BGB auf verbotene Eigenmacht gestützten Herausgabeverlangen.4 3788
Dass gegenüber dem Vertrag, der die Nutzung begründet hat, die Anfechtung erklärt worden ist, hat für die Wertbestimmung keine Bedeutung. Die Fiktion anfänglicher Nichtigkeit in § 142 Abs. 1 BGB kann nicht die Tatsache beseitigen, dass der Beklagte das zu räumende Objekt als vertraglich Nutzender übernommen hatte. Wirtschaftlich betrachtet geht es daher um die Beendigung des Nutzungsverhältnisses. Deshalb muss nach § 41 Abs. 2 Satz 2 GKG und nicht nach § 6 ZPO bewertet werden.5 Die Gegenansicht, die nach § 6 ZPO bewertet, wenn sich die Täuschung begründenden Umstände und die Anfechtungserklärung aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben,6 vermag nicht zu überzeugen. Sie vermengt die Entscheidung des Rechtsstreits mit seiner streitwertrechtlichen Bewertung. Denn dass sich der Beklagte nach Ansicht des Gerichts zu Unrecht auf ein Nutzungsverhältnis beruft, vermag am „Streit“ über dessen Bestand nichts zu ändern.
3789
Der einjährige Mietzins bleibt gem. § 41 Abs. 2 GKG grundsätzlich auch dann wertbestimmend, wenn das Klagebegehren neben Räumung auch auf Beseitigung der von dem Mieter eingebrachten Gegenstände gerichtet ist, da sie Teil des geltend gemachten Rückgabeanspruchs ist. Auch die damit verbundenen Beseitigungskosten bleiben unberücksichtigt (§ 556 BGB).7 Dies gilt zumindest dann, wenn die Vollstreckung keinen gesonderten Titel voraussetzt. Anderenfalls ist ein daneben geltend gemachter Beseitigungsanspruch eigenständig zu bewerten und hinzuzurechnen.8 1 OLG Koblenz, Beschl. v. 1.7.2013 – 3 W 316/13, NJW-RR 2014, 197; OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.2.2009 – 10 U 160/08, OLGR 2009, 341; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.2.2004 – 19 W 9/04, MDR 2004, 906. 2 So OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.1.2008 – 10 W 6/08, AGS 2008, 307; vgl. auch Beschl. v. 20.10.2009 – 10 W 102/09, AGS 2009, 600 – Räumungsklage gegen Untermieter. 3 BGH, Beschl. v. 26.6.1967 – V ZR 75/66, BGHZ 48, 177 = NJW 1967, 2263; OLG Bamberg, Beschl. v. 9.3.1992 – 3 W 18/92, JurBüro 1992, 625; OLG Celle, JurBüro 1968, 251; OLG Hamburg, Beschl. v. 8.1.1993 – 4 W 73/92, WuM 1995, 197; KG, Beschl. v. 13.5.1996 – 8 W 2606/96, OLGR 1996, 166; OLG Köln, Beschl. v. 6.12.2002 – 11 W 80/02, GuT 2003, 64; Beschl. v. 10.3.1997 – 19 W 3/97, ZMR 1997, 468; OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 177; OLG Stuttgart, Rpfleger 1964, 130; Meyer, § 41 Rn. 13; a.A. noch LG Lübeck, JurBüro 1960, 219 für Räumungsklage allein aus § 985 BGB: § 6 ZPO. 4 OLG Celle, Beschl. v. 29.9.2009 – 4 W 126/09, OLGR 2009, 1024. 5 OLG Bamberg, Beschl. v. 13.4.1981 – 4 W 93/80, JurBüro 1981, 1047; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 25. 6 Gerold, Streitwert, S. 242 Rn. 7. 7 BGH, Beschl. v. 8.3.1995 – XII ZR 240/94, MDR 1995, 530. 8 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.11.2007 – 24 W 82/07, AGS 2008, 402; OLG Hamburg, Beschl. v. 15.2.2000 – 4 W 6/00, NZM 2000, 1228 – Aufgabe der bisherigen Rspr; im Ergebnis jetzt auch BGH, Beschl. v. 15.6.2005 – XII ZR 104/02, WuM 2005, 525 – Beschwer; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 25; offen lassend: BGH, Beschl. v. 4.7.1996 – III ZR 34/96, BGHR ZPO § 8 Räumungsklage Nr. 7; a.A. wohl BGH, Beschl. v. 16.5.2000 – XII ZR 335/99, NJW-RR 2000, 1739; Beschl. v. 15.6.2005 – XII ZR 104/02, WuM 2005, 525 – jeweils ohne nähere Begründung.
716
Kurpat
Mietstreitigkeiten Eine eigenständige und dann nach § 3 ZPO vorzunehmende Bewertung ist auch geboten, wenn bei unstreitiger Beendigung des Nutzungsverhältnisses nur über die Verpflichtung zur Beseitigung von Aufbauten gestritten wird, da es hier an einem Streit über Bestehen und Dauer bzw. einer streitigen Zeit fehlt.1 Siehe ausführlich nachfolgend unten „Abbruchkosten“, Rn. 3841.
3790
Erhebt der Beklagte, der sich gegenüber der Räumungsklage mit dem Einwand eines fortdauernden Mietverhältnisses verteidigt, Widerklage auf Feststellung der Dauer des Mietverhältnisses, dann betreffen Klage und Widerklage wirtschaftlich betrachtet denselben Gegenstand. Eine Zusammenrechnung nach § 45 Abs. 1 GKG scheidet – wie bei dem Zusammentreffen von Räumungs- und Fortsetzungsverlangen (s. unten Rn. 3792) – aus.2
3790a
c) Räumung von Wohnraum und Fortsetzung des Mietverhältnisses Der Mieter von Wohnraum kann dem Räumungsverlangen des Vermieters gem. §§ 574 ff. BGB widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses beanspruchen, wenn die Auflösung für ihn eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten würde. Hierbei handelt es sich nur um eine Einwendung des Beklagten, die für die Streitwertbemessung grundsätzlich unbeachtlich ist.
3791
Verfolgt der Mieter seinen Anspruch auf Fortsetzung dagegen neben dem Vermieter klageweise, ist eine demnach denkbare Addition der Werte des Räumungsverlangens (§ 41 Abs. 2 GKG) und des Fortsetzungsverlangens (§ 41 Abs. 1 GKG) nach § 41 Abs. 3 GKG ausgeschlossen. Hierfür ist unerheblich, in welcher prozessualen Form die Räumung des Wohnraumes und die Sozialklausel jeweils geltend gemacht werden.3
3792
Wertbestimmend ist stets der Jahresbetrag des vereinbarten Mietzinses, auch wenn der Wert der Räumungsklage unterhalb des Jahresbetrags liegt, weil der auf die streitige Zeit entfallende Mietzins entsprechend niedriger ist (§ 41 Abs. 1 GKG). Denn einer Bezugnahme auf die streitige Zeit steht entgegen, dass der Mieter mit seinem Fortsetzungsantrag gerade diesen Zeitraum zu verlängern sucht. Damit wird aber (s. § 308a ZPO) eine Entscheidung über mehr als die nach der Klage streitige Zeit notwendig, mit der Folge, dass auch in diesem Fall der Jahresbeitrag anzusetzen ist.4
3793
d) Erhöhung der Miete für Wohnraum Maßgebend für die Bewertung ist der Jahresbetrag des zusätzlich geforderten Mietzinses, bei einem kürzeren Zeitraum ist ein entsprechend niedriger Betrag wertbestimmend.5
3794
§ 41 Abs. 5 GKG erfasst auch Ansprüche auf Erhöhung der Betriebskostenpauschale gem. § 560 BGB sowie auf Zahlung einer nach §§ 557a, 557b BGB geschuldeten Staffel- oder Indexmiete.6
3795
1 BGH, Beschl. v. 29.4.2004 – III ZB 72/03, WuM 2004, 352: Kosten der Beseitigung. 2 BGH, Beschl. v. 1.3.2011 – VIII ZR 19/10, WuM 2011, 247; unzutr. daher OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.3.2011 – 5 U 137/10, JurBüro 2012, 303. 3 Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 32. 4 So zutreffend Lappe, Anm. zu LG Itzehoe, KostRsp. GKG § 16 Nr. 5; ebenso Anders/Gehle/ Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 28; a.A. LG Itzehoe, Beschl. v. 1.11.1976 – 1 T 102/76, KostRsp. GKG § 16 Nr. 5: nur Klagewert. 5 So schon vorher: OLG München, AnwBl. 1960, 205; LG Berlin, Beschl. v. 27.8.1996 – 64 T 66/96, NJW-RR 1997, 652; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 34. 6 LG Bonn, Beschl. v. 14.2.1989 – 6 T 14/89, WuM 1989, 435; LG Hamburg, Beschl. v. 7.8.1987 – 7 T 66/87, WuM 1989, 435.
Kurpat
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Mietstreitigkeiten Die Mietdifferenz bemisst sich nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem zum Zeitpunkt der Klageeinreichung (§ 40 GKG) geltenden und der nach dem Klageantrag verlangten Miete. Der Klageantrag ist auch dann maßgebend, wenn eine teilweise Zustimmung übersehen wurde.1
3797
Da sich die Regelung – als Spezialnorm zu § 41 Abs. 1 GKG – unmittelbar auf Klagen auf Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung (§§ 557 ff. BGB) bezieht,2 besteht kein Anlass für einen prozentualen Abschlag. Unabhängig davon handelt es sich bei der Mieterhöhungsklage nicht um eine Feststellungsklage, sondern um eine auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtete Leistungsklage. Wird die Klage auf mehrere, auch nachgeholte oder nachgebesserte Mieterhöhungsverlangen gestützt, bleibt der einfache Jahreswert maßgebend.3
3798
§ 41 Abs. 5 GKG erfasst nach dem Willen des Gesetzgebers „gerichtliche Auseinandersetzungen um eine Mieterhöhung“4 und gilt daher nicht nur für Klagen auf Mieterhöhung,5 sondern auch für Klagen auf Feststellung von deren (Un)Wirksamkeit.6 Hingegen ist bei positiven Feststellungsklagen betreffend eine (künftig) erhöhte Miete ein Abschlag von 20 % der Erhöhungsdifferenz geboten.7 Bei der negativen Feststellungsklage verbleibt es beim vollen Streitwert nach § 41 Abs. 5 GKG.8 Dies gilt auch, wenn die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Mieterhöhung gerichtet ist.9
3799
Geht der Kläger dabei im Laufe eines Rechtsstreits hinsichtlich der bereits fällig gewordenen Mietbeträge von der Feststellungsklage zur Leistungsklage über, so erhöht sich der Streitwert nur um den Differenzbetrag zwischen dem Feststellungswert und dem Leistungswert, also in der Regel um 20 %.10
3800
Wird andererseits das Mietverhältnis vorzeitig beendet, dann ist dies wie eine Antragsänderung zu behandeln und für den Streitwert nur noch die wirkliche Dauer maßgebend, soweit noch Gerichts- oder Anwaltsgebühren ab Beendigung anfallen. Es müssen dann Stufenstreitwerte festgesetzt werden.11
3801
Unzutreffend ist es, auch den Wert einer Klage auf zukünftige Zahlung der Mietdifferenz nach § 41 Abs. 5 GKG auf den Jahresbetrag des Erhöhungsbetrages zu begrenzen.12 Der Gebührenstreitwert richtet sich vielmehr gem. § 9 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der Mietdifferenz, denn der Anspruch auf (Zustimmung zur) Erhöhung der Miete ist mit dem Anspruch aus der Mieterhöhung nicht identisch. § 41 Abs. 5 GKG privilegiert gebührenrechtlich allein den Streit um die Mieterhöhung und nicht über die sich daraus ergebenden wiederkehrenden Verpflichtungen.
ZPO
3796
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
LG Wuppertal, Beschl. v. 14.2.1991 – 6 T 138/91, WuM 1993, 478. Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 35. LG Berlin, Beschl. v. 17.7.2012 – 63 T 109/12, NZM 2013, 233. BT-Drucks. 15/1971, zu § 41 GKG, S. 154. So aber N. Schneider, NJW-Spezial 2012, 347. KG, Beschl. v. 16.7.2012 – 8 W 36712, JurBüro 2013, 252. BGH, Beschl. v. 21.5.2003 – VIII ZB 10/03, JurBüro 2004, 207 – Beschwer; LG Hamburg, MDR 1978, 497; LG Berlin, Beschl. v. 24.9.1985 – 64 S 276/85, MDR 1986, 323. LG Hamburg, Beschl. v. 7.8.1987 – 7 T 66/87, WuM 1989, 435; LG Köln, Beschl. v. 19.1.1999 – 1 T 496/98, JurBüro 1999, 305 mit Anm. Enders = AGS 1999, 74. KG, Beschl. v. 25.9.2014 – 8 W 67/14, MDR 2014, 1309; Beschl. v. 16.7.2012 – 8 W 36/12, NJW-RR 2013, 262. LG Hildesheim, Nds.Rpfl. 1965, 137. Vgl. dazu Schneider, Kostenentscheidung im Zivilurteil, 2. Aufl. 1977, § 23 VII. So aber LG Bonn, Beschl. v. 1.7.2014 – 6 T 180/14, AGS 2014, 475; LG Köln, Beschl. v. 19.1.1999 – 1 T 496/98, AGS 1999, 74.
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Kurpat
Mietstreitigkeiten Zur Frage der analogen Anwendung von § 41 Abs. 5 GKG auf Miet- oder Pachtzinserhöhung für Geschäftsräume1 s. unter dem Stichwort „Geschäftsräume“.
3802
e) Beseitigung von Mängeln der Mietsache Schon bisher wurde der Streitwert des auf Mängelbeseitigung gerichteten Klagebegehrens überwiegend gem. §§ 3 und 9 ZPO nach einem Vielfachen des monatlichen Minderungsbetrages bemessen, da das klägerische Interesse auf Wiederherstellung des uneingeschränkten Nutzungswertes der gemieteten Räume gerichtet ist.
3803
So wurde neben dem 3,5-fachen Jahresbetrag2 der Ansatz des 3-fachen Jahresbetrags3 sowie des einfachen Jahresbetrags4 für geboten erachtet. Unzutreffend und zu Recht vereinzelt geblieben ist die Bewertung nach Maßgabe der Beseitigungskosten.5 Hier wird übersehen, dass das Interesse an der Beseitigung der Gebrauchsbeeinträchtigung wertmäßig nicht den damit verbundenen Kosten entspricht (z.B. bei Ausfall der Heizanlage wegen verunreinigter Brennerdüse).
3804
Der Gesetzgeber hat diesen Ansatz in der GKG-Novelle vom 5.5.2004 in § 41 Abs. 5 GKG aufgegriffen, jedoch der Höhe nach auf den Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung begrenzt, soweit nicht wegen kürzeren Zeitraums ein entsprechend niedriger Betrag anzusetzen ist. Die jeweils angemessene Mietminderung ist dabei unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags zu bemessen. Bemessungsgrundlage ist die Grundmiete mit allen Nebenkosten.6 Die Regelung gilt auch für Geschäftsräume.7
3805
Sind Mängel der Mietsache nur Ursache für eine Einstellung oder Reduzierung der Mietzahlungen, gelangt § 41 Abs. 5 GKG nicht zur Anwendung, wenn der Vermieter wegen der Mietminderung Klage auf zukünftige Mietzahlung erhebt. Hier bleibt gem. §§ 3, 9 ZPO der 42-fache Minderungsbetrag wertbestimmend.8 In gleicher Weise ist zu bewerten, wenn der Mieter gegen den Vermieter auf Feststellung
3806
1 Ablehnend: KG, Beschl. v. 7.4.2004 – 8 W 23/04, AGS 2005, 354; OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.10.1995 – 3 W 23/95, JurBüro 1996, 193; OLG Hamburg, Beschl. v. 6.7.1990 – 4 W 45/90, MDR 1990, 1024 – es gelten die § 48 Abs. 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO. 2 So BGH, NZM 2003, 152; BGH, Beschl. v. 17.5.2000 – XII ZR 314/99, MDR 2000, 975; KG, GE 2002, 930; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2000 – 24 W 63/00, MDR 2001, 354; OLG Hamburg, Beschl. v. 27.6.1995 – 4 W 26/95, WuM 1995, 595; OLG Hamm, Beschl. v. 15.8.2000 – 7 W 9/00, OLGR 2001, 37; LG Berlin, MM 2001, 152; ZMR 1999, 556; GE 1996, 1549; Beschl. v. 27.8.1996 – 64 T 66/96, NJW-RR 1997, 652; LG Hamburg, WuM 1999, 344; LG Paderborn, WuM 2002, 55. 3 So OLG Hamm, Beschl. v. 14.2.2000 – 22 W 4/00, OLGR 2001, 33; LG Aachen, NJW-RR 1996, 777; LG Hamburg, Beschl. v. 5.12.1991 – 316 T 137/91, WuM 1992, 447; LG Hamburg, Beschl. v. 11.5.1985 – 16 T 16/84, MDR 1985, 1032; LG Stendal, Beschl. v. 5.11.1993 – 22 T 87/93, WuM 1994, 70. 4 So OLG Schleswig, SchlHA 1991, 202; LG Berlin, GE 2004, 81; WuM 2000, 313; LG Frankfurt/O., NZM 2000, 757; LG Hamburg, JurBüro 1994, 116; LG Hamburg, Beschl. v. 15.8.1991 – 311 S 26/91, MDR 1991, 1095; LG Itzehoe, WE 2004, 22; LG Köln, Beschl. v. 10.11.2000 – 12 T 289/00, WuM 2001, 345. 5 So aber LG Detmold, Beschl. v. 18.8.1995 – 2 T 215/95, WuM 1996, 50; LG Kiel, WuM 1995, 320; LG Siegen, WuM 1999, 48. 6 OLG München, Beschl. v. 24.9.2013 – 32 W 1760/13, MDR 2013, 1435. 7 BGH, Beschl. v. 2.11.2005 – XII ZR 137/05, ZMR 2006, 190; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.3.2007 – 24 W 9/07, JurBüro 2007, 426 – Pachtverhältnis; a.A. Binz/Dörndorfer, § 41 GKG Rn. 15; Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 36. 8 LG Berlin, Beschl. v. 1.10.2002 – 65 T 73/02, AGS 2003, 463.
Kurpat
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Mietstreitigkeiten
ZPO
klagt, dass er wegen Mängeln der Mietsache zur Mietminderung berechtigt ist. Für eine Analogie ist mangels einer planwidrigen Regelungslücke kein Raum.1 f) Modernisierung und Erhaltung der Mietsache 3807
Auch bei Klagen auf Duldung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen für Wohnraum (§§ 554, 555d BGB) und auch Geschäftsräume2 ist für den Wert nunmehr auf den Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung (Modernisierung) bzw. Mietminderung (Erhaltung) abzustellen, soweit nicht auch hier wegen eines kürzeren Zeitraums ein entsprechend niedriger Betrag maßgebend ist, § 41 Abs. 5 GKG. Hinsichtlich des möglichen Mieterhöhungs- bzw. Mietminderungsbetrages ist auf den klägerischen Vortrag abzustellen.
3808
Dies entspricht der wohl überwiegenden Rechtsprechung zum alten Recht, wonach gem. § 3 ZPO das Interesse des Klägers an der zu erwartenden Mieterhöhung nach Durchführung der Maßnahmen maßgebend ist, begrenzt auf den einjährigen Erhöhungsbetrag, für den Gebührenstreitwert in Ansatz gebracht worden ist.3 6. Sonstige Ansprüche
3809
Hierzu zählen weitere Ansprüche, die auf Abschluss eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsvertrags4 gerichtet sind, sowie Streitigkeiten über den Inhalt des Vertrages bzw. der sich daraus ergebenden Handlungs- und Unterlassungspflichten. Da hier Fehlen bzw. Bestand eines Vertragsverhältnisses unstreitig sind, ist § 41 Abs. 1 GKG bereits nach seinem Wortlaut nicht einschlägig. Der Streitwert ist daher gem. § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO zu bemessen, soweit nicht eine Sondervorschrift (§§ 4 bis 8 ZPO) eingreift. Siehe hierzu nachfolgend unter „Vertragsabschluss“, Rn. 4020.
3810
Beispielhaft seien genannt die Klage des Vermieters auf Unterlassung vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache, auf Vornahme einer Auszugsrenovierung, auf Zahlung von Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietsache oder von rück-
1 BGH, Beschl. v. 20.4.2005 – XII ZB 248/04, MDR 2005, 519; Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, MDR 2004, 1437: Schätzung nach § 3 ZPO mit 20 %igem Abschlag und wegen § 9 ZPO begrenzt auf den 42-fachen Mietminderungsbetrag; ausf. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.9.2013 – 10 W 18/13, MDR 2014, 247; a.A. KG, Beschl. v. 6.1.2014 – 8 W 96/13, WuM 2014, 155; Beschl. v. 1.7.2009 – 8 W 59/09, MDR 2009, 1135 – Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung gem. § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG analog; OLG Hamburg, Beschl. v. 20.2.2009 – 4 W 12/09, NJOZ 2010, 492; LG München, Beschl. v. 2.11.2011 – 13 T 21286/11. 2 BGH, Beschl. v. 2.11.2005 – XII ZR 137/05, ZMR 2006 190. 3 LG Berlin, GE 2003, 1082; GE 1996, 1111; LG Hamburg, Beschl. v. 15.8.1991 – 311 S 26/91, ZMR 1991, 437; Beschl. v. 1.12.1992 – 311 T 132/92, ZMR 1993, 570; LG Mannheim, MDR 1976, 1025; LG Nürnberg-Fürth, KostRsp. GKG § 16 Nr. 2; a.A. dreijähriger Betrag: LG Aachen, Beschl. v. 24.10.1994 – 5 T 200/94, ZMR 1995, 161; LG Berlin, NZM 1998, 304; LG Berlin, Beschl. v. 9.12.1994 – 64 T 136/94, WuM 1995, 547; LG Freiburg, WuM 2002, 171; LG Fulda, Urt. v. 24.1.1992 – 1 S 173/91, MDR 1992, 577; LG Hamburg, Beschl. v. 23.10.1984 – 16 T 76/84, ZMR 1985, 127; 3,5-facher Betrag; LG Hamburg, ZMR 1999, 403; LG Hamburg, Beschl. v. 6.9.1994 – 316 T 55/94, WuM 1994, 624 – Instandhaltung; LG Freiburg, WuM 2002, 171; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 36 – 3,5-facher Jahresbetrag gem. § 9 ZPO. 4 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.11.2009 – 8 W 348/09, AGS 2010, 195: Wert nicht die für die gesamte Vertragsdauer anfallende Gesamtmiete, sondern Begrenzung nach § 9 ZPO ohne Nebenkostenvorauszahlungen.
720
Kurpat
Mietstreitigkeiten ständigem oder zukünftigem Mietzins (oder Nutzungsentschädigung) sowie auf Feststellung der Berechtigung zur Mietminderung.1
D. Rechtsmittel und Beschwer I. Allgemeines Mittlerweile besteht weitgehend Einigkeit, dass zur Ermittlung der Beschwer nicht auf die Wertberechnung gem. § 41 GKG abgestellt werden kann. Die dort aus sozialpolitischen Erwägungen intendierte Gebührenabsenkung findet im Bereich der Rechtsmittelfähigkeit einer Entscheidung keine Entsprechung.2 Zur Anwendung gelangen daher über § 2 ZPO die Wertvorschriften der §§ 3 ff. ZPO, wobei im Einzelfall die Bemessungsmaßstäbe des § 41 GKG Berücksichtigung finden können.
3811
In der Berufungspraxis wird das unterschiedliche Bewertungssystem für Rechtsmittelzulässigkeit und Gebührenberechnung häufiger nicht beachtet3 und erzwingt damit Entscheidungen des BVerfG,4 wonach die Anwendung des § 41 GKG an Stelle § 8 ZPO (hier bei befristeten Pachtverträgen) dem Willkürverbot zuwiderläuft.5 Ähnlich fehlerhaft ist es, auf die Berechnung der Berufungsbeschwer § 5 ZPO anzuwenden und die Werte von Klage und Widerklage nicht zu addieren (s. dazu das Stichwort „Rechtsmittel“).
3812
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Wert der Beschwer auch maßgeblich ist für den Gebührenstreitwert für das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde, § 47 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 3 GKG.6
3813
II. Bestehen und Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses Erkennt das Gericht über einen Streit betreffend den Bestand oder die Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses, wozu auch die Herausgabe- und Räumungsklage nach vorangegangener Kündigung gehört, dann bestimmt sich die Beschwer nach § 8 ZPO.7 Hiernach entspricht der Wert der für die gesamte streitige Zeit noch zu zahlenden Pacht bzw. Miete dem 25-fachen Jahresbetrag, wenn dieser Betrag geringer ist. Das gilt auch dann, wenn der Beklagte sich gegenüber einem dinglichen Herausgabeanspruch mit der Berufung auf ein angebliches Mietverhältnis verteidigt.8 1 BGH, Beschl. v. 20.4.2005 – XII ZB 248/04, MDR 2005, 519; Beschl. v. 17.3.2004, MDR 2004, 1437; Schätzung nach § 3 ZPO mit 20 %igem Abschlag und wegen § 9 ZPO begrenzt auf den 42-fachen Mietminderungsbetrag; OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.9.2014 – 2 W 61/14; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.9.2013 – 10 W 18/13, MDR 2014, 247; LG Hamburg, Beschl. v. 11.9.1995 – 311 O 183/95, WuM 1996, 287: § 9 ZPO. a.A. KG, Beschl. v. 1.7.2009 – 8 W 59/09, MDR 2009, 1135 – gem. § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG analog nach dem Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung. 2 BVerfG, Kammerbeschl. v. 15.1.1996 – 1 BvR 1181/95, NJWE-MietR 1996, 54; BGH, Beschl. v. 21.5.2003 – VIII ZB 10/03, JurBüro 2004, 207. 3 Lappe, NJW 1984, 1212; 1985, 1875; unzutreffend beispielsweise LG Saarbrücken v. 7.6.1996 – 13 BS 13/96, WuM 1996, 468: Beschwer der Räumungsklage gem. § 16 Abs. 1 GKG a.F. 4 Vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 15.1.1996 – 1 BvR 1181/95, NJWE-MietR 1996, 54. 5 Ebenso BGH, Beschl. v. 14.4.2004 – XII ZB 224/02, MDR 2004, 931. 6 BGH, Beschl. v. 20.4.2005 – XII ZR 248/04, MDR 2005, 1101. 7 BGH, Beschl. v. 2.5.2007 – XII ZB 205/06, WuM 2007, 328; Beschl. v. 10.5.2000 – XII ZR 335/99, NZM 2000, 1227; MDR 1995, 530; Urt. v. 1.4.1992 – XII ZR 200/91; Urt. v. 1.4.1992 – XII ZR 200/91, MDR 1992, 913; Beschl. v. 9.10.1991 – XII ZR 81/91, NJW-RR 1992, 698 – jeweils auch zur Berechnung der „streitigen Zeit“. 8 BGH, Beschl. v. 3.4.2014 – V ZR 185/13, WuM 2014, 353.
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3814
Mietstreitigkeiten Infolge einer Räumung nutzlose Investitionen oder die Kosten einer Ersatzbeschaffung bleiben bei der Ermittlung der Beschwer des zur Räumung verurteilten Mieters unberücksichtigt.1 Das gilt in gleicher Weise für den mit der Erfüllung der Räumungspflicht verbundenen Kostenaufwand.2
3816
Wie bereits ausgeführt, ist § 8 ZPO auf Streitigkeiten betreffend Nutzungsverhältnisse, die der Miete oder Pacht nur ähnlich oder von ihnen wesensverschieden (sonstige) sind, nicht anwendbar.3
3817
Soweit für die Ermittlung der Beschwer auf die streitige Zeit abzustellen ist, bleibt für deren Beginn die Einreichung der Klageschrift maßgebend, nicht etwa die Einlegung des Rechtsmittels. Denn § 8 ZPO stellt auf die „gesamte streitige Zeit“ ab und verdrängt insoweit als Sondernorm § 4 ZPO.4
3818
Wird der Räumungsklage stattgegeben, bestimmt sich die „streitige Zeit“ vom Tag der Erhebung der Räumungsklage bis zum Endzeitpunkt des Mietvertrages, den der Mieter als den für ihn günstigsten in Anspruch nimmt. Handelt es sich um ein Mietverhältnis auf unbestimmte Dauer und lässt sich deshalb die „streitige Zeit“ nicht bestimmen, berechnet sich die Beschwer gemäß §§ 8, 9 ZPO nach dem 3 1/2 fachen Jahreswert der Nettomiete.5 Beruft er sich auf einen Ausschluss der Kündigung durch den Vermieter, läuft die „streitige Zeit“ bis zur erstmöglichen Kündigung nach Ablauf von 30 Jahren.6
3819
Wird die Räumungsklage auf eine fristlose Kündigung eines Vertrages mit bestimmter Dauer gestützt, kommt dem bestrittenen Vortrag des Beklagten, wonach das Mietverhältnis durch eine Ergänzungsvereinbarung um weitere 20 Jahre verlängert worden sei, nach Ansicht des BGH bei der Berechnung der für die Beschwer maßgeblichen „streitigen Zeit“ keine Bedeutung zu.7 Der Entscheidung ist nicht zuzustimmen. Der BGH begründet seine Bewertung damit, dass Gegenstand des Rechtsstreits allein die Frage gewesen sei, „ob der Kläger fristlos kündigen und eine Räumung schon vor dem im Mietvertrag vorgesehenen Zeitpunkt verlangen konnte“. Eine Klärung der streitigen Vertragsverlängerung hätte der Beklagte allein über eine Feststellungswiderklage erreichen können. Entscheidend dürfte jedoch sein, ob für die Bestimmung der streitigen Zeit allein auf den Klagevortrag abzustellen ist. Wird dies bejaht, kommt es auf die allein von dem Beklagten behauptete Vertragsergänzung nicht an. Wird hingegen der Streit über die ohne Kündigung noch verbleibende Vertragslaufzeit auch unter Berücksichtigung des Beklagtenvorbringens ermittelt, ist auf das Ende der behaupteten Vertragsverlängerung abzustellen. Denn die behauptete Vertragsverlängerung ist als Änderungsvereinbarung Bestandteil des (einen) Mietvertrages. Nur die letztere Bewertung erfasst auch die Beschwer des Beklagten zutreffend, denn mit einer rechtskräftigen Räumungsverpflichtung bleibt für die vom BGH angesprochene Feststellungsklage kein Raum, da eine wirksame Kündigung das Vertragsverhältnis unabhängig seiner beabsichtigten Dauer beendet.
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3815
1 BGH, Beschl. v. 10.5.2000 – XII ZR 335/99, NZM 2000, 1227; Beschl. v. 4.7.1996 – III ZR 34/96, BGHR ZPO § 8 Räumungsklage Nr. 7. 2 BGH, Beschl. v. 22.1.2013 – VIII ZR 104/12, AGS 2014, 67. 3 BGH, Beschl. v. 27.10.2004 – XII ZB 106/04, MDR 2005, 124; Beschl. v. 22.1.1992 – XII ZR 149/91; BayObLG, Beschl. v. 11.3.1994 – 1 ZRR 296/93, JurBüro 1995, 27. 4 BGH, Beschl. v. 2.5.2007 – XII ZB 205/06, AGS 2007, 428; MDR 1959, 1009; OLG Bamberg, Beschl. v. 13.5.1991 – 8 U 83/90, JurBüro 1991, 1126; OLG Schleswig, Beschl. v. 8.3.1996 – 4 U 6/96, SchlHA 1996, 168; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 16. 5 BGH, Beschl. v. 29.4.2014 – VIII ZR 365/13, WuM 2014, 428; Beschl. v. 3.4.2014 – V ZR 185/13, WuM 2014, 353. 6 BGH, Beschl. v. 10.8.1999 – XII ZR 69/99, NZM 1999, 1048. 7 BGH, Beschl. v. 5.7.1995 – XII ZR 30/95, BGHR ZPO § 8 Räumungsklage Nr. 5.
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Mietstreitigkeiten Nach Ansicht des BGH erfolgt auch bei Erfüllungsansprüchen, beispielsweise auf Überlassung der Mietsache, die Berechnung der Beschwer nach § 8 ZPO, sofern mit der vom Kläger erstrebten Verurteilung eine Entscheidung über den zwischen den Parteien streitigen Bestand des Vertragsverhältnisses erreicht werden soll.1 Dies gelte jedoch nicht für Klagen auf (Mietzins-)Zahlung, selbst wenn letztlich nur über den (Fort-)Bestand des zugrunde liegenden Nutzungsverhältnisses gestritten wird. Insbesondere erhöhe sich die Beschwer nicht dadurch, dass in der angefochtenen Entscheidung die Wirksamkeit einer Kündigung verneint (oder bejaht) wird, da die Entscheidung hierüber nicht in Rechtskraft erwachse.2
3820
Für die Einzelheiten der Wertberechnung nach § 8 ZPO wird auf die Ausführungen beim Zuständigkeitsstreitwert oben unter Rn. 3701 f. verwiesen.
3821
Für den Gebührenstreitwert im Rechtsmittelverfahren bleibt der einjährige Mietzins gem. § 41 Abs. 2 GKG auch dann wertbestimmend, wenn der Kläger von der erstinstanzlich auf vollständige Räumung gerichteten Klage im Rechtsmittelverfahren nur noch einzelne Beseitigungsansprüche verfolgt, die zuvor Gegenstand des umfassenden Räumungsbegehrens (§ 556 BGB) waren.3
3822
III. Mieterhöhung Die Beschwer einer stattgebenden oder abweisenden Entscheidung über eine Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung bestimmt sich nach §§ 3 ff. ZPO und nicht nach § 41 Abs. 5 GKG. Hierüber besteht weitgehend Einigkeit.
3823
Dieselben Bewertungsgrundsätze gelten für Klagen, die nach einer Mieterhöhungserklärung auf Feststellung einer zukünftig erhöhten Grundmiete gerichtet sind, ohne dass ein prozentualer Abschlag geboten wäre.4
3824
Nach Ansicht des BGH5 fallen beide Klagen als Klagen auf künftig wiederkehrende Leistungen unter § 9 ZPO.6 Einer davon abweichenden Bewertung nach § 3 ZPO stehe entgegen, dass § 9 ZPO als Sondervorschrift Vorrang habe. Maßgebend sei daher der 42-fache Mietdifferenzbetrag. Soweit die Klage nur auf positive Feststellung gerichtet ist, sei ein Abschlag von 20 % vorzunehmen.
3825
Demgegenüber wird von den Instanzgerichten für die Ermittlung der Beschwer überwiegend gem. § 3 ZPO auf das wirtschaftliche Interesse des Vermieters bzw. des von der Mieterhöhung betroffenen Mieters abgestellt. Hierbei wird sehr unterschiedlich geschätzt, wobei im Wesentlichen auf eine Jahresdifferenz,7 auf einen Differenzbetrag von 15 Monaten8 oder auf den dreijährigen Erhöhungsbetrag abge-
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1 2 3 4 5
BGH, Beschl. v. 19.7.2000 – XII ZR 269/99, NZM 2000, 1227. BGH, Beschl. v. 19.6.2002 – XII ZR 5/02, NZM 2002, 736. BGH, Beschl. v. 8.3.1995 – XII ZR 240/94, MDR 1995, 530. LG Köln, Beschl. v. 5.9.1997 – 10 S 220/97, WuM 1997, 688. BGH, Beschl. v. 28.11.2006 – VIII ZB 9/06, ZMR 2007, 107; Beschl. v. 12.5.2004 – VIII ZB 10/03, JurBüro 2004, 207; Beschl. v. 17.5.2000 – XII ZR 314/99, ZMR 2000, 665. 6 So auch schon LG Berlin, Urt. v. 20.7.2000 – 61 S 472/99, MM 2000, 419; LG Kiel, Beschl. v. 10.5.1994 – 1 S 306/93, MDR 1994, 834: Aufgabe der bisherigen Rspr. 7 LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 2.5.1990 – 1 S 38/90, MDR 1990, 833; LG Berlin, Urt. v. 17.10.1985 – 61 S 65/85, MDR 1986, 323; LG Darmstadt, NJW-RR 1997, 755; LG Hannover, Beschl. v. 13.5.1994 – 8 S 148/94, MDR 1994, 1148; LG Köln, WuM 1995, 122; LG Münster, Urt. v. 1.12.1983 – 8 S 317/83, JurBüro 1984, 453; LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 15.5.1992 – 7 S 1884/92, WuM 1992, 636; LG Regensburg, Beschl. v. 19.11.1991 – S 347/91, WuM 1992, 145; LG Saarbrücken, ZMR 1998, 232. 8 LG Köln, WuM 1998, 297; LG Bremen, WuM 1997, 334.
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Mietstreitigkeiten stellt wird.1 Demgegenüber wird nur vereinzelt der fünfjährige Erhöhungsbetrag2 oder der Differenzbetrag der Restdauer des Mietverhältnisses3 in Ansatz gebracht. 3827
Der erstgenannten Auffassung ist zuzustimmen. Maßgebend ist gem. § 9 ZPO der 3,5-fache Jahresdifferenzbetrag, denn mit der Höhe des Mietzinses ist das Stammrecht selbst und sind nicht nur einzelne (Teil-)Leistungen Streitgegenstand. Soziale Erwägungen stehen dem nicht entgegen, da von ihnen bereits die Streitwertund damit auch Gebührenermäßigung in § 41 GKG getragen wird. Die §§ 3 ff. ZPO tragen vielmehr dem Gesichtspunkt der Rechtsmittelfähigkeit erstinstanzlicher Entscheidungen Rechnung.4 Ohnehin liegt das wirtschaftliche Interesse der Parteien regelmäßig über dem Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, da die Mieterhöhung nicht lediglich für ein Jahr begehrt wird.5
3828
Der vorstehenden Bewertung widerspricht auch nicht, dass der Inhalt des Mietverhältnisses gem. § 558 Abs. 1 BGB nur für 15 Monate festgeschrieben wird und danach erneute Erhöhung möglich ist.6 Denn die Möglichkeit einer erneuten Mieterhöhung sagt nichts über den Umfang der Beschwer der bisherigen Erhöhung aus, da diese „unter“ dem Erhöhungsbetrag des nachfolgenden Mieterhöhungsverlangens fortwirkt. Jedenfalls missachtet eine generelle Bemessung der Beschwer nach dem Jahresbetrag entsprechend § 41 Abs. 5 GKG den in § 2 ZPO und § 48 Abs. 1 GKG niedergelegten Vorrang des Prozesswertes.
3829
Bei der Ermittlung des Mieterhöhungsbetrages bleiben frühere Mieterhöhungen als Bestandteil des Ausgangsmietzinses außer Betracht.7
IV. Mängelbeseitigung, Instandsetzung, Modernisierung 3830
Erkennt das Gericht über einen Streit betreffend die Verpflichtung zur Mängelbeseitigung oder Instandsetzung bzw. zur Duldung von Modernisierungsmaßnahmen, dann bestimmt sich die Beschwer nach §§ 3, 9 ZPO. Sie entspricht dem 42-fachen des monatlichen Minderungsbetrages8 bzw. des zu erwartenden Mieterhöhungsbetrages.9 § 41 Abs. 5 GKG, wonach für den Gebührensstreitwert der Jahresbetrag wertbestimmend ist, findet keine Anwendung.
1 LG Arnsberg, Urt. v. 3.3.1992 – 5 S 253/91, WuM 1992, 625; LG Berlin, GE 1996, 57; LG Bonn, WuM 1985, 129; LG Gießen, Urt. v. 1.12.1993 – 1 S 203/93, WuM 1994, 27; LG Hamburg, Urt. v. 19.9.1991 – 307 S 44/91, WuM 1993, 134; LG Lübeck, Beschl. v. 25.10.1983 – 6 S 289/83, MDR 1984, 237; LG Mannheim, WuM 1985, 128; LG Stuttgart, Urt. v. 1.8.1991 – 6 S 255/91, WuM 1992, 24. 2 LG Hagen, Beschl. v. 30.5.1986 – 10 S 342/86, ZMR 1987, 97. 3 LG Berlin, Urt. v. 8.4.1985 – 61 S 247/84, MDR 1985, 1034, diff. LG Wiesbaden, Urt. v. 26.10.1992 – 1 S 525/91, WuM 1993, 470 – Begrenzung auf 36-fachen Monatsbetrag. 4 BGH, Beschl. v. 12.5.2004 – VIII ZB 10/03, JurBüro 2004, 207; BVerfG, Beschl. v. 30.1.1996 – 1 BvR 2338/95, WuM 1996, 312. 5 Siehe auch LG Berlin, Urt. v. 8.4.1985 – 61 S 247/84, MDR 1985, 1034. 6 So aber LG Bremen, Beschl. v. 16.4.1997 – 2 S 127/97, WuM 1997, 334. 7 Nur insoweit zutr. LG Saarbrücken, Urt. v. 20.2.1998 – 13 B S 283/97, WuM 1998, 234. 8 BGH, Beschl. v. 18.2.2004 – VIII ZB 84/03, WuM 2004, 220; Beschl. v. 27.11.2002 – VIII ZB 33/02, NZM 2003, 152; Beschl. v. 17.5.2000 – XII ZR 314/99, MDR 2000, 975; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.11.2000 – 24 W 63/00, MDR 2001, 354; OLG Hamm, Beschl. v. 15.8.2000 – 7 W 9/00, OLGR 2001, 37; a.A. LG Berlin, Beschl. 28.9.1999 – 63 S 334/99, GE 1999, 1429: Jahresbetrag. 9 LG Berlin, Urt. v. 20.4.1999 – 64 S 316/98, ZMR 1999, 556.
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Mietstreitigkeiten
V. Sonstige Ansprüche Ansprüche auf Zahlung eines bestimmten Betrages bemessen sich hinsichtlich der Beschwer immer nach dem Zahlbetrag, auch wenn inzident das Bestehen des Mietverhältnisses überprüft wird. Denn die Ausführungen zum Bestehen erwachsen als bloße Vorfrage nicht in Rechtskraft.1
3831
Demgegenüber bemisst sich die Beschwer aus der Abweisung eines Erfüllungsanspruchs, beispielsweise auf Überlassung der Mietsache, nach § 8 ZPO, wenn durch die mit der Klage erstrebte Verurteilung eine Entscheidung über den zwischen den Parteien streitigen Bestand des Vertragsverhältnisses erreicht werden soll.2
3832
Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu den Einzelfällen in der Rechtsprechung (Rechtsprechungs-ABC) Rn. 3841 ff. Bezug genommen.
3833
E. Vergleich I. Allgemeines Für die Berechnung des Vergleichswertes gibt es keine besonderen mietrechtlichen Vorschriften. Daher ist auf den Anspruch oder das Recht abzustellen, der bzw. das Gegenstand des Vergleichs ist. Deren Bewertung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 39 ff. GKG und §§ 3 ff. ZPO). Dabei sind den Streitwert ermäßigende Sondervorschriften, beispielsweise §§ 41 oder 42 GKG, immer zu beachten.3
3834
Der Gegenstand des Vergleichs und damit die Grundlage der Bewertung bestimmt sich danach, worüber der Vergleich geschlossen, d.h. welcher Streit durch den Vergleich beigelegt wird. Unerheblich ist demgegenüber, worauf sich die Parteien verglichen haben, selbst wenn die nach dem Vergleich zu erbringende Leistung wertmäßig über dem verglichenen Anspruch liegt.4 Zu den Einzelheiten s. unter dem Stichwort „Vergleich“.
3835
II. Räumung Vergleichen sich die Parteien in einem Rechtsstreit über den Bestand oder Fortdauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses dahingehend, dass sich der Mieter (bzw. Pächter) gegen eine Ausgleichszahlung zur vorzeitigen Räumung des Miet- oder Pachtobjekts verpflichtet, bleibt für den Streitwert unabhängig von der Ausgleichszahlung der einjährige Betrag des Nutzungsentgelts maßgeblich, § 41 GKG, da sich der Vergleichswert allein nach dem Wert der verglichenen Ansprüche bestimmt.5 1 2 3 4
BGH, Beschl. v. 19.6.2002 – XII ZR 5/02, NZM 2002, 736. BGH, Beschl. v. 19.7.2000 – XII ZR 269/99, NZM 2000, 127. OLG Köln, MDR 1971, 854; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Vergleich“. BGH, NJW 1964, 1523; OLG Bamberg, JurBüro 1984, 254; KG, Urt. v. 5.1.2004 – 12 U 157/02, KGR 2004, 310; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.6.2008 – 24 W 17/08, JurBüro 2008, 594 = AGS 2008, 462; OLG Frankfurt, JurBüro 1984, 423; OLG Hamburg, Beschl. v. 29.8.1986 – 2 WF 138/86, FamRZ 1987, 184; OLG Köln, Beschl. v. 22.2.1996 – 18 W 57/95, JurBüro 1996, 476; OLG München, Beschl. v. 22.2.2000 – 14 W 333/99, JurBüro 2001, 141; OLG Schleswig, Beschl. v. 27.11.1990 – 9 W 136/90, JurBüro 1991, 584; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 4. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 17.5.2011 – 7 W 13/11, NZM 2012, 535; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.5.2009 – 24 W 16/09, AGS 2009, 496; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.1.2008 – 4 U 145/07, JurBüro 2008, 651; OLG Köln, WuM 71, 136; LG München, Beschl. v. 27.1.2012 –
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Mietstreitigkeiten Eine Werterhöhung ist jedoch zu bejahen, wenn mit einer vergleichsweise vereinbarten Umzugsbeihilfe angebliche Schadensersatzansprüche des Mieters wegen möglicherweise unberechtigter Eigenbedarfskündigung erledigt werden1 oder diese mit einem Verzicht auf eine eingeräumte Räumungsfrist verbunden ist.2
3838
Erledigt sich ein Rechtsstreit, in dem der Beklagte nach § 574 BGB der Kündigung widersprochen hatte, durch einen Vergleich, wonach die Parteien das Mietverhältnis unter geänderten Bedingungen fortsetzen, dann liegt darin nicht der Abschluss eines neuen Mietvertrages. Der Wert dieses Vergleichs richtet sich nach § 41 Abs. 1 GKG, wobei der vereinbarte höchste zulässige Mietzins zugrunde zu legen ist;3 dass der Vergleich unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen wurde, ist für die Festsetzung ohne Bedeutung.4
3839
Ebenfalls nach § 41 Abs. 1 GKG (und nicht gem. § 9 ZPO) ist zu bewerten, wenn die Parteien neben den streitgegenständlichen Zahlungsansprüchen das außergerichtlich streitige Mietverhältnis durch Beendigung des alten und Begründung eines neuen Mietverhältnisses regeln.5
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III. Mieterhöhung 3840
Verpflichtet sich der Beklagte in einem Vergleich, mit dem eine auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichtete Klage einvernehmlich geregelt wird, für den bis zum Vergleichsschluss verstrichenen Zeitraum (im Hinblick auf die erhöhte Miete) aufgelaufenen Mietzinsrückstand zu zahlen, dann bestimmt sich der Mehrwert des Vergleichs nach dem für diesen Zeitraum streitigen Erhöhungsbetrag.6
F. Rechtsprechungs-ABC Stichwortübersicht Rn. Abbruchkosten (Räumungsaufwand) Abgeleiteter Besitz . . . . . . . . . . . . . . Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Geschäftsbedingungen (Verbandsklage) . . . . . . . . . . . . . . . Anspruchshäufung . . . . . . . . . . . . . . Aufbaukosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgleichszahlung . . . . . . . . . . . . . . Auskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2
3 4 5 6
. . . .
3841 3852 3853 3854
. . . .
3855 3856 3857 3858 3860a
Rn. Beheizung (Heizung) . . . . . . . . . Berechtigung aus dem Vertrag. . Beseitigung. . . . . . . . . . . . . . . . Besichtigung (Zutritt) . . . . . . . . Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besitzstörung . . . . . . . . . . . . . . Betriebskosten . . . . . . . . . . . . . Betriebspflicht . . . . . . . . . . . . . Beweisverfahren (selbständiges) Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
3861 3864 3865 3869 3874 3876 3880 3881 3882 3883
14 T 1431/12, AGS 2012, 144: jeweils Umzugskostenbeihilfe; unzutr. daher OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.3.2011 – 5 U 137/10, JurBüro 2012, 303, das die Problematik erkennend auf ein entsprechendes Titulierungsinteresse abstellt und dabei verkennt, dass davon nur vor Vergleichsschluss entstandene Ansprüche erfasst werden. LG Köln, BRAGOreport 2001, 108; LG Köln, AnwBl. 1998, 212; unklar KG Berlin, AGS 2005, 354. AG Köln, Beschl. v. 14.8.2002 – 210 C 200/02, AGS 2003, 35; bestätigend LG Köln, Beschl. v. 20.8.2002 – 10 T 164/02, AGS 2003, 35 mit Anm. N. Schneider; AG Augsburg, Beschl. v. 25.5.2001 – 24 C 803/01, WuM 2001, 413. LG Kassel, AnwBl. 1966, 232; vgl. auch LG Limburg, Beschl. v. 10.1.2007 – 3 T 95/06, ZMR 2007, 700. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.2.1992 – 10 W 11/92, JurBüro 1992, 351. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.6.2008 – 24 W 17/08, JurBüro 2008, 594. OLG Dresden, Beschl. v. 18.7.2006 – 10 W 816/06.
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Mietstreitigkeiten Rn. Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3884 Duldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3894 Eigentumswohnung . . . . . . . . . . . . . . 3899 Energie- und Wasserversorgung . . . . . . 3900 Erbbauzins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3901a Erhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3902 Ersatzmieter . . . . . . . . . . . . . . . . 3885, 3903 Feststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3904 Hausordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3912 Hausteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3913 Heizkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3914 Hilfsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3915 Instandsetzung (Mängelbeseitigung) . . 3916 Inventar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3919 Jagdpachtvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . 3920 Kaufanwartschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 3922 Kaution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3923 Kellerräumlichkeiten (Nebenräume). . 3924 Kleingarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3925 Konkurrentenschutz . . . . . . . . . . . . . . 3926 Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3927 Kündigungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . 3934 Künftige Mietzahlung . . . . . . . . . . . . . 3935 Künftige Nutzungsentschädigung . . . . 3939 Mängelbeseitigung . . . . . . . . . . . . . . . 3942 Medien (Rundfunk, Fernsehen, Telefon). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3943 Mietausfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3944 Mietbürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3953 Miete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3945 Mieterschutzregelung . . . . . . . . . . . . . 3954 Mietsicherheit (Bürgschaft, Kaution). . 3955 Mietzins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3962 Minderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3963 Modernisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3968 Musterprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3969 Nebenkosten (Betriebskosten). . . . . . . 3970 Nebenleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . 3976
Rn. Nichtigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . Nutzungsentgelt . . . . . . . . . . . Nutzungswert . . . . . . . . . . . . . Option . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Parabolantenne (Medien) . . . . . Räumung . . . . . . . . . . . . . . . . . Räumungsfrist . . . . . . . . . . . . . Rückständige Miete . . . . . . . . . Schlüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . Schönheitsreparaturen . . . . . . . Selbständiges Beweisverfahren . Siedler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sozialwohnung . . . . . . . . . . . . . Tauschvertrag. . . . . . . . . . . . . . Teilaufhebung . . . . . . . . . . . . . Teilkündigung (Gemeinschaftsund Teilflächen) . . . . . . . . . . Tierhaltung . . . . . . . . . . . . . . . Umgestaltung. . . . . . . . . . . . . . Unterlassung . . . . . . . . . . . . . . Untermieter . . . . . . . . . . . . . . . Untervermietung . . . . . . . . . . . Verbandsklage (Allgemeine Geschäftsbedingungen) . . . . . Vertragsabschluss . . . . . . . . . . . Vertragsinhalt. . . . . . . . . . . . . . Vorauszahlung . . . . . . . . . . . . . Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . Vorvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . Wegnahme von Einrichtungen . Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . Winterdienst . . . . . . . . . . . . . . Wohnrecht . . . . . . . . . . . . . . . . Wohnungseigentum . . . . . . . . . Wohnungstausch . . . . . . . . . . . Zins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsversteigerung . . . . . . . . Zwangsvollstreckung . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
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3980 3981 3982 3983 3984 3985a 3986 3989 3990 3992 3996 3999 4000 4001 4002
. . . . . .
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4003 4005 4006 4008 4010 4015
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4019 4020 4022 4023 4024 4026 4027 4029 4031 4032 4038 4039 4040 4041 4044
• Abbruchkosten (Räumungsaufwand) Hat der Beklagte ein von ihm genutztes Grundstück mit Bepflanzungen, Einrichtungen oder Gegenständen versehen, stellt sich mit Beendigung der Nutzung die Frage nach deren Verbleib. Zugleich ist zu beantworten, ob ein mit der Beseitigung verbundener Aufwand Streitwert und Beschwer bei einer Räumungsklage beeinflussen. Hier ist wie folgt zu unterscheiden:
3841
(1) Ist das Klagebegehren allein auf Entfernung von Einrichtungen gerichtet, bestimmt sich der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert nach § 3 ZPO. Maßgebend ist das klägerische Interesse an der Beseitigung, für dessen Bewertung allenfalls mangels weiterer Anhaltspunkte auch die Kosten der Entfernung herangezogen werden können.1 Ebenso liegt es im Übrigen, wenn vom Mieter oder Pächter Klage auf Feststellung erhoben wird, dass eine Verpflichtung zur Be-
3841a
1 LG Cottbus, Beschl. v. 10.7.2013 – 5 S 10/13, AGS 2014, 382 (Fertigteilgarage); Kossmann/ Meyer-Abich, Handbuch der Wohnraummiete, § 204 Rn. 14.
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ZPO
Mietstreitigkeiten seitigung nicht besteht. Hier ist der Wert gem. § 3 ZPO nach den Kosten zu bemessen, die zur Entfernung der Aufbauten aufgewandt werden müssten.1 3842
(2) Beantragt der Kläger allein Räumung und Herausgabe des Grundstücks, bemessen sich Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert nach den allgemeinen Grundsätzen, mithin in der Regel nach § 8 ZPO bzw. § 41 Abs. 2 GKG. Dies gilt auch für die Beschwer, die ausweislich des Wortlauts von § 8 ZPO allein nach dem für die streitige Zeit anfallenden Nutzungsentgelt zu bestimmen ist. Folglich bleibt der Beseitigungsaufwand als bloß mittelbar mit der Räumung verbundene Belastung unberücksichtigt.2
3843
(3) Problematisch ist es hingegen, wenn der Kläger neben Räumung und Herausgabe die Beseitigung von Einrichtungen oder Gegenständen verlangt. Hier stellt sich bereits aufgrund der prozessualen Eigenständigkeit der Klageanträge die Frage einer Addition gem. § 5 ZPO bzw. § 39 Abs. 1 GKG bei Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert.
3844
Beschränkt sich das Beseitigungsverlangen auf bewegliche Gegenstände, unterbleibt eine Wertaddition schon im Hinblick auf die Möglichkeit einer gem. § 885 Abs. 2 ZPO bereits aus dem Räumungsurteil resultierenden Möglichkeit der Beseitigung im Wege der Zwangsvollstreckung.
3845
Das Beseitigungsverlangen bleibt aus diesem Grunde trotz eigenständiger Antragstellung nur unselbständiger Teil des streitgegenständlichen Räumungsbegehrens.3 Daran ändert sich auch nichts, wenn der Kläger sein Klagebegehren während des Rechtsstreits auf das Beseitigungsverlangen reduziert.4
3846
Ob dies ebenso gilt, wenn der Kläger neben der Räumung die Beseitigung von Aufbauten, Einrichtungen oder sonstigen unbeweglichen Sachen fordert, ist streitig.
3847
Der BGH verneint in seinen Entscheidungen überwiegend auch hier eine Addition unter Hinweis darauf, dass das Beseitigungsverlangen Teil des materiell-rechtlichen Räumungsanspruchs aus § 546 BGB und damit keiner eigenständigen Bewertung bei der Bemessung von Zuständigkeitsstreitwert, Beschwer (§ 8 ZPO) und Gebührenstreitwert (§ 41 Abs. 2 GKG) zugänglich sei.5
3848
Die Ansicht des BGH vermag nicht zu überzeugen. Der Umfang der materiellrechtlichen Rückgabepflicht des Mieters (§ 546 BGB) ist für den Wert des Räumungsverlangens unerheblich. Zwar muss danach der Zustand der Mietsache bei Rückgabe der vertraglichen Vereinbarung entsprechen, so dass vom Mieter eingebrachte Gegenstände und Einrichtungen zu entfernen sind.6 Für den Inhalt des prozessualen Räumungsverlangens ist damit jedoch nichts gewonnen, denn dieses 1 BGH, Beschl. v. 29.4.2004 – III ZB 72/03, WuM 2004, 352. 2 BGH, Beschl. v. 15.6.2005 – XII ZR 104/02, WuM 2005, 525; Beschl. v. 4.7.1996 – III ZR 34/96, BGHR ZPO § 8 Räumungsklage Nr. 7 – Beschwer; vgl. auch LM ZPO § 551a Nr. 33: Beseitigung von Bäumen. 3 OLG Hamburg, Beschl. v. 15.2.2000 – 4 W 6/00, WuM 2000, 365 – Aufgabe der bisherigen Rsp.; nur im Ergebnis ebenso: BGH, Beschl. v. 8.3.1995 – XII ZR 240/94, MDR 1995, 530; Beschl. v. 14.10.1993 – LwZB 6/93, MDR 1994, 100. 4 BGH, Beschl. v. 8.3.1995 – XII ZR 240/94, MDR 1995, 530. 5 BGH, Beschl. v. 10.5.2000 – XII ZR 335/99, NJW-RR 2000, 1739; Beschl. v. 8.3.1995 – XII ZR 240/94, LM ZPO § 8 Nr. 14 mit krit. Anm. Lappe = MDR 1995, 530 – Entfernen zurückgelassener Einrichtungen; Beschl. v. 14.10.1993 – LwZB 6/93, MDR 1994, 100 = NJW-RR 1994, 256 – Entfernung von Bäumen; zustimmend: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 23.11.2011 – 4 U 101/11; so auch schon OLG Bremen, Rpfleger 1965, 99; offen gelassen: BGH, Beschl. v. 29.4.2004 – III ZB 72/03, WuM 2004, 352; abweichend: BGH, Beschl. v. 16.3.2012 – LwZB 3/11, MDR 2012, 1117 (Beschwer); Beschl. v. 15.6.2005 – XII ZR 104/02, WuM 2005, 525 – jeweils zur Beschwer, ohne Auseinandersetzung mit der bisherigen Rspr. 6 Palandt/Weidenkaff, § 546 Rn. 5 ff. m.w.N.
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Mietstreitigkeiten reicht – ebenso wie das dahinter stehende klägerische Interesse – notwendigerweise nicht weiter als der Umfang der aus einer entsprechenden Titulierung resultierenden gesetzlichen Vollstreckungsmöglichkeiten. Die Zwangsvollstreckung aus einem Räumungsurteil ist jedoch gem. § 885 Abs. 2 ZPO auf Besitzverschaffung und Beseitigung von beweglichen Gegenständen beschränkt.1 Für die Beseitigung von Gebäuden, Bepflanzungen oder Geländeveränderungen (z.B. Aufschüttungen) bedarf es demgegenüber eines gesonderten Vollsteckungstitels. Insbesondere ist das Räumungsurteil keine geeignete Grundlage für eine Ermächtigung des Klägers (als Vollstreckungsgläubiger) zur Ersatzvornahme gem. § 887 ZPO.2 Zudem trägt der Verweis auf den Umfang der materiell-rechtlichen Räumungspflicht (§ 546 BGB) nicht, wenn der Kläger seinen Herausgabeanspruch auf § 985 BGB stützt und sich der Beklagte erfolglos auf den Bestand eines Nutzungsverhältnisses beruft. Denn nach § 985 BGB schuldet der Besitzer nur „Auskehrung“, d.h. nur die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes an der Sache in dem Zustand, in dem diese sich befindet.3 Dass die materiell-rechtliche Perspektive eine wertmäßig voneinander abweichende Behandlung des Beseitigungsverlangens rechtfertigen könnte, ist angesichts desselben Streitgegenstandes nicht ersichtlich.
3849
Bedarf das Beseitigungsverlangen, weil eine nicht bewegliche Sache betreffend, damit für die Vollstreckung eines gesonderten Titels und deshalb eines prozessual eigenständigen Klageantrags, ist dieser auch wertmäßig zu erfassen und hinzuzurechnen.4
3850
Als Streitigkeit über den Inhalt der aus dem Nutzungs- oder bloßen Besitzverhältnis erwachsenden Verpflichtungen sind für die Bewertung eines – im vorgenannten Sinne eigenständigen – Beseitigungsverlangens weder § 8 ZPO (Zuständigkeitsstreitwert und Beschwer) noch § 41 Abs. 1 GKG einschlägig. Das Beseitigungsverlangen ist vielmehr (über § 48 Abs. 1 GKG) nach § 3 ZPO zu bewerten, wobei für die Beschwer des Klägers auf sein Beseitigungsinteresse und die Beschwer des Beklagten auf den mit der Beseitigung verbundenen Aufwand abzustellen ist. Siehe auch unter dem Stichwort „Beseitigung“.
3851
• Abgeleiteter Besitz Der Streitwert einer auf § 985 BGB gestützten Herausgabeklage ist auch dann nach § 41 GKG aus dem einjährigen Zins zu berechnen, wenn der Besitzer sein Recht zum Besitz aus einem mit dem Rechtsvorgänger des Eigentümers geschlossenen Vertrag herleitet.5
1 OLG Hamburg, Beschl. v. 15.2.2000 – 4 W 6/00, WuM 2000, 365 – Aufgabe der bisherigen Rspr. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.11.2002 – 26 W 122/02, MDR 2003, 655; Derleder, JurBüro 1994, 450; offen lassend: OLG Celle, NJW 1962, 595; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.7.1999 – 3 W 195/99, MDR 2000, 414. 3 MünchKomm.BGB/Baldus, § 985 Rn. 30 m.w.N. – zugleich zu den Auswirkungen auf die Formulierung des Klageantrages. 4 KG, Beschl. v. 19.11.2012 – 8 W 80/12, MDR 2013, 430; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.11.2007 – 24 W 82/07, AGS 2008, 402; OLG Hamburg, Beschl. v. 15.2.2000 – 4 W 6/00, WuM 2000, 365 – Aufgabe der bisherigen Rspr.; OLG Köln, AnwBl. 1968, 396; im Ergebnis jetzt auch BGH, Beschl. v. 15.6.2005 – XII ZR 104/02, WuM 2005, 525; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 25. 5 OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 177.
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3852
ZPO
Mietstreitigkeiten • Abmahnung 3853
Beschränkt sich die anwaltliche Tätigkeit auf die Abmahnung des Mieters unter Androhung einer Kündigung, dann bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem Interesse des Vermieters an der Vermeidung weiteren vertragswidrigen Gebrauchs, hier Unterlassung künftiger Lärmbelästigungen aus der Wohnung des Mieters.1 • Abschluss
3854
Siehe unter „Vertragsabschluss“. • Allgemeine Geschäftsbedingungen (Verbandsklage)
3855
Ist der Inhalt von Formularmietverträgen Gegenstand eines Verbandsklageverfahrens, dann bemisst sich der Streitwert nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung gesetzeswidriger Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Verwendungsverbots für den Verwender bleiben unberücksichtigt. Im Regelfall ist – auch unter Berücksichtung des Preisverfalls im Hinblick auf ältere Rechtsprechung – eine Bewertung von 2500 Euro je angegriffener Klausel vorzunehmen.2 • Anspruchshäufung
3856
Gemäß § 5 ZPO und § 39 GKG sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen. Insoweit kann auf die Ausführungen unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“ verwiesen werden. Für mietrechtliche Streitigkeiten kann ergänzend festgehalten werden: – Wird mit der Leistungsklage neben der Räumung die Zahlung rückständigen Nutzungsentgeltes verbunden, dann ist dem Wert für das Räumungsbegehren aus § 41 GKG der Wert für den bezifferten Klageanspruch hinzuzurechnen.3 – Verlangt der Vermieter neben der Räumung und Herausgabe die Beseitigung von Einrichtungen und Gegenständen ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die begehrte Entfernung bewegliche oder unbewegliche Sachen zum Gegenstand hat. Nur in letzterem Fall kommt eine Wertaddition in Betracht. (Siehe hierzu oben „Abbruchkosten“.) – Klagt der Mieter gleichzeitig auf Überlassung der Mietwohnung und auf Verlängerung des Mietverhältnisses, so sind die Streitwerte beider Anträge nicht zusammenzurechnen.4 – Treffen Leistungs- und Feststellungsklage zusammen, ist zu unterscheiden: Begehrt der Kläger die Feststellung des (Fort-)Bestehens des Mietverhältnisses und Zahlung von Nutzungsentgelt, ist für die Bewertung darauf abzustellen, ob derselbe Zeitraum betroffen ist. Wird dies bejaht, betreffen die Ansprüche gebührenrechtlich denselben Streitgegenstand (wirtschaftliche Identität). Denn die Feststellungsklage erfasst das gesamte Rechtsverhältnis und damit auch den daraus abgeleiteten Leistungsanspruch. Daher ist nicht zu addieren, son1 AG Köln, Urt. v. 2.7.1997 – 213 C 261/96, WuM 1999, 237. 2 BGH, Beschl. v. 18.7.2000 – VIII ZR 12/00, NJW-RR 2001, 352: 3000 DM; offen lassend: BGH, Beschl. v. 15.4.1998 – VIII ZR 317/97, WuM 1998, 342; OLG Celle, Beschl. v. 28.6.2005 – 11 W 49/05, VuR 2005, 310: 3000 Euro; LG München, Beschl. v. 8.9.1997 – 7 O 18843/96, WuM 1997, 631: 2500 Euro; a.A. OLG Brandenburg, Urt. v. 1.12.1999 – 3 U 251/98, VuR 2000, 147: 10 000 DM je Klausel. 3 Bub/Treier/Fischer, VIII 240; Gerold, Streitwert, S. 245. 4 LG Frankenthal, MDR 1968, 419 Nr. 76.
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Mietstreitigkeiten dern lediglich ein Wert anzusetzen, und zwar der höchste.1 Anders liegt es, wenn neben der Feststellungsklage Mietzahlungen für die vorangegangene Zeit eingeklagt werden; hier ist mangels wirtschaftlicher Deckungsgleichheit zu addieren.2 Wird neben dem Antrag auf Feststellung des Bestehens eines Mietvertrages hilfsweise der Antrag auf Abschluss eines Mietvertrags mit gleichem Inhalt gestellt, unterbleibt eine Zusammenrechnung. Hier ist bei Bescheidung beider Anträge gem. § 45 Abs. 1 Satz 2, 3 GKG für die Streitwertbemessung der (ggf.) höhere Wert des Hilfsantrages maßgebend.3 – Erhebt der Beklagte gegenüber einer Klage auf Feststellung, dass kein Recht zur Mietminderung besteht, eine Feststellungswiderklage auf Zahlung von Schadensersatz wegen Mängeln der Mietsache, ist nach Ansicht des BGH4 der höhere Wert maßgebend, wenn es um denselben Mangel geht. – Auch soweit der Anspruch auf Räumung von Wohnraum mit dem Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses gem. §§ 556a, 556b BGB zusammentrifft und in demselben Prozess verhandelt wird, ist nicht zusammenzurechnen, § 41 Abs. 3 GKG. • Aufbaukosten Ein Streit über die Dauer des Mietverhältnisses liegt vor, wenn der Mieter die Feststellung begehrt, dass der Vermieter zur vorzeitigen Rückzahlung der ihm vom Mieter darlehensweise zur Verfügung gestellten aufgewandten Aufbaukosten und damit nach dem Mietvertrag zur vorzeitigen Verkürzung des Mietverhältnisses nicht berechtigt sei.5
3857
• Ausgleichszahlung Vergleichen sich die Parteien in einem Rechtsstreit über den Bestand oder die 3858 Fortdauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses dahingehend, dass sich der Mieter (bzw. Pächter) gegen eine Ausgleichszahlung zur vorzeitigen Räumung des Mietoder Pachtobjekts verpflichtet, bleibt für den Streitwert unabhängig von der Ausgleichszahlung der einjährige Betrag des Nutzungsentgelts maßgeblich, § 41 GKG, da sich der Vergleichswert allein nach dem Wert der verglichenen Ansprüche bestimmt.6 Wird demgegenüber mit einer Umzugsbeihilfe der Anspruch des Mieters bzw. dessen Verzicht auf eine bereits eingeräumte Räumungsfrist abgegolten, ist der Vergleichswert erhöht.7
3859
Ebenso ist eine Werterhöhung zu bejahen, wenn mit der vergleichsweise vereinbarten Umzugsbeihilfe angebliche Schadensersatzansprüche des Mieters wegen möglicherweise unberechtigter Eigenbedarfskündigung erledigt werden.8
3860
1 BGH, Beschl. v. 2.11.2005 – XII ZR 137/05, NZM 2006, 138; OLG Braunschweig, Beschl. v. 1.4.1975 – 5 W 13/75, MDR 1975, 848 – negative Feststellungsklage; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.2.1980 – 14 W 5/80, Justiz 1980, 272. 2 BGH, Beschl. v. 22.2.2006 – XII ZR 134/03, AGS 2006, 298 mit Anm. N. Schneider. 3 OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 685; Meyer, § 41 Rn. 22. 4 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, MDR 2004, 1437 – behördliche Untersagungsverfügung. 5 OLG Celle, JurBüro 1967, 598 Nr. 157. 6 OLG Köln, WuM 71, 136. 7 AG Köln, Beschl. v. 14.8.2002 – 210 C 200/02, AGS 2003, 35; bestätigend: LG Köln, Beschl. v. 20.8.2002 – 10 T 164/02, AGS 2003, 35 mit zust. Anm. N. Schneider. 8 LG Köln, Beschl. v. 12.2.2001 – 10 S 282/00, BRAGOreport 2001, 108; unklar: KG Berlin, Beschl. v. 7.4.2004 – 8 W 23/04, AGS 2005, 354.
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Mietstreitigkeiten • Auskunft 3860a
Der Streitwert einer auf Auskunft gerichteten Klage bemisst sich nach einem Bruchteil des Wertes desjenigen Anspruchs, der mit der Auskunft vorbereitet werden soll. Begehren die Mieter vom Vermieter die Herausgabe der Ergebnisse einer in der von ihnen genutzten Wohnung anlässlich von Schimmelbildung (und darauf gestützter Mietminderung) durchgeführten Klimamessung, dann ist ein Bruchteil des Jahresbetrages einer angemessenen Mietminderung (§ 41 Abs. 5 Satz 1 GKG) anzusetzen.1 • Beheizung (Heizung)
3861
Der Wert der Klage auf ordnungsgemäße Beheizung der Mietsache ist, da es um die Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen geht, nach dem Jahresbetrag der wegen unzureichender Beheizung möglichen Mietminderung zu berechnen, soweit das Mietverhältnis nicht vor Ablauf eines Jahres endet, § 41 Abs. 5 GKG.2
3862
Fraglich ist, ob sich der Jahresbetrag immer nach dem 12-fachen des monatlich angemessenen Minderungsbetrags bestimmt. Denn das wurde schon nach altem Recht für Mängel verneint, die sich naturgemäß nur auf bestimmte Monate des Jahres auswirken. So stellt das LG Berlin für die Bewertung von Klagen auf Behebung von Beheizungsmängeln auf die (siebenmonatige) Dauer der Heizperiode ab.
3863
Dem ist nicht zuzustimmen, da die Bewertung in § 41 Abs. 5 GKG nach der Höhe des jeweiligen Jahresbetrages der pauschalierten Erfassung von Mieterhöhungs-, Instandsetzungs- oder zustandsbezogenen Duldungsansprüchen dient. Sie beruht, wie schon die Miterfassung der Mieterhöhungsansprüche zeigt, nicht auf der Annahme, dass mit dem Jahresbetrag die vermögensrechtliche Relevanz der Ansprüche realitätsnah abgebildet wird. Daher kommt es nicht darauf an, ob der zugrunde liegende Mangel zu einer Beeinträchtigung über einen Zeitraum von 12 Monaten geeignet ist. Siehe auch unter „Energie- und Wasserversorgung“. • Berechtigung aus dem Vertrag
3864
Der Wert eines Streits darüber, wer von den Parteien aus einem Miet- oder Pachtverhältnis berechtigt ist, bemisst sich nach der gegenwärtigen Jahresmiete oder Jahrespacht. Die Vorschrift des § 41 Abs. 1 GKG ist entsprechend anzuwenden. Der Wert der einjährigen Nutzung (§ 41 Abs. 2 Satz 2 GKG) kommt nicht in Betracht, weil kein Streit über die Beendigung des Miet- oder Pachtverhältnisses gegeben ist.3 • Beseitigung
3865
Das Interesse des Vermieters an der Beseitigung einer an der Außenwand angebrachten Metallverkleidung ist nach der optischen Beeinträchtigung der Hausfassade sowie etwaig drohenden Gewährleistungsansprüchen der übrigen Mieter und Nachbarstreitigkeiten zu bewerten.4 Zur Beseitigung eines Zustandes, der auf einem vertragswidrigen Gebrauch beruht, s. im Übrigen bei „Unterlassung“.
1 Daher teilweise zutr. AG Bad Segeberg, Urt. v. 7.6.2012 – 17 C 21/12, ZMR 2012, 875. 2 So schon zum alten Recht, hier über § 3 ZPO: LG Hamburg, Beschl. v. 9.10.1991 – 311 T 128/91, JurBüro 1994, 116; LG Görlitz, Beschl. v. 25.3.1994 – 2 T 34/94, WuM 1994, 380 – einstweilige Verfügung. 3 OLG Hamburg, NJW 1965, 2406. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.4.2011 – 10 W 33/11, Grundeigentum 2011, 752.
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Mietstreitigkeiten Geht es um die Beseitigung von Einrichtungen und Gegenständen aufgrund eines beendeten Nutzungsverhältnisses, s. unter „Abbruchkosten (Räumungsaufwand)“.
3866
Streitwertrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Beseitigung von Störungen des Mietbesitzes durch Dritte werden unter „Besitzstörung“ erörtert.
3867
Bei der Beseitigung von Mängeln geht es um die Instandsetzung oder Erhaltung der Mietsache, s. daher unter „Instandsetzung (Mängelbeseitigung)“.
3868
• Besichtigung (Zutritt) Begehrt der Vermieter vom Mieter, die Mietsache selbst oder von Dritten besichtigen zu können, ist die Wertbestimmung (über § 48 Abs. 1 GKG) nach § 3 ZPO vorzunehmen, da es sich um einen Streit über die aus einem Nutzungsverhältnis erwachsenden Verpflichtungen handelt, auf den § 41 GKG nicht anwendbar ist. Dem Wesen nach handelt es sich um einen auf Duldung gerichteten Anspruch, da den zur Ermöglichung der Besichtigung erforderlichen Leistungshandlungen, etwa der Gewährung des Zutritts, nur untergeordnete Bedeutung zukommt.
3869
Das für den Streitwert maßgebliche klägerische Interesse ist ausgehend vom 3870 Zweck der Besichtigung zu ermitteln, die Beschwer des Beklagten demgegenüber nach dem mit der Besichtigung verbundenen Zeit- und Kostenaufwand. Geht es um eine Besichtigung durch Mietinteressenten, dient sie der Ermöglichung einer Weitervermietung, also dem Abschluss eines Mietvertrages. Angemessen ist eine Bruchteilsbewertung bezogen auf die für den Vertragsabschluss geltenden Bewertungsmaßstäbe (s. unter „Vertragsabschluss“). Insoweit kann das Vermietungsinteresse gem. § 9 ZPO mit dem 3 1/2-fachen des Jahresbetrags der Miete bemessen werden und entsprechend der Bewertung des Auskunftsanspruchs – je nach Dringlichkeit und Bedeutung – ein Bruchteil zwischen 1/10 und 1/5 liegen, da die Besichtigung Auskunft über den Zustand der Mietsache gibt und nur der Vorbereitung weiter gehender Ansprüche bzw. Rechtsänderungen dient.1
3871
Ähnlich liegt es, wenn es um eine Besichtigung durch Kaufinteressenten und damit um das Verwertungsinteresse des Vermieters geht. Für den Streitwert ist auf einen Bruchteil des beabsichtigten Kaufpreises abzustellen.2
3872
Dient die Besichtigung der Klärung, ob die Mietsache mit Mängeln behaftet oder 3873 sonst in ihrer Substanz gefährdet ist, ist Ausgangspunkt das Interesse des Vermieters am Substanzerhalt. Da es sich hierbei um notwendige Vorbereitungen zu etwaig geschuldeten Instandsetzungs- oder zu duldenden Erhaltungsmaßnahmen handelt, ist eine Bruchteilsbewertung des hierfür nach § 41 Abs. 5 GKG anzusetzenden Jahresbetrages einer möglichen Mieterhöhung bzw. -minderung geboten.3 • Besitz Klagt der Mieter gegen den Vermieter auf Gebrauchsüberlassung, sind für den Zuständigkeitsstreitwert und die Beschwer §§ 8, 9 ZPO und für den Gebührenstreit-
1 Vgl. Lützenkirchen, NJW 2007, 2152 (2156); abw. Hartmann, KostG, Anh. I § 48 GKG (§ 3 ZPO) Rn. 83: 1 Monatsmiete. 2 AG Dorsten, Beschl. v. 22.9.1978 – 3 C 319/78, WuM 1979, 155: und davon 1/3 bei einstweiliger Verfügung. 3 AG Hamburg-St. Georg, Beschl. v. 22.3.2011 – 915 C 604/10; ZMR 2011, 646: 1/5; Lützenkirchen, NJW 2007, 2152 (2156).
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Mietstreitigkeiten wert § 41 Abs. 1 GKG anwendbar.1 Richtet sich die Herausgabeklage des Mieters gegen einen Dritten, verbleibt es bei der Anwendung von § 6 ZPO.2 3875
Der Antrag auf vorläufige Besitzverschaffung an einer Wohnung oder einem Geschäftsraum (Übergabe eines Schlüssels) im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens ist gem. § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO zu bewerten. Ist der Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes (§ 861 BGB) Streitgegenstand, richtet sich der Gebührenstreitwert nach dem Nutzungsinteresse des Besitzers. Dabei ist nicht auf den Wert der Sache (§ 6 ZPO), sondern auf das Jahresnutzungsentgelt (§ 41 Abs. 1 GKG) abzustellen. Denn die Besitzverschaffung entspricht – hier – der dem Vermieter obliegenden (streitigen) Gebrauchsgewährung nach § 535 BGB und wird daher von § 41 Abs. 1 GKG als für den Gebührenstreitwert spezielleren Norm erfasst.3 Trotz Leistungsverfügung ist wegen des nur vorläufigen Rechtssschutzes ein – wenngleich höherer – Bruchteil des Hauptsachewertes, in der Regel 2/3 der Jahresmiete/-pacht, anzusetzen. • Besitzstörung
3876
Wird der mit der Nutzung einer Miet- oder Pachtsache verbundene Besitz durch Dritte gestört, kann der Mieter oder Pächter gem. §§ 862, 1004 BGB die Beendigung fortdauernder und Unterlassung künftiger Störungen beanspruchen. Der Streitwert einer entsprechenden Unterlassungsklage ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG zu schätzen.
3877
Dies gilt auch, wenn die Störung von der anderen Mietvertragspartei ausgeht und das Unterlassungsbegehren mietvertraglich begründet wird. Denn für eine unmittelbare Anwendung von § 41 GKG besteht nur Raum, wenn aufgrund der Störung der Bestand des Nutzungsverhältnisses selbst in Frage gestellt wird.
3878
Maßgebend ist in beiden Fällen das Interesse des Klägers an der Beseitigung bestehender oder Verhinderung weiterer Störungen. Handelt es sich um eine Streitigkeit zwischen den Mietvertragsparteien, sollte im Rahmen der Schätzung nach § 3 ZPO die Bemessungsregel des § 41 Abs. 1 GKG nicht überschritten werden.4 Sinnvoll ist eine Orientierung am Jahresbetrag der aufgrund der Störung möglichen Minderung,5 denn ist die Störung zugleich mit einer Beschädigung der Mietsache verbunden, stünde dem Mieter auch ein Instandsetzungsanspruch zu. Besonders schwerwiegende Folgen bei Störung gewerblichen Mietbesitzes können eine abweichende Bewertung erfordern.6
3879
Hieran ist auch der Wert einer Klage zu bemessen, mit der ein Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses mit einem störenden Mitmieter verpflichtet werden
1 BGH, Beschl. v. 22.1.2013 – VIII ZR 104/12, AGS 2014, 67 (Beschwer); Beschl. v. 12.3.2008 – VIII ZB 60/07, WuM 2008, 296 (Beschwer); LG Halle, Beschl. v. 20.5.1994 – 2 T 175/94, MDR 1995, 208; Lützenkirchen, NJW 2007, 2152 (2156): eventueller Mindererlös (aber wie soll dieser bestimmt werden?); abw. OLG Celle, Beschl. v. 21.9.1988 – 2 W 66/88, MDR 1989, 272: § 41 Abs. 2 GKG. 2 KG, HuW 1952, 293; Meyer, § 41 Rn. 9. 3 Vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.4.2007 – 3 W 57/06, MDR 2007, 1225: 1/3; OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2007 – 2 W 71/07, AGS 2008, 189: voller Wert; OLG Rostock, Beschl. v. 14.8.2006 – 3 W 78/06, OLGR 2006, 1004. 4 BGH, Beschl. v. 7.4.1993 – XII ZR 244/92, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1133; OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.9.2007 – 19 W 57/07, AGS 2008, 92; OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 2; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.12.1983 – 2 W 21/83. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.9.1985 – 8 W 25/85, WuM 1986, 15. 6 Vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.3.2012 – 24 W 17/12, MDR 2012, 1187.
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Mietstreitigkeiten soll. Auch hier steht das Interesse des Mieters an einem störungsfreien Gebrauch der Mietsache im Vordergrund.1 • Betriebskosten Siehe unter „Nebenkosten“.
3880
• Betriebspflicht Der Streitwert einer Klage auf Einhaltung einer (vertraglich vereinbarten) Betriebspflicht bestimmt sich nach dem Interesse des Vermieters an der Aufrechterhaltung der Vermietbarkeit der übrigen Gewerberäumlichkeiten in dem Gesamtobjekt. Bei pauschalierender Betrachtungsweise kann auf die Jahresmiete der an den Beklagten vermieteten Gewerbeeinheit abgestellt werden.2
3881
• Beweisverfahren (selbständiges) Siehe unter „Selbständiges Beweisverfahren“.
3882
• Dauer Ein Streit um die Dauer eines Mietverhältnisses liegt auch vor, wenn der Mieter die Feststellung begehrt, dass der Vermieter zur vorzeitigen Rückzahlung der von ihm aufgewandten Aufbaukosten und damit nach dem Mietvertrag zur vorzeitigen Verkürzung des Mietverhältnisses nicht berechtigt sei.3
3883
• Dritter Sind am Rechtsstreit allein die Parteien des Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses beteiligt, gelten für den Streitwert je nach Streitgegenstand die §§ 3 ff. ZPO, § 41 GKG. Problematischer ist die Wertbestimmung, wenn Dritte beteiligt sind, etwa weil sich die Klage einer Mietvertragspartei gegen einen Dritten richtet, Mieter bzw. Vermieter von einem Dritten verklagt werden oder der Bestand des Mietverhältnisses Gegenstand eines Rechtsstreits einer Vertragspartei mit einem Dritten ist.
3884
Dies ist jedoch noch nicht der Fall, wenn es um die Feststellung geht, ob der Kläger berechtigt ist, aus einem bestehenden Mietverhältnis auszuscheiden und einen Dritten als Ersatzmieter an seine Stelle treten zu lassen. In diesem Fall ist der Dritte am Mietverhältnis noch nicht – auch nicht mittelbar – beteiligt. Die Wertfestsetzung erfolgt hier – Bestand und Dauer des Mietverhältnisses sind unstreitig – gem. § 3 ZPO.4
3885
Im Grundsatz gilt bei einer Drittbeteiligung, dass weder § 8 ZPO noch § 41 GKG unmittelbar zur Anwendung gelangen. Denn beide Vorschriften setzen einen Streit zwischen den am Mietverhältnis beteiligten Parteien voraus, da auf die Klage eines Dritten diesen gegenüber nicht rechtskräftig über den Bestand oder die (Fort-)Dauer des Mietverhältnisses entschieden werden kann.
3886
Daher bestimmen sich bei der Klage eines Dritten gegen den Vermieter oder Verpächter auf Feststellung der Nichtigkeit eines Mietvertrages Zuständigkeitsstreitwert und Beschwer nicht nach § 8 ZPO, sondern gem. § 3 ZPO nach dem Interes-
3887
1 2 3 4
BGH, Beschl. v. 2.11.2005 – XII ZR 137/05. KG, Beschl. v. 7.3.2006 – 8 W 2/06, ZMR 2006, 611. OLG Celle, JurBüro 1967, 598. OLG Hamburg, OLGE 37, 82.
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Mietstreitigkeiten se dieses Dritten an der Unwirksamkeit des Vertrages.1 Dies gilt auch für den Gebührenstreitwert, da § 41 GKG aus den gleichen Gründen nicht anwendbar ist.2 3888
Eine entsprechende Anwendung von § 41 GKG wird nur in dem Fall befürwortet, dass sich der Dritte gegenüber einer Herausgabeklage des (Haupt-)Vermieters auf ein Nutzungsrecht des Mieters3 oder ein mit diesem geschlossenes Nutzungsverhältnis4 beruft.
3889
Klagt dagegen der Mieter gegen einen Dritten auf Unterlassung von Besitzstörungen oder ein Dritter gegen einen Mieter auf Feststellung, dass ein Miet- oder Pachtverhältnis nicht bestehe, ist jeweils gem. § 3 ZPO das klägerische Interesse maßgebend.5
3890
Ebenso liegt es, wenn Miterben gegen einen anderen Miterben auf Feststellung der Wirksamkeit eines von der Erbenmehrheit mit einem Dritten abgeschlossenen Miet- oder Pachtvertrages klagen.6
3891
Als Streitwert einer vom Mieter gegen einen Dritten auf Herausgabe gerichteten Klage ist gem. § 6 ZPO der Verkehrswert festzusetzen.7 Dies gilt entgegen OLG Hamburg8 auch dann, wenn die Herausgabeklage auf einem Streit der Parteien beruht, wer von ihnen aus einem mit einem (weiteren) Dritten geschlossenen Pachtverhältnis berechtigt ist. Allein der Umstand, dass der Herausgabeanspruch die Prüfung erfordert, ob überhaupt ein Pachtverhältnis besteht, rechtfertigt noch keine entsprechende Anwendung von § 41 Abs. 1 GKG.
3892
Auch der Streit von Mietern oder Vermietern untereinander fällt nicht in den Anwendungsbereich von § 8 ZPO, § 41 GKG. Mieter und Vermieter stehen zueinander nicht in mietvertraglicher, sondern (in der Regel) in gesellschafts- oder gemeinschaftsrechtlicher Verbindung. Dies gilt etwa für die Klage eines Mieters auf Zustimmung des Mitmieters zur Kündigung des Mietverhältnisses. Hier ist nach § 3 ZPO das klägerische Interesse an der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses wertbestimmend.9
3893
Dies gilt auch für die auf Feststellung gerichtete Klage, dass ein Dritter zusammen mit dem Kläger Partei eines mit einem anderen geschlossenen Mietvertrages ist. Denn hier geht es nicht um den Bestand des Mietverhältnisses, sondern um die – in der Regel gesellschaftsrechtlich zu beurteilende – Beteiligung daran (s. auch vorstehend unter „Berechtigung aus dem Vertrag“).
3893a
Auch auf einen Räumungsvertrag zwischen einem potentiellen Käufer und einem Mieter des Verkäufers findet § 41 GKG keine Anwendung.10 • Duldung
3894
Ist die Klage auf Duldung von Instandsetzungs-, Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen gerichtet, bestimmt sich der Gebührenstreitwert jetzt nach 1 BGH, Beschl. v. 24.2.2000 – III ZR 270/99, Jagdrechtliche Entscheidungen XVIII Nr. 76; Rpfleger 1955, 101. 2 BGH LM GKG § 10 Nr. 10 (10/1955). 3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.2.2004 – 19 W 9/04, MDR 2004, 906: Ehefrau. 4 OLG Frankfurt, JurBüro 1953, 445 Nr. 168: Untermieter. 5 BGH, Beschl. v. 24.2.2000 – III ZR 270/99, Jagdrechtliche Entscheidungen XVII Nr. 76 – s. auch unter „Besitzstörung“. 6 BGH LM § 10 GKG Nr. 10 – Beschwer. 7 KG, HuW 1952, 293; Meyer, § 41 Rn. 10. 8 OLG Hamburg, NJW 1965, 2406. 9 KG, Beschl. v. 30.3.1992 – 2 W 1331/92, WuM 1992, 323: Orientierung an Jahresmiete; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 7. 10 Meyer, JurBüro 2010, 184 (185).
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Mietstreitigkeiten § 41 Abs. 5 GKG. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen unter Rn. 3807 verwiesen werden. Geht es um die Verurteilung zur Duldung einer Besichtigung der Mieträume, ist für die Wertbemessung gem. § 3 ZPO der vom Kläger mit der Besichtigung verfolgte Zweck maßgebend. Siehe hierzu unter „Besichtigung“.
3895
Klagt der Mieter auf Duldung der Wegnahme von ihm eingebauter Sachen, dann bestimmt sich der Streitwert gem. § 6 ZPO nach dem Verkehrswert, den die wegzunehmenden Sachen nach der Trennung haben.1 Dies gilt auch für die Beschwer des unterliegenden Vermieters.
3896
Bei einer Klage des Mieters auf Duldung einer bestimmten Nutzung des Mietobjekts handelt es sich durchweg um Streitigkeiten über den Inhalt des Mietvertrages, etwa über die Berechtigung zur Anbringung einer Parabolantenne, der Haltung von Tieren oder zum Abstellen von Gegenständen auf Gemeinschaftsflächen. Hier ist der Streitwert nach § 3 ZPO entsprechend dem klägerischen Interesse an der streitgegenständlichen Nutzung zu bemessen. Die Beschwer des unterliegenden Vermieters ist gleich dem Verhinderungsinteresse.
3897
Zum Streitwert einer auf Duldung der Unterbrechung der Energieversorgung und damit verbundener Wegnahme von Mess- und Regeleinrichtungen gerichteten Klage s. nachfolgend unter „Energie- und Wasserversorgung“.
3898
• Eigentumswohnung Wird eine Eigentumswohnung dem in Aussicht genommenen Käufer aufgrund eines privatwirtschaftlichen Vorvertrages überlassen, der nur eine Verpflichtung zum Erwerb der Wohnung und die dafür geltenden Bedingungen enthält, so ist im Falle einer Herausgabeklage des Eigentümers nur die Frage Streitgegenstand, ob der spätere Käufer die Wohnung bis zur endgültigen Klärung der Rechtsbeziehungen der Parteien nutzen darf. Den Streitwert für diese Auseinandersetzung bildet der einjährige Nutzungswert der Wohnung, § 41 Abs. 2 GKG.2
3899
• Energie- und Wasserversorgung Klagt der Mieter gegen den Vermieter auf (Wieder-)Herstellung der Energie- oder Wasserversorgung, steht der Umfang sich aus dem Mietverhältnis ergebender Pflichten und damit der Vertragsinhalt im Streit. Der Zuständigkeitsstreitwert bestimmt sich daher gem. § 3 ZPO nach dem klägerischen Interesse an einer dahingehenden Versorgung. Dieses entspricht wertmäßig dem Betrag einer möglichen Mietminderung und sollte daher wie der Gebührenstreitwert – nach § 41 Abs. 5 GKG – mit dem Jahresbetrag einer angemessenen Minderung beziffert werden.3
3900
Die Klage des Versorgungsträgers auf Duldung der Unterbrechung bzw. Wegnahme erforderlicher Mess- und Regeleinrichtungen ist keine mietrechtliche Streitigkeit und daher gem. §§ 3, 6 ZPO zu bewerten. Zutreffend dürfte sein, auf das Interesse des Versorgungsunternehmens abzustellen, gegenüber seinem Kunden, der in Zahlungsverzug geraten ist, nicht weiter in Vorleistung treten zu müssen und die Entnahme weiterer Versorgungsleistungen bis zur Zahlung der Rückstände zu
3901
1 BGH, Beschl. v. 12.6.1992 – XII ZR 30/91, WuM 1991, 562. 2 KG, JurBüro 1969, 166. 3 So schon zum alten Recht: LG Hamburg, Beschl. v. 9.10.1991 – 311 T 128/91, JurBüro 1994, 116; vgl. auch AG Kerpen, Urt. v. 6.6.1990 – 3 C 267/90, MDR 1990, 928: Duldung eines Wasseranschlusses – 1/2 des Jahresnutzungsentgelts.
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Mietstreitigkeiten
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verhindern.1 Dies auch dann, wenn die Unterbrechung der Versorgung – aus technischen Gründen – mit einer Wegnahme von Mess- und Regeleinrichtungen verbunden ist.2 Dies gilt jedoch nur, wenn die Klage allein auf die Unterbrechung der Versorgung abzielt. Will sich das Versorgungsunternehmen zum Zwecke der Erneuerung oder Reparatur in den Besitz der Mess- und Regeleinrichtungen bringen, ist auf deren Verkehrswert abzustellen. Ausführlich zur Bewertung unter dem Stichwort „Energie- und Wasserversorgung“. • Erbbauzins 3901a
Der Streitwert einer Klage auf Erhöhung des Erbbauzinses bemisst sich nach § 9 ZPO. § 41 GKG ist nicht einschlägig, weil der Erbbauzins auch die dingliche Rechtsstellung abgilt.3 • Erhaltung
3902
Siehe unter „Modernisierung“. • Ersatzmieter
3903
Nach § 3 ZPO ist der Streitwert festzusetzen, wenn die Frage streitig ist, ob der Kläger berechtigt ist, aus einem bestehenden Mietverhältnis auszuscheiden und einen Dritten als Mieter an seine Stelle treten zu lassen. In diesem Fall ist der Dritte am Mietverhältnis noch nicht – auch nicht mittelbar – beteiligt.4 • Feststellung
3904
Bei Feststellungsklagen, die den Bestand oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses zum Gegenstand haben, bemisst sich der Streitwert gem. § 41 Abs. 1 GKG nach dem Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Mietzinses, wenn der einjährige Zins geringer ist, nach diesem.
3905
So beispielsweise für ein auf Feststellung gerichtetes Klagebegehren, dass ein Mietverhältnis infolge fristloser Kündigung seit einem bestimmten Tag nicht mehr besteht. Das gilt auch dann, wenn feststeht, dass es inzwischen auch ohne diese Kündigung an einem späteren Tage beendet gewesen wäre.5
1 OLG Celle, Beschl. v. 23.2.2010 – 13W 17/10; OLG Hamburg, Beschl. v. 17.1.2008 – 14 W 3/08, ZMR 2008, 891; OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2005 – 5 W 161/05, ZMR 2006, 208; OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.10.2009 – 5 W 54/09, MDR 2009, 1407; OLG Schleswig, Beschl. v. 2.2.2009 – 14 W 6/09, NJW-RR 2010, 14; LG Hamburg, Beschl. v. 16.4.2004 – 309 T 39/04, ZMR 2004, 586; LG Koblenz, Beschl. v. 10.11.2006 – 14 T 7/06, n.v.: bei einstw. Verfügung 1/2 Jahresvorauszahlungsbetrag; AG Hamburg-Bergedorf, Beschl. v. 30.12.2003 – 409 C 550/03, ZMR 2004, 273; AG Neuruppin, Beschl. v. 28.7.2005 – 42 C 109/05, WuM 2005, 596. 2 Zutr. LG Hamburg, Beschl. v. 16.4.2004 – 309 T 39/04, ZMR 2004, 586; LG Koblenz, Beschl. v. 10.1.2006 – 14 T 7/06, n.v.; AG Hamburg-Bergedorf, Beschl. v. 30.12.2003 – 409 C 550/03, ZMR 2004, 273; AG Neuruppin, Beschl. v. 28.7.2005 – 42 C 109/05, WuM 2005, 596; a.A. AG Königstein, Beschl. v. 25.4.2003 – 21 C 261/03, NZM 2003, 616 = NJW-RR 2003, 949: Verkehrswert der Messeinrichtung; AG Nürnberg, Urt. v. 22.2.2001 – 20 C 567/01, NZM 2002, 144. 3 BGH, Beschl. v. 16.2.2012 – V ZB 271/11, NJW-RR 2012, 1041; OLG Celle, Beschl. v. 26.3.2014 – 4 U 6/14, RVG prof. 2014, 164; LG Bochum, Beschl. v. 10.10.2011 – 11 S 113/11. 4 OLG Hamburg, OLGE 37, 82. 5 BGH, MDR 58, 601; OLG Frankfurt, MDR 67, 313; LG Würzburg, JurBüro 1977, 705.
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Mietstreitigkeiten Ebenfalls nach § 41 Abs. 1 GKG und nicht nach § 3 ZPO richtet sich der Wert einer Klage auf Feststellung, ob bei einem Miet- oder Pachtverhältnis ein einzelner Kündigungsakt wirksam ist.1
3906
Da nach § 41 Abs. 1 GKG der Gebührenstreitwert für sämtliche Streitigkeiten über den Bestand oder die Dauer pauschaliert bemessen wird, ist bei entsprechenden positiven Feststellungsklagen entgegen der sonstigen Wertung kein Abschlag von dem sich ergebenden Wert zu machen.2
3907
Gemäß § 9 ZPO ist zu bewerten, beim Gebührenstreitwert über § 48 Abs. 1 GKG, wenn bei einem Mietverhältnis von unbestimmter Dauer auf Feststellung geklagt wird, dass der Mieter (keine) Miete schuldet.3
3908
Richtet sich das Feststellungsbegehren auf die (fehlende) Berechtigung zur Mietminderung ist gem. § 3 ZPO zu schätzen, wobei – ebenso wie im Fall der Klage auf Zahlung zukünftigen Mietzinses4 – der Streitwert (und die Beschwer) wegen § 9 ZPO auf den 42-fachen Minderungsbetrag begrenzt ist, wenn dieser niedriger ist.5 Der übliche Feststellungsabschlag von 20 % ist nur bei der Feststellungsklage des Vermieters geboten, da die Feststellung der Minderungsberechtigung der negativen Feststellungsklage gleichsteht.
3909
Für die Klage auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung einer erhöhten Miete bei einem Mietvertrag von unbestimmter Dauer gilt jetzt § 41 Abs. 5 GKG.6 Der Wert bestimmt sich nach dem Jahresbetrag des Erhöhungsbetrages.
3910
Auch sind die Werte von Feststellungsklage und daneben erhobener Klage auf Zahlung bereits rückständiger Miete zu addieren, wenn die Feststellung erst den an die Zahlung anschließenden Zeitraum erfasst, § 5 ZPO.7
3911
• Hausordnung Begehrt der klagende Mieter eine Änderung der Müllcontainerordnung, weil ihn das Herausstellen der Müllcontainer bereits am Vorabend der Leerung stört, sind nach LG Köln8 Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert nach dem Jahresbetrag einer möglichen Minderung zu beziffern.
3912
• Hausteil Wird die Räumung eines Hausteiles verlangt, ohne dass ein Miet- oder ähnliches Rechtsverhältnis besteht, dann bietet der Wert der ganzen Sache einen Anhalt für die Bemessung des Wertes eines Hausteiles.9 Hierbei kann der Wert eines Sachteiles jedoch nicht schlechthin nach dessen Verhältnis zum Ganzen errechnet werden, vielmehr ist er regelmäßig geringer.10 1 OLG Celle, MDR 1958, 167. 2 BGH, Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NJW-RR 2006, 16; Beschl. v. 13.5.1958 – VIII ZR 16/58, JurBüro 1958, 295; OLG Bamberg, Beschl. v. 13.7.1984 – 5 W 59/84, JurBüro 1985, 1359; KG, Rpfleger 1962, 118; OLG Hamburg, Rpfleger 1958, 36; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.7.1987 – 10 W 78/87, JurBüro 1988, 227. 3 BGH, Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NZM 2005, 944; Beschl. v. 20.4.2005 – XII ZR 248/04, MDR 2005, 1101: § 9 ZPO; ebenso OLG Zweibrücken, KostRsp. GKG a.F. § 12 Nr. 22; abweichend OLG Neustadt, Rpfleger 1963, 34: Schätzung nach § 3 ZPO. 4 BGH, Beschl. v. 20.4.2005 – XII ZR 248/05, MDR 2005, 1101. 5 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, MDR 2004, 1437. 6 Vgl. OLG Celle, JurBüro 1967, 598. 7 LG Hamburg, Beschl. v. 11.9.1995 – 311 O 183/95, WuM 1996, 287. 8 LG Köln, Beschl. v. 31.5.1990 – 1 S 46/90, WuM 1990, 394. 9 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 12; Hillach/Rohs, § 30 III, S. 144. 10 OLG Schleswig, SchlHA 1967, 184.
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Mietstreitigkeiten • Heizkosten 3914
Siehe unter „Nebenkosten“. • Hilfsantrag
3915
Wird neben dem Antrag auf Feststellung des Bestehens eines Mietvertrages hilfsweise die Verurteilung zum Abschluss eines Mietvertrages mit gleichem Inhalt beantragt, so ist für die Streitwertbemessung der höhere Wert des Hilfsantrages maßgebend, wenn über ihn entschieden wird, § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Hierbei ist der vorbezeichnete Hilfsantrag gem. § 3 ZPO nach dem klägerischen Interesse zu bewerten. Dieses entspricht jedoch nicht der Summe aller Mietzinsen, die während der Dauer der ganzen Vertragszeit anfallen würden.1 Zu den Einzelheiten der Bewertung s. unter dem Stichwort „Vertragsabschluss“. • Instandsetzung (Mängelbeseitigung)
3916
Der Gebührenstreitwert für Ansprüche des Wohnraummieters auf Vornahme von Instandhaltungsmaßnahmen bestimmt sich nach der Neufassung von § 41 Abs. 5 GKG nach dem Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung, soweit das Mietverhältnis nicht vor dem Ablauf eines Jahres endet2 – s. zu den Einzelheiten oben Rn. 3803. Wird neben Mängelbeseitigung auf Mietminderung geklagt, dann findet eine Zusammenrechnung der Einzelwerte nur statt, wenn unterschiedliche Zeiträume betroffen sind. Anderenfalls betreffen beide Ansprüche wirtschaftlich betrachtet denselben Gegenstand, nämlich das Interesse an einer mangelfreien Gebrauchsgewährung.3
3917
Fraglich ist, ob sich der Jahresbetrag immer nach dem 12-fachen des monatlich angemessenen Minderungsbetrages bemisst. Dies wurde schon nach altem Recht für Mängel verneint, die sich ihrer Natur nach nur auf bestimmte Monate eines Jahres auswirken, beispielsweise bei Mängeln der Heizungsversorgung. So wurde bei Klagen auf Behebung von Beheizungsmängeln für die Ermittlung des Jahresbetrages auf die (siebenmonatige) Dauer der Heizperiode abgestellt.4
3918
Dem ist nicht zuzustimmen, da die Bewertung nach der Höhe des jeweiligen Jahresbetrages der pauschalierten Erfassung von Mieterhöhungs-, Instandsetzungsoder zustandsbezogenen Duldungsansprüchen dient. Sie beruht, wie schon die Miterfassung der Mieterhöhungsansprüche zeigt, nicht auf der Annahme, dass mit dem Jahresbetrag die vermögensrechtliche Relevanz der Ansprüche realitätsnah abgebildet wird. Daher kommt es nicht darauf an, ob der zugrunde liegende Mangel zu einer Beeinträchtigung über einen Zeitraum von 12 Monaten geeignet ist.
3918a
Die Klage eines Mieters auf Zahlung eines Vorschusses zur Mängelbeseitigung richtet sich demgegenüber gemäß § 3 ZPO (§ 48 GKG) nach dem geltend gemachten Betrag. Für eine (analoge) Anwendung von § 41 Abs. 5 GKG ist kein Raum.5 1 OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 685: 3-facher Betrag der Jahresmiete; Meyer, § 41 Rn. 22. 2 So schon zum alten Recht: OLG Hamm, Beschl. v. 15.8.2000 – 7 W 9/00, OLGR 2001, 37; OLG Schleswig, Beschl. v. 28.3.2003 – 4 W 8/02, AGS 2003, 408; LG Hamburg, Beschl. v. 9.10.1991 – 311 T 128/91, JurBüro 1994, 116; LG Göritz, Beschl. v. 25.3.1994 – 2 T 34/94, WuM 1994, 380 – einstweilige Verfügung. 3 Ungenau daher AG München, Urt. v. 2.6.2014 – 282 C 4912/14, WuM 2014, 437. 4 OLG Schleswig, Beschl. v. 28.3.2003 – 4 W 8/02, AGS 2003, 408; LG Berlin, Beschl. v. 4.6.1993 – 64 T 69/93, GE 1993, 861; Beschl. v. 5.2.1999 – 63 S 280/98, Grundeigentum 1999, 717: bei fehlender Beschattung des Mietobjekts nur Sommermonate. 5 LG Berlin, Urt. v. 14.8.2012 – 63 T 121/12, AGS 2013, 582; a.A. noch LG Berlin, Beschl. v. 18.11.2011 – 63 T 157/11, NJW 2012, 693.
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Mietstreitigkeiten Daher richtet sich auch der Wert eines diesen Anspruch vorbereitenden selbständigen Beweisverfahrens nach den Kosten der Mängebeseititung und nicht nach dem Jahresbetrag einer angemessenen Minderung.1 • Inventar Für den Anspruch des Verpächters, der Pächter habe die Entfernung von Inventar zu unterlassen, ist das Interesse des Verpächters am Verbleiben der Inventarstücke auf dem Pachtgrundstück maßgebend. Für eine Bewertung nach § 6 ZPO ist kein Raum, weil der Streit nicht um den Besitz oder das Eigentum, sondern nur um den Verbleib der Sachen geht. Es muss deshalb nach §§ 3 ff. ZPO geschätzt werden, wobei von dem Schaden auszugehen ist, der dem Verpächter droht, wenn das Inventar entfernt wird.
3919
• Jagdpachtvertrag Bei der Entgeltberechnung ist eine etwaig vereinbarte Waldwildschadenspauschale zu berücksichtigen, da es sich dabei um eine vertraglich geschuldete Gegenleistung handelt.2
3920
Streiten die Parteien über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung, bestimmt sich der Gebührenstreitwert nach § 41 GKG, so dass der Betrag des einjährigen Entgelts maßgebend ist. § 8 ZPO gelangt nur für den Zuständigkeitsstreitwert und die Beschwer zur Anwendung.3
3921
• Kaufanwartschaft Der Wert eines Streites darüber, ob aufgrund der Bestimmungen eines Kaufanwartschafts- und Bewerbervertrages die Beklagten zur Räumung des Grundstückes verpflichtet sind, ist unter Berücksichtigung des in § 41 Abs. 2 Satz 1 GKG enthaltenen und weit auszulegenden sozialen Grundgedankens nach dieser Vorschrift zu bemessen. Daher ist der einjährige Nutzungsbetrag maßgebend und § 6 ZPO unanwendbar.4
3922
• Kaution Siehe unter „Mietsicherheit“.
3923
• Kellerräumlichkeiten (Nebenräume) Streiten die Parteien über die Einbeziehung von Kellerräumlichkeiten in den Wohnungsmietvertrag, beläuft sich der Streitwert nach dem Nutzwert des Raumes.5 Dies gilt auch für das auf Nebenräume beschränkte Räumungsverlangen nach entsprechender Teilkündigung. Hier ist der (flächenmäßig zu bestimmende) Mietzinsanteil im Verhältnis zum Gesamtmietzins zugrunde zu legen.6 1 LG Stade, Beschl. v. 6.7.2012 – 7 T 116/12, AGS 2014, 74. 2 BGH, Beschl. v. 17.11.1961 – V ZR 15/61, MDR 1962, 293; OLG Koblenz, Beschl. v. 10.2.2005 – 10 W 398/04, Jagdrechtliche Entscheidungen III Nr. 172. 3 OLG Koblenz, Beschl. v. 10.2.2005 – 10 W 398/04, Jagdrechtliche Entscheidungen III Nr. 172. 4 OLG Köln, MDR 1974, 323; JurBüro 1978, 1054; OLG Saarbrücken, KostRsp. GKG a.F. § 12 Nr. 64; LG Braunschweig, BlGBW 1968, 34. 5 LG Hamburg, Beschl. v. 24.2.1993 – 307 S 7/93, WuM 1993, 416 – Beschwer. 6 LG Hamburg, Beschl. v. 3.4.1991 – 311 S 22/91, WuM 1992, 145; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 12.
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Mietstreitigkeiten
ZPO
In gleicher Weise ist zur Bestimmung des Umfangs der Mietminderung zu verfahren, wenn dem Mieter die (vertraglich geschuldete) Mitbenutzung des Fahrradkellers entzogen wird.1 • Kleingarten 3925
Auf Verträge, die (in der DDR) zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung geschlossen worden sind, finden gem. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG bzw. § 4 Abs. 1 BKleingG die Bestimmungen des BGB über die Miete oder Pacht bzw. der Pacht Anwendung, soweit das Schuldrechtsanpassungsgesetz nicht etwas Abweichendes bestimmt. Ist der Bestand oder die Dauer des Nutzungsvertrages streitig, richtet sich der Zuständigkeitsstreitwert und die Beschwer nach § 8 ZPO. Beruft sich der Nutzungsberechtigte darauf, dass der Vertrag auf Lebenszeit geschlossen worden sei, gelangt (für die Bestimmung der streitigen Zeit) § 9 ZPO zur Anwendung.2 Steht allein die rechtliche Einordnung eines zwischen den Parteien unstreitigen Pachtverhältnisses im Streit, kann dessen Wert den eines Streits über den Bestand des Nutzungsverhältnisses nicht übersteigen.3 • Konkurrentenschutz
3926
Klagt der Mieter gegen den Vermieter auf Unterlassung, anderweitig noch vorhandene Räumlichkeiten an einen Konkurrenten zu vermieten, bemisst sich der Streitwert gem. § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO nach dem bei Verletzung einer Konkurrentenschutzklausel drohenden voraussichtlich entgehenden Gewinn. Der maßgebliche Zeitraum bestimmt sich bei befristeten Mietverhältnissen nach der noch bevorstehenden Vertragsdauer und bei einer Befristung nach dem für den Vermieter nächstmöglichen Kündigungstermin, in beiden Fällen begrenzt auf das 3,5-fache des Jahresmietbetrages (arg. § 9 ZPO). Für eine zusätzliche Berücksichtigung eines an der Mangelhaftigkeit der Mietsache (fehlende Konkurrenzfreiheit) orientiertes Minderungs- oder Schadens-ersatzinteresse besteht schon unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Identität kein Raum.4 • Kündigung
3927
Kündigungen sind häufig Gegenstand von Feststellungsanträgen (§ 256 ZPO). Hier ist schon fraglich, ob bereits die Wirksamkeit einer Gestaltungserklärung ein Rechtsverhältnis i.S.v. § 256 ZPO darstellt oder sich das Feststellungsbegehren vielmehr positiv oder negativ zur Gestaltungswirkung einer derartigen Erklärung verhalten muss. Nach Ansicht des BGH kommt nicht die Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung, sondern – ggf. nach Umdeutung eines darauf gerichteten Klageantrages – nur die Feststellung auf Fortbestand des Mietverhältnisses in Betracht.5 Zur Bewertung dahingehender Feststellungsklagen s. unter „Feststellung“ und allgemein unter dem Stichwort „Feststellungsklage“.
1 AG Menden, Urt. v. 7.3.2007 – 4 C 407/06, WuM 2007, 190: hier 2,5 %. 2 BGH, Beschl. v. 17.12.2009 – III ZR 66/09, MDR 2010, 355; Beschl. v. 2.10.2007 – III ZB 47/07, WuM 2007, 639; Beschl. v. 16.2.2005 – XII ZR 46/03, WuM 2005, 350; Beschl. v. 30.1.1997 – III ZR 206/96, BGHR ZPO § 8 Räumungsklage Nr. 8. 3 BGH, Beschl. v. 17.12.2009 – III ZR 66/09, MDR 2010, 355. 4 BGH, Beschl. v. 9.8.2006 – XII ZR 165/05, AGS 2006, 559; KG, Rpfleger 1962, 154; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.3.1993 – 10 W 36/93, JurBüro 1994, 243; a.A. zur ergänzenden Berücksichtigung der Mietminderung und des Schadensersatzes aufgrund der Konkurrenz: OLG Düsseldorf, Beschl. 18.7.2005 – 24 W 33/05, ZMR 2006, 275. 5 BGH, Urt. v. 29.9.1999 – XII ZR 313/98, MDR 2000, 79; Zöller/Greger, § 256 ZPO Rn. 3.
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Mietstreitigkeiten Der Gegenstandswert einer auf Abgabe der Kündigungserklärung eines Mietverhältnisses gerichteten anwaltlichen Tätigkeit ist nach dem Wert der Räumungsklage, mithin nach § 41 Abs. 2 GKG zu bemessen, da beide auf den Rückerhalt der Mietsache gerichtet sind (und damit den gleichen Gegenstand betreffen).1
3928
Bei der Wertberechnung derartiger Fälle bleibt aber zu beachten, dass der Streit über die Unwirksamkeit einer fristlosen Kündigung nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Parteien zugleich über die Wirksamkeit der damit regelmäßig zugleich erklärten ordentlichen Kündigung streiten. Diesem Umstand ist in der im Einzelfall notwendigen Bestimmung der „streitigen Zeit“ Rechnung zu tragen. Deshalb ist in einem solchen Fall lediglich der Differenzbetrag zwischen diesen Kündigungszeiträumen anzusetzen, sofern er unterhalb der Jahresfrist des § 41 Abs. 1 GKG liegt (s. oben Rn. 3707, 3766).
3929
Stützt der Vermieter seine Räumungsklage auf mehrere Kündigungen, bleibt in der Regel der Jahresbetrag (§ 41 Abs. 2 Satz 1 GKG) wertbestimmend. Zwar handelt es sich, wenn den Kündigungserklärungen im Wesentlichen verschiedene Sachverhalte zugrunde liegen, um eine objektive Klagehäufung.2 Da beide Streitgegenstände jedoch auf den Rückerhalt derselben Mietsache gerichtet sind, steht einer Wertaddition die wirtschaftliche Identität der prozessualen Ansprüche entgegen.3 Das schließt es jedoch nicht aus, für eine gerechte Kostengrundentscheidung einen sog. fiktiven Streitwert zu bilden und die Kosten nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens nach diesem Streitwert zu verteilen. So etwa, wenn dem Mieter zunächst wegen einer (in der Beweisaufnahme nicht nachweisbaren) schwerwiegenden Störung des Hausfriedens und nachfolgend wegen erheblichen Mietzinsrückstandes gekündigt worden ist.
3930
Ist die Wirksamkeit einer Kündigung nur als Vorfrage für die Entscheidung eines Räumungsbegehrens von Bedeutung, bestimmt sich der Streitwert gem. § 41 Abs. 2 Satz 1 GKG nach dem Jahresentgelt, wenn nicht die „streitige Zeit“ geringer ist.
3931
Fehlt es demgegenüber an einem Streit der Parteien über die Wirksamkeit der Kündigung, unabhängig davon, ob sie ordentlich oder außerordentlich erklärt worden ist, räumt der Beklagte aber dennoch nicht, dann ist gem. § 41 Abs. 2 Satz 1 GKG der Jahresbetrag anzusetzen. Denn für das Räumungsverlangen ist der Jahresbetrag auch dann maßgebend, wenn über die Beendigung des Nutzungsverhältnisses selbst kein Streit besteht.
3932
Klagt ein Mitmieter gegen einen anderen auf Zustimmung zur gemeinsamen Kündigung des Mietverhältnisses, bestimmt sich der Streitwert der auf Abgabe einer Willenserklärung gerichteten Klage nach § 3 ZPO. Maßgebend ist das klägerische Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses. Ist es auf den alleinigen Erhalt der Wohnung gerichtet, dürfte eine Jahresmiete anzusetzen sein.4
3933
• Kündigungsmöglichkeit Bei einer Klage auf Feststellung, ob der bei einem Vertrag von unbestimmter Dauer vereinbarte Kündigungsverzicht wirksam ist oder ein Mietvertrag von be1 Zutr. BGH, Urt. v. 14.3.2007 – VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050; Peter, NJW 2007, 2298 (2301). 2 OLG Brandenburg, Urt. v. 24.2.2010 – 3 U 112/09; vgl. auch BGH, Beschl. v. 23.7.1993 – VIII ZB 22/93, NJW-RR 1994, 61: Klageänderung bei Wechsel von einer Kündigung zur anderen. 3 KG, Beschl. v. 12.1.2012 – 8 W 31/11, MDR 2012, 455; insoweit zutr. OLG Brandenburg, Urt. v. 10.10.2007 – 3 U 64/07, ZMR 2008, 361; OLG München, Beschl. v. 9.7.2001 – 5 W 1857/01, NZM 2001, 749; OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.3.2011 – 5 U 137/10, JurBüro 2012, 303. 4 KG, Beschl. v. 30.3.1992 – 2 W 1331/92, WuM 1992, 323.
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Mietstreitigkeiten
ZPO
stimmter Dauer bereits vor seinem Ablauf ordentlich gekündigt werden kann, ist § 41 Abs. 1 GKG und nicht § 3 ZPO einschlägig.1 In beiden Fällen steht zwar der Bestand des Mietvertrages außer Streit, nicht jedoch seine zeitliche Bindungswirkung, mithin die Dauer des Mietverhältnisses.2 Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass die Kündigung bereits ausgesprochen worden ist, da dies auf den materiell-rechtlichen Kern des Streits keinen Einfluss hat. Angesichts der sozialen Schutzfunktion des § 41 GKG ist auch nicht erkennbar, warum es wertmäßig einen Unterschied machen soll, ob der Mieter eine drohende Kündigung erst abwartet oder bereits vorab eine gerichtliche Klärung sucht. Daher müsste selbst bei Anwendung des § 3 ZPO die Wertvorgabe des § 41 Abs. 1 GKG mittelbar berücksichtigt werden.3 • Künftige Mietzahlung 3935
Ist die Klage auf Zahlung von Miet- oder Pachtzins gerichtet, bestimmen sich Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert, im letztgenannten Fall über § 48 Abs. 1 GKG, gem. § 6 ZPO nach dem bezifferten Klagebetrag, unabhängig davon, ob es sich hierbei um rückständiges oder künftiges Nutzungsentgelt handelt,4 und nicht nach § 8 ZPO, § 41 GKG. Dies gilt auch dann, wenn (allein) der Bestand des den Zahlungsanspruch begründenden Mietverhältnisses im Streit steht.5
3936
Nach § 9 ZPO (für den Gebührenstreitwert über § 48 Abs. 1 GKG) ist zu bewerten, wenn die Zahlungsklage auf einem Streit über die Berechtigung zur Mietminderung oder Mieterhöhung beruht. Für eine Beschränkung des Streitwerts auf den Jahresbetrag gem. § 41 Abs. 5 GKG ist bereits nach dessen Wortlaut kein Raum.6 Denn der Anspruch „auf“ (Zustimmung zur) Erhöhung der Miete ist mit dem Anspruch „aus“ der Mieterhöhung nicht identisch. § 41 Abs. 5 GKG privilegiert gebührenrechtlich allein den Streit um die Mieterhöhung und nicht über die sich daraus ergebenden wiederkehrenden Verpflichtungen.
3937
Angesichts der bei § 259 ZPO erforderlichen Bezifferung der Einzelleistung, d.h. der monatlichen Bruttomiete, ist eine Unterscheidung zwischen Nettogrundentgelt und Nebenkosten (§ 41 Abs. 1 Satz 2 GKG) entbehrlich. Die Nebenkosten stellen auch keine Kosten i.S.v. § 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG dar, mit denen nur Aufwendungen anlässlich der Geltendmachung der Hauptforderungen gemeint sind.
1 OLG Köln, Beschl. v. 20.12.1984 – 8 W 15/84, KostRsp. GKG § 16 Nr. 36 mit zust. Anm. E. Schneider; a.A. OLG Frankfurt, MDR 1967, 313; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 88. 2 Ebenso für den Streit über eine Verlängerungsoption: OLG Hamburg, Beschl. v. 15.12.1993 – 4 W 63/93, WuM 1994, 553. 3 Vgl. E. Schneider, Anm. zu KostRsp. GKG § 16 Nr. 36. 4 BGH, Beschl. v. 11.8.2004 – XII ZR 101/01, NZM 2004, 824; Beschl. v. 16.1.1985 – VIII ZR 112/84, KostRsp. GKG § 16 Nr. 39 mit Anm. Schneider; OLG Bamberg, Beschl. v. 19.11.1984 – 3 W 100/84, JurBüro 1985, 589; OLG Neustadt, Rpfleger 1963, 34; OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.2.1997 – 3 W 3/97, WuM 1997, 278. 5 BGH, Beschl. v. 19.6.2002 – XII ZR 5/02, NZM 2002, 736; OLG München, Beschl. v. 3.3.1997 – 15 W 2857/96, OLGR 1997, 107; Zöller/Herget, § 8 Rn. 4; a.A. KG, Beschl. v. 1.7.2009 – 8 W 59/09, MDR 2009, 315 – künftige Nutzungsentschädigung analog § 41 Abs. 5 GKG; ähnlich LG Berlin, Beschl. v. 7.8.2009 – 63 T 138/09, Grundeigentum 2009, 1317 – Bewertung nach § 3 ZPO, jedoch in „einfach gelagerten Fällen“ Begrenzung auf Jahresbetrag. 6 LG Berlin, Beschl. v. 1.10.2002 – 65 T 73/02, AGS 2003, 463; a.A. LG Köln, Beschl. v. 19.1.1999 – 1 T 496/98, JurBüro 1999, 305 = AGS 1999, 74; Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 37 unter Verweis auf den sozialen Regelungszweck des § 41 GKG.
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Mietstreitigkeiten Wird ohne Bezifferung des Gesamtbetrages auf Zahlung künftiger Miete oder Pacht geklagt, sind § 8 ZPO und § 41 GKG nicht anwendbar. Vielmehr ist zu unterscheiden: – Handelt es sich um ein Nutzungsverhältnis von bestimmter Dauer, ist der Wert (über § 48 Abs. 1 GKG) nach § 9 ZPO auf den 3,5-fachen Jahresbetrag und nach der Höhe der insgesamt noch fällig werdenden Miet- oder Pachtzahlungen begrenzt, wenn dieser Betrag niedriger ist. Hinzuzurechnen sind immer die bei Klageerhebung bereits aufgelaufenen Rückstände.1 – Ist die Dauer des Nutzungsverhältnisses unbestimmt, bemisst sich der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert (zumindest seit Neufassung in 1993) nach § 9 ZPO auf den 3,5-fachen Jahresbetrag zzgl. bei Klageerhebung bereits aufgelaufener Rückstände.2 – Ist die Zahlungsverpflichtung hingegen unstreitig und geht es dem Kläger wirtschaftlich allein darum, drohenden Zinsverlusten durch zögerliche Zahlungen vorzubeugen und der lästigen Überweisungskontrolle enthoben zu werden, dann ist eine geringere Bewertung vertretbar.3
3938
• Künftige Nutzungsentschädigung Klagt der Vermieter nach unstreitiger Kündigung des Mietverhältnisses auf Zahlung von Nutzungsentschädigung bis zur Herausgabe, bemisst sich der Gebührenstreitwert nach § 3 ZPO.4 Für eine Anwendung von § 9 ZPO fehlt es aufgrund des beendeten Mietverhältnisses an einem Stammrecht. Für die Berechnung der Nutzungsentschädigung ist nicht nur die übliche, damit in der Regel die ursprünglich vereinbarte Netto-Kaltmiete zugrunde zu legen, sondern auch die Nebenkosten.5
3939
In einfach gelagerten Fällen kann der zu erwartende Zeitraum zwischen klageweiser Geltendmachung der Nutzungsentschädigung und voraussichtlicher Räumung auf 12 Monate geschätzt werden.6 Eine vorzeitige Räumung hat auf den Streitwert keinen Einfluss, § 4 ZPO.7
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1 BGH, Beschl. v. 20.4.2005 – XII ZR 248/04, NJW-RR 2005, 938; OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.2.1997 – 13 W 3/97, WuM 1997, 278. 2 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, MDR 2004, 1437; a.A. Vorauflage: nur bei Verträgen auf Lebenszeit; LG Hamburg, Beschl. v. 4.8.1975 – 11 T 17/75, ZMR 1977, 63: Schätzung nach § 3 ZPO. 3 AG Kerpen, Urt. v. 5.4.1991 – 22 C 32/91, KostRsp. GKG § 16 Nr. 73 mit Anm. E. Schneider = WuM 1991, 439 mit Anm. N. Schneider: 1/5 des Jahresmietzinses. 4 OLG Celle, Beschl. v. 17.2.2014 – 2 W 32/14, MDR 2014, 568: OLG Dresden, Beschl. v. 2.8.2012 – 5 W 745/12, NJW-RR 2012, 1214; KG, Beschl. v. 17.1.2011 – 5 U 158/10, MDR 2011, 513; Beschl. v. 22.12.2005 – 12 W 46/05, MDR 2006, 958; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.2.2004 – 2 W 3/04, OLGR 2004, 201; OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.1.2011 – 5 U 158/10, MDR 2011, 513; LG Itzehoe, Beschl. v. 27.5.2011 – 1 T 50/11, MDR 2011, 1015; a.A. für Nutzungsentschädigung aufgrund Nießbrauch: OLG Hamm, Beschl. v. 13.2.2008 – 33 W 18/07, AGS 2008, 358: § 9 ZPO. 5 OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.1.2011 – 5 U 158/10, MDR 2011, 513; LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 20.1.2013 – 1 T 22/13, AGS 2013, 142. 6 OLG Celle, Beschl. v. 17.2.2014 – 2 W 32/14, MDR 2014, 568: Nutzungsentschädigung; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.5.2011 – 10 W 79/10, AGS 2012, 144; KG, Beschl. v. 19.9.2011 – 8 W 57/11, Grundeigentum 2011, 1616; Beschl. v. 22.12.2005 – 12 W 46/05, MDR 2006, 958; OLG Stuttgart, MDR 2011, 513; OLG Bamberg, JurBüro 1981, 1047; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.2.2004 – 2 W 3/04, OLGR 2004, 201; a.A. LG Berlin, Beschl. v. 24.1.2005 – 62 T 12/05, Grundeigentum 2005, 237; KG, Beschl. v. 22.5.2000 – 20 W 3878/00, KGR 2000, 234 – jeweils Halbjahresbetrag; OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19.5.2011 – 1 W 14/11, MietRB 2012, 71: 3 Monate. 7 KG, Beschl. v. 19.9.2011 – 8 W 57/11, Grundeigentum 2011, 1616; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.5.2011 – 10 W 79/10, AGS 2012, 144.
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Mietstreitigkeiten
ZPO
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Ebenso ist nach § 3 ZPO zu bewerten, wenn entgangener Gewinn als Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend gemacht wird. Auch hier fehlt es für § 9 ZPO an einem Stammrecht, das auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen gerichtet ist. Vielmehr handelt es sich um einen Anspruch auf Ersatz eines bereits eingetretenen Schadens, dessen Höhe lediglich noch nicht feststeht.1 • Mängelbeseitigung
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Siehe unter „Instandsetzung“. • Medien (Rundfunk, Fernsehen, Telefon)
3943
Siehe unter „Duldung“ und „Parabolantenne“. • Mietausfall
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Klagt der Vermieter auf Ersatz künftigen Mietausfalls, bestimmt sich der Wert gem. § 3 ZPO nach der Höhe des nach der Vertragslaufzeit entgangenen Gewinns. Einer Bewertung nach § 41 Abs. 1 GKG analog steht entgegen, dass der Bestand des Mietverhältnisses, etwa weil sich der Beklagte auf eine Kündigung beruft, nicht Gegenstand des prozessualen Anspruchs ist. Für eine Anwendung von § 9 ZPO fehlt es an der Geltendmachung eines Rechts, das auf wiederkehrende Leistungen gerichtet ist, denn mit der Klage beansprucht der Kläger Ersatz eines bereits eingetretenen Schadens, dessen Höhe lediglich noch nicht feststeht.2 • Miete
3945
Ist die Klage auf Zahlung rückständiger Miete gerichtet, bestimmen sich Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert (über § 48 Abs. 1 GKG), gem. § 6 Satz 1 ZPO nach dem bezifferten Klagebetrag3 und nicht nach § 8 ZPO, § 41 GKG. Dies gilt auch dann, wenn (allein) der Bestand des den Zahlungsanspruch begründenden Mietverhältnisses im Streit steht.4
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Den Wert einer Klage des Mieters auf Auskunft über die Zusammensetzung einer Kostenmiete nach § 29 NMVO hat das AG Köln gem. § 3 ZPO auf 500 Euro beziffert.5
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Klagt der Mieter auf Feststellung der Mietpreisüberhöhung, handelt es sich um eine negative Feststellungsklage, da über den Bestand des Anspruchs auf künftige Mietzahlung entschieden wird. Der Streitwert entspricht daher dem Wert des Zahlungsanspruchs und bemisst sich gem. § 9 ZPO auf den 3,5-fachen Jahresbetrag der streitigen Mietdifferenz, wenn nicht aufgrund der bestimmten Dauer des Nutzungsverhältnisses der Gesamtbetrag der künftigen Differenzbezüge niedriger ist.6
1 BGH, Beschl. v. 11.8.2004 – XII ZR 101/01, NZM 2004, 824. 2 BGH, Beschl. v. 11.8.2004 – XII ZR 101/01, NZM 2004, 824. 3 BGH, Beschl. v. 16.1.1985 – VIII ZR 112/84, KostRsp. GKG § 16 Nr. 39 mit Anm. Schneider; OLG Bamberg, Beschl. v. 19.11.1984 – 3 W 100/84, JurBüro 1985, 589; OLG Neustadt, Rpfleger 1963, 34; OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.2.1997 – 13 W 3/97, WuM 1997, 278. 4 BGH, Beschl. v. 19.6.2002 – XII ZR 5/02, NZM 2002, 736; OLG München, Beschl. v. 3.3.1997 – 15 W 2857/96, OLGR 1997, 107; Meyer, § 41 Rn. 8; Zöller/Herget, § 8 Rn. 4. 5 AG Köln, Urt. v. 10.5.1979 – 151 C 3027/79, WuM 1981, 283; zust. Hartmann, KostG, Anh. I § 48 GKG (§ 3 ZPO) Rn. 77. 6 BGH, Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NZM 2005, 944.
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Mietstreitigkeiten Das gilt – hinsichtlich Zuständigkeitsstreitwert und Beschwer – in gleicher Weise für eine auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichtete Klage.1 Der Gebührenstreitwert bestimmt sich nach § 41 Abs. 5 GKG.
3947a
Der Streitwert einer Klage auf Festsetzung der ortsüblichen Miete aus einem auf bestimmte Zeit geschlossenen Mietvertrag entspricht dem Unterschiedsbetrag zwischen der geforderten und der nach dem Gestaltungsurteil vom Mieter zu zahlenden Miete, berechnet auf die gesamte restliche Vertragsdauer.2
3948
Bei der negativen Feststellungsklage verbleibt es beim vollen Streitwert nach § 41 Abs. 5 GKG.3 Dies gilt auch, wenn die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Mieterhöhung gerichtet ist. Zu beachten bleibt, dass § 41 Abs. 5 GKG nur die Mieterhöhung für Wohnräume regelt. Für Streitigkeiten über die Mietzinshöhe für Gewerberäume verbleibt es bei der Anwendung von § 9 ZPO.4
3949
Hingegen ist bei positiven Feststellungsklagen betreffend eine (künftig) erhöhte Mietzinsverpflichtung ein Abschlag von 20 % der Erhöhungsdifferenz geboten.5
3950
Geht der Kläger im Laufe eines Rechtsstreits hinsichtlich der bereits fällig gewordenen Mietbeträge von der Feststellungsklage zur Leistungsklage über, so erhöht sich der Streitwert nur um den Differenzbetrag zwischen dem Feststellungswert und dem Leistungswert, also in der Regel um 20 %.6
3951
Ist das Klagebegehren auf Unterlassung gerichtet, die Miete künftig im Lastschriftverfahren einzuziehen, soll sich der Gebührenstreitwert nach Auffassung des LG Berlin7 gem. § 9 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG auf das 3,5-fache Jahresnutzungsentgelt belaufen.
3952
• Mietbürgschaft Siehe unter „Mietsicherheit“.
3953
• Mieterschutzregelung Beruft sich der Beklagte gegenüber Kündigung und Räumungsklage auf Schutzvorschriften, die das Kündigungsrecht beschränken und ein Recht zur Fortsetzung der Nutzung begründen, so dauert die „streitige Zeit“ bis zu dem Zeitpunkt an, den derjenige, der sich auf das Nutzungsrecht beruft, als den für ihn günstigsten Zeitpunkt in Anspruch nimmt.8 Ist die Beendigung des Nutzungsverhältnisses danach ungewiss, bestimmt sich der Wert in entsprechender Anwendung nach § 9 ZPO auf den 42-fachen monatlichen Miet- oder Pachtzins.9
1 LG Mainz, Urt. v. 17.7.2012 – 6 S 31/12, WuM 2012, 507. 2 OLG München, AnwBl. 1960, 205. 3 LG Hamburg, Beschl. v. 7.8.1987 – 7 T 66/87, WuM 1989, 435; nur insoweit zutr. LG Köln, Beschl. v. 19.1.1999 – 1 T 496/98, JurBüro 1999, 305 mit Anm. Enders. 4 OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.10.1995 – 3 W 23/95, NJW-RR 1996, 844. 5 BGH, Beschl. v. 21.5.2003 – VIII ZB 10/03, JurBüro 2004, 207. 6 LG Hildesheim, Nds.Rpfl. 1965, 137. 7 LG Berlin, Beschl. v. 30.10.1995 – 67 T 108/95, GE 1995, 1553. 8 BGH, Urt. v. 1.4.1992 – XII ZR 200/91, MDR 1992, 913. 9 BGH, Beschl. v. 14.4.2004 – XII ZB 224/02, MDR 2004, 931; Beschl. v. 7.11.2002 – LwZR 9/02, BGHR 2003, 757.
Kurpat
747
3954
ZPO
Mietstreitigkeiten • Mietsicherheit (Bürgschaft, Kaution) 3955
Gemäß § 551 BGB kann der Vermieter die Stellung einer Mietsicherheit von höchstens drei Nettogrundmieten beanspruchen, die bei Veräußerung der Mietsache nach § 566a BGB an den Erwerber zu übergeben ist.
3956
Klagt der Mieter auf Auskunft über die (ordnungsgemäße) Anlage der Mietsicherheit, ist gem. § 3 ZPO dessen Interesse an der Sicherung des Kautionsbetrages wertbestimmend. Das AG Neumünster1 hält hier höchstens 1/4 des anzulegenden Betrags für angemessen.
3957
Ebenso ist nach § 3 ZPO für die Wertfestsetzung das Sicherungs- und nicht das Leistungsinteresse maßgebend, bei einer Klage des Mieters auf Auskunft über den Verbleib einer an den vorherigen Vermieter geleisteten Mietsicherheit.2
3958
Auch für eine Klage auf ordnungsgemäße Anlage der Mietsicherheit auf einem vom Vermögen des Vermieters getrennten Konto ist das Interesse des Mieters an der Sicherung des Rückzahlungsanspruchs entscheidend. Soweit das LG Essen3 dieses unabhängig vom Insolvenzrisiko auf den Nominalbetrag beziffert, ist dem nicht zu folgen. Denn das Sicherungsinteresse entspricht nur dann dem Leistungsinteresse, wenn der Forderungsbestand durch einen drohenden Zugriff von Drittgläubigern unmittelbar gefährdet ist. Anderenfalls ist eine Bruchteilsbewertung vorzunehmen, die im Regelfall bei 1/10 der Mietsicherheit liegt.
3959
Klagt der Mieter auf Auszahlung der Mietsicherheit oder Herausgabe des Kautionssparbuchs, ist gem. § 6 Satz 1 ZPO der Kautionsbetrag einschließlich der bis zur Klageeinreichung (§ 4 ZPO, § 42 GKG) aufgelaufenen Zinsen wertbestimmend.4 Da die Kautionszinsen mit ihrem Anfall zugleich die Sicherheit erhöhen (§ 551 Abs. 3 Satz 4 BGB), handelt es sich nicht um Nebenforderungen i.S.v. § 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG.5
3960
Der Streitwert bei Inanspruchnahme aus einer Mietbürgschaft bestimmt sich gem. § 3 ZPO nach dem Leistungsantrag und nicht nach dem Jahresbetrag gem. § 41 Abs. 1 GKG. Eine andere Bewertung lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass die Parteien über den Bestand des Mietverhältnisses und damit die Hauptschuld streiten und hierüber inzidenter mitentschieden wird.6 Denn bei Zahlungsklagen gelangen § 8 ZPO und § 41 Abs. 1 GKG auch dann nicht zur Anwendung, wenn allein der Bestand des Mietverhältnisses streitig ist.7
3961
Begehrt der Mieter im Wege der einstweiligen Verfügung dem Vermieter zu untersagen, eine ihm gestellte Mietbürgschaft in Anspruch zu nehmen, dann bestimmt sich der Streitwert nach Ansicht des LG Bonn8 nach einem Bruchteil des für den Mieter zu erwartenden Zinsschadens. • Mietzins
3962
Siehe unter „Miete“. 1 AG Neumünster, Beschl. v. 9.5.1996 – 8 C 271/96, WuM 1996, 632. 2 AG Pinneberg, Beschl. v. 11.9.1989 – 65 C 185/98, WuM 1999, 337: ohne weitere Begründung 600 Euro. 3 LG Essen, Beschl. v. 18.7.2003 – 10 T 75/03, MDR 2004, 207. 4 LG Hamburg, Beschl. v. 8.1.1997 – 316 T 108/96, NJWE-MietR 1997, 199; LG Köln, Urt. v. 8.6.1994 – 1 S 266/94, WuM 1995, 719. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.2.2014 – 2 W 5/14. 6 So aber OLG Hamburg, OLGE 15, 53; KG, OLGE 13, 71; ohne Begründung auch Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 8 unter „Bürgschaft“. 7 BGH, Beschl. v. 19.6.2002 – XII ZR 5/02, NZM 2002, 736; Meyer, § 41 Rn. 8; Zöller/Herget, § 8 Rn. 4. 8 LG Bonn, Beschl. v. 14.2.2008 – 6 T 27/08, NZM 2008, 317: 1/2 des Hauptsachewerts.
748
Kurpat
Mietstreitigkeiten • Minderung Gemäß § 536 BGB mindert sich der Anspruch des Vermieters auf Zahlung der vereinbarten Miete kraft Gesetzes, wenn die Mietsache mit einem Fehler behaftet ist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder nicht unerheblich beeinträchtigt. Ohne Einfluss auf die Wertfestsetzung bleibt die Erhebung der rechtsvernichtenden Einwendung, wenn sie auf Zahlung des ungeminderten Mietzinses erhoben wird. Denn bei bezifferten Zahlungsklagen bemisst sich der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert gem. § 6 Satz 1 ZPO nur nach dem Klagebetrag.1
3963
Dies gilt auch, wenn gegenüber einer Räumungsklage der Einwand erhoben wird, dass es aufgrund der Minderung an einem zur (außerordentlichen) Kündigung berechtigenden Mietrückstand fehlen würde. Auch hier bestimmt sich der Wert allein nach dem auf Räumung gerichteten Klagebegehren, mithin nach § 8 ZPO, § 41 Abs. 2 GKG.
3964
Klagt der Vermieter auf Feststellung, dass der Mieter zu einer Mietminderung nicht berechtigt ist, ist gem. § 3 ZPO der Gesamtbetrag der streitigen Kürzung wertbestimmend. Da es sich um eine positive Feststellungsklage handelt – die Miete mindert sich gem. § 536 BGB von Gesetzes wegen –, ist der übliche 20 %ige Abschlag vorzunehmen. Für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke und entsprechende Anwendung des § 41 Abs. 5 GKG ist kein Raum.2
3965
Zu beachten ist jedoch, dass der Wert der Feststellungsklage nicht über dem Wert einer auf künftige Leistung (Mietzahlung) gerichteten Klage liegen kann. Daher kann der Streitwert des vorbezeichneten Feststellungsbegehrens wegen § 9 ZPO nicht über dem 3,5-fachen Jahresbetrag der streitigen Mietdifferenz zzgl. vor Klageerhebung aufgelaufener Rückstände liegen.3 Die zum Teil unter entsprechender Anwendung von § 41 GKG befürwortete Beschränkung auf den Jahresbetrag der möglichen Mietminderung4 überzeugt nicht. Da nach zutreffender Ansicht Zahlungsklagen weder von § 41 Abs. 1 GKG noch von § 41 Abs. 5 GKG erfasst werden, besteht auch kein Anlass, Klagen nach deren Maßstab zu bewerten, die auf Feststellung der (fehlenden) Zahlungsverpflichtung gerichtet sind.
3966
Erhebt der Mieter als Kläger oder Widerkläger Klage auf Feststellung, dass er für einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum wegen vorhandener Mängel zur Mietminderung berechtigt ist, ist der für positive Feststellungsklagen übliche 20 %ige Abschlag nicht vorzunehmen. Zwar lautet der Urteilstenor im vorbeschriebenen Fall auf positive Feststellung, in der Sache handelt es sich jedoch um eine Verneinung des dem Vermieter (vertraglich) zustehenden Mietzahlungsanspruchs, mithin um eine negative Feststellungsklage.5
3967
1 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, JurBüro 2004, 377; Beschl. v. 17.5.2000 – XII ZR 314/99, MDR 2000, 975 = NJW 2000, 3142; a.A. seit Neufassung von § 41 Abs. 5 GKG: Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 37. 2 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, MDR 2004, 1437: Schätzung nach § 3 ZPO mit 20 %igem Abschlag und wegen § 9 ZPO begrenzt auf den 42-fachen Mietminderungsbetrag; a.A. KG, Beschl. v. 4.8.2011 – 8 W 48/11, AGS 2011, 558; Beschl. v. 1.7.2009 – 8 W 59/09, MDR 2009, 1135: gem. § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG analog nach dem Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung; OLG Hamburg, Beschl. v. 20.2.2009 – 4 W 12/09, NJOZ 2010, 492; LG München, Beschl. v. 2.11.2011 – 13 T 21286/11. 3 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, JurBüro 2004, 377; Beschl. v. 17.5.2000 – XII ZR 314/99, MDR 2000, 975 – Beschwer; LG Hamburg, Beschl. v. 11.9.1994 – 311 O 183/95, WuM 1996, 287; a.A. LG Hamburg, Beschl. v. 28.2.1989 – 16 T 19/89, WuM 1989, 430: 36-facher Minderungsbetrag – 20 %iger Abschlag. 4 OLG Schleswig, Beschl. v. 28.3.2003 – 4 W 8/02, AGS 2003, 408 = SchlHA 2004, 31. 5 OLG Bamberg, JurBüro 1979, 1866.
Kurpat
749
Mietstreitigkeiten
ZPO
3967a
Wird neben der Feststellung der Berechtigung zur Minderung auf Mängelbeseitigung geklagt, dann findet eine Zusammenrechnung der Einzelwerte nur statt, wenn unterschiedliche Zeiträume betroffen sind. Anderenfalls betreffen beide Ansprüche wirtschaftlich betrachtet denselben Gegenstand, nämlich das Interesse an einer mangelfreien Gebrauchsgewährung.1 • Modernisierung
3968
Bei der Klage aus § 555 d BGB auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen für Wohnraum bestimmen sich der Zuständigkeitsstreitwert und die Beschwer gem. § 3 ZPO nach dem Interesse an der Durchführung der Modernisierung. Dieses ist wertmäßig nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung zu bemessen. Für den Gebührenstreitwert ist nach § 41 Abs. 5 GKG aus sozialen Gründen der Jahresbetrag der möglichen Mieterhöhung maßgeblich. Zu den Einzelheiten s. vorstehend Rn. 3807. • Musterprozess
3969
Für die Beschwer ist das Interesse am konkreten Rechtsstreit entscheidend. Dass der Vermieter einen Musterprozess führen will, ist unbeachtlich.2 • Nebenkosten (Betriebskosten)
3970
Nebenkosten sind alle Leistungen des Mieters, die neben dem Entgelt für die Gebrauchsüberlassung, der Grundmiete, geschuldet werden.3 Da gem. § 535 BGB mit der Miete zugleich alle mit der Gebrauchsgewährung anfallenden Nebenkosten abgegolten sind, bedarf es für deren Umlage auf den Mieter einer gesonderten Vereinbarung. Zu den Nebenkosten zählen neben den Sonder- und Nebenleistungen die Betriebskosten gem. § 556 Abs. 1 BGB.
3971
Klagt der Vermieter auf Feststellung, dass neben der Miete bestimmte Nebenkosten geschuldet werden, bestimmt sich der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert (über § 48 Abs. 1 GKG) nach § 9 ZPO und entspricht daher dem 3,5-fachen Jahresbetrag, wenn nicht aufgrund der bestimmten Dauer des Mietverhältnisses der Gesamtbetrag niedriger ist. Da es sich bei den Vorauszahlungen um abrechnungspflichtige Zahlungen handelt, ist das Interesse nicht immer mit dem Jahresvorauszahlungsbetrag identisch. Dieser mag jedoch einen Anhalt für die tatsächlich zu erwartenden Kosten geben.
3972
Da § 41 Abs. 5 GKG auch Ansprüche auf Erhöhung der Betriebskostenpauschale gem. § 560 BGB erfasst, ist für den Gebührenstreitwert auf den Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Vorauszahlung abzustellen.4 Beim Zuständigkeitsstreitwert verbleibt es bei der Bemessung nach § 9 ZPO, d.h. bei dem 3,5-fachen Jahresbetrag der Differenz.
3973
Der Wert einer Klage auf Abrechnung geleisteter Vorauszahlungen kann, wenn die (wirksame) Umlage der Nebenkosten unstreitig ist, nicht dem Vorauszahlungsbetrag entsprechen, da der Anfall von Nebenkosten (in unbekannter Höhe) nicht infrage steht. Ausgangspunkt der Wertfestsetzung ist gem. § 3 ZPO das klä1 Ungenau daher AG München, Urt. v. 2.6.2014 – 282 C 4912/14, WuM 2014, 437. 2 LG Bonn, Beschl. v. 11.1.1993 – 6 S 416/92, WuM 1993, 468; LG München I, Beschl. v. 5.6.1991 – 20 S 10394/91, WuM 1992, 495; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Bezifferter Klageantrag“ Rn. 3. 3 Palandt/Weidenkaff, § 535 Rn. 87. 4 LG Bonn, Beschl. v. 14.2.1989 – 6 T 14/89, WuM 1989, 435; LG Hamburg, Beschl. v. 7.8.1987 – 7 T 66/87, WuM 1989, 435.
750 Kurpat
Mietstreitigkeiten gerische Interesse an der Rückzahlung eines sich nach ordnungsgemäßer Abrechnung ergebenden Überschusses.1 Da das Abrechnungsverlangen insoweit einem Auskunftsverlangen gleichsteht, kommt nur eine Bruchteilsbewertung in Betracht.2 Klagt der Mieter nach Abrechnung auf Einsichtnahme in die Nebenkostenbelege, sind Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert ebenfalls nach § 3 ZPO zu bestimmen. Maßgeblich ist das klägerische Interesse an der Rückzahlung möglicher Überzahlungen. Aus der Vergleichbarkeit mit einem Auskunftsanspruch ist auch hier eine Bruchteilsbewertung geboten. Diese sollte jedoch niedriger als bei einer auf Abrechnung gerichteten Klage liegen, da die Einsicht regelmäßig nur der Überprüfung einer bereits erfolgten Abrechnung dient. Angemessen ist 1/10 bis 1/5.3
3974
Dies muss entgegen LG Kiel4 auch dann gelten, wenn der Streit zum Gegenstand hat, ob der Mieter Einsicht in die Belege nur am (Wohn-)Sitz des Vermieters oder (ggf. nach Übersendung) am Mietobjekt erhält. Zwar besteht die Differenz nur in der Tragung des zur Einsicht erforderlichen Aufwandes, jedoch dient die Einsicht auch hier der Überprüfung der vom Vermieter erstellten Abrechnung des darin ausgeworfenen Saldos. Demgegenüber bestimmt sich die Beschwer für den zur Abrechnung oder Gewährung von Belegeinsicht verurteilten Vermieter nicht nach der Höhe des erwarteten Rückzahlungsbetrages, sondern nach dem mit der Abrechnung verbundenen finanziellen und zeitlichen Aufwand.5 Auch diese Bewertung entspricht der Rechtsprechung zum Auskunftsanspruch. Siehe hierzu unter den Stichwörtern „Auskunftsanspruch“ und „Stufenklage“.
3975
• Nebenleistungen Bei mietrechtlichen Streitigkeiten ist eine Streitwertfestsetzung häufig ohne Bezifferung des „einjährigen Entgelts“ (§ 8 ZPO und § 41 GKG) bzw. der „einjährigen Zinsen“ nicht möglich. Bislang war in diesem Zusammenhang streitig, ob zum Entgelt bzw. Zins i.S.d. § 8 ZPO und § 16 GKG a.F. neben der Grundmiete (Nettokaltmiete) nur Gegenleistungen für die eigentliche Raumüberlassung einschließlich nicht verbrauchsabhängiger Nebenkosten zählen, wie Grundsteuer, Hausversicherungen etc., oder ob weiter auch die Abgeltung zusätzlicher Leistungen des Vermieters außerhalb der Raumüberlassung dazugehören, wie die verbrauchsabhängigen Kosten für Heizung, Warmwasser etc. Zum Streitstand s. oben Rn. 3713, 3747.
3976
Mit der Aufnahme einer Entgeltdefinition in § 41 Abs. 1 GKG ist dieser Streit weitgehend überholt. Hiernach sind Nebenkosten, mithin sämtliche neben der Grundmiete zu erbringenden Nebenleistungen, nur noch zu berücksichtigen, wenn sie pauschal und ohne Abrechnungspflicht vereinbart worden sind. Damit
3977
1 OLG Köln, Beschl. v. 8.7.1992 – 19 U 78/92, JurBüro 1993, 165. 2 AG Witten, Urt. v. 14.2.2002 – 2 C 427/01, NZM 2003, 851: 1/3; LG Bonn, Beschl. v. 31.10.1991 – 6 T 246/91, JurBüro 1992, 117: 1/4; LG Bückeburg, Beschl. v. 13.10.1987 – 1 T 71/87, WuM 1989, 434; LG Frankfurt, Beschl. v. 14.2.2000 – 2-17 T 12/00, NZM 2000, 759: 1/3; LG Stuttgart, Beschl. v. 20.4.1988 – 2 T 238/88, WuM 1989, 434: 1/4–1/5; Anders/Gehle/ Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 43; a.A. LG Freiburg, Beschl. v. 22.7.1991 – 2 T 48/91, WuM 1991, 504: Höhe des erfahrungsgemäß zu erwartenden Rückzahlungsanspruchs. 3 LG Köln, Beschl. v. 10.3.1997 – 12 T 20/97, MDR 1997, 894 = AGS 1997, 118 mit Anm N. Schneider. 4 LG Kiel, Beschl. v. 22.12.1987 – 1 S 89/87, WuM 1988, 223. 5 OLG Köln, Beschl. v. 8.7.1992 – 19 U 78/92, JurBüro 1993, 165; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 43.
Kurpat
751
Mietstreitigkeiten
ZPO
wird der Entgeltbegriff für das Gebührenrecht nicht mehr materiell-rechtlich, sondern abrechnungstechnisch definiert. Dies ist im Hinblick auf eine für die Beteiligten nunmehr voraussehbare und erleichterte Streitwertfestsetzung zu begrüßen. 3978
Diese gesetzgeberische Intervention sollte nicht dadurch unterlaufen werden, dass bei pauschal und nicht abrechnungspflichtigen Nebenkosten weiterhin zwischen objektbezogenen und verbrauchsabhängigen Betriebskosten unterschieden wird.1 Bei der Entgeltermittlung scheiden daher allein solche Nebenleistungen aus, die nur anlässlich der Vermietung bzw. Verpachtung vereinbart worden sind und mit der Nutzung der Miet- oder Pachtsache in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Hierzu gehört beispielsweise die (monatliche) Rückzahlung eines vom Vermieter dem Mieter zum Zwecke der Wohnungsmodernisierung gewährten Darlehens.
3979
Einstweilen frei. • Nichtigkeit
3980
Auf Räumungsklagen, denen ein Streit über ein Miet- oder Pachtverhältnis zugrunde liegt, ist § 41 Abs. 1 GKG ohne Rücksicht auf die Klagebegründung anzuwenden, also auch dann, wenn der Räumungsanspruch auf Nichtigkeit des Mietoder Pachtvertrages gestützt wird.2 Soweit die Gegenansicht nach § 6 ZPO bewertet, wenn sich die die Nichtigkeit begründenden Umstände (z.B. Täuschungshandlung) und die Anfechtungserklärung aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben, überzeugt das nicht. Hier werden die materiell-rechtliche Entscheidung des Rechtsstreits und seine streitwertrechtliche Beurteilung miteinander vermengt. Denn dass sich der Beklagte nach Ansicht des Gerichts zu Unrecht auf ein Nutzungsverhältnis beruft, vermag am „Streit“ über dessen Bestand nichts zu ändern. • Nutzungsentgelt
3981
Siehe unter „Miete“. • Nutzungswert
3982
Wird Räumung oder Herausgabe „auch aus einem anderen Rechtsgrund“ (§ 41 Abs. 2 Satz 2 GKG) verlangt, etwa weil lediglich der Beklagte das Bestehen eines Mietverhältnisses einwendet, dann ist der Nutzungswert einer Wohnung oder eines Hauses danach zu berechnen, welcher Mietzins (Nutzungsentgelt) bei vertraglicher Überlassung objektiv erzielbar wäre.3 Im Regelfall kann das Nutzungsentgelt mit dem (nach dem Vortrag des Klägers) vereinbarten Nutzungsentgelt gleichgesetzt werden.4 Anderenfalls muss – etwa unter Zuhilfenahme eines Mietspiegels – geschätzt oder durch Sachverständigenbeweis ermittelt werden. Ob der Nutzende das Gebäude verbessert hat, ist dabei unerheblich. Das objektiv zu erzielende Nutzungsentgelt ist nach dem Zustand im Zeitpunkt der Klageerhebung zu beurteilen.
1 So aber Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 22. 2 OLG Bamberg, Beschl. v. 13.4.1981 – 4 W 93/80, JurBüro 1981, 1047; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 25; OLG Celle, Nds.Rpfl. 1955, 230. 3 OLG Celle, JurBüro 1968, 251; LG Bayreuth, JurBüro 1977, 1424; Meyer, § 41 Rn. 20. 4 OLG Bamberg, Beschl. v. 9.3.1992 – 3 W 18/92, JurBüro 1992, 625.
752
Kurpat
Mietstreitigkeiten • Option Streiten die Parteien über die Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund einer Verlängerungsoption, bestimmt sich der Streitwert nach § 41 Abs. 1 GKG, da es sich um einen Streit über die Dauer des Mietverhältnisses handelt. Maßgeblich ist der Jahresbetrag, soweit nicht eine Fortsetzung von kürzerer Dauer beabsichtigt ist.1
3983
• Parabolantenne (Medien) Aus § 535 BGB folgt die Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter die Mietsache so zur Verfügung zu stellen, dass dieser die Sache im üblichen oder vertraglich vereinbarten Umfang nutzen kann. Im Gegenzug hat der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch, insbesondere eine Veränderung der Mietsache, ohne Zustimmung des Vermieters zu unterlassen, § 541 BGB. So obliegt es grundsätzlich dem Vermieter von Wohnraum, den Anschluss von Telefon (ISDN) sowie den Empfang von Rundfunk und Fernsehen zu ermöglichen, während der Mieter in der Regel nicht berechtigt ist, ohne Zustimmung des Vermieters die hierfür notwendigen technischen Veränderungen der Mietsache vorzunehmen. Der Streit über die daraus im Einzelfall folgenden Pflichten der Vertragsparteien ist ein Streit über den Inhalt des Mietvertrages. Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert bemisst sich daher (über § 48 Abs. 1 GKG) gem. § 3 ZPO jeweils nach dem klägerischen Interesse.2 Hierbei ist zu unterscheiden: – Klagt der Mieter auf Zustimmung des Vermieters zur Errichtung einer Parabolantenne, ist dessen Informations- oder Unterhaltungsinteresse maßgebend.3 – Klagt der Vermieter auf Beseitigung einer Parabolantenne, entspricht das klägerische Interesse dem Interesse an einem Zustand ohne Rechtsbeeinträchtigung und damit nur mittelbar den dafür erforderlichen Maßnahmen. Daher kommt, wie auch sonst bei Beseitigungsansprüchen, dem Aufwand zur Beseitigung keine wertbestimmende Bedeutung zu.4 Maßgebend ist allein das in der Regel auf optischen bzw. ästhetischen Gründen beruhende Interesse an einer Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes bzw. dem bis dahin bestehenden Minderwert.5 Die (materielle) Beschwer des zur Beseitigung verurteilten Mieters bestimmt sich demgegen nach den mit der – ihm auferlegten – Beseitigung verbundenen Aufwendungen. Im Einzelfall kann auch ein etwaiges Interesse des Mieters am Empfang zusätzlicher Fernsehprogramme werterhöhend berücksichtigt werden.6
1 BGH, Beschl. v. 20.1.1988 – VIII ZR 225/86, MDR 1988, 403 = NJW-RR 1988, 395; OLG Hamburg, Beschl. v. 15.12.1993 – 4 W 63/93, WuM 1994, 553. 2 Schmittmann, JurBüro 1995, 509. 3 LG Arnsberg, Beschl. v. 25.7.2001 – 6 T 382/01, WuM 2001, 577: 1000 Euro; LG Erfurt, Urt. v. 17.8.2001 – 2 S 46/01, Grundeigentum 2001, 1467: 2500 Euro – Beschwer; LG Köln, Urt. v. 14.2.2001 – 10 S 314/00, WuM 2001, 235: 750 Euro – Beschwer. 4 So aber LG Kiel, Beschl. v. 18.3.1994 – 1 S 319/93, WuM 1996, 632; LG München I, Beschl. v. 12.10.1993 – 20 S 17880/92, 20 S 16565/93, WuM 1993, 745. 5 BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, AGS 2006, 450 = MDR 2006, 1374; LG Bonn, Beschl. v. 11.1.1993 – 6 S 416/92, WuM 1993, 468: 600 Euro; LG Bremen, Urt. v. 30.3.1999 – 6 S 34/99, WuM 2000, 364; LG Hamburg, Urt. v. 3.9.1990 – 311 T 74/90, WuM 1991, 359; den Beseitigungsaufwand beim Streitwert zusätzlich berücksichtigend: LG Frankfurt, JurBüro 2002, 531. 6 BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, MDR 2006, 13747, jedoch offen lassend bzgl. des Informations- bzw. Unterhaltungsinteresses; vgl. hierzu LG Erfurt, Urt. v. 17.8.2001 – 2 S 46/01, Grundeigentum 2001, 1467.
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753
3984
Mietstreitigkeiten
ZPO
3985
Der gegenteiligen Ansicht, die entweder allein1 oder werterhöhend auf Beseitigungskosten abstellt, ist nicht zu folgen.2 Die Begründung, mit der Verurteilung zur Beseitigung bezwecke der Vermieter zugleich, nicht auf den Kosten der Beseitigung „sitzen zu bleiben“,3 setzt das Klageinteresse unzulässigerweise mit dem Vollstreckungsaufwand gleich. Zudem wird übersehen, dass der Vermieter im Zwangsvollstreckungsverfahren die „Verurteilung“ des Schuldners zur Vorschusszahlung herbeiführen und vollstrecken kann. Erst hier sind die Beseitigungskosten als Vorschussbetrag streitwertbestimmend.4 • Räumung
3985a
Wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Räumung einer Wohnung nach § 940a ZPO verlangt, steht eine Vorwegnahme der Hauptsache im Vordergrund. Daher ist der Streitwert mindestens mit einer halben Jahresmiete zu bestimmen.5 • Räumungsfrist
3986
Gemäß §§ 721, 794a Abs. 2 ZPO ist auf Antrag oder von Amts wegen über die Gewährung und auf Antrag über die Verkürzung oder Verlängerung einer bereits gewährten Räumungsfrist zu entscheiden. Für den Wert des eigenständigen Beschluss- oder des Beschwerdeverfahrens ist das nach § 3 ZPO zu schätzende Interesse des Vollstreckungsschuldners am Räumungsaufschub bzw. des Vollstreckungsgläubigers am vorzeitigen Rückerhalt des Nutzungsobjekts maßgebend. Ist der Antrag auf Einräumung eines (weiteren) Aufschubs oder einer Verkürzung mit bestimmter Dauer gestellt, bestimmt sich der Wert nach dem für diesen Zeitraum anfallenden Nutzungsentgelt.6 Zu beachten bleibt, dass gem. §§ 721 Abs. 5, 794a Abs. 3 ZPO die Räumungsfrist insgesamt ein Jahr nicht überschreiten darf.
3987
Wird der Antrag im Hauptsacheverfahren (hilfsweise) neben dem auf Verurteilung zur Räumung bzw. auf Klageabweisung gerichteten Sachantrag gestellt, dann scheidet eine Werterhöhung aufgrund wirtschaftlicher Identität aus.7
3988
Für eine Bruchteilsbewertung oder unabhängig von §§ 721 Abs. 5, 794a Abs. 3 ZPO zeitbezogene Beschränkung besteht kein Anlass, auch deshalb nicht, weil mit der Räumungsfrist die (fortdauernde) Pflicht zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung verbunden ist.8 Wie auch sonst für die Bewertung nach § 41 Abs. 1 GKG ist es unerheblich, dass mit dem festzustellenden Bestand des Mietverhältnisses zugleich Zahlungsverpflichtungen verbunden sind. Eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet bei der Ermittlung des klägerischen Interesses (in der Regel) nicht statt. Siehe für das Vollstreckungsschutzverfahren nach § 765a ZPO auch unter „Vollstreckungsschutz“. 1 LG Heidelberg, Beschl. v. 2.7.1993 – 5 S 27/93, WuM 1993, 734; LG München I, Beschl. v. 12.10.1993 – 20 S 17880/92, WuM 1993, 745. 2 LG Frankfurt/M., Beschl. v. 15.3.2002, JurBüro 2002, 531; LG Kiel, Beschl. v. 18.3.1994 – 1 S 319/93, WuM 1996, 632; Schmittmann, JurBüro 1995, 509. 3 LG Frankfurt/M., Beschl. v. 15.3.2002 – 2-11 T 22/02, JurBüro 2002, 531. 4 Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Ersatzvornahme nach § 887“. 5 AG Bonn, Beschl. v. 4.11.2014 – 204 C 66/14. 6 OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.6.2006 – 13 U 89/06, AGS 2006, 563; LG Kempten, AnwBl. 1968, 58; LG München, Beschl. v. 26.3.2008 – 14 T 4822/08, ZMR 2009, 371; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 41. 7 LG Baden-Baden, Beschl. v. 19.1.2012 – 4 T 26/11, AGS 2013, 418. 8 A.A. LG Bad Kreuznach, JVBl. 1965, 214; KostRsp. GKG a.F. § 12 Nr. 21: Hälfte der während der Schutzfrist zu zahlenden Nutzungsentschädigung; LG Krefeld, KostRsp. GKG a.F. § 12 Nr. 25; LG Stuttgart, Rpfleger 1968, 62: 3-fache Monatsmiete bzw. Nutzungsentschädigung; und noch die 11. Auflage.
754
Kurpat
Mietstreitigkeiten • Rückständige Miete Wird rückständige Miete eingeklagt, so bestimmt sich der Streitwert gem. § 6 ZPO nach dem Forderungsbetrag1 und nicht nach § 8 ZPO, § 41 GKG. Siehe im Übrigen unter „Miete“.
3989
• Schlüssel Klagt der Mieter auf Herausgabe von Schlüsseln zur Wohnungs- bzw. Haus- 3990 eingangstüre, ist die Klage auf Besitzverschaffung gerichtet. Der Zuständigkeitsstreitwert bestimmt sich nach § 8 ZPO, der als Sondernorm für miet- und pachtrechtliche Streitigkeiten dem § 6 ZPO vorgeht2 – s. oben „Besitz“. Der Gebührenstreitwert ist nach § 41 GKG mit dem Jahresbetrag festzusetzen, falls nicht die streitige Zeit geringer ist.3 Der Antrag auf vorläufige Besitzverschaffung an einer Wohnung oder einem Geschäftsraum (Übergabe eines Schlüssels) im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens ist gem. § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO zu bewerten. Ist der Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes (§ 861 BGB) Streitgegenstand, richtet sich der Gebührenstreitwert nach dem Nutzungsinteresse des Besitzers. Dabei ist nicht auf den Wert der Sache (§ 6 ZPO), sondern auf das Jahresnutzungsentgelt (§ 41 Abs. 1 GKG) abzustellen. Denn die Besitzverschaffung entspricht – hier – der dem Vermieter obliegenden (streitigen) Gebrauchsgewährung nach § 535 BGB und wird daher von § 41 Abs. 1 GKG als für den Gebührenstreitwert speziellere Norm erfasst.4 Trotz Leistungsverfügung ist wegen des nur vorläufigen Rechtssschutzes ein – wenngleich höherer – Bruchteil des Hauptsachewertes, in der Regel 2/3 der Jahresmiete/-pacht anzusetzen.
3991
• Schönheitsreparaturen Klagt der Vermieter auf Vornahme vereinbarter Schönheitsreparaturen, ist, da es sich um einen Streit über die sich aus dem Vertrag ergebenden Pflichten handelt, der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert gem. § 3 ZPO nach dem Werterhaltungsinteresse des Vermieters zu bemessen. § 41 Abs. 5 GKG erfasst nach seinem Wortlaut allein Instandsetzungsansprüche des Mieters und ist auch nicht entsprechend anwendbar. Nichts anderes gilt, wenn die Wirksamkeit der Umlage von Schönheitsreparaturen Gegenstand einer Feststellungsklage ist. Es bleibt jedoch im Falle der positiven Feststellungsklage der 20 %ige Abschlag zu beachten.
3992
Denn das Werterhaltungsinteresse findet weder in dem durch die Minderung erfassten Gebrauchsinteresse des Mieters noch in dem durch die Mieterhöhung erfassten Verwertungsinteresse des Vermieters seine Entsprechung. Vielmehr sollte auf den Instandhaltungsaufwand abgestellt werden, da sich der – bei einer Veräußerung realisierbare – Wert des Nutzungsobjekts regelmäßig um diesen Aufwand reduziert. Etwaige Besonderheiten des Einzelfalls, beispielsweise eine außergewöhnliche Nachfrage nach Nutzungsobjekten dieses Typs etc., können durch eine Bruchsteilsbewertung angemessen erfasst werden.
3993
1 BGH, JurBüro 1966, 309; OLG Bamberg, JurBüro 1984, 254; OLG Neustadt, Rpfleger 1963, 34; OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.2.1997 – 13 W 3/97, WuM 1997, 278; Meyer, § 41 Rn. 7 f. 2 Zöller/Herget, § 6 Rn. 5. 3 LG Halle, Beschl. v. 20.5.1994 – 2 T 175/94, MDR 1994, 208. 4 Vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.4.2007 – 3 W 57/06, MDR 2007, 1225: 1/3; OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2007 – 2 W 71/07, AGS 2008, 189: voller Wert; OLG Rostock, Beschl. v. 14.8.2006 – 3 W 78/06, OLGR 2006, 1004.
Kurpat
755
ZPO
Mietstreitigkeiten 3994
Klagt der Vermieter (bereits) auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen, ist bei bezifferter Leistungsklage allein der Zahlungsbetrag maßgebend, arg. § 6 ZPO.
3995
Für die nach § 8 ZPO und § 41 GKG erforderliche Entgeltermittlung bleiben die auf den Mieter vereinbarungsgemäß umgelegten Schönheitsreparaturen schon aufgrund der fehlenden pauschalen Erfassung außer Betracht.1 • Selbständiges Beweisverfahren
3996
Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens ist in miet- oder pachtrechtlichen Streitigkeiten regelmäßig der Zustand des Nutzungsobjekts im Hinblick auf erforderliche (und zur Minderung berechtigende) Instandsetzungsmaßnahmen des Vermieters oder Schadensersatzverpflichtungen des Mieters. Weitgehende Einigkeit besteht, dass sich der Gegenstandswert des Beweisverfahrens nach dem eines möglichen Hauptsacheverfahrens richtet. Die Bewertung des Anspruchs in der Hauptsache richtet sich nach den für diesen maßgeblichen Bewertungsvorschriften. Streitig ist hingegen, ob eine Bruchteilsbewertung geboten ist oder nicht. Insoweit wird auf die Ausführungen zum Stichwort „Selbständiges Beweisverfahren“ verwiesen.
3997
Geht es um die Beweissicherung des Mieters wegen bestehender Mängel, ist der Gegenstandswert auf Grundlage des Instandsetzungsanspruchs und damit gem. § 41 Abs. 5 GKG nach dem Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung zu bestimmen.2 Eine kürzere restliche Vertragsdauer ist entsprechend § 41 Abs. 5 Satz 2 GKG wertmäßig zu berücksichtigen.3 Daneben geltend gemachte Minderungs- und/oder Zurückbehaltungsrechte oder bereits aufgelaufene Mietrückstände bleiben aufgrund wirtschaftlicher Identität mit dem Instandhaltungsanspruch wertmäßig unberücksichtigt.4 Beruft sich der Antragsteller dagegen auf einen ihm zustehenden Vorschuss-/Erstattungsanspruch, bestimmt sich der Gegenstandswert nach den angenommenen Kosten der Ersatzvornahme, d.h. der Mängelbeseitigung.5
3998
Dient das Verfahren der Beweissicherung des Vermieters wegen einer vertragswidrigen Nutzung, ist der Gegenstandswert auf Grundlage möglicher Schadensersatzansprüche zu ermitteln. • Siedler
3999
Klagt der Siedlungsträger nach Kündigung des Nutzungsverhältnisses gegen den Siedler auf Räumung des Siedlungsgrundstückes, dann bemisst sich der Streitwert nach § 41 GKG.6
1 So schon zum alten Recht: LG Hannover, MDR 1970, 594; Nds.Rpfl. 1974, 252. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.3.2007 – 24 W 9/07, JurBüro 2007, 426 – Pacht; zum alten Recht: BGH, Beschl. v. 17.5.2000 – XII ZR 314/99, MDR 2000, 975; LG Berlin, Beschl. v. 27.8.1996 – 64 T 66/96, NJW-RR 1997, 652 – gem. § 9 ZPO der 42-fache Minderungsbetrag. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.3.2007 – 24 W 9/07, JurBüro 2007, 426 – Pachtverhältnis. 4 KG, Beschl. v. 4.8.2011 – 8 W 48711; OLG Hamburg, Beschl. v. 20.2.2009 – 4 W 12/09, OLGR 2009, 707; LG Hamburg, Beschl. v. 8.4.2013 – 334 T 8/13, AGS 2014, 73; LG DessauRoßlau, Beschl. v. 3.1.2012 – 1 T 264/11; a.A. LG Berlin, Beschl. v. 27.5.2014 – 63 T 55/14, Grundeigentum 2014, 937; Beschl. v. 2.4.2012 – 63 T 47/12, WuM 2012, 286. 5 LG Stade, Beschl. v. 6.7.2012 – 7 T 116/12, AGS 2014, 74; LG Bonn, Beschl. v. 18.2.2008 – 6 T 396/07, AGS 2009, 82. 6 OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 627.
756
Kurpat
Mietstreitigkeiten • Sozialwohnung Bei einer Klage auf Räumung einer öffentlich geförderten Sozialwohnung ist der 4000 Streitwert unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt des Urteilserlasses geschuldeten Kostenmiete zu berechnen. Weder der vom Vermieter unzulässigerweise geforderte, darüber hinausgehende Mietzins noch ein von der Bewilligungsstelle zugelassener, aber nicht rechtswirksam geltend gemachter Erhöhungsbetrag dürfen bei der Streitwertberechnung berücksichtigt werden.1 • Tauschvertrag Der Streitwert einer Klage auf Herausgabe einer Wohnung aufgrund eines Tauschvertrages wird gem. § 6 ZPO durch den Wert der Sache bestimmt, wenn deren Besitz Gegenstand des Rechtsstreits ist.2
4001
• Teilaufhebung Der Streitwert bei einer Teilaufhebungsklage im Mietrecht kann sich nur nach der Miete des Teiles berechnen.3
4002
• Teilkündigung (Gemeinschafts- und Teilflächen) Ist aufgrund einer Kündigung nur die fortdauernde Nutzung einer Teilfläche im Streit, bemisst sich der Wert nach dem dafür gesondert vereinbarten Entgelt oder in Ermangelung dessen nach einem dem Anteil der Fläche an der Gesamtfläche zu ermittelnden Teilbetrag.4
4003
Klagt daher der Vermieter nach Kündigung eines Garagenmietverhältnisses auf Räumung der Garage, so bestimmt sich der Zuständigkeitsstreitwert (und die Beschwer) bei einem Streit über die Einheitlichkeit von Garagen- und Wohnungsmietverhältnis nach § 8 ZPO. Ist die „streitige Zeit“ bei einem auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Mietverhältnis und bestehenden Mieterschutzregelungen ungewiss, ist der Wert entsprechend § 9 ZPO nach dem 3,5-fachen Jahresnutzungsentgelt zu bemessen.5
4004
• Tierhaltung Ob und in welchem Umfang die Haltung von Tieren, insbesondere in Wohnräu- 4005 men, zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört oder als Sondernutzung einer Zustimmung des Vermieters bedarf, ist streitig. Darüber hinaus sind unterschiedlichste formularvertragliche Regelungen zur Zulässigkeit der Tierhaltung anzutreffen.6 Infolgedessen ist die Tierhaltung häufig Gegenstand von Duldungs-, Unterlassungs- und auf Beseitigung gerichteten Klagen. In allen Fallkonstellationen handelt es sich um einen Streit über die sich aus dem Vertragsinhalt ergebenden Rechte und Pflichten, so dass § 8 ZPO und § 41 GKG nicht unmittelbar anwendbar sind. Für die streitwertrechtliche Beurteilung, die nicht notwendiger-
1 2 3 4 5
LG Mannheim, Rpfleger 1969, 218. LG Flensburg, JurBüro 1950, 126. KG, HuW 1956, 129. Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 12; Hillach/Rohs, § 30 III, S. 162. BGH, Beschl. v. 14.4.2002 – XII ZB 224/02, MDR 2004, 931; LG Wiesbaden – 9 S 8/00, WuM 2000, 617; a.A. AG Hamburg, Urt. v. 9.3.1994 – 40b C 2079/93, WuM 1994, 433: gem. § 3 ZPO anteilige Jahresbruttomiete. 6 Bub/Treier/Fischer, III.A 1038 ff. m.w.N.
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Mietstreitigkeiten
ZPO
weise zu einem Gleichlauf von Streitwert und Beschwer führt,1 ist zu unterscheiden: – Klagt der Mieter auf Erteilung einer Erlaubnis zur Tierhaltung oder deren Duldung, ist gem. § 3 ZPO sein ideelles Interesse an Haltung des streitgegenständlichen Tieres maßgebend. Hierbei ist streitig, ob das Interesse jeweils pauschal bewertet werden kann2 oder die konkreten Umstände des Einzelfalls, namentlich die psychische Bedeutung (Vermeidung von Depressionen) oder affektives Interesse (Kinderersatz), berücksichtigt werden müssen.3 Der Wert des Tieres ist in keinem Fall maßgeblich.4 Demgegenüber stellt das LG Köln5 nicht auf das immaterielle Interesse an derHundehaltung, sondern das Interesse an vertragsgemäßer Nutzung ab. Das AG Rüsselsheim6 hält den Jahresbetrag des üblichen Mietzuschlages für maßgebend. – Verlangt der Vermieter Unterlassung oder Beseitigung der Tierhaltung in den Räumlichkeiten des Mietobjekts, ist sein Interesse am Werterhalt der Mietsache wertbestimmend. Neben dem fiktiven Wert der zusätzlichen Abnutzung kann auch ein etwaiges Interesse an der Vermeidung möglicher Belästigungen (und Mietminderungen) anderer Mieter werterhöhend berücksichtigt werden. Das Affektionsinteresse des Mieters und generalpräventive Erwägungen sind grundsätzlich unerheblich.7 Der von Sternel8 vertretenen wertmäßigen Gleichsetzung des Unterlassungsanspruchs des Vermieters gegen die Tierhaltung mit dem Interesse des Mieters an der Fortsetzung der Tierhaltung widerspricht bereits, dass das ideelle Interesse des Mieters nicht deckungsgleich ist mit dem rein vermögensrechtlichen Abwehrinteresse des Vermieters. – Klagt ein Mieter auf Unterlassung oder Beseitigung der Tierhaltung eines anderen Mieters, ist sein auf Abwehr von Besitzstörungen gerichtetes Interesse maßgeblich. Dieses findet seine wertmäßige Entsprechung in der möglichen Minderung des Mietzinses, wobei bei einer Tierhaltung von unbestimmter Dauer (entsprechend § 9 ZPO) der 3,5-fache Jahresbetrag anzusetzen ist. Die in der Rechtsprechung vorzufindenden Wertfestsetzungen bewegen sich für Katzen- und Hundehaltung – unabhängig von der vorstehenden Unterscheidung – häufig zwischen 500 Euro und 1000 Euro.9 • Umgestaltung 4006
Ist zwischen den Parteien das Zustandekommen eines Vertrages streitig, wonach sich der Beklagte zur baulichen Umgestaltung von Räumlichkeiten und nachfol1 BGH, Urt. v. 14.11.2007 – VIII ZR 340/06, MDR 2008, 134– unter Hinweis auf die unterschiedlichen Interessen des auf Zustimmung klagenden Mieters gegenüber dem zur Duldung verurteilten Vermieters. 2 LG Berlin, Beschl. v. 13.7.2000 – 61 S 129/00, NZM 2001, 41: 1 Hund oder 2 Katzen = 800 DM; Beschl. v. 31.3.2000 – 63 S 17/00: Hund = 600 DM. 3 LG Braunschweig, Urt. v. 1.11.1995 – 12 S 86/95, WuM 1996, 291; LG Kassel, Beschl. v. 21.4.1997 – 1 T 80/96, WuM 1998, 296: 2000 DM; LG Wiesbaden, Beschl. v. 21.7.1994 – 1 T 46/94, WuM 1994, 486. 4 Zutr. LG Braunschweig, Urt. v. 1.11.1995 – 12 S 86/95, WuM 1996, 291. 5 LG Köln, Beschl. v. 21.6.1999 – 30 S 145/99, WuM 2000, 94. 6 AG Rüsselsheim, Beschl. v. 19.12.1986 – 3 C 1049/86, WuM 1987, 144. 7 LG München, Beschl. v. 28.6.2002 – 23 T 10223/02, NZM 2002, 820; a.A. LG Wiesbaden, Beschl. v. 21.7.1994 – 1 T 46/94, WuM 1994, 486. 8 Sternel, Mietrecht, 3. Aufl. 1988, V Rn. 88. 9 500 Euro: LG Hamburg, Beschl. v. 11.5.1990 – 316 T 46/90, MDR 1993, 90; ZMR 1992, 506; LG Köln, Beschl. v. 21.6.1999 – 30 S 145/99, WuM 2000, 94 (420 Euro); LG München I, Beschl. v. 5.6.1991 – 20 S 10394/91, WuM 1992, 495; 1000 Euro: LG Düsseldorf, Urt. v. 29.6.1993 – 24 S 90/93, WuM 1993, 604; LG Kassel, Beschl. v. 21.4.1997 – 1 T 80/96, WuM 1998, 296.
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Kurpat
Mietstreitigkeiten gender Gebrauchsgewährung zu einem monatlichen Entgelt verpflichtet haben soll, und ist die Klage auf Umgestaltung und entgeltliche Überlassung gerichtet, liegt eine Anspruchshäufung (objektive Klagehäufung) vor.1 Der Wert des auf Überlassung gerichteten Klageantrages bemisst sich nach § 8 ZPO, § 41 Abs. 1 GKG, da hier der Bestand eines Miet- oder Pachtverhältnisses im Streit steht. Dabei ist eine Antragsstattgabe weder mit dem (weiteren) Vertragsinhalt verbunden, d.h. die Verpflichtung zur baulichen Umgestaltung, noch ermöglicht sie eine dahingehende Zwangsvollstreckung. Die Situation entspricht konstruktiv vielmehr einer auf Räumung und Beseitigung von unbeweglichen Einrichtungen gerichteten Klage (s. unter „Abbruchkosten“).
4007
Der auf Vornahme der Ausbauarbeiten gerichtete Klageantrag ist daher eigenständig und als Streitigkeit über den Vertragsinhalt für den Zuständigkeitsstreitwert nach § 3 ZPO und den Gebührenstreitwert nach § 41 Abs. 5 GKG zu bewerten, da die Arbeiten auf Herstellung eines vertraglich geschuldeten Zustands der Mietoder Pachtsache gerichtet sind und damit Instandsetzungsarbeiten gleichstehen. • Unterlassung Nutzt der Mieter die Mietsache vertragswidrig (§ 541 BGB) oder wird sein Besitz an der Mietsache durch Dritte oder den Vermieter rechtswidrig gestört (§§ 862, 1004 BGB), kann die Beendigung fortdauernder und Unterlassung künftiger Beeinträchtigungen beansprucht werden. Darauf gerichtete Unterlassungsklagen fallen nicht unter § 41 GKG, sondern sind gem. § 3 ZPO nach dem Abwehrinteresse des Mieters bzw. dem Werterhaltungsinteresse des Vermieters zu bewerten.
4008
Hierbei wird für die Auseinandersetzung zwischen den Mietvertragparteien der Jahresbetrag des § 41 GKG als obere Wertgrenze angesehen, da der Streit wegen der Beeinträchtigung mietvertraglicher Rechte wertmäßig nicht das Interesse am Bestand des Mietverhältnisses übersteigen könne. Die Einzelheiten sind den einschlägigen Stichworten zu entnehmen.
4009
• Untermieter Gemäß § 540 BGB darf der Mieter die Mietsache einem Dritten nur mit Erlaubnis des Vermieters überlassen. Der Anspruch auf Rückerhalt der Mietsache wird durch § 546 Abs. 2 BGB dahingehend abgesichert, dass der Vermieter nach Beendigung des (Haupt-)Mietverhältnisses die Mietsache auch von dem Dritten zurückfordern kann. Hierbei besteht Einigkeit, dass für den Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert der Räumungs- und Herausgabeklage die § 8 ZPO und § 41 GKG entsprechend anwendbar sind.2 Es finden sich im Wesentlichen folgende Fallgestaltungen: – Klagt der Vermieter gegen den Untermieter auf Räumung, bestimmt sich der Wert nach dem zwischen ihm und dem Hauptmieter vereinbarten und nicht nach dem vom Untermieter zu zahlenden Nutzungsentgelt.3
1 Zutreffend daher LG Nürnberg-Fürth, MDR 1972, 430; unklar Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 17. 2 KG, Beschl. v. 18.2.2013 – 8 W 10/13, MDR 2013, 560; OLG Celle, Beschl. v. 12.10.2012 – 2 W 269/12; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.10.2009 – 10 W 102/09, AGS 2009, 600 – Räumungsklage gegen Untermieter; Beschl. v. 29.6.2004 – 10 W 61/04, AGS 2004, 345; OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.10.2011 – 2 W 61/11, ZMR 2012, 204. 3 KG, Beschl. v. 18.2.2013 – 8 W 10/13, MDR 2013, 560; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.6.2004 – 10 W 61/04, AGS 2004, 345; Beschl. v. 29.8.1997 – 24 W 89/97, MDR 1998, 126.
Kurpat
759
4010
Mietstreitigkeiten
ZPO
– Wird vom Vermieter allein gegen den Hauptmieter auf Räumung geklagt, ist das nach § 41 Abs. 2 GKG maßgebliche Jahresnutzungsentgelt im Fall der Untervermietung nach dem im Hauptmietvertrag vereinbarten Entgelt zzgl. eines Zuschlages für den höheren Verwaltungsaufwand und die höhere Abnutzung zu bemessen.1 – Bei einer vom Vermieter gegen Hauptmieter und Untermieter gerichteten Räumungsklage ist der Streitwert einheitlich nach dem Nutzungsentgelt für den Hauptmieter festzusetzen. Dieses repräsentiert gem. § 8 ZPO, § 41 GKG wertmäßig das Durchsetzungsinteresse des Vermieters. Die subjektive Klagehäufung rechtfertigt jedoch keine Werterhöhung gem. § 5 ZPO, § 39 Abs. 1 GKG. Denn das gegen den Hauptmieter gerichtete Räumungsbegehren ist, da auf Rückerhalt derselben Mietsache gerichtet, mit dem gegen den Untermieter (teilweise) wirtschaftlich identisch.2 Haupt- und Untermieter haften dem Vermieter im Umfang der dem Untermieter eingeräumten Nutzung als Gesamtschuldner.3 4011
Dem Umfang der Gesamtschuld folgt auch die Verpflichtung des Untermieters zur Kostentragung, arg. § 100 Abs. 2 u. 4 ZPO. Ist die Mietsache nur teilweise an einen Dritten untervermietet worden, haftet dieser für die Kosten des Rechtsstreits daher nur im Verhältnis der von ihm genutzten Fläche zur Gesamtfläche des Mietobjekts. Einer etwaig unterschiedlichen Höhe der vereinbarten Nutzungsentgelte kommt demgegenüber keine Bedeutung zu, da die Räumungsverpflichtung flächenbezogen ist.4
4012
Wird die zunächst gegen den Hauptmieter erhobene Räumungsklage vom Vermieter nachfolgend auf den Untermieter erweitert, ist damit aufgrund der bereits beschriebenen wirtschaftlichen Identität der Klagebegehren keine Werterhöhung verbunden. Maßgeblich bleibt das mit dem Hauptmieter vereinbarte Jahresgrundentgelt.5
4013
Klagt der Vermieter auf Feststellung der Verpflichtung des Hauptmieters gegenüber dem Untermieter Räumungsklage zu erheben, ist der Streitwert nicht nach § 41 GKG, sondern nach § 3 ZPO zu bestimmen. Hierbei ist der Wert geringer als derjenige der unmittelbaren Klage des Mieters gegen den Untermieter.6
4014
Für die Bewertung der Räumungsklage des Hauptmieters gegen den Untermieter ist, da es nunmehr um das Durchsetzungsinteresse des Hauptmieters geht, der jährlich gezahlte Untermietzins maßgebend, nicht etwa der nach der Zimmergröße im Verhältnis zur Größe der gesamten Wohnung zu ermittelnde entsprechende Teil der Wohnungsmiete.7 Siehe auch unter dem hier nachfolgenden Stichwort „Untervermietung“. • Untervermietung
4015
Gemäß § 540 BGB darf der Mieter die Mietsache einem Dritten nur mit Erlaubnis des Vermieters überlassen. Deren Erteilung steht wegen § 553 BGB nur bei Vermietung beweglicher Sachen und nicht zu Wohnzwecken überlassener Grundstücks(teil)flächen im freien Ermessen des Vermieters. Der Vermieter kann die Erlaubnis von einer angemessenen Mieterhöhung (Untermieterzuschlag) abhängig 1 2 3 4 5 6 7
BGH, Beschl. v. 26.2.1997 – XII ZR 233/96, NJW-RR 1997, 648. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.6.2004 – 10 W 61/04, AGS 2004, 345. Palandt/Weidenkaff, § 546 Rn. 21. A.A. 12. Auflage; LG Frankfurt, BlGBW 1954, 238 mit abl. Anm. Zöll. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.6.2004 – 10 W 61/04, NZM 2005, 240. LG Hagen, MDR 1962, 742. LG Hamburg, MDR 1959, 764.
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Kurpat
Mietstreitigkeiten machen, wenn ihm nur dann die Überlassung an einen Dritten zuzumuten ist, § 553 Abs. 2 BGB. Klagt der Hauptmieter auf Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung, handelt es sich um einen Streit über den Vertragsinhalt und die sich daraus ergebenden Pflichten. Die Wertfestsetzung hat daher (über § 48 Abs. 1 GKG) nach § 3 ZPO zu erfolgen. Maßgeblich für die Bewertung ist das Interesse des Hauptmieters an der Kompensation der eigenen Mietschuld durch Erzielung eines eigenen Mietertrages.1 Der Streitwert entspricht folglich dem voraussichtlich zu erzielenden Untermietzins, bei unbestimmter Dauer des Untermietverhältnisses in Anlehnung an § 9 ZPO dem 3,5-fachen Jahresbetrag.2 Verfehlt ist es, hier auf die Höhe eines angemessenen Untermietzuschlages abzustellen,3 da dieser allein das Werterhaltungsinteresse des Vermieters repräsentiert.
4016
Die Klage des Vermieters gegen den Hauptmieter auf Beendigung der Untervermietung bemisst sich regelmäßig nach dem klägerischen Interesse an der Vermeidung einer übermäßigen Abnutzung (Werterhaltungsinteresse). Dessen Höhe entspricht dem Umfang eines nach § 553 Abs. 2 BGB angemessenen Untermietzuschlages, der sich bei preisgebundenem Wohnraum nach § 26 Abs. 3 NMVO 1970 bestimmt.
4017
Der Antrag auf Vorlage des Untermietvertrages bemisst sich entsprechend einer Auskunftsklage gem. § 3 ZPO nach einem Bruchteil des dahinter stehenden Hauptanspruchs, angemessen erscheint 1/10.4
4018
• Verbandsklage (Allgemeine Geschäftsbedingungen) Ist Gegenstand eines Verbandsklageverfahrens der Inhalt von Formularmietverträgen, dann bemisst sich der Streitwert nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung gesetzeswidriger Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Siehe unter „Allgemeine Geschäftsbedingungen“.
4019
• Vertragabschluss Wird auf die Verurteilung zum Abschluss eines Mietvertrages aufgrund eines Vorvertrages geklagt, dann fehlt es im Zeitpunkt der Klageerhebung noch an einem bestehenden Miet- oder Pachtverhältnis. Für die Streitwertfestsetzung kommt deshalb nicht § 41 GKG, sondern nur § 3 ZPO in Betracht. Da die aus dem Vertrag resultierenden Ansprüche selbst nicht den Gegenstand des Rechtsstreits bilden, sind nicht sie, sondern ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers an dem angestrebten Vertragsschluss zu bewerten.5 Dies gilt auch, wenn neben dem auf Feststellung des Bestehens eines Mietvertrages gerichteten Klagebegehren ein Hilfsantrag auf Verurteilung zum Abschluss ei1 OLG Celle, Beschl. v. 15.7.1999 – 2 W 59/99, NZM 2000, 190; LG Berlin, Urt. v. 18.12.2003 – 67 S 277/03, MM 2004, 46; Beschl. v. 19.7.1996 – 63 T 55/96, WuM 1998, 690; LG Kiel, Beschl. v. 13.1.1995 – 1 T 1/95, WuM 1995, 320; a.A. LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 20.5.1998 – 2 T 48/88, WuM 1989, 433: Interesse des Hauptmieters an intensiverer Nutzung. 2 LG Berlin, Urt. v. 18.12.2003 – 67 S 277/03, MM 2004, 46; a.A. KG, Beschl. v. 10.2.2006 – 22 W 47/05, JurBüro 2006, 258 – jeweils auf Jahresbetrag abstellend; OLG Celle, Beschl. v. 15.7.1999 – 2 W 59/99, NZM 2000, 190. 3 So aber LG Kiel, Beschl. v. 13.1.1995 – 1 T 1/95, WuM 1995, 320: 3-facher Jahresbetrag. 4 So BGH, Beschl. v. 26.2.1997 – XII ZR 233/96, NJW-RR 1997, 648. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.11.2009 – I-24 U 57/09, MDR 2010, 715; OLG Hamburg, MDR 1970, 333; OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 685; LG Dortmund, Beschl. v. 28.11.1990 – 21 T 78/90, WuM 1991, 358; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 40.
Kurpat
761
4020
Mietstreitigkeiten
ZPO
nes Mietvertrages mit gleichem Inhalt gestellt wird. Hier ist bei Bescheidung beider Anträge gem. § 45 Abs. 1 Satz 2, 3 GKG für die Streitwertbemessung der (ggf.) höhere Wert des Hilfsantrages maßgebend.1 Siehe auch bei dem Stichwort „Hilfsantrag“. 4021
Für die Bewertung ist jeweils auf das Interesse des Klägers am Vertragsabschluss abzustellen.2 Dessen Wert bestimmt sich nach der beabsichtigten Laufzeit, wird jedoch entsprechend § 9 ZPO auf den 3,5-fachen Jahresbuttobetrag ohne Nebenkostenvorauszahlungen begrenzt, ebenso bei einem angestrebten Vertrag von unbestimmter Dauer.3 Der einfache Jahresbetrag4 repräsentiert in Zeiten der Wohnungsknappheit ohnehin nicht das Erlangungsinteresse des Mieters. Zudem greift die privilegierende, den wirklichen Wert des Interesses aus sozialen Gründen ignorierende Bewertung des § 41 Abs. 2 GKG nicht. • Vertragsinhalt
4022
Wird bei unstreitigem Bestehen und Dauer eines Nutzungsverhältnisses lediglich darüber gestritten, was die Parteien genau vereinbart haben, welchen Inhalt also der Mietvertrag habe, dann ist § 41 Abs. 1 GKG tatbestandsmäßig nicht anwendbar. Der Streitwert ist daher in der Regel nach § 3 ZPO zu schätzen.5 Dies gilt jedoch nicht für die Bewertung einer Klage auf Feststellung, dass die Kündigung eines Mietverhältnisses erst ab einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt wirksam erklärt werden könne, soweit darin ein Streit über den Vertragsinhalt gesehen wird. Da hier zugleich über die Dauer des Mietverhältnisses gestritten wird, ist § 41 Abs. 1 GKG als Sondernorm einschlägig. Siehe hierzu im Einzelnen unter „Kündigungsmöglichkeit“. • Vorauszahlung
4023
Der Anspruch auf Leistung einer Mietvorauszahlung ist unter Berücksichtigung des Zinsvorteils des Vermieters nach §§ 3, 6 ZPO zu schätzen.6 • Vorkaufsrecht
4024
Bei einem Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Vorkaufsrechts ist der Streitwert gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen des Gerichts zu schätzen.7
4025
Für die Bewertung der negativen Feststellungsklage dahin, dass dem Mieter ein Vorkaufsrecht an dem gemieteten Grundstück nicht zusteht, ist nur ein geringer Bruchteil des Grundstückswertes anzusetzen, wenn die Möglichkeit eines Vorkaufsfalles z.Zt. völlig fern liegt und damit eine Feststellung nur beiläufig begehrt 1 OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 685; Meyer, § 41 Rn. 22. 2 KG, JW 1937, 2216 Nr. 30; OLG Bremen, Beschl. v. 29.1.1993 – 2 W 116/92; OLG Hamm, Rpfleger 1949, 570 Nr. 138; OLG Hamburg, MDR 1970, 333; OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 685; OLG Koblenz, ZMR 1978, 64. 3 OLG Hamburg, MDR 1970, 333; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.11.2009 – 8 W 348/09, AGS 2010, 195; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 40; abw. OLG Bremen, Beschl. v. 29.1.1993 – 2 W 116/92: 50 % der anfallenden Gesamtmiete; OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 685: 3-facher Jahresbetrag. 4 So LG Dortmund, Beschl. v. 28.11.1990 – 21 T 78/90, WuM 1991, 358. 5 BGH, Beschl. v. 9.8.2006 – XII ZR 165/05, MDR 2007, 202; Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, NZM 2005, 944; Beschl. v. 20.4.2005 – XII ZR 248/04, NZM 2005, 519; OLG Koblenz, JurBüro 1977, 1132 = ZMR 1978, 64; OLG Neustadt, JurBüro 1962, 523; Anders/ Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 37. 6 LG Bamberg, JurBüro 1973, 1196. 7 BGH, LM § 3 ZPO Nr. 13; OLG Celle, JurBüro 1967, 598 Nr. 15.
762
Kurpat
Mietstreitigkeiten wird.1 Im Übrigen ist stets auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen, wobei Maßstab für die Bewertung jeweils die Wahrscheinlichkeit des Vorkaufsfalles ist.2 Siehe auch das Stichwort „Vorkaufsrecht“. • Vorvertrag Siehe unter „Vertragsabschluss“.
4026
• Wegnahme von Einrichtungen Klagt der Mieter auf Duldung der Wegnahme eingebauter Sachen, dann bestimmt sich der Streitwert gem. § 6 ZPO nach dem in der Regel verminderten Wert dieser Sachen, die sie nach der Trennung von den Mieträumen haben werden. Die Kosten des Wegnahmeberechtigten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes bleiben unberücksichtigt.3 § 6 ZPO gelangt zur Anwendung, weil das Klagebegehren auf Erlangung des Besitzes an den Sachen gerichtet ist. Die Wegnahme, deren Duldung begehrt wird, ist gegenüber der Herausgabe nur ein anderes Mittel der Besitzverschaffung. Dieser Unterschied ist für die Anwendung des § 6 ZPO bedeutungslos.
4027
Erhebt der Mieter gegenüber der Klage auf Räumung eines Geschäftsraumes Wider- 4028 klage auf Widerruf der Kündigung und für den Fall der Verurteilung zur Räumung hilfsweise Widerklage auf Ersatz von Verwendungen und Duldung der Wegnahme von Einrichtungen, so ist der Streitwert der Hilfsanträge dem Wert des Räumungsbegehrens hinzuzurechnen, wenn darüber entschieden wird, § 45 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO.4 • Widerklage Erhebt der Mieter gegenüber der Klage auf Räumung eines Geschäftsraumes Wider- 4029 klage auf Fortsetzung des Mietverhältnisses, dann unterbleibt eine Werterhöhung. Dies folgt bereits aus § 41 Abs. 3 GKG, da es für dessen Ausschluss der Zusammenrechnung nicht darauf ankommt, in welcher prozessualen Form Räumung und Fortsetzungsverlangen geltend gemacht werden.5 Zutreffend ist aber auch, dass Klage und Widerklage denselben Streitgegenstand betreffen und auch aus diesem Grunde eine Wertaddition ausscheidet.6 Erhebt der Mieter hingegen Widerklage auf Widerruf der Kündigung und für den Fall der Verurteilung zur Räumung hilfsweise Widerklage auf Duldung der Wegnahme von Einrichtungen, so ist der Streitwert des beschiedenen Hilfsantrages dem Wert des Räumungsbegehrens hinzuzurechnen.7 Es besteht keine Identität der Streitgegenstände; § 41 Abs. 1 Satz 3 GKG ist nicht anwendbar (s. auch das Stichwort „Hilfswiderklage“).
1 OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.9.2003 – 4 U 144/03, ZOV 2004, 31; OLG Celle, JurBüro 1967, 508 Nr. 157: 1/10; OLG München, JurBüro 1951, 101. 2 BGH, JurBüro 1957, 224. 3 BGH, Beschl. v. 12.6.1991 – XII ZR 30/91, WuM 1991, 562 – Beschwer; KG, Rpfleger 1971, 227 = JurBüro 1971, 460. 4 OLG Frankfurt, ZMR 1956, 35. 5 Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 32. 6 OLG München, Beschl. v. 22.7.1988 – 21 W 3002/88, JurBüro 1989, 852. 7 OLG Frankfurt, ZMR 1956, 35.
Kurpat
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4030
ZPO
Mietstreitigkeiten • Winterdienst 4031
Die Klage eines Mieters auf Befreiung vom Winterdienst hat das AG Bonn1 mit 250 Euro bewertet. • Wohnrecht
4032
Die Bewertung von Streitigkeiten über den Bestand eines Dauerwohnrechts richtet sich danach, ob die Gebrauchsgewährung entgeltlich oder unentgeltlich eingeräumt worden ist. Handelt es sich aufgrund entgeltlicher Einräumung um ein dem Mietverhältnis ähnliches Nutzungsverhältnis, sind § 8 ZPO, § 41 Abs. 1 GKG einschlägig; ansonsten ist (über § 48 GKG) nach § 3 ZPO zu bewerten.
4033
So bemisst sich bei einem mietähnlichen Wohnrecht der Streitwert für eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens des Wohnrechts oder der Nichtigkeit des Vertrages über ein mietähnliches Dauerwohnrecht gem. § 41 Abs. 1 GKG nach dem einjährigen Nutzungsentgelt.2
4034
Demgegenüber sind Auseinandersetzungen über den Bestand eines unentgeltlichen dinglichen Wohnrechts und/oder dessen Eintragung in das Grundbuch nach § 3 ZPO und nicht nach § 41 GKG zu bewerten. Die konkrete Bewertung muss dabei angesichts der Unentgeltlichkeit deutlich über dem ortsüblichen Jahresmietzins liegen. Stehen Einräumung und Eintragung im Streit, orientiert sich das OLG Köln3 an dem bis zum 31.8.2009 geltenden § 24 KostO (entspricht teilweise § 52 GNotKG) und ermittelt den Streitwert unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Lebenserwartung des Nießbrauchsberechtigten. Das OLG Frankfurt4 setzt demgegenüber je nach Interesse des Klägers zwischen einjährigem und fünfjährigem Jahresmietbetrag, bei bloßer Eintragung den zweifachen Jahresbetrag an. In einer neueren Entscheidung bemisst es den Streitwert für eine Klage auf Zustimmung zur Löschung in Anlehung an § 9 ZPO mit dem 3,5-fachen Wert des Jahresnutzungswerts.5 Bei existenzieller Bedeutung des unentgeltlichen Wohnrechts, etwa des der Eltern im Haus des Kindes, befürwortet das OLG Schleswig6 eine Bewertung nach dem Grundgedanken des § 41 GKG.
4035
Wird mit der Klage auf Feststellung des Nichtbestehens zugleich die Bewilligung zur Löschung der Grundbucheintragung verlangt, sind die Anträge wirtschaftlich identisch. Eine Wertaddition gem. § 5 ZPO, § 39 Abs. 1 GKG scheidet aus, denn zwischen den Parteien ist nur der (Fort-)Bestand des Wohnrechts streitig.7 Als nachbereitendem Zusatzantrag liegt dem Löschungsbegehren kein vom Feststellungsanspruch abweichendes wirtschaftliches Interesse zugrunde (s. für die Anspruchshäufung auch unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“).
4036
Anders liegt es, wenn neben der Löschungsbewilligung zugleich Herausgabe und Räumung des Nutzungsobjekts beansprucht werden. Hier sind die Klagebegehren wirtschaftlich betrachtet nicht identisch, da die Löschung auf Berichtigung des 1 AG Bonn, Urt. v. 11.4.1989 – 6 C 619/88, WuM 1989, 498. 2 OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.7.1988 – 5 W 13/98, OLGR 1999, 231; OLG München, Beschl. v. 11.12.1998 – 14 W 257/98, ZMR 1999, 173: dingliches Wohnrecht (§ 1093 BGB) unklar ob entgeltlich; OLG Stuttgart, ZMR 1963, 32. 3 OLG Köln, Beschl. v. 12.6.2006 – 2 W 49/06, JurBüro 2006, 477; Beschl. v. 28.8.2003 – 2 W 129/02. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.3.1995 – 19 W 8/95, OLGR 1993, 132. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.5.2006 – 19 W 16/06. 6 OLG Schleswig, Beschl. v. 23.12.2011 – 5 W 58/11, SchlHA 2012, 104; ebenso schon OLG Dresden, Beschl. v. 2.4.2003 – 11 W 408/03. 7 OLG Frankfurt, MDR 1963, 937 Nr. 71; OLG Celle, Nds.Rpfl. 1964, 106; OLG Düsseldorf, JurBüro 1965, 550 Nr. 160.
764
Kurpat
Mietstreitigkeiten Grundbuchs und Beseitigung von Verfügungsbeschränkungen, die Räumung hingegen auf tatsächliche Sachherrschaft gerichtet ist. Zudem ist das Räumungsurteil ohne Bindungswirkung für spätere Löschungsklage. Das OLG Schleswig1 bewertet das Löschungsbegehren nach § 41 Abs. 1 GKG und das Räumungsverlangen nach § 41 Abs. 2 GKG jeweils mit dem Jahresbetrag und addiert sodann. Die demgegenüber vertretene Bewertung des Löschungsbegehrens nach dem bis zum 31.8.2009 geltenden § 24 Abs. 2 KostO2 (entspricht teilweise § 52 GNotKG) überzeugt schon deshalb nicht, weil die sehr hohen Werte dieser Vorschrift ihre Entsprechung in den niedrigeren Gebühren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit finden.3 Streiten die Parteien nur darüber, ob ein bestehendes Wohnrecht durch Eintragung in das Grundbuch dinglich gesichert werden muss, dann ist der Streitwert gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu bestimmen.4
4037
• Wohnungseigentum Unter § 41 GKG fällt nicht die Räumungs- und Herausgabeklage des Wohnungseigentumsverkäufers gegen den Käufer, weil die Überlassung des Objekts für eine Übergangszeit nicht als ein Nutzungsverhältnis i.S.d. § 41 Abs. 2 Satz 2 GKG angesehen wird.5
4038
• Wohnungstausch Der Klage auf Räumung und Herausgabe einer Wohnung auf Grundlage eines zwischen den Parteien vereinbarten Wohnungstausches liegt keine mietrechtliche Streitigkeit zugrunde. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert bestimmen sich daher nach §§ 3, 6 ZPO.6
4039
• Zins Siehe oben bei „Mietzins“.
4040
• Zwangsversteigerung Nach § 57 ZVG i.V.m. § 566 BGB beendet der Zuschlag ein zu diesem Zeitpunkt das Versteigerungsobjekt betreffendes Miet- oder Pachtverhältnis nicht, sondern der Ersteher tritt in diesen Vertrag mit dem Recht zur Sonderkündigung (§§ 57a–d ZVG) ein.
4041
Da diese Regelung dem sozialen Schutz von Mietern und Pächtern dient, ist auch die entsprechende Gebührenprivilegierung des § 41 GKG anwendbar, mit der Folge, dass eine Drittwiderspruchsklage gegen die Räumungsvollstreckung aus einem Zwangsversteigerungs-Zuschlagsbeschluss nach § 41 GKG und nicht nach
4042
1 OLG Schleswig, Beschl. v. 23.12.2011 – 5 W 58/11, SchlHA 2012, 104; ebenso schon OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.7.1988 – 5 W 13/98, OLGR 1999, 231. 2 LG Heidelberg, Beschl. v. 13.3.1984 – 5 T 19/84, AnwBl. 1984, 373; LG Lübeck, JurBüro 1959, 430 Nr. 143. 3 Siehe Lappe, Anm. zu KostRsp. GKG § 16 Nr. 34. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.3.1995 – 19 W 8/95, OLGR 1993, 132: 2-facher Jahresbetrag; OLG Köln, JMBl.NW 1968, 177. 5 BGH, Beschl. v. 26.6.1967, NJW 1967, 2463; OLG Frankfurt, JurBüro 1979, 1888; OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.2.1983 – 17 W 68/83, AnwBl. 1984, 203. 6 Vgl. auch LG Berlin, Beschl. v. 17.12.1991 – 64 T 180/91, MM 1992, 101.
Kurpat
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ZPO
Minderung (ohne Miete) § 6 ZPO zu bewerten ist, wenn der Drittwiderspruchskläger sich auf einen Pachtvertrag als „ein die Veräußerung hinderndes Recht“ beruft.1 4043
Nur wenn kein Recht zur Nutzung eingewandt wird und es allein um den Besitz am Grundstück geht, sind Räumungsklage (§ 985 BGB), Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) und Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) nach dem Verkehrswert des Grundstücks zu bemessen.2 • Zwangsvollstreckung
4044
Gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 2 RVG bestimmt sich der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit bei einer auf Herausgabe oder Räumung gerichteten Zwangsvollstreckung nach dem Wert der herauszugebenden Sache, höchstens jedoch nach dem Streitwert der für die Gerichtskosten maßgeblichen Vorschriften für die Bewertung des Herausgabe- oder Räumungsanspruchs.
Minderung (ohne Miete) 4045
Wird ein bezifferter Minderungsbetrag verlangt, dann ist für den Streitwert die geforderte Summe maßgebend (§ 6 Satz 1 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG).
4046
Soweit sich der Beklagte mit Minderungsansprüchen gegenüber einem Werklohnoder Kaufpreisanspruch verteidigt, stellt sich die Frage der Wertaddition.
4047
Für den Zuständigkeitsstreitwert ist die Antwort auf diese Frage dem Rechtsgedanken des § 5 ZPO zu entnehmen. Werden vom Beklagten Mängel gerügt, können diese den Anspruch selbst verändern (einredeweise geltend gemachte Minderung) oder Grundlage eines Schadensersatzanspruchs sein (Aufrechnung mit Gegenansprüchen). Beides bleibt bei der Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwerts unberücksichtigt; da die Gegenforderung durch die Geltendmachung der Einrede oder Aufrechnung nicht rechtshängig wird, ist für eine Addition von Forderung und Gegenforderung kein Raum. Für den Rechtsmittelstreitwert kommt es auf die geltend gemachte Beschwer (Angriff gegen das Zuerkennen der Klageforderung, gegen das Aberkennen der hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Forderung oder gegen Beides = die materielle Beschwer) an.3
4048
Für den Gebührenstreitwert gilt die Regelung in § 45 GKG. Danach ist eine rechtskraftfähig beschiedene Hilfsaufrechnung über eine bestrittene Gegenforderung (§ 45 Abs. 3 GKG) dem Hauptsachewert hinzuzurechnen. In der Regel wird das bloße Berufen auf eine Minderung nicht als Aufrechnung zu behandeln sein. Siehe näher dazu die Stichwörter „Aufrechnung“ und „Einrede, Einwendung“.
4049
Wird der Rechtsstreit über einen geltend gemachten Minderungsanspruch dadurch beigelegt, dass die Parteien vergleichsweise die Rückabwicklung des Kaufvertrages vollziehen, so kann darin nicht nur die Erfüllung des Minderungsanspruchs gesehen werden, denn die Vornahme eines Rücktritts in einem Vergleich über einen Minderungsanspruch setzt voraus, dass jedenfalls auch der Rücktrittsanspruch gel-
1 OLG Köln, Beschl. v. 9.9.2002 – 19 W 35/02, BRAGOreport 2003, 121; OLG Celle, Beschl. v. 12.5.1987 – 7 W 16/87, KostRsp. GKG § 16 Nr. 52; a.A. LG Bayreuth, AnwBl. 1966, 403 – unzutreffend auf die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss abstellend. 2 Siehe LG Düsseldorf, Beschl. v. 17.3.1992 – 25 T 174/92, KostRsp. GKG § 16 Nr. 84; LG Kassel, Beschl. v. 9.3.1987 – 2 T 106/87, Rpfleger 1987, 425. 3 Vgl. Zöller/Heßler, § 511 ZPO Rn. 23 m.w.N.
766
Kurpat/Noethen
Mitbenutzungsrecht tend gemacht wird. Wertmäßig geht der Minderungsanspruch daher in dem Rücktrittsanspruch auf, für den der zurückzuzahlende Gesamtkaufpreis maßgebend ist.1
Mindeststreitwert Mindeststreitwerte sind für zivilgerichtliche Verfahren und Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – im Gegensatz zu familiengerichtlichen und finanzgerichtlichen Verfahren – nicht vorgesehen.
4049a
Lediglich das RVG kennt Mindestwerte, und zwar im Insolvenzverfahren für die Vertretung des Schuldners im Eröffnungsverfahren nach § 28 Abs. 1 Satz 2 RVG einen Mindestwert von 4000 Euro und nach § 31 Abs. 1 Satz 4 RVG für Spruchstellenverfahren i.H.v. 5000 Euro.
4049b
Mitbenutzungsrecht Mitbenutzungsrechte treten in unterschiedlichen Formen auf. Streitwertrechtlich von Bedeutung sind sie nur als selbständiger Gegenstand des Klagebegehrens. Daher bleiben sie unberücksichtigt, wenn etwa im Fall der Räumungsklage neben dem Besitz des Beklagten an den von ihm genutzten Räumlichkeiten auch sein Recht zur Mitbenutzung von Gemeinschaftsflächen und -anlagen betroffen ist. Die gilt auch bei Streitigkeiten betreffend die Einräumung eines lebenslänglichen Wohn- und Mitbenutzungsrechtes. Zu einer abweichenden Bewertung besteht nur Anlass, wenn sich der Streit auf die Einräumung oder Ausübung einzelner Mitbenutzungsrechte beschränkt.
4050
So liegt es beispielsweise, wenn Miteigentümer (Ehegatten) eines ehemals gemeinsam genutzten Wohnanwesens, hinsichtlich dessen beiden ein Mitbenutzungsrecht nach § 743 Abs. 2 BGB zusteht, darüber streiten, ob der Kläger von dem in dem Objekt verbliebenen Beklagten die Gestattung der jederzeitigen Besichtigung des Objekts verlangen kann.2 Hier ist der Streitwert gem. § 3 ZPO nach dem klägerischen Zutrittsinteresse zu bemessen, wobei zu beachten ist, dass jeder der Beteiligten (im Zweifel hälftig: § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB) berechtigt ist und ein Anteilsrecht immer streitwertmindernd berücksichtigt werden muss.3
4051
Hat der Kläger in einem Rechtsstreit ein unentgeltlich eingeräumtes Mitbenutzungsrecht an Werkstatträumen und den dort befindlichen Maschinen und Werkzeugen geltend gemacht, dann richtet sich die Streitwertfestsetzung auch hier nach § 3 ZPO. Dabei ist der Anspruch auf Mitbenutzung der Werkstatt samt Einrichtung geringer zu bewerten als ein etwaiges Recht zum Mitbesitz. Denn der Mitbesitz geht weiter als das Recht auf bloße Mitbenutzung.4
4052
Der Wert einer Klage auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit gem. § 116 Abs. 1 SachRBerG wegen fehlender Begründung eines Mitbenutzungsrechts nach §§ 312, 322 ZGB (DDR) bemisst sich gem. § 7 ZPO nach dem Wert der Grunddienstbar-
4053
1 2 3 4
KG, Beschl. v. 23.12.1959 – 15 W 1908/59, Rpfleger 1962, 155 (noch für die Wandelung). LG Saarbrücken, Urt. v. 1.4.2004 – 2 S 227/03, FamRZ 2004, 1580: 1200 Euro. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.1.1980 – 10 W 60/79, Justiz 1980, 148. OLG Nürnberg, Rpfleger 1956, 298; Meyer, Anh. § 48 (§ 3 ZPO) Rn. 21 unter „Mitbenutzungsrecht“.
Noethen/N. Schneider/Kurpat
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ZPO
Miterbe keit.1 Die daneben hilfsweise verlangte Duldung eines Notwegerechts ist damit nicht wirtschaftlich identisch und daher – im Falle der Bescheidung – gesondert zu bewerten.2 4054
Beruft sich der Nutzungsberechtigte nach vorausgegangener Kündigung eines Mietvertrages auf ein auf Lebenszeit eingeräumtes Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht, dann bemisst sich die Beschwer nach § 9 ZPO, d.h. nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag des Nutzungsentgelts.3 Das gilt auch für den Wert (der Beschwer) einer Vollstreckungsabwehrklage, die auf Abwehr eines mietvertraglich begründeten streitigen Anspruchs auf Mitbenutzung eines Trockenbodens gerichtet ist.4
4054a
Streitigkeiten über ein im Zuge einer Grundstücksübertragung eingeräumtes Wohn- und Mitbenutzungsrecht sind (über § 48 GKG) nach § 3 ZPO zu bewerten, denn für eine unmittelbare Anwendung von § 9 ZPO bzw. § 41 GKG fehlt es an der periodischen Struktur des Nutzungsrechts und einem (laufenden) Entgelt. Anstelle der vom BGH5 vertretenen Anlehnung an § 24 KostO (§ 52 GNotKG) kommt – je nach den Umständen des Einzelfalles – eine entsprechende Anwendung von § 41 GKG6 oder von § 9 ZPO7 in Betracht. Siehe auch die Stichwörter „Besitz“ und „Mietstreitigkeiten“.
Miterbe A. Die Bewertungsproblematik 4055
Die Bewertung des Streitwerts bei Miterbenstreitigkeiten erfolgt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gem. § 3 ZPO, wobei ein Miteigentumsanteil des klagenden Erben außer Ansatz bleibt. Das gilt auch für Streitigkeiten der Miterben untereinander, soweit Herausgabeansprüche (§ 6 ZPO) geltend gemacht werden. Sofern jedoch Ansprüche von oder gegen Dritte geltend gemacht werden, die außerhalb der Erbengemeinschaft stehen, ist voll zu bewerten.8
4056
Die Rechtsvorgänge zwischen Miterben oder an denen ein Miterbe beteiligt ist, sind mannigfacher Art. Allgemeine Bewertungsregeln können nicht vorangestellt werden, da es an einer eigenen Bemessungsvorschrift für Erbschaftssachen fehlt.
4057
Die einzige Bewertungsproblematik, die sich dann allerdings durch sämtliche Einzelfälle hindurchzieht, an denen Miterben beteiligt sind, ist die, ob eine wirtschaftliche oder eine formelle Betrachtungsweise vorzuziehen ist. Im Ergebnis läuft das weitgehend auf die sich immer wieder stellende Frage hinaus, ob und wie der Anteil des klagenden oder beklagten Miterben bei der Streitwertbemessung anzusetzen ist.
1 OLG Naumburg, Urt. v. 30.5.2000 – 11 U 243/99, NZM 2001, 1050; OLG Rostock, Urt. v. 20.5.1999 – 7 U 339/98, NZM 2000, 837; LG Dessau-Roßlau, Urt. v. 12.7.2013 – 2 O 748/12, ZOV 2013, 171. 2 OLG Rostock, Urt. v. 20.5.1999 – 7 U 339/98, NZM 2000, 837; LG Stendal, Urt. v. 10.5.2001 – 22 S 18/01, NZM 2002, 46. 3 BGH, Beschl. v. 21.9.2006 – V ZR 63/06, WuM 2006, 583. 4 BGH, Beschl. v. 12.3.2008 – VIII ZB 60/07, WuM 2008, 296. 5 BGH, Beschl. v. 20.10.2005 – V ZR 73/05; OLG München, Beschl. v. 18.11.2014 – 20 W 2267/14 – für Gegenstandswert der Pfändung eines Wohn- und Mitbenutzungsrechts. 6 OLG Dresden, Beschl. v. 2.4.2003 – 11 W 408/03. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.5.2006 – 19 W 16/06. 8 BGH, Beschl. v. 7.11.1966 – III ZR 48/66, LM Nr. 31 zu § 3 ZPO.
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Miterbe Deshalb ist es zweckdienlich, von vornherein die Erläuterungen auf die für die Bewertungspraxis wichtigen Fallgestaltungen auszurichten und diese in alphabetischer Ordnung zu erläutern.
B. Streitwert-ABC Stichwortübersicht Rn. Aufhebung der Erbengemeinschaft, Auseinandersetzung . . . . . . . . . . Auflassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgleichungspflicht . . . . . . . . . . . Auskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bankguthaben . . . . . . . . . . . . . . . . . Befreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erbauseinandersetzung, Erbteilung . Erbfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . Erbschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erbunwürdigkeit. . . . . . . . . . . . . . . Feststellungsabschlag . . . . . . . . . . . Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzliche Erbfolge . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
4058 4066 4076 4077 4081 4082 4083 4085 4087 4090 4091 4093 4095 4096
Rn. Grundbuchberichtigung . . Herausgabe . . . . . . . . . . . . Hinterlegung . . . . . . . . . . Leistungsklage . . . . . . . . . Nachlassverzeichnis. . . . . Nichtigkeit. . . . . . . . . . . . Pachtvertrag . . . . . . . . . . . Pflichtteil . . . . . . . . . . . . . Rücktritt vom Erbvertrag . Testamentsvollstreckung . Unterlassung . . . . . . . . . . Vorerbe . . . . . . . . . . . . . . . Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . Zurückbehaltungsrecht . . Zuwendungen . . . . . . . . .
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4098 4099 4102 4103 4113 4115 4120 4121 4122 4123 4126 4127 4133 4134 4135
• Aufhebung der Erbengemeinschaft, Auseinandersetzung Da der Miterbe, der auf Zustimmung zum Auseinandersetzungsplan klagt, mit seiner Auseinandersetzungsklage das Rechtsschutzziel verfolgt, den auf ihn entfallenden Teil des Überschusses nach der Verwertung des Nachlasses zu erhalten, ist der maßgebliche wirtschaftliche Wert des Streitgegenstandes nur der Erbanteil des Klägers, bei dessen Bewertung sekundär entscheidend ist, was der Beklagte nach Auffassung des Klägers diesem zu Unrecht vorenthält.
4058
Als Streitwert kann folglich, da nicht die Erbbeteiligung, sondern die Erlangung der Verfügungsbefugnis über bestimmte, dem Erbanteil wertmäßig entsprechende Nachlassgegenstände im Streit ist, nur ein Betrag in Frage kommen, der sich unter dem Wert der Erbteile der klagenden Miterben hält.1 Eine andere Beurteilung ist ausnahmsweise dann geboten, wenn es dem Kläger wirtschaftlich betrachtet darum geht, das gesamte Erbe auf sich zu vereinigen; dann ist für den Streitwert ausnahmsweise der von dem Beklagten gehaltene Erbteil maßgebend.2
4059
Werden wechselseitige Klagen erhoben, gilt § 45 GKG. Der Wert des Streitgegenstandes in einem auf Auseinandersetzung einer zweigliedrigen Miterbengemeinschaft gerichteten Rechtsstreit ist bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf die Punkte zu beschränken, die zwischen den Parteien streitig sind, auch wenn wechselseitig mit Klage und Widerklage die Zustimmung der jeweiligen Gegenseite zu einem Verteilungsplan verlangt wird und Gegenstand dieser Verteilungspläne auch die Übertragung eines Grundstücks von der Miterbengemeinschaft auf einen Miterben ist, sofern diese Übertragung als solche und der zugrunde zu legende Wert des Grundstücks nicht im Streit sind.3
4060
1 BGH, Urt. v. 24.4.1975 – III ZR 173/72, NJW 1975, 1415 = MDR 1975, 741; BGH, MDR 1973, 125 = NJW 1972, 909. 2 OLG Celle, OLGR 2001, 142. 3 OLG Bremen, Beschl. v. 16.9.2003 – 2 U 27/03, OLGR 2004, 134 = RVG-B 2004, 126.
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Miterbe Wird der Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet, in dem die Miterbengemeinschaft das zum Nachlass gehörige Grundstück auf einen Miterben zu dessen Alleineigentum überträgt, so ist ein übersteigender Vergleichswert i.H.d. Bruchteils des Grundstückswerts vorhanden, der (wirtschaftlich) übertragen wird.1
4062
Das Interesse an der Vermeidung der Versteigerung zur Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft ist auf 10 % des (um das Affektionsinteresse erhöhten) Wertes des der Versteigerung unterworfenen Gegenstands anzusetzen.2
4063
Verlangt ein Miterbe von anderen Miterben die Übertragung eines Erbschaftsgegenstands, so sollen nach OLG Köln deren Anteile abzuziehen sein.3
4064
Klagt ein Miterbe auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Teilungsplanes des Testamentsvollstreckers und umfasst der Teilungsplan zwar den überwiegenden Teil des Nachlasses (unter anderem mehrere Grundstücke), nicht aber den gesamten Nachlass, so bestimmt sich der Streitwert bezogen auf den Gesamtwert des Teilungsplanes nach der Hälfte der Miterbenquote des klagenden Erben.4
4065
Hat das Berufungsgericht in einem Verfahren auf Auseinandersetzung einer ungeteilten Miterbengemeinschaft in Abweichung von der Teilungsanordnung des Erblassers im Teilungsplan dem Beklagten das Alleineigentum an einer Eigentumswohnung zugesprochen und ansonsten den Parteien die Erträge und Kosten von anderen Eigentumswohnungen hälftig zugewiesen, so bemisst sich die Beschwer des Klägers nach dem Wert des von ihm geltend gemachten Miteigentumsanteils an der Eigentumswohnung sowie dem 3 1/2-fachen Wert des einjährigen Bezugs der Nutzungen aus den anderen Eigentumswohnungen. Demgegenüber ist der Nutzungsvorteil des Beklagten, der eine Eigentumswohnung trotz eines nur anteiligen Gebrauchsrechts allein nutzt, nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, wenn der Kläger sein eigenes Mitgebrauchsrecht nicht geltend gemacht hat.
ZPO
4061
• Auflassung 4066
Verlangt ein Miterbe die Auflassung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks nur von einzelnen Miterben, so kommt als Streitwert lediglich der dem Anteil aller verklagten Miterben am Nachlass entsprechende Teil des Grundstückswertes in Betracht.5
4067
Bei Klagen zweier Miterben gegen den dritten Miterben auf Auflassung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks auf einen der Kläger, ist dementsprechend der Anteil des beklagten Miterben als Streitwert anzusetzen.6 Auch dann kommt es nur auf den Anteil des beklagten Miterben an, wenn der Kläger (= Miterbe) im Einverständnis mit einem dritten Miterben auf Übertragung an sich klagt. Zum rechnerisch gleichen Ergebnis kommt das OLG Celle:7 Verlangt ein Miterbe von einem anderen Miterben aufgrund einer Anordnung des Erblassers die Auflassung des Nachlassgrundstücks, so richtet sich der Streitwert grundsätzlich nach dem Verkehrswert des Grundstücks. Von diesem Wert ist jedoch der bisherige gesamthänderische Anteil des klagenden Miterben abzusetzen.
4068
Allerdings bestimmt sich der Streitwert eines Anspruchs auf Übereignung eines Grundstücks durch Erklärung der Auflassung und Bewilligung der Eintragung des 1 2 3 4 5 6
OLG Bremen, Beschl. v. 16.9.2003 – 2 U 27/03, OLGR 2004, 134 = RVG-B 2004, 126. BGH, Beschl. v. 24.1.1996 – IV ZR 276/95, BGHR ZPO § 3 Versteigerung 1. OLG Köln, Beschl. v. 17.5.1995 – 11 W 32/95. OLG München, Beschl. v. 26.1.1995 – 15 W 2687/94, OLGR München 1995, 142. KG, Rpfleger 1962, 156. BGH, Urt. v. 24.4.1975 – III ZR 173/72, NJW 1975, 1415 = MDR 1975, 741; BGH, MDR 1973, 125 = NJW 1972, 909. 7 OLG Celle, Beschl. v. 23.3.2001 – 22 W 21/01, OLGR 2001, 142.
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Miterbe Eigentumsübergangs im Grundbuch gem. § 6 ZPO nach dem Verkehrswert des Grundstücks1 im Zeitpunkt der Klageerhebung.2 Dies gilt insbesondere auch dann, wenn im Rahmen einer Erbauseinandersetzung ein Miterbe (der nur in Höhe seines Erbteils an dem in den Nachlass fallenden Grundstück beteiligt ist) auf Auflassung und Übereignung dieses Nachlassgrundstücks verklagt wird, sei es bei der Klage eines Miterben3 oder eines Nachlassgläubigers wie etwa eines Vermächtnisnehmers, vgl. § 1967 Abs. 2 BGB. Soweit die vorzitierte Rechtsprechung für die Erbauseinandersetzungsklage zwischen Miterben angezweifelt wird,4 beruht dies auf dem Umstand, dass der Erbteil des klagenden Miterben außer Betracht bleiben soll.
4069
Bei der Streitwertbemessung ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Erbengemeinschaft um eine Gesamthandsgemeinschaft handelt (§ 2040 Abs. 1 BGB), bei der die Miterben über Nachlassgrundstücke nur gemeinsam verfügen können. Erhebt deshalb ein Nachlassgläubiger gegen einen oder einzelne sich weigernde Miterben Klage auf Mitwirkung bei der Auflassung von Nachlassgrundstücken an einen Dritten, so bestimmt sich der Streitwert nicht nach dem Teil der Grundstückswerte, der dem Erbteil des oder der mehreren Miterben entspricht, sondern nach dem vollen Wert der Grundstücke. Dem erhöhten Schutz der verklagten Miterben, der in der Notwendigkeit ihrer Mitwirkung bei Verfügungen der Erbengemeinschaft besteht, entspricht eine erhöhte Verantwortlichkeit.5 Es ist daher nicht gerechtfertigt, den Streitwert auf die Erbquoten der verklagten Miterben zu beschränken. Mit der Klage wird von den Beklagten die Mitwirkung bei der Übertragung des gesamten Grundstücks (nicht nur eines Teils desselben) verlangt. Die Beklagten sind gar nicht in der Lage, ihre Mitwirkung bei der Übertragung des Grundstücks auf einen Dritten, beispielsweise auf einen Vermächtnisnehmer, etwa nur auf einen ihren Erbteilen entsprechenden Anteil an dem Grundstück zu beschränken. Die Mitwirkung der Beklagten ist nicht auf einen Anteil an dem Grundstück gerichtet, sie betrifft vielmehr das ganze (zu übertragende) Grundstück. Auch bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist daher in derartigen Fällen der Wert des zu übertragenden Grundstücks der Streitwert (§ 6 ZPO).6 Hat der Kläger das Grundstück schon auf seine Kosten bebaut, so ist der Bauwert voll abzuziehen.7
4070
Von der Bewertung des Auflassungsanspruchs unter Miterben ist der Fall zu unterscheiden, dass ein Dritter in den Streit hineingezogen wird.
4071
Dementsprechend hat das KG8 ausgeführt, der Streitwert der Klage auf Auflassung eines Grundstücks zwecks Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft sei jedenfalls dann gleich dem vollen Verkehrswert, wenn es sich dabei nicht um die Regelung der Eigentumsverhältnisse nur unter den Miterben handele. Verklagt also beispielsweise ein Miterbe einen anderen Miterben auf Mitwirkung bei der Auflassung eines Nachlassgrundstücks an einen Dritten, so liegt es nahe, den vollen Wert des Grundstücks als Streitwert anzusehen. Zwar können Miterben nur gemeinsam über ein Grundstück verfügen (§ 2040 Abs. 1 BGB). Diese Zustimmung soll durch die Klage erzwungen werden. Wo Mit1 2 3 4 5 6
OLG Celle, Beschl. v. 7.9.1998 – 16 W 58/98, OLGR 1999, 200. OLG Köln, Urt. v. 20.9.2004 – 19 U 214/02, MDR 2005, 298. BGH, Beschl. v. 20.4.1956 – V ZR 3/55, NJW 1956, 1071. Vgl. BGH, Urt. v. 20.4.1975 – III ZR 173/72, NJW 1975, 1415. BGH, Beschl. v. 20.4.1956 – V ZR 3/55, NJW 1956, 1071. Zutreffend OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.3.2012 – 12 W 444/12, AGS 2012, 307 = MDR 2012, 978; a.A. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.8.2000 – 14 W 54/00, AGS 2002, 13. 7 OLG Bamberg, JurBüro 1973, 768. 8 KG, Rpfleger 1962, 155.
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erben jedoch einzeln zur Verfügung bereit sind, entsteht kein gerichtlicher Streit. Das gilt immer für den klagenden Miterben. Daraus folgt, dass der Streitwert – jedenfalls bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise – nur nach den Anteilen derjenigen Miterben bemessen werden darf, die durch Klage zur Auflassung an einen Dritten gezwungen werden sollen. Das gilt auch dann, wenn in einem Streit unter Miterben Herausgabe des Nachlasses an einen Dritten zum Zwecke der Auseinandersetzung (Versteigerung) verlangt wird. Der Streitwert bemisst sich also nicht nach dem ganzen herauszugebenden Nachlass, sondern – wie bei der Klage auf Aufhebung der Erbengemeinschaft (Rn. 4055 ff.) – nach der vom Kläger erwarteten Quote am Erlös. 4073
Der Streitwert der Klage eines Nachlassgläubigers gegen einen einzigen (Voll-)Erben auf Auflassung und Herausgabe eines Grundstücks ist gleich dem Wert des Grundstücks.
4074
Nicht zu verwechseln damit sind die Leistungsklagen auf Geldzahlung. Insoweit haftet der einzelne Miterbe voll, so dass auch entsprechend zu bewerten ist (s. unten Rn. 4103).
4075
Ebenso liegt es, wenn ein Miterbe und ein Nicht-Miterbe als Vermächtnisnehmer gegen die Mitglieder einer Erbengemeinschaft auf Übereignung eines Grundstücks klagen, selbst wenn die Übereignung nur an der fehlenden Einwilligung einzelner Miterben scheitert.1 Grund: Der Miterbenanteil des klagenden Erben kann nicht zugunsten des klagenden Nicht-Miterben abgezogen werden; maßgebend ist nur der Klageantrag auf Übereignung an den Erben und den Nicht-Miterben als Miteigentümer.2 • Ausgleichungspflicht
4076
Bei einer Klage auf Feststellung der Ausgleichungspflicht gem. § 2050 BGB ist der Streitwert nach dem Interesse zu bemessen, das der Kläger an der Ausgleichung hat. Es ist also § 3 ZPO und nicht § 6 ZPO anzuwenden.3 Die Festsetzung des Wertes nach freiem Ermessen rechtfertigt sich daraus, dass die Verurteilung für die Beklagten nicht dieselben Folgen hat wie eine Verurteilung zur Leistung nach § 2039 BGB. • Auskunft
4077
Die Bewertung hat nach § 3 ZPO zu erfolgen. Der Anspruch auf Auskunftserteilung gewährt im Falle der Verurteilung keine volle Befriedigung, sondern bereitet die Zahlungsklage nur vor. Infolgedessen stellt sich sein Wert auch nur als Bruchteil des Anspruchs dar, dessen Geltendmachung er erleichtern soll. Auszugehen ist vom Wert des Nachlasses, sodann ist die Miterbenquote zu bestimmen; von dem sich hieraus ergebenden Betrag ist der Streitwert für die Auskunftserteilung wiederum mit einem Bruchteil zu bemessen.4 Die Bewertung des Auskunftsanspruchs erfolgt im Rahmen des § 3 ZPO nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der begehrten Auskunft zu Beginn der Instanz. Zu schätzen ist nach objektiven Kriterien, wobei auf die realistischen, also nicht die über-
1 2 3 4
OLG Bamberg, Beschl. v. 15.10.1987 – 3 W 110/87, JurBüro 1988, 517. Siehe E. Schneider, Anm. zu KostRsp. ZPO § 3 Nr. 912. BGH, Rpfleger 1957, 247. OLG Schleswig, JurBüro 1960, 263; 1959, 169.
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Miterbe triebenen Erwartungen des Klägers abzustellen ist. Spätere Erkenntnisse oder eine Bezifferung verringern den Streitwert nicht.1 In der Regel beträgt der Streitwert 1/10 bis 1/4 vom Auskunftsgegenstand, je nach Abhängigkeit des Klägers von der Auskunft.2
4078
Nur in Ausnahmefällen, wenn die Verhältnisse weitgehend bekannt sind, kommt ein Ansatz von lediglich 1/10 für die Streitwertbemessung in Betracht.3 Ist der Kläger von der begherten Auskunft völlig abhängig, kann der Wert dieses Gegenstandes sogar erreicht werden, ihn aber nicht überschreiten.4
4079
Auch wenn eine Stufenklage nach rechtskräftiger Entscheidung durch Teilurteil in der Auskunftsstufe mangels weiterem Betreiben der Sache nach Aktenordnung weggelegt wird (Fall der sog. „steckengebliebenen Stufenklage“), ist für die Höhe des Streitwertes nicht allein auf die Auskunftsstufe abzustellen, sondern gem. § 44 GKG auf den höheren der verbundenen Ansprüche, in der Regel also auf den Anspruch aus der Leistungsstufe. Für diesen Wert ist die Vorstellung des Klägers in der Klagbegründung maßgeblich, was nur dann anders sein kann, wenn sie ausnahmsweise schon aus sich heraus erkennbar ohne Realitätsgehalt erscheint5.
4080
Zwar wird für den vorliegenden Fall der „steckengebliebenen Stufenklage“ teilweise vertreten, es sei für die Wertberechnung allein auf die Hilfsstufen abzustellen.6 Zur Begründung wird einerseits der Wortlaut des § 44 GKG angeführt, der nämlich die Möglichkeit eines höheren Wertes des Auskunftsanspruchs nicht ausschließe, und andererseits der Sinn und Zweck der Stufenklage, dem Kläger kostenreduzierend die Rechtshängigkeit eines noch unbestimmten Leistungsanspruchs kombiniert mit den Hilfsansprüchen zu ermöglichen. Diese Ansicht überzeugt nicht. Auf den Wortlaut von § 44 GKG kann nicht abgestellt werden, weil § 40 GKG greift. Danach ist der sich bei Klagerhebung unter Berücksichtigung der Klägervorstellung ergebende Wert der rechtshängig gemachten Leistungsstufe der höhere.7 • Bankguthaben Der Streitwert der Feststellungsklage einer Miterbin gegen einen anderen Miterben, dass ein Bankguthaben zum Nachlass gehört, bestimmt sich nach dem Betrag des Guthabens abzgl. des Miterbenanteils des Beklagten. Davon ist ein Abschlag von etwa 20 % vorzunehmen.8 (Siehe auch unten Rn. 4088.)
4081
• Befreiung Klagt ein Miterbe auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrages der Erbengemeinschaft, der den Beklagten zum Ankauf eines Nachlassgrundstücks berech1 OLG Düsseldorf, JurBüro 1987, 736; OLG Köln, FamRZ 2005, 1847; OLG München, MDR 2006, 1134; BGH, Urt. v. 9.3.2006 – V ZB 164/05. 2 BGH, NJW 2006, 3060; BGH, NJW 2011, 926 u. 2975; OLG Frankfurt, MDR 2005, 164; BGH, Urt. v. 13.9.2004 – II ZR 137/02. 3 BGH, NJW-RR 2012, 762; OLG Hamm, FamRZ 2007, 163; OLGR Saarbrücken 2009, 381. 4 OLG Köln, FamRZ 1984, 1029; OLG Bamberg, JurBüro 1989, 1306; OLG Frankfurt, Urt. v. 9.1.1987 – 4 WF 152/86, MDR 1987, 508; a.A. OLG Koblenz, JurBüro 2005, 39: generell unter der Hälfte. 5 OLG Schleswig, Beschl. v. 26.8.2014 – 3 W 72/14, MDR 2014, 1345. 6 OLG Stuttgart, FamRZ 2005, 1765 f.; OLG Dresden, MDR 1997, 691. 7 OLG Schleswig, Beschl. v. 26.8.2014 – 3 W 72/14, MDR 2014, 1345; OLG Stuttgart, FamRZ 2008, 533 f. und 534 f.; OLG Karlsruhe, ZEV 2009, 40; KG, FamRZ 2007, 69 f.; OLG Saarbrücken, AGS 2011, 91 ff. 8 OLG Bamberg, JurBüro 1974, 1433.
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tigt, so bestimmt sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an der Befreiung von der Verpflichtung aus dem Vertrag, nicht nach dem entsprechenden Interesse der ganzen Erbengemeinschaft.1 • Berichtigung 4083
Der Streitwert einer Klage, mit der ein Erbe gegen einen Miterben einen zum Nachlass gehörenden Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs dahin geltend macht, dass anstelle des Miterben die Erben in Erbengemeinschaft als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen werden, bemisst sich nach dem Wert des Grundstücks abzgl. des dem Erbteil des Beklagten entsprechenden Anteils.2
4084
Anders liegt der Fall, wenn der Miterbe gegen einen am Nachlass nicht beteiligten Dritten dahingehend auf Berichtigung des Grundbuchs klagt, statt des eingetragenen Dritten sei die Erbengemeinschaft einzutragen. Der Klageantrag muss nach § 2039 Satz 1 BGB dahin lauten, dass der Dritte die Leistung an alle Erben gemeinsam zu erbringen hat. Eine verurteilende Erkenntnis kommt also allen Miterben zugute. Das gesamte Grundstück ist streitbefangen. Der Streitwert deckt sich daher mit dem Verkehrswert des Grundstücks.3 • Erbauseinandersetzung, Erbteilung
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Streitigkeiten wegen Erbauseinandersetzungen sind in der Bewertung zweifelhaft, wenn es um die Übernahme eines Grundstücks oder mehrerer Grundstücke geht. Die Rechtsprechung war lange Zeit unübersichtlich und sehr kontrovers. Das hing damit zusammen, dass ursprünglich eine rein formale Bewertung nach § 6 ZPO befürwortet wurde.4 Der BGH hat sich von dieser Rechtsprechung langsam gelöst und ist endgültig zur wirtschaftlichen Bewertung übergegangen.5 Er stellt jetzt nicht mehr auf den Nachlasswert als solchen ab, sondern berücksichtigt den Erbanteil des klagenden Miterben, der bei der Bemessung des Streitwerts abzuziehen ist (s. oben Rn. 4055 f.).
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Der Streitwert einer Erbteilungsklage richtet sich nicht nach dem vollen Wert des Nachlasses,6 sondern nach dem Interesse des Klägers an dem Auseinandersetzungsplan.7 Hat z.B. ein Miterbe im Einverständnis mit einem zweiten Miterben den dritten Miterben auf Übertragung eines Nachlassteils auf sich verklagt, bemisst sich der Streitwert nur nach dem Anteil des verklagten Miterben,8 den der Kläger begehrt. • Erbfeststellung
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Maßgeblich für die Bemessung des Streitwerts einer Erbfeststellungsklage ist der von den Klägern für sich in Anspruch genommene Erbteil. Für den Wert des Klageantrags kommt es weder darauf an, dass der Beklagte behauptet, selbst nur mit einem unter dem Erbanteil der Klägers liegenden Erbanteil Miterbe auf Grund gesetzlicher Erbfolge zu sein, noch darauf, dass die Kläger ihre Klagen gegen andere 1 2 3 4 5 6 7
BGH, JurBüro 1954, 231. BGH, MDR 1958, 676; RGZ 156, 263. Siehe RGZ 149, 193; E. Schneider, JurBüro 1977, 440 Nr. 5. BGH, JurBüro 1962, 278. BGH, Beschl. v. 28.4.1993 – IV ZR 23/92, NJW 1975, 1415 = MDR 1975, 741. So noch BGH, JurBüro 1962, 278. BGH, Beschl. v. 28.4.1993 – IV ZR 23/92; Beschl. v. 3.2.1993 – IV ZR 246/92; OLG Schleswig, SchlHA 1993, 155 = JurBüro 1994, 26. 8 OLG Hamburg, JurBüro 1994, 364.
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Miterbe Beklagte, die ebenfalls als gesetzliche Miterben in Betracht kommen, zurückgenommen haben.1 Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Miterbenstellung mit einer bestimmten Erbquote bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des unterlegenen Beklagten. Zielt dessen Klageabweisungsantrag darauf ab, die Beteiligung des Klägers am Nachlass zu beseitigen, so ist maßgeblich für den Streitwert der vom Kläger für sich in Anspruch genommene Anteil an dem (um die Verbindlichkeiten) geminderten Nachlass, abzgl. eines Feststellungsabschlags von 20 %. Dieser Wert ist nicht deshalb um einen weiteren Abschlag zu mindern, weil der Beklage selbst nur geltend macht, mit einem bestimmten Anteil am Nachlass als gesetzlicher Erbe beteiligt zu sein.2
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Begehrt der Beklagte neben der Klageabweisung mit einer Widerklage die Feststel- 4089 lung, dass er gesetzlicher Miterbe zu einer bestimmten Erbquote geworden sei, so hat die Widerklage einen Streitwert i.H.d. in Anspruch genommenen Erbquote abzgl. eines 20 %-igen Feststellungsabschlags. Der Streitwert von Klage und Widerklage ist nicht nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG zusammenzurechnen, weil die Ansprüche denselben Gegenstand betreffen.3 Maßgebend ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise.4 Eine wirtschaftliche Identität von Klage und Widerklage liegt nach der von der Rechtsprechung entwickelten „Identitätsformel“ dann vor, wenn die Ansprüche aus Klage und Widerklage nicht in der Weise nebeneinander stehen können, dass das Gericht beiden stattgeben kann, sondern die Verurteilung nach dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen Antrags nach sich zieht. Zielt die Klage auf Feststellung, dass die Kläger testamentarische Erben der Erblasserin geworden sind, hat dies notwendigerweise die Abweisung der Widerklage zur Folge, mit der die Beklagte die Feststellung begehrt, dass sie gesetzliche Erbin geworden ist. Entsprechend müsste die Klage abgewiesen werden, wenn der Widerklage stattgegeben würde. Anzusetzen ist mithin gem. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nur der höhere Wert der Klage.5 • Erbschein Bei einer Klage auf Herausgabe eines Erbscheins ist gem. § 3 ZPO das wirtschaftliche Interesse an der Verhinderung drohender Nachteile6 oder am Beweisvorteil maßgeblich.
4090
• Erbunwürdigkeit Ein einzelner Miterbe kann den Erbfall eines anderen Miterben anfechten und Anfechtungsklage mit dem Antrag erheben, diesen für erbunwürdig zu erklären (§§ 2341, 2342 BGB). Hat er Erfolg, dann erhöht sich nicht nur seine Beteiligung am Nachlass, sondern auch die der anderen Miterben, da das stattgebende Gestaltungsurteil für diese Rechtskraft wirkt (vgl. § 2344 Abs. 1 BGB). Der Sache nach ist also die gesamte Beteiligung des Beklagten am Nachlass in Streit, so dass diese auch die Höhe des Streitwertes bestimmen muss.7
1 BGH, Beschl. v. 13.12.2011 – IV ZR 146/10, ZEV 2012, 159; Beschl. v. 28.9.2011 – IV ZR 146/10, AGS 2012, 30. 2 BGH, Beschl. v. 28.9.2011 – IV ZR 146/10, ZEV 2011, 656 = AGS 2012, 30. 3 BGH, Beschl. v. 28.9.2011 – IV ZR 146/10, ZEV 2011, 656 = AGS 2012, 30. 4 BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506. 5 BGH, Beschl. v. 28.9.2011 – IV ZR 146/10, ZEV 2011, 656 = AGS 2012, 30. 6 BGH, KostRspr ZPO § 3 Nr. 176. 7 BGH, Urt. v. 20.10.1969 – III ZR 208/67, JurBüro 1969, 1168 = MDR 1970, 124; Beschl. v. 27.2.2008 – IV ZR 138/07, ZEV 2008, 193.
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4091
Miterbe
ZPO
4092
Bei dieser Gestaltungsklage bemisst sich der Streitwert allein nach dem Interesse des Klägers an der sich für ihn aus der Erbunwürdigkeit des Beklagten ergebenden Besserstellung. Die Tatsache der Rückwirkung der Erbunwürdigkeitsklage führt nicht dazu, dass der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls maßgeblich wäre, § 4 Abs. 1 Satz 1 ZPO1. • Feststellungsabschlag
4093
Bei der Bewertung von Feststellungsklagen von oder gegen Miterben ist bei der positiven Feststellungsklage ein Abschlag von 20 % vorzunehmen.2 Bei der Erbfeststellungsklage eines Vorerben ist ein noch höherer Feststellungsabschlag vorzunehmen.3 Anders bei der negativen Feststellungsklage. Da mit ihr jegliche erbrechtlichen Ansprüche des Miterben vollumfänglich ausgeschlossen werden sollen, kommt ein Abschlag von dessen quotenmäßiger Beteiligung am Nachlass nicht in Betracht.4
4094
Klagt ein Verwandter gegen die durch Erbschein als Alleinerbin ausgewiesene Beklagte auf Feststellung, dass die Klägerin kraft Gesetzes zu einem Bruchteil Miterbin sei, dann steht bei Erfolg der Klage fest, dass die Klägerin Inhaberin des umstrittenen Erbteils ist. Diese, die Beklagte notwendig ausschließende Feststellung ist der negativen Feststellungsklage vergleichbar und steht einem Feststellungsabschlag entgegen.5 • Genehmigung
4095
Der volle Grundstückswert soll nach OLG Bamberg6 dann maßgebend sein, wenn ein Miterbe gegen einen anderen Miterben auf Genehmigung eines notariellen Vertrages klagt, durch den ein Nachlassgrundstück zur Erfüllung eines Vermächtnisses übertragen wird. Diese Entscheidung ist jedoch mit der gerade in Miterbenstreitigkeiten vom BGH praktizierten wirtschaftlichen Betrachtungsweise (s. oben Rn. 4055 ff.) unvereinbar. Als Streitwert ist die höchste Quote der Nachlassbeteiligung anzunehmen, die sich bei einem Vergleich des Anteils des klagenden Miterben und des die Genehmigung verweigernden beklagten Miterben ergibt.7 • Gesetzliche Erbfolge
4096
Bei einer Klage auf Feststellung, dass die gesetzliche Erbfolge eingetreten sei, bestimmt sich der Wert des Streitgegenstands nach dem Anteil des klagenden Erben am Nachlass, nicht aber nach dem Wert des Gesamtnachlasses.8 Zum Feststellungsabschlag s. oben Rn. 4093.
4097
Bei der Festsetzung des Streitwertes einer Klage, mit der der Kläger gegen den testamentarisch eingesetzten Erben die Feststellung begehrt, aufgrund gesetzlicher Erbfolge Erbe geworden zu sein, ist der Wert des unstreitigen Pflichtteilsanspruchs des Klägers von dem Wert des Nachlassvermögens abzuziehen.9 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16. St. Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 28.9.2011 – IV ZR 146/10, ZEV 2011, 656 = AGS 2012, 30. BGH, Beschl. v. 10.5.1989 – IVa ZR 126/88, FamRZ 1989, 958 = JurBüro 1991, 108: 25 %. OLG Frankfurt, OLGR 1994, 66. BGH, Beschl. v. 16.6.1987 – IVa ZR 24/87, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 873. OLG Bamberg, JurBüro 1983, 120 mit krit. Anm. Mümmler. Siehe ausführlich dazu E. Schneider, Anm. zu KostRsp. ZPO § 6 Nr. 90. OLG Schleswig, SchlHA 1958, 83; OLG Bamberg, JurBüro 1975, 1367. BGH, NJW 1975, 539 = JurBüro 1975, 1197.
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Miterbe • Grundbuchberichtigung Den Streitwert einer Klage, mit der ein Erbe gegen einen Miterben einen zum Nachlass gehörenden Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs dahin geltend macht, dass anstelle des Miterben die Erben in Erbengemeinschaft als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen werden, bildet der Wert des Grundstücks; der Anteil des beklagten Miterben ist vom Grundstückswert abzuziehen.1
4098
• Herausgabe Über die Bewertung bei Streit unter Miterben wegen der Herausgabe des Nachlasses an einen Dritten s. oben Rn. 4071 ff.
4099
Werden Miterben von einem Erben verklagt, ihren Anteil am Nachlass an die Erbengemeinschaft herauszugeben, bestimmt sich der Streitwert anhand des Nachlasses abzgl. der Anteile der Beklagten. Dagegen wird der Anteil eines weiteren, am Rechtsstreit nicht beteiligten Erben, nicht abgesetzt.2
4100
Der Streitwert für Klagen unter Miterben mit dem Ziel, den Beklagten als erbunwürdig aus der Erbengemeinschaft auszuschließen und das Nachlassgrundstück herauszugeben, bemisst sich gem. § 3 ZPO nach dem Anteil des Beklagten (s. oben Rn. 4091).
4101
• Hinterlegung Der Streitwert für eine Klage, mit der ein Miterbe nach § 2039 BGB gegenüber einem anderen Miterben eine Nachlassforderung auf Hinterlegung einer bestimmten Geldsumme zugunsten des Nachlasses geltend macht, bemisst sich nach dem Betrag der eingeklagten Forderung abzgl. eines dem Miterbenanteil des Beklagten entsprechenden Betrags.3
4102
• Leistungsklage Klagt ein Miterbe aufgrund des § 2039 BGB gegen einen Nachlassschuldner auf Leistung an die noch ungeteilte Erbengemeinschaft, dann ist die volle Leistung im Streit und gem. § 6 ZPO zu bewerten.4
4103
Der Anteil des klagenden Miterben ist also wertmäßig unbeachtlich. Dasselbe gilt, wenn der klagende Miterbe auf Leistung an sich allein klagt, weil er von den übrigen Miterben zur Einziehung der Forderung oder des Anspruches ermächtigt worden ist.5 Bei der Zahlungsklage eines Miterben gegen die anderen Miterben auf Zahlung einer Geldsumme an die lediglich aus den Parteien bestehende Erbengemeinschaft ist jedoch der auf den Anteil des beklagten Miterben entfallende Geldbetrag streitwertmäßig grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.6 Ist dagegen der beklagte Nachlassschuldner nämlich zugleich Miterbe, dann ist zu beachten, dass dem beklagten Miterben u.U. ein seinem Erbteil entsprechender Anteil an der geforderten Leistung zukommt und verbleibt. Dieser Anteil muss 1 BGH, JurBüro 1958, 387; RGZ 156, 263; OLG Neustadt, Rpfleger 1963, 66 zu ZPO § 6, b; KG, Rpfleger 1962, 155 zu ZPO § 6, 1. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.2.1992 – 10 W 3/92, JurBüro 1992, 418 = Rpfleger 1992, 254. 3 BGH, MDR 1967, 202; vgl. auch E. Schneider, JurBüro 1977, 438 zu Ziff. 3. 4 RGZ 149, 193; OLG Düsseldorf, MDR 1962, 912; OLG Bremen, Rpfleger 1957, 274; OLG Saarbrücken, SRZ 1954, 30; beiläufig OLG Schleswig, JurBüro 1994, 26. 5 Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Erbrechtliche Ansprüche“. 6 OLG Köln, JurBüro 1969, 344; OLGR 1995, 246.
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4104
Miterbe
ZPO
als außer Streit befindlich angesehen und daher von dem an sich maßgebenden Wert der gesamten Leistung abgesetzt werden.1 Diese Betrachtungsweise darf jedoch nicht schematisiert und unreflektiert übernommen werden, weil dem beklagten Miterben vor der Auseinandersetzung gar kein fester Anteil an der Forderung zusteht und im Übrigen gar nicht feststeht, ob der Beklagte an der beigetriebenen Forderung partizipiert.
Û
Beispiel: Der Kläger (zu 1/4 erbberechtigt) klagt gegen den Beklagten (ebenfalls zu 1/4 erbberechtigt) auf Zahlung eines Betrages i.H.v. 100 000 Euro an die Erbengemeinschaft. Nach Zahlung der Forderung ergibt sich ein Nachlassbestand von 0 Euro. In diesem Fall muss es bei den vollen 100 000 Euro verbleiben. Es wäre nicht sachgerecht, den Streitwert in diesem Fall auf lediglich 75 000 Euro zu reduzieren. Wäre die Forderung gegen den Beklagten unbegründet gewesen und der Nachlass damit überschuldet, hätte er das Erbe ausschlagen, zumindest die Dürftigkeitseinrede erheben können, so dass er durch den Eingang der 100 000 Euro bei der Erbengemeinschaft überhaupt keinen Nutzen hat. Daher darf in einem solchen Fall nichts abgezogen werden. Es ist daher immer zu fragen, welcher Vorteil auf den Beklagten wieder zurückfällt oder besser, aus Sicht des Klägers ausgedrückt, welcher Anteil ihm wieder verloren geht und daher für ihn wirtschaftlich von keinem Interesse ist.
4105
Steht der Erbteil des Miterben nicht fest, so muss dieser geschätzt werden. Dabei dürfte es ausschließlich auf die Sicht des Klägers ankommen.
4106
Behauptet der Kläger, der in Anspruch genommene Miterbe sei erbunwürdig, dürfte ein Abzug nicht gerechtfertigt sein, da aus Sicht des Klägers dem Beklagten kein Vorteil zukommen kann. Ggf. ist auch hier nach § 3 ZPO zu schätzen.
4107
Bei der Streitwertfestsetzung in erbrechtlichen Angelegenheiten unter Miterben ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angezeigt. Wenn ein Miterbe eine Nachlassforderung gegen die anderen Miterben einklagt, sind deren Anteile abzuziehen. Gleiches gilt, wenn ein Miterbe die Übertragung eines Nachlassgegenstandes verlangt.2
4108
Im umgekehrten Fall, wenn also der klagende Miterbe zugleich Gläubiger der Erbengemeinschaft ist und gegen einen Miterben seine private Forderung verfolgt, muss entsprechend der Anteil des klagenden Gläubiger-Miterben an der den Nachlass belastenden Schuld außer Ansatz bleiben. Es ist also zu berücksichtigen, dass die von dem Gläubiger-Miterben geltend gemachte Forderung ihn selbst als Miterben in Höhe seines Anteils belastet. Dieser Teil der Forderung, den der klagende Miterbe in jedem Fall selbst zu tragen hat, ist wiederum außer Betracht zu lassen.3 Ist dagegen der klagende Nachlassgläubiger nicht an der Erbengemeinschaft beteiligt, dann gelten die allgemeinen Vorschriften; der Wert der Klageforderung ist uneingeschränkt anzusetzen (s. aber zu der Besonderheit der Auflassungsklage gegen einen einzelnen Miteigentümer oben Rn. 4066 ff.).
4109
Auch bei der Klage gegen einen Miterben auf Löschung einer Hypothek bestimmt sich der Streitwert nach dem eingetragenen Betrag ohne Rücksicht darauf, dass der Miterbe nur zu einem Teil berechtigt ist.4
4110
Soweit jedoch nur die Zustimmung anderer Miterben notwendig (oder freiwillig erteilt) ist, ist dies streitwertermäßigend zu berücksichtigen. Denn dann kann die 1 2 3 4
RG, JW 1937, 228 Nr. 11; RGZ 156, 264. OLG Köln, Beschl. v. 17.5.1995 – 11 W 32/95. RGZ 156, 265. OLG Naumburg, JW 1936, 2169; OLG Zweibrücken, Rpfleger 1967, 2.
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Miterbe Klage lediglich gegen einen Miterben nicht den vom Kläger bezweckten rechtlichen Erfolg herbeiführen. Der Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des Nacherbenvermerks hat neben dem Begehren der Zustimmung des Nacherben zur Veräußerung des Nachlassgrundstücks keinen eigenen Wert.
4111
Die Klage eines Erben gegen einen Miterben auf Erteilung der Löschungsbewil- 4112 ligung für eine zugunsten der Erbengemeinschaft eingetragene Sicherungshypothek wurde früher mit dem vollen Betrag der Hypothek bewertet. Entsprechend der neueren Judikatur, die den Anteil des klagenden Erben bei der Streitwertbemessung aus wirtschaftlichen Erwägungen unberücksichtigt lässt,1 hat das OLG Frankfurt2 zutreffend lediglich den Hälfteanteil des die Löschung verweigernden Miterben angesetzt. • Nachlassverzeichnis Die Klage auf Vorlegung eines Nachlassverzeichnisses und Auskunftserteilung über den Verbleib von Erbschaftsgegenständen richtet sich gem. § 3 ZPO nach dem Interesse des Klägers daran, Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Bestandes der Erbschaft zu vermeiden, die ohne die verlangte Auskunft auftreten würden.3
4113
Wesentlicher Anhalt für die wirtschaftliche Einschätzung dieses Interesses ist der Wert der Gegenstände, die in das Nachlassverzeichnis aufzunehmen sind, da es dem Kläger letztlich um die vermögensrechtliche Zuordnung dieser Sachen geht.4
4114
• Nichtigkeit Klagt ein Miterbe auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrages der Erbengemeinschaft, der den Beklagten zum Ankauf eines Nachlassgrundstücks berechtigt, dann bestimmt sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an der Befreiung von den Verpflichtungen aus dem Vertrag, nicht nach dem entsprechenden Interesse der ganzen Erbengemeinschaft.5
4115
Klagen Miterben gegen einen anderen Miterben auf Feststellung der Wirksamkeit eines von der Erbengemeinschaft mit einem Dritten abgeschlossenen Pachtvertrags, dann ist ebenfalls nicht auf die Höhe des Pachtzinses abzustellen, sondern auf das Interesse des Klägers.6
4116
Bei einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Testaments oder einer sich aus einer behaupteten Testamentsauslegung ergebenden Rechtsfolge ist der Streitwert ebenfalls nicht nach dem Wert des ganzen Nachlasses, sondern nach dem Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung zu treffen.7
4117
Das Interesse richtet sich nach der für den Kläger bei einer Testamentsnichtigkeit gegebenen Besserstellung.8 Es entspricht nach OLG Saarbrücken9 dem Erbteil des klagenden Miterben. 1 Siehe oben Rn. 4055 f. und E. Schneider, JurBüro 1977, 433. 2 OLG Frankfurt, JurBüro 1981, 757. 3 KG, JurBüro 1973, 151; OLG Köln, MDR 1959, 223 Nr. 93; OLG Schleswig, JurBüro 1959, 169 Nr. 53. 4 KG, JurBüro 1973, 151. 5 BGH, JurBüro 1954, 231; s. dazu aber E. Schneider, JurBüro 1977, 440 zu Ziffer 6. 6 BGH, ZMR 1956, 55. 7 BGH, NJW 1956, 1877. 8 KG, Rpfleger 1962, 154 zu ZPO § 3, r. 9 OLG Saarbrücken, SRZ 1954, 30.
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Miterbe Für die Wertberechnung einer auf Feststellung der Rechtsgültigkeit eines Testaments gerichteten Klage ist § 3 ZPO maßgebend. Hierbei ist – ausgehend vom Nettowert des Nachlasses – streitwertmindernd der Anteil eines Erben wie auch der Anspruch eines Pflichtteilsberechtigten zu berücksichtigen.1
4119
Klagt ein Dritter auf Feststellung der Nichtigkeit eines Pachtvertrags, der zwischen der Erbengemeinschaft und einem anderen abgeschlossen worden ist, dann bestimmt sich der Streitwert nach dem Interesse des Dritten.2
ZPO
4118
Hier ließe sich jedoch mit Rücksicht auf die faktische Wirkung einer erfolgreichen negativen Feststellungsklage sehr wohl auch die Auffassung vertreten, dass das Erhaltungsinteresse des Beklagten am ganzen Vertrag wertbestimmend ist.3 • Pachtvertrag 4120
Klagen Miterben gegen einen anderen Miterben auf Feststellung der Wirksamkeit eines von der Erbenmehrheit für einen Dritten abgeschlossenen Pachtvertrags, dann bestimmt sich der Streitwert nicht nach der Höhe des Pachtzinses, sondern nach dem gem. § 3 ZPO zu bemessenden Interesse der Kläger.4 • Pflichtteil
4121
Ist der Pflichtteilsanspruch einer bestimmten Person unstreitig, die Beteiligung als Miterben am Nachlass aber streitig und wird auf Feststellung der Erbberechtigung geklagt, so bestimmt sich der Streitwert nach dem Wert des halben Erbteils;5 der Wert des unstreitigen Pflichtteilsanspruchs des Klägers ist also von dem Wert des von ihm beanspruchten Nachlassvermögens abzuziehen. • Rücktritt vom Erbvertrag
4122
Der Streitwert für eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Rücktritts von einem Erbvertrag bemisst sich nach OLG Celle6 auf 1/4 des derzeitigen reinen Vermögens des Erblassers. Diese Bewertung ist kaum nachvollziehbar und hat schwerlich grundsätzliche Bedeutung. • Testamentsvollstreckung
4123
Klagt ein Miterbe, dessen Erbteil den Beschränkungen der Vorerbschaft und der Testamentsvollstreckung unterliegt, auf Feststellung, dass die Testamentsvollstreckung beendet ist, dann kommt als Streitwert nicht der Wert des Erbteils, sondern ein erheblich hinter diesem zurückbleibender Betrag in Betracht.7
4124
Ein Rechtsstreit um Bestehen und Fortdauer des Testamentsvollstreckeramts ist vermögensrechtlicher Art, wenn der Nachlass aus einer Stiftung besteht, die auch erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolgt, und der Testamentsvollstrecker auf die rechtliche und wirtschaftliche Organisation der Stiftung Einfluss nehmen will. Für die Wertfestsetzung nach § 3 ZPO ist in diesem Fall das objektive Amtsinteresse bestimmend, das dem Testamentsvollstrecker nach dem Testament und kraft Gesetzes obliegt. Dafür ist der wirtschaftliche Wert der den Erben auferleg1 2 3 4 5 6 7
OLG Koblenz, Rpfleger 1956, 146 zu ZPO §§ 3, 6, a. BGH, Rpfleger 1955, 101. Siehe dazu E. Schneider, JurBüro 1977, 440 zu Ziffer 6. BGH, ZMR 1956, 55 = LM § 10 GKG a.F. Nr. 10. BGH, JurBüro 1975, 460 = MDR 1975, 389 = Rpfleger 1975, 127. OLG Celle, Nds.Rpfl. 1962, 57. OLG Frankfurt, JurBüro 1961, 90.
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Miterbe ten Verfügungs- und Verwaltungsbeschränkungen bzw. die Wertminderung, die der Nachlass durch die Testamentsvollstreckung erfährt, maßgebend. Dieser Wert übersteigt in der Regel nicht die Hälfte des Nachlasses.1 Klagt ein Erbe gegen den Testamentsvollstrecker auf Feststellung, dass dessen 4125 Teilungsplan unwirksam sei, dann ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers maßgebend. Das OLG München2 hat berücksichtigt, dass der Streit nicht um die Erbbeteiligung ging, sondern um die Verfügungsbefugnis über bestimmte Nachlassgegenstände (hierzu oben Rn. 4064), und dass der Testamentsvollstrecker mit der Klage nicht zu einer bestimmten Art der Teilung gezwungen werden konnte; den Wert hat das Gericht dann auf 50 % der Miterbenquote des Klägers festgesetzt. • Unterlassung Klagt ein Miterbe gegen einen anderen auf Unterlassung der Eigentumsumschreibung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks auf den anderen Miterben, dann bemisst sich der Streitwert nur nach der quotenmäßigen Beteiligung des Miterben an der Erbengemeinschaft.3
4126
• Vorerbe Klagt der nicht befreite Vorerbe gegen den Nacherben auf Zustimmung zum Verkauf eines aus dem Nachlass durch den Erbfall erworbenen Grundstücks und zur Auflassung an den Käufer, dann ist der Streitwert nach § 3 ZPO zu schätzen.4
4127
Maßgebend ist das Interesse des Klägers, das auf jeden Fall durch den Verkehrswert des Grundstücks begrenzt ist. Zugunsten des Vorerben eingetragene Belastungen des Grundstücks sind abzusetzen, wenn sie vom Eintritt der Nacherbfolge unberührt bleiben.
4128
Die vom Vorerben angebotenen Gegenleistungen für die begehrte Zustimmung zur Grundstücksveräußerung müssen dagegen unberücksichtigt bleiben.
4129
Bei der Bewertung ist die materielle Rechtslage zu berücksichtigen; der Vorerbe kann auch ohne Zustimmung verkaufen; diese nimmt aber dem Veräußerungsvorgang die Rechtswirkungen auf die Nacherbschaft. Der Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des im Grundbuch eingetragenen Nacherbenvermerks hat nach OLG Schleswig neben der Zustimmung des Nacherben zur Veräußerung des Grundstücks keinen eigenen Streitwert.5
4130
Zur Widerspruchsklage des Nacherben nach § 773 ZPO s. das Stichwort „Vorund Nacherbe“.
4131
Zur Löschung eines Nacherbenvermerks s. das Stichwort „Nacherbenvermerk“. Die Stellung eines Vorerben ist erheblich schwächer als die eines Vollerben. Das ist bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen und führt bei der positiven Feststellungsklage zu einem höheren Abschlag als den üblichen 20 %.6 Klagt ein 1 2 3 4
OLG Schleswig, JurBüro 1966, 152 Nr. 44. OLG München, Beschl. v. 26.1.1995 – 15 W 2687/94, OLGR 1995, 142. OLG Köln, JurBüro 1975, 939. Siehe dazu und zum folgenden Text OLG Schleswig, Rpfleger 1968, 325 = JurBüro 1968, 735. 5 OLG Schleswig, Rpfleger 1968, 325 = JurBüro 1968, 735. 6 BGH, Beschl. v. 10.5.1989 – IVa ZR 126/88, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 975 mit Anm. E. Schneider = FamRZ 1989, 958 = JurBüro 1991, 108: 25 %.
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781
4132
Mitverschulden
ZPO
Miterbe, dessen Erbteil den Beschränkungen der Vorerbschaft und der Testamentsvollstreckung unterliegt, auf Feststellung, dass die Testamentsvollstreckung beendet sei, so kommt als Streitwert nicht der Wert des Erbteils, sondern ein erheblich hinter diesem zurückbleibender Betrag in Betracht, der nach § 3 ZPO zu schätzen ist.1 • Vorkaufsrecht 4133
Macht ein Miterbe mit der Klage in erster Linie sein Vorkaufsrecht (§§ 2034, 2035 BGB) geltend und klagt er hilfsweise auf Zustimmung zur Erbauseinandersetzung, dann ist streitig, ob bei vergleichsweiser Beendigung dieses Rechtsstreits der Wert beider Ansprüche zu addieren oder nur der primäre Anspruch oder nur der höhere Anspruch zu bewerten ist (s. § 19 Abs. 1 Satz 2, 3, Abs. 4 GKG). Richtig erscheint es, wegen wirtschaftlicher Identität nicht zu addieren, aber vom höheren Streitwert des Hilfsantrages auszugehen.2 Siehe dazu auch das Stichwort „Hilfsantrag“, Rn. 3082 ff. • Zurückbehaltungsrecht
4134
Auch im Miterbenstreit kann es vorkommen, dass der Beklagte (sei er Erbe oder außenstehender Dritter) eine Abweisung der Klage lediglich unter Berufung auf eine ihm gebührende Gegenleistung beantragt. Erkennt er seine Leistungspflicht als solche an, dann fordert eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, dass der Streitwert nur an der Gegenleistung bemessen wird.3 Die herrschende Auffassung lässt allerdings die Gegenleistung vollständig außer Acht, also auch dann, wenn die Hauptleistung gar nicht im Streit ist. Ausführlich dazu das Stichwort „Gegenleistung“, Rn. 2512 ff. • Zuwendungen
4135
Bei einer Klage auf Feststellung der erbrechtlichen Ausgleichspflicht i.S.d. § 2050 BGB ist der Streitwert nach dem Interesse zu bemessen, das der Kläger an der Ausgleichung hat.4
Mitverschulden 4136
Im Rahmen einer Schadensersatzklage ist es für die Streitwertbestimmung unbeachtlich, dass der Beklagte gegenüber der Forderung des Klägers ein (anteiliges) Mitverschulden einwendet. Denn maßgeblich ist die Forderung des Klägers, nicht die Verteidigung des Beklagten oder der spätere Ausgang des Verfahrens (s. auch das Stichwort „Unbezifferte Anträge“, Rn. 5283).
4137
Wird bei einer Schadensersatzklage allerdings nur ein Teilbetrag beansprucht und mit einer Widerklage Feststellung des Nichtbestehens des gesamten Anspruchs begehrt, ist ein vom Kläger eingeräumtes Mitverschulden bei der Festsetzung des Streitwerts zu berücksichtigen (und zwar hinsichtlich der Feststellungswiderkla1 OLG Frankfurt, JurBüro 1961, 90. 2 So LG Bayreuth, Beschl. v. 1.12.1978 – 2 U 69/74, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 492 mit zust. Anm. E. Schneider = JurBüro 1980, 1248 mit abl. Anm. Mümmler. 3 Siehe dazu speziell für Miterbenstreitigkeiten E. Schneider, JurBüro 1977, 435 zu Ziffer 1. 4 BGH, Rpfleger 1957, 247.
782 Monschau/Noethen
Nachbarrechtliche Ansprche ge – auch wenn der Kläger das Mitverschulden nicht bruchteilsmäßig bestimmt hat).1 Auf die Höhe des Gegenstandswertes von Vergleichen über Ansprüche aus einem Unfallereignis hat es keinen Einfluss, ob und ggf. in welchem Umfang ein Mitverschulden des Geschädigten eine Rolle gespielt hat.2 Denn entscheidend ist nicht die – ggf. unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote ermittelte – Summe, auf die sich die Parteien im gerichtlichen Verfahren einigen, sondern die Summe, über die sie sich einigen (s. hierzu auch das Stichwort „Vergleich“).
4138
Nachbarrechtliche Ansprche Der Streitwert von Klagen, mit denen nachbarrechtliche Ansprüche nach den §§ 906 ff. BGB geltend gemacht werden, können dann in entsprechender Anwendung des § 7 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG bewertet werden, wenn die jeweiligen Beschränkungen ähnlich wie eine (Grund-)Dienstbarkeit wirken.3
Û
4139
Beispiel: Die Wertminderung, die das dienende Grundstück bei Bestehen eines behaupteten Lichtrechts erleiden würde, beschränkt sich nach einer Entscheidung des OLG Schleswig nicht auf den Minderwert des davon unmittelbar betroffenen Grundstücksteiles, sondern erstreckt sich auf das gesamte Grundstück, insbesondere auf die gesamte bislang nicht bebaute Grundfläche.4
Ein nachbarrechtlicher Anspruch auf Beseitigung oder Unterlassung von Immissionen (§§ 903, 906, 907, 1004 BGB) ist dagegen nicht nach § 7 ZPO, sondern nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bewerten.
4140
Den Wert einer Geräuschimmission durch Haustiere hat das LG Bonn5 auf (umgerechnet) 1500 Euro festgesetzt.
4141
Maßgebend für die Schätzung ist die vom Kläger behauptete Entwertung seines Grundstücks, die er angesichts der voraussichtlichen Dauer der Störung befürchten muss,6 sowie sein Interesse an der Durchführung der Abwehrmaßnahmen, nicht dagegen der Betrag der Kosten, die der Beklagte zur Verhinderung der Belästigung aufwenden muss.7 Dabei ist unbeachtlich, ob das Grundstück mehreren Klägern gehört, die der Störung ausgesetzt sind, denn das Grundstück bleibt dasselbe.8
4142
Für die Beschwer des zur Beseitigung einer Eigentumsstörung verurteilten Beklagten dagegen ist auf sein Interesse abzustellen, sich gegen die Kosten einer Ersatzvornahme zu wehren.9 Vgl. zu den Einzelheiten das Stichwort „Rechtsmittel“.
4143
1 OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 1. 2 AG Wiesbaden, Urt. v. 25.1.1971 – 96 C 1002/70, VersR 1971, 728. 3 BGH, Rpfleger 1959, 12 – Lichtrecht; OLG Jena, MDR 1999, 196 – Notwegrecht; OLG Schleswig, Rpfleger 1957, 2 zu ZPO § 7, b – Licht- und Fensterrecht; zur Grunddienstbarkeit vgl. das Stichwort „Grunddienstbarkeit“ und BGH, Beschl. v. 10.4.2014 – V ZR 174/13. 4 OLG Schleswig, Rpfleger 1957, 2 zu ZPO § 7, b. 5 LG Bonn, Beschl. v. 31.7.2001 – 8 T 212/00, JurBüro 2001, 593. 6 OLG Koblenz, Beschl. v. 25.2.1994 – 5 W 119/94, JurBüro 1995, 27; vgl. auch BGH, Beschl. v. 10.4.2014 – V ZR 174/13. 7 OLG Schleswig, Rpfleger 1957, 1 zu ZPO § 3, c. 8 BGH, Beschl. v. 29.1.1987 – V ZR 136/86, MDR 1987, 570. 9 BGH, Beschl. v. 10.12.1993 – V ZR 168/92, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1170.
Noethen
783
ZPO
Nacherbenvermerk
Nacherbenvermerk 4144
Für die Bemessung des Streitwerts ist nach § 3 ZPO stets das Interesse des Grundstückseigentümers als Vorerbe maßgeblich. Abzustellen ist auf die Beeinträchtigung der Eigentümerrechte, die durch die Eintragung verursacht wird und die den Gegenstand des Löschungsverlangens darstellt. So kann es z.B. darum gehen, über das Grundstück anderweitig frei testieren zu können oder aber darum, es lastenfrei zu veräußern. Regelmäßig wird ein Bruchteil des Grundstückswertes (1/10 bis 1/3) anzusetzen sein.1
4144a
Will der Vorerbe das Grundstück lastenfrei veräußern, und beauftragt er deshalb einen Rechtsanwalt damit, die Löschung des eingetragenen Nacherbenvermerks zu erreichen, indem die zu Recht eingetragenen Nacherben zur Verzichtserklärung bewegt werden, dann ist der Grundstückswert (Kaufpreis) der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren.2 Dem OLG Celle wird man dann folgen können, wenn das Grundstück, solange und weil der Nacherbenvermerk eingetragen war, unverkäuflich war.
Nachforderungsklage 4145
Bei einer Nachforderungsklage zur Sicherheitsleistung gem. § 324 ZPO handelt es sich nicht um die Erfüllung einer gesetzlichen Schadensersatzpflicht, sondern um deren Sicherstellung. Bemessungsvorschrift ist deshalb § 6 ZPO. Der Gegenstand des Pfandrechts und der Forderung sind zu vergleichen; der geringere Wert ist anzusetzen. Die Forderung ist dabei jedoch, soweit es sich um einen Anspruch auf Entrichtung einer Geldrente handelt, ihrerseits nach § 9 ZPO zu bewerten.
Nachlassverzeichnis Siehe das Stichwort „Miterbe“.
Nachverfahren Siehe das Stichwort „Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess“.
Namensrecht 4146
Bei den Ansprüchen auf Beseitigung bzw. Unterlassung aus § 12 BGB handelt es sich um nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten, die hinsichtlich des Gebühren1 OLG Bamberg, Beschl. v. 9.1.2012 – 1 W 58/11, JurBüro 2012, 249. 2 OLG Celle, Urt. v. 5.10.1994 – 3 U 84/94, OLGR 1995, 109.
784
Monschau/N. Schneider/Kurpat
Nebenforderungen streitwertes nach § 48 Abs. 2 GKG zu bewerten sind. Der Wert ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Ermessen zu bestimmen und darf 1 Million Euro nicht überschreiten. Anders ist es bei der Firma, die nach § 17 Abs. 1 HGB der Name des Kaufmannes ist. Wird der ungestörte Gebrauch der Firma behindert oder beeinträchtigt, so richtet sich das gegen den Gewerbebetrieb. Die daraus hergeleiteten Abwehransprüche sind deshalb vermögensrechtlicher Art.1 Das Interesse des Klägers an einem Widerruf bzw. an der Unterlassung ist in diesen Fällen nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.
4147
Gleiches gilt in den Fällen, in denen der Name einer Person wirtschaftlich verwertet wird, beispielsweise als Marke oder geschäftliche Bezeichnung, da hier der Schutz der Individualsphäre hinter den vermögensrechtlichen Interessen zurücktritt. Der Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert bei den nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten um das Namensrecht wird nach § 3 ZPO bestimmt. Dabei kann auf die oben dargestellten Grundsätze des § 48 Abs. 2 GKG zurückgegriffen werden.
4148
Nebenforderungen Gliederungsübersicht Rn. A. Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4149 B. Bewertungsregeln . . . . . . . . . . . . 4153 I. Zuständigkeitsstreitwert. . . . . . . 4154 II. Gebührenstreitwert . . . . . . . . . . 4157 C. Einordnung „als Nebenforderung“ I. Begriff der Haupt- und Nebenforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4164
Rn. II. Anhängigkeit des Hauptanspruchs . . . . . . . . . . . . . III. Abhängigkeitsverhältnis . . IV. Fortbestand der Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Form der Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . 4165 . . . . . 4168 . . . . . 4169 . . . . . 4176
D. Streitwert-ABC. . . . . . . . . . . . . . 4177
A. Begriffe Für Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten, die als Nebenforderungen geltend gemacht werden, enthalten § 4 Abs. 1 ZPO und § 43 Abs. 1 GKG besondere Bewertungsregeln.
4149
Was Früchte und Nutzungen sind, ergibt sich aus den §§ 99, 100 BGB. Zinsen sind das vom Schuldner zu entrichtende Entgelt für die Überlassung von Kapital.2 Für die Streitwertberechnung macht es keinen Unterschied, ob es sich um gesetzliche oder um vertragliche Zinsen handelt, um Fälligkeits-, Verzugsoder Prozesszinsen.
4150
Zu den Kosten wiederum zählen Aufwendungen in Bezug auf die Durchsetzung oder Abwehr eines Anspruchs oder Rechtes. Für die Streitwertfestsetzung sind
4151
1 RG, JW 1931, 1919. 2 BGH, Beschl. v. 25.3.1998 – VIII ZR 298/97, MDR 1998, 857.
Kurpat/N. Schneider
785
Nebenforderungen
ZPO
nur die außerhalb des Rechtsstreits angefallenen Kosten von Bedeutung. Hiervon zu unterscheiden sind die Kosten des Rechtsstreits selbst. Sie haben für den Zuständigkeitsstreitwert keine Bedeutung, wohl aber für die Beschwer bei Anfechtung von Kostenentscheidungen (§ 567 Abs. 2 ZPO) oder Streitwertbeschwerden (§ 68 GKG, § 33 RVG); für den Gebührenstreitwert gilt § 43 Abs. 3 GKG.1 4152
Ob Zinsen, Kosten und Provisionen nach dem Wechselgesetz (WG) und dem Scheckgesetz (ScheckG) Nebenforderungen darstellen, kann dahinstehen, da sie nach § 4 Abs. 2 ZPO jedenfalls als solche anzusehen sind.2
B. Bewertungsregeln 4153
Ob Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten bei der Streitwertberechnung zu berücksichtigen sind, hängt davon ab, ob sie im Rechtsstreit als Hauptforderung oder als Nebenforderungen geltend gemacht werden. Werden sie als Hauptforderung geltend gemacht, wird also nur auf Zahlung von Früchten, Nutzungen, Zinsen oder Kosten geklagt, dann gelten die allgemeinen Bewertungsregeln, nicht § 4 ZPO oder § 43 GKG. Auch die Begrenzung nach § 43 Abs. 2 GKG greift in diesem Falle nicht; der Gebührenstreitwert kann daher auch den Wert der nicht anhängigen Hauptforderung überschreiten.
Û
Beispiel: Aus einer Forderung über 1000 Euro werden Kosten und Zinsen i.H.v. 1500 Euro isoliert eingeklagt. Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert beträgt 1500 Euro.
I. Zuständigkeitsstreitwert 4154
Werden Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten „als Nebenforderungen“ geltend gemacht, dann bleiben sie bei der Berechnung des Zuständigkeitsstreitwerts nach § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO unberücksichtigt. Das Gleiche gilt für Zinsen, Kosten und Provisionen nach dem WG und dem ScheckG (§ 4 Abs. 2 ZPO).
4155
Die Berechnung des Zuständigkeitsstreitwerts bereitet weniger Probleme. Hier kommt es nur auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage, Klageerweiterung oder Widerklage an (§ 4 Abs. 1 Hs. 1 ZPO). Ein späterer Wegfall der Hauptforderung durch Hauptsacherücknahme, -verzicht, -erledigung oder Anerkenntnis ist unerheblich. So bleibt das Landgericht zuständig, wenn eine Klage i.H.v. 6000 Euro nebst Zinsen hinsichtlich der Hauptsumme zurückgenommen und nur noch der Zinsantrag weiterverfolgt wird.
4156
Werden vor dem Amtsgericht zunächst nur Nebenforderungen eingeklagt und wird später im Wege der Klageerweiterung auch die Hauptforderung anhängig gemacht, so ist ab Klageerweiterung nach § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO zu rechnen. Erhöht sich der Gegenstandswert, kann dies zur Verweisung nach § 506 Abs. 1 ZPO führen.
4156a
Eine zu beachtende Ermäßigung kann sich allerdings nach einem Mahnverfahren ergeben. Ist über Haupt- und Nebenforderung ein Mahnbescheid beantragt worden und wird nur gegen die Nebenforderung Widerspruch oder Einspruch eingelegt,
1 Siehe das Stichwort „Kosten des Rechtsstreits“, Rn. 3389 ff. 2 Siehe ausführlich auch das Stichwort „Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess“.
786
N. Schneider
Nebenforderungen dann ist für die Zuständigkeit nicht die ursprüngliche Hauptforderung maßgebend, sondern nur noch die im streitigen Verfahren weiterverfolgte Hauptforderung.
II. Gebührenstreitwert Für den Gebührenstreitwert ist eine differenziertere Betrachtung geboten, da es hier zu Teil- oder Stufenstreitwerten kommen kann. Siehe die Stichwörter „Teil des Hauptanspruchs“ und „Stufenklage“.
4157
Im Gegensatz zum Zuständigkeitsstreitwert bleiben beim Gebührenstreitwert die Nebenforderungen nicht außer Ansatz. Das GKG kennt kein Bewertungsverbot, sondern nur ein Additionsverbot (§ 43 Abs. 1 GKG).
4158
Als Grundsatz gilt gem. § 43 Abs. 1 GKG daher, dass Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen den Streitwert nicht erhöhen. Sie bleiben also bei der Berechnung der Gebühren ohne Ansatz, solange die gebührenauslösende Handlung die Hauptforderung betrifft.
4159
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz schafft § 43 Abs. 2 GKG. Danach ist bei Handlungen, die zwar Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betreffen, aber nicht auch den Hauptanspruch, der Wert der Nebenforderungen maßgebend. Dieser Wert darf aber wiederum den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigen.
4160
Û
Beispiel: Über die Hauptforderung (4000 Euro) ergeht sofort ein Versäumnisurteil, über den Zinsantrag (500 Euro) wird jedoch erörtert. Für die 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG gilt der Wert der Hauptsache; für die 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG, die nur die Zinsen als Nebenforderung ohne den Hauptanspruch betraf, ist dagegen der Wert der Zinsen maßgebend.1 Insgesamt darf allerdings gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr verlangt werden, als eine 1,2-Terminsgebühr aus dem Gesamtwert. Der Gesamtwert beträgt aber wiederum nur 4000 Euro, da insoweit § 43 Abs. 1 GKG greift. Zinsen und Hauptforderung werden nicht zusammengerechnet. Zu rechnen ist wie folgt: 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 10 000 Euro) 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 3. 0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV (Wert: 10 000 Euro) die Begrenzung nach § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,2 aus 10 000 Euro (669,00 Euro) ist nicht erreicht 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV Zwischensumme 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV Gesamt
725,40 Euro 54,00 Euro 279,00 Euro
20,00 Euro 1078,40 Euro 204,90 Euro 1283,30 Euro
Das Gleiche gilt, soweit sich die Gerichtsgebühren nach unterschiedlichen Streitwerten richten, wie etwa bei einem Kostenwiderspruch im Mahnverfahren.
Û
Beispiel: Über 4000 Euro nebst Zinsen ergeht ein Mahnbescheid. Der Antragsgegner legt nur hinsichtlich der Zinsen Widerspruch ein. Hierüber wird das streitige Verfahren durchgeführt.
1 OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2005 – 17 W 232/05, AGS 2006, 224.
N. Schneider
787
4161
ZPO
Nebenforderungen Für die 0,5-Verfahrensgebühr der Nr. 1110 KV GKG gilt der Wert i.H.v. 4000 Euro. Für die 3,0-Gebühr (abzgl. der anzurechnenden 0,5-Gebühr) gilt dagegen nur noch der Wert des Zinsantrags (§ 43 Abs. 2 GKG).
4162
Weitere Ausnahmen schafft § 25 Abs. 1 RVG, der allerdings nur für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren gilt. Nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG sind für die Anwaltsgebühren in der Zwangsvollstreckung Nebenforderungen, also insbesondere Zinsen, Zustellungskosten, Auslagen für Meldeamts- oder Registeranfragen, Kosten vorheriger erfolgloser Vollstreckungsversuche, u.U. Kosten einer Klage gegen einen Drittschuldner u.Ä. bei der Berechnung des Gegenstandswerts mitzuberücksichtigen. Auch in der Zwangsversteigerung sind Nebenforderungen für die Anwaltsgebühren zu berücksichtigen.
4163
Im Verfahren über den Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO gilt § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG nicht, da es sich nicht um eine Vollstreckungsmaßnahme handelt. Daher ordnet § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG an, dass auch hier Nebenforderungen, die aus dem Vollstreckungstitel noch geschuldet werden, bei der Berechnung des Gegenstandswerts mitzuberücksichtigen sind. Hier gilt allerdings ein Betrag i.H.v. 2000 Euro als Höchstgrenze.
C. Einordnung „als Nebenforderung“ I. Begriff der Haupt- und Nebenforderung 4164
Nebenforderungen sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten dann, wenn sie zu dem gleichzeitig eingeklagten Hauptanspruch in einem objektiven Abhängigkeitsverhältnis stehen. Das wird auch so ausgedrückt, dass das Bestehen der Nebenforderung durch das Bestehen der Hauptforderung bedingt sein muss.1 Der „Hauptanspruch“ wiederum ist grundsätzlich der zu Beginn des Verfahrens oder durch Klageerweiterung oder Widerklage geltend gemachte Anspruch, nicht der bei Verfahrensbeendigung noch bestehende.2
II. Anhängigkeit des Hauptanspruchs 4165
Der Hauptanspruch muss eingeklagt sein. Wird die Nebenforderung ohne die Hauptforderung eingeklagt, dann fehlt es für diesen Prozess an dem Bedingungsverhältnis; die Nebenforderung wird damit selbst zur Hauptforderung und bestimmt allein den Streitwert. Es gelten dann die allgemeinen Bewertungsregeln (s. oben Rn. 4153 f.). Das Gleiche gilt, wenn Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten mit einer anderen Hauptforderung zusammen eingeklagt werden, die bedingende Hauptforderung also außer Streit ist.3 Auch dann werden die Nebenforderungen mitgerechnet.
4166
Gleiches gilt, wenn Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten aus einem anderen Teil der Hauptforderung stammen, als der Teil, der eingeklagt wird. Auch dann werden die Nebenforderungen mitgerechnet.
1 Vgl. RGZ 55, 82; RG, JW 1909, 691 Nr. 21; RG, Warneyer 1909 Nr. 163. 2 OLG Bamberg, JurBüro 1972, 163. 3 RG, Warneyer 1909 Nr. 163.
788
N. Schneider
Nebenforderungen
Û
Beispiel: Der Beklagte schuldete dem Kläger eine Kaufpreisforderung i.H.v. 12 000 Euro, mit der er seit dem 1.2. in Verzug war. Im Dezember zahlte der Beklagte schließlich 7000 Euro ausdrücklich auf die Hauptforderung, da er nach seiner Auffassung nicht verpflichtet war, Zinsen zu zahlen. Wegen des Restbetrages von 5000 Euro sowie der gesamten Zinsen seit dem 1.2. wird nunmehr Klage eingereicht. Soweit die Zinsen aus den eingeklagten 5000 Euro resultieren, sind sie Nebenforderung nach § 4 Abs. 1 ZPO und damit nicht werterhöhend. Soweit sich die Zinsen dagegen aus den gezahlten 7000 Euro berechnen, sind sie Hauptforderung, da sie nicht vom Bestand der eingeklagten Hauptforderung abhängig sind. Der Streitwert beträgt auf jeden Fall mehr als 5000 Euro, so dass das Landgericht zuständig ist.
Û
Beispiel: Der Anwalt kündigt für den Vermieter wegen Zahlungsverzugs (monatliche Kaltmiete 500 Euro) und mahnt vier Monate Mietrückstand einschließlich Nebenkostenvorauszahlungen (monatlich insgesamt 600 Euro) an. Der Gegenstandswert der außergerichtlichen Tätigkeit berechnet sich einerseits nach dem Wert der Kündigung (6000 Euro)1 sowie nach dem Wert der rückständigen Mieten (2400 Euro). Beide Werte sind nach § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechen. Der Anwalt rechnet daher vorgerichtlich wie folgt ab: 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 8400 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
760,50 Euro 20,00 Euro 780,50 Euro 148,30 Euro 928,80 Euro
Der Mieter zieht aus, zahlt aber die Mieten nicht, so dass daraufhin Klage auf Zahlung der vier Mieten erhoben wird sowie auf Ersatz der gesamten Anwaltskosten. Der Streitwert des Zahlungsantrags hinsichtlich der restlichen Mieten beläuft sich auf 2400 Euro. Der Wert des Kostenerstattungsanspruchs darf jetzt nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, da er nicht in vollem Umfang in Abhängigkeit zur Klageforderung steht. Er ist damit zum Teil selbst Hauptforderung, sodass insoweit das Bewertungsverbot des § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO nicht greift. Der Wert des Kostenerstattungsanspruchs kann andererseits aber auch nicht in voller Höhe hinzugerechnet werden, da die Kosten auf jeden Fall zum Teil in Abhängigkeit zur Hauptforderung stehen und damit Nebenforderung sind. Zur Berechnung s. das Stichwort „Vorgerichtliche Kosten“, Rn. 5944 ff.
Der BGH2 sieht Zinsen auch dann nicht als Nebenforderungen an, wenn von Streitgenossen einer die Hauptforderung, der andere den Zinsanspruch einklagt. Ebenso verhält es sich, wenn von mehreren beklagten Streitgenossen der eine auf die Hauptforderung, der andere auf die Zinsen verklagt wird.
Û
Beispiel: Der Kläger verklagt von zwei Gesamtschuldnern den einen auf Zahlung einer Kaufpreisforderung i.H.v. 5000 Euro, den anderen auf Zahlung von Zinsen und Kosten (Wert 200 Euro). Sowohl der Gebührenstreitwert als auch der Zuständigkeitsstreitwert liegen nach Ansicht des BGH bei 5200 Euro (§ 5 ZPO); zuständig wäre also das Landgericht. Ablehnend Lappe,3 der auf das Additionsverbot wegen wirtschaftlicher Identität abstellt.
1 Zum Wert der Kündigung s. das Stichwort „Mietstreitigkeiten“, Rn. 3927. 2 BGH, Beschl. v. 14.5.1992 – II ZR 275/91, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 72. 3 Anm. Lappe zu KostRsp. ZPO § 4 Nr. 72; s. auch FS Madert/N. Schneider, Weniger ist mehr – Zwei Kuriosa aus dem Streitwertrecht, 2006.
N. Schneider
789
4167
ZPO
Nebenforderungen
III. Abhängigkeitsverhältnis 4168
Zur Hauptforderung muss ein Abhängigkeitsverhältnis bestehen. Das Abhängigkeitsverhältnis fehlt, wenn die Nebenforderung – meist in Form eines Zinsbegehrens – nur einen Berechnungsmaßstab bei der Bildung einer einheitlichen Geldforderung darstellt.1 So ist es beispielsweise bei Enteignungsentschädigungen, die Nutzungsentgang in Form einer Verzinsung des Substanzwertes gewähren (s. das Stichwort „Enteignungsentschädigung“, Rn. 2099 ff.) oder bei der Bemessung des Bereicherungsanspruchs (s. das Stichwort „Bereicherungsansprüche“, Rn. 1629, 1631). An einer Abhängigkeit fehlt es auch bei einer Klage auf Herausgabe einer Mietkaution; auch hier erhöhen zwischenzeitlich aufgelaufene Zinsen den Streitwert (s. unten Rn. 4201). Weitere Fälle fehlender Abhängigkeit: Hinterlegungszinsen, s. unten Rn. 4187 und Befreiungsanspruch, s. unten Rn. 4179. Ebenso liegt es, wenn die Nebenforderungen nur Berechnungsposten eines selbständigen Schadensersatzanspruchs sind (s. „Schadensersatz“, Rn. 4205). Auch dann, wenn Befreiung von einer Forderung nebst dazugehöriger Nebenforderungen, insbesondere Zinsen oder vorgerichtliche Kosten, verlangt wird, sind die Nebenforderungen zu der zu befreienden Hauptforderung im Rahmen des Befreiungsanspruchs mitzuberechnen. Siehe das Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“, Rn. 1599.
IV. Fortbestand der Abhängigkeit 4169
Die Abhängigkeit muss fortbestehen. Das Bedingungsverhältnis kann im Laufe des Rechtsstreits wegfallen, z.B. dadurch, dass sich die Hauptforderung durch Teilurteil, Klagerücknahme, Verzicht oder Anerkenntnis erledigt. Dann wird die Nebenforderung streitwertmäßig selbständig.2
4170
Für den Zuständigkeitsstreitwert ist dies unerheblich, da es auf den Zeitpunkt der Einleitung der Instanz ankommt (§ 4 Abs. 1 ZPO) und nach § 506 ZPO nur eine Klageerweiterung relevant ist, nicht aber eine Teilerledigung oder -rücknahme. Siehe aber auch Rn. 4156a.
4171
Für den Gebührenstreitwert ist die Veränderung jedoch beachtlich. Es gilt dann § 43 Abs. 2 GKG (s. oben Rn. 4160). Der Gebührenstreitwert wird fortan durch den Wert der Nebenforderungen bestimmt, begrenzt jedoch auf den Wert der Hauptsache. Siehe hierzu oben Rn. 4157 ff. Allerdings sind die Auswirkungen gering, da nach dem GKG kaum noch Stufenstreitwerte vorgesehen sind. Auch bei den Anwaltsgebühren sind die Auswirkungen gering. Für die Verfahrensgebühr spielt die spätere Reduzierung keine Rolle, allenfalls für eine Termins- oder Einigungsgebühr:
Û
Beispiel: Nachdem die eingeklagte Hauptforderung (4000 Euro) bezahlt worden ist, wird die Klage insoweit zurückgenommen und nur noch der Zinsantrag weiterverfolgt. Für die Gerichtskosten bleibt es beim Wert von 4000 Euro. Die Verfahrensgebühr der Anwälte (Nr. 3100 VV RVG) richtet sich ebenfalls nach 4000 Euro. Die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) und eine eventuelle Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG) richten sich dagegen nur nach dem Wert des Zinsantrags (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 43 Abs. 2 GKG).
1 RG, HRR 1931 Nr. 252; JW 1909, 691. 2 RGZ 60, 114; JW 1927, 2129 u. 2803; KG, OLGE 23, 68.
790
N. Schneider
Nebenforderungen Das Bedingungsverhältnis kann bei einer Hauptforderung auch teilweise wegfallen.
4172
Zinsen aus einem nicht oder nicht mehr in Streit stehenden Hauptanspruch sind nach § 43 Abs. 2 GKG zu behandeln, auch wenn ein anderer Teil des Hauptanspruchs in derselben Instanz noch anhängig ist.1
4173
Die Abhängigkeit kann auch in höherer Instanz fortfallen, wenn der verurteilte Beklagte Berufung nur wegen seiner Verurteilung hinsichtlich der Nebenforderungen einlegt oder der Kläger nur wegen deren Abweisung. Die erstinstanzlichen Nebenforderungen werden dann im Berufungsverfahren zur Hauptforderung.2 Zu beachten ist allerdings § 47 Abs. 2 GKG.
4174
Dagegen bleibt die Abhängigkeit bestehen, wenn der abgewiesene Kläger oder der verurteilte Beklagte die Entscheidung hinsichtlich der Nebenforderung nur mit einer Anschlussberufung angreift. Wird eine Berufung wegen einer Nebenforderung mit der wegen der Hauptforderung verbunden, dann wird die Abhängigkeit wiederhergestellt. Es gilt dann zwar § 45 Abs. 1 GKG, so dass die Werte zusammenzurechnen sind: jedoch ist das Additionsverbot des § 43 Abs. 1 GKG auch hier zu berücksichtigen. Siehe hierzu auch das Stichwort „Rechtsmittel“, Rn. 4766 f.
4175
V. Form der Antragstellung Unerheblich ist, in welcher rechtlichen Form die Nebenforderungen geltend gemacht werden.3 So macht es insbesondere bei Zinsen keinen Unterschied, ob eine Verzinsung der Hauptforderung beantragt wird oder ob die Zinsen ausgerechnet und als Kapitalbetrag der Hauptforderung zugeschlagen werden.4 Darauf hinzuweisen besteht deshalb Anlass, weil selbst von Anwaltsseite zuweilen der falsche Rat erteilt wird, die Nichtberücksichtigung von Zinsen durch Einberechnung in den Hauptanspruch zu verschleiern.5 Die Kapitalisierung von Nebenforderungen ist aber zu unterscheiden von denjenigen Fällen, in denen die Zinsen, Kosten u.Ä. nur eine Berechnungsposition einer einheitlichen Hauptforderung sind. Siehe Rn. 4168.
D. Streitwert-ABC Stichwortübersicht Rn. Abgabe der Vermögensauskunft Ausländisches Urteil . . . . . . . . Befreiungsanspruch . . . . . . . . . Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . Bürgschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . Deckungsschutz . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
4177 4178 4179 4181 4182 4183
Rn. Duldungsklage . . . . . Enteignungszinsen . . Finanzierungskosten Hinterlegungszinsen Inkassogebühren . . . Inzidentantrag . . . . .
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4184 4185 4186 4187 4189 4190
1 BGHZ 26, 174 – unter Aufgabe der bisherigen Rspr.; bestätigt BGH, Urt. v. 24.3.1994 – VII ZR 146/93, MDR 1994, 720. 2 BGH, Beschl. v. 11.1.2011 – VIII ZB 62/10, AGS 2011, 140. 3 Siehe aber auch das Stichwort „Kreditgebühren“. 4 Einhellige Meinung: BGH, Beschl. v. 10.5.1962 – VII ZR 104/61, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 2; Beschl. v. 18.1.1995 – XII ZB 204/94, NJW-RR 1995, 706; LM § 4 ZPO Nr. 5; OLG Köln, KostRsp. GKG § 22 Nr. 5, 8. 5 Siehe Strohm/Herrmann, BRAK-Mitteilung 1983, 21.
N. Schneider
791
4176
Nebenforderungen Rn.
ZPO
Kontokorrent . . . . . . . . . . . . . . Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lastenausgleich . . . . . . . . . . . . Mahnkosten . . . . . . . . . . . . . . . Mehrwertsteuer . . . . . . . . . . . . Mietkaution . . . . . . . . . . . . . . . Milchgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . Prozesszinsen . . . . . . . . . . . . . . Sachverständigenkosten . . . . . . Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . Scheck und Wechsel . . . . . . . . . Schiedsspruch . . . . . . . . . . . . . . Schuldanerkenntnis . . . . . . . . . Selbständiges Beweisverfahren, Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuersäumniszuschlag. . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
4191 4192 4198 4199 4200 4201 4202 4203 4204 4205 4207 4209 4210
. . . . . 4212 . . . . . 4213
Rn. Teilzahlung . . . . . . . . . . . . . . . Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . Vergleich (Einigung) . . . . . . . . . Verrechnung . . . . . . . . . . . . . . . Verzugszinsen . . . . . . . . . . . . . Viehmängelhaftung . . . . . . . . . Vollstreckungsklausel-Klage. . . Vorgerichtliche Kosten . . . . . . . Wechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . Wiederaufnahmeverfahren . . . . Zwangsversteigerung . . . . . . . . Zwangsvollstreckung . . . . . . . . Zwangsvollstreckungsabwehrklage. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
4214 4216 4218 4221 4222 4228 4229 4229a 4230 4231 4232 4233 4234
. . . . . 4236
• Abgabe der Vermögensauskunft 4177
Im Verfahren auf Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO sind die bis zur Antragstellung aufgelaufenen Zinsen und Kosten dem Gegenstandswert der Hauptforderung hinzuzurechnen (§ 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG). Diese Vorschrift geht der des § 43 Abs. 1 GKG vor. • Ausländisches Urteil
4178
Die Kosten, die in einem ausländischen Urteil zuerkannt sind, bleiben bei der Festsetzung des Streitwerts dann unberücksichtigt, wenn sie im ausländischen Urteil nicht ziffernmäßig genannt sind, sei es allein oder neben der Hauptforderung.1 • Befreiungsanspruch
4179
Bei einer Klage auf Befreiung von einer Verbindlichkeit sind die Zinsen des Anspruchs, von dem Befreiung begehrt wird, keine Nebenforderungen des Befreiungsanspruchs und daher anzusetzen.2 Siehe das Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“, Rn. 1554 ff. A.A. ist der BGH,3 der die Zinsen als Nebenforderungen bei dessen Wertfestsetzung grundsätzlich unberücksichtigt lassen will. Ausnahmsweise sollen sie aber dann zu berücksichtigen sein, wenn bereits eine rechtskräftige Verurteilung des zu befreienden Schuldners erfolgt ist und dabei Zinsen und Kosten einbezogen sind. In diesem Fall sei die Befreiungsklage auf einen (neuen und einheitlichen) Schadensersatzanspruch ausgerichtet:4 Ein rechtskräftig zum Schadensersatz verurteilter Versicherungsnehmer hatte gegen seinen Haftpflichtversicherer auf Befreiung von der Urteilssumme und den zugunsten des Geschädigten festgesetzten Kosten geklagt. Der BGH hat die festgesetzten Kosten des Vorprozesses dem Streitwert hinzugerechnet. Gleicher Ansicht ist Weisbrod,5 der darauf abstellt, dass einmal die Nebenforderung auch gegenüber dem Befreiungsschuldner selbst in Abhängigkeit vom Hauptanspruch entstehe, im anderen Fall die Zinsen ihre 1 2 3 4 5
BGH, LM § 4 ZPO Nr. 7. RG, DR 1940, 2009. BGH, JurBüro 1961, 91. BGH, Warneyer 1976 Nr. 14. JurBüro 1995, 115.
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Nebenforderungen Abhängigkeit durch Tilgung oder Titulierung verlören und damit Teil eines einzigen Gesamtanspruchs würde. Die Ansicht des BGH1 ist unzutreffend. Nach der vom BGH selbst gegebenen Definition sind Zinsen „das vom Schuldner zu entrichtende Entgelt für die Überlassung von Kapital“. Hieran fehlt es aber im Verhältnis zwischen Befreiungsschuldner und -gläubiger. Dem Befreiungsgläubiger kann nie ein eigener Zinsanspruch zustehen. Ein Zinsanspruch steht nur dem Forderungsgläubiger zu. Dessen Zinsanspruch ist daher nur eine Berechnungsposition eines einheitlichen Befreiungsanspruchs. Ein eigener Zinsanspruch des Befreiungsschuldners kann erst entstehen, wenn er gezahlt hat. Dann geht aber der Befreiungsanspruch unter und verwandelt sich in einen gewöhnlichen Zahlungsanspruch. Auch Kosten des Forderungsgläubigers sind Teil des einheitlichen Befreiungsanspruchs. Lediglich dann, wenn für den Befreiungsgläubiger selbst Kosten anfallen, etwa durch eine anwaltliche Mahnung zur Freistellung, sind Nebenforderungen i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1, 2 GKG gegeben.
4180
Siehe ausführlich m.w.N. zur Rspr. bei dem Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“. • Beschwer Siehe dazu das Stichwort „Rechtsmittel“, Rn. 4675 ff.
4181
• Bürgschaft Der Streitwert eines Rechtsstreits zwischen dem Gläubiger und dem Bürgen richtet sich nach dem Wert der Hauptschuld. Die daneben zu entrichtenden Zinsen bleiben bei der Wertberechnung außer Ansatz, da es sich auch im Verhältnis zum Bürgen um Nebenforderungen handelt, auf die er unmittelbar haftet.2
4182
Der Streitwert geht auch dann nicht über den vereinbarten Höchstbetrag der Bürgschaft hinaus, wenn Gegenstand des Rechtsstreits auch die Zinsen, Provisionen und Spesen der Bürgschaftssumme sind, für die sich der Bürge zusätzlich verbürgt hat.3 Für den Befreiungsanspruch des Bürgen gegen den Hauptschuldner sind die Zinsen dagegen mitzurechnen (s. Rn. 4179). • Deckungsschutz Der Deckungsschutzprozess des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer hat einen Befreiungsanspruch zum Gegenstand (s. oben Rn. 4179). Daher sind Zinsund Kostenansprüche des freizustellenden Geschädigten zu berücksichtigen.4
4183
• Duldungsklage Wenn der Eigentümer eines Grundstücks aus einer auf dem Grundstück lastenden Grundschuld auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück wegen der Grundschuld verklagt wird (dingliche Klage), bleiben die Kosten der die
1 2 3 4
BGH, JurBüro 1961, 91. BGH, JurBüro 1958, 390. BGH, WM 1956, 889. BGH, Beschl. v. 8.3.2006 – IV ZB 19/05, NJW-RR 2006, 791; a.A. Vorauflage; OLG Nürnberg, VersR 1978, 854.
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4184
Nebenforderungen
ZPO
Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung bei der Festsetzung des Streitwerts außer Betracht.1 • Enteignungszinsen 4185
Siehe das Stichwort „Enteignungsentschädigung“, Rn. 2099 ff. • Finanzierungskosten
4186
Für die Schätzung des Verkehrswerts einer finanzierten Kaufsache sind die Finanzierungskosten außer Betracht zu lassen.2 • Hinterlegungszinsen
4187
Bei der Klage auf Zustimmung in die Auszahlung eines beim Notar hinterlegten Betrages ist die Summe maßgebend, die das Hinterlegungskonto zum Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 40 GKG) ausweist.3 Es geht um diesen Endbetrag.
4188
Die Hinterlegungsmasse darf nicht in einen Hauptanspruch und einen Nebenanspruch zerlegt werden. Es fehlt nämlich an dem in § 43 Abs. 1 GKG vorausgesetzten objektiven Abhängigkeitsverhältnis, da nicht der Beklagte Zinsschuldner ist, sondern die Hinterlegungsstelle. Deshalb sind auch die Hinterlegungszinsen, die den Hinterlegungsbetrag erhöhen, zu berücksichtigen.4 Streiten zwei Parteien um die Berechtigung des Zahlungsanspruchs gegen einen Dritten und klagt einer von ihnen gegen den anderen auf Einwilligung in die Auszahlung einer hinterlegten oder vom Drittschuldner bis zur gerichtlichen Ermittlung des Berechtigten zurückgehaltenen Streitsumme, so sind die von jenem Dritten mit der Hauptsumme geschuldeten Zinsen keine Nebenforderungen i.S.d. § 4 ZPO.5 Hier geht es nur um einen verzinslichen Hauptanspruch, nicht um einen Festbetrag, in dem Zinsen enthalten sind. • Inkassogebühren
4189
Inkassogebühren sind vorgerichtliche Kosten und bleiben als Nebenforderungen daher außer Ansatz.6 • Inzidentantrag
4190
Bei der Widerklage gem. § 717 Abs. 2 oder 3 ZPO auf Verurteilung des Klägers zur Rückzahlung der Beträge, die der Kläger aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil beigetrieben oder die der Beklagte zur Abwendung der Vollstreckung geleistet hat, bleiben beigetriebene Zinsen und Kosten bei der Streitwertfestsetzung außer Betracht.7
1 2 3 4 5 6 7
BGH, LM § 3 ZPO Nr. 6. OLG Köln, JurBüro 1971, 86; s. auch OLG Köln, JMBl.NW 1974, 46. OLG Köln, JurBüro 1980, 281. BGH, Warneyer 1967 Nr. 7; RG, HRR 1931 Nr. 252. OLG Zweibrücken, JurBüro 1965, 1007. OLG Köln, JurBüro 1974, 1594. BGHZ 43, 33; LG Kiel, MDR 1960, 324.
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Nebenforderungen • Kontokorrent Zinsen verlieren ihre Eigenschaft als Nebenforderung beim Kontokorrent nur dann, wenn sie jeweils bei Periodenschluss dem Saldo (§ 355 HGB) hinzugerechnet und zusammen mit diesem in die neue Rechnungsperiode übernommen werden; es liegt dann eine Novation vor.1
4191
• Kosten Unter Kosten ist die Summe aller gerichtlichen, außergerichtlichen und vor- 4192 gerichtlichen Kosten zu verstehen, die bis zur Vornahme der gebührenrechtlich erheblichen Handlung angefallen sind sowie die durch die Handlung selbst entstehenden Kosten.2 Vorgerichtliche Kosten sind z.B. Kosten eines Privatgutachtens (s. Rn. 4204), eines früheren Prozesses oder einer Zwangsvollstreckung,3 ferner etwa Bearbeitungsgebühren, die anlässlich einer Unfallfinanzierung angefallen sind.4 Kosten bleiben auch dann bei der Streitwertberechnung als Nebenforderungen unberücksichtigt, wenn sie zu einem früheren Zeitpunkt in einem Verfahren gegen einen zunächst allein in Anspruch genommenen Mitschuldner entstanden sind.5
4193
Nur dann, wenn Kosten allein eingeklagt werden, bestimmen sie den Streitgegenstand, weil es dann an einer bedingenden Hauptforderung in diesem Verfahren fehlt.6 Kreditgebühren, die im Rahmen eines Teilzahlungskredits vereinbart werden, sind Zinsen und damit Nebenforderungen.7
4194
Umstritten ist, ob beim Ratenzahlungskredit die Zusammenfassung des Darlehens und der Kreditgebühren in einem Betrag daran etwas ändert und ob auch in diesem Fall die Kreditgebühren als Nebenforderung bei der Streitwertbemessung außer Ansatz zu bleiben haben.
4195
Das OLG Bamberg8 lässt auch dann die Kreditgebühren unberücksichtigt, während das OLG München9 die Zinsen dem Streitwert hinzurechnet.
4196
Zuzustimmen ist dem OLG München, dessen Auffassung allein der Forderung gerecht wird, die Streitwertermittlung einfach und übersichtlich zu halten. Es wäre damit unvereinbar, die oft schwierige Frage, wie sich die Restschuld aus einem Finanzierungsdarlehen zusammensetzt und welcher Zinsanteil darin steckt, ausgerechnet bei der Streitwertfestsetzung zu prüfen und zu lösen. Dem OLG München hat sich das OLG Düsseldorf angeschlossen.10
4197
1 OLG Bamberg, JurBüro 1964, 32. 2 RGZ 118, 149; OLG Celle, JW 1930, 657; OLG Braunschweig, OLGE 33, 174; OLG Dresden, OLGE 43, 122. 3 OLG Bremen, Rpfleger 1957, 274 zu ZPO § 4, c. 4 OLG Köln, JMBl.NW 1974, 46. 5 LG Mönchengladbach, JurBüro 1963, 608. 6 Sog. materieller Kostenerstattungsanspruch; s. dazu Zöller/Herget, vor § 91 ZPO Rn. 11. 7 OLG Düsseldorf, MDR 1976, 663. 8 OLG Bamberg, JurBüro 1976, 343. 9 OLG München, JurBüro 1976, 237. 10 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.11.1989 – 24 W 105/89; s. auch das Stichwort „Kreditgebühren“.
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ZPO
Nebenforderungen • Lastenausgleich 4198
Zinsen eines rechtskräftig zuerkannten LAG-Anspruchs müssen bei der Streitwertfestsetzung mit ihrem vollen Betrag berücksichtigt werden.1 • Mahnkosten
4199
Vorgerichtliche Mahnkosten zur eingeklagten Forderung, die mit in den Klageantrag genommen werden, erhöhen den Streitwert nicht.2 • Mehrwertsteuer
4200
Siehe unten „Umsatzsteuer“, Rn. 4216. • Mietkaution
4201
Zinsen aus einer Mietkaution erhöhen die Sicherheit (§ 551 Abs. 3 Satz 4 BGB) und werden daher Teil des Kautionsguthabens. Sie sind folglich keine Nebenforderungen, sondern in voller Höhe zu bewerten. Siehe das Stichwort „Mietstreitigkeiten“, Rn. 3959. • Milchgeld
4202
Entgangenes Milchgeld, das neben dem Anspruch auf Ersatz des Schadens für den Verlust von Kühen verlangt wird, ist keine Nebenforderung i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO.3 • Prozesszinsen
4203
Prozesszinsen als Nebenforderungen bleiben bei der Bewertung außer Ansatz. Siehe ausführlich das Stichwort „Prozesszinsen“, Rn. 4575. • Sachverständigenkosten
4204
Sachverständigenkosten, die als Schadensersatz – etwa bei einem Verkehrsunfallprozess oder anderweitig auf Deliktsrecht gestützt – miteingeklagt werden, sind keine Nebenforderungen, sondern eine von mehreren gleichwertigen und gleichrangigen Schadenspositionen.4 Siehe ausführlich das Stichwort „Verkehrsunfallschadenregulierung“, Rn. 5579. • Schadensersatz
4205
Ein auf § 992 BGB gestützter Schadensersatzanspruch, der in Abhängigkeit vom Hauptanspruch auf Herausgabe der Sache erhoben wird, bleibt bei der Wertberechnung unberücksichtigt, auch wenn er den sich aus § 987 BGB ergebenden Nutzungsanspruch übersteigt.5 Zweifelhaft! Siehe das Stichwort „Herausgabe“, Rn. 3034.
4206
Wird Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung in Form von Zinsen verlangt, so bleiben diese nach BGH6 nicht außer Betracht, weil es sich nicht um Nebenforderungen i.S.d. § 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG handelt. 1 2 3 4 5 6
OLG Frankfurt, JurBüro 1966, 241. OLG Bamberg, Beschl. v. 19.11.1984 – 3 W 100/84, JurBüro 1985, 589. OLG Schleswig, SchlHA 1951, 46. OLG München, NJW-RR 1994, 1484. OLG Karlsruhe, ZZP 68, 1955, 463. BGH, Beschl. v. 29.4.1971 – III ZR 142/70, KostRsp. § 4 ZPO Nr. 30; Beschl. v. 28.9.1992 – II ZR 277/90, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 74.
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Nebenforderungen Die bloße Zusammenfassung von Zinsen und Kapital macht die Zinsen jedoch nicht zur Hauptforderung, selbst wenn der Kläger sie als Verzugszinsen unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes geltend macht.1 Dementsprechend bleibt die Zinsforderung auf eine Schadensersatzzahlung Nebenforderung, selbst wenn eine höhere als die gesetzliche Verzinsung aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes verlangt wird. Dabei ist es gleichgültig, ob der geforderte Zinssatz mit einem entgangenen Gewinn durch günstige Anlage oder durch das Entstehen von Zinsverpflichtungen des Schadensersatzklägers gerechtfertigt wird.2 • Scheck und Wechsel Werden in die Scheck- oder Wechselforderung Zinsen und Kosten aus dem Grundgeschäft aufgenommen, so werden sie bei der Bewertung der Wechselforderung mitberechnet, da diese eine neue selbständige Forderung und damit auch einen anderen Streitgegenstand schafft als die Forderung aus dem Grundgeschäft.
4207
Dagegen bleiben Zinsen, Kosten und Provisionen nach dem WG oder ScheckG gem. § 4 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt.
4208
Ausführlich, auch zum Übergang der Klage aus dem Grundverhältnis in den Urkundenprozess bei dem Stichwort „Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess“, Rn. 4360 ff. • Schiedsspruch Im Verfahren auf Vollstreckbarkeitserklärung von Schiedssprüchen bleiben die Nebenforderungen und Kosten bei der Berechnung des Streitwerts außer Ansatz.3
4209
Demgegenüber will das OLG Hamburg4 Zinsen und Kosten bei der Streitwertberechnung berücksichtigen. Wird auf Aufhebung eines Schiedsspruches geklagt, so sind die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens und die im Schiedsspruch zuerkannten Zinsen Nebenforderungen.5 • Schuldanerkenntnis Wird die Klageforderung auf ein schriftliches deklaratorisches Schuldanerkenntnis gestützt, in dem Hauptforderung und Zinsrückstand in eine Summe aufaddiert worden sind, bleiben die Zinsen Nebenforderung.6
4210
Anders nur dann, wenn die Zinsforderung zusammen mit der Hauptforderung durch Abgabe eines abstrakten Schuldversprechens oder Schuldanerkenntnisses (§§ 780, 781 BGB) oder durch Kontokorrentsaldierung noviert wird. Dann entsteht eine neue einheitliche Forderung, so auch bei einem Scheck oder Wechsel (s. Rn. 4208).
4211
1 BGH, Beschl. v. 10.5.1962 – VII ZR 104/61, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 2; Beschl. v. 18.1.1995 – XII ZB 204/94, NJW-RR 1995, 706; WPM 1981, 1092; OLG Bamberg, JurBüro 1978, 1549; OLG Köln, Beschl. v. 19.6.1979 – 2 U 29/79, JurBüro 1980, 578. 2 BGH, VersR 1957, 244. 3 RG, JW 1925, 2005; KG, JW 1936, 3330; LG Frankfurt, JurBüro 1952, 90; OLG Köln, JurBüro 1969, 558. 4 OLG Hamburg, Rpfleger 1956, 169 mit abl. Anm. Lappe. 5 BGH, MDR 1957, 95. 6 OLG Köln, JurBüro 1980, 578.
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Nebenforderungen • Selbständiges Beweisverfahren, Kosten 4212
Bei den Kosten eines vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens handelt es sich im Rahmen des nachfolgenden Hauptsacheprozesses in der Regel um Kosten des Verfahrens, die nicht gesondert geltend zu machen sind,1 so dass ihr Wert beim Zuständigkeitsstreitwert außer Ansatz bleibt und beim Gebührenstreitwert nur im Fall des § 43 Abs. 3 GKG eine Rolle spielt. Werden die Kosten dagegen isoliert eingeklagt, etwa, weil es nicht mehr zur Hauptsache kommt, dann sind sie Hauptforderung, so dass ihr Wert maßgebend ist. Werden die Kosten eines vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens ausnahmsweise neben der Hauptforderung eingeklagt, dann handelt es sich um eine Nebenforderung i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG, selbst wenn sie in den bezifferten Hauptantrag eingerechnet wurden.2 • Steuersäumniszuschlag
4213
Werden Steuersäumniszuschläge im ordentlichen Rechtsweg zugleich mit der Steuerhauptforderung als Nebenforderung eingeklagt, so bleiben sie bei der Wertberechnung außer Ansatz.3 • Teilzahlung
4214
Wird Kapital nebst Zinsen eingeklagt, der Antrag aber eingeschränkt durch den Zusatz: „abzüglich bereits gezahlter … Euro“, dann ist die Zahlung, wenn der Schuldner keine andere Anrechnung bestimmt hat (§ 367 Abs. 2 BGB), nach § 367 Abs. 1 BGB zunächst auf die Kosten und dann auf die Zinsen zu verrechnen. Der Streitwert vermindert sich also erst dann, wenn die Zahlung auch (teilweise) das Kapital getilgt hat.4 Das kann auch für die Rechtsmittelfähigkeit einer Sache ausschlaggebend sein.5
4215
Wird auf eine titulierte Forderung ein Teilbetrag bezahlt, so ist dieser dementsprechend wiederum zunächst auf die Kosten und Zinsen anzurechnen.6 • Umsatzsteuer
4216
Die Umsatzsteuer ist keine Nebenforderung, sondern Teil der Hauptforderung; s. das Stichwort „Umsatzsteuer“, Rn. 5227 ff.
4217
Entgegen früherer Ansicht7 entfällt auf Verzugs- oder Fälligkeitszinsen keine Umsatzsteuer,8 so dass sich damit auch die Frage nach der Einordnung als Nebenforderung erledigt hat.9
1 2 3 4 5 6 7 8 9
BGH, Beschl. v. 9.2.2006 – VII ZB 59/05, MDR 2006, 1075. OLG Jena, Beschl. v. 20.11.2003 – 5 W 288/03, n.v. BGH, NJW 1956, 1562. RG, DR 1939, 1182; OLG Kiel, HRR 1939 Nr. 435; OLG Hamm, JurBüro 1969, 765. Siehe E. Schneider, DRiZ 1979, 310. Siehe E. Schneider, DRiZ 1979, 310. BGH, JurBüro 1976, 1629 = NJW 1977, 583 = Warneyer 1976 Nr. 190. EuGH, NJW 1983, 505. Siehe E. Schneider, DGVZ 1983, 113.
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Nebenforderungen • Vergleich (Einigung) Nach Nr. 1000 VV RVG erhält der Rechtsanwalt für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vergleichs eine Einigungsgebühr. Gerichtskosten fallen für den Abschluss eines Vergleichs nur an, soweit nicht anhängige Gegenstände in den Vergleich miteinbezogen werden (Nr. 1900 KV GKG). Man spricht hier vom „Mehrwert“ des Vergleichs.
4218
Kosten und Zinsen bleiben bei der Wertberechnung unberücksichtigt. Das gilt auch dann, wenn ein gerichtlicher Vergleich über Hauptsache und Kosten abgeschlossen wird.1
4219
Vergleichen sich die Parteien nicht nur über den streitig gebliebenen und in der Berufungsinstanz allein angefallenen Teil des Zinsanspruches, sondern auch über den unangefochten gebliebenen Haupt- und Zinsanspruch mit der Maßgabe, dass der Kläger dem Beklagten sowohl für den bereits zuerkannten als auch für den streitig gebliebenen Betrag Ratenzahlung gewährt, so erhöht sich der Wert des Vergleichs um den nach § 3 ZPO zu schätzenden Wert der Ratenzahlung bezüglich der nicht angefochtenen Haupt- und Zinsanspruch-Verurteilung.2 Insoweit dürfte jetzt auf die Wertung des § 31b RVG (20 % des Anspruchs) zurückzugreifen sein.3
4220
Für die Revisionsinstanz gelten diese Grundsätze ebenfalls.4 • Verrechnung Siehe „Teilzahlung“.
4221
• Verzugszinsen Verzugszinsen fallen als Nebenforderungen immer unter § 4 ZPO, § 43 GKG.
4222
Sie sind bei Geltendmachung ohne den Hauptanspruch (§ 43 Abs. 2 GKG) – im Gegensatz zu Hypothekenzinsen – nicht gem. § 9 ZPO zu bewerten, sondern auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu berechnen.5 Werden neben einer Hauptforderung Verzugszinsen geltend gemacht, so sind diese bei der Berechnung des Streitwerts nicht besonders zu berücksichtigen.6 Das gilt auch dann, wenn die Verzugszinsen im Klageantrag ausgerechnet sind und mit der Hauptforderung zu einem einheitlichen Forderungsbetrag zusammengefasst werden.7 Siehe oben Rn. 4176.
4223
In der Praxis wird manchmal versucht, diese Rechtsfolge zu umgehen, um die Gebühren zu erhöhen.8
4224
Eine Zinsforderung, die in Abhängigkeit von der Hauptforderung erhoben wird, bleibt für die Wertberechnung auch dann außer Ansatz, wenn der Zinsfuß den ge-
4225
1 OLG Neustadt, JurBüro 1964, 195; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.1.1984 – 5 WF 317/83, JurBüro 1984, 1865. 2 OLG Celle, JurBüro 1971, 237. 3 Siehe dazu auch OLG München, Beschl. v. 21.3.2014 – 11 W 457/14, AGS 2014, 411. 4 RGZ 60, 114. 5 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1965, 229. 6 OLG Hamburg, JurBüro 1994, 364 – Zinsen als Schaden aus Verzug mit der Abgabe einer Willenserklärung. 7 BGH, LM § 4 ZPO Nr. 5; Beschl. v. 10.5.1962 – VII ZR 104/61, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 2; KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1200 = NJW-RR 1995, 706; RG, JW 1934, 2771. 8 Vgl. Strohm/Herrmann, BRAK-Mitt. 1983, 21 und dazu E. Schneider, MDR 1984, 265.
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Nebenforderungen
ZPO
setzlichen Rahmen (§ 288 Abs. 1 BGB, § 362 HGB usw.) wegen eines weiter gehenden Verzugsschadens überschreitet.1 Dem kann auch nicht dadurch ausgewichen werden, dass über den Zinsbetrag ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgegeben wird.2 4226
Anders ist es, wenn die Endsumme aus Hauptforderung und Zinsen durch ein abstraktes Schuldanerkenntnis oder Schuldversprechen (§§ 780, 781 BGB) in eine neue einheitliche Schuld verwandelt wird. Denn darin liegt eine schuldverändernde Novation, durch die die Zinsen ihre Eigenschaft als Nebenforderung verlieren, so dass sich der Streitwert fortan nach dem abstrakt anerkannten Schuldgesamtbetrag richtet.
4227
Hauptforderung sind Zinsen dagegen dann, wenn sie aus einer anderen Hauptforderung resultieren oder aus einem anderen Teil der Hauptforderung. Siehe dazu das Stichwort „Zinsen“, Rn. 6407 ff. Zur Bewertung des Zinsantrages als Hauptforderung s. das Stichwort „Zinsen“. • Viehmängelhaftung
4228
Bei Rechtsstreitigkeiten wegen Viehmängelhaftung zählen Frachtkosten, Futterkosten und Tierarztkosten nicht als Nebenforderungen, sondern sind gem. § 5 ZPO dem Hauptanspruch hinzuzurechnen.3 • Vollstreckungsklausel-Klage
4229
Bei einer Klage aus § 768 ZPO gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel, deren Streitwert nach § 3 ZPO zu schätzen ist, bleiben Zinsen und Kosten außer Ansatz, selbst wenn sie durch einen Festsetzungsbeschluss bereits tituliert worden sind.4 • Vorgerichtliche Kosten
4229a
Siehe ausführlich oben Kosten, Rn. 4192 f. • Wechsel
4230
Siehe oben das Stichwort „Scheck und Wechsel“, Rn. 4207. • Widerklage
4231
Klagt der Kläger auf Feststellung, dass dem Beklagten eine bestimmte Forderung nicht zustehe, und erhebt der Beklagte seinerseits Widerklage auf Zahlung von Zinsen aus dieser Forderung, so soll § 4 Abs. 1 ZPO nicht anzuwenden sein; die Widerklage gehe über eine selbständige Hauptforderung, deren Wert gem. § 5 ZPO dem Streitwert der Klage zuzurechnen ist, hinaus, da die Zinsen dort wegen § 4 Abs. 1 ZPO nicht berücksichtigt würden.5 Dies dürfte unzutreffend sein. Sicherlich hat die Widerklage einen eigenen Wert, nämlich den des Zinsanspruchs. Eine Addition der Werte hat wegen wirtschaftli1 RGZ 158, 350; OLG Nürnberg, BayJMBl. 1952, 267; OLG Neustadt, Rpfleger 1956, 238 Nr. 2; RG, JW 1934, 2771. 2 OLG Köln, Beschl. v. 30.1.1980 – 2 W 6/80. 3 KG, JVBl. 1933, 250; LG Lübeck, JurBüro 1951, 301. 4 OLG Köln, MDR 1980, 852. 5 KG, JW 1937, 2779.
800
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Nebenforderungen cher Identität bzw. wegen des Additionsverbotes der §§ 4 Abs. 1, 43 Abs. 1 GKG jedoch zu unterbleiben. Zum Anerkenntnis der Klage und streitiger Verhandlung über die Widerklage s. oben Rn. 4155. • Wiederaufnahmeverfahren Bei der Berechnung des Streitwerts der Wiederaufnahmeklage sind die Kosten des Vorprozesses und die inzwischen aufgelaufenen Zinsen nicht hinzuzurechnen.1
4232
• Zwangsversteigerung In der Zwangsversteigerung werden die Zinsen und Kosten bei der Streitwertberechnung hinzugesetzt (§ 26 RVG).
4233
• Zwangsvollstreckung In der Zwangsvollstreckung werden die Zinsen und Kosten bei der Streitwertberechnung hinzugerechnet (§ 25 Abs. 1 Nr. 2 RVG); s. Rn. 4162.
4234
Bei der Vollstreckung nach § 866 Abs. 3 Satz 1 ZPO kommt es dafür, ob Zinsen 4235 Nebenforderungen sind, nicht auf den Zeitpunkt der Geltendmachung, sondern auf den Titel an.2 • Zwangsvollstreckungsabwehrklage Der Streitwert einer Vollstreckungsabwehrklage wird nur nach der titulierten Hauptforderung berechnet, also ohne Berücksichtigung der Kosten; diese sind Nebenforderungen i.S.d. § 43 Abs. 1 GKG, § 4 ZPO.3
4236
Das gilt auch dann, wenn sie im Klageantrag ausgerechnet sind und mit der Hauptforderung zu einem einheitlichen Forderungsbetrag zusammengefasst werden.4 Die aufgrund des streitigen Urteils festgesetzten Zinsen und Kosten, wegen derer der Kläger ebenfalls die Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung erstrebt, gelten auch für die Vollstreckungsabwehrklage aus § 767 ZPO als Nebenforderungen und sind deshalb bei der Wertberechnung nicht anzusetzen.5
4237
Das LG Köln6 ist der herrschenden Auffassung entgegengetreten und will § 4 ZPO auf die Vollstreckungsabwehrklage nicht anwenden; diese Auffassung hat sich nicht durchgesetzt.
4238
Behauptet der Vollstreckungsschuldner, der Gläubiger habe zugesagt, er werde von einem Vollstreckungstitel keinen Gebrauch machen, und begehrt er eine gerichtliche Entscheidung darüber, dass aus diesem Grunde eine Vollstreckung des Titels und der aufgrund des Titels festgesetzten Kosten nicht erfolgen darf, so sind
4239
1 OLG Hamburg, MDR 1969, 228. 2 OLG Schleswig, JurBüro 1982, 913. 3 BGH, LM § 4 ZPO Nr. 4; OLG Nürnberg, Rpfleger 1966, 323 zu ZPO §§ 4, 767; OLG Koblenz, Beschl. v. 20.11.1953 – 2 W 477/53, RPfleger 1956, 147 zu ZPO § 4 Abs. 1; KG, Rpfleger 1962, 155 zu ZPO § 4, c; OLG Köln, JurBüro 1992, 251. 4 BGH, LM § 4 ZPO Nr. 4. 5 KG, Rpfleger 1962, 155; OLG Nürnberg, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 9; OLG Hamburg, MDR 1957, 754; LG Mannheim, WM 1965, 174. 6 LG Köln, NJW 1964, 2165.
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ZPO
Nebenintervention die Kosten Nebenforderung und daher dem Streitwert nicht zuzurechnen.1 Zum Streitwert einer auf § 826 BGB gestützten Klage auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung s. bei dem Stichwort „Unterlassung“, Rn. 5296. 4240
Hat der Schuldner Teilzahlungen geleistet, dann sind die Zahlungen zunächst gem. § 367 BGB zu verrechnen (s. oben Rn. 4214, 4221).
4241
Bei der Bemessung des Streitwerts der sodann erhobenen Zwangsvollstreckungsabwehrklage ist nur der die Kosten und Zinsen übersteigende Betrag des Tilgungsbetrages von dem Forderungsbetrag abzusetzen.2
Nebenintervention Literatur: Freund, Zur Streitverkündung: Zulässigkeit, Zwischenstreit und Gegenstandswert, NZBau 2010, 83; Schneider, JurBüro 1974, 273 ff.; Schneider, MDR 1977, 268; Hülsmann, Streitwert der Nebenintervention, JurBüro 2003, 84.
A. Einleitung 4242
Die einfache Nebenintervention (auch Streithilfe) ist der Beitritt eines Dritten zur Unterstützung einer Partei in einem bereits anhängigen Prozess. Die Zulässigkeit des Beitritts, der durch Einreichung eines den Erfordernissen des § 70 ZPO entsprechenden Schriftsatzes erfolgt, setzt insbesondere ein „rechtliches Interesse“ des Beitretenden am Obsiegen der Hauptpartei voraus, § 66 Abs. 1 ZPO. Davon ist auszugehen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits sich mittelbar oder unmittelbar auf die privat- oder öffentlich-rechtlichen Verhältnisse des Beitretenden rechtlich günstig oder ungünstig auswirkt. Hierbei ist ausreichend, dass sich das Interesse des Streithelfers auf einen Teil der Hauptsache beschränkt.3
4243
Mit dem Betritt erlangt der Streithelfer die Stellung eines kraft eigenes Rechts handelnden Gehilfen der Partei,4 dessen Erklärungen und Prozesshandlungen jedoch nicht in Widerspruch zu denen der Hauptpartei stehen dürfen, § 67 ZPO. Da der Beitritt zu einem laufenden Verfahren erstrebt wird bzw. erfolgt, hat er auf die Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwerts und den Streitwert für die Gerichtsgebühren keinen Einfluss.5
B. Gebührenstreitwert I. Zulassung der Nebenintervention 4244
Auf Antrag einer Partei oder eines bereits beigetretenen Streithelfers (und bei Fehlen der Prozesshandlungsvoraussetzung auf Seiten des Nebenintervenienten auch von Amts wegen) ist gem. § 71 ZPO nach mündlicher Verhandlung über die Zulässigkeit der Nebenintervention zu entscheiden.
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BGH, ZZP 69, 1956, 176. OLG Nürnberg, MDR 1967, 410. OLG Düsseldorf, MDR 1966, 852; Zöller/Vollkommer, § 66 Rn. 8. Zöller/Vollkommer, § 67 Rn. 1. OLG Rostock, Beschl. v. 22.9.2014 – 7 W 36/13, BauR 2015, 313.
802 N. Schneider/Kurpat
Nebenintervention Der Streitwert des Zwischenverfahrens bestimmt sich nach § 3 ZPO, wobei wohl einhellig auf das Interesse des Streithelfers an seiner Zulassung abgestellt wird.1 Dass der Wert des Zwischenverfahrens geringer als der Hauptsachewert sein kann, folgt schon aus seinem Verfahrensgegenstand. Denn Gegenstand ist nicht die Stellung des Beitretenden zum Klagebegehren, sondern die Zulässigkeit seiner Nebenintervention. Das Zwischenurteil entscheidet allein darüber, ob der Streithelfer sein rechtliches Interesse am Obsiegen der Hauptpartei glaubhaft gemacht hat (§ 71 Abs. 1 ZPO). Wertbestimmend ist daher das Interesse des Beitretenden an der Einwirkung auf den Prozess und seine Entscheidung. Wirtschaftlich kann dies, muss aber nicht mit dem Hauptsachewert übereinstimmen. Unzutreffend dürfte daher die Annahme sein, dass sich der Streitwert des Zwischenstreits über die Zulässigkeit der Nebenintervention nur ganz ausnahmsweise mit dem Wert der Hauptsache decke.2
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Vielmehr wird der Streitwert des Zwischenverfahrens dem Hauptsachewert entsprechen, wenn sich die Entscheidung in der Hauptsache in einem Umfang auf die vermögensrechtlichen Verhältnisse des Beitretenden auswirkt, der mit dem Wert der Hauptsache übereinstimmt. Zwar ist es zutreffend, dass mit der Entscheidung des Zwischenstreits noch keine Entscheidung über die Hauptsache und damit möglicherweise verbundene vermögensrechtliche Auswirkungen getroffen wird.3 Da jedoch abschließend über die Möglichkeit des Beitretenden entschieden wird, auf den Verlauf des Rechtsstreits in der Hauptsache einzuwirken, entsprechen die Interessen an der Zulassung und der Einwirkung wertmäßig einander.4 Dies ist für die gleichartige Situation des Zwischenstreits über die Zuständigkeit des Gerichts oder Zulässigkeit eines Rechtsmittels anerkannt (s. hierzu unter dem Stichwort „Zwischenstreit und -urteil“).
4246
II. Durchführung der Nebenintervention Uneinigkeit besteht hingegen darüber, wie der Gebührenstreitwert im Falle der Beteiligung des Streithelfers zu bestimmen ist.
4247
1. Antragstellung Stellt der Nebenintervenient – wie meist – zur Hauptsache denselben Antrag wie die von ihm unterstützte Partei, dann deckt sich der Wert der Nebenintervention nach einer (früher fast ausschließlich vertretenen) Meinung mit dem Wert der Hauptsache.5 Entscheidend sei die verfahrensrechtliche Stellung des Streithelfers,
1 RGZ 111, 410; BGH, BGHZ 31, 144; JurBüro 1953, 305; OLG Hamm, Beschl. v. 16.1.2007 – 27 W 86/06, OLGR 2007, 607; OLG München, AnwBl. 1985, 646; Zöller/Vollkommer, § 71 Rn. 7a. 2 So aber OLG Frankfurt, JurBüro 1964, 516. 3 Schneider, Anmerkung zu OLG Hamburg, KostRsp. § 3 ZPO Nr. 744. 4 OLG Hamburg, Beschl. v. 27.2.1985 – 6 W 20/85, AnwBl. 1985, 263 mit Anm. E. Schneider. 5 BGH, Beschl. v. 30.10.1959 – V ZR 204/57, MDR 1960, 41; KG, Beschl. v. 26.7.2004 – 2 W 18/04, MDR 2004, 1445; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.12.2011 – 10 W 116/11; Beschl. v. 10.1.2006 – I-24 W 64/05, MDR 2006, 1017; OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.2.2009 – 10 W 4/09, IBR 2009, 305; OLG Hamburg, Beschl. v. 27.2.1985 – 6 W 20/85, AnwBl. 1985, 263; OLG Hamm, Beschl. v. 16.1.2007 – 27 W 86/06, OLGR 2007, 607; OLG München, Beschl. v. 29.1.2010 – 13 W 634/10; Beschl. v. 23.5.1997 – 15 W 1590/97, MDR 1997, 1166; Beschl. v. 27.3.1997 – 28 U 2631/96, MDR 1997, 788; OLG Nürnberg, JurBüro 1968, 240 m. abl. Anm. Tschischgale; OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.9.2012 – 1 W 43/12; weitergehend OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.10.2002 – 9 E 38/02, MDR 2003, 357: Hauptsachewert unabhängig von Antragstellung; Hülsmann, JurBüro 2003, 84.
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4248
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der am Prozess im gleichen Umfang beteiligt sei, wie die Partei, der er zur Seite getreten sei. Sein prozessuales Verhalten richte sich auf denselben Streitgegenstand und seine Angriffs- und Verteidigungsmittel bezweckten das Obsiegen der von ihm unterstützten Partei.1 Dies gelte, soweit der Streithelfer sein Angriffsoder Verteidigungsverhalten nicht erkennbar auf Teile des Streitgegenstandes beschränkt habe, auch bei fehlender Antragstellung.2 4249
Diese Ansicht führt jedoch streitwertrechtlich zu gänzlich unbefriedigenden Ergebnissen, wenn der Wert der Hauptsache und die mit der Hauptsacheentscheidung verbundene Einwirkung auf die vermögensrechtlichen Verhältnisse des Nebenintervenienten erheblich voneinander abweichen. So müsste ein Streithelfer, der bei einer Klage über 50 000 Euro mit einem Regress von 1000 Euro zu rechnen hat und sich deshalb dem Klageabweisungsantrag des Beklagten anschließt, einem Streitwert von 50 000 Euro unterworfen werden. Denn im Kostenfestsetzungsverfahren darf nicht geprüft werden, ob die vom Nebenintervenienten gestellten Anträge voll gerechtfertigt waren.3 2. Interventionsinteresse
4250
Richtiger und ganz überwiegender Auffassung nach ist deshalb auch bei durchgeführter Nebenintervention nicht auf die Anträge des Streithelfers, sondern auf sein nach § 3 ZPO zu schätzendes Interesse abzustellen.4
4251
So dürfte bei sach- und interessengemäßer Auslegung des Sachantrags des Nebenintervenienten, auch wenn er unbeschränkt gefasst ist, dahingehend auszulegen sein, dass er die Partei nur soweit unterstützt, als sein eigenes Interesse betroffen ist.5 Zumal der auf Beklagtenseite beitretende Streithelfer, den nur ein Teil des Streitgegenstandes betrifft, nicht nur eine Teilabweisung der Klage beantragen kann.6 Zudem bestimmt sich die verfahrensrechtliche Stellung des Nebenintervenienten weniger durch den von ihm gestellten Sachantrag, als durch sein – auch für die Zulässigkeit der Streithilfe maßgebliches – Interesse am Obsiegen der von ihm unterstützten Partei. Nur aus diesem Grunde (§ 66 ZPO) wird ihm die Möglichkeit eingeräumt, zusätzliche Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen. Demgegenüber bringt seine Antragstellung zur Hauptsache nur die Unterstützung
1 BGH, Beschl. v. 30.10.1959 – V ZR 204/97, MDR 1960, 41; OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.9.2012 – 1 W 43/12. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 24.1.2013 – 8 W 4/13, NJW-RR 2013, 533; OLG München, Beschl. v. 24.4.2007 – 28 W 1334/07, JurBüro 2007, 426. 3 OLG Hamburg, Beschl. v. 8.1.1992 – 8 W 2/92, JurBüro 1992, 251; JurBüro 1978, 442. 4 OLG Rostock, Beschl. v. 22.9.2014 – 7 W 36/13; OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.12.2012 – 4 W 48/12, OLG Bamberg, Beschl. v. 17.6.1998 – 3 W 73/98, OLGR 1999, 100; OLG Celle, Beschl. v. 3.3.2011 – 13 W 129/10; KG, Beschl. v. 23.8.2002 – 4 W 219/01, MDR 2002, 1453; IBR 2002, 650; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.12.2011 – 10 W 116/11; OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.2.2009 – 10 W 4/09, IBR 2009, 305; OLG Hamburg, Beschl. v. 8.1.1992 – 8 W 2/92, JurBüro 1992, 251; OLG Koblenz, Beschl. v. 27.10.2003 – 3 W 653/03, OLGR 2004, 200; OLG Köln, Beschl. v. 30.3.2012 – 16 W 30/11; Beschl. v. 12.3.2004 – 11 W 13/04, MDR 2004, 1025; OLG München, Beschl. v. 31.1.2011 – 28 W 2759/10; OLG Naumburg, Beschl. v. 12.6.2009 – 9 U 31/09, AGS 2009, 499; OLG Nürnberg, Beschl. v. 3.4.2006 – 4 W 137/06, MDR 2006, 1318; OLG Oldenburg, Beschl. v. 19.8.1999 – 2 W 102/99, AGS 1999, 171 mit Anm. Madert; OLG Rostock, Beschl. v. 21.10.2009 – 3 W 50/08; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 22.3.2012 – 4 W 32/12, PAK 2012, 150; OLG Schleswig, Beschl. v. 28.8.2008 – 14 W 51/08, OLGR 2008, 878; OLG Stuttgart, Beschl. v. 6.6.2002 – 20 U 94/99, BB 2002, 2085; Schneider, JurBüro 1974, 273 ff. 5 OLG Köln, Beschl. v. 12.3.2004 – 11 W 13/04, MDR 2004, 1025. 6 Hierauf weist OLG Nürnberg, Beschl. v. 3.4.2006 – 4 W 137/06, MDR 2006, 1318 mit Recht hin.
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Nebenintervention der Hauptpartei zum Ausdruck und wirkt sich nicht auf den Streitgegenstand aus.1 Dass sich die für seine Rechtsmitteleinlegung notwendige Beschwer nach der der unterlegenen Hauptpartei richtet, zwingt zu keiner abweichenden Bewertung,2 da das Rechtsmittel nicht die Überprüfung ihm etwaig drohender Regressansprüche, sondern der Hauptsacheentscheidung eröffnet. Das Interesse des Nebenintervenienten entspricht wertmäßig der (drohenden) Einwirkung der Hauptsacheentscheidung auf seine vermögensrechtlichen Verhältnisse. Abzustellen ist daher auf die nach dem Sachvortrag des Nebenintervenienten möglichen Wirkungen der Hauptsacheentscheidung zu seinen Lasten.3 Lässt sich das wirtschaftliche Interesse des Streithelfers nicht eindeutig feststellen und quantifizieren, dann ist davon auszugehen, dass sein Wert mit dem Streitwert der Hauptsache übereinstimmt.4
4252
3. Beispiele Dient die Nebenintervention der Abwehr von Regressansprüchen, die der unterstützten Partei im Falle des Prozessverlustes gegen den Streithelfer zustehen, dann ist für die Wertbestimmung regelmäßig auf deren – nach dem Vortrag der Hauptpartei zu erwartenden – Höhe abzustellen.5 Aufgrund der beschränkten Wirkung der Nebenintervention ist auch zu berücksichtigten, in welchem Umfang die Möglichkeiten des Streithelfers zur Rechtsverteidigung im Folgeprozess präkludiert wären.6
4253
Hierbei kann der Wert der Nebenintervention nicht höher sein als der Wert der Hauptsache.7 Dies gilt auch, wenn der Hauptsachewert durch privilegierende Vorschriften gesperrt und der drohende Regress den verbleibenden Wert deutlich übersteigt. Die Berücksichtigung dieser Sperrwirkung entspricht wohl allgemeiner Meinung, wie sie insbesondere bei Feststellungsklagen praktiziert wird, wenn die entsprechende Leistungsklage nach den §§ 41 oder 42 GKG privilegiert ist.
4254
Trotz der beschränkten Interventionswirkung (§ 68 ZPO) ist für eine prozentuale Reduzierung des Streitwerts entsprechend den Bemessungsgrundsätzen zur Feststellungsklage kein Raum.8 Zwar hat das Haupturteil zu seinen Lasten nur feststellende Wirkung, dass steht der Berücksichtung des vollen Hauptsachewertes jedoch nicht entgegen. Denn maßgeblich für den Gebührenstreitwert ist nicht die
4255
1 OLG Schleswig, Beschl. v. 28.8.2008 – 14 W 51/08, OLGR 2008, 878; OLG Stuttgart, Beschl. v. 6.6.2002 – 20 U 94/99, BB 2002, 2085. 2 So aber OLG Hamm, Beschl. v. 16.1.2007 – 27 W 86/06, OLGR 2007, 607. 3 Zutr. Musielak/Voit/Heinrich, § 3 Rn. 32 Stichwort „Nebenintervention“; a.A. OLG Nürnberg, Beschl. v. 3.4.2006 – 4 W 137/06, MDR 2006, 1318, das die Darlegungs- und Beweislast bei der Partei sieht, die ein geringeres Interesse behauptet. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 24.1.2013 – 8 W 4/13, NJW-RR 2013, 533. 5 OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.3.2013 – 10 W 12/13, BauR 2014, 1351; OLG Nürnberg, Beschl. v. 3.4.2006 – 4 W 137/06, MDR 2006, 1318; LAG Hamburg, Beschl. v. 27.2.2004. 6 OLG Köln, Beschl. v. 16.10.1989 – 7 W 37/89, MDR 1990, 251. 7 OLG Hamburg, Beschl. v. 13.7.1977 – 10 W 17/77, MDR 1977, 1026; OLG München, Beschl. v. 27.3.1997 – 28 U 2631/96, NJW-RR 1998, 420. 8 So auch OLG Bamberg, Beschl. v. 17.6.1998 – 3 W 73/98, OLGR 1999, 100; OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.2.2009 – 10 W 4/09, IBR 2009, 305; OLG Hamburg, Beschl. v. 8.1.1992 – 8 W 2/92, JurBüro 1992, 251; OLG Stuttgart, Beschl. v. 24.10.1980 – 10 U 140/80, JurBüro 1981, 273; OLG Rostock, Beschl. v. 21.10.2009 – 3 W 50/08; a.A. OLG München, Beschl. v. 12.9.1985 – 11 W 2147/85, JurBüro 1985, 1854; OLG Nürnberg, Beschl. v. 3.4.2006 – 4 W 137/06, MDR 2006, 1318; LAG Hamburg, Beschl. v. 27.2.2004 – 7 Ta 3/04; E. Schneider, MDR 1982, 270; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Nebenintervention“; weitergehend OLG Köln, Beschl. v. 16.10.1989 – 7 W 37/89, MDR 1990, 251.
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Beschwer des Streithelfers im Fall des Unterliegens der Hauptpartei, sondern sein Interesse an deren „Obsiegen“ (§ 68 ZPO) und damit an der (mittelbaren) negativen Feststellung bezüglich der Grundlage eines gegen ihn gerichteten Regressanspruchs. 4256
Unterstützt der Beitretende beispielsweise den Beklagten bei dessen Antrag auf Klageabweisung, dann ist sein Interesse auf die mit der Klageabweisung inhaltlich verbundene (negative) Feststellung gerichtet, dass für einen Regress seitens der unterstützten Partei kein Anlass besteht. Unterstützt der Beitretende den Kläger bei dessen Leistungsantrag, so zielt er auf die mit der Verurteilung verbundene Befriedigung des Klägers, die seine eigene ersatzweise Inanspruchnahme ausschließt. Die Nebenintervention zielt in beiden Fällen auf eine abschließende, wenngleich mittelbare Klärung etwaiger Regressansprüche. Für einen regelmäßigen prozentualen Wertabschlag besteht, wie auch bei der negativen Feststellungsklage – entgegen den Ausführungen in der 12. Auflage – kein Anlass.
4257
Beschränkt der Streithelfer seine Nebenintervention auf einen Teil der Streitgegenstände des Rechtsstreits, dann ist für den Wert der Streithilfe nur dessen Wert anzusetzen,1 ein entsprechendes Abwehrinteresse des Nebenintervenienten vorausgesetzt.
4258
Unterstützt er dagegen die Hauptpartei auch in Bezug auf eine von ihr erhobene oder gegen sie gerichtete Widerklage, so ist auch für die Kosten der Streithilfe die Summe der Werte von Klage und Widerklage maßgebend.2
C. Rechtsmittel und Beschwer I. Zwischenstreit 4259
Gegen das Zwischenurteil, das über die Zulässigkeit der Nebenintervention entscheidet, ist die sofortige Beschwerde eröffnet, § 71 Abs. 2 ZPO. Für den im Zwischenstreit unterlegenen Nebenintervenienten folgt der Wert der Beschwer seinem Interesse an einem Beitritt zum Rechtsstreit und damit dem Gebührenstreitwert.3 War nach Klagerücknahme abschließend über die Zulassung der Nebenintervention und Auferlegung der hierdurch veranlassten außergerichtlichen Kosten zu entscheiden, dann bemisst sich der Wert des Beschwerdeverfahrens nach der Höhe eben dieser Kosten.4
II. Hauptsacheverfahren 4260
Zur Rechtsmitteleinlegung allein in eigenem Namen ist der Streithelfer nur berechtigt, soweit sich die gerichtliche Entscheidung, etwa hinsichtlich der Kostentragung, gegen ihn selbst richtet.5 Danach bestimmt sich dann auch seine Beschwer.
4261
Für die Zulässigkeit des vom Nebenintervenienten für die Hauptpartei eingelegten Rechtsmittels (§ 66 Abs. 2 ZPO) kommt es hingegen auf die Beschwer der un-
1 KG, Beschl. v. 23.8.2002 – 4 W 219/01, MDR 2002, 1453; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.10.2002 – 9 W 38/02, MDR 2003, 357; LAG Hamburg, Beschl. v. 27.2.2004 – 7 Ta 3/04; OLG Stuttgart, Rpfleger 1957, 97. 2 OLG München, JurBüro 1973, 1085. 3 Zöller/Vollkommer, § 71 ZPO Rn. 7a. 4 OLG Nürnberg, Beschl. v. 17.7.2009 – 12 W 1050/09, MDR 2009, 1401. 5 OLG Oldenburg, Beschl. v. 8.7.1994 – 8 W 51/94, NJW-RR 1995, 829.
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Nicht rechtshngig gewordene Antrge terstützten Partei an.1 Deren Bewertung folgt daher ebenso wie die Bestimmung des Rechtsmittelstreitwerts den allgemeinen Regeln. Bei streitgenössischer Nebenintervention soll wegen § 69 ZPO, wonach der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei gilt, nach überwiegender Ansicht die Beschwer des Nebenintervenienten unabhängig von derjenigen der Hauptpartei bestimmt werden.2 Eine Zusammenrechnung der Beschwer von Hauptpartei und Nebenintervenient scheidet in jedem Fall aus, da § 69 ZPO nur auf eine prozessrechtliche Gleichstellung abzielt und selbst bei einer weitergehenden gesamtschuldnerischen Inanspruchnahme von Hauptpartei und Nebenintervenient aufgrund wirtschaftlicher Identität nicht addiert werden könnte.3 Insoweit kann auf die Ausführungen unter dem Stichwort „Rechtsmittel“ verwiesen werden.
D. Vergleich Werden in einem Prozessvergleich über die Klageforderung zugleich Ansprüche des Streithelfers mitverglichen, so erhöht sich der Vergleichswert entsprechend.4
4262
Im Übrigen erwächst dem Prozessbevollmächtigten des Streithelfers eine Vergleichsgebühr nur dann, wenn der Vergleich zugleich Rechtsbeziehungen des Streithelfers zu den Parteien regelt. Hiervon ist bereits dann auszugehen, wenn dem Streithelfer in der Kostenregelung des Vergleichs ein Erstattungsanspruch gegen die von ihm unterstützte Partei eingeräumt wird. Der Gegenstandswert der Vergleichsgebühr für den Prozessbevollmächtigten des Streithelfers bestimmt sich in diesem Fall nach den dem Streithelfer bis dahin entstandenen Kosten.5
4263
Negative Feststellungsklage Siehe das Stichwort „Feststellungsklage“.
Nicht rechtshngig gewordene Antrge A. Zuständigkeitsstreitwert Anträge, die nicht rechtshängig geworden sind, spielen für den Zuständigkeitsstreitwert keine Rolle. Für den Zuständigkeitsstreitwert kommt es nur auf die rechtshängigen Anträge an.
4264
Einstweilen frei.
4265
1 BGH, Urt. v. 16.1.1997 – I ZR 208/94, NJW 1997, 2385; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.1.2006 – I-24 W 64/05, MDR 2006, 1017; OLG Hamm, Beschl. v. 16.1.2007 – 27 W 86/06, OLGR 2007, 607; OLG Köln, Beschl. v. 12.3.2004 – 11 W 13/04, MDR 2004, 1025. 2 MünchKomm.ZPO/Rimmelspacher, § 511 Rn. 33; Stein/Jonas/Bork, § 69 Rn. 10 m.w.N.; offenlassend BGH, Urt. v. 30.4.2001 – II ZR 328/00, MDR 2001, 1006. 3 BGH, Urt. v. 30.4.2001 – II ZR 328/00, MDR 2001, 1006. 4 OLG Koblenz, Beschl. v. 22.12.1997 – 14 W 771/97, JurBüro 1999, 196; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Nebenintervention“. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.8.2008 – 10 W 53/08, JurBüro 2009, 26 – bei Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO auch die Terminsgebühr; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 24.11.1995 – 11 W 185/95, NJW-RR 1996, 447.
Kurpat/N. Schneider
807
ZPO
Nicht rechtshngig gewordene Antrge
B. Gerichtsgebühren 4266
Für die Gerichtsgebühren können nicht rechtshängig gewordene Anträge dagegen Bedeutung haben, da hier schon die bloße Anhängigkeit ausreicht. Die Gerichtsgebühren für das Verfahren im Allgemeinen fallen nämlich grundsätzlich mit Einreichung des Antrags an (§ 6 GKG). Eine Rücknahme vor Rechtshängigkeit kann nur zu einer Ermäßigung führen (Nr. 1211 Nr. 1 KV GKG), nicht aber zum Wegfall der Gebühr.
4267
Eine Klageerweiterung, die anhängig, aber mangels Zustellung nicht rechtshängig geworden ist, erhöht daher den Streitwert für die Gerichtsgebühren. Die Rechtsprechung differenziert hier zu Unrecht. – Wird die Klageerweiterung vor Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingereicht, soll sie für den Gebührenstreitwert zu bewerten sein.1 – Dagegen soll eine – unzulässige – Klageerweiterung nach Schluss der mündlichen Verhandlung keine Auswirkungen auf den Streitwert haben, wenn das Gericht von einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung absieht. Das soll auch dann gelten, wenn das Gericht im Urteilstenor die Klageerweiterung als unzulässig zurückweist.2 Das dürfte auf jeden Fall unzutreffend sein. Wenn das Gericht auch noch entscheidet, muss immer bewertet werden, weil dann die Klageerweiterung Streitgegenstand i.S.d. § 3 GKG geworden ist.
C. Anwaltsgebühren 4268
Bei den Anwaltsgebühren verhält es sich anders. Der Anwalt kann seine Gebühren im gerichtlichen Verfahren auch aus nicht anhängigen Gegenständen erhalten, da es für ihn weder auf den Streitgegenstand ankommt, noch auf die Anhängigkeit, sondern auf den Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit. Soweit der Gegenstand anhängig, aber nicht rechtshängig geworden ist, gilt über § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG das Gleiche wie für die Gerichtsgebühren. Soweit der Gegenstand nicht anhängig geworden ist, können dennoch Anwaltsgebühren ausgelöst werden.3 Der Wert ist dann ggf. im Verfahren nach § 33 RVG festzusetzen.
D. Rechtsmittelstreitwert 4268a
Auch für den Rechtsmittelstreitwert sind nicht anhängige Anträge irrelevant. Bei der Bestimmung des Beschwerdegegenstands bleibt daher eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung geltend gemachte Klageerweiterung grundsätzlich außer Ansatz.4
1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.1.2009 – 24 W 87/08, AGS 2009, 127 = OLGR 2009, 338. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.2.2006 – 15 W 72/05, AGS 2007, 579 m. abl. Anm. E. Schneider; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.9.2000 – 9 W 69/00, MDR 2000, 1457. 3 AG Siegburg, Beschl. v. 25.3.2008 – 107 C 120/07, AGS 2008, 361. 4 BGH, Beschl. v. 19.3.2009 – IX ZB 152/08, AGS 2009, 295; Beschl. v. 19.3.2009 – IX ZB 152/08, MDR 2009, 824.
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N. Schneider
Nichtigkeit eines Vertrages
Nichtigkeit eines Vertrages A. Allgemeines Auch bei Streitigkeiten über die (Un-)Wirksamkeit eines von den Parteien geschlossenen Vertrages kommt es für den Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert maßgeblich auf das klägerische Interesse an. Grundsätzlich ist das gleichbedeutend mit dem Wunsch, vom Vertrag loszukommen.1 Bei der Bewertung ist jedoch nicht abstrakt auf die Motivlage des Klägers, sondern auf seinen Klageantrag abzustellen. Hier ist wie folgt zu unterscheiden:
4269
B. Freistellung von einer vertraglich vereinbarten Leistung Verlangt der Kläger von dem Vertragspartner, ihn von der Erbringung einer vertraglich vereinbarten Leistung, beispielsweise der Kaufpreiszahlung oder Lieferung der Kaufsache freizustellen, handelt es sich konstruktiv um eine negative Feststellungsklage. Dem Kläger ist – hier – nicht an der Erfüllung der ihn treffenden Verpflichtung durch einen Dritten interessiert, sondern sein Klageantrag zielt auf die Feststellung, nicht zur Vertragserfüllung verpflichtet zu sein. Der Wert der negativen Feststellungsklage bestimmt sich gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG ohne Abschlag nach dem Betrag der Hauptforderung, auf die der Kläger in Anspruch genommen wird.2
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C. Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen Wird auf Rückzahlung einer bereits geleisteten Vergütung oder Herausgabe (und Rückübereignung) eines schon gelieferten Gegenstandes geklagt, bestimmt sich der Streitwert gem. §§ 3, 6 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG nach dem Zahlbetrag bzw. dem Wert der Sache. Streitgegenstand und Streitwert sind identisch.3 Ein zugleich gestellter Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages ist – wirtschaftlich betrachtet – auf dasselbe Ziel gerichtet und wertmäßig nicht gesondert zu berücksichtigen.
4271
D. Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages Ist die Klage auf Feststellung gerichtet, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag unwirksam bzw. nichtig sei, besteht über die Bewertung Uneinigkeit. Während einerseits auf den „Wert des Vertragsverhältnisses“4 abgestellt wird, soll nach anderer Auffassung der Vermögensunterschied vor und nach Rückgängigma-
1 Siehe dazu den Fall des OLG Bamberg, Beschl. v. 27.7.1990 – 8 W 17/90, JurBüro 1990, 1659. 2 BGH, Beschl. v. 15.11.1994 – XI ZR 174/94, MDR 1995, 196; WM 1990, 616; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.1993 – 5 WF 61/93, FamRZ 1994, 57; OLG Hamm, JurBüro 2003, 537; OLG Köln, Beschl. v. 15.5.1985 – 2 U 37/85, MDR 1985, 769; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“ Rn. 1. 3 KG, Rpfleger 1962, 153; OLG Celle, Urt. v. 23.11.1983 – 3 U 42/83, VersR 1985, 397; OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.9.1995 – 5 W 150/95, MDR 1996, 101. 4 So OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.9.1995 – 5 W 150/95, MDR 1996, 101 – Feststellung der Nichtigkeit wegen Geschäftsunfähigkeit.
Kurpat
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ZPO
Nichtigkeit eines Vertrages chung des Vertrages1 bzw. der Saldo der mit der Vertragsdurchführung verbundenen Vor- und Nachteile maßgeblich sein.2 4273
Beide Ansätze überzeugen nicht. Ein objektiver „Wert des Vertragsverhältnisses“ existiert schon deswegen nicht, weil Leistung und Gegenleistung sich wertmäßig nicht notwendigerweise entsprechen.3 So beispielsweise, wenn eine nach Irrtumsanfechtung erhobene Klage auf Feststellungsklage der Vertragsnichtigkeit darauf zielt, eine Kaufsache nicht übereignen zu müssen, deren Wert deutlich über dem vereinbarten Kaufpreis liegt.4 Auch eine Saldierung der vermögensrechtlichen Folgen bei Durchführung und Abstandnahme von der Vertragserfüllung bzw. der Vor- und Nachteile bei Vertragserfüllung repräsentiert nicht das klägerische Interesse. Denn es ist wenig nachvollziehbar, warum – abweichend zur Leistungsklage (s. hierzu unter dem Stichwort „Gegenleistung“) – die mit der Vertragsdurchführung verbundene Gegenleistung einen Einfluss auf die Bewertung haben soll. Abgesehen davon, dass bei diesem Ansatz ein kostenrechtlich unbrauchbarer Nullwert nicht ausgeschlossen werden kann.
4274
Entscheidend ist vielmehr auch hier der Wert der Leistung, von der der Kläger bei Unwirksamkeit des Vertrages freigestellt werden will5 oder die im Falle schon erbrachter Leistung an ihn zurückzugewähren ist.6
4275
Hierbei ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten, d.h. beschränkt sich die Auseinandersetzung um die Wirksamkeit des Vertrages auf einen Teilbetrag der dem Kläger obliegenden Leistung, dann ist nur dieser maßgebend. So liegt es etwa bei einem Streit über die Nichtigkeit eines notariellen Grundstückskaufvertrages wegen Vereinbarung eines Schwarzpreises. Der Streit und damit dessen Wert beschränkt sich (wirtschaftlich) auf die Differenz von beurkundetem zu angeblich vereinbartem Kaufpreis.7 Ebenso erscheint es sachgerecht, bei einem Streit über die Nichtigkeit eines Ratenkreditvertrages (§ 138 BGB) für die Bewertung allein auf die Summe der Kreditzinsen abzustellen.8
4276
Da mit der Klage zugleich eine (negative) Entscheidung über den Bestand etwaiger vertraglicher Verpflichtungen angestrebt wird, kommt der bei der positiven Feststellungsklage übliche prozentuale Abschlag nicht in Betracht.9 1 OLG Stuttgart, Rpfleger 1964, 162; OLG Düsseldorf, JurBüro 1967, 161; aufgegeben durch Beschl. v. 11.3.1981 – 9 W 34/81, vgl. JurBüro 1994, 494; LG Wiesbaden, JurBüro 1979, 1670; Hillach/Rohs, § 26 Anm. L., S. 118. 2 So RG, Gruchot Bd. 49, 1005; OLG Braunschweig, Beschl. v. 2.11.1982 – 2 W 113/83, JurBüro 1983, 434 mit Anm. Mümmler; OLG München, OLGE 29, 222. 3 Vgl. etwa OLG Celle, Urt. v. 23.11.1983 – 3 U 42/83, VersR 1985, 397. 4 Unzutreffend daher OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.9.1995 – 5 W 150/95, MDR 1996, 101, das zur Vereinfachung auf den Kaufpreis abstellt. 5 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.7.1990 – 8 W 17/90, JurBüro 1990, 1659; OLG Celle, Beschl. v. 18.10.1983 – 4 W 29/83, Nds.Rpfl. 1984, 14; OLG Düsseldorf, JurBüro 1994, 494; OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.6.1999 – 21 W 24/99, NJW-RR 2000, 587; OLG Koblenz, NJW 1953, 1918; OLG München, Beschl. v. 20.3.1984 – 24 W 48/84, JurBüro 1984, 1235 mit Anm. E. Schneider; OLG Oldenburg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1218; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.9.1978 – 1 W 20/78, JurBüro 1978, 1718; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Feststellungsklage“ Rn. 8. 6 OLG Bamberg, JurBüro 1985, 1703; OLG Bremen, Beschl. v. 14.8.1979 – 2 W 52/79, JurBüro 1979, 1705; OLG Celle, Beschl. v. 18.6.1984 – 16 W 32/84, AnwBl. 1984, 448; OLG München, JurBüro 1984, 1235. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.2.1982 – 22 W 12/82, AnwBl. 1982, 247. 8 OLG Hamburg, JurBüro 1988, 1060; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.11.2009 – I-24 U 57/09, MDR 2010, 715 – Zinsdifferenz für Streit über Abschluss eines Darlehensvertrages. 9 OLG Celle, Beschl. v. 18.6.1984 – 16 W 32/84, AnwBl. 1984, 448; Urt. v. 23.11.1983 – 3 U 42/83, VersR 1985, 397; OLG Hamm, Beschl. v. 9.11.2002 – 21 U 115/02, AnwBl. 2003, 597; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Feststellungsklage“ Rn. 8; a.A. noch 11. Auflage.
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Kurpat
Nichtigkeitsklage Will der Kläger den mit der Feststellungsklage gegenüber konkreten Rückabwicklungsanträgen regelmäßig höheren Streitwert vermeiden, muss er einen anderen Klageantrag stellen. Er kann beispielsweise lediglich Ersatz der unnütz gezahlten Grunderwerbsteuer oder der Beurkundungskosten verlangen. Dann ist der Streitwert gleich der Bezifferung, obschon die Frage der Vertragsnichtigkeit inzidenter voll überprüft wird. Diese Lösung wird auch den Interessen des Beklagten gerecht, der dann die Möglichkeit hat, durch Feststellungswiderklage nach § 256 Abs. 2 ZPO das Gesamtinteresse zur Entscheidung zu stellen.1
4277
Wird die Wirksamkeit eines Vertrages von einem nicht am Vertrag beteiligten Dritten angegriffen, bemisst sich der Streitwert (über § 48 GKG) nach § 3 ZPO, insbesondere ist für eine Anwendungn von § 8 ZPO kein Raum.2
4277a
E. Mehrere Ansprüche Begehrt der Kläger neben dem Rückerhalt der von ihm bereits erbrachten Vertragsleistung die Feststellung, dass der Vertrag unwirksam ist, sind beide Anträge – wirtschaftlich betrachtet – auf dasselbe Ziel gerichtet und der Feststellungsantrag wertmäßig nicht gesondert zu berücksichtigen.
4278
Ebenso rechtfertigt der neben der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrages gestellte Antrag auf Verurteilung zur Abgabe der Löschungsbewilligung für eine Auflassungsvormerkung keine Zusammenrechnung. Die Verpflichtung zur Erteilung der Löschungsbewilligung ist eine selbstverständliche Folge der Vertragsnichtigkeit.3 Dass die Löschungsbewilligung eine zusätzliche Willenserklärung erfordert und diese nicht durch die Nichtigkeitsverurteilung ersetzt wird, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Vielmehr handelt es sich um einen gegenüber der Verpflichtung zur Rückabwicklung nachbereitenden und damit wirtschaftlich identischen Zusatzantrag.
Nichtigkeitsklage Mit der gesellschaftsrechtlichen Anfechtungsklage und der Nichtigkeitsklage wird die Fehlerhaftigkeit von Beschlüssen geltend gemacht.4 Nach der h.M. ist die Anfechtungsklage Gestaltungsklage, die Nichtigkeitsklage Feststellungsklage.5 Die Nichtigkeitsklage kann nach § 249 AktG von einem Aktionär, dem Vorstand sowie einem Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats erhoben werden. Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten (§§ 249 Abs. 1 Satz 1, 246 Abs. 2 AktG).
4279
Der Streitwert der Nichtigkeitsklage ist nach § 247 Abs. 1 AktG bzw. § 3 ZPO unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls und des wirtschaftlichen und gesellschaftsrechtlichen Interesses des Gesellschafters an der Gültigkeit des angefochtenen Beschlusses nach billigem Ermessen zu bestimmen.6 Entsprechend gilt
4280
1 Siehe E. Schneider in Anm. zu OLG Bremen, Beschl. v. 14.8.1979 – 2 W 52/79, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 450. 2 BGH, Beschl. v. 24.2.2000 – III ZR 270/99; OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.3.2012 – 1 (Z) Sa 2/12, Jagdrechtliche Entscheidungen IV Nr. 131 – Jagdpachtvertrag. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.2.1982 – 22 W 12/82, AnwBl. 1982, 247. 4 Vgl. BGH, Urt. v. 22.7.2002 – II ZR 286/01, MDR 2003, 38. 5 Hüffer/Koch, AktG, § 249 AktG Rn. 10; a.A. K. Schmidt, JZ 1977, 769; JZ 1988, 729 jew. m.w.N. 6 BGH, Beschl. v. 11.7.1994 – II ZR 58/94, NJW-RR 1995, 225.
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Nichtvermçgensrechtliche Streitigkeit
ZPO
dies für eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses einer GmbH1 sowie die Klage eines Kommanditisten einer Publikums-KG hinsichtlich eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung (Abgrenzung zu zweigliedrigen Gesellschaften).2 4281
Abweichend von der üblichen Bestimmung des Streitwertes nach dem Interesse des Klägers bzw. Antragstellers ist nach § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG die Bedeutung der Sache für die Parteien, also auch für den Antragsgegner, zu berücksichtigen.
4282
Der Streitwert darf ein Zehntel des Grundkapitals bzw. maximal 500 000 Euro nur dann übersteigen, wenn das Interesse des Klägers höher zu bewerten ist. Darüber hinaus besteht nach § 247 Abs. 2 AktG die Möglichkeit der Streitwertbegünstigung.3
Nichtvermçgensrechtliche Streitigkeit Literatur: Schack, Die nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, MDR 1984, 456.
A. Einleitung I. Allgemeines 4283
Die einer Streitwertbestimmung im Bereich des § 48 Abs. 2 GKG stets vorgelagerte Frage betrifft die Abgrenzung der nichtvermögensrechtlichen von der vermögensrechtlichen Streitigkeit. Ausschlaggebend für die Abgrenzung und damit auch für die Wertbestimmung ist die Rechtsnatur des Anspruchs, den der Kläger geltend macht.4
4284
– Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten sind solche, die nicht auf Geld oder Geldeswert gerichtet sind und nicht aus vermögensrechtlichen Verhältnissen entspringen.5 – Vermögensrechtliche Streitigkeiten sind solche, bei denen die Ansprüche auf Geld oder eine geldwerte Leistung gerichtet sind, gleichgültig, ob sie einem vermögensrechtlichen oder nichtvermögensrechtlichen Grundverhältnis entspringen.
4285
Nichtvermögensrechtliche Ansprüche sind Angelegenheiten in (FG-)Familiensachen sowie auf Unterlassung gerichtete Ansprüche. Als nichtvermögensrechtlich sind beispielsweise angesehen worden: – die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen,6 – die Umbettung einer Leiche,7
1 BGH, Beschl. v. 5.7.1999 – II ZR 313/97, NJW-RR 1999, 1485; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.10.2013 – 17 W 34/13, 17 W 37/13. 2 OLG Bremen, Beschl. v. 5.1.2011 – 2 W 125/10, NZG 2011, 312; zu zweigliedrigen Gesellschaften und Vereinen vgl. BGH, Beschl. v. 21.2.2002 – II ZR 91/00, NJW-RR 2002, 823. 3 Vgl. zu den Einzelheiten das Stichwort „Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen“. 4 OLG Stuttgart, Urt. v. 6.10.2010 – 4 U 106/10, GRUR-RR 2011, 56; auch BGH, Beschl. v. 19.5.1982 – IVb ZB 80/82, NJW 1982, 1651. 5 OLG Stuttgart, Urt. v. 6.10.2010 – 4 U 106/10, GRUR-RR 2011, 56; LAG München, Beschl. v. 21.2.2003 – 8 Ta 61/02, JurBüro 2004, 85; RGZ 144, 159. 6 BayObLG, Beschl. v. 8.9.1998 – 1 Z BR 16/98, NJW-RR 1999, 1375. 7 RGZ 108, 219.
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Noethen
Nichtvermçgensrechtliche Streitigkeit – die Beisetzung in einer bestimmten Grabstätte,1 – der Ausschluss aus einem Verein,2 – die Erteilung eines Hausverbots gegen den Vorstand einer rechtsextremistischen Partei,3 – ein einstweiliges Verfügungsverfahren nach dem Gewaltschutzgesetz,4 – die Herausgabe eines Tagebuchs,5 – die Unterlassung ehrkränkender Behauptungen sowie die Veröffentlichung/ Verbreitung von Bildern (Recht am eigenen Bild),6 – die Unterlassung belästigender Telefonanrufe,7 – der Anspruch auf Einsicht in Personalakten, die bei einer privatrechtlich organisierten Begabtenförderungsstelle für einen Stipendiaten geführt werden,8 – die Auflösung des Landesverbandes einer politischen Partei oder die Anfechtung einer parteiinternen Delegiertenwahl,9 – der Zwischenstreit wegen Zeugnisverweigerung,10 – die Ablehnung von Richtern, Schiedsrichtern und Sachverständigen (streitig).11 Bei der Abgrenzung kann jedoch nicht nur auf die Art des betroffenen Rechtsverhältnisses abgestellt werden. Vielmehr kommt es auch darauf an, welcher Klageantrag (z.B. Zahlung von Geld oder einer geldwerten Leistung) im Einzelfall verfolgt wird.12
4286
II. Ehrschutz Gerade im Bereich der Ehrverletzungen ist bei der Frage der Abgrenzung von vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten zu differenzieren: Vorbeugende Unterlassungsklagen aus Rechtsbeziehungen, die den sozialen Geltungsanspruch des Klägers in der Öffentlichkeit vor drohenden Beeinträchtigungen schützen sollen, sind grundsätzlich nichtvermögensrechtlicher Natur, sofern
1 RG, HHR 1931, 138; RG, JR 1926 Nr. 792. 2 OLG Köln, Beschl. v. 5.10.1983 – 2 W 87/83, MDR 1984, 153; OLG Koblenz, Beschl. v. 9.6.1989 – 5 W 374/89, JurBüro 1990, 1034. 3 LG Frankfurt/Oder, Urt. v. 22.6.2010 – 12 O 17/10. 4 LG Verden, Beschl. v. 8.1.2008 – 1 T 449/07, AGS 2008, 253. 5 KG, v. 14.10.1969 – 1 W 4069/69, JurBüro 1969, 1190. 6 BGH, Urt. v. 26.10.1999 – VI ZR 322/98, NJW 2000, 656 (Wortberichterstattung); Urt. v. 17.10.1995 – VI ZR 352/94, NJW 1996, 999 (Bild). 7 BGH, Urt. v. 20.11.1984 – VI ZR 79/83, VersR 1985, 185. 8 OLG Köln, JurBüro 1980, 578 = KostRsp. GKG § 12 Nr. 30 mit Anm. Schneider. Vermögensrechtlich soll dagegen der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte sein, vgl. LAG Hamm, Beschl. v. 5.7.1984 – 8 Ta 115/84, MDR 1984, 877. 9 KG, JurBüro 1970, 309; Beschl. v. 24.9.1984 – 13 W 4000/84, KostRsp. GKG § 12 Nr. 88. 10 BayObLG, Beschl. v. 21.8.1986 – BReg. 1 Z 34/86, FamRZ 1986, 1237. 11 Vgl. zum Streitstand: BGH, Beschl. v. 15.12.2003 – II ZB 32/03, AGS 2004, 159; BGH, Beschl. v. 17.1.1968 – IV ZB 3/68, NJW 1968, 796; OLG München, Beschl. v. 28.5.2010 – 5 W 1403/10, AGS 2010, 403; OLG Nürnberg, AnwBl. 1983, 516; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.12.2003 – 5 W 48/03, AGS 2004, 392 mit Anm. Madert; OLG Bamberg, Beschl. v. 21.1.2000 – 8 W 79/99, BauR 2000, 773; OLG Koblenz, Beschl. v. 1.12.1997 – 4 W 617/97, NJW-RR 198, 1222; OLG Köln, Beschl. v. 16.10.1986 – 12 W 54/86, KostRsp. GKG § 12 Nr. 115 mit Anm. Schneider; ausführlich hierzu unter dem Stichwort „Ablehnung von Richtern, Schiedsrichtern und Sachverständigen“. 12 LAG München, Beschl. v. 21.2.2003 – 8 Ta 61/02, JurBüro 2004, 85.
Noethen
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4287
Nichtvermçgensrechtliche Streitigkeit
ZPO
sich nicht aus der Klage ergibt oder offenkundig ist, dass in wesentlicher Weise wirtschaftliche Belange gesichert werden sollen.1
Û
Beispiel: Der Kläger sieht sich durch einzelne Textstellen in einem Buch in seiner Ehre verletzt, ohne dass ihm Vermögensnachteile drohen. Dies wurde als nichtvermögensrechtliche Streitigkeit eingestuft.2
4288
Andererseits ist ein Widerrufsanspruch im Hinblick auf ehrverletzende Behauptungen vermögensrechtlicher Natur, wenn er allein oder auch aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt.3 Ein Rechtsstreit kann nach dem Inhalt des Klageanspruchs auch dann vermögensrechtlicher Natur sein, wenn es dem Kläger nach dem Klagevortrag nicht nur um die Verteidigung seiner Ehre geht;4 bloße vermögensrechtliche Reflexwirkungen (der angegriffenen Behauptung) haben aber außer Betracht zu bleiben.5
4289
Vermögensrechtlich ist auch der Anspruch auf Unterlassung von kreditgefährdenden Behauptungen, da er die Abwehr eines drohenden Vermögensschadens bezweckt.6 Andererseits ist ein Unterlassungsanspruch, der den sozialen Geltungsanspruch in der Öffentlichkeit schützen soll, nicht schon deshalb vermögensrechtlicher Natur, weil es um die Berufsehre eines Journalisten geht, der mit öffentlichkeitswirksamer Arbeit Geld verdient.7
4290
Wenn in der Auseinandersetzung zweier konkurrierender Gewerkschaften die eine von der anderen die Unterlassung bestimmter Äußerungen begehrt, handelt es sich um einen nichtvermögensrechtlichen Streit, soweit die Untersagung nur nach §§ 823, 1004 BGB i.V.m. §§ 185, 186 StGB begehrt wird. Ist daneben aber eine Verletzung des § 824 BGB schlüssig behauptet, so wird neben dem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch i.S.d. § 48 Abs. 3 GKG geltend gemacht.8
III. Vereins-/Arbeitsrecht 4291
Eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit liegt auch vor, wenn gegen einen Idealverein auf Feststellung geklagt wird, dass sein Vorstand nicht rechtmäßig gewählt worden sei.9 Dagegen ist der Streit über eine Satzungsänderung einer Stiftung bezüglich des Verfahrens der Benennung von Kuratoriumsmitgliedern vermögensrechtlicher Natur.10
1 BGH, Urt. v. 17.10.1995 – VI ZR 352/94, NJW 1996, 999 m.w.N.; Beschl. v. 3.4.1984 – VI ZR 80/83, MDR 1985, 43; OLG Stuttgart, Urt. v. 6.10.2010 – 4 U 106/10, GRUR-RR 2011, 56. 2 BGH, Urt. v. 19.4.1983 – VI ZR 239/82, VersR 1983, 832; Beschl. v. 3.4.1984 – VI ZR 80/83, MDR 1985, 43; Beschl. v. 29.5.1990 – VI ZR 298/89, VersR 1991, 202; Beschl. v. 6.11.1990 – VI ZR 117/90, VersR 1991, 792; LAG Hamm, AnwBl. 1984, 156. 3 BGH, Beschl. v. 3.4.1984 – VI ZR 80/83, MDR 1985, 43. 4 BGH, Beschl. v. 16.12.1980 – VI ZR 308/79, MDR 1981, 486 – das Verfahren betraf den Anspruch auf Unterlassung u.a. der Behauptung, das Buch „Das Tagebuch der Anne Frank“ sei eine Fälschung. Der Senat hat im Hinblick auf die Einordnung als vermögensrechtliche Streitigkeit gewürdigt, dass nicht nur die Ehre des Klägers, sondern auch sein Interesse an der wirtschaftlichen Auswertung des Buchs betroffen sei. 5 BGH, Urt. v. 26.10.1999 – VI ZR 322/98, NJW 2000, 656. 6 OLG Frankfurt, KostRsp. GKG a.F. § 18 Nr. 5. 7 BGH, NJW-RR 1990, 1276. 8 OLG Frankfurt, JurBüro 1969, 538 zu § 12 GKG a.F. 9 KG, JurBüro 1969, 1193. 10 OLG Hamm, Beschl. v. 30.6.1993 – 8 W 48/92, ZIP 1993, 1384.
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Noethen
Nichtvermçgensrechtliche Streitigkeit Auch in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten wird die Unterscheidung häufig praktisch. Als nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten sind in diesem Bereich beispielsweise angesehen worden: – der Anspruch des Betriebsrats auf Untersagung des Einsatzes von Arbeitnehmern aus Fremdfirmen,1 – der Anspruch auf Untersagung der Behauptung, dass der Arbeitnehmer für Inventurverluste verantwortlich sei,2 – der Streit über die Verkürzung der Arbeitszeit.3
4292
Um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt es sich dagegen bei dem Streit darüber, ob der Arbeitnehmer berechtigt ist, bestimmte ihm zugewiesene Arbeiten zu verweigern4 und bei dem Streit um den Anspruch des Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung.5
4293
Begehrt ein Verfügungskläger die künftige Unterlassung bestimmter Äußerungen, durch die er nicht nur seine Ehre und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, sondern durch die er auch seinen Arbeitsplatz zu verlieren fürchtet, macht er damit einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch (Schutz der Ehre und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts) sowie einen vermögensrechtlichen Anspruch (Bestand des Arbeitsverhältnisses) geltend. Bei der Festsetzung des Gegenstandswertes kommt in einem solchen Fall neben § 48 Abs. 2 GKG für den nichtvermögensrechtlichen Teil nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO für den vermögensrechtlichen Teil ein eigener Wert in Betracht, wobei nach § 48 Abs. 3 GKG nur der höhere Anspruch maßgebend ist.6
4294
Einstweilen frei.
4295
B. Gebührenstreitwert I. Anzuwendende Vorschriften Die Bestimmung des Gebührenstreitwerts für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten ist in § 48 Abs. 2 GKG geregelt. Der Wert ist danach unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien zu bestimmen. Jedoch darf der Wert nicht über eine Million Euro angenommen werden.
4296
Einen Regelstreitwert für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten wie früher in § 14 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. gibt es heute nicht mehr. Das LAG Hamm7 hat sich in einer früheren Entscheidung für eine Anlehnung an den in § 12 Abs. 2 Satz 3 GKG a.F. bzw. § 8 Abs. 2 BRAGO genannten Wert von 4000 Euro ausgesprochen, der im Regelfall nicht unterschritten werden sollte. Da sich aber der Gesetzgeber in § 48 Abs. 2 GKG eben nicht auf einen bestimmten Regelwert festgelegt hat, er-
4297
1 LAG Bremen, KostRsp. ArbGG § 12 Nr. 76. 2 LAG Hamm, AnwBl. 1984, 156 = KostRsp. GKG § 20 Nr. 64. 3 LAG München, Beschl. v. 21.2.2003 – 8 Ta 61/02, JurBüro 2004, 85 – das LAG hat die Festsetzung des Streitwerts auf einen Monatslohn nicht beanstandet, auch wenn es diese Bewertung wohl selbst so nicht vorgenommen hätte. 4 BAG, Beschl. v. 28.9.1989 – 5 AZR 8/89, KostRsp. ArbGG § 12 Nr. 208. 5 LAG Hamm, MDR 1980, 347. 6 LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 10.9.2007 – 1 Ta 209/07. 7 LAG Hamm, Beschl. v. 28.3.1980 – 8 Ta 27/80, MDR 1980, 613 = KostRsp. GKG § 12 Nr. 31 mit zust. Anm. Schneider; ebenso: LG Bochum, Beschl. v. 6.6.2007 – 10 T 28/07.
Noethen
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Nichtvermçgensrechtliche Streitigkeit
ZPO
scheint die umgekehrte Vorgehensweise vorzugswürdig: Zunächst sind die Umstände des Einzelfalls i.S.v. § 48 Abs. 2 GKG zu bewerten. Nur in den Fällen, in denen jeder Anhaltspunkt für eine Schätzung fehlt, kann man sich an den Werten von § 52 Abs. 2 GKG bzw. § 23 Abs. 3 RVG (5000 Euro) orientieren. 4298
In nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten ist der Streitwert für eine einstweilige Verfügung nach § 3 ZPO, § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG zu schätzen.1 Es gelten die üblichen Bewertungsgrundsätze (Bruchteil des Hauptsacheverfahrens bzw. in Ausnahmefällen voller Hauptsachewert2).
4299
Die Fälle der Anspruchshäufung sind wie folgt zu bewerten: – Macht der Kläger mehrere nichtvermögensrechtliche Ansprüche geltend, sind die einzelnen Werte zu bestimmen und dann gem. § 5 ZPO zu addieren. – Gleiches gilt, wenn der Kläger neben einem vermögensrechtlichen Anspruch einen davon unabhängigen nichtvermögensrechtlichen Anspruch geltend macht, z.B. bei einer Klage auf Übertragung der Personensorge, in der auch ein Anspruch auf Unterhaltszahlung geltend gemacht wird.3 – Wird dagegen ein nichtvermögensrechtlicher Anspruch mit einem aus ihm abgeleiteten vermögensrechtlichen (Folge-)Anspruch geltend gemacht, so greift § 48 Abs. 3 GKG ein. In diesem Fall – beispielsweise einer Klage auf Unterlassung ehrenrühriger Behauptungen und Anspruch auf Schmerzensgeld4 – ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
II. Bewertungsumstände 4300
Gemäß § 48 Abs. 2 GKG ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. 1. Umfang der Sache
4301
Da es im Rahmen von § 48 Abs. 2 GKG primär um die Bestimmung der Gerichtsgebühren geht, ist der Umfang der Sache aus Sicht des Gerichts zu bewerten.5 Hier können Umstände wie Umfang der Akten und ggf. Beiakten, Zahl und Umfang der erforderlichen Termine sowie der Schwierigkeitsgrad der Sache in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht6 eine Rolle spielen.
4302
Entscheidend für die Beurteilung, ob der Umfang und die Bedeutung der Sache eine Herabsetzung des Streitwerts rechtfertigen kann, soll nach dem OLG Schleswig7 der Zeitpunkt der Klageerhebung sein. Das erscheint jedoch problematisch, da sich zumindest der Umfang der Sache erst später erkennen lässt. Da gerade im Bereich der nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten mangels Wertangabe im
1 OLG Frankfurt, AnwBl. 1983, 89; KG, JurBüro 1967, 806. 2 Vgl. das Stichwort „Einstweilige Verfügung“. 3 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 23.1.1975 – 1 W 1/75, NJW 1975, 1791; OLG Schleswig, JurBüro 1977, 836. 4 OLG Köln, JMBl.NW 1976, 71 = VersR 1976, 740; Beschl. v. 18.8.1993 – 19 W 37/93, JurBüro 1994, 491. 5 OLG Bamberg, JurBüro 1977, 1590; OLG Celle, JurBüro 1976, 797; OLG Düsseldorf, AnwBl. 1986, 250. 6 OLG Hamm, Beschl. v. 15.12.1992 – 29 W 109/92, JurBüro 1994, 364; OLG Zweibrücken, JurBüro 1984, 899; OLG Koblenz, JurBüro 1975, 1092. 7 OLG Schleswig, NJW 1958, 1733.
816
Noethen
Nichtvermçgensrechtliche Streitigkeit Regelfall mit einer vorläufigen Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 1 GKG gearbeitet werden muss, können die im Laufe des Verfahrens festgestellten Umstände zum Umfang der Sache dann bei der endgültigen Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG berücksichtigt werden. Bei der Klagerücknahme ist darauf abzustellen, welchen Umfang die Sache im Falle ihrer Durchführung nach dem im Zeitpunkt der Rücknahme gegebenen Sach- und Streitgegenstand angenommen hätte.1
4303
2. Bedeutung der Sache Die Streitwertbemessung hat bei der Frage der Bedeutung der Sache nur an die Bedeutung der gerichtlichen Entscheidung anzuknüpfen. Denn nur dies entspricht dem im Klageantrag zum Ausdruck gekommenen Interesse. Die Frage, ob sich aus der gerichtlichen Entscheidung Folgewirkungen – etwa in wirtschaftlicher Hinsicht – ergeben, kann allenfalls insofern noch beachtlich sein, als sie Erkenntniswert für die Bedeutung der Entscheidung hat.
4304
Ob das Verfahren dagegen allgemeines Interesse erregt oder für andere Streitigkeiten vorgreiflich ist, spielt bei der Bestimmung des Streitwerts keine Rolle. Keine Partei kann verpflichtet werden, über eine Streitwerterhöhung mit ihrem Geld die Befriedigung des Allgemeininteresses oder die Entbehrlichkeit einer gerichtlichen Auseinandersetzung wegen anderer Streitigkeiten zu finanzieren.
4305
Der Begriff „Bedeutung der Sache“ ist also dahingehend auszulegen, dass er diejenige Bedeutung umfasst, die der Rechtsstreit ausweislich des Klageantrags für den Kläger hat. Das Interesse des Beklagten oder der Allgemeinheit ist nicht wertbestimmend.2
4306
3. Vermögens- und Einkommensverhältnisse Bei Bewertung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, die vom Gericht im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens herangezogen werden können, ist problematisch, inwiefern das Gericht eigene Ermittlungen anstellen muss.
4307
Das OLG München3 hat auf die Streitwertfestsetzung das Beweislastprinzip angewandt mit der Folge, dass das Gericht an die Parteiangaben zu den Vermögensverhältnissen grundsätzlich gebunden ist und keine eigenen Recherchen anzustellen hat. Noch weiter ist das OLG Köln4 gegangen, das die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien lediglich für Streitigkeiten in Familiensachen als Bewertungsumstand akzeptiert hat, nicht jedoch für sonstige nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten. Dem kann in dieser Allgemeinheit allerdings nicht zugestimmt werden: Der Gesetzgeber hat in § 48 Abs. 2 GKG die Einkommensund Vermögensverhältnisse der Parteien ausdrücklich als einen Umstand aufgeführt, der bei der Wertbestimmung berücksichtigt werden soll. Es mag zutreffen, dass dieses Kriterium bei bestimmten nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ungeeignet ist, um das Interesse der Parteien sachgerecht zu erfassen – beispielsweise spielen bei einem Streit um die Umbettung einer Leiche oder die Beisetzung in einer bestimmten Grabstätte die Vermögensverhältnisse von Kläger und Beklagten sicherlich keine Rolle. Dies sollte jedoch immer eine Frage des Einzelfalls bleiben.
4308
1 2 3 4
KG, JurBüro 1973, 53. OLG Köln, JurBüro 1980, 577. OLG München, JurBüro 1979, 1543. OLG Köln, JurBüro 1980, 577.
Noethen
817
Nichtzulassungsbeschwerde
ZPO
4309
Der Streitwert kann bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten nur für beide Parteien einheitlich festgesetzt und deshalb nicht durch die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse lediglich einer Partei beeinflusst werden.1 4. Einzelfälle
4310
Den Anspruch auf Unterlassung der Behauptung, ein Anwalt habe Mandantengelder i.H.v. (umgerechnet) 6000 Euro veruntreut, hat das OLG Schleswig2 mit (umgerechnet) 10 000 Euro bemessen.
4311
Das LG Oldenburg bewertet eine ehrenschutzrechtliche Unterlassungsklage im Regelfall mit (umgerechnet) 3000 Euro und eine Klage auf Widerruf einer ehrverletzenden Behauptung mit (umgerechnet) 4500 Euro.3
4312
Das OLG Köln4 hat in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung den erstinstanzlich mit (umgerechnet) 50 000 Euro angesetzten Streit über eine verbale Auseinandersetzung in einer Kneipe auf (umgerechnet) 1500 Euro herabgesetzt.
4313
Den Streit über die Wirksamkeit des Ausschlusses aus einem Verein hat das OLG Köln5 mit (umgerechnet) 500 Euro, das OLG Koblenz6 mit (umgerechnet) 2000 Euro bewertet.7 Die immer wieder zu beobachtenden hohen Wertansätze bei belanglosen Vereinsstreitigkeiten mögen sich teilweise dadurch erklären, dass die Gerichte auf diese Weise die Kostenlast vergrößern, um die Betroffenen davon abzuhalten, ihre Querelen in einem Zivilprozess auszutragen.
4314
Bei einer Klage wegen Anfechtung einer Delegiertenwahl hat das KG8 den vom Landgericht angenommenen Streitwert i.H.v. (umgerechnet) 10 000 Euro im Beschwerdeverfahren auf (umgerechnet) 2000 Euro herabgesetzt.
C. Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert 4315
Die Streitwerte zur Bestimmung der Zuständigkeit (§§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG) und zur Zulässigkeit der Berufung (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) werden bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten gem. § 3 ZPO bestimmt. Bei dieser Schätzung kann auf die oben dargestellten Grundsätze zurückgegriffen werden.
Nichtzulassungsbeschwerde 4316
Nach § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO findet die Revision nur statt, wenn sie durch das Berufungsgericht im Berufungsurteil zugelassen wurde. Unterbleibt eine solche Zulassung, kann der Zugang zum Revisionsverfahren bei einer Beschwer von mehr als 20 000 Euro (§ 26 Nr. 8 EGZPO) durch die Nichtzulassungsbeschwerde (§§ 543 Abs. 1 Nr. 2, 544 ZPO) erwirkt werden.
1 2 3 4 5 6 7 8
OVG Münster, DÖV 1957, 483. OLG Schleswig, Beschl. v. 25.1.2002 – 1 W 3/02, JurBüro 2002, 316. LG Oldenburg, Beschl. v. 6.3.1995 – 5 T 1310/94, JurBüro 1995, 369. OLG Köln, KostRsp. GKG a.F. § 14 C Nr. 69. OLG Köln, Beschl. v. 5.10.1983 – 2 W 87/83, MDR 1984, 153 – Eilverfahren. OLG Koblenz, KostRsp. GKG § 12 Nr. 139 – Idealverein. Vgl. dazu bei dem Stichwort „Ausschließung“. KG, KostRsp. GKG § 12 Nr. 88 mit Anm. Schneider.
818
Noethen
Nießbrauch Der Gebührenstreitwert der Nichtzulassungsbeschwerde richtet sich gem. § 47 Abs. 3 Alt. 2 GKG nach dem Streitwert, der für das Rechtsmittelverfahren maßgeblich ist. Hinsichtlich der Einzelheiten kann daher auf das Stichwort „Rechtsmittel“ verwiesen werden.
4317
Nießbrauch A. Einleitung Nach § 1030 Abs. 1 BGB kann eine Sache – bzw. nach § 1068 BGB ein Recht – in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache (des Rechts) zu ziehen. Ein solches Nutzungsrecht bezeichnet man als Nießbrauch.
4318
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Einräumung (Bestellung) Beim Nießbrauch handelt es sich um ein Recht auf fortdauernde und ununterbrochene Nutzung einer Sache oder eines Rechts, nicht um einen Anspruch auf wiederkehrende Nutzungen oder um eine Grunddienstbarkeit, so dass § 7 ZPO oder § 9 ZPO1 auf die Bestimmung des Streitwerts keine Anwendung finden können. Vielmehr wird nach heute herrschender Auffassung die Klage auf Einräumung eines Nießbrauchs nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG bewertet.2
4319
Dabei stellt sich die Frage, anhand welcher Umstände das Schätzungsermessen auszuüben ist. Auszugehen ist vom jährlichen Rohertrag. Davon sind die öffentlichen Lasten und die Erhaltungskosten abzuziehen.3 Hypotheken- und Grundschuldzinsen hingegen bleiben unberücksichtigt.4
4320
Der verbleibende Reinertrag ist in Anlehnung an § 52 Abs. 4 GNotKG zu vervielfachen.5 Nicht mehr als Grundlage für eine Schätzung herangezogen werden kann die außer Kraft getretene Streitwertbegrenzung des § 24 Abs. 3 KostO.6
4321
Ebenso sind § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG auf die Bewertung eines Sicherungsnießbrauchs anzuwenden.7 Bei ihm darf jedoch als Richtlinie nicht die Vorschrift des § 52 Abs. 4 GNotKG herangezogen werden.8
4322
1 So aber OLG Schleswig, SchlHA 1961, 329; Lappe, Anm. zu KostRsp. ZPO § 3 Nr. 852. 2 BGH, Beschl. v. 20.1.1988 – VIII ZR 225/86, MDR 1988, 403; OLG Celle, Rpfleger 1960, 413; OLG Bamberg, JurBüro 1975, 649; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 29.7.1986 – 7 W 40/86, JurBüro 1987, 265; OLG Celle, OLGR 1999, 330. 3 OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 217; OLG Celle, Rpfleger 1960, 413. 4 OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 217; OLG Celle, Rpfleger 1960, 413; a.A. Hillach/Rohs, § 45 A, S. 217 u.a. unter Berufung auf OLG Frankfurt, MDR 1962, 742. 5 OLG Celle, Rpfleger 1960, 413; OLG Nürnberg, Rpfleger 1956, 298; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 29.7.1986 – 7 W 40/86, JurBüro 1987, 265. 6 Zu § 24 Abs. 3 KostO OLG Bamberg, JurBüro 1975, 649. 7 OLG Frankfurt, JurBüro 1984, 1236 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 702 mit Anm. Schneider. 8 Schneider, Anm. zu KostRsp. ZPO § 3 Nr. 702 (noch zu § 24 Abs. 2 KostO a.F.).
Noethen
819
ZPO
Nießbrauch
II. Erfüllung 4323
Der Streitwert für die Klage auf Erfüllung der dem Nießbraucher zustehenden Ansprüche bestimmt sich nach dem Klageantrag. Es sind ebenfalls § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG anzuwenden, sofern nicht eine konkrete Leistung begehrt wird (Herausgabe, Forderung), die unter § 6 ZPO fällt. Hartmann1 dagegen will § 6 ZPO ohne Einschränkung anwenden.
III. Herausgabe 4324
Ist an einem Grundstück ein Nießbrauch bestellt (vgl. § 1031 BGB), so bemisst sich der Streitwert für die Klage auf Herausgabe dieses Grundstücks an den Nießbraucher (vgl. § 1035 BGB) nach § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG. Er entspricht dem objektiven Verkehrswert des Grundstücks,2 wobei Belastungen nicht in Abzug zu bringen sind, es sei denn, sie beeinträchtigen die wirtschaftliche Benutzung des Grundstücks und beeinflussen damit den Wert des Grundstücks selbst.3 Wird die Herausgabe eines mit einem Nießbrauch belasteten Grundstücks verlangt, ist der Nießbrauch (deswegen) nicht als Belastung abzuziehen.4
4325
Ist der Nießbrauch als ein einem Miet- oder Pachtverhältnis ähnliches Nutzungsverhältnis ausgestaltet und verlangt der Eigentümer das Grundstück nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses wieder heraus, so kann auf den Gebührenstreitwert § 41 Abs. 2 GKG Anwendung finden.5
IV. Löschung 4326
Der Wert des Antrags auf Löschung eines Nießbrauchrechts ist gleich dem Wert dieses Nießbrauchrechts. Dieser ist wiederum nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.6 Dabei kann man von dem Reinertrag des Nießbrauchs abzgl. der im Laufe der voraussichtlichen Dauer anfallenden Unkosten ausgehen.
4327
Mangels anderer Anhaltspunkte bestehen keine Bedenken, die Höhe des Wertes in entsprechender Anwendung des § 9 ZPO7 oder auch des § 52 Abs. 4 GNotKG zu ermitteln.
4328
Der Streitwert einer Klage auf Löschung eines nicht mehr existenten Nießbrauchrechts bemisst sich gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Interesse des Klägers an einem obsiegenden Urteil. Es besteht bei der Löschung eines bloßen Buchrechtes, dem keinerlei materielle Rechtswirkung mehr zukommt, ausschließlich in der Herstellung des Übereinstimmens von Grundbuch und wahrer Rechtslage.8
1 Hartmann, KostG, § 48 GKG Anh. I (§ 3 ZPO) Rn. 86. 2 BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518; OLG Köln, MDR 2005, 299; OLG Oldenburg, Urt. v. 14.1.1998 – 2 U 259/97, MDR 1998, 1406. 3 BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518. 4 BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518. 5 OLG Köln, Beschl. v. 11.4.1981 – 2 W 27/81, WuM 1985, 125; a.A. OLG Schleswig, SchlHA 1986, 46, das auch in diesen Fällen § 3 ZPO anwendet. 6 OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 217; OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 422; Anders/Gehle/ Kunze, Stichwort „Nießbrauch“ Rn. 2 m.w.N.; a.A. Hartmann, KostG, § 48 GKG Anh. I (§ 3 ZPO), Rn. 86: § 6 ZPO ist anzuwenden. 7 OLG Frankfurt, MDR 1962, 742. 8 OLG Frankfurt, JurBüro 1963, 360: Es wurden (umgerechnet) 600 Euro angenommen.
820
Noethen
Notanwalt
Notanwalt A. Überblick Findet eine Partei für ein gerichtliches Verfahren, für das Anwaltszwang besteht, keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, kann sie nach § 78b ZPO die Bestellung eines sog. Notanwalts beantragen. Unterbleibt die Beiordnung, steht der Partei hiergegen die Beschwerde nach § 78b Abs. 2 ZPO offen. Für das Verfahren besteht kein Anwaltszwang. Wird ein Anwalt vom Gericht als Notanwalt beigeordnet (§ 78b Abs. 1 ZPO), können sowohl die Partei als auch der beigeordnete Anwalt dagegen sofortige Beschwerde einlegen (§ 78c Abs. 3 Satz 1 ZPO). Der Anwalt kann darüber hinaus sofortige Beschwerde einlegen, wenn sein Aufhebungsantrag (§ 48 Abs. 2 BRAO) abgelehnt wird (§ 78c Abs. 3 Satz 2 ZPO).
4328a
B. Gerichtsgebühren Wertabhängige Gerichtsgebühren fallen – auch in einem Beschwerdeverfahren – nicht an, so dass eine Wertfestsetzung nach § 63 GKG nicht in Betracht kommt, dennoch aber immer wieder fehlerhafterweise vorgenommen wird.1
4328b
C. Anwaltsgebühren Lediglich für die Berechnung der Anwaltsgebühren ist der Gegenstandswert von Bedeutung, da sich die Gebühren eines Anwalts, der in solchen Verfahren beteiligt ist, nach dem Gegenstandswert berechnen (§ 2 Abs. 1 RVG). Allerdings wird eine anwaltliche Vertretung im Verfahren auf Bestellung eines Notanwalts oder im Beschwerdeverfahren kaum vorkommen. Wenn die Partei einen Anwalt gefunden hat, der ihr den Antrag stellt bzw. die Beschwerde führt, dann hat sie in der Regel auch einen Anwalt gefunden, der die Hauptsache führt.
4328c
Sofern ein Wert festzusetzen ist, ist die ältere Rechtsprechung davon ausgegangen, es gelte der volle Wert der Hauptsache, da die Partei ohne Anwalt anderenfalls nicht in der Lage sei, ihr Begehren durchzusetzen; es sei daher entsprechend den Grundsätzen über die Ablehnung von Richtern der Wert der Hauptsache anzusetzen.2 Das OLG München3 hat demgegenüber nur ein Drittel des Hauptsachewerts angenommen und dies damit begründet, dass es im Verfahren auf Bestellung des Notanwalts nicht um die Hauptsache gehe und mit der Bestellung eines Notanwalts in der Hauptsache noch nichts erreicht sei. Die Bestellung eines Anwalts sei nur Vorstufe, um die Rechte überhaupt geltend machen zu können. Das OLG München verkennt jedoch, dass in Verfahren, in denen Anwaltszwang besteht, mit der Bestellung oder Ablehnung eines Notanwalts das Verfahren „steht und fällt“. Wird kein Notanwalt beigeordnet, dann kann die Partei das Verfahren nicht führen und ihre vermeintlichen Rechte nicht durchsetzen.
4328d
1 So zuletzt OLG München, Beschl. v. 20.8.2001 – 1 W 2066/01, MDR 2002, 724 mit Anm. N. Schneider. 2 OLG Bremen, Beschl. v. 18.11.1976 – 5 W 15/76, JurBüro 1977, 91; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 4.4.1977 – 12 W 164/77, JurBüro 1977, 1001. 3 OLG München, Beschl. v. 20.8.2001 – 1 W 2066/01, MDR 2002, 724 mit Anm. N. Schneider.
N. Schneider
821
Notwegrecht
ZPO
4328e
Vor dem Hintergrund des zum 1.8.2013 durch das 2. KostRMoG eingeführten § 23a RVG wird man zumindest heute wohl den vollen Hauptsachewert annehmen müssen. Wenn schon in Verfahren auf Beiordnung eines Anwalts im Wege der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe der volle Wert der Hauptsache gilt – und das auch, wenn in der Hauptsache kein Anwaltszwang besteht1 – dann muss erst Recht in Verfahren, in denen die Beiordnung eines Anwalts erforderlich ist, der volle Hauptsachewert gelten.
Notwegrecht A. Einleitung 4329
Fehlt einem Grundstück die notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg, um es ordnungsgemäß benutzen zu können, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt. Bei Einrichtung eines solchen Notwegs sind die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, durch eine Geldrente zu entschädigen.
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert 4330
Bei der Frage, wie Streitigkeiten um ein Notwegrecht zu bewerten sind, muss unterschieden werden zwischen der Einräumung eines Notwegrechts und der Zahlung einer Notwegrente.
I. Einräumung eines Notwegrechts 4331
Der Streitwert für den Anspruch auf Einräumung eines Notwegrechts (= Duldung der Schaffung eines Notwegs) ist in entsprechender Anwendung der § 7 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG festzusetzen.2 Für das Interesse des Klägers ist die Wertsteigerung seines Grundstücks durch die Gewährung des Notwegrechts maßgebend.3 Hinsichtlich des Beklagten und dessen Beschwer ist auf die Wertminderung abzustellen, die sein dienendes Grundstück durch das Notwegrecht erfährt. Die ausgeurteilte Gegenleistung in Form der Notwegrente bleibt unberücksichtigt.4
4332
Fraglich ist, ob bei der Bewertung der Wert für das herrschende Grundstück und die Wertminderung beim dienenden Grundstück miteinander zu vergleichen sind und der höhere Wert maßgebend ist, wofür allerdings § 7 ZPO spricht.5 Grundsätzlich sind der Gebühren- und Zuständigkeitsstreitwert nach dem Interesse des
1 So schon vor Einführung des § 23a RVG der BGH, Beschl. v. 15.9.2010 – XII ZB 82/10, MDR 2010, 1350 = AGS 2010, 549 = FamRB 2011, 9. 2 BGH, Beschl. v. 12.12.2013 – V ZR 52/13, MDR 2014, 461; vgl. auch OLG Schleswig, Rpfleger 1957, 2; OLG Stuttgart, Rpfleger 1964, 163. 3 BGH, Beschl. v. 12.12.2013 – V ZR 52/13, MDR 2014, 461. 4 BGH, Beschl. v. 12.12.2013 – V ZR 52/13, MDR 2014, 461. 5 So OLG Jena, Beschl. v. 20.10.1998 – 3 W 626/98, JurBüro 1999, 196; LG Bayreuth, Beschl. v. 13.6.1988 – S 98/87, JurBüro 1988, 52.
822
N. Schneider/Noethen
Notwegrecht Klägers und die Beschwer nach dem Abänderungsinteresse des Beklagten zu bestimmen. Der nach § 7 ZPO maßgebliche Wert ist nach § 3 ZPO zu schätzen; letztlich gelten damit die Bewertungsregeln für Grunddienstbarkeiten.1
4333
Die Wertsteigerung ist nicht nach den Kosten für Herstellung und Unterhaltung des Notwegs zzgl. der dreieinhalbfachen Notwegrente zu bestimmen; denn weder an dem einen noch an dem anderen hat der Kläger ein Interesse.2 Hat ein Sachverständiger eine Ersatzlösung geprüft und deren voraussichtliche Kosten berechnet, so liegt das Interesse des Klägers jedenfalls nicht unter diesen Kosten, weil er bei Verneinung eines Notwegrechts zumindest die Ausgaben für diese Ersatzlösung aufzuwenden hat.3
4334
Verfehlt ist es, wenn das OLG Frankfurt4 für die Wertminderung auf den Bodenwert der Grundstücksfläche abstellt, die für das Wegerecht in Anspruch genommen werden soll. Denn es geht nicht um die Veräußerung der betreffenden Fläche, sondern um die Belastung des Eigentums. Vgl. hierzu auch das Stichwort „Erbbaurecht“.
4335
Wird das Wegerecht mit einer einstweiligen Verfügung beansprucht, dann ist der Wert nach § 53 GKG, § 3 ZPO zu schätzen, und zwar niedriger als der Wert der Hauptsache. Wie auch sonst (s. das Stichwort „Einstweilige Verfügung“) ist in der Regel der Hauptsachewert um 1/3 zu ermäßigen. Wiederum ist dabei aber vom Interesse des Klägers auszugehen und nicht etwa vom Wert der in Anspruch genommenen Bodenfläche.5
4336
II. Zahlung einer Notwegrente Die Notwegrente ist nach §§ 917 Abs. 2 Satz 2, 913 Abs. 2 BGB jährlich im Voraus zu entrichten und der Dauer nach unbegrenzt. Der für die Streitwertberechnung maßgebende Zeitraum ist analog zu § 9 ZPO zu bestimmen. Danach ist der 3,5-fache Jahresbetrag maßgebend.
4337
Damit stellt sich die weitere Frage, ob die voraussichtlichen Kosten einer Ersatzlösung streitwertbegrenzend zu berücksichtigen sind. Das sollte entsprechend der ratio des § 9 Satz 2 ZPO bejaht werden. Bei bestimmter Dauer eines Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der zukünftigen Bezüge maßgebend, wenn er geringer ist als der Höchstbetrag des § 9 Satz 1 ZPO. Auf das Notwegrecht übertragen bedeutet das, dass das Interesse des Klägers an der Einräumung des Notwegrechts nicht höher sein kann als der finanzielle Aufwand für eine Ersatzlösung an Stelle des Notwegrechts.
4338
Einstweilen frei.
4339
1 BGH, Beschl. v. 12.12.2013 – V ZR 52/13, MDR 2014, 461. 2 BGH, Beschl. v. 12.12.2013 – V ZR 52/13, MDR 2014, 461; a.A. OLG Rostock, Grundeigentum 2013, 1002; OLG Köln, Beschl. v. 23.8.2010 – 2 W 58/10, JurBüro 2011, 262 f.; OLG Koblenz, Beschl. v. 19.10.2009 – 5 W 666/09, JurBüro 2010, 199 f.; OLG Dresden, Beschl. v. 24.2.2002 – 11 W 149/02; ebenso Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Notweg“. 3 RGZ 63, 100; OLG Schleswig, Rpfleger 1957, 2. 4 OLG Frankfurt, JurBüro 1970, 435. 5 Insofern unrichtig LG Braunschweig, BlGBW 1969, 138.
Noethen
823
ZPO
Novation
Novation 4340
Nach § 4 Abs. 1 ZPO bzw. § 43 Abs. 1 GKG sind Zinsen, die als Nebenforderung geltend gemacht werden, bei der Berechnung des Zuständigkeits- und Gebührenstreitwertes nicht zu berücksichtigen. Eine Ausnahme gilt nach § 43 Abs. 2 GKG, wenn die Zinsen ohne den Hauptanspruch betroffen sind und damit gleichsam zur Hauptsache werden,1 oder wenn sie durch Novation (Schuldumschaffung) zum Teil der Hauptforderung werden.
4341
So liegt es, wenn Hauptsumme und Zinsen durch abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis nach §§ 780, 781 BGB noviert und als Gesamtsumme ausgewiesen werden.2 Ein lediglich deklaratorisches Schuldanerkenntnis nimmt dem Zinsanspruch indessen nicht die Eigenschaft als Nebenforderung.3 Siehe hierzu auch das Stichwort „Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess“. Zinsen verlieren ihre Eigenschaft als Nebenforderung i.S.d. § 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG beim Kontokorrent allenfalls dann, wenn sie jeweils bei Periodenschluss dem Saldo hinzugerechnet und zusammen mit diesem in die neue Rechnungsperiode übernommen werden. In diesem Fall liegt eine Novation der Schuld vor.4 Lediglich die vom Tag des Rechnungsabschlusses an laufenden Zinsen sind dann Nebenforderungen.5
Nutzungen A. Zuständigkeitsstreitwert 4342
Nutzungen (§ 100 BGB), die als Nebenforderungen geltend gemacht werden, bleiben gem. § 4 Abs. 1 ZPO wertmäßig außer Ansatz. Nebenforderungen sind sie dann, wenn sie zu dem gleichzeitig eingeklagten Hauptanspruch in einem objektiven Abhängigkeitsverhältnis stehen. Das Bestehen der Nebenforderung muss durch das Bestehen der Hauptforderung bedingt sein.6
4343
Werden Nutzungen dagegen als Hauptforderung geltend gemacht, wird also nur auf Zahlung von Nutzungen geklagt, dann gelten die allgemeinen Bewertungsregeln.
4344
Werden laufende Nutzungen als wiederkehrende Leistung nach §§ 258 ff. ZPO geltend gemacht, gilt § 9 ZPO. Maßgebend ist der Betrag der zukünftigen Nutzungen, höchstens jedoch der 3 1/2-fache Jahresbetrag.
4345
Keine Nebenforderung ist der Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB bei weiterer Benutzung einer Mietwohnung nach Kündigung. Ebenso keine Nebenforderung ist der Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach Beschädigung oder Zerstörung eines Kraftfahrzeugs (s. das Stichwort „Verkehrsunfallschadenregulierung“). Siehe zu weiteren Einzelheiten das Stichwort „Nebenforderungen“. 1 Vgl. hierzu die Stichwörter „Zinsen“, Rn. 6411 sowie „Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess“. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 16.12.1997 – 5 W 797/97, JurBüro 1999, 197. 3 OLG Köln, KostRsp. GKG § 22 Nr. 8 mit Anm. Schneider. 4 OLG Bamberg, JurBüro 1964, 32. 5 RGZ 32, 377. 6 Vgl. RGZ 55, 82; RG, JW 1909, 691 Nr. 21; RG, Warneyer 1909 Nr. 163.
824
Noethen/N. Schneider
ffentliche Zustellung
B. Gebührenstreitwert Soweit Nutzungen als Nebenforderungen geltend gemacht werden, wird ihr Wert gem. § 43 Abs. 1 GKG dem Wert der Hauptsache nicht hinzugerechnet.
4346
Werden Nutzungen neben der Hauptforderung geltend gemacht, entstehen aber aus den Nutzungen gesonderte Gebühren, was wohl nur bei den Anwaltsgebühren vorkommen dürfte, dann ist insoweit der Wert der Nutzungen nach § 43 Abs. 2 GKG zu berücksichtigen, wobei ihr Wert den Wert der Hauptsache nicht übersteigen darf.
4347
Soweit Nutzungen dagegen als Hauptforderung geltend gemacht werden, ist ihr Wert nach allgemeinen Grundsätzen festzusetzen. Die Begrenzung nach § 43 Abs. 2 GKG greift in diesem Falle nicht; der Gebührenstreitwert kann daher auch den Wert der nicht anhängigen Hauptforderung überschreiten.
4348
Siehe zu weiteren Einzelheiten auch hier das Stichwort „Nebenforderungen“.
C. Beschwer Der Wert der Beschwer folgt den gleichen Grundsätzen, die für den Zuständigkeitsstreitwert gelten. Als Nebenforderung bleiben sie außer Ansatz; ansonsten sind sie wertbestimmend.
4349
ffentliche Zustellung Ist der Aufenthaltsort einer Person unbekannt, eine Zustellung an einen Vertreter nicht möglich oder eine Zustellung im Ausland nicht erfolgversprechend, kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) erfolgen, § 185 ZPO. Gegen die Ablehnung einer dahingehenden prozessleitenden Beschlussfassung ist die sofortige Beschwerde eröffnet, § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
4350
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren bestimmt sich gem. § 3 ZPO mit einem – zwischen 1/10 und 1/5 liegenden – Bruchteil des Hauptsachewertes.1 Denn die Versagung der öffentlichen Zustellung hindert den Antragsteller nicht dauerhaft daran, zu einem Vollstreckungstitel zu gelangen, sondern macht die Zustellung nur von weiteren Voraussetzungen, regelmäßig weiteren Nachforschungen über den Verbleib des Zustellungsadressaten abhängig.2
4351
Die Rechtslage entspricht daher den Fällen, in denen es um die vorbereitenden prozessualen Maßnahmen zur Titelschaffung geht, etwa der Auskunftsstufe bei der Stufenklage oder der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung bei der Vollstreckungsklage (s. hierzu die Stichwörter „Auskunftsanspruch“ und „Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung“).
4352
1 LAG Hamm, Beschl. v. 2.11.2010 – 1 Ta 606/10: 1/10; OLG Braunschweig, Beschl. 11.1.2008 – 3 W 73/07, NJW-RR 2008, 1523: 1/10; OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.5.1999 – 5 W 4/99, MDR 1999, 1402; OLG Naumburg, Beschl. v. 15.5.2001 – 14 W 58/01: 1/5; a.A. LG Leipzig, Beschl. v. 3.1.2007 – 16 T 1119/06, JurBüro 2007, 268: 1/2. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.5.1999 – 5 W 4/99, MDR 1999, 1402; OLG Naumburg, Beschl. v. 15.5.2001 – 14 W 58/01; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Öffentliche Zustellung“.
N. Schneider/Kurpat
825
rtliche Zustndigkeit
ZPO
rtliche Zustndigkeit Siehe das Stichwort „Einrede, Einwendung“.
Ordnungsmittel Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4353
II. Zwangsgeld (§ 888 ZPO) . . . . . . . 4368 III. Ordnungsgeld gegen Sachverständigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4375
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4354 I. 1. 2. 3.
Ordnungsgeld (§ 890 ZPO) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 4356 Vertretung des Gläubigers . . . . . . 4358 Vertretung des Schuldners . . . . . . 4367
C. Rechtsmittel und Beschwer . . . . 4377 I. Beschwerden des Schuldners. . . . 4378 II. Beschwerden des Gläubigers . . . . 4380
Stichwortübersicht Rn. Androhung eines Ordnungsgelds. . . . . 4356 Anwaltsgebühren . . . . . . . . . . . . 4355, 4357 Berechnung, Quote . . . . . . . . . . . . . 4363 ff. Beschwerde – des Gläubigers. . . . . . . . . . . . . 4359, 4380 – des Schuldners gegen Ordnungsgeldbeschluss. . . . . . . . . . . . . 4878 Bruchteil des Hauptsachewerts . . . . 4369 ff. – Gläubigerinteresse . . . . . . . . . . . . . 4369 – Wert der zu erwirkenden Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4369 Gerichtsgebühr im ersten Rechtszug. . 4354 Gläubigerinteresse . . . . . . . . . . . . . 4358 ff. Mehrere Zuwiderhandlungen . . . . . . . 4366 Ordnungsgeld – Androhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4356
Rn. – mehrere Anträge auf Festsetzung Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachverständigen-Ordnungsgeld . . . Schuldnerbeschwerde – gegen Androhung . . . . . . . . . . . . – gegen Festsetzung . . . . . . . . . . . . – gegen Höhe . . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherungshypothek . . . . . . . . . . . . Strafandrohung im Urteil . . . . . . . . Streitwert der Hauptsache, Bruchteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verstöße gegen einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
4366 4372 4377 4375
. . . . .
. . . . .
4378 4379 4379 4372 4359
4358 ff. . . 4374 4368 ff.
A. Einleitung 4353
Nach §§ 888, 890 ZPO kann das Gericht unter bestimmten Umständen gegen den Schuldner Zwangs- bzw. Ordnungsgeld oder Zwangs- bzw. Ordnungshaft anordnen. Dies sind insbesondere die Fälle, in denen der Schuldner eine nicht vertretbare Handlung nicht vornimmt (§ 888 ZPO), gegen eine Duldungs- oder Unterlassungsverpflichtung verstößt (§ 890 ZPO) oder die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verweigert (§ 889 ZPO).
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert 4354
Ein Zuständigkeitsstreitwert muss nicht bestimmt werden, da für die betreffenden Maßnahmen das Prozessgericht des ersten Rechtszugs (§§ 888 Abs. 1 Satz 1,
826
Noethen
Ordnungsmittel 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO) bzw. das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht (§ 889 Abs. 1 Satz 1 ZPO) jeweils ausschließlich (§ 802 ZPO) zuständig ist. Eine Wertfestsetzung für die Berechnung der Gerichtsgebühren ist ebenfalls nicht erforderlich. Für das Verfahren auf Verhängung eines Zwangs- oder Ordnungsgeldes (§§ 888, 890 ZPO) fällt nämlich im ersten Rechtszug nach Nr. 2111 KV GKG eine Festgebühr i.H.v. 20 Euro an. Gleiches gilt für das Verfahren der Beschwerde und der Rechtsbeschwerde, da auch in diesen Festgebühren nach Nr. 2121 KV GKG und Nr. 2124 KV GKG anfallen. Die Kosten der Zwangshaft werden von Nr. 9010 KV GKG erfasst. Hinsichtlich der erforderlichen Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren (Nr. 3309 ff. VV RVG) sind die verschiedenen Vollstreckungsmaßnahmen zu unterscheiden:
4355
I. Ordnungsgeld (§ 890 ZPO) 1. Allgemeines Nach § 18 Nr. 14 RVG ist jede Verurteilung zu einem Ordnungsgeld gem. § 890 Abs. 1 ZPO eine besondere Angelegenheit. Keine besondere Angelegenheit ist dagegen die der Verurteilung vorausgehende Androhung (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 4 RVG). Sie ist sowohl für den Prozessbevollmächtigten als auch für den mit der Zwangsvollstreckung beauftragten Anwalt mit der Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG bzw. Nr. 3309 VV RVG abgegolten. Etwas anderes kann nur gelten, wenn ein Anwalt erst mit der Erwirkung einer (isolierten) Androhung beauftragt wird.1
4356
Die Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren richtet sich bei einer Tätigkeit im Verfahren nach § 890 ZPO nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG bzw. § 25 Abs. 2 RVG: – Vertritt der Anwalt den Gläubiger, so bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat (§ 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG). – Im Verfahren über Anträge des Schuldners ist der Wert für die Gebühren des ihn vertretenden Anwalts nach dem Interesse des Antragstellers nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 25 Abs. 2 RVG).
4357
2. Vertretung des Gläubigers Welchen Wert die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat, ist im Einzelfall zu schätzen. Das Interesse des Gläubigers geht regelmäßig dahin, dass der Schuldner durch Ordnungsgeld oder Ordnungshaft zur Befolgung des Unterlassungsgebotes bzw. zur Vornahme der unvertretbaren Handlung angehalten wird. Folglich ist darauf abzustellen, wie ernst der Gläubiger bei objektiver Würdigung der Verhaltensweise des Schuldners die Bedrohung seines jeweiligen Anspruchs einschätzen muss.2
4358
Dies ist jedoch nur der allgemeine Ausgangspunkt. Wie das Interesse des Gläubigers im Einzelfall zu bestimmen ist, ist umstritten. Einigkeit besteht insoweit, als das Interesse sich nicht nach der Höhe des beantragten/festgesetzten Zwangs-
4359
1 Hierzu sowie zur Gegenstandswertbemessung vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 8.5.2014 – 4 W 81/13. 2 OLG Braunschweig, Beschl. v. 20.5.1997 – 15 W 1590/97, OLGR 1997, 195; OLG Bremen, JurBüro 1979, 1394; OLG Karlsruhe, Justiz 1966, 213; OLG München, Beschl. v. 17.8.1983 – 25 W 1621/83, MDR 1983, 1029; OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.3.1984 – 3 W 662/84, MDR 1984, 762; OLG Celle, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 207 u. Nds.Rpfl. 1991, 54.
Noethen
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Ordnungsmittel
ZPO
bzw. Ordnungsgeldes bemisst.1 Auch eine im Urteil enthaltene Strafandrohung kann nicht als Wert angesetzt werden, weil sie nicht den Klageanspruch selbst betrifft, sondern die Zwangsvollstreckung vorbereitet. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an, insbesondere auf die Art und Weise des Verstoßes sowie das Ausmaß der konkreten Verletzung.2 Hierzu werden drei Ansichten vertreten: 4360
– Nach einer Meinung ist das Interesse des Gläubigers, dass gegen den Schuldner ein Zwangs- oder Ordnungsmittel festgesetzt wird, auf einen Bruchteil des Streitwertes in der Hauptsache anzusetzen.3 Denn auch wenn das Ordnungsmittelverfahren rechtlich selbständig gegenüber dem Hauptsacheverfahren sei, sei doch der Streitwert der Hauptsache – etwa des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs – der wichtigste Orientierungspunkt.4
4361
– Nach einer anderen Meinung entspricht das maßgebliche Interesse des Gläubigers in der Regel dem Erfüllungsinteresse und damit dem vollen Wert der Hauptsache.5
4362
– Eine dritte Meinung6 lehnt eine Bewertung nach Bruchteilen des Hauptsachestreitwertes ab und will das Interesse des Gläubigers an der konkreten Bestrafung entsprechend den Umständen des Einzelfalls wie folgt bestimmen: Zunächst sei von der im Antrag enthaltenen Bezifferung des Ordnungsgeldes auszugehen, falls sich die Höhe durch die Angaben des Gläubigers zu den befürchteten eigenen Nachteilen aus den Verstößen gegen den Unterlassungstitel rechtfertige. Von Bedeutung für den Umsatz des Gläubigers seien dabei die Schwere, Zahl, Vorwerfbarkeit und insbesondere die Gefährlichkeit der Verstöße.7
4363
Folgt man der Meinung, die eine Bruchteilsbewertung vornimmt, stellt sich die Frage nach der konkreten Berechnung. Hier werden wiederum unterschiedliche Quoten vertreten:
1 BGH, Beschl. v. 8.1.2009 – IX ZR 107/08, AGS 2009, 240; OLG Celle, Beschl. v. 26.6.2006 – 4 W 103/06, FamRZ 2006, 1689; OLG Köln, Beschl. v. 7.3.1994 – 2 W 32/94, OLGR 1994, 138; OLG Düsseldorf, OLGR 1993, 125; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.11.1999 – 14 W 61/99, MDR 2000, 229; OLG Hamburg, InVo 1998, 264; LAG Bremen, Urt. v. 2.2.1988 – 3 Ta 33/85, AnwBl. 1988, 173. 2 OLG Nürnberg, JurBüro 1979, 872. 3 Vgl. OLG Celle, Beschl. v. 23.4.2009 – 13 W 33/09, JurBüro 2009, 441; KG, Beschl. v. 5.4.2005 – 5 W 168/04, AGS 2005, 304; OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.7.2000 – 2 W 83/00, OLGR 2000, 430; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.6.1993 – 3 W 110/93, WRP 1994, 42; OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.3.1984 – 3 W 662/84, MDR 1984, 762; OLG Bremen, JurBüro 1979, 1394. 4 OLG Köln, Beschl. v. 2.11.1981 – 6 W 61/81, WRP 1982, 288; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.11.1991 – 4 W 72/91, WRP 1992, 198; OLG Hamburg, WRP 1981, 222. 5 OLG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 – 25 WF 45/05, AGS 2005, 262; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.4.2013 – 7 W 20/13; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11.10.2011 – 5 W 211/11; ebenso – allerdings nur für Ausnahmefälle – OLG Celle, NJW 1963, 2031; OLG Nürnberg, Rpfleger 1963, 218; KG, JurBüro 1973, 150. 6 OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.9.2003 – 25 W 54/03, OLGR 2004, 121 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 30.9.1993 – I ZR 54/91, NJW 1994, 45; ebenso: OLG München, NJW E-WettbR 2000, 147; OLG Dresden, Beschl. v. 25.6.1999 – 14 W 1190/98, WRP 1999, 1204; OLG Hamburg, Beschl. v. 21.10.1997 – 3 W 122/97, OLGR 1998, 89. 7 Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Ordnungs- und Zwangsmittelfestsetzung“, weist allerdings in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass sich ein nach § 3 ZPO unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls geschätzter Wert auf Basis des beantragten Ordnungsgeldes rechnerisch ebenso wenig erklären lässt wie eine Bruchteilsbewertung auf Basis des Hauptsachewerts. Letztlich ist dieser Streit eher akademischer Natur.
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Ordnungsmittel – Nach dem OLG Celle1 ist das Interesse des Gläubigers an der Zwangsvollstreckung am ehesten vergleichbar mit dem Interesse desjenigen, der eine einstweilige Verfügung beantragt, weil in beiden Fällen das gestörte Recht gegenwärtig hergestellt werden soll, ohne dass die Einwirkung eines Urteils in der Hauptsache Gegenstand des Antrags ist. Auf der Grundlage dieser Überlegungen wurde ein Bruchteil von 1/6 des Hauptsachewerts angenommen. In einer weiteren Entscheidung hat das OLG Celle2 den Streitwert mit 1/3 des Hauptsachewerts angesetzt und bewusst dem Wertansatz bei einstweiligen Verfügungen angeglichen. – Das OLG Hamburg3 ist in einer Wettbewerbssache von 1/5 des Hauptsacheverfahrens ausgegangen, allerdings mit der Einschränkung, der Wert des Ordnungsmittelverfahrens könne dann höher sein, wenn der Gläubiger eine ganz bestimmte Höhe anstrebe. In gleicher Weise setzte das OLG Hamm4 fest, wobei es den Wert auch dann erhöhte, wenn sich der Schuldner besonders hartnäckig gezeigt hat.
4364
– Ähnlich hat das KG5 eine Bruchteilsbewertung von 1/4 bis 1/3 des Hauptsache- 4365 werts für angemessen angesehen und in einer späteren Entscheidung6 folgende Regelwerte für den Beschwerdewert eines Ordnungsmittelverfahrens nach § 890 ZPO aufgestellt: Angemessen sei 1/2 des Wertes für ein einstweiliges Verfügungsverfahren bzw. 1/6 des Wertes des Hauptsacheverfahrens um den Unterlassungsanspruch, wobei in beiden Fällen ein nach § 12 Abs. 4 UWG herabgesetzter Streitwert als Bezugsgröße außer Betracht bleiben müsse. Mehrere Anträge auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen denselben Schuldner sind in einem einheitlichen Beschluss zu bescheiden. Dementsprechend ist auch ein einheitlicher Streitwert festzusetzen.7 Auch bei mehreren fortgesetzten Zuwiderhandlungen, für die nur ein einziges Ordnungsmittel verhängt wurde, findet keine Zusammenrechnung statt, weil nur eine Verurteilung vorliegt.8 Verhängt das Gericht dagegen in verschiedenen Verfahren wegen mehrfacher Verstöße Ordnungsmittel, entstehen so viele Gebühren, wie es Verfahren gegeben hat.9
4366
3. Vertretung des Schuldners In Verfahren über Anträge des Schuldners ist der Wert nach § 25 Abs. 2 RVG zu bestimmen. Ein abstrakter Gegenstandswert lässt sich hier nicht angeben. Maßgeblich ist das Interesse des Schuldners, das sich aus dem konkreten Antrag und
1 OLG Celle, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 207. 2 OLG Celle, Beschl. v. 23.4.2009 – 13 W 33/09, JurBüro 2009, 441; OLG Celle, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1029 mit Anm. Schneider; so auch LG Bayreuth, JurBüro 1980, 1885. 3 OLG Hamburg, Beschl. v. 11.5.1982 – 3 W 53/82, WRP 1982, 592. 4 OLG Hamm, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1160 = WRP 1994, 42. 5 KG, JurBüro 1969, 1204 = Rpfleger 1970, 97; ähnlich auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.11.1991 – 4 W 72/91, WRP 1992, 198 – es wird im Regelfall ein Wert von 1/5 bis 1/3 angesetzt. Gegen eine solche Regelbewertung mit 1/3 des Hauptsachewertes hat sich das OLG Frankfurt (OLG Frankfurt JurBüro 1961, 303; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.9.2003 – 25 W 54/03, OLGR 2004, 121) in Wettbewerbssachen ausgesprochen. Denn bei dieser Festsetzung bliebe außer Betracht, dass im Verfügungsverfahren die Vertragstreue des Antragsgegners für die ganze Dauer des Vertrages erzwungen werden solle. 6 KG, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1082 = WRP 1992, 176. 7 OLG Hamm, JurBüro 1979, 1166. 8 OLG München, NJW 1970, 60; OLG Frankfurt, JurBüro 1982, 245; OLG Hamburg, Beschl. v. 14.8.1992 – 8 W 175/92, JurBüro 1993, 96 m.w.N. 9 Schneider/Volpert/Fölsch, RVG, § 18 Rn. 73.
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4367
Ordnungsmittel
ZPO
dem damit verfolgten Rechtsschutzziel unter Anwendung billigen Ermessens festlegen lässt. Wegen der Vertretung des Schuldners im Verfahren über die Verhängung eines Ordnungsgeldes kann auf die nachfolgenden Ausführungen zur Beschwer verwiesen werden.
II. Zwangsgeld (§ 888 ZPO) 4368
Das Verfahren zur Vollstreckung einer nicht vertretbaren Handlung durch Verhängung eines Zwangsgeldes (§ 888 ZPO) stellt für den Anwalt nach § 18 Nr. 13 RVG eine besondere Angelegenheit dar.
4369
Bei der Vollstreckung einer Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungsverpflichtung bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für die Gläubiger hat (§ 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG).1 Umstritten ist auch hier, ob dieses Interesse des Gläubigers an der Durchsetzung der Leistung regelmäßig dem Wert der Hauptsache gleichzusetzen ist,2 oder ob ein Bruchteil des Hauptsachewerts3 bzw. die Höhe des beantragten Zwangsgeldes maßgebend ist.4
4370
– Das OLG Düsseldorf5 sieht 1/4 des Hauptsachewertes als Werthöchstbetrag an. – Das OLG Köln6 hat für das Verfahren auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Antragsteller, der zur lastenfreien Umschreibung eines mit einer Grundschuld belasteten Grundstücks verpflichtet war, den Nominalwert der Grundschuld von rund 53 000 Euro festgesetzt, obwohl das Darlehen, zu dessen Absicherung die Grundschuld eingetragen war, schon teilweise zurückgezahlt worden war.
4371
Richtig erscheint es, weder die eine noch die andere starre Regelung zu praktizieren, sondern das Interesse des Gläubigers an der Durchführung der Zwangsvollstreckung je nach den Umständen des Einzelfalls auf den angemessenen Betrag zu schätzen, der regelmäßig unterhalb des Wertes der Hauptsache liegt, da der Zwang gegenüber dem Schuldner noch keine Erfüllung ist.7 Wegen der einfacheren Berechenbarkeit des Streitwerts sollten Bruchteile von 1/4 bis zu 1/3 als Richtschnur der Bewertung übernommen werden, also ebenso verfahren werden wie beim Ordnungsgeld.
1 Vgl. dazu BayObLG, Beschl. v. 18.4.2002 – 2 Z BR 9/02, NJW-RR 2002, 1381. 2 So OLG Rostock, Beschl. v. 26.9.2008 – 1 W 82/08, AGS 2009, 187; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.12.1998 – 9 W 92/98, MDR 1999, 506; OLG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 – 25 WF 45/05, AGS 2005, 262 mit Anm. Mock; OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.6.2001 – 16 WF 248/01, OLGR 2001, 375; OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2007 – 2 W 71/07, AGS 2008, 189; OLG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 – 25 WF 45/05, AGS 2005, 262; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, § 25 Rn. 19; Schneider/Wolf, RVG, § 25 Rn. 19; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Ordnungs- und Zwangsmittelfestsetzung“. 3 KG, Beschl. v. 5.4.2005 – 5 W 168/04, AGS 2005, 304; Stein/Jonas/Roth, ZPO, § 3 Rn. 70 Stichwort „Zwangsgeld“. 4 So OLG Stuttgart, Rpfleger 1973, 314; wohl auch LAG Bremen, LAGE BetrVG § 23 Nr. 19, das den Beschwerdewert für einen Androhungsbeschluss mit 50 % des im Falle der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bemisst. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.11.1992 – 5 WF 188/92, JurBüro 1993, 554. 6 OLG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 – 25 WF 45/05, AGS 2005, 262 mit Anm. Mock – unter der Prämisse, dass der Wert der Hauptsache entscheidend ist, ist dies konsequent, denn mangels Akzessorietät besteht die Grundschuld nach wie vor in voller Höhe. 7 Siehe OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.3.1984 – 3 W 662/84, MDR 1984, 762; BayObLG, Beschl. v. 18.4.2002 – 2 Z BR 9/02, NJW-RR 2002, 1381.
830
Noethen
Ordnungsmittel Dementsprechend hat das BayObLG1 hinsichtlich einer Verpflichtung zur Rechnungslegung, aus der der Gläubiger einen Betrag von ca. 14 000 Euro erwartete, den Beschwerdewert für den Gläubiger auf 2000 Euro festgesetzt. Das OLG Stuttgart2 setzt für den Antrag auf Festsetzung von Zwangsgeld wegen Nichtbefolgung der Pflicht zur Löschung einer Sicherungshypothek einen Bruchteil von 1/4 bis 1/5 des Nennbetrages des Grundpfandrechtes an.
4372
Wegen der Vertretung des Schuldners im Verfahren über die Verhängung eines Zwangsgeldes kann auf die nachfolgenden Ausführungen zur Beschwer verwiesen werden.
4373
Auch der Wert eines Antrags auf Festsetzung von Zwangsgeld bei Verstößen gegen eine einstweilige Verfügung, die vom Antragsgegner für eine voraussichtlich längere Zeit ein bestimmtes Verhalten verlangt, richtet sich nach dem Interesse des Antragstellers an der Abwehr weiterer Verstöße. Dieses Interesse ist niedriger zu bewerten als der Hauptantrag, wobei nach dem KG3 in der Regel ein Bruchteil von 1/3 bis 1/4 als angemessen angenommen werden kann.
4374
III. Ordnungsgeld gegen Sachverständigen Den Fall, dass ein gerichtlich bestellter Sachverständiger sich gegen die Androhung eines Ordnungsgeldes nach § 411 Abs. 2 Satz 2 ZPO wehrt, hat das OLG München4 mit 1/5 des Höchstbetrages für Ordnungsgelder (jetzt 1000 Euro gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EGStGB) beziffert, da es sich nur um eine vorbereitende Maßnahme handele. Der Senat hat sich dabei an die Quotierung des OLG Köln5 bei Beschwerden wegen einstweiliger Einstellung der Zwangsvollstreckung nach §§ 767, 769 ZPO gehalten.
4375
Der Wert einer Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes (§ 411 Abs. 2 Satz 1 ZPO) bestimmt sich nach dessen Höhe, da der Sachverständige die Aufhebung dieser Beeinträchtigung anstrebt.
4376
C. Rechtsmittel und Beschwer Vertritt der Anwalt den Gläubiger oder den Schuldner in einem Beschwerdeverfahren gegen die Androhung oder die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels, so bestimmt sich der Gegenstandswert nach § 23 Abs. 2 RVG. Danach ist der Wert unter Berücksichtigung der Interessen des Beschwerdeführers nach billigem Ermessen zu bestimmen.
4377
I. Beschwerden des Schuldners Wendet sich der Schuldner mit seiner Beschwerde gegen die Androhung eines Ordnungsgeldes, so kann 1/2 des im Falle der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes veranschlagt werden.6
4378
Die Beschwer des Schuldners durch die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsgeldes bestimmt die (wohl) herrschende Auffassung nach der Höhe des
4379
1 2 3 4 5 6
BayObLG, Beschl. v. 18.4.2002 – 2 Z BR 9/02, NJW-RR 2002, 1381. OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.6.2001 – 16 WF 248/01, OLGR 2001, 375. KG, JurBüro 1969, 1204. OLG München, ZSW 1981, 68, 70 (damals betrug der Höchstsatz 1000 DM). OLG Köln, Rpfleger 1976, 138 = VersR 1976, 975. In diesem Sinne: LAG Bremen, LAGE BetrVG § 23 Nr. 19.
Noethen
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Organe, Organmitglieder
ZPO
Ordnungs-/Zwangsgeldes, wenn der Schuldner sich gegen die Verhängung dem Grunde nach wendet.1 Nach anderer Auffassung entspricht der Gegenstandswert dem Interesse des Schuldners, die Handlung nicht ausführen zu müssen.2 Wendet sich der Schuldner allerdings nur gegen die Höhe des Zwangsgeldes, dann ist sein Interesse wertmäßig gleich dem Betrag, um den er das Zwangsgeld vermindert sehen möchte. Denn dies entspricht dem Interesse des Schuldners, den festgesetzten Betrag nicht zahlen zu müssen.3 4379a
Wendet sich der Schuldner gegen eine Haftanordnung, ist vorrangig sein Interesse an der Aufhebung der Haft maßgebend.4
II. Beschwerden des Gläubigers 4380
Für die Bewertung der Beschwerden des Gläubigers ist weiterhin dessen Interesse an der zu erzwingenden Handlung wertbestimmend und darf nicht überschritten werden.
Organe, Organmitglieder Literatur: Kuhn, DRiZ 1953, 190 (Pensionsansprüche von Vorstandsmitgliedern); Lappe, GmbHR 1956, 37 (Gehalt und Versorgungsbezüge der Geschäftsführer einer GmbH); Schneider, JurBüro 1969, 803 (Organe als „Arbeitnehmer“ i.S.d. § 13 Abs. 4 GKG a.F.); Lappe, NJW 2006, 270. Gliederungsübersicht Rn. A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4381 B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Vergütungsklagen . . . . . . . . . . . . 4382 II. Klagen wegen Abberufung/Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4390 1. Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4391
Rn. 2. 3. III. 1. 2. 3.
Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . Feststellung . . . . . . . . . . . . . . Klagen wegen Entlastung . . . . Bezifferte Ersatzansprüche . . . Unbezifferte Ersatzansprüche . Anfechtung des Entlastungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
4397 4398 4399 4400 4401
. . 4402
A. Einleitung 4381
Juristische Personen handeln durch Organe, z.B. Geschäftsführer, Gesellschafter oder den Aufsichtsrat. Die Organe können aus einer Person (z.B. Alleingeschäftsführer) oder aus mehreren Personen (Aufsichtsratsmitglieder) bestehen. Zu unterscheiden ist bei der Streitwertbestimmung das Organverhältnis und das Anstellungsverhältnis. 1 OLG Celle, Beschl. v. 4.4.2014 – 4 W 55/14; Beschl. v. 1.4.2003 – 6 W 25/03, OLGR 2003, 294; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.1.1977 – 2 W 85/76. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.9.1996 – 5 W 18/96, OLGR 1996, 238; OLG München, Beschl. v. 17.8.1983 – 25 W 1621/83, MDR 1983, 1029; OLG Braunschweig, Beschl. v. 28.4.1977 – 1 W 11/77, JurBüro 1977, 1148. 3 OLG Celle, Beschl. v. 1.4.2003 – 6 W 25/03, OLGR 2003, 294. 4 OLG Rostock, Beschl. v. 12.10.2005 – 6 W 53/05, OLGR 2006, 592; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.8.2011 – 5 W 197/11 (jeweils unnötigerweise einen Wert für das Beschwerdeverfahren festsetzend).
832
Noethen/Kurpat
Organe, Organmitglieder
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Vergütungsklagen Bei Vergütungsklagen der Organmitglieder (Ansprüche auf Gehalt oder Versorgungsbezüge aus dem Arbeits- bzw. Anstellungsvertrag mit der juristischen Person) richtet sich der Zuständigkeitsstreitwert nach § 9 ZPO. Danach ist der 3,5-fache Wert des einjährigen Bezuges zugrunde zu legen (§ 9 Satz 1 ZPO). Ist der Gesamtbetrag während der Dauer des Bezugsrechts geringer, ist auf diesen abzustellen (§ 9 Satz 2 ZPO).
4382
Die Bestimmung des Gebührenstreitwertes für solche Klagen ist im Hinblick auf die Abgrenzung von § 9 ZPO und § 42 Abs. 2 GKG umstritten:
4383
Nach Ansicht des BGH ist auf Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis zwischen einem Organmitglied und seiner Gesellschaft auch hinsichtlich des Gebührenstreitwertes die Regelung des § 9 ZPO anzuwenden. Eine Berechnung nach (jetzt) § 42 Abs. 2 GKG (3-facher Jahresbetrag) scheide aus, weil ein Organmitglied nicht als Arbeitnehmer eingestuft werden könne.1 Vielmehr nehme das Organmitglied als Leiter eines Unternehmens aufgrund des gegenüber allen bei diesem Beschäftigten bestehenden Direktionsrechts eine Arbeitgeberfunktion wahr Das soll auch dann gelten, wenn Versorgungsansprüche der Hinterbliebenen geltend gemacht würden, deren Höhe nach den Grundsätzen des Beamtenrechts zu bemessen sei.2
4384
Diese strikte Anwendung von § 9 ZPO auf den Gebührenstreitwert hat der BGH 4385 in einigen späteren Entscheidungen zwar teilweise auch außer Acht gelassen: – Bei einer Vergütungsstreitigkeit eines hoch betagten Geschäftsführers einer OHG wurde der Streitwert nach § 3 ZPO frei geschätzt, weil die Annahme gerechtfertigt war, dass der geschäftsführende Gesellschafter wegen seines Alters nicht mehr 12,5 Jahre (= § 9 ZPO a.F.) als Geschäftsführer tätig sein würde.3 – Den Streitwert für eine auf künftige Rentenleistungen gerichtete Insolvenzsicherungsklage wurde, obwohl sie ein früheres Mitglied des Vertretungsorgans einer juristischen Person erhoben hatte, auf den dreifachen Jahresbetrag (§ 17 Abs. 3 GKG a.F. jetzt § 42 Abs. 2 GKG) festgesetzt.4 – Für Gehalts- und Pensionsklagen von Mitgliedern des Vertretungsorgans einer Handelsgesellschaft oder Genossenschaft wurde der Streitwert nach § 17 Abs. 3 GKG a.F. (jetzt § 42 Abs. 2 GKG) berechnet.5 Dabei wurde auf den Sinn dieser Vorschrift abgestellt, welche die gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen, aus denen der Berechtigte seinen Lebensunterhalt erzielt, erleichtern soll. Dass dies wohl aber keine Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung sein sollte, zeigt die Entscheidung vom 17.8.2000,6 in welcher der Streit um die Vergütungsforderung aus einem Anstellungsverhältnis des Geschäftsführeres wiederum nach § 9 ZPO bewertet wurde.
1 BGH, Rpfleger 1954, 439; BGH, JurBüro 1979, 41; BGHZ 12, 1; BGH, WM 1978, 319; BGH, NJW 1978, 2202; ebenso: OLG Celle, Rpfleger 1962, 223; OLG Karlsruhe, MDR 1960, 608; OLG Hamm, AnwBl. 1977, 111. Kritisch: Lappe, Rpfleger 1961, 130. 2 BGH, Rpfleger 1954, 439. 3 BGHZ 19, 172. 4 BGH, KostRsp. GKG § 17 Nr. 26 = MDR 1980, 1001. 5 BGH, JurBüro 1981, 845 – in Abweichung von BGH, JurBüro 1979, 41 = MDR 1979, 35. 6 BGH, Beschl. v. 17.8.2000 – II ZR 302/99, KostRsp. ZPO § 9 Nr. 71.
Kurpat
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Organe, Organmitglieder Nach einer zweiten Meinung bemisst sich der Streitwert von Gehaltsklagen von Organen juristischer Personen, die in gleicher Weise wie andere Arbeitnehmer der juristischen Person für eine längere Dauer ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen und nach Zeit, Ort und Dauer ihrer Arbeiten einem Weisungsrecht unterliegen, immer gem. (dem jetzigen) § 42 Abs. 2 GKG nach dem 3-fachen Jahresbetrag, sofern nicht der gesamte Betrag geringer ist.1
4387
Schließlich wird noch eine dritte Meinung vertreten, die bei der Bestimmung des Gebührenstreitwertes differenziert: Befindet sich das Organmitglied in einer ähnlichen beruflichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit von seinem Unternehmen wie ein Arbeitnehmer, dann ist der Wert für eine Klage des Organmitglieds oder seiner Hinterbliebenen auf Zahlung von Gehalt oder Versorgungsbezügen nach § 42 Abs. 2 GKG festzusetzen. Fehlt es hinsichtlich der sozialen Abhängigkeit an einer „arbeitnehmerähnlichen“ Stellung, richtet sich die Wertfestsetzung nach § 9 ZPO.2
4388
Dieser dritten Meinung, die auf die Umstände des Einzelfalls abstellt, ist zuzustimmen. Das OLG Schleswig3 hat mit Recht darauf abgestellt, dass (der jetzige) § 42 Abs. 2 GKG eine soziale Schutzvorschrift ist und das Organ, etwa der Geschäftsführer einer GmbH, aus den wiederkehrenden Leistungen seinen Lebensunterhalt erzielt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass seine Alters- und Hinterbliebenenversorgung nicht aus seiner Organstellung erwächst, die lediglich das Außenverhältnis betrifft, sondern auf dem Anstellungsvertrag, also dem Innenverhältnis, beruht.
4389
Die praktische Bedeutung dieses Meinungsstreits ist allerdings durch die Neufassung von § 9 ZPO erheblich gesunken. Denn während § 9 ZPO früher auf den 12,5-fachen Jahresbetrag abstellte, was gegenüber dem 3-fachen Jahresbetrag nach § 17 Abs. 3 GKG a.F. (jetzt § 42 Abs. 2 GKG) einen erheblichen Gebührenunterschied bedeutete, sind die Differenzen nach den heutigen Regelungen (3,5-facher bzw. 3-facher Jahreswert) nur noch geringfügig.
ZPO
4386
II. Klagen wegen Abberufung/Kündigung 4390
Bei Klagen im Zusammenhang mit der Beendigung der Organstellung ist danach zu unterscheiden, worauf die Beendigung beruht.4 Das Erlöschen der körperschaftlichen Organstellung führt nicht ohne Weiteres zur Beendigung des schuldrechtlichen Anstellungsvertrags. Deshalb muss bei der Bestimmung des Streitwerts unterschieden werden zwischen der Klage auf Abwehr der Abberufung als Geschäftsführer und der Klage auf Feststellung, dass das Dienstverhältnis nicht beendet worden ist. Beides kann zwar miteinander verkoppelt sein, beispielsweise wenn der Widerruf der Bestellung gleichzeitig in kurzer zeitlicher Folge von der Kündigung des Anstellungsvertrages begleitet wird.5 Auch dann bleibt es jedoch dabei, dass es um zwei verschiedene Rechtsverhältnisse geht, die getrennt zu bewerten sind.
1 KG, NJW 1955, 857; 1956, 689; JurBüro 1968, 319; OLG Celle, MDR 1957, 431; OLG Frankfurt, MDR 1961, 244; OLG Bamberg, JurBüro 1988, 227. 2 OLG Stuttgart, Justiz 1968, 306; OLG Köln, MDR 1968, 593; OLG Koblenz, Beschl. v. 17.9.1979 – 6 U 637/78, MDR 1980, 319; OLG Schleswig, JurBüro 1980, 480; Schneider, JurBüro 1969, 803; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Arbeitnehmer“. 3 OLG Schleswig, JurBüro 1980, 480. 4 Siehe dazu BGH, Beschl. v. 28.5.1990 – II ZR 245/89, NJW-RR 1990, 1123. 5 BGH, Urt. v. 29.5.1989 – II ZR 220/88, WM 1989, 1246.
834
Kurpat
Organe, Organmitglieder 1. Abberufung Bei Klagen gegen die Abberufung als Geschäftsführer erfolgt die Streitwertbestimmung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, wobei das Interesse beider Parteien berücksichtigt wird.1 Kämpft der Kläger also nur um seine Organstellung und will er weiterhin als Geschäftsführer die Lenkungs- und Leitungsmacht des beklagten Unternehmens behalten oder wieder in die Hand bekommen, dann berücksichtigt der BGH auch das gegenteilige Interesse des Beklagten, den Kläger von der Geschäftsführung fern zu halten.2 Ist der Kläger zugleich Gesellschafter des Unternehmens, dann stellt der wirtschaftliche Wert seines Geschäftsanteils die Obergrenze für die Wertbemessung dar, da seine Abberufung als Geschäftsführer nicht schwerer wiegt als seine Ausschließung.3
4391
Dies ist eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass bei der Streitwertbemessung das Interesse des Beklagten am Prozessausgang nicht zu berücksichtigen ist. Die Ausnahme ist in Anlehnung an den Grundgedanken des § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG zu rechtfertigen, wonach der Streitwert im Anfechtungsprozess unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien (also für beide!) festzusetzen ist.
4392
Die Ermäßigungsregelung in § 247 Abs. 2 AktG ist auf einen Gesellschafterbeschluss, durch den ein Geschäftsführer abberufen wird, jedoch nicht anwendbar.4
4393
Das Gehaltsinteresse des Abberufenen und etwaige Ansprüche der Gesellschaft aus der Abberufung sind dagegen unbeachtlich, weil sie nicht die organschaftliche Stellung, sondern den Dienstvertrag aus dem Innenverhältnis betreffen. Die gegenteilige Auffassung würde in denjenigen Fällen, in denen der abberufene Geschäftsführer seine Gehaltsansprüche im Hinblick auf die behauptete Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung seines Dienstvertrages in einem weiteren Rechtsstreit geltend macht, zu einer unangebrachten Verdopplung des Streitwertes führen.5
4394
Die aufgezeigten Grundsätze gelten gleichermaßen, wenn der Streit darum geht, ob das abberufene Organmitglied überhaupt wirksam bestellt worden ist.6
4395
Die Vorschrift des § 42 Abs. 3 GKG ist im Verfahren vor den allgemeinen Zivilgerichten nicht anwendbar, auch wenn das Verfahren von einem Arbeitsgericht verwiesen wurde.7
4396
2. Kündigung Nur dann, wenn auch die Beendigung des Anstellungsverhältnisses (Kündigung des Dienstvertrags) und damit der Verlust der daraus abgeleiteten Gehaltsansprü-
1 BGH, Beschl. v. 22.5.1995 – II ZR 247/94, NJW-RR 1995, 1502; Beschl. v. 28.5.1990 – II ZR 245/89, NJW-RR 1990, 1123. 2 BGH, Beschl. v. 28.6.2011 – II ZR 127/10, NZG 2011, 911; Beschl. v. 2.3.2009 – II ZR 59/08, AGS 2009, 346; Beschl. v. 22.5.1995 – II ZR 247/94, NJW-RR 1995, 1502; zustimmend OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.8.2012 – 14 W 8/12. 3 BGH, Beschl. v. 28.6.2011 – II ZR 127/10, NZG 2011, 911; Beschl. v. 2.3.2009 – II ZR 59/08, MDR 2009, 815; zustimmend OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.8.2012 – 14 W 8/12, JurBüro 2013, 307. 4 OLG Frankfurt, JurBüro 1968, 829 = NJW 1968, 2112. 5 BGH, Beschl. v. 28.5.1990 – II ZR 245/89, NJW-RR 1990, 1123. 6 BGH, Beschl. v. 22.5.1995 – II ZR 247/94, NJW-RR 1995, 1502. 7 KG, Beschl. v. 21.6.1996 – 5 W 2444/96, NJW-RR 1997, 543; Beschl. v. 13.2.1986 – IX ZR 114/85, NJW-RR 1986, 676; BGH, Beschl. v. 9.6.2005 – III ZR 21/04, MDR 2005, 1376.
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Organe, Organmitglieder
ZPO
che angegriffen wird, ist § 9 ZPO für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert bzw. die Beschwer anwendbar1 und § 42 Abs. 2 GKG für die Gebührenberechnung.2 3. Feststellung 4398
Bei einer auf Feststellung des Fortbestehens oder der Unwirksamkeit der Kündigung des Dienstverhältnisses eines Vorstandsmitglieds gerichteten Klage, bestimmt sich der Gebührenstreitwert nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO, denn § 42 Abs. 1 S. 1 GKG erfasst nur die Leistungsklage. Regelmäßig kommt eine mittelbare Anwendung in Betracht.3 Ist dem anderen Vertragsteil dagegen bereits vor Ablauf von 3 Jahren eine ordentlichen Kündigung möglich, ist auf den danach verbleibenden Zeitraum abzustellen. Im Einzelfall, insbesondere bei geringer Vergütung, kann die sozialpolitisch motivierte Streitwertbegrenzung des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG zu beachten sein.4 Die Beschwer bemisst sich dagegen nach § 9 ZPO.
III. Klagen wegen Entlastung 4399
Der Wert für Streitigkeiten betreffend die Entlastung von Organen und Organmitgliedern einer Gesellschaft ist nach den Grundsätzen zu bestimmen, die für die Bemessung des Streitwerts einer negativen Feststellungsklage gelten. Nach überwiegender Auffassung ist die Klage auf Entlastungserteilung keine Leistungs-, sondern eine negative Feststellungsklage, da die Entlastung wie ein Verzicht auf Ersatzansprüche oder wie das Anerkenntnis des Nichtbestehens derartiger Ansprüche gegen das Organ bzw. Organmitglied wirkt. 1. Bezifferte Ersatzansprüche
4400
Macht die Gesellschaft bereits konkrete Ansprüche geltend, kommt als Streitwert des Anspruchs auf Entlastungserteilung gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG derjenige Wert in Betracht, der dem Interesse des Klägers an der Feststellung entspricht, dass er aus Anlass seiner Tätigkeit nicht auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann. Maßgebend ist deshalb der bezifferte Betrag der drohenden Inanspruchnahme.5 2. Unbezifferte Ersatzansprüche
4401
Werden von der Gesellschaft unbezifferte Ersatzansprüche gegen das Organ oder Organmitglied geltend gemacht, dann ist auf deren voraussichtliche Höhe abzustellen, also auf die Berühmung. Notfalls ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen, welche Ansprüche sich auf der Grundlage des Vorbringens der Gesellschaft, das der Kläger der negativen Feststellungsklage darzulegen hat, ergeben können.6 Insoweit entspricht die Bewertungssituation derjenigen der Bestimmung des Leistungsantrages in der Auskunftsstufe der Stufenklage.7
1 BGH, Beschl. v. 17.1.1994 – II ZR 219/93, GmbHR 1994, 244 – Beschwer richtet sich nach dem Vergütungsinteresse. 2 BGH, Beschl. v. 9.6.2005 – III ZR 21/04, MDR 2005, 1376. 3 BGH, Beschl. v. 9.6.2005 – III ZR 21/04, NJW-RR 2006, 213; OLG Rostock, Beschl. v. 7.2.2014 – 1 W 88/13; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.4.2011 – 24 W 27/11. 4 OLG Rostock, Beschl. v. 11.12.2003 – 6 U 210/02, OLG-NL 2005, 90. 5 KG, JurBüro 1962, 281. 6 OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.8.2012 – 14 W 8/12, JurBüro 2013, 307. 7 Vgl. dazu das Stichwort „Stufenklage“.
836
Kurpat
Pacht 3. Anfechtung des Entlastungsbeschlusses Wird der Hauptversammlungsbeschluss über die Entlastung des Vorstands angefochten, ist der Streitwert nach § 247 Abs. 1 AktG zu bestimmen. Es sind u.a. der Umfang des Aktienbesitzes des Klägers, die Größe und wirtschaftliche Bedeutung der Gesellschaft sowie die Beeinträchtigung des geschäftlichen Ansehens mit Wegfall der Entlastung zu berücksichtigen.1
4402
Pacht A. Anzuwendende Vorschriften Ebenso wie im BGB der Pachtvertrag in Anlehnung an den Mietvertrag geregelt ist (§ 581 Abs. 2 BGB), verhält es sich im Streitwertrecht. Die Sondervorschrift des § 41 GKGbehandelt die Miet-, Pacht- und ähnlichen Nutzungsverhältnisse gemeinsam. Einer Unterscheidung zwischen Miet- und Pachtverhältnissen bedarf es im Einzelfall nur, als sich daran unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfen.
4403
Dies ist für den Zuständigkeitsstreitwert und die Rechtsmittelbeschwer nicht der Fall.2 Beide berechnen sich nach Maßgabe der §§ 3 ff. ZPO, insbesondere der §§ 8 und 9 ZPO.3 Dieser Gleichlauf besteht – mit Ausnahme der allein die Wohnraummiete betreffenden Regelungen – auch beim Gebührenstreitwert, der sich vorrangig nach § 41 GKG richtet.
4404
Daher wird für die Bewertung pachtrechtlicher Streitigkeiten zunächst auf die Ausführungen zum Stichwort „Mietstreitigkeiten“ verwiesen. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die Darstellung einzelner spezifisch pachtrechtlicher Fragestellungen.
4405
B. Rechtsprechungs-ABC Stichwortübersicht Rn. Dritter . . . . . . . . . . . . . . . Erhöhung des Pachtzinses . Inventar . . . . . . . . . . . . . . Kiesausbeutevertrag . . . . . Kleingärten . . . . . . . . . . . .
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4406 4409 4411 4412 4413
Rn. Pachtzins . . . . . . . . . . . . . . . . . Selbständiges Beweisverfahren . Räumung . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4414 4420 4422 4423
• Dritter Sind am Rechtsstreit allein die Parteien des Pachtverhältnisses beteiligt, gelten für den Streitwert je nach Streitgegenstand die §§ 3 ff. ZPO, § 41 GKG. Problema-
1 BGH, Beschl. v. 15.3.1999 – II ZR 94/98, NJW-RR 1999, 910; OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.1.1995 – 3 W 47/94, WM 1995, 620; vgl. auch das Stichwort „Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen“. 2 BGH, Urt. v. 20.12.1995 – XII ZR 244/94, WM 1996, 1064. 3 BGH, Beschl. v. 13.10.2004 – XII ZR 110/02, MDR 2005, 228; Beschl. v. 14.10.1993 – LwZB 6/93, MDR 1994, 100 – landwirtschaftliches Grundstück; Beschl. v. 27.2.1992 – III ZR 142/91, KostRsp. ZPO § 8 Nr. 7 – Jagdpachtvertrag; Beschl. v. 29.5.1991 – XII ZR 22/91, NJW-RR 1992, 190; OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.3.2007 – 5 U (lW) 117/06 – Beschwer bei Räumungsklage gegen Pächter.
Kurpat
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4406
Pacht
ZPO
tischer ist die Wertbestimmung, wenn Dritte beteiligt sind, etwa weil sich die Klage einer Pachtvertragspartei gegen einen Dritten richtet, die Pächter bzw. Verpächter von einem Dritten verklagt werden oder der Bestand des Pachtverhältnisses Gegenstand eines Rechtsstreits einer Vertragspartei mit einem Dritten ist. Im Grundsatz gilt bei einer Drittbeteiligung, dass weder § 8 ZPO noch § 41 GKG unmittelbar zur Anwendung gelangen. Denn beide Vorschriften setzen einen Streit zwischen den am Pachtverhältnis beteiligten Parteien voraus, da auf die Klage eines Dritten diesen gegenüber nicht rechtskräftig über den Bestand oder die (Fort-)Dauer des Pachtverhältnisses entschieden werden kann. 4407
Daher bestimmen sich bei der Klage eines Dritten gegen den Verpächter auf Feststellung der Nichtigkeit eines Pachtvertrages Zuständigkeitsstreitwert und Beschwer nicht nach § 8 ZPO, sondern gem. § 3 ZPO nach dem Interesse dieses Dritten an der Unwirksamkeit des Vertrages.1 Dies gilt auch für den Gebührenstreitwert, da hier § 41 GKG aus den gleichen Gründen nicht anwendbar ist.2
4408
Klagt der Pächter gegen einen Dritten auf Unterlassung von Besitzstörungen oder ein Dritter gegen einen Mieter auf Feststellung, dass ein Miet- oder Pachtverhältnis nicht bestehe, ist jeweils gem. § 3 ZPO das klägerische Interesse maßgebend.3 Ebenso liegt es, wenn Miterben gegen einen anderen Miterben auf Feststellung der Wirksamkeit eines von der Erbenmehrheit mit einem Dritten abgeschlossenen Pachtvertrages klagen.4 • Erhöhung des Pachtzinses
4409
Ist das Klagebegehren des Verpächters auf Zustimmung zur Pachtzinserhöhung gerichtet, gelangt § 41 Abs. 5 GKG nicht zur Anwendung, da diese Vorschrift nur für die Wohnraummiete gilt. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert bestimmen sich gem. § 9 ZPO, § 48 GKG nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der Erhöhungsdifferenz, soweit die verbleibende Dauer des Pachtverhältnisses nicht geringer ist.5 Der Gesetzgeber hat die Neufassung des GKG durch das KostRMoG 2004 nicht zum Anlass genommen, die in § 16 Abs. 5 GKG a.F. (jetzt § 41 Abs. 5 GKG) enthaltene Beschränkung auf Wohnraumietverhältnisse aufzuheben. Für eine analoge Anwendung fehlt es an einer planwidrigen Lücke.6 Dass dessen sozialer Schutzzweck auch eine Erstreckung auf kleine Gewerbetreibende und Unternehmen rechtfertigen könnte, vermag über den klaren Wortlaut nicht hinweg zu helfen.
4410
Einer Bemessung nach § 3 ZPO steht entgegen, dass § 9 ZPO als speziellere Norm vorgeht.7 Denn mit dem Streit über die Zustimmung zur Erhöhung der Miete sind 1 BGH, Beschl. v. 24.2.2000 – III ZR 270/99; Rpfleger 1955, 101; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 22.3.2012 – 4 U 182/11, RdL 2012, 287. 2 BGH LM GKG § 10 Nr. 10 (10/1955). 3 BGH, Beschl. v. 10.2.1983 – III ZR 64/82, KostRsp. GKG § 16 Nr. 23. 4 BGH LM § 10 GKG Nr. 10 – Beschwer. 5 OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.8.1982 – 4 W 14/82, AnwBl. 1982, 486; ebenso für die Klage auf Erhöhung der Gewerbemiete: OLG Bamberg, Beschl. v. 8.12.1983 – 3 W 110/83, JurBüro 1984, 254 mit zust. Anm. Mümmler; OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.10.1995 – 3 W 23/95, JurBüro 1996, 193; KG, Beschl. v. 7.4.2004 – 8 W 23/04, AGS 2005, 354; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.10.1992 – 24 W 47/92, MDR 1993, 697; OLG Hamburg, Beschl. v. 27.6.1995 – 4 W 26/95, WuM 1995, 595; OLG Köln, Beschl. v. 21.2.1991 – 18 U 78/90, MDR 1991, 545; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.10.1992 – 24 W 47/92, JurBüro 1994, 117; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 35; a.A. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.1.1983 – 11 W 2/83, AnwBl. 1983, 174. 6 KG, Beschl. v. 7.4.2004 – 8 W 23/04, AGS 2005, 354 – Miete. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.10.1992 – 24 W 47/92, MDR 1993, 697; OLG Köln, Beschl. v. 21.2.1991 – 18 U 78/90, MDR 1991, 545.
838
Kurpat
Pacht wiederkehrende Leistungen aus einem in seinem Umfang streitigen Stammrecht betroffen. Dass mit § 9 ZPO nicht die Rechtslage bei Mieterhöhungsklagen geregelt sein sollte und dieser zudem nur über § 48 Abs. 1 GKG zur Anwendung gelangt, rechtfertigt (spätestens) seit dem KostRMoG 2004 keine abweichende Beurteilung mehr. Die gegen eine Anwendung des § 9 ZPO im Hinblick auf die erhebliche Wertdifferenz zu § 41 GKG erhobenen Bedenken sind bereits mit der Neufassung und Beschränkung auf den 3,5-fachen Jahresbetrag durch das RPflEntlG 1993 überholt.1 Bei einer Gestaltungsklage, z.B. auf Neufestsetzung des Pachtzinses, ist die Wertbemessung derjenigen bei der positiven Feststellungsklage anzupassen. Daher ist der Streitwert grundsätzlich niedriger als bei einer entsprechenden Leistungsklage.2
4410a
• Inventar Für den Anspruch des Verpächters, der Pächter habe die Entfernung von Inventar zu unterlassen, ist das Interesse des Verpächters am Verbleib der Inventarstücke auf dem Pachtgrundstück maßgebend. Für eine Bewertung nach § 6 ZPO ist kein Raum, weil der Streit nicht um den Besitz oder das Eigentum, sondern nur um den Verbleib der Sache geht. Es muss deshalb nach §§ 3 ff. ZPO geschätzt werden, wobei von dem Schaden auszugehen ist, der dem Verpächter droht, wenn das Inventar entfernt wird.
4411
• Kiesausbeutevertrag Ein Vertrag, durch den einer Partei das Recht eingeräumt worden ist, das Sand- und Kiesvorkommen auf einem Grundstück auszubeuten, ist rechtlich ein Pachtvertrag. Der Streitwert für eine Klage auf Feststellung der Rechtswirksamkeit eines solchen Vertrages ist gem. § 41 Abs. 1 GKG festzusetzen. Der Pachtzins besteht aus dem für jeden abbauwürdigen Kubikmeter an den Verpächter zu zahlenden Entgelt. Ein Abzug dafür, dass es sich um eine positive Feststellungsklage handelt, ist nicht zu machen.3
4412
• Kleingärten Auf Verträge, die (in der DDR) zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung geschlossen worden sind, finden gem. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG bzw. § 4 Abs. 1 BKleingG die Bestimmungen des BGB über die Miete oder Pacht bzw. der Pacht Anwendung, soweit das Schuldrechtsanpassungsgesetz nicht etwas Abweichendes bestimmt. Ist der Bestand oder die Dauer des Nutzungsvertrages streitig, richten sich der Zuständigkeitsstreitwert und die Beschwer nach § 8 ZPO. Beruft sich der Nutzungsberechtigte darauf, dass der Vertrag auf Lebenszeit geschlossen worden sei, gelangt (für die Bestimmung der streitigen Zeit) § 9 ZPO zur Anwendung.4
4413
• Pachtzins Der für die Wertberechnung zugrunde zu legende Pachtzins errechnet sich nach dem Geldwert der vom Nutzungsberechtigten für die Gebrauchsgewährung zu erbringenden Gegenleistung. Maßgebend ist das vertraglich vereinbarte Entgelt und nicht der Betrag, der nach Auffassung einer Partei angemessen wäre oder orts1 2 3 4
Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 35. LG Lübeck, SchlHA 1956, 266. OLG Stuttgart, Justiz 1972, 204. BGH, Beschl. v. 16.2.2005 – XII ZR 46/03, ZMR 2005, 933; Beschl. v. 30.1.1997 – III ZR 206/96, BGHR ZPO § 8 Räumungsklage Nr. 8.
Kurpat
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4414
Pacht
ZPO
üblich ist.1 Hierbei ist die Entgeltdefinition in § 41 Abs. 1 Satz 2 GKG auch für die Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwerts heranzuziehen. Danach umfasst das Entgelt neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten nur noch dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden. 4415
Zum Nettogrundentgelt zählen neben dem in Geld oder Naturalien zu erbringenden Pacht- oder Mietzins alle weiteren vertraglich vereinbarten Neben- oder Sonderleistungen des Pächters, es sei denn, diese werden im Verkehr nicht als Entgelt für die Gebrauchsüberlassung angesehen oder vom Pächter selbst abgerechnet.2 Hierzu gehören etwa Zahlungen für die Errichtung (Baukostenzuschüsse), Unterhaltung oder Instandsetzung der Pachtsache3 sowie die halben Landwirtschaftskammerbeiträge, aber nicht die Berufsgenossenschaftsbeiträge.4 Ferner ist eine vertraglich vereinbarte Waldwildschadenspauschale zu berücksichtigen.5
4416
Ein laufend zu entrichtender Betrag, der als Abgeltung für die Gestattung der Errichtung einer Einzelhandelsverkaufsstelle zu bezahlen ist und sich nach einem Prozentsatz des steuerlichen Reingewinns errechnet, gilt für den Streitwert ebenfalls als Pachtzins,6 desgleichen eine Entschädigung für die Nutzung des Inventars,7 beispielsweise für das nach Benutzungsstunden berechnete Nutzungsentgelt einer Kegelbahn, die der Pächter von seinen Gästen erhebt.8
4417
Ist der Wert der Neben- oder Sonderleistungen im Pachtvertrag nicht beziffert, sondern nur mittelbar über einen deshalb reduzierten Pachtzins berücksichtigt, bedarf es der Schätzung.9
4418
Nicht ansatzfähig bleiben weiterhin diejenigen Nebenleistungen, die im Verkehr nicht als Entgelt für die Gebrauchsüberlassung angesehen werden, etwa Zahlungen aufgrund vom Verpächter erworbener Einrichtungsgegenstände. Auch Leistungen, die vom Pächter gegenüber einem Dritten abgerechnet werden, sind nicht hinzuzurechnen.10
4419
Für die Bemessung der Beschwer bleiben die mit der Räumung verbundenen Kosten des Herausgabeschuldners, von ihm nutzlos aufgewandte Investitionen11 und Kosten der Anpachtung einer Ersatzsache12 bereits nach dem Wortlaut von § 8 ZPO bei der Wertfestsetzung außer Betracht. • Selbständiges Beweisverfahren
4420
Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens ist in pachtrechtlichen Streitigkeiten regelmäßig der Zustand des Nutzungsobjekts im Hinblick auf erforderliche 1 BGH, Beschl. v. 27.10.2004 – XII ZB 106/04, MDR 2005, 204; Urt. v. 20.12.1995 – XII ZR 244/94, WM 1996, 1064; Urt. v. 28.9.1994 – XII ZR 50/94, MDR 1995, 198. 2 BGH, Beschl. v. 2.6.1999 – XII ZR 99/99, NJW-RR 1999, 1385. 3 BGH, Urt. v. 31.3.1993 – XII ZR 265/91, MDR 1993, 1204; BGHZ 18, 168; OLG Dresden, Beschl. v. 19.8.1997 – 15 W 1041/97, ZMR 1997, 527; OLG Schleswig, JurBüro 1958, 512; krit. OLG Köln, Beschl. v. 9.2.1996 – 19 W 1/96, MDR 1996, 859. 4 OLG Schleswig, JurBüro 1958, 512. 5 OLG Koblenz, Beschl. v. 10.2.2005 – 10 W 398/04, Jagdrechtliche Entscheidungen III Nr. 172; a.A. BGH, NJW 1962, 446. 6 LG Wuppertal, MDR 1953, 499 Nr. 377. 7 OLG Oldenburg, Beschl. v. 19.11.1990 – 1 W 120/90, ZMR 1991, 142. 8 LG Essen, JurBüro 1972, 897. 9 BGH, Urt. v. 31.3.1993 – XII ZR 265/91, MDR 1993, 1204 – zur Miete. 10 Zum alten Recht: BGH, Beschl. v. 2.6.1999 – XII ZR 99/99, NJW-RR 1999, 1385 – Beschwer; KostRsp. ZPO § 8 Nr. 5 = BGHZ 18, 168. 11 BGH, Beschl. v. 7.11.2002 – LwZR 9/02, BGHR 2003, 757; Beschl. v. 10.5.2000 – XII ZR 335/99, NJW-RR 2000, 1739. 12 BGH, Beschl. v. 10.5.2000 – XII ZR 335/99, NJW-RR 2000, 1739 = NZM 2000, 1227.
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Persçnliche Dienstbarkeit, beschrnkte (und zur Minderung berechtigende) Instandsetzungsmaßnahmen des Verpächters oder Schadensersatzverpflichtungen des Pächters. Weitgehende Einigkeit besteht, dass sich der Gegenstandswert des Beweisverfahrens nach dem eines möglichen Hauptsacheverfahrens richtet. Streitig ist hingegen, ob eine Bruchteilsbewertung geboten ist oder nicht. Insoweit wird auf die Ausführungen zum Stichwort „Selbständiges Beweisverfahren“ verwiesen. Geht es um die Beweissicherung des Pächters wegen bestehender Mängel, ist der Gegenstandswert auf Grundlage des Instandsetzungsanspruchs und damit gem. § 41 Abs. 5 GKG nach dem Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung zu bestimmen.1 Eine kürzere restliche Vertragsdauer ist entsprechend § 41 Abs. 5 Satz 2 GKG wertmäßig zu berücksichtigen.2 Daneben geltend gemachte Minderungs- und/oder Zurückbehaltungsrechte oder bereits aufgelaufene Pachtrückstände bleiben aufgrund wirtschaftlicher Identität mit dem Instandhaltungsanspruch wertmäßig unberücksichtigt.3 Beruft sich der Antragsteller dagegen auf einen ihm zustehenden Vorschuss- bzw. Erstattungsanspruch, bestimmt sich der Gegenstandswert nach den angenommenen Kosten der Ersatzvornahme, d.h. der Mängelbeseitigung.4
4421
• Räumung Der Streitwert einer Räumungsklage gegen den Pächter oder gegen den Unterpächter ist unter Zugrundelegung des einjährigen Nutzungsentgeltes und nicht nach dem Verkehrswert des Grundstückes zu berechnen.5 Das gilt auch dann, wenn der Grundstückseigentümer nach Beendigung des Pachtverhältnisses unmittelbar gegen den Unterpächter auf Räumung klagt.6 Die neben der Räumung begehrte Entfernung von Einrichtungen (Zaun, Möbel etc.) bleibt als bloß mittelbare Belastung, die zudem keines besonderen Vollstreckungstitels bedarf, unberücksichtigt.7
4422
• Vergleich Die Vorschrift des § 41 GKG ist auch auf die vergleichsweise Auflösung eines Pachtverhältnisses anwendbar und schließt für die Gebührenberechnung den § 8 ZPO aus.8 Die Streitwertvergünstigung des § 41 GKG gilt jedoch nur im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien. Einstweilen frei.
4423
4424–4426
Persçnliche Dienstbarkeit, beschrnkte Siehe das Stichwort „Dienstbarkeit (§ 1090 BGB)“. 1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.3.2007 – 24 W 9/07, JurBüro 2007, 426 – Pacht; zum alten Recht: BGH, Beschl. v. 17.5.2000 – XII ZR 314/99, MDR 2000, 975; LG Berlin, Beschl. v. 27.8.1996 – 64 T 66/96, NJW-RR 1997, 652 – gem. § 9 ZPO der 42-fache Minderungsbetrag. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.3.2007 – 24 W 9/07, JurBüro 2007, 426 – Pachtverhältnis; Hartmann, KostG, § 41 GKG Rn. 37. 3 OLG Hamburg, Beschl. v. 20.2.2009, 4 W 12/09, OLGR 2009, 707. 4 Vgl. LG Bonn, Beschl. v. 1.2.2008 – 6 T 396/07, AGS 2009, 82. 5 LG Mannheim, MDR 1964, 1016. 6 OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.3.2007 – 5 U (Lw) 117/06; KG, Rpfleger 1962, 118. 7 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 23.11.2011 – 4 U 101/11 Lw. 8 OLG Frankfurt, JurBüro 1969, 1213.
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Pfndung
ZPO
Pfndung A. Einleitung 4427
Zu unterscheiden sind im Rahmen der Wertbestimmung zum einen Streitigkeiten im Hinblick auf ein Pfandrecht sowie zum anderen das Verfahren auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Streitigkeiten um ein Pfandrecht spielen beispielsweise eine Rolle bei der Klage auf vorzugsweise Befriedigung (§ 805 ZPO), bei Rangstreitigkeiten von Pfandgläubigern, Klagen auf Feststellung, dass ein Pfandrecht besteht, erloschen ist, aufgehoben werden muss oder in Insolvenzanfechtungsverfahren bzw. bei Klagen nach §§ 47 ff. InsO. Das Verfahren auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist dagegen kein Klageverfahren, sondern Teil der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in Geldforderungen (§ 829 ZPO).
B. Streitigkeiten um ein Pfandrecht 4428
Grundregel für die Wertbemessung bei Streitigkeiten um ein Pfandrecht ist die Vorschrift des § 6 ZPO, wonach der Forderungsbetrag oder der Wert des Pfandgegenstands maßgebend ist, je nachdem, welcher geringer ist. Ob das Pfandrecht, um das gestritten wird, auf Vertrag, Gesetz oder Pfändung beruht, ist unerheblich.
4429
Die Gerichtsgebühren für Verfahren, in denen über ein Pfandrecht gestritten wird, berechnen sich aufgrund der Verweisung in § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG ebenfalls nach § 6 ZPO. Der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren bestimmt sich gem. § 32 RVG nach dem für die Gerichtsgebühren festgesetzten Wert. Die Regelung des § 25 RVG ist nur dann einschlägig, wenn der Anwalt im Zwangsvollstreckungsverfahren tätig wird, nicht aber bei einer Tätigkeit in einem Klageverfahren, in welchem um ein Pfandrecht gestritten wird.
4430
Die Regelung in § 6 ZPO (i.V.m. § 48 GKG) ist auch anwendbar, wenn ein Pfandrecht noch nicht besteht, sondern erst bestellt werden soll. Dann ist jedoch nur die Forderung wertbestimmend und § 6 Satz 2 ZPO noch nicht anzuwenden. Auch für die Klage auf vorzugsweise Befriedigung nach § 805 ZPO1 sowie für einen Antrag auf Freistellung von einer Verpfändung2 gilt § 6 ZPO entsprechend.
4431
Analog anwendbar ist § 6 ZPO auf die (Insolvenz)-Anfechtung3 und die Geltendmachung der Rechte auf Aussonderung und abgesonderte Befriedigung nach §§ 47 ff. InsO.4 Dagegen ist der Streitwert des Aufgebotsverfahrens zur Kraftloserklärung eines Hypothekenbriefs nach § 3 ZPO zu bemessen, nicht nach § 6 ZPO. Wertbestimmend ist das Interesse des Antragstellers.5
4432
Ebenfalls nach § 6 ZPO werden bewertet: – Klagen auf Herausgabe eines Pfands, – Streitigkeiten, ob ein Pfandrecht besteht/erloschen ist/aufgehoben werden muss, – Klagen des Eigentümers auf Feststellung der Pfandrechtsfreiheit und – Klagen auf Rangeinräumung. 1 2 3 4
Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Vorzugsweise Befriedigung“. BGH, Beschl. v. 15.11.1994 – XI ZR 174/94, MDR 1995, 196. RGZ 151, 319; BGH, Beschl. v. 28.2.2008 – IX ZR 126/06, JurBüro 2008, 368. OLG Bremen, Rpfleger 1957, 274 zu ZPO § 6, a; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Insolvenzverfahren“. 5 LG Hildesheim, Urt. v. 25.2.1964 – 5 T 98/64, NJW 1964, 1232.
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Noethen
Pfndung Wird die Pfandrechtsklage mit der persönlichen Klage verbunden, dann ist nur der Betrag der Forderung wertbestimmend.1 Das gilt auch dann, wenn im Verlaufe des Rechtsstreits Sicherheit geleistet und fortan um die Rückgabe dieser Sicherheit gestritten wird.2
4433
Die Pfändung zur Vollziehung des Arrests hat wegen ihres Sicherungscharakters keinen höheren Streitwert als das Verfahren auf Anordnung des Arrests.3
4434
Wird das Pfandrecht einredeweise – beispielsweise gegenüber dem Herausgabeanspruch des Eigentümers – geltend gemacht, dann entsteht dadurch ein Streit um das Pfandrecht, und es ist § 6 ZPO anzuwenden.4 Reine Rangstreitigkeiten wegen der Stelle eines Grundpfandrechts sind nach § 3 ZPO zu bewerten. Jedoch ist § 6 ZPO dann anwendbar, wenn nicht nur die Rangverbesserung eines bereits eingetragenen Pfandrechts, sondern zugleich Neueintragung einer Gesamthypothek auf anderen Grundstücken gefordert wird. § 6 ZPO ist in diesem Fall sogar dann anwendbar, wenn die wirtschaftliche Sicherstellung der Forderung schon durch die Rangverbesserung allein der bereits eingetragenen Hypothek mit Sicherheit erreicht würde.5
4435
Für die Gerichtsgebühren im Beschwerdeverfahren gilt: Wird in erster Instanz eine Festgebühr erhoben, ist das Beschwerdeverfahren gebührenfrei, es sei denn, die Beschwerde wird verworfen oder zurückgewiesen. Dann fällt wiederum eine Festgebühr an (Nr. 2121 KV GKG und Nr. 2124 KV GKG). Auf einen Streitwert kommt es also nicht an.
4436
C. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss I. Allgemeines Nach § 829 ZPO werden Geldforderungen dadurch gepfändet, dass das Gericht dem Drittschuldner verbietet, an den Schuldner zu zahlen, und zugleich dem Schuldner verbietet, über die Forderung zu verfügen. Die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner hat der Gläubiger vorzunehmen (§ 829 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Erst mit der Zustellung wird die Pfändung wirksam (§ 829 Abs. 3 ZPO). Ein Zuständigkeitsstreitwert muss nicht bestimmt werden, weil für das Verfahren das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht ausschließlich zuständig ist (§ 828 ZPO).
4437
II. Gerichtsgebühren Erstinstanzliche Verfahren auf Erlass von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen sowie das Beschwerdeverfahren werden für das Gericht unabhängig vom Streitwert mit einer Festgebühr abgegolten (Nrn. 2111, 2121 KV GKG). Eine Wertfestsetzung ist daher nicht erforderlich.
1 RGZ 31, 387; Zöller/Herget, § 6 ZPO Rn. 10. 2 OLG Karlsruhe, HRR 1930 Nr. 252. 3 OLG Koblenz, JurBüro 1981, 572; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.5.1999 – 3 W 47/99, Rpfleger 1999, 509; KG, Beschl. v. 11.9.1990 – 1 W 4084/90, Rpfleger 1991, 126. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.10.2002 – 24 U 158/01, MDR 2003, 356; OLG Celle, NJW 1957, 1640. 5 OLG Frankfurt, Rpfleger 1956, 318.
Noethen
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ZPO
Pfndung
III. Anwaltsgebühren 4439
Der Gegenstandswert für die Berechnung der Anwaltsgebühren bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG: Entscheidend ist zunächst der Betrag der zu vollstreckenden Forderung – die geringer sein kann als die titulierte Forderung – einschließlich der Nebenforderungen, also Zinsen und bisherige Kosten (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 RVG). Zu den Kosten zählen insbesondere die bisherigen Anwaltskosten und auch die Kosten vergangener Vollstreckungsversuche. Bezieht sich die Pfändung auf ein konkretes Pfandobjekt, welches einen geringeren Wert hat, dann ist dieser maßgebend (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 RVG).
4440
In Verfahren über Anträge des Schuldners ist der Wert nach dessen Interesse unter Anwendung billigen Ermessens zu bestimmen (§ 25 Abs. 2 RVG).1 1. Vorratspfändung
4441
Bei der Pfändung künftig fällig werdenden Arbeitseinkommens nach § 850d Abs. 3 ZPO (sog. Vorratspfändung) sind gem. § 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 3 RVG bei der Ermittlung des Wertes der zu vollstreckenden Forderung die noch nicht fälligen Ansprüche gem. § 42 Abs. 1 GKG bzw. § 51 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zu bewerten. Die Vorschrift betrifft nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht die Pfändung von Gehaltsforderungen nach § 832 ZPO, sondern nur die Fälle der Vorratspfändung nach § 850d Abs. 3 ZPO.
4442
Bei einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist folglich der Wert der zu pfändenden Forderung im Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend, wenn dieser niedriger ist als der Wert der Forderung, derentwegen gepfändet wird.2
4443
Wird wegen einer Forderung in eine Forderung vollstreckt, die unter dem Schuldbetrag bleibt, dann steht der Wert des „Pfandrechts“ fest. Deshalb ist § 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 RVG schon anwendbar, bevor die Pfändung in das Forderungsrecht vollzogen ist. 2. Pfändbarkeit streitig/Forderung unpfändbar
4444
Ist die Pfändbarkeit streitig, dann stehen bei der Bewertung die Interessen des Gläubigers im Vordergrund. Abzustellen ist auf seine Erwartungen hinsichtlich des Erfolges der von ihm eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen. Auszugehen ist also von der Rechtsbehauptung des Gläubigers und den daran geknüpften Erfolgserwartungen.3 Erwartet der Gläubiger volle Befriedigung aus der Forderungspfändung, dann ist der Wert des Gegenstands des Pfandrechtes gleich dem Wert der zu sichernden Forderung.4
4445
Erfasst ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nur Ansprüche des Schuldners auf Sozialleistungen, die unpfändbar sind, dann ist der Streitwert auf die niedrigste Gebührenstufe festzusetzen.5 Ebenso verhält es sich, wenn die angebliche For1 Das LG Koblenz, Beschl. v. 8.8.1990 – 4 T 508/90, JurBüro 1991, 109 spricht sich für einen gestaffelten Wertansatz je nach den Zielen des Rechtsmittelführers (einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, Beschränkung der Vollstreckungsmaßnahme, Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme) aus. 2 KG, Rpfleger 1962, 156; LG Krefeld, JurBüro 1953, 198. 3 OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 2; LG Koblenz, Beschl. v. 13.6.2004 – 2 T 330/05, RVG-Berater 2005, 135. 4 OLG Neustadt, JurBüro 1964, 601. 5 OLG Köln, KostRsp. GKG § 17 Nr. 22; OLG Köln, Beschl. v. 15.11.2000 – 17 W 278/99, InVo 2001, 148; LG Kiel, SchlHA 1990, 12; a.A. LG Detmold, Beschl. v. 1.4.1992 – 2 T 334/90, Rpfleger 1992, 538 für das Beschwerdeverfahren bei der Pfändung von Sozialgeldleistungen oder Arbeitseinkommen.
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Noethen
Pfndung derung des Schuldners gegen den Drittschuldner nach dem eigenen Vorbringen des Gläubigers wirtschaftlich keinen Wert hat.1 Umstritten ist die Bestimmung des Gegenstandswerts, wenn sich im Rahmen der Vollstreckung herausstellt, dass die zu pfändende Forderung nicht existiert: – Nach zutreffender Ansicht ist in diesen Fällen ein Wert i.H.d. geringsten Gebührenstufe (zurzeit 300 Euro) festzusetzen, weil dies der geringste Wert i.S.v. § 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 RVG ist.2 Jedenfalls sei die Mindestgebühr von 15 Euro nach § 13 Abs. 2 RVG anzusetzen.3 – Eine andere Meinung spricht sich dafür aus, auf den Wert des Pfandgegenstandes abzustellen, wie er sich nach der Behauptung des Gläubigers zu Beginn der Vollstreckung darstellte4 bzw. auf den Wert der zu vollstreckenden Forderung.5
4446
3. Pfändung von Gehaltsforderungen Wird wegen einer hohen Geldforderung künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen gepfändet (§ 832 ZPO), dann müsste der Streitwert nach dem Wortlaut des für die Wertberechnung maßgebenden § 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 RVG auf den Betrag der zu vollstreckenden Forderung einschließlich Zinsen und Kosten festgesetzt werden.
4447
Dabei können sich jedoch ähnliche Bedenken ergeben wie bei Vollstreckungsmaßnahmen gegen einen vermögenslosen Schuldner. Ist beispielsweise der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens geringfügig oder wird über die Pfändbarkeit eines verhältnismäßig geringfügigen Anteils gestritten, dann müsste die Vollstreckung unter Umständen über Jahre oder Jahrzehnte hinaus durchgeführt werden, ehe Hauptforderung und Nebenforderungen getilgt wären.
4448
Û
Anmerkung: Das AG Freyung6 hat deshalb in Anlehnung an § 17 Abs. 3 GKG a.F., § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG nicht nach der Höhe der zu vollstreckenden Forderung, sondern nach dem dreifachen Jahresbetrag des voraussichtlich pfändbaren Lohnanteils bewertet. Im Fall des AG Freyung kam eine Zwangsvollstreckung bis zu 75 Jahre in Betracht.
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Einer solchen Bewertungsweise ist nicht zuzustimmen.7 Es mag sein, dass diese Betrachtungsweise den wirtschaftlichen Umständen Rechnung trägt. Der eindeu-
4450
1 OLG Köln, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 839 = JurBüro 1987, 1048. 2 LG Stuttgart, Beschl. v. 10.6.2013 – 2 T 196/13, MDR 2013, 1312; LG Hamburg, Beschl. v. 19.1.2009 – 332 T 109/08, ZMR 2009, 697; LG Hamburg, Beschl. v. 11.5.2000 – 314 T 43/00, JurBüro 2001, 110; AG Hamburg-Altona, Beschl. v. 6.7.2006 – 322 M 540/06, AGS 2007, 100 mit Anm. von Mock; Schneider/Wolf, § 25 Rn. 8; Mayer/Kroiß/Gierl, § 25 Rn. 10. 3 OLG Köln, Beschl. v. 15.11.2000 – 17 W 278/99, Rpfleger 2001, 149; OLG Köln, JurBüro 1987, 1048; LG Hamburg, Beschl. v. 19.1.2009 – 332 T 109/08, ZMR 2009, 697; AG Hamburg-Altona, Beschl. v. 6.7.2006 – 322 M 540/06, AGS 2007, 100; Gerold/Schmidt/MüllerRabe, § 25 Rn. 8. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.9.2010 – 17 W 18/10, NJW-RR 2011, 501; OLG Neustadt, Rpfleger 1968, 2; ebenso LG Kiel, Beschl. v. 21.3.1991 – 3 T 130/90, JurBüro 1991, 1198: Entscheidend sei der volle, vom Gläubiger bezeichnete Anspruch. 5 OLG Naumburg, Beschl. v. 3.4.2014 – 2 W 26/14, NJW-RR 2014, 1151, zustimmend Hansens, RVGreport 2014, 442; LG Düsseldorf, Beschl. v. 12.7.2005 – 19 T 154/05, AGS 2006, 86; LG Hamburg, Beschl. v. 20.3.2006 – 322 T 10/06, AnwBl. 2006, 499; LG Kiel, Beschl. v. 21.3.1991 – 3 T 130/90, JurBüro 1991, 1198. 6 AG Freyung, Beschl. v. 21.6.1985 – M 190/85, MDR 1985, 858 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 775 mit Anm. Schneider. 7 So auch: Schneider/Wolf, § 25 RVG Rn. 9; kritisch hinsichtlich der Anwendung von § 42 Abs. 3 GKG, § 12 Abs. 7 ArbGG: Lappe, Anm. zu AG Freyung, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 775; anders die 12. Auflage.
Noethen
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ZPO
Pfndung tige Wortlaut des § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG steht jedoch ebenso entgegen, wie der Gedanke der Rechtssicherheit. Ab welcher Grenze soll die Wertbeschränkung eingreifen? 4451
Auch der Vorschlag, den Wert auf einen „realistischen Betrag“ herabzusetzen, weil selbst bei geringen Zeiträumen mit einer Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit des gepfändeten Arbeitnehmers gerechnet werden müsse,1 begegnet Bedenken: Eine Gleichstellung mit Prozessvergleichen, die dubiose oder völlig unsichere Forderungen mit erledigen und daher nicht mit ihrem Nennwert angesetzt werden (s. das Stichwort „Vergleich“), überzeugt nicht. Gerade bei schlechter wirtschaftlicher Lage mag die Position des Schuldners als Arbeitnehmer nicht sicher sein. Dies rechtfertigt jedoch keine Festsetzung des Gegenstandswertes nach Billigkeitserwägungen. Zum einen hat sich der Gesetzgeber in § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG gegen eine Wertbegrenzung und auch gegen eine Festsetzung nach Ermessensgesichtspunkten entschieden. Ein Abstellen auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls – vergleichbar mit § 3 ZPO – widerspricht darüber hinaus den berechtigten Anliegen der Bestimmbarkeit und der Rechtssicherheit. Das Wertfestsetzungsverfahren darf nicht damit belastet werden, dass Gerichte die Einzelumstände im (Arbeits-)Leben des Schuldners ermitteln müssen.
D. Klage gegen den Drittschuldner 4452
Klagt ein Gläubiger gegen den Drittschuldner, nachdem Ansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf ihn übergegangen sind, dann ist für die Streitwertbemessung ausschlaggebend, welchen Streitgegenstand diese Klage hat.2 – Das OLG Köln3 sah in einer früheren Entscheidung in diesen Fällen ein Pfandrecht als Gegenstand des Rechtsstreits an und bestimmte deshalb den Streitwert nach dem Wert der Forderung, gleichgültig ob diese in ihrem Bestand bestritten war oder nicht.4 – Demgegenüber stellt das LAG Niedersachsen5 allein darauf ab, mit welchem Antrag der Kläger klagt.6 Gegenstand der Streitwertbemessung ist also nicht der titulierte, sondern der eingeklagte Anspruch.7 Daraus folgt, dass Streitwertprivilegierungen für den gepfändeten, zur Einziehung überwiesenen und eingeklagten Anspruch fortwirken, vor allem also in den Fällen des § 42 GKG.
4453
Dieser zweiten Auffassung ist zuzustimmen, weil der Klageantrag auf Zahlung und nicht auf die Feststellung gerichtet ist, ob ein Pfändungspfandrecht entstanden ist.8 Das OLG Köln9 hat in einer weiteren Entscheidung dafür eine einleuchtende Begründung gegeben:
1 Vgl. 11. Auflage Rn. 3592 und Bezug auf LG Hannover, Beschl. v. 7.3.1995 – 11 T 304/94, MDR 1995, 1075. 2 Ausführlich dazu Schneider, MDR 1990, 20. 3 OLG Köln, Rpfleger 1974, 164. 4 Ebenso auch OLG Saarbrücken, Beschl. v. 16.1.1989 – 6 WF 123/88, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 965 mit Anm. Schneider = JurBüro 1989, 849, allerdings mit reichlich verworrener Begründung. 5 LAG Niedersachsen, JurBüro 1980, 1375. 6 Ebenso OLG München, JurBüro 1985, 1522; LAG Hamm, Beschl. v. 21.10.1982 – 8 Ta 264/82, MDR 1983, 170. 7 Schneider, MDR 1990, 20; OLG Köln, Beschl. v. 27.3.1991 – 2 W 46/91, MDR 1991, 899. 8 Schneider, MDR 1990, 20. 9 OLG Köln, Beschl. v. 27.3.1991 – 2 W 46/91, MDR 1991, 899.
846
Noethen
Pfndung „Die ‚Weitergabe‘ dieser Privilegierung ist gerechtfertigt, weil der in Anspruch genommene Drittschuldner nicht mit einem höheren Kostenrisiko belastet werden soll als in dem Fall, in dem er von einem Gläubiger in Anspruch genommen wird. Die Rechtsnatur des Anspruchs ändert sich durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der dem Kläger nur ein Einziehungsrecht verleiht, nicht.“ In der Regel werden zudem beide Auffassungen zum selben Bewertungsergebnis führen, da auch nach § 6 ZPO bei unterschiedlichen Werten von Forderung und Pfandrecht nur der geringere Wert anzusetzen ist.1 Streitwertprivilegierungen, die für den Rechtsstreit zwischen dem Schuldner und dem Dritten gelten, sind also zu berücksichtigen. Streitwertprivilegierungen, die nur für die titulierte Forderung gelten, bleiben dagegen außer Betracht.
4454
In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten führt auch die Sondervorschrift des § 42 Abs. 1, Abs. 3 GKG zu Abweichungen, weil dort der Wert des dreijährigen Bezugs Höchstwert ist und bei Klageeinreichung fällige Rückstände nicht werterhöhend berücksichtigt werden.2 Handelt es sich um einen gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Lohnanspruch, der eingeklagt wird, dann richtet sich dementsprechend der Streitwert nach § 42 Abs. 1, Abs. 3 GKG.3
4455
Würde es sich bei der eingeklagten Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner um einen Darlehensanspruch oder um einen Kaufpreisanspruch handeln, dann ist mangels einer Streitwertprivilegierung der Nennbetrag der Forderung bis zur Höhe des Betrages maßgebend, dessen Zahlung an sich der Gläubiger zur Befriedigung seiner eigenen titulierten Forderung verlangt.
4456
Wird mit einer Drittschuldnerklage nur die Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner bis zur Höhe der dem klagenden Gläubiger zustehenden titulierten Forderung geltend gemacht, dann erhöhen die in der titulierten Hauptforderung miterfassten Zinsen und Kosten den Streitwert.4 Dabei geht es um die Begrenzung des Gläubigerrechts im Klageantrag.
4457
Û
4458
Beispiel: Beläuft sich beispielsweise die titulierte Forderung des Gläubigers auf 10 000 Euro nebst 500 Euro Zinsen und 1000 Euro Kosten, die gepfändete Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner auf 50 000 Euro nebst Zinsen und Kosten, dann bleiben für die Berechnung der Streitwerte beider Forderungen Zinsen und Kosten an sich unberücksichtigt (§ 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 2 ZPO). Da der Gläubiger aber nicht berechtigt ist, vom Drittschuldner Zahlung i.H.v. 50 000 Euro an sich zu verlangen, muss er seinen Klageantrag auf den ihm zustehenden titulierten Anspruch beschränken; anderenfalls würde er teilweise abgewiesen. Insoweit stehen ihm aber gegen den Schuldner und kraft der Pfändung und Überweisung auch gegen den Drittschuldner die Zinsen und Kosten zu. Sie erhöhen den Klageantrag im Drittschuldnerprozess auf insgesamt 10 000 + 500 + 1000 = 11 500 Euro. Die Summe von der Hauptforderung des Gläubigers und den darauf entfallenden Zinsen und Kosten bestimmt solange den Streitwert des Drittschuldnerprozesses, wie sie von der gepfändeten Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner ohne die darauf entfallenden Zinsen und Kosten gedeckt wird. Das entspricht auch dem Grundgedanken des § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG.
1 Siehe Schneider, MDR 1982, 271 zu VI 3. 2 LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 8.12.2000 – 3 Sa 266/00, JurBüro 2001, 196; LAG Saarland, JurBüro 1988, 725 – noch zu § 12 Abs. 7 ArbGG. 3 LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 8.12.2000 – 3 Sa 266/00, JurBüro 2001, 196; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 14.10.1991 – 7 Ta 216/91, JurBüro 1992, 91 – noch zu § 12 Abs. 7 ArbGG. 4 OLG Köln, Beschl. v. 27.3.1991 – 2 W 49/91, MDR 1991, 899.
Noethen
847
Pfndungs- und berweisungsbeschluss
ZPO
Pfndungs- und berweisungsbeschluss Siehe das Stichwort „Pfändung“.
Pfandrecht Siehe das Stichwort „Pfändung“.
Pflegekosten 4459
Werden Pflegekosten als Schadensersatz geltend gemacht, ist auf den verlangten Betrag abzustellen. Werden wiederkehrende Leistungen verlangt, dann ist sowohl für den Zuständigkeitsstreitwert als auch für den Gebührenstreitwert von den jährlichen Aufwendungen für die Pflege auszugehen, die gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO auf den 3 1/2-fachen Betrag zu erhöhen sind. Hinzuzurechnen sind die bei Klageeinreichung fälligen Beträge. Die frühere Regelung des § 42 Abs. 1 GKG a.F., die noch auf den Fünfjahreswert abgestellt hatte, ist mit dem 2. KostRMoG zum 1.8.2013 aufgehoben worden. Zu Einzelheiten s. das Stichwort „Rente“, Rn. 4790.
4460
Wird eine positive Feststellungsklage erhoben, so ist ebenso zu rechnen. Ein Feststellungsabschlag ist hier nicht gerechtfertigt, da es sich bereits um einen privilegierten Wert handelt. Zu Einzelheiten s. das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2289 ff.
Pflichtteilsanspruch A. Zuständigkeitsstreitwert/Gebührenstreitwert I. Leistungsklage 4461
Da der Pflichtteilsanspruch stets auf Geldzahlung gerichtet ist, gelten für eine bezifferte Leistungsklage keine Besonderheiten. Der Streitwert entspricht also der bezifferten Summe (§ 3 ZPO).
II. Feststellungsklage 4462
Wird lediglich beantragt, ein Pflichtteilsrecht festzustellen, so bestimmt sich der Streitwert nach dem Wert des halben gesetzlichen Erbteils abzgl. eventueller Vorausempfänger oder anderweitig anzurechnender oder auszugleichender Zuwendungen. Hiervon ist dann je nach den Umständen des Einzelfalls noch ein Feststellungsabschlag von in der Regel 20 % vorzunehmen; s. dazu das Stichwort „Feststellungsklage“.
4463
Ist der Pflichtteilsanspruch als solcher unstreitig, die Beteiligung als Miterbe am Nachlass aber streitig und wird auf Feststellung der Erbberechtigung geklagt, so 848 N. Schneider/Monschau
Pflichtteilsanspruch bestimmt sich der Streitwert nach dem Wert des halben Erbteils;1 der Wert des unstreitigen Pflichtteilsanspruchs des Klägers ist also von dem Wert des von ihm beanspruchten Nachlassvermögens abzuziehen.
III. Isolierte Auskunftsklage Wird Auskunft oder die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses nach § 2314 BGB oder die Abgabe einer eidesstattliche Versicherung verlangt, so ist zu berücksichtigen, dass diese Ansprüche die Zahlungsklage nur vorbereiten und ihr nicht gleichgesetzt werden können, da sie im Falle der Verurteilung nicht volle Befriedigung sichern. Ihr Wert stellt deshalb nur einen Bruchteil des Anspruchs dar, dessen Geltendmachung er erleichtern soll.2 Siehe dazu das Stichwort „Auskunftsanspruch“.
4464
Der Auskunftsanspruch ist in der Regel mit 10 %–20 % des (ggf. nach § 3 ZPO zu schätzenden) Leistungsinteresses zu bewerten.3
4465
Der Wert eines Auskunftsanspruchs (Stufenklage) bei einem der Höhe nach unbekannten Nachlass kann im Regelfall auf 1/4 bis 1/8 des geschätzten Wertes festgesetzt werden.4
4466
IV. Stufenklage auf Auskunft und Zahlung Werden der Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB und der Pflichtteilsanspruch nach § 2303 BGB im Wege der Stufenklage geltend gemacht, – so gilt für den Zuständigkeitsstreitwert § 5 ZPO. Auskunfts- und Zahlungsantrag sind zu addieren (str., s. das Stichwort „Stufenklage“) und – so ist für den Gebührenstreitwert jeder Anspruch zunächst gesondert zu bewerten. Soweit die Gebühren nach Auskunft und Zahlung entstehen, gilt § 44 GKG, wonach nur der höchste der verbundenen Ansprüche, regelmäßig also der Zahlungsanspruch, maßgebend ist.
4467
In beiden Fällen ist der Leistungsanspruch zunächst auf der Grundlage des Vorbringens des Anspruchstellers zu schätzen.5 Stellt sich nach Auskunftserteilung heraus, dass der Leistungsanspruch geringer ist, oder besteht er gar nicht, gilt bis zur Einreichung des spezifizierten Leistungsantrags der Wert des anfänglich Erwarteten. Der Wert ist nachträglich zu erhöhen, wenn sich nach Erteilung der Auskunft herausstellt, dass der Kläger weit höhere Ansprüche hat. In diesem Fall gilt nach § 44 GKG wieder nur der höhere Wert.
4468
Unzutreffend ist die Auffassung, die Gerichtsgebühr und die Verfahrensgebühr des Anwalts für eine sog. „stecken gebliebene Stufenklage“ bestimme sich nicht nach dem Wert des erwarteten – unbezifferten – Leistungsanspruchs, sondern nach demjenigen der Auskunft.6 Bei der Stufenklage wird mit Erhebung der Klage nicht nur der geltend gemachte Auskunftsanspruch (1. Stufe), sondern sogleich
4469
1 BGH, Beschl. v. 15.1.1975 – IV ZR 124/73, JurBüro 1975, 460 = MDR 1975, 389 = Warneyer, 1975, Nr. 7. 2 OLG Schleswig, Beschl. v. 22.4.1958 – 5 W 35/58, JurBüro 1959, 169; RG, JW 1933, 2769. 3 OLG Schleswig, Beschl. v. 31.7.2001 – 3 W 46/01, JurBüro 2002, 80. 4 OLG Koblenz, Beschl. v. 28.10.1996 – 5 W 659/96, AGS 1997, 132. 5 Madert, Rn. 442. 6 OLG Dresden, Beschl. v. 21.2.1997 – 7 W 107/97, MDR 1997, 691 (Anschluss OLG Schleswig, Beschl. v. 28.3.1995 – 13 WF 164/94, MDR 1995, 642); OLG Stuttgart, Beschl. v. 29.3.2005 – 16 WF 3/05, FamRZ 2005, 1765.
Monschau
849
Pflichtteilsanspruch
ZPO
die Klage zu allen Stufen rechtshängig. Damit ist sie bereits Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens und Streitgegenstand i.S.d. § 3 GKG. Sie ist auch Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 RVG. Folglich ist nach § 44 GKG der höhere Wert anzusetzen. Der Streitwert wird nicht geringer, wenn bereits mit der Entscheidung zur Auskunftsstufe die weitergehende Klage abgewiesen wird.1 4470
Da die Gerichtsgebühren und die Verfahrensgebühr des Anwalts durch jede Handlung ausgelöst werden, also bereits schon durch Einreichung des unbezifferten Klageantrags, sind beide Gebühren damit nach dem hohen Wert angefallen.
4471
Etwas anderes kann lediglich für sonstige Gebühren gelten, etwa für die Terminsgebühr. Bei einer „stecken gebliebenen Stufenklage“ wird sich die Terminsgebühr in aller Regel nur nach dem Wert der Auskunft richten, da in der Regel über die zweite Stufe nicht verhandelt oder erörtert worden ist.
4472
Gleiches gilt, wenn nur über die erste Stufe, die Auskunft, eine Einigung erzielt worden ist und dann später die zweite Stufe nicht weiterverfolgt wird. Dann entsteht die Einigungsgebühr nur aus dem geringeren Wert.
4472a
Wird innerhalb einer Pflichtteilsstufenklage eine Zwischenfeststellungsklage erhoben, führt dies nicht zu einer Erhöhung des Streitwerts. Eine Streitwertaddition der Zwischenfeststellungsklage und der Stufenklage gem. § 39 GKG findet nicht statt. § 39 GKG ist – ebenso wie § 5 ZPO – teleologisch zu reduzieren, wenn (Teil-)Identität bzw. wirtschaftliche Identität bei mehreren Anträgen besteht. Bezieht sich also der Feststellungsantrag auf ein präjudizielles Rechtsverhältnis, dessen Bestehen bzw. Nichtbestehen im Rahmen der Leistungsklage ohnehin geprüft werden muss, hat er neben dem Hauptantrag keine selbständige Bedeutung. Die Zwischenfeststellungsklage verfolgt dann dasselbe Interesse wie die Stufenklage, und dient dieser als Voraussetzung.2
B. Rechtsmittelstreitwert 4473
Legt der Beklagte Berufung gegen seine Verurteilung ein, dem pflichtteilsergänzungsberechtigten Kläger Auskunft über den Wert von Grundbesitz durch Vorlage des Wertgutachtens eines vereidigten Sachverständigen zu erteilen, dann kann sein Abwehrinteresse betragsmäßig nicht geringer sein als die voraussichtlichen Kosten des Wertgutachtens.3
4474
Ist der Beklagte verurteilt worden, den Wert des dem Kläger zustehenden Auseinandersetzungsguthabens durch einen Wirtschaftsprüfer ermitteln zu lassen, dann ist der Streitwert des Abwehrinteresses seiner Berufung gleich dem voraussichtlichen Vergütungsanspruch des Wirtschaftsprüfers.
4475
Wird gegen eine Verurteilung zur Auskunft bzw. Rechnungslegung Rechtsmittel eingelegt, so bemisst sich der Wert des Beschwerdegegenstandes grundsätzlich allein nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert.4 1 KG, MDR 2008, 45; OLG Stuttgart, Beschl. v. 6.11.2007 – 8 W 444/07, FamRZ 2008, 533; OLG Brandenburg, FamRZ 2007, 71; OLG Köln, AGS 2005, 451; OLG Nürnberg, Beschl. v. 29.7.2003 – 9 WF 2251/03, FamRZ 2004, 962; OLG Celle, Beschl. v. 22.2.1996 – 18 WF 15/96, FamRZ 1997, 99; OLG Naumburg, Beschl. v. 6.7.2012 – 12 W 32/11; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.4.2012 – 5 W 52/12-27, 5 W 52/12, ZErb 2012, 213 = FamRZ 2013, 320. 2 LG Düsseldorf, Beschl. v. 21.3.2014 – 7 O 132/13, ZErb 2014, 199. 3 BGH, Beschl. v. 10.6.1991 – II ZR 66/91, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1042; Beschl. v. 1.4.1987 – IVa ZB 4/87, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 866 m. Anm. E. Schneider. 4 OLG Köln, Beschl. v. 16.1.1997 – 1 U 63/96, JurBüro 1998, 261.
850
Monschau
Positive Beschlussfeststellungsklage Bei der Beschwer können auch die Kosten eines zur Auskunftserteilung hin- 4476 zuzuziehenden Anwalts zu berücksichtigen sein. Wer zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verurteilt ist, ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die erteilte Auskunft auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und ggf. zu ergänzen und zu berichtigen. Dabei kann dem verurteilten Beklagten die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht verwehrt werden, wenn der Urteilsausspruch nicht hinreichend bestimmt genug ist, so dass Zweifel über seinen Inhalt und Umfang im Vollstreckungsverfahren zu klären sind, oder wenn die sorgfältige Erfüllung des titulierten Anspruchs Rechtskenntnisse voraussetzt. Ist nach diesen Grundsätzen die Einschaltung eines Anwalts geboten, so sind die dafür aufzuwendenden Kosten bei der Bemessung der Berufungsbeschwer des Verurteilten jedenfalls zu berücksichtigen.1
Pflichtteilsergnzungsanspruch Wird nicht nur ein Anspruch auf den „ordentlichen Pflichtteil“, sondern auch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gem. § 2325 BGB geltend gemacht, gelten dieselben Grundsätze wie beim Pflichtteilsanspruch (s. das Stichwort „Pflichtteilsanspruch“, Rn. 4461 ff.).
4477
Werden beide Ansprüche (ordentlicher Pflichtteil und Pflichtteilsergänzung) verfolgt, sind die Werte beider Ansprüche sowohl beim Zuständigkeitsstreitwert (§ 5 ZPO) als auch beim Gebührenstreitwert (§ 39 Abs. 1 GKG, § 22 Abs. 1 RVG) zu addieren.
4478
Pflichtteilsrestanspruch Ist ein pflichtteilsberechtiger Miterbe vom Erblasser nicht „ausreichend“ bedacht worden, steht ihm nach § 2305 BGB ein Pflichtteilsrestanspruch zu. Seiner Rechtsnatur nach handelt es sich um einen echten, in begrenzter Höhe bestehenden Pflichtteilsanspruch, der Teil des ordentlichen Pflichtteils i.S.v. § 2303 BGB ist und sich auf Zahlung der Differenz zwischen dem zugewendeten Erbteil und dem vollen Pflichtteil (Hälfte des gesetzlichen Erbteils) richtet.
4479
Wird neben dem Pflichtteilsrestanspruch auch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend gemacht, sind die Werte beider Ansprüche sowohl beim Zuständigkeitsstreitwert (§ 5 ZPO) als auch beim Gebührenstreitwert (§ 39 Abs. 1 GKG, § 22 Abs. 1 RVG) zu addieren.
4480
Positive Beschlussfeststellungsklage Mit der Anfechtungsklage und der Nichtigkeitsklage kann der angestrebte rechtmäßige Beschluss der Gesellschafter nicht erzwungen werden. Gegen einen ablehnenden Beschluss ist daher im Verhältnis zur Gesellschaft zusätzlich zur Anfechtungsklage eine sog. positive Beschlussfeststellungsklage erforderlich. Das Gericht ersetzt bei Obsiegen dann den ablehnenden Beschluss durch den rechtmäßigen. 1 BGH, Beschl. v. 29.11.1995 – IV ZB 19/95, WM 1996, 466 = ZEV 1996, 194.
Monschau/Noethen
851
4481
Postentgeltpauschale
ZPO
4482
Der Streitwert wird in diesem Fall analog § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls,1 insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien berechnet, nach zweifelhafter herrschender Ansicht jedoch ohne Anwendung der Streitbegrenzung des § 247 Abs. 1 Satz 2 AktG.2 Siehe hierzu auch das Stichwort „Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen“.
Postentgeltpauschale A. Überblick 4483
Nach Nr. 7002 VV RVG kann der Anwalt die im Rahmen eines Mandats anfallenden Kosten für Post- und Telekommunikationsentgelte nach Nr. 7002 VV RVG pauschal abrechnen. Voraussetzung ist, dass zumindest 1 Cent an Post- und Telekommunikationsentgelten angefallen ist.
4484
Bei dieser Pauschale handelt es sich zwar um einen Auslagentatbestand. Dieser ist jedoch wertabhängig. Maßgebend ist der Wert der gesetzlichen Nettogebühren. Davon beträgt die Pauschale 20 %, höchstens jedoch 20,00 Euro.
Û
Beispiel: Der Anwalt legt gegen einen Mahnbescheid über 2000,00 Euro Widerspruch ein. Da die Gebühr unter 100 Euro liegt, sind die vollen 20 % abzurechnen. 1. 0,5-Mahnverfahrensgebühr, Nr. 3307 VV RVG (Wert: 2000,00 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamtsumme
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75,00 Euro 15,00 Euro 90,00 Euro 17,10 Euro 107,10 Euro
Beispiel: Der Anwalt wird nach einem Wert von 3000,00 Euro außergerichtlich tätig und rechnet eine 1,3-Geschäftsgebühr ab. Da die Gebühr über 100 Euro liegt, greift die Begrenzung auf 20,00 Euro. I. Außergerichtliche Vertretung 1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 3000,00 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamtsumme
261,30 Euro 20,00 Euro 281,30 Euro 53,45 Euro 334,758 Euro
B. Anrechnungsfälle 4485
In Anrechnungsfällen richtet sich das für die Berechnung der Postentgeltpauschale maßgebliche Gebührenaufkommen nach den gesetzlichen Gebühren vor Anrechnung und nicht nach einem nach Anrechnung verbleibenden rechnerischen 1 BGH, Beschl. v. 5.7.1999 – II ZR 313/97, NZG 1999, 999; Beschl. v. 10.11.2009 – II ZR 196/08, NZG 2009, 1438 (jeweils zur Anfechtungsklage); OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.9.1994 – 15 W 30/94, GmbHR 1995, 302. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.9.1994 – 15 W 30/94, GmbHR 1995, 302; a.A. Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 45 Rn. 153 m.w.N.; offen lassend BGH, Beschl. v. 5.7.1999 – II ZR 313/97, NZG 1999, 999 m.w.N.
852
Noethen/N. Schneider
Postentgeltpauschale Differenzbetrag, selbst wenn nach Anrechnung keine Gebühren verbleiben.1 Diese Rechtslage ist nach Einführung des § 15a RVG zwischenzeitlich eindeutig, da die Gebühren unbeschadet einer Anrechnung selbständig sind.
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Beispiel: Der Anwalt ist außergerichtlich beauftragt, eine Forderung i.H.v. 2000,00 Euro abzuwehren. Angemessen ist eine 1,0-Geschäftsgebühr. Anschließend ergeht ein Mahnbescheid, gegen den der Anwalt Widerspruch einlegt. Die 0,5-Gebühr im Mahnverfahren beträgt 100,50 Euro. Zwar geht sie infolge der Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG letztlich unter; dennoch bleibt ihr Wert maßgebend für die Berechnung der Postentgeltpauschale. I. Außergerichtliche Vertretung 1. 1,0-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 3000,00 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamtsumme II. Mahnverfahren 1. 0,5-Mahnverfahrensgebühr, Nr. 3307 VV RVG (Wert: 3000,00 Euro) 2. anzurechnen gem. Vorbem 3 Abs. 4 VV RVG, 0,5 aus 3000,00 Euro 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG (Wert: 100,50 Euro) Zwischensumme 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamtsumme
201,00 Euro 20,00 Euro 221,00 Euro 41,99 Euro 262,99 Euro
100,50 Euro – 100,50 Euro
20,00 Euro 20,00 Euro 3,80 Euro 23,80 Euro
C. Prozesskostenhilfe Im Rahmen der Prozesskostenhilfe sind für die Bemessung der Postentgeltpauschale nicht mehr die gesetzlichen Gebührenbeträge des § 13 RVG heranzuziehen,2 sondern seit dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG die aus der Staatskasse zu zahlenden Beträge (Anm. Abs. 2 zu Nr. 7000 VV RVG), die ab einem Gegenstandswert von über 4000,00 Euro unter den gesetzlichen Gebühren liegen (§ 49 RVG).
4486
D. Beratungshilfe Auch in der Beratungshilfe ist auf die aus der Landeskasse zu zahlenden Beratungshilfegebühren abzustellen, und nicht auf die fiktiven gesetzlichen Gebühren (Anm. Abs. 2 zu Nr. 7002 VV RVG). Die frühere Streitfrage hat sich auch hier mit dem 2. KostRMoG erledigt.3
1 AG Kassel, Beschl. v. 26.7.2006 – 451 C 4969/05, AGS 2007, 133; AnwK-RVG/N. Schneider, Nrn. 7001–7002 Rn. 40 ff. 2 So noch die frühere Rspr. des OLG Nürnberg, Beschl. v. 13.10.2009 – 6 W 377/09, AGS 2010, 137. 3 OLG Celle, Beschl. v. 9.12.2008 – 2 W 266/08, AGS 2009, 189 = NJW-Spezial 2009, 285; KG, RVGreport 2008, 433; OLG Hamm, Beschl. v. 11.9.2008 – 23 W 72/08, FamRZ 2009, 721; OLG Dresden, Beschl. v. 11.9.2008 – 3 W 932/08, AGS 2008, 559 = MDR 2009, 414; OLG Bamberg, Beschl. v. 29.8.2007 – 4 W 74/07, JurBüro 2007, 645.
N. Schneider
853
4487
ZPO
Prtendentenstreit
Prtendentenstreit 4488
Im Falle eines Prätendentenstreits streiten zwei Anspruchsteller (Prätendenten) wegen derselben Sache, wobei einer der Prätendenten den Schuldner verklagt und in dem Rechtsstreit zugleich dem anderen Prätendenten der Streit verkündet wird.
4488a
Bei Streit zwischen Abtretungsgläubiger und Pfändungsgläubiger über den vom Drittschuldner hinterlegten pfändbaren Teil der Lohnforderung des Schuldners, bestimmt sich der Streitwert nach der geringerwertigen Forderung.1
4489
Streiten die Parteien darüber, wem der von einem Dritten geschuldete Betrag nebst Zinsen zusteht, so bilden Hauptsumme und Zinsbetrag den Streitwert.2 Siehe auch das Stichwort „Hinterlegung“.
Provision 4490
Eine ausdrückliche Regelung zur Berücksichtigung von Provisionsansprüchen in der Streitwertberechnung findet sich für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert in § 4 Abs. 2 ZPO. Danach ist bei Ansprüchen aus Wechseln, die außerhalb der Wechselsumme geforderte Provision als Nebenforderung anzusehen. Sie findet daher bei der Streitwertberechnung keine Berücksichtigung.
4491
Dies gilt in analoger Anwendung auch für sonstige Ansprüche auf Provisionszahlung, die neben der Hauptforderung und in Abhängigkeit von dieser gefordert werden: – So bleibt beispielsweise beim Selbsthilfeverkauf die eigene Provision des Verkäufers streitwertmäßig unberücksichtigt.3 – Der Streitwert eines Rechtsstreits zwischen dem Gläubiger und dem Bürgen geht auch dann nicht über den vereinbarten Höchstbetrag der Bürgschaft hinaus, wenn Gegenstand des Rechtsstreits auch die Zinsen, Provisionen und Spesen der Bürgschaftssumme sind, für die sich der Bürge zusätzlich verbürgt hatte.4
Prozesskostenhilfe Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Gerichtskosten . . . . . . . . . . . . . . 4492
II. Verfahren nach § 118 ZPO auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe 1. Grundsatz: Hauptsachewert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4511 2. Mehrere Verfahren . . . . . . . . . . . 4513
B. Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4498 C. Gegenstandswert der Anwaltsgebühren I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4500
1 2 3 4
OLG Celle, Nds.Rpfl. 1964, 107. OLG Zweibrücken, JurBüro 1965, 1007. RGZ 33, 408. BGH, WM 1956, 889; BGH, MDR 1958, 765.
854
Kurpat/N. Schneider
Prozesskostenhilfe Rn. 3. Prozesskostenhilfe nur für einen Teil der Hauptsache . . . . . . . . . . 4. Prozesskostenhilfe für den Mehrwert eines Vergleichs in der Hauptsache . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mehrwertvergleich im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bloßer Antrag auf Beiordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aufhebungsverfahren nach § 124 Nr. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Aufhebungsverfahren nach § 124 Nr. 2 bis 4 ZPO . . . . . . . . . . . . . . VI. Abänderungsverfahren nach § 120a ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Beschwerdeverfahren 1. Beschwerde gegen Versagung der Prozesskostenhilfe . . . . . . . . . . . 2. Beschwerde gegen unterbliebene Beiordnung . . . . . . . . . . . . . . . . .
4515
4516
4518 4519 4521 4524 4530
4531 4535
Rn. 3. Beschwerde gegen eingeschränkte Beiordnung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beschwerde gegen Anordnung einer Ratenzahlung . . . . . . . . . . . 5. Beschwerde gegen die Höhe der Ratenzahlung . . . . . . . . . . . . . . . a) Abänderungsinteresse . . . . . . b) Fälligkeitsinteresse . . . . . . . . c) Gesamtbetrachtung . . . . . . . . 6. Beschwerde gegen die Abänderung der Ratenzahlung . . . . . . . . 7. Beschwerde gegen Aufhebung nach § 120 Nr. 1 ZPO . . . . . . . . . 8. Beschwerde gegen Aufhebung nach § 120 Nr. 2 bis 4 ZPO . . . . . VIII. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . IX. Vergütungsfestsetzung . . . . . . . .
4536 4537 4540 4540a 4541 4542 4543 4545 4546 4548 4549
D. Die Wertfestsetzung . . . . . . . . . . 4550 E. Nachfolgendes Hauptsacheverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4552
A. Gerichtskosten In den Verfahren über die Bewilligung, Abänderung oder Aufhebung der Prozesskostenhilfe entstehen keine Gerichtsgebühren.
4492
Das gilt auch dann, wenn in diesen Verfahren ein Vergleich mit Mehrwert geschlossen wird. Die Vergleichsgebühren der Nr. 1900 KV GKG sind in diesem Fall ausdrücklich nach Anm. zu Nr. 1900 KV GKG, Anm. zu Nr. 17005 KV GNotKG ausgeschlossen.
4493
In Beschwerdeverfahren wird eine Gerichtsgebühr erhoben; diese richtet sich jedoch nicht nach dem Wert. Es entsteht vielmehr nach Nr. 1812 KV GKG, Nr. 19116 KV GNotKG bei Verwerfung oder Zurückweisung der Beschwerde eine Festgebühr i.H.v. 60 Euro, die bei nur teilweiser Verwerfung oder Zurückweisung auf die Hälfte reduziert werden oder völlig entfallen kann (Anm. zu Nr. 1812 KV GKG, Anm. zu Nr. 19116 KV GNotKG).
4494
Im Verfahren über die Rechtsbeschwerde wird nach Nr. 1826 KV GKG, Nr. 19128 KV GNotKG bei Verwerfung oder Zurückweisung der Beschwerde eine Festgebühr von 120 Euro erhoben, die bei nur teilweiser Verwerfung oder Zurückweisung auf 60 Euro reduziert werden oder völlig entfallen kann (Anm. zu Nr. 1826 KV GKG; Anm. zu Nr. 19128 KV GNotKG). Im Falle einer Rücknahme ist die Gebühr auf 60 Euro zu ermäßigen (Nr. 1827 KV GKG, Nr. 19129 KV GNotKG).
4495
Auch in Verfahren auf Festsetzung der Prozesskostenhilfe-Vergütung werden keine Gerichtsgebühren erhoben.
4496
Eine Wertfestsetzung von Amts wegen für die Gerichtsgebühren kommt daher in keinem Fall in Betracht.1 Wird dennoch ein Wert von Amts wegen festgesetzt, so ist dieser nicht bindend und auf Gegenvorstellung oder Beschwerde hin aufzuheben (s. Rn. 105).
4497
1 OLG Celle, Beschl. v. 12.7.1955 – 3 W 94/55, JurBüro 1955, 406.
N. Schneider
855
ZPO
Prozesskostenhilfe
B. Beschwer 4498
Beschwerden und Rechtsbeschwerden in Verfahren über die Bewilligung, Abänderung oder Aufhebung von Prozesskostenhilfe sind unabhängig von der Höhe der Beschwer zulässig, so dass es auch nicht der Festsetzung eines Beschwerdewertes bedarf. Das Erreichen eines bestimmten Wertes ist nur insoweit von Bedeutung, als ggf. die Hauptsache rechtsmittelfähig sein muss.
4499
Lediglich im Beschwerdeverfahren gegen die Vergütungsfestsetzung ist eine Beschwer von mehr als 200 Euro erforderlich (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG), so dass hier ggf. eine Wertfestsetzung zur Zulässigkeit des Rechtsmittels in Betracht kommt.
C. Gegenstandswert der Anwaltsgebühren I. Überblick 4500
Im Gegensatz zu den Gerichtsgebühren kann die anwaltliche Tätigkeit in Verfahren auf Bewilligung, Aufhebung und Abänderung der Prozesskostenhilfe Gebühren auslösen, nämlich dann, wenn – der Anwalt ausschließlich in diesen Verfahren über die Prozesskostenhilfe beauftragt wird, – in diesen Verfahren gesonderte Gebühren anfallen, die im Hauptsacheverfahren nicht ausgelöst werden oder – seit Abschluss der Hauptsache mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind (§ 15 Abs. 5 Satz 2 RVG), s. unten Rn. 4503.
4501
Die Vergütung ergibt sich dann aus den Nrn. 3335, 3337 sowie aus Vorbem. 3.3.6 Satz 2 VV RVG i.V.m. der für die Hauptsache geltenden Terminsgebühr. Hinzukommen kann noch eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG. Diese Gebühren richten sich nach dem Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 RVG).
4502
Wird der Anwalt von Vornherein mit der Hauptsache beauftragt, entstehen gem. § 16 Nr. 2 RVG nur die Gebühren der Hauptsache.
4503
Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn nach Erledigung des Verfahrens mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind. Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn nach mehr als zwei Kalenderjahren seit Abschluss des Verfahrens gem. § 120a ZPO eine Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse stattfindet. Der Anwalt kann dann wiederum eine gesonderte Vergütung nach Nr. 3335 VV RVG verlangen.1
4504
Ist der Anwalt zunächst im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren tätig und kommt es später zur Hauptsache, gilt wiederum § 16 Nr. 2 RVG. Die Gebühren des Prozesskostenhilfeverfahrens gehen in den höheren Gebühren der Hauptsache auf.2
4505
Wird nur teilweise Prozesskostenhilfe bewilligt, greift § 16 Nr. 2 RVG nur hinsichtlich des bewilligten Teils. Im Übrigen bleibt dem Anwalt die Vergütung aus dem überschießenden Wert des Prozesskostenhilfeverfahrens erhalten, so dass es eines Gegenstandswertes bedarf.
1 AG Weilburg, Beschl. v. 4.8.2014 – 20 F 170/10, AGS 2015, 25; AG Trier, Beschl. v. 1.2.2014 – 37 F 177/10, AGS 2015, 24. 2 Im Ergebnis ebenso, allerdings davon ausgehend, dass die Gebühren wegfallen: BGH, Beschl. v. 21.2.2008 – I ZR 142/06, AGS 2008, 435 = FamRZ 2008, 982.
856
N. Schneider
Prozesskostenhilfe
Û
Beispiel: Der Anwalt beantragt für seinen Mandanten die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Herausgabe verschiedener Gegenstände. Das Gericht bewilligt die Prozesskostenhilfe nur für einen Teil der Gegenstände. Nur insoweit wird das Klageverfahren auch durchgeführt. Soweit das Klageverfahren durchgeführt wird, gilt der dort festzusetzende Wert auch für die Gebühren des Anwalts. Soweit die Prozesskostenhilfe abgewiesen worden ist, bedarf es einer gesonderten Wertfestsetzung für die Gebühren nach Nr. 3335 VV RVG.
Auch in einem Beschwerdeverfahren erhält der Anwalt wertabhängige Gebühren und zwar nach den Nrn. 3500, 3513 VV RVG.
4506
Im Verfahren über eine Rechtsbeschwerde entstehen ebenfalls wertabhängige Gebühren, nämlich nach den Nrn. 3502, 3516 VV RVG.
4507
Für diese Gebühren muss das Gericht auf Antrag eines Beteiligten den Gegenstandswert festsetzen. Die Festsetzung erfolgt nur auf Antrag im Verfahren nach § 33 RVG. Eine Festsetzung von Amts wegen ist unzulässig. Folgende Verfahren kommen hier in Betracht: – das Bewilligungsverfahren nach § 118 ZPO; – die Verfahren auf Aufhebung der Bewilligung, wenn – die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat (§ 124 Nr. 1 ZPO); – die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht abgegeben hat (§ 124 Nr. 2 ZPO); – die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben und seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens noch nicht vier Jahre vergangen sind (§ 124 Nr. 3 ZPO); – die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrags im Rückstand ist (§ 124 Nr. 4 ZPO). – das Abänderungsverfahren nach § 120a ZPO, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben.
4508
Der Gegenstandswert für die Rechtsanwaltsgebühren im erstinstanzlichen Bewilligungs-, Aufhebungs- oder Abänderungsverfahren bemisst sich nach § 23a RVG1 (vormals Anm. Abs. 1 zu Nr. 3335 VV RVG). Danach bestimmt sich der Wert – im Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe oder die Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Nr. 1 ZPO nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert (§ 23a Abs. 1 Hs. 1 RVG); – im Übrigen ist der Gegenstandswert nach dem Kosteninteresse gemäß billigem Ermessen zu bestimmen (§ 23a Abs. 1 Hs. 2 RVG).
4509
Im Beschwerdeverfahren ergibt sich der Gegenstandswert aus § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 RVG, wobei hier auf § 23a RVG zurückgegriffen werden kann. Einzelheiten sind hier strittig.
4510
1 Eingefügt durch das 2. KostRMoG.
N. Schneider
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ZPO
Prozesskostenhilfe
II. Verfahren nach § 118 ZPO auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe 1. Grundsatz: Hauptsachewert 4511
Im Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe richtet sich der Gegenstandswert nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert (§ 23a Abs. 1 Hs. 1 RVG). Insoweit kann die Rechtsprechung zur früheren Regelung des § 51 Abs. 2 BRAGO übernommen werden.
Û
Beispiel: Der Rechtsanwalt beantragt für seinen Mandanten Prozesskostenhilfe für eine Klage in Höhe von 5000 Euro. Die Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt und dem Anwalt auch kein Hauptsacheauftrag erteilt. Der Gegenstandswert bestimmt sich im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren gem. § 23a RVG nach dem Wert der Hauptsache und beträgt 5000 Euro. Der Rechtsanwalt kann vom Mandanten für seine Tätigkeit eine 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3335 VV RVG aus diesem Wert beanspruchen.
Û
Beispiel: Der Rechtsanwalt beantragt für seinen Mandanten Prozesskostenhilfe für eine Zwangsvollstreckung aus einem Urteil über 5000 Euro nebst Zinsen. Die Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt. Der Gegenstandswert bestimmt sich wiederum gem. § 23a RVG nach dem Wert der Hauptsache. Dieser Wert richet sich jetzt nach § 25 Nr. 1 RVG und beläuft sich auf den Wert der Hauptsache zzgl. aufgelaufener Zinsen. Der Rechtsanwalt kann eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3335 VV RVG aus diesem Wert beanspruchen.
4512
Das Interesse an der Befreiung von Prozesskosten ist unerheblich. Daher kommt es insbesondere nicht darauf an, ob die Prozesskosten geringer sind als die Hauptsache.
4512a
Ebenso wenig spielt es für den Gegenstandswert eine Rolle, ob die Prozesskosten höher sind als die Hauptsache. Der Wert der Hauptsache bleibt auch dann maßgebend, wenn die Kosten höher liegen.
4512b
Auch dann, wenn lediglich Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung beantragt ist oder mit der Maßgabe, dass die Partei einen Teil ihres Vermögens einzusetzen hat oder aus einem durch den Rechtsstreit erzielten Erlös die Prozesskosten später zurückzahlen soll, bleibt es beim Wert der Hauptsache.1
4512c
Auch die Höhe der Raten ist unerheblich. 2. Mehrere Verfahren
4513
Mehrere Verfahren auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe betreffend dieselbe Hauptsache zählen nach § 16 Nr. 3 RVG als eine Angelegenheit. Daher ist in diesen Verfahren gem. § 22 Abs. 1 RVG nur ein (Gesamt-)Wert festzusetzen.
Û
Beispiel: Der Rechtsanwalt beantragt für seinen Mandanten Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Zahlung von drei Mieten zu jeweils 1500 Euro. Die Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt. Später wird ein neuer Antrag über dieselben Mieten eingereicht. Die Prozesskostenhilfe wird erneut abgelehnt. Es liegt nur eine Angelegenheit vor. Der Gegenstandswert beläuft sich zwar für jeden Antrag auf 1500 Euro (§ 23a RVG). Insgesamt ist jedoch wegen wirtschaftlicher Identität nicht zu addieren. Der Gesamtwert nach § 22 Abs. 1 RVG beträgt 1500 Euro.
1 OLG Nürnberg, Beschl. v. 3.4.1962 – 4 W 14/62, JurBüro 1962, 345.
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N. Schneider
Prozesskostenhilfe
Û
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel; jedoch bezieht sich der zweite Antrag auf die ursprünglichen drei Mieten und zwei weitere Mieten. Auch jetzt liegt nach § 16 Nr. 3 RVG nur eine Angelegenheit vor. Der Gegenstandswert beläuft sich gem. § 23a RVG i.V.m. § 22 Abs. 1 RVG auf insgesamt 2500 Euro.
Mehrere Verfahren betreffend verschiedene Gegenstände bzw. Hauptsacheverfahren sind dagegen eigene Angelegenheiten und daher gesondert zu bewerten.
Û
4514
Beispiel: Der Anwalt beantragt Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Rückzahlung nicht verbrauchter Nebenkostenvorauszahlungen, die zurückgewiesen wird. Später beantragt er Prozesskostenhilfe für die Verteidigung gegen eine Räumungsklage. Jetzt liegen zwei Angelegenheiten vor. Die Regelung des § 16 Nr. 3 RVG greift nicht. Der Anwalt erhält die Gebühren gesondert. Daher sind auch zwei Werte festzusetzen.
3. Prozesskostenhilfe nur für einen Teil der Hauptsache Mit dem „Wert der Hauptsache“ gemeint ist die Hauptsache, soweit sich der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe darauf bezieht. Wird die Prozesskostenhilfe nur für einen Teil der Hauptsache beantragt (etwa nur für die Widerklage, nicht auch für die Klageabwehr, weil insoweit Rechtsschutz besteht), so ist auch nur dieser Teilwert maßgebend.
Û
4515
Beispiel: In einem Verkehrsunfallprozess wird der Anwalt vom Haftpflichtversicherer beauftragt, diesen, den Halter sowie den Fahrer zu vertreten. Der bedürftige Fahrer möchte Widerklage auf Schmerzensgeld erheben und beauftragt den Anwalt, dafür Prozesskostenhilfe zu beantragen, die jedoch abgelehnt wird. Der Gegenstandswert des Prozesskostenhilfeverfahrens berechnet sich nur nach dem Wert der angestrebten Widerklage.
4. Prozesskostenhilfe für den Mehrwert eines Vergleichs in der Hauptsache Wird der Anwalt beauftragt, für den Mehrwert eines (beabsichtigten) Vergleichs Prozesskostenhilfe zu beantragen, und wird die Prozesskostenhilfe auch für den Abschluss des Vergleichs bewilligt, gilt wiederum § 16 Nr. 2 RVG, so dass keine Gebühren im Bewilligungsverfahren anfallen.
4516
Wird die Prozesskostenhilfe dagegen abgelehnt, entsteht insoweit die Gebühr nach Nr. 3335 VV RVG und, wenn der Antrag in der mündlichen Verhandlung gestellt wird, auch die Terminsgebühr nach Vorbem 3.3.6 Satz 2 i.V.m. Nr. 3104 VV RVG. Der Gegenstandswert richtet sich nach dem Wert der Hauptsache, also nach dem Wert der Ansprüche, auf die sich der (beabsichtigte) Vergleich erstreckt.
4517
Û
Beispiel: Der Rechtsanwalt ist seinem Mandanten im Wege der Prozesskostenhilfe für eine Klage i.H.v. 5000 Euro beigeordnet worden. Die Parteien wollen sodann einen schriftlichen Vergleich über die 5000 Euro sowie weitere nicht anhängige 3000 Euro schließen und beantragen dafür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, die jedoch nicht bewilligt wird, so dass der Vergleich auch nicht geschlossen wird. Es wird sodann über die 5000 Euro verhandelt und entschieden. Aus dem Mehrwert entsteht jetzt eine 1,0-Verfahrensgebühr. Der Gegenstandswert für das Bewilligungsverfahren beläuft sich auf 3000 Euro. Bei der Abrechnung ist allerdings § 15 Abs. 3 RVG zu beachten. Zu rechnen ist wie folgt:
N. Schneider
859
Prozesskostenhilfe
ZPO
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 5000 Euro) 2. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3335 VV RVG (Wert: 3000 Euro) (die Höchstgrenze des § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,3 aus 8000 Euro = 592,80 Euro, ist nicht überschritten) 3. abzgl. 1,3-Verfahrensgebühr aus 5000 Euro, da insoweit Prozesskostenhilfe bewilligt (§ 122 Nr. 3 ZPO) Zwischensumme 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
393,90 Euro 201,00 Euro
– 393,90 Euro 201,00 Euro 38,19 Euro 239,19 Euro
5. Mehrwertvergleich im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren 4518
Wird im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren ein Vergleich über weitergehende Gegenstände geschlossen, für deren Durchsetzung keine Prozesskostenhilfe beantragt war, erhöht sich der Wert des Gegenstands. Soweit aus dem Mehrwert nur die ermäßigte Verfahrensgebühr der Nr. 3337 VV RVG oder die Eingungsgebühr der Nr. 1000 VV RVG anfällt, muss dieser Mehrwert gesondert ermittelt werden.
Û
Beispiel: Der Rechtsanwalt beantragt für seinen Mandanten Prozesskostenhilfe für eine Klage i.H.v. 5000 Euro. Die Parteien schließen sodann im Prozesskostenhilfeverfahren einen schriftlichen Vergleich über die 5000 Euro sowie über weiteren nicht anhängigen 3000 Euro. Die Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt. Der Gegenstandswert beläuft sich auf 8000 Euro, wobei sich 5000 Euro auf den Gegenstand des Antrags beziehen und 3000 Euro auf den Mehrwert. Abzurechnen ist wie folgt:1 1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3335 VV RVG (Wert: 5000 Euro) 2. 0,5-Verfahrensgebühr, Nrn. 3335, 3337 VV RVG (Wert: 3000 Euro) (die Höchstgrenze des § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,0 aus 8000 Euro = 456,00 Euro, ist nicht überschritten) 3. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV RVG (Wert: 5000 Euro) 4. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV RVG (Wert: 3000 Euro) (die Höchstgrenze des § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,5 aus 8000 Euro = 684,00 Euro, ist nicht überschritten) 5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
303,00 Euro 100,50 Euro
303,00 Euro 301,50 Euro
20,00 Euro 1028,00 Euro 195,32 Euro 1223,32 Euro
III. Bloßer Antrag auf Beiordnung 4519
Ist die Prozesskostenhilfe bereits bewilligt und beantragt der Anwalt für den Auftrageber lediglich seine Beiordnung, ist fraglich, ob der volle Hauptsachewert an-
1 Eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG fällt nicht an, da im Prozesskostenhilfe-Bewilligungsverfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorschrieben ist. A.A. KG, Beschl. v. 3.8.2007 – 1 W 261/07, AGS 2008, 68 = KGR 2007, 1019.
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N. Schneider
Prozesskostenhilfe zusetzen ist. Dagegen spricht, dass es sich nicht um ein Bewilligungsverfahren im eigentlichen Sinne handelt; es werden hier nämlich weder die Erfolgsaussicht noch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geprüft. Daher könnte man gem. § 23a Abs. 1 Hs. 2 RVG auf das Kosteninteresse abstellen, also auf die Höhe der voraussichtlichen Wahlanwaltsvergütung, von der der Antragsteller nach § 122 Nr. 3 ZPO befreit werden will. Von den Gerichtskosten ist er bereits befreit (§ 122 Nr. 1 ZPO). Der BGH1 hat dagegen in einem Beschwerdeverfahren (s. unten Rn. 4535) den vollen Wert der Hauptsache angenommen. Er hat dies damit begründet, dass der Antragsteller mit dem Antrag auf Beiordnung geltend mache, ohne die Beiordnung eines Anwalts nicht in der Lage zu sein, seine Rechte wahrzunehmen. Daher gehe es ihm also mit dem Beiordnungsantrag nicht (nur) um die Kosten, sondern um die Durchsetzung seiner Rechte. Bedeutung hat diese Fallgruppe zum einen in dem selteneren Fall, dass die Partei selbst Prozesskostenhilfe beantragt hat und dann später einen Anwalt beauftragen will, der zunächst seine Beiordnung beantragen soll. Größere Bedeutung hat sie bei dem Antrag auf Beiordnung eines anderen Anwalts, also bei einem Anwaltswechsel.
Û
4520
Beispiel: Dem Kläger ist für seine Klage über 5000 Euro Prozesskostenhilfe bewilligt. Er ist mit seiner bisherigen Anwältin nicht zufrieden und möchte nunmehr einen anderen Anwalt beiordnen lassen. Dieser stellt den Antrag auf seine Beiordnung anstelle der bisher beigeordneten Anwältin. Der Antrag wird jedoch abgelehnt. Der Gegenstandswert richtet sich gem. § 23a Abs. 1 Hs. 2 RVG nach dem voraussichtlichen Wert der Anwaltsgebühren dieser Instanz.
IV. Aufhebungsverfahren nach § 124 Nr. 1 ZPO Im Verfahren über Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Nr. 1 ZPO richtet sich der Gegenstandswert ebenfalls nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert (§ 23a Abs. 1 Hs. 1 RVG). Auch insoweit kann die Rspr. zur früheren Regelung des § 51 Abs. 2 BRAGO übernommen werden.
Û
4521
Beispiel: Das Gericht hatte dem Kläger Prozesskostenhilfe für eine Klage i.H.v. 5000 Euro bewilligt. Später stellt sich heraus, dass die Partei unwahre Angaben zum Sachverhalt gemacht hat. Das Gericht hebt daraufhin die Prozesskostenhilfebewilligung gem. § 124 Nr. 1 ZPO auf. Der Gegenstandswert des Aufhebungsverfahrens bestimmt sich wiederum nach der Hauptsacheforderung und beträgt 5000 Euro.
Da in diesen Fällen der Anwalt in der Regel bereits in der Hauptsache tätig gewesen ist und damit gem. § 16 Nr. 2 RVG neben den Gebühren der Hauptsache keine weiteren Gebühren ausgelöst werden, kommt eine Wertfestsetzung in diesen Verfahren kaum in Betracht. Ausreichend ist, dass (auch) § 124 Nr. 1 ZPO zu prüfen ist. Der Hauptsachewert greift also auch dann, wenn der Aufhebungsgrund des § 124 Nr. 1 ZPO neben denen des § 124 Nr. 2–4 ZPO in Betracht kommt.2 Dass hier auf den Hauptsachewert abzustellen ist, hat seinen Grund darin, dass in diesen Verfahren stets die Erfolgsaussichten der Hauptsache mitgeprüft werden
1 BGH, Beschl. v. 15.9.2010 – XII ZB 82/10, MDR 2010, 1350 = AGS 2010, 549 = FamRB 2011, 9. 2 Gerold/Schmidt/Müller-Rabe/Mayer, Anhang Gegenstandswert Rn. 268.
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861
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ZPO
Prozesskostenhilfe müssen. In allen Fällen, in denen eine solche Prüfung erforderlich ist, ist auf den Hauptsachewert abzustellen. 4523
Soweit nur die Aufhebung für einen Teil der Hauptsache erfolgen soll, ist auch nur dieser Teilwert maßgebend. Unerheblich ist auch hier, ob ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt war oder Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung. Auch die Höhe der Raten ist unerheblich.
V. Aufhebungsverfahren nach § 124 Nr. 2 bis 4 ZPO 4524
In sonstigen Verfahren, die nicht auf Bewilligung, Aufhebung oder Abänderung gerichtet sind, also in den Verfahren nach § 124 Nr. 2 bis 4 ZPO, ergibt sich der Gegenstandswert aus dem Kosteninteresse und ist nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 23a Abs. 1 Hs. 2 RVG). Grund hierfür ist, dass in den Fällen des § 124 Nr. 2–4 ZPO die Erfolgsaussichten der Hauptsache keine Rolle spielen. Hier geht es um die Aufhebung der Prozesskostenhilfe aus anderen Gründen.
4525
Da es in den Verfahren nach §§ 124 Nr. 2–4 ZPO um die gänzliche Aufhebung der zuvor bewilligten Prozesskostenhilfe geht, sind sämtliche angefallenen und voraussichtlich noch anfallenden Kosten nach § 122 ZPO zu berücksichtigen, also Gerichtsgebühren, sonstige Gerichtskosten, wie etwa Auslagen für Zeugen und Sachverständige, und Anwaltskosten.
4526
Hinsichtlich der Anwaltsgebühren ist dabei auf die Wahlanwaltsgebühren abzustellen, da bei Aufhebung die Partei ihrem Anwalt nicht nur die PKH-Vergütung schuldet, sondern die vollen Wahlanwaltsgebühren.
4527
Soweit bislang ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt war, sind die gesamten Kosten anzusetzen.
Û
4528
Beispiel: In einem Rechtsstreit war dem Mandanten für eine Klage auf Zahlung von 10 000 Euro Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Rechtsanwalts bewilligt worden. Die Klage wurde abgewiesen. Die von der Staatskasse gezahlten Anwaltskosten belaufen sich auf 937,13 Euro, die Gerichtskosten auf 723,00 Euro. Später wird ein Aufhebungsverfahren nach § 124 Nr. 2 ZPO eingeleitet, weil sich herausgestellt hat, dass die Partei unwahre Angaben zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht hat. Das Kosteninteresse beläuft sich auf (937,13 Euro + 723,00 Euro =) 1660,13 Euro, da die bedürftige Partei von diesem Betrag nach wie vor freigestellt bleiben will.
Soweit Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung, Einmalzahlung oder Rückzahlung aus dem Prozesserlös angeordnet war, ist auf die Mehrbeträge abzustellen, die sich jetzt ergeben. Ggf. ist auch das Interesse mitzuberücksichtigen, die Kosten jetzt auf einmal zahlen zu müssen.
Û
Beispiel: In einem Rechtsstreit war dem Mandanten Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung i.H.v. 45 Euro bewilligt worden. Die voraussichtlichen Anwaltskosten belaufen sich auf 1000 Euro und die voraussichtlichen Gerichtskosten auf 2000 Euro. Es wird ein Aufhebungsverfahren nach § 124 Nr. 4 ZPO eingeleitet, weil die Partei keine Raten mehr zahlt. Jetzt hätte der Mandant ohnehin (48 × 45 Euro =) 2160 Euro selbst aufbringen müssen. Der Gegenstandswert beläuft sich also auf (3000 Euro – 2160 Euro =) 840 Euro. Dieser Wert ist ggf. zu erhöhen, da die 2160 Euro jetzt nicht mehr in Raten getilgt werden können, sondern auf einmal zu zahlen sind. Zusätzlich wird man also auf das Zins- und Finanzierungsinteresse abstellen müssen.
862
N. Schneider
Prozesskostenhilfe
Û
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel; jedoch war dem Mandanten Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung i.H.v. 150 Euro bewilligt worden. Jetzt hätte der Mandant ohnehin die gesamten Kosten letztlich selbst aufbringen müssen. Der Gegenstandswert beläuft sich also lediglich auf das Interesse, den Betrag nicht auf einmal, sondern in Raten tilgen zu dürfen. Hier wird man nur auf das Zins- und Finanzierungsinteresse abstellen dürfen.
Eine Wertfestsetzung gem. § 33 RVG wird in diesen Fällen allerdings kaum Bedeu- 4529 tung haben, da der Anwalt in der Regel bereits in der Hauptsache tätig war und damit nachträgliche Aufhebungsverfahren nach § 16 Nr. 2 u. 3 RVG durch die Gebühren in der Hauptsache abgegolten sind. Selbständige Bedeutung gewinnt der Gegenstandswert daher nur, wenn ein anderer Anwalt im Aufhebungsverfahren beauftragt wird oder wenn seit Beendigung des Verfahrens mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind (§ 15 Abs. 5 Satz 2 RVG).1
VI. Abänderungsverfahren nach § 120a ZPO Geht es nicht um die Aufhebung, sondern nur um die Anordnung von Raten oder die Abänderung der Raten oder um eine Einmalzahlung, ist der Mehr- oder Minderbetrag der noch zu zahlenden Raten oder die Höhe der Einmalzahlung zugrunde zu legen.
Û
Beispiel: In einem Rechtsstreit war dem Mandanten Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung von 45 Euro bewilligt worden. Die gesamten von der Staatskasse übernommenen Kosten belaufen sich auf 2400 Euro. Aufgrund der verschlechterten wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt der Anwalt die Herabsetzung auf 15 Euro, nachdem bereits acht Raten gezahlt worden sind. Maßgebend ist jetzt der Differenzbetrag der noch offenen Raten. Wenn es bei 45 Euro bliebe, wären noch 40 × 45 Euro zu zahlen, also 1800 Euro. Werden die Raten dagegen auf 15 Euro herabgesetzt, sind nur noch 40 × 15 Euro zahlen, also 600 Euro. Der Gegenstandswert beläuft sich damit auf (1800 Euro – 600 Euro =) 1200 Euro.
Û
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel, jedoch belaufen sich die von der Staatskasse übernommenen Kosten auf lediglich 1500 Euro. Da bereits 360 Euro gezahlt und damit nur noch 1140 Euro offen sind, wären auch bei der herabgesetzten Rate die gesamten Kosten abzuzahlen. Das Interesse der bedürftigen Partei geht hier letztlich also nicht auf eine Freistellung, sondern nur auf eine Streckung der Ratenzahlung. Daher wird man hier nur das Zinsinteresse an der Streckung der Raten berücksichtigen dürfen. Dieses dürfte wohl in der untersten Wertstufe liegen.
4530
VII. Beschwerdeverfahren 1. Beschwerde gegen Versagung der Prozesskostenhilfe Im Beschwerdeverfahren gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe ist strittig, welcher Gegenstandswert zugrunde zu legen ist.
1 AG Weilburg, Beschl. v. 4.8.2014 – 20 F 170/10, AGS 2015, 25; AG Trier, Beschl. v. 1.2.2014 – 37 F 177/10, AGS 2015, 24.
N. Schneider
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4531
Prozesskostenhilfe
ZPO
Nach einer Auffassung gilt § 23 Abs. 1 Hs. 1 (vormals Anm. zu Nr. 3335 VV RVG) auch hier, so dass auch im Beschwerdeverfahren der volle Hauptsachewert anzusetzen ist.1 Nach anderer Auffassung soll im Beschwerdeverfahren nur das Kosteninteresse gelten.2 4532
Zunächst einmal ist abzustellen auf § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 RVG. Dies ergibt sich daraus, dass diese Vorschrift die speziellere ist.
4533
Im Ergebnis ist dennoch auf den Hauptsachewert abzustellen, da die Wertung des § 23a RVG auch im Rahmen des § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 RVG zu berücksichtigen ist. Der Gegenstand und das Interesse der Partei ist dasselbe wie im erstinstanzlichen Verfahren. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit dem 2. KostRMoG durch die Versetzung der Wertvorschrift (vormals Anm. zu Nr. 3335 VV RVG) klargestellt hat, dass die Wertvorschrift nicht nur für die erstinstanzliche Verfahrensgebühr gelten soll, sondern für alle Gebühren.
Û
4534
Beispiel: Der Rechtsanwalt beantragt für seinen Mandanten Prozesskostenhilfe für eine Klage über 6000 Euro. In der mündlichen Verhandlung stellt sich heraus, dass der Mandant unwahre Angaben zum Sachverhalt gemacht hat. Das Gericht hebt daher die Prozesskostenhilfebewilligung unter Berufung auf § 124 Nr. 1 ZPO auf. Hiergegen wird Beschwerde eingelegt. Der Gegenstandswert richtet sich auch im Beschwerdeverfahren nach der Hauptsacheforderung und beträgt 6000 Euro. Der Rechtsanwalt kann für seine Tätigkeit eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG aus diesem Wert beanspruchen.
Soweit sich die Beschwerde nur gegen eine Teil-Nichtbewilligung richtet, ist auch insoweit nur der Teilwert maßgebend.
Û
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel. Gegen den Kläger wird eine Widerklage i.H.v. 3000 Euro erhoben, für die ebenfalls Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Später stellt sich heraus, dass zum Sachverhalt der Widerklage unwahre Angaben gemacht worden sind. Die Prozesskostenhilfe wird daher nur zur Widerklage aufgehoben. Hiergegen wird Beschwerde eingelegt. Der Gegenstandswert richtet sich im Beschwerdeverfahren nur nach dem Wert der Widerklage und beläuft sich somit auf 3000 Euro.
2. Beschwerde gegen unterbliebene Beiordnung 4535
Hat das Gericht zwar Prozesskostenhilfe bewilligt, es aber abgelehnt, einen Anwalt beizuordnen und wird dagegen Beschwerde mit dem Ziel der Beiordnung erhoben, ist ebenfalls auf den Wert der Hauptsache abzustellen.3
1 BGH, Beschl. v. 28.4.2011 – IX ZB 145/09, AGS 2011, 305; OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.6.2009 – 7 W 25/10, AGS 2010, 454; noch zu § 51 Abs. 2 BRAGO OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.7.1980 – 14 W 15/80, JurBüro 1980, 1853 m. Anm. Mümmler; OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.11.1991 – 12 W 83/91, MDR 1992, 524; OLG Jena, Beschl. v. 6.5.1994 – 4 W 181/93, OLG-NL 1994, 149; OLG Oldenburg, Beschl. v. 3.2.1994 – 2 W 87/93, OLGR 1994, 111; OLG Koblenz (2. Senat), Beschl. v. 27.11.1991 – 2 W 415/91, JurBüro 1992, 325; Beschl. v. 14.1.1992 – 15 WF 1342/91, JurBüro 1993, 423. 2 VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.3.2009 – 9 S 2832/08, NJW 2009, 1692 = AGS 2009, 404; VGH Bayern, Beschl. v. 16.7.2009 – 10 C 09.874, RVGreport 2009, 397; OLG Koblenz (14. Senat), Beschl. v. 30.3.1990 – 14 W 108/90, JurBüro 1991, 253. 3 BGH, Beschl. v. 15.9.2010 – XII ZB 82/10, MDR 2010, 1350 = AGS 2010, 549.
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N. Schneider
Prozesskostenhilfe 3. Beschwerde gegen eingeschränkte Beiordnung Hat das Gericht zwar Prozesskostenhilfe bewilligt und einen Anwalt beigeordnet, die Beiordnung aber eingeschränkt und wendet sich die Partei hiergegen mit der Beschwerde, so ist nicht auf die Hauptsache, sondern auf das Interesse an einer uneingeschränkten Bewilligung der Beiordnung abzustellen. Dieses Interesse ergibt sich aus den Kosten, die die Partei selbst tragen müsste, wenn es bei der Einschränkung verbliebe.
Û
Beispiel: Der auswärtige – aber noch im Gerichtsbezirk ansässige – Anwalt wird zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beigeordnet. Der Anwalt legt für die Partei Beschwerde ein und beantragt die uneingeschränkte Beiordnung, weil ein im Gerichtsbezirk niedergelassener Anwalt nicht eingeschränkt beigeordnet werden darf. Der Beschwerdewert ist jetzt mit dem Betrag der Reisekosten anzusetzen, die die Partei bei eingeschränkter Beiordnung selbst tragen müsste.
Û
Beispiel: Der außerhalb des Gerichtsbezirks ansässige Anwalt wird zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts beigeordnet. Der Anwalt legt für die Partei hiergegen Beschwerde ein, da sie eine uneingeschränkte Beiordnung begehrt. Sie trägt vor, durch die uneingeschränkte Beiordnung würden Verkehrsanwaltskosten erspart, die die Landeskasse anderenfalls zu zahlen hätte.1 Hier dürfte wiederum auf die anfallenden Reisekosten abzustellen sein, ggf. beschränkt auf die Höhe der zusätzlichen Kosten eines Verkehrsanwalts.
4536
4. Beschwerde gegen Anordnung einer Ratenzahlung Richtet sich die Beschwerde dagegen, dass eine Ratenzahlung angeordnet worden ist, will die bedürftige Partei also ratenfreie Prozesskostenhilfe erhalten, dann ist wiederum auf das Kosteninteresse abzustellen (§ 23a Abs. 1 Hs. 2 RVG).
4537
Das Kosteninteresse ergibt sich aus der Summe der insgesamt zu zahlenden Raten, also höchstens 48 Raten, es sei denn, die (voraussichtlichen) Anwalts- und Gerichtskosten sind geringer, so dass es nicht zu 48 Raten kommen wird.
4538
Û
Beispiel: Das Gericht hat eine Ratenzahlung i.H.v. 15 Euro angeordnet. Die voraussichtlichen Anwalts- und Gerichtskosten belaufen sich auf 5000 Euro. Die Partei legt Beschwerde ein mit dem Ziel, ratenfreie Prozesskostenhilfe zu erhalten. Da bei 48 Raten zu 15 Euro lediglich 720 Euro zu zahlen sind, ist dieser Wert maßgebend. Abwandlung: Die gesamten Anwalts- und Gerichtskosten werden sich lediglich auf 600 Euro belaufen. Jetzt gilt der geringere Wert von 600 Euro.
Soweit Raten bereits gezahlt sind, bleibt deren Wert außer Ansatz.
Û
4539
Beispiel: Im Beispiel Rn. 4538 und in der Abwandlung waren bereits zehn Raten gezahlt. Im Beispiel bemisst sich der Wert jetzt lediglich auf 38 Raten zu 15 Euro, also 570 Euro. In der Abwandlung bemisst sich der Wert jetzt lediglich auf 30 Euro, da nur noch zwei Raten zu zahlen sind.
1 BGH, Beschl. v. 23.6.2004 – XII ZB 61/04, AGS 2004, 349 = BGHReport 2004, 1371 = MDR 2004, 1373.
N. Schneider
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ZPO
Prozesskostenhilfe 5. Beschwerde gegen die Höhe der Ratenzahlung 4540
Wird mit der Beschwerde lediglich die Höhe der angeordneten Raten angegriffen, sind zwei Interessenlagen des Antragstellers zu berücksichtigen. Etwas zu kurz greift daher die Auffassung des BGH,1 der nur auf die Differenz der angeordneten zu den vom Beschwerdeführer begehrten Ratenzahlungen abstellen will. Vielmehr gilt Folgendes: a) Abänderungsinteresse
4540a
Führt die Abänderung der Ratenzahlung dazu, dass sich der insgesamt von der bedürftigen Partei zu zahlende Betrag verringert oder erhöht, so ist dieses Interesse auf jeden Fall in vollem Umfang zu berücksichtigen.
Û
Beispiel: Die Gesamtkosten (Gerichtskosten und Anwaltskosten) belaufen sich auf 3000 Euro. Das Gericht hat Raten i.H.v. 45 Euro angeordnet. Vier Raten sind bereits gezahlt. a) Der Antragsteller beantragt eine Herabsetzung der Raten auf 30 Euro. b) Die bedürftige Partei wehrt sich gegen eine Heraufsetzung der Raten auf 60 Euro. Fall a): Ausgehend von den Gesamtkosten in Höhe von 3000 Euro und bereits gezahlter vier Raten zu 45 Euro (= 180 Euro) verbleiben noch die offenstehen. Bei noch zu zahlenden 44 Raten wären danach zu zahlen. Der Restbetrag i.H.v. wäre zu erlassen. Würde entsprechend dem Antrag der bedürftigen Partei die Ratenzahlung auf 30 Euro herabgesetzt, so wären lediglich noch 44 × 30 Euro, also zu zahlen. Die bedürftige Partei würde somit nach Zahlung der 48 Monatsraten von weiteren freigestellt werden.
2820,00 Euro 1980,00 Euro 840,00 Euro 1320,00 Euro
660,00 Euro
Fall b): Im Fall b) würden sich weitere Raten i.H.v. 60 Euro ergeben. Insgesamt wären dann noch 44 × 60 Euro = 2640,00 Euro zu zahlen. Mit dieser Ratenzahlung würden somit die Gesamtkosten erreicht, so dass die Partei gegenüber der derzeitigen Ratenzahlung (45 Euro) noch weitere 660 Euro an die Landeskasse zurückzahlen müsste. In beiden Fällen ist demnach dieses Interesse von 660 Euro zu berücksichtigen.
b) Fälligkeitsinteresse 4541
Bislang nicht berücksichtigt ist, dass die Abänderung der Raten auch zu einer früheren bzw. späteren Fälligkeit führt, die ebenfalls wirtschaftliche Bedeutung hat.
Û
Beispiel: Die Gesamtkosten (Gerichts- und Anwaltskosten) belaufen sich auf 1000 Euro. Das Gericht hat eine Ratenzahlung von 45 angeordnet, vier Raten sind bereits gezahlt. a) Die bedürftige Partei beantragt eine Herabsetzung der Raten auf 30 Euro. b) Die bedürftige Partei wehrt sich gegen eine Heraufsetzung der Raten auf 60 Euro. Unabhängig davon, ob die Raten herauf- oder herabgesetzt werden, erreichen die restlichen 44 Monatsraten immer den noch offenen Gesamtbetrag, so dass die bedürftige Partei auf jeden Fall die Gesamtkosten an die Landeskasse zurückzahlen muss.
1 BGH, Beschl. v. 12.9.2012 – XII ZB 658/11, AGS 2012, 32 m. Anm. N. Schneider.
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N. Schneider
Prozesskostenhilfe Gleichwohl kann das Interesse der bedürftigen Partei jetzt nicht gleich „Null“ sein, denn auch die Frage, ob ein Betrag in höheren oder in geringen Raten aufzubringen ist, hat wirtschaftliche Bedeutung.
4541a
Dieser wirtschaftliche Wert ist nach billigem Ermessen zu schätzen. Hier könnte man jetzt zum einen auf das Zinsinteresse abstellen. Dies wäre m.E. allerdings zu kurz gedacht. Muss die bedürftige Partei höhere Raten zahlen, kommt sie angesichts ihrer angespannten Vermögensverhältnisse in Liquiditätsschwierigkeiten, was für sie zu gravierenderen Folgen führen kann als der Zinsschaden. M.E. wäre hier ein sachgerechter Anknüpfungspunkt der Gegenstandswert einer Zahlungsvereinbarung. Hierfür sieht der Gesetzgeber künftig in dem neuen § 31b RVG 20 % des Anspruchs vor. Dies ergäbe hier in beiden Fällen einen Gegenstandswert i.H.v. weiteren 132 Euro. c) Gesamtbetrachtung Führt die Abänderung der Ratenzahlung nur zu einer Verkürzung bzw. Verlängerung der Raten, müssen also auf jeden Fall die Gesamtkosten an die Landeskasse zurückgeführt werden, dürfte analog § 31b RVG nur auf das Interesse einer längerfristigen Ratenzahlung abzustellen sein, das m.E. mit 20 % der noch offenen Restforderung anzusetzen ist. Führt die Abänderung der Raten dagegen auch dazu, dass sich die zu zahlende Gesamtsumme verändert, dann ist auch noch die Differenz der Gesamtkosten hinzuzurechnen. In diesem Fall sind beide Interessenlagen zu berücksichtigen. Eine Veränderung der Raten führt nämlich nicht nur dazu, dass sich die insgesamt zu zahlende Summe ändert, sondern auch zu einer Veränderung der Liquidität der bedürftigen Partei.
4542
Es erscheint nicht sachgerecht, das Liquiditätsinteresse nur dann zu berücksichtigen, wenn sich die Höhe der Ratenzahlung auf das Gesamtergebnis nicht auswirkt. Das Liquiditätsinteresse spielt immer eine Rolle.
4542a
6. Beschwerde gegen die Abänderung der Ratenzahlung Hat das Gericht die Ratenzahlung nach § 120a ZPO abgeändert, also die Raten wegen Veränderung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse heraufgesetzt, und wird hiergegen Beschwerde erhoben, so ist nach den gleichen Grundsätzen zu bewerten wie bei einer Beschwerde gegen die Ratenzahlungsanordnung selbst.
4543
Zu berücksichtigen ist aber, dass bereits gezahlte Raten insoweit außer Ansatz bleiben, da sich die Abänderung nach § 120a ZPO nur auf zukünftige Raten bezieht.
4544
7. Beschwerde gegen Aufhebung nach § 120 Nr. 1 ZPO Hier ist nach zutreffender Ansicht ebenso zu bewerten wie bei einer Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung (s. Rn. 4531).
4545
8. Beschwerde gegen Aufhebung nach § 120 Nr. 2 bis 4 ZPO Hier ergeben sich keine Probleme, da es sowohl nach § 23a Abs. 1 Hs. 2 RVG als auch nach § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 RVG auf das Interesse des Beschwerdeführers, also auf das Kosteninteresse ankommt.
4546
Legt der Anwalt also beispielsweise Beschwerde gegen einen ProzesskostenhilfeAufhebungsbeschluss ein, der sich auf die Gründe des § 124 Nr. 2 bis 4 ZPO stützt, bestimmt sich der Wert nach dem Kosteninteresse.
4547
N. Schneider
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Prozesskostenhilfe
ZPO
Û
Beispiel: Der Rechtsanwalt beantragt für seinen Mandanten Prozesskostenhilfe für eine Klage über 6000 Euro. Hierbei versichert der Mandant an Eides statt, dass er über kein Vermögen verfügt. In der mündlichen Verhandlung stellt sich heraus, dass der Mandant ein erhebliches Sparvermögen nicht angegeben hat. Das Gericht hebt die Prozesskostenhilfe-Bewilligung daher unter Berufung auf § 124 Nr. 1 ZPO auf. Der Rechtsanwalt legt hiergegen Beschwerde ein. Der Gegenstandswert richtet sich auch im Beschwerdeverfahren nach den Wahlanwaltskosten, die die Partei jetzt selbst zahlen muss.
VIII. Rechtsbeschwerde 4548
Im Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die gleichen Bewertungen wie im Beschwerdeverfahren. Abzustellen ist auch hier auf § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 RVG.
IX. Vergütungsfestsetzung 4549
Im Verfahren auf Festsetzung der Prozesskostenhilfevergütung (§ 55 RVG) entstehen keine Gebühren, da der Anwalt diese Tätigkeit nicht für den Mandanten erbringt, sondern im eigenen Interesse. Solche Tätigkeiten sind zudem durch die jeweiligen Gebühren mitabgegolten (§ 16 Nr. 10 RVG).
D. Die Wertfestsetzung 4550
Die Festsetzung des Gegenstandswertes für ein Verfahren über die Bewilligung, Aufhebung oder Abänderung der Prozesskostenhilfe erfolgt im Verfahren nach § 33 RVG.1 Die Festsetzung darf nur auf Antrag des Anwalts oder des Auftraggebers vorgenommen werden. Ein Gegner kann nicht antragsberechtigt sein, da eine Kostenerstattung in diesen Verfahren ausgeschlossen ist.
4551
Ausnahmsweise kann auch die Landeskasse antragsberechtigt sein, wenn für das Prozesskostenhilfeverfahren seinerseits – zumindest für einen dort geschlossenen Vergleich – Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.
E. Nachfolgendes Hauptsacheverfahren 4552
Kommt es nachfolgend zum Hauptsacheverfahren, gehen die im Prozesskostenhilfeverfahren verdienten Gebühren in den Gebühren der Hauptsache auf. Unzutreffend insoweit der BGH,2 der von einer Anrechnung ausgeht. Obwohl hier verschiedene Gegenstände zugrunde liegen (einerseits Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe – andererseits Hauptsache) werden die Werte von Bewilligungsverfahren und Hauptsacheverfahren nicht zusammengerechnet. Nach § 23a Abs. 2 RVG entstehen insgesamt nur die Gebühren aus der Hauptsache.
1 Siehe dazu „Teil 1 – Verfahrensrecht“, Rn. 654 ff. 2 BGH, Beschl v. 21.2.2008 – I ZR 142/06, AGS 2008, 435 = FamRZ 2008, 982.
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Prozess- und Sachleitung
Prozesstrennung A. Allgemeines Gemäß § 145 ZPO können auf Anordnung des Gerichts mehrere in einer Klage erhobene Ansprüche in getrennten Prozessen verhandelt werden. Ziel der Verfahrenstrennung ist es, den Prozessstoff zu ordnen und übersichtlicher zu gestalten, wenn dies durch eine Anspruchshäufung erschwert wird, ferner einer Prozessverschleppung wegen des Streits nur in einzelnen Punkten entgegenzuwirken.1 Eine Notwendigkeit zur Prozesstrennung und anschließenden Verweisung (§ 281 ZPO) kann sich auch aus der fehlenden Zuständigkeit des Prozessgerichts für einen der erhobenen Ansprüche ergeben.2
4553
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Auf eine einmal begründete Zuständigkeit (§ 5 ZPO) hat die Prozesstrennung naturgemäß keinen Einfluss, § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO.
4554
Im Fall der Prozesstrennung bestimmt sich der Gebührenstreitwert für die erhobe- 4555 nen Ansprüche bis zur Trennung einheitlich, im Anschluss daran sind die getrennten Verfahren selbständig zu bewerten.3 Besondere Streitwertvorschriften sind dabei nicht zu beachten.
C. Rechtsmittel und Beschwer Gegen die Anordnung oder Ablehnung der Prozesstrennung ist ein Rechtsmittel nicht eröffnet. Hingegen kann das Rechtmittel gegen das Urteil darauf gestützt werden, dass § 145 ZPO verfahrensfehlerhaft angewandt worden ist,4 was wiederum eine Aufhebung und Zurückverweisung (§ 538 ZPO) rechtfertigt.5
4556
Eine unzulässige Prozesstrennung hat auf die Rechtsmittelfähigkeit der danach ergehenden mehreren Urteile keinen Einfluss; für die Beschwer sind sie – anders als bei einer Trennung – als Einheit zu behandeln.6
4557
Prozess- und Sachleitung Anträge und Verhandlungen, welche die Prozessleitung betreffen, lösen keine wertabhängigen Gerichtsgebühren aus, im Beschwerdeverfahren entsteht eine Festgebühr (Nr. 1812 KV GKG); es fallen lediglich Anwaltsgebühren an. Deren Gegenstandswert entspricht nicht dem Streitwert des Hauptverfahrens. Maßgeblich ist vielmehr das Interesse der antragstellenden Partei an der prozessleitenden 1 BGH, Urt. v. 6.7.1991 – I ZR 20/93, MDR 1996, 269. 2 Zum Gebührenanfall und Verrechnung des Gerichtskostenvorschusses: OLG München, Beschl. v. 1.3.1996 – 11 W 811/96, MDR 1996, 642. 3 BGH, NJW 2000, 217; OLG München, Beschl. v. 1.3.1996 – 11 W 811/96, MDR 1996, 642. 4 BGH, Urt. v. 6.7.1995 – I ZR 20/93, MDR 1996, 269; OLG Naumburg, Urt. v. 28.2.2002 – 3 U 51/01, OLGR 2002, 526; Zöller/Greger, § 145 ZPO Rn. 6a. 5 OLG Naumburg, Urt. v. 28.2.2002 – 3 U 51/01, OLGR 2002, 526. 6 BGH, Urt. v. 20.7.1999 – X ZR 139/96, NJW 2000, 217; Urt. v. 6.7.1995 – I ZR 20/93, MDR 1996, 269; BayVGH, Entsch. v. 22.9.2000 – Vf. 102-VI-99, NJW 2001, 2962.
Kurpat
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4558
Prozess- und Sachleitung
ZPO
Entscheidung,1 welches sich in der Regel nicht mit dem Interesse des Antragstellers deckt, im Rechtsstreit zu obsiegen.2 Gegen eine Heranziehung des Streitwerts der Hauptsache spricht bereits, dass mit der Anfechtung prozessleitender Anordnungen (§ 567 Abs. 1 ZPO) keine inhaltliche Ausgestaltung der Sachentscheidung, sondern nur deren prozessordnungsgemäße Herbeiführung begehrt wird. Folglich ist eine Schätzung nach den Grundsätzen des § 3 ZPO geboten.3 4559
Für einen Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung hat das OLG Düsseldorf4 den Gegenstandswert nach § 3 ZPO mit 1/3 des Hauptsachewertes, das OLG Nürnberg5 mit 1/10 geschätzt. Verfehlt ist es dagegen, auf den vollen Wert der Hauptsache abzustellen, wenn wegen „unzureichender Vorbereitung“ eines Prozessbevollmächtigten eine Beilegung des Rechtsstreits ausbleibt und vertagt werden muss.6 Denn der Streitwert kann nicht in Abhängigkeit zur Qualität anwaltlicher Leistung gestellt werden. Möglicherweise kommt die Verhängung einer Verzögerungsgebühr gem. § 38 GKG in Betracht.
4560
Ebenso ist nach § 3 ZPO zu bewerten, wenn Streit darüber besteht, ob eine Aussetzung des Rechtsstreits geboten oder eine dahingehende Anordnung rechtmäßig ist.7 Hier entspricht der Gegenstandswert regelmäßig 1/5 des Hauptsachewertes, wenn nicht besondere Umstände auf ein besonderes Interesse des Antragstellers schließen lassen.8 Siehe hierzu auch unter dem Stichwort „Aussetzung“.
4561
Eine Bruchteilsbewertung des Hauptsachewerts ist ferner angemessen, wenn – während des laufenden Verfahrens – über einen Antrag des Klägers auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gem. § 36 ZPO zu entscheiden ist.9 Siehe hierzu ausführlich unter dem Stichwort „Zuständigkeit“ Rn. 6440.
4562
Geht es um die Verhängung eines Ordnungsmittels gegen eine Partei (§ 141 Abs. 3 ZPO), einen Zeugen (§ 380 Abs. 1 u. 2 ZPO), einen Sachverständigen (§§ 409 Abs. 1, 411 Abs. 2 ZPO) oder das Sitzungspublikum (§ 178 GVG) ist danach zu unterscheiden, ob bereits dessen Androhung oder erst dessen Verhängung angegriffen wird. Wendet sich der Betroffene bereits gegen die Androhung des Ordnungsmittels, ist eine Bruchteilsbewertung von in der Regel 1/5 des Ordnungsgeld-Höchstbetrages geboten.10 Begehrt der Betroffene dagegen die Aufhebung des Ordnungsmittel-Beschlusses, bestimmt sich der Gegenstandswert nach der Höhe des verhängten Betrages.11 1 OLG Nürnberg, Beschl. v. 1.8.2013 – 8 W 771/13, NJW-Spezial 2013, 571; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Beschwerde“. 2 OLG Nürnberg, Beschl. v. 1.8.2013 – 8 W 771/13, NJW-Spezial 2013, 571; a.A. OLG München, OLGE 25, 85; OLG Düsseldorf, JMBl.NW 1956, 187; OLG Hamm, Beschl. v. 19.8.1971 – 15b W 73/71, NJW 1971, 2317 – alle zur Aussetzung. 3 BGH, Beschl. v. 29.11.1956 – III ZR 4/56, NJW 1957, 242 – Aussetzung. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.2.1990 – 10 W 11/90, MDR 1990, 561; Beschl. v. 21.1.1959 – 10 W 316/58, JurBüro 1959, 214. 5 OLG Nürnberg, Beschl. v. 1.8.2013 – 8 W 771/13, NJW-Spezial 2013, 571; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.3.2011 – 18 WF 18/11; KG, AGS 2003, 81. 6 So aber OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.6.1993 – 17 W 37/93, JurBüro 1994, 158. 7 BGH, Beschl. v. 29.11.1956 – III ZR 4/56, BGHZ 22, 283 = NJW 1957, 242. 8 OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.10.1995 – 10 UF 61/95, FamRZ 1996, 496; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.11.2001 – 6 W 39/01, JurBüro 2002, 598; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.1.1994 – 22 W 49/93, NJW-RR 1994, 957; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.11.2001 – 12 W 23/01, MDR 2002, 479; OLG Köln, Beschl. v. 23.11.1981 – 6 W 65/81, WRP 1982, 236; OLG München, Beschl. v. 22.8.2002 – 14 W 150/02, JurBüro 2003, 154. 9 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.9.2005 – 19 AR 16/05, Justiz 2005, 451. 10 OLG München, Beschl. v. 18.6.1980 – 25 W 1260/80, ZSW 1981, 68. 11 BGH, Beschl. v. 12.6.2007 – VI ZB 4/07, MDR 2007, 1090 ohne Begründung; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Ordnungsgeld“ Rn. 1; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Ordnungs- und Zwangsmittelfestsetzung“.
870
Kurpat
Prozessverbindung Eine die Verhängung ablehnende Entscheidung kann von den Parteien mangels Beschwer nicht angegriffen werden. Anders liegt es jedoch bezüglich der Entscheidung des Gerichts, dem Zeugen oder Sachverständigen nicht die durch ihr Fernbleiben verursachten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.1 Hier bestimmt sich der Wert nach dem Betrag der insoweit angefallenen Kosten. Siehe im Übrigen auch unter dem Stichwort „Ordnungsmittel“.
4563
Ordnet das Gericht die Trennung in einer Klage erhobener prozessualer Ansprüche an (§ 145 ZPO), so bestimmt sich der Gebührenstreitwert für die erhobenen Ansprüche bis zur Trennung einheitlich, im Anschluss daran sind die getrennten Verfahren selbständig zu bewerten.2 Auf eine einmal begründete Zuständigkeit (§ 5 ZPO) hat die Prozesstrennung keinen Einfluss, arg. § 261 ZPO. Die Beschwer der nachfolgenden Entscheidungen wird, wenn die Trennung nicht ohne jeden sachlichen Grund erfolgte, im jeweiligen Verfahren ermittelt.3 Siehe ferner unter dem Stichwort „Prozesstrennung“.
4564
Letzteres gilt auch bei gerichtlicher Anordnungen der Verbindung bei ihm anhängiger Prozesse (§ 147 ZPO), d.h. die sachliche Zuständigkeit des anordnenden Gerichts bleibt erhalten.4 Davon abweichend sind die Werte der verbundenen Verfahren ausnahmsweise zu addieren (§ 5 ZPO), wenn sich der Kläger durch eine willkürliche Aufspaltung seines Gesamtanspruchs in mehrere Prozesse, die Zuständigkeit des Amtsgerichts (§§ 23 Nr. 1, 71 GVG) erschleichen wollte.5 Siehe auch unter dem Stichwort „Prozessverbindung“.
4565
Wendet sich eine Partei mit der gesetzlich (bislang) nicht geregelten Untätigkeitsbeschwerde gegen eine unzureichende Förderung des Verfahrens durch das Gericht, dann bestimmt sich der Beschwerdewert nach dem Interesse des Beschwerdeführers an einer zeitnahen Entscheidung des Rechtsstreits, § 3 ZPO. Da es um den Zeitpunkt und nicht den Inhalt der Entscheidung geht, ist eine Bruchteilsbewertung vorzunehmen. Soweit nicht Besonderheiten des Einzelfalles, wie beispielsweise die drohende Insolvenz des Beklagten, eine abweichende Bewertung rechtfertigen, dürfte der Ansatz von 1/5 des Hauptsachewertes angemessen sein.6
4566
Prozessverbindung A. Allgemeines Gemäß § 147 ZPO können mehrere selbständige Prozesse miteinander zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden (§ 147 ZPO). Ziel der Prozessverbindung ist eine prozessökonomische Bearbeitung des ohne sachlichen Grund in mehrere Verfahren zerlegten Streitstoffes.7
1 Zöller/Greger, § 380 ZPO Rn. 10. 2 BGH, Urt. v. 20.7.1999 – X ZR 139/96, NJW 2000, 217; OLG München, Beschl. v. 1.3.1996 – 11 W 811/96, MDR 1996, 642. 3 BGH, Urt. v. 20.7.1999 – X ZR 139/96, NJW 2000, 217. 4 RGZ 6, 417; Zöller/Greger, § 147 ZPO Rn. 8; Prütting/Gerlein/Dörr, § 147 ZPO Rn. 6; Thomas/Putzo/Reichold, § 147 ZPO Rn. 10. 5 Zöller/Greger, § 147 ZPO Rn. 8. 6 Vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.9.2008 – 5 W 46/08, BauR 2009, 1933 mit einem nicht näher begründeten Ansatz von 1/5 der Klageforderung; OLG Rostock, Beschl. v. 4.9.2009 – 3 W 74/09, OLGR 2009, 959: 1000 Euro. 7 Zöller/Greger, § 147 Rn. 1.
Kurpat
871
4567
ZPO
Prozessverbindung
B. Zuständigkeitsstreitwert 4568
Auf den Zuständigkeitsstreitwert hat die Prozessverbindung keinen Einfluss, die bisherige Zuständigkeit des Amtsgerichts bleibt unberührt, §§ 261 Abs. 3 Nr. 2, 506 Abs. 1 ZPO.1 Dies gilt jedoch nicht, wenn sich der Kläger durch eine willkürliche Aufspaltung seines Gesamtanspruchs in mehrere Prozesse die sachliche Zuständigkeit (§§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG) erschleichen wollte.2
C. Gebührenstreitwert 4569
Die Anordnung der Verbindung ist auf die bereits entstandenen Gebühren sowie auf die Streitwerte beider Prozesse bzw. Rechtsmittel vor der Verbindung ohne Einfluss.3 Deshalb sind bis zur Verbindung auch getrennte Streitwerte festzusetzen, da zumindest die Verfahrensgebühren nach unterschiedlichen Werten angefallen sind.4 Das gilt auch dann, wenn das Gesetz – wie in § 246 Abs. 3 AktG – die Verbindung mehrerer Prozesse zwingend vorschreibt.5
4570
Ab Verbindung bestimmen sich die Gebühren nach dem neuen Streitwert, der durch Addition der Einzelwerte der verbundenen Sachen ermittelt wird.6
4571
Werden verschiedene Prozesse hingegen nach Anordnung nur gemeinsam verhandelt, nicht aber auch gemeinsam entschieden,7 fehlt es an einer streitwerterheblichen Verbindung i.S.d. § 147 ZPO. In einem derartigen Fall muss eine Wertaddition unterbleiben und es ist nach Einzelstreitwerten abzurechnen.8
4572
Ohne Verbindungsbeschluss treten gebührenerhöhende Rechtsfolgen nicht ein, auch dann nicht, wenn mehrere Sachen im selben Termin verhandelt und die eine im Prozessvergleich über die andere miterledigt wird.9 Wohl kann ein Verbindungsbeschluss mündlich oder sogar stillschweigend erlassen werden. Es ist nicht erforderlich, dass der Verbindungsbeschluss schriftlich fixiert, etwa ins Protokoll aufgenommen wird.10 Jedoch muss sich ein Verbindungswille des Gerichts aus erkennbaren Umständen ergeben.
D. Einzelfälle aus der Rechtsprechung 4573
Bei der Verbindung einer Feststellungsklage über das Bestehen eines Mietverhältnisses mit einer Leistungsklage auf rückständigen Mietzins, ist für die Festsetzung des Gebührenstreitwertes der nach § 41 Abs. 1 GKG ermittelte Wert der Feststellungsklage nicht mit dem Wert der Leistungsklage zusammenzurechnen, 1 OLG Hamm, Beschl. v. 14.5.2014 – 32 SA 32/14; RGZ 6, 417; Zöller/Greger, § 147 Rn. 8. 2 Zöller/Greger, § 147 Rn. 8. 3 OLG Hamm, JurBüro 1955, 441; OLG Köln, VersR 1992, 518; OLG München, Beschl. v. 8.4.1999 – 11 W 1231/99, MDR 1999, 829; OLG München, Beschl. v. 11.12.1980 – 11 W 2016/80, AnwBl. 1981, 155; OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.2.2001 – 20 W 1/01, AGS 2001, 251. 4 OLG Köln, VersR 1992, 518. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.7.2009 – 10 W 59/09, JurBüro 2009, 542. 6 OLG Celle, JurBüro 1987, 109; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.2.2009 – 17 W 08/09, AG 2009, 666; OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.2.2001 – 20 W 1/01, AGS 2001, 251. 7 Siehe dazu Schneider, MDR 1974, 7 ff. 8 OLG München, Beschl. v. 28.11.1989 – 11 W 2823/89, MDR 1990, 345 Nr. 72; Zöller/Greger, § 3 ZPO Rn. 16, Stichwort „Prozessverbindung“. 9 VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 9.8.1995 – 8 S 1458/95, n.v.; LAG Baden-Württemberg, BB 1983, 2188. 10 OLG Celle, JW 1933, 550.
872
Kurpat
Prozesszinsen wenn lediglich das Mietverhältnis streitig ist, nicht aber die Höhe des Mietzinses.1 Erheben mehrere Aktionäre in verschiedenen Prozessen Anfechtungsklage gegen denselben Hauptversammlungsbeschluss, soll sich nach einer Verbindung der Klagen, die Kläger sind notwendige Streitgenossen (§ 62 Abs. 1 ZPO), der Gesamtstreitwert nach dem höchsten Einzelstreitwert bestimmen.2
4574
Siehe unter dem Stichwort „Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen“.
Prozesszinsen A. Begriff Prozesszinsen sind in § 291 Satz 1 BGB geregelt. Danach hat der Schuldner einer Geldschuld diese von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist. Wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Da der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit bei Einreichung der Klage noch ungewiss ist, kann Verzinsung ab Rechtshängigkeit beantragt werden. Das Gericht muss im späteren Tenor dann das Datum einsetzen. Der Zinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 291 Satz 2 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB).
4575
B. Zuständigkeitsstreitwert I. Klageverfahren Für den Zuständigkeitsstreitwert eines Klageverfahrens spielen Prozesszinsen keine Rolle, da sie als Nebenforderung außer Ansatz bleiben (§ 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO).
4576
II. Übergang vom Mahnverfahren in das streitige Verfahren Wird nach Widerspruch gegen einen Mahnbescheid das streitige Verfahren durchgeführt und wird nur noch ein Teil der geltend gemachten Ansprüche weiter verfolgt, aber die Zinsen aus dem vollen Betrag, auch soweit dieser nicht mehr im streitigen Verfahren geltend gemacht wird, handelt es sich nicht um Prozesszinsen. An der für Prozesszinsen vorausgesetzten Rechtshängigkeit des Hauptsacheanspruchs fehlt es, wenn nur ein Teil im streitigen Verfahren geltend gemacht wird. Zwar fingiert § 696 Abs. 3 ZPO den Eintritt der Rechtshängigkeit bereits mit Zustellung des Mahnbescheids, aber nur, soweit die Ansprüche tatsächlich auch rechtshängig und damit zur „Streitsache“ i.S.d. § 696 Abs. 3 ZPO geworden sind. Das werden sie aber nur, soweit sie auch begründet werden (§ 697 Abs. 2 ZPO). Fehlt es daran, können nur vertragliche Zinsen, Fälligkeits- und Verzugszinsen geltend gemacht werden. Zu deren Bewertung s. das Stichwort „Zinsen“, Rn. 6407 ff.
Û
Beispiel: Der Antragsteller macht per Mahnbescheid 20 000 Euro nebst Zinsen ab Zustellung des Mahnbescheids gegen den Antragsgegner geltend. Dieser legt Widerspruch ein und zahlt
1 OLG Karlsruhe, Justiz 1980, 272. 2 OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.2.2001 – 20 W 1/01, AGS 2001, 251.
Kurpat/N. Schneider
873
4577
Prozesszinsen
ZPO
15 000 Euro. Daraufhin beantragt der Antragsteller die Abgabe an das Streitgericht und die Durchführung des streitigen Verfahrens wegen der dann noch offenen 5000 Euro sowie sämtlicher Zinsen. Die Zinsen aus den 5000 Euro bleiben als Prozesszinsen gem. § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO unberücksichtigt. Bei den Zinsen aus den weiteren 15 000 Euro handelt es sich nicht um Prozesszinsen, da die 15 000 Euro mangels Anspruchsbegründung nie anhängig geworden sind. Der Antragsteller kann diese lediglich als vertragliche Zinsen, Fälligkeits- und Verzugszinsen verlangen. Insoweit sind sie allerdings keine Nebenforderung, sondern zusätzlich zu bewerten, so dass das Landgericht zuständig wäre. Siehe das Stichwort „Zinsen“, Rn. 6407 ff.
4578
Anders verhält es sich nach einem Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid. Der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid führt bereits zum Eintritt der Rechtshängigkeit (§ 700 Abs. 2 ZPO), mit der Maßgabe, dass die Rechtshängigkeit auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids zurückfingiert wird. Wird hinsichtlich der Hauptsache nur eingeschränkt Einspruch eingelegt, aber hinsichtlich der Zinsen in vollem Umfang, dann handelt es sich um Prozesszinsen, die insoweit zu berücksichtigen sind, als sie aus den erledigten Ansprüchen resultieren.
Û
Beispiel: Der Antragsteller hatte per Mahnbescheid 20 000 Euro nebst Zinsen ab Zustellung des Mahnbescheids geltend gemacht. Da der Antragsgegner keinen Widerspruch eingelegt hat, ist ein Vollsteckungsbescheid über die 20 000 Euro nebst Zinsen ab Zustellung des Mahnbescheids ergangen. Gegen den Vollsteckungsbescheid legt der Antragsgegner nunmehr Einspruch ein, beschränkt diesen jedoch auf einen Teilbetrag von 5000 Euro sowie auf die Zinsen aus den gesamten 20 000 Euro. Daraufhin wird die Sache an das Amtsgericht abgegeben. Die Zinsen aus den mit dem Einspruch nicht angegriffenen 15 000 Euro sind zwar Prozesszinsen. Sie bleiben jetzt jedoch nicht gem. § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO unberücksichtigt, da sie nicht (mehr) vom Bestand der Hauptforderung abhängen und somit keine Nebenforderung mehr sind. Der Streitwert liegt daher auf jeden Fall über 5000 Euro, so dass nicht das Amtsgericht, sondern das Landgericht zuständig ist.
C. Gebührenstreitwert I. Gerichtsgebühren 1. Grundsatz 4579
Für den Gebührenstreitwert gilt § 43 Abs. 1 GKG. Prozesszinsen haben zwar ihren Wert (s. das Stichwort „Zinsen“, Rn. 6423). Sie werden jedoch als Nebenforderung nicht zur Hauptsache hinzugerechnet, soweit Gerichtsgebühren aus dem Wert der zugehörigen Hauptsache anfallen. 2. Erstinstanzliches Verfahren
4580
Für das erstinstanzliche Verfahren können Prozesszinsen grundsätzlich keine Rolle spielen, da Prozesszinsen begrifflich schon voraussetzen, dass die Hauptsache, aus der sie sich ergeben, rechtshängig war. Da im erstinstanzlichen Verfahren die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen aber nur einmal erhoben wird, und die Gebühr logischerweise bereits aus dem Wert der Hauptsache angefallen sein muss, kann der Wert der Zinsen hier wegen § 43 Abs. 1 GKG keine Rolle spielen. Eine Wertfestsetzung nach § 63 GKG hat daher insoweit zu unterbleiben.
874
N. Schneider
Prozesszinsen 3. Übergang vom Mahnverfahren in das streitige Verfahren Kommt es nach einem Mahnverfahren auf Widerspruch oder Einspruch hin zur Durchführung des streitigen Verfahrens, können sich Stufenstreitwerte ergeben. Hinsichtlich der Bewertung gilt das Gleiche wie für den Zuständigkeitsstreitwert (s. Rn. 4576 ff.). Daher können sich hier die Gebühren aus unterschiedlichen Werten ergeben. Das Gericht muss dann für das Mahnverfahren und das streitige Verfahren gesonderte Werte festsetzen.
Û
4581
Beispiel: Wie Beispiel Rn. 4577. Das Gericht setzt den Wert für das Mahnverfahren auf 20 000 Euro fest und den Wert für das streitige Verfahren auf 6000 Euro (5000 Euro restliche Hauptforderung + 1000 Euro Zinsen). Angefallen ist im Mahnverfahren eine 0,5-Gebühr (Nr. 1110 KV GKG) aus 20 000 Euro und im streitigen Verfahren eine 3,0-Gebühr aus 6000 Euro (Nr. 1210 KV GKG), wobei 0,5 aus 6000 Euro anzurechnen sind (Anm. zu Nr. 1210 KV GKG). Zu rechnen ist also wie folgt: 0,5-Gebühr, Nr. 1100 KV GKG (Wert 20 000 Euro) 3,0-Gebühr, Nr. 1210 KV GKG (Wert 6000 Euro) gem. Anm. zu Nr. 1210 KV GKG anzurechnen, 0,5-Gebühr aus 6000 Euro Gesamt
172,50 Euro 495,00 Euro – 82,50 Euro 585,00 Euro1
4. Rechtsmittelverfahren a) Rechtsmittel gegen Hauptsache und Zinsen Soweit sich das Rechtsmittel auch gegen die Hauptsache richtet, aus der sich die Prozesszinsen berechnen, bleiben die Prozesszinsen gem. § 43 Abs. 1 GKG wiederum außer Ansatz.
4582
b) Rechtsmittel nur gegen Zinsen Soweit sich das Rechtsmittel nur gegen die Prozesszinsen richtet, sind diese nach § 43 Abs. 2 GKG mit ihrem Wert zu berücksichtigen. Maßgebend ist der Wert der bis zur Einlegung des Rechtsmittels angefallenen Prozesszinsen zzgl. der zukünftigen Zinsen (§ 40 GKG). Ihr Wert darf den der Hauptsache jedoch nicht übersteigen (§§ 43 Abs. 1, 47 Abs. 2 GKG).
4583
c) Rechtsmittel nur gegen einen Teil der Hauptsache und Zinsen aus nicht angegriffenem Teil der Hauptsache Soweit sich das Rechtsmittel gegen einen Teil der Hauptsache richtet und darüber hinaus gegen Prozesszinsen aus einem nicht angegriffenen Teil der Hauptsache, bleiben die Zinsen, die auf die angefochtene Hauptsache entfallen, gem. § 43 Abs. 1 GKG wiederum außer Ansatz. Die Prozesszinsen aus dem erledigten Teil sind dagegen jetzt nach § 43 Abs. 2 GKG zu bewerten und mit der Hauptforderung nach § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen.
Û
Beispiel: Eingeklagt waren 20 000 Euro nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit. Der Beklagte wird verurteilt, 20 000 Euro nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Er legt Berufung ein, soweit er verurteilt worden ist, mehr als 5000 Euro zu zahlen, sowie wegen der gesamten Zinsen.
1 Die Höchstgrenze des § 36 Abs. 3 GKG, nicht mehr als 3,0 aus dem Gesamtwert von 20 000 Euro (= 1113,00 Euro), ist nicht erreicht.
N. Schneider
875
4584
Prozesszinsen
ZPO
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beläuft sich auf 5000 Euro zzgl. der Prozesszinsen aus den nicht angefochtenen 15 000 Euro. Die Zinsen aus den 5000 Euro bleiben dagegen wiederum als Nebenforderung außer Ansatz.
Û
Beispiel: Eingeklagt waren 20 000 Euro nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit. Im Verlaufe des Verfahrens werden 15 000 Euro gezahlt. Nach übereinstimmender Erledigung der Hauptsache wird der Beklagte verurteilt, 5000 Euro zu zahlen, nebst Prozesszinsen aus 20 000 Euro bis zur Zahlung der 15 000 Euro und ab dann aus den restlichen 5000 Euro. Gegen das Urteil legt der Beklagte im vollem Umfang Berufung ein. Der Streitwert des Berufungsverfahrens berechnet sich auf 5000 Euro zzgl. der Prozesszinsen aus den gezahlten 15 000 Euro. Die Zinsen aus den 5000 Euro werden dagegen nicht hinzugerechnet (§ 43 Abs. 1 GKG).
d) Wechselseitige Rechtsmittel einerseits gegen Zinsen, andererseits gegen Hauptsache 4585
Im Falle wechselseitiger Rechtsmittel kann § 43 Abs. 1 GKG greifen. Legt der Kläger Rechtsmittel gegen die Abweisung seines Zinsantrags ein und der Beklagte gegen seine Verurteilung zur Hauptsache, so werden die Werte der Rechtsmittel insoweit nicht addiert, soweit die angefochtenen Zinsen aus der angefochtenen Hauptsache resultieren.1 Soweit sich die angefochtenen Zinsen dagegen aus einem nicht angefochtenen Teil der Hauptsache berechnen, ist deren Wert nach § 43 Abs. 2 GKG zu berücksichtigen.
II. Anwaltsgebühren 4586
Für den Anwalt gilt über § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG das Gleiche wie für die Gerichtsgebühren. Hier kann es allerdings für die einzelnen Gebühren auch zu unterschiedlichen Werten kommen (Stufenstreitwerte).
Û
Beispiel: Eingeklagt waren 20 000 Euro nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit. Im Verlaufe des Verfahrens werden 15 000 Euro gezahlt. Nach schriftsätzlich übereinstimmend erklärter Erledigung der Hauptsache wird Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt und dort über die restlichen 5000 Euro sowie die gesamten Zinsen verhandelt. Der Gegenstandswert der Verfahrensgebühr der Anwälte (Nr. 3100 VV RVG) beläuft sich auf 20 000 Euro. Die Prozesszinsen werden gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 43 Abs. 1 GKG nicht hinzugerechnet. Der Gegenstandswert der Terminsgebühr der Anwälte (Nr. 3104 VV RVG) beläuft sich 5000 Euro zzgl. der bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung angefallen Zinsen aus den erledigten 15 000 Euro.
Û
Beispiele: Eingeklagt waren 20 000 Euro nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit. Im Verlaufe des Verfahrens erkennt der Beklagte die Hauptforderung an. Über die Zinsen schließen die Parteien einen Vergleich. Der Gegenstandswert der Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) und der Terminsgebühr der Anwälte (Nr. 3104 VV RVG) beläuft sich auf 20 000 Euro. Die Prozesszinsen werden gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 43 Abs. 1 GKG nicht hinzugerechnet. Der Gegenstandswert der Einigungsgebühr (Nrn. 1000, 1003 VV RVG) beläuft sich auf den Wert der Zinsen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 43 Abs. 2 GKG).
1 OLG Koblenz, Urt. v. 10.8.2006 – 7 UF 850/05, AGS 2007, 260 = FamRB 2006, 326.
876
N. Schneider
Prozesszinsen
D. Rechtsmittelstreitwert Für den Rechtsmittelstreitwert können Prozesszinsen eine Rolle spielen. Hier ist zu differenzieren: – Soweit sich das Rechtsmittel auch gegen die Hauptsache richtet, aus der die Zinsen hergeleitet werden, bleiben die Prozesszinsen als Nebenforderung wiederum gem. § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO außer Ansatz.
Û
4587
Beispiel: Der Beklagte ist zur Zahlung von 2000 Euro nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit verurteilt worden. Dagegen legt er Berufung ein, und zwar a) in vollem Umfang b) gegen seine Verurteilung, soweit sie 1400 Euro nebst Zinsen daraus übersteigt. Im Fall a) beträgt der Rechtsmittelstreitwert 2000 Euro und im Fall b) 600 Euro. Die darauf entfallenen Zinsen bleiben jeweils nach § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO außer Ansatz.
– Soweit sich das Rechtsmittel nur gegen die Prozesszinsen richtet, werden diese im Rechtsmittelverfahren zur Hauptsache und sind zu bewerten. – Soweit sich das Rechtsmittel gegen einen Teil der Hauptsache richtet und darüber hinaus gegen Prozesszinsen aus einem nicht angegriffenen Teil der Hauptsache, bleiben die Zinsen, die auf die angefochtene Hauptsache entfallen gem. § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO außer Ansatz. Die Prozesszinsen aus dem nicht angegriffenen Teil sind dagegen jetzt als Hauptforderung hinzuzurechnen.
Û
Beispiele: Eingeklagt waren 2000 Euro nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit. Im Verlaufe des Verfahrens werden 1400 Euro gezahlt. Nach übereinstimmender Erledigung der Hauptsache wird der Beklagte verurteilt, 600 Euro zu zahlen nebst Prozesszinsen aus 2000 Euro bis zur Zahlung der 1400 Euro und ab dann aus den restlichen 600 Euro. Gegen das Urteil legt der Beklagte im vollem Umfang Berufung ein. Der Rechtsmittelstreitwert berechnet sich auf 600 Euro zuzüglich der Prozesszinsen aus den gezahlten 1400 Euro. Die Zinsen aus den 600 Euro bleiben dagegen außer Ansatz. Der Beklagte wird verurteilt, 2000 Euro nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Er legt Berufung ein, soweit er verurteilt worden ist, mehr als 1400 Euro zu zahlen, sowie wegen der gesamten Zinsen. Der Rechtsmittelstreitwert berechnet sich wiederum auf 600 Euro zzgl. der Prozesszinsen aus den nicht angefochtenen 1400 Euro. Die Zinsen aus den 600 Euro bleiben dagegen wiederum als Nebenforderung außer Ansatz.
E. Die Bewertung I. Maßgebende Wertvorschrift Prozesszinsen sind – im Gegensatz zu Hypothekenzinsen – nicht gem. § 9 ZPO zu bewerten, da sie keine wiederkehrenden Leistungen oder Rechte sind. Abzustellen ist auf § 3 ZPO.1 Das gilt auch für die Gerichtsgebühren (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) und die Anwaltsgebühren (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG).
1 BGH, Urt. v. 6.11.1961 – III ZR 143/60, MDR 1962, 285; OLG Celle, Nds.Rpfl. 1965, 229; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.8.1992 – 9 W 69/92, JurBüro 1993, 166.
N. Schneider
877
4588
ZPO
Prozesszinsen
II. Maßgebender Zeitpunkt 1. Zuständigkeitsstreitwert 4589
Soweit Zinsen für den Zuständigkeitsstreitwert zu berücksichtigen sind (s. Rn. 4576 ff.), ist nach § 4 Abs. 1 Hs. 1 ZPO auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage abzustellen. Das entspricht nach Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid dem Antrag auf Erlass des Mahnbescheids. 2. Rechtsmittelstreitwert
4590
Im Rechtsmittelverfahren kommt es auf den Zeitpunkt der Einreichung des Rechtsmittelantrags an (§ 4 Abs. 1 Hs. 1 ZPO). Nach OLG Celle soll es für die Beschwer auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommen.1 Das ist jedoch unzutreffend, weil es dem eindeutigen Wortlaut des § 4 ZPO widerspricht. 3. Gebührenstreitwert
4591
Maßgebender Zeitpunkt für die Bewertung der Zinsen für den Gebührenstreitwert ist gem. § 40 GKG der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung, die den Rechtszug einleitet. Im Klageverfahren ist daher auf die Einreichung der Klage bzw. der Klageerweiterung oder der Widerklage abzustellen. Bei vorangegangenem Mahnverfahren (s. Rn. 4576 ff.) ist der Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids maßgebend. Im Rechtsmittelverfahren kommt es auf die Einreichung des Rechtsmittelantrags an.
III. Die Berechnung 4592
Da es sich bei den geforderten Prozesszinsen um eine Forderung mit ungewissem Erfüllungszeitpunkt handelt, ist der Streitwert nach § 3 ZPO frei zu schätzen.2 Bei gewöhnlichen Zinsen geht der BGH3 von Rückständen und dem auf ein Jahr geschätzten Zinsschaden aus. Da es bei den Prozesszinsen im erstinstanzlichen Verfahren begrifflich keine Rückstände geben kann, wäre insoweit vom Jahreswert auszugehen. Im Rechtsmittelverfahren können dagegen auch Rückstände zu berücksichtigen sein.
4593
Der Jahreswert dürfte in vielen Fällen jedoch zu gering bemessen sein. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt, zu dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einer Zahlung der Zinsen zu rechnen ist. Dabei ist insbesondere die voraussichtliche Verfahrensdauer zugrunde zu legen. Diese kann je nach Verfahren (und Gericht) unterschiedlich zu schätzen sein. Handelt es sich z.B. um ein Verfahren nach § 495a ZPO, kann je nach Gericht mit einer Verfahrensdauer von unter einem Jahr zu rechnen sein, so dass ein geringerer Wert zugrunde zu legen ist. Handelt es sich dagegen um ein aufwendiges Verfahren, in dem mehrere Beweiserhebungen zu erwarten sind, dürfte von einem höheren Wert auszugehen sein. In
1 OLG Celle, Beschl. v. 12.4.1965 – 3 U 195/64, Nds.Rpfl. 1965, 229. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.8.1992 – 9 W 69/92, JurBüro 1993, 166. 3 BGH, Urt. v. 25.6.1981 – III ZR 96/80, Rpfleger 1981, 396 = NJW 1981, 2360.
878
N. Schneider
Rumungsfristverfahren entsprechender Anwendung des § 9 ZPO dürfte ein höher Wert als der 3 1/2-fache Jahreswert nicht überschritten werden. Eine Begrenzung des Wertes der Zinsen auf den Wert der Hauptforderung, aus der sie hergeleitet werden, ist für den Rechtsmittelstreitwert nicht vorgesehen. Der Wert der Zinsen kann daher auch höher liegen.
4594
Soweit es um den Wert für die Gerichts- oder Anwaltsgebühren geht, ist allerdings § 43 Abs. 2 GKG zu berücksichtigen. Der Wert der Zinsen darf nicht höher angesetzt werden als die Hauptforderung, aus der sie hergeleitet werden. Das gilt erst recht im Rechtsmittelverfahren (§ 47 Abs. 2 GKG).
4595
Rumungsfristverfahren Gemäß §§ 721, 794a ZPO ist auf Antrag oder von Amts wegen über die Gewährung einer Räumungsfrist und auf Antrag über deren Verkürzung oder Verlängerung zu entscheiden. Wird der Antrag im Hauptsacheverfahren (hilfsweise) neben dem auf Verurteilung zur Räumung bzw. auf Klageabweisung gerichteten Sachantrag gestellt, dann scheidet eine Werterhöhung aufgrund wirtschaftlicher Identität aus.1
4596
Für den Wert des eigenständigen Beschluss- oder des Beschwerdeverfahrens ist das nach § 3 ZPO zu schätzende Interesse des Vollstreckungsschuldners am Räumungsaufschub bzw. des Vollstreckungsgläubigers am vorzeitigen Rückerhalt des Nutzungsobjekts maßgebend. Ist der Antrag auf Einräumung eines (weiteren) Aufschubs oder einer Verkürzung mit bestimmter Dauer gestellt, bestimmt sich der Wert nach dem für diesen Zeitraum anfallenden Nutzungsentgelt.2 Zu beachten bleibt, dass gem. §§ 721 Abs. 5, 794a Abs. 3 ZPO die Räumungsfrist insgesamt ein Jahr nicht überschreiten darf.3 Für eine Bruchteilsbewertung oder unabhängig von §§ 721 Abs. 5, 794a Abs. 3 ZPO zeitbezogene Beschränkung besteht kein Anlass, auch nicht, weil mit der Räumungsfrist die (fortdauernde) Pflicht zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung verbunden ist.4 Wie auch sonst für die Bewertung nach § 41 Abs. 1 GKG ist es unerheblich, dass mit dem festzustellenden Bestand des Mietverhältnisses zugleich Zahlungsverpflichtungen verbunden sind. Eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet bei der Ermittlung des klägerischen Interesses (in der Regel) nicht statt.
4597
Siehe für das Vollstreckungsschutzverfahren nach § 765a ZPO auch unter dem Stichwort „Vollstreckungsschutz“.
4598
1 LG Baden-Baden, Beschl. v. 19.1.2012 – 4 T 26/11, AGS 2013, 418 – für Widerklage auf Einräumung einer Räumungsfrist. 2 OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.6.2006 – 13 U 89/06, NJW-RR 2007, 15; LG München, Beschl. v. 7.10.2014 – 14 T 17971/14, ZMR 2014, 991; LG Kempten, AnwBl. 1968, 58; LG München, Beschl. v. 26.3.2008 – 14 T 4822/08, ZMR 2009, 371; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Miete und Pacht“ Rn. 41. 3 Daher zutreffend Hartmann, KostG, Anh. I § 48 GKG (§ 3 ZPO) Rn. 93 unter „Räumungsfrist“: Wert höchstens Jahresbetrag. 4 LG Bad Kreuznach, JVBl. 1965, 214; KostRsp. GKG a.F. § 12 Nr. 21: Hälfte der während der Schutzfrist zu zahlenden Nutzungsentschädigung; LG Krefeld, KostRsp. GKG a.F. § 12 Nr. 25; LG Stuttgart, Rpfleger 1968, 62: in der Regel 3-fache Monatsmiete bzw. Nutzungsentschädigung.
N. Schneider/Kurpat
879
ZPO
Rangverbesserung
Rangverbesserung 4599
Vorrangstreitigkeiten hinsichtlich im Grundbuch eingetragener Rechte sind nach § 3 ZPO zu bemessen, da es nicht um die Begründung eines Pfandrechts, sondern nur um dessen Werterhöhung geht.
4600
Bei der Bewertung eines Anspruchs auf Vorrangseinräumung für ein Grundpfandrecht ist der Wert des vortretenden Rechts, höchstens jedoch der Wert des zurücktretenden Rechts maßgebend, da insoweit § 9 ZPO vorrangig ist.1
4601
Die Sperrklausel des § 6 Satz 2 ZPO ist immer zu berücksichtigen.2 Der Wert kann also nicht höher als die Gefährdung des Gläubigers sein, der den Vorrang anstrebt.
4602
Bezweckt die Klage, der eine Vereinbarung über die Eintragung einer Gesamthypothek an bestimmter Rangstelle auf mehreren Grundstücken zugrunde liegt, nicht nur die Rangverbesserung der auf einem der Grundstücke bereits eingetragenen Sicherungshypothek, sondern zugleich ihre Eintragung als Gesamthypothek mit der bereits auf den anderen Grundstücken eingetragenen Hypothek, so bestimmt sich der Streitwert auch dann nach § 6 ZPO, wenn die wirtschaftliche Sicherung der Forderung schon allein durch die Rangverbesserung der bereits eingetragenen Hypothek mit Sicherheit erreicht würde.3
4603
Als Streitwert ist daher der Forderungsbetrag anzunehmen, nicht gem. § 3 ZPO nur der geringere Wert des wirtschaftlichen Interesses des Klägers an der Rangverbesserung der bereits vorhandenen Hypothek.4
Ratenzahlung Literatur: Bräuer, JurBüro 2008, 62.
4604
Eine hinsichtlich der Klageforderung vereinbarte Ratenzahlung ist auf die Höhe des Zuständigkeits- und Gebührenstreitwerts grundsätzlich ohne Einfluss, da im wirtschaftlichen Ergebnis immer der volle Betrag verlangt wird und daher dieser auch der Streitwertberechnung zugrunde zu legen ist.
4605
Eine geringere Bewertung der Streitigkeit kommt nur dann in Betracht, wenn die Forderung als solche zwischen den Parteien unstreitig bzw. bereits rechtskräftig beschieden ist, der Streit also nur darüber geht, ob der Anspruch des Klägers sofort in voller Höhe oder in Raten zu begleichen ist.5 Hier ist der Wert der Ratenzahlungsvereinbarung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.
4606
Û
4607
Zu dieser Schätzung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG werden unterschiedliche Ansichten vertreten: 1 2 3 4 5
Hinweis: In Betracht kommt eine solche Vereinbarung insbesondere dann, wenn in einem Prozessvergleich für den durch Teilurteil erledigten Teil des Klagebegehrens Ratenzahlung vereinbart wird. Denn dann bildet nicht der ganze ursprüngliche Klageanspruch den Streitwert, sondern das Interesse der Parteien an der Ratenzahlungsvereinbarung.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.12.1981 – 22 U 85/81, MDR 1982, 411 = AnwBl. 1982, 111. OLG Kiel, JW 1933, 2471 Nr. 7. OLG Frankfurt, Rpfleger 1956, 318. OLG Frankfurt, Rpfleger 1956, 318. Vgl. dazu das Stichwort „Fälligkeit“.
880
Monschau/Noethen
Reallast – Teilweise wird ein Wert i.H.v. 1/3 der Forderung angenommen.1 – Andere Stimmen sprechen sich für eine Wertfestsetzung i.H.v. 1/6 bis 1/5 der Forderung aus.2 – Das KG hat lediglich 1/10 der bereits rechtskräftig titulierten Forderung angesetzt.3 – Das AG Lüdenscheid schließlich wendet sich grundsätzlich gegen eine Bruchteilsbewertung, sondern will das konkrete Interesse der Parteien am Zustandekommen der Ratenzahlungsvereinbarung berücksichtigen.4 Dieses Interesse könne bei einer Ratenzahlungsvereinbarung über eine durch Versäumnisurteil bereits erledigte Forderung darin bestehen, die Mehrkosten zu vermeiden, die hätten anfallen können, wenn es nach dem Erlass des Versäumnisurteils zu einem weiteren Termin oder einer Zwangsvollstreckung gekommen wäre. Von der Frage des Werts ist zu unterscheiden, ob bei einer Ratenzahlungsabrede eine Gebühr entstehen kann (vgl. hierzu auch das Stichwort „Vergleich“, Rn. 5491 ff.). Für die Entstehung der Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG ist ein gegenseitiges Nachgeben nicht (mehr) erforderlich.5 In Ansehung der jetzigen Fassung von Nr. 1000 VV RVG, insbesondere wegen der Klarstellung in Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG erscheinen mittlerweile – wenn überhaupt – nur noch wenige Konstellationen denkbar, in denen bei einer Teilzahlungsabrede keine Einigungsgebühr anfällt, nämlich nur dann, wenn sich die Teilzahlungsabrede auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht beschränkt.6
4608
Bei Anfechtung einer Wertsicherungsklausel (z.B. Angleichung an die Beamtenbesoldung) bestimmt sich der Streitwert gem. § 3 ZPO7 nach dem Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung dieser Klausel. Es sind also bei der Wertfestsetzung die aus dieser Klausel sich ergebenden Möglichkeiten einer Erhöhung, aber auch einer Herabsetzung des in Raten zu tilgenden Kaufpreises in Betracht zu ziehen.
4609
Reallast Zum Begriff der Reallast gehört die Entrichtung wiederkehrender Leistungen (§ 1105 BGB). Deshalb ist § 9 ZPO die maßgebende Bewertungsvorschrift.8
4610
Die für Grunddienstbarkeiten geltende Regel des § 7 ZPO ist auf Reallasten nicht anwendbar.
4611
Die Klage auf Zahlung einer Rente und auf Eintragung einer Reallast im Grundbuch zur Sicherung dieser Rente ist wirtschaftlich auf denselben Erfolg gerichtet. Eine Zusammenrechnung der beiden Werte findet deshalb nicht statt.9
4612
Ebenso ist zu bewerten, wenn auf Zahlung eines erhöhten Erbbauzinses und die Eintragung einer entsprechend erhöhten Reallast im Grundbuch geklagt wird.10
4613
1 OLG Celle, JurBüro 1971, 237; Anders/Gehle, Handbuch des Streitwerts, „Vergleich“ Rn. 11; zweifelnd OLG Jena, Beschl. v. 31.5.2006 – 9 W 119/06, MDR 2006, 1436. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.4.1961 – 1 W 35/61, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 35. 3 KG, Urt. v. 5.1.2004 – 12 U 157/02, KGR 2004, 446. 4 AG Lüdenscheid, Urt. v. 31.5.2007 – 94 C 393/06, AGS 2008, 251. 5 BGH, Beschl. v. 24.1.2006 – VII ZB 74/05, NJW 2006, 1598. 6 AG Plön, Beschl. v. 5.5.2011 – 10 M 1544/10, DGVZ 2011, 135. 7 OLG Bamberg, JurBüro 1962, 689 Nr. 221. 8 OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.12.1981 – 22 U 85/81, MDR 1982, 411 = AnwBl. 1982, 111. 9 OLG Celle, Beschl. v. 26.3.2014 – 4 U 6/14. 10 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1983, 159 = KostRsp. ZPO § 5 Nr. 52 mit Anm. E. Schneider.
Noethen/Monschau
881
Rechnungslegung Bei Klagen auf Löschung einer Reallast bemisst sich der Streitwert nach § 9 ZPO, da es um die Erbringung wiederkehrender Leistungen gem. § 1105 BGB geht.1 Sofern nach dem Inhalt der streitgegenständlichen Reallast das Bezugsrecht von bestimmter Dauer ist – die Reallast also beispielsweise der Sicherung der zur Tilgung eines Grundstückskaufpreises vereinbarten monatlichen Raten diente – ist gem. § 9 Satz 2 Alt. 2 ZPO der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, sofern er niedriger ist als der 25-fache Betrag des einjährigen Bezugs. Der Verkehrswert des Grundstücks begrenzt entsprechend § 6 ZPO den Höchstbetrag des Streitwerts.2
4614a
Bestand im Zeitpunkt der Klageerhebung das Bezugsrecht nicht mehr, bestimmt sich der Streitwert nur noch nach dem Interesse des Käufers an der Löschung der Belastung und damit der Herstellung der Übereinstimmung des Grundbuchs mit der wahren Rechtslage, das nach § 3 ZPO zu schätzen ist.3 Der Streitwert ist für den Regelfall mit 20 % des Werts der ursprünglich gesicherten Forderung anzusetzen.4
ZPO
4614
Rechnungslegung 4615
Der Streitwert einer Klage auf Rechnungslegung bemisst sich gem. § 3 ZPO nach dem Interesse, das der Kläger hat, mit einem solchen Anspruch die Begründung des Leistungsanspruchs zu erleichtern, wobei er sich zugleich Mühe und Kosten der eigenen Aufklärung erspart.5
4616
Das Interesse des Klägers an der Rechnungslegung ist stets geringer als der Wert des Hauptanspruchs, dem die Rechnungslegung dienen soll. Beschränkt sich das Interesse ausnahmsweise auf die Rechnungslegung, ist also keine Zahlungsklage beabsichtigt, dann ist der Streitwert nach dem Zeit- und Sachaufwand für die Rechnungserteilung zu bemessen.6
4617
Der künftige Leistungsanspruch, der durch die Klage auf Rechnungslegung vorbereitet werden soll, bildet nur eine Schätzungsgrundlage,7 die keinesfalls überschritten werden darf.8
4618
Der Wert des Interesses des Klägers ist weder nach seiner Vorstellung noch nach dem Ergebnis zu bemessen, sondern nach objektiven Anhaltspunkten für die Zeit der Klageerhebung. Wertangaben der Parteien und wirklicher Wert der Gegenstände, über die Auskunft verlangt wird, haben nur die Bedeutung von Indizien.9
4619
Unzutreffend ist es daher, auf den Betrag abzustellen, der sich aus der Rechnungslegung ergibt.10
4620
Keine sachliche Abweichung liegt in der Formulierung, Ausgangspunkt sei der Betrag, den der Kläger sich nach seinem Sachvortrag von der Rechnungslegung bestenfalls verspreche. Denn auch dabei wird „auf den Sachvortrag“ abgestellt. 1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.11.1992 – 2 W 40/92, OLGR Frankfurt 1993, 47. 2 OLG Bremen, Rpfleger 1957, 275. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.11.1992 – 2 W 40/92, OLGR Frankfurt 1993, 47; Beschl. v. 28.5.2008 – 1 W 35/08. 4 OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 28.5.2008 – 1 W 35/08. 5 BGH, Rpfleger 1959, 110. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.1.1995 – 22 W 65/94, OLGR 1995, 192. 7 OLG Köln, DB 1955, 724. 8 BGH, NJW 1960, 1252. 9 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1961, 221. 10 So aber OLG Bremen, Rpfleger 1957, 273.
882
Monschau/N. Schneider
Rechnungslegung Dies ist nötig, um der Möglichkeit zu begegnen, dass der Kläger durch willkürliche Zahlenangaben den Streitwert hochtreibt.
4621
Für das maßgebende Interesse des Klägers ist von dem Zahlungs- oder anderweitigen Leistungsanspruch auszugehen, den er nach seiner Darlegung zu erwarten hat. Der Streitwert dieses möglichen Leistungsanspruchs ist dann wegen bloßen Auskunftsbegehrens zu kürzen, nämlich mit einem Bruchteil des erwarteten Anspruchs zu bewerten.1 Da es stets auf den Einzelfall ankommt, ist eine gleich bleibende Quotierung ausgeschlossen.2
4622
Der Spielraum für das Schätzungsermessen liegt zwischen 1/10 und 2/53 oder 1/3 und .
4623
1/5 4
Als Regelbruchteil wird vielfach 1/4 angesetzt.5 Andere Gerichte haben z.B. mit 1/10 bewertet.6 Der BGH7 hat einmal 1/5 angesetzt. Kann der Kläger ohne Abrechnung seinen Zahlungsanspruch gar nicht verfolgen, dann mag im Einzelfall der Wert des Anspruchs auf Rechnungslegung bis nahe an den Wert des Zahlungsanspruchs herankommen.8 Entsprechend verhält es sich, wenn mit der Rechnungslegung zugleich eine Feststellungswirkung erzielt wird.9
4624
Der Begründung eines BGH-Beschlusses10 ist eine aufschlussreiche Zusammenstellung der beim Kläger zu bewertenden Interessenkonstellationen zu entnehmen: – Die Durchsetzbarkeit des Zahlungsanspruchs hängt von der Rechnungslegung ab: hohe Bewertung, ggf. wie der Zahlungsanspruch selbst. – Die Durchsetzbarkeit wird durch Rechnungslegung erleichtert: Streitwert etwa die Hälfte des Wertes des Zahlungsanspruchs. – Der Leistungsanspruch ist im Wesentlichen auch ohne Rechnungslegung durchzusetzen: geringer Wertansatz, etwa 1/4 des Zahlungsbegehrens. – Der Kläger ist bereits im Besitz der Unterlagen, so dass ihm die Mithilfe des Beklagten nur noch der Kontrolle dient: geringster Wertansatz, etwa 1/10 des Streitwerts des Zahlungsanspruchs.
4625
Eine Zusammenrechnung des Anspruchs auf Rechnungslegung mit dem Anspruch auf Zahlung scheidet wegen der bloß vorbereitenden Zweckbestimmung des Rechnungslegungsanspruchs aus. Siehe auch § 44 GKG.
4626
Das gilt auch dann, wenn von vornherein ein bereits bezifferter Leistungsantrag als Teilforderung gestellt wird, sofern die Rechnungslegung auch der Ermittlung dieses Teilbetrages dient.
4627
Ist dies nicht der Fall, wird also über den durch Rechnungslegung vorzubereitenden erhofften Leistungsbetrag hinaus ein zusätzlicher Betrag verlangt, dann fällt die Anspruchsüberlagerung weg.
4628
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
LG Freiburg, WuM 1991, 504. BGH, NJW 1960, 1252. OLG Celle, Nds.Rpfl. 1961, 221. KG, Rpfleger 1962, 153. Siehe z.B. KG, Rpfleger 1972, 153; OLG Köln, VersR 1976, 1154; LG Bonn, Beschl. v. 31.10.1991 – 6 T 246/91, JurBüro 1992, 117. OLG Celle, Nds.Rpfl. 1960, 177; OLG Nürnberg, MDR 1960, 570. BGH, JurBüro 1960, 796. BGH, MDR 1962, 564; LG Freiburg, WuM 1991, 504. BGH, NJW 1960, 1252. BGH, JurBüro 1983, 1182.
N. Schneider
883
ZPO
Recht am eigenen Bild 4629
Die Streitwerte eines Anspruchs auf Rechnungslegung und eines davon unabhängigen Anspruchs auf Leistung müssen, soweit die Selbständigkeit des Leistungsanspruchs reicht, nach § 5 ZPO addiert werden.1
4630
Hat umgekehrt der Rechnungslegungsanspruch nur den Zweck, einen neben der Hauptforderung verfolgten Zinsanspruch zu klären, ist er streitwertmäßig bedeutungslos.2
4631
Auf das Interesse des Beklagten kommt es dann an, wenn über seinen Sachantrag zu entscheiden ist, also bei Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Rechnungslegung. Maßgebend ist dann der Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert.3 Siehe näher dazu bei den Stichwörtern „Auskunftsanspruch“, Rn. 1406 ff. und „Stufenklage“, Rn. 5099 ff. sowie „Rechtsmittel“, Rn. 4675 ff.
4632
Zu beachten ist Folgendes: – Das Interesse des Beklagten an der Abwehr eines ausgeurteilten Rechnungslegungsanspruchs des Klägers ist maßgebend, auch soweit es auf schutzwürdige Geheimhaltung bestimmter Tatsachen gerichtet ist, also beispielsweise nicht beim Unterhaltsanspruch über das Einkommen. – Unmaßgeblich ist aber das bloße Interesse, durch Verschweigen die Rechtsverfolgung des Gegners zu vereiteln oder zu erschweren.4 – Das Interesse des Beklagten ist entsprechend geringer zu bewerten, wenn der Beklagte bereits weitgehend durch von ihm gemachte Angaben die Unklarheit über die Höhe des Hauptanspruchs beseitigt hatte. Das Interesse des Beklagten ist schutzwürdig, wenn es ihm darum geht, den mit der Rechnungslegung voraussichtlich verbundenen Aufwand an Zeit und Kosten zu vermeiden.5
4633–4636
Einstweilen frei.
Recht am eigenen Bild 4637
Das Recht am eigenen Bild (§ 22 KunstUrhG) ist Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die (vorbeugende) Unterlassungsklage wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild ist daher eine hinsichtlich des Gebührenstreitwertes nach § 48 Abs. 2 GKG zu bewertende nichtvermögensrechtliche Streitigkeit.6 Der Wert ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu bestimmen und darf nicht über 1 Million Euro angenommen werden. Der Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nach § 3 ZPO frei zu schätzen.
4637a
Für die streitwertrechtliche Bewertung ist maßgeblich auf die Intensität des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht abzustellen. Erfolgt beispielsweise die Veröffentlichung von Lichtbildern des Angeklagten im laufenden Strafverfahren, dann sind die damit verbundenen Folgen nachfolgend nur noch schwer zu beseitigen. Ande1 OLG Naumburg, JVBl. 1939, 169; KG, JW 1927, 1388. 2 RGZ 29, 395. 3 BGH, Beschl. v. 30.1.1991 – XII ZB 156/90, MDR 1991, 679; BGH v. 27.3.1991 – XII ZB 25/91, NJW-RR 1991, 956; jetzt der Große Zivilsenat des BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1192. 4 BGH, JurBüro 1983, 1182; BGH, JurBüro 1978, 357. 5 BGH, NJW 1970, 1083; JurBüro 1983, 1181. 6 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 13.4.2011 – 5 W 70/11, AfP 2011, 582; KG, JurBüro 1969, 1190.
884
N. Schneider/Kurpat
Rechtsmittel rerseits ist zu berücksichtigen, ob der Lichtbildveröffentlichung bereits anderweitige Veröffentlichungen vorausgegangen sind.1 Wird der Unterlassungsanspruch mit einem aus der Verletzung des Rechts am eigenen Bild hergeleiteten Schadensersatzanspruch verbunden, so ist nach § 48 Abs. 4 GKG nur der höhere der beiden Ansprüche maßgebend.
4638
Rechtsbeschwerde Ein Zuständigkeitsstreitwert muss für die Rechtsbeschwerde nicht festgesetzt werden, da sich die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des BGH bereits aus § 133 GVG ergibt.
4639
Für die Gerichtsgebühren ist eine Wertfestsetzung überwiegend nicht erforderlich, weil Festgebühren anfallen (vgl. Nr. 1823 ff. KV GKG). Wertgebühren fallen hingegen bei der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss, durch den die Berufung als unzulässig verworfen wurde (Nr. 1820 KV GKG), bei Rechtsbeschwerden gem. § 20 KapMuG (vgl. Nr. 1821 KV GKG), im Verteilungsverfahren (vgl. Nr. 2122 KV GKG), gegen die Beschwerdeentscheidung im Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. Nr. 2362 KV GKG) sowie bei Rechtsbeschwerden nach § 74 GWB, § 86 EnWG, § 35 KSpG und § 24 VSchDG (vgl. Nr. 1230 KV GKG) an. Der Gebührenstreitwert ist nach § 47 GKG – ggf. i.V.m. Sondervorschriften, z.B. § 51a Abs. 2 GKG für KapMuG Verfahren2 – zu bestimmen. Maßgeblich ist in erster Linie der Antrag des Beschwerdeführers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Wird die Rechtsbeschwerde nicht bzw. nicht fristgerecht begründet, richtet sich der Streitwert nach der Beschwer.
4640
Der Anwalt erhält die Wertgebühren nach Nr. 3502 VV RVG (Verfahrensgebühr) und – soweit ein Termin stattfindet – nach Nr. 3516 VV RVG (Terminsgebühr). Der Gegenstandswert ist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG, § 47 GKG – ggf. i.V.m. Sondervorschriften, z.B. § 23b RVG für KapMuG Verfahren – zu bestimmen.
4641
Vgl. im Übrigen hinsichtlich der Einzelheiten das Stichwort „Rechtsmittel“.
Rechtshngigkeit Siehe das Stichwort „Einrede, Einwendung“.
Rechtsmittel Literatur: Ewers, FamRZ 2001, 1050; Otto, JurBüro 1997, 286; Jauernig, NJW 2001, 3027; Mayer/Mayer, JurBüro 1993, 325; Lappe, NJW 1999, 1432; Schulte, MDR 2000, 807; N. Schneider, AGS 2004, 89; H. Schmidt, JurBüro 1953, 377 (Streitgenossen-Prozess); Tschischgale, MDR 1962, 617 (Berufung und Revision); Mümmler, JurBüro 1975, 313 (Gebührenansatz nach Zurückverweisung); Baumgärtel/Klingmüller, VersR 1980, 420 (fiktive Anträge in Verbindung mit Rechtsmittelrücknahme).
1 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 13.4.2011 – 5 W 70/11, AfP 2011, 582. 2 BGH, Beschl. v. 13.12.2011 – II ZB 6/09, NJW-RR 2012, 491.
Kurpat/Noethen
885
Rechtsmittel Gliederungsübersicht
ZPO
Rn. A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4642 B. Gebührenstreitwert I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsmittelantrag (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG) 1. Inhalt des Antrags . . . . . . . . . . . 2. Unbeachtlicher Antrag . . . . . . . a) Teilbarer oder unteilbarer Streitgegenstand . . . . . . . . . . b) Rechtsmissbrauch . . . . . . . . c) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . 3. Bewertungszeitpunkt . . . . . . . . III. Beschwer (§ 47 Abs. 1 Satz 2 GKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Wertbegrenzung (§ 47 Abs. 2 GKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. I. II. 1.
Beschwer Allgemeines . . . . . . . . . . . . Bestimmung der Beschwer . Formelle und materielle Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Änderung der Beschwer. . . .
. 4646
. 4648 . 4653 . . . .
4654 4658 4665 4667
. 4673 . 4674
. . . . 4675 . . . . 4676 . . . . 4678 . . . . 4682
D. Rechtsmittelstreitwert . . . . . . . . 4686 E. I. 1. 2.
Einzelfälle Beschwerde Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 4689 Einzelne Beschwerdearten. . . . . . 4691
Rn. 3. Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . II. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel. . . . . . . . . . . . . . III. Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . IV. Grundurteil . . . . . . . . . . . . . . V. Teilurteil 1. Streitiges Teilurteil . . . . . . . . . 2. Teilanerkenntnisurteil . . . . . . VI. Zwischenurteil . . . . . . . . . . . . VII. Streitgenossen . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsmittel gegen mehrere Streitgenossen . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsmittel durch mehrere Streitgenossen . . . . . . . . . . . . VIII. Eventualaufrechnung . . . . . . . IX. Haupt- und Hilfsantrag . . . . . . X. Zurückbehaltungsrecht . . . . . XI. Verurteilung Zug-um-Zug 1. Rechtsmittel des Klägers . . . . 2. Rechtsmittel des Beklagten . . 3. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . XII. Erledigung der Hauptsache . . . XIII. Verlustigerklärung . . . . . . . . . XIV. Auskunftsanspruch . . . . . . . . XV. Versehentliches Rechtsmittel . XVI. Unzulässiges Rechtsmittel . . .
. . 4697 . . 4701 . . 4711 . . 4716 . . . .
. . . .
4718 4720 4722 4725
. . 4726 . . . .
. . . .
4727 4734 4738 4742
. . . . . . . .
. . . . . . . .
4744 4747 4749 4754 4755 4758 4764 4765
F. Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4766 G. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4773
A. Einleitung 4642
Bei der Wertbestimmung im Rechtsmittelverfahren ist zwischen dem Rechtsmittelstreitwert, dem Gebührenstreitwert, der Beschwer und dem Wert des Beschwerdegegenstandes zu unterscheiden.
4643
Die Beschwer des Rechtsmittelführers, die für die Frage der Statthaftigkeit des Rechtsmittels und in bestimmten Fällen für den Gebührenstreitwert von Bedeutung ist, bestimmt sich nach dem Inhalt der angefochtenen Entscheidung, soweit diese den Beschwerdeführer unmittelbar rechtlich benachteiligt. Der Wert des Beschwerdegegenstands richtet sich dagegen nach dem konkreten Antrag des Rechtsmittelführers – er kann mit der Beschwer übereinstimmen, aber auch hinter ihr zurückbleiben. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das beschwerende Urteil mit dem Rechtsmittel nur teilweise angegriffen und im Übrigen hingenommen wird. Der Wert des Beschwerdegegenstands kann aber nicht größer sein als die Beschwer.1
Û
Beispiel: A wird zur Zahlung von 15 000 Euro verurteilt. Seine Beschwer beträgt daher 15 000 Euro. Legt A in vollem Umfang Berufung ein, beläuft sich auch der Wert des Beschwerdegegenstands auf 15 000 Euro. Greift A das Urteil dagegen nur insoweit an, als er zur Zahlung von mehr als 10 000 Euro verurteilt wurde, beträgt der Wert des Beschwerdegegenstands 5000 Euro.
1 Vgl. auch die Ausführungen von Jauernig, NJW 2001, 3027.
886
Noethen
Rechtsmittel Der Rechtsmittelstreitwert betrifft die Frage der Zulässigkeit eines Rechtsmittels; er hat im Wesentlichen nur für Berufung und Beschwerde Bedeutung. Nach § 26 Nr. 8 EGZPO gilt allerdings während einer Übergangszeit für die revisionsrechtliche Nichtzulassungsbeschwerde eine Grenze von 20 000 Euro. Die Berufung ist – mangels Zulassung durch das Erstgericht – nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt. Für die Beschwerden in Kostensachen muss der Wert des Beschwerdegegenstandes einen Betrag von 200 Euro übersteigen (§ 567 Abs. 2 ZPO).
4644
Der Gebührenstreitwert schließlich hat nichts mit der Zulässigkeit des Rechtsmittels zu tun, sondern ist Maßstab für die Berechnung der Gerichts- und Anwaltsgebühren im Rechtsmittelverfahren.
4645
B. Gebührenstreitwert I. Allgemeines Der Gebührenstreitwert richtet sich nach § 47 GKG, also in erster Linie nach den Anträgen des Rechtsmittelklägers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Berufungs- oder Revisionsbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Berufungs- oder Revisionsanträge nicht eingereicht, so ist die Beschwer des Rechtsmittelklägers maßgebend (§ 47 Abs. 1 Satz 2 GKG). Weitere Wertvorschriften für die Gebühren in der Rechtsmittelinstanz finden sich in § 41 Abs. 4 GKG (Rechtsmittel bei Ansprüchen aus §§ 574 bis 574b BGB), § 45 Abs. 2 GKG (wechselseitig eingelegte Rechtsmittel) und § 62 GKG (Bindung an den Rechtsmittelstreitwert).
4646
Die Wertvorschriften gelten für sämtliche Rechtsmittel (Berufung, Revision, Beschwerde, weitere Beschwerde, Rechtsbeschwerde). Für die Nichtzulassungsbeschwerde sowie für das Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels bestimmt sich der Streitwert nach § 47 Abs. 3 GKG.
4647
II. Rechtsmittelantrag (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG) 1. Inhalt des Antrags Der Gebührenstreitwert für das Rechtsmittelverfahren bestimmt sich gem. § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG in erster Linie nach dem Antrag des Rechtsmittelführers.1 Ein darüber hinausgehendes oder dahinter stehendes Interesse des Rechtsmittelführers an der Durchführung des Verfahrens bleibt bei der Wertbestimmung außer Betracht.2
4648
Wenn in § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG von den „Anträgen des Rechtsmittelführers“ die Rede ist, so bedeutet das, wie stets im Bewertungsrecht, dass die tatsächlich gestellten Anträge gemeint sind. Es ist unbeachtlich, ob diese Anträge prozessual zulässig oder sachlich angemessen sind, denn auf den Erfolg des Rechtsmittels kommt es im Rahmen der Wertbestimmung nicht an.3 Der Antrag ist also nicht nur dann wertbestimmend, wenn er unter der Beschwer, sondern auch dann,
4649
1 Vgl. auch BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 814 mit Anm. Schneider; BVerwG, Beschl. v. 9.11.1988 – 4 B 185/88, JurBüro 1989, 528; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.11.2000 – 20 U 14/00, JurBüro 2001, 642; OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.9.2000 – 3 U 268/99, MDR 2001, 113. 2 BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 814 mit Anm. Schneider. 3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.3.1975 – 6 U 74/74, NJW 1975, 1933; KG, Rpfleger 1962, 154; BFH, BStBl II 1975, 304.
Noethen
887
Rechtsmittel
ZPO
wenn er unter der Rechtsmittelsumme liegt.1 Auf der anderen Seite erhöht auch eine im Antrag enthaltene, prozessual unzulässige Klageerweiterung den Streitwert mit der Folge, dass nach diesem höheren Streitwert die Gebühren zu berechnen sind.2 Der Antrag des Rechtsmittelführers ist ggf. auszulegen, jedoch sind unerkennbare Willensmängel unbeachtlich.3 4650
Wird das Rechtsmittel gegen die vollständige erstinstanzliche Verurteilung eingelegt, dann ist der volle Wert für den Gebührenstreitwert des Rechtsmittelverfahrens maßgeblich. Bei einem solchen uneingeschränkten Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils ist der Streitwert selbst dann gleich dem vorinstanzlichen Verurteilungsbetrag, wenn in der Rechtsmittelbegründung erwähnt ist, dass die Verurteilungssumme vom Rechtsmittelbeklagten zwischenzeitlich im Wesentlichen bezahlt wurde.4 Wird das Rechtsmittel dagegen nur hinsichtlich eines Teilbetrags aus der ersten Instanz eingelegt, dann ist der Streitwert nach diesem Teilbetrag zu bemessen.5
4651
Im Rahmen von § 47 Abs. 1 GKG ist ein förmlicher Antrag zur Beschränkung des Rechtsmittels und damit des Streitwertes nicht immer erforderlich, so dass auch ohne einen solchen förmlichen Antrag die Wertberechnung nach § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG vorgenommen werden kann.6 Endet das Rechtsmittelverfahren beispielsweise ohne Einreichung der Anträge, hat der Rechtsmittelführer aber innerhalb der Begründungsfrist erklärt, dass er sein Rechtsmittel auf einen bestimmten Teil der abgewiesenen Klageansprüche beschränken wolle, so ist der Streitwert nicht gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG nach der gesamten Beschwer, sondern nur entsprechend dem Umfang der erklärten Anfechtung festzusetzen.
4652
Einen nachgeholten Antrag gibt es jedoch nicht: Ist beispielsweise die Berufung antragslos eingelegt und später zurückgenommen worden, dann können die Rechtsfolgen des § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG nicht durch eine nachträgliche „Klarstellung“ beseitigt werden, die Berufung habe sich nur gegen einen Teil des angefochtenen Urteils richten sollen.7 Ab Berufungsrücknahme besteht keine Möglichkeit mehr, eine versäumte Beschränkung der Rechtsmittelanträge nachzuholen. 2. Unbeachtlicher Antrag
4653
Wird das Rechtsmittel ohne Stellung von Anträgen eingelegt – was in der Praxis der Regelfall ist – und wird dann vor der Zurücknahme gewissermaßen pro forma nur noch ein im Hinblick auf den ursprünglichen Streit der Parteien geringfügiger Antrag gestellt, ist zu prüfen, ob dieser Antrag zur Bestimmung des Gebührenstreitwerts herangezogen werden darf. a) Teilbarer oder unteilbarer Streitgegenstand
4654
In diesen Fällen muss zunächst einmal zwischen teilbaren und unteilbaren Streitgegenständen differenziert werden: Unzulässige Anträge bei unteilbarem Streitgegenstand mit dem bloßen Ziel der Streitwertminderung verringern die Beschwer nicht.8 Man pflegt dabei von sog. „unechten Anträgen“ zu sprechen, die 1 BGH, Beschl. v. 15.5.1974 – V ZR 178/72, NJW 1974, 1286; OLG München, Beschl. v. 22.2.1974 – 19 U 4391/73, MDR 1974, 590. 2 BGH, AnwBl. 1979, 113. 3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.3.1975 – 6 U 74/74, NJW 75, 1933. 4 OLG Köln, Beschl. v. 2.5.1972 – 2 U 15/72, MDR 1972, 791. 5 BGH, Beschl. v. 26.9.2013 – IX ZR 204/11, MDR 2013, 1376; OLG Celle, JurBüro 1961, 89. 6 OLG München, NJW 1967, 59 Nr. 27. 7 OLG Köln, Beschl. v. 25.4.1984 – 2 U 13/84, MDR 1984, 766. 8 OLG Celle, Beschl. v. 12.2.1975 – 9 U 89/74, MDR 1975, 767; OLG Bamberg, Beschl. v. 12.3.1998 – 3 U 1/98, OLGR 1998, 352.
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Rechtsmittel bei der Bewertung unberücksichtigt bleiben,1 weil sich ein Beschwerderecht nicht „künstlich herstellen“ lässt. Bei teilbarem Streitgegenstand dürfen jedoch nach herrschender Meinung vor 4655 Rechtsmittelrücknahme geringwertige Anträge gestellt werden, die den Streitwert bestimmen. Das bloße Gebrauchmachen von vorteilhaften Möglichkeiten, die das Gesetz bietet, stellt keinen Missbrauch dar.2 Diese Ansicht entspricht auch den Prinzipien des Kostenrechts, welches klare und einfache Richtlinien verlangt und damit den gestellten Antrag als wertbestimmend anzusehen hat.3
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Anmerkung: Das OLG Düsseldorf4 betont in diesem Zusammenhang zu Recht, dass eine Prüfung der Frage, ob der Antrag zwecks Kostenersparnis willkürlich niedrig gehalten sei, im Streitwertfestsetzungsverfahren nicht stattzufinden habe. Das OLG Bamberg5 hat diese Grundsätze auch auf die Zurücknahme einer verspätet eingelegten und damit anfänglich unzulässigen Berufung angewandt.
4656
Der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens bei teilbaren Streitgegenständen bemisst sich also auch dann nach den während der Begründungsfrist gestellten Anträgen, wenn diese hinter der Beschwer des Rechtsmittelführers zurückbleiben und das Rechtsmittel bald darauf zurückgenommen wird, selbst wenn die Rechtsmittelsumme unterschritten wird.6
4657
b) Rechtsmissbrauch Die vorstehenden Grundsätze entbinden allerdings nicht von der Prüfung, ob der geringwertige Antrag ausnahmsweise streitwertmäßig unbeachtlich ist. Wenn auch der Rechtsmittelkläger einen Antrag stellen darf, der unterhalb seiner Beschwer liegt, weil niemand gezwungen werden kann, eine Verurteilung bzw. Klageabweisung in vollem Umfang und nicht nur teilweise anzugreifen, so sind doch die Fälle abzugrenzen, in denen der reduzierte Antrag rechtsmissbräuchlich lediglich zur Verringerung des Rechtsmittelstreitwerts gestellt wird.
4658
Nach einer Entscheidung des Großen Zivilsenats des BGH7 sind eingeschränkte Rechtsmittelanträge bei der Streitwertfestsetzung nach § 47 Abs. 1 GKG nicht zu berücksichtigen, wenn sie offensichtlich nicht auf Durchführung des Rechtsmittels gerichtet sind.8 Der Umstand, dass der Rechtsmittelführer das Verfahren
4659
1 Siehe OLG Hamm, JurBüro 1977, 704 im Anschluss an BGH, Beschl. v. 20.12.1972 – VIII ZR 70/72, MDR 1973, 311. 2 BGH, JurBüro 1974, 1125 = MDR 1974, 832. 3 OLG Köln, JMBl.NW 1967, 132; OLG Celle, NJW 1964, 359; OLG Hamburg, MDR 1964, 514; OLG Hamm, MDR 1964, 931; OLG Schleswig, JurBüro 1956, 424; JurBüro 1960, 399; OLG Bamberg, JurBüro 1976, 482; LG Stade, JurBüro 1960, 80. 4 OLG Düsseldorf, MDR 1962, 142. 5 OLG Bamberg, JurBüro 1978, 890; ebenso LG Stade, JurBüro 1960, 80. 6 Ebenso schon früher OLG Düsseldorf, NJW 1971, 147; OLG München, Beschl. v. 22.2.1974 – 19 U 4391/73, MDR 1974, 590. 7 BGHZ 70, 365 = KostRsp. GKG § 14 Nr. 3 mit Anm. Schneider = JurBüro 1978, 684. 8 Vgl. auch BGH, KostRsp. GKG § 14 Nr. 25 mit Anm. Schneider: Der erstinstanzlich mit einer Beschwer von 50 000 DM unterlegene Kläger hat antragslos Berufung „zur Fristwahrung“ eingelegt und später unter gleichzeitiger Zurücknahme der Berufung einen Berufungsantrag von 10 000 DM ohne Begründung angekündigt; ebenso OLG Hamm, Beschl. v. 7.8.1993 – 19 U 76/93, OLGR 1993, 252; OLGR 1994, 252; OLG Jena, Beschl. v. 29.1.1998 – 7 U 162/97, OLGR 1998, 130; OLG Bamberg, Beschl. v. 12.3.1998 – 3 U 1/98, OLGR 1998, 352; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.11.2000 – 20 U 14/00, JurBüro 2001, 642; OLG München, Beschl. v. 4.7.1990 – 28 U 3209/90, JurBüro 1992, 252; OLG Schleswig, Beschl. v. 25.11.2003 – 4 U 72/03, JurBüro 2004, 133; OLG Koblenz, Beschl. v. 22.12.2004 – 5 U 1332/04, AGS 2005, 163 mit Anm. Schneider; OLG Koblenz, Beschl. v. 22.12.2004 – 5 U 1332/04, AGS 2005, 162; OLG Köln, Beschl. v. 7.1.2011 – 19 U 186/10; Beschl. v. 16.4.2012 – 16 W 28/11.
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Rechtsmittel nicht durchführen will, muss allerdings durch objektive Umstände zum Ausdruck kommen, damit die gebührenmäßige Unbeachtlichkeit der Rechtsmittelanträge bejaht werden kann.1 4660
Diesem Grundsatz ist zuzustimmen: Die Vorschrift des § 47 Abs. 1 GKG sollte dahin ausgelegt werden, dass mit Einlegung des Rechtsmittels konkludent erklärt wird, der Rechtsmittelangriff bezwecke eine oberhalb der Beschwer liegende Abänderung des angefochtenen Urteils. Ein später anlässlich der Rechtsmittelrücknahme gestellter Sachantrag unterhalb der Mindestbeschwer ist dann für den Gebührenstreitwert unbeachtlich, es sei denn, der Rechtsmittelführer bringt eine plausible Erklärung dafür vor, dass der Antrag tatsächlich von Anfang an so beabsichtigt war.2
4661
Ein objektiver Umstand, der erkennen lässt, dass das Rechtsmittelverfahren nicht ernsthaft durchgeführt werden soll, liegt beispielsweise vor: – wenn der eingeschränkte Rechtsmittelantrag in dem Schriftsatz enthalten ist, mit dem gleichzeitig die Rücknahme des Rechtsmittels erklärt wird,3 – wenn der Berufungsantrag dahin lautet, den Beklagten die Kosten gesamtschuldnerisch statt nach Bruchteilen aufzuerlegen4 oder überhaupt bloß die Kostenentscheidung angegriffen wird,5 – wenn nach Abweisung der Klage mangels Anspruchsgrund eine einzelne (wirtschaftlich unbedeutende) Schadensposition weiter geltend gemacht wird, ohne dass ersichtlich ist, warum gerade diese Position weiter verfolgt werden soll,6 – wenn ein Antrag unterhalb der Erwachsenheitssumme gestellt und im selben Schriftsatz die Berufung zurückgenommen wird.7 Ähnliche Ansätze vertreten das OLG Düsseldorf,8 das OLG München,9 das OLG Saarbrücken10 und das OLG Schleswig.11
4662
Mittlerweile als veraltet zu bezeichnen ist die Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte, wonach auch ein lediglich aus Kostengründen gestellter geringer Be-
1 Vgl. beispielsweise BGH, Beschl. v. 30.9.1997 – VI ZB 29/97, JurBüro 1998, 262 – mit der Berufung werden willkürlich 40 DM von ursprünglich rd. 336 000 DM geltend gemacht und die Berufung zehn Tage später zurückgenommen. 2 Siehe Schneider, NJW 1978, 786. 3 OLG Jena, Beschl. v. 29.1.1998 – 7 U 162/97, OLGR 1998, 130. 4 OLG Nürnberg, KostRsp. GKG a.F. § 11 Nr. 16 – der Senat hat angenommen, der wegen § 99 Abs. 1 ZPO unzulässige Berufungsantrag sei nur gestellt worden, um einer ohne Antrag eingereichten, zurückgenommenen Berufung auf diese Weise einen geringen Streitwert zu verschaffen. Es wurde der volle Wert angesetzt. 5 OLG Köln, Beschl. v. 16.4.2012 – 16 W 28/11. 6 OLG Köln, Beschl. v. 7.1.2011 – 19 U 186/10; OLG Bamberg, Beschl. v. 12.3.1998 – 3 U 1/98, OLGR 1998, 352. 7 OLG Jena, Beschl. v. 29.1.1998 – 7 U 1621/97, OLGR 1998, 130 – allerdings wurde nicht die volle Beschwer als Gebührenstreitwert angesetzt, weil aus anderen Erklärungen des Rechtsmittelführers deutlich war, inwieweit er das Urteil tatsächlich angreifen wollte. 8 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.11.2000 – 20 U 14/00, JurBüro 2001, 642 – willkürliche Beschränkung der Berufungsanträge und Rücknahme am nächsten Tag. 9 OLG München, Beschl. v. 4.7.1990 – 28 U 3209/90, JurBüro 1992, 252 – Anfechtung ohne Anhaltspunkte in Sachvortrag und Prozessgeschichte auf 701 DM beschränkt und am nächsten Tag zurückgenommen; vgl. auch OLG München, KostRsp. GKG § 14 Nr. 39 mit Anm. Schneider = JurBüro 1992, 252 mit Anm. Mümmler. 10 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.3.2000 – 1 U 1064/99, OLGR 2000, 343. 11 OLG Schleswig, Beschl. v. 25.11.2003 – 4 U 72/03, JurBüro 2004, 140 – Antrag auf Zahlung von einem (weiteren) Euro und gleichzeitige Rücknahme der Berufung.
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Rechtsmittel rufungsantrag streitwertbestimmend bleibt.1 Das OLG Celle2 hatte sich dabei maßgeblich auf eine Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer des OLG-Bezirks Celle, die zu dem Ergebnis geführt hat, dass die Monatsfrist des § 517 ZPO für den Anwalt in aller Regel nicht ausreiche, um mit seiner Partei abzuklären, ob überhaupt Berufung einzulegen sei.
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Anmerkung: Die erforderliche Rücksprache mit dem Mandanten ist gewiss ein wichtiges Argument. Offen geblieben ist beim OLG Celle aber, ob dieser Umstand wirklich ausreicht, um die Festsetzung von Scheinstreitwerten zu rechtfertigen. Denn unzweifelhaft dürfte sein, dass der Prozessbevollmächtigte, der sich nach Einlegung einer Berufung für den Berufungsbeklagten bestellt, keine gerechte (erstattungsfähige) Vergütung erhält, wenn für seine bis zur Rücknahme erbrachten Bemühungen eine Verfahrensgebühr aus einem Streitwert von wenigen hundert Euro berechnet wird.
4663
Soweit das OLG Schleswig3 weiter darauf hingewiesen hat, es sei anzustreben, „dass einer Partei schon aus prozessökonomischen Gründen die Entscheidung, ein Rechtsmittel zurückzunehmen, so leicht wie möglich gemacht werden sollte. Hindernisse sollten ab-, nicht aufgebaut werden.“, ist dieses Argument nur geeignet, der Entlastung der Gerichte zu dienen.
4664
c) Rechtsfolgen Welcher Gebührenstreitwert in den Fällen eines unbeachtlichen Rechtsmittelantrags festzusetzen ist, hat der Große Zivilsenat nicht ausdrücklich festgelegt. Es bleibt eigentlich nur die Möglichkeit, gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG auf die Beschwer abzustellen.4 Denn ist der Antrag nach den oben dargestellten Grundsätzen unbeachtlich, darf nicht mehr darauf abgestellt werden, in welchem Umfang der Rechtsmittelführer das Rechtsmittel zulässigerweise hätte beschränken können. Hypothetische Anträge scheiden für die Berechnung der Beschwer aus.5
4665
Eine andere Vorgehensweise hat in diesem Zusammenhang das OLG Oldenburg6 vorgeschlagen: Legt der Rechtsmittelkläger Berufung ohne Antragstellung ein und beschränkt er sie vor Zurücknahme des Rechtsmittels auf einen geringen Betrag, dann ist der Streitwert für die Berufungsinstanz auf den doppelten Mindestwert nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (heute 1200 Euro)7 festzusetzen, höchstens jedoch auf 5 % der vollen Beschwer. In dieser Bewertungsregel „doppelte Erwachsenheitssumme, jedoch nicht mehr als 5 v.H. der vollen Beschwer“ eine überzeugende Lösung zu sehen, fällt allerdings nicht leicht. Es mutet letztlich doch willkürlich an, den Rechtsmittelstreitwert so einzuengen. Vor allem aber hätte dieses Vorgehen nur dann einen Sinn, wenn es zu einer durchgehend einheitlichen Rechtsprechung führen könnte. Das aber ist nicht ersichtlich.
4666
1 OLG Celle, Beschl. v. 13.7.1979 – 5 U 231/78, MDR 1979, 1033; OLG Schleswig, SchlHA 1988, 172; OLG Hamm, Beschl. v. 11.7.1978 – 12 U 68/78, MDR 1978, 1030; JurBüro 1979, 1548; Beschl. v. 3.1.1979 – 6 U 131/78, MDR 1979, 591. 2 OLG Celle, Beschl. v. 13.7.1979 – 5 U 231/78, MDR 1979, 1033 (ihm folgend das OLG Schleswig, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 943 mit Anm. Schneider = SchlHA 1988, 172). 3 OLG Schleswig, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 943 mit Anm. Schneider = SchlHA 1988, 172. 4 OLG Koblenz, Beschl. v. 22.12.2004 – 5 U 1332/04, AGS 2005, 163 mit Anm. Schneider; der BGH, Beschl. v. 30.9.1997 – VI ZB 29/97, JurBüro 1998, 262 hat dieses Ergebnis im Rahmen einer außerordentlichen Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung eines OLG jedenfalls gebilligt. 5 So auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.9.1990 – 5 U 181/90, JurBüro 1991, 107. 6 OLG Oldenburg, KostRsp. GKG § 14 Rn. 30 mit Anm. Schneider. 7 Zurzeit der Entscheidung des OLG Oldenburg waren 1400 DM der doppelte Mindestwert des § 511a ZPO a.F.
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Rechtsmittel 3. Bewertungszeitpunkt 4667
Bei der Bestimmung des Gebührenstreitwerts ist – ebenso wie beim Rechtsmittelstreitwert – als maßgeblicher Bewertungszeitpunkt der Zeitpunkt der Antragstellung (vgl. § 40 GKG) anzusehen. Abzustellen ist auf die in der Rechtsmittelfrist angekündigten Anträge (s.o. Rn. 4648 ff.).1
4668
Vermindert sich der Streitwert nach Einlegung des Rechtsmittels, so ist diese Minderung für die Wertfestsetzung der Rechtsmittelinstanz unbeachtlich.2 Dies ergibt sich nicht nur aus dem maßgeblichen Zeitpunkt nach § 40 GKG, sondern auch aus einem Umkehrschluss aus § 47 Abs. 2 GKG. Die Begrenzung des Streitwerts, die nur durch eine Änderung des Streitgegenstandes durchbrochen werden kann, gilt nur nach oben, da nur eine Erweiterung des Streitgegenstandes für gebührenrechtlich bedeutsam angesehen wird.
4669
Erhöht sich im Verlaufe der Rechtsmittelinstanz der Streitwert, so ist dies nach § 47 Abs. 2 Satz 2 GKG bei der Bestimmung des Gebührenstreitwertes zu berücksichtigen, wenn es sich um eine Erweiterung des Streitgegenstandes handelt. So kann das Berufungsverfahren beispielsweise durch Klageerweiterung in zweiter Instanz einen höheren Gebührenstreitwert haben als das erstinstanzliche Verfahren.
4670
Dagegen sind reine Wertänderungen (z.B. Kursschwankungen bei Wertpapieren, steigende Wechselkurse bei ausländischen Währungen etc.) ohne Änderung des Streitgegenstandes für den Gebührenstreitwert unbeachtlich. Eine etwas andere Tendenz lässt hier allerdings die Entscheidung des BGH vom 30.7.19983 erkennen: Nach Ansicht des Senats richtet sich der Streitwert einer Klage auf Rückgabe von Wertpapieren im Revisionsverfahren nach dem Wert der Papiere im Zeitpunkt der Revisionseinlegung (§ 40 GKG). § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG steht nach Ansicht des BGH auch dann nicht entgegen, wenn sich der Wert der Papiere (Fonds-Anteile) gegenüber der Berufungsinstanz gesteigert hat, da diese Vorschrift nicht die Fälle betrifft, in denen sich der Wert des unverändert gebliebenen Streitgegenstandes während des Berufungs- oder Revisionsverfahrens über den Wert des Streitgegenstandes der ersten Instanz erhöht hat.
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Selbst bei gleichbleibendem Streitobjekt kann das Interesse des Berufungsklägers höher oder niedriger zu bewerten sein als das des Klägers erster Instanz, beispielsweise wenn sich die Dringlichkeit oder das Schadensrisiko während des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wesentlich verändert.5 Abzustellen ist auch dann aber auf das Interesse im Zeitpunkt der Instanzeinleitung.
Anmerkung: Diese Entscheidung lässt sich mit dem insofern eindeutigen Wortlaut von § 47 Abs. 2 GKG nicht in Einklang bringen, weil sich der Streitgegenstand nicht verändert hatte.4
III. Beschwer (§ 47 Abs. 1 Satz 2 GKG) 4673
Bei Einlegung des Rechtsmittels (vgl. §§ 519, 549 ZPO) muss noch kein Antrag gestellt werden. Dieser wird erst in der Rechtsmittelbegründung (vgl. §§ 520, 551 ZPO) formuliert. Wird das Rechtsmittel jedoch nach Einlegung nicht weiterver-
1 OLG Braunschweig, Nds.Rpfl. 1963, 150. 2 BGH, Beschl. v. 30.7.1998 – III ZR 56/98, JurBüro 1999, 195 mit Anm. Herget; OLG Hamm, JurBüro 1955, 441. 3 BGH, Urt. v. 30.7.1998 – III ZR 56/98, NJW-RR 1998, 1452. 4 So auch Hartmann, KostG, § 47 GKG Rn. 8. 5 Vgl. OLG Köln, JurBüro 1980, 244; OLG Köln, BB 1974, 1184.
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Rechtsmittel folgt, weil es sich durch Rücknahme erledigt hat oder stellt der Rechtsmittelführer den erforderlichen Antrag nicht innerhalb der gesetzlichen Frist, dann fehlt es an einem Rechtsmittelantrag zur Bestimmung des Gebührenstreitwerts. Für diesen Fall sieht § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG vor, dass die Beschwer maßgebend ist. Hinsichtlich der Einzelheiten zur Bestimmung der Beschwer kann auf die nachfolgenden Ausführungen unter Ziffer C. verwiesen werden.
IV. Wertbegrenzung (§ 47 Abs. 2 GKG) Die Streitwerthöhe des ersten Rechtszugs stellt – soweit der Streitgegenstand unverändert bleibt – gem. § 47 Abs. 2 GKG die Wertobergrenze dar.1 Ein späterer Wechsel der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu einer Streitwertfrage gibt keinen Anlass, in davon unabhängigen Verfahren die frühere Streitwertfestsetzung abzuändern.2 Andererseits kann der Rechtsmittelführer aber auch keinen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf eine einmal erfolgte Streitwertfestsetzung geltend machen, da das Erstgericht und das Rechtsmittelgericht nach § 63 Abs. 3 GKG diese von Amts wegen abändern können.3
4674
C. Beschwer I. Allgemeines Die Einlegung des Rechtsmittels (§§ 519, 549 ZPO) ist von seiner Begründung (§§ 520, 551 ZPO) zu unterscheiden. Bei der Einlegung braucht kein Antrag gestellt zu werden und wird meist auch keiner gestellt. Er wird erst in der Begründungsschrift formuliert. Wird das Rechtsmittel in derartigen Fällen nach Einlegung nicht weiterverfolgt, weil es sich durch Rücknahme erledigt oder stellt der Rechtsmittelführer den erforderlichen Antrag nicht innerhalb der gesetzlichen Frist, dann fehlt es an einem Rechtsmittelantrag zur Bestimmung des Gebührenstreitwerts. Für diesen Fall sieht § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG vor, dass die Beschwer für die Bestimmung des Gebührenstreitwerts maßgebend ist.
4675
II. Bestimmung der Beschwer Die Beschwer und der Wert des Beschwerdegegenstands (§§ 511 Abs. 2, 567 Abs. 2 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO) werden nach §§ 3 bis 9 ZPO berechnet (§ 2 ZPO). Hinsichtlich der Einzelheiten zu speziellen Verfahrenssituationen vgl. die Ausführungen unter Ziffer E.
4676
Der Umfang der Beschwer beurteilt sich danach, welche Auswirkungen das erstinstanzliche Urteil für den Rechtsmittelführer hat. Mit einem Rechtsmittel will der Rechtsmittelführer in aller Regel seine durch das angefochtene Urteil gesetzte Beschwer gänzlich beseitigen. Diese Beschwer ist dann gleich dem Streitgegenstand des Rechtsmittelverfahrens.
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1 BGH, Beschl. v. 26.3.2003 – IV ZR 232/02, FamRZ 2003, 1274; BVerwG, Beschl. v. 10.12.1992 – 6 B 42.92, JurBüro 1993, 738. 2 OLG Köln, JurBüro 1971, 1060; OLG Hamm, Beschl. v. 27.9.1972 – 22 U 4/72, MDR 1973, 147 mit Anm. Schneider, S. 418; OLG Hamm, KostRsp. GKG § 14 Nr. 10 = MDR 1979, 599. 3 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.12.1992 – 6 B 42/92, JurBüro 1993, 738.
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Rechtsmittel 1. Formelle und materielle Beschwer 4678
Die Berechnung der Beschwer kann beim Kläger anders erfolgen als beim Beklagten. Für den Kläger ist die sog. formelle Beschwer maßgebend, also die Differenz zwischen dem, was er vorinstanzlich erstrebt hat, und dem, was ihm zuerkannt worden ist.
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Beim Beklagten ist auf die sog. materielle Beschwer abzustellen, da bei ihm kein Antrag abgewiesen oder zugesprochen wird. Der Klageabweisungsantrag ist kein Sachantrag, so dass darüber auch nicht entschieden wird. Die materielle Beschwer ist gleich derjenigen Leistung, zu der der Beklagte verurteilt worden ist. Sie kann wesentlich höher sein als das Interesse des Klägers am Erlass dieser Entscheidung, welches für die Wertfestsetzung im vorausgegangenen Rechtszug maßgebend war.1
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Die Unterscheidung zwischen formeller und materieller Beschwer wirkt sich vor allem bei der Berufung des Beklagten gegen seine Verurteilung zur Auskunftserteilung,7 aber auch bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen und Ansprüchen wegen Eigentumsverletzungen aus. Die Beschwer des im Unterlassungsprozess unterlegenen Beklagten muss nicht mit dem Unterlassungsinteresse des Klägers identisch sein, da seine Interessen an einer Aufhebung der Entscheidung völlig anders zu bewerten sein können als die Interessen des Klägers an der Aufrechterhaltung der Entscheidung.
Anmerkung: Früher wurde vom BGH allerdings die Ansicht vertreten, die Beschwer könne – von Ausnahmen wie z.B. der beschiedenen Hilfsaufrechnung abgesehen – nicht größer sein als der Streitwert erster Instanz und stelle die Obergrenze des Beschwerdegegenstandes dar.2 Der 5. Zivilsenat hat dann seine frühere Rechtsprechung3 aufgegeben und – für den Fall einer Verurteilung zur Beseitigung einer Eigentumsstörung – entschieden, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes den Wert des erstinstanzlichen Streitgegenstandes übersteigen könne.4 Der Große Zivilsenat5 hat in den Gründen seiner Entscheidung (Ziffer II 2b) dem 5. Zivilsenat darin zugestimmt, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes auch bei unverändertem Streitgegenstand niedriger, ggf. aber auch höher sein kann als der für den Kläger nach seinem Antrag im ersten Rechtszug festgesetzte Wert.6
2. Änderung der Beschwer 4682
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Ermittlung der Beschwer ist gem. § 4 Abs. 1 i.V.m. § 2 ZPO die Einlegung des Rechtsmittels. Die Beschwer muss im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung vorliegen und darf nicht vor der Entscheidung entfallen.8
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Für die Ermittlung der Beschwer des Revisionsklägers war bisher gem. § 546 Abs. 2 ZPO a.F. auf die letzte mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht 1 BGH, Beschl. v. 26.6.1997 – IX ZR 59/97, WM 1997, 2049. 2 Z.B. BGH, KostRsp. ZPO § 8 Nr. 11 = MDR 1994, 100. 3 BGH, MDR 1986, 663; BGH, KostRsp. ZPO § 7 Nr. 2 mit Anm. Schneider; BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1134. 4 BGH, Beschl. v. 10.12.1993 – V ZR 168/92, MDR 1994, 839 (beschränkt auf den Anwendungsbereich des § 3 ZPO); BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1170 = MDR 1994, 839; zustimmend Zöller/Heßler, vor § 511 ZPO Rn. 19b; angeschlossen hat sich OLG Koblenz, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1195 mit Anm. Herget. 5 BGH, Beschl. v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, JZ 1995, 681 mit Anm. Roth. 6 Ablehnend Roth, JZ 1995, 63 II. 1: Verstoß gegen den Grundsatz, dass sich die Streitwertberechnung am prozessualen Streitgegenstand zu orientieren hat; kritisch auch Grunsky, Anm. 2.b zu LM ZPO § 2 Nr. 8. 7 Vgl. das Stichwort „Auskunftsanspruch“. 8 BGH, Beschl. v. 29.6.2004 – X ZB 11/04, NJW-RR 2004, 1365.
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Rechtsmittel abzustellen.1 Mit dem Wegfall der Wertrevision hat die Beschwer jedoch nur noch für die Berufung und für die Gebührenberechnung Bedeutung. Insofern entfällt auch künftig die Überprüfung des Revisionsgerichts, ob das Berufungsgericht bei der Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstandes die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder ob es von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.2 Der Rechtsmittelführer kann die Beschwer nicht durch Antragsänderungen erhöhen.3 Liegt die Urteilsbeschwer unterhalb der Erwachsenheitssumme, dann wird das Rechtsmittel nicht dadurch zulässig, dass der Rechtsmittelführer in der höheren Instanz seinen abgewiesenen Antrag erhöht oder nicht mehr den Hauptanspruch verfolgt, sondern nur den selbständig gewordenen höheren Zinsanspruch.4 Denn die Erweiterung des Antrags setzt ebenso wie die Antragsänderung ein zunächst zulässig eingelegtes Rechtsmittel voraus,5 da sich die Beschwer nur in Bezug auf den Streitgegenstand der ersten Instanz ergeben kann.6
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Auch eine Antragserweiterung in erster Instanz schafft nicht die notwendige Beschwer, wenn sie erkennbar nur dazu dient, den Rechtsmittelzug zu eröffnen.7 Eine Änderung des Klageantrags in der Berufungsinstanz ist allerdings dann zulässig, wenn er sich im Rahmen des § 264 Nr. 3 ZPO hält.8
4685
D. Rechtsmittelstreitwert Der Rechtsmittelstreitwert betrifft die Frage der Zulässigkeit eines Rechtsmit- 4686 tels; er hat im Wesentlichen nur noch für Berufung und Beschwerde Bedeutung. Nach § 26 Nr. 8 EGZPO gilt für eine – wiederholt angeordnete – Übergangszeit für die revisionsrechtliche Nichtzulassungsbeschwerde allerdings eine Grenze von 20 000 Euro. Die Berufung ist – mangels Zulassung durch das Erstgericht – nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt. Für die Beschwerden in Kostensachen muss der Wert des Beschwerdegegenstandes einen Betrag von 200 Euro übersteigen (§ 567 Abs. 2 ZPO). Der Rechtsmittelstreitwert berechnet sich nach §§ 3–9 ZPO (§ 2 ZPO). Maßgeblich ist das Interesse des Rechtsmittelführers, die erstinstanzliche Entscheidung im angegriffenen Umfang zu beseitigen. Dabei richtet sich der Wert des Beschwerdegegenstandes nach dem konkreten Antrag des Rechtsmittelführers – er kann mit der Beschwer übereinstimmen, aber auch hinter ihr zurückbleiben, wenn beispielsweise das beschwerende Urteil mit dem Rechtsmittel nur teilweise angegriffen und im Übrigen hingenommen wird. Der Wert des Beschwerdegegenstandes kann aber nicht größer sein als die Beschwer.9
1 BGH, Beschl. v. 25.4.1989 – XI ZR 18/89, MDR 1989, 909; Beschl. v. 12.6.1991 – XII ZR 65/91, MDR 1992, 83. 2 Vgl. dazu BGH, MDR 1982, 653; BGH, JurBüro 1984, 379; BGH, MDR 1988, 568; BGH, NJW-RR 1989, 580; BGH, MDR 1989, 796; Beschl. v. 30.9.1997 – VI ZB 29/97, MDR 1997, 1164. 3 Siehe dazu näher Zöller/Heßler, vor § 511 ZPO Rn. 10a; RGZ 90, 85; RGZ 139, 221; LG Bonn, Beschl. v. 30.8.1994 – 8 S 215/94, NJW-RR 1995, 959. 4 BGH, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 70. 5 BGH, Beschl. v. 30.11.2005 – XII ZR 112/03, MDR 2006, 828; BGH, NJW 2003, 2172; BGH, NJW-RR 2002, 1085; BAG, Beschl. v. 4.6.2008 – 3 AZB 37/08, NJW 2009, 171. 6 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.6.2005 – 4 U 105/05, MDR 2006, 169. 7 LG Bonn, Beschl. v. 30.8.1994 – 8 S 215/94, NJW-RR 1995, 959. 8 BGH, Urt. v. 11.11.2004 – VII ZR 128/03, ProzRB 2005, 182. 9 Vgl. auch die Ausführungen von Jauernig, NJW 2001, 3027.
Noethen
895
4687
Rechtsmittel
ZPO
4688
Für die Berechnung des Rechtsmittelstreitwerts ist der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels maßgebend, spätere Verminderungen des Beschwerdegegenstandes bleiben außer Betracht.1
E. Einzelfälle I. Beschwerde 1. Allgemeines 4689
Der Gebührenstreitwert für das Beschwerdeverfahren ist – hinsichtlich der Gerichtsgebühren nur, soweit keine Festgebühren anfallen – selbständig zu bestimmen. Er richtet sich nach dem mit der Beschwerde verfolgten Begehren, nicht nach dem Streitgegenstand des Hauptprozesses. Der Beschwerdewert wird mit der Einlegung der Beschwerde fixiert. Sie kann auf abtrennbare Teile der Entscheidung beschränkt werden.
4690
Grundregelung ist wiederum § 47 Abs. 1 GKG, wonach für den Streitwert zunächst der Antrag des Rechtsmittelführers maßgeblich ist. Fehlt ein solcher Antrag, ist auf die Beschwer abzustellen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 GKG). Diese Regelungen gelten auch für die Bestimmung des Gegenstandswerts für die Anwaltsgebühren (§ 23 Abs. 1 RVG). Als Bemessungsvorschrift für die Beschwer ist weitgehend § 3 ZPO anzuwenden und das Interesse des Beschwerdeführers an der begehrten Entscheidung zu schätzen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst bleiben, wie stets, beim Wertansatz außer Betracht.2 Die Umsatzsteuer ist hingegen hinzuzurechnen.3 2. Einzelne Beschwerdearten
4691
Die Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung der Berufung als unzulässig (früher: sofortige Beschwerde) gem. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO hat denselben Streitwert wie die Berufung,4 da mit ihr die Durchführung des Berufungsverfahrens angestrebt wird.
4692
Der Streitwert einer Nichtzulassungsbeschwerde richtet sich gem. § 47 Abs. 3 GKG nach dem Wert des Rechtsmittelverfahrens. Damit ist in erster Linie gem. § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG auf den Antrag des Rechtsmittelführers abzustellen, sonst gem. § 47 Abs. 2 GKG auf die Beschwer.5
4693
Hat das Beschwerdegericht die Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung als unzulässig verworfen, weil unter Zugrundelegung des von ihm angenommenen Streitwerts der ersten Instanz die Beschwerdesumme nicht erreicht war, so darf der Streitwert nicht nachträglich auf einen Betrag festgesetzt werden, bei dessen Zugrundelegen die Beschwerde zulässig gewesen wäre.6
4694
Der Wert des Gegenstandes der Beschwerde gegen einen den Rechtsstreit aussetzenden Beschluss ist nicht gleich dem Streitwert des Hauptverfahrens. Er ist viel-
1 Vgl. BGH, Beschl. v. 17.7.2008 – IX ZR 126/07, MDR 2008, 1360; Zöller/Heßler, vor § 511 ZPO Rn. 10a. 2 RG, JW 1900, 647 Nr. 2; RGZ 50, 369. 3 Nachweise bei Schneider, JurBüro 1974, 966. 4 BGH, Beschl. v. 17.11.1997 – II ZB 10/97, NJW-RR 1998, 354. 5 Otto, JurBüro 1997, 286. 6 LG Münster, JMBl.NW 1951, 174.
896
Noethen
Rechtsmittel mehr nach dem Interesse der Parteien an der Entscheidung über die Aussetzung gem. § 3 ZPO zu schätzen.1 Wird die Anordnung einer Frist zur Erhebung der Klage nach § 926 Abs. 1 ZPO abgelehnt, dann ist die dagegen eingelegte Beschwerde ebenso wie das Arrest- oder Verfügungsverfahren selbst zu bewerten.2
4695
Einstweilen frei.
4696
3. Verfahrensfragen Für die Bewertung des Beschwerdegegenstandes ist es unerheblich, ob die Beschwerde zulässig ist oder nicht. Es ist auch nicht angebracht, in Fällen offensichtlicher Unzulässigkeit den Beschwerdewert auf die unterste Gebührenstufe zu schätzen, selbst wenn in derartigen Fällen das Rechtsmittel formularmäßig nach § 572 Abs. 2 ZPO verworfen wird.3
4697
Ermäßigt sich die Forderung durch Zahlungen bis zur Einlegung der Beschwerde und wird ein entsprechend ermäßigter Antrag gestellt, dann ist gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. ZPO der Streitwert des Beschwerderechtszuges nur in der niedrigen Höhe festzusetzen. Bei uneingeschränkter Einlegung wirkt eine spätere Einschränkung in der Beschwerdebegründung erst ab deren Eingang, so dass die Beschwerde im Übrigen zurückgenommen werden muss und erst ab dann der Wert des Beschwerdeverfahrens sinkt.4 Für die Wertberechnung ist § 40 GKG zu beachten, der für alle vom GKG erfassten Verfahren gilt.5
4698
Der bei Einlegung einer Beschwerde gegebene Beschwerdewert bleibt auch dann maßgebend, wenn durch spätere Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Beschwerdegegners das Interesse des Beschwerdeführers an der Eröffnung der Revision auf die mögliche Befriedigungsquote der geltend gemachten Forderung abgesunken ist.6
4699
Bei Anfechtung mehrerer in derselben Sache ergangener Kostenfestsetzungsbeschlüsse richtet sich die Zulässigkeit der Beschwerde nach dem jeweils angegriffenen Beschluss, so dass die Beschwer nicht durch Zusammenrechnung ermittelt werden darf.7
4700
II. Wechselseitig eingelegte Rechtsmittel Die Bestimmung des Gebührenstreitwerts bei wechselseitig eingelegten Rechtsmitteln richtet sich nach § 45 Abs. 2 GKG. Danach sind – soweit die Rechtsmittel nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden – die Regelungen in § 45 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG anzuwenden: – Die Werte der Ansprüche von Rechtsmittel und Anschlussrechtsmittel werden nach § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG grundsätzlich zusammengerechnet.
1 BGHZ 22, 283 – diese Ansicht ist allerdings umstritten, vgl. das Stichwort „Aussetzung“. 2 OLG Frankfurt, JurBüro 1981, 626 = KostRsp. GKG § 20 Nr. 41. 3 So aber Schneider, Anm. KostRsp. GKG § 29 Nr. 3 [4] u. ZPO § 3 Nr. 460 sowie MDR 1976, 181; zustimmend Mümmler, JurBüro 1979, 1864; vgl. ferner das Stichwort „Zwangsversteigerung“. 4 OLG Oldenburg, JurBüro 1981, 589 = Nds.Rpfl. 1981, 146: Beschwerde gegen Entscheidung zum Versorgungsausgleich. 5 Hartmann, KostG, § 40 GKG Rn. 1. 6 BGH, Beschl. v. 22.2.2008 – IX ZR 234/04, KostRsp. GKG 2004 § 47 Nr. 7. 7 OLG Stuttgart, JurBüro 1979, 609 gegen OLG Nürnberg, JurBüro 1975, 191.
Noethen
897
4701
Rechtsmittel
ZPO
– Betreffen die Ansprüche aber denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgeblich. Schließen sich also die Begehren der Parteien im Berufungsverfahren dergestalt aus, dass der Erfolg der einen Berufung zwangsläufig den Misserfolg der anderen Berufung zur Folge hat, so ist für die Streitwertbemessung der höhere der beiden Werte maßgebend.1 4702
Die Zusammenrechnung der Ansprüche nach § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG unterbleibt allerdings in den Fällen, in denen die Addition gesetzlich ausgeschlossen ist, wie bei der Berufung des Beklagten gegen die Verurteilung nach der Hauptforderung und Anschlussberufung des Klägers wegen des abgewiesenen (weitergehenden) Zinsanspruchs.2 Denn da der Zinsanspruch nach § 43 Abs. 1 GKG streitwertneutral ist, darf er auch bei einem Anschlussrechtsmittel nicht berücksichtigt werden.
4703
Die Regelung in § 45 Abs. 2 GKG bezieht sich auf wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, d.h. um Rechtsmittel, die von beiden Parteien gegen dasselbe Urteil eingelegt sind. Davon zu unterscheiden ist der Fall zweier Berufungen derselben Partei gegen verschiedene Urteile,3 beispielsweise wenn dieselbe Partei erst gegen das Grundurteil und später in demselben Prozess gegen das Betragsurteil Berufung einlegt. Hier erfolgt jeweils eine gesonderte Wertfestsetzung für jedes Berufungsverfahren.
4704
Ist im Zwei-Parteien-Streit oder auch im Streitgenossenprozess zwischen Kläger und einem Streitgenossen die Klage teils abgewiesen, teils zugesprochen worden, dann sind – wenn Berufung und Anschlussberufung eingelegt werden – die Werte der Rechtsmittel zusammenzurechnen. Die Streitgegenstände sind nicht identisch.4
4705
Wenn von mehreren als Gesamtschuldner in Anspruch Genommenen der eine verurteilt und die Klage gegen den anderen durch dasselbe Urteil abgewiesen wird und der Verurteilte wegen seiner Verurteilung, der Kläger wegen Abweisung seiner Klage gegen den anderen Beklagten Rechtsmittel einlegen, so betreffen die wechselseitig eingelegten Rechtsmittel jedoch denselben Gegenstand. Die Streitwerte der beiden Rechtsmittel sind nicht zusammenzurechnen,5 weil die Grundsätze zur Verschiedenheit der Streitgegenstände6 nicht auf Gesamtschuldverhältnisse anwendbar sind.
4706
Soweit Berufung und Anschlussberufung, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, denselben Streitgegenstand betreffen, sind die Gebühren nach dem einfachen Wert dieses Gegenstandes zu berechnen (§ 45 Abs. 2 GKG).7 Das Kriterium gemeinsamer Behandlung mehrerer Berufungen in einem Prozess (§ 45 Abs. 2 GKG) ist schon durch den Angriff auf dasselbe Urteil gegeben und solange zu bejahen, wie nicht ein Verfahren abgetrennt wird.8
4707
Der Streitwert erhöht sich nicht dadurch, dass bei wechselseitigen Berufungen gegen ein Urteil eine der Berufungen ganz oder teilweise zurückgenommen und we-
1 OLG Köln, Urt. v. 3.8.2011 – 11 U 99/10; OLG Celle, Beschl. v. 8.6.2007 – 14 U 64/07, AGS 2008, 39 mit abl. Anm. von Schneider. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 10.8.2006 – 7 UF 850/05, AGS 2007, 260; OLG Hamm, JurBüro 1988, 1550. 3 OLG Hamm, JurBüro 1955, 441. 4 Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 ZPO, Stichwort „Berufung“. 5 BGHZ 7, 152; OLG Bremen, Rpfleger 1957, 271; a.A. die ältere Rspr., z.B. RGZ 145, 164; OLG Kiel, JW 1932, 2910. 6 Vgl. RGZ 145, 164. 7 OLG Köln, Urt. v. 3.8.2011 – 11 U 99/10. 8 OLG Celle, MDR 1961, 67.
898
Noethen
Rechtsmittel gen desselben Streitgegenstandes anschließend eine unselbständige Anschlussberufung eingelegt wird.1 Schließt der Berufungsbeklagte sich an eine von Anfang an wegen Versäumung der Berufungsfrist unzulässige Berufung an, erhöht dies nicht den Streitwert.2
4708
Die Bewertung der Anschlussrevision richtet sich nach § 45 Abs. 2 GKG: Wird sie mit der Revision in demselben Prozess verhandelt, so werden die Werte addiert, soweit es sich um verschiedene Gegenstände handelt. Ansonsten ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgeblich.
4709
Wird eine Anschlussrevision kostenpflichtig als unzulässig verworfen, bevor über die Revision entschieden ist, dann werden die beiden Streitwerte nicht nach § 45 Abs. 2 GKG zusammengerechnet, sondern getrennt festgesetzt. Gemeinsam verhandelt werden kann nämlich nur, wenn ein zulässiges Rechtsmittel zu einem noch anhängigen zulässigen Rechtsmittel hinzutritt, nicht jedoch, wenn sich der Kläger mit einer unzulässigen Revision an eine zulässige Revision des Beklagten anschließt.3
4710
III. Widerklage Soweit der Beklagte selbst Kläger ist, nämlich Widerkläger, kommt es für den Ge- 4711 bührenstreitwert seines Rechtsmittels auf seine formelle Beschwer an. Werden also in einem Rechtsstreit Klage und Widerklage abgewiesen, dann bemisst sich die Beschwer des Klägers nur nach dem Wert des abgewiesenen Klageantrages, diejenige des Beklagten (= Widerklägers) nur nach dem Wert des abgewiesenen Widerklageantrages. Lediglich insoweit ist die jeweilige Partei beschwert. Soweit die Berufung nur wertabhängig zulässig ist, so ist – wenn beide Parteien Berufung einlegen – die Mindestbeschwer des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für jede Partei gesondert nach ihrer Beschwer zu berechnen. Es darf nicht addiert werden (§ 5 ZPO). Der Gebührenstreitwert errechnet sich in solchen Fällen jedoch gem. § 45 Abs. 2 GKG nach der Summe der Beschwer von Kläger und Widerkläger, soweit die geltend gemachten Ansprüche nicht denselben Gegenstand betreffen.
4712
Wird der Klage stattgegeben und zugleich die Widerklage abgewiesen, ist die Beschwer des Beklagten und Widerklägers gleich der Summe der Streitwerte von Klage und Widerklage,4 da der Beklagte durch die Verurteilung materiell und durch die Abweisung der Widerklage formell beschwert ist. Legt der Beklagte gegen dieses ihn „doppelt beschwerende“ Urteil Berufung ein, dann gilt auch für den Gebührenstreitwert das Gebot der Streitwertaddition.
4713
Û
4714
1 2 3 4 5
Anmerkung: Von einigen Gerichten5 wird vertreten, dass für die Ermittlung der Rechtsmittelbeschwer ein Additionsverbot gelte, wenn der voll unterlegene Beklagte Berufung einlegt. Die herr-
KG, JurBüro 1971, 79. Siehe dazu ausführlich Schneider, MDR 1988, 462 m.w.N.; OLG Köln, JurBüro 1971, 717. BAG, MDR 1960, 616. Zöller/Herget, § 5 ZPO Rn. 9. LG Tübingen, Beschl. v. 19.3.1991 – 1 S 307/90, NJW-RR 1992, 119; LG Gießen, Urt. v. 14.5.1975 – 1 S 40/75, NJW 1975, 2206; LG Gießen, Urt. v. 17.10.1984 – 1 S 346/84, NJW 1985, 870 (wieder aufgegeben NJW 1992, 2709); LG Aachen, Urt. v. 11.12.1986 – 6 S 127/86, MDR 1987, 853; LG Aachen, Urt. v. 19.1.1990 – 3 S 345/89, MDR 1990, 451; LG Siegen, Beschl. v. 6.1.1992 – 3 S 284/91, MDR 1992, 807; LG Memmingen, Beschl. v. 11.11.1991 – 1 S 1612/91, NJW 1992, 2710; LG Darmstadt, Urt. v. 21.5.1992 – 6 S 36/92; LG Berlin v. 1.6.1992 – 66 S 60/93, NJW 1992, 2710; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.5.1992 – 11 U 81/91, NJW 1992, 3246; aus der Literatur zustimmend: Glaremin, NJW 1992, 1146; zur Gegenansicht: Schneider, NJW 1992, 2680; Oehlers, NJW 1992, 1667.
Noethen
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Rechtsmittel
ZPO
schende Meinung ist seit einer Entscheidung der Vereinigten Civilsenate des Reichsgerichts vom 29.9.18821 stets gegenteiliger Auffassung gewesen. Die Anwendung des Additionsverbots auf die Berechnung der Beschwer verkennt den grundlegenden Unterschied zwischen Eingangszuständigkeit und Rechtsmittelbeschwer. Es ist nicht mit einer Rechtseinbuße verbunden, wenn über Klage und Widerklage in erster Instanz vom Amtsgericht statt vom Landgericht entschieden wird oder umgekehrt. Wohl wird eine Partei um ihr Recht auf Berufung gebracht, wenn sie zur Klage und zur Widerklage mit – beispielsweise – je 500 Euro unterlegen ist, dann aber so behandelt wird, als sei sie insgesamt nur mit 500 Euro unterlegen. Das LG Aachen stützt seine von der ganz herrschenden Meinung abweichende Auffassung darauf, dass der Gesetzgeber im Jahre 1976 in der Überschrift vor § 1 ZPO die Worte „und Wertvorschriften“ eingefügt hat. Mittlerweile hat das LG Gießen, mit dem alles begann, seine Meinung aufgegeben,2 das OLG Oldenburg hat das Additionsverbot schlicht und treffend als abwegig bezeichnet3 und der BGH4 hat – hoffentlich – das Schlusswort gesprochen: Für die Rechtsmittelbeschwer sind Klage und Widerklage zu addieren, soweit ihr Gegenstand nicht wirtschaftlich identisch ist.
4715
Klagt der Kläger aus einer angeblichen Forderung einen Teilbetrag ein und erhebt der Beklagte Widerklage, dass dem Kläger auch keine über den Teilbetrag hinausgehende Vergütung zustehe, dann beläuft sich der Rechtsmittelstreitwert bei vollem Obsiegen des Beklagten, gegen das sich der Kläger mit einem Rechtsmittel wehrt, auf den vollen Wert der angeblichen Forderung.5
IV. Grundurteil 4716
Der Streitwert der Berufung gegen ein Grundurteil ist gleich dem Wert der bezifferten Klage. Wird Berufung gegen das Grundurteil nur hinsichtlich einer Quote eingelegt, dann bestimmt diese Quote den Wert des Berufungsverfahrens.
4717
Ergeht nach Einlegung der Berufung gegen das Grundurteil in der ersten Instanz ein Schlussurteil und greift der Kläger auch dieses Schlussurteil an, dann beeinflusst diese Berufung u.U. den Streitwert der Berufung gegen das Grundurteil.
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Beispiel: Im Grundurteil ist der Schaden des Klägers zu 1/2 für gerechtfertigt erklärt worden. Im Schlussurteil werden mehrere Schadenspositionen wegen Beweisfälligkeit nicht zugesprochen. Von dem verbleibenden Rest wird die Hälfte zuerkannt. Der Kläger will die Abzüge wegen Beweisfälligkeit hinnehmen. Er wehrt sich aber dagegen, dass auch das Schlussurteil auf der Quote des Grundurteils aufbaut. Um der rechtskräftigen Entscheidung zu entgehen, muss er Berufung einlegen. Obgleich dann zwei selbständige Berufungen in der Welt sind, muss der innere Zusammenhang der Verfahren berücksichtigt werden und der niedrigere Wert der Berufung gegen das Schlussurteil maßgebend sein.6
V. Teilurteil 1. Streitiges Teilurteil 4718
Erlässt das Erstgericht ein Teilurteil zugunsten des Klägers, weist dann jedoch das Berufungsgericht auf die Berufung des Beklagten die Klage nicht nur in Höhe des durch das Teilurteil erfassten Betrages, sondern in voller Höhe ab, so berechnet
1 2 3 4 5 6
RGZ 7, 383. LG Gießen, Urt. v. 27.3.1991 – 1 S 465/90, NJW 1992, 2709. OLG Oldenburg, Urt. v. 16.10.1992 – 6 U 134/92, NJW-RR 1993, 827. BGH, Urt. v. 28.9.1994 – XII ZR 50/94, MDR 1995, 198. BGH, JurBüro 1982, 222. OLG Schleswig, JurBüro 1957, 273.
900
Noethen
Rechtsmittel sich der Streitwert für die gegen das Berufungsurteil uneingeschränkt eingelegte Revision nach dem Wert der gesamten Klageforderung.1 Wird auf Feststellung des gesamten Rechtsverhältnisses und zugleich auf Leistung eines Teils geklagt, so sind in erster Instanz die Werte beider Ansprüche nicht zusammenzurechnen. Wird über den Feststellungsantrag sodann durch Teilurteil entschieden und dieses angefochten, so ist dem Streitwert in den Rechtsmittelinstanzen der Wert des gesamten vom Feststellungsbegehren erfassten Rechtsverhältnisses zugrunde zu legen.2
4719
2. Teilanerkenntnisurteil Hat der Beklagte eine Forderung in erster Instanz teilweise anerkannt, sodann gegen die teils aufgrund des Anerkenntnisses, teils aufgrund streitiger Verhandlung ergangene Verurteilung Berufung eingelegt und diese ohne Stellung von Berufungsanträgen zurückgenommen, dann ist die Bestimmung des Gebührenstreitwerts umstritten: – Nach einer Meinung bestimmt er sich nach der vollen materiellen Beschwer ohne Berücksichtigung des Anerkenntnisses.3 – Nach der Gegenansicht muss der auf das Teilanerkenntnis entfallende Betrag bei der Wertfestsetzung in Abzug gebracht werden, da die formelle Beschwer entscheidend sei.4 Denn die grundlegende Funktion der Gebührenwertfestsetzung bestehe darin, den Gerichten und Prozessbevollmächtigten einen am Wert des Streitgegenstandes orientierten und dadurch dem mit der Sachbehandlung verbundenen Aufwand Rechnung tragenden Gebührenanspruch zu verschaffen. Es liege jedoch auf der Hand, dass eine Klageforderung, die vom Beklagten erstinstanzlich anerkannt wurde, in der zweiten Instanz mit hoher Wahrscheinlichkeit weder für das Gericht noch für die Parteivertreter irgendeinen Arbeitsaufwand mehr nach sich ziehen werde. Die grundsätzlich gegebene Möglichkeit, ein prozessuales Anerkenntnis anzufechten und das Berufungsverfahren darauf zu erstrecken, liege praktisch so fern, dass sie einer Streitwertbemessung nur dann zugrunde gelegt werden könne, wenn besondere Umstände vorlägen.
4720
Gegen die zweite Meinung spricht, dass es kaum eine praktikable Vorgehensweise darstellt, bei der Bestimmung des Gebührenstreitwertes darauf abzustellen, ob eine bestimmte prozessuale Situation für das Gericht oder die Parteivertreter einen wie auch immer gearteten Arbeitsaufwand mit sich bringen wird. Dies würde doch in letzter Konsequenz bedeuten, dass man aussichtslose Rechtsmittel ebenfalls wertmäßig auf die geringste Stufe festsetzt, weil auch hier die Arbeit für Gericht und Anwälte gering ausfällt. Auch wenn im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens prozessuale Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die in der Praxis selten zum Erfolg führen (wie die Anfechtung eines Anerkenntnisses), so darf sich gerade das Streitwertrecht, das auf eine einfache Handhabung angewiesen ist, auf solche Problemkonstellationen nicht einlassen. Es ist vielmehr Sache der Partei, durch eindeutige Rechtsmittelanträge klarzustellen, in welchem Umfang die Auf-
4721
1 BAG, NJW 1968, 271. 2 BGH, JurBüro 1969, 833 = LM ZPO § 5 Nr. 8. 3 OLG Karlsruhe, KostRsp. GKG § 14 Nr. 19 mit Anm. Schneider; OLG Rostock, Beschl. v. 19.4.2004 – 7 U 206/03, OLGR 2005, 17; KG Berlin, Beschl. v. 23.3.2011 – 12 U 8/11, MDR 2011, 880. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.8.2008 – 24 U 80/08, MDR 2008, 1244; OLG Jena, Beschl. v. 5.11.2001 – 5 U 667/00, MDR 2002, 480; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16, Stichwort „Berufung“.
Noethen
901
Rechtsmittel
ZPO
hebung der erstinstanzlichen Entscheidung beantragt wird. Geschieht dies nicht, so ist die Beschwer maßgeblich – und der Beklagte ist nun mal durch ein verpflichtendes Urteil auch dann beschwert, wenn er selbst durch ein Anerkenntnis zu seinem Erlass beigetragen hat.
VI. Zwischenurteil 4722
Die Bestimmung des Streitwerts bei der Berufung gegen ein Zwischenurteil, das die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts bejaht und damit die Einrede der Unzuständigkeit verwirft, ist umstritten: – Die herrschende Meinung setzt den Wert des erhobenen Anspruchs an, weil mit der Berufung auch der Klageanspruch selbst bekämpft werde.1 – Nach anderer Auffassung2 ist der Streitwert selbständig nach § 3 ZPO festzusetzen und zwar mit 1/3 des Hauptsachewertes. – Teilweise wird bei der Wertbestimmung auch dahingehend differenziert, ob der Kläger hilfsweise einen Verweisungsantrag gestellt hatte oder nicht.3
4723
Die zweite Auffassung, die den Wert auf einen Bruchteil des Hauptsachewertes festsetzt, erscheint entgegen herrschender Meinung zutreffend. Das Zwischenurteil entscheidet nur über die Zuständigkeit. Die materielle Rechtslage dagegen wird nicht rechtskräftig geklärt. Das Interesse des Klägers im Rechtsmittelverfahren liegt deshalb unterhalb des Werts der Hauptsache. Hierin liegt auch kein Widerspruch zur erstinstanzlichen Bewertung. Im ersten Rechtszug streiten die Parteien über das Klagebegehren insgesamt, also auch über dessen sachliche Berechtigung. Spätestens aber ab Erlass des angefochtenen Zwischenurteils streiten sie – worauf das LG Braunschweig zu Recht hingewiesen hat – zunächst nur noch über die Frage der sachlichen Zuständigkeit. Nur damit befassen sich das Zwischenurteil und auch die höhere Instanz.
4724
Wird gegen ein Zwischenurteil Berufung eingelegt, das die Sicherheitsleistung für die Prozesskosten eines klagenden Ausländers innerhalb einer bestimmten Frist anordnet, dann bemisst sich die Beschwer nach der Höhe der angeordneten Sicherheitsleistung.4 Denn der Kläger könnte ohne Berufungseinlegung durch Zahlung der angeordneten Sicherheit die Zulässigkeitsvoraussetzung schaffen, so dass sein Interesse an einer abändernden Entscheidung nicht höher als der Sicherheitsbetrag sein kann.
VII. Streitgenossen 4725
Probleme bei der Gebührenstreitwertbestimmung stellen sich im Zusammenhang mit Streitgenossen dann, wenn diese in einem einheitlichen Rechtsmittelverfahren auftreten. Wenn dagegen der Kläger nur einen der erstinstanzlichen streitgenössi-
1 So OLG München, JurBüro 1954, 181; OLG Hamm, JurBüro 1968, 991; OLG Celle, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 208; vgl. auch BayObLG, Beschl. v. 21.3.2002 – 2Z BR 170/01, NJWRR 2002, 882 für den Wert einer Beschwerde gegen einen Verweisungsbeschluss; vgl. auch OLG Celle, Beschl. v. 25.6.2012 – 13 U 149/11, JurBüro 2012. 2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.3.1999 – 5 U 189/98, OLGR 1999, 153; LG Braunschweig, Beschl. v. 14.5.1973 – 7 S 43/73, NJW 1973, 1846; eine Bruchteilsbewertung nimmt der BGH für das Rechtswegbeschwerdeverfahren nach § 17a GVG an (BGH, Beschl. v. 19.12.1996 – III ZB 105/96, MDR 1997, 386). 3 MünchKomm.ZPO/Lappe, § 3 ZPO Rn. 154; vgl. aber auch OLG Celle, Beschl. v. 25.6.2012 – 13 U 149/11, JurBüro 2012. 4 OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.3.1986 – 10 U 8/86, MDR 1986, 593.
902
Noethen
Rechtsmittel schen Beklagten mit einem Rechtsmittel angreift oder nur einer der verurteilten Streitgenossen ein solches einlegt, gelten die üblichen Berechnungsvorschriften. Das Kriterium gemeinsamer Behandlung mehrerer Berufungen in einem Prozess ist schon durch den Angriff auf dasselbe Urteil gegeben und solange zu bejahen, wie nicht ein Verfahren abgetrennt wird.1 1. Rechtsmittel gegen mehrere Streitgenossen Die gegen mehrere Streitgenossen gerichtete Berufung schafft einen einheitlichen Beschwerdegegenstand. Es ist somit unschädlich, dass die gegen den einen Streitgenossen geltend gemachte Forderung die Berufungssumme nicht erreicht.2 Soweit die Einzelbeschwer eines Streitgenossen sich nicht mit derjenigen eines anderen Streitgenossen deckt, ist die Gesamtbeschwer durch Addition der einzelnen Beschwerungen zu ermitteln.3 Die Vorschrift des § 5 ZPO ist nämlich auch dann anwendbar, wenn mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche sich gegen mehrere als Beklagte in Anspruch genommene Personen richten oder wenn mehrere Gläubiger in demselben Rechtsstreit ihre selbständigen Ansprüche gegen denselben Beklagten verfolgen. Lediglich Doppelberechnungen sind unzulässig.4 Die Berufung ist dann aber nur solange zulässig, wie sie auch gegen beide Beklagte durchgeführt wird.
4726
2. Rechtsmittel durch mehrere Streitgenossen Werden Streitgenossen, gegen die je selbständige Ansprüche im Wege der Klagenhäufung verfolgt werden, antragsgemäß verurteilt, dann berechnet sich der Streitwert ihrer Berufung durch Addition der je einzelnen Beschwer, selbst wenn Berufungen durch gesonderte Schriftsätze eingelegt werden.5 Das geht auf den Grundsatz zurück, dass sich der Streitwert auch bei Mehrheit unterschiedlich beteiligter Beklagter immer nur nach dem im Klageantrag zum Ausdruck gelangten Interesse des Klägers bemisst.6 Die unterschiedliche Beteiligung auf der Passivseite muss bei einheitlichem Streitwert in der Kostenquotelung nach §§ 92, 100 Abs. 2 ZPO berücksichtigt werden.
4727
Ergehen Teilurteile gegen einzelne Streitgenossen, die als Gesamtschuldner in Anspruch genommen worden sind, dann ist für jede dagegen eingelegte Berufung der volle Streitwert anzusetzen,7 der allerdings wegen Streitgegenstandsidentität auch dann unverändert bleibt, wenn die Berufungen gemeinsam verhandelt und entschieden werden.8
4728
Zum Rechtsmittel bei Gesamtschuldnerschaft s. auch das Stichwort „Gesamtschuldner“. Wenn von mehreren als Gesamtschuldner in Anspruch Genommenen durch das- 4729 selbe Urteil der eine verurteilt und die Klage gegen den anderen abgewiesen wird und der Verurteilte wegen seiner Verurteilung, der Kläger wegen Abweisung seiner Klage gegen den anderen Beklagten Rechtsmittel einlege, so betreffen die wechselseitig eingelegten Rechtsmittel denselben Gegenstand. Die Streitwerte
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OLG Celle, MDR 1961, 67. OLG Celle, JurBüro 1969, 280. BGHZ 23, 333 = MDR 1957, 662 mit Anm. Pohle = JZ 1957, 457 mit Anm. Beitzke. So schon früher z.B. RGZ 116, 308; RGZ 164, 90. BAG, Urt. v. 31.1.1984 – 1 AZR 174/81, NZA 1984, 167. LG Saarbrücken, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 464. OLG Celle, JurBüro 1959, 175. KG, JW 1938, 397.
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Rechtsmittel
ZPO
der beiden Rechtsmittel sind nicht zusammenzurechnen.1 Der BGH lehnt damit die Auffassung des RG2 ab, dass Verschiedenheit der Streitgegenstände immer dann gegeben sei, wenn mehrere Ansprüche in der Art nebeneinander bestehen können, dass das Gericht u.U. beiden Anträgen stattgeben kann. Dieser Grundsatz sei jedenfalls nicht auf Gesamtschuldverhältnisse anwendbar. 4730
Diese Ansicht überzeugt deshalb, weil sonst in erster und in zweiter Instanz verschiedene Streitwerte anzunehmen wären, obwohl in beiden Rechtszügen der Gegenstand des Verfahrens identisch ist: Auch im Rechtsmittelverfahren wird nur über das entschieden, worüber bereits im ersten Rechtszug erkannt worden ist, nämlich darüber, ob die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen sind oder nur der eine oder der andere oder keiner von ihnen.3
4731
Derselbe Streitgegenstand kann bei einer Klage gegen Streitgenossen mit unterschiedlichem Obsiegen und Unterliegen jedoch nur insoweit angenommen werden, als gegen die verschiedenen Beklagten auch dieselben Ansprüche als Gesamtschuldner erhoben worden sind. Soweit Einzelansprüche nur gegen einen der Beklagten geltend gemacht werden, erhöht sich der Streitwert für das diesen Beklagten betreffende Rechtsmittel um den Wert des allein ihm gegenüber erhobenen Anspruchs.4 Das gilt auch für die Berechnung der Rechtsmittelbeschwer.5
4732
Legt der Streithelfer (Nebenintervenient) das Rechtsmittel ein, was er nach § 67 ZPO kann, ist für die Wertberechnung allein die Beschwer der unterstützten Partei maßgeblich.6 Auch bei eigenständiger Einlegung des Rechtsmittels durch Hauptpartei und Streithelfer handelt es sich nur um ein einheitliches Rechtsmittel.7
4733
Bei der streitgenössischen Nebenintervention (§ 69 ZPO), in deren Rahmen der Streithelfer unabhängig und selbst in Widerspruch zur Hauptpartei Rechtsmittel einlegen kann, handelt es sich dagegen um ein eigenständiges Rechtsmittel, dessen Streitwert nach der Beschwer des Nebenintervenienten zu bestimmen ist.8 Eine Addition der Beschwerdewerte von Nebenintervenient und Hauptpartei nach § 5 ZPO kommt nach Ansicht des BGH9 wegen wirtschaftlicher Identität nicht in Betracht, da nur ein einheitlicher Streitgegenstand vorliege, dessen Auswirkungen sich bei den Beteiligten wirtschaftlich decke.
VIII. Eventualaufrechnung 4734
Wird erstmals in der Rechtsmittelinstanz über die Hilfsaufrechnung entschieden, findet eine Streitwerterhöhung um den Wert der zur Aufrechnung gestellten Forderung statt. Zwar begrenzt § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG den Wert der Rechtsmittelinstanz durch den Wert der ersten Instanz. Dies gilt jedoch dann nicht (§ 47 Abs. 2 Satz 2 GKG), wenn der Streitgegenstand erweitert wird. 1 BGH, Beschl. v. 25.11.2003 – VI ZR 418/02, RVG-Berater 2004, 104 (zur Beschwer); BGHZ 7, 152; OLG Bremen, Rpfleger 1957, 271; a.A. die ältere Rspr., z.B. RGZ 145, 164; OLG Kiel, JW 1932, 2910. 2 RGZ 145, 164. 3 BGHZ 7, 154. 4 BGHZ 7, 154. 5 BGH, Beschl. v. 23.10.1990 – VI ZR 135/90, MDR 1991, 427 = ZAP Fach 24 S. 85 mit Anm. Lappe. 6 BGH, NJW 1986, 257. 7 BGH, Beschl. v. 30.4.2001 – II ZR 328/00, MDR 2001, 1006. 8 BGH, Beschl. v. 30.4.2001 – II ZR 328/00, MDR 2001, 1006; Beschl. v. 4.10.1993 – II ZB 9/93, DtZ 1994, 29. 9 BGH, Beschl. v. 30.4.2001 – II ZR 328/00, MDR 2001, 1006.
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Rechtsmittel Die Rechtsmittelbeschwer bei Eventualaufrechnung richtet sich danach, wer das Rechtsmittel einlegt. Wird der Kläger mit der Klage abgewiesen, weil seine Klageforderung durch Hilfsaufrechnung des Beklagten erloschen sei, dann ist er nur wegen der Aufrechnung beschwert, denn sein eingeklagter Anspruch ist bejaht worden. Wird der Beklagte trotz Hilfsaufrechnung verurteilt, ist er doppelt beschwert, bei Klageabweisung nur aufgrund der Hilfsaufrechnung – ebenso wie der Kläger – nur einfach, da der Anspruch des Klägers nicht bejaht wurde.1
4735
Wird erstinstanzlich über Klage und Eventualaufrechnung entschieden, dagegen auch Berufung eingelegt, diese jedoch zurückgenommen, dann findet im zweiten Rechtszug keine Wertaddition nach § 45 Abs. 3 GKG statt, weil dort keine „der Rechtskraft fähige Entscheidung“ erlassen worden ist.2 Der BGH ist insoweit anderer Ansicht3 und bejaht die Wertaddition. Dabei verkennt er jedoch, dass § 45 Abs. 3 GKG lex specialis zu § 47 Abs. 1 GKG ist. Es muss in solchen Fällen unterschieden werden zwischen der Beschwer als Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels und dem Gebührenstreitwert, der sich nach § 45 Abs. 3 GKG richtet. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 GKG sind aber nicht gegeben, weil im zweiten Rechtszug keine Entscheidung über den Gegenanspruch getroffen und kein diese Entscheidung ersetzender Prozessvergleich abgeschlossen worden ist.
4736
Nach einer Entscheidung des OLG München4 erhöht eine hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung den Streitwert für das Verfahren auch dann, wenn der Rechtsstreit durch Vergleich erledigt wird (s. auch die Stichworte „Vergleich“ sowie „Aufrechnung“).
4737
IX. Haupt- und Hilfsantrag Ist ein abgewiesener Hauptantrag mangels ausreichender Beschwer nicht berufungsfähig, wohl aber der (ebenfalls abgewiesene) Hilfsantrag, so ist das Rechtsmittel insgesamt zulässig, da es nicht auf die Reihenfolge der Anträge ankommt.5 Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG werden die Ansprüche, wenn sie nicht denselben Gegenstand betreffen (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG), zusammengerechnet. Der Gebührenstreitwert und – im Falle der Abweisung beider Anträge – die Beschwer des Klägers ergeben sich dann aus der Summe der Werte.
1 BGHZ 48, 212; 59, 17; Zöller/Heßler, vor § 511 ZPO Rn. 26a; Schulte, Die Kostenentscheidung bei der Aufrechnung durch den Beklagten im Zivilprozess, Europäische Hochschulschriften, Reihe II Bd. 940 S. 31 m.w.N.; Übersicht zur jeweiligen Beschwer je nach Entscheidung über die Aufrechnung: MünchKomm.ZPO/Lappe, § 5 Rn. 35–39. 2 OLG Karlsruhe, KostRsp. GKG § 19 Nr. 16 mit Anm. Schneider; OLG Köln, Beschl. v. 22.8.1994 – 13 U 32/94, JurBüro 1995, 485;Beschl. v. 20.12.2012 – 19 W 48/12; OLG München, Beschl. v. 18.9.1989 – 25 U 5725/88, MDR 1990, 934 = JurBüro 1990, 1337; OLG Celle, JurBüro 1987, 1053; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.11.1997 – 10 U 38/97, MDR 1998, 497; OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.7.1997 – 7 W 21/97, OLGR 1998, 70; OLG Jena, AGS 2002, 159; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.9.2000 – 9 W 69/00, OLGR 2000, 477; OLG Jena, Beschl. v. 5.11.2001 – 5 U 667/00, MDR 2002, 480. 3 BGH, KostRsp. GKG § 19 Nr. 15; BGH, KostRsp. GKG § 14 Nr. 6 mit abl. Anm. Schneider = JurBüro 1979, 358; ablehnend auch Mümmler, JurBüro 1979, 843; dem BGH folgend OLG Schleswig, Beschl. v. 19.12.2013 – 1 W 67/13; OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.1.1999 – 25 U 40/98, OLGR 1999, 121 – der Senat vertritt die unzutreffende Ansicht, dass allein durch den Berufungsangriff mit Primäraufwendung und Hilfsaufrechnung die Addition der Gebührenstreitwerte zu erfolgen hat. 4 OLG München, Beschl. v. 12.1.1998 – 7 W 3384/97, MDR 1998, 680; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2009 – 24 W 32/09, JurBüro 2010, 423. 5 KG, OLGZ 1979, 348.
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Rechtsmittel Nicht beschiedene Hilfsanträge führen nicht zu einer Erhöhung des Streitwertes.1 Das gilt auch dann, wenn der Berufungsbeklagte sich an eine von Anfang an wegen Versäumung der Berufungsfrist unzulässige Hauptberufung anschließt.2 Legt der Beklagte aber gegen seine Verurteilung nach dem Hauptantrag Berufung ein, so ist allein dadurch auch der nicht beschiedene Hilfsantrag des Klägers Gegenstand des Berufungsverfahrens.3
4740
Die Werte von Klage und Hilfswiderklage sind zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 GKG), wenn der Eventualfall für die Widerklage eingetreten ist. Das gilt auch dann, wenn die Hilfswiderklage trotz versagter Zulassung (§ 533 ZPO) weiterverfolgt und deshalb als unzulässig abgewiesen wird.4 Denn § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG stellt nicht, wie § 45 Abs. 3 GKG, darauf ab, ob über die Widerklage im Zulässigkeitsbereich oder im Begründetheitsbereich entschieden wird.5
4741
Tritt die Bedingung, von der die Stellung des Widerklageantrages abhängig gemacht worden ist, nicht ein, dann erhöht sich der Streitwert nicht, und zwar auch dann nicht, wenn das Gericht unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über die Widerklage entscheidet.6
ZPO
4739
X. Zurückbehaltungsrecht 4742
Bei Klagen auf Herausgabe von Sachen ist gem. § 6 ZPO als Streitwert der Verkehrswert der herausverlangten Sache maßgebend. Das gilt nach herrschender Meinung auch dann, wenn nicht der geltend gemachte Herausgabeanspruch, sondern nur ein vom Beklagten geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht streitig ist und die Höhe der Forderung, für die das Zurückbehaltungsrecht ausgeübt wird, geringer ist als der Verkehrswert der Sache.7
4743
Wenn der Beklagte aber ein Urteil auf Herausgabe der Sache nur deshalb anficht, weil das von ihm geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht nicht oder nicht in voller Höhe anerkannt worden ist, so ist für die Beschwer nicht der Streitwert der Klage, sondern das Interesse maßgebend, das der Rechtsmittelkläger an der Abänderung der angegriffenen Entscheidung hat. Es ist auf den Wert des Gegenrechtes abzustellen,8 wobei der Gebührenstreitwert (nicht die Beschwer!) nach § 47 Abs. 2 GKG durch den Streitwert erster Instanz begrenzt wird. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Beklagte, der mit dem Rechtsmittel seinen Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgen will, neben anderen Einwendungen auch mit einem hilfsweise geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht ohne Erfolg geblieben war.9 Dann erhöht sich der Wert des Beschwerdegegenstands nicht über den Betrag der Verurteilung hinaus.
1 BGH, Beschl. v. 14.4.1999 – IV ZR 253/98, NJW-RR 1999, 1157; OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.7.1997 – 7 W 21/97, OLGR 1998, 70; OLG Schleswig, Beschl. v. 22.6.2001 – 5 U 87/01, BRAGOreport 2002, 95; s. dazu ausführlich Schneider, MDR 1988, 462 m.w.N. 2 OLG Köln, JurBüro 1971, 717. 3 BGH, Urt. v. 20.9.2004 – II ZR 264/02, ProzRB 2005, 37. 4 OLG Stuttgart, JurBüro 1980, 1374; Schneider, MDR 1982, 266. 5 Vgl. zur Unzulässigkeit einer Hilfsaufrechnung das Stichwort „Aufrechnung“. 6 BGH, MDR 1974, 36 = NJW 1973, 2206. 7 Vgl. das Stichwort „Gegenleistung“. 8 BGH, Beschl. v. 28.6.1995 – VIII ZR 1/95, MDR 1995, 1162. 9 BGH, Beschl. v. 1.12.2004 – IV ZR 1/04, MDR 2005, 345.
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XI. Verurteilung Zug-um-Zug 1. Rechtsmittel des Klägers Bei uneingeschränktem Antrag wird der Kläger durch eine Verurteilung Zug-umZug beschwert, so dass für den Gebührenstreitwert seines Rechtsmittels auf den Wert der noch zu erbringenden Gegenleistung abzustellen ist, begrenzt durch den Wert des Klageanspruchs.1 Dieser Wert ist dann in voller Höhe maßgebend, wenn die zu erbringende Gegenleistung nicht eindeutig bestimmt ist und deshalb das stattgebende Urteil nicht vollstreckt werden kann.2
4744
Die Beschwer für ein Rechtsmittel des Klägers gegen die Verurteilung nur Zugum-Zug statt der beantragten unbeschränkten Verurteilung fehlt nicht schon deshalb, weil in der Zwangsvollstreckung der Tatbestand des Urteils als Nachweis für die Befriedigung des Schuldners i.S.v. § 756 ZPO dienen kann.3 Denn der Kläger hat Anspruch darauf, dass ihm im Erkenntnisverfahren ein der Rechtslage entsprechendes richtiges Urteil als Vollstreckungstitel zur Verfügung gestellt wird.
4745
Wird der bezifferte Klageanspruch im Berufungsverfahren teilweise abgewiesen und im Übrigen nur gegen eine Zug-um-Zug zu erbringende Gegenleistung zuerkannt, dann sind für die Beschwer zusammenzurechnen: a) der Wert der Teilabweisung und b) der Wert der Gegenleistung, die Zug-um-Zug zu erbringen ist, diese allerdings nach oben begrenzt durch den Wert des Klageanspruchs.4
4746
2. Rechtsmittel des Beklagten Legt der Beklagte ein Rechtsmittel ein, um an Stelle der erstinstanzlich unbedingten Verurteilung eine Verurteilung Zug-um-Zug aufgrund eines von ihm geltend gemachten Gegenrechtes zu erreichen, dann bemisst sich der Gebührenstreitwert für das Rechtsmittelverfahren nur nach dem Wert der Gegenleistung.5 Dieser Wert wird nach oben durch den Streitwert erster Instanz beschränkt,6 denn § 47 Abs. 2 GKG beinhaltet insofern eine Sondervorschrift, wie es sie für die Beschwer nicht gibt. Die Beschwer für den Beklagten ist nach seinem Interesse an der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zu bestimmen. Sie kann höher liegen als der Streitwert der ersten Instanz, der sich nach den Interessen des Klägers an der Durchsetzung des Klageanspruchs gerichtet hat. Der Gebührenstreitwert ist dagegen – soweit nicht eine Erweiterung des Streitgegenstandes erfolgt – nach § 47 Abs. 2 GKG durch den Streitwert erster Instanz beschränkt.7
4747
In einem solchen Fall darf nicht lediglich auf das Interesse des Beklagten abgestellt werden, die vom Kläger beantragte Leistung nicht erbringen zu müssen. Der Streitwert bestimmt sich vielmehr zunächst nach dem vollen Wert der Gegenleis-
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BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 560 = JurBüro 1982, 377. BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1167 = MDR 1994, 510. BGH, JurBüro 1982, 377 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 560. BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 743. BGH, Beschl. v. 27.10.2004 – XII ZB 106/04, AGS 2005, 19; Beschl. v. 28.6.1995 – VIII ZR 1/95, MDR 1995, 1162. 6 BGH, MDR 1982, 488; BGH, MDR 1985, 1022; MDR 1991, 794; BGH, Beschl. v. 18.1.1995 – XII ZB 204/94, NJW-RR 1995, 706; BGH, Beschl. v. 23.4.1986 – IVa ZR 289/85, MDR 1986, 1007 – keine Erhöhung der Beschwer durch das Interesse an der Aufrechterhaltung der Zug-um-Zug-Verurteilung; BGH, MDR 1973, 398 = JR 1973, 423 mit zust. Anm. Kuntze; OLG Celle, OLGR 1995, 227 – „kein Druckzuschlag“ auf den Wert der im Wege der Einrede geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten; LAG Berlin, Urt. v. 17.3.1980 – 9 Sa 3/80, MDR 1980, 612. 7 BGH, Beschl. v. 10.12.1993 – V ZR 168/92, MDR 1994, 839.
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tung, auf die das Zurückbehaltungsrecht gestützt wird. Der so ermittelte Wert ist nach oben begrenzt durch den Wert des vom Kläger verfolgten Anspruchs. Es ist daher folgendes Prüfungsschema zu beachten: – Bestimmung des Wertes der Gegenleistung. – Bestimmung des Wertes der Klageforderung. – Erreicht die Klageforderung den Wert der Gegenleistung, oder übersteigt sie diesen, dann ist der Wert der Gegenleistung maßgeblich. – Ist die Klageforderung geringer als der Wert der Gegenleistung, dann ist höchstens der Wert der Klageforderung anzusetzen.
Û
Beispiel: Geklagt wird mit Erfolg auf Herausgabe eines Kraftfahrzeugbriefs, den der Kläger benötigt, um eine beabsichtigte Veräußerung des Fahrzeugs verwirklichen zu können. Das Interesse des Klägers ist daher hoch zu bewerten. Der Beklagte macht am Brief wegen einer geringfügigen Forderung ein Zurückbehaltungsrecht geltend. Der Wert der Berufung des verurteilten Beklagten beurteilt sich also nach dem (geringeren) Betrag der Forderung, wegen derer er zurückbehalten will.1
3. Einzelfälle 4749
Begehrt der Beklagte als Berufungskläger die Abänderung des ihn zur Einwilligung in die Löschung einer Auflassungsvormerkung verurteilenden Urteils in eine Verurteilung Zug-um-Zug gegen Zahlungen des Klägers, so ist sein Interesse durch den Wert der Auflassungsvormerkung begrenzt, solange er nicht Widerklage erhoben hat.2
4750
Steht die Zug-um-Zug zu erbringende Gegenleistung bereits aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dann ist der Streitwert noch geringer als die Gegenleistung anzusetzen und ein frei zu schätzender (§ 3 ZPO) Abschlag vorzunehmen.3
4751
Wird dem Beklagten bei einer Verurteilung Zug-um-Zug die begehrte Nachbesserung versagt und auf eine andere Art der Nachbesserung erkannt, dann wird er in Höhe der Kosten der ihm versagten Nachbesserung beschwert, auch wenn die Zug-um-Zug zuerkannte Nachbesserung gleich hohe Kosten verursachen würde.4
4752
Macht der Beklagte zweitinstanzlich nur noch die Aufrechnung mit einer Gegenforderung gegen eine unbestrittene Klageforderung geltend und verurteilt ihn das Berufungsgericht zur Zahlung, ohne diese im Gegensatz zum Landgericht von der Erfüllung der Nachbesserung abhängig zu machen, dann wird der Beklagte durch den Wert der ursprünglichen Zug-um-Zug-Leistung nicht beschwert.5
4753
Wendet sich der Beklagte in zweiter Instanz gegen die Verurteilung unter Berufung auf die (noch streitige) Einrede des nicht erfüllten Vertrages, entspricht seine Beschwer dem vollen Wert der Kaufpreisforderung, wenn er glaubhaft macht, wegen eines fehlenden Teils der Kaufsache sei diese insgesamt unbrauchbar.6
1 OLG Nürnberg, MDR 1969, 1020: Klagewert 1/2 des Wertes des Kraftfahrzeugs, Wert der Berufung 20 DM entsprechend der Zurückbehaltungsforderung. 2 OLG Celle, JurBüro 1970, 434. 3 LAG Berlin, Urt. v. 17.3.1980 – 9 Sa 3/80, MDR 1980, 612. 4 BGH, Urt. v. 26.9.1985 – VII ZR 332/84, MDR 1986, 225 = NJW 1986, 1110. 5 BGH, Beschl. v. 24.10.1991 – VII ZR 95/91, MDR 1992, 518. 6 BGH, Beschl. v. 28.6.1995 – VIII ZR 1/95, MDR 1995, 1162.
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XII. Erledigung der Hauptsache Erklärt der Kläger die Hauptsache einseitig für erledigt, so dass das Gericht die anfängliche Begründetheit der Klage prüfen muss, dann bemisst sich der Streitwert auch für die Zeit ab einseitiger Erledigungserklärung nach der Hauptsache. Stellt das erstinstanzliche Gericht sodann entsprechend dem Antrag des Klägers die Erledigung der Hauptsache fest, so bemisst sich der Streitwert für das Berufungsverfahren, in dem der Beklagte die Abweisung der Klage als anfänglich unbegründet anstrebt, ebenfalls nach dem Wert der Hauptsache.1
4754
Zum Streitstand vgl. die Ausführungen bei dem Stichwort „Erledigung der Hauptsache“.
XIII. Verlustigerklärung Nach Rücknahme eines Rechtsmittels ergeht von Amts wegen ein Beschluss, in dem der Rechtsmittelführer des Rechtsmittels für verlustig erklärt wird und ihm die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auferlegt werden (§§ 516 Abs. 3, 565 ZPO). Gerichtsgebühren fallen für den Beschluss nach § 516 Abs. 3 ZPO nicht an. Die Frage, welcher Gegenstandswert für die Verlustigerklärung im Hinblick auf die Anwaltsgebühren festzusetzen ist, ist umstritten, der Streit jedoch in der Praxis meist ohne Belang.
4755
Ist der Anwalt Prozessbevollmächtigter des vorhergehenden Rechtszugs, so erhält 4756 er für die Tätigkeit im Rahmen des Beschlusses nach § 516 Abs. 3 ZPO keine eigene Gebühr neben der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, weil diese noch zum Rechtszug gehört (§ 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG).2 Für den Prozessbevollmächtigten des Berufungsverfahrens ist die Tätigkeit ebenfalls mit der Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV RVG) bzw. – wenn die Rücknahme im Termin erklärt wird – mit der Terminsgebühr (Nr. 3202 VV RVG) abgegolten. Es verbleibt damit nur der Anwalt, für den die Entgegennahme der Rücknahmeerklärung und des Beschlusses nach § 516 Abs. 3 ZPO eine Einzeltätigkeit darstellt. Für diesen muss zur Berechnung der verdienten Gebühren ein eigenständiger Wert für den Beschluss nach § 516 Abs. 3 ZPO festgesetzt werden. Zu den Einzelheiten vgl. die Ausführungen beim Stichwort „Berufungsrücknahme“.
4757
XIV. Auskunftsanspruch Die Beschwer des zur Auskunft verurteilten Beklagten richtet sich in erster Linie nach dessen Aufwand an Zeit und Kosten, den titulierten Anspruch (= Auskunftserteilung, Rechnungslegung) zu erfüllen.3 Der Große Zivilsenat hat auf den Vor1 OLG Köln, JMBl.NW 1973, 175. 2 OLG Hamburg, Beschl. v. 14.7.2003 – 8 W 152/03, MDR 2003, 1261. 3 BGH, Beschl. v. 5.2.2001 – II ZB 7/00, MDR 2001, 709; Beschl. v. 11.5.2005 – XII ZB 63/05, FamRZ 2005, 1064; Beschl. v. 2.12.2004 – IX ZB 188/04, ZVI 2005, 199; Beschl. v. 14.2.2007 – XII ZB 150/05, FamRZ 2007, 711; Beschl. v. 31.1.2007 – XII ZB 133/06, MDR 2007, 781; Beschl. v. 25.4.2007 – XII ZB 10/07, MDR 2007, 1136; Beschl. v. 20.6.2007 – XII ZB 142/05, MDR 2007, 1259 = FamRZ 2007, 1461; Beschl. v. 29.1.2008 – X ZR 136/07, AGS 2008, 464; Beschl. v. 1.10.2008 – IV ZB 27/07, FamRZ 2008, 2274; OLG Celle, Beschl. v. 15.7.1993 – 10 UF 37/93, OLGR 1994, 57; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.1.1994 – 7 U 13/93, OLGR 1994, 70; OLG Köln, Beschl. v. 11.8.1998 – 4 U 11/98, NJW-RR 1999, 833; BVerfG, Beschl. v. 13.2.1997 – 2 BvR 2726/93, NJW 1997, 2229; vgl. auch das Stichwort „Auskunftsanspruch“.
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lagebeschluss des 2. Zivilsenats1 die bisherige Rechtsprechung zur Beschwer des verurteilten Beklagten bzw. zum Wert des Beschwerdegegenstandes bestätigt2 und dabei auch entschieden, dass bei der Wertbestimmung das Interesse des Beklagten an der Vermeidung einer ihm nachteiligen Kostenentscheidung außer Betracht bleibt.3 4759
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In seiner Entscheidung vom 29.1.2008 hat der BGH den Streitwert für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach Verurteilung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung auf 1000 Euro festgesetzt. Dies bemesse sich nach dem voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten, der mit der sorgfältigen Erteilung der Auskunft verbunden sei.5 Diese Entscheidung ist auch auf das Rechtsmittelverfahren selbst übertragbar, da sich der Wert der Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 47 Abs. 3 GKG nach dem Wert des Rechtsmittelverfahrens richtet.
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Kritische Resonanz hat diese Rechtsprechung zur Bestimmung der Beschwer des zur Auskunft verurteilten Beklagten beim OLG Stuttgart erfahren.6 Der Senat bemängelt, dass die Bemessung des Gebührenstreitwerts nach der Beschwer des Rechtsmittelführers zu Differenzierungen führe, die nicht plausibel zu begründen seien: Werde die Klage um den Auskunftsanspruch abgewiesen, so bleibe es beim dann folgenden klägerischen Rechtsmittel beim Streitwert der ersten Instanz. Weshalb der Streitwert wesentlich niedriger sein solle, wenn das Rechtsmittel gegen ein stattgebendes Urteil vom Beklagten eingelegt werde, vermöge nicht einzuleuchten. Denn in beiden Fällen werde über die Berechtigung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs entschieden, ohne dass sich Inhalt und Umfang der beiden Prüfungen per se unterschieden.
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Die unterschiedlichen Gebührenstreitwerte für die Rechtsmittel von Kläger und Beklagten muten auf den ersten Blick tatsächlich seltsam an. Der herrschenden Meinung zu dieser Bewertungsfrage ist dennoch zu folgen, denn sie findet ihre Stütze in § 47 Abs. 1 GKG: Danach ist zur Berechnung des Gebührenstreitwerts auf die Anträge des Rechtsmittelführers abzustellen. Selbst wenn man – wie es das OLG Stuttgart vertritt – eine Unterscheidung zwischen materieller und formeller Beschwer nicht aus dem Gesetz herzuleiten vermag, so muss doch, um einen Gebührenstreitwert bestimmen zu können, der Rechtsmittelantrag des Beklagten bewertet werden. Es läuft demnach – ob man es nun materielle Beschwer nennt oder nicht – auf eine Bewertung des Interesses hinaus, das der Beklagte an der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung hat. Sein Interesse liegt darin, die
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Anmerkung: In dem betreffenden Vorlagebeschluss war ausgeführt, dass die Auskunftsklage der Vorbereitung der Zahlungsklage diene und für den Zahlungsanspruch keine Rechtskraftwirkung habe. Von daher sei die Bruchteilsbewertung begründet. Die vom Beklagten erstrebte „Nichtauskunft“ soll die Durchsetzung des Zahlungsanspruchs verhindern, ist daher das Gegenstück zu dessen Vorbereitung und verdient somit die gleiche Bewertung.4 Demgegenüber sieht der Große Senat zwar auf Seiten des Klägers eine enge Verbindung zwischen Haupt- und Auskunftsanspruch, weshalb sich trotz der Heranziehung des Hauptanspruchs zur Bewertung die Festsetzung noch am unmittelbaren Gegenstand der Auskunftsklage orientiere. Auf Seiten des Beklagten gehe aber das Interesse, die Durchsetzung des Hauptanspruchs zu verhindern, über den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung hinaus, womit die enge Verknüpfung fehle.
BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1189 = MDR 1994, 1035. BGH, Beschl. v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, JZ 1995, 681 mit Anm. Roth. So noch BGH, Beschl. v. 10.3.1994 – IX ZB 20/94, MDR 1994, 518. Siehe Roth, JZ 1995, 684 IV. 2., der im Ergebnis aber dem Großen Senat zustimmt. St. Rspr., vgl. BGH, Beschl. v. 29.1.2008 – X ZR 136/07, AGS 2008, 464. OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.9.2000 – 3 U 268/99, MDR 2001, 112.
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Noethen
Rechtsmittel Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dies wird in den meisten Fällen geringer zu bewerten sein als das Interesse des Klägers, Auskunft zu erhalten. Denn der Beklagte will keinen Zahlungs- oder sonstigen Leistungsanspruch vorbereiten, sondern sich lediglich die Arbeit ersparen, die im konkreten Fall für ihn mit der Auskunftserteilung verbunden ist. Dem OLG Stuttgart kann auch nicht darin zugestimmt werden, dass in beiden Fällen (Rechtsmittel des Klägers bzw. Rechtsmittel des Beklagten) über die Berechtigung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs entschieden wird. Denn eine umfassende Überprüfung des klägerischen Anspruchs könnte der Beklagte nur mit einer negativen Feststellungswiderklage, nicht jedoch mit einem bloßen Klageabweisungsantrag erreichen. Verurteilt das Berufungsgericht den Beklagten auf eine Stufenklage hin zur Auskunft und verweist es die Sache wegen der weiteren Stufen an das erstinstanzliche Gericht zurück, richtet sich der Streitwert einer gegen dieses Urteil gerichteten Revision lediglich nach der Beschwer des Beklagten durch die Verurteilung zur Auskunft. Dies gilt auch dann, wenn das erstinstanzliche Gericht ursprünglich die Stufenklage insgesamt abgewiesen hat.1
4763
XV. Versehentliches Rechtsmittel Wird für eine nicht beschwerte Partei versehentlich Berufung eingelegt und diese alsbald nach Erkennen des Irrtums zurückgenommen, setzt das OLG Frankfurt2 den Streitwert auf (jetzt) 601 Euro fest. Richtig erscheint es, den Streitwert in solchen Fällen mangels wirklicher Beschwer auf den geringsten Tabellenwert der Gebührengesetze festzusetzen3 oder den Streitwert mit null zu bewerten, womit ebenfalls nur die Mindestgebühren anfallen.4
4764
XVI. Unzulässiges Rechtsmittel Nur der wirkliche Wert ist anzusetzen, wenn der Rechtsmittelführer meint, ein zulässiges Rechtsmittel einzulegen, später aber durch die gerichtliche Wertfestsetzung erfährt, dass die Erwachsenheitssumme nicht erreicht ist.5 Dem Berufungskläger, der erst in der mündlichen Verhandlung erfährt, dass sein erstinstanzlich abgewiesener, nicht auf bezifferte Geldleistung gerichteter Antrag unterhalb von 600 Euro zu bewerten ist, kann kein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden, da er lediglich erstrebt, dass seine wirkliche Beschwer richtig beziffert wird.
4765
F. Zinsen Dringt ein Kläger in der ersten Instanz mit der Hauptforderung in vollem Umfang, mit dem als Nebenforderung geltend gemachten Zinsanspruch jedoch nur teilweise durch, so kann er wegen des abgewiesenen Zinsanspruchs Berufung einlegen, wenn dieser die Berufungssumme übersteigt.6 Der Zinsanspruch ist dann zur
1 BGH, Beschl. v. 3.7.2002 – IV ZR 191/01, MDR 2002, 1390. 2 KostRsp. GKG § 14 Nr. 22 mit Anm. Schneider und Lappe = JurBüro 1984, 902. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.5 2009 – 24 W 13/09, MDR 2009, 1187; Schneider, Anm. zu KostRsp. GKG § 14 Nr. 22. 4 So Lappe, Anm. zu KostRsp. GKG § 14 Nr. 22. 5 Siehe OLG Bamberg, Beschl. v. 27.12.1985 – 5 U 196/85 Bau, JurBüro 1986, 1220. 6 OLG Stuttgart, BB 1962, 1178.
Noethen
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ZPO
Rechtsmittel Hauptsache geworden, nach dem sich der Streitwert berechnet.1 Maßgeblich sind die Zinsen, die auf der Grundlage der Behauptungen des Rechtsmittelführers anfallen.2 4767
Wertbestimmend für die Gebühren ist die Summe der Zinsen bei Abschluss der zweiten Instanz.3 Der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Zinsforderung mit ungewissem Erfüllungszeitpunkt und damit ungewisser Laufzeit ist nach § 3 ZPO zu schätzen.4
4768
Zinsen, die im ersten Rechtszug aberkannt worden sind, bleiben nach einer Meinung eine nicht zu berücksichtigende Nebenforderung, wenn sie mit einer Anschlussberufung weiterverfolgt werden,5 und zwar auch dann, wenn die Zinsen kapitalisiert und in einem festen Betrag geltend gemacht werden,6 denn durch die Berufung des Beklagten gegen seine Verurteilung in der Hauptsache ist auch die Hauptforderung Streitgegenstand geworden.7 Nach der Gegenmeinung des OLG Brandenburg8 sind für die Berechnung der Beschwer die allein vom Kläger in zweiter Instanz mit der Anschlussberufung weiterverfolgten Zinsansprüche zu berücksichtigen. Sie werden auch dann nicht zu einer Nebenforderung i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO, wenn der Beklagte zuvor Berufung im Hinblick auf die Hauptforderung eingelegt hat.
4769
Dem ist zuzustimmen: Auch wenn es im gesamten Berufungsverfahren weiterhin (auch) um die Hauptforderung geht, ist bei wechselseitigen Rechtsmitteln die Beschwer danach zu bestimmen, in welchem Umfang der jeweilige Rechtsmittelführer durch das erstinstanzliche Urteil belastet ist. Die Entscheidung des BGH vom 18.1.19959 steht dem nicht entgegen, denn im dort vorliegenden Fall, in welchem die Anwendung des § 4 Abs. 1 ZPO bejaht wurde, ging es im Rechtsmittelverfahren um Zinsen, die neben der Hauptforderung geltend gemacht wurden.
4770
Will der unbedingt verurteilte Beklagte mit seinem Rechtsmittel aufgrund eines Gegenrechts eine Zug-um-Zug-Verurteilung erreichen, sind bei der Wertberechnung dieses Gegenrechts Zinsen nicht zu berücksichtigen, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden, auch wenn sie dabei mit der Hauptforderung zu einem einheitlichen Zahlungsbetrag zusammengefasst werden.10
4771
Wenn das Landgericht in der Sache selbst durch Teilurteil und über die Kosten durch Schlussurteil entschieden hat, dann ist als Streitwert für die gegen diese beiden Urteile eingelegten Berufungen ab Verbindung nur der Wert der Berufung gegen die Sachentscheidung anzusetzen. Eine besondere Wertberechnung für die auf den Kostenpunkt beschränkte Berufung gegen das Schlussurteil kommt nicht
1 OLG Brandenburg, Urt. v. 17.1.2001 – 7 U 151/00, MDR 2001, 588; OLG Köln, Urt. v. 19.8.1992 – 19 U 15/92, NJW-RR 1993, 1215. 2 OLG Köln, JurBüro 1972, 244; OLG Celle, JurBüro 1971, 237. 3 OLG Köln, JurBüro 1972, 244 = KostRsp. GKG a.F. § 11 Nr. 20; OLG Celle, Nds.Rpfl. 1965, 229; OLG Celle, JurBüro 1971, 237; a.A. Lappe, Anm. zu KostRsp. ZPO § 4 Nr. 28, der gem. § 3 ZPO den Wert in diesem Fall nach freiem Ermessen schätzen will. Grundsätzlich kommt es wegen § 40 GKG, § 4 ZPO auf den Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung an, das OLG Köln, Urt. v. 19.8.1992 – 19 U 15/92, NJW-RR 1993, 1215 will aber den (künftigen) Zinsverlust berücksichtigen. 4 BGH, JurBüro 1981, 1490; OLG Köln, Urt. v. 19.8.1992 – 19 U 15/92, NJW-RR 1993, 1215. 5 OLG Schleswig, SchlHA 1976, 14; LG Kiel SchlHA 1953, 209. 6 OLG Hamm, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 64 = JurBüro 1988, 1550. 7 BGH, JurBüro 1953, 201; BGH, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 52 mit Anm. Schneider. 8 OLG Brandenburg, Urt. v. 17.1.2001 – 7 U 151/00, MDR 2001, 588 unter Berufung auf BGHZ 26, 174. 9 BGH, Urt. v. 18.1.1995 – XII ZB 204/94, NJW-RR 1995, 706. 10 BGH, Urt. v. 18.1.1995 – XII ZB 204/94, NJW-RR 1995, 706.
912
Noethen
Rechtsmittel in Betracht.1 Das ist die Konsequenz aus § 99 Abs. 1 ZPO, wonach die Kostenentscheidung nicht isoliert anfechtbar ist, die isolierte Anfechtung in diesem Sonderfall aber deshalb zugelassen wird, weil Teil- und Schlussurteil als Einheit betrachtet werden.2 Unzutreffend ist die Auffassung eines Senats des OLG Köln3, welcher diese Sonderregelung auch auf das Schlussurteil über den Zinsanspruch übertragen will. Sobald das Teilurteil über die Hauptforderung ergangen ist, ist das Bedingungsverhältnis zwischen Zinsbegehren und Hauptsache gelöst. Das Schlussurteil ist gem. § 43 Abs. 2 GKG nur nach dem Zinsbetrag zu bewerten. Die getrennt eingelegten Berufungen haben selbständige Streitwerte, zumal die möglichen Entscheidungen nicht notwendig wechselseitig präjudiziell sein müssen. Der Zinsanspruch kann z.B. ohne Weiteres als unbegründet erkannt werden, obwohl die Hauptforderung als berechtigt angesehen wird. Nach allgemeinen Bemessungsgrundsätzen kommt eine Nichtbewertung des Zinsanspruches gem. § 4 Abs. 1 ZPO erst in Betracht, wenn die beiden Berufungen verbunden werden. Das ergibt sich sowohl aus der prozessualen wie der gebührenrechtlichen Situation.4
4772
G. Kosten Kosten des laufenden Prozesses sind bei der Berechnung der Berufungssumme nicht zu berücksichtigen, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist.5 Auch außergerichtliche Kosten, z.B. Inkassogebühren, erhöhen den Streitwert nicht.6 Folglich kann durch Einbeziehung solcher Positionen ein an sich nicht erreichter Berufungsstreitwert (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht geschaffen werden. Der Berufungsantrag ist zurückzurechnen und das Rechtsmittel ggf. zu verwerfen.7
4773
Ist nur noch der Zinsanspruch Gegenstand der Berufung, so bleibt dieser nach seiner Erledigung für den Streitwert bestimmend, selbst wenn die nach Erledigung gem. § 43 Abs. 3 GKG wertbestimmenden Kosten sich auf einen höheren Betrag als die Zinsen belaufen.8 Das folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 43 Abs. 1 GKG. Diese ist geboten, weil anderenfalls die den Rechtsstreit im Entscheidungsgegenstand beschränkende Hauptsacheerledigung des Zinsbegehrens den Streitwert erhöhen würde, was nach dem Grundgedanken des § 43 Abs. 1 GKG nicht der Fall sein soll.
4774
Wird nach Erlass eines Teilanerkenntnisurteils gegen das Schlussurteil, das über den Restanspruch und die gesamten Kosten des Rechtsstreits entscheidet, in vollem Umfang Berufung eingelegt, so bilden nach OLG Nürnberg9 der restliche Hauptanspruch und der auf das Anerkenntnisurteil entfallende Teil der Kosten den Streitwert für das Berufungsverfahren.
4775
Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Dass bei vollem Anerkenntnis die Kostenentscheidung nach § 99 Abs. 2 ZPO isoliert angefochten werden
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1 OLG Frankfurt, JurBüro 1981, 1732 = KostRsp. ZPO § 4 Nr. 46; OLG Köln, JurBüro 1982, 912; ZZP 69, 1956, 382 = MDR 1957, 173; OLG Celle, Nds.Rpfl. 1956, 128; Schneider, MDR 1982, 265 zu Ziff. I 4. 2 BGHZ 19, 174/175; OLG Hamm, Urt. v. 31.5.2000 – 12 U 41/00, MDR 2000, 1397; s. näher Zöller/Heßler, § 511 ZPO Rn. 24; Zöller/Herget, § 99 ZPO Rn. 10 f. 3 ZZP 70, 1957, 134. 4 Siehe Schneider, MDR 1982, 265 zu Ziff. I 4. 5 BGH, Beschl. v. 18.1.1995 – XII ZB 204/94, NJW-RR 1995, 706. 6 OLG Köln, BB 1974, 1414. 7 OLG Saarbrücken, JurBüro 1977, 1276. 8 OLG Schleswig, JurBüro 1956, 424. 9 OLG Nürnberg, JurBüro 1959, 512.
Noethen
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ZPO
Rechtswegverweisung könnte, ist unerheblich, denn ein solcher Fall ist nicht gegeben. Hier liegt es vielmehr so, dass die (Teil-)Kosten neben einem (Teil-)Hauptanspruch geltend gemacht werden. Das ist der Fall des § 43 Abs. 1 GKG. 4777
Der Streitwert für das Berufungsverfahren, in dem die Berufungen gegen ein Teilurteil und gegen das Schlussurteil, das nur noch über die Kosten entschieden hat, miteinander verbunden sind, berechnet sich nur nach dem Anspruch, über den in dem Teilurteil entschieden worden ist.1 Da das Schlussurteil nur die Bedeutung einer ergänzenden Entscheidung hat, dürfen die Kosten, über die im Schlussurteil erkannt ist, nicht bei der Berechnung des Streitwertes für die Berufungsinstanz besonders berücksichtigt werden.2
4778
Wird der Rechtsstreit auf einseitige Erklärung des Klägers hin teilweise für erledigt erklärt und der Beklagte im Übrigen verurteilt, dann soll sich der Berufungsstreitwert nach OLG Düsseldorf3 aus dem Wert der verbliebenen Hauptsache und dem Kostenanteil errechnen, der auf den erstinstanzlich für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits entfällt. Diese auch vom OLG Karlsruhe4 vertretene Auffassung ist jedoch abzulehnen, weil sie die Streitwertermittlung übermäßig kompliziert und es sogar nicht einmal möglich ist, die auf die umstrittene Teilerledigung entfallende Kostenquote bei der Berufungseinlegung betragsmäßig genau zu ermitteln.
4779
Nach und nach ist die Streitwertberechnung bei Hauptsacheerledigung so kontrovers und kompliziert geworden, dass die Problematik mancher Einzelfälle ohne intensives und zeitraubendes Studium der Rechtsprechung kaum noch erfasst werden kann.5 Eine weitere Komplizierung durch Einbeziehung von Zins- und Kostenbeträgen erscheint nicht mehr vertretbar.
Rechtswegverweisung Literatur: N. Schneider, NJW 2003, 2436 (Gebühren im Verfahren auf Bestimmung des zuständigen Gerichts).
4780
Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, hat das Gericht dies von Amts wegen auszusprechen, § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG. Ist der Rechtsweg zu dem angerufenen Gericht eröffnet, steht eine dahingehende Entscheidung gem. § 17a Abs. 3 GVG im Ermessen des Gerichts, soweit nicht eine der Parteien die Zulässigkeit rügt. Gegen die jeweilige Entscheidung, die nach Anhörung durch Beschluss ergeht, ist gem. § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG die sofortige Beschwerde eröffnet.
4781
Die Rechtsprechung zur Höhe des Beschwerdewerts ist uneinheitlich: – voller Hauptsachewert;6 – 1/2 des Hauptsachewertes;7 1 BGH, MDR 1964, 231 = JurBüro 1964, 110 – für die Revision. 2 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1956, 128; OLG Köln, ZZP 1956, 382 = MDR 1957, 173; OLG Köln, ZZP 1957, 134. 3 OLG Düsseldorf, MDR 1979, 676. 4 OLG Karlsruhe, Rpfleger 1979, 31. 5 Siehe dazu die kurze Übersicht bei Schneider, Anm. zu KostRsp. § 22 GKG Nr. 6 und die ausführliche Darstellung in JurBüro 1979, 1589 ff. sowie das Stichwort „Erledigung der Hauptsache“. 6 BGH, Beschl. v. 13.3.2008 – V ZB 113/07, NVwZ-RR 2008, 742; OLG Köln, Beschl. v. 8.12.1992 – 2 W 160/92, OLGR 1993, 140. 7 OLG Köln, Beschl. v. 24.4.1997 – 6 W 5/97, OLGR 1997, 228; OVG Münster, Beschl. v. 25.5.2004 – 21 E 62/04, NVwZ-RR 2004, 776 = BauR 2004, 1759.
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Noethen/Kurpat
Regressansprche der Sozialleistungstrger – – –
des Hauptsachewertes;1 des Hauptsachewertes;2 1/5 des Hauptsachewertes.3 1/3 1/4
Der BGH4 billigt eine Bandbreite von 1/5 bis 1/3 des Hauptsachewerts. Richtet sich die Beschwerde gegen einen Beschluss, durch den das Verfahren an das Arbeitsgericht verwiesen wird, orientiert sich das OLG Karlsruhe5 an den geschätzten Anwaltskosten des Beschwerdeführers im Hauptsacheverfahren; das OLG Braunschweig6 stellt auf das Kosteninteresse des Klägers ab.
4782
Alle Bewertungen haben ihren Nachteil. Die Kostenschätzung trägt Unsicherheit in sich, da nicht abzusehen ist, welche Gebühren im Einzelnen im Hauptsacheverfahren erwachsen werden. Hauptsache- und Bruchteilsbewertung vermögen nicht überzeugend zu erklären, warum sich das Interesse, das Verfahren in einem bestimmten Rechtszug durchzuführen, jeweils mit dem Hauptsachewert ändert, in Abhängigkeit von ihm mal hoch, mal niedrig zu bewerten ist. Es bietet sich daher an, die Werte für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten heranzuziehen.7
4783
Allerdings bewertet die Rechtsprechung, wenn es um die sachliche Zuständigkeit geht, nach der Hauptsache (s. oben das Stichwort „Einrede, Einwendung“). Diese hohe Bewertung hat ihren Grund aber darin, dass bei Durchgreifen der Einrede der gesamte Anspruch durch Endurteil abzuweisen ist, während eine solche Folge im Anwendungsbereich des § 17a GVG gerade nicht droht.
4784
Regelwert Siehe das Stichwort „Auffangwert“.
Regressansprche der Sozialleistungstrger Nach § 116 Abs. 1 SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Schadensersatzanspruch auf einen Versicherungsträger oder auf den Sozialhil-
1 OLG Celle, Beschl. v. 14.8.1996 – 14 W 30/96, OLGR 1997, 43; OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.4.1994 – 5 W 6/94, OLGR 1994, 119; OLG Köln, Beschl. v. 8.7.1993 – 7 W 93/93, OLGR 1993, 294; LAG Nürnberg, Beschl. v. 20.8.2002 – 6 Ta 63/02, ARST 2002, 265; OLG Thüringen, OLG-NL 1997, 96; OLG Köln, Beschl. v. 8.12.1992 – 2 W 160/92, NJW-RR 1993, 639. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.12.2011 – 10 W 149/11, FamRZ 2012, 475. 3 OLG Dresden, Beschl. v. 21.8.20008 – 5 W 597/08, ZfZ 2008, 328; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.5.2000 – 10 W 25/00, WuM 2000, 427; OLG Naumburg, Beschl. v. 12.6.1997 – 6 W 50/97, OLGR 1997, 356: da Verweisung von Amts wegen möglich; OLG Rostock, Beschl. v. 15.6.2005 – 1 W 64/03, OLGR 2005, 720; OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.8.2009 – 12 W 39/09, OLGR 2009, 910. 4 BGH, Beschl. v. 18.9.2008 – V ZB 40/08, NJW 2008, 3572; Beschl. v. 27.10.2005 – III ZB 66/05, MDR 2006, 530 = NJW-RR 2006, 286; Beschl. v. 19.12.1996 – III ZB 105/96, MDR 1997, 386; Beschl. v. 24.2.2000 – III ZB 33/99, MDR 2000, 598 = NJW 2000, 1343; abweichend mit vollem Hauptsachewert: BGH, Beschl. v. 13.3.2008 – V ZB 113/07, NVwZ-RR 2008, 742. 5 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.10.1993 – 3 W 41/93, MDR 1994, 415 = Justiz 1994, 243. 6 OLG Braunschweig v. 10.2.1993 – 4 W 13/93, DAR 1993, 390. 7 Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Rechtswegverweisung“.
Kurpat/Monschau
915
4785
Rente
ZPO
feträger über, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. 4786
Ansprüche aus Sozialversicherungen bestimmen sich nach § 42 Abs. 2 GKG, auch wenn sie auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen sind.1
4787
Dieselbe Bewertung gilt, wenn Ansprüche nach § 110 SGB VII originär auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen sind und dieser Rückgriff nimmt.2
4788
Beim Übergang von der Feststellungsklage zur Leistungsklage sind die bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Rückstände der nach § 116 Abs. 1 SGB X übergegangenen Schadensersatzansprüche, die besonders geltend gemacht werden, dem Streitwert der Hauptklage hinzuzurechnen.3
4789
Einstweilen frei.
Rente A. Anzuwendende Vorschriften 4790
Bemessungsvorschrift ist § 9 ZPO, der seit dem 1.8.2013 über § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG auch für den Gebührenstreitwert gilt. Die frühere Sonderregelung für den Gebührenstreitwert des § 42 Abs. 1 GKG a.F., der insoweit einen Fünfjahreswert vorsah, ist ersatzlos aufgehoben worden.
4791
Bei Klageeinreichung fällige Beträge werden allerdings nach wie vor hinzugerechnet (siehe § 42 Abs. 3 GKG).
4792
Werden für verschiedene Zeitabschnitte unterschiedliche Rentenbeträge verlangt, so ist nicht von einem Durchschnittsbetrag auszugehen, sondern es sind die höchsten Jahresleistungen in dem zu bewertenden Zeitraum zugrunde zu legen.4
4793
Durch den Tod des Rentenberechtigten wird der Streitwert hinsichtlich bereits entstandener Gebühren nicht beeinflusst.5
B. Streitwert-ABC Stichwortübersicht Rn. Abänderung . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung . Fällige Beträge. . . . . . . . Feststellung . . . . . . . . . Freiwillige Zahlungen . .
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4794 4796 4798 4807 4815
Rn. Sicherung . . . . . . . . . . . . . Sittenwidrige Schädigung . Vergleich . . . . . . . . . . . . . Versicherungsschutz . . . .
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4816 4817 4818 4820
1 OLG Zweibrücken, Rpfleger 1966, 354; OLG München, Rpfleger 1968, 364; OLG Bamberg, JurBüro 1971, 778. 2 BGH, NJW 1972, 1760 = MDR 1972, 859; DB 1972, 1626 = Rpfleger 1972, 364. 3 OLG Bamberg, JurBüro 1971, 778. 4 RGZ 160, 83; BGHZ 7, 335; OLG München, NJW 1974, 370. 5 OLG Saarbrücken, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 15 mit Anm. Lappe.
916
Monschau/N. Schneider
Rente • Abänderung Der Klage auf Abänderung einer Rente ist, falls nicht der Gesamtbetrag geringer ist, der dreieinhalbfache Unterschiedsbetrag zugrunde zu legen (§ 9 ZPO), es sei denn, die Abänderung wird nur für einen geringeren Zeitraum verlangt (etwa bei einer jährlichen Abänderung).
4794
Fällige abzuändernde Beträge sind hinzuzurechnen (§ 42 Abs. 3 GKG).
4795
• Einstweilige Verfügung Der Streitwert für eine einstweilige Verfügung des Inhalts, dass der Antragsgegner bis zur rechtskräftigen Entscheidung des noch anzustrengenden Hauptprozesses an den Antragsteller eine monatlich im Voraus zahlbare Rente zu leisten habe, ist nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO festzusetzen. Auszugehen ist von dem Dreieinhalbjahresbezug des § 9 ZPO und hiervon ist ein entsprechender Abschlag vorzunehmen.
4796
Fällige Beträge sind nach § 42 Abs. 3 GKG hinzuzurechnen (s. nachstehend „Fällige Beträge“).
4797
• Fällige Beträge Fällige Beträge i.S.d. § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG sind diejenigen Raten, die am Tage der Klageeinreichung datumsmäßig bereits fällig waren; dabei ist zu beachten, dass nach § 844 Abs. 2 i.V.m. §§ 843 Abs. 2, 760 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Schadensersatzrente drei Monate im Voraus zu zahlen ist.
4798
Beim Übergang vom unbezifferten Schmerzensgeld zur Schmerzensgeldrente ist der Betrag zwischen Klageeinreichung und Antragsänderung kein „Rückstand“.1
4799
Werden Rentenansprüche wegen Tötung oder Verletzung eines Menschen außergerichtlich durchgesetzt, dann entfällt eine Wertfestsetzung für Gerichtsgebühren. Es muss dann der Wert nach § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG ermittelt werden.
4800
Û
Beispiel: Der Anwalt wird im Januar beauftragt, eine Schadensersatzrente i.H.v. monatlich 1000 Euro außergerichtlich geltend zu machen. Er schreibt den Gegner im Februar an. Dieser ist lediglich bereit, 500 Euro zu zahlen. Im Juni vergleichen sich die Parteien schließlich dahingehend, dass 800 Euro monatlich gezahlt werden.
Vielfach wird ausgehend von § 9 ZPO sowie ausgehend von dem Betrag, auf den man sich geeinigt hat, lediglich der dreieinhalbfache Jahreswert angesetzt. Dies würde im vorliegenden Fall einen Betrag i.H.v. 35 × 800 Euro = 28 000 Euro ergeben.
4801
Bereits dieser Ansatzpunkt ist unzutreffend. Für die anwaltliche Tätigkeit ist vom Auftrag auszugehen und nicht davon, welches Ergebnis der Anwalt erreicht. Auf den „Erledigungswert“ kommt es nicht an; dieser ist allenfalls für das Erstattungsverhältnis von Bedeutung. Auszugehen ist vielmehr von dem Rentenbetrag, den der Anwalt geltend machen sollte. Dies sind im Beispiel 1000 Euro, so dass sich insoweit also bereits ein Dreieinhalbjahreswert i.H.v. 35 000 Euro ergibt.
4802
In aller Regel wird weiterhin verkannt, dass es sich bei dem Dreieinhalbjahreswert nur um den Gegenstandswert für die laufenden Renten handelt (§ 9 ZPO) und dass damit die fälligen Rentenbeträge noch nicht erfasst sind.
4803
1 OLG Zweibrücken, JurBüro 1978, 1550.
N. Schneider
917
Rente Wie die fälligen Renten bei außergerichtlicher Tätigkeit zu bewerten sind, ist allerdings strittig. – Zum Teil wird vertreten, analog § 42 Abs. 3 GKG sei auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem außergerichtlich erstmals Rente geltend gemacht bzw. in dem erstmals bei Unterhaltsforderungen zur Auskunft aufgefordert werde.1 Hiernach wäre gem. § 42 Abs. 3 GKG lediglich der Wert von zwei Monaten hinzuzurechnen, da bei Aufforderung zur Zahlung nur die Renten für die Monate Januar und Februar bereits fällig waren. – Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend und wird von der ganz h.M. auch abgelehnt.2 Der Wortlaut der Vorschrift des § 42 Abs. 3 GKG ist eindeutig. Sämtliche bis zur Klageeinreichung fälligen Rentenbeträge werden dem Wert der laufenden Rente hinzuaddiert. Kommt es nicht zu einer Klageerhebung, so sind sämtliche bis zur Erledigung, also in der Regel bis zum Vergleichsabschluss, fälligen Rentenbeträge der laufenden Rente hinzuzuaddieren. Danach wären im Beispiel der laufenden Rente (48 000 Euro) die fällige Beträgen für den Zeitraum von Januar bis Juni (6 × 1000 Euro = 6000 Euro) hinzuzurechnen, so dass sich ein Gesamtwert i.H.v. 41 000 Euro ergibt.
4805
Dass allein diese Berechnung zutreffend ist, zeigt sich an folgender Abwandlung:
ZPO
4804
Û
Beispiel (Abwandlung): Es kommt im Juni nicht zu einer Einigung. Vielmehr wird im Juni Klage erhoben. Der Gegenstandswert für den Rechtsstreit beliefe sich nunmehr wie folgt: laufende Leistungen, § 9 ZPO fällige Beträge, § 42 Abs. 4 GKG Gesamt
35 000 Euro 6 000 Euro 41 000 Euro
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG ist dieser Wert auch für die außergerichtliche Tätigkeit maßgebend.
4806
Es ist im Übrigen kein Grund ersichtlich, einen geringeren Gegenstandswert anzunehmen, wenn es dem Anwalt gelingt, die Parteien zu einer Einigung zu bewegen. Würde man der Gegenauffassung folgen, so ergäbe sich für die außergerichtliche Tätigkeit ein weitaus geringerer Gegenstandswert als für den Rechtsstreit, obwohl der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist. • Feststellung
4807
Soweit nicht die Umstände eines Einzelfalls Anlass zu einer anderen Feststellung des Streitwertes geben, kann bei einem Feststellungsantrag, der eine auf einem Unfall beruhende Jahresrente zum Gegenstand hat, in der Regel der dreieinhalbfache Jahresbetrag abzgl. 20 % Feststellungsabschlag zugrunde gelegt werden.3 Das gilt jedenfalls dann, wenn keine hinreichende Gewähr dafür besteht, dass die beklagte Partei aufgrund des Feststellungsurteils zahlt.4
4808
Eine weitere Kürzung des bereits nach dem Gesetz auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag verkürzten Wertansatzes wegen des bloßen Feststellungsinteresses hat dagegen auszuscheiden, wenn der Feststellungsantrag bestimmte Leistungen betrifft und die Erfüllung aufgrund der Feststellung sicher ist.5
1 LG Stuttgart, AnwBl. 1978, 234. 2 Siehe hierzu OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.1.2002 – 3 U 319/01, AGS 2002, 232; N. Schneider, AGS 2004, 58. 3 BGHZ 1, 43. 4 OLG Schleswig, SchlHA 1960, 24. 5 OLG Köln, NJW 1960, 2248.
918
N. Schneider
Rente Der Streitwert einer leugnenden Feststellungsklage ist ohne den üblichen Feststellungs-Abzug auf den vollen Betrag festzusetzen, auch wenn die Berühmung in Form einer Schadensersatzforderung erfolgt.1
4809
Der Antrag auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Rentenerhöhung hat einen eigenen, nach § 3 ZPO zu schätzenden Streitwert gegenüber dem nach § 9 ZPO.2
4810
Dieser zusätzliche Streitwert kann mit 1/5 des Wertes aus § 9 ZPO angenommen werden.3
4811
Bei langfristigen Rentenverpflichtungen beträgt er nach OLG Frankfurt/M.4 in der Regel nicht weniger als 1/10 des eingeklagten Betrages.
4812
Werden umgekehrt in einem Rechtsstreit über die Feststellung einer Verpflichtung zur Zahlung einer Rente die im Rechtsstreit bereits fällig gewordenen Renten neben dem Feststellungsantrag durch einen Leistungsantrag geltend gemacht, so ist der Streitwert für den Leistungsantrag dem Streitwert für den Feststellungsantrag hinzuzurechnen.5
4813
Hat der Kläger auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Schadens- 4814 ersatz geklagt und geht er alsdann im Laufe des Verfahrens zur Leistungsklage auf Entrichtung von Rente über, so sind die bis zu dem Übergang zur Leistungsklage fällig gewordenen Rentenbeträge bei der Streitwertfestsetzung hinzuzurechnen,6 und zwar auch dann, wenn die Feststellungsklage daneben weitergeführt wird.7 • Freiwillige Zahlungen Freiwillige Zahlungen, die auf eine nach § 9 ZPO bewertete Rentenklage geleistet werden, mindern den Streitwert nicht, solange die Summe der ausstehenden streitigen Leistungen den dreieinhalbfachen Jahresbetrag nicht erreicht.8 In einem derartigen Fall ist allein darauf abzustellen, ob der auch nach der Teilzahlung geforderte Gesamtbetrag oberhalb des Streitwerts des § 9 ZPO liegt. Anderenfalls würde der Streitwert auf Null absinken, wenn der Beklagte aus dem geforderten Gesamtbetrag die Leistung für fünf Jahre freiwillig zahlen würde.
4815
• Sicherung Die Klage auf Zahlung einer Rente und auf Eintragung einer Reallast im Grundbuch zur Sicherung dieser Rente sind wirtschaftlich auf den gleichen Erfolg gerichtet. Eine Zusammenrechnung der beiden Werte findet deshalb nicht statt.9
4816
• Sittenwidrige Schädigung Wird nach § 826 BGB Zahlung einer Rente mit der Behauptung verlangt, der Beklagte habe ein den Kläger benachteiligendes Scheidungsurteil erschlichen oder er
1 2 3 4 5 6 7 8
OLG München, MDR 1962, 223; OLG Bamberg, JurBüro 1971, 536. OLG Köln, JurBüro 1961, 562; OLG Frankfurt, JurBüro 1968, 634. OLG Köln, JurBüro 1961, 562. OLG Frankfurt/M., JurBüro 1968, 634. BGHZ 2, 74. RGZ 77, 324; BGHZ 7, 335. OLG Düsseldorf, MDR 1957, 686. OLG Koblenz, Beschl. v. 28.1.1986 – 14 W 770/85, KostRsp. GKG § 17 Nr. 79 mit zust. Anm. E. Schneider. 9 OLG Nürnberg, JurBüro 1964, 684.
N. Schneider
919
4817
Restitutionsklage
ZPO
nutze ein unrichtiges Scheidungsurteil in sittenwidriger Weise aus, so ist der Streitwert nach § 9 ZPO festzusetzen.1 • Vergleich 4818
Vergleichen sich die Parteien bei einem Rentenanspruch durch Zahlung eines Kapitalbetrags, so wird der Streitwert durch den Wert des Rechtsverhältnisses, über das die Parteien sich verglichen haben, nicht aber durch den Kapitalbetrag bestimmt (s. das Stichwort „Vergleich“).
4819
Soweit in einen Prozessvergleich unstreitige Ansprüche einbezogen und mittituliert werden, ist das werterhöhend zu berücksichtigen.2 • Versicherungsschutz
4820
Die Klage auf Gewährung von Versicherungsschutz, wenn der Kläger des Deckungsprozesses als Schädiger auf laufende Schadensrenten in Anspruch genommen wird, bemisst sich nicht nach § 9 ZPO, sondern ist gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen.
4821
Soweit der Deckungsschutzprozess auf Feststellung geht, ist der übliche Abzug von 20 % vorzunehmen.
4822
Im Anschluss an den BGH3 wird vielfach nach § 9 ZPO bewertet.4
4823–4846
Einstweilen frei.
Restitutionsklage 4847
Mit der Restitutionsklage nach § 580 ZPO und der Nichtigkeitsklage nach § 579 ZPO sollen die Aufhebung und Neuverhandlung eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Rechtsstreits erreicht werden. Das Klägerinteresse deckt sich daher mit dem Streitwert des abgeschlossenen Verfahrens, soweit die Aufhebung der Verurteilung begehrt wird.5
4848
Wird die Beseitigung der früheren nachteiligen Entscheidungen insgesamt erstrebt, dann ist der volle erstinstanzliche Wert maßgebend.6 Der Streitwert für die Restitutionsklage oder die Nichtigkeitsklage kann jedoch nie höher sein als der Wert des Hauptprozesses, in dem das zu beseitigende Urteil ergangen ist.7
4849
Für den Streitwert des abgeschlossenen Verfahrens gelten die allgemeinen Bewertungsvorschriften, so dass insbesondere zuerkannte Zinsen und angefallene Prozesskosten den Streitwert nicht erhöhen (§ 4 Abs. 2 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG).
4850
Zum Streitwert einer auf § 826 BGB gestützten Klage auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung aus dem Titel des abgeschlossenen Verfahrens vgl. das Stichwort „Unterlassung“.
1 2 3 4
BGH, MDR 1960, 749. OLG Zweibrücken, JurBüro 1978, 896 = MDR 1978, 496. BGH, NJW 1974, 1710. Dagegen E. Schneider, MDR 1973, 181 und unten das Stichwort „Versicherungsschutz“, Rn. 5739 ff. 5 BGH, Beschl. v. 4.4.1978 – VI ZB 11/77, AnwBl. 1978, 260. 6 RG, HRR 1933 Nr. 1043. 7 LG Verden, JurBüro 1956, 227.
920
N. Schneider/Noethen
Rckgngigmachung eines Kaufvertrages
Restkaufpreisforderung Siehe das Stichwort „Eigentumsvorbehalt“.
Restschuldbefreiung Im gesamten Verfahren der Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) sind nur die in Nr. 2350 KV GKG abschließend genannten Entscheidungen besonders gebührenpflichtig. Soweit überhaupt eine gerichtliche Gebühr in diesem Bereich anfällt – sei es in erster Instanz oder im Beschwerdeverfahren –, ist sie als Festgebühr ausgestaltet, so dass es der Festsetzung eines Streitwerts für die Gerichtsgebühren insgesamt nicht bedarf.1
4851
Für die Bestimmung des Gegenstandswertes für die Anwaltsgebühren (Nrn. 3500, 3513 VV RVG) ist der Wert nach dem objektiven wirtschaftlichen Interesse desjenigen zu bemessen, der den jeweiligen Antrag stellt oder das entsprechende Rechtsmittel verfolgt. Maßgeblich ist dabei nicht der Nennbetrag der dem verfahrensbeteiligten Gläubiger verbleibenden Forderung, sondern deren wirtschaftlicher Wert, bei dem auch die Erfolgsaussichten einer künftigen Beitreibung zu berücksichtigen sind. Der BGH2 hat ausgeführt, dass in den Fällen, in denen eine greifbare Schätzungsgrundlage nicht existiert, hilfsweise ein Wert von 4000 Euro (§ 23 Abs. 3 Satz 2 RVG) herangezogen werden könne.
4852
Vertritt der Anwalt den Schuldner in einem Beschwerdeverfahren gegen die An- 4853 kündigung der Restschuldbefreiung, so kann nach Ansicht des OLG Düsseldorf3 für die Berechnung des Gegenstandswertes weder auf den Nennbetrag der offenen Forderung des Versagungsantragstellers noch auf den Nennbetrag der Gesamtheit aller im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten abgestellt werden. Bei der Bemessung des wirtschaftlichen Wertes sind vielmehr auch die Erfolgsaussichten einer möglichen Beitreibung zu berücksichtigen, weil es ansonsten zu Gebührenansätzen kommen würde, die in keinem angemessenen Verhältnis zum tatsächlichen Wert des Verfahrens stehen. Ist völlig ungewiss, wie sich die Vermögensverhältnisse des Schuldners entwickeln werden und ob bzw. in welchem Umfang er in Zukunft wieder in der Lage sein wird, Zahlungen zu leisten, kann auch hier auf den Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG abgestellt werden.
Rckgngigmachung eines Kaufvertrages Wird ein Kaufvertrag rückabgewickelt – beispielsweise nach Rücktritt, Nichtigkeit oder fehlender Genehmigung bei Geschäften eines Minderjährigen – so ist der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert für die entsprechenden Klagen in der Regel
1 Insoweit ist die Entscheidung des BGH, Beschl. v. 8.2.2007 – IX ZB 266/05, JurBüro 2007, 315 zur Bestimmung des Gegenstandswerts für das einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung betreffende Verfahren hinsichtlich der Gerichtsgebühren überholt. 2 BGH, Beschl. v. 8.2.2007 – IX ZB 266/05, JurBüro 2007, 315; so auch OLG Celle, Beschl. v. 29.10.2001 – 2 W 71/01, ZInsO 2002, 32. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.6.2007 – 10 W 6/07, NZI 2008, 252.
Kurpat/Noethen
921
4854
ZPO
Rckgriffsanspruch der Sozialleistungstrger nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.1 Gleiches gilt für die Klage des Vertragspartners auf Feststellung, dass ein erklärter Rücktritt unwirksam ist.2 4855
Maßgeblich für die Schätzung ist, was der Kläger im Rahmen der Rückabwicklung verlangt,3 also regelmäßig der Wert der zurückverlangten Kaufpreisforderung bzw. des zurückverlangten Kaufgegenstandes. Richtet sich das Begehren des Klägers auf Rückübereignung oder Besitzeinräumung, so ist § 6 ZPO maßgeblich.4 Verlangt er eine bezifferte Kaufpreisforderung, ist die Klagesumme entscheidend.5
4856
Û
4857
Einstweilen frei.
Anmerkung: Das AG Aschaffenburg6 bestimmt den Streitwert für die Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht nach der Höhe des Kaufpreises, sondern nach dem entgangenen Gewinn des Verkäufers, da dies der Nachteil sei, der dem Kläger durch das Scheitern des Vertrags entstanden sei. Dieser Bewertungsgrundsatz begegnet allerdings Bedenken. Denn dann müsste in Kauf genommen werden, dass der Streitwert auch gleich Null sein könnte, etwa wenn der Verkäufer ohne Gewinn oder gar mit Verlust veräußert hat.
Rckgriffsanspruch der Sozialleistungstrger Siehe das Stichwort „Regressansprüche der Sozialleistungsträger“.
Rckkaufsrecht 4858
Der Streitwert eines Rechtsstreits um ein Rückkaufsrecht an einem belasteten Grundstück bemisst sich nach dem Interesse des Klägers an der Wiedererlangung des Grundstücks.
4859
Das nach § 3 ZPO zu schätzende Interesse wird – in Anlehnung an § 6 ZPO – mit dem Verkehrswert des Grundstücks7 oder mit dem geringerwertigen Kaufpreis anzusetzen sein.8 Eine auf einem Rückkaufsrecht beruhende Herausgabeklage ist nach § 6 ZPO zu bewerten.
4860
Wird auf Rückübertragung des früher abgetretenen Anspruchs aus einem noch nicht prämienfreien Versicherungsvertrag geklagt, so ist der Wert des Anspruchs nicht ohne Weiteres dem Wert des Rückkaufsrechts gleichzusetzen, da der Berechtigte die Wahl hat, entweder das Rückkaufsrecht auszuüben oder die Versicherung fortzusetzen. Deshalb ist nach § 3 ZPO zu schätzen.9
1 BGH, Beschl. v. 21.2.2002 – II ZR 91/00, NJW-RR 2002, 823; AG Hamburg, Beschl. v. 12.2.1991 – 4 C 913/90, JurBüro 1992, 560; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.6.1985 – 9 W 42/85, JurBüro 1986, 433; OLG Hamm, Beschl. v. 10.6.1999 – 22 W 13/99, MDR 1999, 1225. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 18.5.1999 – 5 W 318/99, NJW-RR 2000, 163. 3 Vgl. die Stichwörter „Rücktritt“ und „Nichtigkeit eines Vertrages“. 4 BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518; OLG Oldenburg, Urt. v. 14.1.1998 – 2 U 259/97, MDR 1998, 1406, vgl. auch das Stichwort „Auflassung“. 5 BGH, Urt. v. 17.6.2004 – IX ZR 56/03, JurBüro 2005, 141. 6 AG Aschaffenburg, JurBüro 1987, 595. 7 OLG Nürnberg, JurBüro 1963, 110. 8 OLG Köln, Beschl. v. 26.6.1998 – 19 W 17/98, OLGR 1999, 15. 9 OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 1.
922
Noethen/Kurpat
Rcktritt
Rckstnde Siehe das Stichwort „Fällige Beträge“.
Rcktritt Literatur: Wielgoss, Beurkundung eines Rücktrittsrechts, JurBüro 2004, 187 ff.; Mümmler, Gegenstandswert der RA-Gebühren bei Vertragsrücktritt, JurBüro 1995, 631 ff.; Mümmler, Rücktritt von einem Grundstückskaufvertrag, JurBüro 1998, 182 ff.
Zum Rücktritt kann eine Vertragspartei aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Regelung berechtigt sein. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts ist seit dem 1.1.2002 die bis dahin im Kauf- und Werkvertragsrecht bestehende rechtsgeschäftliche Rückabwicklung des Vertrages (§§ 462, 634 BGB a.F.) durch die Erklärung des Rücktritts als Gestaltungsrecht (§§ 437 Nr. 2, 634 Nr. 3 BGB) abgelöst worden.
4861
Wird aus Rücktritt vom Vertrag geklagt, dann richtet sich der Streitwert danach, welche im Klageantrag konkretisierte Rechtsfolge (§§ 346 ff. BGB) aus dem Rücktritt hergeleitet wird. Das kann beispielsweise ein Rückzahlungsanspruch sein; dann ist der Nennbetrag der Forderung maßgebend.
4862
Ist der Antrag dagegen auf Feststellung der Wirksamkeit des Rücktritts vom Vertrag gerichtet, dann muss der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG geschätzt werden. Dabei ist das klägerische Interesse an der Bindungsfreiheit weder mit dem „Wert des Vertragsverhältnisses“1 noch mit dem Vermögensunterschied vor und nach Rückgängigmachung des Vertrages2 bzw. dem Saldo der mit der Vertragsdurchführung verbundenen Vor- und Nachteile3 gleichzusetzen. Entscheidend ist vielmehr der Wert der Leistung, von der der Kläger bei Unwirksamkeit bzw. Rückabwicklung des Vertrages freigestellt werden will4 oder die im Falle bereits erbrachter Leistung an ihn zurückzugewähren ist.5
4863
Für den bei der positiven Feststellungsklage üblichen prozentualen Abschlag (20 %) besteht nur Anlass, soweit der Kläger auf seine vertraglichen Verpflichtungen bereits Leistungen erbracht hat, deren Rückgewähr er anstrebt.6 Geht es ihm dagegen um die Freistellung von noch zu erbringenden Leistungen, kommt dem die Wirksamkeit des Rücktritts feststellenden Urteil eine dem negativen Feststellungsurteil entsprechende „vernichtende“ Rechtskraftwirkung zu.7 Siehe weiter 1 So OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.9.1995 – 5 W 150/95, MDR 1996, 101 – Nichtigkeit. 2 So OLG Düsseldorf, JurBüro 1967, 161; OLG Stuttgart, Rpfleger 1964, 162. 3 So OLG Braunschweig, Beschl. v. 2.11.1982 – 2 W 113/83, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 617 mit abl. Anm. E. Schneider; OLG München, OLGE 29, 222. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.6.2011 – 9 W19/11, JurBüro 2012, 252; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.7.1990 – 8 W 17/90, JurBüro 1990, 1659; OLG Celle, Beschl. v. 18.10.1983 – 4 W 29/83, Nds.Rpfl. 1984, 14; OLG Düsseldorf, JurBüro 1994, 494; OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.6.1999 – 21 W 24/99, NJW-RR 2000, 587; OLG Koblenz, NJW 1953, 1918; OLG München, Beschl. v. 20.3.1984 – 24 W 48/84, JurBüro 1984, 1235 mit Anm. E. Schneider; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.9.1978 – 1 W 20/78, JurBüro 1978, 1718; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Feststellungsklage“ Rn. 8. 5 OLG Bremen, Beschl. v. 14.8.1979 – 2 W 52/79, JurBüro 1979, 1705; OLG Celle, Beschl. v. 18.6.1984 – 16 W 32/84, AnwBl. 1984, 448; MusielakVoit/Heinrich, § 3 Rn. 33. 6 OLG Saarbrücken, Urt. v. 9.9.2010 – 8 U 367/09. 7 Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Rücktritt“; vgl. auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.6.1999 – 21 W 24/99, NJW-RR 2000, 587 – Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrages.
Kurpat
923
ZPO
Rckbertragung bei den Stichwörtern „Vertragsauflösung“, „Widerruf“ und „Nichtigkeit eines Vertrages“. 4864
Der Streitwert für die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Rücktritts, bestimmt sich gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG nach dem Interesse des Klägers am Fortbestand des Vertrages, folglich nach dem Wert der daraus für ihn resultierenden (Hauptleistungs-)Ansprüche.1 Bezweckt der Käufer eines Grundstücks nach Ausübung eines Rücktrittsvorbehalts mit seiner Klage auf Löschung der Erwerbsvormerkung die Finanzbehörden zur Erstattung der Grunderwerbssteuer zu veranlassen, so bemisst sich der Streitwert nach dem erwarteten Erstattungsbetrag.2
4864a
Streiten die Parteien über die Unwirksamkeit des Rücktritts von einem Erbvertrag, bemisst sich der Streitwert ebenfalls nach dem Interesse des Klägers an dem Weiterbestehen des Erbvertrages. Enthält dieser die Einsetzung des Klägers als Alleinerbe, dann ist gleichwohl nicht der Wert der gesamten Erbmasse maßgebend, weil der Erblasser nicht gehindert ist, über sein Vermögen zu verfügen und die Erbmasse zu schmälern. Das OLG Celle3 hat aus diesen Erwägungen heraus die Feststellungsklage nur mit 1/4 des Wertes der Erbmasse im Zeitpunkt der Klage bewertet. Enthält der Erbvertrag eine letztwillige Verfügung, die den Kläger begünstigt, ohne ihn als Alleinerben einzusetzen, dann ist deren wirtschaftlicher Wert maßgebend. Siehe zu den Einzelheiten der Bewertung unter den Stichwörtern „Nichtigkeit eines Vertrages“ und „Vertragsauflösung“.
Rckbertragung 4865
Wird auf Rückübertragung des früher abgetretenen Anspruchs aus einem noch nicht prämienfreien Versicherungsvertrag geklagt, so ist der Wert des Anspruchs nicht ohne Weiteres dem Wert des Rückkaufsrechts gleichzusetzen, da der Berechtigte die Wahl hat, entweder das Rückkaufsrecht auszuüben oder die Versicherung fortzusetzen; der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG zu schätzen.4
4866
Verlangt der Sicherungsgeber von dem Sicherungsnehmer die Rückübertragung des Sicherungseigentums, weil die zu sichernde Forderung erfüllt sei, so richtet sich der Wert dieses Anspruchs, nach dem Wert der Sache, wenn nicht der Wert der streitigen Forderung geringer ist. Es ist § 6 ZPO entsprechend anzuwenden, weil das Sicherungseigentum dem Pfandrecht näher steht, als das Volleigentum.5
4867
Zur Rückübertragung eines Grundstücks s. das Stichwort „Auflassung“. Der Wert bestimmt sich gem. § 6 ZPO grundsätzlich nach dessen Verkehrswert ohne dingliche Belastungen,6 und zwar im Zeitpunkt der Klageerhebung.7 Beschränkt sich der dahinter stehende Streit auf die Verpflichtung zur Restkaufpreiszahlung oder Mängelbeseitigung, kann eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten sein (s. hierzu unter dem Stichwort „Auflassung“).
1 OLG Hamburg, Beschl. v. 25.6.2007 – 5 W 74/07, ZUM 2008, 66 – Kündigung eines Verlagsvertrages. 2 OLG Hamm, Beschl. v. 9.7.2013 – 22 W 31/13. 3 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1962, 57 = NJW 1957, 540. 4 OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 1. 5 BGH, NJW 1959, 939. 6 OLG Schleswig, AnwBl. 1980, 255; LG Bayreuth, JurBüro 1977, 1116. 7 OLG München, JurBüro 1979, 896.
924
Kurpat
Scheckprozess Wird neben der Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages im Vorgriff auf die Abwicklung, zugleich die Abgabe einer Rückauflassungserklärung verlangt, kann der Verkehrswert nicht zweimal in Ansatz gebracht werden. Soweit nicht bereits wegen wirtschaftlicher Identität der prozessualen Ansprüche eine Zusammenrechnung verneint wird (vgl. hierzu das Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“), ist das Interesse am grundbuchrechtlichen Vollzug mit 2500 Euro zu bewerten.1
4868
Der Streitwert für die Klage des Grundstückseigentümers auf Rückübertragung des Erbbaurechts – Heimfallanspruch nach § 2 Nr. 4 ErbbauRG – ist entsprechend § 6 ZPO nach dem objektiven Verkehrswert des Erbbaurechts zu bemessen.2 Siehe auch das Stichwort „Heimfallanspruch“.
4869
Sachurteilsvoraussetzung Siehe das Stichwort „Einrede, Einwendung“.
Schadensersatz Bei der Bewertung einer auf Schadensersatz gerichteten Klage gibt es für den Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert keine spezielle Bewertungsvorschrift. Maßgebend ist der Klageantrag, von dem ausgehend die im Einzelfall einschlägige Bewertungsvorschrift zu ermitteln ist. Grundsätzlich gilt:
4870
– Wird eine bezifferte Geldforderung als Schadensersatz eingeklagt, ist deren Betrag maßgebend (§ 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG). – Bei Feststellungsklagen auf Leistung von Schadensersatz ist der Streitwert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. – Bei bezifferter Leistung und dem zusätzlichen Antrag auf Feststellung der Haftung für einen weiteren Schaden ist jeder Antrag gesondert zu bewerten und sodann eine Wertaddition vorzunehmen (§ 5 ZPO, § 39 GKG).
4871
Wegen weiterer Einzelheiten ist insbesondere auf die Stichwörter „Befreiung von einer Verbindlichkeit“, „Feststellungsklage“, „Künftiger Schaden“, „Rente“ und „Nebenforderungen“ (wegen der Berücksichtigung von Zinsen) zu verweisen.
4872
Einstweilen frei.
4873–4895
Scheckprozess Siehe das Stichwort „Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess“.
1 OLG Schleswig, Beschl. v. 29.4.1998 – 5 W 12/98, JurBüro 1998, 421. 2 OLG Bamberg, Beschl. v. 26.8.1985 – 4 W 77/85, JurBüro 1985, 1705.
Kurpat/Noethen
925
ZPO
Schenkung
Schenkung 4896
Der Wert einer Klage auf der Grundlage einer Schenkung richtet sich danach, welche Ansprüche aus dem Schenkungsrecht geltend gemacht werden.
4897
Der Wert einer Klage auf Vollzug der Schenkung (Übergabe und Übereignung der geschenkten Sache) bestimmt sich gem. § 6 ZPO nach dem Verkehrswert der Sache.
4898
Ebenso richtet sich der Wert der Rückforderung einer geschenkten Sache nach Widerruf oder Anfechtung der Schenkung nach dem Verkehrswert der Sache. Dabei sind jedoch auch der Endzweck des Prozesses und das der Rückforderung zugrunde liegende Rechtsverhältnis sowie das vom Kläger verfolgte Ziel zu berücksichtigen.1
Û
Beispiel: Das OLG München2 hat den Streitwert eines Prozesses über die Rückabwicklung der Übergabe eines landwirtschaftlichen Anwesens in Form der gemischten Schenkung unter Anwendung dieser Grundsätze wesentlich ermäßigen können. Bei der Übergabe des Hofs war der Ertragswert zugrunde gelegt worden, nicht der sehr hohe Verkehrswert. Die Gegenleistung des Übernehmers überstieg den Ertragswert, blieb jedoch erheblich hinter dem Verkehrswert zurück. Das OLG München hat den Rechtsstreit daher nur nach dem Ertragswert des Anwesens beziffert, um nicht gezwungen zu sein, die Schenkung und damit das Klagebegehren zu verneinen, weil es nur auf den Ertragswert ankomme, zugleich aber die Kläger mit den Unterliegenskosten nach dem vielfach höheren Verkehrswert zu belasten.
Schiedsgutachten 4899
Der Schiedsgutachter hat die Aufgabe, im Auftrag der Parteien bestimmte Tatsachen im Verhältnis zwischen den Parteien bindend festzustellen, beispielsweise den Wert oder den Preis von Waren oder die Höhe eines entstandenen Schadens. Im Gegensatz zum Schiedsrichter ist es nicht seine Aufgabe, rechtliche Entscheidungen an Stelle der staatlichen Gerichte zu treffen, also Rechtsfolgen aus festgestellten Tatsachen abzuleiten.
4900
Das Schiedsgutachten ist in entsprechender Anwendung von § 319 BGB dann nicht verbindlich, wenn es offensichtlich unrichtig oder unbillig ist.3 Der Wert eines Rechtsstreits, in dem eine Partei nach Erstellung des Gutachtens dessen offenbare Unrichtigkeit oder Unbilligkeit geltend macht, bestimmt sich gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Interesse, das die Partei an der durch das Gericht zu treffenden Bestimmung hat.
Û
Beispiel: Der Streitwert eines Rechtsstreits, in dem der Verpächter die offenbare Unrichtigkeit eines über die angemessene Höhe des Pachtzinses erstatteten Schiedsgutachtens geltend macht, bemisst sich nicht nach dem Jahresbetrag des von ihm begehrten erhöhten Pachtzinses, sondern nach dem Interesses, das der Kläger am Obsiegen hat. Dieses Interesse beläuft sich grundsätzlich auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem in dem Schiedsgutachten festgesetzten Pachtzins und der von dem Kläger geforderten angemessenen Pachtzinserhöhung für die Dauer des noch bestehenden Pachtvertrages.4
1 OLG Braunschweig, Beschl. v. 29.12.1999 – 7 W 45/99, OLGR 2000, 290; Zöller/Herget, § 6 Rn. 5; vgl. dazu auch das Stichwort „Herausgabe“. 2 OLG München, Beschl. v. 30.3.1984 – 25 W 1059/84, JurBüro 1984, 1401. 3 BGHZ 6, 335; BGH, Urt. v. 27.6.2001 – VIII ZR 235/00, NJW 2001, 3775; Urt. v. 17.1.2013 – III ZR 11/12, NJOZ 2013, 1382. 4 OLG Celle, MDR 1966, 769.
926
Noethen
Schiedsrichterliches Verfahren
Schiedsrichterliches Verfahren Literatur: Enders, JurBüro 1998, 282.
A. Einleitung Das schiedsrichterliche Verfahren gestattet unter Beachtung der in §§ 1025 ff. ZPO normierten Grundsätze die Ausübung privater Gerichtsbarkeit. Über die Kosten des eigentlichen Schiedsverfahrens (also die Kosten der Schiedsrichter sowie die Parteikosten) entscheidet nach § 1057 ZPO das Schiedsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Soweit allerdings im schiedsrichterlichen Verfahren auch die staatlichen Gerichte tätig werden, fallen (weitere) Gerichts- und ggf. Anwaltsgebühren an, so dass hier auch die Frage einer Wertfestsetzung geprüft werden muss.
4901
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Zuständigkeitsstreitwert Die Festsetzung eines Zuständigkeitsstreitwertes für die Tätigkeit der staatlichen Gerichte im schiedsrichterlichen Verfahren ist nicht erforderlich, da nach § 1062 ZPO das in der Schiedsvereinbarung bezeichnete bzw. am Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens gelegene Oberlandesgericht für die gerichtlichen Entscheidungen zuständig ist.
4902
II. Gebührenstreitwert Für die im schiedsrichterlichen Verfahren in Betracht kommenden Entscheidungen der staatlichen Gerichte, namentlich über Anträge (vgl. § 1062 Abs. 1 ZPO) bezüglich: – der Bestellung eines Schiedsrichters (§§ 1034, 1035 ZPO), – der Ablehnung eines Schiedsrichters (§§ 1036, 1037 ZPO), – der Beendigung des Schiedsrichteramtes (§ 1038 ZPO), – der Feststellung der (Un-)Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032 ZPO), – der Überprüfung der Zuständigkeitsentscheidung des Schiedsgerichts (§ 1040 ZPO), – der Vollziehung, Aufhebung oder Änderung der Anordnung vorläufiger/sichernder Maßnahmen des Schiedsgerichts (§ 1041 ZPO), – der Aufhebung des Schiedsspruchs (§ 1059 ZPO), – der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (§§ 1060 ff. ZPO) sowie – der Aufhebung der Vollstreckbarerklärung (§ 1061 ZPO)
4903
fallen Gerichtsgebühren in Gestalt von Wertgebühren nach Nr. 1620 ff. KV GKG an. Der Streitwert für diese Gebühren ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bestimmen. Maßgeblich ist das Interesse des Antragstellers an der konkret beantragten Maßnahme. Die anwaltlichen Gebühren für die Vertretung des Mandanten in solchen Verfahren nach §§ 1032 ff. ZPO richten sich aufgrund der Verweisung in § 36 Abs. 1 RVG nach Teil 3 Abschnitt 1 und 2 VV RVG (also Nr. 3100 ff. VV RVG), wobei der Noethen
927
4904
Schiedsrichterliches Verfahren
ZPO
Gegenstandswert demjenigen für die Gerichtsgebühren folgt (§ 23 Abs. 1 RVG); insoweit ist allerdings § 16 Nr. 8 RVG zu beachten. 1. Vorbereitung des Verfahrens 4905
Für gerichtliche Maßnahmen, die der Vorbereitung des Schiedsgerichtsverfahrens dienen (z.B. Ernennung des Obmanns, Ablehnung von Schiedsrichtern), ist der Wert nach § 3 ZPO zu schätzen, wobei nur das Interesse der Parteien an der Austragung ihres Streits auf diesem Wege maßgeblich ist.1
4906
Der Wert eines selbständigen Beweisverfahrens vor dem ordentlichen Gericht, das der Vorbereitung eines Schiedsgerichtsverfahrens dienen soll, bemisst sich nach dem vollen Wert der im Schiedsgerichtsverfahren geltend gemachten Ansprüche, soweit der erhobene Beweis sämtliche dort anhängigen Ansprüche betrifft. Gleiches gilt für die gerichtliche Ladung von Zeugen, die vor dem Schiedsgericht aussagen sollen, wenn die Aussagen der Zeugen sämtliche im Schiedsgerichtsverfahren anhängigen Ansprüche betreffen.2
4907
Nach § 3 ZPO ist auch dann frei zu schätzen, wenn gem. § 1032 Abs. 2 ZPO über die Zulässigkeit des Schiedsverfahrens überhaupt entschieden wird.3 Entscheidend ist das Interesse an der Durchführung bzw. an der Vermeidung des schiedsrichterlichen Verfahrens. Hier wird in der Regel auf einen Bruchteil der Hauptsache zurückgegriffen werden können.4
4908
Der Streitwert für das Verfahren nach § 1035 Abs. 3 ZPO auf Ernennung eines Schiedsrichters ist umstritten: – Nach einer Meinung ist der volle Hauptsachewert anzusetzen. Zwar handele es sich bei der Schiedsrichterbestellung nur um einen vorbereitenden Akt. Dieser bilde jedoch eine unerlässliche Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Schiedsgerichts im Ganzen. Dem Umstand, dass der Verfahrensaufwand für das Gericht wie für die Parteien im Allgemeinen geringer als in einem Hauptsacheverfahren sei, trügen die Gebührensätze des Kostenverzeichnisses (Nr. 1623 KV GKG) bzw. des Vergütungsverzeichnisses (Nr. 3327 VV RVG) bereits Rechnung.5 – Nach der mittlerweile wohl überwiegenden Gegenansicht ist der Wert für das Ernennungsverfahren nicht mit dem Streitwert für das Schiedsgerichtsverfahren gleichzusetzen, sondern erheblich niedriger,6 wobei die Festlegung des Bruchteils im Einzelfall wiederum umstritten ist: Nach der Rechtsprechung des KG7 ist das Ernennungsverfahren in aller Regel nur mit 1/10 des Wertes des Hauptanspruchs anzusetzen, dessen Vorbereitung es dient. Das OLG Frankfurt8 hat den Wert des Verfahrens auf Bestellung des Vorsitzenden eines Schiedsgerichts dagegen auf 1/3 des Hauptsachewertes angesetzt; eben dieser Wert wird in der neueren Rechtsprechung im Regelfall angesetzt.9 1 OLG Frankfurt, JurBüro 1968, 915; OLG Düsseldorf, NJW 1954, 1492; OLG Hamburg, NJW 1963, 660. 2 OLG Frankfurt, JurBüro 1968, 915. 3 LG Hannover, NJW 1959, 945. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.6.2013 – 26 SchH 3/13. 5 OLG München, Beschl. v. 26.4.2006 – 34 SchH 4/06, MDR 2006, 1308. 6 OLG Düsseldorf, NJW 1954, 1492; OLG Frankfurt, JurBüro 1968, 915; OLG Hamburg, NJW 1963, 660. 7 KG, Rpfleger 1962, 154; MünchKomm.ZPO/Münch, § 1035 Rn. 34, 64 m.w.N. 8 OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.10.2003 – 1 SchH 1/03, OLGR 2004, 121. 9 Vgl. OLG Köln, Beschl. v. 1.10.2011 – 19 SchH 7/11, SchiedsVZ 2012, 222; jetzt auch OLG München, Beschl. v. 14.10.2010 – 34 SchH 7/10; Beschl. v. 21.12.2011 – 34 SchH 11/11, SchiedsVZ 2012, 111.
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Noethen
Schiedsrichterliches Verfahren Der zweiten Meinung dürfte hier der Vorzug zu geben sein.1 Das Interesse der Parteien an einem funktionsfähigen Schiedsgericht ist sicher hoch einzustufen. Allerdings spricht gegen den Ansatz des vollen Hauptsachewertes, dass eine irgendwie geartete Sachentscheidung mit der Bestellung der Schiedsrichter noch nicht verbunden ist. Selbst wenn die Parteien völlig untätig bleiben, kommt das schiedsrichterliche Verfahren nicht zum Stillstand, da das Ernennungsrecht nach Ablauf der Frist automatisch auf das staatliche Gericht übergeht (§ 1062 ZPO). Nur ausnahmsweise mag für das Ernennungsverfahren der Hauptsachewert angesetzt werden, wenn zugleich aufgrund eines Widerantrages die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens geprüft wird.
4909
2. Durchführung des Verfahrens Der Streitwert für die Unterstützung bei der Beweisaufnahme (§ 1050 ZPO) ist nach dem Wert des Anspruchs zu bestimmen, auf den sich die Unterstützung bzw. die sonstige richterliche Handlung bezieht. In Betracht kommen hier die Vernehmung eines nicht freiwillig erscheinenden Zeugen oder Sachverständigen (notfalls mit Zwang), die Abnahme von Eiden und eidesstattlichen Versicherungen, die auswärtige Vernehmung im Wege der Rechtshilfe oder auch die Erzwingung der Vorlage einer Urkunde durch einen Dritten. Maßgeblich für das Interesse des Antragstellers an der jeweiligen Unterstützungshandlung ist u.a. der Einfluss, den diese Handlung auf den weiteren Verfahrensverlauf hat.2
4910
Das Verfahren der Ablehnung von Schiedsrichtern (§ 1036 ZPO) ist hinsichtlich seiner Bewertung umstritten: – Nach einer Meinung3 bemisst sich der Streitwert des Ablehnungsverfahrens auch dann als nichtvermögensrechtliche Streitigkeit nach § 48 Abs. 2 GKG, wenn das eigentliche Schiedsverfahren wegen eines vermögensrechtlichen Anspruchs betrieben wird. – Die Gegenmeinung bewertet das Verfahren als vermögensrechtliche Streitigkeit und schätzt den Wert des Verfahrens gem. § 3 ZPO nach dem Wert der Hauptsache4 bzw. auf einen Bruchteil des Hauptsachewertes.5
4911
Gegen die erste Meinung spricht, dass die nichtvermögensrechtlichen Aspekte – das Ansehen der abgelehnten Schiedsrichter ist möglicherweise betroffen oder die Interessen des Prozessgegners – bloße Reflexwirkungen des Ablehnungsverfahrens sind, welches das Ziel hat, die Durchführung des (vermögensrechtlichen) Hauptverfahrens zu ermöglichen. Es ist daher der zweiten Ansicht zuzustimmen, wobei eine Bruchteilsbewertung den zu schätzenden Interessen der Partei eher entsprechen dürfte als der Ansatz des vollen Hauptsachewertes. Denn selbst wenn die
4912
1 Vgl. zur Ablehnung des Sachverständigen im Zivilprozess auch BGH, Beschl. v. 15.12.2003 – II ZB 32/03, AGS 2004, 159. 2 MünchKomm.ZPO/Münch, § 1050 ZPO Rn. 37. 3 OLG Köln, Beschl. v. 16.10.1986 – 12 W 54/86, Rpfleger 1987, 166, das sich dann für eine Wertfestsetzung „deutlich unter dem Wert des Hauptsacheverfahrens“ ausspricht; OLG Nürnberg, Beschl. v. 6.4.1983 – 8 W 2480/80, MDR 1983, 846; OLG Bamberg, Beschl. v. 10.3.1982 – 7 WF 4/82, Rpfleger 1982, 313; OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.11.1994 – 2 W 113/94, OLGR 1994, 341. 4 BGH, NJW 1968, 796; OLG Hamm, Beschl. v. 30.5.1977 – 1 W 80/76, MDR 1978, 582; OLG Frankfurt, JurBüro 1980, 279; OLG Düsseldorf, JurBüro 1982, 761; OLG Koblenz, Beschl. v. 1.12.1997 – 4 W 617/97, NJW-RR 1998, 1222; OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.1.2006 – 4 W 33/05, MDR 2006, 1079 (Ablehnung eines Richters). 5 OLG Celle, Beschl. v. 17.7.2008 – 4 W 99/08, AGS 2008, 620 (Ablehnung eines Richters): 1/3 der Hauptsache; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.8.1989 – 11 W 75/89, MDR 1990, 58: 1/3 des Hauptsachewerts; OLG Koblenz, Beschl. v. 19.9.1988 – 14 W 508/88, VersR 1990, 66: 1/3 des Hauptsachewerts, bei einer Dreierbesetzung des Gerichts 10 % für jeden abgelehnten Richter.
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Schiedsrichterliches Verfahren
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Partei bei Mitwirkung eines befangenen Schiedsrichters einen für sie ungünstigen Verfahrensausgang fürchtet, hat das Ablehnungsverfahren (noch) keine zwingenden Auswirkungen auf das Ergebnis des späteren Hauptsacheverfahrens. Auch bei einem erfolglosen Ablehnungsantrag ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens für die Partei weiter ungewiss. Insofern erscheint die Gleichsetzung mit dem vollen Wert des Hauptsacheverfahrens nicht sachgerecht. 3. Schiedsvergleich 4913
Der Wert eines Vergleichs, der einen Rechtsstreit beendet und der lediglich vorsieht, dass an Stelle des staatlichen Gerichts ein Schiedsgericht entscheiden soll, entspricht nicht dem Wert der vor dem Schiedsgericht anhängig zu machenden Ansprüche. Maßgebend für den Wert des Vergleichs ist vielmehr das Interesse der Parteien daran, dass ein Schiedsgericht an Stelle des staatlichen Gerichts (schneller, billiger und ggf. sachverständiger) entscheidet.
4914
Der Wert des Vergleichs ist jedoch mindestens so hoch festzusetzen wie der Wert einer bei dem staatlichen Gericht anhängigen Teilklage, da er diesen Rechtsstreit endgültig erledigt.1 4. Vollstreckbarerklärung
4915
Der Streitwert im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs (§ 1060 ZPO) ist regelmäßig mit dem Wert des Schiedsspruchs identisch,2 und zwar ohne Zinsen und Kosten,3 es sei denn, der Antragsteller hat seinen Antrag auf einen – und zwar den für ihn günstigen – Teil des Streitgegenstandes beschränkt.4 Dann ist der Streitwert nur in Höhe dieses Teilbetrages festzusetzen.
4916
Auch wenn der Kläger im Schiedsverfahren nur zum Teil durchgedrungen ist, kann im Allgemeinen der Streitwert nur in Höhe dieses Teilbetrages angenommen werden.5 Bei dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs oder auf Umschreibung seiner Vollstreckungsklausel ist nämlich im Zweifel davon auszugehen, dass er eine im Schiedsspruch enthaltene Klageabweisung nicht erfassen soll.6
4917
Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsvergleichs bemisst sich nicht nach dem Wert des Schiedsgerichtsverfahrens, sondern nach der Höhe der zu vollstreckenden Vergleichssumme.7 5. Klauselerteilung
4918
Bei Klagen auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zu einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Schiedsspruch bleiben die Zinsen und die Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens als Nebenforderung außer Ansatz.8 1 OLG Frankfurt, JurBüro 1968, 915. 2 OLG Hamburg, NJW 1958, 1046; OLG Frankfurt, NJW 1961, 735; OLG Düsseldorf, Rpfleger 1975, 257. 3 Vgl. das Stichwort „Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils“, Rn. 5875. 4 OLG Frankfurt, NJW 1961, 735; OLG Düsseldorf, Rpfleger 1975, 257. 5 OLG München, Beschl. v. 12.6.2012 – 34 Sch 7/10, SchiedsVZ 2012, 217; OLG Hamburg, NJW 1958, 1046; OLG Düsseldorf, Rpfleger 1975, 257. 6 OLG Köln, JurBüro 1969, 558; KG, JW 1929, 143; OLG Düsseldorf, Rpfleger 1975, 257; LG Bonn, NJW 1976, 1981. 7 OLG Frankfurt, JurBüro 1975, 228. 8 OLG Köln, JurBüro 1969, 558; RG, JW 1925, 2005; KG, JW 1936, 3330; LG Frankfurt, JurBüro 1952, 90; s. auch das Stichwort „Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils“, Rn. 5875; a.A. OLG Hamburg, Rpfleger 1956, 169 mit abl. Anm. Lappe.
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Noethen
Schlichtungsverfahren 6. Aufhebung eines Schiedsspruchs Wird der Antrag auf Aufhebung eines Schiedsspruchs gestellt (§ 1059 ZPO), so sind die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens und die im Schiedsspruch zuerkannten Zinsen ebenfalls „Nebenforderungen“ und bleiben deshalb bei der Streitwertberechnung unberücksichtigt.1 Maßgebend ist also nur das Interesse des Klägers am Freiwerden von den ihm durch Schiedsspruch auferlegten Hauptleistungen.2
4919
7. Bestandsstreit Wird auf Feststellung des Bestehens eines Schiedsvertrages geklagt, dann ist das Interesse des Klägers daran maßgebend, dass das Schiedsgericht und nicht das ordentliche Gericht für zuständig erklärt wird. Der Wert des Anspruchs selbst ist nicht ausschlaggebend.3 Indessen wird die nach § 3 ZPO notwendige Schätzung den eigentlichen Streitgegenstand als Bezugsgröße nehmen müssen, weil anderenfalls jeder Maßstab fehlen würde.
4920
Im Verfahren über einen Antrag betreffend das Erlöschen eines Schiedsvertrages ist der Streitwert gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen. Maßgebend ist das Interesse des Antragstellers an dem von ihm in diesem Verfahren erstrebten Erfolg. Es ist nur mit einem Bruchteil des Wertes anzunehmen, der im schiedsrichterlichen Verfahren selbst als Streitwert anzusetzen wäre.4
4921
Schiedsvertrag Siehe das Stichwort „Schiedsrichterliches Verfahren“.
Schlichtungsverfahren Literatur: N. Schneider, Zur Berechnung des Zulässigkeitsstreitwerts nach § 15a EGZPO, MietRB 2006, 55.
A. Überblick Im Güte- und Schlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO kommt es zum einen auf den Zulässigkeitsstreitwert an, also den Wert, bis zu dem unter den übrigen Voraussetzungen des § 15a EGZPO i.V.m. dem jeweiligen Landesrecht die Zulässigkeit der Klage von der vorherigen Durchführung des Schlichtungsverfahrens abhängt. Zum anderen ist für die Anwaltsgebühren (Nrn. 2303 Nr. 1, 1000 VV RVG) der Gebührenstreitwert zu ermitteln. Gerichtsgebühren fallen dagegen nicht an; für die Verfahren werden lediglich wertunabhängige Gebühren erhoben, die sich nach dem jeweiligen Landesrecht richten.
1 2 3 4
BGH, MDR 1957, 95; OLG Hamburg, 1958, 36. Vgl. auch OLG München, Beschl. v. 25.2.2013 – 34 Sch 12/12, SchiedsVZ 2013, 231. OLG Hamburg, OLGE 15, 49. KG, NJW 1967, 55.
Noethen/N. Schneider
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ZPO
Schlussurteil
B. Zulässigkeitsstreitwert 4923
Nach § 15a EGZPO i.V.m. den jeweiligen Landesgesetzen1 ist vor Durchführung eines Rechtsstreits ein Schlichtungsverfahren durchzuführen. Unterbleibt das Schlichtungsverfahren, so ist die Klage als unzulässig abzuweisen.2
4924
Neben einzelnen besonders aufgeführten Streitigkeiten, insbesondere Nachbarrechtsstreitigkeiten, kann das Schlichtungsverfahren nach Landesgesetz vorschreiben, dass bei einer Klage vor dem Amtsgericht, die einen Wert von 750 Euro nicht überschreitet, zuvor ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden muss.
4925
Im Rahmen des § 15a EGZPO und der Landesgesetze kommt es dabei nicht auf den Gebührenstreitwert des GKG an, sondern auf den Zuständigkeitsstreitwert der ZPO. Dies ergibt sich bereits aus der Systematik des Gesetzes, da das Schlichtungsverfahren in der Prozessordnung geregelt ist und hierfür gem. § 2 ZPO die §§ 3 ff. ZPO gelten.3
4926
Dies kann insbesondere in Mietsachen zu abweichenden Streitwertberechnungen führen.
Û
Beispiel: Der Vermieter hat eine Garage auf drei Jahre vermietet (monatliche Miete: 50 Euro). Nach Ablauf des ersten Jahres kündigt der Vermieter wegen Zahlungsverzugs des Mieters und will auf Räumung klagen. Der Mieter bestreitet die Wirksamkeit der Kündigung, da er gegen die Miete aufgerechnet habe. Abzustellen ist auf die §§ 3 ff. ZPO, hier also auf § 8 ZPO. Der Streitwert bemisst sich nach dem Wert der auf die streitige Zeit entfallenden Miete, höchstens auf den 25-fachen Jahresbetrag. Ausgehend hiervon ergibt sich im Beispiel eine streitige Zeit i.S.d. § 8 ZPO von zwei Jahren (vertragliche Restlaufzeit) und somit ein Zuständigkeitsstreitwert i.H.v. (24 × 50 Euro =) 1200 Euro. Soweit das Landesgesetz ein entsprechendes Ausführungsgesetz zu § 15a EGZPO vorsieht, bedarf es eines Schlichtungsverfahrens also nicht. Unberührt hiervon bleibt allerdings die Festsetzung des Gegenstandswerts für die Anwalts- und Gerichtsgebühren (s. Rn. 4927). Insoweit ist § 42 Abs. 1, 2 GKG heranzuziehen. Der Gegenstandswert für die Gerichts- und Anwaltsgebühren beläuft sich auf lediglich 600 Euro.
C. Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren 4927
Für die Anwaltsgebühren gilt § 23 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 1 RVG, der wiederum auf das GKG verweist. Nur soweit das GKG keine vorrangigen Regelungen enthält, sind nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG die Wertvorschriften der ZPO maßgebend. Es kann hier also zu Abweichungen zwischen Zulässigkeitsstreitwert und Gebührenstreitwert kommen.
Schlussurteil 4928
Maßgebend für den Rechtsmittelstreitwert ist der Streitgegenstand des Schlussurteils.4 1 Siehe zu den Landesgesetzen Zöller/Heßler, § 15a EGZPO Rn. 27. 2 BGH, Urt. v. 23.11.2004 – VI ZR 336/03, MDR 2005, 285. 3 Baumbach/Hartmann, § 15a EGZPO Rn. 6; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 15a EGZPO Rn. 3; Lützenkirchen, Anwaltshandbuch Mietrecht Rn. M 15; Stein/Jonas/Schlosser, § 15a EGZPO Rn. 6. 4 Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Schlussurteil“.
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N. Schneider/Kurpat
Schufa-Eintragung Wird erstinstanzlich in der Sache selbst durch Teilurteil und über die Kosten durch Schlussurteil entschieden, dann ist als Streitwert für die gegen diese beiden Urteile eingelegten Berufungen nur der Wert der Berufung gegen die Sachentscheidung anzusetzen; eine besondere Wertberechnung für die auf den Kostenpunkt beschränkte Berufung gegen das Schlussurteil kommt nicht in Betracht (s. das Stichwort „Rechtsmittel“,Rn. 4771). Die streitwertmäßige Unselbständigkeit des Angriffs gegen das Schlussurteil wirkt sich allerdings erst ab Verbindung aus.
4929
Wird nach Erlass eines Teilanerkenntnisurteils gegen das Schlussurteil, das über den Restanspruch und über die gesamten Kosten des Rechtsstreits entscheidet, in vollem Umfang Berufung eingelegt, so ist nur der restliche Hauptanspruch streitwertbestimmend. Der auf das Anerkenntnis entfallende Teil der Kosten bleibt unberücksichtigt (s. das Stichwort „Rechtsmittel“,Rn. 4775 ff.).
4930
Dementsprechend werden auch die auf einen erledigten Hauptsacheteil entfallenden Kosten streitwertmäßig nicht berücksichtigt.1
4931
War eine Verfahrenstrennung in der Vorinstanz nicht willkürlich, kann die Beschwer aus einem Schlussurteil auch dann nicht mit der aus einem Teilurteil zusammengerechnet werden, wenn die getrennten Verfahren in der Rechtsmittelinstanz zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden werden.2
4932
Schmerzensgeld Siehe das Stichwort „Unbezifferte Anträge“.
Schufa-Eintragung Der Begründung von Giro-, Kredit- und Mietverhältnissen geht regelmäßig eine Abfrage der bei der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung Holding AG (Schufa Holding AG) vorhandenen Informationen voraus. Mitteilung und Abfrage von kreditrelevanten Daten an die Schufa Holding AG setzt eine Einwilligung des Betroffenen, die insbesondere in der Vereinbarung einer sog. SchufaKlausel liegen kann,3 oder ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Kreditwirtschaft voraus. Denn eine nicht von den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) gedeckte Übermittlung (und Vorhaltung) personenbezogener Daten, stellt eine Verletzung des als sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Unrichtige, ohne Einwilligung (§§ 4 Abs. 1, 4a Abs. 1 BDSG) übermittelte oder gespeicherte Daten berechtigen den Betroffenen gem. §§ 12, 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB deren Berichtigung, Widerruf oder Beseitigung zu verlangen.4
4933
Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert bestimmen sich gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Beseitigung
4934
1 Sehr str.; s. dazu das Stichwort „Erledigung der Hauptsache“, Rn. 2208 ff. 2 BGH, Urt. v. 20.7.1999 – X ZR 139/96, NJW 2000, 217 = BB 1999, 2532. 3 Vgl. zu deren Reichweite: Kloepfer/Kutzschbach, Schufa und Datenschutzrecht, MMR 1998, 650 (652). 4 Vgl. BGH, Urt. v. 7.7.1983 – III ZR 159/82, NJW 1984, 436; Palandt/Sprau, § 823 Rn. 84 m.w.N.
Kurpat
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ZPO
Schuldbefreiung der kredithinderlichen Eintragungen und an dem Ausmaß etwaiger durch sie drohender Nachteile für den Abschluss von Kredit- oder sonstigen Verträgen.1 4935
Dabei kann, soweit die Rechtsverfolgung nicht allein der Abwendung nachteiliger Vertragsgestaltungen (höherer Zins, Notwendigkeit einer Bürgschaft etc.) dient, auf die Grundsätze zur Bewertung eines auf Vertragsabschluss gerichteten Interesses zurückgegriffen werden. Siehe hierzu unter dem Stichwort „Vertragsabschluss“.
4936
Beziffert der Kläger selbst sein Interesse, ist dieses – soweit für eine höhere Bewertung keine Anhaltspunkte bestehen – der Bewertung zugrunde zu legen.2 Fehlt es nach den Umständen des Einzelfalls an hinreichenden Anhaltspunkten, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig ein Streitwert von 10 000 Euro angesetzt.3 Geht es dem Kläger weniger um die Abwendung wirtschaftlicher Nachteile als um seinen sozialen Geltungsanspruch („Ehre“), dann ist ein Streitwert von bis zu 5000 Euro regelmäßig angemessen.4
4937
Die Beschwer des zum Widerruf verurteilten Kreditinstituts bemisst sich nach dem damit verbundenen Kostenaufwand. In gleicher Weise ist die Beschwer zu bestimmen, wenn die Schufa Holding AG zur Richtigstellung oder Beseitigung kredithinderlicher Daten verurteilt worden ist.
Schuldbefreiung Siehe das Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“.
Schwarzpreis 4938
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines notariellen Grundstückskaufvertrages wegen Vereinbarung eines Schwarzpreises ist die Differenz zwischen dem angeblich vereinbarten und dem beurkundeten Kaufpreis.5 Siehe zu den Problemen solcher Sachverhalte das Stichwort „Nichtigkeit eines Vertrages“.
Selbstndiges Beweisverfahren Literatur: E. Möller, Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens, NJW-Spezial 2009, 636.
1 OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.4.2007 – 3 W 69/06, NJ 2008, 83 (Ls.). 2 Zutr. AG Hamm, Urt. v. 14.10.2008 – 16 C 127/08, RDV 2009, 124. 3 Vgl. OLG München, Beschl. v. 22.6.2010 – 5 U 2020/10, MMR 2011, 209; OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.4.2007 – 3 W 69/06, NJ 2008, 83 (Ls.); ohne nähere Begründung: OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.12.2006 – 10 U 69/06, MDR 2007, 836; Urt. v. 11.5.2005 – 15 U 196/04, NJW 2005, 2401; vgl. auch OLG Saarbrücken, Urt. v. 12.9.2001 – 1 U 62/01, DB 2002, 526: 14 000 Euro. 4 KG, Beschl. v. 25.5.2009 – 2 Ar 16/09, JurBüro 2009, 485. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.2.1982 – 22 W 12/82, AnwBl. 1982, 247.
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Kurpat/N. Schneider/Kurpat
Selbstndiges Beweisverfahren
A. Allgemeines Gemäß § 485 ZPO kann auf Antrag vor Einleitung oder außerhalb eines bereits anhängigen Rechtsstreits Beweis (u.a.) über den Zustand (z.B. Mangelhaftigkeit) oder den Wert einer Sache erhoben werden. Betreffen die Feststellungen entscheidungserhebliche streitige Tatsachenbehauptungen im Hauptsacheverfahren, dann sind die Ergebnisse des selbständigen Beweisverfahrens dort nach den Vorschriften der Beweisaufnahme zu verwerten, § 493 Abs. 1 ZPO.
4939
Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens sind Kosten des nachfolgenden Rechtsstreits (Hauptsacheverfahren). Sie erhöhen als Nebenforderung i.S.d. § 4 ZPO dessen Streitwert auch dann nicht, wenn sie neben der Hauptforderung gesondert eingeklagt werden.1
4940
Nach der Reform des anwaltlichen Vergütungsrechts durch das RVG bildet das selbständige Beweisverfahren eine eigene gebührenrechtliche Angelegenheit, da es in § 19 RVG – im Gegensatz zu § 37 Nr. 3 BRAGO – nicht mehr aufgeführt ist. Der Anwalt kann daher in diesem Verfahren sämtliche Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses verdienen. Einer Anrechnung im nachfolgenden Streitverfahren unterliegt nur die Verfahrensgebühr (Vorbem. 3 Abs. 5 VV RVG).
4941
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Bewertungsansatz Mit seiner Entscheidung vom 16.9.20042 hat sich der BGH in dem bis dahin zwischen den Oberlandesgerichten bestehenden Streit, ob für das selbständige Beweisverfahren der volle Wert des Hauptverfahrens3 anzusetzen ist oder nur ein Bruchteil,4 der ganz überwiegenden Meinung (Wert des Hauptsacheverfahrens) angeschlossen. Es komme bei der Wertfestsetzung nicht darauf an, ob das selbständige Beweisverfahren als solches auf die Schaffung eines Titels ausgerichtet sei, sondern darauf, dass es bestimmt und geeignet sei, im Hauptsacheverfahren verwendet zu werden. Die Gleichstellung mit einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht (§ 493 Abs. 1 ZPO) müsse sich auch in der Wertfestsetzung widerspiegeln. Über diese Bewertung besteht heute weitgehend Einigkeit.5 1 OLG Koblenz, Beschl. v. 24.10.2011 – 5 W 597/11; OLG Frankfurt, OLGR 2009, 931; OLG Jena, OLGR 2004, 223. 2 BGH, Beschl. v. 16.9.2004 – III ZB 33/04, MDR 2005, 162. 3 So OLG Köln, Beschl. v. 8.12.1993 – 2 W 200/93, MDR 1994, 414; OLG München, Beschl. v. 6.10.1992 – 28 W 2376/92, MDR 1993, 287; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.2.1992 – 1 W 3/92, NJW-RR 1992, 766; OLG Koblenz, Beschl. v. 30.6.1992 – 14 W 232/92, MDR 1993, 287; OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.6.1995 – 19 W 18/95, OLGR 1995, 239; OLG Stuttgart, Beschl. v. 5.11.1992 – 4 W 55/92, BauR 1993, 120; OLG Celle, Beschl. v. 26.7.1993 – 4 W 99/93, MDR 1993, 1019; OLG Rostock, Beschl. v. 11.1.1993 – 2 UH 3/92, BauR 1993, 367 mit Anm. Wirth; OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.2.1994 – 2 W 14/94, OLGR 1994, 127; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.3.2004 – 21 W 17/04, BauR 2005, 142; OLG Nürnberg, Beschl. v. 8.6.1994 – 4 W 1969/93, BauR 1995, 134; OLG Jena, Beschl. v. 23.10.1995 – 7 W 428/95, OLGR 1996, 12; OLG Braunschweig, Beschl. v. 26.11.2002 – 8 W 76/02, AGS 2003, 407. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.3.1992 – 17 W 7/92, MDR 1992, 615; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.4.1992 – 17 W 15/92, MDR 1992, 812; OLG Köln, MDR 1992, 1190; OLG Frankfurt, OLGR 1993, 228; OLG Schleswig, Beschl. v. 4.6.2002 – 16 W 50/02, AGS 2003, 515; OLG Celle, Beschl. v. 5.10.1993 – 4 W 259/93, MDR 1994, 415; OLG Düsseldorf, OLGR 1995, 127; OLG Hamm, BauR 1995, 430. 5 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.1.2005 – 7 W 44/04, OLGR 2005, 216; OLG Koblenz, Beschl. v. 28.10.2014 – 3 W 553/14, BauR 2015, 313; OLG Köln, Beschl. v. 14.3.2013 – 16 W 6/13, JurBüro 2013, 423; OLG Schleswig, Beschl. v. 16.12.2004 – 16 W 85/04, OLGR 2005, 217 –
Kurpat
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Selbstndiges Beweisverfahren
ZPO
4943
Dem vollen Wertansatz ist zuzustimmen. Das selbständige Beweisverfahren ist auf eine – einverständliche oder aus Gründen der Beweissicherung – vorgezogene Beweiserhebung über die tatsächlichen Voraussetzungen eines vom Antragsteller behaupteten Anspruch. Damit gelten die gleichen Bewertungsregeln wie bei einer Beweisaufnahme innerhalb eines Streitverfahrens, etwa für den Gegenstandswert einer auf die Teilnahme an einer Beweisaufnahme beschränkten anwaltlichen Tätigkeit (Nrn. 3400 bis 3402 VV RVG). Auch hier bestimmt sich der Wert nach dem Gegenstand der Beweiserhebung.1
II. Bemessungsgrundsätze 4944
Maßgebend ist das materielle Interesse des Antragstellers an der Beweiserhebung, wie es in den Beweissicherungsanträgen seinen Ausdruck findet.2 Der Wert des selbständigen Beweisverfahrens bestimmt sich daher nach dem Hauptsachewert bzw. dem Teil des Hauptsachewertes, auf den sich die Beweiserhebung bezieht.3 Bei der Berechung ist von Folgendem auszugehen: 1. Angaben des Antragstellers
4945
Der vom Antragsteller bei Einleitung des Verfahrens geschätzte Wert ist für die Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG weder bindend noch maßgeblich. Vielmehr setzt das Gericht nach Einholung des Sachverständigengutachtens den zutreffenden Wert – bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers – fest.4 Dabei werden Unter- bzw. Überbewertungen durch den Antragsteller korrigiert.5 Das Gericht kann mit seiner Festsetzung auch über die Wertangaben des Antragstellers hinausgehen.6
4946
Die Angaben zur beabsichtigten Rechtsverfolgung bleiben auch dann maßgeblich, wenn dem Antragsteller eine Mehrheit von Ansprüchen zusteht, sollten sich die behaupteten Mängel bestätigen.7 Fehlt es zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung an einer Festlegung, dann ist der geringwertigste Anspruch mit einem Zuschlag zu versehen.8
1 2 3
4
5
6 7 8
Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung; OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.2.2015 – 10 W 3/15; Beschl. v. 29.11.2004 – 10 W 75/04, MDR 2005, 347. OLG München, JurBüro 1991, 544; OLG Düsseldorf, JurBüro 1983, 1042. OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.10.2011 – 10 W 43/10, NZBau 2011, 40; Beschl. v. 19.4.2010 – 3 W 21/10, BauR 2010, 1113. OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.4.2010 – 3 W 21/10, BauR 2010, 1113 – betr. nicht von der Beweisaufnahme erfasste Mangelfolgeschäden; a.A. OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.8.2011 – 12 W 36/11, MDR 2011, 1198. OLG Celle, Beschl. v. 5.3.2008 – 14 W 6/08, BauR 2008, 1188; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.3.2010 – 21 W 5/10, NZBau 2010, 705; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31.5.2010 – 4 W 17/10, MDR 2010, 1418; OLG Köln, Beschl. v. 14.3.2013 – 16 W 6/13, JurBüro 2013, 423; OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.8.2008 – 10 W 43/08; insofern ist auch nicht schädlich, wenn (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 11.10.1999 – 5 W 676/99, AGS 2000, 94) der Antragsteller zu Beginn des selbständigen Beweisverfahrens nicht in der Lage ist, die voraussichtlichen Kosten zu schätzen. OLG Koblenz, Beschl. v. 28.10.2014 – 3 W 553/14, BauR 2015, 313; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.2.2004 – 21 W 17/04, BauR 2005, 142; OLG Bamberg, Beschl. v. 16.5.2002 – 8 W 18/02, BauR 2002, 1594. OLG München, Beschl. v. 10.6.2003 – 13 W 1577/03, BauR 2004, 707. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 10.11.2011 – 4 W 246/11. OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.8.2011 – 12 W 36/11, MDR 2011, 1198.
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Kurpat
Selbstndiges Beweisverfahren 2. Mängel nur teilweise bestätigt Soweit sich im selbständigen Beweisverfahren nicht alle behaupteten Mängel bestätigen, sind für die Wertfestsetzung diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die sich ergeben hätten, wenn die Mängel festgestellt worden wären. Die fiktiven Mängelbeseitigungskosten sind nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.1 Insoweit ist – mangels anderer objektiver Anhaltspunkte – auf die Angaben des Antragstellers zurückzugreifen.2
4947
Entscheidend ist, dass nach Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens der Wert nicht entsprechend dem „erfolgreichen“ Teil der Begutachtung festgesetzt werden darf, sondern zu berücksichtigen ist, inwieweit sich die Behauptungen des Antragstellers bestätigt haben.
4948
Û
Beispiel: Will der Antragsteller Mängel an einem Fahrzeug feststellen lassen, welches er für 25 000 Euro gekauft hat und das aufgrund der Mängel zurückgegeben werden soll, dann ist der Streitwert auch dann auf 25 000 Euro festzusetzen, wenn der Sachverständige nur Mängel i.H.v. 10 000 Euro feststellt, denn das Hauptsacheverfahren wird sich auf die Rückgabe richten. Will dagegen der Antragsteller eine Klage auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten vorbereiten und schätzt er – aus Sicht des Laien – den Aufwand zur Beseitigung der vorhandenen Mängel auf 15 000 Euro, dann ist der Streitwert auf 10 000 Euro festzusetzen, wenn das Gutachten unter Bejahung aller behaupteten Mängel einen Aufwand von nur 10 000 Euro für die Beseitigung dieser Mängel feststellt.
3. Bestimmte Form der Mängelbeseitigung Hat der Antragsteller in der Antragsschrift ausdrücklich klargestellt, dass er hinsichtlich der behaupteten Mängel, die im selbständigen Beweisverfahren überprüft werden sollen, eine bestimmte Form der Mängelbeseitigung anstrebt, dann sind deren Kosten für den Streitwert entscheidend. Dies gilt auch dann, wenn der Sachverständige in seinem Gutachten eine alternative (und preisgünstigere) Form der Mängelbeseitigung vorschlägt.3 Eine solche Fallgestaltung dürfte in der Praxis jedoch nur selten vorliegen, da es einem Antragsteller in der Regel um die Feststellung der Mängel und deren fachgerechte Beseitigung in einer vom Sachverständigen vorgeschlagenen Art und Weise geht.
4949
4. Einzelfälle Sind sämtliche Beteiligte des selbständigen Beweisverfahrens vorsteuerabzugsberechtigt, dann ist für den Gegenstandswert der Nettobetrag der Mängelbeseitigungskosten anzusetzen.4
1 BGH, Beschl. v. 16.9.2004 – III ZB 33/04, NJW 2004, 3488; OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.2.2015 – 10 W 3/15; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 10.11.2011 – 4 W 246/11, MDR 2012, 733; OLG Hamm, Beschl. v. 10.3.2004 – 25 W 1/04, BauR 2005, 142; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.1.2005 – 7 W 44/04, OLGR 2005, 216; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.2.2009 – I-10 W 132/08, AGS 2009, 240; OLG Celle, Beschl. v. 5.3.2008 – 14 W 6/08, BauR 2008, 1188; OLG Rostock, Beschl. v. 30.4.2009 – 3 W 34/09, OLGR 2009, 799. 2 OLG Köln, Beschl. v. 3.9.2012 – 19 W 26/12; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.1.2005 – 7 W 44/04, OLGR 2005, 216; OLG Hamburg, Beschl. v. 1.2.2000 – 9 W 2/00, NJW-RR 2000, 827; KG, Beschl. v. 9.1.2003 – 27 W 4/02, BauR 2003, 1765; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.7.2003 – 21 W 35/03, NJW-RR 2003, 1530; OLG Koblenz, Beschl. v. 10.12.2004 – 10 W 803/04, JurBüro 2005, 312; OLG Hamm, Beschl. v. 10.3.2004 – 25 W 1/04, BauR 2005, 142; OLG Naumburg, Beschl. v. 10.10.2007 – 12 W 92/07, BauR 2008, 873; OLG Celle, Beschl. v. 5.3.2008 – 14 W 6/08, OLGR 2008, 506 = BauR 2008, 1188. 3 OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.8.2008 – 10 W 43/08, MDR 2009, 234 = NZM 2008, 823. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.6.1996 – 22 W 21/96, NJW-RR 1996, 1469.
Kurpat
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4950
Sequesterbestellung Im selbständigen Beweisverfahren ist Streitverkündung möglich.1 Den Wert einer Beschwerde, mit der die Zustellung einer Streitverkündungsschrift durchgesetzt werden sollte, hat das OLG München2 mit 3/4 des Wertes des Beweisverfahrens – und damit doch recht hoch – angesetzt.
4952
Dient ein gegen den Insolvenzverwalter geführtes selbständiges Beweisverfahren dazu, die Mängelbeseitigungskosten für die vor Insolvenz von der Gemeinschuldnerin verursachten Mängel festzustellen, bemisst sich der Gegenstandswert nach der voraussichtlichen Quote.3
4953
Beseitigt der Beklagte (Werkunternehmer) nach Abschluss des Beweisverfahrens, aber noch vor Klageeinreichung die im Beweisverfahren festgestellten Mängel, kann der Kläger auf Feststellung klagen, dass der Beklagte wegen Mängeln des Werks zur Nacherfüllung verpflichet war. Der Streitwert bestimmt sich hier nach dem Interesse eigene Rechtsverfolgungskosten erstattet zu bekommen und mit den Kosten des Gegners nicht belastet zu werden.4
ZPO
4951
C. Vergleich 4953a
Der Wert des selbständigen Beweisverfahrens ist auch dann nach den vorstehenden Ausführungen zu bestimmen, wenn es nicht mehr zum Hauptverfahren kommt, beispielsweise weil im selbständigen Beweisverfahren gem. § 492 Abs. 3 ZPO ein Vergleich abgeschlossen wird.5
Sequesterbestellung 4954
Der Streitwert der Klage auf Bestellung eines Sequesters – Zwangsverwalter zur Sicherung der Befriedigung aus den Einnahmen eines Grundstücks – richtet sich nach dem Wert der zu sichernden Forderung des Klägers.6
4955
Die Sequestrierung im Eilverfahren führt nur zu einer vorläufigen Regelung. Der Streitwert ist daher nur mit einem Bruchteil der Hauptsache anzusetzen, wobei in der Regel 1/3 des Hauptsachewerts genommen wird.7
Sicherheitsleistung im Prozess 4956
Im Hinblick auf die vor bzw. nach einem Prozess zu erbringende Sicherheitsleistung können verschiedene Verfahrenssituationen unterschieden werden, die im Hinblick auf den betreffenden Streitwert zu beurteilen sind.
1 2 3 4
Zöller/Herget, § 487 Rn. 3 m.w.N. OLG München, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1186 = OLGR 1994, 155. OLG München, Beschl. v. 21.6.2004 – 28 W 1600/04, BauR 2004, 1819. LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 19.5.2014 – 12 O 2881/14 – insoweit mit fehlerhaftem Ansatz von 1/3. 5 Schneider, ZAP F. 13, S. 173; Schneider, ZAP F. 24, S. 189; MünchKomm. ZPO/Lappe, § 3 Rn. 147; Cuypers, NJW 1994, 1985 (1990). 6 KG, Rpfleger 1962, 155. 7 Vgl. dazu das Stichwort „Einstweilige Verfügung“.
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Kurpat/Noethen/Kurpat
Sicherheitsleistung im Prozess
A. Urteilsergänzung nach § 716 ZPO Im Regelfall wird zusammen mit der Hauptsache über die Frage der vorläufigen Vollstreckbarkeit der betreffenden Entscheidung und über die Höhe der Sicherheitsleistung entschieden. Ist dies unterblieben, kann die Ergänzung des Urteils im Verfahren nach § 321 ZPO beantragt werden (vgl. §§ 716, 321 ZPO). Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei und gehört für den Prozessbevollmächtigten gebührenrechtlich noch zum Rechtszug (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 RVG), so dass es einer Wertfestsetzung nicht bedarf.
4957
Wird der Anwalt im Rahmen einer Einzeltätigkeit (Nr. 3401 VV RVG) tätig, ist der Gegenstandswert nach § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO zu schätzen. Abzustellen ist auf die Gefahr des Forderungsausfalls, die dann droht, wenn ohne Sicherheitsleistung oder ohne Abwendungsbefugnis (§§ 711, 712 ZPO) vollstreckt werden kann. In der Regel wird der Wert nur einen Bruchteil der Hauptsache ausmachen.1 Der volle Hauptsachewert kann allerdings erreicht werden, wenn ohne Sicherheitsleistung wegen der Zahlungsunfähigkeit des Gegners die Gefahr besteht, dass der Gläubiger völlig leer ausgeht.2
4958
Hinsichtlich der Bewertungsgrundsätze für die Vorabentscheidung in der Berufungsinstanz nach § 718 Abs. 1 ZPO vgl. die Ausführungen zu dem Stichwort „Vorläufige Vollstreckbarkeit“.
4959
B. Beschwerde gegen die Art der Sicherheitsleistung Bei Beschwerden gegen die Art der Sicherheitsleistung3 ist das nach § 3 ZPO zu schätzende wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers maßgebend. Es besteht in der Zinsdifferenz zwischen Geldhinterlegung und anderer Sicherheitsform.4 Praktisch geht es fast immer um die wesentlich günstigeren Zinskonditionen (Avalkosten) bei Stellung einer Bankbürgschaft. Hier werden zumeist 5 % der Sicherheitsleistung als Wert festgesetzt.5
4960
C. Anordnung nach § 769 ZPO Die Beschlüsse nach § 769 ZPO über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, mit denen auch eine Sicherheitsleistung angeordnet bzw. eine entsprechende Anordnung abgelehnt werden kann, sind analog § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht anfechtbar. Seit Inkrafttreten des ZPO-Reformgesetzes am 1.1.2002 ist auch keine Ausnahmebeschwerde mehr statthaft,6 so dass sich die Streitwertfrage für das Beschwerdeverfahren7 erübrigt.
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OLG Celle, NJW 1966, 2414. KG, JurBüro 1973, 1083. Soweit eine solche überhaupt möglich ist, s. dazu Zöller/Herget, § 108 ZPO Rn. 16. LG Berlin, Beschl. v. 10.10.1989 – 82 AR 332/89, MDR 1990, 349. OLG Hamburg, Beschl. v. 6.10.1989 – 4 W 75/89, MDR 1990, 252; OLG München, Beschl. v. 25.5.1981 – 25 W 1271/81, MDR 1981, 1029. 6 BGH, NJW 2004, 2224; Beschl. v. 7.3.2002 – IX ZB 11/02, NJW 2002, 1577. 7 Vgl. zur alten Rechtslage noch: OLG München, Beschl. v. 25.5.1981 – 25 W 1271/81, MDR 1981, 1029.
Kurpat
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4961
ZPO
Sicherung
D. Zwischenurteil 4962
Der Streitwert eines Zwischenurteils auf Anordnung einer Sicherheitsleistung für die Prozesskosten oder eines Rechtsmittels gegen ein solches Zwischenurteil richtet sich nach dem Streitwert der Klage.1 Gleiches gilt für die Revision gegen ein Urteil, das die von einem Ausländer erhobene Klage wegen Nichtleistung der Prozesskostensicherheit für zurückgenommen erklärt. Entscheidend ist nicht die Höhe der auferlegten Sicherheitsleistung, sondern der Streitwert der Hauptsache selbst.2
4963
Die Beschwer durch eine im Urteil angeordnete Sicherheitsleistung ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Wird gegen ein Zwischenurteil, das die Sicherheitsleistung für die Prozesskosten eines klagenden Ausländers innerhalb einer bestimmten Frist anordnet, Berufung eingelegt, dann bemisst sich die Beschwer nach der Höhe der angeordneten Sicherheitsleistung.3 Die Beschwer des Klägers, der sich dagegen wendet, dass der Beklagte nur Zug-um-Zug gegen Leistung einer Sicherheit verurteilt worden ist, bestimmt sich nach den für die Sicherheitsleistung zu erwartenden Finanzierungskosten4 und kann mit 1/5 der zu erbringenden Sicherheitsleistung angesetzt werden.
Sicherung 4964
Für die Bewertung von Streitigkeiten, bei denen es um die Sicherung eines Anspruchs geht, gibt es keine spezielle Gebührenvorschrift. Abzustellen ist darauf, welcher Anspruch (z.B. Zahlung, Herausgabe etc.) auf welche Weise (z.B. einstweilige Verfügung, Arrest, Bürgschaft etc.) gesichert werden soll.
4965
Die für den zu sichernden Anspruch maßgebende Bewertungsvorschrift – beispielsweise § 42 GKG oder §§ 3, 6 ZPO (i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) – ist zunächst anzuwenden. Das Sicherungsinteresse als solches wird dann nach § 3 ZPO geschätzt und zwar in der Regel mit einem Bruchteil des Wertes des zu sichernden Anspruchs. Ausnahmsweise kann der volle Wert erreicht werden, wenn dem Kläger oder Gläubiger ohne die verlangte Sicherheit der völlige Ausfall seines Rechts droht. Im Folgenden werden zur Verdeutlichung dieser Bewertungssituation einige Fälle als Rechtsprechungs-ABC dargestellt. • Altenteil
4966
Der Gebührenstreitwert für eine vertraglich vereinbarte Altenteilsforderung ist nach § 42 Abs. 1 GKG zu berechnen, sowie sie sich im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltspflicht hält. Dieser Wert ist auch für die Sicherung maßgebend.5
1 BGH, Beschl. v. 21.6.1990 – IX ZR 227/89, VersR 1991, 122; JurBüro 1962, 213; OLG Hamburg, MDR 1974, 53. 2 BGH, Beschl. v. 21.6.1990 – IX ZR 227/89, VersR 1991, 122. 3 OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.3.1986 – 10 U 8/86, MDR 1986, 593. 4 BGH, Beschl. v. 16.12.1998 – XII ZB 105/97, MDR 1999, 295. 5 LG Braunschweig, Nds.Rpfl. 1959, 64.
940
Kurpat/Noethen
Sicherung • Arrest/einstweilige Verfügung Der Wert eines Verfahrens auf Erlass eines Arrestes bzw. einer einstweiligen Verfügung ist nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO zu schätzen und beläuft sich im Regelfall auf einen Bruchteil des Wertes des Hauptsacheverfahrens.1
4967
Der Streitwert eines Arrestes, durch den Unterhaltsforderungen gesichert werden, 4968 richtet sich nach h.M. nach § 42 Abs. 1 FamGKG, nach a.A. nach § 41 FamGKG; § 51 FamGKG gilt nicht unmittelbar. Hiermit einhergehend werden regelmäßig 1/3 (§ 42 Abs. 1 FamGKG) oder 1/2 (§ 41 FamGKG) der zu sichernden Hauptsache angesetzt, die sich wiederum nach § 51 FamGKG bemisst (s. hierzu ausführlich das Stichwort „Arrest“ im FamFG-Teil). • Bauhandwerkersicherungshypothek Wird im Rahmen einer Bauhandwerkersicherungshypothek die Eintragung einer Vormerkung verlangt, sind die wichtigsten Bemessungsfaktoren neben der Höhe der zu sichernden Forderung die Dringlichkeit des Sicherungsinteresses und die Rangwahrung einer Vormerkung. Als Bruchteil wird hier meist ein Wert von 1/4 bis 1/3 des Wertes der erstrebten Sicherungshypothek angesetzt.2
4969
• Bürgschaft Wird der Bürge aus der Bürgschaft in Anspruch genommen, so ist der geforderte Betrag maßgebend (§ 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG).3 Das gilt auch dann, wenn es im Rechtsstreit um die Bestellung einer Bürgschaft oder um Freistellung von der Bürgschaftsverpflichtung geht. Zinsen und Kosten bleiben bei der Inanspruchnahme des Bürgen unberücksichtigt.4
4970
• Eigentumsvorbehalt Für das Herausgabeverlangen einer unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sache ist § 6 ZPO (i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) maßgebend.5 Es kommt auf den Verkehrswert der Sache an. Das gilt auch dann, wenn die Restkaufpreisforderung geringer ist,6 denn § 6 Satz 2 ZPO ist auf diesen Fall nicht anwendbar.
4971
• Forderung Bei der Sicherstellung einer Forderung – z.B. Bauhandwerkersicherung, § 648a BGB – wird der Streitgegenstand durch den Betrag der Forderung bestimmt (§ 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG).7 Wird gleichzeitig auf Zahlung und auf Sicherstellung des geforderten Betrags geklagt, dann handelt es sich nicht um verschiedene Ansprüche, da der Kläger insgesamt nicht mehr erhalten kann als die Forderung.
1 Vgl. hinsichtlich der Einzelheiten die Stichworte „Arrest“ und „Einstweilige Verfügung“. 2 OLG Bamberg, JurBüro 1975, 940; OLG Frankfurt, JurBüro 1977, 719; OLG Bremen, Beschl. v. 22.12.1980 – 2 W 101/80, JurBüro 1982, 1052; OLG Celle, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 781; OLG Düsseldorf, JurBüro 1975, 649; LG Leipzig, Beschl. v. 8.8.1994 – 1 T 4338/94, JurBüro 1995, 26; vgl. auch OLG Saarbrücken, JurBüro 1987, 1218: 1/2 der Forderung inkl. Kostenpauschale. Hinsichtlich der Einzelheiten vgl. das Stichwort „Bauhandwerkersicherungshypothek“. 3 Vgl. hinsichtlich der Einzelheiten das Stichwort „Bürgschaft“. 4 BGH, MDR 1958, 765. 5 Vgl. hinsichtlich der Einzelheiten das Stichwort „Eigentumsvorbehalt“. 6 OLG Frankfurt, JurBüro 1970, 172. 7 OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.2.2012 – 10 W 5/12, NJW-RR 2012, 1418.
Noethen
941
4972
Sicherungsbereignung
ZPO
Eine Zusammenrechnung erfolgt deshalb nicht. Der Wert der zu sichernden Hauptforderung ist maßgebend.1 • Herausgabe von Sachen 4973
Werden Sachen herausverlangt, die zur Sicherung einer Forderung übereignet sind, dann ist § 6 ZPO (i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei einer Differenz des Sachwertes und des Wertes der Forderung nur der geringere Wert anzusetzen ist.2 • Rückübertragung
4974
Verlangt der Sicherungsgeber vom Sicherungsnehmer die Rückübertragung des Sicherungseigentums mit der Behauptung, dass die zu sichernde Forderung erfüllt sei, so richtet sich der Wert des Anspruchs nach dem Wert der streitigen Forderung, wenn dieser geringer ist als der Wert der Sache. § 6 ZPO (i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) ist auf diese Fälle entsprechend anzuwenden, da das Sicherungseigentum dem Pfandrecht näher steht als dem Volleigentum.3 • Selbständiges Beweisverfahren
4975
Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens, mit dem eine bestimmte Beweissituation gesichert werden soll, wird gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach freiem Ermessen festgesetzt und entspricht im Regelfall dem Wert des Hauptsacheverfahrens.4 • Veräußerungsverbot
4976
Lässt der Käufer, um seinen Erfüllungsanspruch zu sichern, dem Verkäufer verbieten, den gekauften Pkw anderweitig zu veräußern, stellt das OLG Koblenz5 zutreffend auf den Wert des Wagens ab, den es im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf 1/3 reduziert.6
Sicherungsbereignung 4977
Das Sicherungseigentum steht dem Pfandrecht näher als dem Volleigentum. Verlangt daher der Sicherungsgeber von dem Sicherungsnehmer die Rückübertragung des Sicherungseigentums, weil die zu sichernde Forderung erfüllt ist, so richtet sich der Wert dieses Anspruchs nach dem Wert der streitigen Forderung, wenn dieser geringer ist als der Wert der Sache (§ 6 ZPO analog).7
1 OLG Nürnberg, JurBüro 1957, 74; OLG Köln, JW 1939, 707. 2 BGH, NJW 1959, 939; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.9.1994 – 15 W 2006/94, OLGR 1994, 27; a.A. offenbar OLG Naumburg, Beschl. v. 30.7.2010 – 2 W 27/10, JurBüro 2011, 29; vgl. auch das Stichwort „Sicherungsübereignung“. 3 BGH, NJW 1959, 939; vgl. auch das Stichwort „Sicherungsübereignung“. 4 Vgl. hinsichtlich der Einzelheiten das Stichwort „Selbständiges Beweisverfahren“. 5 OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 2 W 161/93, JurBüro 1994, 738. 6 Siehe auch das Stichwort „Veräußerungsverbot“. 7 BGH, NJW 1959, 939; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.9.1994 – 15 W 2006/94, OLGR 1994, 27; a.A. offenbar OLG Naumburg, Beschl. v. 30.7.2010 – 2 W 27/10, JurBüro 2011, 29.
942
Noethen
SMS, unerwnschte
Siedlungsverhltnis Klagt der Siedlungsträger nach Kündigung des Nutzungsverhältnisses gegen den Siedler auf Räumung des Siedlungsgrundstücks, dann bemisst sich der Streitwert nach § 41 GKG.1
4978
Siehe auch das Stichwort „Herausgabe“, Rn. 2999 ff.
SMS, unerwnschte Die Bewertung von Streitigkeiten, die sich mit Unterlassungsansprüchen bzgl. unerwünschter Kurznachrichten auf dem Mobiltelefon (SMS) beschäftigen, hängt vom Inhalt der übermittelten Nachricht ab.
A. Werbung Soweit es sich beim Inhalt der SMS um Werbung oder um eine in sonstiger Weise gewerblich bzw. geschäftlich geprägte Mitteilung handelt, ist der Unterlassungsanspruch des Empfängers vermögensrechtlicher Natur, denn hier erfolgt das Verfahren allein bzw. maßgeblich auch aus wirtschaftlichen Gründen. Sein Wert ist dann nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO zu schätzen.2 Hinsichtlich der Einzelheiten kann auf das Stichwort „Werbung, unverlangte“ verwiesen werden.
4979
B. Private Mitteilungen Soweit der Empfänger der SMS dagegen durch private Mitteilungen beleidigt, belästigt oder in sonstiger Weise in seiner Privatsphäre gestört wird, handelt es sich – vergleichbar mit einem belästigenden Telefonanruf3 – um einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch, dessen Gebührenstreitwert nach § 48 Abs. 2 GKG zu bestimmen ist. In solchen Fällen geht es nämlich um Rechtsbeziehungen, die den sozialen Geltungsanspruch des Klägers in der Öffentlichkeit vor drohenden Beeinträchtigungen schützen sollen.4
4980
Der Wert des Streitgegenstandes ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien zu bestimmen. Jedoch darf der Wert nicht über 1 Million Euro angenommen werden. Der Zuständigkeitsstreitwert solcher Verfahren ist unter Beachtung der Grundsätze des § 48 Abs. 2 GKG nach § 3 ZPO zu schätzen.
4981
Man wird in Anlehnung an § 23 Abs. 3 RVG von einem Regelstreitwert von 4000 Euro für das Hauptsacheverfahren und 1000 Euro bis 2000 Euro für das einst-
4982
1 OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.7.1962 – 4 W 84/62, JurBüro 1962, 627 (noch zu § 16 GKG a.F.). 2 KG, Beschl. v. 27.7.2006 – 9 W 50/06, JurBüro 2006, 654: 2000 Euro. 3 Vgl. BGH, VersR 1985, 185. 4 Vgl. BGH, Urt. v. 17.10.1995 – VI ZR 352/94, NJW 1996, 999 m.w.N.; Beschl. v. 3.4.1984 – VI ZR 80/83, MDR 1985, 43.
N. Schneider/Kurpat
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Sparkassenbuch
ZPO
weilige Verfügungsverfahren ausgehen können.1 Sodann ist anhand der Einzelheiten des jeweiligen Falles zu entscheiden, ob der Streitwert von diesem Ausgangspunkt nach oben oder nach unten abweicht. Hinsichtlich der Einzelheiten der Wertbestimmung kann auf das Stichwort „Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit“ sowie auf das Stichwort „Belästigung“ verwiesen werden.
Sparkassenbuch 4983
Wird auf Herausgabe eines Sparkassenbuchs geklagt, bestimmen sich Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG und nicht nach § 6 ZPO. Da es sich bei dem Sparkassenbuch um ein qualifiziertes Legitimationspapier (§ 808 BGB) handelt, folgt das Recht am Papier dem Recht aus dem Papier. Die Inhaberschaft des Buches erleichtert nur die Geltendmachung der darin aufgeführten Forderung. Wertbestimmend ist daher nicht der Wert des Papiers oder der darin verbrieften Spareinlage, sondern das Interesse des Klägers an dessen Herausgabe. In der Regel wird daher ein Bruchteil der darin bescheinigten Forderung anzusetzen sein.2
4984
Auf den vollen Betrag der Einlageforderung ist jedoch abzustellen, wenn die Gefahr besteht, dass der Beklagte das Sparguthaben abhebt,3 der Kläger mit der Herausgabeklage zugleich eine Klärung des Streits über das Recht an der Spareinlage herbeiführen will oder durch das gleichzeitige Verlangen nach Herausgabe der zum Sparkonto gehörenden Sicherungskarte die Verfügungsgewalt beansprucht.4
4985
Ist die Klage auf Feststellung gerichtet, der Kläger sei Berechtigter hinsichtlich des Guthabens, dann bemisst sich der Streitwert nach dem vollen Einlagebetrag abzgl. des für positive Feststellungsklagen üblichen prozentualen Abschlages.
4986
Verbindet der Kläger jedoch den Feststellungsanspruch mit dem Antrag auf Herausgabe des Sparkassenbuches, liegen zwei selbständig zu bewertende Streitgegenstände vor. Höherwertig ist der umfassende Feststellungsanspruch, da der Herausgabeantrag nur das Ziel hat, die Geltendmachung der Forderung gegenüber der Bank zu erleichtern.5 In einem solchen Fall ist der Streitwert ebenfalls gleich dem vollen Guthaben anzusetzen, wegen der Feststellung also kein Abschlag zu machen, da Herausgabe und Feststellung zusammen die endgültige Durchsetzung des Rechts des Klägers gewährleisten (s. auch das Stichwort „Herausgabe“, Rn. 3040 ff.).
4987
Klagt der Kläger auf Verpfändung und Herausgabe eines Sparkassenbuches, etwa weil zwischen den Parteien die Hingabe eines Kautionssparbuchs vereinbart worden ist, bemisst sich der Streitwert gem. § 6 ZPO nach dem Wert der gesicherten Forderung oder nach dem geringeren Wert des Gegenstands des Pfandrechts, mithin nach dem Einlagebetrag einschließlich darin bereits enthaltener Zinsen, d.h.
1 OLG Köln, Beschl. v. 8.4.2002 – 11 W 25/02, NJW-RR 2002, 1723; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Belästigung“. 2 OLG Bremen, Beschl. v. 31.10.1984 – 2 W 125/84, Rpfleger 1985, 77; OLG Frankfurt, JurBüro 1975, 373; LG Würzburg, JurBüro 1990, 108; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Sparkassenbuch“ Rn. 1; a.A. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.7.1993 – 11 W 29/93, OLGR 1993, 266; OLG München, JurBüro 1974, 1169 – Betrag der eingetragenen Forderung. 3 KG, JurBüro 1970, 202; OLG München, JurBüro 1974, 1169. 4 KG, JurBüro 1970, 202. 5 OLG Frankfurt, JurBüro 1975, 373.
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Kurpat
Sprungrevision dem jeweiligen Kontostand. Dies gilt auch, wenn der Kläger die Freistellung von der Verpfändung eines Sparbuches verlangt.1 Wird schließlich (noch) nach altem Recht gem. §§ 946 ff., 1003 ff. ZPO bzw. seit 4988 dem 1.9.2009 nach neuem Recht gem. §§ 466 bis 484 FamFG das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung des Sparkassenbuches betrieben, berechnet sich der Verfahrenswert angesichts der bloßen Legitimationsfunktion des Papiers in der Regel nach 10–20 % des Guthabenbetrages.2
Spesen Der Begriff „Spesen“ bedeutet soviel wie Ausgaben oder Aufwand, insbesondere die Auslagen oder Kosten, die anlässlich der Durchführung eines Geschäfts erwachsen, beispielsweise Reisekosten oder Übernachtungskosten, Taxifahrten und dergleichen. Solche Auslagen oder Kosten können zusätzlich erwachsen oder bereits mit der Gegenleistung, vornehmlich dem Arbeitsentgelt, abgegolten sein. So liegt es vielfach beim Handelsvertreter oder Handlungsgehilfen, bei dem Teile der Vergütung als „Spesen“ ausgewiesen werden.
4989
Im Streitwertrecht sind geltend gemachte Spesen werterhöhend zu berücksichtigen, es sei denn, dass es sich dabei in Wirklichkeit um Kosten oder anderweitige Nebenforderungen i.S.d. § 43 Abs. 1 GKG, § 4 ZPO handelt. Dazu rechnen außer den Prozesskosten auch alle außergerichtlichen Kosten, die zur Durchsetzung des Anspruchs aufgewandt worden sind.3
4990
In diesem Fall bleiben die Spesen (= Kosten) bei der Streitwertberechnung außer Betracht, wenn sie als Nebenforderung geltend gemacht werden (§ 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO). Das muss im Einzelfall anhand des jeweils einschlägigen Sachverhalts geklärt werden.
4991
Der Streitwert eines Rechtsstreits zwischen einem Gläubiger und einem Bürgen geht auch dann nicht über den vereinbarten Höchstbetrag der Bürgschaft hinaus, wenn Gegenstand des Rechtsstreits auch die Zinsen, Provisionen und Spesen der Bürgschaftssumme sind, für die sich der Bürge zusätzlich verbürgt hat.4
4992
Werden neben Geldbezügen auch Spesen zusätzlich erstattet, handelt es sich dagegen um Leistungen mit Entgeltcharakter; sie erhöhen damit den Streitwert, auch wenn sie zusammen mit den Geldbezügen geltend gemacht werden.
4993
Sprungrevision A. Überblick Von Bedeutung ist hier nur der Gebührenstreitwert. Auf einen Zuständigkeitsoder Rechtsmittelstreitwert kommt es nicht an. 1 BGH, Urt. v. 15.11.1994 – XI ZR 174/94, MDR 1995, 196 mit zust. Anm. Röttger, EwiR 1995, 307. 2 BGH, Beschl. 3.3.2004 – IV ZB 38/03, MDR 2004, 640; OLG Rostock, Beschl. v. 5.8.2009 – 3 W 44/09, OLGR 2009, 969; LG Berlin, Beschl. v. 27.5.1988 – 82 T 176/88, Rpfleger 1988, 548 – Grundschuldbrief; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Sparkassenbuch“ Rn. 2. 3 Siehe dazu Stein/Jonas/Roth, § 4 ZPO Rn. 23 mit Beispielen; Zöller/Herget, § 4 ZPO Rn. 12. 4 BGH, WPM 1956, 889.
Kurpat/N. Schneider
945
4994
ZPO
Sprungrevision, Zulassung der
B. Sprungrevision 4995
Wird die zugelassene Sprungrevision durchgeführt, so berechnen sich die Werte wie in einem gewöhnlichen Revisonsverfahren. Siehe das Stichwort „Rechtsmittel“, Rn. 4642 ff.
C. Zustimmungserklärung des Gegners 4996
Das Einholen und die Erklärung der Zustimmung des Gegners zur Sprungrevision (§ 566 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) lösen keine Gerichtsgebühren aus. Diese Tätigkeiten können allerdings Anwaltsgebühren auslösen. Für den in der Vorinstanz tätigen Anwalt zählen das Einholen und Abgeben der Zustimmungserklärung noch zum Rechtszug (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RVG). Soweit jedoch ein anderer Anwalt damit beauftragt wird, liegt eine Einzeltätigkeit nach Nr. 3403 VV RVG vor, die eine gesonderte Gebühr auslöst. Der Wert der anwaltlichen Tätigkeit dürfte in diesem Fall nach § 23 Abs. 1 Satz 3, 2 RVG i.V.m. den Wertvorschriften zu bemessen sein, die für das beabsichtigte Revisionsverfahren gelten.
D. Zulassungsverfahren nach § 566 Abs. 2 ZPO 4997
Das Zulassungsverfahren nach § 566 Abs. 2 ZPO löst eine wertabhängige Gerichtsgebühr aus, soweit der Antrag abgelehnt wird (Nr. 1240 KV GKG) oder soweit der Antrag zurückgenommen wird oder sich anderweitig erledigt (Nr. 1241 KV GKG). In diesen Fällen ist eine Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG erforderlich.
4998
Wird die Revision zugelassen, fallen für das Zulassungsverfahren keine gesonderten Gebühren an, sondern nur für das Revisionsverfahren. Daher ist in diesem Fall im Zulassungsverfahren eine Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren nicht vorzunehmen. Hier kommt lediglich eine Festsetzung für die Anwaltsgebühren im Verfahren nach § 33 RVG in Betracht, wenn der Anwalt nicht oder nicht in vollem Umfang auch im Revisionsverfahren tätig wird und daher dessen Wert nicht auch für ihn nach § 32 Abs. 1 RVG gelten würde.
4998a
Soweit nach dem Vorstehenden eine Wertfestsetzung vorzunehmen ist, richtet sich diese nach § 47 Abs. 3 GKG. Maßgebend ist der Wert, den die zuzulassende Revision haben würde.
Sprungrevision, Zulassung der A. Gerichtsgebühren I. Erforderlichkeit einer Festsetzung 4999
Im Verfahren auf Zulassung der Sprungrevision (§ 566 ZPO) werden nach den Nrn. 1240, 1241 KV GKG wertabhängige Gerichtsgebühren erhoben, wenn der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision – zurückgewiesen wird (Nr. 1240 KV GKG), – zurückgenommen wird (Nr. 1241 KV GKG) oder – sich anderweitig erledigt (Nr. 1241 KV GKG). 946
N. Schneider
Stadionverbot Das Gericht muss daher in diesen Fällen nach § 63 Abs. 2 GKG einen Streitwert festsetzen. Gibt das Gericht dem Zulassungsantrag statt, fallen für das Zulassungsverfahren keine Gerichtsgebühren an. Der Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde gilt dann als Einlegung der Revision (§ 566 Abs. 7 ZPO), so dass damit die Gebühren des Revisionsverfahrens entstehen (Nrn. 1230 ff. KV GKG). Eine gesonderte Wertfestsetzung nach § 63 GKG für das Zulassungsverfahren hat dann zu unterbleiben.
5000
Weist das Gericht den Zulassungsantrag nur teilweise zurück, wird der Antrag nur teilweise zurückgenommen oder erledigt sich der Zulassungsantrag nur teilweise und wird dem Zulassungsantrag im Übrigen stattgegeben, dann ist nur der Teilwert der Zurückweisung, Rücknahme oder Erledigung nach § 63 Abs. 2 GKG mit Abschluss des Zulassungsverfahrens festzusetzen, damit daraus die Gerichtsgebühr nach den Nrn. 1240, 1241 KV GKG erhoben werden kann.
5001
II. Bewertung Das Verfahren auf Zulassung der Sprungrevision ist kein Rechtsmittelverfahren. Die Zulassung soll erst die Voraussetzungen für die Zulässigkeit dieses Rechtsmittels schaffen. Daher greifen die Vorschriften des § 47 Abs. 1 und 2 GKG hier nicht unmittelbar. Es ist folglich eine gesonderte Regelung erforderlich, die in § 47 Abs. 3 GKG enthalten ist. Es wird insoweit auf die entsprechende Anwendung des § 47 Abs. 1 und 2 GKG verwiesen.
5002
Maßgebend ist also der Wert der Revision, deren Zulassung beantragt wird. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Revision im Stichwort „Rechtsmittel“, Rn. 4642 ff. verwiesen werden.
5003
B. Anwaltsgebühren Die Vorschrift des § 47 Abs. 3 GKG gilt auch für die Anwaltsgebühren (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG). Der Anwalt ist an die Wertfestsetzung des Gerichts nach § 32 Abs. 1 RVG gebunden.
5004
Wird der Anwalt nur im Zulassungsverfahren tätig, nicht aber auch im nachfolgenden Revisionsverfahren, so gilt für ihn gem. § 32 Abs. 1 RVG der Wert des Revisionsverfahrens, soweit die Gegenstände des Zulassungsverfahrens und des Revisionsverfahrens identisch sind. Weichen die Gegenstände voneinander ab, etwa infolge einer Anschlussrevision, einer Erweiterung oder einer Teilerledigung oder Teilrücknahme des Zulassungsantrags, muss für seine Gebühren auf Antrag eine gesonderte Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 RVG erfolgen.
5005
Stadionverbot Ein Sportverein kann einem Zuschauer in Ausübung seines Hausrechts (§ 903 BGB) ein Stadionverbot erteilten. Für einen Ausschluss im Einzelfall wie auch auf unbestimmte Dauer muss ein sachlicher Grund bestehen, da Veranstalter von kommerziellen Sportveranstaltungen gegen Bezahlung grundsätzlich jedermann Zutritt zur Sportstätte gewähren müssen.1 1 BGH, Urt. v. 30.10.2009 – V ZR 253/08, NJW 2010, 534.
N. Schneider/Kurpat
947
5005a
ZPO
Stalking 5005b
Klagt der Verein auf Unterlassung des Zutritts, dann bestimmt sich deren Wert nach dem Interesse an der Unterlassung.
5005c
Der betroffene Zuschauer kann das Verbot in verschiedener Weise zum Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung machen. Die Klage auf Zutritt zu einer bestimmten Sportveranstaltung ist auf Abschluss eines entsprechenden Vertrages gerichtet und bemisst sich folglich nach dem Wert der Vertragsleistung. In gleicher Weise ist zu bewerten, wenn dem Kläger an der Zuteilung einer sog. Jahreskarte gelegen ist.
5005d
Wird dagegen die Wirksamkeit des Verbots als solche angegriffen, soll nach Ansicht des AG Offenbach entsprechend § 9 ZPO der dreieinhalbfache Betrag einer Jahreskarte maßgeblich sein.1
Stalking 5006
Unter Stalking (deutsch: Nachstellung) versteht man das willentliche und wiederholte (beharrliche) Verfolgen oder Belästigen einer Person, deren physische oder psychische Unversehrtheit dadurch unmittelbar, mittelbar oder langfristig bedroht und geschädigt werden kann (vgl. § 338 StGB). Hinsichtlich der Bewertung von Ansprüchen, die aus einem Stalking resultieren, kann auf die Ausführungen unter dem Stichwort „Belästigung“ verwiesen werden.
Standgeld 5007
Der Streitwert des Anspruchs eines Grundstückseigentümers auf Feststellung, dass ein Kfz-Besitzer für jeden Tag der unbefugten Benutzung des Grundstücks ein Standgeld zu entrichten habe, ist nicht nach § 9 ZPO, sondern nach § 3 ZPO zu bemessen.2
5008
Soweit fällige Beträge gefordert werden, ist dieser Betrag maßgebend.
5009
Soweit zukünftige Leistung gefordert wird, ist der nach dem Vortrag des Anspruchsstellers zu besorgende Zeitraum der weiteren unbefugten Nutzung nach § 3 ZPO zu schätzen und zugrunde zu legen.
5010
Rückstände und zukünftige Beträge sind zu addieren (§ 5 ZPO, § 39 Abs. 1 GKG, § 22 RVG); s. „Fällige Beträge“ Rn. 2263 ff. Zur Schadensposition des Standgeldes im Rahmen einer Verkehrsunfallschadenregulierung s. das Stichwort „Verkehrsunfallschadenregulierung“.
Sterilisation 5011
Der Anspruch der Eltern auf Ersatz ihrer Unterhaltsaufwendungen, die auf eine fehlgeschlagene Sterilisation zurückzuführen sind, ist nach § 9 ZPO zu bewerten.3 1 AG Offenbach, Beschl. v. 15.4.2013 – 380 C 502/12. 2 OLG Nürnberg, Beschl. v. 2.4.1965 – 2 W 16/65, JurBüro 1965, 920. 3 BGH, Beschl. v. 20.1.1981 – VI ZR 202/79, MDR 1981, 746 = FamRZ 1981, 536.
948
Kurpat/N. Schneider
Streitgenossen In einer späteren Entscheidung1 hat der BGH dagegen auf § 3 ZPO abgestellt, im Rahmen der Ermessensausübung aber wiederum § 9 ZPO herangezogen. Heranzuziehen sind die künftigen wiederkehrenden Forderungen, höchstens aber der 3 1/2-fache Jahresbetrag. Bei Klageeinreichung fällige Beträge sind hinzuzurechnen (s. das Stichwort „Fällige Beträge“, Rn. 2263 a). Die frühere Streitfrage, ob insoweit nicht § 42 Abs. 1 GKG a.F. (§ 17 Abs. 1 GKG a.F.) mit dem fünffachen Jahresbezug heranzuziehen sei, hat sich mit dem 2. KostRMoG erledigt, da § 42 Abs. 1 GKG a.F. ersatzlos aufgehoben worden ist.
5012
Siehe auch das Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“, Rn. 1587 f.
5013
Streitgenossen A. Einleitung Von einer Streitgenossenschaft ist auszugehen, wenn die Prozesse mehrerer Kläger gegen einen oder gegen mehrere Beklagte äußerlich miteinander verbunden sind, sog. subjektive Klagehäufung. Sie entsteht u.a. im Falle der Klage von oder gegen mehrere Parteien, der (auch) gegen einen Dritten gerichteten Widerklage, der subjektiven Klageerweiterung und durch Verbindung bislang selbständiger Prozesse.2 Die prozessualen Auswirkungen der Streitgenossenschaft regeln die §§ 61 bis 63 ZPO. Ihre streitwertrechtliche Behandlung folgt den allgemeinen Regeln unter der Maßgabe, dass die Selbständigkeit der Prozessrechtsverhältnisse zu beachten ist.
5014
B. Zuständigkeitsstreitwert Werden in einer Klage mehrere prozessuale Ansprüche geltend gemacht, sind deren Einzelwerte gem. § 5 Hs. 1 ZPO zu addieren. Daher bedürfen die der subjektiven Klagehäufung zugrunde liegenden einzelnen prozessualen Ansprüche einer eigenständigen Bewertung. Ob die Einzelwerte im Anschluss für den Zuständigkeitsstreitwert zusammenzurechnen sind, hängt davon ab, ob es sich um rechtlich und wirtschaftlich selbständige Ansprüche handelt, und zwar unabhängig von der Art des Verfahrens.3 Unerheblich ist insoweit auch, ob im Streitgenossenprozess vermögensrechtliche oder nichtvermögensrechtliche Ansprüche verfolgt werden.
5015
Ausgehend vom streitwertrechtlichen Grundsatz, wonach – wirtschaftlich betrachtet – ein und derselbe Gegenstand nicht mehrfach bewertet werden darf, hat eine Zusammenrechnung von prozessualen Ansprüchen mit wirtschaftlich identischen Gegenständen bei der Ermittlung des Zuständigkeits-, und Gebührenstreitwerts sowie der Beschwer zu unterbleiben, arg. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG.4 Maßgebend ist in diesem Fall allein der höhere Wert.5 Hierbei entspricht der Gegenstandsbegriff nicht dem (zweigliedrigen) Streitgegenstand des Prozessrechts.6
5016
1 2 3 4 5
BGH, Beschl. v. 30.9.1993 – IX ZR 247/92, WM 1994, 182. BGH, Beschl. v. 21.4.2008 – II ZB 6/07, ZIP 2008, 1197. Zöller/Herget, § 5 ZPO Rn. 3. § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F. BGH, Beschl. v. 19.10.2000 – I ZR 176/00, MDR 2001, 648; Beschl. v. 23.6.1983 – IVa ZR 136/82, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 53. 6 BGH, Beschl. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506; Urt. v. 28.9.1994 – XII ZR 50/94, MDR 1995, 198; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Echter Hilfsantrag“ Rn. 7.
N. Schneider/Kurpat
949
Streitgenossen Entscheidend für die Streitwertberechnung ist vielmehr das im jeweiligen Klagebegehren zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Interesse. Ist dieses bei verschiedenen prozessualen Ansprüchen – wirtschaftlich betrachtet – auf denselben Gegenstand gerichtet und stellt sich damit als wirtschaftliche Einheit dar, scheidet bei der subjektiven Klagehäufung eine Zusammenrechnung aus.1
5018
So liegt es beispielsweise, wenn die Klage von Gesamtgläubigern (§ 428 BGB) oder gegen Gesamtschuldner (§ 421 BGB) erhoben wird. Es handelt sich – wirtschaftlich betrachtet – nur um einen einzigen Anspruch, der mehreren zugleich zusteht oder von mehreren zugleich zu erfüllen ist.2
5019
Stehen demgegenüber auf der Klägerseite Streitgenossen mit je selbständigen Anträgen gegen einen Beklagten oder stehen auf der Beklagtenseite Streitgenossen, die von einem Kläger wegen je selbständiger Ansprüche verklagt werden, dann sind die Einzelstreitwerte für den Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert nach § 5 Hs. 1 ZPO, § 39 Abs. 1 GKG zu addieren.3 Eine etwaig unterschiedliche Beteiligung ist bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen (§§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO).
5020
Zu den möglichen Fallgestaltungen und Bewertungsproblemen bei der subjektiven Klagehäufung s. unter den Stichwörter „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“ und „Gesamtschuldner“.
ZPO
5017
C. Gebührenstreitwert 5021
Gemäß § 39 Abs. 1 GKG werden mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zusammengerechnet, soweit sich im GKG keine abweichende Sonderregelung findet. Der Gebührenstreitwert folgt daher dem Zuständigkeitsstreitwert, so dass auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen werden kann.
5022
Zu beachten bleibt jedoch, dass bei einer subjektiven Klagehäufung mit rechtlich und wirtschaftlich nicht identischen Gegenständen eine nach Prozessrechtsverhältnissen differenzierende Streitwertfestsetzung erfolgen muss. Nur so kann berücksichtigt werden, dass die Parteien auf Kläger- und Beklagtenseite in unterschiedlichem Umfang an den angefallenen Kosten des Rechtsstreits beteiligt sind. Neben den Einzelwerten ist daher der für die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der an allen Prozessrechtsverhältnissen beteiligten Partei maßgebliche Gesamtstreitwert festzusetzen. Gleiches gilt, wenn die Streitgenossen trotz wirtschaftlicher Identität in unterschiedlichem Umfang in Anspruch genommen werden.4 Siehe im Einzelnen unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“.
1 OLG Hamburg, MDR 1965, 394; OLG Koblenz, Beschl. v. 8.12.1986 – 3 W 139+140/86 = JurBüro 1987, 596; OLG Zweibrücken, NJW 1982, 2800. 2 BGH, Beschl. v. 29.1.1987 – V ZR 136/86, MDR 1987, 570; RGZ 116, 309; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.4.2009 – 14 W 53/08, VersR 2009, 948; OLG Koblenz, Beschl. v. 22.10.1984 – 14 W 619/84, JurBüro 1985, 590 – negative Feststellungsklage gegen zwei Streitgenossen; OLG Nürnberg, Rpfleger 1956, 298. 3 BGH, Beschl. v. 23.6.1983 – IVa ZR 136/82, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 53 mit Anm. E. Schneider; AnwBl. 1976, 339; Zöller/Herget, § 5 ZPO Rn. 3. 4 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Streitgenossen“ Rn. 5.
950
Kurpat
Streitgenossen
D. Beschwer Die aus der gerichtlichen Entscheidung erwachsene Beschwer ist gem. § 5 Hs. 1 ZPO für jede Partei nach dem Umfang ihres Unterliegens bezogen auf die einzelnen prozessualen Ansprüche zu bestimmen und ggf. zusammenzurechnen.
5023
Erfolgt die Rechtsmitteleinlegung nur durch einen Streitgenossen, dann ist – nach 5024 zutreffender Ansicht – allein seine Beschwer maßgebend und diese daher für jeden Klageantrag einzeln zu bestimmen.1 Legen mehrere Streitgenossen gegen das für sie nachteilige Urteil Rechtsmittel ein, so sind für den Wert des Beschwerdegegenstandes die auf die einzelnen Streitgenossen entfallenden Beschwerdewerte zusammenzurechnen, soweit nicht ein Fall wirtschaftlicher Identität vorliegt.2 Beschränkt sich hingegen die Beschwer eines Streitgenossen auf die Verurteilung zur Zahlung eines anteilmäßig bestimmten Teils der Kosten, dann bleibt dieser Teil bei der Berechnung außer Ansatz, wenn eine Überprüfung der Kostenentscheidung gesetzlich nicht eröffnet ist.3
5025
Im Fall der Rechtsmitteleinlegung (auch) durch den einfachen Nebenintervenien- 5026 ten bestimmt sich die Beschwer nach der von ihm unterstützten Hauptpartei.4 Bei streitgenössischer Nebenintervention soll wegen § 69 ZPO, wonach der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei gilt, nach überwiegender Ansicht die Beschwer des Nebenintervenienten unabhängig von derjenigen der Hauptpartei bestimmt werden.5 Eine Zusammenrechnung der Beschwer von Hauptpartei und Nebenintervenient scheidet in jedem Fall aus, da § 69 ZPO nur auf eine prozessrechtliche Gleichstellung abzielt und selbst bei weiter gehender, gesamtschuldnerischer Inanspruchnahme von Hauptpartei und Nebenintervenient aufgrund wirtschaftlicher Identität nicht addiert werden könnte.6 Wird die Verbindung der Prozessrechtsverhältnisse durch eine Prozesstrennung 5027 (§ 145 ZPO) aufgehoben, kann die Beschwer den nach Aufspaltung des Verfahrens verbliebenden Wert nicht übersteigen. Dies gilt auch dann, wenn die nach zulässiger Trennung getrennten Verfahrensteile in der Revisionsinstanz zum Zwecke gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung wieder verbunden werden.7 Im Übrigen folgt die Wertbestimmung den allgemeinen Grundsätzen, daher wird auf die Ausführungen unter dem Stichwort „Rechtsmittel“ Bezug genommen.
1 RG, JW 1933, 2216; OLG Schleswig, SchlHA 78, 198; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Streitgenossen“ Rn. 3; Zöller/Heßler, § 511 ZPO Rn. 25; a.A. BGH, Beschl. v. 19.10.2000 – I ZR 176/00, MDR 2001, 648. 2 BGH, Beschl. v. 19.10.2000 – I ZR 176/00, MDR 2001, 648; Beschl. v. 23.6.1983 – IVa ZR 136/82, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 53; BAG, Urt. v. 31.1.1984 – 1 AZR 174/81, NZA 1984, 167; LG Kassel, Beschl. v. 15.10.2010 – 1 S 281/10; LG Köln, Urt. v. 15.2.1989 – 10 S 413/88, VersR 1989, 1160; Zöller/Heßler, § 511 ZPO Rn. 25. 3 BGH, Beschl. v. 19.10.2000 – I ZR 176/00, MDR 2001, 648. 4 BGH, Urt. v. 16.1.1997 – I ZR 208/94, NJW 1997, 2385; Urt. v. 15.6.1989 – VII ZR 227/88, MDR 1989, 1095; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.1.2006 – 24 W 64/05, MDR 2006, 1017; OLG Hamm, Beschl. v. 16.1.2007 – 27 W 86/06, OLGR 2007, 607; OLG Köln, Beschl. v. 12.3.2004 – 11 W 13/04, MDR 2004, 1025; Zöller/Vollkommer, § 67 ZPO Rn. 5. 5 MünchKomm.ZPO/Rimmelspacher, § 511 ZPO Rn. 33; Stein/Jonas/Bork, § 69 ZPO Rn. 10 m.w.N.; offen lassend: BGH, Urt. v. 30.4.2001 – II ZR 328/00, MDR 2001, 1006. 6 BGH, Urt. v. 30.4.2001 – II ZR 328/00, MDR 2001, 1006. 7 BGH, Urt. v. 20.7.1999 – X ZR 139/96, NJW 2000, 217.
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5028
ZPO
Streithilfe
E. Vergleich 5028a
Einigen sich die Streitgegenossen in einem Prozessvergleich nicht nur mit dem Gegner, sondern auch über ihnen etwaig zustehende Ausgleichs- oder Regressansprüche untereinander, begründet dies keinen Mehrwert des Vergleichs. Da der den Prozess beendende Vergleich das Prozessrechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagten regelt, kann sich nicht dessen Wert durch anderweitige, das Prozessrechtsverhältnis nicht betreffende Ansprüche erhöhen.1 Hier liegt vielmehr eine eigenständig zu bewertende Einigung zwischen den Streitgenossen vor.
Streithilfe Siehe das Stichwort „Nebenintervention“.
Streitwertvereinbarung Siehe das Stichwort „Vereinbarungen zum Streitwert“.
Stufenklage Literatur: Lappe, NJW 1988, 3130; Assmann, Das Verfahren der Stufenklage, 1990; Schulte, MDR 2000, 805 (Verurteilung zur Auskunftserteilung). Gliederungsübersicht Rn. A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5029 B. I. II. 1. 2. 3. III. C. I. 1. 2.
Zuständigkeitsstreitwert Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . Leistungsanspruch Einfache Stufenklage. . . . . . . . Teilbezifferung . . . . . . . . . . . . Rückstände . . . . . . . . . . . . . . . Auskunft und Versicherung an Eides statt . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 5035 . . 5041 . . 5044 . . 5046 . . 5048
Gebührenstreitwert Allgemeines Anwendbare Vorschriften . . . . . . 5049 Sonderfälle a) „Nachträgliche Stufenklage“ . 5053
Rn. b) „Steckengebliebene Stufenklage“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammentreffen von Leistungs- und Stufenklage . . . . . . d) Zusammentreffen von Feststellungs- und Stufenklage . . . e) Rückstände . . . . . . . . . . . . . . 3. Notwendigkeit von Stufenstreitwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gerichts- und Verfahrensgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Terminsgebühr . . . . . . . . . . . . II. Auskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abgabe der eidesstattlichen Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5055 5061 5062a 5063 5064 5065 5066 5071 5076
1 OLG Frankfurt, Beschl. 12.3.2009 – 3 W 10/09, NJW-RR 2009, 1079; LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.9.2014 – 17 Ta (Kost) 6057/14; a.A. OLG Stuttgart, Beschl. v. 15.12.2014 – 10 U 158/13: Mehrwert nur für die am Gesamtschuldnerausgleich Beteiligten; OLG Koblenz, Beschl. v. 22.12.1997 – 14 W 771/97, JurBüro 1999, 196; OLG Köln, Beschl. v. 29.11.1972 – 2 W 105/72, MDR 1973, 324 – da Gesamtbereinigung im Interesse aller Parteien liege.
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Stufenklage Rn. IV. V. VI. VII.
Leistung . . . . . . . . . . . . . . . Fehlerhafte Prozessführung . Wertänderungen . . . . . . . . . Einzelfälle in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 5079 . . . . 5086 . . . . 5089 . . . . 5092
D. Rechtsmittel und Beschwer . . . I. Bescheidung des Auskunftsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Als Teilurteil . . . . . . . . . . . . . . 2. Als (abweisendes) Gesamturteil
. 5098 . 5099 . 5100 . 5107
Rn. II. Bescheidung des Versicherungsanspruchs 1. Als Teilurteil . . . . . . . . . . . . . . 2. Als (abweisendes) Gesamturteil III. Bescheidung des Leistungsanspruchs 1. Als Schlussurteil . . . . . . . . . . . 2. Als (abweisendes) Gesamturteil IV. Instanzielle Unterschiede . . . . .
. 5108 . 5111
. 5112 . 5113 . 5114
E. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5118
Stichwortübersicht Rn.
Rn.
Anwaltsgebühren . . . . . . . 5065, 5066, 5091 Aufwand – für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5110 – für die Auskunftserteilung . . . . . . . . . . . . . . . 5102, 5110, 5117 Ausgleich nach § 89b HGB . . . . . . . . . 5094 Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . 5071, 5099 Bucheinsicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5034 Fehlerhafte Prozessführung. . . . . . . . . 5086 Geheimhaltungsinteresse des Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5104 Gerichtsgebühren . . . . . . . . . . . . 5065, 5091 Güteverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . 5069 Instanzielle Unterschiede . . . . . . . . . . 5114 Klagehäufung, objektive . . . . . . . 5032, 5035 Kosten anwaltlicher Beratung . . . . . . . . . . . . . . . 5102, 5103, 5110 Kostenrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5082 Landwirtschaftsverfahren . . . . . . . . . . 5052 Leistungsanspruch . . . . . . . . . . . 5041, 5079 – Wertschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . 5041 Leistungsklage, Zusammentreffen mit – . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5061 Mindestbetrag, Bezifferung der Leistungsklage mit . . . . . . . . . . . . . 5045 Nachträgliche Stufenklage . . . . . . . . . 5053 Pflichtteilsanspruch . . . . . . . . . . . . . . 5092 Rechtshängigkeit . . . . . . . 5033, 5047, 5057, 5063, 5065 Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . 5034
Rückstände, bei Klageeinreichung aufgelaufene . . . . . . . . . 5046, 5063 Rufschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5105 Schadensfeststellungsklage . . . . . . . . 5093 Steckengebliebene Stufenklage . . . . . . 5055 Steuerstrafrechtliche Folgen der Auskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5105 Streitwertangabe des Klägers . . . . . . . 5084 Stufenstreitwerte . . . . . . . . . . . . . . . . 5064 Stufenwiderklage . . . . . . . . . . . . . . . . 5096 Teilklage, bezifferte . . . . . . . . . . . . . . 5044 Teilurteil – über den Auskunftsanspruch . . . . . 5100 – über Versicherungsanspruch . . . . . . 5108 Unterhaltsstufenklage . . . . . . . . . . . . 5063 Vergleich – allein über Auskunft bzw. Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . 5120 – über den erhobenen Leistungsanspruch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5119 Versicherungsanspruch . . . . . . . 5048, 5067 Wertaddition . . . . . . . . . . 5036, 5048, 5095 Wertänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5089 Wertvorstellungen der Parteien – des Klägers zu Beginn der Instanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5041, 5080 – übersetzte . . . . . . . . . . . . . . . . 5042, 5084 Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . . 5095, 5096 Zeitpunkt der Wertberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5041, 5072 Zwischenfeststellungsklage . . . . . . . . 5062a
A. Einleitung Die Stufenklage ist eine aus prozessökonomischen Gründen geschaffene Verbindung mehrerer Klageansprüche in einem Rechtsstreit. Ihr Zweck ist es, demjenigen, der eine Leistung begehrt, die er noch nicht genügend konkretisieren kann, das dazu erforderliche Wissen zu verschaffen, indem durch entsprechende vorbereitende Anträge ein Auskunfts- und Offenbarungszwang auf den Beklagten ausgeübt wird.
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5029
Stufenklage Die Zulässigkeit dieser Verbindung folgt aus § 254 ZPO, wonach mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden werden kann, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, dessen bestimmte Angabe vorbehalten werden darf, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.
5031
Hierbei ist trotz der tatbestandlichen Bezugnahme auf Leistungsanträge eine Verbindung von Auskunfts- und Offenbarungsanträgen mit einem Feststellungs- oder Gestaltungsantrag als Hauptantrag nicht ausgeschlossen.1 Die Stufenklage ist jedoch nur zulässig, wenn die begehrte Auskunft der Bestimmung des (zugleich) erhobenen Leistungsanspruchs dient, anderenfalls ist von einer Auskunftsklage in Verbindung mit einer mangels Bestimmtheit des Klageantrages unzulässigen Leistungsklage auszugehen.2
5032
Da es sich bei den stufenweise erhobenen Ansprüchen um prozessual selbständige Streitgegenstände eines einheitlichen Verfahrens handelt,3 stellt die Stufenklage einen Fall der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) dar. Die Besonderheit liegt darin, dass die Klagebegehren stufenweise entschieden werden. So wird auf der ersten Stufe über den Antrag des Klägers auf Auskunft bzw. Rechnungslegung verhandelt und durch Teilurteil entschieden, soweit die Klage mangels denkbarem (Haupt)Leistungsanspruch nicht vollständig abgewiesen wird. Hat der Beklagte die Auskunft erteilt und erachtet der Kläger diese für unvollständig oder unzutreffend, ist sodann (auf der zweiten Stufe) über den Antrag auf eidesstattliche Versicherung zu verhandeln und durch weiteres Teilurteil zu entscheiden. Auf der dritten Stufe konkretisiert der Kläger sein Leistungsbegehren, über das verhandelt und durch Schlussurteil befunden wird.
5033
Dabei bleibt – auch für die Streitwertbemessung – zu beachten, dass bereits mit der Erhebung der Stufenklage neben dem Auskunftsanspruch auch die Klageansprüche auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Leistung rechtshängig werden.4
5034
Die Vorschrift des § 254 ZPO ist weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden, wenn nur auf Rechnungslegung und Bucheinsicht geklagt, nicht aber ein unbezifferter Leistungsanspruch erhoben worden ist.5 Anders liegt es demgegenüber, wenn der Kläger zunächst nur Auskunft verlangt und nach deren Erteilung zum Leistungsanspruch übergeht.6
ZPO
5030
B. Zuständigkeitsstreitwert I. Allgemeines 5035
Als Sonderfall der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) bestimmt sich der Zuständigkeitsstreitwert nach § 5 Hs. 1 ZPO. Danach sind die Werte prozessualer
1 BGH, Urt. v. 26.9.1984 – IVb ZR 30/83, MDR 1985, 304 – Abänderungsstufenklage; OLG Frankfurt, Urt. v. 3.11.1986 – 3 UF 104/86, FamRZ 1987, 175 – negative Feststellungsklage. 2 Zöller/Greger, § 254 ZPO Rn. 2 m.w.N. 3 BGH, Urt. v. 5.5.1994 – III ZR 98/93, MDR 1994, 717. 4 BGH, Beschl. v. 18.1.1995 – XII ARZ 36/94, NJW-RR 1995, 513. 5 OLG Schleswig, Beschl. v. 15.2.2012 – 3 W 10/12; OLG Frankfurt, KostRsp. GKG a.F. § 15 Nr. 4. 6 OLG Frankfurt, EzFamR aktuell 2003, 91 – Ls.
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Stufenklage Einzelansprüche zusammenzurechnen, wenn kein Fall der wirtschaftlichen Identität gegeben ist.1 Nach einer Ansicht in Rechtsprechung und Lehre ist auch bei der Stufenklage eine Addition der einzelnen Stufenwerte geboten.2
5036
Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen, vielmehr scheidet bei der Stufenklage eine Zusammenrechnung der Einzelwerte nach § 5 Hs. 1 ZPO aus. Wertbestimmend ist allein der höchste Einzelwert,3 mithin grundsätzlich der (unbezifferte) Leistungsanspruch.
5037
Wie in § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG ist für die Frage der Wertaddition nach § 5 ZPO maßgeblich darauf abzustellen, ob das den verschiedenen prozessualen Ansprüchen zugrunde liegende klägerische Interesse sich – wirtschaftlich betrachtet – auf denselben Gegenstand richtet und damit als wirtschaftliche Einheit darstellt.4
5038
Mit der Aufnahme von § 39 GKG ist die Mehrheit von Ansprüchen nunmehr im Gebührenrecht eigenständig geregelt. Damit begründet auch das Fehlen einer eigenständigen Regelung der Stufenklage in den §§ 3 ff. ZPO keine Abstandnahme (mehr) von der – zumindest ansonsten unstreitig gebotenen – teleologischen Reduktion von § 5 Hs. 1 ZPO. Auch das „gesteigerte Prozessvolumen“ rechtfertigt keine Wertaddition,5 da Überlegungen zum Arbeitsaufwand den §§ 3 ff. ZPO nicht zugrunde liegen,6 was bei § 5 ZPO schon der Umstand erhellt, dass die Werte von Klage und Widerlage nicht zusammengerechnet werden.
5039
Werden daher neben dem Leistungsanspruch vorbereitende, sichernde oder nachbereitende Zusatzanträge gestellt, ist zu prüfen, ob diesen ein vom Leistungsanspruch abweichendes wirtschaftliches Interesse zugrunde liegt. Das ist bei der Stufenklage zu verneinen, da Auskunft und Offenbarung allein der Durchsetzung des Leistungsbegehrens dienen (s. auch unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“). Damit kann ihr Einzelwert bei Einleitung des Verfahrens auch niemals den Wert des Hauptanspruchs überschreiten, so dass der Zuständigkeitswert immer dem Wert des Leistungsanspruchs entspricht. Folgerichtig bemisst der BGH auch die Beschwer des Klägers im Falle einer Abweisung der Stufenklage bereits auf den Auskunftsantrag nur nach dem vollen Wert des Leistungsanspruchs und erhöht diese nicht etwa um den Wert des Auskunftsverlangens.7
5040
II. Leistungsanspruch 1. Einfache Stufenklage Für die Wertbestimmung des Leistungsbegehrens ist gem. § 3 ZPO das klägerische Interesse entscheidend, soweit nicht besondere Wertvorschriften (z.B. § 9 ZPO) Anwendung finden. Die Bewertung folgt daher nach den allgemeinen Regeln un1 Vgl. nur Zöller/Herget, § 5 ZPO Rn. 8 m.w.N. 2 OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.11.2001 – 1 AR 44/01, MDR 2002, 536; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.7.1992 – 7 W 49/92, OLGR 1992, 294; KG, JW 1934, 2633; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Stufenklage“ Rn. 2. 3 Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 20; MünchKomm.ZPO/Wöstmann, § 5 ZPO Rn. 20; Lappe, NJW 1988, 3130 (3131); Musielak/Voit/Heinrich, § 3 ZPO Rn. 34 Stichwort „Stufenklage“ sowie Musielak/Voit/Heinrich, § 5 ZPO Rn. 9. 4 So zu § 45 GKG: OLG Hamburg, MDR 1965, 394; OLG Oldenburg, Beschl. v. 8.12.1996 – 3 W 139-140/86, JurBüro 1987, 596; OLG Zweibrücken, NJW 1982, 2800; Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986, § 12. 5 So aber OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.11.2001 – 1 AR 44/01, MDR 2002, 536. 6 Vgl. auch OLG Köln, Beschl. v. 11.10.2004 – 8 W 24/04, OLGR 2005, 79. 7 BGH, Beschl. v. 1.10.2001 – II ZR 217/01, MDR 2002, 107; Beschl. v. 12.3.1992 – I ZR 296/91, MDR 1992, 1091.
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5041
Stufenklage
ZPO
ter Berücksichtigung des Umstandes, dass zu dem für die Wertbestimmung maßgebenden Zeitpunkt der Einreichung der Klage (§ 4 Abs. 1 ZPO), Unklarheit über den Umfang des Leistungsbegehrens besteht. Erforderlich ist daher in jedem Fall eine Schätzung des Leistungsanspruchs. Grundlage für die Schätzung sind die Erwartungen des Klägers bei Einleitung des Verfahrens. Hierüber besteht für den Zuständigkeitsstreitwert kein Streit.1 5042
Hingegen bleiben übersetzte, nicht nachvollziehbare Vorstellungen des Klägers bei der Wertbestimmung außer Ansatz.2 Unberücksichtigt bleibt auch eine übersetzte Berechnung des auskunftspflichtigen Beklagten mit dem mittelbaren Ziel, den Zuständigkeitswert über den Gebührenwertansatz zu präjudizieren.3
5043
Maßgeblich ist vielmehr, welche Leistungen der Kläger aufgrund der Sach- und Rechtslage objektiv zu erwarten hatte.4 Dies ist auf Grundlage seines Tatsachenvortrages zu ermitteln.5 Fehlt es an einem solchen, kann hilfsweise auf die vom Kläger gem. § 61 GKG geschuldeten Angaben zum Streitwert abgestellt werden.6 2. Teilbezifferung
5044
Hat der Kläger mit dem verfolgten Leistungsanspruch einen Teilbetrag sogleich geltend gemacht und Auskunftserteilung nur wegen weiter gehender Beträge verlangt, dann liegt nur hinsichtlich des unbezifferten Restanspruches eine Stufenklage vor; die Werte der bezifferten Teilklage und der Stufenklage sind gem. § 5 ZPO zu addieren.7
5045
Anders liegt es, wenn der Kläger seinen Leistungsantrag nur vorläufig oder im Sinne eines Mindestbetrags beziffert, aber von vorneherein nur eine stufenweise Erledigung seines Klagebegehrens anstrebt.8 Hier wird der Streitwert allein durch den Leistungsantrag der Stufenklage bestimmt. 3. Rückstände
5046
Hat der Leistungsanspruch der Stufenklage eine wiederkehrende Leistung zum Gegenstand, bemisst sich der Streitwert gem. § 9 ZPO nach dem Wert des 3 1/2-fachen Werts des einjährigen Bezugs. Bis zur Klageeinreichung aufgelaufene Rückstände sind – wie bei der Bestimmung des Gebührenstreitwerts (§ 42 Abs. 5 GKG) – hinzuzurechnen.9
5047
Ebenso ist zu entscheiden, wenn die Rückstände zwar gesondert eingeklagt, aber das Leistungsbegehren erst später beziffert wird, weil die Rechtshängigkeit des unbezifferten Leistungsantrages bereits mit Klageerhebung eintritt.10 1 OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.11.2001 – 1 AR 44/01, MDR 2002, 536; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.7.1992 – 7 W 49/92, OLGR 1992, 294; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Stufenklage“ Rn. 3; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Stufenklage“. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.7.1986 – 4 WF 105/86, JurBüro 1986, 1685. 3 OLG Köln, JurBüro 72, 244. 4 OLG Köln, Beschl. v. 3.11.2004 – 19 W 54/04, AGS 2005, 451. 5 BGH, Urt. v. 8.1.1997 – XII ZR 307/95, MDR 1997, 504; OLG Celle, Beschl. v. 13.5.2003 – 12 WF 141/03, OLGR 2005, 9. 6 OLG Bremen, Beschl. v. 13.3.1998 – 2 W 13/98, OLGR 1998, 192. 7 KG, JurBüro 1973, 754; Rpfleger 1962, 120. 8 BGH, WM 1972, 1121; Zöller/Greger, § 254 ZPO Rn. 3, 7 m.w.N. 9 KG, AnwBl. 1984, 612; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.1.1984 – 5 WF 299/83, JurBüro 1984, 1864. 10 OLG Bamberg, Beschl. v. 10.10.1990 – 2 WF 138/90, JurBüro 1991, 108; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.1.1984 – 5 WF 299/83, JurBüro 1984, 1864; Beschl. v. 14.12.1982 – 6 WF 121/82, JurBüro 1983, 408; OLG Hamburg, Beschl. v. 9.7.1990 – 2 WF 46/90, JurBüro 1990, 1336; Beschl. v. 23.6.1983 – 15 WF 70/83, MDR 1983, 1032.
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Stufenklage
III. Auskunft und Versicherung an Eides statt Soweit mit der Gegenansicht der Zuständigkeitsstreitwert unter Addition der Einzelwerte ermittelt wird, entspricht die Bewertung der Einzelansprüche derjenigen bei der Ermittlung des Gebührenstreitwertes. Insoweit kann auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen werden.
5048
C. Gebührenstreitwert I. Allgemeines 1. Anwendbare Vorschriften Für die Gebührenberechnung bei der Stufenklage enthält § 44 GKG eine Sondervorschrift, die den §§ 3 ff. ZPO vorgeht und nach § 23 Abs. 1 RVG auch für einen Teil der anwaltlichen Gebühren gilt (s. hierzu nachfolgend unter „Stufenstreitwerte“). Danach ist für die Wertberechnung der Stufenklage nur einer der verbundenen Ansprüche maßgebend, und zwar der höhere. § 36 GKG ist nicht einschlägig, da für die Stufenanträge nicht jeweils gesonderte Verfahrensgebühren, sondern aus dem nach § 44 GKG zu ermittelnden (Gesamt)Streitwert einheitlich erhoben werden.1
5049
Da die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Leistung der Offenbarungsversicherung nur der Vorbereitung des Zahlungsanspruchs dienen, ist ihr Wert niedriger als der des Zahlungsanspruchs, so dass für den Streitwert der Stufenklage regelmäßig der Zahlungsanspruch als der höhere maßgebend ist, und zwar ist der Leistungsanspruch – von der angekündigten Teil-Leistungsklage abgesehen2 – immer der höherwertige Anspruch.3
5050
Der erwartete Leistungsanspruch bildet also stets die obere Grenze für die Bewertung der anderen Ansprüche. Dies unabhängig davon, ob über den Leistungsanspruch verhandelt worden ist.4
5051
Die für die Wertbestimmung der Stufenklage entwickelten Grundsätze gelten sinngemäß für Stufenanträge auf der Grundlage des Landwirtschaftsverfahrensgesetzes.5
5052
2. Sonderfälle a) „Nachträgliche Stufenklage“ Diese Bewertung gilt auch für sog. nachträgliche Stufenklagen, d.h., in Fällen, in denen die Verbindung zwischen Auskunft, Versicherung und Leistung nicht von Verfahrensbeginn an besteht. Daher ist nach § 44 GKG auch dann zu bewerten, wenn der Kläger zunächst nur Auskunft verlangt hat und nach deren (außerge1 Zutr. OLG Jena, Beschl. v. 7.3.2014 – 1 W 83/14. 2 OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.12.2012 – 5 W 54/12, MDR 2013, 242. 3 KG, Beschl. v. 27.6.2006 – 1 W 89/06, JurBüro 2006, 594; OLG Bamberg, JurBüro 1986, 1062; JurBüro 1985, 576; OLG Celle, AnwBl. 1987, 286; OLG Düsseldorf, JurBüro 1984, 87 mit zust. Anm. Mümmler; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 9.9.2009 – 9 WF 89/99; OLG Zweibrücken, JurBüro 1987, 563; JurBüro 1987, 255. 4 OLG Celle, Beschl. v. 9.2.1987 – 21 WF 31/87, AnwBl. 1987, 286; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 25.9.1986 – 2 WF 182/86, JurBüro 1987, 255; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 23.3.1989 – 7 Ta 101/89, JurBüro 1990, 41; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Stufenklage“ Rn. 4. 5 OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.4.1997 – 5 W 90/96, OLGR 1997, 184; OLG Jena, Beschl. v. 17.4.2003 – 2 Ww 39/01, AUR 2004, 99.
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Stufenklage richtlicher) Erteilung im Wege der Klageänderung zum Leistungsanspruch übergeht.1 5054
Beschränkt der Kläger seine Rechtsverfolgung dagegen auf die Erhebung einer Auskunftsklage nebst Antrag auf eidesstattliche Versicherung, gelangt § 44 GKG nicht zur Anwendung. Mangels Verbindung mit dem Hauptanspruch gilt in diesem Fall zwar grundsätzlich § 39 GKG. Der danach vorgesehenen Zusammenrechnung der Einzelwerte steht jedoch entgegen, dass der Kläger mit dem Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung – wirtschaftlich betrachtet – dasselbe Ziel verfolgt, die Klärung eines etwaigen Leistungsanspruchs. Der Antrag bleibt daher gegenüber dem höherwertigeren Auskunftsantrag wertmäßig unberücksichtigt2 (s. hier auch unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“). b) „Steckengebliebene Stufenklage“
5055
Der höhere Wert des Leistungsanspruchs ist für die Gerichtsgebühren (und die anwaltliche Verfahrensgebühr) – nach ganz überwiegender Ansicht – auch dann maßgebend, wenn der Kläger die Stufenklage nach Erledigung des Auskunftsanspruchs zurücknimmt3 oder die Leistungsklage nach Auskunftserteilung nicht weiter betrieben wird, etwa weil der Rechtsstreit zum Ruhen kommt,4 das Verfahren nach der Aktenordnung weggelegt wird,5 die Parteien sich nach Auskunftserteilung vergleichen6 oder den Rechtsstreit in der Hauptsache aufgrund einer Zahlung des Beklagten übereinstimmend für erledigt erklären.7
5056
Insbesondere ist es nicht gerechtfertigt, bei diesen sog. steckengebliebenen Stufenklagen in Abweichung von § 44 GKG mangels Bezifferung des Leistungsantrags auf den Wert des Auskunftsverlagen abzustellen. Wertbestimmend bleibt auch hier der Leistungsanspruch als der in der Regel höchste Einzelanspruch.8 Soweit diese Problematik – in unzutreffender Weise – mit der Fragestellung ver1 OLG Hamm, KostRsp. GKG § 18 Nr. 24 mit zust. Anm. E. Schneider; OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.11.2002 – 2 WF 315/01, EzFamR aktuell 2003, 91 (Ls.); OLG München, Urt. v. 20.10.1994 – 16 UF 797/94, FamRZ 1995, 678: Rückkehr zur Stufenklage; OLG Stuttgart, Urt. v. 1.6.1999 – 12 U 239/98, OLGR 1999, 293. 2 Im Ergebnis ebenso: OLG München, Beschl. v. 3.4.2006 – 17 W 1187/06, MDR 2006, 1134; a.A. OLG Bamberg, Beschl. v. 11.5.1995 – 7 WF 47/95, FamRZ 1997, 40. 3 KG, Beschl. v. 28.2.2000 – 16 WF 1335/00, KGR 2000, 252. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.6.1983 – 6 WF 100/83, JurBüro 1983, 1876; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.3.1989 – 2 WF 24/89, JurBüro 1989, 1455. 5 OLG Schleswig, Beschl. v. 26.8.2014 – 3 W 72/14. 6 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.4.2012 – 5 W 52/12, FamRZ 2013, 320; OLG Jena, Beschl. v. 7.3.2014 – 1 W 83/14; OLG Köln, Beschl. v. 25.1.2013 – 4 WF 151/12, AGS 2013, 239; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.4.1995 – 3 WF 46/95, JurBüro 1995, 484; Beschl. v. 5.9.1983 – 5 WF 185/83, JurBüro 1984, 87; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.1.1984 – 6 WF 12/84, JurBüro 1984, 736. 7 OLG Köln, Beschl. v. 17.2.2014 – 19 W 43/13; Beschl. v. 2.7.2012 – 2 U 55/12; KG, Beschl. v. 26.4.2007 – 12 W 34/07, MDR 2008, 45; Beschl. v. 27.6.2006 – 1 W 89/06, JurBüro 2006, 594. 8 KG, Beschl. v. 27.6.2006 – 1 W 89/06, JurBüro 2006, 594; Beschl. v. 28.2.2000 – 16 WF 1335/00, KGR 2000, 252; OLG Bamberg, Beschl. v. 12.12.1996 – 7 WF 173/96, FamRZ 1998, 312; OLG Bremen, Beschl. v. 13.3.1998 – 2 W 13/98, OLGR 1998, 192; OLG Celle, Beschl. v. 22.2.1996 – 18 WF 15/96, FamRZ 1997, 99; OLG Dresden, Beschl. v. 15.7.1997 – 10 WF 198/97, MDR 1998, 64; OLG Köln, Beschl. v. 17.2.2014 – 19 W 43/13; Beschl. v. 13.7.2009 – 19 W 17/09; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.4.2012 – 5 W 52/12, FamRZ 2013, 320; OLG Schleswig, Beschl. v. 27.11.2013 – 5 U 22/13; Beschl. v. 6.1.2000 – 13 WF 142/99, AGS 2000, 93; OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.12.2012 – 5 W 54/12, MDR 2013, 242, mit Sonderfall des wertmäßig unter dem Auskunftsantrag liegenden Teilleistungsantrages; Beschl. v. 9.8.2007 – 11 WF 134/07, AGS 2007, 632; OLG Jena, Beschl. v. 7.3.2014 – 1 W 83/14.
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Stufenklage mischt wird, ob sich der Wert des Leistungsanspruch nach den Erwartungen des Klägers bei Verfahrenseinleitung oder nach den Erkenntnisses zum Ende der Instanz bestimmt, wird diesbezüglich auf die Ausführungen unten Rn. 5080 verwiesen. Die demgegenüber auf den Wert des Auskunftsbegehrens abstellende Auffassung1 übersieht, dass der Leistungsantrag mit der Klageerhebung bereits rechtshängig geworden ist und damit – unabhängig von seiner Bezifferung – wegen des nur vorbereitenden Charakters des Auskunfts- und Versicherungsverlangens immer den höchsten Einzelwert darstellt.
5057
Prozessual gleicht die Situation derjenigen, in der auf Feststellung einer ziffernmäßig noch unbestimmten Leistungsverpflichtung, beispielsweise auf im Umfang noch unbekannten Schadensersatzes, geklagt wird. Denn dass der Kläger von einer Leistungsverpflichtung ausgeht, folgt aus der Erhebung der Stufenklage selbst, die gerade über eine allein auf Auskunft gerichtete Klage hinausgeht. Das auf Feststellung gerichtete Klagebegehren ist als Minus in jedem Leistungsantrag enthalten2 und sein Streitwert bemisst sich nach den objektivierten Erwartungen des Klägers über den Umfang der Leistungspflicht,3 gem. § 40 GKG ebenfalls zum Zeitpunkt der verfahrenseinleitenden Antragstellung. Daher bleibt die Wertbemessung (für bereits entstandene Gebühren) unbeeinflusst, wenn der Kläger im Laufe des Verfahrens zur Leistungsklage übergeht, die betragsmäßig unter seinen anfänglichen Vorstellung liegt. Für den ansonsten gebotenen prozentualen Abschlag besteht bei der Stufenklage kein Anlass, da die Klage in der 3. Stufe auf die Schaffung eines vollstreckungsfähigen Titels gerichtet ist.
5058
Eine abweichende Bewertung rechtfertigt sich auch nicht aus kostenrechtlichen Billigkeitserwägungen im Hinblick auf eine negative, aber vom Schuldner pflichtwidrig verspätet erteilte Auskunft. Insoweit kann dahinstehen, ob und in welcher Form der insoweit „unterliegende“ Kläger eine für ihn nachteilige Kostengrundentscheidung abwenden kann, wenn auch die vom BGH4 erwogene Änderung der Klage auf Feststellung der Kostentragungspflicht nahe liegt.5 Denn es ist nicht ersichtlich, warum diese kostenrechtlichen Fragestellungen (bei gleich bleibendem Streitgegenstand) streitwertrechtliche Auswirkungen haben sollen. Anderenfalls liefe dies – bis zu einer Klageänderung – auf eine streitwertrechtlich unzulässige Gleichsetzung des klägerischen Leistungsinteresses mit seinem Kosteninteresse hinaus.6
5059
Die Gegenansicht verkennt zudem, dass § 44 GKG auch seinem Wortlaut nach die streitwertrechtliche Relevanz des Leistungsanspruchs nicht vom Ergebnis der Auskunft abhängig macht. Denn dort wird nicht der Anspruch auf Herausgabe des nach der Auskunft Geschuldeten bewertet, sondern der Anspruch auf Heraus-
5060
1 OLG Bamberg, Beschl. v. 14.10.1988 – 5 W 76/88, JurBüro 1989, 685 mit abl. Anm. Mümmler; OLG Dresden, Beschl. v. 21.2.1997 – 7 W 107/97, MDR 1997, 691; OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.1.1987 – 4 WF 152/86, MDR 1987, 508; KG, Beschl. v. 13.3.1997 – 16 U 8282/96, MDR 1997, 598; OLG Schleswig, Beschl. v. 28.3.1995 – 13 WF 164/94, MDR 1995, 642; OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.7.2008 – 16 WF 173/08; Beschl. v. 29.3.2005 – 16 WF 3/05, FamRZ 2005, 1765; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 4.1.2000 – 5 WF 93/99, JurBüro 2000, 251: Wert der Auskunftsstufe maßgeblich, wenn die Stufenklage nicht nur stecken geblieben, sondern gar nicht in Gang gekommen ist. 2 BGH, Urt. v. 24.10.1994 – II ZR 231/93, MDR 1995, 53: gesellschaftsrechtliche Stufenklage; Zöller/Greger, § 256 Rn. 15c). 3 Baumbach/Hartmann, Anh. § 3 Rn. 53 „Feststellungsklage“. 4 BGH, Urt. v. 5.5.1994 – III ZR 98/93, MDR 1994, 717; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.1.2000 – 7 U 90/99, OLGR 2000, 189. 5 Diese erwägt auch das KG, Beschl. v. 27.6.2006 – 1 W 89/06, FamRZ 2007, 69. 6 Siehe auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.10.1998 – 1 W 41/98, OLGR 1999, 59.
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gabe desjenigen, das der Beklagte (nach Ansicht des Klägers) „aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis“ schuldet. Dies stimmt nicht notwendigerweise mit dem Inhalt der Auskunft des Beklagten überein. Zudem bleibt es dem Kläger unbenommen, abweichend von der Auskunft einen höheren Betrag zu verlangen und die Voraussetzungen hierfür in der Beweisaufnahme nachzuweisen. c) Zusammentreffen von Leistungs- und Stufenklage 5061
Macht der Kläger neben der Stufenklage einen weiteren Leistungsanspruch geltend, gelten die allgemeinen Regeln. Gemäß § 39 GKG sind die Werte der jeweiligen Leistungsansprüche zu addieren.1
5062
Gleiches gilt daher, wenn der Kläger mit dem verfolgten Leistungsanspruch einen Teilbetrag sogleich geltend gemacht hat und Auskunftserteilung nur wegen weiter gehender Beträge verlangt. Hier liegt nur hinsichtlich des unbezifferten Restanspruches eine Stufenklage vor und die Werte der bezifferten Teilklage und der Stufenklage sind zu addieren.2 d) Zusammentreffen von Feststellungs- und Stufenklage
5062a
Wird neben einer Stufenklage zugleich eine Zwischenfeststellungsklage über ein für die Leistungsstufe präjudizielles Rechtsverhältnis erhoben (§ 256 Abs. 2 ZPO), scheidet eine Zusammenrechnung aus. Der Kläger verfolgt mit den Klageanträgen – wirtschaftlich betrachtet – dasselbe Interesse.3 e) Rückstände
5063
Bei der Unterhaltsstufenklage erhöhen die bezifferten Rückstände nach § 47 Abs. 5 GKG den Streitwert einer jeden Stufe. Ebenso ist zu entscheiden, wenn die Rückstände zwar eingeklagt, aber das Leistungsbegehren erst später beziffert wird, weil die Rechtshängigkeit des unbezifferten Leistungsantrages bereits mit Klageerhebung eintritt.4 3. Notwendigkeit von Stufenstreitwerten
5064
Da mit § 44 GKG unmittelbar nur der Streitwert für die Gerichtskosten bestimmt wird und anwaltliche Gebühren je nach Mandatierung oder gesetzlicher Regelung (RVG) in unterschiedlichen Verfahrensstadien anfallen, ist – für eine zutreffende Kostenentscheidung5 – die Festsetzung von Stufenstreitwerten geboten. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der während des Prozesses und abhängig vom konkreten Verfahrensablauf entstehenden anwaltlichen Termins- und Einigungsgebühr.6
1 BGH, Urt. v. 25.9.2002 – XII ZR 55/00, NJW-RR 2003, 68; OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.11.1994 – 22 W 41/94, MDR 1995, 207; OLG München, Beschl. v. 13.3.1989 – 27 W 53/89, MDR 1989, 646. 2 KG, JurBüro 1973, 754; Rpfleger 1962, 120. 3 LG Düsseldorf, Beschl. v. 21.3.2014 – 7 O 132/13, ZErb 2014, 199 – Pflichtteilsstufenklage. 4 OLG Bamberg, Beschl. v. 10.10.1990 – 2 WF 138/90, JurBüro 1991, 108; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.11.1983 – 8 U 5240/82, JurBüro 1984, 1864; OLG Hamburg, Beschl. v. 9.7.1990 – 2 WF 46/90, JurBüro 1990, 1336; MDR 1983, 1032. 5 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.4.2012 – 5 W 52/12, FamRZ 2013, 320. 6 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.4.2012 – 5 W 52/12, FamRZ 2013, 320; OLG München, Beschl. v. 30.3.1984 – 25 W 1148/84, JurBüro 1984, 1376; OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.8.2007 – 11 WF 134/07, AGS 2007, 632.
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Stufenklage a) Gerichts- und Verfahrensgebühr Hier besteht Einigkeit, dass sich die anwaltliche Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 5065 VV RVG gem. § 23 Abs. 1 RVG nach dem Streitwert für die Gerichtsgebühren (Nr. 1210 KV GKG) und damit nach dem Wert des unbezifferten Leistungsanspruchs richtet, da dieser bereits mit der Erhebung der Stufenklage rechtshängig wird.1 b) Terminsgebühr Demgegenüber bestimmt sich der Gegenstandswert der Terminsgebühr gem. Nrn. 3104 bis 3106 VV RVG nach dem Wert derjenigen Verfahrensstufe, in der diese Gebühren anfallen.2
5066
Hieran hat sich durch die von einer Antragstellung unabhängige, mit dem Erlass des RVG eingeführte Terminsgebühr (Nrn. 3104 bis 3106 VV RVG) nichts geändert. Sie tritt an die Stelle der früheren Verhandlungs-, Erörterungs- und Beweisgebühren und bezweckt eine Vereinfachung der anwaltlichen Gebührenabrechnung ohne Verdiensteinbuße.3 Erforderlich ist (nur noch) die aktive Anwesenheit an einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin.4 Der Gegenstandswert für die Tätigkeit bemisst sich jedoch weiterhin nach den in der Verhandlung gestellten Anträgen bzw. dem Gegenstand der Erörterung oder Beweisaufnahme, § 2 Abs. 1 RVG.
5067
Dies gilt auch für die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen einer Stufenklage. Maßgebend bleibt daher der Wert des auf der jeweiligen Stufe gestellten Antrages, der in der mündlichen Verhandlung gestellt wird, bzw. des Gegenstandes der auf der jeweiligen Stufe geführten Erörterung.5 Damit bleibt streitwertrechtlich weiterhin eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Stufen der Stufenklage sowie eine Festsetzung der damit verbundenen Einzelstreitwerte erforderlich. Hierzu besteht Anlass, wenn die Stufenklage bereits nach Verhandlung über den Auskunftsantrag (1. Stufe) abgewiesen wird. Hier ist die Verfahrensgebühr nach dem Wert des unbezifferten Leistungsantrages und die Terminsgebühr nach dem Wert des Auskunftsanspruchs entstanden.6
5068
Problematisch sind die Fälle, in denen der auf Auskunft (1. Stufe) oder Versicherung (2. Stufe) gerichteten Antragstellung in der mündlichen Verhandlung eine Erörterung auch des Leistungsbegehrens vorausgegangen ist. Oder wenn in der nach § 278 Abs. 2 ZPO vorgesehenen Güteverhandlung das gesamte Klagebegeh-
5069
1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.10.2012 – 19 W 58/12, AGS 2013, 137; OLG Bamberg, Beschl. v. 10.4.1986 – 5 W 5/86, JurBüro 1986, 1062; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.9.1997 – 7 W 69/97, OLGR 1998, 23; OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.7.1993 – 18 W 167/93, OLGR 1994, 36; OLG Hamm, JurBüro 1989, 1004; OLG Köln, Beschl. v. 24.2.2003 – 19 W 5/03, OLGR 2003, 207; Beschl. v. 14.2.2003 – 2 W 6/03, JMBl.NW 2003, 95. 2 Zum alten Recht: OLG Bamberg, Beschl. v. 5.4.1984 – 7 WF 7/84, JurBüro 1984, 1375; KG, Beschl. v. 20.11.2003 – 1 W 437/03, KGR 2004, 393; Beschl. v. 31.10.2003 – 19 WF 115/03, KGR 2004, 375; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.9.1997 – 7 W 69/97, OLGR 1998, 23; OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.7.1993 – 18 W 167/93, OLGR 1994, 36; OLG Köln, Beschl. v. 21.1.2004 – 2 W 7/04, JMBl NW 2004, 82; Beschl. v. 24.2.2004 – 19 W 5/03, OLGR 2003, 207; OLG München, Beschl. v. 30.3.1984 – 25 W 1148/84, JurBüro 1984, 1376; OLG Schleswig, Beschl. v. 31.7.2001 – 3 W 46/01, JurBüro 2002, 80. 3 Hartmann, KostG, VV 3104 RVG Rn. 2. 4 AnwK-RVG/N. Schneider, VV Vorb. 3 RVG Rn. 98, 99; Hartmann, KostG, VV 3104 Rn. 4. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.10.2012 – 19 W 58/12, AGS 2013, 137; AnwK-RVG/N. Schneider, VV Vorb. 3 Rn. 179. 6 OLG Koblenz, Beschl. v. 2.9.2013 – 2 W 366/13, MDR 2014, 243; zum alten Recht: OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.7.1993 – 18 W 167/93, OLGR 1994, 36; KG, Beschl. v. 25.2.2002 – 18 WF 23/02, AGS 2002, 147; OLG Köln, Beschl. v. 21.1.2004 – 2 W 7/04, OLGR 2004, 181; Beschl. v. 24.2.2003 – 19 W 5/03, OLGR 2003, 207.
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Stufenklage ren umfänglich besprochen wird. Hier soll nach dem OLG Hamburg1 der Gegenstandswert des Leistungsanspruchs für die Terminsgebühr (seinerzeit noch Erörterungsgebühr) maßgebend sein. 5070
Die durch eine seitens des Anwalts oder des Gerichts prozessual fehlerhafte Behandlung der Stufenklage entstehenden Probleme werden nachfolgend unter Rn. 5086 erörtert.
II. Auskunft 5071
Das Auskunftsbegehren ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG nach dem klägerischen Interesse zu bewerten. Da dieses allein auf die Vorbereitung des Hauptanspruchs, konkret dessen Bezifferung gerichtet ist, entspricht der Wert des Auskunftsbegehrens einem Bruchteil des Leistungsanspruchs und bestimmt sich danach, in welchem Umfang dessen Durchsetzbarkeit von der Auskunft abhängt.2
5072
Dies gilt auch dann, wenn der Hauptanspruch im Rechtsstreit noch nicht beziffert und deshalb nach § 3 ZPO geschätzt worden ist. Ohne eine Bewertung des Hauptanspruchs ist der Streitwert des Auskunftsbegehrens folglich nicht zutreffend zu bestimmen. Dabei ist der für die Bewertung maßgebende Zeitpunkt gem. § 40 GKG die verfahrenseinleitende (Klage-)Antragstellung.3 Entscheidend sind – auch für eine isolierte Bewertung des Auskunftsanspruchs – die Erwartungen des Klägers bei Klageeinreichung. Jede abweichende Betrachtung führt auch zu inakzeptablen Ergebnissen, wenn nach Auskunftserteilung feststeht, dass ein Hauptsacheanspruch nicht besteht und damit jede am tatsächlichen Forderungsbestand orientierte Bruchteilsbewertung ausscheidet.
5073
Dementsprechend ist es wertmäßig auch bedeutungslos, wenn der Beklagten im Laufe des Verfahrens, beispielsweise nach Verurteilung zur Auskunft, den Leistungsanspruch freiwillig ganz oder teilweise erfüllt.4
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Klagt der Kläger einen bezifferten Teilunterhalt ein und geht er wegen weiter gehender Ansprüche im Wege der Stufenklage vor, dann ist der Streitwert des Auskunftsanspruchs nur nach dem noch unbezifferten Begehren zu bewerten, das aufgrund der Höhenvorstellung des Klägers zu schätzen und entsprechend dem Auskunftsbedürfnis geringer zu beziffern ist.5 Anders ist es jedoch, wenn die Auskunft oder die Rechnungslegung sich auch auf die Ermittlung des Teilbetrages, nicht nur des Mehrbetrages beziehen soll.6
5075
Rechtsprechung und Literatur zur Bewertung des Auskunftsverlangens sind uneinheitlich. Es überwiegt jedoch eine Bewertung zwischen 1/10 und 1/4, wobei die Bestimmung innerhalb dieses Rahmens von der Kenntnis des Klägers betreffend der zur Begründung des Leistungsanspruchs maßgeblichen Umstände abhängt.7 Kann der Kläger seinen Zahlungsanspruch ohne Abrechnung praktisch überhaupt nicht durchsetzen, ist das Auskunftsinteresse unter Umständen nicht erheblich 1 OLG Hamburg, Beschl. v. 14.10.2003 – 8 W 224/03, MDR 2004, 417. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.9.1997 – 7 W 69/97, OLGR 1998, 23. 3 Vgl. OLG Celle, JurBüro 1968, 734; OLG Köln, MDR 1969, 582; OLG Nürnberg, JurBüro 1974, 1439; OLG Bamberg, JurBüro 1979, 251; OLG München, Beschl. v. 8.10.2002 – 6 W 77/02, MDR 2006, 1134. 4 OLG Bamberg, JurBüro 1982, 1246; OLG Celle, JurBüro 1968, 734. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.2.1986 – 10 WF 14/86, JurBüro 1986, 585. 6 OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.12.2012 – 5 W 54/12, MDR 2013, 242; KG, JW 1927, 1388 Nr. 1. 7 BGH, Beschl. v. 20.3.2002 – IV ZR 3/01, BGHR 2002, 951; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.9.1997 – 7 W 69/97, OLGR 1998, 23; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Stufenklage“ Rn. 4.
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Stufenklage geringer als der Leistungsanspruch zu bewerten.1 Geht es um die Verurteilung zu fortlaufenden Leistungen, bleiben freiwillige Teil-Leistungen bei der Wertermittlung betreffend den Leistungsanspruch unberücksichtigt.2 Im Einzelnen finden sich folgende Bewertungen: – 1/10 bis 1/5 des Leistungsanspruchs,3 – 1/10 bis 2/5 des Leistungsanspruchs,4 – 1/10 bis 1/4 des Leistungsanspruchs,5 – 1/8 bis 1/4 des Leistungsanspruchs,6 – 1/5 bis 1/4 des Leistungsanspruchs,7 – 1/3 des Leistungsanspruchs,8 – 1/4 des Leistungsanspruchs,9 – 1/5 des Leistungsanspruchs.10
III. Abgabe der eidesstattlichen Versicherung Besteht die begründete Besorgnis, dass der Beklagte seiner Auskunftspflicht nicht mit der gebotenen Sorgfalt nachgekommen ist, kann der Kläger gem. §§ 259, 260 BGB verlangen, dass der Beklagte die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Rechnungslegung an Eides statt versichert. Der Wert des Auskunftsverlangens bestimmt sich gem. § 48 GKG, § 3 ZPO nach dem Interesse des Klägers an einer zutreffenden Auskunft.11
5076
Dessen Wert entspricht einem Bruchteil des Mehrbetrags, den sich der Kläger aus der eidesstattlichen Versicherung verspricht.12 Da der vom Beklagten in der Aus-
5077
1 BGH, Urt. v. 9.7.1964 – VII ZR 113/63, MDR 1964, 840. 2 Zutr. OLG Hamm, Beschl. v. 5.9.2006 – 1 WF 211/06, FamRZ 2007, 163. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.12.2011 – 19 W 73/11, NJW-RR 2012, 762; OLG Schleswig, Beschl. v. 31.7.2001 – 3 W 46/01, JurBüro 2002, 80. 4 OLG München, JurBüro 1984, 1376; OLG Düsseldorf, MDR 1963, 937; OLG Frankfurt, JurBüro 1973, 766; KG, Rpfleger 1962, 120; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 19.12.2001 – 7 Ta 425/01 – Bibliothek BAG. 5 BGH, Beschl. v. 12.10.2011 – XII ZB 127/11, NJW-RR 2012, 130; Beschl. v. 20.3.2002 – IV ZR 3/01, BGHR 2002, 951; Urt. v. 8.1.1997 – XII ZR 307/95, MDR 1997, 504; OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.10.2012 – 19 W 58/12, AGS 2013, 137; KG, Beschl. v. 27.6.2006 – 1 W 89/06, FamRZ 2007, 69; OLG Bamberg, Beschl. v. 11.5.1995 – 7 WF 47/95, FamRZ 1997, 40; OLG Köln, Urt. v. 29.6.1984 – 4 UF 33/84, FamRZ 1984, 1029; OLG München, Beschl. v. 8.10.2002 – 6 W 77/02, MDR 2006, 1134; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.4.2012 – 5 W 52/12, FamRZ 2013, 320; Beschl. v. 9.9.2009 – 9 WF 89/99. 6 OLG Koblenz, Beschl. v. 28.10.1996 – 5 W 659/96, AGS 1997, 132. 7 OLG Düsseldorf, FamRZ 1988, 1144; OLG Nürnberg, MDR 1960, 507. 8 OLG Rostock, Beschl. v. 31.1.2008 – 10 WF 22/08, JurBüro 2008, 265. 9 KG, KGR 1994, 251; OLG Bamberg, Beschl. v. 15.11.1984 – 7 WF 85/84, JurBüro 1985, 576; OLG Düsseldorf, JurBüro 1995, 484; OLG Köln, VersR 1976, 1154; OLG München, Beschl. v. 30.3.1984 – 25 W 1148/84, JurBüro 1984, 1376. 10 So noch BGH, Beschl. v. 10.3.1960 – VII ZR 246/59, BB 1960, 796; OLG Bamberg, Beschl. v. 14.10.1988 – 5 W 76/88, JurBüro 1989, 685 mit abl. Anm. Mümmler; OLG Hamm, Beschl. v. 5.9.2006 – 1 WF 211/06, FamRZ 2007, 163 – isolierte Unterhaltsauskunftsklage; OLG München, Beschl. v. 21.3.1995 – 16 WF 670/95, OLGR 1995, 131; OLG Nürnberg, Beschl. v. 24.11.1997 – 7 WF 3549/97, JurBüro 1998, 262. 11 BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 113; OLG Bamberg, JurBüro 1972, 1091; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Stufenklage“ Rn. 5. 12 BGH, Beschl. v. 2.7.1964 – III ZR 4/63, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 113 – zu § 2028 BGB; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.4.2012 – 5 W 52/12, FamRZ 2013, 320; OLG Bamberg, Beschl. v. 11.5.1995 – 7 WF 47/95, FamRZ 1997, 40; OLG Stuttgart, Beschl. v. 8.5.2007 – 6 W 35/07, MDR 2007, 1037; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Stufenklage“ Rn. 5.
Kurpat
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Stufenklage
ZPO
kunft eingeräumte Leistungsumfang keiner Absicherung mehr bedarf, ist der bei Verfahrenseinleitung geschätzte Wert des Leistungsbegehrens nur noch dann ein geeigneter Anknüpfungspunkt, wenn nach der Auskunfts- keine Leistungspflicht besteht. Dies übersehen Entscheidungen, die davon unabhängig weiter an den Hauptsachewert anknüpfen.1 5078
Nimmt der Kläger die bereits erteilte Auskunft nicht zum Anlass, seine bei Verfahrenseinleitung geäußerten Erwartungen zum Umfang des Leistungsanspruchs zu korrigieren, ist der Bruchteilsbewertung die Differenz zwischen dem bei Verfahrenseinleitung erwarteten Umfang und der vom Beklagten eingeräumten Höhe zugrunde zu legen. Der Bruchteil selbst ist nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen2 und entspricht ohne hinreichende Anhaltspunkte dem Bruchteil bei der Bewertung des Auskunftsverlangens.
IV. Leistung 5079
Die Bewertung des Leistungsanspruchs richtet sich über § 48 Abs. 1 GKG nach den §§ 3 ff. ZPO. Wertbestimmend ist das klägerische Interesse. Da der Leistungsanspruch bei Einreichung der Stufenklage mangels Auskunft bzw. Rechnungslegung nicht (vollständig) beziffert werden kann, bedarf es einer Schätzung gem. § 3 ZPO.3
5080
Hierbei ist gem. § 40 GKG auf die Erwartungen des Klägers zu Beginn der Instanz abzustellen, und zwar unabhängig davon, ob später noch zum Leistungsanspruch erkannt wird (s. hierzu auch oben Rn. 5055), oder ob zwar darüber entschieden wird, die spätere Bezifferung jedoch hinter den ursprünglichen Erwartungen des Klägers zurückbleibt4 oder diese übertrifft.5 Streitwerterhöhend wirkt sich im letztgenannten Fall daher erst der Übergang von der Auskunfts- auf die Leistungsstufe aus.6 Die gem. § 264 Nr. 2 ZPO privilegierte Erweiterung des Klageantrags7 wirkt sich nur noch auf die Höhe der Gebühren aus, die mit oder nach der Bezifferung des Leistungsantrags entstehen.
5081
Vereinzelt wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, der Wert des Leistungsantrags bedürfe keiner Schätzung, sondern bestimme sich nach seiner Bezifferung, auch wenn diese wertmäßig hinter den vom Kläger bei Prozessbeginn 1 So OLG Bremen, Teilurteil v. 17.2.2000 – 2 U 101/99, OLGR 2000, 162: 1/10 des Hauptsachewertes; OLG Köln, Rpfleger 1977, 115: Bruchteil des „Zahlungs- oder Auskunftsverlangens“, ohne hinreichende Anhaltspunkte 1/2 des Auskunftswertes; OLG München, Beschl. v. 21.3.1995 – 16 WF 670/95, OLGR 1995, 131: 1/5 des Hauptsachewerts. 2 BGH, Urt. v. 20.6.1991 – I ZR 13/90, MDR 1992, 302. 3 BGH, Beschl. v. 12.6.2012 – X ZR 104/09, MDR 2012, 875; OLG Köln, MDR 1969, 582; OLG Zweibrücken, JurBüro 1973, 444; OLG Nürnberg, JurBüro 1974, 1439. 4 KG, Beschl. v. 27.6.2008 – 1 W 386/05, KGR 2006, 964; OLG Bamberg, Beschl. v. 3.5.1993 – 2 WF 38/95, JurBüro 1994, 114; OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.1.2002 – 9 WF 214/01, FamRZ 2003, 240; KG, Beschl. v. 25.2.2002 – 18 WF 23/02, AGS 2002, 158; OLG Celle, Beschl. v. 8.10.2002 – 6 W 77/02, MDR 2003, 55; OLG Dresden, Beschl. v. 15.7.1997 – 10 WF 198/97, MDR 1998, 64; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.12.1991 – 3 WF 196/91, JurBüro 1992, 419; OLG Hamm, FamRZ 2004, 1664; OLG Karlsruhe, Justiz 1985, 374; OLG Köln, Beschl. v. 3.11.2004 – 19 W 54/04, AGS 2005, 451; Beschl. v. 18.5.2004 – 3 U 136/03, JMBl NW 2004, 82; OLG Nürnberg, Beschl. v. 29.7.2003 – 9 WF 2251/03, FamRZ 2004, 962; OLG München, Beschl. v. 3.4.2006 – 17 W 1187/06, MDR 2006, 1134; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.2.1986 – 6 WF 16/86, JurBüro 1987, 563. 5 KG, Beschl. v. 27.6.2008 – 1 W 386/05, KGR 2006, 964. 6 KG, Beschl. v. 27.6.2006 – 1 W 386/05, KGR 2006, 964; a.A. OLG München, Beschl. v. 3.4.2006 – 17 W 1187/06, MDR 2006, 1134 – das zur Verhinderung von Streitwertmanipulationen eine Rückwirkung der Werterhöhung auf den Verfahrensbeginn bejaht. 7 Vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2000 – IV ZR 274/99, MDR 2001, 408.
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Stufenklage zum Ausdruck gebrachten Erwartungen zurückbleibt. Daher sei der Wert des Auskunftsanspruchs gem. § 44 ZPO maßgebend, wenn nach dem Inhalt der Auskunft kein oder nur ein geringwertiger Leistungsanspruch besteht (bzw. durchsetzbar ist). So sei mit dem Zweck von § 254 ZPO nicht zu vereinbaren, dem Kläger durch ein Festhalten an den von ihm zu Beginn des Prozesses geäußerten Größenvorstellungen das Prozessrisiko für den Fall aufzuerlegen, dass sich seine Erwartungen nach dem Inhalt der Auskunft nicht erfüllen.1 Diesem Ansatz ist nicht zu folgen, denn er verkennt den Charakter des unbezifferten Leistungsantrags und ist im Ergebnis nicht folgerichtig. Wie bereits ausgeführt worden ist, entspricht der Leistungsantrag bis zu seiner Bezifferung einem Antrag auf Feststellung einer unbestimmten Leistungsverpflichtung (s. oben Rn. 5058). Hieraus folgt, dass auch dem unbezifferten Leistungsantrag ab Klageeinreichung ein Wert zugewiesen werden kann und gem. § 40 GKG zugewiesen werden muss. Das mit der Schätzung verbundene Kostenrisiko ist keine Eigenart der Stufenklage, denn es ist das Risiko eines jeden Klägers, dass er seine Erwartungen zu hoch beziffert. Auch eine Zahlungsklage wird abgewiesen, soweit der Kläger zu viel verlangt oder, wie bei der unbezifferten Schmerzensgeldklage, einen unangemessenen Mindestbetrag genannt hat.
5082
Zudem vermag nicht zu überzeugen, dass der mit Klageerhebung rechtshängige, wenngleich unbezifferte Leistungsantrag keinen Wert haben soll, wenn nach Rechnungslegung (angeblich) kein Leistungsanspruch besteht. Diesem Bewertungsfehler kann nicht dadurch abgeholfen werden, dass kurzerhand auf den Wert des Auskunftsanspruchs abgestellt wird. Eine Möglichkeit, die etwa bei dem Antrag auf Feststellung einer unbezifferten Leistungsverpflichtung nicht zur Verfügung stehen würde. Schließlich müsste bei folgerichtiger Bewertung der Auskunftsanspruch, dessen Wert sich unstreitig am Leistungsanspruch orientiert, mit einem Bruchteil von null bewertet werden, was notwendigerweise ausscheidet.
5083
Für die Wertbemessung nicht maßgeblich sind hingegen die Wunschvorstellungen des Klägers, sondern es ist nur danach zu bemessen, welche Leistungen er aufgrund der Sach- und Rechtslage, die er zur Klagebegründung vorgetragen hat, nach Auskunftserteilung objektiv zu erwarten hatte.2 Dies ist anhand seines Tatsachenvortrages zu ermitteln.3 Fehlt es an einem solchen, kann zur Wertbestimmung auch der Inhalt der nachfolgend erteilten Auskunft berücksichtigt werden,4 hilfsweise ist auf die vom Kläger gem. § 61 GKG geschuldeten Angaben zum Streitwert abzustellen.5 Dagegen sind die Erkenntnisse des Gerichts am Ende der Instanz für die Wertermittlung ohne Bedeutung.6
5084
Übersetzte, nicht nachvollziehbare Vorstellungen bleiben unberücksichtigt.7 Unberücksichtigt bleibt auch eine übersetzte Berechnung des auskunftspflichtigen Beklagten mit dem mittelbaren Ziel, den Zuständigkeitswert über den Gebührenwertansatz zu präjudizieren.8
5085
Zur Bezifferung nach Auskunft/Rechnungslegung s. unten Rn. 5089 ff. 1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.1.1987 – 4 WF 152/86, MDR 1987, 508. 2 OLG Köln, Beschl. v. 17.2.2014 – 19 W 43/13; Beschl. v. 3.11.2004 – 19 W 54/04, AGS 2005, 451. 3 BGH, Beschl. v. 4.2.2015 – III ZR 62/14; Urt. v. 8.1.1997 – XII ZR 307/95, MDR 1997, 504; OLG Celle, Beschl. v. 13.5.2003 – 12 WF 141/03, OLGR 2005, 9. 4 OLG Celle, Beschl. v. 13.5.2003 – 12 WF 141/03, OLGR 2005, 9. 5 OLG Bremen, Beschl. v. 13.3.1998 – 2 W 13/98, OLGR 1998, 192. 6 OLG Köln, Beschl. v. 17.2.2014 – 19 W 43/13. 7 BGH, Beschl. v. 12.6.2012 – X ZR 104/09, MDR 2012, 875; OLG Düsseldorf, JurBüro 1986, 1685. 8 OLG Köln, JurBüro 72, 244.
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Stufenklage
V. Fehlerhafte Prozessführung 5086
Nicht selten kommt es vor, dass Gericht und Anwälte die Stufenklage prozessual falsch behandeln und nicht Stufe für Stufe in Teilurteilen fortschreiten, sondern zu Beginn der mündlichen Verhandlung alle Anträge einschließlich des unbezifferten Zahlungsanspruchs verlesen werden. Nach welchem Streitwert dann abzurechnen ist, ist umstritten. Man wird zu unterscheiden haben.1
5087
– Sämtliche Anträge werden fehlerhaft gebündelt verlesen, jedoch wird nur durch Teilurteil über die erste (oder weitere) Stufe entschieden. Dann ist die Terminsgebühr nur nach dem Wert des Auskunftsanspruchs, nicht nach dem des Zahlungsanspruchs zu berechnen. Es ist nämlich nicht möglich, über einen Zahlungsanspruch zu verhandeln, über den ausweislich der gewählten Klageart vor seiner Bezifferung gerade nicht verhandelt werden soll.2
5088
– Alle Anträge werden zugleich verlesen und das Urteil erkennt fehlerhaft über sämtliche Stufenansprüche. Dann ist der Fehler nicht mehr auszugleichen. Die Gebühren müssen nach dem höchsten Wert, dem Wert des Leistungsanspruchs, berechnet werden.3
VI. Wertänderungen 5089
Im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der Klageerhebung bestehende Ungewissheit über den Umfang des Leistungsanspruchs sind Wertänderungen bei der Stufenklage nicht ungewöhnlich. So kann die Rechnungslegung des Beklagten den Kläger veranlassen, seine Vorstellungen zum Leistungsumfang zu revidieren und mit einer entsprechend reduzierten Antragstellung auf der 3. Stufe Rechnung zu tragen. Auch das Gegenteil ist denkbar: Die Auskunft erhellt erstmals den weiter gehenden Umfang des Leistungsanspruchs und veranlasst den Kläger zu einem entsprechend erhöhten Leistungsantrag.
5090
Die Behandlung dieser Wertänderungen folgt den allgemeinen Regelungen. Das bedeutet zunächst einmal, dass die bei Klageeinreichung bestehende Erwartung des Klägers zum Leistungsanspruch solange wertbestimmend bleibt, bis er seinen Leistungsantrag beziffert. Erst ab dann tritt die Wertänderung ein, so dass lediglich die mit oder nach Bezifferung entstehenden Gebühren nach dem veränderten Streitwert zu berechnen sind.4
5091
Für die bereits entstandenen Gerichtsgebühren und die anwaltliche Verfahrensgebühr ist zu unterscheiden: Führt die Wertänderung zu einer Erhöhung des Streitwerts, ist dieser maßgebend und eine frühere Wertfestsetzung zu berichtigen, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Läuft die Wertänderung auf eine Minderung des bisherigen Streitwerts hinaus, bleibt dies für die Gerichtsgebühren und damit über § 23 Abs. 1 RVG auch für die anwaltliche Verfahrensgebühr ohne Auswirkungen.
1 Vgl. Schneider, MDR 1969, 625 ff. 2 OLG Düsseldorf, NJW 1961, 2021 – 7. ZS; OLG Hamburg, JurBüro 1978, 1664; OLG Hamm, Beschl. v. 24.1.1996 – 23 W 362/95, JurBüro 1997, 139 – für die Beweisgebühr; OLG München, Rpfleger 1956, 29; a.A. OLG Düsseldorf, NJW 1964, 2164 – 8. ZS. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.10.1998 – 5 W 12/98, JurBüro 1999, 302; OLG Köln, NJW 1973, 1848; a.A. OLG Düsseldorf, Entsch. v. 1.6.1973 – 6 U 39/73, NJW 1973, 2034; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Stufenklage“ Rn. 16. 4 OLG Bamberg, Beschl. v. 3.5.1993 – 2 WF 38/93, JurBüro 1994, 114; KG, Beschl. v. 23.3.1993 – 1 W 6310/92, MDR 1993, 696; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.10.1984 – 5 W 17/84, JurBüro 1985, 443; OLG Hamm, JurBüro 1982, 1377; OLG Karlsruhe, OLGE 13, 67; LG Köln, Urt. v. 27.2.2007 – 27 O 407/04.
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Stufenklage
VII. Einzelfälle in der Rechtsprechung Werden der Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB und der Pflichtteilsanspruch durch die Stufenklage verfolgt, dann ist für den Gebührenstreitwert gem. § 44 GKG nur der höchste der verbundenen Ansprüche maßgebend; das gilt auch für den Anspruch nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Ermittlung des Wertes der Nachlassgegenstände.1
5092
Demgegenüber ist gem. § 39 GKG zusammenzurechnen, wenn der Anspruch auf Auskunftserteilung mit einer positiven Schadensfeststellungsklage verbunden ist.2
5093
Desgleichen ist der mit einer Stufenklage verbundene Anspruch auf Leistung eines Ausgleichs nach § 89b HGB dem Streitwert der Stufenklage hinzuzurechnen.3
5094
Nach allgemeinen Regeln, dass heißt nach § 45 Abs. 1 Satz 1 u. 3 GKG ist zu bewerten, wenn auf eine Stufenklage mit einer Widerklage erwidert wird. Hier ist eine Wertaddition geboten, wenn der Leistungsanspruch (3. Stufe) und die Widerklage nicht denselben Gegenstand betreffen. Dies ist etwa der Fall, wenn einer Stufenklage auf Auskunft und Unterhaltserhöhung mit der Widerklage auf Herabsetzung der titulierten Unterhaltsrente begegnet wird.4
5095
Ebenso ist in dem Fall zu bewerten, dass auf eine Leistungsklage eine Stufenwiderklage erhoben wird. Hier ist bezüglich der Identität der Gegenstände (im gebührenrechtlichen Sinne) auf die wechselseitig erhobenen Leistungsansprüche abzustellen.5 Betreffen die Leistungsansprüche denselben Gegenstand ist gem. § 44 Abs. 1 Satz 3 GKG der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
5096
Unabhängig davon, ob die Stufenklage vom Kläger oder im Wege der Widerklage 5097 vom Beklagten erhoben worden ist und welcher der Leistungsansprüche den höheren Wert aufweist, erfolgt keine Hinzurechnung der Werte für den Auskunftsund Versicherungsanspruch (Stufen 1 und 2). Die abweichende Ansicht des OLG München6 übersieht, dass die Bewertung der Einzelansprüche durch § 44 GKG abschließend geregelt und durch § 45 Abs. 1 Satz 1 u. 3 GKG nicht aufgehoben wird.
D. Rechtsmittel und Beschwer Streiten die Parteien in der Rechtsmittelinstanz darüber, ob bisher nur über den ersten oder auch schon über die weiteren mit einer Stufenklage geltend gemachten Ansprüche entschieden worden sei, so sind für den Streitwert der Rechtsmittelinstanz alle Ansprüche zu berücksichtigen.7 Im Übrigen ist wie folgt zu unterscheiden:
5098
I. Bescheidung des Auskunftsanspruchs Wie bereits ausgeführt, sind die einzelnen Stufen prozessual eigenständig und die Antragstellung demnach in der ersten Stufe allein auf Auskunft gerichtet. Aufgrund der materiell-rechtlichen Verbindung der einzelnen Stufen ist es jedoch zu-
1 2 3 4 5 6 7
OLG Hamm, JurBüro 1981, 247. OLG Stuttgart, NJW 1959, 890. LG Bayreuth, JurBüro 1977, 1747. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 3.3.1983 – 5 WF 1/83, AnwBl. 1984, 203. Insoweit zutr. OLG München, Beschl. v. 21.3.1995 – 16 WF 670/95, OLGR 1995, 131. OLG München, Beschl. v. 21.3.1995 – 16 WF 670/95, OLGR 1995, 131. BGH, Urt. v. 26./28.5.1965 – III ZR 67/64, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 131.
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lässig, die gesamte Stufenklage abzuweisen, wenn das Auskunftsverlangen aus Gründen verneint wird, nach denen auch eine Verurteilung zur Leistung ausgeschlossen ist.1 Bei der Ermittlung von Rechtsmittelstreitwert und Beschwer ist daher danach zu differenzieren, ob nur über eine Stufe (positiv oder negativ) oder über die gesamte Stufenklage (negativ) erkannt worden ist. 1. Als Teilurteil 5100
Beschränkt sich die Abweisung – etwa wegen bereits erteilter Auskunft – auf das Auskunftsbegehren, dann ist die Beschwer des Klägers nach seinem Auskunftsinteresse zu bemessen. Dessen Wert bestimmt sich gem. § 3 ZPO danach, in welchem Umfang die Durchsetzbarkeit des Leistungsanspruchs von der Auskunft abhängt.2
5101
Die demnach gebotene Bruchteilsbewertung bewegt sich nach der Rechtsprechung zwischen 1/10 und 1/4 und hängt im Einzelfall von der Kenntnis des Kläger betreffend zur Begründung des Leistungsanspruchs maßgeblichen Umstände ab.3 Sie entspricht in der Regel derjenigen des Gebührenstreitwerts.
5102
Wenn der Beklagte gegen seine Verurteilung zur Auskunftserteilung ein Rechtsmittel einlegt, ist der Streitwert (und seine Beschwer) nach dem Interesse zu bemessen, das er daran hat, die Rechnung nicht legen zu müssen.4 Dieses bemisst sich regelmäßig nach dem Aufwand des Beklagten an Arbeitszeit und Kosten, die mit der Erteilung einer sorgfältig erteilten Auskunft verbunden ist.5 Dabei kann der Zeitaufwand in Anlehnung an den Höchststundensatz gemäß § 22 JVEG berechnet werden.6 Neben dem persönlichen Einsatz kann auch der Aufwand für Leistungen Dritter in Ansatz gebracht werden, insbesondere von Hilfskräften, Steuerberatern und Rechtsanwälten, soweit deren Hinzuziehung aus sachlichen Gründen, d.h. zur Erfüllung der Auskunftspflicht, erforderlich ist.7 Die Kosten an-
1 BGH MDR 1964, 655; Zöller/Greger, § 254 ZPO Rn. 9; a.A. OLG Hamm, Urt. v. 22.8.1989 – 7 UF 217/89, NJW-RR 1990, 709. 2 BGH, Beschl. v. 20.3.2002 – IV ZR 3/01; Beschl. v. 1.10.2001 – II ZR 217/01, MDR 2002, 107; Urt. v. 31.3.1993 – XII ZR 67/92, FamRZ 1993, 1189 m.w.N.; Beschl. v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, GmbHR 1995, 301. 3 BGH, Beschl. v. 20.3.2002 – IV ZR 3/01, BGHR 2002, 951; Urt. v. 8.1.1997 – XII ZR 307/95, MDR 1997, 504; Beschl. v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, BGHZ 128, 85; OLG Düsseldorf, MDR 1963, 937; a.A. OLG Köln, MDR 1963, 144. 4 BGH, Beschl. v. 14.1.2009 – XII ZB 146/08, MDR 2009, 521; (GrZS), Beschl. v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, GmbHR 1995, 301; OLG Celle, JurBüro 1969, 174; OLG Köln, Beschl. v. 12.6.2007 – 2 W 41/07, JurBüro 2007, 488 – Vollstreckungsabwehrklage. 5 BGH, Beschl. v. 24.9.2013 – II ZB 6/12, NZG 2013, 1258; Beschl. v. 9.2.2012 – III ZB 55/11, ZEV 2012, 270; Beschl. v. 24.7.2012 – II ZB 18/11; Beschl. v. 9.11.2011 – IV ZB 23710, FamRZ 2012, 216; Beschl. v. 24.7.2002 – XII ZB 31/02, FamRZ 2003, 597; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.12.2012 – 24 U 162/12; Beschl. v. 23.1.2012 – 14 U 71/11; OLG Köln, Beschl. v. 14.11.2011 – 5 U 103/11; Beschl. v. 12.6.2007 – 2 W 41/07, JurBüro 2007, 488 – Vollstreckungsabwehrklage; OLG Schleswig, Urt. v. 6.2.1996 – 8 UF 114/95, OLGR 1996, 171; OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.9.2001 – 4 U 142/01, CR 2001, 817; Urt. v. 30.9.1998 – 20 U 21/98, AG 1999, 280. 6 BGH, Urt. v. 27.2.2013 – IV ZR 42/11, AGS 2013, 178; offenlassend in: Beschl. v. 22.2.2012 – III ZR 301/11, NJW-RR 2012, 888; OLG Hamm, Beschl. v. 4.7.2013 – 7 U 31713, RVG prof. 2013, 146. 7 BGH, Beschl. v. 24.9.2013 – II ZB 6712, NZG 2013, 1258; Beschl. v. 23.4.2013 – II ZR 4/12, K&R 2013, 493 – Überwachung durch Rechtsanwälte; Beschl. v. 22.4.2009 – XII ZB 49/07, BGHR 2009, 885 = MDR 2009, 929 – Auskunft bzgl. Gesellschaftsbeteiligungen; Beschl. v. 24.7.2002 – XII ZB 31/02, FamRZ 2003, 597; Beschl. v. 31.10.2001 – XII ZB 161/01, FuR 2002, 161.
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Kurpat
Stufenklage waltlicher Beratung berechnen sich nach dem sich aus dem Interesse des Klägers an der Auskunft (s.o.) ergebenden Wert.1 Ist der zur Auskunft verurteilte Beklagte seinerseits von der Auskunft eines zur Erteilung nicht bereiten Dritten abhängig, kann im Rahmen der Beschwer der Kostenaufwand für eine entsprechende Rechtsverfolgung berücksichtigt werden.2 Nach oben begrenzt wird die Beschwer des Beklagten durch das Interesse des Klägers an der Auskunft.3 Ist die Auskunftsverurteilung zu unbestimmt und nicht vollstreckungsfähig, dann bemisst sich die Beschwer nach den mit Abwehr der ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen (Anwalts-)Kosten.4
5103
Im Einzelfall kann ein besonderes Geheimhaltungsinteresse des Beklagten zu berücksichtigen sein. Erforderlich ist hierfür, dass der Beklagte die mit der Auskunft verbundenen Nachteile konkret darlegt.5 In der Person des die Auskunft Begehrenden muss die konkrete Gefahr begründet sein, dass dieser die ihm mit der Auskunftserteilung offenbarten Tatsachen in einer Weise gebraucht, die schützenswerte (wirtschaftliche) Interessen des Beklagten gefährden könnten.6 Allein die Geheimhaltungsverpflichtung des Beklagten gegenüber einem Dritten ist nicht werterhöhend zu berücksichtigen.7
5104
Das Interesse, die Auskunft wegen eventuell damit verbundener steuerstrafrechtlicher Folgen nicht zu erteilen und damit verbundene Rechtsverfolgungskosten nicht aufwenden zu wollen, ist insoweit nicht erheblich. Denn etwaige steuerstrafrechtliche Nachteile wären nicht Folge der Auskunftserteilung, sondern des vorangegangenen Fehlverhaltens.8 Auch eine mit der Verurteilung zur Auskunft (etwaig) drohende Rufschädigung bleibt bei der Ermittlung der Beschwer als reine Fernwirkung unberücksichtigt.9
5105
Für die Wertbemessung unerheblich ist auch das Bestreben des Beklagten, die 5106 Rechtsverfolgung des Klägers zu erschweren oder zu vereiteln, sowie der Wunsch, mit der Entscheidung über die Auskunft auch den Grund des Leistungsanspruchs zu präjudizieren.10 Siehe auch das Stichwort „Auskunftsanspruch“. 2. Als (abweisendes) Gesamturteil Weist das Gericht über den Auskunftsantrag hinaus die Stufenklage wegen Fehlens einer materiell-rechtlichen Grundlage für die mit ihr verfolgten Ansprüche insgesamt ab, bestimmt sich die Beschwer des Klägers nach dem vollen Wert des
1 2 3 4 5
6 7 8 9 10
BGH, Urt. v. 27.2.2013 – IV ZR 42/11, AGS 2013, 178 = NJW-RR 2013, 1033. BGH, Beschl. v. 26.10.2011 – XII ZB 465/11, MDR 2011, 1493. OLG Köln, Beschl. v. 8.7.1992 – 19 U 78/92, JurBüro 1993, 165. BGH, Urt. v. 11.7.2001 – XII ZR 14/00, NJW-RR 2002, 145. BGH, Beschl. v. 24.9.2 2013 – II ZB 6712, NZG 2013, 1258; Beschl. v. 9.11.2011 – IV ZB 23710, FamRZ 2012, 216; Beschl. v. 9.2.2012 – III ZB 55/11, ZEV 2012, 270; Beschl. v. 24.7.2012 – II ZB 18/11; Beschl. v. 4.7.2001 – IV ZB 7/01, BGHR 2001, 809 in Abgrenzung zu BGH, NJW 1999, 3049; Beschl. v. 10.6.1999 – VII ZB 17/98, MDR 1999, 1082. BGH, Beschl. v. 22.2.1995 – IV ZB 20/94, NJW-RR 1995, 764; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.12.2011 – 14 U 72/11; OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.9.2001 – 4 U 142/01, CR 2001, 817. OLG Celle, Beschl. v. 13.8.1996 – 11 U 106/96, OLGR Celle 1997, 60. BGH, Beschl. v. 16.8.2000 – XII ZB 98/98, NJW-RR 2001, 210. BGH, Beschl. v. 28.10.2010 – III ZB 28/10, AGS 2011, 34. BGH, Beschl. v. 24.7.2002 – XII ZB 31/02, FamRZ 2003, 597; Beschl. v. 10.6.1999 – VII ZB 17/98; JurBüro 1984, 382; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.12.2001 – 7 U 167/01, OLGR 2002, 419; OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.9.2001 – 4 U 142/01, CR 2001, 817.
Kurpat
969
5107
Stufenklage
ZPO
Leistungsanspruchs. Denn mit der bestandskräftigen Entscheidung wird der Leistungsanspruch rechtkräftig aberkannt.1
II. Bescheidung des Versicherungsanspruchs 1. Als Teilurteil 5108
Beschränkt sich die Abweisung auf das Versicherungsbegehren, etwa wegen fehlender Besorgnis der sorgfaltswidrigen Auskunft (§ 259 Abs. 2 BGB) oder weil eine Verpflichtung zur Versicherung aufgrund der geringen Bedeutung der Angelegenheit ausgeschlossen ist (§ 259 Abs. 3 BGB), dann ist die Beschwer des Klägers nach seinem fortdauernden Auskunftsinteresse und damit nach einem Bruchteil des angestrebten Mehrbetrags zu bemessen und entspricht damit der Bewertung beim Gebührenstreitwert.2
5109
Unzutreffend ist es, demgegenüber auf den Wert des Hauptanspruchs abzustellen3 oder die Differenz zwischen dem Wert des Auskunftsanspruchs und dem Hauptsachewert4 abzustellen. Denn die Versicherung dient nur der Vorbereitung der Durchsetzung eines über den Inhalt der Auskunft hinausgehenden Leistungsanspruchs.
5110
Im Falle der Verurteilung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bemisst sich die Beschwer des Beklagten – wie bei Verurteilung zur Auskunft – nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Abgabe der Versicherung erfordert.5 Hierbei wird die Berücksichtigung des Aufwandes durch den Wert des Auskunftsanspruchs begrenzt.6 Die Notwendigkeit anwaltlicher Beratung kann sich ergeben, wenn der Urteilstenor nicht hinreichend bestimmt ist, so dass Zweifel über seinen Inhalt und Umfang im Vollstreckungsverfahren zu klären sind, oder wenn die sorgfältige Erfüllung der titulierten Verpflichtung Rechtskenntnisse erfordert.7 2. Als (abweisendes) Gesamturteil
5111
Ein abweisendes Endurteil in der zweiten Stufe ist praktisch kaum denkbar, da die gemeinsame materiell-rechtliche Grundlage der einzelnen Stufen bereits bei der Bescheidung des Auskunftsanspruchs hätte geprüft werden müssen. Es verbleiben daher Fälle, in denen, etwa aufgrund (zwischenzeitlicher) Auskunftserteilung, das Auskunftsverlangen nicht mehr aufrechterhalten oder sogleich mit der zweiten Stufe begonnen wird. Im Falle der vollumfänglichen Abweisung der Stufenklage entspricht auch hier die Beschwer des Klägers dem (geschätzten) Wert des Leistungsanspruchs. Insoweit kann auf die Ausführungen oben Rn. 5107 verwiesen werden. 1 BGH, Beschl. v. 4.2.2015 – III ZR 62/14; Beschl. v. 1.10.2001 – II ZR 217/01, MDR 2002, 107; Beschl. v. 12.3.1992 – I ZR 296/91, MDR 1992, 1091; OLG Celle, Beschl. v. 9.3.2009 – 6 W 28/09, OLGR 2009, 487; OLG Schleswig, Beschl. v. 27.11.2013 – 5 U 22/13, MDR 2014, 494. 2 OLG Düsseldorf, MDR 1963, 937; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Stufenklage“ Rn. 10. 3 So aber OLG Celle, NJW 1954, 1493. 4 So OLG Köln, MDR 1963, 144. 5 BGH, Beschl. v. 8.1.2009 – IX ZR 107/08, NJW-RR 2009, 549; Beschl. v. 30.3.2000 – III ZB 2/00, NJW 2000, 2113; Beschl. v. 13.4.1994 – XII ZB 33/94, NJW-RR 1994, 898; Beschl. v. 30.1.1991 – XII ZB 156/90, MDR 1991, 679; Beschl. v. 27.3.1991 – XII ZB 25/91, NJW-RR 1991, 956; OLG Dresden, Urt. v. 12.4.2000 – 6 U 3646/99, OLG-NL 2001, 1. 6 BGH, Beschl. v. 13.4.1994 – XII ZB 33/94, NJW-RR 1994, 898; Urt. v. 20.6.1991 – I ZR 13/90, MDR 1992, 302; OLG Köln, Beschl. v. 19.9.1997 – 4 UF 122/97, FamRZ 1998, 1309. 7 BGH, Urt. v. 27.2.2013 – IV ZR 42/11, AGS 2013, 178 = NJW-RR 2013, 1033.
970
Kurpat
Stufenklage
III. Bescheidung des Leistungsanspruchs 1. Als Schlussurteil Wird über den Leistungsanspruch eigenständig erst auf der letzten Stufen entschieden, dann folgt die Bewertung der Beschwer des Klägers dem Umfang der Abweisung und die Beschwer des Beklagten dem Umfang der Stattgabe des nunmehr bezifferten Leistungsantrags.
5112
2. Als (abweisendes) Gesamturteil Wird der Leistungsanspruch zusammen mit dem vorbereitenden Anspruch bereits auf der ersten Stufe abgewiesen, bemisst sich die Beschwer des Klägers nach dem Wert des Leistungsanspruchs. Denn dieser wird, anders als bei einer nur auf den Auskunftsanspruch beschränkten Abweisung, rechtskräftig aberkannt.1
5113
IV. Instanzielle Unterschiede Diese treten auf, wenn das Rechtsmittelgericht abweichend vom Ausgangsgericht nur über einen Stufenantrag oder weitergehend über die gesamte Stufenklage entscheidet. Hier ist wie folgt zu differenzieren:
5114
Ist bei einer Stufenklage erstinstanzlich der Auskunftsanspruch durch Teilurteil zuerkannt und im Berufungsverfahren die gesamte Klage abgewiesen, so ist bei uneingeschränkter Revision für den Streitwert der Revisionsinstanz2 und für die Urteilsgebühr des Berufungsverfahrens der volle Wert der Klage maßgebend.3 Erfolgt die Abweisung erst im Revisionsverfahren, führt dies nicht zu einer nachträglichen Erhöhung des Berufungswerts,4 denn die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Wertvorschrift müssen ausgehend vom „Grundsatz der nach Instanzen getrennten Wertfestsetzung“5 innerhalb der Instanz erfüllt werden.
5115
Bei erstinstanzlicher Abweisung der Stufenklage und zweitinstanzlicher Verurteilung zur Auskunft und Rückverweisung im Übrigen, beschränkt sich die Revisionsbeschwer des Beklagten auf die Verurteilung zur Auskunft. Das Interesse des Beklagten an einem abschließenden, ihm günstigen Sachurteil geht über den Gegenstand der angefochtenen Entscheidung hinaus und rechtfertigt nicht die Annahme einer höheren Beschwer. Denn mangels sachlicher Entscheidung der weiteren Stufen ist noch nicht ersichtlich, dass mit der Zurückverweisung eine für den Beklagten letztlich ungünstige Entscheidung vorliegt. Dies erhellt der Umstand, dass das Berufungsgericht von einer Zurückverweisung hätte absehen und durch Teilurteil über den Auskunftsanspruch hätte entscheiden können.6
5116
Auch bei Abweisung einer erst im zweiten Rechtszug erhobenen Stufenklage ist der Leistungsanspruch wertbestimmend7 und dementsprechend auch der Revisionswert anzusetzen. Wird hingegen der erst zweitinstanzlich erhobenen Stufenklage hinsichtlich des Auskunftsanspruchs stattgegeben und der Rechtsstreit wegen des Leistungsanspruchs zurückverwiesen, bestimmt sich die Beschwer des
5117
1 BGH, Beschl. v. 1.10.2001 – II ZR 217/01, MDR 2002, 107. 2 BGH, NJW 1960, 576 – Abgrenzung zu BGH, NJW 1959, 1827. 3 BGH, Beschl. v. 12.3.1992 – I ZR 296/91, MDR 1992, 1091 – Abgrenzung zu BGH, MDR 1959, 909. 4 KG, Beschl. v. 5.3.1997 – 24 U 1574/95, KGR 1997, 152. 5 Vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1986 – I ZR 102/84, MDR 1987, 117. 6 BGH, Beschl. v. 3.7.2002 – IV ZR 191/01, MDR 2002, 1390; Beschl. v. 23.3.1970 – VII ZR 137/68, MDR 1970, 671. 7 KG, JurBüro 1973, 754.
Kurpat
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Tagebuch
ZPO
Beklagten für das Revisionsverfahren allein nach dem mit der Erfüllung des Auskunftsanspruchs verbundenen Aufwand.1
E. Vergleich 5118
Wird der Rechtsstreit durch den Abschluss eines Vergleichs beendet, bestimmt sich der Gegenstandswert der Einigungsgebühr grundsätzlich nach dem Wert der von der Einigung erfassten Ansprüche (s. zu den Einzelheiten unter dem Stichwort „Vergleich“). Daher ist für die Bewertung maßgeblich, welche Ansprüche (Stufe) der Stufenklage abschließend erledigt werden.
5119
Einigen sich die Parteien über den vom Kläger geltend gemachten (unbezifferten) Leistungsanspruch (3. Stufe), ist für den Vergleichswert der nach § 44 GKG zu bestimmende Hauptsachewert maßgeblich. Dies unabhängig davon, ob die Einigung im Prozess erst auf der 3. Stufe erzielt wird, also nach bezifferter Antragstellung, oder bereits vor Auskunftserteilung oder Versicherung an Eides statt. Zu beachten bleibt jedoch, dass bei einer Einigung (erst) auf der 3. Stufe der Gegenstandswert nach dem zuvor bezifferten und nicht nach dem eingangs (§ 40 GKG) geschätzten Hauptsachewert zu bemessen ist.
5120
Beschränkt sich der Vergleich auf eine Einigung über Auskunft bzw. Rechnungslegung (1. Stufe), entspricht der Vergleichswert folglich nicht dem (geschätzten) Wert der Leistungsstufe, auch wenn durch den Vergleich der Rechtstreit insgesamt erledigt wird.2
Tagebuch 5121
Bei der Klage auf Herausgabe eines Tagebuchs ist der Gebührenstreitwert in der Regel nach § 48 Abs. 2 GKG zu bemessen, da es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt.3 Der Wert ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Ermessen zu bestimmen und darf – was hier aber ohnehin ersichtlich nicht der Fall sein dürfte – 1 000 000 Euro nicht übersteigen. Der Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nach § 3 ZPO zu schätzen.
Tankstellendienstbarkeit Literatur: Schalhorn, JurBüro 1974, 169.
5122
Bei Streit über die Verpflichtung zur Eintragung einer Tankstellendienstbarkeit ist der Wert nicht nach dem Gewinn der Tankstelle zu bemessen, sondern gem. § 3 ZPO nach dem Interesse des Klägers auf Sicherung seines Rechts durch Eintragung im Grundbuch.4
1 2 3 4
BGH, Beschl. v. 15.2.2000 – X ZR 127/99, NJW 2000, 1724. LAG Düsseldorf, Beschl. v. 19.12.2001 – 7 Ta 425/01. KG, JurBüro 1969, 1190. OLG Nürnberg, Beschl. v. 11.1.1967 – 5 W 73/66, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 166 = JurBüro 1967, 829.
972
Kurpat/Noethen/N. Schneider
Teil des Hauptanspruchs Auf den 20-fachen Jahresbetrag (noch ausstehende Vertragsdauer) der zu zahlenden Mindestvergütung hat das OLG Celle1 gem. § 9 ZPO a.F. (§ 9 Satz 1 ZPO i.d.F. des KostRÄndG 1994 sieht nur noch den 3,5-fachen Jahresbetrag als Höchstwert vor) in folgendem Fall bewertet: Aufgrund eines Tankstellenvertrages hatte der Grundeigentümer einem Betriebsstoffkonzern eine Grundfläche zum Bau und Betrieb einer Tankstelle gegen Umsatzbeteiligung überlassen. Dieses Nutzungsrecht war durch eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit dinglich gesichert. Zusätzlich hatte der Grundstückseigentümer dem Konzern ein Vorkaufsrecht für die überlassene Grundfläche einräumen und sich einem Konkurrenzverbot unterwerfen müssen.
5123
Siehe im Übrigen bei dem Stichwort „Dienstbarkeit (§ 1090 BGB)“.
Tauschvertrag Die Bewertung richtet sich danach, welche Ansprüche aus dem Tauschvertrag hergeleitet werden. Beim Tausch beweglicher Sachen beispielsweise richtet sich der Wert des Herausgabeverlangens des Klägers nach dem Verkehrswert der ihm gebührenden Sache (§ 6 ZPO – vgl. hierzu das Stichwort „Herausgabe“).
5124
Teil des Hauptanspruchs A. Zuständigkeitsstreitwert Wird nur ein Teil des Hauptanspruchs eingeklagt, so richtet sich der Zuständigkeitsstreitwert auch nur nach dem Wert dieses Teils (§§ 3 ff. ZPO).
5125
Werden im Verlaufe des Rechtsstreits Teile des Hauptanspruchs ausgetauscht, wird – im Gegensatz zum Gebührenstreitwert (s. Rn. 5130 ff.) – nicht addiert. Es gilt immer nur der aktuelle Wert.
5126
Û
Beispiel: Der Mieter schuldet für insgesamt zwölf Monate (Januar bis Dezember) Miete zu jeweils 1000 Euro. Der Vermieter erhebt eine Teilklage über die ersten fünf Mieten (Januar bis Mai). Der Mieter zahlt daraufhin drei Mieten, so dass insoweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wird. Gleichzeitig wird die Klage um weitere drei Mieten (Juni bis August) erweitert. Der Zuständigkeitsstreitwert betrug bei Klageeinreichung 5000 Euro. Er verringerte sich dann durch die übereinstimmende Erledigung um 3000 Euro und erhöhte sich durch die Klageerweiterung wieder um 3000 Euro, so dass er bei 5000 Euro blieb. Nur für den Gebührenstreitwert wäre zu addieren gewesen (§ 39 Abs. 1 GKG). Siehe Rn. 5130 ff.
Wird später die Klage erweitert, kommt es auf den Gesamtwert an, nicht auf den Teil der anfangs geltend gemacht worden war. Daher kann die Klageerweiterung zur Zuständigkeit des Landgerichts führen, wenn durch sie der Wert von 5000 Euro überschritten wird. Das Verfahren richtet sich dann nach § 506 ZPO.
Û
Beispiel: Eingeklagt werden 4500 Euro. Später wird die Klage um weitere 1000 Euro erweitert. Der Zuständigkeitsstreitwert betrug bei Klageeinreichung 4500 Euro. Er erhöhte sich durch die Klageerweiterung auf 5500 Euro, so dass nunmehr das Landgericht zuständig ist.
1 OLG Celle, Beschl. v. 12.7.1955 – 3 W 86/55, JurBüro 1955, 443.
N. Schneider/Noethen/N. Schneider
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5127
Teil des Hauptanspruchs
ZPO
5128
Wird zwar nur ein Teil des Hauptanspruchs eingeklagt, daneben aber im selben Prozess eine Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) erhoben, so richtet sich der Wert der Teilklage nach dem Wert, der beziffert oder bestimmt geltend gemachten Leistung (§ 3 ZPO). Der Wert der Zwischenfeststellungsklage richtet sich nach der Summe aller Gegenstände, die hier in Betracht kommen – einschließlich der beziffert oder bestimmt geltend gemachten. Hiervon ist dann wie bei einer Feststellungsklage ggf. ein Abschlag vorzunehmen (s. das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2289). Die Werte von Klage und Zwischenfeststellungsklage sind sodann zusammenzurechnen (§ 5 ZPO), wobei zu beachten ist, dass hinsichtlich der Schadenspositionen, die bereits durch die Teilklage erfasst sind, wirtschaftliche Identität besteht und damit ein Additionsverbot.
Û
5129
Beispiel: Ausgehend von einer 100 %igen Haftung klagt der Kläger aus einem Verkehrsunfall 5000 Euro Sachschaden ein und beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den gesamten Schaden aus dem zugrunde liegenden Verkehrsunfall zu ersetzen. Zu erwarten sind noch weitere Schäden (Nutzungsausfall, Sachverständigenkosten, Schmerzensgeld etc.) i.H.v. weiteren 5000 Euro. Der Wert der Klageforderung beläuft sich auf 5000 Euro. Für die Zwischenfeststellungsklage ist von dem Gesamtschaden i.H.v. 10 000 Euro auszugehen. Geht man von einem Feststellungsabschlag von 20 % aus, beträgt der Wert der Zwischenfeststellungsklage 8000 Euro. Da in der Zwischenfeststellungsklage bereits 80 % des Sachschadens enthalten sind, darf insoweit nicht addiert werden. In Höhe von 80 % aus 5000 Euro besteht wirtschaftliche Identität. Der Streitwert des Verfahrens beläuft sich insgesamt auf 9000 Euro. Zum selben Ergebnis käme man auch, wenn man zu den 5000 Euro der Leistungsklage 80 % der weiteren Ansprüche, also 4000 Euro hinzuaddiert. Dies mag für den Zuständigkeitsstreitwert unerheblich sein. Beim Gebührenstreitwert würde dies jedoch zu falschen Ergebnissen führen. Siehe Rn. 5141 f.
Wird vom Beklagten eine negative Feststellungswiderklage erhoben, mit der festgestellt werden soll, dass dem Kläger keine (weiteren) Forderungen zustehen, so ist auch der Wert dieser Widerklage für den Zuständigkeitsstreitwert zu beachten. Eine Addition findet dagegen – im Gegensatz zum Gebührenstreitwert – nicht statt.
Û
Beispiel: Wie vorausgegangenes Beispiel. a) Der Beklagte beantragt Klageabweisung und erhebt Widerklage, dass dem Kläger auch keine weiteren Schadensersatzansprüche zustehen. b) Der Beklagte beantragt Klageabweisung und erhebt Widerklage, dass dem Kläger überhaupt keine Schadensersatzansprüche zustehen. Im Fall a) beträgt der Wert der Widerklage 5000 Euro, da sich der Kläger weiterer 5000 Euro berühmt. Ein Feststellungsabschlag ist bei negativer Feststellung nicht vorzunehmen. Siehe das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2300. Der Zuständigkeitsstreitwert bleibt daher bei 5000 Euro. Im Fall b) erstreckt sich die negative Feststellung auf die gesamten 10 000 Euro, so dass jetzt ihr Wert 10 000 Euro beträgt und damit die Zuständigkeit des Landgerichts gegeben ist. Das Verfahren richtet sich dann nach § 506 ZPO. Ob die negative Feststellungsklage zulässig ist, spielt für den Zuständigkeitsstreitwert keine Rolle. Im Übrigen ist sie zulässig. Soweit sie die bereits rechtshängigen 5000 Euro erfasst, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für die negative Feststellung erst mit mündlicher Verhandlung, weil dann die Klage nicht mehr ohne Einwilligung des Beklagten zurückgenommen werden kann. Hiernach müsste sie aber auch als Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) zulässig bleiben.
974
N. Schneider
Teil des Hauptanspruchs
B. Gebührenstreitwert für die Gerichtskosten I. Nur Teil des Hauptanspruchs ist eingeklagt Wird nur ein Teil des Hauptanspruchs eingeklagt, so richtet sich auch der Gebührenstreitwert nur nach dem Wert dieses Teils (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO). Wird später die Klage erweitert, kommt es auf den Gesamtwert an (§ 39 Abs. 1 GKG).
5130
Das gilt auch dann, wenn nacheinander verschiedene Teile des Hauptanspruchs eingeklagt werden.
5131
Û
Beispiel: Nach einem Verkehrsunfall klagt der Kläger zunächst nur 5000 Euro Reparaturkosten ein. Da er die Zahlung des Kaskoversicherers übersehen hat, nimmt er die Klage insoweit wieder zurück und macht nunmehr Nutzungsausfall, Sachverständigenkosten und Schmerzensgeld i.H.v. insgesamt 5000 Euro geltend. Nach § 39 Abs. 1 GKG sind die Werte aller Gegenstände zusammenzurechnen. Der Gebührenstreitwert beläuft sich auf 10 000 Euro.
Wird nur ein Teil des Hauptanspruchs eingeklagt, daneben aber im selben Prozess eine Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) erhoben, so richtet sich der Wert der Teilklage nach dem Betrag, der beziffert geltend gemachten Schadenspositionen (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO). Der Wert der Zwischenfeststellungsklage richtet sich nach der Summe aller Schadenspositionen, die hier in Betracht kommen – einschließlich der beziffert geltend gemachten. Hiervon ist dann wie bei einer Feststellungsklage ggf. ein Abschlag vorzunehmen (s. Rn. 5128). Die Werte von Klage und Zwischenfeststellungsklage sind sodann zusammenzurechnen, wobei zu beachten ist, dass hinsichtlich der Schadenspositionen, die bereits durch die Teilklage erfasst sind, wirtschaftliche Identität besteht und damit ein Additionsverbot.
Û
Beispiel: Wie Beispiel in Rn. 5131. Der Wert der Klageforderung beläuft sich auf 5000 Euro; der Wert der Zwischenfeststellungsklage auf 10 000 Euro abzgl. eines eventuellen Feststellungsabschlags von 20 %. Unzutreffend wäre es hier zu den 5000 Euro der Leistungsklage 80 % der weiteren Ansprüche, also 4000 Euro hinzuzuaddieren, denn aus dem Wert der Feststellung können gesonderte Gebühren anfallen.
Û
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel. Der Versicherer erkennt den Feststellungsantrag an, so dass insoweit ein Teilanerkenntnisurteil im schriftlichen Verfahren nach § 307 ZPO ergeht. Hiernach zahlt der Versicherer 4000 Euro auf den Sachschaden, da sich die Reparaturkosten nach seiner Auffassung nur auf diesen Betrag belaufen. Insoweit wird der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und der Kläger nimmt die Klageforderung i.H.d. weiteren 1000 Euro zurück. Die Terminsgebühr (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG) ist nach dem Wert der Zwischenfeststellungsklage angefallen, also aus den vollen 9000 Euro – nicht etwa nur aus 4000 Euro.
5132
II. Hauptanspruch ist voll eingeklagt, Gebühren fallen aber nur aus einem Teil an 1. Gebühren nur nach Teilwerten Für Handlungen, die nur einen Teil des Streitgegenstands betreffen, sind die Gerichtsgebühren nur nach dem Wert dieses Teils zu berechnen (§ 36 Abs. 1 GKG). N. Schneider
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5133
Teil des Hauptanspruchs
ZPO
Damit sind die Fälle gemeint, in denen in derselben Gebührenangelegenheit einzelne Gebühren nach Teilwerten anfallen. Nicht gemeint sind damit die Fälle verschiedener Instanzen, etwa bei einer Teilanfechtung. Dann gelten die §§ 40, 47 GKG. Jede Instanz ist gesondert zu bewerten. 5134
Solche Prozesslagen, in denen sich die Gebühren gem. § 36 Abs. 1 GKG aus Teilwerten berechnen, treten seit dem Wegfall der Urteilsgebühren kaum noch auf. Möglich sind solche Fallkonstellationen z.B. in Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren.
Û
Beispiel: Es wird eine einstweilige Verfügung beantragt wegen dreier Unterlassungsansprüche (Wert jeweils 20 000 Euro), die vom Gericht auch erlassen wird. Auf den Widerspruch hin beraumt das Gericht mündliche Verhandlung an. Vor der Verhandlung wird der Antrag hinsichtlich eines Unterlassungsanspruchs zurückgenommen. Nach Verhandlung ergeht ein Urteil über die verbliebenen Ansprüche. Für die 1,5-Verfahrensgebühr der Nr. 1410 KV GKG gilt lediglich der Wert von 20 000 Euro, da insoweit der Antrag zurückgenommen worden ist. Für die Erhöhung auf eine 3,0-Gebühr nach Nr. 1412 KV GKG gilt der Wert von 40 000 Euro. Zu rechnen ist also wie folgt: 1,5-Gebühr, Nr. 1410 KV GKG (Wert 20 000 Euro) 3,0-Gebühr, Nr. 1412 KV GKG (Wert 40 000 Euro) Gesamt
5135
Des Weiteren können solche Fälle im Verfahren auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde oder im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vorkommen, wenn nur teilweise zugelassen und im Übrigen der Antrag zurückgewiesen wird.
Û
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517,50 Euro 1428,00 Euro 1945,50 Euro1
Beispiel: Es wird gegen das Urteil des OLG (Klageabweisung i.H.v. 60 000 Euro) Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. In Höhe von 40 000 Euro wird der Beschwerde stattgegeben und die Revision zugelassen. Im Übrigen wird der Antrag zurückgenommen oder abgewiesen. Die Gebühr für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (Nrn. 1240, 1241 KV GKG) richtet sich nur nach dem Teilwert von 20 000 Euro.
In diesen Fällen muss das Gericht nach § 63 Abs. 2 GKG zwei Werte festsetzen, einen Wert für die Gebühr nach Nr. 1410 KV GKG und einen Wert für die Gebühr nach Nr. 1412 KV GKG. Eine Wertfestsetzung nach Zeiträumen – wie sie häufig vorgenommen wird – ist unzulässig. 2. Begrenzung auf eine Gebühr nach dem Gesamtwert
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Sind von einzelnen Wertteilen in demselben Rechtszug für gleiche Handlungen Gebühren zu berechnen, darf nicht mehr erhoben werden, als wenn die Gebühr von dem Gesamtbetrag der Wertteile zu berechnen wäre (§ 36 Abs. 2 GKG).
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Auch hier kommen Anwendungsfälle kaum vor. Möglich sind solche Fallkonstellationen z.B. in Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren oder im Verfahren auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde oder im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde.
Û
Beispiel: Es wird der Erlass einer einstweiligen Verfügung (Wert. 5000 Euro) beantragt. Das Gericht beraumt mündliche Verhandlung an. Vor der Verhandlung wird der Antrag im Wert von 1500 Euro teilweise zurückgenommen. Nach Verhandlung ergeht ein Urteil über den verbliebenen Anspruch.
1 Die Höchstgrenze des § 36 Abs. 3 GKG, nicht mehr als 3,0 aus dem Gesamtwert von 60 000 Euro (= 1998,00 Euro), ist nicht erreicht. Siehe dazu Rn. 5137 f.
976
N. Schneider
Teil des Hauptanspruchs Jetzt entsteht eine 1,0-Verfahrensgebühr nach Nrn. 1410, 1411 KV GKG aus 1500 Euro, und eine 3,0-Gebühr nach Nr. 1412 KV GKG aus 3500 Euro. Insgesamt darf gem. § 36 Abs. 3 GKG jedoch nicht mehr abgerechnet werden als eine 3,0-Gebühr aus dem Gesamtwert. Zu rechnen ist also wie folgt: 1,0-Gebühr, Nrn. 1410, 1411 KV GKG (Wert 1500 Euro) 3,0-Gebühr, Nr. 1412 KV GKG (Wert 3500 Euro) Gesamt gem. § 36 Abs. 3 GKG jedoch nicht mehr als 3,0 aus 5000 Euro
71,00 Euro 381,00 Euro 452,00 Euro 438,00 Euro
Auch bei mehreren Vergleichen kann ein Fall des § 36 Abs. 3 GKG vorkommen, sofern man nicht bereits § 35 GKG – der seinem Wortlaut nach für die Vergleichsgebühr nicht gilt – analog anwendet.
Û
5139
Beispiel: Es wird ein Teilvergleich geschlossen, der nicht anhängige Gegenstände i.H.v. 5000 Euro miteinbezieht. Später wird ein Schlussvergleich geschlossen, in dem weitere 10 000 Euro an nicht anhängigen Gegenständen mitverglichen werden. Für den ersten Vergleich fällt nach Nr. 1900 KV GKG eine 0,25-Gebühr aus 5000 Euro an. Für den zweiten Vergleich fällt erneut eine Gebühr nach Nr. 1900 KV GKG an, diesmal aus 10 000 Euro. Insgesamt darf nach § 36 Abs. 2 GKG nicht mehr erhoben werden als eine 0,25-Gebühr aus dem Gesamtwert von 15 000 Euro. Zu rechnen ist also wie folgt: 0,25-Gebühr, Nr. 1900 KV GKG (Wert 5000 Euro) 0,25-Gebühr, Nr. 1900 KV GKG (Wert 10 000 Euro) insgesamt nicht mehr als 0,25-Gebühr aus 15 000 Euro
36,50 Euro 60,25 Euro 73,25 Euro
Die Vorschrift des § 36 Abs. 3 GKG gilt auch im Verhältnis der Verfahrensgebühr zur Vergleichsgebühr (Anm. zu Nr. 1900 KV GKG).
5140
C. Gebührenstreitwert für die Anwaltsgebühren Für den Gebührenstreitwert der Anwaltsgebühren gilt Gleiches wie für die Gerichtsgebühren (§ 23 Abs. 1 Satz 1, 3 RVG), wobei sich hier Abweichungen ergeben können.
5141
Auch bei den Anwaltsgebühren kann es vorkommen, dass innerhalb derselben Angelegenheit gleichartige Gebühren aus Teilen des Gegenstandswertes nach verschiedenen Gebührensätzen anfallen. In diesem Fall gilt § 15 Abs. 3 RVG. Danach erhält der Anwalt höchstens eine Gebühr nach dem höchsten Gebührensatz aus dem Gesamtwert.
5142
Û
Beispiel: In einem Rechtsstreit über 8000 Euro ergeht zunächst ein Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren. Daraufhin wird Einspruch eingelegt, dieser aber auf 6000 Euro beschränkt. Darüber wird verhandelt. Die Terminsgebühr aus dem Teilwert von 2000 Euro entsteht nur zu 0,5 (Nrn. 3104, 3105 VV RVG). Die Terminsgebühr aus 6000 Euro entsteht dagegen in voller Höhe zu 1,2 (Nr. 3104 VV RVG), da insoweit verhandelt worden ist. Es ergibt sich folgende Berechnung: 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 8000 Euro) 2. 0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV RVG (Wert: 2000 Euro)
592,80 Euro 75,00 Euro
N. Schneider
977
Teil des Hauptanspruchs
ZPO
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 6000 Euro) die Grenze des § 15 Abs. 3 RVG, 1,2 aus 8000 Euro (547,20 Euro) ist nicht überschritten 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
424,80 Euro
20,00 Euro 1112,60 Euro 211,39 Euro 1323,99 Euro
5143
Voraussetzung für die Anwendung des § 15 Abs. 3 RVG ist, dass die Gebühren in derselben Angelegenheit entstehen. Daher gilt § 15 Abs. 3 RVG nicht, wenn das Gesetz anordnet, dass zwei verschiedene Angelegenheiten vorliegen, etwa bei Urkunden- und Nachverfahren (§ 17 Nr. 5 RVG) oder beim Verfahren nach Zurückverweisung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 RVG).
5144
Zu beachten ist, dass die Summe der Einzelgebühren niemals den Wert einer Gebühr nach dem höchsten Gebührensatz aus dem Gesamtwert übersteigen darf (§ 15 Abs. 3, Hs. 2 RVG). Übersteigt die Summe der Einzelgebühren einen Betrag nach dem höchsten Satz aus dem Gesamtwert, so sind die Einzelgebühren auf diesen Betrag zu begrenzen.
5145
Hauptanwendungsfall des § 15 Abs. 3, Hs. 2 RVG ist die Einigung, in die nicht anhängige Ansprüche einbezogen werden. Hier kann § 15 Abs. 3 RVG sowohl hinsichtlich der Verfahrens- als auch der Einigungsgebühr zu berücksichtigen sein. Der Anwalt erhält für die rechtshängigen Ansprüche eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) und eine 1,0-Einigungsgebühr (Nrn. 1000, 1003 VV RVG). Für die nicht anhängigen Ansprüche erhält er daneben eine 0,8-Verfahrensgebühr (Nrn. 3100, 3101 Nr. 2 VV RVG) sowie eine 1,5-Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG).
Û
Beispiel: In einem Rechtsstreit werden 10 000 Euro eingeklagt. Die Parteien einigen sich außergerichtlich über die gesamte Klageforderung sowie über weitere 6000 Euro, die bislang nicht anhängig waren, und lassen diesen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO protokollieren. 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 10 000 Euro) 2. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100 3101 Nr. 2 VV RVG (Wert: 6000 Euro) Gemäß § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,3 aus 16 000 Euro 3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 16 000 Euro)1 4. 1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1000, 1003 VV RVG (Wert: 10 000 Euro) 5. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV RVG (Wert: 6000 Euro) Gemäß § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,5 aus 16 000 Euro 6. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 7. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
5146
725,40 Euro 283,20 Euro 845,00 Euro 780,00 Euro 558,00 Euro 2531 Euro 975,00 Euro 20,00 Euro 2620,00 Euro 497,80 Euro 3117,80 Euro
Des Weiteren ist ein Fall des § 15 Abs. 3 RVG gegeben, wenn mehrere Auftraggeber nur hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstandes gemeinschaftlich beteiligt sind. Aus dem Teil der einfachen Beteiligung entsteht dann nur die einfache 1 Die Terminsgebühr entsteht aus dem Gesamtwert (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 11.11.2009 – 9 W 340/09, AGS 2010, 161 = MDR 2010, 720.
978
N. Schneider
Teil des Hauptanspruchs Gebühr; aus dem Wert der mehrfachen Beteiligung entsteht eine nach Nr. 1008 VV RVG erhöhte Gebühr. Alsdann ist nach § 15 Abs. 3, Hs. 2 RVG zu kürzen.1
Û
Beispiel: Der aus einem Verkehrsunfall Geschädigte erhebt eine Schadensersatzklage (2000 Euro) gegen den gegnerischen Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherer. Der verklagte Halter erhebt daraufhin Widerklage gegen den Kläger und dessen Haftpflichtversicherer i.H.v. 10 000 Euro. Beide Anwälte sind hier nach einem Gegenstandswert von 12 000 Euro tätig geworden, da Klage und Widerklage addiert werden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 45 Abs. 1 GKG). Der Anwalt des Klägers ist dabei nach einem Gegenstandswert von 2000 Euro für einen Auftraggeber (Kläger) tätig geworden und nach einem Gegenstandswert i.H.v. 10 000 Euro für zwei Auftraggeber (Kläger und drittwiderbeklagter Haftpflichtversicherer). Der Anwalt des Beklagten wiederum ist nach einem Gegenstandswert von 2000 Euro für drei Auftraggeber (drei Beklagte) tätig geworden und nach einem Gegenstandswert von 10 000 Euro für einen Auftraggeber (Widerkläger). Die zutreffende Berechnung ergibt sich aus § 15 Abs. 3 RVG. Für jeden Teilstreitwert sind gesonderte Gebühren zu berechnen, wobei die Summe der Einzelgebühren nicht höher liegen darf als eine nach dem höchsten angefallenen Gebührensatz berechnete Gebühr aus dem Gesamtstreitwert. Im Beispiel ergibt dies folgende Berechnung: Anwalt Kläger: 1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3100, 1008 VV RVG (Wert: 10 000 Euro) 2. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 2000 Euro) Gemäß § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,6 aus 12 000 Euro 3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 12 000 Euro) 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
892,80 Euro 195,00 Euro 966,40 Euro 724,80 Euro 20,00 Euro 1711,20 Euro 325,13 Euro 2036,33 Euro
Anwalt Beklagter: 1. 1,9-Verfahrensgebühr, Nr. 3100, 1008 VV RVG, (Wert: 2000 Euro) 2. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 10 000 Euro) die Grenze des § 15 Abs. 3 RVG, 1,9 aus 12 000 Euro (1147,60 Euro) ist nicht überschritten 3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 12 000 Euro) 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
285,00 Euro 725,40 Euro
724,80 Euro 20,00 Euro 1755,20 Euro 333,49 Euro 2088,69 Euro
D. Rechtsmittelstreitwert Soweit es für den Rechtsmittelstreitwert nicht auf die Beschwer, sondern auf den Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ankommt, richtet sich die Zulässigkeit nach dem Wert des Streitgegenstands, wegen dem das Rechtsmittel durchgeführt 1 AG Augsburg, Beschl. v. 23.7.2008 – 25 C 6176/06, AGS 2008, 434; LG Saarbrücken, Beschl. v. 16.11.2011 – 12 O 155/10, AGS 2012, 56.
N. Schneider
979
5147
Teilanerkenntnisurteil
ZPO
wird. Soweit also eine Entscheidung nur wegen eines Teils des Streitgegenstands angefochten wird, kommt es nur auf den Wert der Teilanfechtung an.
Û
5148
Soweit eine Abhilfemöglichkeit besteht (wie z.B. im Kostenfestsetzungsverfahren oder im Verfahren auf Streitwertfestsetzung), kommt es auf den nach Abhilfe noch verbleibenden Teil an, nicht auf den ursprünglichen Wert.
Û
5149
Beispiel: Die Klage über eine Forderung i.H.v. 1000 Euro ist abgewiesen worden. Der Kläger will wegen 500 Euro Berufung einlegen. Die Beschwer beläuft sich zwar auf 1000 Euro. Der Wert des Beschwerdegegenstands würde sich bei einer Teilanfechtung von 500 Euro jedoch nur auf diesen Betrag belaufen. Eine Berufung mit dieser Maßgabe wäre unzulässig, da sie den Berufungswert von 600,01 Euro (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht erreicht. Die Berufung wäre nur bei Zulassung statthaft (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Beispiel: Gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss wird sofortige Beschwerde erhoben, da 250 Euro aus Sicht des Erstattungsberechtigten zu Unrecht abgesetzt worden sind. Der Rechtspfleger hilft teilweise ab und setzt weitere 100 Euro fest. Der Wert des Beschwerdegegenstands ist infolge der Teilabhilfe auf 150 Euro gesunken. Die sofortige Beschwerde ist damit nicht mehr zulässig.
Einstweilen frei.
Teilanerkenntnisurteil Siehe die Stichwörter „Anerkenntnis und Anerkenntnisurteil“ sowie „Teilurteil“.
Teilklage A. Einleitung 5150
Aus der Dispositionsmaxime folgt, dass der Kläger sein prozessuales Rechtsschutzbegehren auf einen Teil eines teilbaren Gesamtanspruchs beschränken kann. Ob ein Anspruch im rechtlichen Sinne teilbar ist, ist davon abhängig, ob er quantitativ abgrenzbar und eindeutig individualisierbar ist1 und in welchem Umfang über ihn Streit bestehen kann, ohne dass die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht.2
5151
Zur Individualisierung des Streitgegenstandes bedarf es jedoch der Abgrenzung des eingeklagten Teils gegenüber dem verbleibenden Teil des Gesamtanspruchs, anderenfalls ist die Klage unzulässig.3 Eine nachträgliche Abgrenzung heilt rückwirkend, jedoch sind bis dahin alle Einzelforderungen in vollem Umfang bedingt rechtshängig.4
1 BGH, Urt. v. 21.2.1992 – V ZR 253/90, MDR 1992, 805. 2 BGH, Urt. v. 20.1.2004 – VII ZR 70/03, MDR 2004, 701. 3 BGH, Urt. v. 20.1.2004 – VII ZR 70/03, MDR 2004, 701; Urt. v. 13.3.2003 – VII ZR 418/01, MDR 2003, 824; BGHZ 11, 192; Zöller/Greger, § 253 Rn. 15. 4 BGH, Urt. v. 17.7.2003 – I ZR 295/00, MDR 2004, 219.
980
N. Schneider/Kurpat
Teilklage
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Für die Bewertung der Teilklage ist nur maßgebend, was eingeklagt wird. Dass sich beispielsweise eine Teilklage aus einer einheitlichen Kaufpreisforderung auf alle Rechnungsforderungen eines Sukzessivlieferungsvertrages stützt, rechtfertigt keine Erhöhung des Streitwertes, insbesondere keine Wertaddition aller Rechnungsforderungen.
5152
Auch ist für die Streitwertfestsetzung grundsätzlich unerheblich, ob die zu bewertende Antragstellung prozessual zulässig war oder nicht.1 Dient etwa die Erhebung mehrerer Teilklagen allein der Erschleichung der amtsgerichtlichen Zuständigkeit, ist diese zwar wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis unzulässig,2 der Streitwert der jeweiligen Teilklage bemisst sich (bis zu einer etwaigen Verbindung) jedoch nur nach dem jeweiligen Klagebetrag.
5153
Verbindet der Kläger seinen Teilleistungsantrag mit einem Feststellungsantrag, ist zu unterscheiden: – Begehrt der Kläger festzustellen, dass der Beklagte hinsichtlich des vom Leistungsantrag nicht erfassten Teils der Forderung dem Grunde nach zur Leistung verpflichtet ist, sind die Einzelwerte zu addieren. – Erhebt der Kläger dagegen neben dem Teilleistungsantrag eine Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO), sind die Anträge – wirtschaftlich betrachtet – auf dasselbe Ziel gerichtet. Eine Zusammenrechnung der Einzelwerte nach § 5 ZPO, § 39 Abs. 1 GKG scheidet grundsätzlich aus. So etwa, wenn der Kläger neben Teilzahlung beantragt, den Bestand des zwischen den Parteien streitigen Vertragsverhältnisses (Werkvertrag etc.) festzustellen. Wertbestimmend ist damit der höherwertige Feststellungsanspruch, wobei nicht unberücksichtigt bleiben darf, dass der beim Feststellungsantrag gebotene prozentuale Abschlag (20 %) auch den Teil umfassen würde, der Gegenstand des Leistungsantrages ist. Hier ist daher der Wert des Feststellungsantrages um 20 % des Leistungsantrages zu erhöhen oder die Werte von Leistungs- und Feststellungsantrag zu addieren, letzterer jedoch geschmälert um 80 % des Leistungsantrages.3
5154
Wird bei einer Schadensersatzklage nur ein Teilbetrag beansprucht und im Wege der Widerklage auf Feststellung des Nichtbestehens des gesamten Anspruchs begehrt und hat weiterhin der Kläger von vornherein ein Mitverschulden eingeräumt, so ist dieses Mitverschulden bei der Festsetzung des Streitwertes zu berücksichtigen, auch wenn der Kläger das Mitverschulden nicht bruchteilsmäßig bestimmt hat.4
5155
Gegenstand einer Feststellungswiderklage kann auch ein Teil einer Forderung sein; nur dieser Anspruchsteil ist dann als Streitgegenstand zu berücksichtigen. Hierbei ist unerheblich, ob sich für den unterlegenen Beklagten aus der Abweisung der begrenzten Feststellungswiderklage mittelbar ergibt, dass auch eine nicht eingeschränkte Feststellungswiderklage erfolglos geblieben wäre.5
5156
Ist bei einer Vollstreckungsabwehrklage unstreitig, dass die Zwangsvollstreckung nur wegen eines Bruchteils des im Titel festgelegten Zahlungsanspruchs für unzulässig erklärt werden soll, so ist nur dieser Teilbetrag der Streitwertfestsetzung
5157
1 KG, Rpfleger 1962, 154. 2 OLG Hamm, Beschl. v. 14.5.2014 – 32 SA 32/14, MDR 2014, 1106; Beschl. v. 15.5.1986 – 4 U 326/85, OLGZ 1987, 336; LG Gießen, Urt. v. 7.2.1996 – 1 S 490/95, MDR 1996, 527. 3 OLG Bamberg, JurBüro 1969, 955; OLG Oldenburg, Beschl.v. 29.3.2010 – 5 W 16/10. 4 OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 1. 5 OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 2.
Kurpat
981
Teilleistungen
ZPO
zugrunde zu legen.1 Hierbei kann sich die Beschränkung der Vollstreckungsabwehrklage aus der Fassung des Antrages oder auch konkludent aus den Umständen ergeben, etwa der Streitwertangabe des Klägers und dem Umfang der dem Beklagten erteilten Vollstreckungsklausel.2 Siehe näher dazu das Stichwort „Vollstreckungsabwehrklage“.
C. Rechtsmittel und Beschwer 5158
Die Bestimmung der Beschwer entspricht der auf den Gesamtbetrag gerichteten Klage. Dies gilt auch, wenn die Teilklage mit einer Begründung abgewiesen wird, die auch die Erfolgsaussichten des nichts rechtshängigen Teils des Gesamtanspruchs beeinflusst, also insbesondere, wenn bereits der Anspruchsgrund verneint wird.
5159
Wenn die Berufung gegen ein klageabweisendes Urteil nach der Berufungsschrift nur eingelegt wird, soweit die Klage in Höhe eines bestimmten Teilbetrages abgewiesen worden ist, dann ist der Streitwert nach diesem Teilbetrag zu bemessen.3 Liegt der Beschwerdegegenstand unter der Berufungssumme (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), kommt eine Verwerfung der Berufung erst in Betracht, wenn eine Änderung des Berufungsantrags nicht mehr möglich ist.4
D. Vergleich 5160
Nehmen die Parteien die Teilklage zum Anlass, sich erstinstanzlich über den Gesamtanspruch des Klägers zu vergleichen, ist dessen Wert für die Einigungsgebühr maßgebend.
5161
Ist über einen abtrennbaren Teil der Klageforderung durch Teilurteil entschieden und hiergegen Berufung eingelegt worden, dann ist für einen Vergleich im zweiten Rechtszug, der auch den erstinstanzlich noch anhängigen Teil der Klageforderung erfasst, der volle Klagewert anzusetzen.5
5162
Dies gilt jedoch nicht, wenn in erster Instanz nur ein Teil der Klageforderung zugesprochen wird, der Beklagte insoweit Berufung einlegt und sich die Parteien in der Berufungsinstanz über die gesamte Klageforderung vergleichen. Hier ist nur jene im zweiten Rechtszug noch umstrittene Teilforderung Streitgegenstand, auch wenn der Kläger wegen der Abweisung der Mehrforderung Anschlussberufung angekündigt, aber nicht eingelegt hat.6
Teilleistungen Siehe das Stichwort „Teilzahlungen“.
1 BGH, Beschl. v. 9.2.2006 – IX ZB 310/04, MDR 2006, 1064; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.1.1999 – 21 W 56/98, JurBüro 1999, 326; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.3.2008 – 23 U 30/07, JurBüro 2008, 316. 2 OLG Köln, Rpfleger 1976, 183. 3 OLG Celle, JurBüro 1961, 89; Thomas/Putzo/Reichold, § 511 ZPO Rn. 12. 4 BGH, Beschl. v. 16.10.2007 – VIII ZB 26/07, MDR 2008, 225. 5 Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Teilklagen“. 6 OLG Neustadt, MDR 1960, 593.
982
Kurpat
Teilurteil
Teilungsversteigerung Siehe die Stichwörter „Drittwiderspruchsklage“ und „Zwangsversteigerung“.
Teilurteil Literatur: Mayer/Mayer, JurBüro 1993, 325 (zum Streitwert der Berufung des Beklagten gegen ein Teilurteil).
A. Einleitung Die Zulässigkeit des Teilurteils folgt aus § 301 ZPO. Voraussetzung ist zunächst, 5163 dass es sich um einen individualisierbaren, selbständig entscheidbaren und größenmäßig bestimmten Teil eines teilbaren Streitgegenstandes handelt.1 Die Anforderungen gleichen denen der Zulässigkeit der Teilklage (s. unter dem Stichwort „Teilklage“), d.h. das Teilurteil müsste auf eine entsprechende Teilklage als Endurteil ergehen können.2 Erforderlich ist ferner, das die Teilentscheidung nicht in einen inhaltlichen Widerspruch zu einem etwaigen nachfolgenden Schlussurteil geraten kann.3
B. Gebührenstreitwert Der Streitwert des Teilurteils wird durch den Umfang des von ihm entschiedenen Klagebegehrens bestimmt und bedarf der gesonderten Festsetzung nur, soweit noch eine Urteilsgebühr anfällt, beispielsweise gem. Nr. 1412 KV GKG.4 Anlass für eine Wertfestsetzung besteht ferner, wenn mit dem Teilurteil das Prozessrechtsverhältnis gegenüber einem Streitgenossen umfassend beschieden und diesbezüglich eine (insoweit zulässige) (Teil-)Kostenentscheidung aufgenommen worden ist.5
5164
Im Übrigen hat die Verkündung des Teilurteils auf den Gebührenstreitwert nur 5165 insoweit Einfluss, als nachfolgend entstehende Gebührentatbestände nach dem verbleibenden, nicht entschiedenen Teil des Klagebegehrens zu bestimmen sind. Wird etwa bei Klage und Widerklage der Klageanspruch anerkannt, so dass nur noch über die Kosten und die Widerklage streitig zu verhandeln ist, dann bemisst sich der Streitwert für nachfolgend entstehende Gebührenstatbestände lediglich nach dem Wert der Widerklage. Die anteiligen Kosten der Klage bleiben unberücksichtigt.6 Dies folgt aus § 43 Abs. 3 GKG, wonach die Kosten des Verfahrens für die Streitwertbestimmung unerheblich sind, solange noch ein Teil der Hauptsache anhängig ist. Hierbei unterscheidet sich der Hauptsachebegriff des § 43 Abs. 3 GKG 1 Zöller/Vollkommer, § 301 Rn. 1. 2 BGH, Urt. v. 10.1.1989 – VI ZR 43/88, MDR 1989, 535. 3 BGH, Urt. v. 26.11.2003 – VI ZR 8/03, NJW 2004, 1452; Urt. v. 12.1.1994 – XII ZR 167/92, MDR 1994, 613; Urt. v. 10.10.1991 – III ZR 93/90, MDR 1992, 519. 4 Vgl. zum alten Recht etwa Nrn. 1224–1227, 1236, 1237, 1321, 1322 KV GKG zu § 11 GKG a.F. 5 OLG Köln, MDR 1976, 496. 6 OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.7.1989 – 5 W 90/89, MDR 1989, 1006.
Kurpat
983
5166
ZPO
Teilurteil nach überwiegender Ansicht von dem des Abs. 1 und umfasst – hier – Klage und Widerklage in ihrer Gesamtheit.1 5167
Wenn über einen abtrennbaren Teil durch Teilurteil entschieden worden ist und dieser Teil im weiteren Verfahren durch einen neuen, sprachlich umformulierten Antrag wieder in den Prozess eingeführt wird, dann ist nach OLG Oldenburg auch für das weitere Verfahren der volle Streitwert anzusetzen.2
C. Rechtsmittel und Beschwer 5168
Mit dem Erlass des Teilurteils wird der Rechtsstreit in zwei selbständige Verfahren geteilt. Daher muss die Beschwer für jedes Teilurteil sowie für das Schlussurteil gesondert ermittelt werden.3 Folglich bestimmt sich auch der Gebührenstreitwert für das Rechtsmittelverfahren nach dem Umfang, in dem die Aufhebung oder Abänderung des Teilurteils begehrt wird.4
5169
Die für ein Rechtsmittel gegen das Teilurteil erforderliche Beschwer muss sich dabei aus dem Urteil selbst ergeben. Der aufgrund der Teilabweisung unterlegene Kläger kann sich insoweit nicht auf den Bestand von Ansprüchen berufen, die Teil des noch nicht entschiedenen Rechtsstreits sind.5
5170
Dies gilt nicht, wenn dem Teilurteil eine willkürliche Trennung des Rechtsstreits in mehrere Verfahren, deren Streitwert jeweils unter der Rechtsmittelsumme liegt, vorausging. Hier bemisst sich die Beschwer des Rechtsmittelführers nach dem einheitlichen, die Rechtsmittelsumme übersteigenden Wert des Rechtsstreits vor dem Trennungsbeschluss.6
5171
Eine dahingehende „Aufwertung“ der Beschwer wird jedoch nicht bereits dadurch gerechtfertigt, dass der Erlass des Teilurteils wegen der Gefahr eines inhaltlichen Widerspruchs zum Schlussurteil unzulässig war und die Aufspaltung des Verfahrens zur fehlenden Rechtsmittelfähigkeit von Teil- und Schlussurteil führt.7
5172
Wird nach Erlass eines Teil-Anerkenntnisurteils gegen das Schlussurteil, das über den Restanspruch und die gesamten Kosten des Rechtsstreits entscheidet, in vollem Umfang Berufung eingelegt, so sind die auf das Anerkenntnisurteil entfallenden Kosten bei der Berechnung des Rechtsmittelstreitwerts nicht zu berücksichtigten.8 Der gegenteiligen Ansicht des OLG Nürnberg steht § 43 Abs. 3 GKG entgegen, wonach die Verfahrenskosten unberücksichtigt bleiben, wenn noch ein Teil des Hauptanspruchs im Streit ist. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung des BGH,9 die sich allein zur streitwertmäßigen Berücksichtigung von Zinsen aus einem erledigten Hauptsacheteil und damit zu § 43 Abs. 1 GKG verhält.
5173
Wird auf die Berufung gegen ein klagezusprechendes Teilurteil nach entsprechender mündlicher Verhandlung unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abgewiesen, so richtet sich der Streitwert der Berufungsinstanz nach 1 OLG Hamm, Beschl. v. 3.5.1996 – 7 UF 242/95, NJW-RR 1996, 1279 – Rücknahme des Rechtsmittels einer Partei. 2 OLG Oldenburg, Beschl. v. 8.12.1986 – 3 W 139 + 140/86, JurBüro 1987, 596. 3 BGH, Beschl. v. 25.4.1989 – VI ZB 13/89, MDR 1989, 903. 4 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 11.11.2008 – 4 W 88/08. 5 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.1996 – 5 U 69/95, OLGR 1996, 72. 6 BGH, Beschl. v. 30.10.1997 – VII ZR 299/95, MDR 1998, 179; Urt. v. 6.7.1995 – I ZR 20/93, MDR 1996, 269. 7 BGH, Beschl. v. 3.7.1996 – VIII ZR 302/95, AGS 1997, 20. 8 A.A. OLG Nürnberg, JurBüro 1959, 512. 9 BGH, Beschl. v. 12.12.1957 – VII ZR 135/57, NJW 1958, 342 = Rpfleger 1958, 83.
984
Kurpat
Teilzahlungen dem vollen Wert der Klage.1 Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Erlass eines Teilurteils unzulässig ist (und das Berufungsgericht die Klage vollständig bescheidet)2 oder der vom Teilurteil erfasste Anspruch die Grundlage des erstinstanzlich verbliebenen Anspruchs bildet.3 Eine Addition der Teilwerte ist auch geboten, wenn das Rechtsmittelgericht im Einverständnis der Parteien auch über den noch beim Ausgangsgericht anhängigen Teil der Klage entscheidet, diesen „hinaufzieht“.4 Dies unabhängig davon, ob eine derartige Mitbefassung für prozessual zulässig erachtet wird.5
5174
Hat bei einer Stufenklage das erstinstanzliche Gericht den Auskunfts- oder Rechnungslegungsanspruch durch Teilurteil zuerkannt und das Berufungsgericht die gesamte Klage abgewiesen, so ist bei uneingeschränkter Revision für den Streitwert der Revisionsinstanz6 und für die Urteilsgebühr des Berufungsverfahrens7 die gesamte Klage maßgebend.8 Siehe zu den Einzelheiten unter dem Stichwort „Stufenklage“.
5175
Wenn eine Partei gegen ein Teilurteil, das keine abschließende Kostenentscheidung enthält, Revision eingelegt hat, kann auch die Kostenentscheidung des Schlussurteils selbständig mit der Revision angegriffen werden, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob für das Rechtsmittel gegen das Schlussurteil die Beschwerdesumme erreicht ist.9 Siehe auch die Stichwortübersicht zu dem Stichwort „Rechtsmittel“.
5176
D. Vergleich Wird erstinstanzlich nur über einen Teil der Klageforderung entschieden, hiergegen Rechtsmittel eingelegt und vergleichen sich die Parteien sodann vor dem Rechtsmittelgericht über „die Klageforderung“, dann ist der volle Hauptsachewert für den Vergleichswert maßgeblich.
5177
Teilzahlungen Erbringt der Beklagte im Verlaufe des Rechtsstreits Teilzahlungen, muss der Kläger seinen Antrag anpassen. Meist wird der neue Klageantrag dann dahin formuliert, dass Zahlung „von … Euro abzüglich am … geleisteter … Euro“ gefordert wird.
5178
Das Gericht darf sich jedoch mit dieser Formulierung nicht begnügen. Es muss vielmehr durch einen Hinweis nach § 139 ZPO den Kläger klarstellen lassen, wie der im ursprünglichen Hauptantrag enthaltene und durch Zahlung beglichene
5179
1 Hartmann, KostG, Anh. I § 48 GKG (§ 3 ZPO) Rn. 114 Stichwort „Teilklage“. 2 BGH, Urt. v. 19.11.1959 – VII ZR 93/59, MDR 1960, 219. 3 BGH, Beschl. v. 12.3.1992 – I ZR 296/91, JurBüro 1993, 164; Urt. v. 16.6.1959 – VI ZR 81/58, BGHZ 30, 215 = MDR 1959, 746. 4 Mayer/Mayer, JurBüro 1993, 325. 5 Bejahend BGH, Urt. v. 25.3.1986 – IX ZR 104/85, BGHZ 97, 280 = MDR 1986, 930; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.6.1988 – 8 U 214/86, VersR 1989, 705. 6 BGH, NJW 1960, 576 – Abgrenzung zu BGH, NJW 1959, 1827. 7 BGH, Beschl. v. 12.3.1992 – I ZR 296/91, JurBüro 1993, 164. 8 OLG Thüringen, Beschl. v. 7.3.2014 – 1 W 83/14; s. auch Mayer/Mayer, JurBüro 1993, 325. 9 BGH, Urt. v. 16.9.1969 – VI ZR 241/68, VersR 1969, 1039.
Kurpat/Noethen
985
ZPO
Teilzahlungskredit Forderungsteil prozessual zu behandeln ist. Der Kläger wird sich insbesondere dazu erklären müssen, ob er insoweit die Hauptsache für erledigt erklärt oder die Klage teilweise zurücknimmt (§ 269 ZPO). 5180
Der Streitwert berechnet sich ab Antragsänderung für die dann noch entstehenden Gebühren nur noch nach dem Restbetrag der Hauptforderung.1
Û
Beispiel: Der Kläger erhebt Zahlungsklage über 15 000 Euro. Eine Woche vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung zahlt der Beklagte einen Teilbetrag von 5000 Euro. Die Parteien erklären daraufhin gegenüber dem Gericht den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt. Für die dann folgende mündliche Verhandlung können die Anwälte der Parteien die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) also nur noch aus einem Wert von 10 000 Euro geltend machen (wenn man denn annimmt, dass die Kosten des erledigten Teils unberücksichtigt bleiben, vgl. hierzu das Stichwort „Erledigung der Hauptsache“). Auf die bereits angefallenen Gerichtsgebühren (Nr. 1210 KV GKG) und die bereits entstandene Verfahrensgebühr der Anwälte (Nr. 3100 VV RVG) hat die Streitwertreduzierung dagegen keinen Einfluss.
5181
Ein in der Praxis immer wieder anzutreffender Fehler ist es, die im Rechtsstreit geleisteten Teilzahlungen vollständig von der Hauptforderung abzuziehen.2 Das ist mit der Anrechnungsregel des § 367 Abs. 1 BGB – gegenüber der die Bestimmungen des Kostenrechts keinen Vorrang haben – unvereinbar, nach der eine Teilzahlung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptforderung zu verrechnen ist.3 Es führt nicht nur zur Verkürzung der Gebührenansprüche, sondern kann sogar – scheinbar – dazu führen, dass die Erwachsenheitssumme nicht erreicht wird.4 Hat der Schuldner also keine Tilgungsbestimmung i.S.d. § 367 Abs. 2 BGB getroffen, müssen immer erst die zur Hauptforderung verlangten Zinsen getilgt werden. Sie sind für die Streitwertberechnung unerheblich (§ 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 2 ZPO). Die Hauptforderung vermindert sich ebenso wenig wie der Streitwert.
5182
Eine Teilzahlung „zwischen den Instanzen“ hat auf den Wert der Beschwer grundsätzlich keinen Einfluss,5 es sei denn, die Zahlung (Erfüllung) erfolgt vorbehaltlos.6 Unabhängig hiervon ist die Beschwer danach zu bestimmen, in welchem Umfang die Vorinstanz von den Anträgen des Rechtsmittelführers abgewichen ist, wenn das Rechtsmittel zurückgenommen wird.7
Teilzahlungskredit 5183
Kreditgebühren, die im Rahmen eines Teilzahlungskredits vereinbart werden, sind Zinsen i.S.v. § 4 Abs. 2 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG.8 Als Nebenforderung beeinflussen sie also den Streitwert nicht. 1 OLG Celle, Beschl. v. 30.9.1985 – 8 W 507/85, JurBüro 1985, 1855 mit Anm. Jelinsky (zur alten Rechtslage, nach der eine Urteilsgebühr anfiel. 2 Z.B. AG Hagen, Beschl. v. 8.1.1992 – 91-2300460-07-N, JurBüro 1992, 192 mit abl. Anm. Mümmler. 3 Vgl. OLG Hamm, JurBüro 1969, 765. 4 Vgl. Schneider, DRiZ 1979, 310. 5 BGH, Beschl. v. 7.12.2010 – VI ZB 87/09, MDR 2011, 384 = NJW-RR 2011, 488 m.w.N. 6 BGH, Beschl. v. 7.12.2010 – VI ZB 87/09, MDR 2011, 384 = NJW-RR 2011, 488 m.w.N. 7 BGH, Beschl. v. 27.7.2011 – IV ZR 31/11; ähnlich: BGH, Urt. v. 6.10.1977 – II ZR 4/77, MDR 1978, 210 (zum nicht mehr geltenden § 546 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.). 8 OLG Düsseldorf, MDR 1976, 663; Beschl. v. 16.11.1989 – 24 W 105/89, KostRsp. GKG § 12 Nr. 17.
986
Noethen
Telefax, unerwnschtes Umstritten ist, ob die Zusammenfassung des Darlehens und der Kreditgebühren in einem Betrag daran etwas ändert oder ob auch in diesem Fall die Kreditgebühren als Nebenforderung außer Ansatz zu bleiben haben.
5184
Das OLG Bamberg1 lässt die Kreditgebühren bei der Streitwertbemessung unberücksichtigt, während das OLG München2 davon ausgeht, eine Zinsforderung (Kreditgebührenforderung) verliere die Eigenschaft als Nebenforderung und werde zum Bestandteil des Hauptanspruchs, wenn der Zins (die Kreditgebührenforderung) aufgrund einer besonderen Vereinbarung dem Kapital zugeschlagen wird. Das geschehe beispielsweise durch Teilzahlungskreditverträge, in denen Kapital und Kreditgebühren zu einem „Gesamtkreditbetrag“ zusammengefasst würden. Das OLG Düsseldorf3 schließlich setzt ebenfalls den Streitwert nach der aus Hauptforderung und Gebühren bestehenden Gesamtforderung fest, um die Streitwertermittlung einfach und übersichtlich zu halten.
5185
Es ist Sache des Klägers, der aus Vereinfachungsgründen die Zusammenfassung 5186 vorgenommen hat, nachträglich die zur Wertbestimmung notwendige Rückrechnung darzulegen (§ 61 GKG). Darauf muss ungeachtet des Bestrebens, im Streitwertrecht einfache und leicht handhabbare Maßstäbe zu entwickeln, bestanden werden, auch weil Teilzahlungskredite in der Regel an einkommensmäßig schwächer gestellte Personen gewährt werden, die schon aus sozialstaatlichen Gründen vor übersetzten Prozesskosten geschützt werden müssen. Rechnerische Schwierigkeiten, die nicht behoben werden können oder deren Behebung einen unverhältnismäßig großen Aufwand fordert, können im Übrigen durch Anwendung des § 3 ZPO ausgeräumt werden. Ein pauschaler Abschlag ist hingegen nicht angebracht.4
Telefax, unerwnschtes Die Bewertung von Streitigkeiten, die sich mit Unterlassungsansprüchen bzgl. unerwünschter Telefaxe beschäftigen, hängt vom Inhalt der übermittelten Nachricht ab.
5187
A. Werbung Soweit es sich beim Inhalt des Telefax um Werbung oder um eine in sonstiger Weise gewerblich bzw. geschäftlich geprägte Mitteilung handelt, ist der Unterlassungsanspruch des Empfängers vermögensrechtlicher Natur, denn hier erfolgt das Verfahren allein bzw. maßgeblich auch aus wirtschaftlichen Gründen. Sein Wert ist dann nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO zu schätzen. Hinsichtlich der Einzelheiten kann auf das Stichwort „Werbung, unverlangte“ verwiesen werden.
1 OLG Bamberg, JurBüro 1976, 343. 2 OLG München, JurBüro 1976, 237; vgl. dazu auch die ausführliche Darstellung unter dem Stichwort „Darlehen“ (Rn. 1766) sowie jetzt OLG München, Beschl. v. 22.1.2013 – 15 W 186/13, NJW-RR 2013, 1088 (zu Anlagezinsen). 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.11.1989 – 24 W 105/89, KostRsp. GKG § 12 Nr. 17; ebenso Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Ratenzahlungskredit“. 4 Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Ratenzahlungskredit“.
Noethen
987
5188
ZPO
Telefonanrufe, unerwnschte
B. Private Mitteilungen 5189
Soweit der Empfänger des Telefax dagegen durch private Mitteilungen beleidigt, belästigt oder in sonstiger Weise in seiner Privatsphäre gestört wird, handelt es sich – vergleichbar mit einem belästigenden Telefonanruf1 – um einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch, dessen Gebührenstreitwert nach § 48 Abs. 2 GKG zu bestimmen ist. In solchen Fällen geht es nämlich um Rechtsbeziehungen, die den sozialen Geltungsanspruch des Klägers in der Öffentlichkeit vor drohenden Beeinträchtigungen schützen sollen.2
5190
Der Wert des Streitgegenstandes ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien zu bestimmen. Jedoch darf der Wert nicht über 1 000 000 Euro angenommen werden (was aber ohnehin nicht ernsthaft in Betracht kommt). Der Zuständigkeitsstreitwert solcher Verfahren ist unter Beachtung der Grundsätze des § 48 Abs. 2 GKG nach § 3 ZPO zu schätzen.
5191
Man wird in Anlehnung an § 23 Abs. 3 RVG von einem Regelstreitwert von 4000 Euro für das Hauptsacheverfahren und 1000 Euro bis 2000 Euro für das einstweilige Verfügungsverfahren ausgehen können.3 Sodann ist anhand der Einzelheiten des jeweiligen Falls zu entscheiden, ob der Streitwert von diesem Ausgangspunkt nach oben oder nach unten abweicht. Hinsichtlich der Einzelheiten der Wertbestimmung kann auf das Stichwort „Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit“ sowie auf das Stichwort „Belästigung“ verwiesen werden.
Telefonanrufe, unerwnschte 5192
Die Bewertung von Streitigkeiten, die sich mit Unterlassungsansprüchen bzgl. unerwünschter Telefonanrufe beschäftigen, hängt – wie bei unerwünschten SMS (s. dazu das Stichwort „SMS, unerwünschte“) – vom Inhalt des jeweiligen Anrufs ab.
A. Werbung 5193
Streitigkeiten um Unterlassung von Telefonanrufen mit werbendem Inhalt oder in sonstiger Weise gewerblich bzw. geschäftlich geprägten Mitteilungen sind vermögensrechtlicher Natur. Hier wird das Verfahren allein bzw. maßgeblich auch aus wirtschaftlichen Gründen betrieben. Sein Wert ist dann nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO zu schätzen.4 Hinsichtlich der Einzelheiten kann auf das Stichwort „Werbung, unverlangte“ verwiesen werden.
1 Vgl. BGH, VersR 1985, 185. 2 Vgl. BGH, Urt. v. 17.10.1995 – VI ZR 352/94, NJW 1996, 999 m.w.N.; Beschl. v. 3.4.1984 – VI ZR 80/83, MDR 1985, 43. 3 Vgl. Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Belästigung“. 4 KG, Beschl. v. 12.9.2006 – 9 W 167/06, KGR 2007, 99: 2000 Euro.
988
Noethen/Kurpat
Testament
B. Private Mitteilungen Soweit der Empfänger dagegen durch die Anrufe privaten Inhalts beleidigt, belästigt oder in sonstiger Weise in seiner Privatsphäre gestört wird, handelt es sich um einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch1, dessen Gebührenstreitwert nach § 48 Abs. 2 GKG zu bestimmen ist. In solchen Fällen sind Gegenstand des Streits Rechtsbeziehungen, die den sozialen Geltungsanspruch des Klägers in der Öffentlichkeit vor drohenden Beeinträchtigungen schützen sollen.2
5194
Die Bewertung hat unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien zu erfolgen, darf jedoch den Wert von 1 Million Euro nicht überschreiten. Der Zuständigkeitsstreitwert solcher Verfahren ist unter Beachtung der Grundsätze des § 48 Abs. 2 GKG nach § 3 ZPO zu schätzen.
5195
In Anlehnung an § 23 Abs. 3 RVG ist zunächst von einem Regelstreitwert über 5196 4000 Euro für das Hauptsacheverfahren und 1000 Euro bis 2000 Euro für das einstweilige Verfügungsverfahren auszugehen.3 Sodann ist anhand der Einzelheiten des jeweiligen Falles zu entscheiden, ob der Streitwert von diesem Ausgangspunkt nach oben oder nach unten abweicht. Hinsichtlich der Einzelheiten der Wertbestimmung kann auf die Stichwörter „Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit“ sowie „Belästigung“ verwiesen werden.
Telefongebhren Wird auf Zahlung von Fernsprechgebühren für in Anspruch genommene Verbindungen geklagt, dann ist der geltend gemachte Betrag für den Streitwert maßgebend (§ 3 ZPO).
5197
Werden regelmäßig wiederkehrende, verbrauchsunabhängige Beträge geltend gemacht, etwa eine monatliche Grundgebühr, eine Flat-Rate o.Ä., handelt es sich um Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen. Maßgebend sind dann die Entgelte der restlichen Vertragslaufzeit, höchstens jedoch der Betrag der nächsten dreieinhalb Jahre (§ 9 ZPO).
5198
Zum Streit über das Bestehen eines Vertragsverhältnisses selbst s. die Stichwörter „Vertragserfüllung“, Rn. 5840 ff. und „Feststellungsklage“, Rn. 2277 ff.
Testament Der Wert des Anspruchs auf Herausgabe eines Testaments ist gem. § 3 ZPO nach dem Interesse des Anspruchstellers an der Verwendung des Testaments zu schätzen, in der Regel nach dem Wert des Erbteils oder Vermächtnisses, das sich nach dem Vortrag des Anspruchstellers aus dem Testament ergibt.
1 Vgl. BGH, VersR 1985, 185. 2 Vgl. BGH, Urt. v. 17.10.1995 – VI ZR 352/94, NJW 1996, 999 m.w.N.; Beschl. v. 3.4.1984 – VI ZR 80/83, MDR 1985, 43. 3 OLG Köln, Beschl. v. 8.4.2002 – 11 W 25/02, NJW-RR 2002, 1723; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Belästigung“.
Kurpat/N. Schneider/Monschau
989
5199
Testamentsvollstreckung Ansprüche, die aus der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit eines Testaments hergeleitet werden, sind entsprechend dem Interesse des Klägers am Wert des gesamten Nachlasses zu bemessen, und nicht nach dem Anteil des Klägers daran.1 Siehe auch das Stichwort „Vermächtnisansprüche“.
5201
Entscheidend ist also nicht das Interesse des Klägers schlechthin, sondern dasjenige, das in seinem konkreten Klageantrag ausgedrückt wird. Es kommt darauf an, wie er stehen würde, wenn seine Klage Erfolg hätte.2
5202
Ist der Kläger bereits am Nachlass beteiligt, dann darf der ihm zustehende Erbanteil nicht mitbewertet werden.3
5203
Bei einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Testaments oder einer sich aus der behaupteten Testamentsauslegung ergebenden Rechtsfolge ist der Streitwert nicht nach dem Wert des ganzen Nachlasses, sondern nach dem Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung zu bemessen.4
ZPO
5200
Testamentsvollstreckung 5204
Ein Rechtsstreit um Bestehen und Fortdauer des Testamentsvollstreckeramts ist vermögensrechtlicher Art, wenn der Nachlass aus einer Stiftung besteht, die auch erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolgt, und der Testamentsvollstrecker auf die rechtliche und wirtschaftliche Organisation der Stiftung Einfluss nehmen will.5
5205
Für die Wertfestsetzung nach den § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG ist das objektive Amtsinteresse bestimmend, das dem Testamentsvollstrecker nach dem Testament und kraft Gesetzes obliegt. Dafür ist der wirtschaftliche Wert der dem Erben auferlegten Verfügungs- und Verwaltungsbeschränkung bzw. die Wertminderung, die der Nachlass durch die Testamentsvollstreckung erfährt, maßgebend.
5206
Dieser Wert ist mit einem Bruchteil des Nachlasswertes zu schätzen und übersteigt in der Regel nicht die Hälfte des Nachlasses.6
5207
Erhebt ein Testamentsvollstrecker Feststellungsklage, dass seine Einsetzung als Testamentsvollstrecker durch Testament wirksam verfügt ist, dann besteht der Wert der Klage in dem nach § 9 ZPO zu bestimmenden Mehrfachen der nach dem Testament zu zahlenden Jahresvergütung.7 Zum Feststellungsabschlag s. das Stichwort „Feststellungsklage“.
5208
Klagt ein Miterbe, dessen Erbteil den Beschränkungen der Vorerbschaft und der Testamentsvollstreckung unterliegt, auf Feststellung, dass die Testamentsvollstreckung beendet sei, so kommt als Streitwert nicht der Wert des Erbteils, sondern ein erheblich hinter diesem zurückbleibender Betrag in Betracht.8
5209
Klagt ein Miterbe auf Feststellung, dass der Teilungsplan des Testamentsvollstreckers unwirksam sei, setzt das OLG München9 den Wert – bezogen auf den Gesamtwert der Teilung – auf die Hälfte der Miterbenquote des Klägers fest (s. das 1 OLG Koblenz, Beschl. v. 11.12.1996 – 14 W 739/96, MDR 1997, 693 = JurBüro 1997, 419. 2 Siehe BGH, Beschl. v. 17.10.1956 – IV ZR 270/56, FamRZ 1956, 382 = NJW 1956, 1877. 3 Siehe dazu näher E. Schneider, JurBüro 1977, 433 und bei dem Stichwort „Miterbe“, Rn. 4055 ff. 4 BGH, Beschl. v. 17.10.1956 – IV ZR 270/56, FamRZ 1956, 382 = NJW 1956, 1877. 5 OLG Schleswig, Beschl. v. 9.7.1965 – 1 W 145/65, JurBüro 1966, 152. 6 OLG Schleswig, Beschl. v. 9.7.1965 – 1 W 145/65, JurBüro 1966, 152. 7 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 29.10.1965 – 2 W 75/65, Rpfleger 1967, 2. 8 OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.11.1960 – 6 W 490/60, JurBüro 1961, 90. 9 OLG München, Beschl. v. 26.1.1995 – 15 W 2687/94, OLGR 1995, 142.
990
Monschau
Titulierungsinteresse Stichwort „Miterbe“, Rn. 4125). Das Gericht hat dabei berücksichtigt, dass der Streit nicht um die Erbbeteiligung ging, sondern um die Verfügungsbefugnis über bestimmte Nachlassgegenstände (s. hierzu das Stichwort „Miterbe“, Rn. 4064), und dass der Testamentsvollstrecker mit der Klage nicht zu einer bestimmten Art der Teilung gezwungen werden konnte; den Wert hat das Gericht dann auf 50 % der Miterbenquote des Klägers festgesetzt. Beim Streit über das Bestehen und die Reichweite der Befugnisse eines Testamentsvollstreckers ist für die Beschwer das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewertende Interesse an der Abänderung des angefochtenen Urteils maßgebend. Dieses Interesse ist deutlich geringer als das Interesse des Erben an einer vollstreckungsfreien Nutzung des Nachlasses, das nur mit einem Bruchteil des streitbefangenen Vermögens bewertet werden kann, weil dem Testamentsvollstrecker als Treuhänder nur nach Maßgabe der letztwilligen Verfügung begrenzte Befugnisse zustehen; sein Interesse kann daher allenfalls mit 10 % des Wertes desjenigen Vermögens angesetzt werden, über dessen Verwaltung Streit besteht.1
5209a
Das OLG Frankfurt a. M. bewertet die Löschung eines Testamentsvollstreckungsvermerks im Grundbuch hinsichtlich des Grundstücks (Wert 1,3 Mio. Euro) mit 15 000 Euro.2 Anders als bei einer Klage auf Zahlung eines bestimmten Betrages, für deren Streitwert es bei unverändertem Antrag nicht darauf ankommt, ob nach Klageerhebung teilweise erfüllt worden ist, hängt der Streitwert bei der hier zu beurteilenden Klage auf Rechnungslegung davon ab, welchen Kenntnisstand der Kläger bereits gewonnen hat und wie sein danach verbleibendes Interesse an weiteren, sich aus der geforderten Rechnungslegung ergebenden Informationen, für die vorzubereitende Leistungsklage zu bewerten ist.3
5209b
Tierarztkosten Bei Rechtsstreitigkeiten wegen Viehmängelhaftung zählen Frachtkosten, Futterkosten und Tierarztkosten nicht als Nebenforderungen i.S.d. § 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO, sondern sind gem. § 5 ZPO dem Hauptanspruch hinzuzurechnen.4
5210
Titulierungsinteresse Literatur: Wielgloss, JurBüro 1999, 629; Büttner/Niepmann, NJW 2000, 2547.
Da jede gerichtliche Rechtsverfolgung auf die Schaffung eines Vollstreckungstitels gerichtet ist, kommt dem Titulierungsinteresse eine eigenständige streitwertbezogene Bedeutung nur dort zu, wo anlässlich der Titulierung streitiger Ansprüche bis dahin nicht rechtshängige unstreitige Ansprüche miterfasst werden.5 Über deren streitwertmäßige Behandlung besteht Uneinigkeit. 1 BGH, Beschl. v. 29.11.1995 – IV ZR 139/95, ZEV 1996, 35; Beschl. v. 21.6.2000 – IV ZR 20/00, ZEV 2000, 409; Beschl. v. 17.12.2003 – IV ZR 28/03, MDR 2004, 813 = ZErb 2004, 190. 2 OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 14.7.2006 – 20 W 369/05. 3 BGH, Beschl. v. 11.10.2000 – IV ZR 97/00. 4 LG Lübeck, Beschl. v. 11.12.1950 – 1 T 1449/50, JurBüro 1951, 301. 5 OLG Hamburg, Beschl. v. 13.3.2013 – 7 WF 21/13, MDR 2013, 600 – zum Verfahrenswert nach § 51 Abs. 1 GKG; OLG Dresden, Beschl. v. 3.1.2011 – 20 WF 1189/10, FamRZ 2011, 1407 – Beschwer.
Monschau/N. Schneider/Kurpat
991
5211
Titulierungsinteresse So endet das gerichtliche Verfahren häufig mit einem Prozessvergleich, in dessen protokollierten Text auch unstreitige Leistungen einer Partei aufgenommen oder unstreitige Ansprüche bei der Ermittlung eines (abschließenden) Zahlungssaldos berücksichtigt worden sind. Fraglich ist, wie der Streitwert für die gerichtliche Mehrvergleichsgebühr (Nr. 1900 KV GKG) und die anwaltliche Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG) zu bemessen ist.
5213
Während ein Teil die nicht anhängigen Ansprüche nur dann berücksichtigt, wenn sie streitig sind,1 sieht eine andere Ansicht die nicht streitigen Ansprüche als einen für die Abschlussbereitschaft relevanten Bestandteil des Vergleichs an, so dass die Ansprüche spätestens mit Abschluss des Vergleichs als streitig anzusehen seien.2
5214
Demgegenüber stellt eine vermittelnde Ansicht auf das bloße Titulierungsinteresse ab und beziffert dieses je nach Einzelfall mit 1/10 bis 1/3 des Wertes der miterfassten unstreitigen Forderung.3
5215
Der letztgenannten Ansicht ist zuzustimmen. Da mit der Aufnahme unstreitiger Leistungen oder Ansprüche nicht eine zuvor bestehende Ungewissheit oder Uneinigkeit der Parteien über das Bestehen dieser Ansprüche behoben wird, sind sie bei der Streitwertbestimmung nur mit einem Bruchteil ihres Hauptsachewertes in Ansatz zu bringen. Denn ihre Aufnahme in den Vergleich erfolgt nur anlässlich einer umfassenden Regelung der (künftigen) Rechtsverhältnisse der Parteien und hat – über die Titulierung hinaus – allein klarstellenden Charakter. Sie ermöglicht dem Gläubiger die künftige Inanspruchnahme des Schuldners, ohne dass er bei dessen später etwaig vorhandener Zahlungsunwilligkeit oder -fähigkeit einen (weiteren) Prozess führen muss.4 Siehe auch unter dem Stichwort „Vergleich“.
5216
Demgegenüber rechtfertigt der Umstand, dass rechtshängige Ansprüche nicht oder nur teilweise streitig sind, regelmäßig keine Reduzierung ihres Streitwerts im Hinblick auf den unstreitigen Teil. Vorprozessuale Erklärungen des Beklagten zum Bestand der Forderung bleiben ebenso wie sein Verteidigungsverhalten (Nichtbestreiten, Anerkenntnis) im Prozess auf die Bewertung ohne Einfluss, denn das Erkenntnisverfahren ist auf eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über den Bestand des gesamten Anspruchs gerichtet.5 Kostenrechtliche Auswirkungen, wie etwa über § 93 ZPO, sind dagegen nicht ausgeschlossen.
5217
Ebenso verhält es sich, wenn bei Rechtsstreitigkeiten auf Zahlung von Unterhalt, der Beklagte einen Teilbetrag freiwillig zahlt, so dass darüber kein Vollstreckungstitel vorliegt. Dass bei der Erhöhungsklage der freiwillig gezahlte Unterhalt betragsmäßig in den bezifferten Klageantrag mithineingenommen wird, um ihn für die Zu-
ZPO
5212
1 KG, NJW 1969, 434; LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 7.7.1994 – 8 Ta 42/94, JurBüro 1995, 248; LAG Rheinland-Pfalz, MDR 1985, 397; LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 16.10.2000 – 3 Ta 119/00, JurBüro 2001, 197. 2 OLG Bamberg, JurBüro 1989, 201; OLG Frankfurt a.M., MDR 1962, 662; OLG Nürnberg, JurBüro 1985, 1395. 3 OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.3.2011 – 5 U 137/10, JurBüro 2010, 303; OLG Bamberg, Beschl. v. 10.2.1992 – 7 WF 21/92, JurBüro 1992, 628: 1/10; KG, Urt. v. 5.1.2004 – 12 U 157/02, KGR 2004, 309: 1/10; OLG Düsseldorf, JurBüro 1988, 778; OLG Hamburg, AnwBl. 1988, 313; OLG Hamm, JurBüro 1985, 1360: 1/10; JurBüro 1979, 1867; OLG Koblenz, Beschl. v. 14.9.1998 – 13 WF 693/98, EzFamR aktuell 1999, 10; JurBüro 1984, 1218; OLG Köln, MDR 1963, 690; OLG Nürnberg, JurBüro 1994, 747: 1/20; OLG Zweibrücken, MDR 1978, 496; LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.5.1990 – 8 Ta 54/90, JurBüro 1991, 418: 1/5; LAG Nürnberg, Beschl. v. 15.2.2005 – 8 Ta 26/05, Bibliothek BAG; Beschl. v. 14.7.2004 – 6 Ta 2/04, MDR 2005, 223. 4 OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.3.2011 – 5 U 137/10, JurBüro 2010, 303; LAG Hamm, JurBüro 2002, 312. 5 OLG Oldenburg, FamRZ 1979, 64; OLG Bamberg, JurBüro 1979, 1681 und 874.
992 Kurpat
berbau kunft tituliert zu bekommen, ändert nichts daran, dass die Entscheidung über die Klageforderung auch hinsichtlich des unstreitigen Teils in Rechtskraft erwächst. Siehe unter dem Stichwort „Unterhaltssachen“ im FamFG-Teil Rn. 8479 ff.
Treuhndereinsetzung Beantragt ein Gesellschafter, für die Gesellschaft einen Treuhänder zu bestellen, weil die Gesellschafter darüber streiten, ob nach dem Tode des persönlich haftenden Gesellschafters noch ein Komplementär vorhanden ist, ist der Streitwert für diesen Antrag auf Einsetzung eines Treuhänders nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bemessen. Es ist auf den Erfolg abzustellen, den diese Maßnahme für den Kläger haben soll. Die wirtschaftliche Bedeutung des Unternehmens kommt bei dieser Schätzung erst in zweiter Linie in Betracht.1
5218
In ähnlicher Weise bestimmt der BGH2 den Streitwert für Verfahren über die Befugnisse und Pflichten des Testamentsvollstreckers. Maßgeblich sind die jeweils geltend gemachten Ansprüche, was zu einer Streitwertbestimmung als Bruchteil des zu verwaltenden Vermögens führen kann, aber ebenso zu einer Bewertung nach Aufwand an Zeit und Kosten für eine konkrete Tätigkeit.
5219
berbau A. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert einer Klage auf Beseitigung oder Unterlassung eines Überbaus ist, wie bei jeder anderen Klage auf Entfernung einer Eigentumsstörung, nach § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 GKG zu ermitteln.3
5220
Abzustellen ist daher erstinstanzlich auf das Interesse des Klägers an der Beseitigung. Es deckt sich mit der objektiven Wertminderung, die das Grundstück des Klägers durch den Überbau erleidet.4
5221
Umstritten ist die Streitwertbestimmung, wenn der Beklagte der Beseitigungsklage entgegenhält, er sei durch eine Grunddienstbarkeit zum Überbau berechtigt: – Nach einer Ansicht5 ist auch in diesem Fall nach § 3 ZPO anhand des klägerischen Interesses an der Beseitigung zu schätzen. – Nach anderer Ansicht ist in einem solchen Fall nach § 7 ZPO zu bewerten.6 Es genüge dazu, dass der Beklagte die Berechtigung aus der Grunddienstbarkeit im
5222
1 OLG Hamm, Rpfleger 1956, 140. 2 BGH, Beschl. v. 17.12.2003 – IV ZR 28/03, RVG-Berater 2004, 82. 3 BGH, Beschl. v. 23.1.1986 – V ZR 119/85, MDR 1986, 663; Beschl. v. 16.11.2006 – V ZR 97/06; OLG München, Beschl. v. 5.11.1996 – 15 W 2800/96, OLGR 1997, 140; LG Düsseldorf, NJW 1963, 2178; h.M., vgl. Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Überbau“. 4 BGH, Beschl. v. 16.11.2006 – V ZR 97/06; OLG Frankfurt, JurBüro 1959, 169; LG Bayreuth, JurBüro 1979, 437 mit Anm. Mümmler; LG Bayreuth, Beschl. v. 13.8.1984 – 2 T 103/84, JurBüro 1985, 441. 5 BGH, Beschl. v. 23.1.1986 – V ZR 119/85, KostRsp. ZPO § 7 Nr. 2 mit insoweit abl. Anm. Schneider = MDR 1986, 654. Es ist allerdings fraglich, ob der BGH seine insoweit geäußerte Auffassung überhaupt noch vertritt, nachdem er mit Beschl. v. 10.12.1993 – V ZR 168/92, BGHZ 124, 313 die Bewertung nach dem Interesse des Klägers aufgegeben hat. 6 Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Überbau“.
Kurpat/Noethen
993
berweisungsbeschlsse
ZPO
Rechtsstreit einwende. Nach § 3 ZPO dürfe in einem solchen Fall nur bewertet werden, wenn der Bestand der Grunddienstbarkeit unstreitig ist und lediglich Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien über die Ausübung der Störung bestehen. 5223
Der zweiten Meinung ist zuzustimmen: Wenn der Kläger seinen Abwehranspruch darauf stützt, dass der Beklagte sich zu Unrecht auf eine Grunddienstbarkeit beruft, dann muss über deren Bestand entschieden werden. Nicht anders liegt es, wenn der Beklagte die Grunddienstbarkeit einwendet. Auch dann gehört es zum unstreitigen Vorbringen und damit zum Klägervortrag, dass der Beklagte sich auf eine Grunddienstbarkeit beruft, die ihn zum Überbau berechtigt. Damit ist es in beiden Fällen unumgänglich, über den Bestand der Grunddienstbarkeit mitzuentscheiden. Auch wenn die Entscheidung über die Abwehrklage keine Rechtskraft hinsichtlich des Bestandes der Grunddienstbarkeit schafft, ist doch § 7 ZPO die passendere Bewertungsvorschrift und nicht § 3 ZPO.
5224
Auch im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Einstellung eines Überbaus ist das Interesse des Klägers an der Beseitigung des Überbaus maßgebend, nicht die Höhe der für die Beseitigung aufzuwendenden Kosten.1
5225
Die Frage, welche Kosten für die Beseitigung des Überbaus aufzuwenden sind, findet erst Einfluss in die Bestimmung der Beschwer des in erster Instanz zur Beseitigung verurteilten Beklagten. Für die Bemessung der Beschwer vertritt der BGH die Auffassung, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes ggf. auch den Wert des – unveränderten – Streitgegenstandes übersteigen kann.2
5226
Der Wert eines Verfahrens, in welchem eine Überbaurente geltend gemacht wird, ist nach § 9 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 ZPO zu bestimmen.3 Maßgeblich ist der 3,5-fache Wert des einjährigen Bezugs, wenn nicht – bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts – der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge geringer ist.
berweisungsbeschlsse Siehe das Stichwort „Pfändung“.
Umsatzsteuer A. Zuständigkeitsstreitwert 5227
Wird eine Forderung (Kaufpreis, Werklohn, Miete, o.Ä.) eingeklagt, so ist die darin enthaltene Umsatzsteuer bei der Streitwertfestsetzung mitzurechnen.4 Es handelt sich keineswegs um Nebenforderungen i.S.d. § 5 ZPO. Dabei ist es gleichgültig, ob die Umsatzsteuer im Klageantrag einfach einbezogen oder gesondert gekennzeichnet und beziffert worden ist.5 1 OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 365. 2 BGH, Beschl. v. 10.12.1993 – V ZR 168/92, LM ZPO § 2 Nr. 8 mit Anm. Grunsky, s. auch das Stichwort „Rechtsmittel“. 3 OLG Celle, JR 1951, 56; Hartmann, KostG, Anh. I § 48 GKG (§§ 8, 9 ZPO) Rn. 5. 4 OLG Köln, Beschl. v. 23.11.1981 – 17 W 360/81, AnwBl. 1982, 198. 5 LG Hannover, Beschl. v. 10.1.1974 – 24 O 109/72, Nds.Rpfl. 1974, 157.
994
Noethen/N. Schneider
Umsatzsteuer Auch dann, wenn Schadens- oder Aufwendungsersatz geltend gemacht wird, ist die in der Klageforderung enthalte Umsatzsteuer hinzuzurechnen. Eine Berechtigung des Klägers zum Vorsteuerabzug ist in diesem Zusammenhang unerheblich, da es nur auf den eingeklagten Betrag ankommt, nicht auf die Berechtigung der Forderung.
5228
Wird auf Herausgabe geklagt, so ist der Verkehrswert einschließlich Umsatzsteuer 5229 maßgebend. Auch hier kommt es auf eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht an. Richtet sich die Klage lediglich auf Feststellung einer Schadens- oder Aufwen- 5230 dungsersatzpflicht, so ist grundsätzlich ebenfalls vom Brutto-Betrag auszugehen. Ist die Partei dagegen nach ihrem eigenen Vorbringen zum Vorsteuerabzug berechtigt, so darf lediglich vom Netto-Betrag ausgegangen werden, da im Falle einer Leistungsklage nur der Netto-Betrag geltend gemacht werden würde. Gleiches dürfte bei der Feststellung einer Schadens- oder Aufwendungsersatzpflicht nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB gelten, wenn der Kläger davon ausgeht, den Schaden in Eigenregie zu reparieren, so dass keine Umsatzsteuer anfällt. Hier kann allerdings die anteilige Umsatzsteuer aus Materialien oder Ersatzteilen zu berücksichtigen sein, die der Geschädigte zur Reparatur in Eigenregie aufwenden muss.
5231
Ebenso wird die Umsatzsteuer außer Ansatz zu lassen sein, wenn der Geschädigte eine umsatzsteuerfreie Ersatzbeschaffung vornimmt.
5232
Das Gleiche gilt, wenn unbeziffert Deckungsschutz aus einem Versicherungsverhältnis geltend gemacht wird. Auch hier ist grundsätzlich vom Brutto-Betrag auszugehen, es sei denn, der Versicherer schuldet wegen der Vorsteuerabzugsberechtigung des Versicherten unstreitig Deckungsschutz nur i.H.d. Netto-Beträge, so z.B. in der Fahrzeugversicherung nach § 13 AKB1 oder bei einer Deckungsschutzklage aus einer Rechtsschutzversicherung, wenn der Versicherungsnehmer unstreitig zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
5233
Ist die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung dagegen streitig, behauptet dies also lediglich der Gegner, ist dies unerheblich, da es auf den Antrag des Klägers ankommt. Solange sich dieser (auch) eines Anspruchs auf Ersatz der Umsatzsteuer berühmt, ist sie mitzubewerten.
5234
Wird lediglich die Erteilung einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis verlangt, richtet sich der Streitwert nach der Höhe der auszuweisenden Umsatzsteuer, da der Kläger diese im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machen kann.2
5234a
B. Gebührenstreitwert Für den Gebührenstreitwert gelten die gleichen Grundsätze wie zum Zuständigkeitsstreitwert.
5235
Soweit nach § 41 Abs. 1, 2, 5 GKG auf das Entgelt für einen bestimmten Zeitraum abgestellt wird, ist die auf das Netto-Entgelt zu zahlende Umsatzsteuer hinzuzurechnen.3
5236
1 BGH, Beschl. v. 30.4.1991 – IV ZR 243/90, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1050 mit Anm. Schneider. 2 BGH, Urt. v. 10.3.2010 – VIII ZR 65/09, MDR 2010, 766 = AGS 2010, 404. 3 OLG Celle, Beschl. v. 11.11.2008 – 2 W 239/08, AGS 2009, 89 = MietRB 2009, 101; OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.10.2008 – 5 W 48/08, AGS 2009, 46 = MietRB 2009, 132; KG, Beschl. v. 17.6.1999 – 8 W 4592/99, KGR 1999, 310; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 28.11.2000 – 4 W 53/00, AGS 2001, 204.
N. Schneider
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ZPO
Umsatzsteuerausweis
C. Beschwer 5237
Bei der Beschwer ist die Umsatzsteuer nach denselben Grundsätzen zu berücksichtigen wie beim Zuständigkeitsstreitwert. Die Beschwer kann auch ausschließlich in der Umsatzsteuer liegen, wenn Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens alleine die Frage ist, ob auch Umsatzsteuer geschuldet ist.
5237a
Im Falle einer Verurteilung zur Erstellung einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis ist der Rechtsmittelkläger i.H.d. auszuweisenden Umsatzsteuer beschwert.1
D. Besonderheiten beim Kostenstreitwert 5238
Werden Kosten zur Hauptsache, etwa nach Erledigungserklärung, Hauptsacheanerkenntnis, Klagerücknahme oder in gesonderten Kostenverfahren (Kostenoder Streitwertbeschwerde, Kostenfestsetzung u.Ä.), so ist die auf die Anwaltskosten und sonstige Parteikosten entfallende Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) grundsätzlich mitzuberechnen.
5239
Soweit eine Partei jedoch zum Vorsteuerabzug berechtigt ist oder ausnahmsweise keine Umsatzsteuer anfällt (z.B. in Auslandsfällen oder beim Anwalt in eigener Sache, § 91 Abs. 1 Satz 3 ZPO), bleibt die Umsatzsteuer außer Ansatz, da sie für die betreffende Partei nur ein durchlaufender Posten ist, insbesondere nicht erstattet verlangt werden kann (§§ 91, 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
5240
Gleiches gilt für die Berechnung des Wertes des Beschwerdegegenstandes bei Beschwerden in Kostensachen nach § 567 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 ZPO, § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG. Auch hier bleibt die Umsatzsteuer außer Ansatz, soweit unstreitig eine Vorsteuerabzugsberechtigung besteht.
Û
Beispiel: Im Kostenfestsetzungsverfahren streiten die Parteien über die Berechtigung einer 1,2-Terminsgebühr des Klägers aus dem Wert von 2000 Euro (netto 180 Euro), die das Gericht abgesetzt hat. Der Kläger will dagegen Rechtsmittel einlegen. a) Der Kläger ist zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt. b) Der Kläger ist zum Vorsteuerabzug berechtigt. Im Fall a) beträgt die Beschwer 180 Euro zzgl. 19 % Umsatzsteuer (34,20 Euro), insgesamt also 214,20 Euro. Die Beschwerde ist also zulässig. Im Fall b) beträgt die Beschwer nur 180 Euro. Die Umsatzsteuer bleibt wegen der Vorsteuerabzugsberechtigung außer Ansatz, da sie ohnehin nicht festsetzungsfähig ist. Die Beschwerde ist in diesem Fall unzulässig. Es bleibt nur die Erinnerung.
Umsatzsteuerausweis A. Zuständigkeitsstreitwert 5241
Verlangt der Kläger die gesonderte Ausweisung der Umsatzsteuer in einer Rechnung, so richtet sich der Streitwert nach dem Betrag der auszuweisenden Umsatzsteuer.2 Sein Interesse besteht nämlich darin, die Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs zurückerstattet zu erhalten bzw. mit eigenen Steuerschulden
1 BGH, Urt. v. 10.3.2010 – VIII ZR 65/09, MDR 2010, 766 = AGS 2010, 404. 2 BGH, Urt. v. 10.3.2010 – VIII ZR 65/09, MDR 2010, 766 = AGS 2010, 404.
996
N. Schneider
Unbezifferte Antrge verrechnen zu können. Das Gleiche gilt, wenn aus anderen Gründen eine ordnungsgemäße Rechnung zum Zwecke des Vorsteuerabzugs verlangt wird. Verlangt der Kläger die Ausweisung eines höheren Umsatzsteuersatzes als ausgewiesen (etwa 19 % statt 7 %), richtet sich der Wert nach der streitigen Differenz.
5242
B. Gebührenstreitwert Für den Gebührenstreitwert gelten die gleichen Bewertungen wie für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG).
5243
C. Beschwer Bei der Beschwer ist zu differenzieren: – Für den Kläger richtet sich die Beschwer nach dem auszuweisenden Umsatzsteuerbetrag. – Für die Beschwer des beklagten Rechnungsausstellers kommt es darauf an, ob die im Rechnungsbetrag enthaltene Umsatzsteuer unstreitig ist oder nicht: Ist unstreitig, dass in dem Rechnungsbetrag Umsatzsteuer enthalten ist, dürfte sich die Beschwer für ihn lediglich auf die Kosten belaufen, die mit der Erstellung der Rechnung verbunden sind, denn die Umsatzsteuer muss unabhängig davon abgeführt werden, ob sie ausgewiesen ist oder nicht. Es gilt hier nichts anderes als bei einem Auskunftsanspruch (s. das Stichwort „Auskunftsanspruch“, Rn. 1406). Bestreitet der Rechnungsaussteller dagegen, dass in dem Rechnungsbetrag Umsatzsteuer enthalten ist, ist wiederum der volle Wert maßgebend, da der Rechnungsaussteller im Falle der Ausweisung die Umsatzsteuer auch abführen muss.1 Ist nur die Höhe des Umsatzsteuersatzes streitig, richtet sich der Wert nach der streitigen Differenz.
Unbezifferte Antrge Literatur: Willms, JZ 1952, 618; Martini, JurBüro 1956, 433; Quardt, JurBüro 1957, 516; Pawlowski, NJW 1961, 341; Weiland, JurBüro 1980, 993; Dunz, NJW 1984, 1734; Husmann, VersR 1985, 718; Schneider, MDR 1985, 992; Bähr, VersR 1986, 533; Allgaier, VersR 1987, 31; Gerstenberg, NJW 1988, 1352; Husmann, NJW 1989, 3126; Wurm, JA 1989, 65; Steinle, VersR 1992, 425; Butzer, MDR 1992, 539 (Prozessuale und kostenrechtliche Probleme beim unbezifferten Klageantrag); Röttger, NJW 1994, 368 (Bindung an den unbezifferten Antrag); Deubner, JuS 1994, 1050; Schlosser, JZ 1996, 1082; Jaeger, MDR 1996, 888; Mertins, VersR 2006, 47; Ruttloff,VersR 2008, 50. Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5245
II. Grundlagen der Streitwertschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5249 1. Abgrenzung zum Bestimmtheitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5251 2. Abgrenzung zur Antragsbindung. 5255
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 5246
1 BGH, Urt. v. 10.3.2010 – VIII ZR 65/09, MDR 2010, 766 = AGS 2010, 404.
N. Schneider/Noethen
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5244
Unbezifferte Antrge
ZPO
3. III. 1. 2.
Stellungnahme . . . . . . . . . . . . Bewertungsmaßstäbe . . . . . . . Zahlungsvorschlag des Klägers Verurteilungsbetrag. . . . . . . . .
. . . .
. . . .
Rn.
Rn.
5261 5264 5265 5271
3. Sachvortrag des Klägers. . . . . . . . 5274 a) Erster Rechtszug . . . . . . . . . . 5277 b) Rechtsmittelinstanz . . . . . . . . 5287 C. Streitwertbeschwerde . . . . . . . . . 5292
Stichwortübersicht Rn. Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . Betragsvorstellung des Klägers gleich Streitwert . . . . . . . . . Beweisfälligkeit des Klägers . . Größenangabe des Klägers. . . . Höchstbetragsangabe . . . . . . . Klageänderung . . . . . . . . . . . . Klagerücknahme. . . . . . . . . . . Kostenbelastung des Klägers . . Kostenrisiko . . . . . . . . . . . . . . Kostenverteilung . . . . . . . . . .
. . . . . . 5288 . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
5253 5282 5251 5254 5257 5284 5282 5266 5256
Rn. Mindestbetrag, vom Kläger genannter . . . . . . . . . . . . Mitverschulden . . . . . . . . . Prozessvergleich . . . . . . . . . Rechtsmittelbeschwer . . . . Spielraumtheorie . . . . . . . . Streitwertbeschwerde . . . . . Verurteilungsbetrag – gleich Streitwert . . . . . . . – Vergleichswert . . . . . . . . Vorläufige Festsetzung . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
5258 5283 5285 5288 5260 5292
. . . . . . . . 5271 . . . . . . . . 5272 . . . . 5267, 5292
A. Einleitung 5245
Mit einem unbezifferten Antrag stellt der Kläger die Entscheidung über die Anspruchshöhe in das Ermessen des Gerichts. Hauptanwendungsgebiet der Streitwertbemessung bei unbezifferten Anträgen sind in der Praxis die Schmerzensgeldansprüche. Die Schätzungsgesichtspunkte sind dementsprechend dieselben wie diejenigen für die Bemessung der „billigen Entschädigung“ nach § 253 Abs. 2 BGB.1 Die Bemessungsgrundsätze gelten darüber hinaus auch für alle sonstigen unbezifferten Anträge, z.B. für die Schätzung des merkantilen Minderwerts eines unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs (vgl. § 287 ZPO).
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Allgemeines 5246
Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert ist bei unbezifferten Anträgen nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Bei einem von vornherein bezifferten Anspruch ist jedoch der geforderte Betrag maßgeblich.
5247
Wenn das Schmerzensgeld in Form einer Rente beansprucht wird, ist der Streitwert nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag festzusetzen. Der Jahresbetrag ist wiederum durch Schätzung zu ermitteln. Bei einer Klageänderung vom unbezifferten Antrag zum Rentenantrag entstehen in der Zwischenzeit keine „Rückstände“.2
5248
Wird der (unbezifferte) Schmerzensgeldantrag neben einem Antrag auf Unterlassung ehrkränkender Äußerungen gestellt, dann sind nach dem OLG Frankfurt3 zwei Werte anzusetzen und diese zu addieren. Nach der richtigen Ansicht des
1 Husmann, VersR 1985, 718 zu § 847 BGB a.F. 2 OLG Zweibrücken, JurBüro 1978, 1550. 3 OLG Frankfurt, JurBüro 1974, 1413.
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Noethen
Unbezifferte Antrge OLG Köln1 bestimmt sich jedoch gem. § 48 Abs. 3 GKG der Streitwert allein nach dem Wert des höheren Anspruchs.
II. Grundlagen der Streitwertschätzung Bei der Schätzung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG sind die Wertvorstellungen des Klägers wichtige Anhaltspunkte.2 Entscheidend sind dabei die Angaben in der Antragsschrift. Eine vor Klageerhebung vom Kläger außergerichtlich geforderte höhere Summe bleibt dagegen außer Betracht, wenn sie im Verfahren nicht mehr geltend gemacht wird.
5249
Auf welche Angaben des Klägers zum Wert seines Anspruchs darf man sich aber stützen? Hier sind zwei weitere Besonderheiten des unbezifferten Klageantrages zu beachten, die mit dem Streitwert zwar nicht unmittelbar etwas zu tun haben, aber dennoch nicht immer klar getrennt werden. Dies ist zum einen die Frage des Bestimmtheitsgebots (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und zum anderen die Frage der Antragsbindung (§ 308 Abs. 1 ZPO).
5250
1. Abgrenzung zum Bestimmtheitsgebot Wenn der Kläger in der Klageschrift Angaben zu seinen Wertvorstellungen hinsichtlich des (unbezifferten) Anspruchs macht, geschieht dies nicht unbedingt zur Bestimmung des Streitwerts. Denn im Rahmen der Zulässigkeit der Klage (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) fordert die ganz herrschende Meinung3 beim unbezifferten Klageantrag, dass der Kläger die „allgemeine Größenordnung seines Begehrens“ kennzeichnet, wozu das Gericht ihn ggf. aufzufordern hat.4 Hiervon ausgehend gibt es dann natürlich keine unbezifferten Klageanträge ohne Größenangabe des Klägers.5
5251
Û
Anmerkung: Allerdings sieht auch der BGH6 eine Klage ohne Angabe der Größenordnung der Forderung nicht zwingend als unzulässig wegen Verstoßes gegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO an, denn er umgeht diese prozessuale Konsequenz mit einem kleinen Trick: Er sieht eine konkludente Größenangabe darin, dass der Kläger eine Wertfestsetzung des Gerichts stillschweigend hinnimmt und sich damit die Kennzeichnung der Größenordnung des Klagebegehrens durch das Gericht zu eigen macht. Auf diese Weise wird die unzulässige Klage am Ende doch wieder zulässig.7
5252
Die Angabe einer mit Rücksicht auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO geäußerten Betragsvorstellung durch den Kläger verführt manche Gerichte dazu, diese Summe auch
5253
1 OLG Köln, Beschl. v. 18.8.1993 – 19 W 37/93, OLGR 1993, 283. 2 OLG Bamberg, JurBüro 1978, 1391. 3 BGH, Urt. v. 9.7.1974 – VI ZR 236/73, VersR 1974, 1182; BGH, Beschl. v. 21.6.1977 – VI ZA 3/75, VersR 1977, 861; Urt. v. 13.10.1981 – VI ZR 162/80, MDR 1982, 313 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 556 mit Anm. Schneider; Urt. v. 9.11.1982 – VI ZR 23/81, NJW 1983, 332; Urt. v. 15.5.1984 – VI ZR 155/82, VersR 1984, 739; Beschl. v. 30.4.1996 – VI ZR 55/95, MDR 1996, 886. 4 OLG Bamberg, Beschl. v. 23.7.1984 – 5 W 74/84, VersR 1984, 875. 5 Kritisch Schneider, MDR 1985, 992 und Husmann, VersR 1985, 718 und NJW 1989, 3126, die diese Praxis sogar für verfassungswidrig halten, weil sie mit dem prozessualen Bestimmungsrecht des Klägers unvereinbar und willkürlich i.S.d. Art. 3 GG sei. 6 BGH, JurBüro 1980, 46 = VersR 1979, 472. 7 Nach Schneider, MDR 1985, 992 hat der BGH mit dieser Rspr. nur neue Schwierigkeiten geschaffen, weil es widersprüchlich sei, unbezifferte Klageanträge zuzulassen, zugleich aber eine Betragsangabe zu fordern und dann von dieser auszugehen.
Noethen
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ZPO
Unbezifferte Antrge für die Streitwertbemessung als verbindlich anzusehen.1 Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn der Kläger seine Betragsvorstellungen äußert, ohne hinzuzufügen, dass sie keine Bindungswirkung haben sollen.2 5254
Das OLG München3 setzt den Gebührenstreitwert selbst dann auf eine vom Kläger nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO angegebene Größenordnung fest, wenn das nach dem Sachvortrag des Klägers gerechtfertigte Schmerzensgeld um ein Vielfaches geringer ist. Die Kostenvergünstigung der unbezifferten Leistungsklage4 wäre damit praktisch abgeschafft.5 Noch weiter geht das OLG München in einer anderen Entscheidung,6 wonach ein vom Kläger angegebener Mindestbetrag das Gericht streitwertmäßig binde, wenn der Kläger keinen Höchstbetrag genannt habe. 2. Abgrenzung zur Antragsbindung
5255
Stellt eine Partei nur einen unbezifferten Antrag, so kann nicht ohne Weiteres festgestellt werden, ob und in welchem Maße sie mit dem später ergehenden Urteil obsiegt hat bzw. unterlegen ist; denn bei unbezifferten Anträgen stellt der Kläger die Höhe seiner Forderung in das Ermessen des Gerichts. Hier muss das Gericht entscheiden, ob ein Fall des § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vorliegt oder die Kosten zu quoteln sind.
5256
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Fraglich ist in solchen Fällen ebenso, ob und in welchem Umfang das Gericht die vom Kläger geäußerte Betragsvorstellung überschreiten darf – ob also die vom Kläger geäußerte Betragsvorstellung im Rahmen des § 308 Abs. 1 ZPO Bindung entfaltet.8
5258
Nach Meinung des OLG Karlsruhe9 soll ein vom Kläger genannter Mindestbetrag wie folgt zu beachten sein (sog. Spielraumtheorie):
Anmerkung: Nach einer Entscheidung des OLG Koblenz7 hat eine Teilabweisung und Kostenquotelung zu unterbleiben, wenn eine Partei als vorgestelltes Schmerzensgeld den Betrag von 15 000 DM nennt und 13 000 DM zugesprochen erhält. Der zugesprochene Betrag bewege sich dann noch innerhalb der von der Partei geäußerten Größenordnung des geforderten Betrags.
1 So etwa OLG Schleswig, JurBüro 1980, 604; OLG Karlsruhe, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 440 mit Anm. Schneider; OLG Karlsruhe, Justiz 1985, 167 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 751; OLG Bamberg, JurBüro 1985, 765 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 748; OLG Bamberg, JurBüro 1986, 908. 2 S. OLG Celle, NJW 1977, 334; OLG Nürnberg, MDR 1976, 411; OLG Hamm, VersR 1977, 935; OLG Bamberg, JurBüro 1978, 588; OLG Zweibrücken, JurBüro 1978, 586; OLG Zweibrücken, JurBüro 1978, 739; OLG Karlsruhe, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 440; OLG Schleswig, JurBüro 1980, 604; LG Itzehoe, AnwBl. 1985, 43. 3 OLG München, Beschl v. 2.3.1987 – 24 W 35/87, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 874 mit abl. Anm. Schneider. 4 Hierzu Zöller/Herget, § 92 Rn. 12; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.6.1994 – 22 W 28/94, OLGR 1994, 239: Keine Kostenbelastung bei 20 % Unterschreitung der angegebenen Größenordnung. 5 Insofern ist es zwar verfehlt aber konsequent, generell die Zulässigkeit unbestimmter Anträge zu verneinen; vgl. Gerstenberg, NJW 1988, 1352. 6 OLG München, Urt. v. 5.3.1986 – 10 W 2728/85, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 841 mit abl. Anm. Schneider. 7 OLG Koblenz, Urt. v. 15.6.1989 – 5 U 331/88, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 989 mit Anm. Schneider. 8 Vgl. auch Lappe, Anm. zu KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1002. 9 OLG Karlsruhe, Justiz 1990, 330; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.6.1994 – 22 W 28/94, NJW-RR 1995, 955 (20 %); Dunz, NJW 1984, 1734; Wurm, JA 1989, 65; Steinle, VersR 1992, 425; Butzer, MDR 1992, 539.
1000
Noethen
Unbezifferte Antrge – Liegt der vom Gericht für angemessen gehaltene Betrag unterhalb der Mindestangabe des Klägers, dann ist diese maßgebend. – Liegt der vom Gericht als angemessen angesehene Betrag zwischen der Mindestangabe und der Mindestangabe + 25 %, dann ist der vom Gericht für angemessen gehaltene Betrag anzusetzen. – Liegt der vom Gericht als angemessen angesehene Betrag über der Grenze der Mindestangabe + 25 %, dann soll der Streitwert gleich der Summe der Mindestangabe + 25 % sein. Solche Kriterien lassen sich nicht aus dem Gesetz ableiten und auch nicht mit „freiem Ermessen“ (§ 3 ZPO) begründen, sondern laufen auf eine willkürliche Bewertung hinaus. Ein Schmerzensgeldkläger, der einen Mindestbetrag nennt, ohne einen Höchstbetrag zu beziffern, erstrebt die ihm günstigste Verurteilung des Beklagten und begrenzt seinen Antrag nicht auf eine Mindestangabe + 25 %.1 Weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung des BGH lässt sich entnehmen, dass dem Kläger, der nur einen Mindestbetrag nennt, nicht mehr als dieser Betrag + 25 % zugesprochen werden dürfe, selbst wenn das Gericht der Auffassung sei, dem Kläger stehe weit mehr zu.
5259
In einer neueren Entscheidung2 hat der BGH sowohl der „Spielraumtheorie“3 als auch der Bindung ohne prozentualen Aufschlag4 eine Absage erteilt und ausgeführt, in der Überschreitung der vom Kläger als Mindestbetrag genannten Schmerzensgeldsumme um das Doppelte liege kein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO. Weder Mindestbetrag noch Größenvorstellung zögen im Hinblick auf § 308 ZPO eine Grenze und auch eine Eingrenzung auf einen prozentualen Rahmen käme nicht in Betracht.
5260
3. Stellungnahme Die rein prozessualen Anforderungen an die Bestimmtheit eines Antrags (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) haben nichts mit den Bemessungsumständen für den Streitwert zu tun. Das zeigt sich schon daran, dass ein Streitwert auch dann nach dem tatsächlichen Vorbringen des Klägers bemessen und festgesetzt werden muss, wenn seine Klage mangels „Kennzeichnung der allgemeinen Größenordnung seines Begehrens“ als unzulässig abgewiesen werden müsste.
5261
Es ist zwar richtig, dass der Kläger dann, wenn er „die allgemeine Größenordnung seines Begehrens“ kennzeichnet, auch seine Betragsvorstellung offen legt. Daraus ergibt sich aber noch nicht, dass insoweit für ihn Bindungswirkungen zur Streitwerthöhe, Kostenentscheidung oder Beschwer eintreten. Dies ist vielmehr eine gesondert zu stellende und zu beantwortende Frage.5 Insofern kann es bei der Festsetzung des Streitwerts auch keine Rolle spielen, ob und in welcher Höhe die ausgeurteilte Summe hinter den Betragsvorstellungen des Klägers zurückgeblieben ist.
5262
1 Oder + 20 %; so aber OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.6.1994 – 22 W 28/94, NJW-RR 1995, 955; s. auch Röttger, NJW 1994, 368 (2) zur „Spielraumtheorie“; Zöller/Greger, § 253 Rn. 14. 2 BGH, Beschl. v. 30.4.1996 – VI ZR 55/95, MDR 1996, 886. 3 Das Gericht kann sein Ermessen bezüglich der Höhe des Schmerzensgeldes nicht ganz frei ausüben, sondern muss sich nach oben und unten an die vom Kläger durch die Größenordnung vorgegebene Bandbreite (zzgl. 20 bis 25 %) halten. 4 OLG München, Urt. v. 5.3.1986 – 10 W 2728/85, NJW 1986, 3089; Gerstenberg, NJW 1988, 1352; Röttger, NJW 1994, 368. 5 So richtig OLG München, JurBüro 1980, 125 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 462 mit Anm. Schneider.
Noethen
1001
Unbezifferte Antrge
ZPO
5263
Anders ausgedrückt: Man kann zur Zulässigkeit der Klage die Äußerung einer Betragsvorstellung verlangen, bei der Streitwertbemessung aber diese Betragsvorstellung völlig ignorieren oder sie als verbindlichen Wert ansehen oder als untere Grenze der Bezifferung deuten.
III. Bewertungsmaßstäbe 5264
Der Streit um die Bewertung des unbestimmten Antrags dreht sich im Wesentlichen darum, an welchen Kriterien sich die Schätzung des Gerichts (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO) auszurichten hat. In Betracht kommen alternativ – der Zahlungsvorschlag des Klägers, – der Sachvortrag des Klägers, – der Betrag, auf den das Gericht erkennt. 1. Zahlungsvorschlag des Klägers
5265
Eine Meinung zur Bewertung des unbezifferten Leistungsantrags geht dahin, dass der Streitwert sich nach dem Betrag bemisst, den der Kläger als angemessen bezeichnet hat.1
5266
Dass der Kläger seine Meinung über die Höhe beispielsweise des angemessenen Schmerzensgeldes äußert, darf jedoch sein Kostenrisiko nicht erhöhen.2 Insofern sind Äußerungen des Klägers über die Höhe des Anspruchs für den Streitwert nur dann von Bedeutung, wenn sie das Ermessen des Gerichts – nach oben oder nach unten – begrenzen sollen.3
5267
Der Kläger kann jederzeit erklären, dass er eine solche Begrenzung nicht zum Ausdruck bringen will. Insbesondere sollte das Gericht sich durch Rückfrage vergewissern, wenn auch die vorläufige Streitwertfestsetzung (§ 63 Abs. 1 GKG) bei unbeziffertem Antrag ohne vorangegangene Erörterung mit Parteien und Anwälten beschlossen werden kann.4
5268
Unbeachtlich sind die Angaben für den Streitwert dann, wenn aus dem Vorbringen des Klägers hervorgeht, dass er die von ihm angegebene Summe nicht als maßgebliche Schätzung angesehen wissen will.5 Hier ist auch die Auffassung einzuordnen, die – wohl unter dem Einfluss der BGH-Rechtsprechung zu § 253 Abs. 2 ZPO – den Streitwert des unbezifferten Antrages nach der Betragsvorstellung bemisst, die der Kläger in der Begründung zum Ausdruck gebracht hat.6
1 OLG Schleswig, Rpfleger 1962, 425 – aufgegeben in JurBüro 1963, 147; OLG München, Rpfleger 1962, 2. 2 OLG Köln, JMBl.NW 1971, 77 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 264; OLG Köln, AfP 1978, 268. 3 OLG Schleswig, JurBüro 1971, 613; LG Kassel, JurBüro 1988, 917. 4 Dies stellt keinen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 oder Art. 103 Abs. 1 GG dar, da es sich nicht um die endgültige Festsetzung handelt (vgl. BVerfGE 101, 404). 5 OLG Neustadt, JurBüro 1961, 506. 6 OLG Schleswig, JurBüro 1980, 604; OLG Karlsruhe, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 440 mit Anm. Schneider. Damit im Ergebnis weitgehend übereinstimmend Steinle, VersR 1992, 4259, wonach der Streitwert dem Betrag entspricht, den das Gericht aufgrund der tatsächlichen Ausführungen des Klägers für angemessen hält, sofern der Betrag sich noch in dem vom Kläger angegebenen Rahmen hält. Wie diese Einschränkung allerdings konkretisiert werden soll, das ist zweifelhaft und streitig. Nach Röttger, NW 1994, 368 ist die vom Kläger zu nennende Größenordnung regelmäßig die maßgebende Obergrenze, über die das Gericht nicht hinausgehen darf.
1002
Noethen
Unbezifferte Antrge Soweit der Kläger in der Klageschrift Größenvorstellungen äußert, ist zwischen einem Mindest- und einem Höchstbetrag zu unterscheiden:
5269
– Vom Kläger in der Klageschrift gesetzte Höchstbeträge stellen immer die obere Bemessungsgrenze dar.1 – Nach OLG München2 ist der Streitwert grundsätzlich mit dem angegebenen Mindestbetrag anzusetzen. Bei Vorliegen besonderer Umstände kann der Streitwert höher zu bemessen sein. Dies ist allerdings dann nicht gerechtfertigt, wenn der Kläger zu erkennen gegeben hat, dass er das Kostenrisiko eines höheren Streitwerts nicht übernehmen will.3 – Nach OLG Frankfurt4 ist der vom Kläger als angemessen genannte Betrag um 20 % zu vermindern, wenn seine Vorstellung viel zu hoch erscheint.5
5270
2. Verurteilungsbetrag Nach einer anderen Ansicht richtet sich der Streitwert beim unbezifferten Leistungsantrag nach dem Betrag, auf den das Gericht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens – im letzten Rechtszug6 – erkennt.7 Die Darlegungen des Klägers über die Höhe des ihm billigerweise zu zahlenden Schmerzensgeldes sind danach für die Bewertung des Streitgegenstandes unerheblich.8 Nur wenn der Kläger die Zuerkennung eines Mindestbetrags fordert, bestimmt dieser die untere Grenze des Streitwertes.9
5271
Konsequenterweise werden diese Bewertungsgrundsätze auch auf den Gegenstandswert eines Vergleichs angewandt.10 Haben sich die Parteien über einen Betrag geeinigt, den auch das Gericht für angemessen hält, so können Vergleichssumme und Gegenstandswert zusammenfallen.11 Hätte das Gericht jedoch im Urteil einen höheren Betrag zugebilligt, so ist dieser maßgebend.12
5272
Ob der Streitwert für das Verfahren gleich der Höhe der Vergleichssumme ist, hängt somit davon ab, ob sich die Vergleichsvorstellungen der Partei und die Vorstellung des Gerichts über den Schmerzensgeldbetrag decken. Das ist dann anzunehmen, wenn der Vergleich entsprechend einem fundierten Vergleichsvorschlag des Gerichts abgeschlossen worden ist.13
5273
1 BGH, Beschl. v. 30.4.1996 – VI ZR 55/95, MDR 1996, 886; OLG München, NJW 1968, 1937. 2 OLG München, Beschl. v. 26.4.1994 – 1 W 2878/93, OLGR 1994, 165. 3 BGH, Beschl. v. 30.4.1996 – VI ZR 55/95, MDR 1996, 886; Urt. v. 12.11.1991 – VI ZR 369/90, VersR 1992, 237; OLG München, Urt. v. 5.3.1986 – 10 W 2728/85, NJW 1986, 3089; OLG Stuttgart, BB 1959, 460. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.4.1982 – 22 W 9/82, MDR 1982, 674. 5 Zur 20 %-Grenze: Röttger, NJW 1994, 368 (2) „Spielraumtheorie“; Zöller/Greger, § 253 Rn. 14. 6 Vgl. OLG Schleswig, SchlHA 1956, 260. 7 OLG Stuttgart, NJW 1961, 81; OLG Stuttgart, NJW 1957, 147; OLG Frankfurt, MDR 1957, 173; OLG Frankfurt, JurBüro 1953, 407; OLG Frankfurt, JurBüro 1971, 1061 – hier unter Aufzählung zahlreicher Ausnahmen, die den praktischen Wert des Grundsatzes in Frage stellen; OLG Frankfurt, JurBüro 1973, 433; LG Stuttgart, ZZP 69, 1956, 206; Fuchs, JurBüro 1990, 559. 8 OLG Schleswig, SchlHA 1956, 260; OLG München, Rpfleger 1962, 2. 9 OLG München, Rpfleger 1962, 2; OLG München, Rpfleger 1967, 166; OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 224. 10 OLG Frankfurt, JurBüro 1971, 1061. 11 OLG Frankfurt, VersR 1965, 295. 12 OLG Stuttgart, MDR 1956, 623. 13 OLG Frankfurt, VersR 1965, 295.
Noethen
1003
ZPO
Unbezifferte Antrge 3. Sachvortrag des Klägers 5274
Die dritte, zutreffende Meinung stellt weder auf den vom Gericht zugesprochenen Betrag noch auf den Vorschlag des Klägers, sondern darauf ab, welcher Betrag auf der Grundlage des klagebegründenden Sachvortrages zuzubilligen wäre.1 Dies stützt sich auf folgende Erwägungen:
5275
Der vom Gericht zugesprochene Betrag kommt deshalb nicht in Betracht, weil sich dann bei völliger Ablehnung eines Anspruchs überhaupt kein Streitwert ergäbe. Der vom Kläger angegebene Betrag scheidet aus, weil der erstrebte Zweck der Streitwertsenkung nicht erreicht würde, wenn er ohne Weiteres zugrunde gelegt würde.2 Würde man nämlich nicht den Sachvortrag des Klägers, sondern seine Meinung über die Höhe des Anspruchs zugrunde legen, dann würde man ihm damit das Kostenrisiko aufbürden, das ihm durch die Zulassung des unbezifferten Klageantrages gerade erspart werden soll. Um diese kostenrechtliche Folge zu vermeiden, müsste der Kläger seine Ansicht über die Höhe der Forderung zurückhalten. Das aber wäre im Interesse des Verfahrens unerwünscht, denn die Auffassungen der Parteien können für das Gericht bei der Ermittlung des angemessenen Betrags eine wesentliche Hilfe sein.
5276
Der BGH hat die Anknüpfung an das Vorbringen des Klägers allerdings dahin eingeschränkt, dass die Bewertung sich nicht stets auf den hiernach zuzuerkennenden Betrag beschränken könne. Ziele das Klagebegehren auf eine grundsätzlich abweichende rechtliche Beurteilung der Höhe, müsse sich dieses Rechtsschutzziel im Streitwert niederschlagen. Zurückhaltung sei allerdings umso mehr geboten, desto fernliegender es erscheint, dass die rechtlichen Erwägungen des Klägers die Höhe des Anspruchs maßgeblich bestimmen könnten.3 Damit bleibt eine abweichende Bewertung möglich. a) Erster Rechtszug
5277
Für die Streitwertbemessung ist deshalb das – unbezifferte! – Begehren des Klägers ausschlaggebend.4 Das hiermit gleich bedeutende wirtschaftliche Interesse des Klägers5 ergibt sich aus seinem Sachvortrag. Es ist also darauf abzustellen, welcher Betrag auf der Grundlage des Klagevorbringens angemessen wäre.6 Die auf einer rechtlichen Beurteilung des tatsächlichen Vorbringens in der Klageschrift be-
1 BGH, Urt. v. 30.4.1996 – VI ZR 55/95, MDR 1996, 886; Beschl. v. 12.6.2012 – X ZR 104/09, MDR 2012, 875; Warneyer, 1964 Nr. 235; KG, Beschl. v. 15.3.2010 – 12 W 9/10; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.1.1998 – 5 W 20/97, JurBüro 1998, 260; OLG Hamm, AnwBl. 1984, 202; KG, NJW 1964, 821; OLG Bamberg, JurBüro 1959, 82; OLG Nürnberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 165. 2 KG, Rpfleger 1962, 153; OLG München, Rpfleger 1968, 361; OLG München, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 462 mit Anm. Schneider. 3 BGH, Beschl. v. 12.6.2012 – X ZR 104/09, MDR 2012, 875. 4 OLG Neustadt, JurBüro 1954, 104; OLG Bremen, JurBüro 1956, 229; OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 647. 5 OLG Schleswig, SchlHA 1953, 153; OLG Bamberg, JurBüro 1965, 403. 6 Vgl. KG, NJW 1964, 821; KG, MDR 1973, 146; OLG Schleswig, SchlHA 1953, 153; OLG Schleswig, JurBüro 1971, 613; OLG Neustadt, MDR 1960, 935; OLG Celle, MDR 1962, 826; OLG Bamberg, JVBl. 1965, 62; OLG Bamberg, JurBüro 1971, 91 u. 1765; OLG Zweibrücken, JurBüro 1970, 984; OLG Karlsruhe, MDR 1967, 773; OLG Frankfurt, BB 1964, 10; OLG München, JurBüro 1980, 125; OLG Köln, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1060 mit Anm. Schneider; OLG Nürnberg, VersR 1977, 262; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.11.1994 – 4 U 127/94, OLGR 1995, 45; OLG Koblenz, JurBüro 1977, 718; OLG Hamm, AnwBl. 1984, 202; LAG Nürnberg-Fürth, AnwBl. 1984, 448; LG Itzehoe, AnwBl. 1985, 43; LG Saarbrücken, AnwBl. 1980, 358; LG Karlsruhe, AnwBl. 1981, 445.
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Noethen
Unbezifferte Antrge ruhende Bewertung kann daher sowohl von den unverbindlichen Angaben des Klägers als auch von der im Urteil zuerkannten Summe abweichen. Beantragt der Kläger die Zuerkennung eines Mindestbetrages, so bestimmt dieser die untere Grenze des Streitwertes.1
5278
Diese Grenzwertbindung tritt aber nur ein, wenn der Kläger das Gericht im Hinblick auf den Streitwert an eine geäußerte Betragsvorstellung binden will. Die Angabe der Größenordnung, die er möglicherweise mit Rücksicht auf die Zulässigkeit der Klage (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) macht, enthält noch keine Festlegung dieser Art. Im Zweifel ist der Kläger zu befragen (§ 139 ZPO).2
5279
Die – bindende oder nicht bindende – Angabe eines Mindestbetrags hindert das Gericht nicht, den Streitwert höher als diese Angabe festzusetzen, wenn der Tatsachenvortrag des Klägers als Bemessungsgrundlage für einen höheren Wert in Betracht kommt.3
5280
Wenn sich die für die Entscheidung über die Höhe des Anspruchs maßgebenden Gesichtspunkte zwischen Klageerhebung und Urteil nicht geändert haben, ist der im voll stattgebenden Urteil zuerkannte Betrag auch für die abschließende Streitwertfestsetzung bestimmend.4 Bei Verurteilung des Beklagten auf der Grundlage des Tatsachenvortrags des Klägers deckt sich nämlich der Streitwert mit der Verurteilungssumme; mangels einer Klageabweisung ist der Kläger auch kostenfrei.5
5281
Die Klage ist teilweise zu Lasten des Klägers abzuweisen, wenn sein Obsiegen hinter dem Erfolg zurückbleibt, den er erreicht hätte, wenn er seinen gesamten Sachvortrag hätte beweisen können.6 Ergibt sich wegen Beweisfälligkeit ein geringerer Verurteilungsbetrag, ist das aber auf den Streitwert ohne Einfluss, da dieser vom Antragsinteresse, nicht vom Prozesserfolg abhängt. Allerdings wird die teilweise Beweisfälligkeit kostenmäßig nach § 92 ZPO zu erfassen sein. Der Unterschied zwischen dem auf der Grundlage der Klagebehauptungen errechneten Streitwert und der hinter diesem Wert zurückbleibenden Verurteilungssumme darf also nur über die Kostenbelastung ausgeglichen werden, nicht auf dem Weg einer Herabsetzung des Streitwertes,7 auch nicht durch eine Unterschreitung des vom teilweise beweisfällig bleibenden Klägers genannten Mindestbetrages.8
5282
Auch die Frage der Anwendung des § 254 BGB löst sich nach herrschender Auffassung einfach. Wenn der Kläger davon ausgeht, dass ihm voller Schadensersatz zusteht, das Gericht ihm aber ein Mitverschulden anlastet, so bestimmt sich der Streitwert nach dem vollen Betrag, den der Kläger begehrt hat.9 Die ihn belastende Kostenquote (§ 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO) entspricht dann seinem Mitverschuldensanteil.
5283
Bei Klagerücknahme ist der Streitwert mit dem Betrag anzusetzen, den das Gericht auf der Grundlage des Sachvortrags zur Klage vermutlich zuerkannt hätte.
5284
1 KG, Beschl. v. 15.3.2010 – 12 W 9/10; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.11.2009 – 4 W 343/09; OLG München, Beschl. v. 15.6.2007 – 1 W 1734/07; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.1.1998 – 5 W 20/97, JurBüro 1998, 260; KG, VersR 1969, 1119. 2 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.1.1998 – 5 W 20/97, JurBüro 1998, 260 (dies gilt auch dann, wenn die Partei nicht ausdrücklich erklärt, dass die Wertangabe für den Gebührenwert keine Bindungswirkung entfalten soll). 3 KG, VersR 1969, 1119. 4 KG, JurBüro 1966, 238; KG, MDR 1970, 152. 5 OLG Köln, AfP 1978, 268. 6 OLG Köln, MDR 1969, 317. 7 OLG Zweibrücken, JurBüro 1970, 984; KG, MDR 1970, 152. 8 BGH, VersR 1972, 98. 9 KG, Rpfleger 1962, 154; KG, MDR 1970, 152.
Noethen
1005
ZPO
Unbezifferte Antrge Ob der Kläger bei einer Schmerzensgeldklage das die Schmerzen und körperlichen Nachteile auslösende Leiden in seiner medizinischen Bedeutung richtig erkannt hatte oder nicht, ist dabei unerheblich.1 5285
Ebenso liegt es bei teilweiser Klagerücknahme2 und bei Beendigung des Rechtsstreits durch Prozessvergleich.3 Die Bemessung des Gegenstandswertes des Vergleichs ist danach auszurichten, welche Forderung auf der Grundlage des Tatsachenvortrages des Klägers anzusetzen gewesen wäre; Mindest- und Höchstbeträge, die der Kläger beziffert hat, sind dabei zu berücksichtigen.
5286
Folgt man der vorstehend wiedergegebenen Ansicht, dann ist auch die Auffassung des OLG Frankfurt4 abzulehnen, wonach der unbestimmte Antrag entsprechend § 14 Abs. 1 GKG a.F., § 30 Abs. 2 KostO a.F. regelmäßig mit vorläufig dem Regelstreitwert zu bewerten sei, solange die für die Schätzung bedeutsamen Unterlagen noch nicht vorliegen. Es kommt nicht auf die Beweislage oder die künftige Entwicklung des Rechtsstreits, sondern lediglich auf den Vortrag des Klägers an. b) Rechtsmittelinstanz
5287
Wird der in erster Instanz zuerkannte Betrag im Berufungsrechtszug herabgesetzt, dann richtet sich der Streitwert erster Instanz nicht stets nach der erstinstanzlichen Verurteilung.5 Auch hier ist vielmehr darauf abzustellen, wie das erstinstanzliche Gericht den Streitwert auf der Grundlage des Sachvortrages zur Klage hätte beurteilen müssen. Nur dann, wenn die Verurteilungssumme sich mit diesem zu ermittelnden Betrag deckt, bestimmt sich der erstinstanzliche Wert nach der Urteilssumme.
5288
Davon, welcher Auffassung man bei der Streitwertbemessung folgt, kann auch die Ermittlung der Rechtsmittelbeschwer abhängen. Nennt der Kläger verbindliche Mindest- oder Höchstbeträge, dann ist er nicht beschwert, wenn das Gericht entsprechend erkennt.6
Û
5289
Hinweis: So liegt es nach dem OLG Köln7 auch dann, wenn ohne Betragsangabe ein „angemessenes“ Schmerzensgeld gefordert und in der Klagebegründung dazu lediglich ausgeführt wird, das Schmerzensgeld müsse „empfindlich“ sein; eine Beschwer ist dann nicht anzunehmen, wenn der zugesprochene Betrag aufgrund des angenommenen Sachverhalts nicht „schlechthin unvereinbar ist“.8
Der BGH nimmt eine Beschwer nur an, wenn der zuerkannte Betrag wesentlich von der Größenordnung abweicht, die sich der Kläger vorgestellt und im Klageantrag zum Ausdruck gebracht hat.9 Er hat diese Auffassung zur Rechtsmittelbeschwer bei unbezifferten Anträgen u.a. in zwei Entscheidungen dargelegt. – Die Beschwer ist bei Abweisung der Schmerzensgeldklage nach oben durch den verlangten Mindestbetrag begrenzt. Die Absicht, erstmals mit der Revision eine die Wertgrenze übersteigende Größenordnung des Schmerzensgeldes geltend zu machen, führt nicht zur Zulässigkeit eines Rechtsmittels. Erhält der
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OLG Frankfurt, MDR 1956, 432; OLG Bamberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 125. KG, JurBüro 1969, 1205. OLG Frankfurt, BB 1964, 10. OLG Frankfurt, MDR 1965, 145. A.A. OLG Köln, NJW 1963, 659. Vgl. Zöller/Heßler, vor § 511 ZPO Rn. 17b. OLG Köln, Beschl. v. 21.8.1987 – 20 U 95/87, MDR 1988, 62. Berufung auf BGHZ 45, 91; BGH, MDR 1978, 44. BGH, MDR 1992, 519; BGH, MDR 1994, 511.
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Noethen
Unerlaubte Handlung Kläger das zugesprochen, was er (mindestens) verlangt hat, besteht kein Anlass, den Zugang zur Rechtsmittelinstanz mit dem Ziel der Durchsetzung einer höheren Klageforderung zu eröffnen.1 – Entsprechendes gilt, wenn der Kläger ein Schmerzensgeld unter Angaben einer konkreten Betragsvorstellung verlangt und das Gericht ihm diese Höhe zuerkannt hat. In diesem Fall kann er das Urteil nicht mit dem alleinigen Ziel eines höheren Schmerzensgeldes anfechten. Will sich der Kläger ein Rechtsmittel offen halten, so muss er den Betrag nennen, den er auf jeden Fall zugesprochen haben will und bei dessen Unterschreitung er sich als nicht befriedigt ansehen würde.2 Hat der Kläger keine genaue Betragsvorstellung geäußert, dringt er aber mit der Klage durch, dann kann er die fehlende Beschwer nicht durch nachgeholte Angabe einer höheren Betragsvorstellung schaffen.3
5290
Wird in Verkennung der anzuwendenden Bewertungsgrundsätze der Gebührenstreitwert vom Instanzgericht später fälschlich herabgesetzt, dann ist das für die Berechnung der Rechtsmittelbeschwer unerheblich.4
5291
C. Streitwertbeschwerde Der Streitwert ist bei Eingang der Klage vorläufig festzusetzen (§ 63 Abs. 1 Satz 1 5292 GKG). Eine Anhörung der Parteien ist nicht vorgeschrieben. Damit wird deren Beteiligung allerdings nicht „ohne Not“ in das Beschwerdeverfahren nach § 68 GKG verlagert.5 Denn vor der endgültigen Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG ist eine Anhörung der Parteien zwingend erforderlich.6 Hat das Landgericht einer Klage auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes unter Auferlegung der gesamten Kosten des Rechtsstreits auf den Beklagten stattgegeben und den Streitwert i.H.d. Verurteilungssumme festgesetzt, dann kann eine spätere Streitwertbeschwerde auf Erhöhung keinen Erfolg haben. Der Streitwert entspricht der Urteilssumme, da die Verurteilung auf dem Klagevorbringen aufbaut.7
5293
Zur Frage, ob im Streitwertbeschwerdeverfahren eine Bindung an eine unrichtige Bewertung eines unbezifferten Antrags besteht, wenn die Abänderung zur Unrichtigkeit einer rechtskräftigen Kostenentscheidung aus § 92 Abs. 1 ZPO führen würde, s. den Teil 1: Verfahrensrecht. Die Befugnis und die Pflicht des Beschwerdegerichts zur richtigen Streitwertfestsetzung gehen jedenfalls vor. Ob dann die Kostenentscheidung entsprechend berichtigt werden kann, ist sehr streitig.
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Unerlaubte Handlung Siehe das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2405 ff.
1 2 3 4 5 6 7
BGH, Beschl. v. 30.9.2003 – VI ZR 78/03, VersR 2004, 102. BGH, Beschl. v. 2.2.1999 – VI ZR 25/98, MDR 1999, 545. OLG Oldenburg, VersR 1979, 657. BGH, JurBüro 1980, 49. Anders die 11. Auflage des Streitwert-Kommentars, Rn. 4404 ff. Vgl. BT-Drucks 12/6962, 63. OLG Celle, JurBüro 1969, 541.
Noethen
1007
ZPO
Unfallfinanzierung
Unfallfinanzierung 5295
Bearbeitungsgebühren, die anlässlich einer Unfallfinanzierung angefallen sind, stellen keine Nebenforderungen i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG dar, sondern erhöhen den Streitwert.1 Siehe hierzu ausführlich unter dem Stichwort „Verkehrsunfallschadenregulierung“.
Unterbrechung des Verfahrens Siehe das Stichwort „Verfahrensruhe“.
Unterlassung A. Bewertungsgrundsätze 5296
Unterlassungsklagen richten sich in ihrer Bewertung danach, was verlangt wird. Eine besondere Bewertungsvorschrift fehlt, so dass der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen ist.2 Handelt es sich um einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch, so richtet sich die Schätzung nach § 48 Abs. 2 GKG.
5297
Tritt das vermögensrechtliche Interesse neben dem nichtvermögensrechtlichen Interesse völlig zurück oder umgekehrt, dann ist nur auf den Wert des ganz überwiegenden Interesses abzustellen.3
5298
Wird der nichtvermögensrechtliche Unterlassungsanspruch mit einem vermögensrechtlichen Folgeanspruch verbunden, so ist nach § 48 Abs. 3 GKG nur der höherwertige Anspruch maßgebend.4 Der Wert eines mit dem nichtvermögensrechtlichen Unterlassungsanspruch gleichzeitig begehrten Widerrufs wird hingegen addiert.
5299
Die Bemessung des Unterlassungsanspruchs kann sich nachträglich nur ausnahmsweise mindern, wenn die bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigenden Umstände zunächst nicht oder falsch bewertet worden sind.5 Die Rechtsprechung tritt damit den immer wieder unternommenen Versuchen entgegen, nach Abschluss des Rechtsstreits entgegen den eigenen Wertangaben eine kostenmäßig günstigere Wertfestsetzung zu erreichen.6
5300
Siehe auch das Stichwort „Ehrkränkende Äußerungen“. Sofern Unterlassungsansprüche aus dem gewerblichen Rechtsschutz zu bewerten sind, wo sie besonders häufig vorkommen, s. das Stichwort „Gewerblicher Rechtsschutz“.
1 A.A. OLG Köln, Beschl. v. 31.10.1973 – 2 W 21/73, JMBl.NW 1974, 45. 2 OLG Celle, JurBüro 1974, 1434; OLG Köln, Beschl. v. 20.10.1989 – 2 W 181/89, JurBüro 1990, 246. 3 OLG München, JurBüro 1972, 534; Schneider, JurBüro 1965, 590. 4 OLG München, JurBüro 1972, 534. 5 OLG München, Rpfleger 1967, 166. 6 Siehe dazu Schneider, AnwBl. 1977, 233.
1008
N. Schneider/Noethen
Unterlassung
B. Rechtsprechungs-ABC Die folgenden Einzelbewertungen sollen nur einen Eindruck von der Vielfalt der möglichen Bewertungssituationen verschaffen. Weitgehend handelt es sich dabei um Entscheidungen, die in speziellen Stichwörtern behandelt werden.
5301
Stichwortübersicht Rn. Allgemeine Geschäftsbedingungen . Androhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anspruchshäufung . . . . . . . . . . . . . Besitz- und Eigentumsstörung . . . . Bezugsverpflichtung . . . . . . . . . . . . Computerprogramm . . . . . . . . . . . . Ehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Energieversorgung . . . . . . . . . . . . . Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konkurrenzverbot. . . . . . . . . . . . . . Kraftfahrzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . Lärmimmission . . . . . . . . . . . . . . . Makler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
5302 5303 5304 5308 5318 5319 5320 5326 5328 5329 5331 5333 5336
Rn. Negativmitteilung . . . . . . . Revision . . . . . . . . . . . . . . . Unerlaubte Handlung . . . . . Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . Verunreinigung . . . . . . . . . Vorlage eines Wechsels . . . . Wegerecht . . . . . . . . . . . . . Werbung . . . . . . . . . . . . . . . Wettbewerb . . . . . . . . . . . . Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsvollstreckung . . . . .
. . . . . . . . 5337 . . . . . . . . 5338 . . . . . . . . 5339 . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
5340 5344 5345 5346 5347 5352 5353 5355
• Allgemeine Geschäftsbedingungen Der Wert einer Klage auf Unterlassung der Verwendung bestimmter Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach dem UKlaG (Verbandsklage) ist nach § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Entscheidend ist das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der gesetzwidrigen Klausel – nicht dagegen die wirtschaftliche Bedeutung des Verwendungsverbots.1 Grund dafür ist, die Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnis möglichst vor Kostenrisiken zu schützen.2 Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 GKG darf der Streitwert 250 000 Euro nicht überschreiten. Pro angegriffener Klausel kann etwa ein Betrag von 1500 bis (jetzt regelmäßig3) 2500 Euro angesetzt werden.4
5302
• Androhung Der Antrag auf Verurteilung zu einer Bezugsverpflichtung und der Antrag, den Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes zur Unterlassung anderweitigen Bezugs von Waren zu verurteilen, haben denselben Gegenstand. Das für die Streitwertfestsetzung maßgebende Interesse des Klägers ergibt sich aus dem Verlust, der durch die Klage verhindert werden soll.5
5303
• Anspruchshäufung Wird mit einer Unterlassungsklage der Anspruch auf Schadensersatz verbunden, so hat der Unterlassungsanspruch jedenfalls im Bereich des wirtschaftlichen 1 2 3 4
BGH, Beschl. v. 18.7.2000 – VII ZR 12/00, NJW-RR 2001, 352. BGH, Beschl. v. 17.9.2003 – IV ZR 83/03, NJW-RR 2003, 1694. BGH, Beschl. v. 6.3.2013 – IV ZR 211/11; vgl. auch Beschl. v. 8.9.2011 – III ZR 229/10. BGH, Beschl. v. 30.5.1990 – VIII ZR 208/89, NJW-RR 1991, 179; Beschl. v. 15.4.1998 – VIII ZR 317/97, NJW-RR 1998, 1465 (3000 DM); OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.5.1993 – 6 W 46/93, AnwBl. 1994, 47 (3000 bis 5000 DM pro Klausel, ggf. mehr, wenn die Klausel für ganze Wirtschaftszweige von Bedeutung ist). 5 KG, JurBüro 1969, 1195.
Noethen
1009
5304
Unterlassung
ZPO
Wettbewerbs einen höheren Wert.1 Beide Ansprüche sind getrennt zu bewerten und gem. § 5 ZPO, § 39 GKG sind die Werte zusammenzurechnen. Gleiches gilt, wenn mit dem Antrag auf Unterlassung zugleich der Antrag auf Verurteilung zum Widerruf gestellt wird. Dann ist für jeden Antrag jeweils ein gesonderter Streitwert festzusetzen und die Summe beider Werte Bemessungsgrundlage.2 5305
Anders verhält es sich aber, wenn zusammen mit einem nichtvermögensrechtlichen Unterlassungsanspruch (z.B. wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten) ein vermögensrechtlicher Folgeanspruch (Schmerzensgeld, Vertragsstrafe etc.) geltend gemacht wird. Dann zählt nach zutreffender Ansicht gem. § 48 Abs. 3 GKG nur der höhere der beiden Ansprüche.3 Nach der Gegenmeinung sind für die Streitwertfestsetzung die Werte der Anträge zu addieren.4
5306
Ob der Anspruch auf öffentliche Bekanntmachung des Urteils neben dem Unterlassungsanspruch einen eigenen Wert hat, ist umstritten, aber mit der wohl überwiegenden Meinung zu bejahen.5 Der Wert richtet sich nicht nach der Höhe der Veröffentlichungskosten, sondern nach dem Interesse des Klägers an der Veröffentlichung, das nach § 3 ZPO zu schätzen ist.
5307
Verfolgen mehrere Kläger im Wege der Klagehäufung ein identisches Unterlassungsbegehren, erfolgt keine Zusammenrechnung nach § 5 ZPO, sondern es ist vom höchsten Interesse eines Klägers auszugehen.6 Für jeden weiteren Kläger hat dann ein Zuschlag in der Höhe zu erfolgen, die seinem Interesse daran entspricht, den titulierten Anspruch ggf. selbständig geltend machen zu können.7 • Besitz- und Eigentumsstörung
5308
Besitzstörungsklagen sind ebenso wie Eigentumsstörungsklagen nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bewerten.8 Abzustellen ist auf die Wertminderung, die der Kläger – meist hinsichtlich seines Grundstücks – erleidet, also auf das Interesse des Klägers an der Unterlassung der konkret behaupteten Störung.9 Auf die Höhe der Kosten, die der Beklagte zur Vermeidung der Störungen aufwenden müsste, kommt es nicht an,10 es sei denn, ihnen lässt sich ein Anhaltspunkt für die Wert-
1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.4.2009 – 14 W 53/08, JurBüro 2009, 430; OLG München, JurBüro 1954, 181. 2 Vgl. auch KG, JurBüro 1960, 350; KG, Rpfleger 1962, 119; KG, JurBüro 1969, 320; OLG Düsseldorf, AnwBl. 1980, 358. 3 OLG Köln, Beschl. v. 18.8.1993 – 19 W 37/93, JurBüro 1994, 491; ebenso: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.4.2009 – 14 W 53/08, JurBüro 2009, 430. 4 OLG Hamm, Beschl. v. 10.8.2007 – 9 W 33/07, AGS 2008, 463. 5 Vgl. z.B. OLG Hamm, JMBl.NW 1954, 177; OLG Hamm, MDR 1977, 142; OLG Frankfurt, GRUR 1955, 450; OLG Neustadt, WRP 1958, 114; a.A. OLG Stuttgart, NJW 1959, 890; OLG Karlsruhe, WRP 1958, 190; zu den Einzelheiten vgl. das Stichwort „Veröffentlichungsbefugnis“. 6 BGH, Beschl. v. 5.3.1998 – I ZR 185/95, GRUR 1998, 958; KG, Beschl. v. 6.4.1999 – 5 W 12/99, NJW-RR 2000, 285. 7 KG, Beschl. v. 6.4.1999 – 5 W 12/99, NJW-RR 2000, 285. 8 OLG Köln, Beschl. v. 20.10.1989 – 2 W 181/89, JurBüro 1990, 246; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.12.1983 – 2 W 21/83, JurBüro 1984, 284; BGH, Beschl. v. 23.1.1986 – V ZR 119/85, NJW-RR 1986, 737. 9 BGH, Urt. v. 24.4.1998 – V ZR 225/97, MDR 1998, 982; OLG Köln, Beschl. v. 20.10.1989 – 2 W 181/89, JurBüro 1990, 246; LG Bayreuth, Beschl. v. 13.8.1984 – 2 T 103/84, JurBüro 1985, 441; vgl. auch BGH, Beschl. v. 4.7.2013 – V ZR 257/12. 10 BGH, Beschl. v. 23.1.1986 – V ZR 119/85, NJW-RR 1986, 737; OLG Koblenz, Beschl. v. 25.2.1994 – 5 W 119/94, JurBüro 1995, 27; OLG Frankfurt, Rpfleger 1955, 210 zu ZPO § 3, a: betrifft Immissionen.
1010
Noethen
Unterlassung minderung (das Interesse des Klägers) entnehmen1 oder es geht um die Beschwer des Beklagten. Ebenso wenig ist die Art der Rechtsverteidigung des Beklagten maßgebend, etwa die Berufung auf ein Notwegerecht.2
Û
Anmerkung: Ausnahmsweise hat das OLG Düsseldorf3 auf die Kosten der Entsorgung des auf das Grundstück der Klägerin verbrachten Sondermülls abgestellt; denn um eben diese ging es der öffentlich-rechtlich selbst zur Entsorgung verpflichteten Klägerin im entschiedenen Fall.
Die Höhe eines angedrohten Ordnungsgeldes ist für die Streitwertfestsetzung unbeachtlich, da das Gericht befugt ist, für verhältnismäßig geringfügige Zuwiderhandlungen hohe Ordnungsgelder anzudrohen.4
5309
Bei vorübergehenden Störungen ist das Interesse des Klägers geringer zu bewerten.5 Das ist etwa der Fall, wenn feststeht, dass der Betrieb des Störers kurzfristig eingestellt wird.6
5310
Wird die Besitzstörung dagegen unter Verletzung von Strafgesetzen begangen und in besonders aggressiver Weise ausgeführt, dann ist auch der Streitwert entsprechend anzuheben.7
5311
Der Streitwert einer einstweiligen Verfügung auf Abwehr solcher Störungen ist mit einem höheren Bruchteil als ein gewöhnliches Verfügungsverfahren anzusetzen, weil in derartigen Fällen das Verfügungsverfahren weitergehend als sonst endgültigen Rechtsschutz bringt.8
5312
Wird jemand im Besitz einer Wohnung gestört, dann ist der Wert einer entsprechenden Unterlassungsklage nicht höher anzusetzen als eine mögliche Klage über das Bestehen oder die Dauer des Mietverhältnisses, die nach § 41 Abs. 1 GKG zu bemessen wäre.9 Diese Wertobergrenze gilt ebenso bei einem Unterlassungsanspruch, der auf das – streitige – Bestehen eines Pachtverhältnisses gestützt wird.10
5313
Erhebt ein Mieter gegen einen Mitmieter Klage wegen Besitzstörung, ist der Streitwert auf der Grundlage der nach der Klage in Betracht kommenden Mietminderung zu bemessen. Denn dies entspricht dem zu schätzenden wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Beseitigung der Störung.11
5314
Bei der Bemessung des Streitwerts einer Klage auf Beseitigung einer Parabolantenne muss auch das ideelle Interesse des Klägers an der Vermeidung der Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks des Gebäudes berücksichtigt werden.12 Das LG Karlsruhe hat diesen Punkt besonders herausgehoben, weil angesichts der technisch völlig unproblematischen Entfernung einer solchen Antenne der Streitwert ansonsten gegen null tendieren würde.
5315
1 2 3 4 5 6 7 8 9
BGH, Beschl. v. 4.7.2013 – V ZR 257/12. OLG Köln, Beschl. v. 20.10.1989 – 2 W 181/89, JurBüro 1990, 246. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.11.1990 – 9 W 97/90, MDR 1991, 353. OLG Neustadt, Rpfleger 1963, 66 zu ZPO § 3, q. RG, HRR 1932 Nr. 169. RG, Recht 1915 N. 605. OLG Köln, JMBl.NW 1976, 71. OLG Köln, JMBl.NW 1976, 71: 1/2 des Werts der Hauptsache. OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 2 (zu § 16 GKG a.F.); OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.12.1983 – 2 W 21/83, JurBüro 1984, 284 (zu § 16 GKG a.F.). 10 BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1133. 11 OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.9.2007 – 19 W 57/07, AGS 2008, 92 m.w.N. 12 LG Karlsruhe, Beschl. v. 20.4.2000 – 9 T 40/99, AGS 2000, 135.
Noethen
1011
Unterlassung
ZPO
5316
In diesem Sinne hat auch der BGH1 für die Beschwer des in erster Instanz unterlegenen Vermieters entschieden: Wird dessen Klage auf Beseitigung einer durch den Mieter errichteten Satellitenempfangsantenne abgewiesen, richtet sich die Beschwer nach dem Wertverlust, den der Vermieter durch eine von der Satellitenempfangsantenne verursachte Beeinträchtigung der Substanz und/oder des optischen Gesamteindrucks seines Hauses erleidet. In den Gründen dieser Entscheidung hat der BGH auch Ausführungen zum Wert der Klage in erster Instanz gemacht: „Der Wert einer Beseitigungsklage wird allgemein durch das Interesse des Klägers an der Beseitigung bestimmt. Dieses bemisst sich bei der Störung von Grundeigentum grundsätzlich nach dem Wertverlust, den die Sache durch die Störung erleidet. Dafür ist ein zu erwartender Aufwand bei der Beseitigung der Antenne allenfalls mittelbar von Bedeutung, wenn man – bei einer mit der Anbringung der Antenne verbundenen Beeinträchtigung der Gebäudesubstanz – die auf die Wiederherstellung des Gebäudes entfallenden Kosten als Anhaltspunkt für die Wertminderung betrachtet. Fehlt es wie hier an einer Substanzbeeinträchtigung, ist der Beseitigungsaufwand bei der Bemessung des Wertverlustes zu vernachlässigen. Unter dem Gesichtspunkt der Beseitigungskosten beeinträchtigt die Parabolantenne in einem solchen Fall den Wert des Gebäudes nicht mehr als jeder andere Gegenstand, den ein Mieter am Ende der Mietzeit möglicherweise vertragswidrig in den Mieträumen zurücklässt.“
5317
Wird der Beklagte zur Beseitigung der Eigentumsstörung verurteilt, bemisst der BGH die Beschwer – unabhängig vom Streitgegenstand – nach dem Interesse des Beklagten, sich gegen die Kosten einer Ersatzvornahme zu wehren bzw. mit den Kosten der für die Beseitigung erforderlichen Maßnahmen. Dies hat zur Folge, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes den Wert des Streitgegenstandes übersteigen kann.2 • Bezugsverpflichtung
5318
Der Antrag, den Beklagten aufgrund einer Bezugsverpflichtung unter Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verurteilen, seinen gesamten Bedarf an einer Ware nur beim Kläger zu decken, und der Antrag, den Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes zur Unterlassung des anderweitigen Bezuges dieser Ware zu verurteilen, haben denselben Gegenstand. Das für die Streitwertfestsetzung maßgebende Interesse des Klägers an einer solchen Klage ergibt sich aus dem Gewinnverlust, der durch die Klage verhindert werden soll.3 Es ist vom durchschnittlichen Jahresgewinnausfall des Klägers auszugehen, wobei hinsichtlich des zeitlichen Interesses die in § 9 ZPO enthaltenen Grundsätze angewendet werden können.4 • Computerprogramm
5319
Der Unterlassungsanspruch gegen den Anwender eines Programms ist mit dem Verkaufspreis des Programms zu bewerten.5 Eine höhere Wertfestsetzung kommt in Betracht, wenn die Gefahr der unbefugten Weiterverbreitung besteht.
1 BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, NJW 2006, 2639; dagegen stellt das OLG Köln, Beschl. v. 21.10.2004 – 16 Wx 166/04, AGS 2005, 305 auf den Wert der Antenne zzgl. der Kosten der Wiederherstellung des Zustands vor Anbringung der Antenne ab. 2 BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 31/05, AGS 2006, 450; Beschl. v. 10.12.1993 – V ZR 168/92, NJW 1994, 735; Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung. 3 KG, JurBüro 1969, 1195. 4 OLG Bamberg, Beschl. v. 5.7.1984 – 1 W 47/84, JurBüro 1985, 441. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.12.1994 – 11 W 42/94, OLGR 1995, 47 m.w.N.
1012
Noethen
Unterlassung • Ehre Der Streitwert einer Klage auf Unterlassung ehrverletzender Behauptungen bestimmt sich nach § 48 Abs. 2 GKG. Wird daneben noch ein aus der Ehrverletzung hergeleiteter vermögensrechtlicher Folgeanspruch (i.d.R. Schadensersatz oder Schmerzensgeld) geltend gemacht, ist § 48 Abs. 3 GKG zu beachten. Der Streitwert bestimmt sich in einem solchen Fall nur nach dem höheren Anspruch.1
5320
Über den Grundstreitwert ist deutlich hinauszugehen, wenn die Ehrenkränkung stark den Bereich des sozialen Ansehens berührt2 oder der Betroffene innerhalb seines Berufsstandes eine herausgehobene Stellung einnimmt, so dass auch sein Mitarbeiterkreis betroffen ist, insbesondere wenn der Streit in die breite Öffentlichkeit getragen worden ist.3
5321
Bei der Klage einerseits auf Unterlassung einer ehrkränkenden Behauptung für die Zukunft und andererseits auf Zurücknahme der Äußerung, soweit sie bereits erfolgt ist, handelt es sich streitwertrechtlich um zwei getrennt zu bewertende Anträge.4 Das LG Oldenburg nahm für den Unterlassungsantrag einen Regelstreitwert von (umgerechnet) 3000 Euro und für die entsprechende Klage auf Widerruf einen um 50 % erhöhten Streitwert an. Demgegenüber nimmt das OLG Frankfurt5 an, der Antrag auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen werde von dem gleichzeitig gestellten Antrag auf Verurteilung zum Widerruf streitwertmäßig konsumiert.
5322
Bei Klagen auf Unterlassung von beleidigenden Behauptungen ist, wenn dabei auch ein wirtschaftliches Interesse verfolgt wird, der Streitwert nach § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.6 Es handelt sich dann um eine vermögensrechtliche Angelegenheit.
5323
Der Antrag des Eigentümers zweier Hochhäuser gegen die in einem eingetragenen Verein zusammengeschlossenen Mieter auf Unterlassung zweier Äußerungen in einer Tageszeitung, wonach Brandschutzmängel in den Häusern unverantwortlich verharmlost würden, ist mit (umgerechnet) 2500 Euro bemessen worden.7
5324
Vermögensrechtlicher Natur ist auch eine Unterlassungsklage, die auf § 824 BGB gestützt wird.8 Wird eine Klage zum einen auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185, 186 StGB (nichtvermögensrechtlich) und daneben auch auf § 824 BGB (vermögensrechtlich) gestützt, so zeigt dies, dass es sich insgesamt um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt, deren Wert nach § 3 ZPO zu schätzen ist.9
5325
• Energieversorgung Der Streitwert einer einstweiligen Verfügung, durch die der Gaskunde das Versorgungsunternehmen daran hindern will, die weitere Energieversorgung einzustellen, richtet sich nicht nach dem Wert künftiger Gaslieferungen, sondern nach dem Umfang der Beeinträchtigung, die dem Antragsteller im Falle der Sperre droht. Erfordert sie den Einbau einer anderen Heizungsanlage, kann auf deren Kosten abge1 2 3 4 5 6 7 8 9
OLG Köln, Beschl. v. 18.8.1993 – 19 W 37/93, JurBüro 1994, 491. OLG Koblenz, JurBüro 1967, 1015. OLG Frankfurt, AnwBl. 1983, 89. KG, JurBüro 1960, 350; LG Oldenburg, Beschl. v. 6.3.1995 – 5 T 1310/94, JurBüro 1995, 369. OLG Frankfurt, KostRsp. GKG a.F. § 14 C Nr. 12. OLG Stuttgart, Rpfleger 1957, 97. OLG Köln, Grundeigentum 1974, 581. OLG Köln, MDR 1957, 238. OLG Köln, MDR 1957, 238.
Noethen
1013
5326
ZPO
Unterlassung stellt werden.1 Wegen des vorläufigen Charakters der erstrebten Regelung ist ein Abschlag von 2/3 vorzunehmen. 5327
Der Wert zukünftiger Gaslieferungen ist für die Streitwertbestimmung nur dann ausschlaggebend, wenn umgekehrt das Versorgungsunternehmen einen Prozess einleitet, um als Lieferantin gerichtlich eine Liefersperre durchzusetzen, weil dann ihr Interesse im Streit wäre, bestimmte für sie kostenträchtige Leistungen nicht erbringen zu müssen.2 • Forderung
5328
Eine begehrte Verurteilung zur Unterlassung der Verfügung über eine Forderung ist nicht geeignet, eine endgültige Regelung der einschlägigen Verhältnisse zwischen den Parteien herbeizuführen. Der Streitwert muss deshalb hinter dem Betrag der betroffenen Forderung zurückbleiben. Das Interesse des Klägers kommt jedoch dem vollen Wert nahe.3 Siehe auch die Stichworte „Erwerbsverbot“ und „Veräußerungsverbot“. • Konkurrenzverbot
5329
Der Gebührenstreitwert einer Klage, mit der ein Geschäftsraummieter gegen seinen Vermieter einen auf ein Konkurrenzverbot gestützten Unterlassungsanspruch geltend macht, richtet sich gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Interesse des Klägers, sein Geschäft ohne die angeblich unzulässige Konkurrenz betreiben und den ihm dadurch drohenden Schaden von sich abwehren zu können.4 Dieser Schaden entspricht dem Reingewinn, der dem Kläger infolge der vertragswidrigen Konkurrenzsituation entgeht.5
5330
Dabei ist hinsichtlich der Wertbemessung nach dem voraussichtlich entgehenden Gewinn bei Mietverhältnissen zu differenzieren: – Bei einem ordentlich kündbaren Mietverhältnis ist der Wert auf den zukünftigen Schaden beschränkt, der dem Mieter bis zu dem auf die Klageerhebung folgenden nächstmöglichen Kündigungstermin entstehen kann, weil der Vermieter in diesen Fällen die Möglichkeit besitzt, durch die Ausübung des ordentlichen Kündigungsrechts die ihm drohenden Schadenersatzansprüche zeitlich zu begrenzen.6 – Bei befristeten Mietverhältnissen dagegen geht das Interesse des Mieters grundsätzlich auf die Abwendung des durch die Konkurrenzsituation bis zum Ablauf der restlichen Vertragslaufzeit drohenden Schadens.7 1 OLG Koblenz, Beschl. v. 4.7.2007 – 5 W 503/07, OLGR 2008, 248. 2 Vgl. OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2005 – 5 W 161/05, ZMR 2006, 208: Der Senat hat dem Verhinderungsinteresse des Versorgers den Wert dieser Leistungen für einen einjährigen Bezug zugrunde gelegt, da dies ein realistischer Zeitraum sei, um einen Vollstreckungstitel zur Unterbindung der Energie- und Wasserzufuhr zu erlangen; nach a.A. ist ein Zeitraum von 6 Monaten maßgebend, vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.11.2011 – 19 W 62/11, NJW-RR 2012, 445 m.w.N. 3 KG, Rpfleger 1962, 154. 4 BGH, Beschl. v. 9.8.2006 – XII ZR 165/05, NJW 2006, 3060. 5 KG, Rpfleger 1962, 154; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.3.1993 – 10 W 36/93, ZMR 1993, 377. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.7.2005 – 24 W 33/05, NZM 2006, 158. 7 Um die Parteien in solchen Fällen keinem unübersehbaren Kostenrisiko auszusetzen, wird der Streitwert in der Praxis anhand eines auf drei Jahre (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.3.1993 – 10 W 36/93, ZMR 1993, 377; KG, Rpfleger 1962, 154) bzw. 3 1/2 Jahre (BGH, Beschl. v. 9.8.2006 – XII ZR 165/05, NJW 2006, 3060) hochgerechneten Schadensbetrages bemessen.
1014
Noethen
Unterlassung • Kraftfahrzeug Der Streitwert einer Unterlassungsklage, mit der das Verbot begehrt wird, Grundstücke mit Kraftfahrzeugen zu befahren und sie dort abzustellen, ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bewerten.1 Für die Bezifferung dieses Interesses bietet nach Ansicht des OLG Bamberg § 41 GKG (damals § 12 GKG) einen Anhaltspunkt.
5331
Einstweilen frei.
5332
• Lärmimmission Klagen Miteigentümer eines Grundstücks auf Unterlassung einer Lärmimmission, so ist der Wert ihrer Klagen nicht nach § 5 ZPO zusammenzurechnen.2 Das Verlangen der Lärmunterlassung wird zwar von mehreren Streitgenossen geltend gemacht. Begehrt wird aber von allen dasselbe, womit wirtschaftliche Identität vorliegt. Diese schließt eine Zusammenrechnung der Einzelansprüche aus.3
5333
Fühlt sich ein Hauseigentümer, dessen Grundstück an einer stark befahrenen Bundesstraße und in der Nähe einer Eisenbahnlinie liegt, zusätzlich durch einen benachbarten Lkw-Parkplatz für 55 Lkw gestört, hält sich die Streitwertfestsetzung auf (umgerechnet) 5000 Euro noch im Rahmen des richterlichen Ermessens.4
5334
Wird auf Unterlassung von Geräuschimmissionen durch eine Vielzahl von Haustieren für einen bestimmten Zeitraum geklagt, so ist ein Streitwert von 1500 Euro angemessen.5
5335
• Makler Der Streitwert der Klage eines Maklers gegen einen aus seinem Betrieb ausgeschiedenen bisherigen Angestellten auf Unterlassung, entsprechend der früheren vertraglichen Vereinbarung bestimmte, ihm während seiner Angestelltenzeit bekannt gewordene Objekte im eigenen Namen zu vermitteln, ist mit etwa 1/5 der aus den fraglichen Geschäften erwarteten Provisionen anzunehmen.6
5336
• Negativmitteilung Ein Anspruch auf Unterlassung von Negativmitteilungen an die Schufa und andere Wirtschaftsinformationsdienste kann, je nachdem, welche Interessen des Klägers von einer solchen Meldung betroffen sind, mit einem Betrag von 6000 bis 10 000 Euro bewertet werden.7 Das KG hat im Rahmen einer Willkürüberprüfung einer Streitwertfesetzung ausgeführt, dass das Interesse des Klägers auch dann mit einem Betrag von über 5000 Euro bewertet werden könne, wenn es diesem lediglich um den
1 2 3 4 5
OLG Bamberg, Beschl. v. 27.1.1971 – 4 U 17/70, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 262. BGH, MDR 1987, 570. Vgl. näher das Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“. OLG Koblenz, Beschl. v. 25.2.1994 – 5 W 119/94, JurBüro 1995, 27. Vgl. LG Bonn, Beschl. v. 31.7.2001 – 8 T 212/00, JurBüro 2001, 593 – die Kammer hatte 3000 DM angesetzt. 6 OLG Frankfurt, JurBüro 1964, 355. 7 OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.5.2005 – 15 U 196/04, NJW 2005, 2401 (in diesem Fall ging es zusätzlich um den Widerruf bereits erfolgter Meldungen); AG Elmshorn, Beschl. v. 2.6.2005 – 50 C 60/05, NJW 2005, 2404.
Noethen
1015
5337
Unterlassung
ZPO
Erhalt seiner „Ehre“ als guter Schuldner ginge und nicht um den Schutz irgendwelcher Vermögensnachteile. Ein Wert von 2500 Euro sei jedenfalls zu niedrig.1 • Revision 5338
Bei der befristeten Unterlassungsklage ist der Streitwert nach dem Interesse des Revisionsklägers zu bemessen, nicht mehr zur Unterlassung verpflichtet zu sein, und weiter nach dem Interesse, die „Feststellungswirkung“ des Unterlassungsurteils zu beseitigen.2 • Unerlaubte Handlung
5339
Wird ein Unterlassungsbegehren sowie ein Schmerzensgeldanspruch aus derselben unerlaubten Handlung hergeleitet, sind nach Meinung des OLG Hamm für die Streitwertfestsetzung die Werte der Anträge zu addieren. § 48 Abs. 3 GKG finde keine Anwendung, weil der vermögensrechtliche Zahlungsanspruch nicht aus dem nichtvermögensrechtlichen Unterlassungsanspruch folge, sondern beide Ansprüche ihre gemeinsame Grundlage in der dem Anspruchsgegner vorgeworfenen unerlaubten Handlung fänden.3 • Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung
5340
Der Streitwert einer auf § 826 BGB gestützten Klage auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung ist unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 2 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG zu bemessen,4 so dass Zinsen und Kosten nicht werterhöhend berücksichtigt werden dürfen.5 Die gegenteilige Auffassung des OLG Hamburg6 ist abzulehnen. Sie hätte zur Folge, dass sich aufgrund der anwachsenden Zinsen bei einem langjährigen Rechtsstreit ständig der Streitwert erhöht und beispielsweise auch die Berufungs- oder Revisionsmöglichkeit davon abhängt, wann das Gericht sein Urteil verkündet.
5341
Eine auf § 826 BGB gestützte Unterlassungsklage mit dem Ziel, die Zwangsvollstreckung aus einem Unterhaltstitel zu unterbinden, will das OLG Düsseldorf7 nicht nach § 42 Abs. 1 GKG, sondern nach § 9 ZPO bewerten. Dagegen bestehen jedoch Bedenken. Der Streitwert der Unterlassungsklage fiele dann so hoch aus, dass das Kostenrisiko wesentlich übersetzt würde. Wenn schon nicht nach § 42 GKG bewertet wird, dann sollte wenigstens ermäßigend nach § 3 ZPO geschätzt werden.
5342
Hat der Gläubiger gegen die Gesamtschuldner jeweils isolierte Vollstreckungsbescheide erwirkt und wenden die Gesamtschuldner sich in einer einzigen Zwangsvollstreckungsabwehrklage gemeinsam gegen diese Titel, dann findet keine Wertaddition statt, weil es um ein und dieselbe Forderung geht, der Betrag dem Kläger also auch nur einmal zusteht.8
1 KG, Beschl. v. 25.5.2009 – 2 AR 16/09, JurBüro 2009, 485. 2 BGH, LM § 3 ZPO Nr. 37. 3 OLG Hamm, Beschl. v. 10.8.2007 – 9 W 33/07, AGS 2008, 463; a.A. OLG Köln, Beschl. v. 18.8.1993 – 19 W 37/93, OLGR 1993, 284. 4 BGH, Beschl. v. 29.3.1968 – VIII ZR 141/65, MDR 1968, 662. 5 OLG München, Beschl. v. 12.7.1988 – 25 U 1524/88, BB 1988, 1843; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.11.1990 – 1 W 53/90, MDR 1991, 353; OLG Köln, JurBüro 1992, 251; RGZ 158, 350; BGH, LM ZPO § 4 Nr. 4. 6 OLG Hamburg, Beschl. v. 23.8.1988 – 5 W 68/88, MDR 1988, 1060. 7 OLG Düsseldorf, FamRZ 1980, 377. 8 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.11.1990 – 1 W 53/90, MDR 1991, 353.
1016
Noethen
Unterlassung In derartigen Fällen wird häufig auch der weitere Antrag auf Herausgabe des Vollstreckungstitels gestellt. Die streitwertmäßige Behandlung dieser Konstellation kann unterschiedlich beurteilt werden: – Nach einer Meinung1 erhöht sich der Streitwert nicht, weil zwischen dem Unterlassungsbegehren und dem Herausgabeverlangen wirtschaftliche Identität besteht. – Andererseits könnte für das Herausgabeverlangen ein besonderer, nach § 3 ZPO zu schätzender Wert angesetzt und dieser dem Wert des Unterlassungsanspruchs hinzugerechnet werden.2
5343
Vorzugswürdig erscheint die Annahme wirtschaftlicher Identität, auch weil regelmäßig die Pflicht zur Herausgabe der Unterlassungsverpflichtung folgt; werden die Anträge gemeinsam geltend gemacht, hat das Herausgabeverlangen deswegen keinen eigenen Wert. Wird ausnahmsweise dem Unterlassungsantrag stattgegeben, gleichzeitig aber der Herausgabeantrag abgewiesen, etwa weil der Beklagte den Titel nicht mehr besitzt, beispielsweise weil er ihn schon einem Streitgenossen ausgehändigt hat, müssen die Kosten zwar nach § 92 Abs. 1 ZPO verteilt werden; dies kann indes nach einem fiktiv gebildeten Streitwert geschehen, für den man auf die Bewertung nach der zweitgenannten Auffassung zurückgreifen kann. Zur Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Ratenkreditvertrages wegen Sittenwidrigkeit s. das Stichwort „Nichtigkeit eines Vertrages“. • Verunreinigung Der Streitwert einer Klage auf Unterlassung der Verunreinigung von Brunnenwasser durch Jauche ist eine vermögensrechtliche Streitigkeit, deren Wert nach § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bestimmen ist.3
5344
• Vorlage eines Wechsels Der Streitwert des Anspruchs auf Unterlassung der Vorlage eines Wechsels zur 5345 Zahlung ist gem. § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Unterlassungsinteresse des Klägers zu schätzen, das regelmäßig gleich hoch ist wie der bekämpfte Wechselanspruch.4 • Wegerecht Fürchtet der Kläger eine dauernde Beeinträchtigung seines Geh- und Fahrtrechtes, dann ist der Streitwert der von ihm erhobenen Unterlassungsklage auch dann nach der Dauerbeeinträchtigung zu bemessen, wenn der Beklagte nach Klagezustellung weitere Beeinträchtigungen unterlässt und vorbringt, die Beeinträchtigung sei nicht auf Dauer beabsichtigt gewesen.5
5346
• Werbung Der Unterlassungsanspruch gegen die unverlangte Übersendung von Werbung ist nach § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG anhand des Interesses des Klägers zu
1 OLG München, Beschl. v. 12.7.1988 – 25 U 1542/88, BB 1988, 1843; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.11.1990 – 1 W 53/90, MDR 1991, 353. 2 So die 13. Auflage. 3 LG Koblenz, JurBüro 1967, 894. 4 BGH, Beschl. v. 20.1.1988 – VIII ZR 231/87, NJW 1988, 2804. 5 OLG Nürnberg, JurBüro 1965, 153 – angenommen wurden 3000 DM.
Noethen
1017
5347
ZPO
Unterlassung schätzen, künftige Belästigungen und Kosten zu vermeiden. Dabei ist danach zu differenzieren, auf welchem Wege die Werbung den Empfänger erreicht:1 5348
Der Unterlassungsanspruch gegen die Übersendung von Werbung per Telefax wurde mit (umgerechnet) 1500 Euro beziffert, wenn der Versender vorprozessual die Auffassung vertreten hat, er dürfe trotz der Ablehnung des Empfängers diesem weiter Werbefaxe übermitteln.2 Wird ein solcher Unterlassungsanspruch von einem Anwalt geltend gemacht, dem Werbefaxe an die Kanzlei gesandt wurden, kann auch ein höherer Streitwert gerechtfertigt sein. Das AG Siegburg3 hat beispielsweise 4000 Euro angesetzt. Eine höhere Bemessung des Streitwerts kommt inbesondere im gewerblichen Bereich in Betracht, z.B. bei der Klage eines Krankenhausbetreibers.4
5349
Das Unterlassungsinteresse gegenüber unerwünschter Werbung per E-Mail wird in der Rechtsprechung sehr unterschiedlich bewertet.5 Die Wertfestsetzungen reichen – je nach den Umständen des betreffenden Einzelfalls und in der Abgrenzung zwischen privatem und geschäftlichem Bereich – von 100 Euro bis hin zu 10 000 Euro.6 Die Festsetzung eines hohen Streitwertes kann insbesondere angezeigt sein, wenn es sich beim Beworbenen gleichzeitig um einen Mitbewerber des Werbenden handelt und der Unterlassungsanspruch demnach außer auf §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB auch auf § 8 UWG gestützt werden kann.7
5350
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 30.11.20048 im Rahmen einer Streitwertüberprüfung einen Wert von 3000 Euro bei einer „verhältnismäßig geringfügigen Belästigung“ nicht beanstandet. Daraus kann jedoch kein Regelstreitwert für sonstige Fälle abgeleitet werden, weil der Senat erkennbar die Einzelfallabwägung des Berufungsgerichts unterstellt hat.
5351
Es ist daher auf die jeweiligen Umstände abzustellen und bei der Schätzung des Streitwerts nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu beachten, dass vor allem die beim Empfänger veranlasste Störung, also die Belästigung im Einzelfall durch das notwendige Durchlesen, Sortieren und ggf. Löschen der E-Mails berücksichtigt wird. Mindestens fraglich ist, ob auch die Breitenwirkung und das häufige Erscheinen solcher Zusendungen berücksichtigt werden muss. Zwar ist Nachahmungsgefahr bei einer derartigen, für den Absender einfachen und kostengünstigen Werbemöglichkeit groß, so dass nicht nur die Unterlassung im Einzelfall das Ziel der begehrten Unterlassung, sondern auch ein Abschreckungseffekt für die Zukunft berücksichtigt werden könnte;9 letztlich ist dies aber wohl nicht Aufgabe der Streitwertbemessung.10
1 2 3 4 5 6
7 8 9 10
Vgl. zu den Einzelheiten das Stichwort „Werbung, unverlangte“. OLG Stuttgart, Beschl. v. 1.10.1999 – 10 W 37/99, OLGR 2000, 280. AG Siegburg, Beschl. v. 11.4.2002 – 10 C 190/02, MDR 2002, 849. OLG Hamm, Beschl. v. 11.4.2013 – 9 W 23/13, MDR 2013, 999. Vgl. auch Richter, MMR-Aktuell 2010, 305649. OLG Hamm, Urt. v. 17.10.2013 – 6 U 95/13, NJW-RR 2014, 613; AG Strausberg, Urt. v. 9.2.2012 – 9 C 286/11, MDR 2012, 914; OLG Schleswig, Beschl. v. 5.1.2009 – 1 W 57/08, JurBüro 2009, 256; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.1.2008 – 6 W 121/07, GRUR-RR 2008, 262; KG, Beschl. v. 26.2.2007 – 12 W 16/07, MDR 2007, 923; OLG Koblenz, Beschl. v. 29.9.2006 – 14 W 590/06, MDR 2007, 356; KG, Beschl. v. 5.4.2002 – 14 W 40/02, JurBüro 2002, 371; LG Berlin, Beschl. v. 19.9.2002 – 16 O 515/02, JurBüro 2003, 143; KG, Beschl. v. 23.9.2002 – 5 W 106/02 und 5 W 124/02, JurBüro 2003, 142. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.9.2005 – 4 W 52/05, JurBüro 2006, 81. BGH, Beschl. v. 30.11.2004 – VI ZR 65/04, RVGreport 2005, 80. So OLG Schleswig, Beschl. v. 5.1.2009 – 1 W 57/08, JurBüro 2009, 256. Vgl. OLG Hamm, Urt. v. 17.10.2013 – 6 U 95/13, NJW-RR 2014, 613; BGH, Beschl. v. 30.11.2004 – VI ZR 65/04, RVGreport 2005, 80.
1018
Noethen
Urheberrecht, Verlagsrecht • Wettbewerb Der Streitwert eines wettbewerblichen Unterlassungsanspruchs ist gem. § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Maßgebend ist das Interesse des Klägers an der begehrten Unterlassung. Dieses Interesse hängt vor allem von der Größe des klägerischen Unternehmens und von der Gefährlichkeit des behaupteten Wettbewerbsverstoßes ab.1
5352
• Widerruf Der Streitwert des Antrags auf Widerruf einer ehrverletzenden Äußerung ist in der Regel nicht geringer anzusetzen als derjenige auf künftige Unterlassung dieser Äußerung.2 Das LG Oldenburg3 setzt ihn sogar 50 % höher an.
5353
Für die Anträge auf Widerruf und auf Unterlassung einer Behauptung sind jeweils gesonderte Streitwerte festzusetzen und zusammenzurechnen. Die Anträge auf Widerruf einer Äußerung gegenüber verschiedenen Adressaten haben ebenfalls verschiedene, zusammenzurechnende Werte.
5354
• Zwangsvollstreckung Aus der Tatsache, dass es sich bei dem Verfahren auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes um eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung zur Verwirklichung des zuerkannten Unterlassungsanspruchs handelt, folgt, dass für die Festsetzung des Streitwertes das Interesse maßgebend ist, das der Antragsteller an der Durchführung der Zwangsvollstreckung hat. Dieses Interesse ergibt sich aber nicht daraus, welches Ordnungsgeld für den Zuwiderhandlungsfall beantragt ist/angedroht wird, sondern ist nach § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.4
5355
Nach dem LG Dortmund5 ist maßgebend das Interesse des Gläubigers an der Duldung oder Unterlassung der Handlung und dem Widerstand des Schuldners.6
5356
Unzustndigkeit Siehe das Stichwort „Einrede, Einwendung“.
Urheberrecht, Verlagsrecht Der Streitwert der Klage auf Unterlassung der Verletzung des Urheberrechts und Verlagsrechts bemisst sich nach dem gem. § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG frei zu schätzenden Interesse des Klägers.7 Zu beachten ist der neugefasste § 97a Abs. 3 UrhG.8
1 2 3 4 5 6 7 8
Hinsichtlich der Einzelheiten vgl. das Stichwort „Gewerblicher Rechtsschutz“. OLG Celle, Nds.Rpfl. 1970, 207 = WRP 1969, 382. LG Oldenburg, Beschl. v. 6.3.1995 – 5 T 1310/94, JurBüro 1995, 369. LG Bonn, JR 1960, 225. LG Dortmund, NJW 1949, 829. Vgl. dazu das Stichwort „Ordnungsmittel“. OLG Frankfurt, GRUR 1954, 228. Hierzu Hohlweck, GRUR 2014, 940.
Noethen
1019
5357
Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess Bei der Bewertung einer Klage, die auf die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung eines Verlagsvertrages und dessen Fortbestand gerichtet ist, sind die in der Vergangenheit erzielten Erträge und der Umstand zu berücksichtigen, dass Verlagsverträge in der Regel auf unbestimmte Zeit, praktisch also auf Lebensdauer des Urhebers und des Verlegers, darüber hinaus sogar noch für deren Erben oder sonstige Rechtsnachfolger von Bedeutung sind.1
5359
Das Antragsverfahren gem. § 101 Abs. 9 UrhG ist ein Vorschaltverfahren zu einem Auskunftsanspruch, durch den Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche gegen den zu ermittelnden Urheberrechtsverletzer vorbereitet werden. In einem solchen Verfahren kann der Wert nur einen Bruchteil des Interesses des Verletzten an der Durchsetzung der Hauptansprüche ausmachen. Soweit nicht besondere tatsächliche Umstände vorliegen, die Anhaltspunkte für eine höhere oder niedrigere Festsetzung geben, wird für das Vorschaltverfahren der in § 36 Abs. 3 GNotKG vorgesehene Regelwert von 5000 Euro zugrunde gelegt werden können.2 Dies gilt, wenn mit dem Antrag nach § 101 Abs. 9 UrhG die Verletzung eines einzigen Werks geltend gemacht wird, auch bei mehreren mitgeteilten IP-Adressen.
ZPO
5358
Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess Gliederungsübersicht Rn. A. Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess I. Zuständigkeitsstreitwert 1. Zahlung . . . . . . . . . . . . . 2. Herausgabe . . . . . . . . . . . II. Gebührenstreitwert 1. Zahlung . . . . . . . . . . . . . 2. Hilfsaufrechnung . . . . . . III. Rechtsmittelstreitwert . .
. . . . . . 5360 . . . . . . 5367 . . . . . . 5371 . . . . . . 5373 . . . . . . 5375
B. Nachverfahren und ordentliches Verfahren nach Abstandnahme I. Zuständigkeitsstreitwert. . . . . . . 5377 II. Rechtsmittelstreitwert . . . . . . . . 5378 III. Streitwert für die Gerichtsgebühren 1. Einheitliche Festsetzung . . . . . . . 5379
Rn. 2. Bewertung a) Nachverfahren aa) Nachverfahren beschränkt sich auf die im Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess geltend gemachten Ansprüche . . . bb) Nachverfahren erfasst auch weitere Gegenstände b) Verfahren nach Abstandnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Streitwert für die Anwaltsgebühren 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Problem: Kapitalisierte Zinsen oder andere Nebenforderungen . .
5380 5382 5383
5387 5396
A. Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess I. Zuständigkeitsstreitwert 1. Zahlung 5360
Die Bewertung richtet sich nach allgemeinen Vorschriften (§§ 3 ff. ZPO). Zu beachten ist allerdings die besondere Regelung des § 4 Abs. 2 ZPO.
1 KG, Ufita Bd. 76, 352. 2 OLG Köln, Beschl. v. 9.10.2008 – 6 W 123/08, MDR 2009, 159; OLG München, Beschl. v. 14.2.2011 – 6 W 1900/10, jeweils noch zu § 30 Abs. 2 KostO a.F.
1020
Noethen/N. Schneider
Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess Wird auf Zahlung geklagt, richtet sich der Streitwert im Wechselprozess nach dem Betrag der Forderung. Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, sind als Nebenforderungen unberücksichtigt zu lassen (§ 4 Abs. 2 ZPO).
5361
Soweit in der Wechselforderung auch Zinsen aus dem Grundgeschäft enthalten sind, ist dies für die Streitwertbemessung im Wechselprozess unerheblich. Die Wechselforderung ist eine eigene selbständige Forderung, die unabhängig vom Grundgeschäft entstanden ist und sich ausschließlich auf den Wechsel stützt, so dass es letztlich völlig unerheblich ist, aus welchen Positionen sich die Wechselforderung zusammensetzt.1 Gleiches gilt z.B. auch für ein (novierendes) abstraktes Schuldanerkenntnis, in das bisher aufgelaufene Zinsen und Kosten mitaufgenommen und damit zu einer neuen eigenständigen (Haupt-)Forderung werden2 oder auch für den Anspruch auf Herausgabe einer Mietkaution, bei der die aufgelaufenen Zinsen der Kaution zugeschlagen werden (§ 551 Abs. 3 Satz 4 BGB).3
5362
Dies ergibt sich letztlich auch aus § 4 Abs. 2 ZPO. Danach sind lediglich Wechselkosten und -spesen sowie Zinsen aus der Wechselsumme beim Streitwert nicht zu berücksichtigen, da diese wiederum im Verhältnis zur Wechselhauptforderung als Nebenforderungen (§ 4 Abs. 1, Hs. 2 ZPO) gelten. Die Wechselsumme selbst ist dagegen immer Hauptforderung.
5363
Û
Beispiel: Der Beklagte schuldet dem Kläger 5000 Euro nebst zwischenzeitlichen Zinsen i.H.v. 200 Euro. Er gibt ihm einen Wechsel über 5200 Euro. Da dieser nicht eingelöst wird, klagt der Kläger im Wechselprozess auf Zahlung der Wechselsumme i.H.v. 5200 Euro. Der Streitwert beläuft sich auf 5200 Euro.
Werden mehrere selbständige Wechselansprüche vom Kläger in einer Klage verfolgt, dann sind die Werte der verschiedenen Gegenstände nach § 5 ZPO zusammenzurechnen.4
5364
Für den Scheckprozess gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.5
5365
Für den Urkundenprozess ist dagegen zu differenzieren. – Soweit die Urkunde gegenüber der zugrunde liegenden Forderung eine eigenständige neue (Haupt-)Forderung schafft, etwa im Wege eines (novierenden) abstrakten Schuldanerkenntnisses, gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. – Wird in der Urkunde dagegen nur die bisherige Hauptforderung bestätigt, dann bleibt der Wert der zugrunde liegenden Hauptforderung maßgebend.
5366
Û
Beispiel: Der Beklagte schuldet dem Kläger ein Darlehen i.H.v. 5000 Euro nebst zwischenzeitlicher Zinsen i.H.v. 200 Euro. Er gibt ihm a) ein schriftliches Anerkenntnis der Forderung i.H.v. 5200 Euro einschließlich Zinsen. b) eine abstraktes Schuldanerkenntnis. Da der Beklagte nicht zahlt, klagt der Kläger im Urkundenprozess. Im Fall a) bleibt die Darlehensforderung Streitgegenstand; der Streitwert beläuft sich auf 5000 Euro. Die Zinsen bleiben als Nebenforderung nach § 4 Abs. 1, Hs. 2. ZPO unberücksichtigt.
1 OLG Hamm, Beschl. v. 8.6.1984 – 7 U 6/84, AnwBl. 1984, 504. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 16.12.1997 – 5 W 597/97, JurBüro 1999, 197. 3 LG Köln, Beschl. v. 8.6.1995 – 1 S 266/94; Lützenkirchen, Kölner Mietrecht, Fach 20 Nr. 31. 4 So für den Gebührenstreitwert: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.12.1994 – 6 W 42/94, AGS 1997, 133. 5 Zöller/Herget, § 4 ZPO Rn. 14.
N. Schneider
1021
Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess
ZPO
Im Fall b) ist die Forderung aus dem abstrakten Schuldanerkenntnis – nicht die Darlehensforderung – Streitgegenstand; der Streitwert beläuft sich auf 5200 Euro.
2. Herausgabe 5367
Die Herausgabe eines Wechsels, Schecks oder der Urkunde, aus der sich der Anspruch ergibt, kann nicht im Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess geltend gemacht werden (arg. e, § 592 Abs. 1 ZPO). Dennoch seien an dieser Stelle kurze Hinweise zum Wert der Herausgabe gegeben.
5368
Wird Herausgabe eines Wechsels beantragt und ist der Wechsel noch nicht bezahlt, so ist die Wechselsumme für den Streitwert maßgebend, weil es sich um ein Wertpapier handelt;1 ebenso OLG Düsseldorf2 für die Wechsel-Herausgabeklage, wenn ein fälliger Wechsel noch nicht bezahlt ist.
5369
Der Streitwert für den Anspruch auf Herausgabe eines schon eingelösten Wechsels bemisst sich nicht nach dessen Nennbetrag, sondern nach dem Interesse des Klägers an der Herausgabe des Papiers. Es ist gem. § 3 ZPO zu schätzen, wobei auf das Bestreben des Klägers abzustellen ist, eine missbräuchliche Verwendung des – bereits bezahlten – Wechsels auszuschließen und einer erneuten Inanspruchnahme vorzubeugen.3 Voraussetzung ist aber, dass der Wechsel noch verwertbar ist.
5370
In einem Fall, in dem das nach den übereinstimmenden Darlegungen der Parteien zu verneinen war, hat sich das OLG Köln4 an dem Richtwert für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten orientiert und das Herausgabeinteresse des Klägers mit 1/10 des Nominalwerts bemessen, was unter Umständen noch zu hoch gegriffen sein kann.
II. Gebührenstreitwert 1. Zahlung 5371
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG gelten die Bewertungen für den Zuständigkeitsstreitwert auch für den Gebührenstreitwert. Es gilt somit auch § 4 Abs. 2 ZPO, so dass offen bleiben kann, ob es sich tatsächlich um Nebenforderungen handelt und daher § 43 Abs. 1 GKG bereits gelten würde.
5372
Werden mehrere selbständige Wechselansprüche vom Kläger in einer Klage verfolgt, dann wird der Prozessbevollmächtigte des Klägers in derselben Angelegenheit tätig, so dass die Werte der Gegenstände gem. § 39 Abs. 1 RVG zusammenzurechnen sind.5 2. Hilfsaufrechnung
5373
Eine Wertaddition nach § 45 Abs. 3 GKG wegen einer Hilfsaufrechnung kommt im Urkundenverfahren nur in Betracht, wenn dort abschließend entschieden wird, wenn also auch über die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Forderung eine Entscheidung ergeht, die der Rechtskraft fähig ist (§ 45 Abs. 3 GKG) oder wenn über die Hilfsaufrechnungsforderung ein Vergleich geschlossen wird (§ 45 Abs. 4 GKG).
1 2 3 4 5
RGZ 46, 463. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.3.1993 – 9 W 21/93, OLGR 1993, 267. LG Kiel, JurBüro 1964, 212: Wechselsumme rund 8200 DM; Streitwert 1500 DM. OLG Köln, Beschl. v. 3.7.1974 – 2 W 63/74, MDR 1975, 60. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.12.1994 – 6 W 42/94, AGS 1997, 133.
1022
N. Schneider
Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess Ergeht lediglich ein Vorbehaltsurteil, gilt § 45 Abs. 3 GKG nicht, weil ein Vor- 5374 behaltsurteil im Urkunden- oder Wechselprozess keiner materiellen Rechtskraft fähig ist, so dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 GKG nicht gegeben sind.1 Der Streitwert erhöht sich also nicht. Die Hilfsaufrechnung erlangt in diesem Fall Bedeutung erst durch eine hierüber ergehende der Rechtskraft fähige Entscheidung oder einen Vergleich im Nachverfahren oder im Verfahren nach Abstandnahme und wirkt dann dort werterhöhend.2
III. Rechtsmittelstreitwert Im Rechtsmittelverfahren gelten grundsätzlich die gleichen Bewertungen wie in erster Instanz.
5375
Klagt der Wechselgeber auf Herausgabe des Wechsels, so ist die Beschwer des unterliegenden Wechselnehmers nach § 3 ZPO zu bemessen.3
5376
B. Nachverfahren und ordentliches Verfahren nach Abstandnahme I. Zuständigkeitsstreitwert Im Nachverfahren oder im ordentlichen Verfahren nach Abstandnahme kann sich der Zuständigkeitsstreitwert verändern. – Soweit er sich reduziert, ist dies unbeachtlich (§ 261 Abs. 3 Nr. 3 ZPO). – Soweit der Wert durch eine Klageerweiterung auf über 5000 Euro steigt oder soweit eine über 5000 Euro hinausgehende Widerklage erhoben wird, so ist ab dann der höhere Wert maßgebend, so dass das Landgericht zuständig wird, sofern keine ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet ist oder die Parteien sich im Nachverfahren rügelos einlassen. Das Verfahren richtet sich nach § 506 ZPO.
5377
II. Rechtsmittelstreitwert Der Rechtsmittelstreitwert im Nachverfahren oder im ordentlichen Verfahren nach Abstandnahme richtet sich ausschließlich nach dem Wert des Beschwerdegegenstands, der sich aus der im Nachverfahren oder im ordentlichen Verfahren nach Abstandnahme ergehenden Entscheidung ergibt. Die sich aus der Beschwer des Vorbehaltsurteils ergebende Beschwer spielt hier keine Rolle mehr.
5378
III. Streitwert für die Gerichtsgebühren 1. Einheitliche Festsetzung Nach dem GKG werden für den Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess einerseits und das Nachverfahren oder das ordentliche Verfahren nach Abstandnahme andererseits keine gesonderten Gebühren erhoben. Die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen deckt beide Verfahren ab. Daher ist auch nur ein einziger Wert für das gesamte Verfahren festzusetzen. Eine gestaffelte Wertfestsetzung ist unzulässig. Siehe „1. Teil – Verfahrensrecht“, Rn. 188. 1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.7.1985 – 22 W 24/85, JurBüro 1985, 1676. 2 OLG Hamburg, Beschl. v. 12.5.2000 – 14 U 65/99, BRAGOreport 2001, 139. 3 BGH, Beschl. v. 20.1.1988 – VIII ZR 231/87, NJW 1988, 2804.
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Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess 2. Bewertung
ZPO
a) Nachverfahren aa) Nachverfahren beschränkt sich auf die im Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess geltend gemachten Ansprüche 5380
Wird im Nachverfahren nur die im Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess ergangene Entscheidung „überprüft“, dann wird der Streitwert des Nachverfahrens durch den Wert des Gegenstands begrenzt, hinsichtlich dessen dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte vorbehalten worden ist. Da dieser Wert nie höher sein kann als der des Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozesses, und da im Nachverfahren keine weiteren Gerichtsgebühren ausgelöst werden, ist der Wert des Nachverfahrens in diesem Fall für die Gerichtsgebühren irrelevant. Eine Festsetzung ist unzulässig und überflüssig.
5381
Der Umstand, dass der Beklagte während oder nach dem Ende des Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozesses in Insolvenz geraten ist, ist für die Höhe des Streitwertes beim Nachverfahren nicht von Bedeutung. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhält der Rechtsstreit keinen anderen Gegenstand. Der Streitwert mindert sich zwar und ist fortan nach § 182 InsO (früher § 148 KO) zu bemessen. Das gilt aber nur für neue selbständige Verfahren. Beim Nachverfahren bleibt der höhere Wert des Vorverfahrens bestimmend, weil Vorverfahren und Nachverfahren streitwertmäßig eine Instanz bilden und deshalb auch der Zeitpunkt für die Bewertung des Nachverfahrens nicht dessen Beginn, sondern die Klageeinreichung ist.1 Erst mit der Einleitung neuer Verfahren, insbesondere eines Rechtsmittelverfahrens, kann sich der Wert des Nachverfahrens ändern. Dann ist auch für die höhere Instanz § 182 InsO (früher § 148 KO) zu beachten.2 bb) Nachverfahren erfasst auch weitere Gegenstände
5382
Wird im Nachverfahren der Streitgegenstand erweitert, etwa durch eine Klageerweiterung, eine Widerklage (§ 45 Abs. 1 GKG), einen Hilfsantrag, über den entschieden oder ein Vergleich geschlossen wird (§ 45 Abs. 2, 4 GKG), oder eine streitige Hilfsaufrechnung, die beschieden oder über die ein Vergleich geschlossen wird (§ 45 Abs. 3, 4 GKG), dann kann das Nachverfahren zu einer Werterhöhung führen. – Soweit im Nachverfahren die Aufhebung des Vorbehalturteils beantragt wird, bleibt dessen Wert wiederum unberücksichtigt, da er bereits im Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess erfasst ist. – Diesem Wert ist dann gem. § 39 Abs. 1 GKG der Wert der Klagerweiterung, gem. § 45 Abs. 1 GKG der Wert der Widerklage,3 gem. § 45 Abs. 2 GKG der Wert des Hilfsantrags oder gem. § 45 Abs. 3, 4 GKG der Wert der Hilfsaufrechnung hinzuzurechnen. b) Verfahren nach Abstandnahme
5383
Im Verfahren nach Abstandnahme kann es sich anders verhalten, da jetzt ein anderer Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt werden kann, der folglich auch einen anderen Wert haben kann.
1 OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 425. 2 OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 425. 3 LG Gießen, AnwBl. 1954, 89.
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Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess Soweit der Wert des im Verfahren nach Abstandnahme geltend gemachten Anspruchs geringer ist, spielt das für die Gerichtsgebühren keine Rolle, da sie nur einmal erhoben werden. Eine gesonderte Festsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG ist daher unzulässig.
5384
Hat der im Verfahren nach Abstandnahme geltend gemachte Anspruch dagegen einen höheren Wert, dann ist zu differenzieren. – Soweit zwischen den Ansprüchen wirtschaftliche Identität besteht, soweit sie also auf dasselbe Interesse gestützt sind, gilt nur der höhere Wert. Eine Addition unterbleibt. – Soweit dagegen ein neuer Streitgegenstand eingeführt wird, ist nach § 39 Abs. 1 GKG zu addieren (s. das Stichwort „Klageänderung“, Rn. 3330).
5385
Û
Beispiele: Der Kläger klagt im Scheckprozess aus einem Scheck über 2000 Euro, den er von seinem Mieter für die Monatsmiete Mai erhalten hat. Später nimmt er vom Scheckverfahren Abstand und macht die Mietforderung Mai im ordentlichen Verfahren geltend. Der Wert bleibt unverändert. Der Kläger klagt im Scheckprozess aus einem Scheck über 2000 Euro, den er von seinem Mieter für die Monatsmiete Mai erhalten hat. Später nimmt er vom Scheckverfahren Abstand und ändert die Klage dahingehend, dass jetzt die Mietforderung Juni im ordentlichen Verfahren geltend wird. Der Wert für die Gerichtsgebühr beträgt auch jetzt 4000 Euro (§ 39 Abs. 1 GKG), da die Werte sämtlicher im Verlauf des Verfahrens geltend gemachter Gegenstände zusammenzurechnen sind. Siehe das Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“, Rn. 3653 ff.
Im Übrigen kann sich der Wert auch hier durch Klageerweiterungen, Widerklagen, Hilfsanträge und Hilfsaufrechnungen erhöhen.
Û
5386
Beispiel: Der Kläger klagt im Scheckprozess aus einem Scheck über 2000 Euro, den er von seinem Mieter für die Monatsmiete Mai erhalten hat. Später nimmt er vom Scheckverfahren Abstand und macht die Mietforderung Mai im ordentlichen Verfahren geltend. Gleichzeitig erweitert er die Klage um weitere 2000 Euro für die Miete Juni. Der Wert beträgt jetzt 4000 Euro (§ 39 Abs. 1 GKG).
IV. Streitwert für die Anwaltsgebühren 1. Allgemeines Für den Anwalt gelten über § 23 Abs. 1 Satz 1 u. 3 RVG die gleichen Werte wie für die Gerichtsgebühren.
5387
Da für die Anwaltsgebühren der Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess einerseits und das Nachverfahren bzw. das Verfahren nach Abstandnahme zwei verschiedene Angelegenheiten sind (§ 17 Nr. 5 RVG), kann es hier für die einzelnen Gebühren zu unterschiedlichen Werten kommen.
5388
Daher ist ggf. für die im Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess geltend gemachten Ansprüche und die im Nachverfahren bzw. im Verfahren nach Abstandnahme geltend gemachten Ansprüche eine getrennte Wertfestsetzung vorzunehmen. Soweit sich die Anwaltsgebühren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert richten, ist dieser Wert nach § 33 RVG gesondert festzusetzen.
5389
Der Streitwert im Nachverfahren wird grundsätzlich durch den Wert des Gegenstandes bestimmt, hinsichtlich dessen dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte vorbehalten worden ist. Regelmäßig geschieht das wegen des gesamten Klageanspruchs, so dass dieser auch den Wert des Nachverfahrens bestimmt. Der
5390
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ZPO
Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess Streitwert im Urkunden- und Wechselprozess-Nachverfahren ist daher grundsätzlich gleich dem Streitwert im Urkunden- oder Wechselprozess.1 5391
Ergeht im Urkunden- und Wechselprozess ein Vorbehaltsurteil und beantragt der Beklagte nur wegen eines Teilbetrages Klageabweisung, dann gilt für die Anwaltsgebühren insoweit ein geringerer Wert, nicht auch für die Gerichtsgebühren, da es sich verfahrensrechtlich um eine Einheit handele.2 Ergeht im Urkunden- und Wechselprozess ein Vorbehaltsurteil über die ganze Klageforderung, dann soll sich der Streitwert selbst dann nicht verringern, wenn der Beklagte im Nachverfahren nur wegen eines Teilbetrages Klageabweisung beantragt, da es sich verfahrensrechtlich um eine Einheit handele.3 Das ist so nicht zutreffend. Der Wert des Nachverfahrens bestimmt sich nach den Anträgen, die dort gestellt werden. Wird nur teilweise die Aufhebung des Vorbehaltsurteils und die Abweisung der Klage beantragt, dann gilt auch nur dieser Wert. Erst wenn der Kläger beantragt, das Urteil im Übrigen für vorbehaltlos zu erklären, wird auch dieser Teil zum Streitgegenstand und ist mitzubewerten.
5392
Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass sich der Beklagte nur wegen eines Teils die Rechte im Nachverfahren vorbehalten hat und dieses dann auch nur insoweit durchgeführt wird. In diesem Fall gilt nur der geringere Wert.
Û
5393
Beispiele: Der Kläger klagt im Scheckprozess 4000 Euro ein. Es ergeht ein Vorbehaltsurteil a) über 4000 Euro b) über 3000 Euro. Anschließend beantragt der Kläger im Nachverfahren, das Urteil für vorbehaltlos zu erklären und der Beklagte, die Klage abzuweisen. Der Gegenstandswert des Scheckprozesses beläuft sich auf 4000 Euro. Der Wert des Nachverfahrens beträgt im Fall a) ebenfalls 4000 Euro und im Fall b) 3000 Euro. Der Kläger klagt im Scheckprozess 4000 Euro ein. Es ergeht ein Vorbehaltsurteil über 4000 Euro. Anschließend beantragt der Beklagte im Nachverfahren, die Klage i.H.v. 3000 Euro abzuweisen. Der Kläger beantragt, das Urteil i.H.v. 3000 Euro für vorbehaltlos zu erklären. Im Übrigen werden keine Anträge gestellt. Der Gegenstandswert des Scheckprozesses beläuft sich auf 4000 Euro. Der Wert des Nachverfahrens beträgt lediglich 3000 Euro.
Auch sonstige Antragsänderungen können bei den Anwaltsgebühren zu unterschiedlichen Wertfestsetzungen für den Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess einerseits und das Nachverfahren oder das ordentliche Verfahren nach Abstandnahme andererseits führen.
Û
Beispiele: Der Kläger klagt im Scheckprozess 4000 Euro ein. Später nimmt er vom Scheckverfahren Abstand und verlangt nur noch 3000 Euro. Der Wert der Gerichtsgebühren ist auf 4000 Euro festzusetzen. Die Reduzierung des Wertes ist hier unerheblich. Für die im Scheckprozess angefallenen Anwaltsgebühren gilt gem. § 32 Abs. 1 RVG der Wert von 4000 Euro. Für die im ordentlichen Verfahren nach Abstandnahme angefallenen Anwaltsgebühren gilt jedoch ein geringerer Wert, der auf Antrag nach § 33 RVG festzusetzen ist. Der Kläger klagt im Scheckprozess 2000 Euro (Miete Mai) ein. Später nimmt er vom Scheckverfahren Abstand und verlangt im Wege der Klageänderung 2000 Euro (Miete Juni).
1 RGZ 18, 408; 31, 1. 2 OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 425; OLG München, Beschl. v. 27.4.1987 – 11 W 1439/87, MDR 1987, 766; LG Schweinfurt, AnwBl. 1954, 88; LG Gießen, AnwBl. 1954, 89. 3 OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 425; OLG München, Beschl. v. 27.4.1987 – 11 W 1439/87, MDR 1987, 766; LG Schweinfurt, AnwBl. 1954, 88; LG Gießen, AnwBl. 1954, 89.
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Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess Der Wert der Gerichtsgebühren ist auf 4000 Euro festzusetzen (§ 39 Abs. 1 GKG, s. Rn. 5385). Für die im Scheckprozess angefallenen Anwaltsgebühren gilt ein Gegenstandswert von 2000 Euro. Für die im ordentlichen Verfahren nach Abstandnahme angefallenen Anwaltsgebühren gilt ebenfalls ein Wert von 2000 Euro. War der Anwalt sowohl im Schekprozess als auch im ordentlichen Verfahren tätig, gilt für ihn auch der Wert von 4000 Euro (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG). War der Anwalt dagegen nicht in beiden Verfahren tätig oder sind aus einem Verfahren für ihn gesonderte Gebühren angefalllen, ist der Wert des jeweiligen Verfahrens auf Antrag nach § 33 RVG festzusetzen.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 40 GKG ist für die Bewertung im Nachverfahren oder im ordentlichen Verfahren nach Abstandnahme der Zeitpunkt der Erhebung der Klage und nicht der Beginn des Nachverfahrens oder des ordentlichen Verfahrens nach Abstandnahme maßgebend.
5394
Bei den Anwaltsgebühren ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Verfahrensgebühr des Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozesses gem. der Anm. Abs. 2 zu Nr. 3100 VV RVG auf die Verfahrensgebühr des Nachverfahrens bzw. des Verfahrens nach Abstandnahme anzurechnen ist, soweit der Gegenstand derselbe ist.
5395
Û
Beispiel: Es wird eine Urkundenklage i.H.v. 5000 Euro erhoben. Nach mündlicher Verhandlung ergeht ein Vorbehaltsurteil. Der Kläger beantragt, dieses für vorbehaltlos zu erklären. Der Beklagte erklärt im Nachverfahren die Hilfsaufrechnung mit einer streitigen Forderung i.H.v. 1500 Euro. Hierüber wird verhandelt und unter Einbeziehung der Hilfsaufrechnung entschieden. Der Wert des Nachverfahrens erhöht sich durch die Hilfsaufrechnung um deren Wert, da hierüber entschieden worden ist (§ 45 Abs. 3 GKG). Angerechnet werden darf aber nur nach dem Wert des Urkundenverfahrens, also nach 5000 Euro. I. 1. 2. 3.
Urkundenverfahren (Wert: 5000 Euro) 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt II. Nachverfahren (Wert: 6500 Euro) 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 2. gem. Anm. Abs. 2 zu Nr. 3100 VV RVG anzurechnen, 1,3 aus 5000 Euro 3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
Û
393,90 Euro 363,60 Euro 20,00 Euro 777,50 Euro 147,73 Euro 925,23 Euro 526,50 Euro – 393,90 Euro 486,00 Euro 20,00 Euro 638,60 Euro 121,33 Euro 759,93 Euro
Beispiel: Es wird eine Urkundenklage i.H.v. 6500 Euro erhoben. Nach mündlicher Verhandlung ergeht ein Vorbehaltsurteil i.H.v. 5000 Euro; im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte beantragt, das Urteil aufzuheben. Hierüber wird verhandelt und entschieden. Auch hier darf nur angerechnet werden, soweit sich die Werte von Urkunden- und Nachverfahren decken, also nach 5000 Euro (analog Vorbem. 3 Abs. 4 Satz 3 VV RVG). I. 1. 2. 3.
Urkundenverfahren (Wert: 6500 Euro) 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
526,50 Euro 486,00 Euro 20,00 Euro 1032,50 Euro 196,18 Euro 1228,68 Euro
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Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess
ZPO
II. Nachverfahren (Wert: 5000 Euro) 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 2. gem. Anm. Abs. 2 zu Nr. 3100 VV RVG anzurechnen, 1,3 aus 5000 Euro 3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
Û
393,90 Euro – 393,90 Euro 363,60 Euro 20,00 Euro 383,60 Euro 72,88 Euro 456,48 Euro
Beispiel: Es wird eine Urkundenklage i.H.v. 6500 Euro erhoben. Nach mündlicher Verhandlung ergeht ein Vorbehaltsurteil i.H.v. 5000 Euro; im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte beantragt, das Urteil aufzuheben. Der Kläger erweitert daraufhin die Klage um 3000 Euro. Hierüber wird verhandelt und entschieden. Das Nachverfahren hat einen Gegenstandswert i.H.v. (5000 Euro + 3000 Euro =) 8000 Euro (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG). Das Urkundenverfahren hat einen Gegenstandswert von 6500 Euro. Hiervon gehen aber nur 5000 Euro in das Nachverfahren über, so dass nur insoweit (analog Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG) anzurechnen ist. I. 1. 2. 3.
Urkundenverfahren (Wert: 6500 Euro) 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 1032,50 Euro 4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt II. Nachverfahren (Wert: 8000 Euro) 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 2. gem. Anm. Abs. 2 zu Nr. 3100 VV RVG anzurechnen 1,3 aus 5000 Euro 3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 766,10 Euro 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
526,50 Euro 486,00 Euro 20,00 Euro 196,18 Euro 1228,68 Euro 592,80 Euro – 393,90 Euro 547,20 Euro 20,00 Euro 145,56 Euro 911,66 Euro
2. Problem: Kapitalisierte Zinsen oder andere Nebenforderungen 5396
Bei den Anwaltsgebühren kann sich ein Problem ergeben, wenn in der im Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess geltend gemachten Forderung Zinsen oder andere Nebenforderungen enthalten sind. Diese werden dann nämlich bewertet, soweit sie Teil der dortigen Hauptforderung sind (Rn. 5362). Zieht sich der Kläger im Verfahren nach Abstandnahme dann auf die zugrunde liegende Forderung zurück, werden die Zinsen oder anderen Nebenforderungen dagegen gem. § 43 Abs. 1 GKG nicht mehr berücksichtigt.
5397
Nach OLG Hamm sind Zinsen, die in die Wechselsumme aufgenommen werden, im Urkundenprozess Hauptforderung und damit streitwertmäßig zu berücksichtigen; erst bei Abstandnahme vom Urkundenprozess unter Übergang in das ordentliche Verfahren werden sie wertmäßig unbeachtliche Nebenforderungen, was zur Annahme einer teilweisen Klagerücknahme zwinge.1
5398
Diese Auffassung ist im Ansatz zutreffend; die Konsequenz ist falsch und verblüfft: Der Kläger soll im ordentlichen Verfahren mit Kosten belastet werden, obwohl er seinen bezifferten Antrag nicht ändert.
1 OLG Hamm, Beschl. v. 8.6.1984 – 7 U 6/84, AnwBl. 1984, 504 mit abl. Anm. Chemnitz.
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Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess Soweit in der Wechselforderung auch Zinsen aus dem Grundgeschäft enthalten sind, ist dies für die Streitwertbemessung im Wechselprozess unerheblich. Siehe dazu Rn. 5362.
5399
Nimmt der Kläger im Nachhinein vom Wechselprozess Abstand und stützt seine Forderung nunmehr auf das Grundgeschäft, ist der anwaltliche Gebührenstreitwert für das ordentliche Verfahren nach Abstandnahme (§ 592 ZPO) nach § 33 RVG gesondert festzusetzen. Insoweit liegt nämlich eine Klageänderung vor. Der Streitgegenstand wechselt. Während ursprünglich die Wechselforderung Gegenstand der Klage war, ist jetzt die Forderung aus dem Grundgeschäft Gegenstand der Klage. Auch wenn im Ergebnis derselbe Zahlbetrag verlangt wird, sind es doch verschiedene Streitgegenstände.
5400
Bei der Bewertung der Klageforderung im ordentlichen Verfahren ist jetzt zu berücksichtigen, dass Zinsen und Kosten nach § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 43 Abs. 1 GKG als Nebenforderung gelten. Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 ZPO (über § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) ist dann nicht mehr anwendbar, da der Kläger im ordentlichen Verfahren keinen Anspruch mehr aus dem Wechsel geltend macht.
5401
So ist es für den Kläger möglich, auch nach Abstandnahme weiterhin aus der Wechselforderung vorzugehen; er muss dies jedoch nicht. Geht er nach Abstandnahme weiterhin aus der Wechselforderung vor, dann ändert sich im ordentlichen Verfahren der Wert nicht, da nach wie vor die Wechselforderung Streitgegenstand bleibt und nicht die Forderung aus dem Grundgeschäft.
5402
Û
Beispiel: Dem A steht gegen den B eine Kaufpreisforderung i.H.v. 9000 Euro zzgl. zwischenzeitlich aufgelaufener Zinsen i.H.v. 3000 Euro zu. Da der B nicht zahlen kann, gibt er dem A einen Wechsel über die gesamten 12 000 Euro. Der Wechsel „platzt“ und geht zu Protest. Der A klagt daraufhin gegen den B auf Zahlung von 12 000 Euro im Wechselprozess (§§ 592, 602 ff. ZPO) und beruft sich auf die Wechselforderung. Nach mündlicher Verhandlung nimmt der Kläger vom Wechselprozess Abstand (§ 596 ZPO) und geht ins ordentliche Verfahren über. Er stützt jetzt sein Klagebegehren nicht mehr auf die Wechselforderung, sondern auf das Grundgeschäft, also auf den Kaufvertrag, ohne jedoch den Klageantrag zu ändern. Der Streitwert des Verfahrens beläuft sich gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO auf 12 000 Euro, da es hier ausschließlich auf die Wechselforderung ankommt (§ 23 Abs. 1 Satz 3 RVG, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 4 Abs. 2 ZPO). Es wird nur eine Gerichtsgebühr erhoben, die sich nach dem höchsten Wert richtet. Das sich der Wert durch die Klageänderung verringert, ist für die Gerichtsgebühr unerheblich. Anders verhält es sich bei den Anwaltsgebühren. Auch hier gilt für den Wechselprozess ein Wert von 12 000 Euro. Im Nachverfahren ist jetzt aber zu berücksichtigen, dass die Hauptforderung nur lediglich noch 9000 Euro beträgt. Hinzu kommen 3000 Euro Zinsen, die nach § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 43 Abs. 1 GKG jetzt als Nebenforderung gelten, so dass die weiteren Gebühren nur aus diesem geringeren Wert entstehen und ggf. auf Antrag nach § 33 RVG gesondert festzusetzen sind Abwandlung: Der A macht auch im ordentlichen Verfahren die Ansprüche aus dem Wechsel gelten und nicht aus dem Grundgeschäft. Der Streitwert ändert sich nicht, sondern bleibt bei 12 000 Euro.
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ZPO
Urteils- und Tatbestandsberichtigung
Urteils- und Tatbestandsberichtigung 5403
Offenbare Unrichtigkeiten des Urteils, die nicht auf rechtlichen, sondern „technischen Fehlleistungen“1 beruhen, sind von Amts wegen oder auf Antrag zu berichtigen, § 319 ZPO. Fehler, Auslassungen und Widersprüche des Urteilstatbestandes können demgegenüber gem. § 320 ZPO nur auf Antrag berichtigt werden. Zulässig ist der Berichtigungsantrag nur, wenn eine entsprechende Beschwer dargetan wird.2
5404
In beiden Fällen folgt der Gegenstandswert des Berichtigungsverfahrens in der Regel nicht dem Hauptsachewert, da die Berichtigung nicht auf eine erneute materiell-rechtliche, sondern nur auf eine technische Prüfung abzielt. Grundsätzlich ist daher eine Bruchteilsbewertung geboten.3 Der Wert ist nach § 3 ZPO zu schätzen, wobei es darauf ankommt, welche Rechtsfolgen und wirtschaftlichen Auswirkungen mit der Berichtigung bzw. dem dagegen gerichteten Rechtsmittel erstrebt werden. Bloße Tatbestandsberichtigungen dürften mit 1/10 des Hauptsachewertes hinreichend erfasst werden.4 Das gilt in gleicher Weise für die nur ausnahmsweise zulässige Beschwerde gegen eine Zurückweisung des Berichtigungsantrages.5
5405
Geht es um eine Korrektur der Kostenentscheidung, in der entgegen der Urteilsgründe die Kosten der Streithilfe nicht aufgenommen worden sind, bestimmt sich der Gegenstandswert des Berichtigungsantrags wie auch der Wert der Beschwerde gegen eine von Amts wegen vorgenommene Berichtigung nach den voraussichtlichen Kosten des Streithelfers.6 Berichtigt das Gericht unzulässigerweise die Kostengrundentscheidung des Urteils gem. § 319 ZPO (analog) aufgrund einer nachträglich geänderten Streitwertfestsetzung, bestimmen sich Gegenstands- und Beschwerdewert nach den mit der Berichtigung abweichend verteilten Kosten des Rechtsstreits.7
5406
Soweit die Vollstreckbarkeit eines Urteils aufgrund eines fehlenden Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit vorübergehend blockiert wird, ist der Streitwert nach OLG Saarbrücken8 mit 1/5 des Hauptsachewertes zu bemessen. Würde das Ausbleiben der Berichtigung die Vollstreckbarkeit des Urteils beseitigen, kann dies zum Ansatz des Hauptsachewertes führen.9 Dies ist etwa der Fall, wenn erst eine zwischen den Parteien streitige Rubrumsberichtigung eine Vollstreckung der titulierten Klageforderung ermöglicht.10
5407
Der Ansatz des vollen Hauptsachewertes, hier des Wertes der Leistungsstufe, ist nach Ansicht des OLG Bamberg geboten, wenn bei einer Stufenklage mit der Berichtigung des Urteilstenors die Streichung des nach einem Anerkenntnis des Auskunftsanspruchs versehentlich ebenfalls titulierten Leistungsanspruchs begehrt wird.11
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
BVerfG, Beschl. v. 15.1.1992 – 1 BvR 1140/86, NJW 1992, 1496. BFH, Beschl. v. 28.10.2005 – VIII R 3/03, BFH/NV 2006, 565. Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Urteils- und Tatbestandsberichtigung“ Rn. 1. BFH, Beschl. v. 28.10.2005 – VIII R 3/03, BFH/NV 2006, 565; Beschl. v. 26.11.2002 – IV E 3/02, NV 2003, 339. OLG Bamberg, Beschl. v. 27.2.2013 – 1 W 11/13, JurBüro 2013, 318. OLG Jena, Beschl. v. 5.3.2009 – 5 W 34/09, MDR 2009, 1066. BGH, Beschl. v. 30.7.2008 – II ZB 40/07, MDR 2008, 1292. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 21.5.1987 – 1 W 31/86, JurBüro 1989, 522. OLG Frankfurt, JurBüro 1980, 1893; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Urteilsergänzung“. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 25.4.2001 – 4 W 27/01, OLGR 2001, 433. OLG Bamberg, Beschl. v. 4.2.1999 – 7 WF 180/98, FamRZ 2000, 900.
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Kurpat
Urteilsergnzung Den Wert einer Berichtigungsbeschwerde im Verfahren über den Versorgungsausgleich hat das OLG Zweibrücken1 nach dem Änderungsinteresse der beteiligten Eheleute berechnet, und zwar analog § 17a GKG a.F. unter Vervielfältigung des Differenzbetrages auf den Jahresbetrag (vgl. jetzt aber § 49 GKG).
5408
Ob und inwieweit eine Beschwerde betreffend die Berichtigung des Sitzungsprotokolls (§ 164 ZPO) zulässig ist, ist umstritten.2 Auch wenn die Zulässigkeit verneint wird, muss jedoch ein Gegenstandswert festgesetzt werden, der allerdings in der Regel gering ausfallen dürfte.
5409
Urteilsergnzung A. Allgemeines Übergeht das Gericht bei seiner Entscheidung versehentlich einen von einer Partei geltend gemachten Haupt- oder Nebenanspruch oder eine von Amts wegen zu treffende Kosten(grund)entscheidung, ist das Urteil auf Antrag durch ein selbständig anfechtbares (Teil-)Urteil zu ergänzen, § 321 ZPO. In einigen Fällen kann es zu Überschneidungen des Urteilsergänzungsverfahrens gem. § 321 ZPO mit den der Überprüfung der sachlichen Richtigkeit einer Entscheidung dienenden Rechtsmitteln kommen, etwa wenn das Urteil durch die Übergehung unselbständiger Teile der Entscheidung sowohl unvollständig als auch inhaltlich unrichtig ist.3 § 321 ZPO findet nach allgemeiner Ansicht auf Beschlüsse entsprechende Anwendung.4
5410
B. Gegenstandswert Maßgebend ist das Interesse der antragstellenden Partei an der Ergänzung des Urteils bzw. Beschlusses, § 3 ZPO.5 Die Wertbestimmung hängt daher im Einzelfall vom Gegenstand der Ergänzung ab und folgt daher nur bei einem übergangenen Haupt- oder Nebenanspruch dessen Wert.
5411
Hinsichtlich der weiteren anerkannten Fälle der Urteilsergänzung gilt es zu differenzieren. Bei einem übergangenen Vorbehalt der Rechte im Nachverfahren zum Urkunden- oder Wechselprozess (§ 599 Abs. 2 ZPO) ist auf den Wert der Hauptsache abzustellen, da der Beklagte mit der Ausübung seiner Rechte im Nachverfahren den Klageanspruch zu Fall bringen will.
5412
Im Fall der übergangenen Einrede der beschränkten Erbenhaftung (§ 780 ZPO)6 ist 5413 ebenfalls der volle Hauptsachewert anzusetzen, denn der Haftungsvorbehalt erhält dem Erben die Möglichkeit, die Erfüllung der Nachlassverbindlichkeit zu verweigern, §§ 1989, 1990 BGB.7
1 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 2.3.1984 – 2 UF 180/83, JurBüro 1984, 917. 2 Siehe Zöller/Stöber, § 164 ZPO Rn. 11; OLG Koblenz, Beschl. v. 26.2.1986 – 8 W 121/86, MDR 1986, 593. 3 BGH, Urt. v. 30.9.2009 – VIII ZR 29/09, JurBüro 2010, 110; Urt. v. 25.6.1996 – VI ZR 300/95, NJW-RR 1996, 1238; Zöller/Vollkommer, § 321 Rn. 2. 4 Zöller/Vollkommer, § 321 Rn. 1. 5 OLG Celle, NJW 1966, 2414; Stein/Jonas/Roth, § 3 ZPO Rn. 67 unter „Urteilsergänzung“. 6 Vgl. zur diesbezüglichen Ergänzung Zöller/Stöber, § 780 Rn. 13. 7 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Urteilsergänzung“.
Kurpat
1031
Verußerungsverbot Bei einer fehlenden oder unvollständigen Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils (hier findet gem. § 716 ZPO die Regelung zur Urteilsergänzung entsprechende Anwendung) ist das Interesse an der sofortigen Vollstreckbarkeit des titulierten Anspruchs (Gläubiger) bzw. an deren Abwendung der Vollstreckung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung (Schuldner) maßgebend. In der Regel wird hier der drohende Zinsverlust stehen, der dadurch eintritt, dass mangels vorläufiger Vollstreckbarkeit überhaupt nicht vollstreckt werden kann (Gläubiger) bzw. aufgrund fehlender Abwendungsbefugnis statt einer Bürgschaft der volle Urteilsbetrag geleistet werden muss.1 Vertretbar ist auch, den Gegenstandswert pauschal auf 1/5 des Hauptsachewertes festzusetzen.2
5415
Im Fall des im Mietprozess nicht beschiedenen Antrags auf Gewährung einer Räumungsfrist (§ 721 Abs. 1 Satz 3 ZPO) wird auf das Interesse an der Vermeidung einer sofortigen Räumung und damit auf die Höhe des für den begehrten Zeitraum anfallenden Nutzungsentgelts abzustellen sein.3
5416
Auch eine fehlende Entscheidung über die Zulassung der Berufung (§ 511 Abs. 4 ZPO) und Revision (§§ 543 Abs. 1, 43 ZPO) eröffnet das Verfahren der Urteilsergänzung, da es sich hierbei wie bei der Kosten- oder Vollstreckbarkeitsentscheidung um eine prozessuale Nebenentscheidung handelt.4 Der Wert entspricht dem der Beschwer des Antragstellers, da diese zu beseitigen, das Ziel der Rechtsmitteleinlegung ist.
ZPO
5414
C. Rechtsmittel und Beschwer 5417
Die Beschwer des unterliegenden Antragstellers entspricht dem Gegenstandswert. Die Beschwer des unterliegenden Antragsgegners bemisst sich nach dem Wert der mit der Urteilsergänzung verbundenen Nachteile und damit ebenfalls regelmäßig nach dem Gegenstandswert.5
5418
Überschneiden sich Urteilsergänzungs- und Rechtsmittelverfahren, entfällt die für die Rechtsmitteleinlegung notwendige Beschwer erst mit der Verkündung des stattgebenden Urteilsergänzungsurteils.6
Verußerungsverbot 5419
Durch einstweilige Verfügung kann das Verbot erwirkt werden, über eine Forderung, über eine bewegliche Sache oder über ein Grundstück zu verfügen, insbesondere eine Sache zu veräußern.7 Der Wert eines solchen Verfahrens bestimmt sich nach § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG: Es ist auf den Verkehrswert der Sache bzw. des Grundstücks oder den Betrag der Forderung abzustellen.8
1 OLG Celle, NJW 1966, 2414. 2 Vgl. für Urteilsberichtigung OLG Saarbrücken, Beschl. v. 21.5.1987 – 1 W 31/86, JurBüro 1989, 522. 3 Siehe auch unter dem Stichwort „Räumungsfristverfahren“. 4 Zöller/Vollkommer, § 312 ZPO Rn. 5. 5 Im Ergebnis BGH, Beschl. v. 12.7.2013 – V ZB 74/12, FamRZ 2013, 1572. 6 BGH, Urt. v. 30.9.2009 – VIII ZR 29/09, NJW 2010, 1148. 7 Siehe Zöller/Vollkommer, § 938 Rn. 12, 13. 8 OLG Köln, JurBüro 1980, 244.
1032
Kurpat/Noethen
Verein Es kommt nicht darauf an, welche wirtschaftlichen Absichten mit dem Veräußerungsverbot vom Antragsteller verbunden werden.1 Erstrebt er beispielsweise die Sicherung des Gewinns einer Weiterveräußerung nach Ausübung eines Optionsrechts, dann ist dies nicht bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen, weil dieses Begehren nicht Streitgegenstand ist.2
5420
Nur dann, wenn das Veräußerungsverbot auf eine pfandrechtsartige Sicherung abzielt, ist § 6 Satz 2 ZPO mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Wert des zu sichernden Anspruchs und der Wert des Sicherungsobjekts zu vergleichen sind und nur der geringere Wert anzusetzen ist. Hieraus ergibt sich, wie wichtig es für den Antragsteller ist, sein Rechtsschutzziel im Verfügungsverfahren genau zu konkretisieren. Andererseits darf das Gericht wegen seiner Gestaltungsfreiheit nach § 938 Abs. 1 ZPO die vom Antragsteller vorformulierten Verfügungsanträge nicht unbesehen als Bewertungsgegenstand annehmen, sondern muss das wirkliche Begehren vorab klarstellen.3
5421
Verbindung Siehe das Stichwort „Prozessverbindung“.
Verein A. Einleitung Das BGB unterscheidet zwischen wirtschaftlichen Vereinen (§ 22 BGB) und Idealvereinen (§ 21 BGB).4 Zu den Werten des von einem oder gegen einen Idealverein geführten Verfahrens kann auf die Ausführungen beim Stichwort „Idealverein“ verwiesen werden.
5422
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert Ob die von einem wirtschaftlichen Verein geführten Verfahren als vermögensrechtliche oder nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten anzusehen sind, was dann auf die Bestimmung des Zuständigkeits- und Gebührenstreitwerts Auswirkungen hat, entscheidet sich nicht nach der materiell-rechtlichen Einordnung des Vereins, sondern nach dem Charakter des im Einzelfall geltend gemachten Anspruchs.
5423
– Verfolgt ein Verein mit der Klage keine eigenen vermögensrechtlichen oder wirtschaftlichen Interessen oder derartige Interessen seiner Mitglieder, so handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, bei der der Gebührenstreitwert nach § 48 Abs. 2 GKG festzusetzen ist.5 Die gesamten Umstände des Einzelfalles sind maßgebend.6 § 247 Abs. 1 AktG ist nicht entsprechend an-
5424
1 OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 5 W 550/93, JurBüro 1994, 738. 2 OLG Köln, JurBüro 1980, 244. 3 OLG Köln, KostRsp. GKG § 20 Nr. 38; s. auch OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.1.1980 – 2 W 62/79, WRP 1980, 582. 4 Zur Abgrenzung vgl. OLG Thüringen, Beschl. v. 30.10.2012 – 9 W 415/12. 5 OLG Karlsruhe, WRP 1968, 229. 6 OLG Frankfurt, JurBüro 1985, 1083.
Noethen/Kurpat
1033
Vereinbarte Vergtung
ZPO
wendbar.1 Der Zuständigkeitsstreitwert ist unter Beachtung dieser Grundsätze nach § 3 ZPO zu schätzen. – Handelt es sich dagegen um Streitigkeiten vermögensrechtlicher Art, so ist der Wert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. 5425
Der Streit um die Identität mit einem Idealverein ist dann vermögensrechtlicher Art, wenn mit der Klage im Wesentlichen oder ausschließlich wirtschaftliche Zwecke verfolgt werden.2
5426
Auch das Unterlassungsbegehren wegen unerlaubter Führung des Namens eines Vereins, der die beruflichen Interessen seiner Mitglieder wahrnimmt, ist vermögensrechtlicher Natur und deshalb nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bewerten.3
5427
Gleiches gilt für die Klage auf Feststellung der Zugehörigkeit zu einem wirtschaftlichen Verein oder bei Streit über die Wirksamkeit des Ausschlusses. Denn die Mitgliedschaft hat wirtschaftliche Auswirkungen.4
5428
Die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einzelner Beschlüsse einer Generalversammlung ist nichtvermögensrechtlicher Natur, soweit es sich um die Entlastung des Vorstandes und die Wahl des stellvertretenden Vorsitzenden, des Schriftführers und des Beisitzers handelt, dagegen vermögensrechtlicher Natur, soweit es um eine Sonderumlage zur Finanzierung eines vermögensrechtlichen Rechtsstreits geht.
5429
Demnach ist getrennt aus § 48 Abs. 2 GKG und § 3 ZPO zu bewerten und der Streitwert gem. § 5 ZPO aus der Wertsumme zu bilden.5
Vereinbarte Vergtung Siehe das Stichwort „Herabsetzung einer vereinbarten Vergütung“ und „Vereinbarungen zum Streitwert“.
Vereinbarungen zum Streitwert A. Überblick 5430
Vereinbarungen zur Höhe des Streitwertes sind möglich. Sie kommen in der Praxis in zwei Fällen vor, nämlich: – bei Vereinbarungen zwischen Anwalt und Auftraggeber über die Höhe des der Vergütung zugrunde zu legenden Gegenstandswertes und – bei Vereinbarungen zur Höhe des Gegenstandswerts im Rahmen der Kostenerstattung. 1 2 3 4
BGH, Beschl. v. 25.5.1992 – II ZR 23/92, MDR 1993, 183. OLG Celle, NJW 1964, 359. BGH, GRUR 1953, 446. Anders verhält es sich bei der streitigen Mitgliedschaft in einem Idealverein, vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.7.2003 – 9 W 13/03, JurBüro 2003, 644 auch wirtschaftliche Interessen, nämlich die Vereinsmitgliedschaft als Voraussetzung für den Verkauf selbst gezüchteter Rassehunde sowie eine eventuelle persönliche Haftung als nicht entlastetes Vorstandsmitglied. 5 LG Lübeck, JurBüro 1959, 376.
1034
Kurpat/N. Schneider
Vereinbarungen zum Streitwert
B. Vereinbarungen zwischen Anwalt und Auftraggeber Anwalt und Auftraggeber können für die vom Auftraggeber zu zahlende Vergütung einen Gegenstandswert frei vereinbaren. Dieser Gegenstandswert ist dann allerdings nur dem Vergütungsanspruch des Anwalts gegen seinen Auftraggeber zugrunde zu legen und führt zu einem höheren oder niedrigeren Vergütungsanspruch als dem gesetzlichen.
5431
Gegenüber Dritten sind solche Vereinbarungen unmittelbar bedeutungslos. Sie führen also weder zu höheren oder geringeren Gerichtskosten, noch zu einem höheren Kostenerstattungsanspruch oder einem höheren Vergütungsanspruch gegenüber der Staatskasse.
5432
Lediglich für den Kostenerstattungsanspruch kann die Vereinbarung eines geringeren Gegenstandswerts von Bedeutung sein, da der Erstattungsberechtigte vom Erstattungspflichtigen nie mehr erstattet verlangen kann, als er an seinen Anwalt zu zahlen verpflichtet ist. Da im gerichtlichen Verfahren die Vereinbarung einer geringeren Vergütung nicht zulässig ist, hätte eine solche Vereinbarung lediglich im außergerichtlichen Bereich Bedeutung. Sie kommt in der Praxis aber kaum vor.
5433
Soweit zwischen Anwalt und Auftraggeber eine Vereinbarung über die Höhe des Gegenstandswerts getroffen wird, handelt es sich um eine Vergütungsvereinbarung nach §§ 3a ff. RVG.
5434
Das gilt auch dann, wenn die Vertragsparteien den tatsächlichen Streitwert nicht 5435 kennen und dieser möglicherweise schwer zu ermitteln ist und die Parteien durch eine Vereinbarung die Ungewissheit darüber beseitigen wollen. Die Formvorschriften des § 3a Abs. 1 Satz 1 u. 2 RVG müssen daher beachtet werden. Die Vereinbarung muss insbesondere in Textform geschlossen und als solche bezeichnet sein. Sie darf nicht in einer Vollmacht enthalten sein und muss sich von anderweitigen Vereinbarungen deutlich absetzen. Soweit gegen die vorgenannten Formvorschriften verstoßen wird, bleibt die Vereinbarung zwar wirksam; der Anwalt kann jedoch nur nach dem gesetzlichen Wert abrechnen (§ 4b RVG).1 Der Anwalt ist ferner verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass eine Kostenerstattung nur nach dem zutreffenden, nicht nach dem vereinbarten Streitwert vorzunehmen ist (§ 3a Abs. 1 Satz 3 RVG). Anderenfalls macht er sich schadensersatzpflichtig.
5436
In gerichtlichen Verfahren ist darüber hinaus zu beachten, dass die gesetzliche Vergütung nicht unterschritten werden darf (§ 49b Abs. 1 BRAO). Daher ist es in gerichtlichen Verfahren nicht zulässig, einen geringeren Streitwert als den gesetzlichen zu vereinbaren. Lediglich in außergerichtlichen Tätigkeiten kann auch ein geringerer Gegenstandswert vereinbart werden (§ 4 Abs. 1 Satz 1 RVG). Soweit in einem gerichtlichen Verfahren unzulässigerweise ein geringerer Gegenstandswert vereinbart wird, bleibt der Anwalt daran allerdings gebunden, da der Verstoß die Wirksamkeit der Vereinbarung nicht berührt.2
5437
C. Vereinbarungen im Erstattungsverhältnis In der Praxis werden häufig auch im Rahmen der Kostenerstattung Vereinbarungen zur Höhe des Gegenstandswerts bzw. Erledigungswerts geschlossen. Hintergrund ist, dass sich der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch bei teil1 BGH, Urt. v. 5.7.2014 – IX ZR 137/12, MDR 2014, 931 = AGS 2014, 319. 2 BGH, Urt. v. 5.7.2014 – IX ZR 137/12, MDR 2014, 931 = AGS 2014, 319.
N. Schneider
1035
5438
Verfahrensruhe
ZPO
weiser Durchsetzung eigener Ansprüche nicht nach der Quote der durchgesetzten Ansprüche berechnet, sondern nach den vollen Gebühren aus dem sog. Erledigungswert, also dem Wert der berechtigten Ansprüche (s. hierzu auch das Stichwort „Verkehrsunfallschadenregulierung“, Rn. 5621 ff.). Hier kommt es im Rahmen des Erstattungsverhältnisses mitunter zu Vereinbarungen über den Wert, nach dem sich die zu erstattenden Kosten berechnen sollen. Eine solche Vereinbarung ist formlos möglich, da es sich nicht um eine Vergütungsvereinbarung handelt, sondern lediglich um die Regelung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs. 5439
Für das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Auftraggeber ist diese Vereinbarung unerheblich. Der Anwalt rechnet gegenüber seinem Auftraggeber nach dem tatsächlichen zutreffenden Gegenstandswert ab. Der Auftraggeber erhält die Kostenerstattung nur nach dem vereinbarten Wert. Den Differenzbetrag muss der Auftraggeber dann aus eigener Tasche zahlen.
5440
Mitunter verpflichtet sich ein Erstattungspflichtiger vergleichsweise auch, die Anwaltskosten nach einem höheren Wert als dem Erledigungswert (s. hierzu das Stichwort „Verkehrsunfallschadenregulierung“, Rn. 5621 ff.) zu zahlen. Dann muss er nach diesem Wert erstatten.
Verfahrensruhe 5441
Wird ein Rechtsstreit, der einen Anspruch auf Zahlung zum Gegenstand hat, infolge der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Beklagten unterbrochen, dann bestimmt sich der Streitwert für den Zeitraum nach Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem Betrag, der bei einer Verteilung der Insolvenzmasse für die Klageforderung zu erwarten ist.1
5442
Den Wert einer Beschwerde gegen die Ablehnung umgehender Aufnahme des Verfahrens nach Anordnung des Ruhens bewertet das OLG Köln mit regelmäßig 1/5 des Hauptsachewertes, weil es nur darum geht, ob der Kläger den begehrten Titel früher erwirken kann.2 Das Beschwerdeverfahren zur Streitwertfestsetzung kann während des Ruhens des Verfahrens durchgeführt werden.3
5443–5461
Einstweilen frei.
Verfahrenstrennung Siehe das Stichwort „Prozesstrennung“.
Vergleich Literatur: Bräuer, Gegenstandswert bei Ratenzahlungsvereinbarungen, JurBüro 2008, 62; Enders, JurBüro 1995, 3 (15/10 Vergleichsgebühr); JurBüro 1995, 393 (PKH für den Vergleich über nicht anhängige Ansprüche); Mümmler, JurBüro 1991, 767 (Aufgabe des normativen Streit1 OLG Koblenz, Beschl. v. 25.6.2009 – 5 W 414/09, JurBüro 2010, 201. 2 OLG Köln, Beschl. v. 25.9.1984 – 2 W 114/84, KostRsp. § 3 Nr. 719. 3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.2.1993 – 3 W 2/93, MDR 1993, 471.
1036
N. Schneider/Kurpat
Vergleich werts?); Schneider, Rpfleger 1986, 81 (Zweifelsfragen zur Berechnung des Gegenstandswertes von Vergleichen); MDR 1990, 682 (faule Forderungen). Gliederungsübersicht Rn. A. Einleitung I. Begriff und Voraussetzungen . . . II. Verpflichtung zur Klagerücknahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verpflichtung zur Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verpflichtung zur Rechtsmittelrücknahme . . . . . . . . . . . . . . . .
Rn.
. 5462 . 5465 . 5469 . 5471
3.
B. Gebührenstreitwert I. II. 1. 2.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 5473 Bewertungsgrundsätze Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 5483 Vergleich über rechtshängige Ansprüche a) Streitige und unstreitige Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . 5491
4. 5. 6. 7.
b) Deklaratorische Erwähnung von Ansprüchen . . . . . . . . . . . c) Hilfsantrag . . . . . . . . . . . . . . . d) Hilfswiderklage . . . . . . . . . . . e) Stufenklage . . . . . . . . . . . . . . f) Nebenforderungen und Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich über nicht rechtshängige Ansprüche a) Streitige und unstreitige Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . b) Haupt- und Hilfsaufrechnung . Vergleich über Kosten . . . . . . . . . Gesamtvergleich. . . . . . . . . . . . . Genehmigung des Vergleichs . . . Unwirksamkeit des Vergleichs . .
5502 5506 5511 5514 5517
5522 5528 5536 5538 5542 5543
C. Rechtsmittel und Beschwer . . . . 5549
A. Einleitung I. Begriff und Voraussetzungen Der Vergleich ist ein schuldrechtlicher Vertrag, mit dem die Vertragsparteien Streit oder Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Wege des gegenseitigen Nachgebens beseitigen, § 779 Abs. 1 BGB. Ob Streit oder Ungewissheit vorliegen, bestimmt sich allein nach den subjektiven Vorstellungen der Parteien. Für die Annahme gegenseitigen Nachgebens genügt, dass die Parteien zum Zwecke der Einigung einander irgendwelche, nicht notwendigerweise gleichwertige Zugeständnisse machen.
5462
Kommt es zu seinem Abschluss innerhalb eines laufenden Rechtsstreits, fallen Rechtsgeschäft und Prozesshandlung zusammen und bilden nach ganz überwiegender Ansicht eine Einheit, die eine wechselseitige Abhängigkeit der materiellen Regelung und der prozessualen Wirkungen zur Folge hat, sog. Doppelnatur des Vergleichs.1 Nur wenn es dem mutmaßlichen Willen der Parteien entspricht, kann ein aus prozessrechtlichen Gründen unwirksamer Vergleich als außergerichtlicher Vergleich aufrechterhalten werden.2
5463
Da ein Vergleich eine mit seinem Abschluss verbundene Klärung tatsächlicher oder rechtlicher Unklarheiten voraussetzt, ist die bloße Übereinstimmung hinsichtlich des Bestands ohnehin unstreitiger Ansprüche hierfür in der Regel unzureichend. Daher lehnt die gerichtliche Praxis es überwiegend ab, den Parteien durch Protokollierung eines Vergleichs einen Vollstreckungstitel zu verschaffen, für den sie außergerichtlich Notarkosten bezahlen müssten.3
5464
1 BGH, Urt. v. 21.3.2000 – IX ZR 39/99, MDR 2000, 943; Urt. v. 10.3.1995 – II ZR 201/53, BGHZ 16, 388 = NJW 1955, 705; Zöller/Stöber, § 794 ZPO Rn. 3 m.w.N. 2 BGH, Urt. v. 24.10.1984 – IVb ZR 35/83, MDR 1985, 392; Palandt/Sprau, § 779 BGB Rn. 29. 3 Vgl. zur fehlenden Protokollierungspflicht auch BGH, Beschl. v. 3.8.2011 – XII ZB 153/10, MDR 2011, 1128.
Kurpat
1037
Vergleich
ZPO
Von einem sog. verdeckten oder informellen Prozessvergleich1 ist auszugehen, wenn das Einvernehmen der Parteien nicht als Vergleich protokolliert wird, sondern die Parteien den Rechtsstreit absprachegemäß durch (z.B.) Teilklagerücknahme und Anerkenntnis der verbleibenden Klageforderung beenden.2 Die bei einem Vergleichsschluss möglichen weiteren Gerichtsgebühren, so bei einem Mehrwert des Vergleichs (Nr. 1900 KV GKG), lassen sich durch eine deratige Vorgehensweise nicht vermeiden.
II. Verpflichtung zur Klagerücknahme 5465
Bestandteil eines außergerichtlichen Vergleichs kann auch die Verpflichtung sein, gegenüber dem Gericht die Klagerücknahme zu erklären.3 Erfüllt der Kläger die Abrede nicht, ist die Klage auf Arglisteinrede des Beklagten als unzulässig abzuweisen.4
5466
Für eine derartige Verbindung von vergleichsweiser Einigung und Klagerücknahme in einem Prozessvergleich besteht kein Bedarf, da der Rechtsstreit (bereits) durch den Abschluss des Vergleichs, soweit es sich nicht allein um einen Teiloder Zwischenvergleich handelt, unmittelbar beendet wird.5 In diesen Fällen ist daher durch Auslegung zu ermitteln, ob die Parteien eine Beendigung des Rechtsstreits durch Klagerücknahme oder Vergleich gewollt haben. Siehe im Übrigen unter dem Stichwort „Klagerücknahme“.
5467
Maßgebend für die Streitwertbestimmung ist in beiden Fällen der Streitwert der Hauptsache.6 Auch eine im Prozessvergleich über die Klagerücknahmeverpflichtung hinaus enthaltene, von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO abweichende Kostenregelung, bleibt gem. § 43 Abs. 3 GKG bei der Streitwertbemessung unberücksichtigt.7 Denn als kostenverursachende Handlung im Sinne des § 43 Abs. 3 Satz 2 ZPO betrifft der Prozessvergleich neben den Kosten des Rechtsstreits auch den Hauptanspruch. Der Kostenbetrag ist aber lediglich dann maßgebend, wenn Handlungen den Kostenpunkt ohne den Hauptanspruch betreffen.
5468
Folgerichtig bleiben auch die Kosten des Prozessvergleichs selbst nach § 43 Abs. 3 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO außer Ansatz.8
III. Verpflichtung zur Erledigungserklärung 5469
Aufgrund der unmittelbar prozessbeendigenden Wirkung des Prozessvergleichs besteht auch für eine Verbindung von Vergleich und Erledigungserklärung keine Notwendigkeit. Der im Vergleich enthaltenen Formulierung, wonach der „Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist“, kommt eine eigenständige Bedeutung allenfalls dann zu, wenn die Parteien daneben keine oder nur eine negative Kostenregelung getroffen haben. Dann beschränkt sich der Vergleich auf die Hauptsache, so 1 Vgl hierzu Treuer, MDR 1999, 520; Rasehorn, ZRP 1980, 6 (9). 2 OLG Köln, Beschl. v. 18.6.2009 – 17 W 144/09; OLG München, Beschl. v. 12.6.2006 – 10 W 1672/06, RVG prof. 2006, 129 (Ls.); OLG Rostock, Beschl. v. 26.5.2008 – 5 W 94/08, MDR 2008, 1308. 3 BGH, Urt. v. 14.5.1996 – IVa ZR 146/85, NJW-RR 1987, 307. 4 BGH, Urt. v. 7.3.2002 – III ZR 73/01, MDR 2002, 839; BAG, Urt. v. 9.7.1981 – 2 AZR 788/78, BAGE 36, 112 = MDR 1982, 258. 5 BGH, Urt. v. 7.3.2002 – III ZR 73/01, MDR 2002, 839. 6 OLG Köln, JurBüro 1970, 803; OLG Oldenburg, JurBüro 1957, 33; OLG Stuttgart, MDR 1955, 368. 7 OLG Köln, JurBüro 1970, 803; OLG Neustadt, JurBüro 1964, 195. 8 OLG Nürnberg, BayJMBl. 1959, 170; OLG Köln, JurBüro 1970, 803.
1038
Kurpat
Vergleich dass das Gericht in Abweichung von § 98 ZPO nach Maßgabe der allgemeinen Kostenregelungen, insbesondere von § 91a ZPO, über die Kosten zu entscheiden hat.1 Auch hier bestimmt sich der Streitwert des Vergleichs allein nach dem Wert der Hauptsache. Demgegenüber ist der Verfahrenswert nach Abschluss des Vergleichs, ebenso wie bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung (s. hierzu unter dem Stichwort „Erledigung der Hauptsache“), nach der Summe der bis dahin angefallenen Gerichts- und Anwaltskosten2 zu bestimmen, bei denen wiederum die Kosten des Prozessvergleichs selbst gem. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 3 GKG unberücksichtigt bleiben.
5470
IV. Verpflichtung zur Rechtsmittelrücknahme Übernimmt eine Partei in einem Prozessvergleich die Verpflichtung, ein von ihr in einem anderweitig zwischen den Parteien oder gegen einen Dritten geführten Verfahren eingelegtes Rechtsmittel zurückzunehmen, bestimmt sich der Streitwert nach der wirtschaftlichen Bedeutung, die der Eintritt einer bestandskräftigen Entscheidung zwischen den Vergleichsparteien hat. Diese wird regelmäßig mit dem Beschwerdegegenstand des Rechtsmittelverfahrens übereinstimmen.
5471
Der abweichenden Ansicht des LAG Hamm,3 wonach der Verpflichtung zur Rechtsmittelrücknahme keine werterhöhende Bedeutung zukomme, da die Rücknahme wegen § 516 Abs. 3 ZPO für den Rechtsmittelführer ohnehin mit der vollen Kostenlast verbunden sei, ist nicht zu folgen. Mit der Kostenlast der Rücknahme wird der falsche Anknüpfungspunkt gewählt, da diese nur Folge, aber regelmäßig nicht Ziel der vergleichsweisen Regelung ist. Diese bezweckt vielmehr den Eintritt der Bestandskraft der angegriffenen Entscheidung.
5472
B. Gebührenstreitwert I. Allgemeines Für den Anfall von Gerichtsgebühren ist der Abschluss eines Prozessvergleichs bei Identität von Vergleichs- und Streitgegenstand weitgehend ohne Bedeutung. Nur wenn mit dem Vergleich eine Regelung bislang nicht anhängiger Ansprüche erfolgt, also der Wert des Vergleichsgegenstandes den Wert des Streitgegenstandes übersteigt (sog. Mehrwert), bedarf dieser einer gesonderten Festsetzung.4
5473
Zu den allgemeinen Gerichtsgebühren tritt eine 0,25 Gebühr gem. Nr. 1900 KV GKG nach dem Unterschied der Streitwerte,5 nach Anm. 2 zu Nr. 1900 KV GKG nicht aber, wenn der höhere Vergleichswert keinen Gebührensprung ausgelöst hätte (§ 36 Abs. 3 GKG analog).6 Für die gerichtliche Vergleichsgebühr haftet in diesem Fall nur diejenige Partei, deren nichtrechtshängigen Ansprüche in den Vergleich einbezogen worden sind.7
5474
1 BGH, MDR 1965, 25 = NJW 1965, 103; OLG Koblenz, JurBüro 1991, 120; OLG München, Beschl. v. 13.11.1989 – 25 W 2948/89, MDR 1990, 344; OLG Saarbrücken, Beschl. 24.5.2004 – 5 W 38/04; Zöller/Herget, § 98 ZPO Rn. 3. 2 OLG Köln, JurBüro 1972, 161. 3 LAG Hamm, MDR 1980, 613 Nr. 127. 4 OLG Zweibrücken, JurBüro 1984, 736. 5 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 1. 6 A.A. noch zur alten Rechtslage: OLG München, Beschl. v. 10.12.2008 – 11 W 2504/08, MDR 2009, 894. 7 OLG München, NJW 1973, 1889.
Kurpat
1039
Vergleich Bei den anwaltlichen Gebühren löst die anwaltliche Mitwirkung beim Abschluss eines Prozessvergleichs oder an den diesem vorausgehenden Verhandlungen gem. Nrn. 1000, 1003 VV RVG eine Einigungsgebühr aus. Hierbei ist im RVG die Privilegierung der außergerichtlichen Einigung (Nr. 1000 VV RVG: 1,5) gegenüber der gerichtlichen (Nr. 1003 VV RVG: 1,0) beibehalten worden.
5476
Mit der Neufassung in Nr. 1000 VV RVG hat der Gesetzgeber die noch in § 23 Abs. 1 BRAGO vorhandene Anknüpfung an den materiell-rechtlichen Vergleich (§ 779 BGB) aufgegeben. Dies ist bei der Heranziehung davor ergangener Judikate zu berücksichtigen. Erforderlich ist nach neuem Recht nur noch ein Vertrag, durch den ein Streit oder eine Ungewissheit der über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird; eines gegenseitigen Nachgebens bedarf es für den Anfall der Einigungsgebühr nicht mehr.1 Hingegen darf sich die Einigung nicht auf die Abgabe eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts beschränken, so dass ein geringfügiges einseitiges Nachgeben notwendig bleiben wird. Der Ungewissheit über das Rechtsverhältnis steht analog § 779 Abs. 2 BGB gleich, dass die Verwirklichung des Anspruchs unsicher ist.2
5477
Neben dem Prozessvergleich kommt auch dem außergerichtlichen Vergleich streitwertrechtlich eine Bedeutung zu. Denn gem. Nr. 1000 VV RVG entsteht auch bei Mitwirkung eines Anwalts am Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs eine Einigungsgebühr. Im Verhältnis zum Prozessvergleich gelangen die gleichen Bewertungsgrundsätze zur Anwendung.
5478
Soweit durch den Abschluss eines Prozessvergleichs nur anwaltliche Gebührenansprüche entstehen oder der Rechtsstreit durch einen außergerichtlichen Vergleich erledigt wird, ist der Gegenstandswert gem. § 33 Abs. 1 RVG, der auch nicht anhängige Ansprüche erfassen kann, nur auf Antrag festzusetzen.3 In der Praxis wird häufig auch ohne ausdrücklichen Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG mit der Streitwertfestsetzung nach § 63 GKG zugleich der Gegenstandswert der anwaltlichen Vergleichsgebühr festgesetzt, wenn er nicht mit dem Streitwert des gerichtlichen Verfahrens übereinstimmt. Dies begegnet keinen Bedenken, da regelmäßig von einem entsprechenden mutmaßlichen Willen der Prozessbevollmächtigten auszugehen ist. Zu beachten ist jedoch, dass sich ein etwaiges Beschwerdeverfahren nicht nach § 68 GKG, sondern nach § 33 Abs. 1 RVG richtet. Vgl. hierzu die Ausführungen in „Teil 1 – Verfahrensrecht“, Rn. 749 ff.
5479
Für die gerichtliche Wertfestsetzung ist es unstatthaft, den Gegenstandswert von Vergleichen künstlich niedrig zu halten.4 Demgegenüber steht es den Parteien aufgrund der Dispositionsmaxime frei, für die Berechnung der Anwaltsgebühren eine vom wirklichen Wert abweichende Vereinbarung über den Gegenstandswert zu treffen. Es handelt sich dabei um ein Entgegenkommen im Kosteninteresse.5 Das kann auch verbindlich im Prozessvergleich selbst geschehen; Einfluss auf den nach dem wirtschaftlichen Interesse zu bestimmenden Verfahrenswert hat dies nicht.6 Insbesondere liegt in der Einigung über den Streitwert kein Verzicht auf ein Rechtsmittel gegen eine davon abweichende Wertfestsetzung gemäß §§ 63 Abs. 3, 68 Abs. 1 GKG für das gerichtliche Verfahren.7
ZPO
5475
1 LG Dessau-Roßlau, Urt. v. 16.11.2012 – 1 S 127/12. 2 BGH, Beschl. v. 17.9.2008 – IV ZB 17/08, MDR 2009, 104; Beschl. v. 1.3.2005 – VIII ZB 54/04, JurBüro 2005, 309; AnwK-RVG/N. Schneider, RVG, VV 1000 Rn. 32. 3 LAG Düsseldorf, Beschl. v. 22.4.1992 – 7 Ta 63/92, JurBüro 1993, 165. 4 OLG Köln, JurBüro 1961, 292. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 7.11.2002 – 4 W 169/02. 6 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.6.2008 – 24 W 17/08, AGS 2008, 462; OLG Hamm, Beschl. v. 7.11.2002 – 4 W 169/02; LAG Hamm, KostRsp. GKG § 25 Nr. 144. 7 OLG Frankfurt, Beschl. 21.5.2013 – 17 W 15/13, AGS 2013, 337.
1040
Kurpat
Vergleich Zur Erstfestsetzung ist nur dasjenige Gericht zuständig, vor dem der Prozessvergleich protokolliert worden ist, also nicht das Rechtsmittelgericht, wenn der Vergleich in der Vorinstanz geschlossen worden war.1
5480
Hierbei darf die Festsetzung des Wertes für einen gerichtlich protokollierten Vergleich unterbleiben, wenn der Vergleich ersichtlich unwirksam oder nichtig ist. Ein solcher Vergleich kann nämlich keine Gebühren auslösen, seien es gerichtliche oder außergerichtliche.2 Ebenso entfällt die Vergleichsgebühr im Falle der wirksamen Anfechtung des Prozessvergleichs. Aus § 15 Abs. 4 RVG folgt nichts anderes, da hier nur die gebührenrechtlichen Auswirkungen der vorzeitigen Erledigung bzw. Beendigung des Mandats geregelt werden. Die Anfechtung des Vergleichs führt jedoch zu seiner Unwirksamkeit ex tunc; die Voraussetzungen für den Anfall der – erfolgsbezogenen – Einigungsgebühr bestanden folglich zu keinem Zeitpunkt.3
5481
Bei der nachfolgenden Kostenberechnung darf das Gericht keinen von der Wertbestimmung abweichenden Vergleichswert zugrunde legen.4
5482
II. Bewertungsgrundsätze 1. Allgemeines Da für die Berechnung des Vergleichswertes keine besonderen Vorschriften existieren, ist auf den Anspruch oder das Recht abzustellen, das Gegenstand des Vergleichs ist. Deren Bewertung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften, d.h., nach den §§ 39 ff. GKG und §§ 3 ff. ZPO. Erfolgt die Einigung in einem Verfahren vor dem Nachlassgericht, richtet sich der Gegenstandswert hingegen nach den Vorschriften des GNotKG.5
5483
Im Zweifel ist der Wert des Vergleichs gem. § 3 ZPO zu schätzen. Etwaige den Streitwert ermäßigende Sondervorschriften, beispielsweise §§ 41, 42, 53 GKG, sind in jedem Fall zu beachten.6 Diesbezüglich wird auf die bei den einschlägigen Stichwörtern jeweils am Schluss der Kommentierung befindlichen Ausführungen verwiesen.
5484
Der Gegenstand des Vergleichs und damit die Grundlage der Bewertung bestimmt sich danach, worüber der Vergleich geschlossen, d.h., welcher Streit durch den Vergleich beigelegt wird. Unerheblich ist demgegenüber, worauf sich die Parteien verglichen haben, selbst wenn die nach dem Vergleich zu erbringende Leistung wertmäßig über dem verglichenen Anspruch liegt.7 Erschöpft sich der Vergleich in der Feststellung, dass der Rechtsstreit mit dem Vergleichsabschluss erledigt ist,
5485
1 OLG Bamberg, Beschl. v. 10.4.1984 – 2 WF 80/84, JurBüro 1984, 1398; OLG Celle, JurBüro 1971, 1066; a.A. OLG Hamburg, MDR 1958, 696. 2 KG, Rpfleger 1962, 121. 3 OLG München, Beschl. v. 12.11.1990 – 11 W 2531/90, MDR 1991, 263; Schneider/Wolf, RVG, VV 1000 Rn. 57; a.A. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 24.3.1999 – 20 WF 19/99, OLGR 1999, 332; OLG Schleswig, Beschl. v. 11.7.1990 – 15 WF 104/90, JurBüro 1991, 932; vgl. auch BGH, Urt. v. 8.5.1980 – IVa ZR 1/80, DB 1980, 2076 zum Wegfall des Maklerprovisionsanspruchs bei Anfechtung des vermittelten Vertrages. 4 OLG Düsseldorf, Rpfleger 1969, 195. 5 BayObLG, Beschl. v. 1.10.2001 – 3 ZBR 112/01, KostRsp. BRAGO § 23 Nr. 152 noch zur KostO. 6 OLG Köln, MDR 1971, 854; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Vergleich“. 7 OLG Hamm, Beschl. v. 27.4.2012 – 20 W 13/12, VersR 2013, 920; OLG Stuttgart, Beschl. v. 3.8.2009 – 7 W 48/09, r+s 2011, 228.
Kurpat
1041
ZPO
Vergleich bestimmt sich der Gebührenstreitwert nach dem Wert der Klageanträge. All das ist nahezu einhellige Auffassung.1 5485a
Ist dem Abschluss des Prozessvergleichs aufgrund einer von den Parteien erzielten Gesamtregelung eine Teilklagerücknahme vorausgegangen, bestimmt sich der Wert des Vergleichs unter Einbeziehung des von der Klagerücknahme betroffenen Teils der Klageforderung.2 In gleicher Weise ist zu bewerten, wenn sich das Einvernehmen der Parteien nicht in der Protokollierung eines Vergleichs niederschlägt, sondern der Kläger die Klage teilweise zurücknimmt und der Beklagte die verbleibende Klageforderung anerkennt oder auf eine vollumfängliche Klagerücknahme – absprachegemäß – keinen Kostenantrag (§ 269 Abs. 3 ZPO) stellt. Gegenstand des sog. verdeckten oder informellen Vergleichs3 und damit wertbestimmend ist die volle Klageforderung.
5486
So ist etwa ein Prozessvergleich über ein Miet- oder Pachtverhältnis auch dann lediglich nach dem einjährigen Betrag gem. § 41 GKG zu bewerten, wenn unabhängig vom Nutzungsentgelt eine Ausgleichszahlung wegen vorzeitiger Räumung des Miet- oder Pachtobjekts vereinbart wird.4
5487
Die vom OLG Frankfurt5 für den Fall einer auf Zahlung von Unterhalt gerichteten Klage abweichend vertretene Ansicht, wonach der im Zuge der Vergleichsverhandlungen vom Kläger geforderte Abfindungsbetrag maßgebend sei, überzeugt nicht. Der Vergleichswert bestimmt sich nach dem Gegenstand der durch ihn behobenen tatsächlichen oder rechtlichen Ungewissheit. Diese besteht – hier – nicht hinsichtlich der Höhe eines Abfindungsbetrages, sondern in der streitigen Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt. Der Wert dieses Klagebegehrens bemisst sich nach dem Jahresbetrag des monatlichen Unterhalts, § 42 Abs. 1 GKG. Siehe hierzu auch unter dem Stichwort „Unterhalt“ im FamFG-Teil.
5488
Regeln die Parteien in einem außergerichtlichen Vergleich wechselseitige Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb von bebautem Grundeigentum, ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Dies insbesondere, wenn beispielsweise ein Bauträger die Erfüllung des Auflassungsanspruchs von der Zahlung des restlichen Kaufpreises abhängig macht, den der Käufer wiederum wegen gerügter Mängel des Bauwerks zurückhält. Der unmittelbaren Anwendung des § 6 ZPO steht entgegen, dass im Kern nur ein kleiner Spitzenbetrag streitig ist,6 so dass unter Berücksichtigung von § 3 ZPO der Streitwert zwischen dem Verkehrswert und der streitigen Restforderung anzusetzen ist. Siehe im Einzelnen unter dem Stichwort „Auflassung“.
1 BGH, NJW 1964, 1523; OLG Düsseldorf, Urt. v. 2.4.2005 – 24 U 66/04, JurBüro 2005, 479; OLG Bamberg JurBüro 1984, 254; KG, Urt. v. 5.1.2004 – 12 U 157/02, KGR 2004, 310; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.6.2008 – 24 W 17/08, AGS 2008, 462; OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.7.2013 – 23 W 41/13, NZBau 2013, 717; OLG Hamburg, Beschl. v. 29.8.1986 – 2 WF 138/86, FamRZ 1987, 184; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.1.2008 – 4 U 145/07, JurBüro 2008, 651 – Umzugskostenbeihilfe; OLG Köln, Beschl. v. 27.3.2007 – 27 WF 208/06, AGS 2007, 322; OLG München, Beschl. v. 22.2.2000 – 14 W 333/99, JurBüro 2001, 141; OLG Schleswig, Beschl. v. 27.11.1990 – 9 W 136/90, JurBüro 1991, 584; OLG Stuttgart, Beschl. v. 3.8.2009 – 7 W 48/09, MDR 2009, 1252; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 4; E. Schneider, Rpfleger 1986, 81. 2 Zutr. OLG München, Beschl. v. 12.6.2006 – 10 W 1672/06, RVG prof. 2006, 129 (Ls.). 3 Vgl. hierzu Treuer, MDR 1999, 520; Rasehorn, ZRP 1980, 6 (9). 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.5.2009 – 24 W 16/09, ZMR 2010, 177; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.1.2008 – 4 U 145/07, AGS 2008, 569 – beide Umzugskostenbeihilfe; OLG Köln, MDR 1971, 854. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.2.1980 – 3 UF 157/79, JurBüro 1980, 1215 mit abl. Anm. Mümmler; zustimmend Schmidt, AnwBl. 1977, 444. 6 Sehr str.; vgl. OLG Köln, Beschl. v. 29.4.1981 – 2 W 17/81, ZIP 1981, 781.
1042
Kurpat
Vergleich Werden in einem Vergleich noch nicht fällige Ansprüche einbezogen, dann sind sie auf den Zeitpunkt des Vergleichsschlusses abzuzinsen. Der ungeminderte Ansatz des Forderungsnennwertes berücksichtigt nicht, dass ein noch nicht fälliger Anspruch weniger wert ist als eine fälliger. Der Nennbetrag ist nach § 3 ZPO um den Zinsbetrag zu kürzen, der aufzuwenden ist, um den Forderungsbetrag bereits jetzt und nicht erst bei Fälligkeit zur Verfügung zu haben.1
5489
Neben der Summe der durch den Vergleich erledigten Ansprüche ist auch der Betrag belanglos, für den Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.2 Denn die Bewilligung verhält sich allein zur Frage, ob und in welchem Umfang eine Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung Aussicht auf Erfolg hat und nicht über den Umfang des – vom Vergleich erfassten – Klagebegehrens selbst.
5490
2. Vergleich über rechtshängige Ansprüche a) Streitige und unstreitige Ansprüche Unproblematisch ist die Bewertung des Vergleichs, wenn dieser sich über einen in vollem Umfang streitigen Anspruch verhält. Hier ist – wie bereits ausgeführt – der Wert dieses Anspruchs maßgebend. Eine mit dem Vergleich getroffene Ratenzahlungsvereinbarung wirkt sich nicht werterhöhend aus.3
5491
Fraglich ist jedoch, ob die Einbeziehung unstreitig bestehender Ansprüche eine Ei- 5492 nigungsgebühr auslöst und nach welchem Wert diese zu berechnen ist. Nach Nr. 1000 VV RVG (und § 779 Abs. 1 BGB) muss die Einigung die Behebung eines Streits oder einer Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis zum Inhalt haben. Danach erscheint es geboten, die Aufnahme unstreitiger Ansprüche wertmäßig generell nicht zu berücksichtigen.4 Dementsprechend hat auch der BGH5 in einem Darlehensprozess bei Erhöhung der monatlichen Rückzahlungen die Mittitulierung der unstreitigen Zahlungen nicht zur Beschwer gerechnet. Diesem Ansatz steht jedoch § 779 Abs. 2 BGB (analog) entgegen, wonach der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis gleichsteht, dass (allein) die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist, etwa weil der Erfolg einer Vollstreckung offen ist.6 Hierbei ist die Ungewissheit einer Partei ausreichend, wenn deren Zweifel der anderen Partei bekannt sind.7 Für die Streitwertbestimmung ist demnach zu unterscheiden:
5493
– Dient die Einbeziehung des unstreitigen Anspruchs nach dem Willen der Parteien allein seiner Titulierung, so ist damit die Behebung einer Unsicherheit dann verbunden, wenn ohne vergleichsweise Regelung das künftige (Prozess-)Verhalten des Schuldners die Erlangung eines gerichtlichen Vollstreckungstitels verzögern bzw. erschweren könnte.8 Die mit dem Vergleich beseitigte Unsicherheit
5494
1 2 3 4
5 6 7 8
LAG Köln, Beschl. v. 2.6.1986 – 3 Ta 38/86, MDR 1987, 169 mit Anm. Hirte. OLG Frankfurt, AnwBl. 1964, 122; OLG Schleswig, AnwBl. 1963, 85. Bräuer, JurBüro 2008, 62 mit Berechnungsbeispielen. So OLG Celle, Nds.Rpfl 1952, 116; 1965, 16; OLG Hamm, Beschl. v. 25.6.1995 – 8 W 648/94, JurBüro 1996, 148 = Justiz 1996, 60; OLG Koblenz, Beschl. v. 16.1.1984 – 13 WF 1238/83, JurBüro 1984, 1218, das jedoch unter Hinweis auf die Vergütungspflicht anwaltlicher Tätigkeit dann doch einen Vergleich bejaht; OLG Neustadt, NJW 1962, 1163. BGH, Beschl. v. 29.11.1984 – III ZR 151/84, WPM 1985, 279 – Beschwer. BGH, Beschl. v. 17.9.2008 – IV ZB 17/08, MDR 2009, 104; Beschl. v. 1.3.2005 – VIII ZB 54/04, JurBüro 2005, 309; Urt. v. 12.12.1991 – IX ZR 178/91, MDR 1992, 252. Vgl. Palandt/Sprau, § 779 BGB Rn. 4 m.w.N.; AnwK-RVG/N. Schneider, RVG, VV 1000 Rn. 73; zweifelnd noch E. Schneider, Anm. II 3 zu KostRsp. BRAGO § 23 Nr. 4. BGH, Beschl. v. 1.3.2005 – VIII ZB 54/04, JurBüro 2005, 309 – Ratenzahlungsvergleich; AnwK-RVG/N. Schneider, RVG, VV 1000 Rn. 73; a.A. wohl OLG Hamm, Beschl. v. 17.2.2005 – 23 W 24/05, AGS 2005, 326 mit abl. Anm. Madert – Ratenzahlungsvergleich.
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ZPO
Vergleich erfasst wirtschaftlich betrachtet daher nicht die Forderung in ihrem Bestand, sondern nur den Aufwand der Forderungsdurchsetzung. Das Interesse an einer Titulierung ist daher werterhöhend zu berücksichtigen. 5495
– Demgegenüber scheidet eine Werterhöhung bei Einbeziehung eines bereits prozessual wirksam anerkannten oder von einem Verzicht erfassten Teils der Klageforderung regelmäßig aus. Denn hat der Beklagte von Beginn an keinerlei Einwendungen gegen den anerkannten Teil der Klageforderung erhoben, wird mit der Aufnahme in den Vergleich kein Streit oder eine Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis behoben.1 Zudem behalten Anerkenntnis und Verzicht auch ohne Erlass eines darauf beruhenden Urteils ihre Wirkung für den ganzen Prozess. Denn die Wirksamkeit von Anerkenntnis und Verzicht wird durch ein nachfolgendes Bestreiten oder Beanspruchen nicht mehr berührt.2 Die Ablehnung einer Werterhöhung entspricht auch der Umgestaltung des Gebührentatbestandes durch Nr. 1000 VV RVG gegenüber § 23 Abs. 1 BRAGO, wonach es für den Gebührenanfall nicht ausreicht, wenn sich die Einigung auf die Abgabe eines Anerkenntnis oder eines Verzicht beschränkt.
5496
– Anders liegt es hingegen, wenn die Einbeziehung einer unstreitigen oder bereits anerkannten Forderung neben der Titulierung eine erleichterte Realisierung bezweckt, etwa weil der finanzschwache oder vermögenslose Schuldner erst durch seine Einbindung in die Beendigung des Rechtsstreits und die Gewährung günstiger Zahlungsmodalitäten zur Zahlung „motiviert“ werden kann.3 Der Kläger verzichtet durch sein Zugeständnis auf schnellere Befriedigung. In diesem Fall rechtfertigt daher auch eine Vereinbarung über die ratenweise Rückführung unstreitiger, anerkannter oder schon rechtskräftig titulierter Ansprüche die Annahme einer Einigung und damit eine wertmäßige Berücksichtigung.4 Diese entspricht jedoch regelmäßig nicht dem Wert der Hauptsache.5 Zutreffend dürfte es sein, sich an der Rechtsprechung zum Titulierungsinteresse zu orientieren und im Regelfall eine Bruchteilsbewertung von 1/10 in Ansatz zu bringen.6 Die vorstehenden Erwägungen tragen jedoch nicht, wenn die Parteien sich der Form des Prozessvergleichs allein zum Zwecke der kostengünstigeren Titelschaffung bedienen, beispielsweise durch die Aufnahme grundbuchrechtlich relevanter Beurkundungsvorgänge statt der Inanspruchnahme eines Notars. Dem ist nicht durch eine dogmatisch fragwürdi-
1 Herget, Anm. zu OLG Bamberg, KostRsp. BRAGO § 23 Nr. 58. 2 Vgl. hierzu BGH, Urt. v. 17.3.1991 – XII ZR 256/91, MDR 1993, 1238. 3 Ausf. Bräuer, JurBüro 2008, 62 mit Berechnungsbeispielen; E. Schneider, Anm. II 3 zu OLG Köln, KostRsp. BRAGO § 23 Nr. 4. 4 BGH, Beschl. v. 1.3.2005 – VIII ZB 54/04, JurBüro; KG, Beschl. v. 5.1.2004 – 12 U 157/02, KGR 2004, 309; OLG Bamberg, Beschl. v. 28.8.1990 – 3 W 27/90, JurBüro 1990, 1619; OLG München, Beschl. v. 9.7.1999 – 11 W 1975/99, AGS 2000, 3, das allein problematisiert, ob ein Nachgeben i.S.d. § 779 BGB vorliegt; OLG Rostock, Beschl. v. 26.5.2008 – 5 W 94/08, MDR 2008, 1308; AnwK-RVG/N. Schneider, RVG, VV 1000 Rn. 204; a.A. OLG Hamburg, Beschl. v. 29.2.1984 – 8 W 48/84, JurBüro 1984, 1358 mit zust. Anm. Mümmler; OLG Hamm, Beschl. v. 17.2.2005 – 23 W 24/05, AGS 2005, 326 mit abl. Anm. Madert; OLG Nürnberg, Beschl. v. 28.5.1984 – 8 W 876/84, MDR 1984, 1036. 5 Im Ergebnis OLG Bamberg, Beschl. v. 28.8.1990 – 3 W 27/90, JurBüro 1990, 1619; KG, Beschl. v. 5.1.2004 – 12 U 157/02, KGR 2004, 309; unklar OLG München, Beschl. v. 9.7.1999 – 11 W 1975/99, AGS 2000, 3; a.A. Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, § 23 Rn. 47: voller Wert. 6 KG, Beschl. v. 5.1.2004 – 12 U 157/02, KGR 2004, 309; a.A. OLG Celle, JurBüro 1971, 237: 1/3; fehlerhaft AG Lüdenscheid, JurBüro 2008, 90, das für das Abschlussinteresse (spekulativ) auf den weiteren Prozessverlauf und die damit verbundenen Kosten abstellt.
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Kurpat
Vergleich ge Ausweitung des Vergleichsbegriffs, sondern durch eine prozessordnungsgemäße Verweigerung der Protokollierung zu begegnen.1 – Beschränkt sich das Interesse der Parteien (zulässigerweise) auf die Titulierung unstreitiger Ansprüche, ist dies zugleich für die Bemessung des Vergleichswerts bestimmend. Das bedeutet im Ergebnis, dass insoweit nicht der volle Wert der unstreitigen Ansprüche anzusetzen ist, sondern dass das Titulierungsinteresse des Gläubigers nur mit einem nach § 3 ZPO frei zu schätzenden Bruchteil des unstreitigen Anspruchs bemessen werden darf.
5497
– Eine gleichartige Bewertungsproblematik stellt sich, wenn mit dem Prozessvergleich ein – in vollem Umfang rechtshängiger – Anspruch geregelt wird, der nur zu einem Teil streitig ist (streitige Anspruchsspitze). Anzutreffen ist diese Konstellation beispielsweise im Unterhaltsrecht, wenn der auf Verurteilung zur Zahlung des monatlichen Unterhalts gerichtete Rechtsstreit nur hinsichtlich eines Teilbetrages streitig ist und durch einen Vergleich beendet wird, in dem neben der streitigen Mehrforderung auch die bislang monatlich unstreitig und freiwillig gezahlten Beträge einbezogen werden. Nach überwiegender und zutreffender Ansicht ist der Vergleichswert (auch) hier nach der streitigen Mehrforderung zuzüglich eines Bruchteils des unstreitigen (freiwilligen) Betrages zu bemessen. Da der bislang freiwillig gezahlte Unterhaltsbetrag zwischen den Parteien nicht im Streit steht, erfolgt insoweit auch keine vergleichsweise Regelung, die einen vollen Wertansatz rechtfertigen könnte. Jedoch trägt die Aufnahme auch des unstreitigen Forderungsteils dem „Titulierungsinteresse“ des Klägers Rechnung, so dass eine Bruchteilsbewertung angemessen erscheint.2 Die Regelbewertung für das Titulierungsinteresse dürfte nach der Rechtsprechung bei 1/10 des unstreitigen Forderungsteils liegen.3
5498
Es ist jedoch immer auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, so dass auch eine davon abweichende Bruchteilsbewertung geboten sein kann, um wirkliches Interesse und Streitwert zur Deckung zu bringen. Das OLG Frankfurt4 hat um 1/5 erhöht; ebenso das OLG Hamburg5 und das LAG Baden-Württemberg.6 Das OLG Koblenz7 hat 1/4 des vollen nach § 42 Abs. 1 GKG berechneten Wertes angenommen; das OLG Zweibrücken8 hat 1/2 angenommen, allerdings aufgrund erschwerender Umstände.
5499
Soweit das OLG Nürnberg9 das Titulierungsinteresse mit dem vollen Gegenstandswert ansetzt, kann dies nicht überzeugen, da es auf eine wirtschaftliche
5500
1 Vgl. zur fehlenden Protokollierungspflicht auch BGH, Beschl. v. 3.8.2011 – XII ZB 153/10, MDR 2011, 1128. 2 So etwa OLG Hamm, JurBüro 1979, 1867 mit zust. Anm. Mümmler; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.1.1978 – 6 WF 48/77, MDR 1978, 496; OLG Bamberg, JurBüro 1983, 103; OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.3.1988 – 2 WF 36/88, FamRZ 1988, 739; LAG Baden-Württemberg, Beschl. 17.9.1990 – 8 Ta 107/90, JurBüro 1991, 834. 3 OLG Bamberg, Beschl. v. 10.2.1992 – 7 WF 21/92, JurBüro 1992, 628; Beschl. v. 30.1.1985 – 2 WF 17/85, JurBüro 1985, 740 mit Anm. Mümmler; OLG Hamm, Beschl. v. 22.1.1985 – 1 WF 651/84, JurBüro 1985, 739 mit zust. Anm. Mümmler; Beschl. v. 27.3.1985 – 5 WF 373/84, AnwBl. 1985, 385 mit abl. Anm. Chemnitz; LAG Baden-Württemberg, JurBüro 1988, 1234 mit Anm. Mümmler. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 25.10.1984 – 4 WF 217/84, JurBüro 1985, 424. 5 OLG Hamburg, Beschl. v. 19.11.1987 – 12 WF 131/87, AnwBl. 1988, 313. 6 LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 17.9.1990 – 8 Ta 107/90, JurBüro 1991, 834. 7 OLG Koblenz, Beschl. v. 16.1.1984 – 13 WF 1238/83, JurBüro 1984, 1218; Beschl. v. 25.9.1985 – 13 WF 905/85, JurBüro 1986, 415. 8 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.1.1978 – 6 WF 48/77, MDR 1978, 496. 9 OLG Nürnberg, Beschl. v. 7.1.1985 – 10 WF 2855/84, JurBüro 1985, 1395 mit Anm. Mümmler.
Kurpat
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ZPO
Vergleich Gleichsetzung von unstreitigen mit streitigen Ansprüchen hinausläuft (s. auch unter dem Stichwort „Titulierungsinteresse“). 5501
Von der Bewertung des Vergleichs ist die Bewertung des Verfahrens zu unterscheiden. Für das Erkenntnisverfahren ist immer der volle Streitwert des bezifferten Antrages maßgebend,1 da dieses auf eine Entscheidung über den Bestand des gesamten Anspruchs gerichtet ist. Der Beklagte kann jedoch die unbeschränkte Klageerhebung zum Anlass nehmen, die Klageforderung in dem von ihm nicht bestrittenen Umfang sofort anzuerkennen. Die erst nach Erlass des Teilanerkenntnisurteils entstehenden Gebühren richten sich dann nach dem verbliebenen Hauptsachewert (s. unter dem Stichwort „Anerkenntnis“, Rn. 6679a ff.). Hat der Beklagte durch sein vorgerichtliches Verhalten zur Klageerhebung auch hinsichtlich des unstreitigen Teils keinen Anlass gegeben, sind dem Kläger insoweit gem. § 93 ZPO die Kosten aufzuerlegen. b) Deklaratorische Erwähnung von Ansprüchen
5502
Von den vorerwähnten Fallgestaltungen abzugrenzen ist die Aufnahme eines unstreitigen Anspruchs allein zu deklaratorischen Zwecken, wenn also der Prozessvergleich nicht Mittel zum Regelungs- und Gestaltungszweck ist, sondern die Aufnahme nur der Klarstellung dient, ohne dass insoweit ein Vollstreckungstitel geschaffen werden soll.2
5503
Davon ist beispielsweise bei einem erst in der Rechtsmittelinstanz geschlossenen Ratenzahlungsvergleich auszugehen, der auch bereits rechtskräftig entschiedene Teile der Hauptforderung erfasst.3 Nach Ansicht des KG4 ist jedoch angesichts des Stundungsinteresses des Schuldners eine Erhöhung des Gegenstandswertes um 1/10 geboten.
5504
Dies ist etwa der Fall, wenn die Parteien in einer Einleitung des Vergleichs die Einigkeit über eine Rechtsposition erklären, auf deren Grundlage im Nachgang die – allein – streitgegenständlichen Folgen geregelt werden.5 Ebenso liegt es, wenn in dem Vergleich vorprozessual erbrachte Leistungen aufgeführt werden, etwa um den Saldo einer nachfolgenden Zahlungsverpflichtung zu erläutern.6
5505
Auch die Aufnahme von unstreitigen Rechtsbeziehungen oder Handlungspflichten, ohne dass damit die Möglichkeit zur Zwangsvollstreckung eröffnet werden sollte, bleibt wertmäßig unberücksichtigt.7 Werden derartige Handlungspflichten jedoch zugunsten einer Partei wirtschaftlich verändert, kann ein Wertzuschlag angemessen sein.8
1 OLG Bamberg, JurBüro 1979, 1681 und 1979, 874; OLG Oldenburg, FamRZ 1979, 64. 2 KG, Urt. v. 5.1.2004 – 12 U 157/02, KGR 2004, 310; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.3.2009 – 8 WF 38/08, FamRZ 2009, 1620 – deklaratorischer Unterhaltsverzicht; OLG Koblenz, JurBüro 1987, 108; OLG Schleswig, Beschl. v. 3.12.2001 – 15 WF 256/01, SchlHA 2002, 140; LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 7.7.1994 – 8 Ta 42/94, JurBüro 1995, 248; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 3.4.1984 – 1 Ta 43/84, NZA 1984, 99, JurBüro 1969, 1153 ff. 3 OLG Hamm, Beschl. v. 25.6.1995 – 20 U 339/94, JurBüro 1996, 148 mit zust. Anm. Enders. 4 KG, Urt. v. 5.1.2004 – 12 U 157/02, KDR 2004, 310. 5 LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 3.4.1984 – 1 Ta 43/84, NZA 1984, 99: Einigkeit über Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei streitiger Entgeltfortzahlung. 6 OLG Schleswig, Beschl. v. 14.11.1979 – 8 WF 289/79, JurBüro 1980, 411. 7 OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 1 – Inhaberschaft Sparbuch; LAG Baden-Württemberg, KostRsp. ArbGG § 12 Nr. 86; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 3.4.1984 – 1 Ta 43/84, NZA 1984, 99 – beide für Erteilung Zwischenzeugnis. 8 LAG Köln, Beschl. v. 17.4.1985 – 7 Ts 219/84, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 815 mit Anm. Schneider = AnwBl. 1986, 205 – unstreitige Lohnfortzahlung unter Freistellung von der Arbeit.
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Vergleich c) Hilfsantrag Die Beendigung des Rechtsstreits durch einen Vergleich allein über den Hauptantrag führt nicht zu einer Streitwertaddition. Darüber, ob die Forderung des Hilfsantrages in den Vergleich einbezogen worden ist, entscheidet der sachliche Gehalt der Vereinbarung, nicht der bloße Wortlaut.1
5506
Wird die mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Forderung in den Vergleich einbezogen, dann erhöht sich der Gegenstandswert des Vergleichs um den Wert des Hilfsantrages, soweit der Hilfsantrag nicht mit dem Hauptantrag wirtschaftlich identisch ist, § 45 Abs. 1 Satz 3 u. Abs. 4 GKG. Hierüber besteht kein Streit.2
5507
Erledigen sich Hauptantrag und Hilfsantrag dadurch, dass die Parteien einen umfassenden Prozessvergleich darüber abschließen, dann steht das einer gerichtlichen Entscheidung gleich, so dass sich auch der Verfahrenswert erhöht, § 45 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 4 GKG. Dabei ist die Werterhöhung auch nicht davon abhängig, dass zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses die innerprozessuale Bedingung des Hilfsantrages, nämlich die negative Bescheidung des Hauptantrages bereits eingetreten war.3 Die Gegenansicht verkennt die Reichweite von § 45 Abs. 4 GKG. Mit der gesetzgeberischen Vorgabe, den § 45 Abs. 1–3 GKG „entsprechend“ anzuwenden, wird die vergleichsweise Regelung dem Bedingungseintritt gleichgestellt. Siehe ausführlich hierzu unter dem Stichwort „Hilfsantrag“, Rn. 3104 f.
5508
Eine Erhöhung des Verfahrenswertes kommt – abweichend zum Gegenstandswert der Einigungsgebühr gem. Nrn. 1000, 1003 RVG – jedoch nur in Betracht, wenn der Rechtsstreit durch einen gerichtlich protokollierten Vergleich beendet wurde. Eine entsprechende Anwendung von § 45 Abs. 4 GKG auf außergerichtliche Vergleiche, denen eine übereinstimmende Erledigungserklärung nachfolgt, scheidet aus.4
5509
Bei der Prüfung der Wertaddition ist zu beachten, dass Haupt- und Hilfsanspruch 5510 häufig zumindest teilweise wirtschaftlich identische Klagebegehren zugrunde liegen. Betreffen Haupt- und Hilfsantrag oder Klage und (Hilfs-)Widerklage denselben Gegenstand, ist nur der höherwertigere Anspruch wertbestimmend. Siehe hierzu unter den Stichworten „Hilfsantrag“, Rn. 3104 ff. und „Klage und Widerklage“. d) Hilfswiderklage Wird die mit der Hilfswiderklage geltend gemachte Forderung in den Vergleich einbezogen, dann erhöht sich der Gegenstandswert des Vergleichs um den Wert der Widerklageforderung, soweit diese nicht denselben Gegenstand (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG) betrifft.5
5511
Erledigen sich Klage und Hilfswiderklage dadurch, dass die Parteien einen umfassenden Prozessvergleich darüber abschließen, dann steht das einer gerichtlichen
5512
1 OLG Köln, JurBüro 1975, 506 = JMBl NW 1975, 143 – zur Hilfswiderklage. 2 OLG Köln, Beschl. v. 22.2.1996 – 18 W 57/94, JurBüro 1996, 476. 3 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 18; offen lassend: KG, Beschl. v. 3.6.2003 – 1 W 495/02, MDR 2004, 56; a.A. OLG Köln, Beschl. v. 22.2.1996 – 18 W 57/94, JurBüro 1996, 476. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 5.11.2012 – 14 W 55/12, MDR 2013, 424; OLG Hamm, Beschl. v. 12.8.2003 – 23 W 120/03, AGS 2004, 27 mit Anm. N. Schneider; OLG Koblenz JurBüro 1977, 1264. 5 OLG Bamberg, Beschl. v. 4.3.1993 – 8 W 9/93, JurBüro 1994, 112; OLG Braunschweig, Beschl. v. 23.1.1990 – 2 W 203/89, JurBüro 1990, 456; OLG Köln, Beschl. v. 22.2.1996 – 18 W 57/94, VersR 1997, 471.
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Vergleich Entscheidung gleich. Der Verfahrenswert erhöht sich um den Wert des mit der Hilfswiderklage geltend gemachten Anspruchs, soweit er nicht mit der Klageforderung wirtschaftlich identisch ist, § 45 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 4 GKG. 5513
Dabei ist die Werterhöhung auch nicht davon abhängig, dass zum Zeitpunkt des Vergleichsschluss die innerprozessuale Bedingung des Widerklageantrages, nämlich die (positive) Bescheidung der Klageforderung, bereits eingetreten war.1 Die Gegenansicht2 verkennt die Reichweite von § 45 Abs. 4 GKG. Vielmehr wird mit der gesetzgeberischen Vorgabe, den § 45 Abs. 1–3 GKG „entsprechend“ anzuwenden, die vergleichsweise Regelung dem Bedingungseintritt gleichgestellt.3 e) Stufenklage
5514
Wird der Rechtsstreit durch den Abschluss eines Vergleichs beendet, bestimmt sich der Gegenstandswert der Einigungsgebühr auch hier nach dem Wert, der von der Einigung erfassten Ansprüche. Daher ist für die Bewertung maßgeblich, welche Ansprüche (Stufen) der Stufenklage abschließend erledigt werden.
5515
Einigen sich die Parteien über den vom Kläger geltend gemachten (unbezifferten) Leistungsanspruch (3. Stufe), ist für den Vergleichswert der nach § 44 GKG zu bestimmende Hauptsachewert maßgeblich. Dies unabhängig davon, ob die Einigung im Prozess erst auf der 3. Stufe, also nach bezifferter Antragstellung, oder bereits vor Auskunftserteilung oder Versicherung an Eides statt erfolgt. Zu beachten bleibt jedoch, dass bei einer Einigung (erst) auf der 3. Stufe der Gegenstandswert nach dem nunmehr bezifferten und nicht nach dem eingangs (§ 40 GKG) geschätzten Hauptsachewert zu bemessen ist.
5516
Beschränkt sich der Vergleich auf eine Einigung über Auskunft bzw. Rechnungslegung (1. Stufe), entspricht der Vergleichswert folglich nicht dem (geschätzten) Wert der Leistungsstufe, wenn durch den Vergleich der Rechtsstreit zwar insgesamt erledigt wird, die Parteien sich inhaltlich aber nur über den Auskunftsanspruch vergleichen.4 f) Nebenforderungen und Kosten
5517
Erfasst der Vergleich über die Klageforderung hinaus auch Nebenforderungen, bleiben diese gem. § 4 ZPO, § 43 GKG bei der Wertbestimmung außer Ansatz. Dies gilt auch dann, wenn der Vergleich die volle Hauptforderung tituliert und das Nachgeben des Klägers nur die Nebenforderung betrifft.5
5518
Ebenso bleiben die Kosten des Rechtsstreits bei der Wertberechnung unberücksichtigt, solange Hauptforderung oder Nebenforderung Gegenstand des Vergleichs
1 So auch OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.4.2012 – 13 W 19/12, AGS 2012, 417; OLG Braunschweig, Beschl. v. 23.1.1990 – 2 W 203/89, JurBüro 1990, 912; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.6.2005 – 5 W 13/05, OLGR 2005, 586; OLG Köln, Beschl. v. 10.9.1990 – 17 U 31/89; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 18; unklar KG, Beschl. v. 13.12.2001 – 8 W 372/01, AGS 2002, 158. 2 OLG Bamberg, Beschl. v. 4.3.1993 – 8 W 9/93, JurBüro 1994, 112; OLG Koblenz, Beschl. v. 7.6.1996 – 5 W 318/96, MDR 1997, 404; OLG Köln, Beschl. v. 22.2.1996 – 18 W 57/95, JurBüro 1996, 476; wohl auch OLG Koblenz, Beschl. v. 7.6.1996 – 5 W 318/96, MDR 1997, 404. 3 Wie hier OLG Braunschweig, JurBüro 1990, 456; OLG Köln, Beschl. v. 10.9.1990 – 17 U 31/89, KostRsp. GKG § 19 Nr. 163; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 19; Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, 1986, S. 321. 4 LAG Düsseldorf, Beschl. v. 19.12.2001 – 7 Ta 425/01. 5 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 6.
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Vergleich sind, etwa wenn ein Vergleich über die Hauptsache und Kosten abgeschlossen wird und die Kosten von einer Partei vollständig übernommen werden.1 Dies gilt, wenn der Rechtsstreit bereits teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, auch bezüglich der durch den für erledigt erklärten Teil verursachten Kosten.2 Denn nach § 43 Abs. 2 GKG sind die Kosten des Rechtsstreits erst dann streitwertrelevant, wenn es an einem (sachbezogenen) Hauptanspruch fehlt und die Kosten an seiner Stelle zur Hauptforderung geworden sind.3 Bei der Teilerledigung bleibt ein Teil der prozessbezogen verstandenen Hauptsache notwendigerweise im Streit. Siehe hierzu auch unter den Stichwörtern „Erledigung der Hauptsache“ und „Nebenforderungen“.
5519
Vergleichen sich die Parteien (auch) auf die Übernahme der Kosten eines anderweitigen Verfahrens, dann erhöht sich der Gegenstandswert im Umfang der dort angefallenen Kosten, wenn der Hauptsachewert des anderweitigen Verfahrens unberücksichtigt bleibt.4 Für den Fall, dass sich der Vergleich in einer Verteilung der Kosten des zugrunde liegenden Verfahrens erschöpft (sog. Kostenvergleich), s. nachfolgend Rn. 5536 f.
5520
Die Kosten des Vergleichs selbst sind bei der Bemessung des Vergleichswertes nicht zu berücksichtigen, solange die Hauptsache Gegenstand des Vergleichs ist.5
5521
3. Vergleich über nicht rechtshängige Ansprüche a) Streitige und unstreitige Ansprüche Werden mit dem Vergleich neben den streitgegenständlichen Ansprüchen auch nicht rechtshängige Ansprüche oder Rechte geregelt, dann ist der Vergleichswert für die anwaltlichen Gebühren (Nr. 1000, 1003, 1004 VV RVG) durch eine Wertaddition der erfassten Ansprüche zu ermitteln.6 Der Einzelwert des zusätzlich geregelten Gegenstandes (sog. Mehrwert des Vergleichs)7 ist für die Gerichtsgebühren nur von Bedeutung, wenn der Gegenstand nicht anderweitig gerichtlich anhängig ist (Nr. 1900 KV GKG), und nach den allgemeinen Bewertungsregeln allgemeinen Vorschriften, d.h. nach den §§ 39 ff. GKG und §§ 3 ff. ZPO, zu beziffern.8
5522
Zu beachten ist hierbei, dass eine volle Wertaddition nur in Betracht kommt, wenn es sich bei dem zusätzlich geregelten Gegenstand um selbständige und zwischen den Parteien9 streitige Ansprüche handeln muss.10 Hierzu zählen z.B. weitergehende Zahlungsansprüche aus einer vorbehaltenen neuerlichen Schlussrechnung nach
5523
1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.1.1984 – 5 WF 317/83, JurBüro 1984, 1865 mit zust. Anm. Mümmler; OLG Neustadt, JurBüro 1964, 194. 2 A.A. 12. Auflage; OLG Bamberg, JurBüro 1974, 1440. 3 OLG München, Beschl. v. 20.4.1994 – 11 W 1195/94, JurBüro 1994, 745; Hartmann, KostG, § 43 GKG Rn. 8 ff. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.2.1981 – 6 W 147/80, JurBüro 1981, 918. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.1.1984 – 5 WF 317/83, JurBüro 1984, 1865 mit zust. Anm. Mümmler; OLG Köln, JurBüro 1973, 854; OLG Nürnberg, BayMBl 1959, 170; OLG Neustadt, JurBüro 1964, 195. 6 LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 7.7.1984 – 8 Ta 42/94, JurBüro 1995, 248. 7 Vgl. OLG Köln, Beschl. v. 11.9.2006 – 7 U 60/03. 8 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.5.2009 – 23 W 16/09, ZMR 2010, 177. 9 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.3.2009 – 3 W 10/09, NJW-RR 2009, 1079 – keine Werterhöhung bei Aufnahme von Ansprüchen gegen Dritte oder von Regressansprüchen zwischen Streitgenossen. 10 LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 7.7.1984 – 8 Ta 42/94, JurBüro 1995, 248 mit zust. Anm. Enders.
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Vergleich
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Maßgabe der Mindestsätze der HOAI oder bislang unberücksichtigter (streitiger) Nachträge.1 Daher wirkt sich beispielsweise ein als „Aufrechnung“ bezeichneter und durch den Vergleich miterledigter Minderungseinwand nicht streitwerterhöhend aus.2 (Siehe hierzu unter dem Stichwort „Aufrechnung“). 5524
Ebenso kommt eine Werterhöhung nicht deshalb in Betracht, weil in dem Vergleich Ansprüche einbezogen worden sind, die einer Partei gegen einen am Rechtsstreit nicht beteiligten Dritten zustanden. Gleiches gilt, wenn mit dem Vergleich neben der Klageforderung auch etwaige Ausgleichs- oder Regressansprüche der als Streitgegenossen in Anspruch genommenen Beklagten untereinander geregelt werden.3
5525
Soweit die Einbeziehung unstreitige Ansprüche der Parteien erfasst, ist bei der Zusammenrechnung neben dem Hauptsachestreitwert in der Regel allenfalls ein nach § 3 ZPO zu bemessendes Titulierungsinteresse in Ansatz zu bringen (s. ausführlich oben Rn. 5493 ff.).
5526
Eine Erhöhung um den vollen Wert der einbezogenen Forderung scheidet jedoch regelmäßig aus, wenn diese mit Rücksicht auf zweifelhafte Realisierungsmöglichkeiten nicht eingeklagt worden ist. Dann dürfte ihr wirtschaftlicher Wert unterhalb des Nennbetrages liegen, und es ist abzuschätzen, inwieweit mit einer Befriedigung überhaupt zu rechnen ist.4
5527
Zu berücksichtigen ist daher beim Vergleichswert derjenige Teilbetrag der miteinbezogenen Forderung, der bei summarischer Prüfung durchsetzbar erscheint. Diese wirtschaftliche Betrachtungsweise entspricht derjenigen, die auch für die Bewertung der Forderungspfändung anerkannt ist (s. die Nachweise bei dem Stichwort „Pfändung“). Seinen gesetzlichen Niederschlag findet der Gedanke der Geringerbewertung wertloser Forderungen in § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG, wonach sich der Gegenstandswert der Zwangsvollstreckung bei Anträgen auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach dem Wert der Hauptforderung bestimmt, 2000 Euro jedoch nicht überschreiten kann.5 b) Haupt- und Hilfsaufrechnung
5528
Eine werterhöhende Einbeziehung kommt regelmäßig in Betracht, wenn sich die Parteien vergleichen, nachdem der Beklagte gegenüber der Klageforderung die Aufrechnung erklärt hat und der Vergleich auch die Gegenforderung erfasst. Hier ist jedoch zwischen folgenden Konstellationen zu unterscheiden:
5529
– Im Falle der Primäraufrechnung ist die Klageforderung unstreitig, so dass eine Wertaddition ausscheidet. Vielmehr ist für den Vergleichswert auf die höherwertige Forderung abzustellen, denn die Sperrwirkung des § 322 Abs. 2 ZPO findet hier keine Anwendung, da es mit dem Vergleich an einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung mangelt. Für den Verfahrenswert ist immer der Wert der Klageforderung entscheidend, da § 45 Abs. 3 GKG hier keine Anwendung findet.
1 2 3 4
OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.7.2013 – 23 W 41/13, NZBau 2013, 717. OLG Köln, Beschl. v. 9.5.1984 – 16 W 36/84, KostRsp. GKG § 19 Nr. 81. OLG Frankfurt, Beschl. 12.3.2009 – 3 W 10/09, NJW-RR 2009, 1079. OLG Bamberg, Beschl. v. 22.9.1988 – 6 W 29/88, JurBüro 1989, 201; OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.10.1980 – 5 U 124/79, MDR 1981, 57; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.5.2000 – 10 W 19/00, OLGR 2000, 404; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 30.9.1987 – 7 Ta 140/87, JurBüro 1988, 778 mit abl. Anm. Mümmler; LAGE ZPO § 3 Nr. 5; LAG Hamm, MDR 1980, 613; LAG Hamburg, Beschl. v. 15.10.1985 – 3 Ta 16/85, JurBüro 1986, 752; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Vergleich“; a.A. Mümmler, JurBüro 1991, 767 (770). 5 Vgl. ausführlich zu dieser Problematik Schneider, MDR 1990, 682.
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Vergleich – Eine Zusammenrechnung von Forderung und Gegenforderung für den Vergleichswert ist hingegen geboten, wenn der Beklagte primär die Aufrechnung erklärt und andere Einwendungen gegen die Klageforderung nur hilfsweise geltend macht.1 Denn für den Vergleich ist das Eventualverhältnis bedeutungslos, so dass sich die Klageforderung trotz der nur hilfsweise erhobenen anderweitigen Einwendungen als streitig darstellt. Demgegenüber verbleibt es beim Verfahrenswert bei der Klageforderung, da § 45 Abs. 3 GKG für andere Einreden und Einwendungen als die Hilfsaufrechnung nicht gilt und der Beklagte sich nur primär auf Aufrechnung beruft.
5530
– Hat der Beklagte die Aufrechnung nur hilfsweise erklärt (Eventualaufrechnung), ist der Vergleichswert immer aus der Summe der verglichenen Ansprüche zu bilden. Hier stehen Klageforderung und Gegenforderung im Streit, der durch die vergleichsweise Einigung beendet wird. Hierbei wird der Vergleichswert durch die Sperrwirkung des § 322 Abs. 2 ZPO nicht begrenzt, da § 45 Abs. 3 GKG nur für den Verfahrenswert gilt.2 Der über den (so ermittelten) Verfahrenswert hinausgehende (Mehr)Wert der Aufrechnungsforderung ist hingegen für die Gerichtsgebühr nach Nr. 1900 KV GKG von Bedeutung.
5531
– Für den Verfahrenswert bleibt es für die Addition von Forderung und Gegenforderung trotz Vergleichsschluss bei der Sperrwirkung des § 322 Abs. 2 ZPO, was sich bereits aus § 45 Abs. 4 GKG ergibt, da dessen Bezugnahme auf § 45 Abs. 3 GKG den Abschluss eines Vergleichs voraussetzt.3 Verfahrensstreitwert und Vergleichswert müssen folglich gesondert berechnet werden.4 Siehe ausführlich unter dem Stichwort „Aufrechnung“, Rn. 1368 ff.
5532
Wird der Vergleich nach einer abschlägigen Bescheidung der Hilfsaufrechnung erst im Rechtsmittelverfahren geschlossen, so bemisst sich der Gebührenstreitwert mangels zweitinstanzlicher Entscheidung über die Gegenforderung allein nach dem Wert der Klageforderung.5 Für die erste Instanz verbleibt es ausgehend vom Grundsatz der instanzbezogenen Wertfestsetzung bei der Werterhöhung gem. § 45 Abs. 3 GKG. Dass die erstinstanzliche Entscheidung nicht rechtskräftig wird, ist unerheblich, da es für die Werterhöhung allein einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung bedarf.6
5533
1 KG, Beschl. v. 21.12.1976 – 5 W 1061/76, KostRsp. GKG § 19 Nr. 6. 2 OLG Bamberg, JurBüro 1983, 106; OLG Frankfurt, MDR 1980, 64; OLG Hamm, Beschl. v. 29.7.1983 – 26 W 10/83, JurBüro 1983, 1680; OLG Köln, JurBüro 1994, 496; OLG München, JurBüro 1978, 1226; OLG Nürnberg, JurBüro 1982, 1380; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.12.1979 – 4 W 16/79, KostRsp. GKG § 19 Nr. 31; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 15; die Problematik nicht erkennend und daher fehlerhaft: OLG Celle, Beschl. v. 20.12.2006 – 2 W 501/06, OLGR 2007, 198. 3 OLG Bamberg, Beschl. v. 10.8.1982 – 3 W 90/82, JurBüro 1983, 105 mit zust. Anm. Mümmler; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.4.1987 – 9 W 29/87, JurBüro 1987, 1383; OLG Hamm, Beschl. 29.7.1983 – 26 W 10/83, JurBüro 1983, 1680; OLG Köln, Beschl. v. 20.12.1978 – 7 W 67/78, MDR 1979, 412; OLG München, Beschl. v. 12.1.1998 – 7 W 3384/97, MDR 1998, 680; Beschl. v. 11.7.1997 – 21 W 1688/97, AGS 2000, 10; Mümmler, JurBüro 1978, 1227; E. Schneider, NJW 1979, 853; wohl auch KG, Rpfleger 1983, 505; a.A. OLG München, Beschl. v. 20.3.1987 – 15 W 1132/87, AnwBl. 1988, 247 mit abl. Anm. Madert; Beschl. v. 7.6.1978 – 5 W 1412/78, JurBüro 1978, 1226 mit abl. Anm. Mümmler; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 28.1.2008 – 4 W 4/08, OLGR 2008, 364. 4 Binz/Dorndörfer, § 45 Rn. 34; Schneider, NJW 1979, 853; Mümmler, JurBüro 1978, 1227; s. ferner unter dem Stichwort „Aufrechnung“. 5 OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.11.2004 – 13 U 93/04, NJW-RR 2005, 507. 6 OLG Frankfurt, Beschl. 2.4.2001 – 23 W 50/00, MDR 2001, 776.
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ZPO
Vergleich 5534
Zu beachten bleibt, dass sich die Gerichtsgebühren bei einer vergleichsweisen Regelung nicht anhängiger Ansprüche um eine 0,25 Gebühr gem. Nr. 1900 KV GKG erhöhen, berechnet nach dem Unterschied der Streitwerte.1
5535
Verteidigt sich der Beklagte durch hilfsweise Aufrechnung mit Gegenforderungen, die nur geringen wirtschaftlichen Wert haben, vielleicht sogar „aus der Luft gegriffen“ sind, ist auch hier deren Wert nur mit einem Teilbetrag anzusetzen, der nach summarischer Prüfung ihrem wirtschaftlichen Wert unter Berücksichtigung der zweifelhaften Realisierbarkeit entspricht.2 Siehe ausführlich oben Rn. 5493 ff. 4. Vergleich über Kosten
5536
Beschränkt sich der Vergleich auf eine Verteilung der Kosten des Rechtsstreit (sog. Kostenvergleich), etwa nach einer vollständigen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, so bestimmt sich der Wert des Vergleichs nach der Summe aller bis zum Vergleichsabschluss entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.3 Dies auch dann, wenn die Einigung nur teilweise von der gesetzlichen Folge abweicht.
5537
Wird in dem Vergleich (auch) die Übernahme der Kosten eines anderweitigen Verfahrens geregelt, erhöht sich der Gegenstandswert im Umfang der dort angefallenen Kosten, wenn der Hauptsachewert des anderweitigen Verfahrens unberücksichtigt bleibt.4 5. Gesamtvergleich
5538
In der Praxis nicht selten ist eine anlässlich eines Rechtsstreits erzielte Einigung der Parteien über alle zwischen ihnen im Streit stehenden Ansprüche und Rechte. Neben der bereits erörterten Einbeziehung nichtrechtshängiger Ansprüche und Rechte ist hier die vergleichsweise Erledigung mehrerer Prozesse von Bedeutung.
5539
Wertbestimmend ist auch hier – unter Berücksichtigung der vorerwähnten Einschränkungen – die Summe aller durch den Vergleich erledigten Ansprüche. Da bei der Berechnung des Gegenstandswertes eines Vergleichs nur darauf abzustellen ist, worüber die Parteien sich verglichen haben, welchen Streit sie also vergleichsweise erledigt haben, ist auch bei einem sog. Gesamtvergleich nur darauf abzustellen, welche Streitpunkte bereinigt worden sind.5
5540
Wird im Hauptprozess ein anhängiges Eilverfahren mitverglichen, sind nach überwiegender Ansicht die Streitwerte von Eilverfahren und Hauptprozess zu addieren.6
5541
Dem ist nicht zu folgen, da die Gegenstände des Eil- und Hauptverfahren wirtschaftlich identisch sind. Maßgebend ist daher der höherwertigere Anspruch, mit-
1 Hartmann, KostG, KV-GKG 1900 Rn. 7. 2 LAG Hamm, MDR 1980, 613. 3 Hartmann, KostG, Anh. I § 48 GKG (§ 3 ZPO) Rn. 128 Stichwort „Vergleich“; Musielak/ Voit/Heinrich, § 3 Rn. 32 unter „Prozessvergleich“; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 3 ZPO Rn. 157 Stichwort „Vergleich“. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.2.1981 – 6 W 147/80, JurBüro 1981, 918. 5 OLG Köln, Beschl. v. 29.11.1972 – 2 W 101/72, MDR 1973, 324. 6 OLG Hamburg, Beschl. v. 22.5.1991 – 8 W 129/91, MDR 1991, 904; OLG Koblenz, Beschl. v. 22.1.2008 – 11 WF 24/08, MDR 2008, 1068; OLG Köln, KostRsp. GKG § 20 Nr. 90; OLG München, Beschl. v. 23.3.1993 – 11 WF 582/93, Rpfleger 1993, 463; OLG Stuttgart, Beschl. v. 27.9.1995 – 8 W 648/94, JurBüro 1996, 137; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 5; a.A. OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.2.1981 – 6 W 147/80, JurBüro 1981, 918; OLG München, Beschl. v. 30.4.1991 – 11 WF 678/91, FamRZ 1991, 1217.
1052
Kurpat
Vergleich hin der des Hauptsacheverfahrens.1 Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass es im vorläufigen Rechtsschutz (in der Regel) um die Sicherung und im Hauptsacheverfahren um die Durchsetzung des Anspruchs geht.2 Denn die Sicherung eines Anspruchs ist gegenüber seiner Durchsetzung wirtschaftlich betrachtet ein minus und kein aliud. Folgerichtig besteht auch bei der objektiven Klagehäufung Einigkeit darüber, dass sichernde Begleitansprüche wertmäßig unberücksichtigt bleiben (s. ausführlich unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“, Rn. 3651 ff.). Da der Hauptsachewert des anderweitigen Verfahrens unberücksichtigt bleibt, sind jedoch dessen etwaig mitverglichenen Kosten werterhöhend zu berücksichtigen.3 6. Genehmigung des Vergleichs Ist ein Vergleich von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig, so ist der Wert der Klage der einen Vergleichspartei gegen die andere mit dem Antrag, die andere Partei zu verurteilen, den Antrag auf Erteilung der Genehmigung beim Vormundschaftsgericht zu stellen, der gleiche wie der Wert des gesamten Vergleichs.4
5542
7. Unwirksamkeit des Vergleichs Der Streit über die verfahrensrechtliche oder materiell-rechtliche Wirksamkeit ist durch Fortsetzung des bisherigen Verfahrens auszutragen. Im Falle seiner Wirksamkeit ist nach mündlicher Verhandlung durch Urteil darauf zu erkennen, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt ist. Anderenfalls ist über die (ursprüngliche) Klage zu entscheiden.5 Demgegenüber ist der Streit über die Auslegung des Prozessvergleichs in einem eigenständigen auf Feststellung oder Verurteilung zur Leistung gerichteten Verfahren auszutragen.6
5543
Wird über die Fortsetzung des bisherigen Verfahrens gestritten, besteht über dessen streitwertrechtliche Bewertung Uneinigkeit. Überwiegend wird die Ansicht vertreten, maßgeblich sei der Wert des urspünglichen Klageantrags. Streitgegenstand des Rechtsstreits und damit für die Wertbestimung allein relevant sei der Klageantrag. Unerheblich sei demgegenüber, dass mittelbar auch über den Bestand der in dem Vergleich aufgenommenen Rechte und Pflichten entschieden werde.7 Etwas anderes gelte nur, wenn die Anfechtung des Vergleichs den Rechtsstreit nicht auf den ursprünglichen Streitstand zurückführt, sondern einen bereits
5544
1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.2.1981 – 6 W 147/80, JurBüro 1981, 918; Lappe, Anm. zu OLG Hamburg, KostRsp. BRAGO § 23 Nr. 65; Lappe, Anm. zu OLG München, KostRsp. BRAGO § 23 Nr. 70. 2 So aber AnwK-RVG/N. Schneider, RVG, VV 1000 Rn. 209. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.2.1981 – 6 W 147/80, JurBüro 1981, 918. 4 OLG Frankfurt, NJW 1959, 680 mit abl. Anm. Lappe, Rpfleger 1959, 137. 5 BGH, Beschl. v. 18.9.1996 – VIII ZB 28/96, MDR 1996, 1286. 6 Palandt/Sprau, § 779 BGB Rn. 31 m.w.N. 7 BGH, Beschl. v. 16.4.2014 – XI ZR 38/13, AGS 2014, 408; Beschl. v. 19.9.2012 – V ZB 56/12, NJW 2013, 470; Beschl. v. 8.2.2007 – V ZR 160/06, RVGreport 2007, 158 (Ls.); mit der Einschränkung, dass dies nur gelte, wenn die Anfechtung des Vergleichs den Rechtsstreit auf den ursprünglichen Streitstand zurückführe und sich nicht schon anderweitig erledigt habe; Beschl. v. 30.9.1964 – Ib ZR 215/62, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 119; offen gelassen in Beschl. v. 14.2.2007 – XII ZB 52/03; Beschl. v. 14.2.2007 – XII ZB 52/03, FamRZ 2007, 630; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 6.7.2000 – 7 Ta 211/00, MDR 2000, 1099; wohl auch OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.9.1989 – 6 WF 105/89, JurBüro 1990, 97.
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ZPO
Vergleich erzielten Teilerfolg bestehen lässt. Hier sei auf das noch verbleibende Interesse abzustellen.1 5545
Dem ist nicht zuzustimmen, vielmehr bestimmt sich der Wert des Verfahrens nach dem Interesse desjenigen, der die Unwirksamkeit des Vergleichs geltend macht. Allein der Umstand, dass dieser Streit durch Fortsetzung des bisherigen Verfahrens geführt werden muss, rechtfertigt keine schematische Gleichsetzung mit dessen Hauptsachewert.2 Vielmehr entspricht die Situation einem Zwischenstreit. Das nach § 3 ZPO maßgebliche Interesse des „Fortsetzungsklägers“, bemisst sich nach der Differenz zwischen seinem Sachantrag im bisherigen Verfahren und der mit dem Vergleich übernommenen Verpflichtung. Denn der Fortsetzungsantrag zielt (bei unverändertem Sachantrag) auf Herbeiführung der im bisherigen Verfahren angestrebten Rechtsposition (Klagestattgabe, Klageabweisung etc.).
5546
Dem widerspricht auch nicht, dass sich der Gegenstandswert des Vergleichs nur nach dem Wert der verglichenen Ansprüche, nicht aber nach dem Wert der übernommenen Verpflichtung bestimmt. Denn während der Gegenstandswert des Vergleichs an die mit dem Vergleichsschluss angestrebte Beseitigung der Ungewissheit eben über diese Ansprüche anknüpft, zielt der Fortsetzungsantrag auf die Wiederherstellung der ursprünglichen prozessualen Situation. Dies zugleich unter Entledigung von den im Vergleich übernommenen Verpflichtungen bzw. unter Aufgabe der mit dem Vergleich erlangten Rechtspositionen. Der Wertbestimmung hat daher eine Saldierung der mit dem Vergleichsabschluss verbundenen vermögensrechtlichen Vor- und Nachteile für den „Fortsetzungskläger“ vorauszugehen.3
5547
Werden im Prozessvergleich nicht rechtshängige Ansprüche einbezogen und wird im weiteren Verfahren über die Wirksamkeit des Vergleichs gestritten, dann ist bei der Bewertung des „Nachverfahrens“ zu berücksichtigen, dass nunmehr auch über den Bestand bzw. Wegfall der mitverglichenen Ansprüche gestritten und eine Entscheidung wegen der titulierten nicht rechtshängigen Ansprüche beantragt wird.4
5548
Wird ein durch Vergleich beendeter Rechtsstreit aufgrund der Geltendmachung der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Vergleichs mit den ursprünglichen Anträgen einvernehmlich fortgesetzt, also ohne dass eine der Parteien die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich geltend macht oder die Feststellung der Wirksamkeit des Vergleichs begehrt, so bemisst sich der Streitwert allein nach den ursprünglichen Anträgen, auch wenn durch den Vergleich weitere Ansprüche erledigt worden sind.5
1 BGH, Beschl. v. 16.4.2014 – XI ZR 38/13, AGS 2014, 408; Beschl. v. 8.2.2007 – V ZR 160/06, RVGreport 2007, 158 (Ls.). 2 OLG Bamberg, Beschl. v. 26.5.1998 – 3 U 149/97, OLGR 1999, 115; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.9.2003 – 24 U 221/01, OLGR 2004, 122 = NJW-RR 2004, 1296; OLG Stuttgart, Beschl. v. 3.7.1978 – 8 W 515/77, JurBüro 1978, 1654; Münch.Komm.ZPO/Wöstmann, § 3 Rn. 127 – Wert des Vergleichs; LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 21.9.2009 – 15 SaGa 1227/09, RVGreport 2009, 438; offen lassend: BGH, Beschl. v. 14.2.2007 – XII ZB 52/03, FamRZ 2007, 630. 3 Zutr. daher LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 21.9.2009 – 15 SaGa 1227/09, RVGreport 2009, 438. Im Ergebnis ebenso: OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.9.2003 – 24 U 221/01, OLGR 2004, 122; OLG Naumburg, Urt. v. 16.11.2004 – 11 U 44/04, OLGR 2005, 288 – Abwehr der vom Beklagten im Vergleich übernommenen Verpflichtung. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.9.2003 – 24 U 221/01, OLGR 2004, 122; OLG Hamm, Beschl. v. 14.12.1979 – 23 W 578/79, JurBüro 1980, 550 u. 1027; OLG Köln, Beschl. v. 11.1.1988 – 14 WF 269/87, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 926; OLG Stuttgart, JurBüro 1978, 1654; a.A. Anders/ Gehle/Kunze, Stichwort „Vergleich“ Rn. 21. 5 BGH, Beschl. v. 30.9.1964 – IV ZR 215/62, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 119.
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Vergleich
C. Rechtsmittel und Beschwer Wird in erster Instanz nur ein Teil der Klageforderung zuerkannt und legt der Beklagte insoweit Berufung ein, dann ist, wenn sich die Parteien im Berufungsrechtszug „über die Klageforderung“ vergleichen, nur jene im zweiten Rechtszug noch umstrittene Teilforderung Vergleichsgegenstand.1 Dies gilt auch, wenn der Kläger wegen der Abweisung der Mehrforderung eine Anschlussberufung (nur) angekündigt hat.2
5549
Anders ist hingegen zu bewerten, wenn die Einigung den unangefochten gebliebenen Teil der Klageforderung mit der Maßgabe erfasst, dass der Kläger dem Beklagten sowohl für den zuerkannten als auch den streitig gebliebenen Betrag Ratenzahlung gewährt. Hier ist der Wert des angefochtenen Teils um den nach § 3 ZPO zu schätzenden Wert der Ratenzahlungsvereinbarung zu erhöhen.3 Siehe ausführlich oben Rn. 5493 ff.
5550
Ist über die Wirksamkeit des Prozessvergleichs und die Fortsetzung streitig ent- 5551 schieden worden, bedarf die Bemessung der Beschwer ebenfalls einer differenzierten Betrachtung. Hat das Ausgangsgericht eine Fortsetzung des Verfahrens unter Hinweis auf die verfahrensbeendigende Wirkung des Prozessvergleichs abgelehnt, bestimmt sich die Beschwer nach dem Interesse des Berufungsklägers an der Unwirksamkeit des Vergleichs. Dessen Wert bemisst sich nach der Differenz seines Sachantrags zu der von ihm im Vergleich (in der Hauptsache) übernommenen Rechte und Pflichten. Soweit der BGH hierbei nur auf die Hauptsache abstellt und weitere Verpflichtungen unberücksichtigt lässt, wenn dessen weiter gehende Regelungen nicht durch gesonderte Anträge zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht werden,4 vermag das nicht zu überzeugen. Es ist schon fraglich, wie der die Fortsetzung begehrende Beklagte eine im Vergleich übernommene weiter gehende Verpflichtung zum Gegenstand des Verfahrens machen könnte. Die Zulässigkeit einer (Feststellungs)Widerklage scheitert – in dieser Fallgestaltung (Prozessbeendigung aufgrund wirksamen Vergleichs) – schon an der dafür notwendigen (fortdauernden) Rechtshängigkeit der Klage. Zudem wird übersehen, dass mit dem – weiter gehenden – Prozessvergleich ein dem Urteil gleichwertiger Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) vorliegt.
5552
Erachtet das Gericht den Vergleich dagegen für unwirksam und entscheidet in der Hauptsache, richtet sich die Beschwer nach den allgemeinen Regeln, dh. nach den für die Fortsetzung gestellten Sachanträgen. Dass die sich danach ergebende Beschwer unter Berücksichtigung der im Vergleich bereits aufgegebenen Positionen geringer zu bewerten wäre, ist unerheblich. Denn Grundlage für dieses Nachgeben (wie auch eine etwaige Übernahme weiterer Verpflichtungen) war das Zustandekommen des Vergleichs, die mit der Fortsetzung des Hauptsacheverfahrens weggefallen ist.
5553
Einstweilen frei.
5554–5555
1 KG, Urt. v. 5.1.2004 – 12 U 157/02, KDR 2004, 310; OLG Hamm, Beschl. v. 25.6.1995 – 20 U 339/94, JurBüro 1996, 148 mit zust. Anm. Enders. 2 OLG Neustadt, JurBüro 1960, 210. 3 KG, Urt. v. 5.1.2004 – 12 U 157/02, KDR 2004, 310: Erhöhung um Stundungsinteresse = 1/10; OLG Celle, JurBüro 1971, 237; a.A. OLG Hamburg, Beschl. v. 12.6.1981 – 8 W 155/81, MDR 1981, 945; OLG Hamm, Beschl. v. 25.6.1995 – 20 U 339/94, JurBüro 1996, 148. 4 BGH, Beschl. v. 14.2.2007 – XII ZB 52/03, FamRZ 2007, 630; wohl auch Beschl. v. 30.9.1964 – Ib ZR 215/62, KostRspr. ZPO § 3 Nr. 119.
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Vergtungsfestsetzung
ZPO
Vergtungsfestsetzung Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Gegenstandswert des Festsetzungsverfahrens I. Keine Festsetzung für Gerichtsgebühren . . . . . . . . . . . . . . 5556 II. Festsetzung für Anwaltsgebühren 1. Notwendigkeit . . . . . . . . . . . . . . 5557 2. Vergütungsfestsetzungsantrag des Anwalts . . . . . . . . . . . . . . . . 5559
3. Festsetzungsantrag des Gebührenschuldners. . . . . . . . . . 5568 4. Beschwerde- und Erinnerungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5571 5. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . 5572 B. Wert des der Festsetzung zugrunde liegenden Verfahrens . . . . 5573 C. Wert des Beschwerdegegenstands. 5578
A. Gegenstandswert des Festsetzungsverfahrens I. Keine Festsetzung für Gerichtsgebühren 5556
Im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG fallen vor dem Gericht des ersten Rechtszugs keine Gerichtsgebühren an (§ 11 Abs. 2 Satz 4 RVG). Im Beschwerdeverfahren und im Rechtsbeschwerdeverfahren werden Festgebühren erhoben, sofern die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (Nr. 1811 KV GKG: 60,00 Euro; Nrn. 1826, 1827 KV GKG: 120,00/60,00 Euro). Eine Wertfestsetzung des Gerichts von Amts wegen nach § 63 Abs. 1 GKG hat daher in allen Verfahren zu unterbleiben.
II. Festsetzung für Anwaltsgebühren 1. Notwendigkeit 5557
Anwaltsgebühren können dagegen im Vergütungsfestsetzungsverfahren entstehen, allerdings nur, wenn der Anwalt für einen anderen Anwalt oder einen Auftraggeber tätig wird. Er erhält dann im Antragsverfahren eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV RVG,1 im Beschwerdeverfahren eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG und im Rechtsbeschwerdeverfahren eine 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3502 VV RVG. In eigener Sache kann der Anwalt dagegen keine Gebühren verlangen, weil es an einem Auftraggeber fehlt (überflüssig daher § 19 Abs. 1 Satz 2, Nr. 13, Alt. 2 RVG). Da zudem eine Kostenerstattung in allen Instanzen ausgeschlossen ist, kommt auch § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht zum Tragen.
5558
Fallen danach für eine Fremdvertretung Anwaltsgebühren an, so richten sich diese nach dem Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 Satz 1 RVG), so dass auf Antrag eines Beteiligten der Wert im Verfahren nach § 33 Abs. 1 RVG festzusetzen ist. 2. Vergütungsfestsetzungsantrag des Anwalts
5559
Beantragt der Anwalt die Vergütungsfestsetzung, richtet sich der Wert nach § 23 Abs. 1 Satz 2, 1 RVG i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO und bemisst sich nach dem Betrag, der zur Festsetzung angemeldet wird.
5560
Dies wird in aller Regel der volle Vergütungsanspruch sein. Auslagen nach den Nrn. 7000 ff. VV RVG sind voll zu bewerten, gleichfalls vorgelegte Kosten, die 1 AnwK-RVG/N. Schneider, Nr. 3403 VV Rn. 22.
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N. Schneider
Vergtungsfestsetzung nach § 675 BGB i.V.m. Vorbem. 7 Abs. 1 Satz 1 VV RVG eingefordert werden. Es handelt sich nicht um Nebenforderungen i.S.d. § 43 Abs. 1 GKG. Soweit auch die Verzinsung des festzusetzenden Betrages verlangt wird, gilt § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 1 RVG i.V.m. § 43 Abs. 1 GKG. Ihr Wert bleibt als Nebenforderung unberücksichtigt. Wird nur die Verzinsung beantragt (ggf. im Wege der Nachfestsetzung), dann ist der Wert der Zinsen maßgebend und nach § 23 Abs. 1 Satz 2, Satz 1 RVG i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO zu schätzen. Siehe das Stichwort „Zinsen“, Rn. 6407 ff.
5561
Soweit die Aufnahme weiterer Kosten, etwa von Zustellungskosten, in den Fest- 5562 setzungsbeschluss beantragt wird, bleiben sie als Kosten des Verfahrens unberücksichtigt. Wird nur ein Teil der Vergütung angemeldet, etwa wegen bereits geleisteter Teilzahlungen des Aufraggebers, ist der zur Festsetzung angemeldete Teilwert maßgebend.
Û
Beispiel: Der Anwalt beantragt die Festsetzung einer Einigungsgebühr nebst Umsatzsteuer; die Verfahrens- und Terminsgebühr hatte der Mandant bereits bezahlt. Maßgebender Gegenstandswert ist nur der Betrag der Einigungsgebühr nebst Umsatzsteuer.
Wird zwar einerseits die volle Vergütung zur Festsetzung angemeldet, andererseits aber eine Vorschusszahlung abgesetzt, so ist nur der noch zur Festsetzung verbleibende Restbetrag maßgebend. Zwar muss das Gericht ggf. inzidenter die gesamte Vergütungsforderung prüfen; Gegenstand der Festsetzung ist aber nur der verlangte Betrag.
Û
5564
Beispiel: Der Anwalt rechnet ausgehend von einem Streitwert i.H.v. 10 000 Euro eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG), eine 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) und eine 1,0-Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG) nebst Auslagen und Umsatzsteuer (2324,07 Euro) ab und beantragt, diese Vergütung festzusetzen, abzgl. eines gezahlten Vorschusses i.H.v. 595 Euro. Der Gegenstandswert beläuft sich auf 1729,07 Euro. Der gezahlte Vorschuss mindert den Gegenstandswert nicht, da nur die Festsetzung des Restbetrags beantragt ist.
Ebenso verhält es sich, wenn sich der Festsetzungsantrag auf bestimmte Positionen beschränkt. Dann ist nur dieser Wert maßgebend.
Û
5563
5565
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel. Der Auftraggeber hat die 1,3-Verfahrensgebühr und die 1,2-Terminsgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer bezahlt. Er ist jedoch der Auffassung, eine Einigungsgebühr sei nicht angefallen und zahlt diese nicht. Daraufhin wird auch nur diese 1,0-Einigungsgebühr (Nrn. 1000, 1003 VV RVG) nebst Umsatzsteuer zur Festsetzung angemeldet. Der Gegenstandswert beläuft sich auf nur die angemeldete Vergütung: Einigungsgebühr nebst Umsatzsteuer. Die bereits gezahlten Positionen sind unbeachtlich.
Erhebt der Antragsgegner nichtgebührenrechtliche Einwände, so erhöhen diese den Gegenstandswert nicht. Gebührenrechtliche Einwände werden im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht geprüft, sondern führen nur dazu, dass die Vergütungsfestsetzung abgelehnt wird (§ 19 Abs. 5 RVG). Sie werden daher nicht Gegenstand des Verfahrens und bleiben außer Ansatz.
5566
Lediglich dann, wenn nichtgebührenrechtliche Einwände unstreitig sind, wie z.B. eine unstreitige Erfüllung, werden sie im Verfahren berücksichtigt. Eine Erhöhung des Gegenstandswertes tritt dann aber nicht ein. Ein Fall des § 45 Abs. 3 GKG kann im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht auftreten, da dieser eine
5567
N. Schneider
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Vergtungsfestsetzung
ZPO
streitige Gegenforderung voraussetzt, über die im Vergütungsfestsetzungsverfahren jedoch nicht entschieden werden kann. 3. Festsetzungsantrag des Gebührenschuldners 5568
Beantragt der Gebührenschuldner die Vergütungsfestsetzung, wozu er nach § 11 Abs. 1 RVG berechtigt ist, richtet sich der Gegenstandswert nach seinem Interesse. Es kommt dann auf die Vergütungsforderung an, derer sich der Anwalt (noch) berühmt. Geleistete Zahlungen sind abzuziehen.
Û
5569
Zahlt der Auftraggeber den unstreitigen Teil der Vergütungsforderung nicht, dann ist die volle Forderung maßgebend.
Û
5570
Beispiel: Der Anwalt stellt dem Mandanten 3000 Euro in Rechnung. Der Mandant ist der Auffassung, er schulde nur 2000 Euro und zahlt diese. Im Übrigen beantragt er die Vergütungsfestsetzung. Gegenstandswert ist nur der Betrag i.H.v. 1000 Euro. Unerheblich ist insoweit, ob der Anwalt im Festsetzungsverfahren seinen vermeintlichen Anspruch i.H.v. 1000 Euro weiter verfolgt. Es verhält sich hier ähnlich wie bei einer negativen Feststellungsklage.
Beispiel: Der Anwalt stellt dem Auftraggeber 3000 Euro in Rechnung. Der Auftraggeber bestreitet, mehr als 2000 Euro zu schulden und beantragt die Vergütungsfestsetzung, ohne den unstreitigen Teilbetrag zu zahlen. Jetzt sind die vollen 3000 Euro maßgebend, da die vollen 3000 Euro zum Gegenstand des Verfahrens werden und das Gericht diesen vollen Betrag auch festsetzt, unabhängig davon, ob er streitig ist oder nicht.
Beantragt der Auftraggeber die Rückfestsetzung, so ist der beantragte Rückzahlungsbetrag maßgebend, unabhängig davon, ob die Rückfestsetzung statthaft ist oder nicht. Das Streitwertrecht fragt nicht nach Zulässigkeit. 4. Beschwerde- und Erinnerungsverfahren
5571
Der Gegenstandswert richtet sich in der Beschwerde nach § 23 Abs. 2 Satz 1 RVG und im Erinnerungsverfahren nach § 23 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 RVG. Maßgebend ist der mit der Beschwerde oder Erinnerung per Saldo geltend gemachte Mehr- oder Minderbetrag. Wer die Beschwerde führt, ist unerheblich. 5. Rechtsbeschwerde
5572
Der Wert richtet sich nach § 23 Abs. 2 Satz 1 RVG. Maßgebend ist die mit der Rechtsbeschwerde verfolgte Abänderung.
B. Wert des der Festsetzung zugrunde liegenden Verfahrens 5573
Im Rahmen der Festsetzung darf nicht inzidenter auch über den zugrunde liegenden Gegenstandswert der zur Festsetzung angemeldeten Gebühren entschieden werden. Wird der vom Antragsteller angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, so ist vielmehr das Festsetzungsverfahren auszusetzen, bis das Gericht den Streitwert im Verfahren nach §§ 32 Abs. 1, 33 Abs. 1 RVG festgesetzt hat (§ 11 Abs. 4 RVG).1 Es handelt sich keineswegs um einen nichtgebüh1 BGH, Beschl. v. 20.3.2014 – IX ZB 288/11, MDR 2014, 566 = AGS 2014, 246; OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.3.2013 – 3 WF 1/12, AGS 2014, 65; FG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 21.3.2013 – 5 KO 121/13, AGS 2014, 222.
1058
N. Schneider
Verkehrsunfallschadenregulierung renrechtlichen Einwand, der nach § 11 Abs. 5 RVG zur Unzulässigkeit der Vergütungsfestsetzung führen würde. Hat zwar keiner der Beteiligten, aber das Festsetzungsorgan Bedenken gegen die Richtigkeit des angesetzten Gegenstandswertes, so kann es – wenn die Wertfestsetzung nach § 32 Abs. 1 GKG erfolgt – die erstmalige Wertfestsetzung oder eine amtswegige Korrektur beantragen.1 Es kann dagegen nicht Erinnerung oder Beschwerde gegen die Wertfestsetzung einlegen.
5574
Richtet sich die Wertfestsetzung in dem zugrunde liegenden Verfahren dagegen ausschließlich nach § 33 Abs. 1 RVG, steht nur dem Anwalt und dem Gebührenschuldner das Antragsrecht zu. Der Festsetzungsbeamte darf dann weder die erstmalige Wertfestsetzung noch eine amtswegige Korrektur beantragen, solange der Wert zwischen den Parteien des Vergütungsfestsetzungsverfahrens unstreitig ist. Erst Recht kann er nicht Erinnerung oder Beschwerde gegen die Wertfestsetzung einlegen.
5575
Eine während des Vergütungsfestsetzungsverfahrens ergehende Abänderung der Wertfestsetzung ist stets zu beachten.
5576
Wird der Gegenstandswert des zugrunde liegenden Verfahrens erst nach Abschluss des Vergütungsfestsetzungsverfahrens gerichtlich abgeändert, so gilt § 107 ZPO entsprechend (§ 11 Abs. 2 Satz 3 RVG).
5577
C. Wert des Beschwerdegegenstands Während Erinnerung und Rechtsbeschwerde (bei entsprechender Zulassung) wertunabhängig zulässig sind, setzt die sofortige Beschwerde einen Beschwerdewert von mehr als 200 Euro voraus (§ 11 Abs. 2 RVG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 ZPO). Der Beschwerdewert ergibt sich aus der Differenz des festgesetzten Betrags zu dem Betrag der begehrten Festsetzung. Für den Anwalt ist also der Betrag der angefochtenen Absetzung maßgebend und für den Auftraggeber der Wert der angefochtenen Festsetzung. Dabei bleiben auch hier Zinsen und Kosten (insbesondere Zustellungskosten) neben der Hauptforderung außer Ansatz (§ 4 ZPO). Wird nur die Verzinsung oder unterbliebene Verzinsung angefochten, ist deren Wert maßgebend.
Vergtungsvereinbarung, Herabsetzung Siehe das Stichwort „Herabsetzung einer vereinbarten Vergütung“ und „Vereinbarungen zum Streitwert“.
Verkehrsunfallschadenregulierung Literatur: Dötsch, Rechtsanwaltsgebühren bei Abrechnung auf Grundlage eines Totalschadens, zfs 2013, 490; Fölsch, Anwaltsvergütung im Verkehrsrecht, 1. Aufl. 2008; Onderka, Anwaltsgebühren in Verkehrssachen, 4. Aufl. 2013; Jungbauer, Behandlung des Restwerts bei der Gegenstandswertberechnung, DAR 2007, 609; Onderka, ABC der Schadenspositionen, RVG prof. 2014, 214 ff.; N. Schneider, Gegenstandswerte bei Schadensregulierung in Ver-
1 AnwK-RVG/N. Schneider, § 11 Rn. 179 ff.; v. Eicken/Hellstab/Lappe/Dörndorfer/Asperger/ Mathias, I Rn. 25.
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5578
Verkehrsunfallschadenregulierung
ZPO
kehrsunfallsachen, AGS 2005, 323; N. Schneider, Streitwert des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs, NJW 2008, 3317; N. Schneider,Abrechnung bei der Durchsetzung von Schadensersatzrenten, DAR 2013, 778. Gliederungsübersicht Rn. A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5579 B. Zuständigkeitsstreitwert. . . . . . . 5580 C. I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Gebührenstreitwert Gerichtsgebühren Überblick . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenrechnung aller Schadenspositionen . . . . . . . Feststellungsklage. . . . . . . . . Zwischenfeststellungsklage . Klage und Widerklage . . . . . . Wechselseitige Rechtsmittel . Mehrwertvergleich . . . . . . . .
Rn. II. 1. 2. 3. 4.
Anwaltsgebühren Überblick . . . . . . Verfahrensgebühr Terminsgebühr . . Einigungsgebühr .
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5605 5608 5614 5616
. . . 5592
D. Rechtsmittelstreitwert . . . . . . . . 5620a
. . . . . .
E. Erledigungswert . . . . . . . . . . . . . 5621 I. Erstattungsverhältnis . . . . . . . . . 5622 II. Auftragsverhältnis . . . . . . . . . . . 5628
. . . . . .
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5594 5595 5598 5599 5600 5602
F. Rechtsprechungs-ABC . . . . . . . . 5630
A. Überblick 5579
Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall sind grundsätzlich auf Geld oder Freistellung gerichtet. Auch Feststellungsanträge – insbesondere für Zukunftsschäden – kommen vor. Insoweit gelten bei der Bewertung keine Besonderheiten. Auseinanderzuhalten sind auch hier Zuständigkeitsstreitwert, Gebührenstreitwert und Rechtsmittelstreitwert. Hinzu kommt noch der Erledigungswert, der für die Berechnung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs von Bedeutung ist.
B. Zuständigkeitsstreitwert 5580
Für den Zuständigkeitsstreitwert ist auf die §§ 3 ff. ZPO abzustellen.
5581
Wird eine Unterhaltsrente verlangt, richtet sich der Wert nach § 9 ZPO. Siehe dazu Rn. 5675 ff.
5582
Häufig ergeben sich Probleme, welche Positionen als Nebenforderungen (§ 4 ZPO) außer Ansatz bleiben. Siehe dazu Rn. 5639 ff.
5583
Wird eine Vielzahl von Positionen im Wege der objektiven oder zum Teil auch subjektiven Klagehäufung geltend gemacht, so sind die Werte der einzelnen Schadenspositionen, sofern es sich um Hauptforderungen handelt, zusammenzurechnen (§ 5 ZPO).
Û
5584
Beispiel: Eingeklagt werden für den Eigentümer 5000 Euro Reparaturkosten und für den Fahrer 1000 Euro Schmerzensgeld. Der Zuständigkeitsstreitwert beläuft sich auf 6000 Euro.
Eine Zusammenrechnung kommt allerdings – im Gegensatz zum Gebührenstreitwert – nur in Betracht, soweit die Schadenspositionen zeitgleich geltend gemacht werden (§ 5 ZPO).
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Verkehrsunfallschadenregulierung
Û
Beispiel: Eingeklagt werden 4000 Euro Reparaturkosten und 1000 Euro Sachverständigenkosten. Nach Zahlung des Kaskoversicherers wird die Klage i.H.v. 4700 Euro übereinstimmend für erledigt erklärt und gleichzeitig um 500 Euro Nutzungsentschädigung erweitert. Der Zuständigkeitsstreitwert belief sich zunächst auf 5000 Euro, später auf 300 Euro und hiernach auf 800 Euro. An der Zuständigkeit des Amtsgerichts hat sich daher nichts geändert.
Auch im Falle von Klage und Widerklage wird für den Zuständigkeitsstreitwert – im Gegensatz zum Gebührenstreitwert – nicht addiert (§ 5 ZPO).
5585
Wird auf Feststellung der vollen Haftung geklagt, sind zunächst die zu erwartenden Schadenspositionen zu ermitteln. Hiervon ist ggf. ein Feststellungsabschlag vorzunehmen.
5586
Soll nur eine quotale Haftung festgestellt werden, etwa weil der Kläger ein Mitverschulden einräumt, ist von der entsprechenden Quote der zu erwartenden Schadenspositionen auszugehen und hiervon dann ggf. ein Feststellungsabschlag vorzunehmen.
5587
Gleiches gilt, wenn der Beklagte bereits eine Teilhaftung anerkannt hat und nur noch seine darüber hinausgehende Haftung festgestellt werden soll.
5587a
In Anbetracht dessen, dass bei einem Haftpflichtversicherer grundsätzlich davon auszugehen ist, dass er nach einem entsprechenden Feststellungsurteil die Schadenspositionen auch ohne Weiteres nach der gegebenen Quote regulieren wird, wird hier zum Teil auch vertreten, keinen Feststellungsabschlag vorzunehmen, da der Feststellung faktisch die gleiche Wirkung wie einem Zahlungstitel zukomme. Siehe dazu das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2296 f.
5588
Es ist unstatthaft, bei einem komplizierter gelagerten Verkehrsunfall mit nicht unerheblichem Schaden durch allzu knappe Streitwertbemessung für ein Feststellungsbegehren die Zuständigkeit des Landgerichts zu verneinen, besonders dann, wenn die Bestimmung des Streitwerts im Rahmen eines Gesuchs um Prozesskostenhilfe auch noch von einer Schadensersatzquote abhängt, die in ihrer Höhe ohne Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit festgestellt werden kann.1
5589
Wird eine Teilklage hinsichtlich einzelner Schadenspositionen mit einer Feststellungsklage (§ 256 Abs. 1 ZPO) hinsichtlich weiterer Schadenspositionen verbunden, so richtet sich der Wert der Teilklage nach dem Betrag, der beziffert geltend gemachten Schadenspositionen (§ 3 ZPO). Der Wert der Feststellungsklage richtet sich nach der Summe aller weiteren Schadenspositionen, die hier noch in Betracht kommen, ggf. abzgl. eines Feststellungsabschlags. Die Werte von Klage und Feststellungsklage sind sodann zusammenzurechnen (§ 5 ZPO).
5589a
Û
Beispiel: Ausgehend von einer 100 %igen Haftung klagt der Kläger 4000 Euro Sachschaden ein und beantragt darüber hinaus, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm auch den weiteren entstandenen Schaden zu ersetzen. Zu erwarten sind noch weitere Schäden (Nutzungsausfall, Sachverständigenkosten, Schmerzensgeld etc.) i.H.v. ca. 3000 Euro. Der Wert der Klageforderung beläuft sich auf 4000 Euro. Der Wert der Feststellungsklage beträgt 3000 Euro abzgl. eines Feststellungsabschlags, der hier mit 20 % angenommen werden soll, also 2400 Euro. Der Streitwert des Verfahrens beläuft sich damit insgesamt auf 6400 Euro.
Wird eine Teilklage hinsichtlich einzelner Schadenspositionen mit einer Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) verbunden, so richtet sich der Wert der Teilklage nach dem Betrag, der beziffert geltend gemachten Schadenspositio1 OLG Köln, Beschl. v. 16.2.1960 – 4 W 180/59, NJW 1960, 1623.
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5590
Verkehrsunfallschadenregulierung
ZPO
nen (§ 3 ZPO). Der Wert der Zwischenfeststellungsklage richtet sich nach der Summe aller Schadenspositionen, die hier in Betracht kommen – einschließlich der beziffert geltend gemachten. Hiervon ist dann – wie bei einer Feststellungsklage – ggf. ein Abschlag vorzunehmen (s. Rn. 5595). Die Werte von Klage und Zwischenfeststellungsklage sind sodann zusammenzurechnen (§ 5 ZPO), wobei zu beachten ist, dass hinsichtlich derjenigen Schadenspositionen, die bereits durch die Teilklage erfasst sind, wirtschaftliche Identität besteht und damit ein Additionsverbot.
Û
5591
Beispiel: Ausgehend von einer 100 %igen Haftung klagt der Kläger 5000 Euro Sachschaden ein und beantragt, im Wege der Zwischenfeststellungsklage festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den aus dem zugrunde liegenden Verkehrsunfall entstandenen Schaden zu 100 % zu ersetzen. Zu erwarten sind noch weitere Schäden (Nutzungsausfall, Sachverständigenkosten, Schmerzensgeld etc.) i.H.v. ca. 5000 Euro. Der Wert der Klageforderung beläuft sich auf 5000 Euro. Für die Zwischenfeststellungsklage ist von dem Gesamtschaden i.H.v. 10 000 Euro auszugehen, da sie als Zwischenfeststellungsantrag alle Schäden erfasst, auch die, die bereits Gegenstand der Klage sind; anderenfalls wäre es keine Zwischenfeststellungsklage, sondern eine gewöhnliche Feststellungsklage. Geht man von einem Feststellungsabschlag von 20 % aus, beträgt der Wert der Zwischenfeststellungsklage damit 8000 Euro. Nun ist aber zu berücksichtigen, dass die Zwischenfeststellungsklage auch 80 % des bereits mit dem Leistungsantrag geltend gemachten Sachschadens abdeckt. Insoweit darf daher nicht addiert werden. In Höhe von 80 % aus 5000 Euro besteht wirtschaftliche Identität. Der Streitwert des Verfahrens beläuft sich damit insgesamt auf 9000 Euro. Zum gleichen Ergebnis käme man auch, wenn man zu den 5000 Euro der Leistungsklage 80 % der weiteren Ansprüche, also 4000 Euro hinzuaddiert. Dies mag für den Zuständigkeitsstreitwert unerheblich sein. Beim Gebührenstreitwert würde dies jedoch zu falschen Ergebnissen führen (s. Rn. 5594).
Einstweilen frei.
C. Gebührenstreitwert I. Gerichtsgebühren 1. Überblick 5592
Der Gebührenstreitwert für die Gerichtsgebühren folgt aus § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. den §§ 3 ff. ZPO. Daneben kann in Altfällen noch § 42 Abs. 1 u. 4 GKG a.F. eine Rolle spielen, nämlich bei Schadensersatzrenten. Siehe dazu Rn. 5675 f.
5593
Des Weiteren ergeben sich auch hier zahlreiche Probleme bei der Frage, welche Schadenspositionen als Nebenforderungen gelten, insbesondere bei den vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten. Die Bewertung erfolgt hier nach § 43 Abs. 1 u. 2 GKG. Siehe dazu Rn. 5639 ff. 2. Zusammenrechnung aller Schadenspositionen
5594
Werden im Verlaufe des Rechtsstreits mehrere Schadenspositionen im Wege der objektiven oder subjektiven Klagehäufung geltend gemacht, werden die Werte aller Gegenstände, soweit es sich bei den einzelnen Schadenspositionen um Hauptforderungen handelt, zusammengerechnet, und zwar – im Gegensatz zum Zuständigkeitsstreitwert – unabhängig davon, ob sie zeitgleich geltend gemacht werden oder nacheinander (§ 39 Abs. 1 GKG).1 1 Siehe das Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“, Rn. 3638 ff.
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Verkehrsunfallschadenregulierung
Û
Beispiel:1 Der Kläger hatte aufgrund eines Verkehrsunfalls zunächst nur die anfallenden Reparaturkosten (3045 Euro), die Kosten des Sachverständigen (727,09 Euro) sowie die allgemeine Kostenpauschale (25 Euro) geltend gemacht (insgesamt 3770,09 Euro). Nachdem im Verlauf des Rechtsstreits der Kaskoversicherer die Reparaturkosten abzgl. der Selbstbeteiligung von 300 Euro zahlte, nahm der Kläger die Klage insoweit zurück. Gleichzeitig erweiterte er die Klage um weitere Schadenspositionen i.H.v. 318,27 Euro. Der Streitwert des Verfahrens belief sich damit auf 4088,27 Euro. Nach § 39 Abs. 1 GKG sind die Werte aller Positionen zusammenzurechnen.
3. Feststellungsklage Bei einer Feststellungsklage sind zunächst sämtliche Schadenspositionen maßgebend, soweit es sich nicht um Nebenforderungen handelt (§ 43 Abs. 1 GKG). Hiervon ist dann ggf. ein entsprechender Feststellungsabschlag vorzunehmen. In Anbetracht dessen, dass ein Haftpflichtversicherer nach einem entsprechenden Feststellungsurteil die zugrunde liegenden Schadenspositionen ohne Weiteres entsprechend der gegebenen Quote regulieren wird, kann ein Feststellungsabschlag auch zu verneinen sein, da der Feststellung faktisch die gleiche Wirkung wie einem Zahlungstitel zukommt. Siehe im Einzelnen das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2296 f.
5595
Hatte der Beklagte vor Klageerhebung eine bestimmte Haftungsquote unstreitig gestellt, und wird nur noch die Feststellung einer weitergehenden Haftungsquote begehrt, so sind die Schadenspositionen nur nach der verbleibenden Quote zu bemessen.
5596
Gleiches gilt, wenn der Kläger eine Mithaftung einräumt und nur die Feststellung einer darüber hinausgehenden Haftungsquote begehrt.
5597
Wird eine Mithaftungsquote erst nach Klageerhebung unstreitig gestellt, so dass sich damit das Feststellungsbegehren nur noch auf die verbleibende Quote beschränkt, hat dies für die Gerichtsgebühr keine Auswirkungen, da nur eine Gebühr anfällt und hierfür nach § 40 GKG der Wert zum Zeitpunkt der Einleitung der Instanz maßgebend ist. Die Reduzierung kann sich erst in einer eventuellen weiteren Instanz auswirken. Anders verhält es sich bei den Anwaltsgebühren, da hier mehrere Gebühren nach unterschiedlichen Werten anfallen können.
5597a
4. Zwischenfeststellungsklage Zu rechnen ist wie beim Zuständigkeitsstreitwert. Die Werte von Klage und Zwischenfeststellungsklage sind auch hier zusammenzurechnen, wobei zu beachten ist, dass hinsichtlich der Schadenspositionen, die bereits durch die Teilklage erfasst sind, wirtschaftliche Identität besteht und damit ein Additionsverbot.
Û
Beispiel: Der Wert der Klageforderung beläuft sich auf 5000 Euro; der Wert der Zwischenfeststellungsklage auf 10 000 Euro abzgl. eines Feststellungsabschlags von 20 %, also 8000 Euro. Der Gesamtwert beläuft sich jedoch nur auf 9000 Euro, da i.H.v. 5000 Euro wegen wirtschaftlicher Identität ein Additionsverbot besteht. Unzutreffend wäre es hier, zu den 5000 Euro der Leistungsklage lediglich 80 % der weiteren Ansprüche, also 4000 Euro hinzuzuaddieren, denn aus dem Wert der Zwischenfeststellung können gesonderte Gebühren anfallen.
Û
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel.
1 Fall nach AG Siegburg, Beschl. v. 29.3.2010 – 118 C 192/09, AGkompakt 2010, 66.
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5598
Verkehrsunfallschadenregulierung
ZPO
Der Versicherer erkennt den Feststellungsantrag an, so dass insoweit ein Teilanerkenntnisurteil im schriftlichen Verfahren nach § 307 ZPO ergeht. Hiernach zahlt der Versicherer 4000 Euro auf den Sachschaden, da sich die Reparaturkosten nach seiner Auffassung nur auf diesen Betrag belaufen. Der Kläger akzeptiert dies, nimmt die Klageforderung i.H.d. weiteren 1000 Euro zurück. Im Übrigen wird der Rechtsstreit ohne vorherige mündliche Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Terminsgebühr (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG) ist nach dem Wert der Zwischenfeststellungsklage angefallen, also aus 9000 Euro – nicht etwa aus 4000 Euro.
5. Klage und Widerklage 5599
Die Werte von Klage und Widerklage sind für den Gebührenstreitwert zusammenzurechnen (§ 45 Abs. 1 GKG), soweit sie nicht denselben Streitgegenstand betreffen. Zur abweichenden Auffassung des OLG Celle im Rahmen wechselseitiger Rechtsmittel s. Rn. 5585 ff.
Û
5599a
Beispiel: Der Kläger klagt ausgehend von einer vollen Haftung des Beklagten 3000 Euro Schadensersatz ein. Der Beklagte wiederum erhebt Widerklage und klagt auf Zahlung von 4000 Euro, ausgehend von einer 100 %igen Haftung des Klägers. Zwar gilt für den Zuständigkeitsstreitwert nur der höhere Antrag der Widerklage, so dass das AG zuständig ist; für den Gebührenstreitwert gilt dagegen der addierte Wert, da unterschiedliche Ansprüche geltend gemacht werden. Zwar hat bei einer solchen Konstellation das Stattgeben der Klage zwingend zur Folge, dass die Widerklage abgewiesen werden muss und umgekehrt; es liegen jedoch unterschiedliche wirtschaftliche Interessen vor, so dass zu addieren ist.
Nur soweit durch das Nebeneinander von Klage und Widerklage keine „wirtschaftliche Werthäufung“ entsteht, beide also nicht das wirtschaftlich identische Interesse betreffen, unterbleibt eine Zusammenrechnung der Werte. Auf den zivilprozessualen Begriff des Streitgegenstandes kommt es insoweit nicht an.1 Solche Fälle sind im Rahmen einer Verkehrsunfallregulierung jedoch die Ausnahme.
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Beispiel:2 Der Geschädigte erhält vom Versicherer auf seine Schadensmeldung einen Vorschuss auf die zu erwartende Versicherungsleistung, die im Fall der Leistungsablehnung ohne Weiteres und unverzüglich zurückzuzahlen ist. Der Versicherer lehnt später seine Haftung ab. Es kommt daraufhin zur Klage des Geschädigten auf Feststellung der Einstandspflicht des Versicherers und zur Widerklage des Versicherers auf Rückzahlung des Vorschusses. Die Feststellungsklage richtet sich nach dem Wert aller voraussichtlichen Schadenspositionen – ggf. abzgl. eines Feststellungsabschlags (s. Rn. 5595). Die Widerklage richtet sich nach dem zurückverlangten Vorschuss. In Höhe des gewährten Vorschusses besteht wirtschaftliche Identität, so dass insoweit nicht zu addieren ist.
6. Wechselseitige Rechtsmittel 5600
Werden wechselseitige Rechtsmittel eingelegt, so sind deren Werte nach § 45 Abs. 2 GKG zu addieren. Dies gilt auch dann, wenn sich die Erfolgsaussichten der wechselseitigen Rechtsmittel gegenseitig ausschließen. Es gilt hier nichts anderes als in erster Instanz. Entscheidend ist insoweit (auch) eine wirtschaftliche Betrachtung.
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Beispiel: Der Kläger klagt ausgehend von einer vollen Haftung des Beklagten 10 000 Euro Schadensersatz ein. Der Beklagte wiederum erhebt Widerklage und klagt auf Zahlung von 8000 Euro, ausgehend von einer 100 %igen Haftung des Klägers. Das Gericht geht von ei-
1 BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, BGHReport 2005, 130. 2 Nach BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, BGHReport 2005, 130.
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Verkehrsunfallschadenregulierung ner beiderseitigen hälftigen Mithaftung aus und verurteilt den Beklagten zur Zahlung von 5000 Euro; den Kläger zur Zahlung von 4000 Euro. Beide Parteien legen gegen ihre Verurteilung und die Abweisung ihrer eigenen Klage Berufung ein. In erster Instanz beläuft sich der Streitwert auf 18 000 Euro, da die Werte von Klage und Widerklage zusammengerechnet werden (§ 45 Abs. 1 GKG). In zweiter Instanz gilt nichts anderes. Die Berufung des Klägers hat einen Wert von 5000 Euro (Klageabweisung) + 4000 Euro (Verurteilung) = 9000 Euro. Die Berufung des Beklagten hat einen Wert i.H.v. 4000 Euro (Widerklageabweisung) + 5000 Euro (Verurteilung auf die Klage) = 9000 Euro. Die Werte sind nach § 45 Abs. 2 GKG zusammenzurechnen, so dass sich auch in der Berufungsinstanz ein Gebührenstreitwert von 18 000 Euro ergibt. Zwar schließen sich die Erfolgsaussichten der beiden Berufungen wechselseitig aus, da das Stattgeben der einen Berufung zwingend zur Folge hat, dass die andere Berufung zurückgewiesen werden muss und umgekehrt; es liegen jedoch auch hier unterschiedliche wirtschaftliche Interessen vor, so dass zu addieren ist.
Die gegenteilige Auffassung des OLG Celle,1 der die übrige Rechtsprechung zu 5601 Recht nicht folgt, verkennt, dass derselbe Streitgegenstand bei Klage und Widerklage auch eine wirtschaftliche Identität voraussetzt. 7. Mehrwertvergleich Wird im gerichtlichen Verfahren ein Vergleich geschlossen und werden darin auch weitere Schadenspositionen miteinbezogen, die nicht anhängig sind, ist nach § 63 Abs. 2 GKG ein Mehrwert für den Vergleich festzusetzen, da daraus die Vergleichsgebühr aus Nr. 1900 KV GKG erhoben wird.
5602
Zu solchen Vergleichen mit Mehrwerten kommt es in der Regel dann, wenn zunächst – u.U. aus Kostengründen – lediglich eine Teilklage erhoben worden ist und im gerichtlichen Verfahren dann sämtliche Schadenspositionen verglichen werden.
5603
Û
Beispiel: Eingeklagt werden zunächst 1000 Euro Sachschaden ausgehend von einer 100 %igen Haftung. Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, dass ausgehend von einer Mithaftung des Klägers von 25 % ein Betrag i.H.v. 750 Euro auf die Klageforderung gezahlt wird und zur Abgeltung aller weiteren Schäden (800 Euro) zusätzlich noch ein Betrag i.H.v. 600 Euro gezahlt wird. Der Wert des Verfahrens beträgt 1000 Euro; der Vergleich hat einen Mehrwert von 800 Euro.
Ein Mehrwert liegt auch dann vor, wenn nur ein Teil der Schadenspositionen eingeklagt wird, die Parteien sich dann aber über den Haftungsgrund endgültig vergleichen. Der Mehrvergleich hat dann die gleichen Wirkungen wie ein Feststellungsurteil. Maßgebend ist für den Mehrwert dann die streitige Haftungsquote aus den noch zu erwartenden Schadenspositionen, ggf. abzgl. eines Feststellungsabschlags.
Û
Beispiel: – Eingeklagt werden zunächst 1000 Euro Sachschaden ausgehend von einer 100 %igen Haftung. Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, dass ein Betrag i.H.v. 1000 Euro gezahlt wird und damit auch alle weitergehenden Schadenersatzansprüche abgegolten sein sollen. Der Streitwert des Verfahrens beläuft sich auf 1000 Euro. Der Mehrwert beläuft sich auf die Summe derjenigen Positionen, die noch zu erwarten waren (Nutzungsausfall, Kostenpauschale, Sachverständigenkosten etc.) ausgehend von einer 100 %igen Haftung.
1 OLG Celle, Urt. v. 23.1.2008 – 14 U 98/07, OLGR 2008, 313; Beschl. v. 18.6.2007 – 14 U 202/06, OLGR 2007, 574 = MDR 2007, 1286; Beschl. v. 31.1.2014 – 14 U 113/13, AGS 2014, 128.
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Verkehrsunfallschadenregulierung
ZPO
– Eingeklagt werden ausgehend von einer 75 %igen Haftung zunächst nur die Reparaturkosten i.H.v. 3000 Euro (75 % aus 4000 Euro). Die Parteien schließen sodann einen Vergleich, dass auf die Reparaturkosten 2000 Euro gezahlt werden und auch die weiteren noch nicht bezifferten Schadenpositionen auf der Basis einer 50 %igen Haftung reguliert werden. Der Streitwert des Verfahrens beläuft sich auf 3000 Euro. Der Mehrwert des Vergleichs richtet sich nach den noch zu erwartenden Schadenspositionen (Nutzungsausfall, Sachverständigengutachten etc.) zu 75 %, ggf. abzgl. eines Feststellungsabschlags.
5604a
Ein Mehrwert liegt auch dann vor, wenn sich die Parteien auf eine Feststellungsklage zum Haftungsgrund endgültig über die Höhe vergleichen. Bei der Abrechnung der Gebühren ist dann aber die Kürzung nach § 36 Abs. 3 GKG zu beachten.
Û
Beispiel: Der Kläger erhebt zunächst eine Feststellungsklage, mit der er beantragt, festzustellen, dass der beklagte Versicherer für den entstandenen Schaden zu 100 % eintrittspflichtig ist. Im Termin einigen sich die Parteien auf eine Haftung der Beklagten von 75 % und gleichzeitig auf die Zahlung eines Betrags i.H.v. 7500 Euro, ausgehend von einem Gesamtschaden von 10 000 Euro. Der Wert des Verfahrens beträgt – ausgehend von einem Feststellungsabschlag von 20 % – 8000 Euro. Der Vergleich hat einen Mehrwert von 10 000 Euro. Wegen § 39 Abs. 2 GKG wird jedoch im Ergebnis nicht mehr erhoben als eine 1,0-Gerichtsgebühr aus 10 000 Euro. 1,0-Gebühr (Nr. 1210, 1211 GKG-KV), Wert: 8000 Euro 0,25-Vergleichsgebühr (Nr. 1900 GKG-KV), Wert 10 000 Euro Gemäß § 36 Abs. 3 GKG, nicht mehr als 1,0 aus 10 000 Euro
5604b
203,00 Euro 60,25 Euro 241,00 Euro
Kein Mehrwert im Rahmen der Gerichtsgebühren (anders als bei den Anwaltsgebühren) liegt dagegen vor, wenn sich die Parteien über anderweitig anhängige Gegenstände einigen.
Û
Beispiel: Der Kläger erhebt Klage auf Schadensersatz i.H.v. 3000 Euro. Die Beklagte hatte zwischenzeitlich eine gesonderte Klage auf Ersatz ihres Schadens i.H.v. 2000 Euro erhoben. Ohne dass die Verfahren verbunden werden, schließen die Parteien in einem Verfahren einen Gesamtvergleich über alle wechselseitigen Ansprüche. Der Vergleich hat für die Gerichtsgebühren keinen Mehrwert, da die 0,25-Vergleichsgebühr (Nr. 1900 GKG-KV) nur aus dem Wert nicht anhängiger Gegenstände erhoben werden darf, nicht aber auch aus dem Wert anderweitig anhängiger Gegenstände. Lediglich bei den Anwaltsgebühren verhält es sich anders. Insoweit hat eine Mehrwertfestsetzung aber auch zu unterbleiben, da der (Mehr-)Wert der anderweitig anhängigen Ansprüche im dortigen Verfahren festgesetzt wird.
II. Anwaltsgebühren 1. Überblick 5605
Der Gegenstandswert der Anwaltsgebühren richtet sich im Rechtsstreit gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG nach den Wertvorschriften des gerichtlichen Verfahrens.
5606
Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass es für die einzelnen Gebühren zu unterschiedlichen Werten kommen kann. Im Gegensatz zu den gerichtlichen Gebühren wird vom Anwalt nicht eine einzige Gebühr für das gesamte Verfahren erhoben. Hier können drei Gebühren anfallen, nämlich Verfahrensgebühr, Terminsgebühr und Einigungsgebühr.
5607
Im Fall einer außergerichtlichen Regulierung gilt das Gleiche (§ 23 Abs. 1 Satz 3 RVG), da die auf Schadensregulierung gerichtete anwaltliche Tätigkeit auch Gegenstand eines Rechtsstreits sein könnte. Hier kommen zwei Gebühren in Betracht (Geschäfts- und Einigungsgebühr), die sich ebenfalls nach unterschiedli1066
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Verkehrsunfallschadenregulierung chen Gegenstandswerten berechnen können. Nicht zu verwechseln ist der Gegenstandswert mit dem Erledigungswert, nach dem sich die Kostenerstattung richtet (s. Rn. 5621 f.). 2. Verfahrensgebühr Der Wert der Verfahrensgebühr berechnet sich zum einen nach der Summe sämtlicher im laufenden Verfahren anhängig gewordener Gegenstände (§ 23 Abs. 1 Satz 1, 3 i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG), soweit der Anwalt damit beauftragt war. Es gilt das Gleiche wie bei den Gerichtsgebühren (s. Rn. 5592 ff.).
5608
Ein geringerer Wert kann sich für den Anwalt nur dann ergeben, wenn er erst im Verlaufe des Verfahrens nach einer Wertermäßigung beauftragt worden ist.
5609
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Beispiel: Eingeklagt werden 4000 Euro Sachschaden. Nach Klageerhebung zahlt der Versicherer 2000 Euro, worauf der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wird. Hiernach beauftragt der Versicherer einen Anwalt mit der Klageverteidigung. Für den Anwalt des Klägers gilt der volle Wert von 4000 Euro, für den Anwalt des Versicherers lediglich der Wert von 2000 Euro.
Der Gegenstandswert für die Verfahrensgebühr kann auch höher liegen als der Wert des gerichtlichen Verfahrens, nämlich dann, wenn sich die Sache vor Klageerhebung erledigt hat (Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG) oder wenn im Verlaufe des Rechtsstreits nicht anhängige Gegenstände in Verhandlungen oder Vergleiche miteinbezogen werden (Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG).
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Beispiel: Der Anwalt erhält den Auftrag, 10 000 Euro Sachschaden einzuklagen. Bevor die Klage eingereicht wird, zahlt der Versicherer auf der Basis 50 %iger Haftung 5000 Euro, so dass die Klage nur noch i.H.d. restlichen 5000 Euro eingereicht wird. Der Wert des gerichtlichen Verfahrens beläuft sich auf 5000 Euro. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit beläuft sich dagegen auf 10 000 Euro, wobei der Anwalt aus den weiteren 5000 Euro unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 3 RVG lediglich die ermäßigte 0,8-Verfahrensgebühr nach Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV RVG erhält, da es hinsichtlich des Mehrwerts nicht mehr zur Klageerhebung gekommen ist.
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Beispiel: Erhoben wird eine Teilklage i.H.v. 3000 Euro. Im Termin verhandeln die Parteien über eine Gesamteinigung und versuchen darin auch die noch weiteren bislang nicht eingeklagten Schadenspositionen i.H.v. 2000 Euro mit einzubeziehen. Der Gegenstandswert für die gerichtliche Verfahrensgebühr beläuft sich auf 3000 Euro; der Gegenstandswert für die anwaltliche Verfahrensgebühr beläuft sich auf 5000 Euro,1 wobei aus dem Mehrwert (2000 Euro) nach Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG wiederum unter Beachtung des § 15 Abs. 3 RVG lediglich eine 0,8-Verfahrensgebühr anfällt.
5610
Der (Mehr-)wert der anwaltlichen Tätigkeit ist ggf. im Verfahren nach § 33 RVG festzusetzen.2
5611
Schließen die Parteien einen Vergleich mit Mehrwert, dann berechnet sich die Verfahrensgebühr des Anwalts aus der Summe der Werte für die gerichtliche Verfahrensgebühr und für den Mehrwert des gerichtlichen Vergleichs, den das Gericht nach § 63 Abs. 2 GKG bereits für die Gerichtsgebühren festzusetzen hat. In diesem Fall bedarf es keiner Wertfestsetzung nach § 33 RVG, da der Anwalt insoweit gem. § 32 Abs. 1 RVG an die für die Gerichtsgebühren festgesetzten Werte gebunden ist, auch wenn sich seine Gebühren anders zusammensetzen.
5612
1 AG Siegburg, Beschl. v. 25.3.2008 – 107 C 120/07, AGS 2008, 361. 2 AG Siegburg, Beschl. v. 25.3.2008 – 107 C 120/07, AGS 2008, 361.
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Verkehrsunfallschadenregulierung
ZPO
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Beispiel: Eingeklagt sind 3000 Euro Sachschaden. Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, dass die Beklagte insgesamt 3000 Euro zu zahlen habe und damit auch die bislang nicht eingeklagten weiteren Schadenspositionen i.H.v. 2000 Euro abgegolten sein sollen. Das Gericht setzt den Streitwert des Verfahrens auf 3000 Euro fest und den Mehrwert des Vergleichs auf 2000 Euro. Diese Wertfestsetzung ist auch für den Anwalt bindend. Er erhält seine Verfahrensgebühr aus dem Gesamtwert von 5000 Euro, allerdings zu unterschiedlichen Gebührensätzen unter Beachtung des § 15 Abs. 3 RVG.
Übersehen wird insoweit häufig, dass der Anwalt nur an die Festsetzung der Werte gebunden ist. Die Werte von 3000 Euro und 2000 Euro sind also für ihn gem. § 32 Abs. 1 RVG bindend. Die Wertfestsetzung des Gerichts entfaltet dagegen keine Bindungswirkung, dass der Wert von 3000 Euro auch für die anwaltliche Verfahrensgebühr gelte. Welche Gebühren sich aus den gerichtlichen Werten ergeben, ist unabhängig von § 32 Abs. 1 RVG nach den Tatbeständen des Vergütungsverzeichnisses zum RVG zu prüfen. 3. Terminsgebühr
5614
Der Gegenstandswert der Terminsgebühr bestimmt sich nach der Summe sämtlicher Gegenstände, über die im Verlaufe des Verfahrens ein Gerichtstermin oder ein Sachverständigentermin stattgefunden hat (Vorbem. 3 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 Nr. 1 VV RVG) oder über die die Anwälte Besprechungen zur Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens geführt haben (Vorbem. 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV RVG). Der Wert der Terminsgebühr kann dabei dem Wert des gerichtlichen Verfahrens entsprechen, er kann auch geringer oder höher liegen.
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Beispiele: – Eingeklagt sind 3000 Euro Sachschaden. Darüber wird verhandelt und entschieden. Die Terminsgebühr richtet sich nach dem Wert von 3000 Euro. – Eingeklagt sind 3000 Euro. Der Versicherer zahlt daraufhin 1500 Euro, so dass der Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wird. Verhandelt wird anschließend nur noch über die weiteren 1500 Euro. Der Wert des Verfahrens bleibt bei 3000 Euro; der Wert der Terminsgebühr richtet sich jetzt jedoch lediglich nach 1500 Euro. – Eingeklagt sind 3000 Euro im Wege der Teilklage. Im Termin verhandeln die Parteien auch über weitergehende nicht anhängige Gegenstände von 2000 Euro. Die Verhandlungen führen jedoch nicht zu einer Einigung. Der Wert der Terminsgebühr beläuft sich jetzt auf 5000 Euro, unabhängig davon, ob eine Einigung zustande kommt oder nicht.1
Die Terminsgebühr kann auch schon vor Anhängigkeit anfallen.2
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Beispiel: Der Anwalt erhält den Auftrag, gegen den gegnerischen Haftpflichtversicherer Klage auf Schadenersatz i.H.v. 10 000 Euro zu erheben. Bevor die Klage eingereicht wird, kommt es zu einem Gespräch mit dem Sachbearbeiter des Versicherers. Es wird eine Einigung geschlossen, so dass es nicht mehr zur Klageerhebung kommt. Angefallen ist jetzt zwar nur die ermäßigte 0,8-Verfahrensgebühr nach Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV RVG; daneben entsteht aber aus dem vollen Wert von 10 000 Euro auch die 1,2-Terminsgebühr (Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG).
1 AG Siegburg, Beschl. v. 25.3.2008 – 107 C 120/07, AGS 2008, 361. 2 KG, Urt. v. 16.7.2012 – 2 W 106/11, AGS 2012, 456.
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Verkehrsunfallschadenregulierung 4. Einigungsgebühr Siehe hierzu auch das Stichwort „Vergleich“. Für den Gegenstandswert der Einigung ist auch im Rahmen der Verkehrsunfallregulierung die Leistung, auf die sich die Parteien geeinigt haben, unbeachtlich. Allein maßgebend sind die Gegenstände, über die sich die Parteien geeinigt haben. Bei der Schadensregulierung wird also in aller Regel der streitige (Rest-)Betrag der jeweiligen Schadensposition(en) maßgebend sein.
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Beispiel: Geltend gemacht werden 5000 Euro Schmerzensgeld. Der Versicherer erkennt 3000 Euro an. Anschließend einigen sich die Parteien auf 4000 Euro, die dann auch gezahlt werden. Der Gegenstandswert für die Einigung beläuft sich hier nur auf 2000 Euro, da nur dieser Differenzbetrag zum Zeitpunkt der Einigung noch strittig war. Welcher Betrag letztlich gezahlt wird, ist nicht entscheidend.1
Dies gilt auch im umgekehrten Fall:
5617
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Beispiel: Auf die geforderten 5000 Euro zahlt der Versicherer vorschussweise 3000 Euro; anschließend vertritt er jedoch die Auffassung, ein Schmerzensgeld stehe dem Geschädigten überhaupt nicht zu. Die Parteien einigen sich später auf 4000 Euro. Der Gegenstandswert für den Vergleich beläuft sich hier auf 5000 Euro. Die Vorschusszahlung wird beim Gegenstandswert jetzt nicht abgezogen, da über ihre Berechtigung nach wie vor Streit bestand.
Û
Beispiel: Auf die für verschiedene Schadenspositionen geforderten 8000 Euro zahlt der Versicherer zur beliebigen Verrechnung 3000 Euro; später einigen sich die Parteien auf einen bestimmten Betrag zum Ausgleich aller Ansprüche. Der Gegenstandswert für den Vergleich beläuft sich auf 8000 Euro. Die Zahlung zur beliebigen Verrechnung hatte keine Erfüllungswirkung, so dass die gesamten 8000 Euro nach wie vor im Streit standen.
Wird lediglich eine Einigung über die Haftungsquote geschlossen und die Bezifferung des Schadens noch offen gelassen, so ist der Gegenstandswert der vom Schädiger geltend gemachten Positionen maßgebend. Gegebenenfalls ist hier ein Feststellungsabschlag vorzunehmen.
5618
Umstritten ist die Berechnung des Gegenstandswertes, wenn zum Abschluss der Regulierung eine Gesamteinigung geschlossen wird, wonach die gezahlten oder noch zu zahlenden Beträge sämtliche Schadensersatzansprüche abgelten sollen.
5619
Û
Beispiel: Es werden 6000 Euro Sachschaden, 3000 Euro Schmerzensgeld und 2000 Euro Mietwagenkosten verlangt. Der Versicherer erkennt zunächst die Mietwagenkosten an und bezahlt sie. Auf den Sachschaden leistet er ohne Anerkennung einer Rechtspflicht einen Vorschuss i.H.v. 3000 Euro. Später einigen sich die Parteien darauf, dass zum Ausgleich aller Ansprüche 8000 Euro unter Einbeziehung der bereits geleisteten Beträge gezahlt werden.
Einige Gerichte wollen in diesem Fall die Summe aller geltend gemachten Ansprüche bei der Berechnung des Gegenstandswertes berücksichtigen. Im Beispielsfall wäre nach dieser Auffassung also ein Gegenstandswert i.H.v. 11 000 Euro anzunehmen. Dies dürfte jedoch unzutreffend sein. Soweit einzelne Positionen ausgeglichen werden, sind sie außer Streit und damit nicht mehr Gegenstand der Einigung. Nur soweit es sich um Vorschüsse oder um Vorbehaltszahlungen handelt, also noch keine endgültige Erfüllung eingetreten ist, sind die Positionen zu
1 AG Frankfurt, Urt. v. 15.10.1991 – 23 C 1466/91, zfs 1992, 243; a.A. AG Karlsruhe, Urt. v. 2.4.1982 – 10 S 112/81, AnwBl. 1983, 95.
N. Schneider
1069
5620
Verkehrsunfallschadenregulierung
ZPO
berücksichtigen. Im Beispielsfall bleiben damit die bereits bezahlten Mietwagenkosten außer Ansatz. Berücksichtigt werden dagegen das Schmerzensgeld und der volle Sachschaden, da insoweit nur ein Vorschuss geleistet worden ist. Der Gegenstandswert für die Einigung beläuft sich damit auf 9000 Euro.
D. Rechtsmittelstreitwert 5620a
Der Rechtsmittelstreitwert ist ebenso zu bewerten wie der Zuständigkeitsstreitwert. Hier sind die Werte von Klage und Widerklage allerdings zusammenzurechnen, wenn sich der Rechtsmittelführer gegen die Abweisung seiner Klage und zugleich gegen seine Verurteilung auf die Widerklage hin wendet oder umgekehrt.
Û
Beispiel: Der Kläger hatte ausgehend von einer Alleinhaftung des Beklagten 1000 Euro Sachschaden eingeklagt; der Beklagte hatte ausgehehend von einer Alleinhaftung des Klägers 800 Euro im Wege der Widerklage geltend gemacht. Das AG ist von einer beiderseitigen Haftung zu 50 % ausgegangen und hat den Beklagen zur Zahlung von 500 Euro verurteilt und den Kläger zur Zahlung von 400 Euro. Der Kläger legt sowohl gegen die Abweisung der Klage als auch gegen seine Verurteilung auf die Widerklage hin Berufung ein. Der Wert des Beschwerdegegenstands (§ 511 ZPO) beträgt 500 Euro (abgewiesene Klage) + 400 Euro (Verurteilung) = 900 Euro.
E. Erledigungswert 5621
Der Erledigungswert wiederum folgt der Berechnung des Gebührenstreitwerts. Hier sind allerdings nur die berechtigten Ansprüche zu berücksichtigen.
I. Erstattungsverhältnis 5622
Bedeutung hat der Erledigungswert unmittelbar für die Frage, welche Kosten der Schädiger dem Geschädigten zu ersetzen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH1 berechnet sich der materiell-rechtliche Kostenersatzanspruch des Geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten nach dem Gegenstandswert, der der Summe aller berechtigten Schadensersatzansprüche entspricht.
Û
Beispiel: In einer Verkehrsunfallsache macht der Anwalt für den Geschädigten außergerichtlich Schadensersatzansprüche i.H.v. 15 000 Euro geltend. Der Versicherer reguliert schließlich 10 000 Euro, womit sich der Geschädigte zufrieden gibt. Angefallen sind beim Anwalt folgende Gebühren, wobei hinsichtlich der Geschäftsgebühr von einer Mittelgebühr ausgegangen werden soll. 1. 1,5 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 15 000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
975,00 Euro 20,00 Euro 995,00 Euro 189,05 Euro 1184,05 Euro
1 BGH, Urt. v. 18.1.2005 – VI ZR 73/04, MDR 2005, 751; Urt. v. 7.11.2007 – VIII ZR 341/06, MDR 2008, 351 = AGS 2008, 107.
1070
N. Schneider
Verkehrsunfallschadenregulierung Immer wieder wird versucht,1 den Ersatzanspruch quotal nach dem Anteil der berechtigten Ansprüche von den insgesamt geltend gemachten Ansprüchen zu berechnen. Im Beispiel würde das zu einer Quote von 10 000/15 000 führen. Damit würde sich ein Erstattungsbetrag ergeben i.H.v. 1184,05 Euro × 10 000/15 000
5623
789,37 Euro.
Nach der Berechnungsmethode des BGH kann der Geschädigte dagegen die vollen Kosten aus dem Erledigungswert verlangen, also die Kosten, die ihm entstanden wären, wenn er sich von vornherein auf die berechtigten Ansprüche beschränkt hätte.
5624
Im Beispiel erhält er also seine Gebühren aus dem Gegenstandswert von 10 000 Euro erstattet: 1. 1,5 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 10 000 Euro) 837,00 Euro 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Zwischensumme 857,00 Euro 171,40 Euro 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt 1028,40 Euro
Der Unterschied ist erheblich, da dem Geschädigten die Gebührendegression in voller Höhe zugutekommt. Bei ihm verbleibt also nur der Spitzenbetrag, der sich aus der Gebührendifferenz zwischen Auftrags- und Erledigungswert ergibt.
5625
Im Beispiel muss der Geschädigte nur die Gebührendifferenz zwischen den Gebühren aus 10 000 Euro und 15 000 Euro selbst tragen; bei den Auslagen verbleibt gar kein Eigenanteil: 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 15 000 Euro) 975,00 Euro 2. Erstattung (1,5-Geschäftsgebühr aus 10 000 Euro) – 837,00 Euro 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 4. Erstattung Postentgeltpauschale – 20,00 Euro Zwischensumme 138,00 Euro 26,22 Euro 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt 164,22 Euro
Abzustellen ist auf die begründeten Ansprüche, nicht auf die gezahlten Beträge. Dies wird immer wieder verwechselt. Der Erledigungswert muss nicht mit dem Betrag identisch sein, den der Versicherer auszahlt. Schon gar nicht kommt es darauf an, ob an den Mandanten gezahlt worden ist. Auch Zahlungen an Abtretungsempfänger wie z.B. den Mietwagenunternehmer oder die Werkstatt, sind beim Erledigungswert mitzuberücksichtigen (s. Rn. 5631 f.).
5626
Erledigungswert – also der Gesamtwert der berechtigten Ansprüche – und tatsäch- 5627 lich gezahlter Betrag können insbesondere dann auseinanderfallen, wenn im Verlaufe der Regulierung der Kaskoversicherer in Anspruch genommen wird und er einen Teil der Ansprüche zahlt, so dass sich im Haftpflichtverhältnis wegen Forderungsübergang auf den Kaskoversicherer der Schaden verringert.
Û
Beispiel: Der Geschädigte verlangt ausgehend von einer vollen Haftung des Schädigers 10 000 Euro. Da sich die Regulierung hinzieht, nimmt er seinen Kaskoversicherer in Anspruch, der abzgl. einer Selbstbeteiligung i.H.v. 600 Euro eine Entschädigung i.H.v. 9400 Euro zahlt. Später reguliert der Haftpflichtversicherer auf der Basis einer 50 %igen Haftung und zahlt unter Berücksichtigung des Quotenvorrechts noch die restlichen 600 Euro. Der Erledigungswert beträgt jetzt nicht etwa nur 600 Euro, weil nur dieser Betrag gezahlt worden ist. Ausgehend von einer hälftigen Haftung war ein Schadensersatzanspruch
1 So die Vorinstanz (LG Gießen) zu BGH, Beschl. v. 7.11.2007 – VIII ZR 341/06, AGS 2008, 107 = MietRB 2008, 74 = MDR 2008, 351.
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ZPO
Verkehrsunfallschadenregulierung i.H.v. 5000 Euro berechtigt. Der Erledigungswert beträgt folglich 5000 Euro. Nach diesem Wert muss der Haftpflichtversicherer die angefallenen Anwaltskosten ersetzen.1
5627a
Zur Berechnung des Erledigungswerts im Falle einer Restwertanrechnung s. Rn. 5685.
II. Auftragsverhältnis 5628
Der Erledigungswert hat für die Abrechnung zwischen Anwalt und Auftraggeber keine unmittelbare Bedeutung. Im Vergütungsverhältnis zwischen Anwalt und Auftraggeber ist alleine der Auftragswert entscheidend. Die vom Auftraggeber zu zahlende Vergütung berechnet sich nach dem Gesamtwert derjenigen Schadensersatzansprüche, die der Anwalt für den Geschädigten durchsetzen soll.
5629
Es ergibt sich allenfalls eine mittelbare Bedeutung. Soweit der Anwalt dem Auftraggeber zu überhöhten Schadenersatzforderungen rät, kann dem Vergütungsanspruch ggf. ein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Beratung entgegenstehen mit der Folge, dass der Anwalt die Vergütung nur in der Höhe geltend machen kann, in der sie entstanden wäre, wenn er ordnungsgemäß beraten hätte und der Geschädigte daraufhin Schadensersatzansprüche nur einer geringen Höhe geltend gemacht hätte.
F. Rechtsprechungs-ABC 5630
Im Einzelnen gilt Folgendes: Stichwortübersicht Rn. Ab- und Anmeldekosten . . . . . . . . . Abänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgetretene Ansprüche . . . . . . . . . Aktenversendungskosten . . . . . . . . Allgemeine Kostenpauschale . . . . . Anwaltskosten der Haftpflichtregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwaltskosten der Kaskoregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwaltskosten für eine Deckungsschutzanfrage . . . . . . . . . . . . . . . Attest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bearbeitungskosten/-gebühren . . . . Behandlungskosten . . . . . . . . . . . . . Befreiungsansprüche . . . . . . . . . . . . Begutachtungskosten . . . . . . . . . . . Deckungsschutzanfrage . . . . . . . . . Fahrtkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finanzierungskosten. . . . . . . . . . . . Freistellungsansprüche . . . . . . . . . . Haushaltsführungsschaden . . . . . . . Kapitalabfindung . . . . . . . . . . . . . . Kaskoentschädigung . . . . . . . . . . . . Kostenpauschale . . . . . . . . . . . . . . . Mehrwertsteuer . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
5633 5634 5631 5636 5638
. . 5639 . . 5654 . . . . . . . . . . . . . . .
. 5655 5655a . 5656 . 5657 . 5658 . 5659 5660a . 5661 . 5662 . 5663 . 5664 . 5665 . 5666 . 5668 . 5669
Rn. Merkantiler Minderwert. . . . . . Mietwagenkosten . . . . . . . . . . . Nutzungsausfallentschädigung. Pflegekosten . . . . . . . . . . . . . . . Radioumbaukosten . . . . . . . . . Rentenansprüche . . . . . . . . . . . Restwert. . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückstufung. . . . . . . . . . . . . . . Sachschaden . . . . . . . . . . . . . . . Sachverständigenkosten . . . . . . Schadensfreiheitsrabatt . . . . . . Schmerzensgeldforderungen, bezifferte . . . . . . . . . . . . . . . Schmerzensgeldforderungen, unbezifferte . . . . . . . . . . . . . Schmerzensgeldrente . . . . . . . . Standgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . Transportkosten . . . . . . . . . . . . Umbaukosten. . . . . . . . . . . . . . Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . Verdienstausfall . . . . . . . . . . . . Wertminderung . . . . . . . . . . . . Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zulassungskosten. . . . . . . . . . .
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5670 5671 5672 5673 5674 5675 5683 5684 5685 5690 5691
. . . . . 5692 . . . . . . . . . .
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5693 5694 5695 5696 5696a 5697 5700 5701 5702 5707
1 Soweit die Kaskoregulierung vom Anwalt durchgeführt wurde, sind dessen Kosten vom Versicherer zu erstatten und erhöhen ihrerseits den Erledigungswert (s. Rn. 5666).
1072
N. Schneider
Verkehrsunfallschadenregulierung • Abgetretene Ansprüche Werden Schadensersatzforderungen hinsichtlich einzelner Positionen abgetreten, etwa an den Autovermieter wegen der Mietwagenkosten oder an den Sachverständigen hinsichtlich seiner Vergütung, und wird im Rahmen der Regulierung Zahlung an den Abtretungsempfänger verlangt, so wird der Wert der abgetretenen Forderungen für den Anwalt des Geschädigten in voller Höhe berücksichtigt.1
5631
In diesen Fällen liegt lediglich eine Sicherungsabtretung vor, so dass der Geschädigte berechtigt bleibt, den abgetretenen Anspruch weiterhin in eigenem Namen als Freistellungsanspruch geltend zu machen, auch wenn er nur Zahlung an den Zessionar verlangen kann.
5632
Siehe auch das Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“, Rn. 1554 ff. • Ab- und Anmeldekosten Ab- und Anmeldekosten für Unfall- bzw. Neuwagen sind mit dem vollen Wert anzusetzen. Es handelt sich nicht um Nebenforderungen i.S.d. § 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG.
5633
• Abänderung Wird die Abänderung einer Rentenzahlungen aus einer Hinterbliebenenrente begehrt, so handelt es sich um eine selbständige Angelegenheit, die gesondert zu bewerten ist.2 Maßgebend sowohl für den Zuständigkeitsstreitwert als auch für die Gerichts- und Anwaltsgebühren3 ist der für den Abänderungszeitraum geforderte Mehr- bzw. Minderbetrag. In der Regel wird eine jährliche Abänderung begehrt, da sich die Bemessungsfaktoren jährlich ändern. Wird für einen längeren Zeitraum Abänderung beantragt, so ist dieser maßgebend, höchstens jedoch der Betrag der nächsten dreieinhalb Jahre (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO).
5634
Außergerichtlich sind für den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit alle fälligen Beträge hinzuzurechnen; im gerichtlichen Verfahren sind nur die bei Klageeinreichung fälligen Beträge hinzuzurechnen (analog § 42 Abs. 3 GKG). Siehe dazu Rn. 5675 ff.
5635
• Aktenversendungskosten Wird im Rahmen der Unfallregulierung Akteneinsicht genommen, so entsteht eine Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 KV GKG oder den entsprechenden Gebührenvorschriften der Länder. Da diese als verauslagte Kosten (Vorbem. 7 Abs. 1 Satz 2 VV RVG) Teil der Anwaltsvergütung sind, teilen sie auch streitwertmäßig deren Schicksal (s. Rn. 5639 ff.).
5636
Wird die Akteneinsicht im Rechtsstreit eingeholt, handelt es sich um Kosten des Verfahrens, die nur dann in die Bewertung einfließen, wenn die Kosten Streitgegenstand werden (§ 43 Abs. 3 GKG).
5637
1 AG Biberach, Urt. v. 17.9.1987 – 5 C 604/87, VersR 1988, 499; AG Tettnang, Urt. v. 21.6.1985 – 3 C 297/85, VersR 1986, 776; AG Limburg, Urt. v. 6.3.2006 – 4 C 118/06, AGS 2007, 100; AG Hannover, Urt. v. 14.4.2015 – 501 C 15253/14, AGS 2015, 364. 2 AG Siegburg, Urt. v. 11.7.2003 – 8 C 167/03, AGS 2003, 345 mit Anm. N. Schneider = MDR 2003, 1143. 3 Die früher abweichende Regelung des § 42 Abs. 1 GKG a.F. ist zum 1.8.2013 aufgehoben worden, so dass jetzt über § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG ebenfalls § 9 ZPO anzuwenden ist.
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ZPO
Verkehrsunfallschadenregulierung • Allgemeine Kostenpauschale 5638
Es handelt sich nicht um eine Nebenforderung i.S. des § 4 ZPO und § 43 Abs. 1 GKG.1 Die geltend gemachte Pauschale ist mit dem geforderten Wert anzusetzen. • Anwaltskosten der Haftpflichtregulierung 1. Überblick
5639
Die Kosten der anwaltlichen Regulierung können Nebenforderung oder Hauptforderung sein.
5640
Im Rahmen der außergerichtlichen Schadensregulierung sind die Anwaltskosten, die in der Regel nach Abschluss der Regulierung eingefordert werden, immer Nebenforderung (§ 23 Abs. 1 Satz 3 RVG i.V.m. § 43 Abs. 1 GKG).
5641
Im Rechtsstreit sind die dort angefallenen Kosten gar nicht Streitgegenstand und damit nicht zu bewerten. Erst wenn nur noch die Kosten betroffen sind, werden sie zur Hauptsache und sind zu bewerten (§ 43 Abs. 3 GKG). Siehe hierzu das Stichwort „Kosten des Rechtsstreits“, Rn. 3389 ff.
5642
Werden vorgerichtliche Anwaltskosten im Schadensersatzprozess mit geltend gemacht, so sind sie – Hauptforderung, soweit sie isoliert eingeklagt werden (Rn. 5643 f.), – Nebenforderung, soweit die Gegenstände, aus denen sie sich berechnen, Gegenstand des Rechtsstreits sind (Rn. 5645 f.), – Hauptforderung, soweit die Gegenstände, aus denen sie sich berechnen, nicht (mehr) Gegenstand des Rechtsstreits sind (Rn. 5648 f.), – Hauptforderung, soweit sie aus einer anderen Angelegenheit resultieren (Rn. 5652). 2. Anwaltskosten werden isoliert eingeklagt
5643
Werden vorgerichtliche Anwaltskosten oder wird ein Teil davon isoliert eingeklagt, dann sind die Kosten Hauptforderung und damit nach § 3 ZPO zu bewerten. Das gilt auch für die Anwalts- und Gerichtsgebühren (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG; § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG).
Û
Beispiel: Es wird vorgerichtlich ein Schaden i.H.v. insgesamt 8000 Euro geltend gemacht. Der Versicherer zahlt die 8000 Euro. Der Geschädigte verlangt daraufhin noch den Ersatz seiner Anwaltskosten i.H.v. 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 8000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
684,00 Euro 20,00 Euro 704,00 Euro 133,76 Euro 837,76 Euro
a) Der Versicherer zahlt diese Kosten nicht, da er der Auffassung ist, die Anwaltskosten seien nicht notwendig. Der Geschädigte erhebt daraufhin Klage auf Zahlung i.H.v. 837,76 Euro. b) Der Versicherer ist der Auffassung, eine 1,3-Geschäftsgebühr sei angemessen und zahlt nur
1 BGH, Beschl. v. 13.2.2007 – VI ZB 39/06, MDR 2007, 852; OLG München, Beschl. v. 16.11.1993 – 5 W 2314/93, NJW-RR 1994, 1484.
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Verkehrsunfallschadenregulierung 1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 8000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
592,80 Euro 20,00 Euro 612,80 Euro 116,43 Euro 729,23 Euro
Der Geschädigte erhebt daraufhin Klage auf Zahlung der restlichen (837,76 Euro – 729,23 Euro =) 108,53 Euro. Im Fall a) beträgt der Streitwert gem. § 3 ZPO 837,76 Euro, im Fall b) 108,53 Euro.
Gleiches gilt, wenn die Anwaltskosten isoliert im Wege einer Widerklage geltend gemacht werden.1
5644
3. Die Gegenstände, aus denen sich die Anwaltsgebühren berechnen, sind Gegenstand des Rechtsstreits Werden vorgerichtliche Anwaltskosten oder ein Teil davon neben der Hauptforderung, aus der sie resultieren, geltend gemacht, dann handelt es sich um Nebenforderungen, die nach § 4 ZPO für den Zuständigkeitsstreitwert außer Ansatz bleiben, und zwar unabhängig davon, ob diese Kosten der Hauptforderung hinzugerechnet werden oder neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags sind.2 Die gegenteilige Auffassung,3 die noch aus der Zeit vor der ersten BGH-Entscheidung stammt, dürfte seit den Entscheidungen des BGH nicht mehr vertretbar sein. Das KG4 bezeichnet diese Auffassung sogar als willkürlich, so dass eine darauf gestützte Verweisung keine Bindungswirkung entfalte.
5645
Die vorgerichtlichen Kosten bleiben auch bei der Berechnung des Werts des Beschwerdegegenstands außer Ansatz, solange auch die zugehörige Hauptforderung Gegenstand der Berufung ist.5
5645a
Beim Gebührenstreitwert für die Anwaltsgebühren haben die Kosten zwar einen eigenen Wert; dieser wird nach § 43 Abs. 1 GKG jedoch dem Wert der Hauptforderung nicht hinzugerechnet. Es handelt sich aus denselben Erwägungen wie beim Zuständigkeitsstreitwert um Nebenforderungen.
5646
Û
Beispiel: Es wird vorgerichtlich ein Schaden i.H.v. insgesamt 8000 Euro geltend gemacht. Der Versicherer zahlt nicht. Der Geschädigte klagt daraufhin auf Zahlung der 8000 Euro sowie auf Ersatz seiner Anwaltskosten i.H.v. 837,76 Euro (zur Berechnung s. Beispiel Rn. 5643). Der Streitwert beläuft sich nur auf 8000 Euro. Die Anwaltskosten werden gem. § 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG nicht mitgerechnet.
Beim Gebührenstreitwert können die Kosten allerdings Bedeutung gewinnen, wenn alleine daraus einzelne Gebühren anfallen (§ 43 Abs. 2 GKG), was nur beim Anwalt vorkommen dürfte. 1 LG Aachen, Beschl. v. 29.12.2006 – 11 O 478/04, AGS 2007, 539. 2 BGH, Beschl. v. 30.1.2007 – X ZB 7/06, MDR 2007, 919 = AGS 2007, 231; Beschl. v. 15.5.2007 – VI ZB 18/06, MDR 2007, 1149 = AGS 2007, 516; Beschl. v. 12.6.2007 – VI ZR 200/06, AGS 2007, 578; Beschl. v. 25.9.2007 – VI ZB 22/07, NJW-RR 2008, 374; Beschl. v. 23.1.2008 – IV ZB 8/07, SVR 2008, 351; Beschl. v. 13.2.2007 – VI ZB 39/06, MDR 2007, 852. 3 OLG Bamberg, Beschl. v. 12.1.2006 – 1 U 167/05; LG Hof, Beschl. v. 17.6.2005 – 22 O 300/05; Beschl. v. 22.5.2006 – 34 O 286/06 (sämtlich unveröffentlicht; nachgewiesen im MittBl. der ARGE Verkehrsrecht 2006, 89); LG Braunschweig, Beschl. v. 28.12.2004 – 1 O 3125/04, AGS 2005, 75. 4 KG, Beschl. v. 8.2.2008 – 2 AR 7/08, AGS 2008, 249. 5 BGH, Beschl. v. 5.4.2011 – VI ZB 61/10, AGS 2011, 302 = MDR 2011, 811.
N. Schneider
1075
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Verkehrsunfallschadenregulierung Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel in Rn. 5646; der Versicherer zahlt die 8000 Euro Schaden. Über die Kosten wird verhandelt. Für die Terminsgebühr der Anwälte ist jetzt nur der Wert der Kosten (837,76 Euro) maßgebend (§ 43 Abs. 2 GKG).
Û
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel in Rn. 5646; der Versicherer zahlt die 8000 Euro Schaden. Über die Kosten wird eine Einigung getroffen. Für die Termins- und Einigungsgebühr der Anwälte ist jetzt wiederum nur der Wert der Kosten maßgebend (§ 43 Abs. 2 GKG).
ZPO
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4. Die Gegenstände, aus denen sich die Gebühren berechnen, sind nicht (mehr) Gegenstand des Rechtsstreits 5648
Werden vorgerichtliche Anwaltskosten im Schadensersatzprozess aus Gegenständen geltend gemacht, die nicht1 oder nicht mehr2 Gegenstand des Rechtsstreits sind, dann sind diese Kosten als Hauptforderung zu berücksichtigen.
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Beispiel: Der Anwalt hatte für den Geschädigten in einer Verkehrsunfallsache 8000 Euro Schadensersatz nebst Kosten i.H.v. 837,76 Euro geltend gemacht (zur Berechnung s. Rn. 5643). Der Versicherer zahlt außergerichtlich 4000 Euro, weigert sich jedoch, auch die Anwaltskosten zu zahlen. Er ist der Auffassung, diese seien nicht notwendig. Daher klagt der Geschädigte auf Zahlung von 4000 Euro Schaden sowie 837,76 Euro Ersatz vorgerichtlicher Kosten. Die Kosten, soweit sie auf die vorgerichtlich erledigten Gegenstände entfallen, sind jetzt keine Nebenforderung, sondern Hauptforderung. Zu den verschiedenen Berechnungsmethoden s. das Stichwort „Vorgerichtliche Kosten“, Rn. 5951 ff. Nach zutreffender Ansicht sind die Kosten zu berücksichtigten, soweit sie nur aus dem Wert der erledigten Gegenstände angefallen wären, also 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 4000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
378,00 Euro 20,00 Euro 398,00 Euro 75,62 Euro 473,62 Euro
Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert beläuft sich damit auf 4473,62 Euro.
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Das gilt auch, wenn nur ein Teil der Kosten geltend gemacht wird.
Û
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel; der Versicherer zahlt außergerichtlich 4000 Euro sowie eine 1,3-Geschäftsgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer, also 1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 4000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
327,60 Euro 20,00 Euro 347,60 Euro 66,04 Euro 413,64 Euro
Er ist der Auffassung, dass eine Geschäftsgebühr von 1,5 unbillig sei. Der Geschädigte klagt jetzt auf Zahlung von 4000 Euro restlicher Schaden sowie (837,76 Euro – 413,64 Euro =) 424,11 Euro Ersatz vorgerichtlicher Kosten.3
1 BGH, Beschl. v. 17.2.2009 – VI ZB 60/07, AGS 2009, 344; KG, Beschl. v. 8.2.2008 – 2 AR 7/08, AGS 2008, 249. 2 BGH, Beschl. v. 4.12.2007 – VI ZB 73/06, MDR 2008, 404. 3 Zur Berechnung des restlichen Kostenerstattungsanspruchs s. BGH, Urt. v. 20.5.2014 – VI ZR 396/13, MDR 2014, 864 = AGS 2014, 325.
1076
N. Schneider
Verkehrsunfallschadenregulierung Auch jetzt sind die Kosten, soweit sie auf die vorgerichtlich erledigten Gegenstände entfallen, keine Nebenforderung, sondern Hauptforderung. Zu den verschiedenen Berechnungsmethoden s. das Stichwort „Vorgerichtliche Kosten“, Rn. 5951 ff. Nach zutreffender Ansicht sind die Kosten zu berücksichtigten, soweit sie nur aus dem Wert der erledigten Gegenstände angefallen wären, also 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 4000 Euro) 2. ./. gezahlter 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 4000 Euro) 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 4. ./. gezahlter Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
378,00 Euro – 327,60 Euro 20,00 Euro – 20,00 Euro 50,40 Euro 9,58 Euro 59,98 Euro
Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert beläuft sich damit auf 4059,98 Euro.
Für den Rechtsmittelstreitwert gilt Gleiches.1
Û
5650
Beispiel: Der Anwalt hatte für den Geschädigten in einer Verkehrsunfallsache 2500 Euro Schadensersatz nebst Kosten i.H.v. 1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 2500 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
261,30 Euro 20,00 Euro 281,30 Euro 53,45 Euro 334,75 Euro
geltend gemacht. Das AG spricht dem Geschädigten 2000 Euro zu, im Übrigen (also hinsichtlich des weiteren Schadens über 500 Euro sowie der gesamten vorgerichtlichen Kosten) weist das Gericht die Klage ab. Gegen die Abweisung der Klage legt der Kläger Berufung ein. Der Wert des Beschwerdegegenstands beläuft sich auf 500 Euro zzgl. der Kosten aus den erstinstanzlich zugesprochenen Schadenspositionen, die sich auf 1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 2000 Euro) 195,00 Euro 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Zwischensumme 215,00 Euro 40,85 Euro 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt 255,85 Euro belaufen. Der Wert des Beschwerdegegenstands beläuft sich damit auf (500 Euro + 255,85 Euro =) 755,85 Euro. Die Berufung ist damit zulässig.
Für den Gebührenstreitwert können sich darüber hinaus Stufenstreitwerte ergeben, allerdings nur für die Anwaltsgebühren. Solche Fälle können auftreten, wenn sich nur die Hauptforderung – ohne Kosten – erledigt und die Kosten anhängig bleiben. Dann sind die anteiligen Kosten wiederum als Hauptforderung zu berücksichtigten.
Û
Beispiel: Der Anwalt macht für den Geschädigten in einer Verkehrsunfallsache 8000 Euro Schadensersatz nebst Kosten i.H.v. 837,76 Euro (1,5-Geschäftsgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer) geltend (zur Berechnung s. Rn. 5643). Der Versicherer zahlt nach Klagezustellung 4000 Euro, weigert sich jedoch, auch die Anwaltskosten zu zahlen. Er ist der
1 BGH, Beschl. v. 17.2.2009 – VI ZB 60/07, AGS 2009, 344; Beschl. v. 4.12.2007 – VI ZB 73/06, MDR 2008, 404 = BGHReport 2008, 413 = AGS 2008, 187; Beschl. v. 11.1.2011 – VIII ZB 62/10, AGS 2011, 140; Beschl. v. 4.4.2012 – IV ZB 19/11, MDR 2012, 738 = AGS 2012, 297; Beschl. v. 26.3.2013 – VI ZB 53/12, MDR 2013, 816 = AGS 2013, 282.
N. Schneider
1077
5651
Verkehrsunfallschadenregulierung
ZPO
Auffassung, diese seien nicht notwendig gewesen. In Höhe der 4000 Euro wird die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Über die restlichen 4000 Euro Schaden sowie die Kosten i.H.v. 837,76 Euro wird verhandelt. Die Gerichtsgebühr (Nr. 1210 KV GKG) bemisst sich nach dem Wert von 8000 Euro. Die Kosten werden nicht hinzugerechnet (§ 43 Abs. 1 GKG). Die teilweise Erledigung hat für die Gerichtsgebühr keine Bedeutung (s. § 40 GKG). Die Verfahrensgebühr der Anwälte (Nr. 3100 VV RVG) bemisst sich ebenfalls nach 8000 Euro. Auch hier haben die Kosten keine Bedeutung. Die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) entsteht zum einen aus der verbliebenen Hauptforderung von 4000 Euro. Daneben sind aber jetzt auch die Kosten, soweit sie auf die erledigten 4000 Euro entfallen, zu berücksichtigen, da sie jetzt ohne die Hauptforderung betroffen sind (§ 43 Abs. 2 GKG). Dieser Wert beläuft sich auf 473,62 Euro. Zur Berechnung der Kosten s. Rn. 5648. Im gerichtlichen Verfahren ist daher wie folgt abzurechnen: 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 8000 Euro) 2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG sind 0,75 aus 8000 Euro anzurechnen 3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 2473,62 Euro) 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
592,80 Euro – 342,00 Euro 241,20 Euro 20,00 Euro 512,00 Euro 97,28 Euro 609,28 Euro
5. Die Kosten resultieren aus einer anderen Angelegenheit 5652
Werden vorgerichtliche Anwaltskosten geltend gemacht, die eine andere Angelegenheit betreffen, sind die Kosten immer Hauptforderung.1
Û
5653
Beispiel: Der Anwalt hatte für den Geschädigten anlässlich einer Verkehrsunfallsache dessen Ansprüche mit dem Unfallversicherer reguliert. Da der Haftpflichtversicherer seine Haftung bestreitet, klagt der Geschädigte auf Ersatz seines Schadens nebst vorgerichtlicher Anwaltskosten zzgl. der Anwaltskosten für die Regulierung mit dem Unfallversicherer. Die Regulierung mit dem Unfallversicherer ist eine eigene Angelegenheit.2 Die hierdurch bedingten Kosten sind vom Haftpflichtversicherer zu tragen.3 Ihr Wert erhöht daher sowohl den Zuständigkeits- als auch den Gebührenstreitwert.
Gleiches gilt, wenn die Kosten der Kaskoregulierung als weitere Schadensposition mit geltend gemacht werden (s. Rn. 5654 ff.) oder die Kosten einer Deckungsschutzzusage (s. Rn. 5655). • Anwaltskosten der Kaskoregulierung
5654
Werden die Kosten der Kaskoregulierung als Schadensposition4 mit geltend gemacht, so handelt es sich immer um eine Hauptforderung, da die Kosten aus einer anderen Angelegenheit stammen. Ihr Wert ist daher gem. § 5 ZPO, § 39 Abs. 1 GKG hinzuzurechnen. Unzutreffend ist insoweit die Auffassung des BGH,5 es handele sich um eine Nebenforderung. Der BGH verkennt, dass es sich bei den 1 2 3 4
OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.1.2010 – 14 UH 3/10, AGS 2010, 310. BGH, Urt. v. 10.1.2006 – VI ZR 43/05, MDR 2006, 929 = AGS 2006, 256. BGH, Urt. v. 10.1.2006 – VI ZR 43/05, MDR 2006, 929. Siehe hierzu BGH, Urt. v. 8.5.2012 – VI ZR 196/11, MDR 2012, 759 = AGS 2012, 595; zuletzt AG Ahlen, Urt. v. 7.5.2013 – 30 C 103/12, AGS 2014, 543. 5 BGH, Beschl. v. 26.3.2013 – VI ZB 53/12, MDR 2013, 816 = AGS 2013, 282 = NJW-RR 2013, 934 = NZV 2013, 598.
1078
N. Schneider
Verkehrsunfallschadenregulierung Ansprüchen gegen den Kaskoversicherer um einen völlig anderen Streitgegenstand handelt (vertraglicher Anspruch aus dem Versicherungsvertrag gegen den eigenen Versicherer) als bei dem Sachdensersatzanpruch (deliktischer Anspruch gegen den Schädiger) und sogar die Berechnungen unterschiedlich vorzunehmen sind. Während in der Kaskoversicherung nach den AKB zu entschädigen ist, ergibt sich der Umfang des zu leistenden Schadensersatzes dem Grunde nach aus §§ 9, 17 StVG, § 254 BGB und der Höhe nach aus § 249 BGB.
Û
Beispiel: Der Anwalt ist mit einer Verkehrsunfallschadenregulierung beauftragt (Gesamtschaden 25 000 Euro). Da der Unfallgegner seine Haftpflichtversicherungsprämie nicht gezahlt hatte, verweist der Haftpflichtversicherer den Geschädigten auf die Inanspruchnahme des eigenen Kaskoversicherers. Der Anwalt reguliert daraufhin den Sachschaden (20 000 Euro abzgl. 600 Euro Selbstbeteiligung) mit dem Kaskoversicherer. Hier liegen zwei verschiedene Angelegenheiten vor.1 Der Anwalt erhält zum einen die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG aus dem Wert der Kaskoschadenregulierung (19 400 Euro). Die Geschäftsgebühr für die Kaskoregulierung ist zudem auch vom Haftpflichtversicherer als Schadensposition zu ersetzen.2 I. Regulierung des Kaskoschadens 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 19 400 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
1113,00 Euro 20,00 Euro 1133,00 Euro 215,27 Euro 1348,27 Euro
Daneben erhält der Anwalt eine weitere Geschäftsgebühr für die Haftpflichtschadenregulierung. Hier belief sich der Wert bei Auftragserteilung zunächst auf 25 000 Euro. Durch die Zahlung des Kaskoversicherers konnte sich dieser Wert für die bereits entstandene Gebühr nicht mehr verringern (s. § 15 Abs. 4 RVG). Dadurch, dass der Auftrag erweitert worden ist und später auch noch die Kosten der Kaskoregulierung als weiterer Schaden mit geltend gemacht wurden, hat sich der Wert für die Haftpflichtschadenregulierung um die Kosten der Kaskoregulierung (1348,27 Euro) auf 26 348,27 Euro erhöht. Für die Haftpflichtregulierung erhält der Anwalt weitere: II. Regulierung des Haftpflichtschadens 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 26 348,27 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
1294,50 Euro 20,00 Euro 1314,50 Euro 249,76 Euro 1564,26 Euro
• Anwaltskosten für eine Deckungsschutzanfrage Werden die Anwaltskosten für eine Deckungsschutzzusage seitens des Rechtsschutzversicherers geltend gemacht,3 handelt es sich um eine werterhöhende Schadensposition, da es sich bei dem Anspruch auf Deckungsschutz um einen anderen Gegenstand handelt. Es gilt das Gleiche wie für die Anwaltskosten zur Regulierung des Kaskoschadens.
1 OLG Zweibrücken, AnwBl. 1968, 363; OLG Hamm, Beschl. v. 7.10.1982 – 27 U 161/82, MDR 1983, 315; LG Flensburg, Urt. v. 20.1.1986 – 4 O 303/85, JurBüro 1986, 723; AG Lippstadt, AnwBl. 1966, 405; AnwBl. 1967, 67; AG Erfurt, Urt. v. 14.10.1998 – 27 C 1070/98, zfs 1999, 31; AG Limburg, Urt. v. 20.2.2006 – 4 C 2279/05, AGS 2006, 267; a.A. AG Bad Homburg, Urt. v. 5.3.1987 – 3 C 1369/86, zfs 1987, 173. 2 Siehe Fn. davor. 3 Siehe hierzu BGH, Urt. v. 8.5.2012 – VI ZR 196/11, MDR 2012, 759 = AGS 2012, 595.
N. Schneider
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5655
ZPO
Verkehrsunfallschadenregulierung • Attest 5655a
Werden die Kosten für ein ärztliches Attest geltend gemacht, handelt es sich nicht um eine Nebenforderung, sondern um eine werterhöhende Hauptforderung. Es gilt das Gleiche wie bei (sonstigen) Sachverständigenkosten. • Bearbeitungskosten/-gebühren
5656
Siehe das Stichwort „Finanzierungskosten“. • Behandlungskosten
5657
Behandlungskosten sind mit ihrem vollen Wert zu berücksichtigen, soweit vom Gegner Erstattung verlangt wird. Wenn jedoch der Krankenversicherer in Anspruch genommen wird, so geht ein eventueller Ersatzanspruch auf diesen über. Der Geschädigte ist nicht mehr berechtigt, diesen Anspruch geltend zu machen, auch nicht als Befreiungsanspruch, so dass er streitwertmäßig, z.B. bei einem Feststellungsantrag, nicht mehr zu berücksichtigen ist. • Befreiungsansprüche
5658
Siehe das Stichwort „Abgetretene Ansprüche“, Rn. 5631 f. • Begutachtungskosten
5659
Begutachtungskosten sind mit ihrem vollen Wert anzusetzen.1 Das gilt nicht nur für die Kosten der Schadensbegutachtung, sondern auch für die Kosten der Reparaturbestätigung des Sachverständigen.
5660
Gleiches gilt für die Kosten der Begutachtung des zu erwerbenden Ersatzwagens. Wird insoweit eine fiktive Pauschale2 geltend gemacht, so ist deren Wert maßgebend. • Deckungsschutzanfrage
5660a
Siehe das Stichwort „Anwaltskosten für eine Deckungsschutzanfrage“, Rn. 5655. • Fahrtkosten
5661
Fahrtkosten (z.B. zum Arzt, zum Abholen von der Unfallstelle, zur Werkstatt, zur Zulassungsstelle etc.) sind mit ihrem vollen Wert anzusetzen. Es handelt sich nicht um Nebenforderungen. • Finanzierungskosten
5662
Nimmt der Geschädigte einen Unfallkredit auf, so sind die hiermit verbundenen Finanzierungskosten und Zinsen mit ihrem Wert anzusetzen. Es handelt sich nicht um Nebenforderungen i.S.d. § 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG.3 Siehe auch das Stichwort „Bearbeitungsgebühren“. 1 OLG München, Beschl. v. 16.11.1993 – 5 W 2314/93, NJW-RR 1994, 1484; ebenso bei Rückabwicklung eines Vertrags: OLG Oldenburg, Beschl. v. 6.3.2007 – 5 W 240/06, RVGreport 2007, 196. 2 Siehe hierzu OLG Frankfurt, Urt. v. 29.11.1989 – 12 U 32/89, MDR 1991, 54. 3 A.A. für Bearbeitungsgebühren: OLG Köln, Beschl. v. 31.10.1973 – 2 W 21/73, JMBl.NW 1974, 46.
1080
N. Schneider
Verkehrsunfallschadenregulierung • Freistellungsansprüche Freistellungsansprüche sind nach § 3 ZPO mit dem vollen Wert der zu tilgenden Forderung anzusetzen. Siehe auch das Stichwort „Abgetretene Ansprüche“, Rn. 5631 ff.
5663
• Haushaltsführungsschaden Schadensersatz wegen entgangener Haushaltsführung ist Hauptforderung und damit voll zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob die konkreten Kosten einer Hilfskraft geltend gemacht werden oder ob fiktiv berechnet wird.
5664
• Kapitalabfindung Siehe das Stichwort „Rentenansprüche“.
5665
• Kaskoentschädigung Soweit von dem Kaskoversicherer Zahlung der Versicherungsleistung verlangt wird, richtet sich der Wert nach dem geltend gemachten Betrag. Wird zunächst unbeziffert die Kaskoentschädigung gefordert, dürfte von dem Betrag der Versicherungssumme auszugehen sein, die ggf. um Selbstbeteiligung und andere Anrechnungspositionen gekürzt werden muss.
5666
Die Abrechnung mit dem Kaskoversicherer kann auch beim Wert des Sachschadens zu berücksichtigen sein (s. Rn. 5654).
5667
• Kostenpauschale Siehe das Stichwort „Allgemeine Kostenpauschale“.
5668
• Mehrwertsteuer Siehe das Stichwort „Umsatzsteuer“.
5669
• Merkantiler Minderwert Siehe das Stichwort „Wertminderung“.
5670
• Mietwagenkosten Mietwagenkosten sind mit ihrem vollen Wert anzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn die entsprechende Schadensersatzforderung an den Mietwagenunternehmer abgetreten worden ist (s. das Stichwort „Abgetretene Ansprüche“). Maßgebend ist der verlangte Betrag, auch wenn er sich letztlich als überhöht herausstellt und nicht reguliert wird.
5671
• Nutzungsausfallentschädigung Der volle Wert des verlangten Betrags ist maßgebend.
5672
• Pflegekosten Werden Pflegekosten wegen der Verletzung aus einem Verkehrsunfall geltend gemacht, dann ist für die Bewertung von den jährlichen Aufwendungen für die Pflege auszugehen, die gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO auf den dreieinN. Schneider
1081
5673
Verkehrsunfallschadenregulierung
ZPO
halbfachen Jahresbetrag zu erhöhen sind. Hiervon ist dann bei der positiven Feststellungsklage ein Abzug von 20 % zu machen. Das gilt auch dann, wenn der Haftpflichtversicherer mitverklagt wird. Hinzuzurechnen sind die fälligen Beträge (analog § 42 Abs. 3 GKG).1 • Radioumbaukosten 5674
Der volle Wert ist maßgebend. Es handelt sich nicht um Nebenforderungen i.S.d. § 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG. • Rentenansprüche
5675
Wird infolge der Tötung oder Körperverletzung ein Erwerbsschaden des Verletzten oder werden Unterhaltsschäden der Hinterbliebenen als Rentenansprüche geltend gemacht, so gelten sowohl für den Zuständigkeitsstreitwert als auch den Gebührenstreitwert2 die §§ 3, 9 ZPO. Maßgebend ist der geforderte Betrag der nächsten dreieinhalb Jahre, sofern die Rente nicht für einen geringeren Zeitraum verlangt wird; fällige Beträge sind hinzuzurechnen.
5676
Im Falle eines Rechtsstreits werden die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge hinzugerechnet (§ 42 Abs. 3 GKG).
5677
Bei der außergerichtlichen Regulierung werden dem Wert der zukünftig geforderten Beträge alle während des Mandats fällig gewordenen Beträge hinzugerechnet (analog § 42 Abs. 3 GKG).3
Û
5678
Zu beachten ist, dass der Unterhalt nach § 843 Abs. 2 i.V.m. § 760 Abs. 1 Satz 1 BGB (§ 844 Abs. 2 BGB) jeweils für drei Monate vorauszuzahlen ist. Dies hat Bedeutung für die Berechnung der bei Einreichung fälligen Beträge.
Û
5679
Beispiel: Aufgrund eines Verkehrsunfalls im Dezember 2013 ist der Anwalt beauftragt worden, für die hinterbliebene Ehefrau ab Januar 2014 außergerichtlich eine Unterhaltsrente i.H.v. 1500 Euro monatlich einzufordern. Im September 2015 wird eine Einigung über die laufende Unterhaltsrente und die bis dahin angefallenen Beträge getroffen. Für die zukünftigen laufenden Beträge ab Oktober 2014 gilt ein Wert i.H.v. 42 × 1500 Euro, also 63 000 Euro. Für die bis einschließlich September 2014 und damit fälligen Beträge gilt ein Wert i.H.v. (Januar 2014 – September 2015) 21 × 1500 Euro = 31 500 Euro. Insgesamt ergibt sich somit für Geschäfts- und Einigungsgebühr ein Wert i.H.v. 94 500 Euro.
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel. Eine Einigung kommt nicht zustande. Im Oktober 2015 wird die Klage eingereicht. Da für jeweis drei Monate im Voraus zu zahlen ist, sind im Oktober 2015 bereits die Zahlungen bis einschließlich Dezember 2015 fällig. Es ergibt sich also ein Wert für die fälligen Beträge i.H.v. 24 × 1500 Euro = 36 000 Euro, so dass sich zzgl. des Werts für die künftigen Beträge ein Gesamtwert i.H.v. 99 000 Euro ergibt.
Stirbt der Anspruchsteller im Laufe der Schadensregulierung, bleibt der dreieinhalbfache Jahresbetrag für die bis dahin angefallenen Gebühren maßgebend;4 für die später anfallenden Gebühren gilt nur noch der Wert der fälligen Beträge.
1 OLG Schleswig, Beschl. v. 3.9.1970 – 1 W 153/70, JurBüro 1971, 539. 2 Die frühere Sonderregelung für den Gebührenstreitwert (§ 42 Abs. 1 GKG a.F.) ist zum 1.8.2013 ersatzlos gestrichen worden, so dass über § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG jetzt auch hier § 9 ZPO anzuwenden ist. 3 OLG Nürnberg, Urt. v. 8.1.2002 – 3 U 3129/01, AGS 2002, 232; a.A. LG Stuttgart, v. 22.2.1978 – 13 S 60/77, AnwBl. 1978, 234 = RuS 1978, 157; N. Schneider, AGS 2004, 89. 4 OLG Dresden, Rsp. 35, 214 (damals noch fünffacher Jahreswert).
1082
N. Schneider
Verkehrsunfallschadenregulierung Zahlt der Gegner einen Teilbetrag, so verringert sich der Gegenstandswert für die weitere Tätigkeit nur dann, wenn die Restsumme infolge der Teilzahlung unter den dreieinhalbfachen Jahresbetrag sinkt.1
5680
Wird die Rente durch eine einmalige Zahlung abgefunden, verbleibt es bei dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag.2
5681
Wird eine Abänderung der Rentenzahlungen begehrt, so ist dies auch außergerichtlich eine selbständige Angelegenheit, die gesondert zu bewerten ist.3 Abzustellen ist auf den jährlichen Mehr- bzw. Minderbetrag. Ausgehend von § 9 ZPO wäre auch hier der dreieinhalbfache Jahresbetrag maßgebend. Da die Abänderung in der Regel aber jährlich vorgenommen wird und daher auch nur für ein Jahr gelten soll, ist regelmäßig nur vom Jahresbetrag auszugehen. Siehe Rn. 5643.
5682
• Restwert Siehe das Stichwort „Sachschaden“.
5683
• Rückstufung Nimmt der Geschädigte seine Kaskoversicherung in Anspruch und begehrt er anschließend Ersatz seines Rückstufungsschadens, so bemisst sich der Gegenstandswert nach der vollen Differenz zwischen den zu zahlenden Prämien und den Prämien, die bei schadensfreiem Verlauf des Versicherungsverhältnisses zu zahlen gewesen wären. § 9 ZPO ist unanwendbar.
5684
• Sachschaden Der volle Betrag ist maßgebend.
5685
Wird der Sachschaden auf Totalschadenbasis abgerechnet und muss sich der Geschädigte den erzielten oder den erzielbaren Restwert des Fahrzeugs als Vorteilsausgleich anrechnen lassen, dann bleibt für die außergerichtliche Regulierung jedoch der volle Sachschaden maßgebend.4 Der Schaden besteht in der Zerstörung des Fahrzeugs. Ein eventueller Restwerterlös führt nicht zu einer Reduzierung des Schadens, sondern zum teilweisen Ausgleich des Schadens. Hinzu kommt, dass sich die anwaltliche Tätigkeit auch auf die Prüfung des Vorteilsausgleichs und die Abwicklung der Restwertverwertung erstreckt. Etwas anderes gilt nur, wenn der Anwalt von vornherein einen um den Restwert reduzierten Auftrag erhält.
5686
Û
Beispiel: Der Anwalt wird mit der Regulierung eines Verkehrsunfallschadens beauftragt. Er lässt ein Sachverständigengutachten einholen, wonach ein Totalschaden vorliegt (Zeitwert vor dem Unfall 8000 Euro; Restwert 1500 Euro).
1 OLG Koblenz, Beschl. v. 28.1.1986 – 14 W 770/85, VersR 1987, 289 (damals noch fünffacher Jahreswert). 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.9.1976 – 15 U 204/72, VersR 1977, 868; OLG Frankfurt, MDR 1971, 404; OLG Schleswig, SchlHA 1968, 145; a.A. OLG Hamm, Beschl. v. 28.10.1965 – 3 W 56/65, NJW 1966, 162. 3 AG Siegburg, Urt. v. 11.7.2003 – 8 C 167/03, AGS 2003, 345 mit Anm. N. Schneider = MDR 2003, 1143. 4 AG Ahlen, Urt. v. 7.5.2013 – 30 C 103/12, AGS 2104, 543; LG Freiburg, Beschl. v. 1.12.1970 – 7 S 128/70, AnwBl. 1971, 361; LG Koblenz, Beschl. v. 13.4.1982 – 6 S 415/81, zfs 1982, 205; Onderka, Anwaltsgebühren in Verkehrssachen, Rn. 262; Dötsch, zfs 2013, 490; Jungbauer, DAR 1007, 609; a.A. AG Hildesheim, Urt. v. 28.4.2006 – 19 C 91/06, AGS 2006, 396; AG Bad Hersfeld, Urt. v. 1.9.2014 – 10 C 531/14 (40), AGS 2015, 363.
N. Schneider
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Verkehrsunfallschadenregulierung
ZPO
Der Gegenstandswert beläuft sich auf 8000 Euro. Der Restwert ist nicht in Abzug zu bringen.
Û
5687
Folgt man der Auffassung, der Restwert sei abzuziehen, dann ist jedenfalls nur der Betrag abzuziehen, der bei Auftragserteilung zu erwarten war. Ein späteres höheres Restwertangebot des Versicherers hat dann keinen Einfluss mehr.1
Û
5687a
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel; jedoch hatte der Mandant das Sachverständigengutachten bereits selbst einholt. Er will das Fahrzeug behalten und beauftragt den Anwalt, die restlichen 6500 Euro einzufordern. Der Gegenstandswert beläuft sich jetzt nur auf 6500 Euro.
Beispiel: Der Anwalt wird mit der Regulierung eines Verkehrsunfallschadens beauftragt. Er lässt ein Sachverständigengutachten einholen, wonach ein Totalschaden vorliegt (Zeitwert vor dem Unfall 8000 Euro; Restwert 1500 Euro). Der Versicherer unterbreitet ein Restwertangebot von 2500 Euro, das der Geschädigte annimt. Geht man davon aus, dass der Restwert beim Erledigungswert abzuziehen sei, wären aber nur die vom Sachverständigen geschätzten 1500 Euro abzuziehen, so dass sich der Gegenstandswert auf 6500 Euro belaufen würde. Keinesfalls dürften die 2500 Euro abgezogen werden.
Ebenso unerheblich für die Berechnung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit und des Erledigungswertes ist eine eventuelle Haftungsbegrenzung, die der gegnerische Versicherer einwenden kann.2 So ist der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Geschädigten bei teilweiser Leistungsfreiheit des Versicherers und Ausübung des Verweisungsprivilegs nach Beauftragung des Rechtsanwalts nicht um den Betrag zu kürzen, in dessen Höhe der Versicherer leistungsfrei ist.3
Û
Beispiel: Der Anwalt wird mit der Regulierung eines Verkehrsunfallschadens (Schaden 15 000 Euro) beauftragt. Der Mandant ist kaskoversichert. Der Versicherer erkennt die volle Haftung an, beruft sich aber wegen einer Obliegenheitsverletzung des Versicherten i.H.v. 50 % auf das Verweisungsprivilleg nach § 117 Abs. 3 Satz 2 VVG. Der Gegenstandswert und auch der Erledigungswert der Haftpflichtregulierung berechnen sich nach dem vollen Wert von 15 000 Euro.
5688
Wird der Anwalt von vornherein beauftragt, nur einen Teil des Schadens mit dem Kaskoversicherer zu regulieren, so vermindert sich der Gegenstandswert für die Schadensregulierung mit dem Haftpflichtversicherer um diesen Betrag. Die Abrechnung mit dem Kaskoversicherer ist eine eigene Angelegenheit und löst eigene Gebühren nach dem Wert der geltend gemachten Kaskoentschädigung aus.4
5689
Erhält der Anwalt dagegen zunächst einen umfassenden Auftrag, Schadensersatz vom Gegner zu verlangen und wird er erst später beauftragt, einen Teil des Schadens mit dem Kaskoversicherer zu regulieren, so vermindert sich der Gegenstandswert für die Schadensregulierung mit dem Haftpflichtversicherer nicht.
1 2 3 4
AG Frankfurt, Urt. v. 12.1.2010 – 31 C 1906/09 - 74, AGS 2012, 91. LG Frankenthal, Urt. v. 7.12.2012 – 4 O 326/12, AGS 2015, 16. OLG Saarbrücken, Urt. v. 4.4.2013 – 4 U 31/12, AGS 2013, 490 = NZV 2013, 598. OLG Zweibrücken, Urt. v. 1.3.1968 – 1 U 4/68, AnwBl. 1968, 363; OLG Hamm, AnwBl. 1983, 141; LG Flensburg, Urt. v. 20.1.1986 – 4 O 303/85, JurBüro 1986, 723; AG Lippstadt, Urt. v. 14.9.1966 – C 119/66, AnwBl. 1966, 405; Urt. v. 30.11.1966 – C 443/66, 1967, 67; AG Erfurt, Urt. v. 14.10.1989 – 27 C 1070/98, zfs 1999, 31; a.A. AG Bad Homburg, Urt. v. 5.3.1987 – 3 C 1369/86, zfs 1987, 173; ausführlich N. Schneider, Haftpflicht- und Kaskoabrechnung – zwei verschiedene Angelegenheiten, AGS 2003, 292.
1084
N. Schneider
Verkehrsunfallschadenregulierung Entscheidend bleibt der Auftragswert, der sich in der Regel dann um die Kosten der Kaskoregulierung erhöht (s. Rn. 5654). • Sachverständigenkosten Sachverständigenkosten sind mit ihrem vollen Wert anzusetzen. Es handelt sich nicht um Nebenkosten i.S.d. § 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG.1
5690
• Schadensfreiheitsrabatt Siehe das Stichwort „Rückstufung“.
5691
• Schmerzensgeldforderungen, bezifferte Wird ein beziffertes Schmerzensgeld gefordert, ist diese Forderung mit dem vollen Wert anzusetzen (§ 3 ZPO).
5692
• Schmerzensgeldforderungen, unbezifferte Die Bewertung ist umstritten. Eine Ansicht setzt den Gegenstandswert auf den letztlich zuerkannten Betrag fest. Nach anderer Ansicht soll die vom Geschädigten geäußerte Betragsvorstellung maßgebend sein. Zutreffend dürfte es sein, darauf abzustellen, welcher Betrag ausgehend von der Sachdarstellung des Geschädigten angemessen wäre.2 Zweckmäßig ist es, bei Einreichung der Klage gem. § 61 GKG Angaben zur Wertvorstellung zu machen.
5693
Siehe dazu auch das Stichwort „Unbezifferte Anträge“, Rn. 5245 ff. • Schmerzensgeldrente Siehe das Stichwort „Rente“.
5694
• Standgeld Gezahlte Standgelder sind eigene Schadenspositionen und daher bei der Hauptforderung zu berücksichtigen. Das gilt auch, wenn das Standgeld noch nicht bezahlt ist, und insoweit Befreiung geltend gemacht wird (s. Rn. 5663).
5695
• Transportkosten Transportkosten, also Abschleppkosten, Kosten der Rückverbringung vom Unfallort etc. sind Hauptforderungen. Das Gleiche gilt auch für die Transportkosten des Verletzten oder seiner Angehörigen (also Kosten des Rettungshubschraubers, Krankenwagen, Taxi oder auch sonstige Rückverbringungskosten vom Unfallort).
5696
• Umbaukosten Werden Umbaukosten (für Radio oder sonstiges Zubehör) geltend gemacht, handelt es sich nicht um Nebenforderungen i.S.d. § 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG. Maßgebend ist der geforderte Betrag.
1 BGH, Beschl. v. 13.2.2007 – VI ZB 39/06, MDR 2007, 852; OLG München, Beschl. v. 16.11.1993 – 5 W 2314/93, NJW-RR 1994, 1484. 2 Siehe hierzu im Einzelnen bei dem Stichwort „Unbezifferte Anträge“.
N. Schneider
1085
5696a
ZPO
Verkehrsunfallschadenregulierung • Umsatzsteuer 5697
Umsatzsteuer ist als Teil der Hauptforderung mitanzusetzen.1 Ob eine Vorsteuerabzugsberechtigung besteht ist unerheblich, wenn ein bezifferter Betrag geltend gemacht wird. Maßgebend ist der geforderte Betrag.
5698
Ebenso ist die isoliert eingeklagte Umsatzsteuer – etwa bei einem Streit über die Vorsteuerabzugsberechtigung – voll zu bewerten.
5699
Wird lediglich Feststellung verlangt, so ist zu differenzieren: – Wird vom Anspruchsteller seine Vorsteuerabzugsberechtigung eingestanden, dann sind nur die Nettowerte heranzuziehen, ggf. abzgl. eines Feststellungsabschlags. – Ist der Anspruchsteller zum Vorsteuerabzug unstreitig nicht berechtigt, dann ist die Umsatzsteuer zu berücksichtigen. – Ist das Bestehen der Vorsteuerabzugsberechtigung strittig, dann dürfte es sachgerecht sein, diese mit der Hälfte zu berücksichtigen. Wird allerdings die Übernahme der Umsatzsteuer in den Feststellungsantrag mitaufgenommen, dann ist sie wiederum mitzuberücksichtigen, da es auf den Antrag ankommt. • Verdienstausfall
5700
Verdienstausfall ist als Hauptforderung zu berücksichtigen. Wird wegen eines Dauerschadens Verdienstausfall geltend gemacht, gilt § 9 ZPO. Siehe hierzu das Stichwort „Rentenansprüche“, Rn. 5675 ff. • Wertminderung
5701
Die Wertminderung ist Hauptforderung und damit in voller Höhe zu berücksichtigen.
5701a
Wird nach Regulierung mit dem Kaskoversicher im Wege der Prozessstandschaft Zahlung an diesen verlangt,2 um den Vertrag rückwirkend wieder schadensfrei zu stellen und eine Rückstufung zu vermeiden, ist der volle Wert des Zahlunganspruchs maßgebend.
• Zahlung an Kaskoversicherer
• Zinsen 5702
Zinsen aus der Schadensersatzforderung bleiben bei der Bemessung des Zuständigkeitsstreitwerts außer Betracht (§ 4 ZPO), es sei denn, sie werden in einem isolierten Verfahren als Hauptforderung geltend gemacht. Zinsen aus erledigten Schadenspositionen sind dagegen immer Hauptforderung. Es gilt hier das Gleiche wie bei den Anwaltskosten s. Rn. 5639. Siehe auch das Stichwort „Zinsen“, Rn. 6407 ff.
Û
Beispiel: Vorgerichtlich werden 5000 Euro Reparaturkosten und 1000 Euro Nutzungsentschädigung geltend gemacht. Der Versicherer zahlt nach mehrfachen Mahnungen die Reparaturkosten, nicht jedoch die Nutzungsentschädigung. Daraufhin erhebt der Geschädigte Klage auf Zahlung der Nutzungsentschädigung sowie auf Zinsen aus den Reparaturkosten. Die Zinsen aus den Reparaturkosten sind Hauptforderung und damit zu berücksichtigen.
1 LG Hannover, Nds.Rpfl. 1974, 157; OLG Köln, Beschl. v. 23.11.1981 – 17 W 360/81 = Rpfleger 1982, 158. 2 Zur Zulässigkeit s. LG Wuppertal, Urt. v. 9.3.2015 – 4 O 448/13, ZfSch 2015, 397.
1086
N. Schneider
Verkehrswert Zu berücksichtigen sind Zinsen erst recht, wenn sie als selbständige Schadensposition geltend gemacht werden, etwa Zinsen für einen Unfall- oder Zwischenkredit oder Zinsen, die der Geschädigte wegen Zahlungsverzugs an die Reparaturwerkstatt oder den Mietwagenunternehmer zahlen musste.
5703
Für die Gerichts- und Anwaltsgebühren haben Zinsen zwar einen Wert; er bleibt jedoch neben dem Wert der Hauptforderung außer Ansatz gem. § 43 Abs. 1 GKG. Zinsen aus erledigten Schadenspositionen sind dagegen Hauptforderung. Es gilt hier das Gleiche wie beim Zuständigkeitsstreitwert (Rn. 5702).
5704
Außer Ansatz bleiben Zinsen auch dann, wenn sie als Kapitalbetrag geltend gemacht werden.
5705
Möglich ist hier jedoch bei der Anwaltsvergütung, dass einzelne Gebühren nur nach dem Wert der Zinsen berechnet werden. Siehe hierzu auch das Stichwort „Zinsen“.
5706
• Zulassungskosten Siehe das Stichwort „Ab- und Anmeldungskosten“.
5707
Verkehrswert Literatur: Schulz, Verkehrswert bei Zwangsversteigerungen, Rpfleger 1987, 441.
A. Allgemeines Der Wert einer Sache ist bestimmend für den Zuständigkeitsstreitwert, wenn es um deren Besitz oder um das Eigentum geht, § 6 ZPO.1 Maßgebend für die Bemessung ist dann deren Verkehrswert.2
5708
Für den Gebührenstreitwert ist § 6 ZPO entsprechend anzuwenden, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG. Ob dies zu einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise und damit zu einer Berücksichtigung des hinter dem Herausgabeverlangen stehenden Streits der Parteien zwingt, ist streitig. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um ein Problem der Verkehrswertbestimmung, sondern um die Frage, ob das Klagebegehren mit dem (vollen) Ansatz des Verkehrswertes zutreffend bewertet wird. Daher wird insoweit auf die Stichwörter „Auflassung“, „Grundstück“, „Herausgabe“ und „Gegenleistung“ verwiesen.
5709
I. Begriffsbestimmung Der Verkehrswert bemisst sich nach dem Betrag, der sich erzielen ließe, wenn die Sache veräußert würde,3 nicht nach der subjektiven Einschätzung der Parteien.4
1 OLG Hamm, Beschl. v. 16.7.2002 – 21 W 1/02, MDR 2002, 1458; OLG Köln, Beschl. v. 20.9.2004 – 19 U 214/02, MDR 2005, 298. 2 BGH, Beschl. v. 12.6.1991 – II ZR 65/91, MDR 1992, 83 = NJW-RR 1991, 1210; Zöller/Herget, § 6 ZPO Rn. 2. 3 BGH, Beschl. v. 12.6.1991 – II ZR 65/91, WM 1991, 1656 = NJW-RR 1991, 1210; LAG Hessen, Urt. v. 16.10.2006 – 19 Sa 701/06, juris. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.4.1997 – 16 W 13/97, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 158.
N. Schneider/Kurpat
1087
5710
Verkehrswert
ZPO
5711
Außer Ansatz bleibt demgegenüber der Wiederbeschaffungswert1 und erst recht ein etwaiger Liebhaberwert.2 Ebenso bleiben bei der Ermittlung des Verkehrswertes einer finanzierten Kaufsache deren Finanzierungskosten unberücksichtigt.3
II. Wertfestsetzung 5712
Der Verkehrswert ist nach § 3 ZPO zu schätzen,4 ggf. nach Besichtigung der Sache oder Einholung eines Sachverständigengutachtens. Maßgebend für die Bewertung sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage bzw. der Rechtsmittelschrift, § 4 Abs. 1 ZPO, § 40 GKG.5
5713
Wertangaben der Parteien sind für das Gericht nicht bindend, stellen aber ein wichtiges Indiz für die Wertbestimmung dar.6 Sie können berücksichtigt werden, selbst wenn sie nicht übereinstimmen. Im Einzelfall, insbesondere bei einer geringen Wertdifferenz und bei anderenfalls hohem Ermittlungsaufwand, kann es vertretbar sein, die unterschiedlichen Wertangaben der Parteien zu addieren und den Verkehrswert auf die Hälfte festzusetzen.7
5714
Haben die Parteien einen Kaufpreis vereinbart, wird dieser mangels abweichender Bewertungsumstände regelmäßig dem Verkehrswert der Kaufsache entsprechen.8 Das kann aber nur gelten, wenn zwischen dem Abschluss des Kaufvertrages und der Klageeinreichung kein längerer Zeitraum liegt.9
B. Verkehrswert unbeweglicher Sachen I. Allgemeines 5715
Der Verkehrswert eines Grundstücks ist gleich dem Erlös, der im Verkaufsfalle erzielt würde. Der steuerliche Einheitswert eines Grundstücks ist für die Wertbestimmung ohne Bedeutung.10 Teilflächen sind nach dem Verhältnis ihrer Grundfläche zur Gesamtfläche des Objekts zu bewerten.11
5716
Bei einem bebauten Grundstück bemisst sich der Verkehrswert nach dem Mittelwert zwischen dem Gebäudewert und dem Boden- und Ertragswert. Bei der Schätzung dieses Erlöses ist der Ertragswert des Grundstücks als Rechnungsfaktor zu berücksichtigen; er ist aber regelmäßig nicht dem (höheren) Verkehrswert gleichzusetzen.12 Auch der Buchwert oder der Aufwand für die Bebauung des Grund-
1 BGH, Beschl. v. 12.6.1991 – II ZR 65/91, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 131 mit Anm. Schneider = WPM 1991, 1960 = NJW-RR 1991, 1210 = MDR 1992, 83. 2 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 11; Stein/Jonas/Roth, § 6 Rn. 16. 3 OLG Köln, JurBüro 1971, 86. 4 OLG Nürnberg, JurBüro 1961, 508. 5 OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.4.1997 – 16 W 13/97, OLGR 1998, 156; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.9.2003 – 7 W 167/03; LAG Mainz, Urt. v. 16.10.2006 – 19 Sa 701/06. 6 BGH, Beschl. v. 12.6.1991 – XII ZR 30/91, MDR 1992, 83 = NJW-RR 1991, 1210. 7 So etwa OLG Hamm, Beschl. v. 9.5.1984 – 6 WF 285/84, MDR 1984, 765. 8 OLG Bamberg, Beschl. v. 30.1.1990 – 1 W 130/89, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 128 = JurBüro 1990, 773; KG, JW 1931, 1047; OLG München, Beschl. v. 10.3.1997 – 28 W 2542/96, MDR 1997, 599 – Auflassung; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 24. 9 LAG Mainz, Urt. v. 16.10.2006 – 19 Sa 701/06 – zur Wertentwicklung bei Personalcomputern. 10 BGH, Beschl. v. 12.6.1991 – XII ZR 30/91, MDR 1992, 83 = NJW-RR 1991, 1210. 11 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.9.2003 – 7 W 167/03. 12 OLG Frankfurt, JurBüro 1960, 303; OLG Frankfurt, Rpfleger 1969, 356.
1088
Kurpat
Verkehrswert stücks entsprechen nicht dem Verkehrswert, sondern stellen nur Anhaltspunkte für dessen Ermittlung dar.1 Von kostenträchtigen Ermittlungen ist abzusehen, wenn auf ein für andere Gerichtsverfahren eingeholtes Wertgutachten zurückgegriffen werden kann.2 Der Verkehrswert bestimmt sich nicht ohne Weiteres nach einem etwaig vereinbarten Kaufpreis, obschon dieser einen Anscheinsbeweis für die Höhe des Verkehrwerts begründet.3 Besteht der Kaufpreis in der Zahlung einer lebenslangen Rente und der Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts, so bemisst sich der Grundstückswert nach der statistischen Lebenserwartung des Verkäufers bei Vertragsschluss und nicht nach der tatsächlichen Lebensdauer.4 Ein etwaig vorhandenes Affektionsinteresse bleibt unberücksichtigt.5 In der Rechtssprechung ist der Verkehrswert gewerblich genutzter Grundstücke im (groß)städtischen Bereich nach dem 4-fachen Einheitswert bzw. dem 10-fachen Jahresmietertrag,6 dem 15-fachen Jahresmietertrag7 und dem 17-fachen Jahresmietwert8 bestimmt worden.
5717
Bei einem unbebauten Grundstück, welches in einem Flächennutzungsplan als Grünfläche ausgewiesen ist, kommt dem Umstand, das eine spätere Bebauung gleichwohl noch in Betracht kommen kann – entgegen der Auffassung des OLG Nürnberg9 – nicht grundsätzlich eine werterhöhende Bedeutung zu. Wird Land als Grünfläche ausgewiesen, dann kann es auch nur als Grünfläche bewertet werden. Besteht hingegen eine reale Chance, dass die planungsmäßig vorgesehene Flächennutzung nicht endgültig ist, das Land also doch bebaut werden darf, kann dies den Verkehrswert erhöhen, weil solches Land gewissermaßen als „Bauerwartungsland“ betrachtet und gehandelt wird.
5718
Wertmindernde Umstände sind zu berücksichtigen, etwa wenn ein bebautes Grundstück teilweise mit Gebäuden versehen ist, die ohne Baugenehmigung errichtet worden sind.10 Rechtsbeschränkungen, die am Objekt haften und seinen wirtschaftlichen Wert mindern, müssen bei der Streitwertfestsetzung ermäßigend beachtet werden.11
5719
II. Belastungen Die auf dem Grundstück ruhenden Lasten (Hypotheken, Grundschulden) sind bei der Streitwertfestsetzung nicht wertmindernd zu berücksichtigen, da das Grundstück entweder lastenfrei oder unter Anrechnung fortbestehender Belastungen auf den Kaufpreis übertragen werde.12
1 OLG Dresden, Beschl. v. 7.1.2003 – 6 W 240/99, JurBüro 2003, 475. 2 Vgl. OLG Celle, Beschl. v. 29.9.2009 – 4 W 126/09, OLGR 2009, 1024. 3 OLG Bamberg, Beschl. v. 30.1.1990 – 1 W 130/89, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 128 = JurBüro 1990, 773; Hartmann, KostG, Anh. I § 48 GKG (§ 6 ZPO) Rn. 4. 4 OLG Koblenz, Beschl. v. 18.5.1999 – 5 W 318/99, NJW-RR 2000, 163. 5 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 11; Stein/Jonas/Roth, § 6 Rn. 16. 6 OLG Nürnberg, JurBüro 1967, 163. 7 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.9.2003 – 7 W 167/03. 8 LG München I, Beschl. v. 7.2.1995 – 29 O 12882/93, WuM 1995, 197 = JurBüro 1995, 482; bestätigt von OLG München, Beschl. v. 24.3.1995 – 21 W 1088/95, ZAP EN-Nr. 356/95. 9 OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.4.1969 – 4 W 30/68, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 28. 10 OLG Bamberg, Beschl. v. 2.2.1983 – 1 W 124/82, JurBüro 1983, 918. 11 Vgl. auch OLG Neustadt, JR 1958, 384 – Preisstopp. 12 BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518; BGH, JurBüro 1982, 697; OLG Bamberg, Beschl. v. 2.6.1992 – 3 W 399/92, JurBüro 1992, 629; Beschl. v. 30.1.1990 – 1 W 130/89, JurBüro 1990, 773; KG, MDR 2001, 56; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 4.9.2003
Kurpat
1089
5720
Verkehrswert
ZPO
5721
Dagegen sind Belastungen, mit denen eine nachhaltige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks verbunden ist, wertmindernd in Ansatz zu bringen. Hierzu zählen beispielsweise Erbbaurechte,1 Baubeschränkungen,2 Wegerechte3 und Grunddienstbarkeiten. Über eine streitwertmindernde Berücksichtigung beschränkt persönlicher Dienstbarkeiten, wie dem Nießbrauch oder dem Wohnrecht, besteht Uneinigkeit.4
C. Verkehrswert beweglicher Sachen I. Allgemeines 5722
Auch hier bestimmt sich der Verkehrswert nach dem auf dem freien Markt zu erzielenden Verkaufserlös. Dieser ist – beispielsweise bei gebrauchten Kraftfahrzeugen – nicht identisch mit dem Händlereinkaufspreis oder dem Betrag, zu dem die Sache in Zahlung genommen wird, sondern liegt regelmäßig darüber.5
5723
Bei fabrikneuen Gegenständen kann für die Bemessung der Listenpreis (U.V.P.) des Herstellers herangezogen werden.6 Bei gebrauchten Sachen ist der Wert ggf. anhand von Zeitwertlisten zu ermitteln.7 Bei Kraftfahrzeugen in beiden Fällen sind neben Typ, Baujahr und Laufleistung auch die Anzahl der Vorbesitzer, Nutzungsart, Allgemeinzustand, Umfang und Qualität zurückliegender (unfallbedingter) Repaturmaßnahmen und Schäden zu berücksichtigen.8
II. Sonderfälle 5724
Wird auf Herausgabe oder Duldung der Wegnahme eingebauter Sachen geklagt, ist der Streitwert gem. § 6 ZPO nach dem Verkehrswert zu berechnen, weil das Klagebegehren auf Erlangung des Besitzes an den Sachen gerichtet ist. Die Wegnahme, deren Duldung begehrt wird, ist gegenüber der Herausgabe nur ein anderes Mittel der Besitzverschaffung. Dieser Unterschied ist für die Anwendung des § 6 ZPO bedeutungslos. Wertbestimmend ist in beiden Fällen der regelmäßig verminderte Wert dieser Sachen, den sie nach der Trennung haben werden. Die Kosten für den Ausbau bleiben bei der Wertfestsetzung ebenso unberücksichtigt, wie die Kosten der Wiederherstellung des Wegnahmeberechtigten für die
1 2 3 4
5 6 7 8
– 7 W 167/03; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 26; krit. noch die 12. Auflage, s. weitere Nachw. bei den Stichwörtern „Auflassung“ und „Grundstück“, Rn. 2887 ff. OLG Bamberg, Beschl. v. 2.6.1992 – 3 W 38/92, JurBüro 1992, 629. MünchKomm.ZPO/Wöstmann, § 6 ZPO Rn. 12. BGH, JurBüro 1958, 387; Zöller/Herget, § 6 ZPO Rn. 2. Bejahend: OLG Karlsruhe, JurBüro 1955, 446 – Wohnrecht; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.3.1997 – 7 W 1/97, OLGR 1997, 324 – Nießbrauch; verneinend: BGH, Beschl. v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518 – Nießbrauch und Wohnrecht; Beschl. v. 11.12.1981 – V ZR 49/81, JurBüro 1982, 697 = ZIP 1982, 221; Beschl. v. 13.6.1958 – V ZR 268/56, NJW 1958, 1397 – Nießbrauch; MünchKomm.ZPO/Wöstmann, § 6 ZPO Rn. 12; Stein/Jonas/ Roth, § 6 ZPO Rn. 17. KG, Rpfleger 1962, 155 – Pkw; LAG Hessen, Urt. v. 16.10.2006 – 19 Sa 701/06: Laptop; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 14 m.w.N. OLG Köln, Beschl. v. 21.11.1961 – 4 W 89/61, JurBüro 1962, 168 = JMBl.NW 1962, 168 – Neufahrzeug. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 7.8.1990 – 5 W 145/90, JurBüro 1990, 1661 – Bewertung von Gebrauchtfahrzeugen anhand der sog. Schwacke-Liste. OLG Koblenz, Beschl. v. 26.1.2009 – 5 W 62/09, JurBüro 2009, 429 = AGS 2009, 402; LAG Koblenz, Beschl. v. 4.10.2007 – 1 Ta 174/07, NZA-RR 2008, 324 (Ls.).
1090
Kurpat
Verkehrswert Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes.1 Auch die Mittel, die der Beklagte für eine zwischenzeitlich erfolgte Montage der herauszugebenden Gegenstände aufgewandt hat, bleiben für den Streitwert und die Beschwer (des Herausgabeschuldners) außer Ansatz.2 Ohne Bedeutung ist der Wert einer Sache, wenn mit der Duldung der Wegnahme die Duldung einer über den Besitzverlust hinausgehenden Beeinträchtigung angestrebt wird, beispielsweise die Wegnahme einer Messvorrichtung, die der Einstellung der Energieversorgung dient. Hier bestimmt sich der Streitwert gem. § 3 ZPO nach dem klägerischen Interesse an der Versorgungseinstellung und nicht gem. § 6 ZPO nach dem Wert der Messeinrichtung (s. ausführlich unter dem Stichwort „Energie- und Wasserversorgung“).
5725
Bei der Klage auf Herausgabe von Schlüsseln ist danach zu unterscheiden, ob die Klage auf die Verschaffung des Besitzes an der verschließbaren Sache oder nur an einem (weiteren) Schlüssel zielt. Dies wird regelmäßig davon abhängen, ob sich die Sache bereits im Besitz des Klägers befindet.
5726
Wird nur die Herausgabe eines Not- oder Zweitschlüssels verlangt, ist deren Wert maßgeblich, wobei für die Wertermittlung auf die fiktiven Kosten der Beschaffung von Zweitschlüsseln oder der Erneuerung der Schließanlage abgestellt werden kann.3 Zielt die Herausgabe der Schlüssel demgegenüber auf die Einräumung des Besitzes – beispielsweise – an Räumlichkeiten, ist gem. § 6 ZPO deren Verkehrswert wertbestimmend. Bewertungsrechtliche Sondervorschriften, wie etwa für die Einräumung des Besitzes an einer Miet- oder Pachtsache (§ 8 ZPO, § 41 GKG) sind zu beachten.4 Der Verkehrswert herauszugebender Edelmetalle richtet sich nach dem zurzeit der Klageeinreichung geltenden Börsen-Ankaufswert.5
5727
Bei einer Klage auf Herausgabe von Urkunden bestimmt sich der Wert in keinem Fall nach dem bloßen Papierwert. Vielmehr ist nach der Art der Urkunde zu unterscheiden: Wird schließlich auf Herausgabe von echten Wertpapieren (Inhaberund Orderpapiere) geklagt, richtet sich der Streitwert gem. § 6 ZPO nach dem Wert des darin verbrieften Rechts. Denn hier folgt das Recht aus dem Papier dem Recht am Papier.6
5728
Bei allen sonstigen Urkunden, insbesondere den qualifizierten Legitimationspapieren und den bloßen Beweisurkunden, ist nicht der Wert des von ihnen erfassten Rechts für die Bewertung in Ansatz zu bringen, sondern gem. § 3 ZPO das Interesse des Klägers an der Verfügungsgewalt über das Dokument.7 Hierbei kann die Bewertung im Einzelfall, etwa wenn das verbriefte Recht bei anderweitigem Besitz gefährdet oder dauerhaft nicht durchsetzbar ist, dem Wert des verbrieften Rechts entsprechen.8 Geht es um die Herausgabe von Geschäftspapieren, ist deren
5729
1 BGH, Beschl. v. 12.6.1991 – XII ZR 30/91, JurBüro 1991, 460 – Beschwer; KG, Rpfleger 1971, 227; LAG Kiel, Beschl. v. 26.9.2008 – 6 Sa 267/08; Zöller/Herget, § 6 Rn. 5. 2 LAG Kiel, Beschl. v. 26.9.2008 – 6 Sa 267/08. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.12.1992 – 11 W 123/92, OLGR 1993, 79. 4 Zöller/Herget, § 6 ZPO Rn. 5; LG Halle, Beschl. v. 20.5.1994 – 2 T 175/94, MDR 1994, 208. 5 BGH, Beschl. v. 12.6.1991 – II ZR 65/91, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 131 = NJW-RR 1991, 1210 – Goldbarren; OLG Rostock, Urt. v. 16.7.2008 – 1 U 48/08, MDR 2009, 133; OLG Düsseldorf, JurBüro 1969, 175; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 18. 6 BGH, Beschl. v. 25.4.1989 – XI ZR 18/89, NJW 1989, 2755; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Besitz“ Rn. 19; Zöller/Herget, § 6 Rn. 7. 7 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.5.1999 – 11 W 23/99, MDR 1999, 891; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 7.8.1990 – 5 W 145/90, JurBüro 1990, 1661. 8 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 7.8.1990 – 5 W 145/90, JurBüro 1990, 1661 – keine Möglichkeit der Fahrzeugveräußerung bei fehlendem Besitz des Kfz-Briefes.
Kurpat
1091
ZPO
Verlagsrecht Bedeutung für die Fortführung des Unternehmens und Verpflichtung zur Abgabe steuerlicher Erklärungen zu berücksichtigen.1 5730
Der Streitwert einer Klage des Bürgen auf Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde bestimmt sich nach dem klägerischen Interesse eine Inanspruchnahme als Bürge zu verhindern.2 Ist die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung der Bürgschaft äußerst gering, kann eine Wertfestsetzung von wenigen Prozent der Bürgschaftsforderung angemessen sein.3
5730a
Steht die Herausgabe von Behandlungsunterlagen im Streit, dann bestimmt sich der Wert nach dem Informations- und Beweisinteresse des Klägers. Maßgeblich ist, inwieweit die Durchsetzbarkeit seines (anderweitigen) Anspruchs von der Vorlage der Unterlagen abhängt. In der Regel wird eine Bruchteilsbewertung zwischen 1/4 und 1/10 des Hauptsachewertes angemessen sein.4 Siehe im Einzelnen bei einschlägigen Stichwörtern, beispielsweise „Wertpapiere“, „Kraftfahrzeugbrief“ und „Sparkassenbuch“.
5730b
Bei einem Streit um die Herausgabe eines gerichtlichen Titels bestimmt sich der Wert nach dem Besitzinteresse. Dieses besteht bei dem Titelschuldner nicht darin, den Vollstreckungstitel für eigene Zwecke zu nutzen, sondern einen Missbrauch des Titels zu verhindern. Liegt bereits eine die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärende Entscheidung vor, ist eine geringe Bruchteilsbewertung geboten. Will der Titelschuldner dagegen allein mit dem Herausgabeantrag die Vollstreckbarkeit beseitigen, dann entspricht der Wert dem eines Vollstreckungsabwehrantrages (§ 767 ZPO). Dieser wiederum bemisst sich nach dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung, mithin dem Nennbetrag des vollstreckbaren Anspruchs ohne Rücksicht auf seine Realisierbarkeit.5
Verlagsrecht Siehe das Stichwort „Urheberrecht, Verlagsrecht“.
Verlustigerklrung Literatur: Enders, JurBüro 2003, 562.
5731
Der Beschluss über die Verlustigerklärung ergeht nach Rücknahme des Rechtsmittels von Amts wegen. Ebenfalls enthalten ist in diesem Beschluss die Entscheidung, dass der Rechtsmittelführer die Kosten des Rechtsmittels zu tragen hat (§§ 516 Abs. 3, 565 ZPO). Gerichtsgebühren fallen für diesen Beschluss nicht
1 LAG Koblenz, Beschl. v. 4.10.2007 – 1 Ta 174/07, NZA-RR 2008, 324 (Ls.). 2 OLG Schleswig, Beschl. v. 6.5.2014 – 1 W 21/14 – mit ausf. Darstellung des Meinungsstandes. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. 9.12.2013 – 23 W 57/13: 5 %; OLG Hamm, Beschl. v. 22.9.1993 – 2 W 161/93; OLG Köln, Beschl. v. 22.2.2013 – 19 W 6/13: 5 %; Beschl. v. 11.9.1996 – 19 W 46/96, NJW-RR 1997, 381: 20–30 %. 4 OLG München, Beschl. v. 2.3.2012 – 1 W 357/12: ca. 1/4; OLG Köln, VersR 2010, 693; OLG München, Beschl. v. 13.4.2007 – 1 W 1328/07; OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.4.2010 – 5 W 620/10, VersR 2011, 818. 5 BGH, Beschl. v. 17.9.2014 – XII ZB 284/13, AGS 2014, 565.
1092
Kurpat/Noethen
Vermchtnisansprche an, so dass es insoweit einer Streitwertfestsetzung nicht bedarf. Hinsichtlich der – für die Praxis selten relevanten – Bestimmung des Gegenstandswerts für die Anwaltsgebühren, kann auf die Ausführungen beim Stichwort „Berufungsrücknahme“ verwiesen werden.
Vermchtnisansprche Der Wert bestimmt sich bei einem Geldvermächtnis gem. § 3 ZPO nach dem Wert der Forderung.
5732
Sind bestimmte Sachen vermacht, gilt gem. § 6 ZPO der Wert des dem Vermächtnis zugrunde liegenden Gegenstandes. Das gilt auch für ein sog. Verschaffungsvermächtnis (§ 2170 BGB).
5732a
Ist ein Grundstück vermacht und richtet sich der Anspruch auf die Zustimmung 5732b zur Auflassung, ist der volle Verkehrswert gem. § 6 ZPO maßgeblich.1 Gleiches gilt bei einer Klage gegen einen oder mehrere Miterben auf Übereignung des durch Vermächtnis zugewandten Grundstücks (Erklärung der Auflassung und Bewilligung der Grundbucheintragung); hier richtet sich der Streitwert nach dem vollen Verkehrswert des Grundstücks und nicht lediglich nach dem Bruchteil des Wertes, der sich durch den Erbteil der verklagten Miterben ergibt.2 Soweit dies für die Erbauseinandersetzungsklage zwischen Miterben angezweifelt wird,3 beruht das auf dem – im Streitfall nicht einschlägigen – Umstand, dass der Erbteil des klagenden Miterben außer Betracht bleiben soll.4 Sind dem Vermächtnisnehmer wiederkehrende Leistungen zugedacht worden, sind diese gem. § 9 ZPO mit dem 3 1/2-fachen Jahresbetrag anzusetzen, sofern der Bezugszeitraum nicht geringer ist. Es handelt sich nicht um die Geltendmachung gesetzlicher Unterhaltsansprüche i.S.d. § 42 Abs. 1 GKG.5
5732c
Der Streitwert bei einem Streit über ein durch Testament vermächntnisweise eingeräumtes Wohnrecht richtet sich nach § 9 ZPO und ist nach dem 3,5-fachen Wert des einjährigen Wertes des Wohnrechts – der zu schätzen ist – zu bestimmen.6
5732d
Wird zunächst nur Auskunft verlangt, ist ein Bruchteil anzusetzen. Siehe hierzu das Stichwort „Auskunftsanspruch“.
5733
Für einen gemeinsamen Vergleich über den Auskunfts- und den Pflichtteilsanspruch gilt gem. § 5 ZPO nur der höhere Wert des Pflichtteilsanspruchs.7
5734
1 OLG Bamberg, Beschl. v. 15.10.1987 – 3 W 110/87, JurBüro 1988, 517. 2 OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.3.2012 – 12 W 444/12, MDR 2012, 978 = AGS 2012, 307. 3 BGH, Urt. v. 20.4.1975 – III ZR 173/72, NJW 1975, 1415; OLG Düsseldorf, OLGR 2001, 284. 4 Zutreffend OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.3.2012 – 12 W 444/12, MDR 2012, 978 = AGS 2012, 307. 5 LG Oldenburg, Beschl. v. 21.11.1950 – T 646/50, JurBüro 1951, 269 zu § 9 ZPO a.F.: 12,5-facher Jahresbetrag. 6 LG Deggendorf, Urt. v. 22.1.2002 – 1 O 438/01, ZEV 2003, 247. 7 AG Ludwigslust, Beschl. v. 27.2.2002 – 2 C 809/99.
Noethen/Monschau
1093
ZPO
Vermehrte Bedrfnisse
Vermehrte Bedrfnisse 5735
Soweit aufgrund eines Schadensfalls vermehrte Bedürfnisse geltend gemacht werden, ist bei bezifferten einmaligen Forderungen deren Wert maßgebend. Werden wiederkehrende Leistungen in Form einer Rente geltend gemacht, gilt gem. § 9 ZPO für die zukünftigen Forderungen der dreieinhalbfache Jahresbetrag; bei Klageeinreichung fällige Beträge sind hinzuzurechnen (s. das Stichwort „Rente“, Rn. 4791). Bei einem Feststellungsantrag sind die anfallenden vermehrten Bedürfnisse zu schätzen (und ggf. nach § 9 ZPO zu begrenzen); davon ist dann je nach den Umständen des Einzelfalls ein Feststellungsabschlag vorzunehmen (s. das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2277 ff.).
Vermçgensrechtlicher Anspruch Siehe das Stichwort „Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit“.
Vermçgensverzeichnis, Errichtung Siehe das Stichwort „Stufenklage“.
Verçffentlichungsbefugnis 5736
Der Anspruch des Klägers, das erstrittene Urteil öffentlich bekannt zu machen, ergibt sich zumeist als Folgeanspruch aus Wettbewerbsverletzungen (vgl. § 7 UKlaG, § 12 Abs. 3 UWG, § 103 UrhG; s. hierzu auch das Stichwort „Gewerblicher Rechtsschutz“, Rn. 2663, 2805 f.) bzw. aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht bei Ehrverletzungen.
5737
Der Wert der öffentlichen Bekanntmachung eines Urteils in mehreren Zeitungen beschränkt sich nicht auf die Druckkosten,1 sondern ist nach dem Interesse des die Veröffentlichung Beanspruchenden zu schätzen. Überwiegend werden 10 % des Wertes des Unterlassungsanspruchs angesetzt.2
5738
Ist der Klageantrag auf Bewilligung einer Veröffentlichungsbefugnis mit einer Unterlassungs- oder Schadensfeststellungsklage verbunden, hat er nach Meinung einiger Gerichte keinen eigenen Streitwert.3 Diese Auffassung ist allerdings bedenklich. Sie verstößt gegen den Grundsatz, dass das Begehren, also das Interesse des Klägers, für den Streitwert maßgebend ist. Wer aber zur Unterlassung zusätzlich Veröffentlichung begehrt, verlangt mehr als nur Unterlassung und erhält auf-
1 OLG Hamm, JMBl.NW 1954, 177. 2 OLG Köln, Urt. v. 14.4.2000 – 6 U 135/99, ZIP 2000, 2017; OLG Celle, Urt. v. 2.3.2000 – 13 U 280/98, GRUR-RR 2001, 125; OLG Nürnberg, Urt. v. 20.7.1999 – 3 U 1559/99, JurBüro 2000, 275. 3 OLG Stuttgart, NJW 1959, 890; OLG Karlsruhe, WRP 1958, 190; OLG Nürnberg, JurBüro 1967, 72.
1094
N. Schneider/Noethen
Versicherungsschutz grund der Wirkungen einer solchen Veröffentlichung auch mehr. Das sollte bei der Streitwertbemessung zum Ausdruck kommen.1
Versicherungsschutz Stichwortübersicht Abschluss einer Risikoversicherung Abzug für positive Feststellungsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansprüche, Berechtigung . . . . . . . . Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . Deckungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . – Feststellungsklage. . . . . . . . . . . . – Leasingvertrag. . . . . . . . . . . . . . . – Pfändungs- und Überweisungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Rechtsschutzversicherung . . . . . Feststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feststellungsantrag für Zukunft . . . Feststellungswiderklage . . . . . . . . . Feuerversicherung . . . . . . . . . . . . . Haftpflichtsachen . . . . . . . . . . . . . . Haftpflichtversicherungsschutz . . . Höchsthaftungssummen. . . . . . . . . Insassen-Unfallversicherungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kfz-Haftpflichtversicherung, Deckungsschutzprozess . . . . . . . Klägerinteresse – an Lebensversicherungssumme . . Krankenhaustagegeld-Versicherung Krankenversicherungsvertrag . . . . . Künftige Leistung der Versicherungssumme . . . . . . . . . . . . . . . .
Rn.
Rn.
. . 5754
Lebensversicherungsvertrag – Anfechtung und Widerklage . . . . . . 5786 – Feststellungsklage auf Bestehen . . . 5773 Leistung der Sicherung an Dritten . . . 5746 Leistung der Versicherungssumme . . . 5755 Leistungen des Versicherten an Verletzten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5748 Negative Feststellungsklage . . . . . . 5771 ff. Prämienzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5785 Rechtsschutzversicherung . . . . . 5768, 5776 Regressverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . 5782 f. Rente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5769 Rückzahlung der Prämie. . . . . . . . . . . 5756 Schmerzensgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . 5769 Selbstbeteiligung, vereinbarte. . . . . . . 5778 Unbegründete Forderungen . . . . . . . . 5752 Verdienstausfall . . . . . . . . . . . . . . . . . 5769 Vergleich über Beitragsweiterentrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5758 Versicherungsverhältnis, Interesse an Aufrechterhaltung . . . . . . . . . . . 5780 Versicherungsvertrag – unwirksamer . . . . . . . . . . . . . . . . . 5756 Vorschusszahlungen der Versicherungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . 5750 ff. Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5784 ff. Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5747 Zukünftige Deckung, Feststellungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5769
. . 5746 . . 5745 . . 5765 5774 ff. 5768 ff. . . 5768 . . 5749 . . 5776 5759 ff. . . 5769 . . 5785 . . 5762 . . 5742 . . 5753 . . 5743 . . 5779 . . 5781 . 5760 f. . 5765 f. . . 5763 . . 5755
A. Anzuwendende Vorschriften Da das GKG insoweit keine besonderen Wertvorschriften enthält, gelten über § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG für den Gebührenstreitwert die gleichen Bewertungsgrundsätze wie für den Zuständigkeitsstreitwert. Gleiches gilt für die Anwaltsgebühren (§ 23 Abs. 1 RVG).
5739
Die Klage auf Leistung einer bezifferten Versicherungssumme ist nach dem Antrag zu bemessen (§§ 3, 6 ZPO). Werden laufende Leistungen verlangt, gelten die §§ 3, 9 ZPO.
5740
1 Richtig daher: OLG Frankfurt, JurBüro 1972, 706 und OLG Hamburg, MDR 1977, 142, welche die Veröffentlichungsbefugnis gesondert bewerten; s. auch OLG Frankfurt, GRUR 1955, 450.
Noethen/N. Schneider
1095
ZPO
Versicherungsschutz 5741
Wird Freistellung verlangt, ist nach § 3 ZPO der Wert der freizustellenden Forderung maßgebend (s. das Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“, Rn. 1554 ff.).
5742
In Haftpflichtsachen ist grundsätzlich der Betrag anzusetzen, der gegen den Versicherungsnehmer aus einem Haftpflichtfall gefordert wird.1 Zu offensichtlich unbegründeten Ansprüchen s. Rn. 5752.
5743
Die Angabe von Höchsthaftungssummen (Freistellung „bis zur Höhe von … Euro“) ist für den Streitwert belanglos, solange der freizustellende Betrag nicht darüber liegt.2
5744
Das Interesse des Versicherten ist auch nicht auf den Wert seines möglichen Regressanspruchs beschränkt, der durch geschäftsplanmäßige Erklärungen einer Begrenzung unterliegt, die wesentlich unter der möglichen Inanspruchnahme des Versicherten durch den Geschädigten liegen kann.3
5745
Auch die Berechtigung der Ansprüche, die der Verletzte geltend macht, ist bei der Wertfestsetzung grundsätzlich nicht zu prüfen,4 sondern nur in Ausnahmefällen.5
5746
Das OLG Düsseldorf6 unterscheidet danach, ob der geschädigte Dritte bereits bezahlt worden ist (voller Wert) oder die Leistung noch aussteht (Abzug von 20 % wie bei positiver Feststellungsklage).
5747
Zinsansprüche bleiben außer Ansatz.7
5748
Bei Leistungen, die vom Versicherten an den Verletzten zu erbringen sind und für die der Versicherer einstehen soll, sind grundsätzlich diese Leistungen zzgl. der Kosten einer Verteidigung gegenüber den Ansprüchen des Verletzten Streitgegenstand auch des Deckungsprozesses.8
5749
Das gilt auch dann, wenn der Geschädigte den Anspruch des Schädigers auf Deckungsschutz gegen dessen Versicherungsnehmer aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einklagt. Sind die Ansprüche des Geschädigten bereits durch Gerichtsurteil tituliert, dann steht damit der Streitwert fest (Verurteilungssumme nebst Zinsen und Kosten).
5750
Der Streitwert einer Leistungsklage umfasst auch den Betrag etwaiger Vorschusszahlungen der die Schadensersatzpflicht bestreitenden Versicherungsgesellschaft des Schuldners, wenn diese Zahlungen ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückerstattung geleistet worden sind.9
5751
Wird über diese Ansprüche jedoch erst vorprozessual verhandelt, dann ist die Forderung des Geschädigten nicht ohne Weiteres wertbestimmend. Der Versicherer hat nur für begründete Ansprüche einzustehen.
5752
Deshalb macht die Rechtsprechung insoweit eine Einschränkung, dass bei der Streitwertfestsetzung für den Deckungsschutzprozess solche Forderungen des Verletzten unberücksichtigt zu bleiben haben, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen offensichtlich unbegründet sind.10 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
OLG München, VersR 1968, 1083; OLG Bamberg, JurBüro 1981, 433. OLG Bamberg, JurBüro 1981, 433 mit Anm. Mümmler. OLG Schleswig, VersR 1977, 333. OLG Nürnberg, JurBüro 1968, 542; OLG Frankfurt, JurBüro 1983, 1086. OLG Nürnberg, JurBüro 1970, 305; OLG Düsseldorf, VersR 1974, 1034: Abstriche von illusionären Ansprüchen. OLG Düsseldorf, VersR 1974, 1034. OLG Nürnberg, VersR 1978, 854. So jetzt auch BGH, MDR 1976, 649. OLG Karlsruhe, Justiz 1965, 144. OLG Frankfurt, JurBüro 1983, 1086; OLG Hamm, JurBüro 1989, 523.
1096
N. Schneider
Versicherungsschutz Auch der Streitwert von Klagen auf Gewährung von Haftpflichtversicherungsschutz ist nach § 3 ZPO zu schätzen.1
5753
Wird auf Abschluss einer Risikoversicherung auf den Todesfall geklagt, so ist das Wertinteresse des Klägers ebenfalls nach § 3 ZPO zu bestimmen.2
5754
Bei der Festsetzung des Streitwertes eines Anspruchs auf zukünftige Leistung der Versicherungssumme ist von dieser ein gewisser, nicht sehr bedeutender Abzug vorzunehmen (§ 3 ZPO). Er rechtfertigt sich durch die fehlende Fälligkeit und die Notwendigkeit, bis zum Fälligkeitsjahr die Prämien weiterzuzahlen.3
5755
Werden nebeneinander Ansprüche auf Rückzahlung der Versicherungsprämie wegen Unwirksamkeit des Versicherungsvertrags und auf Regulierung eines Schadens wegen wirksamen Versicherungsvertrages geltend gemacht, dann sind die Werte dieser Ansprüche nicht zusammenzurechnen, sondern es ist nur der höhere Anspruch maßgebend.4
5756
Dies erklärt sich daraus, dass die Ansprüche einander ausschließen: entweder besteht der Versicherungsvertrag oder er besteht nicht, und je nachdem hat die Partei den einen Anspruch oder den anderen, keinesfalls aber beide.
5757
Der Wert der in einem Vergleich übernommenen Verpflichtung zur Weiterzahlung des Beitrages für eine Lebensversicherung oder Aussteuerversicherung bemisst sich nach dem 3,5-fachen Jahresbeitrag.5
5758
B. Feststellung Bei Klagen des Versicherten auf (positive) Feststellung, dass ein Versicherungsvertrag besteht, kommt es für die Bewertung auf die Natur des Versicherungsvertrags an.
5759
Geht es beispielsweise um einen Lebensversicherungsvertrag, dann ist das Interesse des Klägers auf die Versicherungssumme gerichtet, die im Todes- oder Erlebensfalle vom Versicherer zu zahlen ist.
5760
Das OLG Karlsruhe6 hat dieses Interesse mit 1/4 des Betrags der Versicherungssumme geschätzt. Das OLG Hamm7 legt das Prämienaufkommen für vier Jahre zugrunde, wenn nicht zusätzlich noch Leistungen eingeklagt werden, die diesen Betrag übersteigen. Die Beschwer wird vom BGH festgesetzt auf den Endbetrag abzgl. 20 %, wobei Überschüsse nur anteilig Berücksichtigung finden.8
5761
Für eine Feuerversicherung z.B. ist Ausgangspunkt der Betrag der Deckungssumme, die im Einzelfall zu zahlen wäre.
5762
Beim Krankenversicherungsvertrag und entsprechenden Verträgen richtet sich der Streitwert nach den zu erwartenden Versicherungsleistungen, die nach § 3 ZPO zu schätzen sind.9
5763
1 2 3 4 5 6 7 8 9
BGH, VersR 1952, 64. OLG Braunschweig, JurBüro 1975, 1099. OLG Hamburg, JurBüro 1957, 320. OLG Hamm v. 27.7.1984 – 20 W 43/84, VersR 1984, 1086 = KostRsp. GKG § 19 Nr. 89 zu § 19 Abs. 4 a.F. OLG Celle, JurBüro 1968, 830 zu § 9 ZPO a.F.: 12,5-facher Jahresbeitrag. OLG Karlsruhe, DRZ 1934 Nr. 269. OLG Hamm, Beschl. v. 26.4.1993 – 20 W 15/93, AnwBl. 1994, 45. BGH, Beschl. v. 12.2.1992 – IV ZR 241/91, NJW-RR 1992, 608. OLG Hamburg, VersR 1952, 362.
N. Schneider
1097
ZPO
Versicherungsschutz 5764
Den Streitwert einer Klage auf Feststellung des Bestehens einer Krankenversicherung hat das OLG München1 nach dem fünfjährigen Betrag der Versicherungsprämie berechnet.
5765
Den Streitwert einer Klage des Versicherten auf Feststellung des Bestehens einer Krankenhaustagegeld-Versicherung hat das OLG Köln2 gem. § 3 ZPO auf den Betrag von fünf Jahresprämien geschätzt. Dieser Auffassung hat sich das OLG München angeschlossen.3 Abweichend hiervon stellt das OLG Saarbrücken die Prognose an, wie lange der Versicherungsvertrag noch fortbestehen werde.4 Das Gericht kam, weil der Kläger relativ jung war und der Vertrag bis zum 65. Lebensjahr des Versicherungsnehmers lief, gem. § 9 ZPO a.F. zum 12,5-fachen Jahresbetrag. Zweifelhaft erscheint, ob der Senat jetzt den Rechtsgedanken des § 9 ZPO (nur noch 3,5-facher Jahresbetrag) noch heranziehen würde.5 Die Klage auf Feststellung, dass eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zu bestimmten Lebensversicherungsverträgen nicht durch Rücktritt der beklagten Versicherungsgesellschaft beendet worden sei, hat der BGH in Anwendung des § 9 ZPO a.F. berechnet, also nach dem 12,5-fachen Jahresbetrag der monatlichen Rentenleistungen, und davon einen Feststellungsabschlag von 50 % gemacht.6 Warum statt der üblichen 20 % hier 50 % abgezogen worden sind, lässt sich nicht nachvollziehen.
5766
Das OLG Karlsruhe7 stellt demgegenüber bei einer Klage auf Feststellung der Verpflichtung, Leistungen aus einer Krankentagegeldversicherung für die ungewisse Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu erbringen, unter Berücksichtigung eines Feststellungsabschlags von 20 % auf den Bezug von sechs Monaten ab. Während ein Versicherungsvertrag regelmäßig auf unbestimmte Zeit geschlossen werde und deshalb – wenn sein Fortbestand festgestellt werden solle – die entsprechende Anwendung der Bewertungsvorgaben des § 9 ZPO gerechtfertigt sei, liege die regelmäßige Bezugsdauer von Krankentagegeld deutlich unter dreieinhalb Jahren, mag ein solcher Zeitraum in Einzelfällen auch nicht ausgeschlossen sein. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung erscheint dem Senat die Ermittlung des Streitwerts unter Zugrundelegung einer halbjährigen Bezugsdauer angemessen.
5767
Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Gewährung von Deckungsschutz aus einer Rechtsschutzversicherung richtet sich gem. § 3 ZPO grundsätzlich nach den voraussichtlichen, durch die gerichtliche oder außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers entstehenden Kosten, deren Übernahme durch den Versicherer er erstrebt, abzgl. eines Feststellungsabschlags von 20 %.8
5768
Bei der Deckungs-Feststellungsklage ist nach h.M. grundsätzlich der übliche Abschlag von 20 % vorzunehmen,9 auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Feststellungsklage den Streit zwischen den Parteien endgültig erledigt, z.B., wenn gegen einen Rechtsschutzversicherer auf Feststellung der Deckungspflicht für die Kosten einer Instanz geklagt wird. Der Abschlag ist aber keine starre Größe 1 OLG München, Beschl. v. 30.5.1989 – 17 W 1663/89, r+s 1990, 106. 2 OLG Köln, JurBüro 1977, 1130. 3 OLG München, Beschl. v. 30.5.1989 – 17 W 1663/89, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 988 mit Anm. E. Schneider. 4 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 15.3.1993 – 5 W 34/93, JurBüro 1993, 738. 5 So offenbar Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Versicherungsschutz“ Rn. 2. 6 BGH, Beschl. v. 11.7.1990 – IV ZR 100/90, NJW-RR 1990, 1361; ebenso BGH, Beschl. v. 13.2.1992 – IV ZR 241/91, NJW-RR 1992, 608. 7 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.3.2006 – 12 W 18/06, AGS 2006, 453 = OLGR 2006, 406. 8 BGH, Beschl. v. 8.3.2006 – IV ZB 19/05, 451, NJW-RR 2006, 791. 9 BGH, Beschl. v. 30.4.1991 – IV ZR 243/90, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1050 mit Anm. E. Schneider = NJW-RR 1991, 1149; OLG Hamm, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 684 = AnwBl. 1984, 95; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Deckungsprozess“ Rn. 1.
1098
N. Schneider
Versicherungsschutz (s. oben das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2277 ff.), kann also auch geringer bewertet werden oder im Einzelfall ganz unterbleiben.1 Zur Streitwertberechnung bei der Feststellungsklage wegen Gewährung von Rechtsschutz s. Rn. 5774 ff. Bei der Deckungsklage eines Autoleasingnehmers aus einer Fahrzeugversicherung ist auf die Verhältnisse des Leasinggebers abzustellen, so dass Mehrwertsteuer bei der Streitwertberechnung unberücksichtigt bleibt, wenn der Leasinggeber vorsteuerabzugsberechtigt ist.2 Verlangt der Schädiger erhebliche bezifferte Zahlungen, etwa Schmerzensgeld, Rente und Verdienstausfall, dann hat der daneben gestellte Feststellungsantrag für die Zukunft eine verhältnismäßig geringe Bedeutung. Das kommt in der Bewertung zum Ausdruck, weil die wesentlichen Schäden bereits durch die bezifferten Zahlungsanträge abgedeckt sind. Abzustellen ist in diesem Fall auf die Wahrscheinlichkeit des Entstehens eines weiteren Schadens.3
5769
Bei Feststellungsklagen des Versicherers ist das Interesse bei positiver Klage auf die weitere Zahlung der Prämien für die Vertragsdauer gerichtet, bei negativer Klage darauf, im Eintrittsfall keine Deckung leisten zu müssen.4
5770
Die negative Feststellungsklage des Versicherten ist darauf gerichtet, von der ferneren Prämienzahlung befreit zu werden. Ist beispielsweise, wie häufig bei Lebensversicherungen, die Kündigung für zwei oder drei Jahre ausgeschlossen, so besteht das Interesse am Freiwerden von diesen Jahresprämien.5
5771
Die negative Feststellungsklage des Versicherers gegen den Versicherten, der aus einem Unfall als Schädiger in Anspruch genommen ist, auf Freistellung, dass ein Anspruch gegen den Versicherer nicht bestehe, bewertet sich gem. § 3 ZPO nach der Höhe der gegen den Schädiger erhobenen Ansprüche.6
5772
Klagt die Versicherungsgesellschaft auf Feststellung des Nichtbestehens eines Lebensversicherungsvertrags, den sie angefochten hat, dann richtet sich der Streitwert nach ihrem Interesse daran, die Versicherungssumme nicht zahlen zu müssen.7
5773
C. Probleme beim Deckungsschutz Maßgebend ist, wofür Deckungsschutz verlangt wird. Geht es um die Erstattung oder die Befreiung von bereits bezifferten Leistungen, so ist deren Höhe gleich dem Streitwert.
5774
Geht es um noch unbezifferte Leistungen, ist deren zu schätzende Höhe maßgebend, begrenzt durch die Deckungshöchstsumme und gekürzt um den üblichen Feststellungsabschlag.8
5775
In der Rechtsschutzversicherung (s. auch oben Rn. 5768) entspricht der Streitwert der Deckungsschutzklage den voraussichtlichen Kosten des beabsichtigten Rechtsstreits oder der notwendigen Verteidigung dagegen. Die Höhe dieser Kosten wiederum ist zu berechnen nach dem für den abzudeckenden Rechtsstreit maßgebenden Streitwert. Von ihm ausgehend sind die Anwaltskosten beider Parteien sowie die
5776
1 2 3 4 5 6 7 8
E. Schneider, Anm. zu KostRsp. ZPO § 3 Nr. 684; MDR 1985, 265, 268. BGH, Beschl. v. 30.4.1992 – IV ZR 243/90, NJW-RR 1991, 1149. OLG München, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 897 = JurBüro 1988, 230. Vgl. OLG Köln, JW 1920, 58. OLG München, Recht 1910 Nr. 3966. OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 423; s. aber oben Rn. 5742 ff. OLG Bamberg, JurBüro 1985, 1703 = KostRsp. ZPO § 3 Nr. 786. OLG Hamm, VersR 1984, 257 = AnwBl. 1984, 95; hierzu oben Rn. 5768.
N. Schneider
1099
Versicherungsschutz
ZPO
Gerichtskosten zu ermitteln und zu addieren. Da es sich nur um eine Zukunftsprognose handelt, kann der Streitwert der Deckungsschutzklage höher liegen als die Prozesskosten, die später in dem Rechtsstreit selbst festgesetzt werden. Die Kostenprognose ist auf die Instanz zu beschränken, obwohl die Wahrscheinlichkeit oder gar Notwendigkeit der Einlegung eines Rechtsmittels nie auszuschließen ist.1 Diese Einschränkung beruht auf den jeweiligen ARB, wonach der Versicherte die Kosten tunlichst gering zu halten und insbesondere die Einlegung von Rechtsmitteln mit dem Versicherer abzustimmen hat. Deshalb wird auch die Deckungszusage immer nur für eine Instanz erteilt. Der Versicherungsnehmer wird dadurch nicht benachteiligt. Hat er die Feststellung erstritten, dass für eine Instanz Kostenschutz zu gewähren ist, dann ist damit praktisch präjudiziert, dass der Rechtsschutzversicherer generell zur Deckung verpflichtet ist, soweit sie in den ARB vorgesehen ist. 5777
Da die Bewertung des Deckungsschutzprozesses nach § 3 ZPO verläuft, ist es gerade hier möglich, im Rahmen des freien Schätzungsermessens2 den regelmäßigen Abzug von 20 % zu modifizieren. Das OLG Bamberg3 mindert ihn auf 10 %. Richtiger erscheint es, wenn man dem BGH folgt, einen höheren Prozentsatz anzunehmen.
5778
Auch hier gilt der allgemeine Bewertungsgrundsatz, dass unstreitige Rechtspositionen bei der Streitwertbemessung nicht berücksichtigt werden, im Versicherungsvertragsrecht also vor allem eine vereinbarte Selbstbeteiligung.4
5779
Deshalb darf auch der Streitwert für eine Feststellungsklage auf Gewährung von Insassen-Unfallversicherungsschutz nur auf den Betrag der Versicherungssumme festgesetzt werden, der auf den jeweiligen Insassen entfällt. Die Schwere der Verletzung und die Höhe der Heilungs- und Folgekosten sind insoweit unerheblich.5
5780
Bei einem 58-jährigen, an einem Herzleiden erkrankten Mann, der aller Wahrscheinlichkeit nach eine ständige ärztliche Betreuung und somit einen regelmäßigen Anfall von Arzt- und Arzneikosten hat, ist die Bewertung des Interesses an der Aufrechterhaltung eines Versicherungsverhältnisses mit 1000 DM angemessen.6
5781
Das OLG Hamm7 berechnet den Streitwert des Deckungsschutzfeststellungsprozesses in der Kfz-Haftpflichtversicherung mit Rücksicht auf die internen Absprachen der Versicherer untereinander nach einem Wert von höchstens 5000 DM.8 Diese Auffassung ist auch vom BGH bestätigt worden.9
5782
Es handelt sich hierbei um Folgendes: Die Kfz-Haftpflichtversicherer haben für Fälle, in denen wegen Obliegenheitsverletzungen, Gefahrerhöhungen oder Nichtzahlung von Prämien im Versicherungsinnenverhältnis die Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers entfällt, Regressverzichte abgegeben, wonach sie den Versicherungsnehmer lediglich bis zu einem bestimmten Betrag in Anspruch nehmen.10 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
OLG Hamm, VersR 1984, 257 = AnwBl. 1984, 95. Krit. zum Begriff Lappe, NJW 1993, 1750. OLG Bamberg, JurBüro 1973, 1089. OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.5.1983 – 17 W 17/83, JurBüro 1983, 1086. OLG München, Beschl. v. 25.11.1986 – 24 W 277/87, JurBüro 1988, 230. LG Frankfurt, VersR 1955, 626; der Kläger selbst hatte den Wert seines Feststellungsbegehrens nur mit 150 DM beziffert. OLG Hamm, MDR 1974, 590. Siehe dazu die Anm. Imendörffer, NJW 1974, 2137 sowie OLG Düsseldorf, VersR 1974, 1034. BGH, Urt. v. 17.3.1982 – IVa ZR 234/80, JurBüro 1982, 1017 = VersR 1982, 591. Siehe AnwBl. 1973, 162; BGHZ 80, 332 = MDR 1981, 828.
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N. Schneider
Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO Soweit dieser Regressverzicht im Einzelfall zum Tragen kommt, wird dadurch auch die Wertfestsetzung im Deckungsschutzprozess des Versicherers gegen den Versicherungsnehmer beschränkt, weshalb OLG Hamm und OLG Düsseldorf in den vorstehend erwähnten Entscheidungen einen Höchstwert von 5000 DM angenommen haben.
5783
D. Widerklage Der Anspruch auf Feststellung, dass die Versicherungsgesellschaft Versicherungsschutz zu gewähren habe, hat nicht denselben Gegenstand mit dem Widerklageantrag der Versicherung auf Zahlung eines ihr von der Finanzierungsgesellschaft abgetretenen Anspruchs aus dem Finanzierungsvertrag.1
5784
Treffen Klage der Versicherung auf Prämienzahlung und Feststellungs-Widerklage des Versicherten auf Vertragsnichtigkeit zusammen, so ist der Wert der Zahlungsklage maßgebend; nur die Prämienzahlung ist in Streit.
5785
Der Streitwert für eine Widerklage auf Feststellung, dass die vom Kläger erklärte Anfechtung einen abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag nicht aufgelöst habe, ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Ein Ansatz mit dem 25-fachen Jahresbetrag der Versicherungsprämie ist vom OLG Köln in einer älteren Entscheidung2 als angemessen angesehen worden (s. aber auch die Bemessungsgrundsätze oben Rn. 5760 f.).
5786
Einstweilen frei.
5787–5793
Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO Literatur: Röttger, NJW 1994, 368; Mayer/Mayer, JurBüro 1993, 325; Schneider, MDR 1971, 437 ff. Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5794
II. Instanzübergreifende Überschreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5806
B. Gebührenstreitwert I. Überschreitung innerhalb der Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5797 1. Gerichtsgebühren . . . . . . . . . . . . 5799 2. Anwaltsgebühren . . . . . . . . . . . . 5800
C. Rechtsmittel und Beschwer I. Überschreitung innerhalb der Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5812 II. Instanzübergreifende Überschreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5815
Stichwortübersicht Rn. Antragsüberschreitung – bezüglich der Hauptforderung . . . . . 5798 – bezüglich der Zinsen, Früchte und Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5797 – innerhalb der Instanz . . . . . . . . . . . 5797
Rn. – instanzübergreifend . . . . . – mit Zustimmung der Parteien . . . . . . . . . . . . . . Aufrechnung, nicht erklärte . Ausgangsverfahren . . . . . . . .
. . . . . . . 5806 . . . 5809, 5811 . . . . . . . 5798 . . . . . . . 5807
1 OLG Frankfurt, JurBüro 1964, 900. 2 OLG Köln, VersR 1958, 241.
N. Schneider/Kurpat
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ZPO
Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO Rn.
Rn.
Berufungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . 5807 Beschränkung der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5813 Beschwer – bei erstinstanzlicher Überschreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5812 – bei zweitinstanzlicher Überschreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5815 Beweis(aufnahme)gebühr . . . . . . . . . . 5804 Dispositionsmaxime . . . . . . . . . . . . . . 5794 Einzeltätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5804 Erweiterung des Streitgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5811 Gebührenstreitwert – für das Ausgangsverfahren . . . . . . . 5807 – für das Berufungsverfahren . . . 5807, 5811 – für das Revisionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . 5807, 5813, 5816 Gerichtsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . 5799
„Hinaufziehen“ vorinstanzlich noch rechtshängiger Teile der Klageforderung . . . . . . . . . . . . . . . . 5809 Instanzübergreifende Antragsüberschreitung . . . . . . . . . . . . . . . . 5806 Instanzübergriff mit Einverständnis der Parteien . . . . . . . . . . . 5809 Nebenforderungen . . . . . . . . . . . . . . . 5797 Prozessökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . 5811 Quotenteilurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . 5815 Stufenklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5815 Teilnahme an der Beweisaufnahme . . 5804 Teilurteil, unzulässiges . . . . . . . . . . . 5809 Terminsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5802 Urteilsgebühren . . . . . . . . . . . . . 5799, 5808 Verfahrensgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . 5801 Verstoß gegen §§ 528, 577 ZPO. . . . . . 5809 Von Amts wegen . . . . . . . . . . . . . . . . 5795 Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5797
A. Einleitung 5794
§ 308 ZPO ist Ausdruck der im Zivilprozess herrschenden Dispositionsmaxime. Danach wird der Streit- und Entscheidungsgegenstand durch den Antrag der Partei bestimmt. Aufgrund dieser Antragsbindung ist das Gericht nicht befugt, einer Partei (in der Hauptsache) etwas anderes oder mehr zuzusprechen, als von dieser beantragt worden ist. Entsprechende Regelungen finden sich für das Berufungsverfahren in § 528 ZPO und für das Revisionsverfahren in § 557 Abs. 1 ZPO, wonach eine Überprüfung und Abänderung der angegriffenen Entscheidung nur im Rahmen der hierzu gestellten Rechtsmittelanträge erfolgen darf.
5795
Ein Verstoß gegen § 308 ZPO ist mit den gegen die Entscheidung zulässigen Rechtsmitteln anzugreifen und vom Rechtsmittelgericht auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten. Ob und auf welchem Wege eine Korrektur der Entscheidung nach Eintritt der Rechtskraft möglich ist, ist streitig.1
5796
Fraglich ist, ob die Antragsüberschreitung Einfluss auf den Streitwert und damit auf die danach zu berechnenden Gebühren sowie die Beschwer hat. Hierbei ist weiter zu unterscheiden, ob sich der Verstoß auf eine Instanz beschränkt oder ob die höhere Instanz in das teilweise noch erstinstanzlich anhängige Verfahren eingreift und dadurch seinen Entscheidungsgegenstand erweitert.
B. Gebührenstreitwert I. Überschreitung innerhalb der Instanz 5797
Ohne Folgen bleibt hier der Verstoß gegen § 308 ZPO, wenn über den Klageantrag hinaus Zinsen, Früchte, Nutzungen oder vorgerichtliche Kosten zuerkannt werden. Denn diese bleiben gem. § 43 Abs. 1 GKG bei der Bemessung des Streitwertes außer Betracht, solange sie als Nebenforderung geltend gemacht werden.
5798
Erfasst der Verstoß gegen die Dispositionsmaxime hingegen die Hauptforderung, beispielsweise weil das Gericht den Beklagten aufgrund eines nur angekündigten, 1 Vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, § 308 ZPO Rn. 6.
1102
Kurpat
Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO aber dann nicht verlesenen Antrags verurteilt oder die Klage unter Berücksichtigung einer nicht zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung abgewiesen oder dem klagenden Arbeitnehmer statt des beantragten Nettolohns den Bruttolohn zuerkannt hat,1 ist zu differenzieren: 1. Gerichtsgebühren Die gerichtlichen Gebühren bemessen sich nach dem sich aus dem Klageantrag ergebenden Streitwert, § 43 GKG. Dies gilt sowohl für die Verfahrensgebühr, deren Anfall und Höhe durch eine unzulässige Sachentscheidung nicht berührt wird, als auch für etwaig nach Nrn. 1412, 1423 KV GKG zu berechnende Urteilsgebühren.2 Denn die Urteilsgebühr setzt nach dem Kostenverzeichnis zum GKG eine Verhandlung über den Urteilsgegenstand voraus. Daran fehlt es, wenn das Gericht von sich aus über die Anträge hinausgeht und beide Parteien damit im Urteil überrascht.3
5799
2. Anwaltsgebühren Hinsichtlich der anwaltlichen Gebühren ist maßgeblich darauf abzustellen, ob es sich hierbei um eine Pauschgebühr oder eine Tätigkeitsgebühr handelt.
5800
So bemisst sich die Verfahrensgebühr (Nrn. 3100, 3101 VV RVG) nicht nach dem unter Berücksichtigung der Überschreitung höheren Wert, weil es hierfür an einem entsprechenden Auftrag und einer dahingehenden anwaltlichen Tätigkeit (Betreiben des Geschäfts, Vorb. 3.2 VV RVG zu § 2 RVG) fehlt. Ein Anspruch, den der Kläger nicht geltend gemacht hat, über den das Gericht vielmehr eigenmächtig und unerlaubt mitentschieden hat, ist nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens oder des Mandats.
5801
Ebenso ist eine Streitwerterhöhung für die Terminsgebühr (Nrn. 3104, 3105 VV RVG) zu verneinen. Nach Nrn. 3104, 3105 VV RVG entsteht diese Gebühr bereits mit der Vertretung in einem Gerichtstermin, die allein die aktive Anwesenheit des Anwalts an der Besprechung eines den Rechtsstreit betreffenden, sachlichen oder rechtlichen Gesichtspunktes voraussetzt.4 Daher kommt ohne eine mündliche oder schriftsätzliche Erörterung des überschießenden Teils der späteren Entscheidung eine Werterhöhung nicht in Betracht.
5802
Sofern die Parteien allerdings über das zuerkannte Mehr verhandelt haben, ist das erweiterte Begehren dadurch Streitgegenstand geworden und deshalb für die Verfahrens- und Terminsgebühr nach allgemeinen Bemessungsgrundsätzen streitwertbestimmend.5
5803
Für die anwaltliche Teilnahme an der Beweisaufnahme stellt sich die Gebührenfrage dann, wenn das Gericht diese versehentlich auf die nicht geltend gemachte Mehrforderung ausgedehnt hat. Dass zumindest dann, wenn aufgrund einer besonders umfangreichen Beweisaufnahme eine Zusatzgebühr (Nr. 1010 VV RVG) anfällt oder sich die anwaltliche Tätigkeit, etwa aufgrund einer Unterbevollmächtigung, auf die Teilnahme an einer Beweisaufnahme beschränkt und deshalb als
5804
1 LAG Düsseldorf, Beschl. v. 7.1.1988 – 7 Ta 433/87, JurBüro 1988, 1079. 2 Zur Beeinflussung der nach altem Recht noch in weitergehendem Umfang anfallenden Urteilsgebühren vgl. BGH, MDR 1974, 36; OLG Frankfurt, JurBüro 1962, 479; OLG Stuttgart, WRP 1973, 608; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 7.1.1988 – 7 Ta 433/87, JurBüro 1988, 1079; a.A. OLG Köln, NJW 1960, 1471; OLG Nürnberg, Rpfleger 1956, 267. 3 E. Schneider, MDR 1971, 437. 4 AnwK-RVG/N. Schneider, RVG, VV Vorb. 3 Rn. 94, 99. 5 BGH LM BEG § 23 Nr. 3.
Kurpat
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Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO
ZPO
Einzeltätigkeit nach Nrn. 3401, 3402 VV RVG zu § 2 RVG zu vergüten ist. Für den Gegenstandswert kommt es hier nicht auf die Zulässigkeit der Beweisaufnahme an, sondern ob nach dem objektiv erkennbaren Willen des Gerichts eine Beweisaufnahme für erforderlich gehalten und bezweckt worden ist. Ist dieser (auch) auf eine Klärung nicht streitgegenständlicher und nachfolgend unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO entschiedener Tatsachenkomplexe gerichtet, ist der Wert entsprechend zu erhöhen. Denn für die Wertbestimmung ist der Gegenstand des Beweises maßgebend. Hierfür ist entscheidend, in welchem Umfang das Prozessgericht im Zeitpunkt der Beweisanordnung den Tatsachenkomplex klären wollte.1 5805
Siehe auch unter dem Stichwort „Beweisverfahren“.
II. Instanzübergreifende Überschreitung 5806
Eine instanzübergreifende Überschreitung der dem Rechtsmittelgericht zustehenden Entscheidungsbefugnis ist nur denkbar, wenn das Klagebegehren vorinstanzlich (noch) nicht vollständig beschieden worden ist. So etwa, wenn das Berufungsgericht, beispielsweise bei der Stufenklage, auf eine Berufung gegen ein stattgebendes Teilurteil unter Aufhebung des Urteils die ganze Klage abweist oder ein Urteil, das versehentlich die Klage nur teilweise entscheidet, mit der Maßgabe bestätigt, dass auch der erstinstanzlich bislang nicht entschiedene Teil der Klageforderung zugesprochen wird. Hier ist fraglich, nach welchem Streitwert die gerichtlichen und anwaltlichen Gebühren im Ausgangs- und im Berufungsverfahren zu berechnen sind.
5807
Während die instanzübergreifende Entscheidung des Berufungsgerichts auf den Gebührenstreitwert des erstinstanzlichen Verfahrens (Ausgangsverfahren) und die dort entstandenen Gebühren schon wegen des Grundsatzes der instanzbezogenen Streitwertfestsetzung keinen Einfluss hat, besteht über den Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens keine Einigkeit. Gemäß §§ 528, 557 Abs. 1 ZPO wird der Streitgegenstand des Berufungs- bzw. Revisionsverfahrens durch die Rechtsmittelanträge bestimmt. Nach diesen bemisst sich grundsätzlich auch der Rechtsmittelstreitwert, § 47 GKG.
5808
Für den BGH2 scheidet bei einem Instanzübergriff im Berufungsverfahren eine Werterhöhung aus, da der mitbeschiedene, vorinstanzlich noch anhängige Teil der Klageforderung nicht Gegenstand der Rechtsmittelanträge und damit des Streits im Rechtsmittelverfahren gewesen sei. Das gelte jedoch nicht für die (nach altem Recht anfallenden) Urteilsgebühren, da das Berufungsurteil die Klage in vollem Umfang bescheide und den Kläger entsprechend beschwere. Diese seien daher nach dem vollen Klagebetrag zu berechnen. Bei einer Revision gegen ein solches Berufungsurteil ist der Revisionsstreitwert folglich höher anzusetzen, als der Wert des Berufungsverfahrens.3
5809
Richtigerweise wird man jedoch danach unterscheiden müssen, ob das Rechtsmittelgericht in zulässiger oder unzulässiger Weise instanzübergreifend entschieden hat. Denn nach ganz überwiegender Ansicht liegt nicht in jeder Bescheidung eines vorinstanzlich noch anhängigen Anspruchs ein Verstoß gegen §§ 528 oder 557
1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.12.1982 – 6 WF 107/82, JurBüro 1983, 1042; OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.8.1983 – 20 W 454/83, MDR 1984, 154; LAG Hamm, BB 1985, 667. 2 BGH, Beschl. v. 12.3.1992 – I ZR 296/91, MDR 1992, 1091; BGHZ 30, 215; Urt. v. 13.12.1989 – IVb ZR 22/89, FamRZ 1990, 863; BGH, MDR 1959, 909. 3 BGH, Beschl. v. 12.3.1992 – I ZR 296/91, MDR 1992, 1091; BGHZ 30, 215; Urt. v. 13.12.1989 – IVb ZR 22/89, FamRZ 1990, 863; BGH, MDR 1959, 909.
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Kurpat
Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO Abs. 1 ZPO. Zwar ist es grundsätzlich unzulässig, einen derart verbliebenen Teilanspruch durch eine Klageerweiterung oder Widerklagerhebung in die Berufungsinstanz einzuführen und darüber zu entscheiden.1 Jedoch wird – nach entsprechender Erörterung in der mündlichen Verhandlung2 – ein „Hinaufziehen“ des vorinstanzlich noch anhängigen Teils überwiegend für zulässig erachtet, wenn der Erlass eines Teilurteils unzulässig war,3 der vom Teilurteil erfasste Anspruch zugleich die Grundlage des vorinstanzlich verbliebenen Anspruch bildet, so insbesondere bei der Stufenklage,4 oder sich der „Instanzübergriff“ auf ein (stillschweigendes) Einverständnis der Parteien stützt.5 Darf das Berufungsgericht danach über einen erstinstanzlich noch anhängigen An- 5810 spruch mitentscheiden, dann wird der gesamte Anspruch auch Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens. Hat das Berufungsgericht dagegen instanzübergreifend entschieden, ohne hierzu ermächtigt (worden) zu sein, bleibt der Wert des mitbeschiedenen Teilanspruchs bei der Streitwertbemessung unberücksichtigt. Denn soweit sich die Erweiterung des Streitgegenstandes auf einen (stillschwei- 5811 genden) Antrag der Parteien stützt, wird der gesamte Streitstoff kraft Parteiwillens für den Streitwert bestimmend.6 In den übrigen Fällen rechtfertigt die Prozessökonomie eine instanzübergreifende Entscheidung auch ohne Antrag der Parteien, so dass der vorinstanzlich verbliebene Teil nach einem entsprechenden gerichtlichen Hinweis oder spätestens durch die Urteilsverkündung Bestandteil des Streitstoffes wird.7 Daher richtet sich der Streitwert der Berufungsinstanz in diesen Fällen nach dem vollen Wert der Klage.8 In der Mehrzahl der Fälle wird daher der Streitwert des Berufungsverfahrens dem des Revisionsverfahrens entsprechen.
C. Rechtsmittel und Beschwer I. Überschreitung innerhalb der Instanz Die mit dem prozessual fehlerhaft zustande gekommenen Urteil verbundene Beschwer bestimmt sich unter Berücksichtigung der antragsüberschreitenden Bescheidung.9
5812
Auch der Gebührenstreitwert für das Rechtsmittelverfahren ist in diesem Fall nach der gesamten Urteilssumme zu bemessen.10 Dies zumindest dann, wenn die obsiegende Partei ein Urteil, das ihr mehr als beantragt zugesprochen hat, dem Gegner zustellen lässt, ohne dabei zu erklären, dass sie hinsichtlich des zuviel Zuerkann-
5813
1 BGH, Urt. v. 16.6.1959 – VI ZR 81/58, MDR 1959, 746; Beschl. v. 2.2.1983 – IVb ZB 702/81, MDR 1983, 652; Zöller/Heßler, § 528 ZPO Rn. 11, 15. 2 Mayer/Mayer, JurBüro 1993, 327 Fn. 26. 3 BGH, NJW 1960, 339. 4 BGH, Beschl. v. 12.3.1992 – I ZR 296/91, MDR 1992, 1091; BGHZ 30, 215; Urt. v. 13.12.1989 – IVb ZR 22/89, FamRZ 1990, 863. 5 BGH, Urt. v. 25.3.1986 – IX ZR 104/85, MDR 1986, 930; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.6.1988 – 8 U 214/86, VersR 1989, 705. 6 KG, Rpfleger 1962, 154; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.6.1988 – 8 U 214/86, VersR 1989, 705. 7 BGH, Urt. v. 16.6.1959 – VI ZR 81/58, MDR 1959, 746; OLG Bamberg, Rpfleger 1960, 54; OLG Düsseldorf, Rpfleger 1965, 2; a.A. BGH, Beschl. v. 3.7.1959 – I ZR 169/55, MDR 1959, 909, der maßgeblich auf die gestellten Anträge abstellt. 8 BGH, Beschl. v. 12.3.1992 – I ZR 296/91, MDR 1992, 1091; BGHZ 30, 215; FamRZ 1990, 863 – Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 13.12.1989 – IVb ZR 22/89, MDR 1959, 909; Mayer/ Mayer, JurBüro 1993, 325. 9 Vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, § 308 ZPO Rn. 6. 10 OLG Köln, Urt. v. 21.12.2009 – 5 U 52/09.
Kurpat
1105
Vertagung
ZPO
ten keine Rechte aus dem Urteil herleite.1 Der Kläger kann jedoch die Wertermäßigung durch Nachholung dieser Erklärung herbeiführen, allerdings mit entsprechender Kostenfolge. Der Beklagte kann – wenn er das erstinstanzliche Urteil im Übrigen für richtig hält – sein Rechtsmittel bei Fehlen der Erklärung des Klägers auf die Beschwer beschränken, die ihm durch den Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO auferlegt worden ist. 5814
Diese Berechnung entspricht dem allgemeinen Streitwertrecht, wonach die Parteien auch sonst den Streitwert der Rechtsmittelinstanz durch ihre Erklärungen und Anträge bestimmen können. Sie können Verstöße gegen § 308 ZPO durch Stellen eines uneingeschränkten Berufungsantrages gewissermaßen heilen.2 Die Werterhöhung tritt dann aber nur für die Zeit ab Stellung des erweiterten Antrages ein.
II. Instanzübergreifende Überschreitung 5815
Für die Beschwer der Revisionsinstanz ist bei einer instanzübergreifenden Antragsbescheidung durch das Berufungsgericht der volle Klagebetrag maßgebend.3 Dies gilt beispielsweise, wenn das erstinstanzliche Gericht bei einer Stufenklage den Rechnungslegungsanspruch durch Teilurteil zuerkannt und das Berufungsgericht die gesamte Klage abgewiesen hat.4 Ebenso hat der BGH5 entschieden, wenn auf die Berufung gegen ein Quotenteilurteil des Landgerichts, das Oberlandesgericht die gesamte Klage abweist und gegen dieses Urteil Revision eingelegt wird.
5816
Der Gebührenstreitwert für das Revisionsverfahren gegen eine instanzübergreifende Antragsbescheidung durch das Berufungsgericht bestimmt sich nach dem Rechtsmittelantrag des Revisionsklägers, § 557 Abs. 1 ZPO, § 47 GKG. Wird das Berufungsurteil in vollem Umfang zur Überprüfung gestellt, entspricht der Wert der vollen Klagesumme.
Vertagung Siehe das Stichwort „Prozess- und Sachleitung“.
Verteilungsverfahren A. Einleitung 5817
Wird nach der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners ein Geldbetrag hinterlegt, der nicht ausreicht, um alle Gläubiger zu befriedigen, tritt das Verteilungsverfahren nach §§ 872 ff. ZPO ein.
1 OLG Köln, Urt. v. 20.11.1959 – 4 U 154/59, NJW 1960, 1471. 2 BGH, Urt. v. 19.3.1986 – IVb ZR 19/85, FamRZ 1986, 661; OLG Köln, Urt. v. 21.12.2009 – 5 U 52/09; LG Kaiserslautern, Urt. v. 25.2.1975 – 1 S 135/74, NJW 1975, 1037. 3 BGH, Beschl. v. 12.3.1992 – I ZR 296/91, MDR 1992, 1091. 4 BGH, MDR 1960, 393. 5 BGH, VersR 1957, 447.
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Kurpat/Noethen
Verteilungsverfahren
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Zuständigkeitsstreitwert Ein Zuständigkeitsstreitwert muss nicht festgesetzt werden, weil nach § 873 ZPO das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht ausschließlich zuständig ist (§ 802 ZPO).
5818
II. Gebührenstreitwert Die Gerichtsgebühren berechnen sich nach dem Wert der Verteilungsmasse ohne Zinsen und Kosten (§ 43 GKG, §§ 5, 6 ZPO).1
5819
Wird mit der Klage die Einwilligung verlangt, dass ein hinterlegter Betrag an den Kläger ausgezahlt wird, so ist ebenfalls der Wert der klägerischen Forderung bestimmend, wenn sie nicht höher ist als der hinterlegte Betrag einschließlich aufgelaufener Hinterlegungszinsen; sonst ist der Hinterlegungsbetrag maßgebend.2
5820
Der Streitwert des Widerspruchs gegen einen Teilungsplan (§§ 878 ff. ZPO) richtet sich nach dem Interesse des Klägers daran aus, dass seine Forderung vorrangig bedient wird.3 Das ist der Mehrbetrag, der ihm zukommt, wenn sein Widerspruch durchgreift.4
5821
Im Zwangsversteigerungsverfahren5 ist die Sondervorschrift des § 54 GKG zu beachten. Die Gebühr für das Verteilungsverfahren bestimmt sich nach dem Gebot ohne Zinsen, für das der Zuschlag erteilt ist, einschließlich des Werts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte (§ 54 Abs. 3 GKG). Die Gebühr für die Erteilung des Zuschlags bestimmt sich nach dem Gebot ohne Zinsen, für das der Zuschlag erteilt ist, einschließlich des Werts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte zzgl. des Betrags, in dessen Höhe der Ersteher nach § 114a ZVG als aus dem Grundstück befriedigt gilt (§ 54 Abs. 2 GKG).
5822
Bei der Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft vermindert sich der nach § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG zu berechnende Wert für die Erteilung des Zuschlags um den Anteil des Erstehers am Gegenstand des Verfahrens (§ 54 Abs. 2 Satz 2 GKG).
5823
III. Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren Der Gegenstandswert für die Berechnung der Anwaltsgebühren richtet sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 4 RVG. Danach ist der Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung einschließlich der Nebenforderungen maßgeblich. Die zu vollstreckende Forderung setzt sich zusammen aus Kapital, Zinsen bis zum Tage des endgültigen Verteilungsplans, Kosten des der Vollstreckung vorausgegangenen Prozesses und früherer Vollstreckungsmaßnahmen sowie etwaigen weiteren Nebenforderungen (nicht aber den Kosten des Verteilungsverfahrens6).
5824
Der Gegenstandswert ist durch die Höhe des zu verteilenden Geldbetrages nach oben begrenzt. Unter dem zu verteilenden Geldbetrag ist die hinterlegte Forde-
5825
1 2 3 4 5 6
Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Verteilungsverfahren“. RG, HRR 1931 Nr. 252; OLG Breslau, JW 1931, 2142. OLG Bamberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1067 mit Anm. Schneider = JurBüro 1991, 1691. OLG Colmar, OLGE 13, 66. Vgl. die Ausführungen beim Stichwort „Zwangsversteigerung“. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 25 Rn. 7; Mayer/Kroiß/Gierl, § 25 Rn. 20.
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Vertragsabschluss
ZPO
rung nebst Zinsen zu verstehen. Vom Gegenstandswert sind entgegen § 874 Abs. 2 ZPO nicht die Kosten des Verteilungsverfahrens abzuziehen.1
Û
Beispiel: Der Anwalt vertritt einen Gläubiger, dem eine Forderung i.H.v. 15 000 Euro zusteht. Nach der Zwangsvollstreckung wird ein Betrag von 7500 Euro hinterlegt. Hier berechnen sich die Anwaltsgebühren aus einem Wert von 7500 Euro; wäre ein Betrag von 20 000 Euro hinterlegt worden, würden sich die Anwaltsgebühren aus 15 000 Euro plus Zinsen bis zum Tag des Verteilungsplans sowie Kosten früherer Prozesse und Vollstreckungsmaßnahmen berechnen.
Vertragsabschluss 5826
Die Klage auf Abschluss eines Vertrags ist auf Annahme eines Vertragsangebotes und damit auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet. Mit der Stattgabe der Klage wird die Abgabe der Erklärung fingert, § 894 Abs. 1 ZPO.
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Da die aus dem Vertrag resultierenden Ansprüche selbst nicht den Gegenstand des Rechtsstreits bilden, sind nicht sie, sondern das wirtschaftliche Interesse des Klägers an dem angestrebten Vertragsschluss zu bewerten.2 Maßgeblich für das nach § 3 ZPO zu schätzende Abschlussinteresse des Klägers ist, welcher vermögensrechtliche Erfolg mit der erzwungenen Erklärung erstrebt wird.3 Eine sachgerechte Bewertung muss daher die aus dem Vertrag erwachsenden Leistungsansprüche bzw. die mit dem Abschluss verbundenen Feststellungs- oder Gestaltungswirkungen berücksichtigen. Bestehen keinerlei weitere Anhaltspunkte, ist eine Bruchteilsbewertung der Vertragsleistung angemessen,4 entsprechend der Bewertung der (Zwischen)Feststsellungsklage auf 8/10. Bei einem Mietvertrag ist dabei nicht auf die für die gesamte Vertragsdauer anfallende Gesamtmiete, sondern gem. § 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Wert der Jahresmiete ohne Nebenkostenvorauszahlungen abzustellen.5 Das Verlangen nach einem schuldrechtlichen Wegerecht ist gem. § 3 ZPO in Anlehnung an das Notwegerecht zu bewerten. Maßgebend sind die Kosten der Wegerrichtung und -unterhaltung zzgl. einer Notwegrente für den Zeitraum von 3,5 Jahren.6
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Zur Streitwertbemessung für die Überprüfung und Umgestaltung eines bestehenden Vertrages ist auf das Interesse an der Vertragsänderung abzustellen. Je nach Umfang der Änderung kann dies der Bewertung einer auf Neuabschluss gerichteten Klage entsprechen. Entscheidend ist, welche Vertragsbestimmungen geändert werden sollen und welche Auswirkungen damit für den Kläger verbunden sind.7 1 Schneider/Wolf, § 25 Rn. 15 f.; Mayer/Kroiß/Gierl, § 25 Rn. 20; a.A. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 25 Rn. 20; Hartmann, KostG, § 25 RVG Rn. 8. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.11.2009 – 24 U 57/09, MDR 2010, 715; LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.10.1991 – 3 SA 56/91, JurBüro 1992, 627; a.A. ohne Begründung für den Abschluss eines Darlehensvertrages: BGH, NJW 1959, 1493 mit Anm. Geißler – voller Darlehensbetrag. 3 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Willenserklärung“; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Willenserklärung“. 4 MünchKomm.ZPO/Wöstmann, § 3 ZPO Rn. 129. 5 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.11.2009 – 8 W 348/09, AGS 2010, 195. 6 OLG Rostock, Beschl. 31.1.2013 – 3 W 25/12, GE 2013, 1002; OLG Köln, Beschl. v. 23.8.2010 – 2 W 58/10, JurBüro 2011, 262. 7 BGH, Beschl. v. 13.10.1988 – III ZR 121/86, MDR 1989, 237 – Kooperationsvereinbarung; Urt. v. 24.11.1994 – IX ZR 222/93, MDR 1995, 319 – Änderung eines Gesellschaftsvertrages.
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Vertragsauflçsung Die anwaltliche Mitwirkung bei nicht prozessbezogenen Vertragsverhandlungen zum Abschluss eines Dienstvertrages bemisst sich nach dem Wert aller Bezüge des Dienstverpflichteten während der gesamten Vertragslaufzeit, höchstens nach dem dreifachen Jahresbetrag.1
5828a
Vertragsauflçsung Klagen, mit denen Vertragsauflösungen geltend gemacht werden, sind nicht abstrakt nach dem Wert der Leistung oder der Gegenleistung, sondern gem. § 3 ZPO nach dem Interesse des Klägers im konkreten Fall zu bewerten.
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Ist der Klageantrag auf Zustimmung zur Aufhebung oder Rückabwicklung des Vertrages gerichtet, handelt es sich um eine Leistungsklage auf Abgabe einer Willenserklärung. Mit der Stattgabe der Klage wird die Abgabe der Erklärung fingiert, § 894 Abs. 1 ZPO. Für deren Bewertung ist darauf abzustellen, welcher vermögensrechtliche Erfolg vom Kläger mit der Vertragsauflösung erstrebt wird. Entsprechend dem im Antrag verfestigten Klageinteresse sind die jeweils in Betracht kommenden Bewertungsregeln zu ermitteln, ggf. ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG zu schätzen.2
5830
Soweit nicht besondere Umstände vorliegen, ist der Wert der Leistung maßgebend, von der der Kläger durch Vertragsaufhebung freigestellt werden will3 oder die im Falle schon erbrachter Leistung an ihn zurückzugewähren ist.4 Das sind bei einer Klage auf Abgabe einer gemeinsamen Kündigungserklärung das Interesse an der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses und damit in der Regel die mit Vertragsfortdauer verbundenen finanziellen Belastungen (z.B. Miete).5
5831
Ist die Klage auf Zustimmung zur Rückabwicklung eines Kaufvertrages gerichtet, bemisst sich der Streitwert nach dem Wert der Kaufsache zzgl. der Zinsen auf den Kaufpreis.6 Bei der Interessenbewertung findet keine Saldierung von Leistung und Gegenleistung im Falle einer ohne Klage gebotenen Vertragsdurchführung statt (vgl. hierzu das Stichwort „Gegenleistung“). Dem steht auch entgegen, dass sich der Streitwert bei gleichwertigen Leistungsverpflichtungen dann auf null beliefe.
5832
Das gilt auch bei Klagen auf Feststellung, dass ein gegenseitiger Vertrag aufgelöst ist. Für die Interessenermittlung kommt es weder auf einen – aufgrund gegenläufiger Interessen der Vertragsparteien ohnehin nicht existenten – „Wert des Vertragsverhältnisses“7, noch auf den Vermögensunterschied vor und nach Rückgängigmachung des Vertrages bzw. einer Saldierung der mit der Vertragsdurchführung verbundenen Vor- und Nachteile8 an.
5833
1 LG Dessau-Roßlau, Urt. v. 16.11.2012 – 1 S 127/12. 2 OLG München, Beschl. v. 251.1995 – 3 W 3089/94, JurBüro 1995, 484; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Willenserklärung“. 3 OLG Celle, Beschl. v. 18.10.1983 – 4 W 29/83, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 666; OLG München, Beschl. v. 20.3.1984 – 24 W 48/84, JurBüro 1984, 1235 mit Anm. E. Schneider. 4 OLG Bremen, Beschl. v. 14.8.1979 – 2 W 52/79, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 450 mit Anm. E. Schneider; OLG Celle, Beschl. v. 18.6.1984 – 16 W 32/84, AnwBl. 1984, 448. 5 KG, Beschl. v. 30.3.1992 – 2 W 1331/92, NJW-RR 1992, 1490. 6 BGH, Beschl. v. 21.2.2002 – II ZR 91/00, AG 2003, 318; Musielak/Voit/Heinrich, § 3 ZPO Rn. 38 unter „Willenserklärung“. 7 So aber OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.9.1995 – 5 W 150/95, MDR 1996, 101 – Feststellung der Nichtigkeit wegen Geschäftsunfähigkeit. 8 So RG, Gruchot Bd. 49, 1005; OLG Braunschweig, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 617 mit abl. Anm. E. Schneider; OLG München, OLGE 29, 222; Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts, § 26 Anm. L., S. 118.
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Vertragsauflçsung Entscheidend ist auch hier der Wert der Leistung, von der der Kläger bei Vertragsauflösung freigestellt werden will1 oder die im Falle schon erbrachter Leistung an ihn zurückzugewähren ist.2 Das gilt ebenso für die Feststellungsklage des Insolvenzverwalters, dass das Vertragsverhältnis durch Ausübung des Wahlrechts nach § 103 InsO beendet worden ist. Besteht die Leistung in einer dauerhaften Rechtsübertragung, kann – soweit keine Sondervorschriften greifen – dessen Wert durch ein Vielfaches des bisherigen durchschnittlichen Jahresertrages bestimmt werden.3
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Da mit der Klage zugleich eine (negative) Entscheidung über den Bestand etwaiger vertraglicher Verpflichtungen angestrebt wird, kommt der bei der positiven Feststellungsklage übliche prozentuale Abschlag nicht in Betracht. Die Wertbemessung entspricht vielmehr derjenigen, die bei der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrages vorzunehmen ist (s. hierzu unter dem Stichwort „Nichtigkeit eines Vertrages“).
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Geht es um die Feststellung der Unwirksamkeit einer auf Vertragsauflösung gerichteten (außerordentlichen) Gestaltungserklärung, ist gem. § 3 ZPO das klägerische Interesse am Fortbestand des Vertrages und der damit verbundenen Leistungsverpflichtung des Beklagten wertbestimmend.4 Bei der Kündigung eines Franchisevertrages bestimmt das Interesse, die Geschäftstätigkeit weiter betreiben und hieraus Einnahmen bzw. Gewinne erzielen zu können, den Wert. Bei einem Streit über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung eines Darlehens, entspricht das in der Regel dem Wert der von der Kündigung betroffenen Darlehenssumme.5 Steht die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung eines Handelsvertretervertrages im Streit, wird regelmäßig auf den durchschnittlichen Provisionsverdienst im Zeitraum zwischen Ausspruch der Kündigung und Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist abzustellen sein. In beiden Fällen ist im Hinblick auf den nur feststellenden Klageantrag der übliche prozentuale Abschlag (20 %) vorzunehmen.6
5837
Wird dagegen aufgrund einer Vertragsauflösung Herausgabe einer Sache verlangt, dann bestimmt sich der Streitwert nach § 6 ZPO. Das gilt auch dann, wenn auf Rückzahlung der Vergütung (z.B. des Kaufpreises) oder einer hierauf geleisteten Anzahlung geklagt wird, da dann ein bezifferter Geldbetrag gefordert wird.
5838
Ein daneben geltend gemachtes Feststellungsbegehren erhöht den Streitwert, soweit die nachteiligen Folgen des Kaufs über die Rückzahlung der Vergütung oder einer darauf geleisteten Anzahlung hinausgehen.7 Die ziffernmäßig bestimmten Ansprüche müssen immer als Mindestwert angesetzt werden.8
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Den vorstehenden Hinweisen ist zu entnehmen, dass es im Einzelfall immer darauf ankommt, worauf der Anspruch auf Vertragsauflösung gestützt wird – z.B.
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1 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.6.2011 – 9 W19/11, JurBüro 2012, 252; OLG Celle, Beschl. v. 18.10.1983 – 4 W 29/83, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 666; OLG München, Beschl. v. 20.3.1984 – 24 W 48/84, JurBüro 1984, 1235 mit Anm. E. Schneider. 2 OLG Bremen, Beschl. v. 14.8.1979 – 2 W 52/79, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 450 mit Anm. E. Schneider; OLG Celle, Beschl. v. 18.6.1984 – 16 W 32/84, AnwBl. 1984, 448. 3 OLG Hamburg, Beschl. v. 25.6.2007 – 5 W 73/07, ZUM 2008, 66 – Beendigung eines Verlagsvertrages. 4 OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.10.2006 – 5 W 65/07. 5 BGH, Beschl. v. 25.2.1997 – XI ZB 3/97, MDR 1997, 591. 6 OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.2.1999 – 24 U 5/97, OLGR 1999, 139; OLG Köln, Beschl. v. 23.1.1996 – 3 W 41/95, OLGR 1996, 128. 7 KG, Rpfleger 1962, 120; OLG Braunschweig, OLGE 11, 166; Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts, § 26 Anm. L., S. 118. 8 RG, JW 1904, 64.
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Vertragserfllung Rücktritt, Heimfall, Irrtumsanfechtung und dergleichen – und welcher konkrete Klageantrag gestellt wird. Einzelheiten sind bei dem Stichwort „Nichtigkeit eines Vertrages“ behandelt.
Vertragserfllung Steht zwischen den Parteien die Verpflichtung zur Vertragserfüllung im Streit, dann bestimmt sich der Streitwert nach dem Inhalt des Klageantrages. Neben der Klage auf Feststellung, dass der Beklagte zu einer (inhaltlich näher bestimmten) Vertragserfüllung verpflichtet ist, kommen ferner – je nach Vertrag – Leistungsanträge verschiedenen Inhalts in Betracht.
5840
Während sich der Wert der Feststellungsklage nach dem Interesse des Klägers an der Vertragserfüllung und damit nach dem fiktiven Wert des zugrunde liegenden Leistungsantrages abzgl. eines prozentualen Abschlages richtet (s. ausführlich unter dem Stichwort „Feststellungsklage“), ist für die Bewertung von Leistungsklagen wie folgt zu unterscheiden:
5841
Wird aufgrund der vertraglichen Vereinbarung auf Duldung eines bestimmten Verhaltens oder Zustandes geklagt, bemisst sich der Wert nach dem Interesse des Klägers gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG1 an der Vornahme der Handlung bzw. der Aufrechterhaltung des streitgegenständlichen Zustandes. Das Interesse deckt sich nicht mit den Kosten der Ersatzvornahme.2 Der Verkehrwert der Sache ist nach § 6 Satz 1 ZPO maßgeblich, wenn auf Duldung von deren Wegnahme geklagt wird.3 Zu den Einzelheiten s. unter dem Stichwort „Duldungsklage“.
5842
Begehrt der Kläger (unter Berufung auf vertragliche Vereinbarungen) die Unterlassung einer Handlung des Beklagten, ist auch hier gem. § 3 ZPO das Interesse des Klägers an der Unterlassung für die Wertbemessung maßgeblich. Siehe hierzu unter dem Stichwort „Unterlassung“.
5843
Wird aus einem gegenseitigen Vertrag auf Zahlung geklagt, dann bestimmt sich der Streitwert gem. § 6 ZPO nach der geforderten Geldleistung.4 Ergibt sich aus dem Vertrag die Verpflichtung zur wiederkehrenden Leistung (z.B. Versicherungsprämien), dann ist eine Klage auf Zahlung der laufenden Beiträge nach § 9 Satz 1 ZPO zu bemessen, wenn das Stammrecht erfahrungsgemäß dreieinhalb Jahre dauern kann. Anderenfalls ist nach § 3 ZPO unter Berücksichtigung der geringeren Dauer zu bewerten.5
5844
Der Wert einer Klage des Käufers gegen den Verkäufer (einer Eigentumswohnung) auf Beibringung der Zustimung eines Dritten zum Grundstückserwerb bestimmt sich nach dem tatsächlichen Wert des Grundstücks.6
5844a
Wenn die Lieferung von Sachen verlangt wird, ist deren Wert gem. § 6 Satz 1 ZPO anzusetzen, nicht die Höhe des Gewinnentgangs, wenn dieser nicht zugleich be-
5845
1 § 12 Abs. 1 GKG a.F. 2 OLG Koblenz, AnwBl. 2000, 264; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 3 ZPO Rn. 44, dort unter „Duldungsklage“; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Duldung“. 3 BGH, Beschl. v. 12.6.1991 – XII ZR 30/91, MDR 1992, 196. 4 RGZ 45, 404; 140, 359; KG, JW 1931, 1047; BGH, Beschl. v. 26.1.1994 – XII ZR 237/93, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1174. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 17.8.2012 – 20 W 29/12 – Krankenkostenvollversicherungsvertrag. 6 OLG Köln, Beschl. v. 9.7.2013 – 19 W 14/13.
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Verwahrung
ZPO
ziffert verlangt wird.1 Anders liegt es, wenn im Rahmen einer Bezugsverpflichtung auf Abnahme Einzelner oder künftiger Leistungen geklagt wird. Hier ist das Gewinninteresse des Klägers entscheidend. Ein zugleich gestellter Antrag auf Unterlassung des Leistungsbezuges bei einem Drittanbieter hat streitwertrechtlich denselben Gegenstand. Denn es geht um die Vermeidung eines Gewinnverlustes, so dass eine Zusammenrechnung ausscheidet.2 5846
Wird auf Herausgabe eines Grundstücks geklagt, bleiben die darauf ruhenden Belastungen unberücksichtigt, soweit sie den objektiven Wert der Sache nicht beeinflussen. Lasten, die eine Beschränkung oder Beeinträchtigung des Eigentums bedeuten und deshalb den Verkehrswert vermindern, wie z.B. Grunddienstbarkeiten, setzen auch den Wert des Streitgegenstandes herab (auch hier sind die Einzelheiten streitig; s. dazu das Stichwort „Grundstück“, Rn. 2893).
5847
Geht der Streit lediglich um die Art und Weise der Erfüllung, dann ist der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an einer bestimmten Vertragserfüllung gem. § 3 ZPO zu schätzen3 (s. auch das Stichwort „Leistungsmodalitäten“). Hierbei kann der Streitwert der Klage auf Erfüllung der Lieferpflicht (Fertigstellung der bereits begonnenen Montage einer Maschine) nicht höher sein, als der Wert der Kaufsache im Zeitpunkt der Klageerhebung abzgl. des Wertes bereits erbrachter Teilleistungen (Gesamtpreis abzgl. Wert der Maschinenteile und der Teilmontage). Der Umstand, dass durch die Ersatzvornahme gem. § 887 ZPO unverhältnismäßig hohe Kosten entstehen können, rechtfertigt keinen höheren Streitwert.4
5848
Gegenleistungen, die der Kläger zu erbringen hat, sind nicht Streitgegenstand und bleiben deshalb bei der Bewertung unberücksichtigt.5 Ebenso verhält es sich bei einem vom Beklagten wegen eines Gegenrechts geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht. Die Einzelheiten sind sehr umstritten; s. näher dazu das Stichwort „Gegenleistung“, Rn. 2509 ff. Zur Ermittlung des Streitwertes ist in solchen Fällen auch nicht zwischen Leistung und Gegenleistung zu saldieren.6
5849
Erfüllungshandlungen des Beklagten verändern den prozessualen Anspruch (Streitgegenstand) nicht, solange keine entsprechenden Erklärungen gegenüber dem Gericht abgegeben werden. So beispielsweise, wenn der Beklagte Teilzahlungen an den Kläger erbringt, Erledigungserklärungen zur Hauptsache aber erst später gegenüber dem Gericht abgegeben werden.7
Verwahrung 5850
Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert einer Klage auf Herausgabe der verwahrten Sache ist nach § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bestimmen.
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Verlangt der Kläger jedoch nur vorzeitige Rückgabe der in Verwahrung gegebenen Sache (§ 695 BGB) und bestreitet der Beklagte seine Rückgabepflicht zum verein1 OLG Breslau, OLGE 35, 188; OLG Königsberg, JW 1904, 341; a.A. OLG Rostock, OLGE 35, 23. 2 KG, JurBüro 1969, 1195 = Rpfleger 1969, 443. 3 BGH, Urt. v. 25.6.1981 – III ZR 96/80, MDR 1982, 36; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Vertragserfüllung“. 4 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1962, 111. 5 RGZ 140, 359; OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.1993 – 5 W 550/93, MDR 1994, 738. 6 KG, JW 1931, 1047; OVG Bremen, Beschl. v. 21.3.1983 – 1 B 52/82, AnwBl. 1984, 50. 7 OLG Stuttgart, JurBüro 1981, 860 = Justiz 1981, 316; OLG Frankfurt, JurBüro 1985, 1197; OLG Düsseldorf, JurBüro 1994, 241; a.A. OLG Schleswig, Beschl. v. 10.3.1981 – 9 W 30/81, JurBüro 1981, 921.
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Verwendungsersatz barten Zeitpunkt nicht, dann geht es nicht um die Frage der Rückgabe an sich, sondern nur um die vom Kläger verkürzte Verwahrungszeit. Sein Interesse an der Zeitverschiebung ist in diesen Fällen nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen.
Verweisung Literatur: N. Schneider, NJW 2003, 2436 (Gebühren im Verfahren auf Bestimmung des zuständigen Gerichts).
Gemäß § 281 Abs. 2 ZPO ist der Beschluss, mit dem sich ein Gericht auf Antrag für örtlich und/oder sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an ein anderes Gericht verweist, unanfechtbar und für das aufnehmende Gericht bindend. Eine erneute Zuständigkeitsprüfung durch das aufnehmende Gericht ist im Umfang der Bindungswirkung unzulässig. Im Falle der (unstatthaften) Beschwerde gegen den Verweisungsbeschluss ist der Gegenstandswert mit einem Bruchteil des Hauptsachewertes zu bestimmen.1
5852
Von dem Antrag auf Verweisung ist der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu unterscheiden. Dessen Bewertung richtet sich gem. § 3 ZPO nach dem Interesse des Antragstellers, die Antragsgegner bei demselben Gericht zu verklagen, und entspricht in der Regel einem Bruchteil des Wertes der Hauptsache.2 Weitere Ausführungen unter dem Stichwort „Zuständigkeit“.
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Beruht die Verweisung auf einer streitwertbezogenen sachlichen Unzuständigkeit 5853 (§§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG), geht dem Beschluss häufig eine gesonderte Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes voraus, zumindest sollten seinen Gründen Ausführungen zum Streitwert zu entnehmen sein. An diese (konkludente) Streitwertfestsetzung ist das aufnehmende Gericht gem. §§ 48 Abs. 1, 62 GKG auch hinsichtlich des Gebührenstreitwertes insoweit gebunden, als diese durch das Unter- oder Überschreiten der 5000-Euro-Grenze die sachliche Zuständigkeit begründet. Im Übrigen besteht jedoch keine Bindung, so dass der Gebührenstreitwert bis zu dieser Grenze herab- bzw. heraufgesetzt werden darf.3 Zum Beschwerdewert bei der Rechtswegverweisung (§ 17a Abs. 4 GVG) s. unter dem Stichwort „Rechtswegverweisung“, Rn. 4781 ff.
Verwendungsersatz Siehe das Stichwort „Mietstreitigkeiten“.
1 LG Kassel, Beschl. v. 20.11.2013 – 3 T 565/13, AGS 2014, 134: 1/5. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.1.2008 – 19 AR 9/07, MDR 2008, 473: 1/5; OLG Koblenz, Beschl. v. 12.10.2006 – 4 SmA 21/06, NZG 2006, 902: 1/10; OLG Köln, AGS 2003, 205 mit Anm. N. Schneider: 1/10; BayObLG, Beschl. v. 21.3.2002 – 17 AR 20/02, IBR 2002, 584 mit Anm. Mandelkow: 1/4; KG, Beschl. v. 23.6.2000 – 28 AR 62/00, KGR 2000, 310; Vossler, NJW 2006, 117 (122). 3 OLG Nürnberg, JurBüro 1960, 168; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Verweisung“ Rn. 1; a.A. OLG Dresden, Beschl. v. 26.10.2007 – 8 W 1224/07, MDR 2008, 50.
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Verzicht
ZPO
Verzicht Literatur: Madert, Zum Streitwert eines Unterhaltsverzichts, AGS 2000, 112; Enders, JurBüro 1996, 57 (61); Enders, Außergerichtliche Tätigkeit – Gegenstandswert Testament, Erbvertrag und Erbverzicht, JurBüro 1996, 169 ff.
A. Allgemeines 5855
Der Verzicht auf eine bestehende Forderung ist ein Erlass (§ 397 BGB). Hierbei handelt es sich um einen Vertrag, da nach dem Gesetz ein einseitiger Verzicht nicht vorgesehen ist.1 Demgegenüber kann der Berechtigte einseitig auf die Erhebung von Einreden oder die Ausübung von Gestaltungsrechten (z.B. Kündigung) verzichten. Für die Bewertung, insbesondere von Vergleichsvereinbarungen, ist daher zu unterscheiden:
B. Verzicht auf Forderung 5856
Geht es um den Erlass eines Anspruchs (Forderung), ist der Wert einer dahingehenden Vereinbarung gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG, nach den allgemeinen Regeln zu schätzen. Bestehen für die Bewertung der erlassenen Forderung streitwertrechtliche Sonderregeln, sind diese mit zu berücksichtigen.2
5857
Verzichtet in einem Prozessvergleich eine Partei auf einen erheblichen Teil von nicht rechtshängigen Ansprüchen, so sind bei der Festsetzung des Vergleichswerts Abstriche zu machen, soweit diese Ansprüche nicht realisierbar gewesen wären3 (s. dazu das Stichwort „Vergleich“).
5858
Der Verzicht des Beklagten auf das ihm zustehende Abänderungsrecht nach § 323 ZPO beeinflusst den Streitwert der Klageforderung nicht.
5859
Im Unterhaltsrecht kann der nacheheliche Ehegattenunterhalt Gegenstand einer Erlassvereinbarung sein, § 1585c BGB. Nicht verzichtet werden kann dagegen auf Unterhalt für die Dauer des Getrenntlebens (§§ 1361 Abs. 4, 1360a Abs. 3, 1614 Abs. 1 BGB), auf Kindesunterhalt (§ 1614 Abs. 1 BGB) und auch nicht auf Verwandtenunterhalt (§ 1614 Abs. 1 BGB). Der Wert eines Unterhaltsverzichts in einem Vergleich bestimmt sich nach dem Jahresbetrag des Unterhaltes, auf den verzichtet worden ist.4 Wird neben zukünftigem Unterhalt auch auf bereits fällige Unterhaltsbeträge verzichtet, sind diese gesondert zu bewerten und hinzuzurechnen.5 Zu den Einzelheiten s. auch unter dem Stichwort „Unterhaltssachen“ im FamFG-Teil.
1 Palandt/Grüneberg, § 397 BGB Rn. 1. 2 Madert, AGS 2000, 112. 3 OLG Bamberg, Beschl. v. 22.9.1988 – 6 W 29/88, JurBüro 1989, 201; OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.10.1980 – 5 U 124/79, MDR 1981, 57; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.5.2000 – 10 W 19/00, OLGR 2000, 404; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 30.9.1987 – 7 Ta 140/87, JurBüro 1988, 778; LAG Hamm, MDR 1980, 613; LAG Hamburg, Beschl. v. 15.10.1985 – 3 Ta 16/85, JurBüro 1986, 752; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Vergleich“; a.A. Mümmler, JurBüro 1991, 767 (770); LAG Frankfurt, NJW 1964, 2129. 4 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.8.2013 – 11 WF 181/13, MDR 2013, 1104 – zu § 42 Abs. 1, 51 FamGKG; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 3.5.1999 – 16 UF 226/96, AGS 2000, 112 mit Anm. Madert. 5 Enders, JurBüro 1999, 337.
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Kurpat
Verzçgerungsgebhr Auch der Verzicht des Klägers, der Unterhalt zu verlangen hat, auf eine Abänderung zu seinen Gunsten, also auf eine Erhöhung des Unterhaltes, bleibt unberücksichtigt.1
5860
Der Wert des Erbverzichts (§ 2346 ff. BGB) bestimmt sich nach dem Wert des auf den potentiellen Erben entfallenden Anteil am Nachlass.2
5861
C. Verzicht auf Einrede/Gestaltungsrecht Verzichtet der Berechtigte (einseitig) auf die Ausübung von Gestaltungsrechten, wird maßgeblich darauf abzustellen sein, inwieweit der Bestand der Klageforderung hiervon betroffen gewesen wäre.
5862
Vereinbarungen über den „befristeten Verzicht“ auf die Erhebung der Verjährungs- 5863 einrede sind oftmals Gegenstand eines (außergerichtlichen) Zwischenvergleichs. Da sie regelmäßig nur der Ermöglichung weiterer Sachaufklärung oder Vergleichsverhandlungen dienen und nicht den Bestand der (streitigen) Forderung berühren, ist eine Bruchteilsbewertung geboten. Hiervon abweichend ist der Streitwert nach dem vollen Betrag der Forderung zu bemessen, wenn der Schuldner auf die Geltendmachung einer bereits eingetretenen Verjährung verzichtet3 oder mit dem Gläubiger eine Verlängerung einer bereits abgelaufenen Verjährungsfrist vereinbart.4 Der vom Mieter im Räumungsvergleich erklärte Verzicht auf Räumungsschutz ist, weil es sich insoweit um einen selbständigen prozessualen Anspruch handelt, gesondert zu bewerten. Regelmäßig ist eine Bewertung i.H.v. drei Monatsmieten angemessen.5
5863a
Verzçgerungsgebhr Literatur: Schneider, JurBüro 1976, 5; Schmid, MDR 2001, 308.
Wird durch Verschulden einer Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten der Gang eines Rechtsstreites verzögert, dann kann das Gericht dies mit einer besonderen Gebühr ahnden, die bis auf ein Viertel ermäßigt werden kann, § 38 GKG.
5864
Der Gebührenstreitwert bestimmt sich nach dem Wert der Hauptsache, soweit sich die Verzögerung auf das gesamte Verfahren auswirkt. Erfasst die Verzögerung nur einen Teil des Prozesses, bleibt der Hauptsachewert maßgebend, wenn hinsichtlich des nicht betroffenen Teils kein Teilurteil ergeht.6
5865
Geht die Verzögerung von einem oder mehreren Streitgenossen aus, ist der Streitwert unter Berücksichtigung ihrer Beteiligung am Rechtsstreit zu bemessen, arg. § 100 Abs. 2 ZPO.7
5866
Für die Wertbestimmung ist auf den Zeitpunkt der Verzögerungshandlung oder der prozessualen Unterlassung, die sich verzögernd ausgewirkt hat, abzustellen.8 Der abweichenden Ansicht, wonach es auf den Zeitpunkt ankomme, in dem der Best-
5867
1 2 3 4 5 6 7 8
OLG Nürnberg, Bay.JMBl. 1959, 170. Enders, JurBüro 1996, 169. Vgl. etwa BGH, DB 1974, 2005. Vgl. etwa OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.2.2005 – 9 WF 38/05, NJW-RR 2005, 871. OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.3.2011 – 5 U 137710, JurBüro 2012, 303. Schneider/Volpert/Fölsch/Thiel, Gesamtes Kostenrecht, § 38 GKG Rn. 17. Binz/Dörndorfer/Zimmermann, § 38 GKG Rn. 16; Hartmann, KostG, § 38 GKG Rn. 27. Meyer, § 34 GKG Rn. 17.
Kurpat
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Verzugszinsen
ZPO
rafungsbeschluss ergeht,1 kann nicht gefolgt werden, weil sich die Bestrafungsgebühr gegen eine konkrete verzögernde Handlung oder Unterlassung richtet, für die der Zeitpunkt der Beschlussfassung gleichgültig ist. Anderenfalls hätte das Gericht es in der Hand, die Höhe der Gebühr zu beeinflussen, indem es mit der Bestrafung zuwarten könnte, bis beispielsweise eine streitwerterhöhende Widerklage erhoben oder eine Antragserweiterung vorgenommen würde. 5868
Gegen die Verhängung ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt, gem. § 69 GKG die Beschwerde zulässig. Dies gilt auch, wenn die Verhängung nicht durch Beschluss, sondern im Urteil erfolgt.2 Der Beschwerdewert richtet sich dann nach dem Betrag der auferlegten Verzögerungsgebühr.3
Verzugszinsen Siehe das Stichwort „Nebenforderungen“.
Vollmacht A. Erteilung einer Vollmacht 5869
Wird auf Erteilung einer Vollmacht geklagt, dann richtet sich der Streitwert nach § 3 ZPO. Maßgebend ist das Interesse des Vollmachtnehmers an der von ihm in Anspruch genommenen Vertretungsbefugnis. Nähere Darlegungen dazu sind dann unerlässlich (§ 61 GKG), da grundsätzlich niemand daran interessiert sein kann, einen anderen gegen dessen Willen zu vertreten. Anders liegt es, wenn diese Tätigkeit zu vergüten wäre. In diesem Fall ist bei der Schätzung nach § 3 ZPO auf die Höhe der zu erwartenden Vergütung abzustellen.
B. Herausgabe einer Vollmachtsurkunde 5870
Wird auf Herausgabe einer Vollmachtsurkunde geklagt, weil die Bevollmächtigung widerrufen worden sei, dann ist das Herausgabeinteresse ebenfalls nach § 3 ZPO zu schätzen.4 Wesentlicher Bemessungsgesichtspunkt ist die Gefahr des Vollmachtsmissbrauchs.
5871
§ 3 ZPO ist ebenso anzuwenden, wenn der Streit darüber geht, ob eine erteilte Vollmacht fortbesteht oder erloschen ist. Auch wirkt sich die Gefahr des Vollmachtmissbrauchs werterhöhend aus.
C. Streit über das Bestehen einer Vollmacht 5872
Der Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Vollmacht richtet sich gem. § 3 ZPO nach dem Interesse an der Feststellung des Vollmachtsverhältnis1 Hartmann, KostG, § 38 GKG Rn. 27; zweifelnd Binz/Dörndorfer/Zimmermann, § 38 GKG Rn. 19. 2 OLG Celle, Beschl. v. 17.4.2000 – 8 W 186/00, MDR 2001, 350 mit Anm. Schmidt. 3 OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29.12.2011 – 1 W 29/11, BauR 2012, 1838; OLG Celle, Beschl. v. 13.8.2007 – 2 W 70/07, MDR 2007, 1345. 4 OLG Naumburg, OLGE 21, 59.
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Kurpat/N. Schneider
Vollstreckbarerklrung eines auslndischen Urteils ses. Der Wert kann nicht höher liegen als der Wert der Rechte, die durch die Vollmacht begründet werden können.
D. Anfertigen und Beurkunden einer Vollmacht Für das Anfertigen bzw. das Beurkunden einer Vollmacht dürfte auf das damit verbundene Interesse abzustellen sein, insbesondere auf den Wert des Vermögens, über das mit der Vollmacht verfügt werden kann; hiervon ist dann eine Quote je nach Bedeutung der Vollmacht anzunehmen.
5873
Für die Beurkundung einer Altersvorsorgevollmacht als Generalvollmacht ist der Geschäftswert nach der Höhe des Aktivvermögens ohne Abzug der darauf lastenden Verbindlichkeiten zu berechnen. Eine Herabsetzung des Geschäftswertes wegen der Beschränkung der Vollmacht im Innenverhältnis auf den Vorsorgefall kommt nicht in Betracht, wenn die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt ist und den Bevollmächtigten Ausfertigungen der Vollmacht erteilt werden.1 Das LG Osnabrück2 hat dagegen nur die Hälfte des Vermögens als Wert angenommen.
5874
Vollstreckbare Ausfertigung Der Antrag auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung (§ 733 ZPO) bestimmt sich nach dem Streitwert des zu vollstreckenden Anspruchs.3
5874a
Vollstreckbarerklrung eines Anwaltsvergleichs Wie bei dem Verfahren über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen nach §§ 1060, 1061 ZPO, bedarf auch der Anwaltsvergleich (§ 796a ZPO) der Vollstreckbarerklärung. Erst dadurch wird der Vollstreckungstitel als wirksam und vollstreckungsfähig festgestellt. In dem Verfahren wird der Vergleich in vollem Umfang gerichtlich überprüft, was wiederum den Ansatz des Hauptsachewertes rechtfertigt.4
5874b
Vollstreckbarerklrung eines auslndischen Urteils Die Klage auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils (§ 722 ZPO) ist kein Akt der Zwangsvollstreckung, so dass nicht das Vollstreckungsgericht, sondern das Prozessgericht zuständig ist. Die Kosten und Zinsen, die das ausländische Urteil zuerkannt hat, sind deshalb bei der Festsetzung des Streitwerts nicht 1 OLG Oldenburg, Beschl. v. 13.7.2005 – 3 W 31/05, FamRZ 2006, 499; LG Koblenz, Beschl. v. 24.10.2007 – 2 T 532/07, FamRZ 2008, 2298. 2 LG Osnabrück, Nds.Rpfl. 1997, 28. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.10.2012 – 7 W 56/12, MDR 2013, 428; OLG Koblenz, Beschl. v. 3.7.2013 – 3 W 295/13; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 15.5.2007 – 5 W 74/07, MDR 2008, 49; OLG Thüringen, Beschl. 3.9.1999 – 6 W 298/99, Rpfleger 2000, 76. 4 OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.4.2012 – 8 W 34/12, MDR 2012, 868; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.11.1999 – 3 WF 210/99, FamRZ 2000, 1520.
N. Schneider/Kurpat
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5875
ZPO
Vollstreckbarerklrung eines Urteils (§§ 537, 558 ZPO) zu berücksichtigen.1 Entscheidend ist allein der Wert des im ausländischen Urteil titulierten Gegenstandes, für welchen das Vollstreckungsurteil beantragt wird. 5876
Für die Kosten wird dann eine Ausnahme gemacht, wenn sie im ausländischen Urteil ziffernmäßig allein oder neben der Hauptforderung genannt sind.2 Dagegen bestehen allerdings Bedenken, weil der Streitwert für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Schuldtitel nach deutschem Recht zu bestimmen ist. Dieses kennt jedoch keine Vorschrift, welche die Umwandlung der Kosten-Nebenforderung in eine Hauptforderung anordnet.
5877
Geht es um ein Urteil auf Zahlung gesetzlichen Unterhalts, dann ist § 42 Abs. 1 GKG anwendbar. Die Rückstände bestimmen sich jedoch in diesem Fall nicht nach § 42 Abs. 4 GKG, sondern nach dem Tenor des ausländischen Titels;3 nicht titulierte Rückstände bleiben deshalb außer Ansatz.4
5878
Im Rechtsbeschwerdeverfahren richtet sich der Streitwert für die Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung nach dem Wechselkurs bei Eingang der Rechtsbeschwerde.5
Vollstreckbarerklrung eines Urteils (§§ 537, 558 ZPO) 5879
Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Urteils nach §§ 537, 558 ZPO bedarf es keines Streitwerts für die Zuständigkeit, da die Zuständigkeit des Berufungs- bzw. Revisionsgerichts in §§ 537 Abs. 1 Satz 1, 558 Satz 1 ZPO vorgegeben ist. Auch ein Streitwert für die Gerichtsgebühren ist nicht erforderlich, da für das Verfahren keine Gerichtsgebühren anfallen.
5880
Der Anwalt erhält für seine Tätigkeit im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung (§§ 537, 558 ZPO) eine eigenständige Verfahrensgebühr nach Nr. 3329 VV RVG, wenn und soweit der nicht angegriffene Teil des Urteils niemals Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens war. Der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren ist nach § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG zu schätzen.
5881
Die konkrete Bestimmung des Gegenstandswertes für die Anwaltsgebühren ist umstritten: Nach einer Meinung ist nur ein Bruchteil des vollen Werts des nicht angefochtenen Teils des Urteils anzusetzen, der überwiegend mit 1/5 angenommen wird.6 Begrün1 BGH, Beschl. v. 8.10.1956 – II ZR 305/55, LM Nr. 7 zu § 4 ZPO; OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.2.1993 – 20 W 29/93, JurBüro 1994, 117; OLG Köln, Beschl. v. 8.6.1994 – 16 W 29/94, OLGR 1994, 236; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 6.6.1986 – 2 WF 31/85, JurBüro 1986, 1404; LG Karlsruhe, Beschl. v. 28.8.1991 – 11 O 112/90, IPRspr 1991, Nr. 200d, 417. 2 So BGH, Rpfleger 1957, 15 mit abl. Anm. Lappe; wohl auch OLG Zweibrücken, KostRsp. GKG § 17 Nr. 83 = JurBüro 1986, 1404 und OLG München, Beschl. v. 17.1.1997 – 21 W 3225/96, OLGR 1997, 203. 3 So OLG Hamburg, Beschl. v. 24.1.1997 – 12 W 14/96, OLGR 1997, 164; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 6.6.1986 – 2 WF 31/85, JurBüro 1986, 1404. 4 BGH, Beschl. v. 19.11.2008 – XII ZB 195/07, MDR 2009, 173 = JurBüro 2009, 140; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.11.2007 – 3 W 125/07, FamRZ 2008, 904; OLG Dresden, Beschl. v. 9.11.2005 – 21 UF 670/05, FamRZ 2006, 563; OLG Hamburg, Beschl. v. 24.1.1997 – 12 W 14/96, OLGR 1997, 164; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 6.6.1986 – 2 WF 31/85, JurBüro 1986, 1401; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 24.1.1990 – 2 WF 11/90, KostRsp. GKG § 17 Nr. 121. 5 BGH, Beschl. v. 13.1.2010 – XII ZB 12/05. 6 OLG Hamm, Beschl. v. 12.1.1993 – 2 UF 427/91, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1181 mit Anm. Herget = FamRZ 1994, 248; OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.12.1995 – 5 U 22/95, OLGR 1996, 48.
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Kurpat/Noethen
Vollstreckungsabwehrklage det wird dies damit, dass die Vollstreckbarerklärung nur eine vorläufige Regelung darstellt und den Gegner nicht an der Erweiterung seines Rechtsmittels hindert, womit das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers nur in der Ersparung der sonst erforderlichen Sicherheitsleistung liegt. Die Gegenmeinung1 bemisst den Streitwert nach dem vollen Wert der Verurteilung. Sie stellt maßgeblich darauf ab, dass das Interesse des Gläubigers, bereits vor Eintritt der Rechtskraft vollstrecken zu können, schon im Hinblick auf einen möglichen „Wettlauf“ mit anderen Gläubigern mit dem vollen Wert anzusetzen ist.
Û
Beispiel: Der Beklagte ist zur Zahlung von 25 000 Euro verurteilt worden. Dagegen legt er Berufung ein, soweit eine Verurteilung von mehr als 15 000 Euro erfolgt ist. Der Anwalt des Klägers beantragt Zurückweisung der Berufung und stellt im Übrigen den Antrag, das landgerichtliche Urteil i.H.v. 15 000 Euro ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.2 Nach der ersten Meinung berechnet sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3329 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 3000 Euro (1/5 des nicht angegriffenen Teils des Urteils). Die Gegenmeinung berechnet die Verfahrensgebühr aus dem vollen Wert des nicht angegriffenen Teils des Urteils (15 000 Euro). Gegen die zweite Meinung spricht, dass die Vollstreckbarerklärung nur eine vorläufige Regelung darstellt und der Gegner sein Rechtsmittel erweitern kann3, womit das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers nur in der Ersparnis der sonst erforderlichen Sicherheitsleistung liegt.
Vollstreckungsabwehrklage A. Einleitung Mit der Vollstreckungsabwehrklage – immer auch noch Vollstreckungsgegenklage genannt – macht der Vollstreckungsschuldner Einwendungen gegen die im Urteil festgestellten materiell-rechtlichen Leistungsansprüche geltend. Die Klage nach § 767 ZPO ist nach h.M. eine prozessuale Gestaltungsklage, welche den endgültigen oder zeitweiligen Ausschluss der Vollstreckung des Titels zum Gegenstand hat.
5882
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Allgemeines Ein Zuständigkeitsstreitwert muss für die Vollstreckungsabwehrklage nicht festgesetzt werden, da nach § 767 Abs. 1 ZPO das Prozessgericht des ersten Rechtszugs ausschließlich zuständig ist.
5883
Der Gebührenstreitwert der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) bemisst sich gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Umfang der erstrebten Aus-
5884
1 Schneider/Wolf, RVG, Nr. 3329 VV Rn. 26; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 3329 Rn. 10; Mayer/Kroiß/Gierl, Anh. I, VIII. Rn. 27; LG Bonn, Beschl. v. 15.1.2001 – 7 O 325/97, MDR 2001, 416 mit Anm. N. Schneider. 2 Zur Rechtskrafthemmungswirkung in der Berufungsinstanz vgl. Zöller/Heßler, § 537 ZPO Rn. 1 sowie BGH, Urt. v. 12.5.1992 – VI ZR 118/91, NJW 1992, 2296. 3 Hierzu sowie zur Abgrenzung zum Anfechtungsverzicht vgl. Zöller/Heßler, § 520 ZPO Rn. 31 sowie BGH, Urt. v. 12.5.1992 – VI ZR 118/91, NJW 1992, 2296.
Noethen
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Vollstreckungsabwehrklage
ZPO
schließung der Zwangsvollstreckung,1 d.h. bei der Streitwertfestsetzung sind diejenigen Ansprüche zugrunde zu legen, die in dem Titel enthalten sind, der mit der Vollstreckungsabwehrklage angegriffen wird.2 Bei Zahlungstiteln ist daher der Betrag der Hauptforderung einschließlich etwaiger Rückstände anzusetzen. 5885
Zinsen und Kosten des Vorprozesses bleiben nach herrschender Meinung gem. § 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 2 ZPO bei der Berechnung des Streitwerts der Vollstreckungsabwehrklage außer Betracht,3 es sei denn, die Abwehrklage richtet sich ausschließlich gegen diese.4 Nach anderer Ansicht5 ist § 4 ZPO unanwendbar, so dass zur Hauptsumme Zinsen und Kosten hinzuzurechnen sind. Diese abweichende Entscheidung des LG Köln ist jedoch bereits in einer frühen Entscheidung des BGH6 als unzulänglich begründet abgelehnt worden. Die Kosten des Vorprozesses müssen schon deswegen unberücksichtigt bleiben, weil das einer Vollstreckungsabwehrklage stattgebende Urteil nicht die im Vollstreckungstitel enthaltene Kostenentscheidung erfasst,7 die deshalb in jedem Fall weiterhin Grundlage der Kostenfestsetzung bleibt.8 Sind die Kosten aber nicht Gegenstand des Verfahrens, können sie auch nicht den Streitwert und/oder die Beschwer beeinflussen.
II. Umfang des Vollstreckungsausschlusses 5886
Der Streitwertfestsetzung sind diejenigen Ansprüche zugrunde zu legen, die in dem mit der Vollstreckungsabwehrklage angegriffenen Titel enthalten sind. Bei Zahlungstiteln ist daher der Betrag der Hauptforderung einschließlich etwaiger Rückstände anzusetzen. Es kommt nicht darauf an, ob die titulierte Forderung realisierbar ist, ob sie in Wahrheit ganz oder teilweise getilgt ist und ob dies ganz oder teilweise im Verlauf des Prozesses unstreitig wird.9
5887
Eine Ausnahme gilt nur für den Fall, dass sich aus den Anträgen oder der Klagebegründung ergibt, dass die Zwangsvollstreckung nur wegen eines Teilbetrags oder 1 BGH, Beschl. v. 9.2.2006 – IX ZB 310/04, MDR 2006, 1064; Beschl. v. 20.9.1995 – XII ZR 220/94, MDR 1995, 1258; Beschl. v. 11.7.1985 – III ZR 220/84; Beschl. v. 23.9.1987 – III ZR 96/87, NJW-RR 1988, 444; OLG Schleswig, Beschl. v. 16.4.2015 – 5 W 23/15. 2 OLG Celle, Beschl. v. 23.7.2009 – 6 W 106/09, AGS 2010, 36; OLG Jena, Beschl. v. 23.4.2008 – 5 W 527/07, OLGR 2008, 634; OLG Bamberg, Beschl. v. 15.2.2005 – 1 W 9/05, AGS 2005, 453; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.6.2003 – 16 WF 77/03, OLGR 2004, 428; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.10.2002 – 25 W 71/02, AGS 2003, 360; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.1.1999 – 21 W 56/98, JurBüro 1999, 326; KG, Rpfleger 1962, 153; OLG Koblenz, Beschl. v. 18.2.2000 – 13 WF 64/00, FamRZ 2001, 845; OLG Nürnberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 157; OLG Celle, JurBüro 1971, 1066; OLG Schleswig, SchlHA 1983, 142; OLG Bamberg, JurBüro 1984, 1398; OLG Hamm, Beschl. v. 8.3.1991 – 12 W 2/91, JurBüro 1991, 1327. 3 BGH, Beschl. v. 9.2.2006 – IX ZB 310/04, MDR 2006, 1064; BGH, LM § 4 ZPO Nr. 4; KG, Beschl. v. 5.1.2009 – 2 U 125/06, JurBüro 2009, 486; OLG Jena, Beschl. v. 23.4.2008 – 5 W 527/07, OLGR 2008, 634; OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.10.2006 – 5 W 60/06, MDR 2007, 355; OLG Koblenz, Rpfleger 1956, 147; OLG Celle, JurBüro 1971, 1066; OLG Hamm, JurBüro 1990, 649; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.11.1990 – 1 W 53/90, MDR 1991, 353; OLG Köln, JurBüro 1992, 251; OLG Nürnberg, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 9; LG Mannheim, WM 1965, 174; LG Mannheim, ZMR 1967, 183; LG Bayreuth, JurBüro 1980, 929. 4 BGH, Beschl. v. 20.9.1995 – XII ZR 220/94, MDR 1995, 1258; OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.10.2006 – 5 W 60/06, MDR 2007, 355. 5 OLG Hamburg, Beschl. v. 23.8.1988 – 5 W 68/88, MDR 1988, 1060; LG Köln, NJW 1964, 2165. 6 BGH, MDR 1968, 662. 7 BGH, Urt. v. 20.9.1995 – XII ZR 220/94, MDR 1995, 1258 zur Beschwer. 8 OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.8.1992 – 9 U 76/92, Rpfleger 1993, 172; Zöller/Herget, §§ 103, 104 ZPO Rn. 21 Stichwort „Vollstreckungsabwehrklage“. 9 OLG Bamberg, JurBüro 1984, 1398; OLG Hamm, Beschl. v. 8.3.1991 – 12 W 2/91, RPfleger 1991, 387; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.10.2002 – 25 W 71/02, OLGR 2003, 172, 173.
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Noethen
Vollstreckungsabwehrklage eines Restbetrags für unzulässig erklärt werden soll. In diesem Fall ist nur dieser Teilbetrag der Streitwertfestsetzung zugrunde zu legen.1 Dem Vollstreckungskläger steht es frei, den Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung zu bestimmen. Dann bemisst sich der Wert der Vollstreckungsabwehrklage nach dem so bestimmten Umfang.2 Es reicht allerdings nicht zur Streitwertermäßigung aus, wenn der Gläubiger erklärt, nur wegen eines Teils vollstrecken zu wollen. Denn allein der Vollstreckungskläger bestimmt den Streitgegenstand und eine bloße Absichtserklärung des Gläubigers macht den Titel nicht teilweise vollstreckungsunfähig. Erforderlich ist für die Streitwertermäßigung vielmehr, dass der Vollstreckungskläger die Unzulässigkeitserklärung nur wegen eines abgrenzbaren Teils der titulierten Forderung beantragt.3 Missverständlich ist daher die Entscheidung des OLG Hamm,4 wonach sich der Streitwert reduziert, wenn der Gläubiger vorprozessual erklärt hat, er wolle trotz Vorliegens eines höherwertigen Titels lediglich wegen eines Teilbetrags vollstrecken. Entscheidend für die Wertfestsetzung ist nicht die Erklärung des Gläubigers, sondern der Antrag des Vollstreckungsschuldners.
5888
Eine konkludente Beschränkung des Umfangs des Vollstreckungsausschlusses, der dann wiederum zu einer Streitwertfestsetzung unterhalb der Summe der Hauptforderung führt, kann sich aber nicht nur aus dem Antrag des Klägers, sondern auch konkludent aus den Umständen ergeben.5
5889
Û
Beispiele: – Der Vollstreckungskläger beziffert den Streitwert mit 10 000 Euro und zahlt danach den Prozesskostenvorschuss ein. Das Gericht bestimmt Termin zur mündlichen Verhandlung, ohne die Streitwertangabe in Zweifel zu ziehen. Desgleichen rügt der Gläubiger, der sich nur eine Vollstreckungsklausel i.H.v. 10 000 Euro hatte erteilen lassen, den Wertansatz nicht. Hier ergab sich nach Ansicht des OLG Köln aus den Gesamtumständen, dass die Klage auf diesen Teilbetrag beschränkt gewesen war.6 – Der Gläubiger vollstreckt aus dem Titel nur eine Teilforderung i.H.v. 5000 Euro. Der Antrag der Vollstreckungsabwehrklage des Schuldners enthält zwar keine ausdrückliche Beschränkung auf diesen Teilbetrag. Jedoch hat der Vollstreckungsgegenkläger auf die gerichtliche Aufforderung um Angaben zur Streitwerthöhe, den Gegenstandswert auf den Betrag der vom Gläubiger vollstreckten Teilforderung (5000 Euro) beziffert. Damit hat er nach Ansicht des OLG Köln eine entsprechende Beschränkung zum Ausdruck gebracht.7
1 BGH, Beschl. v. 9.2.2006 – IX ZB 310/04, MDR 2006, 1064; Beschl. v. 26.3.2012 – XI ZR 227/11; OLG Schleswig, Beschl. v. 16.4.2015 – 5 W 23/15; OLG Frankfurt, JurBüro 1954, 375; OLG Braunschweig, Rpfleger 1956, 115; KG, JurBüro 1957, 179; OLG Bamberg, JurBüro 1981, 1571; OLG Hamm, Beschl. v. 8.3.1991 – 12 W 2/91, JurBüro 1991, 1237; LG Bayreuth, JurBüro 1980, 929; OLG Celle, Beschl. v. 25.3.2003 – 4 W 39/03, AGS 2003, 552 mit Anm. N. Schneider. 2 BGH, Beschl. v. 9.2.2006 – IX ZB 310/04, MDR 2006, 1064; Beschl. v. 2.2.1962 – V ZR 70/60, NJW 1962, 806; Beschl. v. 23.9.1987 – III ZR 96/87, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 890 mit Anm. Schneider; OLG Koblenz, Beschl. v. 18.2.2000 – 13 WF 64/00, FamRZ 2001, 845; OLG Hamm, JurBüro 1988, 1078; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.6.2003 – 16 WF 77/03, OLGR 2004, 428. 3 BGH, MDR 1962, 391; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.3.2008 – 23 U 30/07, JurBüro 2008, 315; OLG Köln, Beschl. v. 17.10.2003 – 13 W 54/03, OLGR 2004, 140; OLG Celle, JurBüro 1966, 1080; OLG Hamm, Beschl. v. 8.3.1991 – 12 W 2/91, JurBüro 1991, 1237. 4 OLG Hamm, JurBüro 1988, 1078. 5 OLG Köln, Rpfleger 1976, 138; so auch OLG Köln, Beschl. v. 17.10.2003 – 13 W 54/03, RVG-Berater 2005, 21; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.6.2003 – 16 WF 77/03, OLGR 2004, 428; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.1.1999 – 21 W 56/98, JurBüro 1999, 326; OLG Koblenz, Beschl. v. 18.2.2000 – 13 WF 64/00, FamRZ 2001, 845. 6 OLG Köln, Rpfleger 1976, 138. 7 OLG Köln, Beschl. v. 17.10.2003 – 13 W 54/03, OLGR 2004, 140.
Noethen
1121
ZPO
Vollstreckungsabwehrklage 5890
Anders verhält es sich jedoch, wenn der Vollstreckungskläger zwar einen Teil des Kaufpreises gezahlt hat, mit der Vollstreckungsabwehrklage aber weiterhin der gesamte Titel angegriffen und der bereits gezahlte Betrag zurückgefordert wird.1
5891
Der volle titulierte Betrag ist auch dann maßgebend, wenn der Gläubiger nur Ratenzahlungen nach Maßgabe ihrer Fälligkeit und damit derzeit nur einen Teilanspruch aus dem Titel vollstrecken kann oder will,2 etwa weil er vorprozessual erklärt hat, er wolle aus einem höherwertigen Titel lediglich wegen eines Teilbetrags vollstrecken.3
5892
Tragen beide Parteien übereinstimmend teilweise Erfüllung des Zahlungstitels vor, beantragt der Titelschuldner aber gleichwohl uneingeschränkt die Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung, dann ist der unstreitig erfüllte Teilbetrag nur mit einem geringen Titulierungsinteresse zu bewerten.4 Auf den Umfang der bereits eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen kommt es daher nicht an.5
5893
Bezweckt der Vollstreckungskläger nur die einstweilige Verhinderung der Zwangsvollstreckung, etwa weil er die derzeitige Fälligkeit des titulierten Anspruchs bestreitet, dann ist der Streitwert gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach seinem Interesse am Vollstreckungsaufschub zu bemessen.6 Erforderlich ist aber, dass das entsprechend geminderte Interesse im Klageantrag zum Ausdruck gebracht wird.
III. Wertlose Forderung 5894
Nach herrschender Meinung7 richtet sich der Streitwert auch dann nach dem Nennbetrag des vollstreckbaren Anspruchs, wenn die Forderung wegen Vermögenslosigkeit nicht beitreibbar ist und das Interesse des Abwehrklägers sich in der Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung der eidesstattlichen Versicherung erschöpft. Denn da der Streitgegenstand ausschließlich vom Kläger der Vollstreckungsabwehrklage bestimmt werde, komme es nicht darauf an, ob die titulierte Forderung in Wahrheit ganz/teilweise getilgt oder nicht realisierbar sei und ob dies ganz oder teilweise im Verlauf des Prozesses unstreitig werde.
5895
Mit dem Gebot wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist diese Ansicht im Hinblick auf die Vollstreckungsabwehrklage bei unstreitig wertlosen Forderungen allerdings nicht zu vereinbaren.8 In einem Fall des BGH9 ging es um die Vollstreckungsabwehrklage einer vor der Löschung stehenden völlig insolventen GmbH gegen die mögliche Vollstreckung aus einem Schuldanerkenntnis. Dieses war tatsächlich nichts wert, weil der anerkannte Anspruch nicht beitreibbar war. Deshalb sollte in solchen Fällen ein Abschlag gemacht werden, wie dies auch bei Einbeziehung wertloser, nicht rechtshängiger Forderungen in einen Vergleich geschieht.10 Zuzustimmen ist der herrschenden Meinung dagegen in denjenigen Fällen, in denen der vollstreckbare Anspruch während des Verfahrens ganz/teilweise getilgt wird. Denn 1 2 3 4 5 6 7
8 9 10
OLG Hamm, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1046 mit Anm. Schneider. OLG Celle, JurBüro 1966, 1080. OLG Hamm, JurBüro 1988, 1078. OLG Koblenz, JurBüro 1989, 133; s. dazu Lappe, ZAP Fach 24 S. 19. KG, JurBüro 1957, 179; OLG München, Beschl. v. 18.10.1993 – 12 WF 1032/93, OLGR 1994, 23. KG, JW 1933, 2344 mit Anm. Bartels; KG, DR 1939, 456. BGH, Beschl. v. 9.2.2006 – IX ZB 310/04, MDR 2006, 1064; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.6.2003 – 16 WF 77/03, FamRZ 2004, 1226; Beschl. v. 30.1.2007 – 1 W 14/07, OLGR 2007, 996; BGH, Beschl. v. 23.9.1987 – III ZR 96/87, NJW-RR 1988, 444 m.w.N.; vgl. dazu auch Schneider, MDR 1988, 360 zu Ziffer VI 3; LG Münster, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 8. Siehe näher Schneider, Anm. zu KostRsp. ZPO § 3 Nr. 890; MDR 1988, 360, Ziff. VI 3. BGH, Beschl. v. 23.9.1987 – III ZR 96/87, NJW-RR 1988, 444 m.w.N. Siehe dazu das Stichwort „Vergleich“.
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Noethen
Vollstreckungsabwehrklage dann ist es Sache des Klägers, diesen Umstand durch eine Beschränkung seines Klageantrags zu berücksichtigen, damit auch die Streitwertfestsetzung entsprechend angepasst werden kann.
IV. Anspruchsmehrheit Der Antrag, eine Zwangsvollstreckung in Höhe eines bestimmten Betrags, der bereits beigetrieben ist, für unzulässig zu erklären, und der Antrag auf Rückzahlung dieses beigetriebenen Betrags haben wirtschaftlich denselben Gegenstand, so dass nicht gem. § 5 ZPO, § 39 GKG zusammengerechnet werden darf.1 Ebenso liegt es, wenn die Zwangsvollstreckung aus einem notariell beurkundeten Darlehensvertrag mit Unterwerfungsklausel durch Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) abgewehrt werden soll, weil der Vollstreckungsgegenkläger bei Vertragsabschluss geschäftsunfähig gewesen sei und der Darlehensgläubiger auf Zahlung des Darlehensbetrags klagt, der ihm dann jedenfalls aus § 812 BGB zustehe.2
5896
Wird neben dem Antrag der Vollstreckungsabwehrklage auf Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung zusätzlich beantragt, den Gläubiger zu verurteilen, eine Bürgschaftserklärung herauszugeben, dann ist der Wert dieses Antrages ebenfalls streitwertmäßig nicht zu berücksichtigen.3 Die Vorschrift des § 5 ZPO ist unanwendbar, weil zwischen materiellem Anspruch und der dafür bestellten Sicherheit Identität des wirtschaftlichen Interesses besteht.4 Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Unzulässigerklärung wegen eines titulierten Teilbetrags begehrt wird.5
5897
Erheben mehrere Schuldner, beispielsweise sowohl die Schuldner eines persönlichen Schuldtitels als auch die Schuldner eines dinglichen Schuldtitels gemeinsam Vollstreckungsabwehrklage, so sind die verschiedenen Streitwerte nicht zusammenzurechnen, wenn den Schuldtiteln dieselbe Hauptschuld zugrunde liegt.6 Sind zwei Beklagte hinsichtlich eines Teils der Forderung als Gesamtschuldner verurteilt und einer von ihnen zur Zahlung eines weiteren Betrags, so ist für die von beiden erhobene Vollstreckungsabwehrklage nur der Wert des höchsten Verurteilungsbetrags maßgebend. Eine Zusammenrechnung findet ebenfalls nicht statt.7 Denn die Vollstreckung kann nicht insgesamt i.H.d. Summe der gegen die beiden Beklagten bestehenden Forderungen erfolgen, sondern maximal bis zur Höhe der höchsten Einzelhaftung.
5898
Mit der Vollstreckungsabwehrklage verbundene Anträge auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach §§ 771 Abs. 3, 769, 770 ZPO sind zusätzlich mit 1/5 des Hauptsachewertes zu beziffern, da die einstweilige Einstellung bis zur Entscheidung in der Hauptsache einen eigenständigen Wert für den Vollstreckungsgegenkläger darstellt.8 Dies hat jedoch nur noch für die Berechnung der
5899
1 2 3 4 5 6
OLG Schleswig, JurBüro 1958, 426 Nr. 81. Vgl. dazu das Stichwort „Klage und Widerklage“. BGH, Beschl. v. 11.7.1985 – III ZR 220/84, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 789 mit Anm. Schneider. Vgl. Zöller/Herget, § 5 ZPO Rn. 8; s. ferner das Stichwort „Mehrere Ansprüche“. OLG Hamburg, OLGE 15, 4. OLG Schleswig, JurBüro 1987, 267; ebenso für die Vollstreckungsabwehrklage von Gesamtschuldnern: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.11.1990 – 1 W 53/90, MDR 1991, 353. 7 OLG Köln, Beschl. v. 12.6.1992 – 13 W 32/92, OLGR 1992, 305. 8 OLG Köln, JurBüro 1974, 636; OLG Hamm, Beschl. v. 1.10.1979 – 5 WF 504/79, FamRZ 1980, 476; s. näher hierzu das Stichwort „Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung“.
Noethen
1123
Vollstreckungsabwehrklage
ZPO
Anwaltsgebühren Bedeutung, da für das Gericht in den Verfahren auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung in erster Instanz keine Gebühren und in der Beschwerdeinstanz Festgebühren anfallen.
C. Einzelfälle aus der Rechtsprechung 5900
Der Streitwert einer Vollstreckungsabwehrklage bemisst sich: – bei einer Klage gegen einen Auskunftstitel nach dem mit der Erteilung der Auskunft verbundenen zeitlichen und finanziellen Aufwand.1 – bei einer Klage gegen eine Rechnungslegungspflicht nach dem mit der Rechnungslegung verbundenen zeitlichen und finanziellen Aufwand sowie einem etwaigen Geheimhaltungsinteresse.2 – bei einer Klage gegen einen Räumungstitel nach § 41 GKG.3 – bei einer Klage gegen einen Titel auf Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht nach § 42 Abs. 1 GKG. Maßgebend ist also der Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen.4 Dieser ist nach § 42 Abs. 4 GKG um die im Zeitpunkt der Einreichung der Vollstreckungsabwehrklage bereits fällig gewesenen Rückstände zu erhöhen.5 Wird die Klage nur wegen der Rückstände erhoben, ist deren Betrag maßgebend.6 Bei Berechnung der Rückstände ist der Monat der Klageeinreichung nicht zu berücksichtigen.7 – bei einer Klage gegen einen Leibrentenanspruch nach § 9 ZPO.8
5901
Wird eine Vollstreckungsabwehrklage hilfsweise (anders9) auch mit einer Aufrechnung begründet, so ist der Vollstreckungskläger im Falle der Klageabweisung in Höhe sowohl der titulierten Forderung als auch der aberkannten Aufrechnungsforderung beschwert.10 Diese Rechtsprechung ist zwar für die Berechnung des Wertes der Rechtsmittelbeschwer ergangen, gilt aber gem. § 45 Abs. 3 GKG auch für den Gebührenstreitwert.11
5902
Der Schuldner, der nach Titelschaffung gegen die titulierte Forderung wirksam aufgerechnet hat, kann statt der Vollstreckungsabwehrklage aus § 767 ZPO auch analog § 371 BGB die Klage auf Herausgabe des Titels erheben. Das Herausgabeverlangen ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bemessen, wobei auf
1 BGH, Beschl. v. 21.1.2009 – IV ZB 35/08, ZEV 2009, 246; OLG Hamburg, Beschl. v. 3.3.1989 – 2 UF 140/88, FamRZ 1989, 770. 2 OLG Köln, Beschl. v. 12.6.2007 – 2 W 41/07, JurBüro 2007, 488. 3 Vgl. zur Rechtsmittelbeschwer: BGH, Beschl. v. 29.5.1991 – XII ZR 22/91, NJW-RR 1992, 190. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.6.2003 – 16 WF 77/03, OLGR 2004, 428; KG, Rpfleger 1962, 118; RG, DR 1940, 2267. 5 BGH, Beschl. v. 18.3.1981 – IVb ZR 585/80; OLG München, Beschl. v. 18.10.1993 – 12 WF 1032/93, OLGR 1994, 23. 6 OLG Kiel, DR 1939 Nr. 631. 7 OLG München, Beschl. v. 18.10.1993 – 12 WF 1032/93, OLGR 1994, 23. 8 RG, JW 1937, 1433. 9 Bei einer nur mit einer Aufrechnung begründeten Vollstreckungsabwehrklage erhöht sich der Streitwert nicht um den Betrag der Aufrechnungsforderung (OLG Köln, Beschl. v. 12.6.1992 – 13 W 32/92, OLGR 1992, 305; OLG Hamburg, Beschl. v. 21.5.2014 – 7 U 12/14, MDR 2014, 857). 10 BGHZ 38, 212; BGHZ 48, 356; BGH, Beschl. v. 1.2.1995 – XII ZR 218/94, MDR 1995, 407; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 3.11.1994 – 4 U 85/94, MDR 1995, 643. 11 BGH, JurBüro 1968, 799; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.4.1999 – 9 W 27/99, MDR 1999, 1092; BGH, Beschl. v. 1.2.1995 – XII ZR 218/94, MDR 1995, 407.
1124
Noethen
Vollstreckungsabwehrklage das Interesse des Schuldners abzustellen ist, eine missbräuchliche Benutzung des Titels zu verhindern, und auf die Größe der Gefahr, dass dies geschieht.1 Wird der Anspruch auf Herausgabe des Titels mit der Vollstreckungsabwehrklage verbunden, ist er (nur) dann streitwertmäßig gesondert zu berücksichtigen, wenn die Unzulässigkeitserklärung wegen eines titulierten Teilbetrages begehrt wird.2 Das OLG Hamburg3 hat in einem solchen Fall die Vollstreckungsabwehrklage mit dem Betrag beziffert, wegen dessen die Unzulässigkeitserklärung beantragt war und den Herausgabeanspruch mit dem titulierten Differenzbetrag.
Û
5903
Beispiel: Es ergeht ein Titel über 10 000 Euro. Der Schuldner erhebt Vollstreckungsabwehrklage mit dem Ziel, die Vollstreckung bis auf einen Betrag von 2000 Euro zu untersagen. In diesem Fall hat der gleichzeitig geltend gemachte Herausgabeanspruch bezüglich des Titels einen Wert von 2000 Euro, der von der Vollstreckungsabwehrklage – Wert: 8000 Euro – nicht erfasst ist.
Wird auf die titulierte Forderung ein Teilbetrag gezahlt, so ist dieser zunächst auf die Kosten und Zinsen anzurechnen (§ 367 BGB). Bei der Bemessung der sodann erhobenen Vollstreckungsabwehrklage ist nur der die Kosten und Zinsen übersteigende Betrag des Tilgungsbetrages von dem Forderungsbetrag abzusetzen.4 Rechtsfolgen, die sich ergeben, wenn eine behauptete Tilgung nicht festgestellt wird (Verfall späterer Raten), haben bei der Bemessung des Streitwerts außer Betracht zu bleiben.5
5904
Wird mit der Vollstreckungsabwehrklage die Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde über eine Buchgrundschuld begehrt und ist die Zwangsversteigerung bereits erfolgt, so entspricht der Streitwert dem noch hinterlegten restlichen Versteigerungserlös, wenn dieser geringer ist als der zu vollstreckende Forderungsbetrag.6
5905
Verbindet der Kläger mit der Klage, die Zwangsvollstreckung aus einer Buchgrundschuld für unzulässig zu erklären, den Antrag auf Erteilung einer Löschungsbewilligung für diese Grundschuld, so setzt das OLG Düsseldorf7 als Streitwert regelmäßig den doppelten Betrag der Grundschuld fest. Diese Entscheidung ist abzulehnen: Die Werte der beiden Anträge dürfen aufgrund wirtschaftlicher Identität gerade nicht addiert werden.
5906
Der Streitwert einer Vollstreckungsabwehrklage, mit der die Teilungsversteigerung eines gemeinsamen Grundstücks verhindert werden soll, bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers, zu verhindern, dass das Grundstück unter Wert zugeschlagen wird. Bei diesem „Verhinderungsinteresse“ geht es also weder um den Verkehrswert des Grundstücks noch um den Wert des Miteigentumsanteils des Klägers. Wohl ist Berechnungsgrundlage für das Verhinderungsinteresse der Verkehrswert, von dem ausgehend der „Verschleuderungsverlust“ schätzbar wird.8
5907
1 OLG Köln, JurBüro 1979, 1701; siehe auch BGH, Beschl. v. 9.6 2004 – VIII ZB 124/03, NJW 2004, 2904 (zur Beschwer). 2 OLG Rostock, Urt. v. 30.1.2013 – 1 U 75/11, NZG 2013, 543 (gekürzte Ausführungen zum Streitwert); OLG Hamburg, OLGE 15, 4. 3 OLG Hamburg, OLGE 15, 4; das LG Bonn, Beschl. v. 10.9.2001 – 10 O 150/01, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 101 setzt für den Herausgabeantrag einen Wert i.H.v. 10 % aus dem weitergehend titulierten Betrag an. 4 OLG Nürnberg, MDR 1967, 410. 5 OLG Nürnberg, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 157. 6 OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.3.2008 – 23 U 30/07, JurBüro 2008, 315. 7 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.1.2000 – 9 U 212/99, MDR 2000, 543. 8 Siehe OLG München, JurBüro 1988, 231.
Noethen
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Vollstreckungsgegenklage
ZPO
Vollstreckungsgegenklage Siehe das Stichwort „Vollstreckungsabwehrklage“.
Vollstreckungsklausel A. Klage nach § 768 ZPO 5908
Die Festsetzung eines Zuständigkeitsstreitwerts ist nicht erforderlich, da das Prozessgericht der ersten Instanz für die Klage nach § 768 ZPO ausschließlich zuständig ist. Der Gebührenstreitwert einer solchen Klage gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG entsprechend dem Interesse des Klägers an der einstweiligen Verhinderung der Zwangsvollstreckung zu schätzen. Dabei liegt der Wert grundsätzlich unterhalb des titulierten Forderungsbetrages, weil die Klage die Vollstreckung nur zeitweilig verhindert.1
5909
Der volle Wert ist aber ausnahmsweise anzusetzen, wenn mit den Einwendungen zugleich die materielle Anspruchsberechtigung des Titelgläubigers ausgeräumt werden soll.2
Û
Beispiel: Der Kläger behauptet im Rahmen der Klage nach § 768 ZPO, er sei überhaupt nicht Erbe des nach dem Titel verpflichteten Schuldners. Hier liegt das Interesse des Klägers nicht nur in einer zeitweiligen Verhinderung der Zwangsvollstreckung, sondern vielmehr darin, überhaupt nicht aus dem Titel in Anspruch genommen werden zu können.
5910
Die Streitwertgrundsätze der Klage nach § 768 ZPO gelten auch für die vom Schuldner erhobene Erinnerung nach § 732 ZPO;3 da keine Gerichtsgebühren anfallen, ist allerdings nur die Bestimmung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit (besondere Angelegenheit nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 RVG) erforderlich. Der Wert bemisst sich bei einer unbeschränkt erteilten Klausel für die Erinnerung auch dann nach der gesamten titulierten Forderung, wenn der Gläubiger zunächst nur wegen eines Teilbetrages vollstreckt.4
5911
Zinsen5 und Kosten bleiben gem. § 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 2 ZPO außer Ansatz, selbst wenn sie durch einen Festsetzungsbeschluss tituliert worden sind.6 Die Regelung des § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG, wonach sich in der Zwangsvollstreckung der Gegenstandswert nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung einschließlich der Nebenforderung bestimmt, ist unanwendbar, weil die Erteilung der Vollstreckungsklausel noch nicht den Beginn der Zwangsvollstreckung darstellt, sondern diese lediglich vorbereitet.
1 OLG Köln, Beschl. v. 5.5.1980 – 2 W 7/80, MDR 1980, 852. 2 OLG Köln, Beschl. v. 5.5.1980 – 2 W 7/80, MDR 1980, 852. 3 Vgl. LG Aachen, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 732 mit ausführlicher Anm. Schneider (noch zum Gebührenstreitwert). 4 Vgl. LG München, Beschl. v. 1.10.1998 – 13 T 17568/98, JurBüro 1999, 326 (noch zum Gebührenstreitwert). 5 Vgl. auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.2.1993 – 20 W 29, 33/93, JurBüro 1994, 117: Erteilung der Vollstreckungsklausel zu einem ausländischen Schuldtitel. 6 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 30.9.1997 – 7 W 30/97, OLGR 1998, 376; OLG Köln, Beschl. v. 5.5.1980 – 2 W 7/80, MDR 1980, 852.
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Noethen
Vollstreckungsklausel
B. Klage nach § 731 ZPO Aufgrund der ausschließlichen Zuständigkeit des Prozessgerichts erster Instanz für die Klage nach § 731 ZPO ist ein Zuständigkeitsstreitwert nicht erforderlich. Der Gebührenstreitwert einer Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel bemisst sich nach dem Wert des zu vollstreckenden Anspruchs.1
5912
Bei der Frage, ob der volle Wert des zu vollstreckenden Anspruchs oder ggf. nur ein Bruchteil davon anzusetzen ist, ist darauf abzustellen, welcher Streit dem Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zugrunde liegt: – Der volle Wert ist anzusetzen, wenn im Klauselstreit die Vollstreckbarkeit des Anspruchs schlechthin zur Entscheidung steht. – Nur ein Bruchteil des titulierten Anspruchs ist anzusetzen, wenn es im Klauselstreit nur um die Frage geht, zu welchem Zeitpunkt – etwa nach Beseitigung angeblicher Hindernisse für die Klauselerteilung – mit der Zwangsvollstreckung begonnen werden kann.
5913
Der Streitwert kann sich in Ausnahmefällen auf denjenigen Aufwand ermäßigen, der für den Kläger zur Erteilung der erstrebten Klausel noch erforderlich ist.2
5914
Û
Beispiel: Die Klägerin klagt auf Erteilung der Vollstreckungsklausel. In dem Urteil waren die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt worden, die Auflassung zu bewilligen, Zug um Zug gegen Zahlung von 40 000 DM durch die Klägerin. Unstreitig hatte die Klägerin in Erfüllung der ihr obliegenden Zug-um-Zug-Leistung 26 666,67 DM an die Beklagten gezahlt. Bezüglich des Differenzbetrages war die Klägerin der Ansicht, durch Zahlung dieses Betrages an weitere Mitglieder der Erbengemeinschaft ihrer Leistungspflicht genügt zu haben.
Das OLG Zweibrücken hat in diesem Fall aus Billigkeitserwägungen auf den wirtschaftlichen Hintergrund abgestellt, da der Streit der Parteien nur noch um eine (niedrige) Restforderung ging. Da letztlich auch die Beklagten nicht in Abrede stellten, dass nach Zahlung des streitigen Restbetrages die Vollstreckungsklausel zu erteilen wäre, betraf der wirtschaftliche Hintergrund des Verfahrens nur den Streit um die Restforderung. Ähnlich wie bei einer Vollstreckungsabwehrklage, die sich gegen einen Titel richtet, aus dem nur noch ein Restbetrag vollstreckt wird, hat das OLG Zweibrücken es bei dieser Sachlage als gerechtfertigt angesehen, den Streitwert auf denjenigen Aufwand zu ermäßigen, der für den Kläger zur Erteilung der erstrebten Klausel allenfalls noch erforderlich war.
5915
C. Verfahren nach § 733 ZPO Im Verfahren über die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung nach § 733 ZPO3 fällt für das Gericht eine Festgebühr von 20 Euro an (Nr. 2110 KV GKG). Für die Berechnung des Gegenstandswertes für die Anwaltsgebühren ist auf die Höhe des zu vollstreckenden Anspruchs abzustellen.4 Für den Anwalt ist
1 BGH, Beschl. v. 29.6.2011 – VII ZB 89/10, MDR 2011, 1069; OLG Köln, Rpfleger 1969, 247; LG Hildesheim, NJW 1964, 1232; ohne Zinsen vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.2.1993 – 20 W 29/93, JurBüro 1994, 117. 2 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 30.9.1997 – 7 W 30/97, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1271. 3 LG München, Beschl. v. 1.10.1998 – 13 T 17568/98, JurBüro 1999, 326. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.10.2012 – 7 W 56/12, MDR 2013, 428; OLG Koblenz, Beschl. v. 3.7.2013 – 3 W 295/13; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 15.5.2007 – 5 W 74/07, MDR 2008, 49.
Noethen
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5916
Vollstreckungsschaden
ZPO
dieses Verfahren gem. § 18 Abs. 1 Nr. 5 RVG eine besondere Angelegenheit, für die er die Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG erhält. Er erhält für die gesamte Tätigkeit in einem solchen Verfahren eine gesonderte Gebühr, unabhängig von der Frage, ob er bereits im vorangegangenen Verfahren als Prozessbevollmächtigter oder sonst bereits in der Zwangsvollstreckung tätig war.
Vollstreckungsschaden A. Einleitung 5917
Der Anspruch auf Ersatz des Vollstreckungsschadens ist in § 717 Abs. 2 ZPO geregelt. Danach ist der Kläger bei Aufhebung oder Abänderung eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung vorgenommene Leistung entstanden ist. Diesen Anspruch kann der Beklagte im anhängigen Rechtsstreit geltend machen. Wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zurzeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert 5918
Macht der Beklagte seinen Anspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO im anhängigen Rechtsstreit mit einem sog. Inzidentantrag (? Widerklage) geltend, so ist das Gericht ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwertes zuständig. Der Inzidentantrag erhöht den Gebührenstreitwert nicht.1 Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Inzidentantrag vom Beklagten (so der Wortlaut des § 717 Abs. 2 ZPO) oder vom Kläger (im Rahmen einer Klage auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung) oder – gegen den Wortlaut – vom Kläger gegen den vollstreckenden Beklagten2 gestellt wird.
5919
Der BGH hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Antrag nach § 717 Abs. 2 ZPO im anhängigen Rechtsstreit eine Erhöhung des Streitwertes schon deshalb nicht rechtfertige, weil dies dem Sinn und Zweck des § 717 Abs. 2 ZPO widerspreche, nämlich der durch eine Vollstreckungsmaßnahme des Gegners geschädigten Prozesspartei die Durchsetzung ihres Schadensersatzanspruches in vereinfachter Form zu ermöglichen. Weil der Antrag nach § 717 Abs. 2 ZPO zu keinem anderen Ergebnis führen könne als der den Gegenstand des Rechtsstreits bildende Anspruch, stelle er sich als eine Art Nebenforderung dar, so dass es nahe liege, ihn entsprechend § 43 Abs. 1 GKG, § 4 ZPO streitwertmäßig außer Betracht zu lassen.
5920
Macht der Beklagte seinen Anspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO in einem gesonderten Prozess geltend, so erfolgt die Zuständigkeitsbestimmung nach den allgemeinen Regeln und die Höhe des geforderten Schadensersatzes ist maßgebend für die Gebührenberechnung. Zinsen und Kosten haben in Ansehung von § 43 Abs. 1 GKG, § 4 ZPO jedoch außer Ansatz zu bleiben, und zwar unabhängig davon, ob der Schadensersatz als Inzidentantrag, mit Widerklage oder in einem gesonderten Prozess geltend gemacht wird.3 Bei einer – vom Inzidentantrag ohnehin kaum zu
1 BGH, Beschl. v. 2.2.1962 – V ZR 70/60, MDR 1962, 391; LAG Berlin, KostRsp. GKG § 19 Nr. 130 mit Anm. Schneider = MDR 1988, 364. 2 BGH, Beschl. v. 2.2.1962 – V ZR 70/60, MDR 1962, 391. 3 Vgl. auch Johannsen, Anm. zu LM § 717 ZPO Nr. 6.
1128
Noethen
Vollstreckungsschutz unterscheidenden – Widerklage, hat aus den vorgenannten Gründen eine Werterhöhung wegen der zurückverlangten vollstreckten Hauptsumme zu unterbleiben.1 Für Ansprüche nach §§ 302 Abs. 4 Satz 3, Satz 4, 600 Abs. 2 ZPO gilt Entsprechendes.2
5921
Soweit der Beklagte Ersatz weiteren Schadens verlangt, gelten für die Bewertung des entsprechenden Antrags die allgemeinen Bemessungsvorschriften.
5922
Hat der Kläger im ersten Rechtszug voll obsiegt, wird aber im zweiten Rechtszug ein Teil seines Anspruchs rechtskräftig abgewiesen und auf Inzidentantrag des Beklagten erkannt, dass der vom Kläger bereits vollstreckte Betrag dem Beklagten zurückzuzahlen sei, so ist der Beklagte nicht gehindert, im weiteren Verfahren über den noch anhängigen Betrag weiteren (also echten) Schadensersatz aus § 717 Abs. 2 ZPO zu verlangen.
5923
Da dieser weitere Schadensersatzanspruch sich auf den rechtskräftig erledigten Teil des Prozesses bezieht, mit dem noch anhängigen also in keinem engeren Zusammenhang steht, ist in diesem Fall der Inzidentantrag wertmäßig zu berücksichtigen.3
5924
Einstweilen frei.
5925
Vollstreckungsschutz Der Streitwert eines Vollstreckungsschutzverfahrens nach § 765a ZPO4 ist nur noch für die Berechnung der Anwaltsgebühren (Nr. 3328 VV RVG) von Bedeutung. Denn für das Gericht fallen sowohl erstinstanzlich (Nr. 2112 KV GKG: 20 Euro) als auch im Beschwerdeverfahren (Nr. 2121 KV GKG: 30 Euro, Nr. 2124 KV GKG: 60 Euro) wertunabhängige Festgebühren an; im Zwangsversteigerungsverfahren fällt erstinstanzlich keine Gebühr (Vorbemerkung 2.2 KV GKG), im (Rechts-)Beschwerdeverfahren fallen ebenfalls Festgebühren an (Nrn. 2240, 2242 KV GKG). Eine Bestimmung eines Gebührenstreitwerts ist auch nicht erforderlich, wenn ein Schuldner im Beschwerdeverfahren obsiegt,5 weil dann keine Gerichtsgebühr anfällt (sonst Nr. 2121 KV GKG); und zwar unabhängig davon, ob die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Gläubiger auferlegt werden (können).6
5926
Der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren ist nach § 25 Abs. 2 RVG festzusetzen: In Verfahren über Anträge des Schuldners ist der Wert nach dem Interesse des Antragstellers nach billigem Ermessen zu bestimmen. Im Rahmen des danach maßgeblichen „billigen Ermessens“ kann die ältere, zu den §§ 3, 6 ZPO ergangene Rechtsprechung über die Festsetzung des Gerichtsgebührenwertes herangezogen werden.
5927
1 2 3 4
OLG Köln, JurBüro 1971, 179. Johannsen, Anm. zu LM § 717 ZPO Nr. 6. RGZ 145, 298. Hinsichtlich der Vollstreckungsschutzverfahren nach §§ 707, 719, 769, 785, 786 ZPO vgl. das Stichwort „Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung“, hinsichtlich der Beschwerdeverfahren gegen Zwangs- und Ordnungsmittel das Stichwort „Ordnungsmittel“. 5 Anders LG Hannover, Beschl. v. 16.9.2013 – 52 T 54/13. 6 Vgl. hierzu LG Hannover, Beschl. v. 16.9.2013 – 52 T 54/13 und Zöller/Stöber, § 788 ZPO Rn. 27.
Noethen
1129
Vollstreckungsschutz Der Wert eines Anspruchs auf Vollstreckungsschutz lässt sich nicht generell bestimmen, weil er von dem konkreten Antrag abhängig ist und daher nicht immer gleich hoch ist wie der zu vollstreckende Anspruch. Der nach billigem Ermessen zu bestimmende Streitwert richtet sich nach dem Interesse des Schuldners an der beantragten Schutzmaßnahme im Einzelfall. Dieses Interesse ist regelmäßig mit einem Teil der Hauptforderung anzunehmen.1 Nicht maßgeblich ist der Wert des Pfandgegenstandes oder der Forderung, da es nicht um die Sachherausgabe geht und keine endgültige Erfüllungsverweigerung geltend gemacht wird.
5929
Der Streitwert für das Vollstreckungsschutzverfahren mit dem Ziel einstweiliger Aussetzung richtet sich bei einem Räumungsurteil nicht nach dem Wert des herauszugebenden Grundstücks,2 sondern ist nach billigem Ermessen zu schätzen. Die Einzelheiten sind umstritten: – Nach einer Meinung3 bemisst sich bei dieser Schätzung das Interesse des Schuldners nach der Höhe der Miete für die Dauer der beantragten Schutzanordnung. Ist die Dauer der Schutzanordnung zwar absehbar, aber noch unbestimmt, wird der Jahresmietbetrag angesetzt.4 – Nach einer im Ergebnis ähnlichen Meinung ist zunächst der Jahresmietbetrag anzusetzen und dieser dann aufgrund der nur begrenzten Wirkung der Entscheidung nach § 765a ZPO auf einen Bruchteil zu ermäßigen. Bei diesem Bruchteil werden Ansätze von 20 %5 bis 50 %6 vertreten. – Die Gegenmeinung,7 die den Antrag auf zeitweilige Aussetzung der Zwangsvollstreckung gem. § 6 ZPO nach dem Betrag der Vollstreckungsforderung bemaß, dürfte inzwischen überholt sein.
5930
Bezieht sich der Antrag nach § 765a ZPO auf Räumungsschutz aus einem Zuschlagsbeschluss (§ 93 ZVG), beläuft sich der Wert auf 10 % des Zuschlagswertes, der nach dem Versteigerungsergebnis anzunehmen ist.8
5931
Auf das Vollstreckungsobjekt darf für die Wertbestimmung nur in den Fällen abgestellt werden, in denen der Schuldner mit seinem Rechtsbehelf die Aufhebung
ZPO
5928
1 OLG Saarbrücken, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 84 – es wurde 1/5 angenommen; OLG Bamberg, BayJMBl. 1952, 218; OLG Bamberg, JurBüro 1953, 200; LG München II, Beschl. v. 23.3.1993 – 2 T 219/93, WuM 1994, 220; 1/5 der Jahresnettomiete bei Räumungsvollstreckungsschutz; AG Siegburg, NJW 1953, 706. 2 So aber: LG München I, Beschl. v. 7.2.1995 – 29 O 12882/93, WM 1995, 197 (in der Entscheidung ging es allerdings um den Streitwert des Vollstreckungsverfahrens, nicht um den Streitwert des Verfahrens um eine Schutzanordnung – vgl. zur a.A.: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.5.1996 – 3 W 42/96, MDR 1996, 858). 3 OLG Koblenz, Beschl. v. 25.1.2005 – 5 W 55/05, InVo 2005, 164; Beschl. v. 29.1.1997 – 4 W 30/97, OLGR 1997, 34; OLG Münster, Beschl. v. 12.9.1995 – 5 T 818/95, MDR 1995, 1269 = Rpfleger 1996, 166; LG Görlitz, AGS 2003, 408; LG Münster, Beschl. v. 12.9.1995 – 5 T 818/95, MDR 1995, 1269; LG München I, Beschl. v. 18.12.1995 – 14 T 2298/95, WuM 1996, 235. 4 So auch: AG Koblenz, DGVZ 1995, 94, das allerdings pauschal den einjährigen Mietzins zugrunde legt. 5 LG München II, Beschl. v. 23.3.1993 – 2 T 219/93, WuM 1994, 220; vgl. auch BGH, Urt. v. 28.5.1991 – IX ZR 181/90, NJW 1991, 2280; KG, JurBüro 1982, 1243; OLG Köln, Rpfleger 1976, 138. 6 Schneider/Wolf, § 25 RVG Rn. 25; Lappe, Anmerkung zu OLG Koblenz, Beschl. v. 25.1.2005 – 5 W 55/05 in: KostRsp. RVG § 25 Nr. 1. 7 OLG München, NJW 1953, 1716. 8 BGH, Beschl. v. 14.6.2007 – V ZB 28/07, InVo 2007, 418; s. auch BGH, Beschl. v. 6.12.2012 – V ZB 80/12, NJW-RR 2013, 628 zur Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss.
1130
Noethen
Vorbehalt der Vollstreckungsmaßnahme verlangt. Dann ist § 6 ZPO entsprechend anwendbar.1 Auch Vollstreckungsschutzverfahren auf Aussetzung der Verwertung (§ 813b ZPO) sind gem. § 25 Abs. 2 RVG zu bewerten. Für das Gericht fallen wiederum nur Festgebühren an (Nrn. 2112, 2121 KV GKG). Der Streitwert besteht nach AG Hannover2 in der Regel in der aus dem Pfändungsprotokoll zu entnehmenden Differenz zwischen dem „gewöhnlichen Verkaufswert“ i.S.d. § 813 ZPO und dem vom Gerichtsvollzieher geschätzten Versteigerungserlös.
5932
Der Gegenstandswert für die Vertretung des Schuldners im Verfahren auf Ablehnung des Rechtspflegers im Zusammenhang mit einem vom Schuldner gestellten Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO bestimmt sich nach der Hälfte des Gegenstandes der Zwangsversteigerung.3
5933
Maßgebender Zeitpunkt für die Wertberechnung ist die Vornahme der anwaltlichen Handlung, die das Zwangsvollstreckungsverfahren einleitet. Haben mehrere Schuldner lediglich äußerlich zusammengefasste Vollstreckungsschutzanträge gestellt, so liegen gebührenrechtlich mehrere Vollstreckungsmaßnahmen und Gebührenangelegenheiten vor.4
5934
Vollstreckungsurteil Siehe das Stichwort „Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils“.
Vorbehalt Der Streitwert der Klage auf Beseitigung des in einem Ausschlussurteil nach § 927 BGB enthaltenen Vorbehaltes der Rechte für einzelne Mitglieder einer Erbengemeinschaft entspricht dem vollen Wert des Grundstücks, weil bei Wegfall des Vorbehaltsurteils die Möglichkeit besteht, sich das Grundstück anzueignen, ohne einer Beschränkung durch die Miteigentumsanteile von Erben ausgesetzt zu sein.5
5935
Die Beschränkung der Haftung des Erben auf den Nachlass (§§ 780, 781 ZPO, §§ 1975 ff. BGB) vermindert den Streitwert nicht, weil es für die Bewertung eines bezifferten Anspruchs nicht darauf ankommt, ob und inwieweit er mit Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse des Schuldners oder andere Umstände zu verwirklichen ist. Der geringere „wirtschaftliche Wert“ einer Forderung stellt sich möglicherweise erst in der Zwangsvollstreckung heraus. Unter Umständen erweisen sich aber auch die Befürchtungen des (teilweisen) Ausfalls mit der Forderung als unbegründet. Alle diese Überlegungen sind unerheblich, weil bei bezifferter Forderung nur der Forderungsbetrag wertbestimmend ist.6
5936
1 LG Koblenz, Beschl. v. 8.8.1990 – 4 T 508/90, JurBüro 1991, 109; Stöber, JVBl. 1963, 50 Ziffer IV 2. 2 AG Hannover, Nds.Rpfl. 1970, 177. 3 BGH, Beschl. v. 15.10.2009 – V ZB 76/09, RVGreport 2009, 477. 4 LG Mannheim, Beschl. v. 2.2.1982 – 4 T 282/81, Rpfleger 1982, 238. 5 OLG Koblenz, NJW 1962, 1162. 6 RG, RGZ 54, 412; OLG Bremen, Beschl. v. 21.3.1989 – 4 W 10/89, OLGZ 1989, 365; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.5.2010 – I-24 W 27/10, 24 W 27/10, AGS 2011, 30 = ErbR 2011, 51.
Noethen/Monschau
1131
Vor- und Nacherbe
ZPO
5937
Der Streitwert eines lediglich den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung betreffenden Rechtsmittels bestimmt sich nach dem Betrag, den der Rechtsmittelkläger bei Erfolg seines Rechtsmittels weniger zu zahlen hat.1
Vor- und Nacherbe 5938
Bei einer Widerspruchsklage des Nacherben nach § 773 ZPO gegen die Veräußerung eines zur Vorerbschaft gehörenden Gegenstandes ist auf den Anteil des klagenden Miterben abzustellen.2 Diese Fallgestaltung ist nicht zu vergleichen mit derjenigen einer Klage aus § 2039 BGB auf Leistung an die Erbengemeinschaft, weil dort der gesamte Anspruch von einem Miterben in Prozessstandschaft geltend gemacht wird.3
5939
Für die Klage auf Feststellung, dass der Kläger Vorerbe des Erblassers geworden sei, ist der Streitwert geringer zu bemessen als bei der Feststellungsklage, die eine Vollerbenstellung betrifft.4 Der BGH hat einen Abschlag von 25 % vom Anteil am Nachlass vorgenommen.
5940
Klagt der nicht befreite Vorerbe gegen den Nacherben auf Zustimmung zu einem Verkauf eines aus dem Nachlass durch den Erbfall erworbenen Grundstücks und zur Auflassung an den Käufer, dann ist der Streitwert nach § 3 ZPO zu schätzen.5 Maßgebend ist das Interesse des Vorerben, das auf jeden Fall durch den Verkehrswert des Grundstücks begrenzt ist. Zugunsten des Vorerben eingetragene Belastungen des Grundstücks sind abzusetzen, wenn sie vom Eintritt der Nacherbfolge unberührt bleiben. Die vom Vorerben angebotenen Gegenleistungen für die begehrte Zustimmung zur Grundstücksveräußerung müssen dagegen unberücksichtigt bleiben.
5941
Der Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des im Grundbuch eingetragenen Nacherbenvermerks hat nach Auffassung des OLG Schleswig6 neben der Zustimmung des Nacherben zur Veräußerung des Grundstücks keinen eigenen Streitwert. Zur Löschung eines Nacherbenvermerks s. das Stichwort „Nacherbenvermerk“. Siehe auch das Stichwort „Miterbe“.
5942–5943
Einstweilen frei.
Vorerbschaft Siehe das Stichwort „Miterbe“.
1 2 3 4 5 6
OLG Bamberg, Beschl. v. 29.10.1965 – 3 U 42/65, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 140. HRR 1932, Nr. 1954. RGZ 149, 193; vgl. E. Schneider, Rpfleger 1982, 268. BGH, Beschl. v. 10.5.1989 – IVa ZR 126/88, FamRZ 1989, 958 = JurBüro 1991, 108. OLG Schleswig, Beschl. v. 12.6.1968 – 5 W 40/68, Rpfleger 1968, 325 = JurBüro 1968, 735. OLG Schleswig, Beschl. v. 12.6.1968 – 5 W 40/68, Rpfleger 1968, 325 = JurBüro 1968, 735.
1132
Monschau
Vorgerichtliche Kosten
Vorgerichtliche Kosten Gliederungsübersicht A. I. II. III.
Zuständigkeitsstreitwert. . . . . . Isolierte Klage . . . . . . . . . . . . . . Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . Klagenhäufung neben Hauptsacheanspruch . . . . . . . . . . . . . 1. Die Gegenstände, aus denen sich die Anwaltsgebühren berechnen, sind Gegenstand des Rechtsstreits . . . . . . . . . . . . 2. Die Gegenstände, aus denen sich die Gebühren berechnen, sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits a) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Möglichkeit: Aufteilung nach Streitwerten ................. c) Zweite Möglichkeit: Aufteilung nach Kostenanteilen . . . d) Dritte Möglichkeit: Differenzberechnung (1) . . . . e) Vierte Möglichkeit: Differenzberechnung (2) . . . .
Rn.
Rn.
. 5944 . 5945 . 5946
f) Fünfte Möglichkeit: Berechnung nach dem nicht anhängigen Teilwert. . . . . . . . 5957 g) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . 5958 IV. Die Kosten resultieren aus einer anderen Angelegenheit. . . . 5962
. 5947
B. Rechtsmittelstreitwert . . . . . . . . 5964 . 5948
. 5951
. 5953 . 5954 . 5955 . 5956
C. Gebührenstreitwert I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwaltskosten werden isoliert eingeklagt . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Gegenstände, aus denen sich die Anwaltsgebühren berechnen, sind Gegenstand des Rechtsstreits. . . . . . . . . . . . IV. Die Gegenstände, aus denen sich die Gebühren berechnen, sind nicht (mehr) Gegenstand des Rechtsstreits. . . . . . . . . . . . V. Die Kosten resultieren aus einer anderen Angelegenheit. . . VI. Klage und Widerklage . . . . . . . .
. 5966 . 5969
. 5971
. 5975 . 5979 . 5980
A. Zuständigkeitsstreitwert Vorgerichtlich entstandene Kosten, also insbesondere Anwaltskosten in Form einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG nebst Auslagen und Umsatzsteuer, die im Rechtsstreit eingeklagt werden, können Nebenforderung (§ 4 ZPO) oder Hauptforderung sein. Möglich ist auch, dass ein Teil der Kosten Hauptforderung ist und ein anderer Teil Nebenforderung.
5944
I. Isolierte Klage Werden vorgerichtlich entstandene Kosten als materiell-rechtlicher Schaden isoliert eingeklagt, sind sie immer Hauptforderung. Ihr voller Wert ist maßgebend (§ 3 ZPO).
5945
II. Widerklage Auch dann, wenn ein isolierter Kostenerstattungsanspruch im Wege der Wider- 5946 klage geltend gemacht wird, ist er voll zu bewerten.1 Eine Addition findet beim Zuständigkeitsstreitwert allerdings nicht statt.
1 LG Aachen, Beschl. v. 29.12.2006 – 11 O 478/04, AGS 2007, 539.
N. Schneider
1133
ZPO
Vorgerichtliche Kosten
III. Klagenhäufung neben Hauptsacheanspruch 5947
Werden vorgerichtliche Anwaltskosten neben der Hauptforderung geltend gemacht, so ist danach zu unterscheiden, ob die Kosten aus der anhängigen Hauptforderung resultieren oder nicht. 1. Die Gegenstände, aus denen sich die Anwaltsgebühren berechnen, sind Gegenstand des Rechtsstreits
5948
Werden vorgerichtliche Anwaltskosten oder ein Teil davon neben der Hauptforderung, aus der sie resultieren, geltend gemacht, dann handelt es sich um Nebenforderungen, die nach § 4 ZPO für den Zuständigkeitsstreitwert außer Ansatz bleiben.1
5949
Die gegenteilige Auffassung, die vor der ersten BGH-Entscheidung noch vertreten wurde,2 dürfte seit den Entscheidungen des BGH nicht mehr vertretbar sein. Das KG3 bezeichnet diese Auffassung sogar als willkürlich, so dass eine darauf gestützte Verweisung keine Bindungswirkung entfaltet.
Û
Beispiel: Es wird vorgerichtlich ein Schaden i.H.v. insgesamt 8000 Euro geltend gemacht. Da der Schuldner nicht zahlt, klagt der Gläubiger daraufhin auf Zahlung der 8000 Euro sowie auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 8000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
684,00 Euro 20,00 Euro 704,00 Euro 133,76 Euro 837,76 Euro
Der Streitwert beläuft sich nur auf 8000 Euro. Die Anwaltskosten bleiben gem. § 4 ZPO außer Ansatz.
5950
Entgegen einer vielfach anzutreffenden Ansicht kommt es insoweit nicht auf den Klageantrag an, also darauf, ob die Anwaltskosten „als Haupt- oder Nebenforderung“ geltend gemacht werden.4 Der Klageantrag ist insoweit völlig unerheblich. Es kommt immer auf den Gegenstand an. Daher ist es auch unerheblich, ob die Kosten der Hauptforderung hinzugerechnet werden und nur ein einheitlicher Klageantrag gestellt wird oder ob die Kosten neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags sind. Unerheblich ist ferner, ob die vorgerichtlichen Kosten im Wege des Zahlungs- oder des Freistellungsanspruchs geltend gemacht werden. Zur Bewertung eines Freistellungsanspruchs s. das Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“, Rn. 1554 ff.
1 BGH, Beschl. v. 30.1.2007 – X ZB 7/06, MDR 2007, 919; Beschl. v. 15.5.2007 – VI ZB 18/06, MDR 2007, 1149; Beschl. v. 12.6.2007 – VI ZR 200/06, AGS 2007, 578; Beschl. v. 25.9.2007 – VI ZB 22/07, NJW-RR 2008, 374; Beschl. v. 23.1.2008 – IV ZB 8/07, SVR 2008, 351; Beschl. v. 13.2.2007 – VI ZB 39/06, MDR 2007, 852; ebenso zuvor bereits LG Berlin, Beschl. v. 9.5.2005 – 5 O 162/05, AGS 2006, 86 = MDR 2005, 1318; OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.3.2005 – 3 W 20/05, AGS 2006, 251. 2 OLG Bamberg, Beschl. v. 12.1.2006 – 1 U 167/05; LG Hof, Beschl. v. 17.6.2005 – 22 O 300/05; Beschl. v. 22.5.2006 – 34 = 286/06 (sämtlich n.v.); LG Braunschweig, Beschl. v. 28.12.2004 – 1 O 3125/04, AGS 2005, 75. 3 KG, Beschl. v. 8.2.2008 – 2 AR 7/08, AGS 2008, 249. 4 BGH, Beschl. v. 30.1.2007 – X ZB 7/06, MDR 2007, 919.
1134
N. Schneider
Vorgerichtliche Kosten 2. Die Gegenstände, aus denen sich die Gebühren berechnen, sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits a) Bewertung Werden vorgerichtliche Anwaltskosten im Rechtsstreit aus Gegenständen geltend gemacht, die nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind, dann sind diese Kosten als Hauptforderung zu berücksichtigten.1 Es fehlt in diesem Fall an der für eine Nebenforderung i.S.d. § 4 ZPO erforderlichen Abhängigkeit.
Û
5951
Beispiel: Der Anwalt kündigt für den Vermieter wegen Zahlungsverzugs (monatliche Kaltmiete 500 Euro) und mahnt vier Monate Mietrückstand einschließlich Nebenkostenvorauszahlungen (monatlich insgesamt 600 Euro) an. Der Gegenstandswert der außergerichtlichen Tätigkeit berechnet sich nach dem Wert der Kündigung (6000 Euro)2 sowie nach dem Wert der rückständigen Mieten (2400 Euro). Beide Werte sind nach § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen. Der Anwalt rechnet daher vorgerichtlich wie folgt ab: 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 8400 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
760,50 Euro 20,00 Euro 780,50 Euro 148,30 Euro 928,80 Euro
Der Mieter zieht aus, zahlt aber die Mieten nicht, so dass daraufhin Klage auf Zahlung der vier Mieten erhoben wird sowie auf Ersatz der gesamten Anwaltskosten. Der Streitwert des Zahlungsantrags hinsichtlich der restlichen Mieten beläuft sich auf 2400 Euro. Der Wert des Kostenerstattungsanspruchs darf jetzt nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, da er nicht in vollem Umfang in Abhängigkeit zur Klageforderung steht. Er ist damit zum Teil selbst Hauptforderung, so dass insoweit das Bewertungsverbot des § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO nicht greift. Der Wert des Kostenerstattungsanspruchs kann andererseits aber auch nicht in voller Höhe hinzugerechnet werden, da die Kosten auf jeden Fall zum Teil in Abhängigkeit zur Hauptforderung stehen und damit Nebenforderung sind.
Wie der Streitwertanteil, der jetzt hinzuzurechnen ist, zutreffenderweise berechnet wird, ist strittig. Fünf Möglichkeiten kommen in Betracht:
5952
b) Erste Möglichkeit: Aufteilung nach Streitwerten Eine Möglichkeit besteht darin, die auf den eingeklagten Anspruch und die auf den nicht eingeklagten Anspruch jeweils entfallenden Kosten nach dem Verhältnis der Hauptsachestreitwerte zu ermitteln. Dies ergäbe im Beispiel Rn. 5951, ausgehend von dem Gesamtwert der außergerichtlichen Ansprüche i.H.v. 8400 Euro, einen Anteil i.H.v. 2400/8400, der auf die anhängigen Zahlungsansprüche entfiele und ein Anteil i.H.v. 6000/8400, der auf den nicht eingeklagten Räumungsanspruch entfiele: Anteil nicht anhängige Ansprüche: Anteil anhängige Ansprüche:
6000/8400 × 928,80 Euro = 663,43 Euro 2400/8400 × 928,80 Euro = 265,37 Euro
Ein Bewertungsverbot nach § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO bestünde danach also i.H.v. 265,37 Euro, so dass die restlichen 664,43 Euro hinzuzurechnen wären. Der Streitwert würde sich demnach auf 2400 Euro + 664,43 Euro belaufen, insgesamt somit auf 3064,43 Euro.
1 BGH, Beschl. v. 17.2.2009 – VI ZB 60/07, AGS 2009, 344; KG, Beschl. v. 8.2.2008 – 2 AR 7/08, AGS 2008, 249. 2 Zum Wert der Kündigung s. das Stichwort „Mietstreitigkeiten“, Rn. 3927.
N. Schneider
1135
5953
ZPO
Vorgerichtliche Kosten c) Zweite Möglichkeit: Aufteilung nach Kostenanteilen 5954
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die auf den eingeklagten und den nicht eingeklagten Anspruch jeweils entfallenden Kosten nach dem Verhältnis der Kosten zu berechnen, die aus den jeweiligen Hauptforderungen entstanden wären, wenn der Anwalt nur nach diesen Einzelwerten beauftragt worden wäre. Diese Berechnungsmethode wurde früher z.B. vom OLG Hamm1 zur Berechnung versicherter und nicht versicherter Kosten bei Teilrechtsschutz vertreten. Diese Berechnungsmethode ist gerechter als die streitwertanteilige, da sie die Gebührendegression miteinbezieht. Sie erfordert allerdings eine aufwendigere Berechnung. Im Beispiel Rn. 5951 ergäbe dies folgende Berechnung: a) Alleine aus dem Wert des erledigten Schadensersatzanspruchs wären folgende Kosten entstanden: 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 6000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
531,00 Euro 20,00 Euro 551,00 Euro 104,69 Euro 655,69 Euro
b) Alleine aus dem Wert des eingeklagten Zahlungsanspruchs wären folgende Kosten entstanden: 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 2400 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
301,50 Euro 20,00 Euro 321,50 Euro 61,09 Euro 382,59 Euro
c) Gesamt a) + b)
1038,28 Euro
Von den insgesamt aus dem Wert von 8400 Euro angefallenen Kosten entfielen damit anteilig 382,59/1038,28 auf die miteingeklagten Zahlungsansprüche und anteilig 655,69/1038,28 auf den nicht eingeklagten Räumungsanspruch: Anteil nicht anhängige Ansprüche: Anteil anhängige Ansprüche:
655,69/1038,32 × 928,80 Euro = 586,54 Euro 382,59/1038,28 × 928,80 Euro = 342,26 Euro
Ein Bewertungsverbot nach § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO bestünde danach also i.H.v. 342,26 Euro, so dass die restlichen 586,54 Euro hinzuzurechnen wären. Der Streitwert würde sich demnach auf 2400 Euro + 586,54 Euro belaufen, insgesamt somit auf 2986,54 Euro.
d) Dritte Möglichkeit: Differenzberechnung (1) 5955
Eine dritte Methode will die Differenz der geltend gemachten Kosten aus dem Gesamtwert zu den (fiktiven) Kosten aus dem anhängigen Wert berücksichtigen. Im Beispiel Rn. 5951 ergäbe dies folgende Berechnung: Insgesamt sind entstanden Aus 2400 Euro wären entstanden Restbetrag
928,80 Euro – 382,59 Euro 546,21 Euro
Dieser Wert wäre als Hauptforderung anzusehen und somit zu berücksichtigen. Der Streitwert würde sich demnach auf 2400 Euro + 546,21 Euro belaufen, insgesamt somit auf 2946,21 Euro.
1 OLG Hamm, Beschl. v. 1.4.1992 – 20 U 283/91, NJW-RR 1992, 927 = JurBüro 1992, 413.
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Vorgerichtliche Kosten e) Vierte Möglichkeit: Differenzberechnung (2) Eine vierte Berechnungsmethode vertritt das KG.1 Es geht ebenfalls im Wege der Differenzberechnung vor, rechnet jedoch umgekehrt.
5956
Im Beispiel Rn. 5951 ergäbe dies folgende Berechnung: Insgesamt sind entstanden Aus 2400 Euro wären entstanden Restbetrag
928,80 Euro – 655,69 Euro 273,11 Euro
Dieser Wert wäre als Hauptforderung anzusehen und somit zu berücksichtigen. Der Streitwert würde sich demnach auf 2400 Euro + 273,11 Euro belaufen, insgesamt somit auf 2672,11 Euro.
f) Fünfte Möglichkeit: Berechnung nach dem nicht anhängigen Teilwert Eine letzte Möglichkeit besteht schließlich darin, den Streitwert nach den Kosten zu berechnen, die angefallen wären, wenn der Kläger außergerichtlich nur nach dem Wert der nicht eingeklagten Ansprüche tätig geworden wäre.
5957
Im Beispiel Rn. 5951 wären folgende Kosten entstanden, wenn der Anwalt außergerichtlich nur hinsichtlich der erledigten Ansprüche tätig geworden wäre: 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 6000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
531,00 Euro 20,00 Euro 551,00 Euro 104,69 Euro 655,69 Euro
Dieser Wert wäre als Hauptforderung anzusehen und somit zu berücksichtigen. Der Streitwert würde sich demnach auf 2400 Euro + 655,69 Euro belaufen, insgesamt somit auf 3055,69 Euro.
g) Stellungnahme Zutreffend ist alleine die letzte Berechnungsmethode. In ständiger Rechtsprechung vertritt der BGH die Auffassung, dass dem Kostenerstattungsanspruch des Geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen ist, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht.2 Diese Berechnungsmethode ist auch bei der Streitwertberechnung zugrunde zu legen. Denn genau diesen Anspruch macht der Kläger als Schadensersatz für die vorgerichtliche Durchsetzung der nicht mehr anhängig gewordenen Ansprüche geltend. Diesen Betrag würde der Kläger auch geltend machen, wenn er seinen Schadensersatzanspruch insoweit beschränken würde, als er aus den nicht anhängigen Gegenständen entstanden ist. Diesen Betrag würde das Gericht auch zusprechen, wenn es den Schadensersatzanspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten nur insoweit als begründet ansehen würde, als er aus den nicht anhängigen Gegenständen entstanden ist.
5958
Alle anderen Methoden, nach denen der Streitwert anteilig oder nach einer Differenz zu berechnen wäre, würden zu kuriosen Widersprüchen führen.
5959
Û
Abwandlung Beispiel Rn. 5951: Nachdem der Mieter aufgrund der außergerichtlichen Kündigung ausgezogen ist, erhebt der Anwalt zunächst nur Klage auf Ersatz der außergerichtlichen Anwaltskosten, die durch die Kündigung entstanden sind, also auf 655,69 Euro (s. oben Rn. 5951). Später er-
1 KG, Beschl. v. 18.2.2008 – 2 AR 7/08, AGS 2008, 249 = NJW-RR 2008, 879. 2 Zuletzt BGH, Urt. v. 7.11.2007 – VIII ZR 341/06, MDR 2008, 351.
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weitert er die Klage und macht nunmehr auch die vier Monate Mietrückstand einschließlich Nebenkostenvorauszahlung geltend sowie die darauf entfallenen weiteren Anwaltskosten. Eingeklagt sind dann also 2400 Euro nebst vorgerichtlichen Kosten i.H.v. 928,80 Euro. Unstrittig ist nach allen Berechnungsmethoden, dass der Wert der ursprünglichen Klage mit 655,69 Euro anzusetzen war (s. oben I.). Dadurch, dass die Klage erweitert wurde, indem nämlich jetzt auch noch die Mieten sowie weitere Anwaltskosten geltend gemacht werden, kann sich aber der Streitwert für den ursprünglichen Klageantrag, der ja nach wie vor Hauptforderung bleibt, nicht reduzieren. Das wäre aber nach den anderen Berechnungsmethoden, die anteilig oder nach Differenz rechnen – s. oben a) bis c) – der Fall. Es wäre schon ein kurioses Ergebnis, dass eine Klageerweiterung zur Streitwertreduzierung führen würde.
Û
Abwandlung zum vorstehenden Beispiel: Das Gericht spricht nur die vorgerichtlichen Anwaltskosten für die Räumung zu. Im Übrigen weist es die Klage ab. Obwohl der Beklagte zur Zahlung von 655,69 Euro verurteilt worden ist, wäre der Streitwert und damit wohl auch die Beschwer des Beklagten unter 600 Euro, so dass eine Berufung nicht in Betracht käme.
5960
Die Berechnungsmethoden, die nach anteiligen Verhältnissen oder der Differenz rechnen, würden darüber hinaus zu dem Ergebnis führen, dass sich im Verlaufe des Rechtsstreits bei Klageerweiterungen oder Klagerücknahmen ständig der Streitwert verändern würde, weil sich die Wert- oder Kostenverhältnisse bzw. die Differenz ändern würden.
5961
Die einzig zutreffende und praktikable Lösung kann daher nur sein, den Wert des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs in voller Höhe anzusetzen, als insoweit die Kosten nur aus dem nicht (mehr) anhängigen Wert angefallen wären (Berechnungsmethode e) Rn. 5956).
IV. Die Kosten resultieren aus einer anderen Angelegenheit 5962
Werden vorgerichtliche Anwaltskosten geltend gemacht, die eine andere Angelegenheit betreffen, sind die Kosten immer Hauptforderung.1
Û
Beispiel: Der Anwalt hatte für den Geschädigten anlässlich einer Verkehrsunfallsache dessen Ansprüche mit dem Unfallversicherer reguliert. Da der Haftpflichtversicherer seine Haftung bestreitet, klagt der Geschädigte auf Ersatz seines Schadens nebst vorgerichtlicher Anwaltskosten zzgl. der Anwaltskosten für die Regulierung mit dem Unfallversicherer. Die Regulierung mit dem Unfallversicherer ist eine eigene Angelegenheit. Die hierdurch bedingten Kosten sind vom Haftpflichtversicherer zu tragen.2 Ihr Wert erhöht daher den Zuständigkeitsstreitwert.
5963
Gleiches gilt, wenn in einem Haftpflichtprozess die Kosten der Kaskoregulierung als weitere Schadensposition mit geltend gemacht werden (s. das Stichwort „Verkehrsunfallschadenregulierung“, Rn. 5654).
5963a
Unzutreffend ist dagegen die Auffassung des BGH,3 auch bei den Kosten für die Einholung einer Deckungszusage bei einem Rechtsschutzversicherer handele es sich um Nebenforderungen, soweit sich die Kosten der Deckungsschutzanfrage auf die eingeklagten Ansprüche beziehen; solche Kosten seien nur dann hin-
1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.1.2010 – 14 UH 3/10, AGS 2010, 310. 2 BGH, Urt. v. 10.1.2006 – VI ZR 43/05, NJW 2006, 1065 = MDR 2006, 929. 3 BGH, Beschl. v. 20.5.2014 – VI ZB 49/12, MDR 2014, 1051 = AGS 2014, 408.
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Vorgerichtliche Kosten zuzurechnen, soweit die zugrunde liegende Hauptforderung nicht mehr Prozessgegenstand sei. Die Kosten für eine Deckungsschutzanfrage werden nicht unmittelbar zur Durchsetzung des Anspruchs aufgewandt, sondern anlässlich der Durchsetzung, wie etwa bei den Kosten der Kaskoregulierung, Regulierung mit einem Unfallversicherer oder bei den Sachverständigenkosten, bei denen es sich unstreitig auch nicht um Nebenforderungen handelt (s. das Stichwort „Verkehrsunfallschadenregulierung, Rn. 5655).
B. Rechtsmittelstreitwert Für den Rechtsmittelstreitwert gilt Gleiches wie für den Zuständigkeitsstreitwert.1
5964
Hier kann die Besonderheit hinzukommen, dass erstinstanzlich die vorgerichtlichen Kosten noch als Nebenforderung unberücksichtigt geblieben sind, sie dann aber im Rechtsmittelverfahren zur Hauptsache werden. Nur soweit die Hauptforderung in die Rechtsmittelinstanz gelangt ist, bleiben die daraus resultierenden Kosten als Nebenforderung gem. § 4 ZPO unberücksichtigt. Im Übrigen sind sie beim Wert des Beschwerdegegenstands zu berücksichtigen.2
5965
Û
Beispiel: Der Anwalt hatte für den Geschädigten in einer Verkehrsunfallsache 3200 Euro Schadensersatz nebst Kosten i.H.v. 1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 3200 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
327,60 Euro 20,00 Euro 347,60 Euro 66,04 Euro 413,64 Euro
geltend gemacht. Das AG spricht dem Geschädigten 2700 Euro zu. Im Übrigen (also hinsichtlich des weiteren Schadens über 500 Euro sowie der gesamten vorgerichtlichen Kosten) weist das Gericht die Klage ab. Gegen die Abweisung der Klage legt der Kläger Berufung ein. Der Wert des Beschwerdegegenstands beläuft sich auf 500 Euro zzgl. der Kosten aus den erstinstanzlich zugesprochenen Schadenspositionen, die nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits sind. Diese Kosten belaufen sich nach zutreffender Auffassung (Rn. 5958) auf 1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 2700 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
261,30 Euro 20,00 Euro 281,30 Euro 53,45 Euro 334,75 Euro
Der Wert des Beschwerdegegenstands beläuft sich damit auf (500 Euro + 334,75 Euro =) 834,75 Euro. Die Berufung ist zulässig.
1 BGH, Beschl. v. 17.2.2009 – VI ZB 60/07, FamRZ 2009, 867 = AGS 2009, 344; KG, Beschl. v. 8.2.2008 – 2 AR 7/08, AGS 2008, 249 = NJW-RR 2008, 879. 2 BGH, Beschl. v. 26.3.2013 – VI ZB 53/12, MDR 2013, 816 = AGS 2013, 282; Beschl. v. 17.1.2013 – I ZR 107/12, GRUR-RR 2013, 448; Beschl. v. 4.3.2012 – IV ZB 19/11, MDR 2012, 738 = AGS 2012, 297; Beschl. v. 5.4.2011 – VI ZB 61/10, AGS 2011, 302 = MDR 2011, 811; Beschl. v. 11.1.2011 – VIII ZB 62/10, AGS 2011, 140; Beschl. v. 17.2.2009 – VI ZB 60/07, AGS 2009, 344; Beschl. v. 4.12.2007 – VI ZB 73/06, MDR 2008, 404 = BGHReport 2008, 413 = AGS 2008, 187.
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Vorgerichtliche Kosten
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C. Gebührenstreitwert I. Überblick 5966
Für den Gebührenstreitwert gilt grundsätzlich das Gleiche wie für den Zuständigkeitsstreitwert. Die vorgerichtlichen Kosten können Nebenforderungen (§ 43 Abs. 1 GKG) oder Hauptforderung sein.
5967
Im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung sind die Anwaltskosten, die in der Regel nach Abschluss der Regulierung eingefordert werden, immer Nebenforderung (§ 23 Abs. 1 Satz 3 RVG i.V.m. § 43 Abs. 1 GKG).
5968
Werden vorgerichtliche Anwaltskosten im Rechtsstreit mit geltend gemacht, so sind sie – Hauptforderung, soweit sie isoliert eingeklagt werden, – Nebenforderung, soweit die Gegenstände, aus denen sie sich berechnen, Gegenstand des Rechtsstreits sind, – Hauptforderung, soweit die Gegenstände, aus denen sie sich berechnen, nicht (mehr) Gegenstand des Rechtsstreits sind, – Hauptforderung, soweit sie aus einer anderen Angelegenheit resultieren.
II. Anwaltskosten werden isoliert eingeklagt 5969
Werden vorgerichtliche Anwaltskosten oder wird ein Teil davon isoliert eingeklagt, dann sind die Kosten Hauptforderung und damit nach § 3 ZPO zu bewerten. Das folgt für die Anwalts- und Gerichtsgebühren aus § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG; § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG.
Û
Beispiel: Es wird vorgerichtlich ein Schaden i.H.v. insgesamt 8000 Euro geltend gemacht. Der Versicherer zahlt die 8000 Euro. Der Geschädigte verlangt daraufhin noch den Ersatz seiner Anwaltskosten i.H.v. 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 8000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
684,00 Euro 20,00 Euro 704,00 Euro 133,76 Euro 837,76 Euro
a) Der Versicherer zahlt diese Kosten nicht, da er der Auffassung ist, die Anwaltskosten seien nicht notwendig. Der Geschädigte erhebt daraufhin Klage auf Zahlung i.H.v. 837,76 Euro. b) Der Versicherer ist der Auffassung, eine 1,3-Geschäftsgebühr sei angemessen und zahlt nur 1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 8000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
592,80 Euro 20,00 Euro 612,80 Euro 116,43 Euro 729,23 Euro
Der Geschädigte erhebt daraufhin Klage auf Zahlung der restlichen (837,76 Euro – 729,23 Euro =) 108,53 Euro. Im Fall a) beträgt der Streitwert gem. § 3 ZPO 837,76 Euro, im Fall b) 108,53 Euro.
5970
Gleiches gilt, wenn die Anwaltskosten isoliert im Wege einer Widerklage geltend gemacht werden (s. unten Rn. 5980).
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Vorgerichtliche Kosten
III. Die Gegenstände, aus denen sich die Anwaltsgebühren berechnen, sind Gegenstand des Rechtsstreits Werden vorgerichtliche Anwaltskosten oder ein Teil davon neben der Hauptforderung, aus der sie resultieren, geltend gemacht, dann handelt es sich um Nebenforderungen, die zwar einen eigenen Wert haben; dieser wird nach § 43 Abs. 1 GKG jedoch dem Wert der Hauptforderung nicht hinzugerechnet. Es handelt sich aus denselben Erwägungen wie beim Zuständigkeitsstreitwert um Nebenforderungen.
Û
5971
Beispiel: Es wird vorgerichtlich ein Schaden i.H.v. insgesamt 8000 Euro geltend gemacht. Der Versicherer zahlt nicht. Der Geschädigte klagt daraufhin auf Zahlung der 8000 Euro sowie auf Ersatz seiner Anwaltskosten i.H.v. 837,76 Euro (zur Berechnung s. Beispiel Rn. 5969). Der Streitwert beläuft sich nur auf 8000 Euro. Die Anwaltskosten werden nicht mitgerechnet.
Beim Gebührenstreitwert können die Kosten allerdings Bedeutung gewinnen, wenn alleine daraus einzelne Gebühren anfallen (§ 43 Abs. 2 GKG).
5972
Bei den Gerichtsgebühren ist dies allerdings selten, da es kaum Stufenstreitwerte gibt. Möglich ist ein solcher Fall hier beim Übergang vom Mahnverfahren in das streitige Verfahren.
5973
Û
Beispiel: Gegen den Mahnbescheid über 3000 Euro nebst vorgerichtlicher Kosten i.H.v. 1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 3000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
261,30 Euro 20,00 Euro 281,30 Euro 53,45 Euro 334,75 Euro
wird Widerspruch nur wegen der vorgerichtlichen Kosten eingelegt. Im Mahnverfahren wird die 0,5-Gebühr nach Nr. 1100 KV GKG aus 3000 Euro erhoben. Die weitere Gebühr nach Nr. 1210 KV GKG wird dagegen gem. § 43 Abs. 2 GKG nur aus dem Wert der vorgerichtlichen Kosten, also aus 334,75 Euro erhoben. 1. 0,5-Gebühr, Nr. 1100 KV GKG (Wert: 3000 Euro) 2. 3,0-Gebühr, Nr. 1210 KV GKG (Wert: 334,75 Euro) 3. gem. Anm. zu Nr. 1210 KV GKG anzurechnen, 0,5 aus 334,75 Euro Gesamt
54,00 Euro 105,00 Euro – 17,50 Euro 141,50 Euro
Häufiger kommen solchen Fälle beim Anwalt vor, da hier mehrere Gebühren anfallen können.
Û
5974
Beispiel: Wie Beispiel Rn. 5971; der Versicherer zahlt nach Klageerhebung die 8000 Euro Schaden. Über die Kosten wird eine Einigung getroffen. Für die Einigungsgebühr der Anwälte ist jetzt nur der Wert der Kosten maßgebend, also im Fall a) 837,76 Euro und im Fall b) 109,52 Euro.
IV. Die Gegenstände, aus denen sich die Gebühren berechnen, sind nicht (mehr) Gegenstand des Rechtsstreits Werden vorgerichtliche Anwaltskosten im Schadensersatzprozess aus Gegenständen geltend gemacht, die nicht1 oder nicht mehr2 Gegenstand des Rechtsstreits sind, dann sind diese Kosten als Hauptforderung zu berücksichtigten. 1 BGH, Beschl. v. 17.2.2009 – VI ZB 60/07, AGS 2009, 344; KG, Beschl. v. 8.2.2008 – 2 AR 7/08, AGS 2008, 249. 2 BGH, Beschl. v. 4.12.2007 – VI ZB 73/06, MDR 2008, 404.
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Vorgerichtliche Kosten
ZPO
Û
Beispiel: Der Anwalt hatte für den Geschädigten in einer Verkehrsunfallsache 6000 Euro Schadensersatz nebst Kosten i.H.v. 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 6000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
531,00 Euro 20,00 Euro 551,00 Euro 104,69 Euro 655,69 Euro
Der Versicherer zahlt außergerichtlich 4000 Euro, weigert sich jedoch, auch die Anwaltskosten zu zahlen. Er ist der Auffassung, diese seien nicht notwendig. Daher klagt der Geschädigte auf Zahlung von 2000 Euro Schaden sowie 655,69 Euro Ersatz vorgerichtlicher Kosten. Die Kosten, soweit sie auf die vorgerichtlich erledigten Gegenstände entfallen, sind jetzt keine Nebenforderung, sondern Hauptforderung. Zu den verschiedenen Berechnungsmethoden s. Rn. 5951. Nach zutreffender Ansicht sind die Kosten zu berücksichtigten, soweit sie nur aus dem Wert der erledigten Gegenständen angefallen wären, also 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 4000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
378,00 Euro 20,00 Euro 398,00 Euro 75,62 Euro 473,62 Euro
Der Gebührenstreitwert beläuft sich damit auf 2473,62 Euro.
Û
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel; der Versicherer zahlt außergerichtlich 4000 Euro sowie eine 1,3-Geschäftsgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer, also 1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 4000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
327,60 Euro 20,00 Euro 347,60 Euro 66,04 Euro 413,64 Euro
Er ist der Auffassung eine Geschäftsgebühr von 1,5 sei unbillig. Der Geschädigte klagt jetzt auf Zahlung von 2000 Euro Schaden sowie (655,69 Euro – 413,64 Euro =) 242,05 Euro Ersatz vorgerichtlicher Kosten. Auch jetzt sind die Kosten, soweit sie auf die vorgerichtlich erledigten Gegenstände entfallen, keine Nebenforderung, sondern Hauptforderung. Zu den verschiedenen Berechnungsmethoden s. Rn. 5951. Nach zutreffender Ansicht sind die Kosten zu berücksichtigten, soweit sie nur aus dem Wert der erledigten Gegenständen angefallen wären, also 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 4000 Euro) 2. ./. gezahlter 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 4000 Euro) 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 4. ./. gezahlter Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
378,00 Euro – 327,60 Euro 20,00 Euro – 20,00 Euro 50,40 Euro 9,58 Euro 59,98 Euro
Der Gebührenstreitwert beläuft sich damit auf 2059,98 Euro.
5976
Für den Gebührenstreitwert können sich darüber hinaus auch hier Stufenstreitwerte ergeben.
5977
Bei den Gerichtsgebühren sind Stufenstreitwerte allerdings selten, da die Gebühren für das Verfahren im Allgemeinen nur einmal für das gesamte Verfahren erhoben werden. Möglich sind Fälle wiederum hier beim Übergang vom Mahnverfahren in das streitige Verfahren.
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Vorgerichtliche Kosten
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Beispiel: Gegen den Mahnbescheid über 3000 Euro nebst vorgerichtlicher Kosten i.H.v. 1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 3000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
261,30 Euro 20,00 Euro 281,30 Euro 53,45 Euro 334,75 Euro
Widerspruch wird nur wegen eines Teilbetrags von 1000 Euro und der gesamten vorgerichtlichen Kosten eingelegt. Im Mahnverfahren wird die 0,5-Gebühr nach Nr. 1100 KV GKG aus 3000 Euro erhoben. Die weitere Gebühr nach Nr. 1210 KV GKG berechnet sich dagegen gem. § 43 Abs. 2 GKG nur aus dem Wert der restlichen Hauptforderung sowie der vorgerichtlichen Kosten, soweit sie aus den weiteren 2000 anfallen, also aus 1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 2000 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
195,00 Euro 20,00 Euro 215,00 Euro 40,85 Euro 255,85 Euro
Dies ergibt dann folgende Berechnung 1. 0,5-Gebühr, Nr. 1100 KV GKG (Wert: 3000 Euro) 2. 3,0-Gebühr, Nr. 1210 KV GKG (Wert: 1255,85 Euro) 3. gem. Anm. zu Nr. 1210 KV GKG anzurechnen, 0,5 aus 1229,50 Euro Gesamt
54,00 Euro 213,00 Euro – 35,50 Euro 231,50 Euro
Häufiger kommen solche Fälle bei den Anwaltsgebühren vor. Solche Fälle können auftreten, wenn sich nur die Hauptforderung – ohne Kosten – erledigt und die Kosten anhängig bleiben. Dann sind die anteiligen Kosten wiederum als Hauptforderung zu berücksichtigten.
Û
Beispiel: Der Anwalt hatte für den Geschädigten in einer Verkehrsunfallsache 6000 Euro Schadensersatz nebst Kosten i.H.v. 655,69 Euro geltend gemacht. Zur Berechnung der Kosten s. Beispiel Rn. 5975. Der Versicherer zahlt nach Klagezustellung 4000 Euro, weigert sich jedoch, auch die Anwaltskosten zu zahlen. Er ist der Auffassung, diese seien nicht notwendig. In Höhe der 4000 Euro wird die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Über die restlichen 2000 Euro Schaden sowie die Kosten i.H.v. 655,69 Euro wird verhandelt. Die Gerichtsgebühr bemisst sich nach dem Wert von 6000 Euro. Die Kosten werden nicht hinzugerechnet (§ 43 Abs. 1 GKG). Die teilweise Erledigung hat für sie keine Bedeutung. Die Verfahrensgebühr der Anwälte (Nr. 3100 VV RVG) bemisst sich ebenfalls nach 6000 Euro. Die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) entsteht zum einen aus der verbliebenen Hauptforderung von 2000 Euro. Daneben sind aber jetzt auch die Kosten, soweit sie auf die erledigten 4000 Euro entfallen, zu berücksichtigen, da sie jetzt ohne die Hauptforderung betroffen sind (§ 23 Abs. 1 Satz 1, § 43 Abs. 2 GKG). Dieser Wert beläuft sich auf 473,63 Euro. Zur Berechnung der Kosten s. Rn. 5975. 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 6000 Euro) 2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen, 0,65 aus 6000 Euro 3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 2473,63 Euro) 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
460,20 Euro – 230,10 Euro 241,20 Euro 20,00 Euro 491,30 Euro 93,35 Euro 84,65 Euro
N. Schneider
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5978
ZPO
Vorkaufsrecht
V. Die Kosten resultieren aus einer anderen Angelegenheit 5979
Werden vorgerichtliche Anwaltskosten geltend gemacht, die eine andere Angelegenheit betreffen, sind die Kosten auch hier immer Hauptforderung (s. oben Rn. 5962).
VI. Klage und Widerklage 5980
Werden vorgerichtliche Kosten isoliert im Wege der Widerklage geltend gemacht,1 handelt es sich immer um eine Hauptforderung.2 Im Gegensatz zum Zuständigkeitsstreitwert werden hier allerdings die Werte von Klage und Widerklage addiert (§ 45 Abs. 1 GKG). Es liegt keinesfalls derselbe Streitgegenstand zugrunde. Auch wenn sich die Ansprüche ggf. wechselseitig ausschließen, fehlt es jedoch an der wirtschaftlichen Identität.
Û
Beispiel: Der Anwalt hatte vorgerichtlich versucht, für den Mieter die Kündigung eines Mietverhältnisses (monatliche Kaltmiete 500 Euro) abzuwehren. Der Vermieter erhebt anschließend Klage auf Räumung. Der Anwalt bestellt sich daraufhin für den Mieter und beantragt Klageabweisung. Gleichzeitig erhebt er Widerklage auf die durch die Abwehr der Kündigung entstandenen Kosten, die er wie folgt berechnet: 1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert: 8400 Euro) 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt
760,50 Euro 20,00 Euro 780,50 Euro 148,30 Euro 928,80 Euro
Der Streitwert der Klageforderung beläuft sich auf 6000 Euro, der Wert der Widerklage auf 928,80 Euro. Die Werte werden nach § 45 Abs. 1 GKG zusammengerechnet.
Vorkaufsrecht 5981
Im BGB sind das schuldrechtliche (§§ 504 ff. BGB) und das dingliche (§§ 1094 ff. BGB) Vorkaufsrecht geregelt. Während das schuldrechtliche Vorkaufsrecht für bewegliche und unbewegliche Sachen gilt, kann ein dingliches Vorkaufsrecht nur an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten begründet werden. Darüber hinaus sind in speziellen Gesetzen gesetzliche Vorkaufsrechte geregelt.
5982
Wird aufgrund des Vorkaufsrechts vom Kläger Verschaffung des Eigentums an dem mit dem Vorkaufsrecht belasteten Gegenstand bzw. Grundstück verlangt, so handelt es sich um eine nach § 6 ZPO zu bewertende Herausgabeklage. Der Streitwert bestimmt sich nach dem Verkehrswert der Sache.3
5983
Klagt ein Miterbe in Ausübung seines gesetzlichen Vorkaufsrechts nach § 2034 BGB auf Übertragung, so ist gem. § 6 ZPO der Wert seines Erbanteils maßgebend.4 1 Siehe hierzu Stöber, AGS 2006, 261 ff. 2 OLG Rostock, Beschl. v. 29.5.2012 – 1 W 84/10, JurBüro 2013, 19; LG Aachen, Beschl. v. 29.12.2006 – 11 O 478/04, AGS 2007, 539. 3 BGH, Rpfleger 1957, 374 = JurBüro 1957, 224; RG, JW 1902, 181; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 3 ZPO Rn. 166 unter „Vorkaufsrecht“; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Vorkaufsrecht“. 4 LG Bayreuth, JurBüro 1980, 1148.
1144
N. Schneider/Kurpat
Vorkaufsrecht Ist die Klage demgegenüber auf Einräumung oder Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Vorkaufsrechts gerichtet, bestimmt sich der Streitwert der Klage nach § 3 ZPO. Maßgebend für die Bewertung ist das Interesse des Klägers an der Erlangung bzw. am Bestehen oder Nichtbestehen des Rechts.1 Es entspricht nach richtiger Auffassung nie dem vollen Wert des Gegenstands bzw. Grundstücks, da es lediglich die Möglichkeit gewährt, im Falle einer Veräußerung den Gegenstand bzw. das Grundstück zu dem mit dem Vorkäufer vereinbarten Preis zu übernehmen.2 Insoweit unterscheidet es sich von dem Vorvertrag, der eine Verpflichtung zum Abschluss des Hauptvertrages begründet. Auch dem Preis, der für die Überlassung des Gegenstandes bzw. des Grundstücks zu zahlen ist, kommt bei der Wertbemessung keine Bedeutung zu.3
5984
Geboten ist vielmehr eine Bewertung nach einem Bruchteil des Gegenstandsbzw. Grundstückswerts, über deren Höhe hingegen Uneinigkeit besteht. Vertreten werden nahezu sämtliche Bewertungen: – weniger als 1/2 des Grundstückswerts;4 – mindestens 1/2 des Grundstückswerts;5 – 1/5 des Grundstückswerts;6 – 1/10 des Grundstückswerts, wenn die Möglichkeit eines Vorkaufsfalles völlig fern liegt.7
5985
Der BGH8 stellt völlig auf den Einzelfall ab und hält es für möglich, dass das Interesse des Klägers auch dem Wert des Grundstücks entsprechen könne.9 Dem ist insoweit zuzustimmen, als dass der Maßstab für die Bewertung in jedem Einzelfall die Wahrscheinlichkeit des Verkaufsfalls ist. Dabei sollte jedoch ein Mindestwert von 10 % nicht unterschritten werden.10
5986
Nach § 3 ZPO ist auch die Feststellungsklage zu bewerten, der Beklagte habe sein (unbestrittenes) Vorkaufsrecht nicht oder nicht rechtzeitig ausgeübt.11
5987
Desgleichen ist § 3 ZPO anzuwenden auf die Bewertung des Anspruchs auf Löschung eines eingetragenen Vorkaufsrechts.12 Das OLG Nürnberg13 will die Klage auf Löschung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung eines Vorkaufsrechts mit mindestens dem halben Grundstückswert ansetzen. Das erscheint als Grundsatz verfehlt und wesentlich übersetzt.
5988
1 2 3 4
5 6 7
8 9 10 11 12 13
BGH, Beschl. v. 4.12.1996 – VIII ZR 87/96, WM 1997, 643. OLG München, JurBüro 1951, 101. RG, SeuffArchiv Bd. 42, 467; OLG Neustadt, Rpfleger 1957, 239. OLG Schleswig, SchlHA 1953, 299; LG Heilbronn, Beschl. v. 9.4.2014 – 5 O 134/14, ZMR 2014, 795: 1/3 – betr. Auflassungsvormerkung zur Sicherung des Vorkaufsrechts; ebenso Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vorkaufsrecht“ Rn. 3: 1/10 bis 1/2. OLG Nürnberg, JurBüro 1963, 43; AG Lahnstein, JurBüro 1978, 1563 – Einräumung eines Vorkaufsrechtes. OLG München (JurBüro 1951, 1019) hat den Wert des Vorkaufsrechts mit 1/5 des Grundstückswertes bemessen. OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.9.2003 – 4 U 144/03, ZOV 2004, 31 – für Löschung eines Vorkaufsrechts je nach Einzelfall, aber mindestens 10 %; OLG Celle, Beschl. v. 8.3.1967 – 7 W 25/66, JurBüro 1967, 598. BGH, Rpfleger 1957, 374 = JurBüro 1957, 224. Ebenso OLG Nürnberg, JurBüro 1963, 43; OLG Celle, JurBüro 1957, 598. OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.9.2003 – 4 U 144/03, ZOV 2004, 31. BGH, Rpfleger 1957, 374 = JurBüro 1957, 224. OLG Schleswig, SchlHA 1953, 299; OLG Nürnberg, JurBüro 1963, 43; KG, Rpfleger 1969, 214. OLG Nürnberg, JurBüro 1963, 43.
Kurpat
1145
ZPO
Vorlufige Vollstreckbarkeit 5989
So wird die Löschung eines bereits gegenstandslos gewordenen Vorkaufsrechts mit einem 1/51 bis 1/102 bewertet.
5990
Eine spezielle Bewertungsvorschrift enthält § 36 GNotKG für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Hier ist die Einräumung eines Vorkaufsrechts „in der Regel“ mit dem halben Wert der Sache zu bewerten.3 Hiervon ist abzuweichen bei einem erkennbaren Unterschied zum Wert durchschnittlicher Fälle.4 So liegt es etwa, wenn mit einer Verwirklichung des Vorkaufsrechts in ungewöhnlich hohem Maße zu rechnen oder diese außergewöhnlich fern liegend ist.5
5991
Hierbei wird der Wert eines Vorkaufsrechts an einem Erbbaurecht nach dem Wert des Grundstücks und der Bebauung bestimmt. Bedarf die Veräußerung des Vorkaufsrechts dabei noch der Zustimmung des Grundstückseigentümers, sollen 15 % des Wertes angemessen sei.6
Vorlufige Vollstreckbarkeit 5992
Durch ein ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbares Urteil oder durch eine der Höhe nach falsch bemessene Sicherheitsleistung können der belasteten Partei Nachteile entstehen. Deshalb sieht § 718 Abs. 1 ZPO vor, dass in der Berufungsinstanz über die vorläufige Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils vorab zu verhandeln und zu entscheiden ist, wenn dies beantragt wird.
5993
Da für das Verfahren nach § 718 Abs. 1 ZPO keine Gerichtsgebühren anfallen, bedarf es insoweit keiner Wertfestsetzung. Gleiches gilt für den Zuständigkeitsstreitwert, da die Zuständigkeit des Berufungsgerichts bereits in § 718 ZPO festgelegt ist.
5994
Hinsichtlich der Anwaltsgebühren gilt Folgendes: Ist der Anwalt bereits in erster Instanz Prozessbevollmächtigter der Partei gewesen, dann gehört das Verfahren nach § 718 ZPO für ihn gebührenrechtlich noch zum Rechtszug (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 RVG), so dass keine gesonderten Gebühren anfallen. Die Gebühren nach Nrn. 3328, 3332 VV RVG erhält der Anwalt allerdings dann gesondert, wenn im Verfahren nach § 718 ZPO eine gesonderte mündliche Verhandlung stattfindet.
5995
Der Gegenstandswert für diese Gebühren bestimmt sich – da auf § 32 Abs. 1 RVG mangels Gerichtsgebührenwert nicht zurückgegriffen werden kann – gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG nach den Vorschriften des GKG, weil es sich beim Verfahren nach § 718 ZPO um ein dem GKG unterfallenes Verfahren handelt, für das keine Gerichtsgebühren erhoben werden. Der Wert ist daher in entsprechender Anwendung von § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen.
1 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 13.7.1990 – 30 W 67/90, JurBüro 1991, 395. 2 BayObLG, Beschl. v. 10.8.1995 – 32 BR 145/95, JurBüro 1996, 267; OLG Naumburg, Beschl. v. 19.1.1999 – 13 W 12/98, OLGR 1999, 336. 3 BGH, Beschl. v. 25.10.2012 – V ZB 5/12, MDR 2013, 17. 4 BayObLG, Beschl. v. 10.8.1995 – 32 BR 145/95, JurBüro 1996, 267 mit zust. Anm. Mümmler. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.9.1995 – 10 W 60/95, MDR 1996, 318; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 13.7.1990 – 30 W 67/90, JurBüro 1991, 395; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Vorkaufsrecht“ Rn. 5. 6 KG, Beschl. v. 1.7.1997 – 19 W 6246/95, JurBüro 1999, 43 – noch zu § 20 Abs. 2 KostO; a.A. OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.8.1978 – 1 W 46/78, n.v.; LG Osnabrück, Beschl. v. 23.10.1995 – 3 T 65/94, JurBüro 1996, 208 – beide 30 % noch zu § 20 Abs. 2 KostO.
1146
Kurpat/Noethen
Vormerkung Entscheidend ist das Interesse des Antragstellers an der konkreten Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit. Das Interesse des Antragstellers im Verfahren nach § 718 ZPO geht dahin, vor einem vorschnellen bzw. nicht ausreichend gesicherten Vollstreckungszugriff bewahrt zu werden. Das ist weniger als die endgültige Abwehr des titulierten Anspruchs, z.B. durch Vollstreckungsabwehrklage. Insofern liegt es nahe, den Gegenstandswert für das Verfahren nach § 718 ZPO grundsätzlich nur mit einem Bruchteil der Hauptsache zu bewerten.1 Dies entspricht der Bewertung von Arresten und einstweiligen Verfügungen, die wegen ihres bloßen Sicherungscharakters auch nicht gleich der Hauptsache bewertet werden.
5996
Ausnahmsweise kann der Gegenstandswert auch mit dem Wert des Hauptsacheverfahrens bzw. der erstrebten Sicherheitsleistung gleichgesetzt werden. So hat das KG2 ein Verfahren, in welchem beantragt wurde, dass das erstinstanzliche Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar sein solle, i.H.d. erstinstanzlichen Urteilssumme bewertet. Der Grund für diese hohe Bewertung lag darin, dass der Antragsteller dargelegt hatte, ohne Sicherheitsleistung befürchten zu müssen, die zu leistende Zahlung wegen Zahlungsunfähigkeit des Gegners unwiderbringlich zu verlieren.
5997
Gleiches gilt für den Fall, dass der Antragsteller die Beseitigung der vorläufigen Vollstreckbarkeit erstrebt. Dann entspricht der Streitwert der erstinstanzlichen Urteilssumme.3 Grundsätzlich erscheint es jedoch bedenklich, Interesse des Antragstellers und Höhe der Sicherheit streitwertmäßig gleichzusetzen. Durch eine solche Bewertung wird verkannt, dass die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit keine endgültige Regelung ist, sondern eben nur eine einstweilige, die bis zur Aufhebung oder Rechtskraft gilt.
5998
Dies dürfte auch die Auffassung des BGH4 sein, der entschieden hat, dass der Streitwert eines Rechtsmittels gegen die Vorabentscheidung zur Sicherheitshöhe bei vorläufiger Vollstreckbarkeit nur mit einem Bruchteil der erstrebten Sicherheitsdifferenz festzusetzen ist. Er hat 1/10 angenommen.5
5999
Zur Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs vgl. auch die Ausführungen beim Stichwort „Schiedsgerichtsverfahren“.
6000
Vormerkung Eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht oder auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts (§ 883 Abs. 1 Satz 1 BGB) gibt es nicht „an sich“, sondern immer nur bezogen auf eine 1 2 3 4
Vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 19.4.2012 – 22 U 172/11. KG, Beschl. v. 13.9.1973 – 12 U 766/72, MDR 1974, 323. OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.8.1982 – 17 U 148/81, JurBüro 1983, 140. BGH, Beschl. v. 2.10.1985 – VIII ZR 196/85, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 801 mit Anm. Schneider. 5 Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 19.4.2012 – 22 U 172/11; OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.12.1994 – 5 U 200/93, OLGR 1995, 46; vgl. auch die Entscheidungen des OLG Hamm, Beschl. v. 12.1.1993 – 2 UF 427/91, FamRZ 1994, 248 und des OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.12.1995 – 5 U 22/95, JurBüro 1996, 312 zum vergleichbaren Verfahren nach (dem jetzigen) § 537 ZPO, wo ebenfalls der Wert nur mit einem Bruchteil bzw. mit dem Wert der Avalkosten angesetzt wird.
Noethen
1147
6001
ZPO
Vornahme von Handlungen bestimmte Eintragung. Danach richtet sich auch die Streitwertfestsetzung im Einzelfall. 6002
Die Bewertungsmaßstäbe sind deshalb jeweils unter den besonderen Stichwörtern behandelt, beispielsweise bei den Stichwörtern „Auflassungsvormerkung“, „Bauhandwerkersicherungshypothek“ und „Dienstbarkeit (§ 1090 BGB)“.
Vornahme von Handlungen 6003
Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert für Klagen, die auf die Vornahme von Handlungen gerichtet sind, ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bestimmen, wobei auf das Interesse des Klägers daran abzustellen ist, dass der Beklagte die geforderte Handlung vornimmt.1
6004
Die für den Beklagten entstehenden Vornahmekosten sind nicht ausschlaggebend, wenngleich sie als Bewertungsanhaltspunkt in Betracht kommen können.
Vorrangseinrumung Siehe das Stichwort „Rangverbesserung“.
Vorstzlich begangene unerlaubte Handlung Siehe das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2405 ff.
Vorschusszahlungen 6005
Der Streitwert einer Leistungsklage umfasst auch den Betrag bereits erbrachter Vorschusszahlungen der Versicherungsgesellschaft des Schuldners, wenn diese trotz Zahlung die Schadensersatzpflicht bestreitet und ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückerstattung geleistet hat.2
6006
Werden Vorschusszahlungen im Verlaufe des Verfahrens vorbehaltlos (a conto, als Teilzahlung) erbracht, dann muss die Vorschrift des § 367 BGB beachtet werden. Die Zahlungen sind vorweg auf Zinsen und Kosten zu verrechnen. Das ist deshalb wesentlich, weil sich insoweit der Streitwert nicht ermäßigt (§ 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 2 ZPO).3
1 Vgl. BGH, Beschl. v. 13.12.1995 – XII ZR 161/95, NJW-RR 1996, 460; OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 21.7.2014 – 10 W 34/14. 2 OLG Karlsruhe, Justiz 1965, 144. 3 Ausführlich dazu und auch zum Rechtsmittelwert Schneider, DRiZ 1979, 310.
1148
Noethen/Kurpat/Noethen
Wahlschuld
Vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlçs (§ 805 ZPO) Auf die Klage aus § 805 ZPO ist für den Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert § 6 ZPO (i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) sinngemäß anzuwenden. Auszugehen ist bei der Streitwertberechnung von der Höhe der Forderung des klagenden Dritten, jedoch ohne Zinsen und Kosten (§ 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 2 ZPO). Deren Betrag ist mit dem Erlös der gepfändeten Sache zu vergleichen. Für den Streitwert maßgebend ist nur der geringere Wert.1
6007
Whrungsumrechnung Die für die Bewertung von Grundpfandrechten – etwa im Aufgebotsverfahren (§§ 433 ff. FamFG) – erforderliche Umrechnung von Goldmark in Reichsmark, von Reichsmark in Deutsche Mark und von Deutsche Mark zum Euro kann im Verhältnis 1:1 erfolgen.2
6008
Bildet den Streitgegenstand eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld, dann ist der Umrechnungsbetrag in Euro im Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragstellung (Anhängigkeit) maßgebend, § 4 ZPO, § 40 GKG. Nachfolgende Kursschwankungen bleiben auf den Streitwert ohne Einfluss. Im Berufungs- und Revisionsverfahren gilt außerdem § 47 GKG.
6008a
Zu Einzelheiten s. das Stichwort „Ausländische Währung“.
Wahlschuld Mehrere Leistungen können in der Weise geschuldet werden, dass nur die eine oder die andere zu bewirken ist (sog. Wahlschuld). Um der Bestimmtheit der Leistung willen muss klargestellt werden, wem das Wahlrecht zusteht. Danach richtet sich auch die Streitwertbemessung. Ist nichts vereinbart, so steht das Wahlrecht, ein Gestaltungsrecht, („im Zweifel“) dem Schuldner zu, § 262 BGB.
6009
Hat der Schuldner sein Wahlrecht ausgeübt, so gilt die gewählte Leistung als die von Anfang an allein geschuldete (§ 263 Abs. 2 BGB); diese ist daher auch wertbestimmend.
6010
Solange er sein Wahlrecht nicht ausgeübt hat, kommen alle Leistungsalternativen in Betracht. Das Interesse des Schuldners wird sich darauf richten, möglichst wenig belastet zu werden. Deshalb ist in diesem Fall der Streitwert der auf eine wahlweise Verurteilung gerichteten Klage nach dem geringwertigsten Leistungsgegenstand zu bestimmen.3 Dies gilt auch für die wahlweise Verurteilung des
6011
1 RGZ 4, 365; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Vorzugsweise Befriedigung“; Musielak/ Voit/Becker, § 805 ZPO Rn. 2. 2 BGH, Beschl. v. 22.5.2014 – V ZB 146/13, MDR 2014, 1074. 3 RGZ 55, 81; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Wahlschuld“; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Wahlschuld“ Rn. 3; Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 41; a.A. LG Berlin, JW 1931, 2451 u. JVBl. 1933, 229, das addierte, dabei aber verkannt hat, dass nur eine Leistung verlangt und geschuldet wird.
Noethen/Kurpat
1149
ZPO
Wahlschuld Schuldners.1 Für eine Zusammenrechnung der Werte der Leistungsgegenstände ist kein Raum.2 6012
Steht das Wahlrecht dem Gläubiger zu, dann scheidet vor Wahlausübung eine Zusammenrechnung ebenso aus. Bei ausgeübter Wahl ist die Schuld konkretisiert; der Streitwert bestimmt sich nach dem Anspruch, den der Gläubiger erfüllt sehen will. Bis zur Ausübung des Wahlrechts geht das Interesse des Gläubigers darauf, den ihm günstigsten, d.h. den höherwertigen Anspruch erfüllt zu sehen. Er ist daher für die Wertbemessung maßgebend.3 Mit Klageerhebung muss der Kläger jedoch eine ihm zustehende Wahlbefugnis ausüben, so dass insoweit eine zulässige alternative Klagehäufung ausscheidet.4
6013
Besteht der Streit nur darüber, ob das Wahlrecht dem Gläubiger oder dem Schuldner zusteht, dann ist es gleichgültig, wer das Recht für sich in Anspruch nimmt. Die Parteirolle kann deshalb nicht ausschlaggebend sein, weil in jedem Fall immer nur der Differenzbetrag wertbestimmend sein darf. Denn da der Gläubiger an der Ausübung des ihm günstigeren, der Schuldner an der Ausübung des minder günstigen Rechts interessiert ist, beide Parteien aber davon ausgehen, dass jedenfalls das minder günstige Recht verwirklicht wird, ist das Interesse eines jeden stets nur auf den ihm günstigen oder ungünstigen Differenzbetrag zwischen den Wahlmöglichkeiten gerichtet.5
6014
Wird der Streit, wem das Wahlrecht zusteht, mit einer Feststellungsklage verfolgt, dann muss der Wert nach § 3 ZPO geschätzt werden; er wird sich ebenfalls am Differenzbetrag orientieren und darf im Einzelfall den höchsten möglichen Anspruch nicht übersteigen.
6014a
Stellt der Kläger die Einräumung einer Wahlschuld in Abrede und klagt auf eine bestimmte Leistung, ist diese für den Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert maßgeblich.6
6015
Von der Wahlschuld nach §§ 262 ff. BGB zu unterscheiden ist die Ersetzungsbefugnis (sog. facultas alternativa) des Schuldners. Hier hat die Verpflichtung des Schuldners von Anfang an einen bestimmten Inhalt. Ihm bleibt nur nachgelassen, sich durch eine andere Leistung an Erfüllungs statt zu befreien.7 Die Streitwertbemessung beeinflusst dies nicht, weil die Klage auf eine bestimmte Leistung gerichtet ist, die allein die Bewertung bestimmt.8 Die dem Schuldner zustehende Möglichkeit einer anderen Leistung ist nicht Gegenstand der Verurteilung, auch hat der Gläubiger keinen Anspruch darauf.
1 RG, JW 1906, 431 Nr. 18; RG, Warneyer 1908 Nr. 153. 2 Musielak/Voit/Heinrich, § 3 ZPO Rn. 38 unter „Wahlschuld“. 3 Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Wahlschuld“; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Wahlschuld“ Rn. 3; Musielak/Voit/Heinrich, § 3 Rn. 38 unter „Wahlschuld“; Stein/Jonas/ Roth, § 5 ZPO Rn. 41. 4 MünchKomm.ZPO/Becker-Eberhard, § 260 ZPO Rn. 22. 5 Baumbach/Hartmann, Anh. § 3 Rn. 137 unter „Wahlschuld“; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Wahlschuld“ Rn. 4. 6 OLG Frankfurt, Urt. v. 15.4.2008 – 8 U 238/06, OLGR 2009, 585. 7 Palandt/Grüneberg, § 262 BGB Rn. 8. 8 RG, Warneyer 1940 Nr. 174; OLG Breslau, OLGR 6, 372.
1150
Kurpat
Wegnahme eingebauter Sachen
Wahlweise Verurteilung Bei alternativer Verurteilung, die dem Beklagten die Wahl lässt, sich durch Zahlung einer Geldsumme von der Urteilsverbindlichkeit zu befreien, ist für den Streitwert die geringerwertige Leistung maßgebend.1
6016
Mit diesem Sachverhalt darf nicht die Wahlschuld nach §§ 262 ff. BGB verwechselt werden (vgl. dazu das Stichwort „Wahlschuld“).
6017
Diese sog. facultas alternativa ist bei der Streitwertbemessung unberücksichtigt zu lassen, weil die Klage auf eine bestimmte Leistung gerichtet ist, die allein die Bewertung bestimmt. Der Beklagte darf nur durch Erbringen einer anderen Leistung den eingeklagten Anspruch erfüllen. Dabei handelt es sich aber nur um eine rechtliche Möglichkeit auf Seiten des Beklagten, die die Klage nicht beeinflusst.2
6018
Einstweilen frei.
6019–6027
Wechselnde Klageantrge Siehe hierzu die Ausführungen zu dem Stichwort „Klageänderung“.
Wechselprozess Siehe das Stichwort „Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess“.
Wechselseitige Rechtsmittel Siehe das Stichwort „Rechtsmittel“.
Wegnahme eingebauter Sachen Klagt der Mieter auf Duldung der Wegnahme eingebauter Sachen, so bestimmt sich der Streitwert gem. § 6 ZPO nach dem in der Regel verminderten Wert dieser Sachen, den sie nach der Trennung von den Mieträumen haben werden. Die Kosten des Wegnahmeberechtigten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes bleiben unberücksichtigt.3 § 6 ZPO gelangt zur Anwendung, weil das Klagebegehren auf Erlangung des Besitzes an den Sachen gerichtet ist. Die Wegnahme, deren Duldung begehrt wird, ist gegenüber der Herausgabe nur ein anderes Mittel der Besitzverschaffung. Dieser Unterschied ist für die Anwendung des § 6 ZPO bedeutungslos. 1 RG, JW 1906, 431 Nr. 18; RG Warneyer 1908 Nr. 153. 2 RG, Warneyer 1940 Nr. 174; OLG Breslau, OLG 6, 372. 3 BGH, Beschl. v. 12.6.1991 – XII ZR 30/91, ZMR 1991, 426 – Beschwer; KG, ZMR 1972, 80; Zöller/Herget, § 6 ZPO Rn. 5.
Kurpat
1151
6028
Werbung, unverlangte Anders liegt es jedoch, wenn mit der Duldung der Wegnahme eine über den Besitzverlust hinausgehende Beeinträchtigung angestrebt wird, beispielsweise die Wegnahme einer Messvorrichtung, die der Einstellung der Energieversorgung dient. Hier bestimmt sich der Streitwert gem. § 3 ZPO nach dem klägerischen Interesse an der Versorgungseinstellung und nicht gem. § 6 ZPO nach dem Wert der Messeinrichtung (s. ausführlich unter dem Stichwort „Mietstreitigkeiten“, Rn. 3901).
6030
Erhebt der Mieter gegenüber einer Räumungsklage für den Fall der Verurteilung zur Räumung hilfsweise Widerklage auf Ersatz von Verwendungen und Duldung der Wegnahme von Einrichtungen, so ist der Streitwert der Hilfsanträge dem Wert des Räumungsbegehrens hinzuzurechnen, wenn darüber entschieden wird, §§ 3, 6 ZPO, § 45 Abs. 1 GKG.1
ZPO
6029
Werbung, unverlangte Literatur: Steckler, GRUR 1993, 865; Vogt, NJW 1993, 2845; Schmittmann, JurBüro 1999, 572 und JurBüro 2003, 398; Richter, MMR-Aktuell 2010, 305649.
A. Allgemeines 6031
Unverlangte Werbung wird Verbrauchern und Geschäftsleuten heutzutage auf verschiedensten Wegen übersandt. Aufgrund des Zeitvorteils wird die früher weit verbreitete Brief- oder Postwurfsendung in immer stärkerem Maße durch Telefax, E-Mail und SMS ersetzt. Diese Werbung ist ohne das (zumindest konkludente) Einverständnis des Empfängers nicht nur wettbewerbswidrig i.S.d. §§ 3, 7 UWG,2 sondern begründet auch einen Unterlassungsanspruch nach §§ 823, 1004 BGB.3 Das am 3.8.2009 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29.7.2009,4 untersagt die Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen „vorherige ausdrückliche“ Einwilligung. Danach sind Werbeanrufe nicht mehr zulässig, wenn sich eine Einwilligung nur schlüssig aus dem Verhalten des Verbrauchers ergibt.
6032
Der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert entsprechender Unterlassungsklagen gegen den Absender/Anrufer ist nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Man kann bei der Streitwertbestimmung nach dem Adressaten unterscheiden (Verbraucher oder Wettbewerber/Geschäftsmann) oder auch nach der Art der Kontaktaufnahme (Telefonanruf, SMS, Fax, E-Mail, Brief/Postwurfsendung). Da es sich um Werbung handelt, ist der Inhalt der Mitteilung aber in jedem Fall geschäftlich, d.h. in irgendeiner Form von dem Willen geprägt, dem Adressa-
1 OLG Frankfurt, ZMR 1956, 35. 2 LG Traunstein, Beschl. v. 18.12.1997 – 2 HKO 3755/97, NJW 1998, 1648. 3 LG Berlin, Beschl. v. 18.9.2002 – 16 O 515/02, MMR 2003, 202; LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 29.12.1999 – 3 O 8616/99; Urt. v. 14.6.1994 – 13 S 10228/93, AfP 2000, 395; LG Berlin, Beschl. v. 14.5.1998 – 16 O 301/98, NJW 1998, 3208; OLG Hamm, Beschl. v. 23.4.1991 – 4 U 261/90; a.A. AG Kiel, Urt. v. 30.9.1999 – 110 C 243/99, MMR 2000, 51; zutreffend differenzierend: LG Augsburg, Urt. v. 4.5.1999 – 2 O 4416/98, NJW 2000, 593 – Antragsteller hatte sich zuvor in die Datenbank des Absenders aufnehmen lassen, sowie LG Kiel, Urt. v. 20.6.2000 – 8 S 263/99, MDR 2000, 1331 – keine unzulässige E-Mail, wenn sie ein bindendes Vertragsangebot enthält. 4 BGBl. I 2009, 2413.
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Werbung, unverlangte ten etwas zu „verkaufen“. Soweit der Inhalt der Mitteilung privater oder persönlicher Natur ist, werden entsprechende Unterlassungsansprüche unter dem Stichwort „Belästigung“ behandelt.
B. Bemessungsgrundsätze Maßgeblich für die Wertbestimmung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG ist das Interesse des Klägers an der begehrten Unterlassung1 und der Umfang der erlittenen Beeinträchtigung. Ob und welche Aufwendungen der Beklagte vornehmen muss, um die künftigen Störungen zu unterlassen, ist unerheblich.2 Bei der Bestimmung dieses klägerischen Interesses kann nach dem Adressaten der Werbung differenziert werden.
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I. Werbung gegenüber Verbrauchern Das Interesse eines Verbrauchers, der den Werbenden nach §§ 823, 1004 BGB auf Unterlassung in Anspruch nimmt, bemisst sich zunächst nach den finanziellen Folgen, die für den Kläger mit dem Empfang der Werbung verbunden sind. Bei der Übersendung eines Telefax wird man die Kosten für Papier, Tinte, Wartung und Unterhaltung des Gerätes ansetzen können. Bei der Übersendung von E-Mail oder SMS wird in dieser Hinsicht nur der Zeitverlust für Abrufen, Lesen und Löschen der unerwünschten Nachricht berücksichtigungsfähig sein. Bei Postwurfsendungen besteht die Beeinträchtigung ebenfalls nur in dem Aussortieren der Werbung, die sodann zu entsorgen ist. Bei größeren Mengen an Werbepost (z.B. umfangreiche Kataloge) können jedoch zusätzliche Kosten durch die Entsorgung entstehen. Bei unerwünschten Werbeanrufen per Telefon dürfte ein finanzieller Nachteil bei Privatpersonen, die zuhause angerufen werden, nur schwer auszumachen sein.
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Neben diesen rein finanziellen Nachteilen ist aber weiter zu berücksichtigen, dass von der Übersendung unerwünschter Werbung eine nicht unerhebliche Belästigung ausgeht – man denke hier nur an das blockierte Faxgerät oder das an seine Kapazitätsgrenzen stoßende E-Mail-Postfach. Besonders deutlich wird die Belästigung bei der Werbung per SMS, die im Regelfall unmittelbar auf dem Handy angezeigt wird, ohne dass die Möglichkeit des Sammelns oder Umleitens besteht. Gleiches gilt für die heutzutage weit verbreitete unmittelbare Weiterleitung von E-Mails auf das Handy.
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Den höchsten Belästigungsfaktor dürfte in diesem Zusammenhang die unzulässige Telefonwerbung aufweisen. Er ist deutlich höher einzustufen als bei der Werbung durch SMS oder E-Mail, da der Empfänger eines Telefonanrufs bei unbekannten/unterdrückten Rufnummern nicht erkennen kann, von wem der Anruf stammt und ob er für ihn von Bedeutung ist. Um dies herauszufinden, ist er gezwungen, den Anruf anzunehmen und sich persönlich mit dem Anrufer auseinanderzusetzen. Eine E-Mail oder SMS kann er hingegen ohne ein solches persönliches Gespräch löschen. Besonders belästigend sind Telefonanrufe, die zu ungewöhnlichen Tageszeiten bzw. auf dem Privatanschluss des Betroffenen erfolgen.3
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1 BGH, Beschl. v. 26.4.1990 – I ZR 58/89, GRUR 1990, 1052; KG, Beschl. v. 23.9.2002 – 5 W 106/02, JurBüro 2003, 142; OLG Köln, JurBüro 1990, 246. 2 Anders verhält es sich bei der Bestimmung der Beschwer des zur Unterlassung verurteilten Beklagten – insofern zutreffend die verhältnismäßig niedrige Wertfestsetzung des LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 29.12.1999 – 3 O 8616/99; Urt. v. 14.6.1994 – 13 S 10228/93, AfP 2000, 395 auf 1000 DM bei unzulässiger Telefaxwerbung. 3 LG Heidelberg, Beschl. v. 4.4.2007 – 5 T 12/07, MMR 2007, 805.
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Generalpräventive Erwägungen (Abschreckung) bleiben bei der Bewertung unberücksichtigt. Der Gebührenstreitwert dient der Bestimmung im Einzelfall angemessener Gerichts- und Anwaltsgebühren.1 Zudem dürfte eine auf Abschreckung gestützte Werterhöhung unerwünschte Anreize für einen Rechtsmissbrauch (Abmahnwellen) setzen. Darüber hinaus kann – auch wenn sich der Streitwert nach den Interessen des Klägers richtet – auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass den Unterlassungsklagen auch ein gewisser Abschreckungseffekt zukommen soll. Es sind auch die Breitenwirkung und das häufige Erscheinen solcher Zusendungen, die in ihrer Gesamtheit das Ausmaß der Belästigung erst bestimmen, zu berücksichtigen.2 Dem Beklagten ist auch bewusst, dass er sich – gerade beim Versand von E-Mails und SMS – einer massenhaft auftretenden, von den Betroffenen mindestens als belästigend empfundenen Vorgehensweise bedient. Er kann über die modernen Medien sehr schnell und effektiv eine große Menge an Werbung verteilen.3 Dies darf ihm über niedrige Streitwerte in Unterlassungsverfahren nicht auch noch finanziell vereinfacht werden. Die Nachahmungsgefahr ist bei einer derartigen, für den Absender einfachen und kostengünstigen Werbemöglichkeit groß, so dass nicht nur die Unterlassung im Einzelfall das Ziel der begehrten Unterlassung, sondern auch ein Abschreckungseffekt für die Zukunft beabsichtigt ist.
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Das KG4 hat im Hinblick auf die einmalige Übersendung einer Werbemail einen Wert von 350 Euro für ein einstweiliges Verfügungsverfahren für ausreichend erachtet und dies damit begründet, dass im konkreten Fall keine Beeinträchtigungen ersichtlich gewesen seien, die über einen einfachen Löschvorgang hinausgegangen wären. Diese Entscheidung ist abzulehnen. Es kommt für die Wertsetzung nicht allein darauf an, welche Beeinträchtigungen der Kläger durch die bereits übersandte Werbung erlitten hat, sondern auch darauf, welche Belästigungen er für die Zukunft fürchtet und deshalb auf Unterlassung klagt. Das OLG Karlsruhe hat den Wert einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung von E-Mail-Werbung auf 500 Euro festgesetzt und darauf hingewiesen, dass es für solche Verfahren keinen Regelstreitwert gebe.5
6039
Die Beschwer des gegen die Zusendung von E-Mails im privaten Bereich vorgehenden Klägers bemisst sich nach dem Umfang der abzuwehrenden Beeinträchtigung ohne Berücksichtigung generalpräventiver Gesichtspunkte.6 Zur Generalprävention schon unter Rn. 6037 Die Beschwer des Unterlassungsschuldners bemisst sich nach den Nachteilen, die mit der Beachtung des Unterlassungsgebots verbunden sind.7 Bei privatem Handeln des Schuldners ist regelmäßig der Aufwand zur Vermeidung weiterer Beeinträchtigungen maßgeblich.8
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Bei aller Kritik, die Regelstreitwerten im Hinblick auf ihre Vereinheitlichungswirkung entgegengebracht wird, ist allerdings zu bedenken, dass eine Einzelfallschätzung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG auch nicht immer zu zwingenden Be-
1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.2.2013 – 20 W 68/11, CR 2013, 538. 2 OLG Schleswig, Beschl. v. 5.1.2009 – 1 W 57/08, JurBüro 2009, 256. 3 So zutreffend: KG, Beschl. v. 23.9.2002 – 5 W 106/02, JurBüro 2003, 142. Nach Heidrich, MMR 2004, 324 (325) lag der Anteil von Werbe-E-Mails schon im Jahr 2004 bei 62 % des weltweiten E-Mail-Verkehrs. 4 KG, Beschl. v. 5.4.2002 – 14 W 40/02, JurBüro 2002, 371. 5 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.1.2008 – 6 W 121/07, GRUR-RR 2008, 262; AG Mülheim, Urt. v. 17.5.2011 – 27 C 2550/10, AGS 2012, 538. 6 BGH, Beschl v. 30.11.2004 – VI ZR 65/04; OLG Hamm, Urt. v. 17.10.2013 – 6 U 95713; a.A. OLG Schleswig, JurBüro 2009, 256. 7 BGH, Beschl. v. 25.9.2013 – VII ZB 26/11, GRUR 2013, 1271. 8 OLG Hamm, Urt. v. 17.10.2013 – 6 U 95713 – Löschungsaufwand: 50 Euro.
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Werbung, unverlangte trägen kommen wird. Insofern erscheint es gerade für die Handhabung der Praxis empfehlenswert, jedenfalls den Ausgangspunkt einer Bewertung an einem Regelwert auszurichten. Dieser dürfte für unverlangte Werbung im privaten Bereich bei 2000 Euro liegen und kann – je nach den Umständen des Einzelfalls – auch durchaus die Größenordnung von 10 000 Euro erreichen.
II. Werbung im beruflichen/gewerblichen Bereich Wird der Unterlassungsanspruch durch einen Wettbewerber des Absenders geltend gemacht, bzw. ist die Kommunikation durch E-Mail, Fax, Telefon oder SMS für den Empfänger erkennbar von geschäftlicher oder beruflicher Bedeutung, so ist zusätzlich zu den oben genannten Kriterien die durch den Wettbewerbsverstoß zu befürchtende Umsatzeinbuße zu berücksichtigen1 bzw. der Streitwert im Hinblick auf den gesteigerten Lästigkeitsfaktor zu erhöhen. Denn es ist durchaus ein qualitativer Unterschied, ob beispielsweise der private E-Mail-Account oder der Account im Büro mit unerwünschter Werbung überhäuft wird bzw. ob sich ein Verbraucher im Urlaub oder ein Geschäftsmann während seiner Arbeitszeit mit SMS-Eingängen beschäftigen muss.
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Ähnlich wie auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes ist die Rechtsprechung aufgrund der Vielfalt der zu beurteilenden Sachverhalte sehr uneinheitlich. Die nachfolgende Sammlung von Entscheidungen soll einen Überblick über die jeweiligen Fallgestaltungen und Erwägungen der Gerichte bei der Wertfestsetzung geben.2
6042
1000 Euro – Wert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Unterlassung von E-MailWerbung, wobei der Senat allerdings auch ausführt, dass das Interesse höher geschätzt werden könne, wenn dem Betroffenen – was er darzulegen habe – ein größerer Schaden durch den Eingriff in seinen Betrieb entstanden sei.3
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1500 Euro – Wert einer Unterlassungsklage wegen unzulässiger Telefax-Werbung. Der Senat hat darauf abgestellt, dass der dem Kläger entstandene Schaden zwar denkbar gering gewesen sei. Daneben dürfe jedoch die Belästigung durch das blockierte Faxgerät und das Verhalten des Beklagten nicht unberücksichtigt bleiben, der trotz Widerspruchs des Klägers vorprozessual die Auffassung vertreten hatte, ihm Werbefaxe schicken zu dürfen.4
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2000 Euro – Wert einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung von SMS-Werbung auf ein Handy. Im Vergleich zur Werbe-E-Mail hat diese Werbung einen höheren Belästigungsgrad. E-Mails können gesammelt und dann zu beliebiger Zeit gelesen werden, während SMS den Empfänger sofort und in jeglicher Situation erreichen. Der Gesichtspunkt der Marktbedeutung stellt dagegen keinen werterhöhenden Faktor dar.5 – Wert einer Unterlassungsklage gegen Telefonwerbung. Der Beklagte hatte einem Dienstleistungsunternehmen der EDV-Branche Binde- und Laminiergeräte
6045
1 BGH, Beschl. v. 19.9.1990 – VIII ZR 117/90, WM 1990, 2058. 2 Vgl. auch die umfangreiche Zusammenstellung von Einzelfallentscheidungen bei Richter, MMR-Aktuell 2010, 305649. 3 OLG Celle, Beschl. v. 27.12.2001 – 13 W 112/01, OLGR 2002, 48. 4 OLG Stuttgart, Beschl. v. 1.10.1999 – 10 W 37/99, CR 2000, 107. 5 KG, Beschl. v. 27.7.2006 – 9 W 50/06, JurBüro 2006, 645.
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angeboten. Das KG hat hervorgehoben, dass allein das Interesse des Gestörten beachtlich sei und die Streitwertfestsetzung keinen Disziplinierungsfaktor im Hinblick auf Nachahmer beinhalte.1 – Wert einer einstweiligen Unterlassungsverfügung bei einmaliger Versendung einer unverlangten Werbe-E-Mail an einen Gewerbetreibenden.2 6046
2500 Euro – Wert einer Unterlassungsklage eines Freiberuflers gegen die unerwünschte Telefax-Werbung eines Seminarveranstalters.3 – Wert einer Unterlassungsklage eines Journalisten gegen das per E-Mail übermittelte Angebot, einen Newsletter zu beziehen.4
6047
3000 Euro – Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 30.11.20045 im Rahmen einer Streitwertüberprüfung einen Wert von 3000 Euro bei einer „verhältnismäßig geringfügigen Belästigung“ nicht beanstandet. Daraus kann jedoch kein Ausgangswert für sonstige Fälle abgeleitet werden, weil der Senat erkennbar die Einzelfallabwägung des Berufungsgerichts unterstellt hat. – Wert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens bzgl. eines Telefonanrufs, der spätabends auf dem Privatanschluss der Antragstellerin erfolgte.6 Für das Hauptsacheverfahren hätte die Kammer 6000 Euro angesetzt. – Wert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Unterlassung des Einwurfs von Werbematerial in den Hausbriefkasten.7 Nach Ansicht des Gerichts lag nur eine sehr geringfügige Beeinträchtigung vor, da sich die Störung durch einfaches Herausnehmen der Werbung aus dem Briefkasten und Entsorgung im Altpapier beseitigen ließ. Hierdurch entstünden keine Mühen oder Kosten.
6048
4000 Euro – Wert einer Unterlassungsklage eines Rechtsanwalts gegen unaufgeforderte Zusendung von Telefaxwerbung an seine Kanzlei.8 – Wert einer Klage auf Unterlassung unerwünschter Werbeschreiben, nachdem vorprozessual vier Schreiben in sechs Monaten eingegangen waren.9
6049
4500 Euro – Wert einer Unterlassungsklage gegen das einmalige Zusenden einer E-Mail und die dadurch ausgelöste SMS-Nachricht; 3000 Euro für das entsprechende einstweilige Verfügungsverfahren.10
6050
6000 Euro – Beschwer bei einmaliger Zusendung einer E-Mail (Newsletter mit Informationen für Kapitalanleger) an Anwaltskanzlei.11 – Vertretbare Wertfestsetzung für ein einstweiliges Verfügungsverfahren bzgl. einer E-Mail an den Wettbewerber (Versicherungsdienstleistungen), womit der
1 KG, Beschl. v. 12.9.2006 – 9 U 167/06, KGR 2007, 206 – der Senat hat aus diesen Gründen die landgerichtliche Wertfestsetzung (7500 Euro) deutlich nach unten korrigiert. 2 OLG Braunschweig, Beschl. v. 10.2.2014 – 2 W 11/14, ITRB 2014, 129. 3 AG Essen, Urt. v. 2.6.1999 – 8 C 126/99. 4 LG Berlin, Beschl. v. 19.9.2002 – 16 O 515/02, JurBüro 2003, 143. 5 BGH, Beschl. v. 30.11.2004 – VI ZR 65/04, RVGreport 2005, 80. 6 LG Heidelberg, Beschl. v. 4.4.2007 – 5 T 12/07, MMR 2007, 805. 7 AG Rostock, Beschl. v. 17.12.2008 – 47 C 487/08. 8 AG Siegburg, Urt. v. 11.4.2002 – 10 C 190/02, MDR 2002, 849. 9 OLG Hamm, Beschl. v. 11.4.2013 – 9 W 23/13, MDR 2013, 999. 10 OLG Schleswig, Beschl. v. 5.1.2009 – 1 W 57/08, JurBüro 2009, 256. 11 BGH, Beschl. v. 20.5.2009 – I ZR 218/07, MDR 2009, 1234.
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Werbung, unverlangte Unterlassungsanspruch außer auf §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB auch auf § 8 UWG gestützt werden konnte.1 7500 Euro – Wert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens wegen unerwünschter E-MailWerbung. Dabei hat der Senat insbesondere berücksichtigt, dass zwar durch das Herunterladen der E-Mail nur ein geringer finanzieller Schaden bzw. zeitlicher Aufwand verursacht werde. Da die Versendung von E-Mails aber sehr kostengünstig sei, müsse von einem besonders großen Nachahmungseffekt ausgegangen werden. Zudem sei der Werbewert einer E-Mail auch deshalb relativ hoch, weil sich der Empfänger vor dem Löschen mit ihrem Inhalt befassen müsse.2 – Wert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens, wenn die Kommunikation mittels E-Mail für den Antragsteller erkennbar von besonderer geschäftlicher oder beruflicher Bedeutung ist (hier: Steuerberater).3 – Wert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Unterlassung unerwünschter Werbung durch Postwurfsendung in Klarsichtfolie („Einkauf Aktuell“).4
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10 000 Euro – Wert der Unterlassungsklage einer Künstleragentur gegen einen Künstler, der sich bei ihr ohne Einverständnis per Telefax beworben hatte.5 – Wert einer einstweiligen Verfügung, mit der einem Finanzmakler die weitere Versendung von Werbe-E-Mails an eine Anwaltskanzlei untersagt wird.6 – Wert einer gegen den Einwurf von Gratiszeitungen, hier mehr als 5 unverlangte Postwurfsendungen, an einen Privaten gerichteten Klage.7
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30 000 Euro – Wert der Unterlassungsklage eines Verbraucherverbandes (§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG) gegen einen Weinhändler wegen unerbetener Telefonwerbung. Der Senat hat darauf abgestellt, dass das satzungsgemäß wahrgenommene Verbraucherinteresse zu bewerten sei.8
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Die Beschwer des gegen die Zusendung von E-Mails/Werbeschreiben im gewerblichen Bereich vorgehenden Klägers bemisst sich nach dem Umfang der abzuwehrenden Beeinträchtigung ohne Berücksichtigung generalpräventiver Gesichtspunkte.9 Die Beschwer des Unterlassungsschuldners bemisst sich nach den Nachteilen, die mit der Beachtung des Unterlassungsgebots verbunden sind, d.h. bei gewerblichem Handeln die Einschränkung seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit.10
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1 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.9.2005 – 4 W 52/05, JurBüro 2006, 81. 2 OLG Hamm, Beschl. v. 6.2.2012 – 4 W 4/12, CR 2012, 718; KG, Beschl. v. 23.9.2002 – 5 W 106/02, JurBüro 2003, 142. 3 KG, Beschl. v. 26.2.2007 – 12 W 16/07, MDR 2007, 923. 4 LG Bonn, Urt. v. 15.6.2004 – 10 O 181/04. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 23.4.1991 – 4 U 261/90. 6 OLG Koblenz, Beschl. v. 29.9.2006 – 14 W 590/06, MDR 2007, 356. 7 LG Münster, Urt. v. 26.9.2013 – 14 O 360/12, AfP 2014, 167. 8 OLG Köln, Beschl. v. 12.5.2011 – 6 W 99/11, MMR 2011, 815; KG, Beschl. v. 9.4.2010 – 5 W 3/10, MDR 2010, 839. 9 BGH, Beschl v. 30.11.2004 – VI ZR 65/04; OLG Hamm, Beschl. v. 22.12.2014 – 9 U 105/14, WRP 2015, 490; Urt. v. 17.10.2013 – 6 U 95/13; a.A. OLG Schleswig, JurBüro 2009, 256. 10 BGH, Beschl. v. 25.9.2013 – VII ZB 26/11, GRUR 2013, 1271.
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Werbung per SMS, unverlangte
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Werbung per SMS, unverlangte Siehe das Stichwort „SMS, unerwünschte“.
Werkvertrag A. Einleitung 6055
Die Bewertung von Streitigkeiten im Werkvertragsrecht folgt keiner einheitlichen Regelung. Vielmehr ist jeweils darauf abzustellen, welche Ansprüche bzw. Rechte der Kläger geltend macht. Danach sind die einschlägigen Bewertungsregelungen zu bestimmen.
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert 6056
Bei Klage des Bestellers auf Herstellung des Werks und dessen Übergabe richtet sich der Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG. Maßgeblich ist der wirtschaftliche Wert der Herstellung. Dieser wird im Regelfall mit dem vereinbarten Werklohn angesetzt werden können. Denn die Preisabrede macht deutlich, was dem Besteller dieses konkrete Werk wert ist. Sein Interesse ist wertbestimmend.
6057
Bei Klage des Unternehmers auf Zahlung des Werklohns ist der Forderungsbetrag maßgebend (§ 6 Satz 1 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG). Mängelrechte und Minderungsansprüche des Bestellers vermindern den Streitwert nicht, sondern bleiben unberücksichtigt.
6058
Der Wert einer Klage des Bestellers auf Beseitigung eines Werkmangels ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Wertbestimmend ist das Interesse des Bestellers (Klägers) an der Mängelbeseitigung. Es ist gleichbedeutend mit dem Betrag der Kosten, der für die Beseitigung aufzuwenden wäre, wenn der Besteller sich eines Dritten bedienen müsste.
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Die Klage des Unternehmers auf Abnahme eines hergestellten Werks (§ 640 Abs. 1 BGB) ist ebenfalls nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu bewerten. Ausgangspunkt der Schätzung ist die Höhe der Werklohnforderung. Denn durch die Abnahme kann der Unternehmer die Fälligkeit seines Vergütungsanspruchs erzwingen (§ 641 BGB). Allerdings ist mit der Verurteilung zur Abnahme des Werks die Berechtigung des Vergütungsanspruches selbst noch nicht geklärt. Der Streitwert muss sich deshalb unterhalb des verlangten Werklohns bewegen, da er allein das Fälligwerden zum Bewertungsgegenstand hat.
6060
Man wird den Wert regelmäßig etwa mit einem Bruchteil von 1/4 der geforderten Vergütung ansetzen können. Das OLG Frankfurt1 hat das Interesse des Unternehmers sogar mit 50 % der Vergütung für die streitigen Bauteile angesetzt, wenn im selbständigen Beweisverfahren deren Abnahmereife festgestellt werden soll.
6061
Steht einer Klage des Bestellers auf Gewährleistung eine Widerklage auf Herausgabe der zur Sicherung dieser Ansprüche übergebenen Bürgschaftsurkunde gegenüber, dann liegt im Rahmen der Bestimmung des Gebührenstreitwerts derselbe 1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.6.1995 – 19 W 18/95, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1213 mit Anm. Herget.
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Kurpat/Noethen
Wertbegrenzungen Streitgegenstand i.S.d. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG vor.1 Gleiches gilt wegen wirtschaftlicher Identität für den Zuständigkeitsstreitwert (§ 5 ZPO). Nur soweit die Bürgschaftsurkunde über einen höheren Betrag als die Klageforderung lautet, ist wegen des Mehrbetrages ein zusätzliches Herausgabeinteresse des Beklagten anzusetzen.2 Erhebt der Unternehmer gegenüber der Klage auf Ersatz von Nachbesserungskosten Widerklage auf Zahlung des restlichen Werklohns, dann sind die Streitwerte von Klage und Widerklage zu addieren, wenn der Streit nach dem Vorbringen der Parteien über die Summe beider Anträge geht.3 Ebenso ist zu bewerten, wenn gegenüber der Werklohnklage mit der Widerklage Gewährleistungsansprüche4 oder ein Vorschussanspruch5 geltend gemacht werden.
6062
Zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzansprüche, die in der Praxis nicht selten wegen verspäteter Fertigstellung eines Bauvorhabens, erhöhter Finanzierungskosten und dergleichen geltend gemacht werden, erhöhen unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 GKG den Streitwert, soweit es sich um über die Gewährleistung hinausgehende Ersatzansprüche handelt.6 Die bloße Rechtsverteidigung mit Gewährleistungsansprüchen stellt dagegen nicht ohne Weiteres eine – unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 GKG streitwerterhöhende – Aufrechnung dar.7 Näheres hierzu unter dem Stichwort „Aufrechnung“ (Rn. 1268 ff.).
6063
Wertbegrenzungen Gliederungsübersicht Rn.
Rn.
A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6064
II. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . 6074
B. Wertbegrenzungen nach dem GKG I. Allgemeine Wertbegrenzung . . . . 6066 II. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . 6070 III. Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6072 C. Wertbegrenzungen nach dem GNotKG I. Allgemeine Wertbegrenzung . . . . 6073
D. Wertbegrenzungen nach dem RVG I. Gerichtliche Verfahren und Angelegenheiten, die Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein können . . . . . . . . . . 6075 II. Verfahren auf Abgabe der Vermögensauskunft . . . . . . . . . . 6078
1 OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.6.1998 – 12 W 36/98, OLGR 1998, 427. 2 OLG Stuttgart, Urt. v. 12.3.1980 – 13 W 7/80, MDR 1980, 678; Beschl. v. 25.6.1998 – 12 W 36/98, OLGR 1998, 427 – der Senat setzt eine Quote von 30 % des überschießenden Betrags an. 3 OLG Bamberg, Beschl. v. 25.4.1985 – 3 W 46/85, JurBüro 1985, 1212. 4 OLG Schleswig, Beschl. v. 17.3.1986 – 14 W 9/86, JurBüro 1987, 255. 5 OLG Celle, Beschl. v. 21.12.1994 – 16 W 66/94, OLGR 1995, 274. 6 OLG Koblenz, Beschl. v. 22.5.2001 – 5 W 347/01, AGS 2002, 126. 7 Vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.11.2010 – 10 W 54/10, NJW 2011, 540 einerseits und andererseits KG Berlin, Beschl. v. 21.1.2000 – 4 W 10711/99, NJW-RR 2000, 757 sowie zur Rechtslage vor Aufgabe der „Verrechnungstheorie“ OLG Düsseldorf, OLGR 1992, 94; OLG Hamm, Beschl. v. 14.10.1991 – 17 U 15/90, NJW-RR 1992, 448; OLG Köln, Beschl. v. 18.3.1992 – 19 W 7/92, JurBüro 1992, 683; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.9.1996 – 23 W 26/96, OLGR 1997, 118; OLG Schleswig, Urt. v. 11.4.2000 – 3 U 56/98, OLGR 2000, 411 bzgl. der Verteidigung mit Minderungsansprüchen.
Noethen/N. Schneider
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ZPO
Wertbegrenzungen Rn.
Rn.
III. Außergerichtliche Angelegenheiten, die nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein können 1. Allgemeine Wertgrenze . . . . . . . . 6079 2. Annahme als Kind . . . . . . . . . . . 6083
3. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . 6084 IV. Anhebung des Höchstwerts bei mehreren Auftraggebern . . . . 6085 E. Vergütungsvereinbarungen . . . . . 6093
A. Überblick 6064
Die Kostengesetze sehen in einigen Fällen Wertbegrenzungen vor. Damit sind nicht die Fälle der privilegierten Streitwerte gemeint (z.B. in § 41 Abs. 1, 2 und 5 GKG für Mietsachen, in § 9 ZPO für wiederkehrende Leistungen oder in § 42 Abs. 2 GKG für arbeitsrechtliche Bestandsstreitigkeiten), sondern die Fälle, in denen fest bezifferte Höchstbeträge vorgesehen sind.
6065
Diese Begrenzungen gelten nur für den Gebührenstreitwert. Auf den Zuständigkeits- oder Rechtsmittelstreitwert haben sie keinen Einfluss, da sich dieser ausschließlich nach der ZPO bestimmt und hier Wertbegrenzungen keinen Sinn machen würden.
6065a
Von den Wertbegrenzungen zu unterscheiden sind Haftungsbegrenzungen. Diese betreffen nur die materiell-rechtliche Begründetheit des Anspruchs, haben aber auf die Bewertung keinen Einfluss.
B. Wertbegrenzungen nach dem GKG I. Allgemeine Wertbegrenzung 6066
Nach § 39 Abs. 2 GKG beträgt der Höchstwert, soweit nichts anderes geregelt ist, 30 Mio. Euro. Diese Wertbegrenzung gilt auch für die in Insolvenzverfahren entstehenden Gerichtsgebühren.1
6067
Die Regelung ist verfassungsgemäß.2
6068
Die Begrenzung gilt auch dann, wenn mehrere Gegenstände gegeben sind. Es darf nicht etwa für jeden Gegenstand der Höchstwert angenommen und dann nach § 39 Abs. 1 GKG addiert werden.
6069
Eine Erhöhung des Streitwertes bei mehreren Streitgenossen ist für die Gerichtskosten – im Gegensatz zu den Anwaltsgebühren (s. Rn. 6085) – nicht vorgesehen.
II. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten 6070
In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten darf der Streitwert nicht über 1 Mio. Euro angenommen werden (§ 48 Abs. 2 Satz 2 GKG).
6071
Soweit mehrere Gegenstände gegeben sind, beträgt für jeden Gegenstand der Höchstwert 1 Mio. Euro. Die einzelnen Werte sind dann nach § 39 Abs. 1 GKG zu addieren, so dass die Grenze von 1 Mio. Euro hier überschritten werden kann.
1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.4.2014 – 18 W 28/14, AGS 2015, 87; Beschl. v. 15.4.2014 – 18 W 45/14, ZInsO 2014, 1869. 2 Zur gleichlautenden Begrenzung nach § 22 RVG: BVerfG, Beschl. v. 13.2.2007 – 1 BvR 910/05 und 1 BvR 1389/05, AGS 2007, 413 = MDR 2007, 1043.
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N. Schneider
Wertbegrenzungen
III. Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes In Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 GKG).
6072
C. Wertbegrenzungen nach dem GNotKG I. Allgemeine Wertbegrenzung Das GNotKG sieht im Gegensatz zum GKG zwei allgemeine Höchstwerte vor (§ 35 Abs. 2 GNotKG). Danach beträgt der Geschäftswert, wenn die Tabelle A anzuwenden ist, höchstens 30 Mio. Euro und, wenn die Tabelle B anzuwenden ist, höchstens 60 Mio. Euro, sofern sich aus den besonderen Bestimmungen kein niedrigerer Höchstwert ergibt.
6073
II. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten In nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten darf der Geschäftswert nicht über 1 Mio. Euro angenommen werden (§ 35 Abs. 3 GNotKG). Soweit mehrere Gegenstände gegeben sind, ist für jeden Gegenstand der Höchstwert von 1 Mio. Euro anzusetzen. Die einzelnen Werte sind dann nach § 35 Abs. 1 GNotKG zu addieren, so dass auch hier die Grenze von 1 Mio. Euro überschritten werden kann.
6074
D. Wertbegrenzungen nach dem RVG I. Gerichtliche Verfahren und Angelegenheiten, die Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein können Soweit sich in einem gerichtlichen Verfahren oder in einer außergerichtlichen Angelegenheit, die Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein kann, der Wert der anwaltlichen Tätigkeit nach dem für die Gerichtsgebühren geltenden Wert richtet (§ 23 Abs. 1 RVG), gelten die Wertbeschränkungen der Gerichtskostengesetze auch für den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit. Daher gilt auch hier die Allgemeine Wertgrenze des § 39 Abs. 2 GKG oder des § 48 Abs. 1 Satz 2 GKG.
6075
Zu beachten ist, dass der Wert für die Anwaltsgebühren auch dann nach § 22 Abs. 1 RVG auf 30 Mio. Euro beschränkt ist, wenn im gerichtlichen Verfahren ein höherer Wert gilt (etwa im Fall des § 35 Abs. 3 GNotKG). In diesem Fall darf ungeachtet des höheren Geschäftswerts im gerichtlichen Verfahren für die Anwaltsgebühren kein höherer Wert als 30 Mio. Euro angenommen werden. Das hat der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 22 RVG1 klargestellt. Daher kann der Wert der Gerichtsgebühren hier vom Wert der Anwaltsgebühren abweichen und muss ggf. im Verfahren nach § 33 RVG gesondert festgesetzt werden.
6076
Allerdings besteht für die Anwaltsgebühren die Möglichkeit, dass sich der Wert bei mehreren Auftragebern nach § 22 Abs. 2 RVG erhöht (s. Rn. 6085). Diese Vorschrift ist auch dann anzuwenden, wenn sich der Wert der anwaltlichen Tätigkeit nach dem GKG richtet (§ 23 Abs. 1 Satz 4 RVG).
6077
1 Geändert durch das 2. JuMoG, dort Art. 20 (BGBl. I, 3416, in Kraft getreten am 31.12.2006).
N. Schneider
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Wertbegrenzungen
ZPO
Û
Beispiel: Der Anwalt vertritt zwei Auftraggeber, die auf jeweils 40 Mio. Euro verklagt werden. Der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens beträgt gem. § 39 Abs. 2 GKG 30 Mio. Euro. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit beträgt dagegen 60 Mio. Euro (§ 23 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 22 Abs. 2 RVG). Zur Berechnung s. Rn. 6085 ff.
II. Verfahren auf Abgabe der Vermögensauskunft 6078
In Verfahren über den Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO richtet sich der Gegenstandswert der Anwaltsgebühren nach dem Betrag, der einschließlich der Nebenforderungen aus dem Vollstreckungstitel noch geschuldet wird; der Wert beträgt jedoch höchstens 2000 Euro (§ 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG).
III. Außergerichtliche Angelegenheiten, die nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein können 1. Allgemeine Wertgrenze 6079
Soweit sich der Gegenstandswert nicht gem. § 23 Abs. 1 RVG nach den Vorschriften des GKG oder GNotKG richtet, und damit nicht schon die dortige Begrenzung des § 39 Abs. 2 GKG, § 5 Abs. 2 GNotKG greift, gilt § 22 Abs. 2 Satz 1 RVG. Danach beträgt der Wert in derselben Angelegenheit ebenfalls höchstens 30 Mio. Euro (entsprechend § 39 Abs. 2 GKG, § 35 Abs. 2 GNotKG), wobei allerdings eine Erhöhung bei mehreren Auftraggebern in Betracht kommt. Insoweit kann auf die Ausführungen zu Rn. 6086 ff. Bezug genommen werden.
6080
Die Vorschrift ist verfassungsgemäß.1
6081
Der Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 RVG ist gering, da er nur außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens greift, und auch nur dann, wenn die außergerichtliche Tätigkeit nicht Gegenstand eines Rechtsstreits sein kann (arg. e § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG).
6082
Fraglich ist, ob die Begrenzung des § 22 Abs. 2 RVG auch in den Fällen des § 35 RVG gilt, in denen auf die Steuerberatervergütungsverordnung (StBGVV) verwiesen wird. Die StBGVV sieht nämlich keine Begrenzung vor. Dem Wortlaut nach würde die Begrenzung greifen. Das erscheint insoweit bedenklich, als der Steuerberater dieselbe Tätigkeit ohne Wertbegrenzung abrechnen kann, nicht aber der Anwalt.
Û
Beispiel: Der Mandant muss eine Erbschaftssteuererklärung abgeben. Der Wert des Nachlasses beträgt 60 Mio. Euro. Er beauftragt mit der Abgabe der Steuererklärung a) einen Steuerberater, b) einen Anwalt. Der Steuerberater rechnet die Abgabe der Steuererklärung nach § 24 Nr. 12 StBGVV ab (eine Gebühr von 2/10 bis 10/10 – Mittelgebühr 0,6). Gegenstandswert ist der Wert des Erwerbs von Todes wegen vor Abzug der Schulden und Lasten, jedoch mindestens 12 500 Euro (§ 24 Nr. 12 Hs. 2 StBGVV). Der Steuerberater rechnet also nach einem Gegenstandswert von 60 Mio. Euro ab. Für den Anwalt richten sich die Gebühren ebenfalls nach § 24 Nr. 12 StBGVV; diese Vorschrift ist auch für den Anwalt anzuwenden (§ 35 RVG). Die Nrn. 2300 ff. VV RVG sind unanwendbar (Vorbem. 2 Abs. 1 VV RVG). Hinsichtlich des Gegenstandswertes würde jetzt jedoch § 22 Abs. 2 Satz 1 RVG greifen: Der Anwalt dürfte seiner Berechnung höchstens einen Wert von 30 Mio. zugrunde legen.
1 BVerfG, Beschl. v. 13.2.2007 – 1 BvR 910/05 u. 1 BvR 1389/05, AGS 2007, 413 = MDR 2007, 1043.
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N. Schneider
Wertbegrenzungen Hier dürfte von einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG auszugehen sein, weil dieselbe Tätigkeit ungleich vergütet wird. Abgesehen davon spricht die jetzige Gesetzesfassung auch gegen den erklärten Willen des Gesetzgebers, der mit dem § 35 RVG gerade die Gleichstellung von Anwalt und Steuerberater erreichen wollte,1 diese jetzt aber wieder teilweise aufgibt. Daher dürfte § 35 RVG der Vorrang zu geben sein, so dass die Begrenzung hier nicht gilt.
2. Annahme als Kind Ist der Anwalt in einer Angelegenheit beauftragt, die die Annahme eines Minderjährigen betrifft, beträgt der Gegenstandswert 5000 Euro. Der Anwalt ist über § 23 Abs. 3 Satz 1 RVG an die Bewertung des § 101 GNotKG gebunden, die einen Festwert und damit zugleich auch einen Höchstwert vorsieht.
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3. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten darf der Streitwert, wenn er gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 Hs. 1 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen ist und es an genügenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung mangelt, nicht über 500 000 Euro angenommen werden (§ 23 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 RVG).
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IV. Anhebung des Höchstwerts bei mehreren Auftraggebern Soweit der Wert für den Anwalt nach § 22 Abs. 2 RVG oder § 23 Abs. 1 Satz 1 bis 3 RVG i.V.m. § 39 Abs. 2 GKG, § 35 Abs. 2 GNotKG auf 30 Mio. begrenzt ist, kann für den Anwalt bei mehreren Auftraggebern ein höherer Wert gelten. Insoweit eröffnet ihm § 22 Abs. 2 Satz 2 RVG, der auch für die Wertgrenzen nach dem GKG und dem GNotKG gilt (§ 23 Abs. 1 Satz 4 RVG) eine Anhebung der Wertgrenze um 30 Mio. Euro je weiteren Auftraggeber, höchstens jedoch auf 100 Mio. Euro.
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Erforderlich sind mehrere Auftraggeber. Die Begrenzung auf 30 Mio. Euro gilt daher auch dann, wenn der Auftraggeber in unterschiedlicher Parteirolle betroffen ist. Angeknüpft wird an die Person des Auftraggebers, nicht an dessen prozessuale Stellung.
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Û
Beispiel: Der Anwalt erhebt für den Kläger Klage auf Zahlung von 40 Mio. Euro. Es wird Widerklage erhoben mit einem Wert von 50 Mio. Euro. Zwar werden die Werte von Klage- und Widerklage zussammengerechnet (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 45 Abs. 1 GKG); auch hier greift jedoch die Höchstgrenze nach § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 2 GKG. Es bleibt beim Höchstwert von 30 Mio. Euro.
Vertritt der Anwalt in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber, so wird die Begrenzung insoweit gelockert, als der Gegenstandswert je Person 30 Mio. Euro betragen darf (§ 22 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 RVG). Insgesamt wird der Gegenstandswert jedoch dann auf 100 Mio. Euro begrenzt (§ 22 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 RVG).
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Aus der Formulierung, dass der Wert für jede Person höchstens 30 Mio. Euro beträgt, ergibt sich nicht, dass die Streitwertgrenze mit jedem weiteren Auftraggeber automatisch um 30 Mio. Euro steigt. Vielmehr ist wie folgt vorzugehen: – Zunächst einmal ist für jeden Auftraggeber getrennt zu prüfen, nach welchem Gegenstandswert er dem Anwalt einen Auftrag erteilt hat. Dieser Gegenstandswert ist dann ggf. auf 30 Mio. Euro zu begrenzen. – Hiernach ist dann nach § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG, § 35 Abs. 1 GNotKG oder § 22 Abs. 1 RVG zusammenzurechnen, wobei in Fällen wirtschaftlicher Identität eine Addition zu unterbleiben hat.
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1 BT-Drucks. 15/1971, 243.
N. Schneider
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Wertbegrenzungen
ZPO
– Insgesamt darf kein höherer Wert als 100 Mio. Euro angenommen werden (§ 22 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 RVG).
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Die Summe der einzelnen Werte darf den Betrag von 100 Mio. Euro nicht übersteigen (§ 22 Abs. 2 Satz 2 RVG).
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6090
Beispiel: – Der Anwalt vertritt fünf Auftraggeber, die jeweils einen Anspruch i.H.v. 40 Mio. Euro geltend machen. Der Gegenstandswert ist zunächst je Person wiederum auf 30 Mio. Euro zu begrenzen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 2 GKG). Da verschiedene Gegenstände zugrunde liegen, sind die Werte zu addieren. Da der nach § 22 Abs. 1 RVG zu berechnende Gesamtwert sich jetzt auf 150 Mio. Euro belaufen würde, ist die Höchstgrenze des § 22 Abs. 2 Satz 2 RVG von 100 Mio. Euro erreicht, so dass nach diesem Wert abzurechnen ist. – Der Anwalt vertritt fünf Auftraggeber, die jeweils einen Anspruch i.H.v. 25 Mio. Euro geltend machen. Jetzt greift die Begrenzung hinsichtlich des einzelnen Auftraggebers nicht, da jeder Einzelwert unter 30 Mio. Euro liegt. Zu beachten ist allerdings die Höchstgrenze von 100 Mio. Euro, so dass auch hier nach diesem Wert abzurechnen ist. – Der Anwalt vertritt zwei Auftraggeber. Für den einen macht er einen Anspruch i.H.v. 10 Mio. Euro geltend, für den anderen i.H.v. 40 Mio. Euro. Der Gegenstandswert für den einen Kläger beläuft sich auf 10 Mio. Euro. Für den anderen ist er auf 30 Mio. Euro zu begrenzen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 2 GKG). Da verschiedene Gegenstände zugrunde liegen, sind die Werte zu addieren. Der Gesamtwert beläuft sich jetzt auf 40 Mio. Euro. Keinesfalls darf mit der Begründung addiert werden, der Gesamtbetrag (10 Mio. Euro + 40 Mio. Euro = 50 Mio. Euro) liege unter der Grenze für zwei Auftraggeber von 60 Mio. Euro.
Eine Addition hat zu unterbleiben, wenn derselbe Gegenstand zugrunde liegt. In diesem Fall wird der Mehraufwand des Anwalts bereits durch die Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG abgegolten. Dies ist jetzt mit der Neufassung des § 22 Abs. 2 RVG durch das 2. KostRMoG im Sinne der vorherigen Rechtsprechung des BGH1 klargestellt worden.
Û
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Beispiel: Der Anwalt vertritt zwei Auftraggeber, die jeweils einen Anspruch i.H.v. 40 Mio. Euro geltend machen. Der Gegenstandswert ist zunächst je Person auf 30 Mio. Euro zu begrenzen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 2 GKG). Da verschiedene Gegenstände zugrunde liegen, sind die Werte zu addieren. Der nach § 23 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 23 Abs. 2 Satz 2 RVG zu berechnende Gesamtwert beläuft sich jetzt auf 60 Mio. Euro.
Beispiel: Drei Personen werden als Gesamtschuldner auf Zahlung eines Betrags i.H.v. 100 Mio. Euro verklagt. Der Gegenstandswert ist je Person auf 30 Mio. Euro zu begrenzen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG). Der nach § 22 Abs. 2 Satz 2 RVG zu berechnende Gesamtwert beläuft sich jetzt nicht auf 90 Mio. Euro, sondern auf 30 Mio. Euro, da wegen wirtschaftlicher Identität eine Addition unterbleibt. Der Anwalt erhält lediglich die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG.
Die früher vom OLG Dresden2 vertretene und OLG Köln3 übernommene Gegenauffassung4 war schon angesichts der Entscheidung des BGH nicht mehr vertretbar und ist seit der Klarstellung des Gesetzgebers nicht mehr haltbar. 1 BGH, Beschl. v. 2.3.2010 – II ZR 62/06, MDR 2010, 718 = AGS 2010, 213; Beschl. v. 13.12.2011 – II ZR 141/09, AGS 2012, 142; OLG Hamm, AGS 2010, 394. 2 OLG Dresden, Beschl. v. 27.6.2006 – 10 W 600/06, AGS 2007, 521. 3 OLG Köln, Urt. v. 26.6.2009 – 18 U 108/07, AGS 2009, 454. 4 So auch Maier-Reimer, NJW 2009, 3550.
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N. Schneider
Wert einer Sache Kommt es zu einem Parteiwechsel, bleibt es ebenfalls bei der einfachen Höchstgrenze.1
Û
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Beispiel: Gegen den A wird Klage auf Zahlung von 40 Mio. Euro erhoben. Später wird im Wege des Parteiwechsels die Klage gegen den A zurückgenommen und nunmehr gegen den B gerichtet. Zwar vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber, allerdings wegen desselben Gegenstands. Daher tritt nur eine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG ein,2 aber keine Werterhöhung nach § 23 Abs. 1 Satz 4 RVG i.V.m. § 22 Abs. 2 Satz 2 RVG. Es bleibt beim Höchstwert von 30 Mio. Euro.
E. Vergütungsvereinbarungen Unbenommen bleibt es dem Anwalt, bei den vorgenannten Wertbegrenzungen eine Vergütungsvereinbarung mit dem Auftraggeber abzuschließen und in dieser Vergütungsvereinbarung entweder nur die Vorschriften der § 39 Abs. 2 GKG, § 35 Abs. 2, 3 GNotKG, § 22 Abs. 2 Satz 1 RVG abzubedingen oder sogleich einen höheren Gegenstandswert als 30 Mio. Euro zu vereinbaren.3 Beide Regelungen bedürfen allerdings der Form der §§ 3a ff. RVG. Siehe dazu das Stichwort „Vereinbarungen zum Streitwert“ Rn. 5430 ff. Einstweilen frei.
6093
6094–6095
Wert einer Sache Der Wert einer Sache ist bestimmend für den Streitwert, wenn es um deren Besitz oder um das Eigentum daran geht, § 6 ZPO.4 Maßgebend für die Bemessung ist dann deren Verkehrswert. Hierfür sind die bezifferten Angaben des Klägers in der Klagebegründung der wichtigste Bewertungsumstand.5 Wegen der Einzelheiten s. unter dem Stichwort „Verkehrswert“.
6096
Wird mit einer Klage auf Herausgabe einer Sache der Antrag auf Wertersatz für den Fall verbunden, dass eine Herausgabe unmöglich ist oder nicht binnen einer vorgegebenen Frist erfolgt (§§ 255, 259, 510b ZPO), so findet keine Zusammenrechnung der beiden Ansprüche gem. § 5 ZPO, § 39 GKG statt.6
6097
Mit beiden Anträgen verfolgt der Kläger – wirtschaftlich betrachtet – dasselbe Ziel,7 so dass Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert sich nach dem höheren Einzelwert 1 AnwK-RVG/N. Schneider, § 22 Rn. 29. 2 Zur Berechnung der Anwaltsvergütung bei einem Parteiwechsel s. BGH, Beschl. v. 19.10.2006 – V ZB 91/06, MDR 2007, 365; ebenso OLG Nürnberg, Beschl. v. 14.1.2010 – 6 W 16/10, AGS 2010, 167 = MDR 2010, 532; OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.11.2009 – 8 W 459/09, AGS 2010, 7 = MDR 2010, 356. 3 N. Schneider, Vergütungsvereinbarung, Rn. 860. 4 OLG Hamm, Beschl. v. 16.7.2002 – 21 W 1/02, MDR 2002, 1458; OLG Köln, Beschl. v. 20.9.2004 – 19 U 214/02, MDR 2005, 298. 5 OLG Köln, MDR 1977, 584; OLG Bamberg, JurBüro 1980, 1866. 6 OLG Jena, Beschl. v. 24.8.1998 – 5 W 513/98, OLGR 1999, 100; LG Köln, Beschl. v. 20.12.1983 – 13 T 82/83, MDR 1984, 501; LAG Düsseldorf, JurBüro 1990, 243; 1989, 955; a.A. Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Unechte Hilfsanträge“ Rn. 3, die für den Zuständigkeitsstreitwert in Widerspruch zu ihren Ausführungen unter dem Stichwort „Klagenhäufung“ eine Addition aller Anträge befürworten. 7 LG Köln, Beschl. v. 20.12.1983 – 13 T 82/83, MDR 1984, 501.
N. Schneider/Kurpat
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Wertpapiere
ZPO
bestimmen. Denn der für den Herausgabeantrag maßgebliche Verkehrswert zum Zeitpunkt der Klageeinreichung (§ 4 ZPO) muss nicht notwendigerweise dem – materiell-rechtlich regelmäßig für einen anderen Zeitpunkt zu bestimmenden – Wiederbeschaffungswert entsprechen.1 Dass es sich beim Wertersatzanspruch um einen den Herausgabeantrag „nachbereitenden“ Anspruch handelt, rechtfertigt keine Beschränkung auf den Herausgabeantrag.2 Denn mit dem Ersatzanspruch wird auch eine gegenüber dem Herausgabeanspruch (ggf.) weiter gehende Ausgleichspflicht rechtskräftig beschieden. Die Möglichkeit des Beklagten, eine Zahlungspflicht durch rechtzeitige Erfüllung des Herausgabeanspruchs zu vermeiden, verändert nicht den für die Wertfestsetzung maßgeblichen Streitgegenstand, die Verpflichtung zu einer künftigen Leistung (§ 259 ZPO). Die den Beklagten im Falle rechtzeitiger Erfüllung des Herausgabeanspruchs – bei einer Orientierung an einem höherwertigen Ersatzanspruch – treffende weiter gehende Kostenlast ist Folge der von ihm begründeten Besorgnis der Nichterfüllung. 6098
§ 45 Abs. 3 GKG, wonach sich der Gebührenstreitwert nur dann nach dem höheren Wert eines Hilfsantrages bemisst, wenn über diesen eine Entscheidung ergeht, gelangt entgegen der Ansicht des KG3 nicht zur Anwendung,4 da Fristsetzungsund Zahlungsantrag nicht in einem Eventualverhältnis zum Herausgabeantrag stehen (s. hierzu auch unter dem Stichwort „Hilfsantrag“). Es handelt sich vielmehr um eine sog. uneigentliche Klagehäufung, bei der die einzelnen und von Beginn an rechtshängigen Klageanträge aufeinander aufbauen.5 Unabhängig davon scheidet auch bei (analoger) Anwendung des § 45 Abs. 3 GKG eine Zusammenrechnung der Einzelwerte aus, da diese denselben Gegenstand betreffen. Siehe ferner bei den Stichwörtern „Herausgabe“ und „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“.
Wertpapiere 6099
Der Streitwert einer Klage, die auf Herausgabe von Wertpapieren gerichtet ist, bestimmt sich gem. §§ 4, 6 ZPO nach deren Kurswert im Zeitpunkt der Klageerhebung. Das gilt auch für den Gebührenstreitwert (§§ 40, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG). Steigt oder fällt der Kurswert im Verlauf der Instanz, so ist dies für den Gebührenstreitwert unerheblich (§ 4 ZPO, § 40 GKG). Zur Beschwer (§ 546 Abs. 2 ZPO) und dem hierfür maßgeblichen Zeitpunkt s. BGH.6
6100
Sind die Wertpapiere unstreitig nicht realisierbar, dann kommt nur das Herausgabeinteresse an den wertlosen Papieren als Bewertungsumstand in Betracht.7
1 Insoweit zutreffend KG, Beschl. v. 8.9.2009 – 19 W 23/09; LG Köln, Beschl. v. 20.12.1983 – 13 T 82/83, MDR 1984, 501; ebenso OLG Jena, Beschl. v. 24.8.1998 – 5 W 513/98, OLGR 1999, 100. 2 So aber E. Schneider, MDR 1984, 853; ebenso noch die 11. Auflage. 3 KG, Beschl. v. 8.9.2009 – 19 W 23/09; LAG Niedersachen, Beschl. v. 16.12.2004 – 15 Ta 53/09, ArbuR 2009, 227; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 5.12.2009 – 6 Ta 583/06; a.A. LAG Nürnberg, Beschl. v. 16.12.2004 – 4 Ta 255/04. 4 Für eine entsprechende Anwendung LG Köln, Beschl. v. 20.12.1983 – 13 T 82/83, MDR 1984, 510; LAG Düsseldorf, JurBüro 1990, 243; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Unechter Hilfsantrag“ Rn. 1; a.A. E. Schneider, MDR 1984, 583. 5 Siehe ausführlich Kaiser, MDR 2004, 311 (313). 6 BGH, Beschl. v. 25.4.1989 – XI ZR 18/89, MDR 1989, 909; bestätigt für eine Klage auf Herausgabe von Goldbarren: BGH, Beschl. v. 12.6.1991 – XII ZR 65/91, MDR 1992, 83; KG, Rpfleger 1962, 118. 7 OLG Köln, MDR 1975, 60: 1/10 des Nominalwertes herausverlangter Wechsel.
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Kurpat/N. Schneider
Wertsicherungsklausel Bezieht sich der einheitliche Klageantrag auf die Mehrheit von Gegenständen, deren Wert sich zwischen Beginn und Ende der Instanz zum Teil erhöht, zum Teil erniedrigt hat (Wertpapiere verschiedener Sorten), so bleibt für den Streitwert der von § 4 ZPO, § 40 GKG gesetzte Zeitpunkt maßgeblich.
6101
Der negativen Feststellungsklage einer AG, dass sie nicht verpflichtet sei, den Beklagten 57 Aktien im Nennwert von 1000 DM zum Kurswert von 413 % anzubieten, entspricht als positives Gegenstück eine Leistungsklage der Beklagten gegen die Klägerin auf Abgabe einer Willenserklärung (Angebot der 57 Aktien zum Kurswert von 413 %). Eine solche negative Feststellungsklage ist nach § 3 ZPO zu bewerten. Die Vorschrift des § 6 ZPO findet weder unmittelbar noch analog Anwendung.
6102
Behaupten die Beklagten einer negativen Feststellungsklage, der wirkliche Kurswert der Aktien belaufe sich auf 1100 DM, so ist ihre Berühmung gleich bedeutend mit dem Ausdruck einer Gewinnerwartung i.H.v. (1100 % – 413 % =) 687 % Kurswert-Differenz. Das in der negativen Feststellungsklage der Klägerin zum Ausdruck kommende Interesse geht deshalb auf Abwehr dieser Gewinnerwartung, die im Falle einer Abgabe der Aktien zu Lasten der Klägerin ginge.
6103
Beruhen die gegensätzlichen Angaben der Parteien über den Kurswert der Aktien auf nicht glaubhaft gemachten Schätzungen, dann darf das Gericht nicht die eine oder die andere Schätzung einer Partei ohne Weiteres als Berechnungsgrundlage für den Streitwert übernehmen.
6104
Fehlen objektive Anhaltspunkte für den wirklichen Kurswert der Aktien, so ist es gerechtfertigt, in Anwendung des § 3 ZPO aus den gegensätzlichen Schätzungen der Parteien einen Mittelwert zu bilden. Von diesem ausgehend ist dann die in der Berühmung der Beklagten liegende Gewinnerwartung und das in der negativen Feststellungsklage ausgedrückte Abwehrinteresse der Klägerin zu berechnen und danach der Streitwert zu beziffern.1
6105
Der Streitwert einer Klage auf Herausgabe von Urkunden, die selbst nicht Rechtsträger sind, bestimmt sich nach dem Interesse des Klägers an der Herausgabe.
6106
Wertsicherungsklausel Literatur: Aufderhaar, Praxisrelevante Probleme beim Umgang mit Preisklauseln im Gewerberaummietrecht, NZM 2009, 564.
Bei der (echten) Wertsicherungsklausel handelt es sich um eine vertragliche Regelung, wonach eine Änderung der vereinbarten Vergleichsgröße unmittelbar und zwangsläufig eine Änderung der durch die Klausel gesicherten Geldschuld auslöst.2
6107
Davon abzugrenzen ist der bloße Leistungsvorbehalt, nach dem die Geldschuld bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen erst noch durch eine dann zu treffende Vereinbarung der Vertragsparteien oder die Bestimmung eines Dritten den neuen Bedingungen angepasst werden soll.3
6108
Die Bewertung einer dahingehenden Vereinbarung richtet sich nach den von ihr ausgehenden wirtschaftlichen Auswirkungen. Im Regelfall, etwa bei einer mit ei-
6109
1 OLG Köln, JurBüro 1971, 713. 2 BGH, Urt. v. 17.9.1954 – V ZR 79/53, BGHZ 14, 310. 3 BGH, Urt. v. 4.6.1962 – VIII ZR 24/61, NJW 1962, 1393.
N. Schneider/Kurpat
1167
ZPO
Widerklage ner Wertsicherungsklausel versehenen Unterhaltsvereinbarung, ist ein Ansatz von 5 bis 20 % der Jahresgrundleistung angemessen.1 Dies entspricht auch in etwa der Bewertung derartiger Klauseln in der freiwilligen Gerichtsbarkeit.2 6110
Bei Anfechtung einer Wertsicherungsklausel (Angleichung an die Beamtenbesoldung) bestimmt sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung dieser Klausel (§ 3 ZPO). Es sind bei der Wertfestsetzung die sich aus dieser Klausel ergebenden Möglichkeiten einer Erhöhung, aber auch einer Herabsetzung der Leistung in Betracht zu ziehen.3
Widerklage Siehe das Stichwort „Klage und Widerklage“ und „Rechtsmittel“.
Widerruf A. Einleitung 6111
Für die Klage auf Widerruf mündlicher oder schriftlicher Äußerungen bzw. Willenserklärungen gibt es keine besondere Bewertungsvorschrift. Es ist daher für die Bestimmung des Zuständigkeits- und Gebührenstreitwerts zu ermitteln, was mit dem Klageantrag verlangt wird.
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert 6112
Der Streitwert ist im Regelfall nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Folgende Fallgruppen können unterschieden werden:
I. Persönlichkeitsrechtsverletzungen 6113
Bezieht sich der Widerrufsanspruch auf Beleidigungen und andere Persönlichkeitsrechtsverletzungen, so ist der Gebührenstreitwert dieser nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit nach § 48 Abs. 2 GKG zu bewerten.4 Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Umfang und die Bedeutung der Sache sowie die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien. Der Wert darf nicht über 100 000 Euro angenommen werden. Der Zuständigkeitsstreitwert ist unter Beachtung dieser Grundsätze nach § 3 ZPO zu schätzen.
6114
Wird der Widerrufsanspruch neben dem Anspruch auf Unterlassung bestimmter Behauptungen geltend gemacht, so muss er gesondert bewertet werden.5 Ebenfalls
1 Enders, JurBüro 1999, 337. 2 Vgl. BayOblG, JurBüro 1975, 1483; OLG Hamm, JurBüro 1972, 709; LG Osnabrück, Beschl. v. 23.10.1995 – 3 T 565/94, JurBüro 1996, 208. 3 Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Wertsicherungsklausel“. 4 Vgl. dazu das Stichwort „Ehrkränkende Äußerungen“. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.5.1980 – 15 W 34/80, AnwBl. 1980, 358; OLG Saarbrücken, KostRsp. ZPO § 5 Nr. 4.
1168
Kurpat
Widerruf verschiedene und deshalb zusammenzurechnende Streitwerte haben die Anträge auf Widerruf einer Äußerung gegenüber verschiedenen Adressaten.1 Begehrt der Kläger Widerruf einer Behauptung und Unterlassung dieser Behauptung für die Zukunft sowohl zum Schutz seiner Ehre als auch zum Schutz seines wirtschaftlichen Rufes, dann trifft ein nichtvermögensrechtlicher mit einem vermögensrechtlichen Anspruch zusammen. Die dann gebotene Bewertung ist streitig:
6115
– Nach einer Ansicht ist § 48 Abs. 2 GKG nicht anwendbar, da eine Aufgliederung der Klageansprüche in einen vermögensrechtlichen und einen nichtvermögensrechtlichen Teil und eine gesonderte Bewertung beider Teile nicht möglich sei. Der Streitwert müsse daher einheitlich nach § 3 ZPO geschätzt werden.2 – Nach anderer Ansicht ist auf solche Fälle nur § 48 Abs. 2 GKG anzuwenden.3
6116
Beide Ansichten sind verfahrensrechtlich nicht zu halten. Werden mehrere prozessuale Ansprüche – ein vermögensrechtlicher und ein nichtvermögensrechtlicher Anspruch – durch Klagehäufung geltend gemacht, dann kann diese Selbständigkeit der Streitgegenstände nicht deshalb aufgehoben oder ignoriert werden, weil die Streitwertberechnung auf Schwierigkeiten stößt. Beide Ansprüche müssen gesondert bewertet werden. Die Einzelwerte sind dann gem. § 5 ZPO zusammenzurechnen.4
6117
Von dieser Streitfrage abzugrenzen ist der Fall, dass ein Widerrufsanspruch (oder ein Unterlassungsanspruch) gleichzeitig auf vermögensrechtliche und nichtvermögensrechtliche materielle Anspruchsgrundlagen gestützt wird. In diesem Fall wird nur ein prozessualer Anspruch verfolgt und nur einfach – nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG – bewertet.5
6118
II. Widerruf einer Kündigung Erhebt der Mieter gegenüber der Klage auf Räumung eines Geschäftsraumes Wi- 6119 derklage auf Widerruf der Kündigung und für den Fall der Verurteilung zur Räumung hilfsweise Widerklage auf Ersatz von Verwendungen und Duldung der Wegnahme von Einrichtungen, so ist für die Gebühren der Streitwert der Hilfsanträge dem Wert des Räumungsbegehrens gem. § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG zuzurechnen, soweit eine Entscheidung über sie ergeht.6
III. Widerruf von Verträgen Nach § 355 BGB kann der Verbraucher, wenn ihm ein Widerrufsrecht eingeräumt wurde, den entsprechenden Vertrag widerrufen. Ähnliche Widerrufsrechte gibt es bei sog. Haustürgeschäften nach § 312 b BGB sowie bei Fernabsatzverträgen nach § 312 c BGB. 1 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1970, 207; OLG München, Beschl. v. 10.11.1992 – 21 W 2023/92, MDR 1993, 286. 2 OLG Celle, Nds.Rpfl. 1970, 207. Ähnlich auch das BAG, Beschl. v. 2.3.1998 – 9 AZR 61/96 (A), JurBüro 1998, 647, wonach beim Zusammentreffen von vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Interessen ggf. der sich aus § 3 ZPO ergebende höhere Wert festgesetzt werden kann. 3 OLG Köln, MDR 1963, 510. 4 KG, JurBüro 1969, 320; Stein/Jonas/Roth, § 5 ZPO Rn. 13. 5 Vgl. dazu Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht 1986, 183. 6 OLG Frankfurt, ZMR 1956, 35; Schneider, MDR 1988, 464.
Kurpat
1169
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Widerspruch gegen Grundbucheintragung
ZPO
6121
Bei Streit über die Wirksamkeit eines solchen Widerrufs sind zur Berechnung des Zuständigkeits- und Gebührenstreitwertes die Vorteile und Nachteile bei Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Widerrufs gegeneinander abzuwägen. Es gibt daher keine allgemein geltende Bewertungsregel, sondern in jedem Einzelfall muss nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG geschätzt werden. Je mehr Belastungen und negative Auswirkungen bei Erfüllung des Vertrages auf den Widerrufenden zukommen, umso höher ist sein Interesse an der Unwirksamkeit des Vertrages zu bewerten.1
Widerspruch gegen Grundbucheintragung A. Einleitung 6122
Die Eintragung eines Widerspruchs gegen einen unrichtigen Grundbuchinhalt (§ 894 BGB) erfolgt aufgrund einstweiliger Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung desjenigen, dessen Recht durch die Berichtigung des Grundbuchs betroffen wird (§ 899 BGB).
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert 6123
Die Bewertung richtet sich sowohl bei einer Eintragung durch einstweilige Verfügung als auch bei einer Eintragung durch Bewilligung nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.
6124
Zu Recht ist die Rechtsprechung in diesen Fällen grundsätzlich von der formalen Anwendung des § 6 ZPO abgerückt und hat auf das nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzende wirkliche wirtschaftliche Interesse der Parteien abgestellt.2 Es ist also das Interesse des Klägers an der Berichtigung des Grundbuchs – ggfls. unter Berücksichtigung der Höhe der Valutierung eines Grundpfandrechts (s. hierzu auch das Stichwort „Löschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslöschung“) – zu ermitteln.
6125
Bei dieser Schätzung ist der Verkehrswert des Grundstücks – ggfls. die Höhe der Valutierung des Grundpfandrechts – Ausgangspunkt. Sodann muss berücksichtigt werden, welche objektiv realistische Gefahr von der unrichtigen Grundbucheintragung für den Kläger (noch) ausgeht: – Eine geringe Bewertung ist angebracht, wenn der Grundbucheintragung nur noch formale Bedeutung zukommt, etwa weil die Unbegründetheit des Widerspruchs bereits aufgrund rechtskräftigen Urteils feststeht und die Parteien sich darüber auch einig sind3 oder die gesicherte Forderung erloschen ist. Die dann verbleibende „Buchposition“ hat kaum einen Wert, zumal dann der noch eingetragene Widerspruch auch für die Veräußerung oder Belastung des Grundstücks weitgehend bedeutungslos ist. – Andererseits kann auch der Wert des Hauptanspruchs erreicht werden, wenn die unmittelbare Gefahr einer Weiterveräußerung des Grundstücks besteht oder auf sonstige Weise die Vereitelung des Vollstreckungsanspruchs droht.4 1 Siehe näher dazu Schneider, ZAP Fach 13, S. 147. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 28.6.2006 – 5 W 379/06, AGS 2006, 562; OLG Hamburg, MDR 1975, 846; OLG Köln, Beschl. v. 2.7.1979 – 20 W 18/79, MDR 1980, 1025. 3 LG Bayreuth, JurBüro 1979, 1884: 1/10 des Grundstückswertes. 4 OLG Bamberg, JurBüro 1978, 1552.
1170
Kurpat/Noethen
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Das OLG Neustadt1 hat in einem solchen Fall den Wert einer einstweiligen Verfügung auf Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs dem Wert des Hauptanspruchs auf Herausgabe des Grundstücks gleichgesetzt und die Hälfte des Verkehrswertes ohne Berücksichtigung der Belastungen festgesetzt. Soweit die Höhe der Valutierung eines Grundpfandrechts streitig ist oder streitig wird, muss der höchste Betrag angesetzt werden. Soll nur ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück durch einstweilige Verfügung auf Eintragung eines Grundbuchwiderspruchs gesichert werden, ist beim Streitwert wegen des vorläufigen Charakters ein Wert von 1/4 des Miteigentumsanteils vorzunehmen.2
6126
Die gleichen Bewertungsgrundsätze (§ 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) gelten für die Klage auf Löschung eines eingetragenen Widerspruchs. Hier ist auf das Interesse des Klägers an der Löschung abzustellen.3 Das OLG Hamburg hat dabei im Falle des gegen eine Sicherungshypothek eingetragenen Widerspruchs den Streitwert so hoch wie die Hypothek angesetzt.
6127
Wiederaufnahmeverfahren Es gibt zwei Arten der Wiederaufnahme des Verfahrens, nämlich die Nichtigkeitsklage nach § 579 ZPO und die Restitutionsklage des § 580 ZPO. In beiden Fällen handelt es sich darum, dass ein rechtskräftiges Endurteil wieder beseitigt werden soll, weil die Entscheidungsgrundlage aufgrund schwerer Verfahrensmängel gewonnen worden ist oder völlig unzuverlässige Beweismittel verwertet worden sind.
6128
Die Bewertungsgrundsätze für beide Arten der Verfahrenswiederaufnahme decken sich und sind deshalb geschlossen unter dem Stichwort „Restitutionsklage“ behandelt.
6129
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Im Falle schuldloser Versäumung einer Notfrist kann der Säumige gem. §§ 233 ff. 6130 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Die Kosten der Wiedereinsetzung sind dem Antragsteller aufzuerlegen, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Antragsgegners entstanden sind, § 238 Abs. 4 ZPO. Für eine gesonderte Wertfestsetzung besteht regelmäßig kein Anlass, da das Verfahren durch die gerichtliche und anwaltliche Verfahrensgebühr (Nr. 1210 KV GKG bzw. Nr. 3100 VV RVG) abgegolten ist.4 Bei einer anwaltlichen Einzeltätigkeit im Wiedereinsetzungsverfahren bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem Fortsetzungsinteresse des Antragstellers und damit regelmäßig nach dem Wert der Hauptsache. Das gilt auch für den Wert des Beschwerdeverfahrens.5
1 2 3 4 5
OLG Neustadt, Rpfleger 1967, 1. OLG Koblenz, Beschl. v. 28.6.2006 – 5 W 379/06, AGS 2006, 562. OLG Hamburg, OLGE 17, 76. Zöller/Greger, § 238 ZPO Rn. 12. OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.7.2004 – 2 W 44/02, OLGR 2004, 327.
Noethen/Kurpat
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6131
ZPO
Wiederkaufsrecht
Wiederkaufsrecht 6132
Der Streitwert entspricht nicht dem Sachwert (§ 6 ZPO), sondern es ist gem. § 3 ZPO das Interesse des Klägers am Bestehen oder Nichtbestehen des Rechts zu schätzen.1 Es gelten insoweit dieselben Grundsätze wie für das Vorkaufsrecht (s. das Stichwort „Vorkaufsrecht“, Rn. 5981 ff.).
Wiederkehrende Leistungen A. Begriff der „Wiederkehrenden Leistungen“ 6133
Ein Recht auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen (vgl. den Wortlaut des § 9 ZPO) wird dann angenommen, wenn die Einzelansprüche auf einem einheitlichen Rechtsgrund beruhen und in wenigstens annähernd gleichmäßigen Zeitabschnitten wiederkehrend fällig werden.2
6134
Nutzungen von unterbrochener Dauer, bei denen die Einzelansprüche nur unregelmäßig wiederkehrend fällig werden, oder ein Recht, das fortdauernd oder ununterbrochen genutzt wird, rechnen nicht hierzu; sie sind nach § 6 oder § 3 ZPO zu bewerten.3
6135
Um wiederkehrende Leistungen handelt es sich auch dann nicht, wenn eine einmalige, bezifferte Leistung gefordert wird, die lediglich in ihrer Höhe nach Zeitabschnitten mit festen Sätzen berechnet wird, z.B. bei Kurkosten, Lagergeldern, Urlaub mit Vollpension.4 Auch Ratenzahlungen sind keine wiederkehrenden Leistungen.
6136
Zinsen sind keine wiederkehrenden Leistungen. Siehe das Stichwort „Zinsen“, Rn. 6407 ff. Deshalb sind auch Schadensersatzansprüche, die auf Zinsverlust wegen des Nichtzahlens einer Schuld gestützt werden, nicht als wiederkehrende Leistungen, sondern als Ansprüche auf einen bestimmten Schadensersatzbetrag in Geld anzusehen.5
6137
Aus diesem Grund ist auch ein Schadensersatzanspruch gegen einen Rechtsanwalt wegen Verjährenlassens einer Unterhaltsforderung nicht nach § 9 ZPO (vormals § 42 Abs. 1 GKG) privilegiert.
6138
Ebenso ist nicht als wiederkehrende Leistungen zu bewerten, wenn aus einem Recht auf solche nur einzelne Leistungen beziffert eingeklagt werden, etwa fällige Beträge; dann handelt es sich um konkrete Geldansprüche, die nach dem Wert der eingeklagten Summe zu beziffern sind.6
6139
Wird die Vollstreckung wiederkehrender Leistungen mit einer Klage aus § 826 BGB abgewehrt, so ist diese Klage nach § 9 ZPO zu bewerten.7
1 BGH, Urt. v. 17.12.1972 – V ZR 137/69, BGHZ 57, 356 sowie Urt. v. 23.6.1972 – V ZR 95/70, JurBüro 1972, 778 zum Wiederkauf nach Siedlungsrecht. 2 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Wiederkehrende Leistungen“ Rn. 2 mit Beispielen. 3 OLG Celle, OLGE 13, 72; OLG München, OLGE 33, 147 – Nießbrauch, Wohnrecht. 4 RGZ 13, 396; 23, 363 f. 5 KG, JW 1930, 3331. 6 RGZ 19, 421; KG, Rpfleger 1951, 474. 7 OLG Düsseldorf, FamRZ 1978, 377.
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N. Schneider
Wiederkehrende Leistungen
B. Zuständigkeitsstreitwert Der Streitwert für die sachliche Zuständigkeit der Gerichte bei Ansprüchen auf wiederkehrende Nutzungen und Leistungen wird gem. § 9 ZPO nach dem 3 1/2-fachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.
6140
Die Anwendung des § 9 ZPO a.F. setzte früher voraus, dass es sich um wiederkehrende Leistungen von mindestens 12 1/2-jähriger Dauer handelte, anderenfalls war der Wert nach § 3 ZPO zu schätzen.1 Diese Rechtsprechung ist überholt. Jetzt ist § 9 ZPO auch in diesen Fällen einschlägig.2 Bedeutsam war das bislang für die Bewertung von Rentenansprüchen hochbetagter Berechtigter; der Streitwert war nach § 3 ZPO zu schätzen.
6141
Für die Streitwertberechnung einer auf wiederkehrende Leistungen gerichteten positiven Feststellungsklage ist in Anwendung der §§ 9, 3 ZPO das Feststellungsinteresse mit dem üblichen Feststellungsantrag zu bemessen.3 Siehe das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2431 ff.
6142
Entfallen ist die Unterscheidung, ob es sich um wiederkehrende Leistungen handelt, bei denen der Wegfall des Bezugsrechts oder der Zeitpunkt hierfür ungewiss oder gewiss ist. Maßgeblich ist immer der 3 1/2-fache Jahreswert des Bezugs, der nur unterschritten wird, wenn bei bestimmter Dauer der Bezüge der Gesamtbetrag geringer ist.
6143
Entsprechend dem Gedanken des § 42 Abs. 3 GKG (vormals § 42 Abs. 4 GKG a.F.; § 17 Abs. 4 GKG a.F.) sind auch bei § 9 ZPO Rückstände – genauer gesagt fällige Beträge – dem Streitwert hinzuzurechnen.4
6144
Die fälligen Beträge brauchen dazu nicht besonders beziffert zu werden.5 Entsprechend der Regelung in § 42 Abs. 3 GKG ist für die Abgrenzung der Rückstände nicht auf den Eintritt der Rechtshängigkeit abzustellen, sondern auf die Einreichung der Klage. Die bei Einreichung fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet (§ 42 Abs. 3 Satz 1 GKG). Der Einreichung der Klage steht dabei die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird (§ 42 Abs. 3 Satz 2 GKG).
6145
Da die Feststellungsklage sich nur auf die Zukunft richtet, sind bei ihrer Bewertung6 Rückstände außer Acht zu lassen, es sei denn, sie würden neben dem Feststellungsantrag durch bezifferten Leistungsantrag in den Prozess eingeführt.
6146
In diesem Fall ist wie bei der Leistungsklage § 5 ZPO anwendbar, es ist also zusammenzurechnen.7
6147
Der Zuständigkeitsstreitwert – ebenso die Beschwer einer Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung – ist nicht nach dem Jahresbetrag des § 41 Abs. 5 GKG zu be-
6148
1 KG, Rpfleger 1962, 156; OLG Saarbrücken, KostRsp. ZPO § 9 Nr. 5; OLG Bamberg, KostRsp. GKG a.F. § 12 Nr. 47, c. 2 Ebenso Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Wiederkehrende Leistungen“ Rn. 8. 3 OLG München, MDR 1962, 413: 10-facher Jahresbetrag nach § 9 ZPO a.F. 4 BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – XII ZR 162/00, AGS 2004, 249 = MietRB 2004, 234 = MDR 2004, 1437; RGZ 19, 416; BGHZ 2, 74. 5 BGHZ 2, 76. 6 Siehe dazu BGHZ 1, 43. 7 BGHZ 2, 76 f.
N. Schneider
1173
Wiederkehrende Leistungen
ZPO
rechnen, sondern nach §§ 3, 9 ZPO. Anzusetzen ist der 3-fache Jahreswert der geforderten Erhöhung.1
C. Gebührenstreitwert 6149
Für die Gebühren sind Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen nach Wegfall des § 42 Abs. 1 GKG a.F. ausschließlich durch § 48 Abs. 1 Satz 2 GKG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO geregelt.
6150
Auch bei unregelmäßigen oder nur vorübergehenden wiederkehrenden Leistungen ist nach LG Hamburg2 als Bemessungsvorschrift § 3 ZPO anzuwenden. Hier müsste man aber über § 9 Satz 2 ZPO regelmäßig zu demselben Wert kommen.
6151
Wird wegen der Tötung eines Menschen oder der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit des Menschen Schadensersatz durch Entrichtung einer Geldrente verlangt, so ist seit dem 1.8.2013 mit Inkrafttreten des 2. KostRMoG der 3,5-fache Betrag des einjährigen Bezuges maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Fällige Beträge werden auch hier hinzugerechnet.
6152
Der Streitwert eines Vermächtnisanspruches auf Gewährung wiederkehrender Leistungen bis zum Tode richtet sich nach § 9 ZPO, weil es sich nicht um die Geltendmachung gesetzlicher Unterhaltsansprüche handelt.3
6153
Bei Ansprüchen von Arbeitnehmern sind nach § 42 Abs. 2 GKG (arbeitsgerichtliches Verfahren: § 42 Abs. 1 GKG) die wiederkehrenden Leistungen lediglich auf den 3-fachen Jahresbetrag festzusetzen. Das gilt auch für wiederkehrende Leistungen, die ein Arbeitnehmer als Schadensersatz geltend macht.4
6154
Ist das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann es vor Ablauf von 3 Jahren gekündigt werden, dann ist der Streitwert geringer als mit dem 3-fachen Jahresbezug anzusetzen.5
6155
Für die Höhe des Streitwertes bei wiederkehrenden Leistungen ist es unerheblich, ob die fälligen Beträge in Rentenform oder selbständig kapitalisiert geltend gemacht werden.
6156
Fällige Beträge aus der Zeit vor Einreichung der Klage sind also auch dann dem Streitwert zuzurechnen, wenn sie als Rente gefordert werden.6
6157
Andererseits sind die seit Klageeinreichung angefallenen fälligen Beträge dem Streitwert auch dann nicht zuzurechnen, wenn sie ziffernmäßig bestimmt sind und neben der künftig zu zahlenden Rente als ein fester Betrag gefordert werden.7
6158
Wird bei einer von Anfang an erhobenen Leistungsklage auf Rentenzahlung die Rente später rückwirkend mit einem höheren Betrag geltend gemacht, so gilt der Differenzbetrag zwischen der zuletzt und der zuerst verlangten Rente streitwertmäßig als Rückstand.8
1 2 3 4 5
BGH, Beschl. v. 12.5.2003 – VII ZB 10/01, AGS 2003, 489. LG Hamburg, JW 1929, 2334 Nr. 4. LG Oldenburg, JurBüro 1951, 269. LAG Frankfurt, NJW 1966, 692. OLG Köln, Rpfleger 1974, 164: einmal Jahresbezug wegen der besonderen Umstände des Falles, sonst Kündigungszeitraum. 6 OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 647. 7 BGH, MDR 1960, 663; OLG Nürnberg, JurBüro 1962, 647. 8 OLG Köln, Beschl. v. 22.7.2003 – 4 WF 59/03, FamRB 2004, 45 mit Anm. N. Schneider = AGS 2004, 32; a.A. OLG Düsseldorf, MDR 1957, 686.
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N. Schneider
Wiederkehrende Leistungen In welcher Instanz die nach Klageeinreichung angefallenen Rückstände geltend gemacht werden, ist gleichgültig.1
6159
Sind die wiederkehrenden Leistungen in den einzelnen Jahren verschieden hoch, gilt der Jahresbetrag der höchsten Leistung für die Streitwertbestimmung.2 So sind z.B. Staffelvereinbarungen, wie sie in Mietsachen üblich sind, zu berücksichtigen.3
6160
Û
Beispiel: Die Klage wird im November 2006 eingereicht. Maßgebend ist der Betrag des Zeitraums von Dezember 2006 bis November 2007. Wird von vornherein für einen Monat innerhalb dieser zwölf Monate keine Leistung verlangt, so ist der nächste Monat hinzuzurechnen. Bewertet werden also die ersten zwölf Monate, für die Leistung verlangt wird.
Werden während des Rechtsstreits Zahlungen geleistet, so sind sie nach Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB zunächst auf die Rückstände als die ältere Schuld anzurechnen.
6161
Stehen auch noch Zinsen und Kosten aus, so sind auch diese zunächst zu tilgen (§ 367 Abs. 1 BGB), ohne dass sich dies wegen der § 43 GKG, § 4 ZPO auf die Höhe des Streitwerts auswirkt.
6162
Hinsichtlich der auf die Hauptforderung zu verrechnenden Teilleistungen ermäßigt sich der Streitwert für die Zukunft nicht schon mit der Zahlung, sondern erst, wenn die entsprechenden prozessualen Erklärungen, etwa die teilweise Hauptsacheerledigung, in der mündlichen Verhandlung abgegeben wird.4
6163
Der Wert einer positiven Feststellungsklage, die wiederkehrende Leistungen zum Gegenstand hat, ist regelmäßig mit 80 % des Wertes der entsprechenden Leistungsklage anzusetzen, auch wenn die Leistungen von Gegenleistungen abhängig sind.5 Kein Abzug ist jedoch vorzunehmen, wenn der Streitwert bereits durch eine Gebührenprivilegierung verkürzt worden ist, wie etwa bei den §§ 41, 42 GKG.
6164
Bei einer negativen Feststellungsklage, die wiederkehrende Leistungen zum Gegenstand hat, ist der Streitwert nicht geringer als bei der entsprechenden Leistungsklage anzusetzen, also regelmäßig auf den 3,5-fachen Jahresbetrag. Zu den Rückständen s. das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2300.
6165
Erstreckt sich die positive Feststellungsklage auf fällige Beträge, dann ist § 42 Abs. 3 6166 GKG anzuwenden. Von dem bezifferten Betrag der Rückstände ist ein Abschlag von 20 % vorzunehmen.6 Siehe aber das Stichwort „Feststellungsklage“, Rn. 2432. Beim Übergang einer Feststellungsklage zur Leistungsklage auf Rentenzahlung sind die bisher entstandenen Rückstände dem Streitwert für die daneben fortgeführte Feststellungsklage hinzuzurechnen.7
6167
Schließen die Parteien über einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen einen 6168 Vergleich, dann ist auch bei Zahlung einer Kapitalabfindung nicht diese, sondern die Bewertung des verglichenen Anspruchs maßgebend, so dass also auch die Vergünstigungsvorschrift des § 9 ZPO zu beachten ist.8 Einstweilen frei.
6169–6180
1 2 3 4 5 6
BGH, MDR 1960, 663. RGZ 160, 83. BGH, Beschl. v. 21.9.2005 – XII ZR 256/03, AGS 2006, 143. RG, DJZ 1913, 99. BAG, NJW 1961, 1788. RGZ 19, 416; BGHZ 2, 74; OVG Münster, AnwBl. 1957, 228; LAG Frankfurt, NJW 1966, 691. 7 BGHZ 2, 77; OLG Düsseldorf, MDR 1957, 686. 8 OLG Düsseldorf, VersR 1977, 868, s. näher dazu das Stichwort „Vergleich“.
N. Schneider
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Willenserklrung
ZPO
Willenserklrung A. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert 6181
Die Klage auf Abgabe einer Willenserklärung führt im Falle ihrer Stattgabe zur Erklärungsfiktion gem. § 894 Abs. 1 ZPO, bei Zug-um-Zug-Verurteilung jedoch erst nach Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung (durch den Rechtspfleger).1 Für die Bewertung des Streits um die Abgabe einer Willenserklärung ist darauf abzustellen, welche Rechtsänderung2 bzw. welcher vermögensrechtliche Erfolg mit der erzwungenen Erklärung erstrebt wird.3 Entsprechend dem im Antrag verfestigten Klageinteresse sind die jeweils in Betracht kommenden Bewertungsregeln zu ermitteln, ggf. ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG zu schätzen.4
6182
Beispielhaft seien erwähnt: – Klage auf Abschluss eines Vertrages (s. auch unter dem Stichwort „Vertragsabschluss“). Hier sind nicht die durch den Vertrag begründeten Ansprüche, sondern gem. § 3 ZPO das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Abschluss des Vertrages wertbestimmend.5 Bei einem Mietvertrag ist dabei im Regelfall nicht auf die für die gesamte Vertragsdauer anfallende Gesamtmiete, sondern gem. § 9 ZPO auf den 3,5-fachen Wert der Jahresnettomiete abzustellen.6 Siehe auch die Stichwörter „Vertragsabschluss“ und „Vertragsauflösung“. – Klage auf Zustimmung zur Rückabwicklung eines Kaufvertrags. Hier bemisst sich der Streitwert nach dem Wert der Kaufsache zzgl. der Zinsen auf den Kaufpreis.7 – Klage auf Abgabe einer gemeinsamen Kündigungserklärung. Maßgeblich für die Bemessung ist das Interesse des Klägers an der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses und damit in der Regel die mit Vertragsfortdauer verbundenen finanziellen Belastungen (z.B. Miete).8 Siehe auch unter dem Stichwort „Mietstreitigkeiten“, Rn. 3933. – Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung. Wertbestimmend ist gem. § 41 Abs. 5 GKG der Jahresbetrag des zusätzlich geforderten Mietzinses (zu den Einzelheiten vgl. das Stichwort „Mietstreitigkeiten“, Rn. 3797, 3801, 3823 ff.). – Klage auf Zustimmung zur Eigentumsübertragung. Maßgebend für den Streitwert ist immer der Verkehrswert der Sache, § 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO.9 – Klage auf Auflassung eines Grundstücks. Der Wert bestimmt sich gem. § 6 ZPO grundsätzlich nach dessen Verkehrswert soweit nicht aufgrund eines dahinter stehenden Streits über Restkaufpreiszahlung oder Mängelbeseitigung eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten ist10 (s. hierzu unter dem Stichwort
1 2 3 4
5 6 7 8 9 10
Vgl. nur OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.10.1994 – 3 WF 143/94, JurBüro 1995, 254. OLG München, Urt. v. 9.1.2008 – 20 U 3478/07, ZfIR 2008, 727. BGH, Beschl. v. 10.7.2013 – IV ZR 7/13, AGS 2013, 524. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.10.1994 – 3 WF 143/94, JurBüro 1995, 254; OLG Koblenz, Beschl. v. 25.10.2001 – 5 W 642/01, MDR 2002, 39 = NJW-RR 2002, 37; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Willenserklärung“. LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.10.1991 – 3 SA 56/91, JurBüro 1992, 627. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.11.2009 – 8 W 348/09, AGS 2010, 195. BGH, Urt. v. 12.2.2003 – VIII ZR 130/01, NJW-RR 2003, 823. KG, Beschl. v. 30.3.1992 – 2 W 1331/92, NJW-RR 1992, 1490. OLG Jena, Beschl. v. 30.7.1998 – 7 W 217/98, OLGR 1998, 350. OLG Hamm, Beschl. v. 30.1.2013 – 12 W 37/12, BauR 2013, 995.
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Kurpat
Willenserklrung
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„Auflassung“). Demgegenüber richtet sich der Wert einer Klage auf Zustimmung zum Vollzug der Auflassung nach dem Wert der Gegenforderung.1 Klage auf Zustimmung zur Einräumung eines Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts. Hier ist nach § 3 ZPO auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers abzustellen.2 Klage auf Erteilung einer Löschungsbewilligung. Die Bemessung des Streitwerts bestimmt sich nach dem Gegenstand der Löschungsbewilligung. Ist diese auf die Löschung von Grundpfandrechten (z.B. Hypotheken, oder Grundschuld) gerichtet, bestimmt sich der Streitwert gem. § 6 Satz 1 Alt. 3 ZPO nach dem Nennbetrag des Pfandrechts soweit nicht das Grundstück einen geringerern Wert hat (§ 6 Satz 2 ZPO).3 Ob und in welchem Umfang eine vom Nennbetrag abweichendende Valutierung berücksichtigt werden muss, ist sehr umstritten4 (s. hierzu unter dem Stichwort „Löschung von Grundpfandrechten, Vormerkungslöschung“). Im Übrigen ist gem. § 3 ZPO von dem Wert des zu löschenden Rechtes auszugehen, soweit nicht der Sicherungszweck weggefallen ist.5 Der Wert einer Klage auf Bewilligung der Löschung einer Grunddienstbarkeit bemisst sich nach der aktuellen Wertminderung, die das Grundstück durch die Belastung erleidet, § 7 Hs. 2 ZPO.6 Zur Ermittlung des Wertverlustes ist der Verkehrswert des mit der Grunddienstbarkeit belasteteten Grundstücks mit denjenigen ohne Grunddienstbarkeit zu vergleichen.7 Klage auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung. Maßgebend ist das vermögensrechtliche Interesse des Klägers an der Zustimmung.8 Siehe auch unter den Stichwörtern „Grundbuchberichtigung“ und „Eintragungsbewilligung“. Klage auf Freigabe eines hinterlegten Betrages. Die Bewertung richtet sich nach der Höhe des hinterlegten Geldbetrages einschließlich aufgelaufener Zinsen.9 Siehe auch unter dem Stichwort „Freigabe“. Geht es um die Freigabe von Gegenständen, richtet sich der Streitwert gem. § 6 ZPO nach dem Wert der Sache. Klage des Mehrheitserben gegen einen Miterben auf Zustimmung zur Umwandlung eines Sparkassenkontos in ein Konto der Erbengemeinschaft mit alleiniger Verfügungsbefugnis des Mehrheitserben ist nicht nach der Nachlassbeteiligung des Mehrheitserben, sondern dem Interesse an einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu bewerten.10
1 BGH, Beschl. v. 6.12.2001 – VII ZR 42/00, MDR 2002, 295; OLG Bamberg, Beschl. v. 21.6.1993 – 8 W 28/93, JurBüro 1994, 361; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Willenserklärung“. 2 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.7.2005 – 4 W 209/05. 3 BGH, Beschl. v. 24.10.2007 – IV ZR 99/07. 4 Siehe zum Meinungsstand: OLG Nürnberg, Beschl. v. 27.11.2008 – 6 W 2061/08, MDR 2009, 217; OLG Rostock, Beschl. v. 5.8.2009 – 3 W 44/09, OLGR 2009, 969. 5 OLG Celle, Beschl. v. 23.12.2004 – 16 W 11/05, OLGR 2005, 295; OLG Düsseldorf, OLGR 2000, 189. 6 BGH, Beschl. v. 10.4.2014 – V ZR 174/13, ZfIR 2014, 492 (Beschwer); Beschl. v. 18.9.2013 – V ZR 296/12, Grundeigentum 2014, 318. 7 BGH, Beschl. v. 15.5.2014 – V ZB 2/14, Grundeigentum 2014, 1334. 8 OLG Koblenz, Beschl. v. 25.10.2001 – 5 W 642/01, MDR 2002, 379; LG Stuttgart, Urt. v. 27.10.2006 – 27 O 356/06, FamRZ 2007, 1034: Interesse an der Aufhebung der Gemeinschaft bei Löschungsbewilligungsverlangen zur Ermöglichung der Teilungsversteigerung. 9 BGH, MDR 1967, 280; OLG Nürnberg, Beschl. v. 1.7.2002 – 4 W 1675/02, OLGR 2003, 79; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Hinterlegung“. 10 BGH, Beschl. v. 10.7.2013 – IV ZR 7/13, AGS 2013, 524.
Kurpat
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Wirtschaftliche Identitt
ZPO
– Klage auf Anmeldung zum Handelsregister. Wertbestimmend ist das Interesse des Mitgesellschafters an der Offenlegung der Beteiligungs- oder Vertretungsverhältnisse. Dieses ist nach einem Bruchteil der Einlage zu bestimmen.1 – Klage auf Erteilung eines Dienstzeugnisses für den Geschäftsführer einer GmbH. Hier ist in Anlehnung an die arbeitsgerichtliche Bewertungspraxis2 betreffend die Erteilung und Berichtigung von Zeugnissen auf den Wert eines Monatseinkommens abzustellen.3 – Klage auf Zustimmung zum Realsplitting (Anlage U). Wertbestimmend sind die mit der Abgabe angestrebten steuerrechtlichen Vorteile.4 6183
Im Übrigen ist bei den einschlägigen Stichwörtern nachzuschlagen. Einige Einzelheiten finden sich ferner bei den Stichwörtern „Abgabe einer Willenserklärung“ und „Zustimmung“ im FamFG-Teil.
B. Rechtsmittel und Beschwer 6184
Hier wird aufseiten des unterliegenden Beklagten darauf abzustellen sein, ob die Abgabe der Willenserklärung die rechtliche (oder wirtschaftliche) Position des Beklagten gleichermaßen beeinflusst wie die des Klägers. Maßgebend ist gem. § 3 ZPO das wirtschaftliche Interesse an dem Nichteintritt der mit der Erklärung verbundenen Folgen.5
Wirtschaftliche Identitt A. Allgemeines 6185
Hat die Rechtsverfolgung eine Mehrheit von Ansprüchen zum Inhalt, dann ist für eine zutreffende Bestimmung von Streit- und/oder Gegenstandswert zunächst danach zu unterscheiden, ob das Begehren nur auf verschiedene Klagegründe gestützt oder eine Mehrheit von Streitgegenständen geltend gemacht wird.
6186
Von rechtlicher Identität und nur einem zu bewertenden prozessualen Anspruch (Streitgegenstand) ist auszugehen, wenn das Klagebegehren auf verschiedene materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen oder auf ein (unselbständiges) Haupt- und Hilfsvorbringen gestützt wird. Sind infolgedessen verschiedene Bewertungsvorschriften anwendbar, dann bestimmt sich der Wert nach der vorrangig anwendbaren und bei gleichrangig anwendbaren nach der höchsten Bewertungsvorschrift.
Û
Beispiel: Der auf Herausgabe klagende Vermieter eines Wohnhauses, der zugleich Eigentümer des Hausgrundstückes ist, stützt seine Klage auf die Beendigung des Mietvertrages und auf sein Eigentum. Es handelt sich um einen Fall der rechtlichen Identität, denn der Herausgabeanspruch wird nur auf unterschiedliche materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen, hier §§ 546
1 OLG Köln, BB 1971, 1005: 1/10. 2 Vgl. etwa LAG Düsseldorf, JurBüro 1988, 725; LAG Hamm, Beschl. v. 23.2.1989 – 8 Ta 3/89, MDR 1989, 572; LAG Hamm, JurBüro 1990, 39; LAG Köln, Beschl. v. 26.8.1991 – 10 Ta 61/91, JurBüro 1992, 24; Beschl. v. 27.7.1995 – 13 Ta 144/95, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1217. 3 LG Bayreuth, Beschl. v. 14.3.1990 – 2 O 287/90, JurBüro 1990, 772 (773). 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.10.1994 – 3 WF 143/94, JurBüro 1995, 254; OLG München, Beschl. v. 25.11.1994 – 16 WF 1065/94, OLGR 1995, 72. 5 BGH, Beschl. v. 10.11.2011 – V ZR 247/10, Grundeigentum 2012, 558.
1178
Kurpat
Wirtschaftliche Identitt Abs. 1 bzw. 985 BGB gestützt. Der Gebührenstreitwert richtet sich nach dem Wert der Jahresmiete und nicht nach dem Wert des Hausgrundstücks, da § 41 Abs. 2 GKG als speziellere Norm einer Bewertung nach § 6 ZPO i.V.m. § 48 GKG vorgeht.
Bei einer Mehrheit von prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) sind diese grundsätzlich einzeln zu bewerten und für die Ermittlung des Streit- und Gegenstandswertes im Regelfall zu addieren. Das folgt für den Zuständigkeitsstreitwert aus § 5 Satz 1 ZPO, für den Gebührenstreitwert aus § 39 Satz 1 GKG und für den Gegenstandswert aus § 23 RVG.
6187
Eine Ausnahme besteht nur für Nebenforderungen, d.h. von einer in demselben Rechtsstreit verfolgten Hauptforderung abhängige, jedoch von ihr getrennt zu berechnende Forderungen. Diese bleiben, von gesetzlich geregelten Einzelfällen (Art. 45 ScheckG und Art. 48 WG) abgesehen, bei der Bestimmung des Zuständigkeits- und Gebührenstreitwerts grundsätzlich unberücksichtigt, § 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG (vgl. im Einzelnen unter dem Stichwort „Nebenforderungen“).
6188
Vor einer Zusammenrechnung muss jedoch geprüft werden, ob die prozessualen Ansprüche wirtschaftlich identisch sind. Denn betreffen diese „denselben Gegenstand“, weil der eine Anspruch aus dem anderen folgt, auf dasselbe (wirtschaftliche) Interesse zielt oder nur den Zweck verfolgt, den anderen Anspruch zu rechtfertigen, dann scheidet eine Zusammenrechnung der Einzelwerte nach einhelliger Auffassung aus.1 In diesen Fällen der wirtschaftlichen Identität bestimmt sich der Wert nach dem höherwertigeren Einzelanspruch.
6189
Der Grundsatz, dass eine Addition wirtschaftlich identischer Ansprüche oder Gegenstände unterbleibt, hat in die Wertvorschriften nur für einzelne, wenngleich wesentliche Fallgestaltungen, Eingang gefunden: – für die Anträge bei der Stufenklage (§ 44 GKG), s. hierzu das Stichwort „Stufenklage“, Rn. 5049 f. – bei Haupt- und Hilfsantrag, die denselben Gegenstand betreffen (§ 45 Abs. 1 Satz 2 u. 3 GKG), s. hierzu das Stichwort „Hilfsantrag“, Rn. 3097 ff. – bei Klage und Widerklage, die denselben Gegenstand betreffen (§ 45 Abs. 1 Satz 2 u. 3 GKG), s. hierzu das Stichwort „Klage und Widerklage“, Rn. 3307 ff. – bei dem Zusammentreffen eines nichtvermögensrechtlichen mit einem daraus abgeleiteten vermögensrechtlichen Anspruch (§ 48 Abs. 3 GKG), s. hierzu das Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“, Rn. 3651, 3662 ff. – bei wechselseitigen Rechtsmitteln, die denselben Gegenstand betreffen (§ 45 Abs. 2 GKG), s. hierzu das Stichwort „Rechtsmittel“, Rn. 4701 ff. – bei einem Prozesskostenhilfeverfahren und nachfolgender Hauptsache (Nr. 3335 Abs. 2 VV RVG).
6190
B. Fallkonstellationen Verfolgt der Kläger bei der objektiven Klagehäufung mehrere Leistungsansprüche aus demselben Rechtsverhältnis, so scheidet eine Zusammenrechnung aus, wenn diese auf Erreichung des gleichen wirtschaftlichen Ziels gerichtet sind.
Û
Beispiele: Der Kläger begehrt neben der Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung die Rückzahlung des aus dem Titel bereits vollstreckten Betrages.2 oder
1 Vgl. etwa OLG Bamberg, Beschl. v. 24.2.2010 – 6 W 3/10. 2 OLG Schleswig, JurBüro 1969, 1195.
Kurpat
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Wirtschaftliche Identitt
ZPO
Der Käufer eines Pkw verlangt vom Verkäufer die Herausgabe des Fahrzeuges sowie die Herausgabe der Fahrzeugpapiere und Originalschlüssel.1 Trotz Mehrzahl von Anträgen geht es – wirtschaftlich betrachtet – in beiden Fällen jeweils um die dieselbe Pflicht, die Zahlung des titulierten Betrages bzw. die Verschaffung von Besitz und Eigentum am Pkw.
6192
Ebenso scheidet eine Zusammenrechnung der Einzelwerte aus, wenn der Kläger zugleich auf Leistung und auf Sicherung seines Leistungsinteresses klagt. In gleicher Weise ist zu bewerten, wenn neben dem Leistungsantrag vorbereitende, unterstützende oder nachbereitende Zusatzanträge gestellt werden.
Û
6193
Wird auf Leistung und daneben auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses geklagt, scheidet Wertaddition regelmäßig aus, wenn der Leistungsanspruch aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis resultiert. Wertbestimmend ist der regelmäßig höhere Leistungsantrag, wenn dieser die möglichen Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis abdeckt.
Û
6194
Beispiele: Der Werkunternehmer klagt gegen den Auftragsgeber (und Grundstückseigentümer) auf Werklohn und Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek.2 oder Der Verkäufer klagt auf Kaufpreiszahlung Zug-um-Zug gegen Übereignung der Kaufsache und auf Feststellung des Annahmeverzuges bzgl. der Gegenleistung.3 In beiden Fällen sind die nebeneinander gestellten Klageanträge – wirtschaftlich betrachtet – auf denselben Erfolg gerichtet, die Durchsetzung des Leistungsinteresses.
Beispiel: Der Verletzte verlangt Zahlung von Schadensersatz über insgesamt 5000 Euro und die Feststellung, dass der Zahlungsanspruch auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht. Der Anspruch auf Schadenersatz ist Folge der unerlaubten Handlung, deren Feststellung wertmäßig daher nicht über den Betrag der möglichen Ersatzansprüche hinausgehen kann. Dient doch die Feststellung ohnehin nur dazu, die Vollstreckungsmöglichkeiten auch bei einer Restschuldbefreiung nach Durchführung eines Insolvenzverfahrens zu erhalten. Ungeachtet des Streits über die Einzelbewertung derartiger Feststellungsanträge,4 beruhen beide Klageanträge – wirtschaftlich betrachtet – auf demselben klägerischen Interesse, dem Ausgleich erlittener Einbußen. Eine Zusammenrechnung scheidet daher aus.5
Ist die Klage (neben dem Feststellungsantrag) dagegen nur auf eine Teilleistung gerichtet oder betrifft der Feststellungsantrag ein Dauerschuldverhältnis, muss differenziert werden.
Û
Beispiel: Der Verkäufer einer Sache klagt gegen den Käufer auf Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Kaufvertrages und Zahlung des hälftigen Kaufpreises. Der Wert des Feststellungsantrages bemisst sich nach dem Wert des Kaufvertrages, mithin für den Verkäufer nach dem daraus resultierenden Kaufpreisanspruch, wegen der fehlenden Vollstreckbarkeit gekürzt um 20 % (s. unter dem Stichwort „Feststellungsklage“,
1 OLG Hamm, Beschl. v. 20.7.2010 – 28 U 2/10. 2 OLG Jena, Beschl. v. 18.2.2010 – 5 W 341/09, IBR 2010, 370; a.A. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.12.2008 – 5 W 48/08, MDR 2009, 322: Addition. 3 KG, Beschl. v. 21.3.2005 – 8 W 65/04, MDR 2005, 898; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.7.2008 – 24 W 46/08, MDR 2009, 57; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.10.2007 – 7 W 79/07, JurBüro 2007, 648 = AGS 2008, 402; a.A. OLG Bremen, Beschl. v. 21.6.2007 – 2 U 5/07, ZGS 2007, 471: zusätzlicher Wert. 4 Vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 22.1.2009 – IX ZR 235/08, MDR 2009, 594 = ZIP 2009, 435 m.w.N. 5 LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.8.2009 – 5 Ta 61/09, NZI 2009, 695; a.A. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.10.2007 – 7 W 79/07, JurBüro 2007, 648.
1180
Kurpat
Wirtschaftliche Identitt Rn. 2289 ff.). Da die Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung den Bestand des festzustellenden Kaufvertrages voraussetzt, kommt eine Addition grundsätzlich nicht in Betracht. Der Streitwert bestimmt sich nach dem höherwertigen Leistungsantrag. Wird dagegen – wie hier – nur auf Zahlung eines Teils des Kaufpreises geklagt, beispielsweise 5000 Euro, ist für die Bewertung der höherwertige Feststellungsantrag maßgebend. Hier muss jedoch beachtet werden, dass dieser – aufgrund der Kürzung um 20 % – das wirtschaftliche Interesse nicht vollständig abdeckt. Zum Wert des Feststellungsantrages sind daher 20 % des Leistungsantrages zu addieren. Der Streitwert beläuft sich daher auf 8000 Euro (10 000 Euro minus 20 %) zzgl. 1000 Euro (20 % von 5000 Euro), mithin auf 9000 Euro. Siehe hier auch unter dem Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“, Rn. 3667. Begehrt ein Versicherungsnehmer neben Versicherungsleistungen die Feststellung, dass der Versicherungsvertrag fortbesteht, so kommt dieser aufgrund der Möglichkeit künftiger Versicherungsfälle eine eigene wirtschaftliche Bedeutung zu. Die jeweiligen Einzelwerte sind folglich zusammenzurechnen.1
Ist die Klage gegen mehrere Beklagte gerichtet (subjektive Klagehäufung), scheidet eine Zusammenrechnung der jeweiligen Klageanträge aus, wenn diese – wirtschaftlich betrachtet – auf denselben Gegenstand gerichtet sind, etwa weil die Leistung materiell-rechtlich nur einmal verlangt werden kann.
Û
Beispiel: Der Vermieter verklagt mehrere Mieter einer Wohnung als Gesamtschuldner auf Zahlung rückständiger Miete. Da der Gläubiger die Leistung zwar von jedem Gesamtschuldner, insgesamt jedoch nur einmal verlangen kann (§ 421 BGB), liegt wirtschaftliche Identität vor.2
In gleicher Weise ist zu bewerten, wenn Klage und Widerklage „denselben Gegenstand“ betreffen. Denn der „Gegenstand“ i.S.v. § 45 GKG ist nicht identisch mit dem (zweigliedrigen) Streitgegenstand des Prozessrechts.3 Hier kommt eine Wertaddition wegen wirtschaftlicher Identität nicht in Betracht, wenn der Gegenstand von Klage und Widerklage dieselbe körperliche Ausprägung findet bzw. auf dessen Wert gerichtet ist oder die Erfüllung bzw. den Bestand ein und derselben vertraglichen Leistungspflicht zum Gegenstand hat.
Û
6196
Beispiel: Kläger und Widerkläger verlangen wechselseitig die Zustimmung zur Auszahlung eines hinterlegten Betrages.4
Eine Zusammenrechnung ist dagegen geboten, wenn Klage und Widerklage trotz desselben zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses zeitlich, bezogen auf den Inhaber oder den Gesamtbetrag, unterschiedliche Vermögenspositionen bzw. Ansprüche betreffen (vgl. im Einzelnen unter den Stichwort „Klage und Widerklage“, Rn. 3308 ff.).
Û
6195
Beispiel: Nach einem Verkehrsunfall verlangen beide Unfallbeteiligte jeweils ihren eigenen Schaden.5 oder
1 OLG Oldenburg, Beschl. v. 29.3.2010 – 5 W 16/10, MDR 2010, 990. 2 BGH, Beschl. v. 25.11.2003 – VI ZR 418/02, BGHR 2004, 638 = MDR 2004, 406; ebenso für Räumungsklage gegen Haupt- und Untermieter: OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.3.2010 – 3 U 146/09; ebenso für Gesamtgläubigerschaft: OLG Bamberg, Beschl. v. 24.2.2010 – 6 W 3/10. 3 BGH, Beschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506; Urt. v. 28.9.1994 – XII ZR 50/94, MDR 1995, 198; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.11.2008 – 10 W 114/08, AGS 2009, 42. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.5.1984 – 21 W 19/84, JurBüro 1984, 1868; KG, Rpfleger 1962, 120. 5 OLG Köln, Beschl. v. 11.9.1989 – 24 W 26/89, VersR 1991, 1429 = KostRspr. GKG § 19 Nr. 153 mit Anm. Schneider.
Kurpat
1181
6197
Wohnrecht
ZPO
Einer Klage auf Zahlung der restlichen Vergütung, etwa wegen Rücktritts vom Vertrag, wird mit einer Widerklage auf Erstattung bereits geleisteter Anzahlungen begegnet.1 Trotz materiell-rechtlichem Gleichlauf der Entscheidung über die jeweiligen (Wider-)Klageansprüche geht es doch um unterschiedliche Vermögenspositionen, im erstgenannten Fall um die verschiedener Anspruchsinhabers und im zweitgenannten Fall um verschiedene Teile einer vereinbarten Vergütung.
6198
Eine Vielzahl weiterer Rechtsprechungsnachweise findet sich bei den Stichwörtern „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“ und „Klage und Widerklage“.
Wohnrecht A. Überblick 6199
Die Bewertung von schuldrechtlichen und dinglichen Wohnrechten ist kontrovers und undurchsichtig. Selbst im einschlägigen Schrifttum sind Unstimmigkeiten erkennbar, die irreführen können.
6200
Der Grund dafür liegt darin, dass die Änderung der Rechtslage durch die seinerzeitige Neufassung des § 16 Abs. 1 GKG a.F. (vormals § 10 Abs. 1 GKG a.F.; jetzt § 41 Abs. 1 GKG) nicht immer hinreichend beachtet und dann ältere Judikatur kritiklos verwertet wurde.
6201
Während § 10 Abs. 1 GKG a.F. den gegenüber § 8 ZPO ermäßigten Gebührenwert nur auf streitige „Miet- oder Pachtverhältnisse“ bezog, sind durch die seinerzeitige Neufassung des Gesetzes (§ 16 Abs. 1 GKG a.F.) auch „ähnliche Nutzungsverhältnisse“ begünstigt worden. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte damit erreicht werden, mietähnliche Dauerwohnrechte und öffentlich-rechtliche, auf Gebrauchsüberlassung gerichtete Leistungsverhältnisse in den Anwendungsbereich des § 16 GKG a.F. (jetzt § 41 Abs. 1 GKG) einzubeziehen. Daher ist bei der Bewertung von Wohnrechten zu unterscheiden zwischen „mietähnlichen Wohnrechten“ und „sonstigen Wohnrechten“.
B. Mietähnliche Wohnrechte 6202
Auf die mietähnlichen Wohnrechte ist § 41 Abs. 1 GKG anzuwenden.2
6203
Die Einräumung eines Wohnrechts in einem Testament erfolgt aufgrund Vermächtnisses.3 Ein solches Wohnvermächtnis, das in einer letztwilligen Verfügung angeordnet ist, stellt kein den Miet- oder Pachtverhältnissen „ähnliches Nutzungsverhältnis“ i.S.d. § 41 Abs. 1 GKG dar.4 Das Wohnrecht selbst ist als Leihe zu qualifizieren.5 Der Streitwert bei einem Streit über ein durch Testament eingeräumtes Wohnrecht richtet sich nach § 9 ZPO und ist nach dem 3 1/2-fachen Wert des einjährigen Wertes des Wohnrechts – der zu schätzen ist – zu bestimmen.6
1 OLG Bamberg, Beschl. v. 25.4.1985 – 3 W 46/85, JurBüro 1985, 1212; OLG Celle, Beschl. v. 14.11.1984 – 2 W 82/84, Nds.Rpfl. 1985, 18; OLG Nürnberg, Beschl. v. 26.10.1982 – 5 W 3202/82, JurBüro 1983, 105. 2 OLG Frankfurt, MDR 1963, 937; OLG Celle, Nds.Rpfl. 1964, 106; OLG Düsseldorf, JurBüro 1965, 550; OLG Köln, JMBl.NW 1968, 117; LG Hildesheim, JurBüro 1963, 772. 3 LG Deggendorf, Beschl. v. 22.1.2002 – 1 O 438/01, ZEV 2003, 247. 4 KG, JurBüro 1962, 294. 5 LG Deggendorf, Beschl. v. 22.1.2002 – 1 O 438/01, ZEV 2003, 247. 6 LG Deggendorf, Beschl. v. 22.1.2002 – 1 O 438/01, ZEV 2003, 247.
1182
Kurpat/Monschau
Wohnrecht Bei einer Auseinandersetzung der Parteien darüber, ob das Wohnrecht dinglich gesichert werden soll, liegen die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 GKG ebenfalls nicht vor.1
6204
Der Streitwert einer Klage auf Löschung eines Dauerwohn- und Nutzungsrechts und auf Räumung und Herausgabe der genutzten Räume bestimmt sich nach § 16 GKG, wenn ein wiederkehrendes Entgelt für die Ausübung des Nutzungsrechts gezahlt wird.2
6205
Zwischen den Anträgen auf Verurteilung zur Löschungsbewilligung und Verurteilung zur Räumung besteht keine wirtschaftliche Identität. Die Werte beider Anträge sind demnach gem. § 5 ZPO, § 39 Satz 1 GKG, § 22 Abs. 1 RVG zusammenzurechnen.3
6206
Das streitige Wohnrecht nach § 1093 BGB ist weder ein Recht auf wiederkehrende Nutzung noch ein dem Miet- bzw. Pachtverhältnis ähnliches Nutzungsverhältnis.4 A.A. ist allerdings das OLG München,5 das das auf § 1093 BGB gestützte Wohnungsrecht als mietähnliches Dauerwohnrecht angesehen hat.
6207
C. Sonstige Wohnrechte, insbesondere das Dauerwohnrecht I. Allgemeines Fehlt es an einem Entgelt nach Art eines Mietzinses, dann ist § 41 Abs. 1 GKG unanwendbar, weil es an einer Berechnungsgrundlage mangelt.6
6208
In diesen Fällen wird überwiegend über § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG die Regelung des § 3 ZPO als Bemessungsvorschrift herangezogen.7
6209
II. Herausgabe und Räumung Der Gebührenstreitwert für eine Klage auf Räumung und Herausgabe von Räumen richtet sich nach § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO, wenn es nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Sache nach lediglich um die Beendigung einer auf tatsächlicher Gestattung beruhenden Mitbenutzung der Räume geht.8 Das gem. § 3 ZPO zu schätzende Interesse des Klägers an der Beendigung der Mitbenutzung entspricht grundsätzlich dem einjährigen fiktiven Mietzins für die vom Beklagten genutzten Räume. Geht man von einem unentgeltlichen Wohnrecht aus, ergibt sich nichts anderes, weil die überwiegende Meinung bei der Bestimmung des Gebührenstreitwerts nicht auf § 41 Abs. 2 GKG, sondern auf § 3
1 2 3 4 5 6 7
8
OLG Köln, JMBl.NW 1968, 177. OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.7.1998 – 5 W 13/98, OLGR 1999, 231. OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.7.1998 – 5 W 13/98, OLGR 1999, 231. AG Lahr, Beschl. v. 21.7.2004 – 2 C 260/03, AGS 2005, 355; a.A. OLG München, Beschl. v. 11.12.1998 – 14 W 257/98, ZMR 1999, 173. OLG München, Beschl. v. 11.12.1998 – 14 W 257/98, ZMR 1999, 173. LG Lübeck, JurBüro 1959, 430; OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.3.1995 – 19 W 8/95, OLGR 1995, 132. OLG Schleswig, SchlHA 1950, 261 (292); OLG Düsseldorf, JMBl.NW 1951, 117; OLG Frankfurt, MDR 1957, 506 u. 1963, 937; OLGR 1995, 132; KG, JurBüro 1967, 294; OLG Braunschweig, Rpfleger 1964, 97 zu §§ 3, 9 ZPO; OLG Köln, JMBl.NW 1968, 177; BGH, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 1147 = WM 1994, 181 = NJW-RR 1994, 909 – zur Beschwer, wenn es nur um den Umfang eines unstreitigen Wohnrechts geht. OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.5.2009 – 19 W 28/09, OLGR 2009, 930 = AGS 2009, 499.
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1183
6210
ZPO
Wohnrecht ZPO abstellt1 bzw. eine Mindermeinung2 für eine Räumungsklage nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft § 41 Abs. 2 GKG unmittelbar anwendet. 6211
Allerdings besteht keine Einigkeit darüber, woran sich die Bewertung nach freiem Ermessen gem. § 3 ZPO orientieren soll. Der BGH hält § 9 ZPO für nicht anwendbar.3 Das ist richtig, weil es beim unentgeltlichen Dauerwohnrecht nicht um ein Recht auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen i.S.d. § 9 ZPO geht, sondern um ein dauerndes Recht, welches nicht periodisch strukturiert ist. Ferner fehlt es an der Entgeltlichkeit der Nutzung. Die Vorschriften der § 41 GKG (§ 16 GKG a.F.) und § 9 ZPO betreffen Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse und sind insofern unanwendbar. Diese Auffassung wird auch von der überwiegenden Rechtsprechung vertreten.4
6212
Bei der Bewertung ist demnach vom Wert des Wohnrechts auszugehen.
6213
Sehr weitgehend ist dabei das OLG Düsseldorf, das den Wert eines unentgeltlichen lebenslangen Wohnungsrechts nach dem 11-fachen Betrag der einjährigen Nutzung bemisst.5
6214
Nach anderer Auffassung6 hat sich die Bemessung des Streitwerts im Rahmen des § 3 ZPO an § 16 GKG a.F. in analoger Anwendung zu orientieren.
6215
Das OLG München7 und das OLG Frankfurt8 haben für die Schätzung nach § 3 ZPO die Vorschrift des § 9 ZPO als Anhalt genommen. Ebenso ist das OLG Celle9 bei der Bewertung einer negativen Feststellungsklage verfahren, nach der der Mieter nicht zur unentgeltlichen Nutzung der Wohnung auf Lebenszeit berechtigt sei.
6216
Andere haben die Vorschrift des § 41 GKG (§ 16 GKG a.F.) als maßgeblich angesehen,10 verkennend, dass es nicht um ein Recht auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen i.S.d. § 9 ZPO geht, sondern um ein dauerndes Recht, welches nicht periodisch strukturiert ist. Ohnehin fehlt es an der Entgeltlichkeit der Nutzung.
6217
Wird ein Dauerwohnrecht nach §§ 31 ff. WEG dergestalt begründet, dass der Berechtigte wirtschaftlich eine Stellung gewinnt, die derjenigen eines Eigentümers entspricht, dann ist nach AG Frankfurt11 die Sondervorschrift des § 41 Abs. 1
1 OLG Braunschweig, NZM 2008, 423; OLG Naumburg, Beschl. v. 6.4.2000 – 13 W 14/00, OLGR 2001, 131. 2 OLG Jena, Beschl. v. 16.7.1997 – 7 W 355/97, OLGR 1997, 363. 3 BGH, Beschl. v. 13.10.1993 – XII ZR 126/93, NJW-RR 1994, 909; Beschl. v. 23.9.1992 – XII ZR 33/92; OLG Braunschweig, Urt. v. 29.4.1999 – 2 U 2/99, n.v.; OLG Braunschweig, Beschl. v. 19.10.1988 – 2 W 139/88, n.v. 4 OLG Schleswig, SchlHA 1950, 261; AnwBl. 1967, 233; LG Lübeck, JurBüro 1959, 430; OLG Köln, JMBl.NW 1968, 177; JurBüro 2006, 477; LG Heidelberg, KostRsp. GKG § 16 Nr. 34 = AnwBl. 1984, 373; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.8.1996 – 9 W 63/96, AGS 1997, 4; OLG Braunschweig, AGS 2008, 299. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.8.1996 – 9 W 63/96, AGS 1997, 4. 6 OLG Naumburg, Beschl. v. 6.4.2000 – 13 W 14/00; OLG Dresden, Beschl. v. 2.4.2003 – 11 W 408/03. 7 OLG München, JurBüro 1951, 101. 8 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.5.2006 – 19 W 16/06. 9 OLG Celle, JurBüro 1966, 427. 10 OLG Frankfurt, MDR 1963, 937; OLG Stuttgart, ZMR 1963, 32; LG Bayreuth, KostRsp. GKG § 16 Nr. 15 = JurBüro 1981, 756. 11 AG Frankfurt, Urt. v. 28.2.1983 – 30 C 4003/83, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 102 mit Anm. E. Schneider = AnwBl. 1984, 449.
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Wohnrecht GKG unanwendbar. Ein solches Nutzungsverhältnis hat keinen mietähnlichen Charakter mehr, so dass Besitzstreitigkeiten nach § 6 ZPO zu bewerten sind. Das AG Frankfurt a.a.O. nimmt entsprechend der noch herrschenden Meinung an, § 6 ZPO spreche zwar nur vom Besitz, gelte aber erst recht für Streitigkeiten über das Eigentum. Gerade dies ist zweifelhaft.1
6218
Begehrt ein Grundstückseigentümer die Herausgabe eines im Anbau seines Hausanwesens befindlichen Raumes und ist zwischen den Parteien streitig, ob sich ein dem Beklagten zustehendes dingliches Wohnrecht auf den streitgegenständlichen Raum erstreckt, ist der Streitwert nach freiem Ermessen gem. § 3 ZPO zu bestimmen. Es liegt weder eine Grunddienstbarkeit noch ein Miet- bzw. Pachtverhältnis vor, so dass weder § 9 ZPO noch § 41 Abs. 1 GKG (§ 16 GKG a.F.) direkt anwendbar sind. Das streitige Wohnrecht nach § 1093 BGB ist weder ein Recht auf wiederkehrende Nutzung noch ein dem Miet- bzw. Pachtverhältnis ähnliches Nutzungsverhältnis.2
6219
In der neueren Rechtsprechung wird der Gedanke des § 41 GKG (§ 16 Abs. 1 GKG a.F.) dagegen häufig im Rahmen der Ermessensausübung nach § 3 ZPO herangezogen.
6220
Der Streitwert einer Klage auf Löschung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (Wohnrecht) und die Klage auf Räumung dieser Wohnung bemisst sich jeweils am Wohnwert bezogen auf ein Jahr, § 41 Abs. 1 GKG (§ 16 Abs. 1 GKG a.F.) analog.3 Denn die Vorschrift des § 41 GKG (entsprechend § 16 GKG a.F.) soll das Kostenrisiko von Prozessen um das existenziell wichtige Mietverhältnis als Lebensgrundlage der Parteien begrenzen.
6221
Gleiches gilt für die Streitwertbemessung eines Antrags auf Grundbuchlöschung eines elterlichen Wohnrechts. Nach dem Grundgedanken des § 41 GKG ist der Wohnwert für den Antrag auf Löschung des elterlichen Wohnrechts mit dem einfachen Jahreswert zu bemessen.4 Das kostenlose Wohnrecht von Eltern im Haus eines Kindes ist für die Eltern von genau solcher existenziellen Bedeutung wie ein Mietverhältnis. Der Schutz des sozial Schwachen verlangt in diesen Fällen genau so eine Begrenzung des Kostenrisikos wie bei sonstigen Räumungsprozessen.
6221a
Der Gebührenstreitwert einer Klage auf Zustimmung zur Löschung eines im Grundbuch eingetragenen dinglichen Wohnrechts richtet sich nach dem Löschungsinteresse des Klägers. Sofern das dingliche Wohnrecht nicht einem mietähnlichen Dauerwohnrecht gleichkommt, ist das Löschungsinteresse in Anlehnung an § 9 ZPO zu schätzen.5 Danach ist der 3 1/2-jährige Bezug des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen und Leistungen maßgeblich.
6222
Im Zusammenhang mit Streitigkeiten um beschränkte persönliche Dienstbarkei- 6223 ten in Gestalt von Wohnrechten ist § 41 Abs. 1 GKG (§ 16 GKG a.F.) entsprechend anzuwenden, so dass für den Gegenstandswert die fiktive Jahresmiete maßgeblich ist.6
1 OLG München, Beschl. v. 18.1.1983 – 24 W 232/82, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 96 mit Anm. E. Schneider = JurBüro 1983, 1393; OLG Celle, Beschl. v. 29.4.1983 – 14 U 15/83, KostRsp. ZPO § 6 Nr. 97 mit Anm. E. Schneider = Nds.Rpfl. 1983, 184 = JurBüro 1983, 1391; s. dazu das Stichwort „Auflassung“, Rn. 1160 ff. 2 AG Lahr, Beschl. v. 21.7.2004 – 2 C 260/03, AGS 2005, 355; a.A. OLG München, Beschl. v. 11.12.1998 – 14 W 257/98, ZMR 1999, 173. 3 OLG Dresden, Beschl. v. 2.4.2002 – 11 W 408/03. 4 OLG Schleswig, Beschl. v. 23.12.2011 – 5 W 58/11, SchlHA 2012, 104. 5 BGH, Beschl. v. 13.10.1993 – XII ZR 126/93, NJW-RR 1994, 909; Beschl. v. 23.9.1992 – XII ZR 33/92; OLG Frankfurt, ZAP EN-Nr. 678/2006. 6 OLG Dresden, Beschl. v. 2.4.2002 – 11 W 408/03.
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Wohnung Bei einer Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Wohnrechts ist der Gebührenstreitwert gem. § 3 ZPO zu schätzen, wobei der Rechtsgedanke des § 41 Abs. 1 GKG (§ 16 Abs. 1 GKG a.F.) zu berücksichtigen ist. Daher ist als Streitwert die jährlich zu erzielende Miete abzgl. eines Festsetzungsabschlags von 20 % festzusetzen.1
6225
Nach Auffassung des LG Dessau-Roßlau2 erscheint bei einem Streit um das Bestehen eines Nutzungsverhältnisses (hier: rechtsmissbräuchliche Ausübung eines Wohnrechts) zur Bemessung des Streitwertes im Rahmen des § 3 ZPO ein Rückgriff auf die Grundsätze des § 41 GKG angezeigt.
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6224
Einstweilen frei.
6226–6228
Wohnung 6229
Zu Streitwertfragen betreffend Mietwohnungen s. das Stichwort „Mietstreitigkeiten“. Zu Fragen betreffend die Herausgabe und Zuweisung der Ehewohnung s. die Stichwörter im FamFG-Teil „Ehewohnungssachen“ und „Verbund“. Einstweilen frei.
6230–6232
Wohnungseigentum Literatur: Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 6. Aufl., 2013; Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 3. Aufl. 2011; Jennißen, WEG, 4. Aufl. 2015; Riecke/ Schmid, WEG, 4. Aufl. 2014; Timme, WEG, 2. Aufl. 2014. Gliederungsübersicht Rn. A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6233
. . 6240 . . 6250 . . 6252 . . 6254
D. Rechtsmittelstreitwert und Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6398
B. Zuständigkeitsstreitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6235 C. I. II. 1. 2. 3. 4.
Gebührenstreitwert Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . Prüfungsfolge Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . Bezifferte Klagen . . . . . . . . . . . Unbezifferte Klagen . . . . . . . . Übersicht zur Prüfungsreihenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rn. a) Ermittlung des „Normalstreitwerts“ . . . . . . . . . . . . b) Ermittlung des „Mindeststreitwerts“ . . . . . . . . . . . . c) Ermittlung des „Höchststreitwerts“ . . . . . . . . . . . . d) Ermittlung des „absoluten Höchststreitwerts“. . . . . . . e) Fälle des § 49a Abs. 2 GKG . III. Streitwert-ABC . . . . . . . . . . . .
. . 6237
. . 6255 . . 6258 . . 6261 . . 6265 . . 6267 . . 6271
A. Einleitung 6233
Seit Inkrafttreten des WEG-Reformgesetzes vom 26.3.2007 (BGBl. I, 370) mit Wirkung zum 1.7.2007 ist nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 43 ff. WEG grund1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.9.2002 – 24 W 28/02, NZM 2002, 1046. 2 LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 20.7.2011 – 1 T 82/11: hälftiger Jahreswert des Wohnrechts; Bezugnahme auf OLG Naumburg, Beschl. v. 6.4.2000 – 13 W 14/00, AGS 2001, 159 = OLGR 2001, 131.
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Wohnungseigentum sätzlich die Zivilprozessordnung (ZPO) auf Wohnungseigentumsstreitigkeiten anwendbar (§ 3 Abs. 1 EGZPO). Kostenentscheidungen richten sich nach den §§ 91 ff. ZPO. Der Begriff des „Geschäftswerts“ ist durch den des „Streitwerts“ ersetzt worden. Ein besonderes „Wohnungseigentumsgericht“ gibt es nicht mehr.1 Wohnungseigentumsstreitigkeiten sind seither gewöhnliche Zivilprozesse, für die der Gesetzgeber nur die örtliche und sachliche Zuständigkeit und teilweise den Instanzenzug besonders geregelt hat.2 Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Bemessung des Streitwerts, wobei die Rechtsprechung nach wie vor viele Fragen zu klären hat.
6234
B. Zuständigkeitsstreitwert Der Zuständigkeitsstreitwert ist gem. §§ 23, 71 GVG für die Abgrenzung der sachlichen Zuständigkeit zwischen Amtsgericht und Landgericht maßgeblich. Seine Festlegung erfolgt ausschließlich nach den §§ 3 bis 9 ZPO. Nach §§ 23 Nr. 2 Buchst. c, 71 Abs. 2 GVG sind alle Streitigkeiten innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft gem. § 43 Nr. 1 bis 4 und Nr. 6 WEG, die so genannten Binnenstreitigkeiten, streitwertunabhängig den Amtsgerichten zugewiesen. Es handelt sich um eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit. Bewertungsprobleme stellen sich insoweit also nicht.
6235
Demgegenüber richtet sich die Zuständigkeit gem. § 23 Nr. 1 GVG für die in § 43 Nr. 5 WEG geregelten wohnungseigentumsbezogenen sog. Drittklagen nach dem Streitwert. Das Amtsgericht ist für einen Streitwert bis 5000 Euro zuständig (§ 23 Nr. 1 GVG), anderenfalls ist das Landgericht zuständig (§ 71 Abs. 1 GVG). Es handelt sich hierbei nicht um ausschließliche Zuständigkeiten. Für diese Klagen besteht nur eine spezielle ausschließliche örtliche Zuständigkeit gem. § 43 Nr. 5 WEG.
6236
C. Gebührenstreitwert I. Allgemeines In Wohnungseigentumsverfahren regelt sich der Gebührenstreitwert nun nach der Sondervorschrift des § 49a GKG, der sich nach der amtlichen Überschrift auf „Wohnungseigentumssachen“ bezieht. Hierunter fallen jedenfalls die Binnenstreitigkeiten nach § 43 Nr. 1–4 WEG.3 Bei Mahnverfahren nach § 43 Nr. 6 WEG ist § 49a GKG hingegen nicht einschlägig, weil es dort gem. § 688 Abs. 1 ZPO immer um bestimmte und damit bezifferte Geldansprüche geht.4
6237
Ungeklärt ist, ob auch die wohnungseigentumsbezogenen Drittklagen gem. § 43 Nr. 5 WEG erfasst sind5 oder ob insoweit die allgemeinen Vorschriften gelten.6 Nach diesseitiger Auffassung fallen auch Streitigkeiten gem. § 43 Nr. 5 WEG unter die Sondervorschrift. Bereits aus der Überschrift „Wohnungseigentumssachen“ ist
1 2 3 4 5 6
OLG München, Beschl. v. 24.6.2008 – 31 AR 74/08, WuM 2008, 426 = MietRB 2008, 302. Bärmann/Seuß/Bonifacio, § 43 Rn. 46. Jennißen/Suilmann, § 49a GKG, Rn. 1; Einsiedler, ZMR 2008, 765 (770). Briesemeister, NZM 2007, 345 (347). So Bärmann/Seuß/Bergerhoff, F. Rn. 317; Abramenko, AGS 2007, 281. So Prütting/Gehrlein/Gehle, § 3 Rn. 258.
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erkennbar, dass der Gesetzgeber aus Vereinfachungsgründen den Gebührenstreitwert einheitlich regeln wollte. Dementsprechend sollte dem Verwalter nach §§ 27 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 WEG auch in Streitigkeiten gem. § 43 Nr. 5 WEG die Befugnis eingeräumt werden, einen höheren als den gesetzlichen Streitwert zu vereinbaren.1 6239
Die Vorschrift des § 49a GKG soll nach dem Willen des Gesetzgebers das Kostenrisiko für beide Parteien kalkulierbar machen und der aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierenden Rechtsgewährungsverpflichtung durch eine Herabsetzung des Streitwerts genügen2.
6239a
Die Auswertung der veröffentlichten Rechtsprechung zeigt, dass es entgegen der Intention des Gesetzgebers aber bis heute nicht gelungen ist, eine verlässliche, vorhersehbare und einheitliche Streitwertfestsetzung im Wohnungseigentumsrecht zu erzielen. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass schon der Begriff des Interesses im Einzelfall nur schwer wertmäßig zu erfassen ist und die Gerichte ihre Streitwertfestsetzungen nicht oder nur unzureichend begründen, so dass die Festsetzung nicht nachvollzogen oder überprüft werden kann. Einzelne Gerichte haben schematische Berechnungsmodelle für häufig vorkommende Fallgestaltungen entwickelt, deren Anwendung allerdings nicht immer den gesetzgeberischen Vorstellungen entsprechen dürfte.
II. Prüfungsfolge 1. Überblick 6240
Die Sondervorschrift des § 49a GKG erfordert eine mehrstufige Prüfung. Für die Ermittlung des Streitwerts gem. § 49a Abs. 1 GKG sind drei Größen zu bestimmen, nämlich das Interesse der Parteien und aller Beigeladenen (sog. Gesamtinteresse), das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen (sog. Klägerinteresse) und der Verkehrswert des Wohnungseigentums des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen.
6241
Ausgangspunkt der Überlegung ist, dass der Gesetzgeber mit § 49a GKG einen Ausgleich schaffen wollte zwischen dem Wert des Streitgegenstandes und dem Gesamtinteresse der Beteiligten, ohne einen Wohnungseigentümer wegen der Höhe der Kosten davon abzuhalten, Beschlüsse gerichtlich überprüfen zu lassen. Im Grundsatz soll der kollektiv berechnete Gebührenstreitwert gem. § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG pauschal um die Hälfte reduziert werden.
6242
Der so errechnete Gebührenstreitwert stellt dann den „Normalstreitwert“ im Wohnungseigentumsprozess dar. Dieser Normalstreitwert ist sowohl nach unten als auch nach oben gebührenrechtlich „abgesichert“.
6243
Gemäß § 49a Abs. 1 Satz 2, 3 GKG darf der Normalstreitwert das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten (Absicherung nach unten durch Erfassung eines „Mindeststreitwerts“).
6244
Umgekehrt darf der Normalstreitwert das Fünffache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten und in keinem Fall den Verkehrswert des Wohnungseigentums des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen übersteigen („Höchststreitwert“).
6245
Grundlage ist ein komplexes Stufensystem, das für den Gebührenstreitwert in Wohnungseigentumssachen danach unterscheidet, ob es sich um einen beziffer-
1 So in Bärmann/Seuß/Bergerhoff, F. Rn. 317. 2 OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.2010 – 1 W 54/10, WuM 2011, 13.
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Wohnungseigentum ten Anspruch handelt, ob ein Wohnungseigentümer oder mehrere gegen die anderen Wohnungseigentümer klagen oder ob sich eine Klage gegen einen oder mehrere Wohnungseigentümer richtet.1 Geht es um bezifferbare Ansprüche, ist § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO anwendbar, auch wenn dies entgegen der ursprünglich vom Bundesrat2 angedachten klarstellenden Formulierung („soweit die Klage keine bezifferte Geldforderung betrifft“) nicht eindeutig aus dem Wortlaut des § 49a GKG hervorgeht. Allerdings ist kein Grund ersichtlich, das WEG-Verfahren in einem solchen Fall anders als einen normalen Zivilprozess zu behandeln.
6246
Demnach ergeben sich etwa bei einer Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen Wohnungseigentümer auf Zahlung rückständigen Wohngeldes keine gebührenrechtlichen Besonderheiten. Der Streitwert wird hier durch die Höhe der Klageforderung bestimmt.
6247
Ebenso wenig ist § 49a GKG bei einem Mahnverfahren nach § 43 Nr. 6 WEG anwendbar, weil es dort wegen § 688 Abs. 1 ZPO um bestimmte und deshalb bezifferte Geldansprüche geht.3
6248
Handelt es sich um Klagen eines Wohnungseigentümers oder mehrerer Wohnungseigentümer gegen die anderen Wohnungseigentümer, kommt § 49a Abs. 1 GKG zur Anwendung („Klage gegen Alle“), während § 49a Abs. 2 GKG einschlägig ist, wenn ein Wohnungseigentümer oder mehrere verklagt werden („Klage gegen Einzelne“). Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Absätzen des § 49a GKG besteht darin, dass für den letztgenannten Fall des § 49a Abs. 2 GKG keine Streitwertgrenze nach unten, kein sog. Mindeststreitwert, geregelt ist.
6249
2. Bezifferte Klagen Bei bezifferten Klagen in Wohnungseigentumssachen richtet sich der Gebührenstreitwert nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Maßgeblich ist allein die Höhe der verlangten Forderung, nicht ein bestimmtes individuelles Interesse der Beteiligten.
Û
6250
Beispiel: Der Verband nimmt den Verwalter aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der Eigentümerversammlung auf Schadensersatz i.H.v. 1860 Euro wegen einer Verletzung des Verwaltervertrages in Anspruch, weil der Verwalter es schuldhaft versäumt habe, Baumängel rechtzeitig vor Ablauf der Gewährleistungsfrist zu erkennen und die Gemeinschaft auf den drohenden Ablauf der Gewährleistungsfrist hinzuweisen und eine Entscheidung der Wohnungseigentümerversammlung über das weitere Vorgehen herbeizuführen. Der Streitwert beträgt 1860 Euro. Überlegungen zu den weiteren Interessen der Beteiligten bedarf es nicht.
Andere bezifferte Klagen sind beispielsweise Schadenersatzklagen gegen einen Wohnungseigentümer oder gegen den Verband. Praxisrelevant ist auch die Klage des Verbandes gegen einen Wohnungseigentümer auf Zahlung rückständigen Wohngeldes und des Saldos aus einer Jahresabrechnung.
6251
3. Unbezifferte Klagen Bei unbezifferten Klagen ist § 49a GKG einschlägig, so dass die Wertbestimmung gemäß den Ausführungen in Rn. 6240 zu erfolgen hat.
1 Vgl. Timme/Elzer, § 43 WEG Rn. 201. 2 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 16/887, S. 53. 3 Briesemeister, NZM 2007, 345 (347).
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Wohnungseigentum
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Zwar scheint die Anknüpfung an den Verkehrswert kein geeignetes Mittel der Streitwertbestimmung zu sein; allerdings dürfte die praktische Bedeutung aufgrund der zweifachen Begrenzung des sog. Höchststreitwerts gem. § 49a Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 GKG gering bleiben. 4. Übersicht zur Prüfungsreihenfolge
6254
1. Ermittlung des „Normalstreitwerts“ (§ 49a Abs. 1 Satz 1 GKG) Ermittlung des Gesamtinteresses aller an dem Verfahren Beteiligten und Begrenzung dieses Interesses auf 50 %. Das ist der Ausgangswert. 2. Ermittlung des „Mindeststreitwerts“ (§ 49a Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 GKG) Festlegung des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen als Untergrenze. 3. Ermittlung des „Höchststreitwerts“ (§ 49a Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 GKG) Begrenzung des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen auf das Fünffache als Obergrenze (= 5-facher „Mindestwert“). 4. Ermittlung des „absoluten Höchststreitwerts“ (§ 49a Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 GKG) Begrenzung des Streitwerts auf den Verkehrswert des Wohnungseigentums als weitere Obergrenze. 5. Fälle des § 49a Abs. 2 GKG („Klage gegen Einzelne“) Festlegung des Interesses der Beklagten und der auf ihrer Seite Beigetretenen; Begrenzung nach dem „Höchststreitwert“ und dem „absoluten Höchststreitwert“.
a) Ermittlung des „Normalstreitwerts“ 6255
Bei einer unbezifferten „Klage gegen alle“1 in Wohnungseigentumssachen nach § 43 WEG ist der Streitwert gem. § 49a Abs. 1 Satz 1 WEG grundsätzlich mit 50 % des Interesses der Parteien, aller beigeladenen Wohnungseigentümer und – soweit dieser betroffen ist – des Interesses des Verwalters an der Entscheidung zu bemessen.
6256
Der Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, auf das geringere Interesse der einzelnen Partei abzustellen, um die Wohnungseigentümer anzuhalten, die über ihr subjektives Interesse hinausgehende Wirkung des Verfahrens auf die anderen Beteiligten zu bedenken und von einer leichtfertigen Klage abzusehen.2
6257
Praxisrelevante Fälle des § 49a Abs. 1 Satz 1 WEG sind vor allem Anfechtungsklagen nach § 46 WEG sowie Klagen gem. §§ 15 Abs. 3, 21 Abs. 4 und Abs. 8 WEG. b) Ermittlung des „Mindeststreitwerts“
6258
In einem zweiten Schritt ist der Mindeststreitwert zu ermitteln und dieser mit dem Normalstreitwert zu vergleichen. Denn der Normalstreitwert darf das Inte-
1 Siehe oben Rn. 6249. 2 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 14.7.2009 – 5 W 109/09, ZWE 2010, 35 = NZM 2010, 408; s. auch (noch zu § 48 WEG a.F.) BVerfG, Beschl. v. 12.2.1992 – 1 BvL 1/89, BVerfGE 85, 337 = MDR 1992, 713.
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Wohnungseigentum resse der Klageparteien und der auf ihrer Seite Beigetretenen an der Entscheidung (= Mindeststreitwert nach § 49a Abs. 1 Satz 2, Fall 1 GKG) nicht unterschreiten. Liegt der Normalstreitwert über dem Mindeststreitwert, verbleibt es für die weitere Prüfung bei dem Normalstreitwert. Liegt der Normalstreitwert unter dem Mindeststreitwert, bildet letzterer die Grundlage der weiteren Prüfung.
6259
Die Fälle, in denen der Normalstreitwert durch den Mindeststreitwert verdrängt 6260 wird, werden in der Praxis eher selten sein. In Betracht kommt insbesondere eine Beschlussanfechtung durch einen Mehrheitseigentümer, dem kein anderer Wohnungseigentümer beitritt. Geht es etwa um die Anfechtung eines Jahresabrechnungsbeschlusses, bemisst sich der Normalstreitwert nach der Hälfte des Betrages derselben. Dieser Betrag liegt bei einem Mehrheitseigentümer jedoch unter dem Mindeststreitwert, der sich ja nach dem (über 50 %) liegenden Individualinteresse des Klägers richtet.1 c) Ermittlung des „Höchststreitwerts“ Bildet der Normalstreitwert den Vergleichsmaßstab, wird dieser durch den sodann zu ermittelnden „Höchststreitwert“ nach § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG begrenzt. Der Höchststreitwert in diesem Sinne ist der 5-fache Wert des für die Klagepartei und die auf ihrer Seite Beigetretenen maßgeblichen Interesses an der Entscheidung, letztlich also der fünffache Mindeststreitwert.
6261
Damit soll ein etwaig niedrigeres subjektives Interesse des Klägers berücksichtigt und unverhältnismäßig hohe Kosten, die den Interessen des Rechtssuchenden erkennbar zuwiderlaufen, vermieden werden.2
6262
Die Fälle, in denen der Normalstreitwert durch den Höchststreitwert gekappt wird, sind in der Praxis häufiger. So fallen das Individualinteresse eines einzelnen Wohnungseigentümers mit einer kleinen Wohneinheit und das Kollektivinteresse aller anderen Wohnungseigentümer gerade bei Streitigkeiten um Jahresabrechnungen in großen Wohnungseigentumsanlagen oftmals stark auseinander. Deshalb ist in solchen Fällen der Normalstreitwert in das Verhältnis zum fünffachen Kläger- (und ggf. Beigetretenen-)Interesse zu setzen. Erweist sich Letzteres als höher, stellt es den Gebührenstreitwert dar, § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG.
6263
Bildet der Mindeststreitwert den Vergleichsmaßstab, bedarf es der Ermittlung des Höchststreitwerts nicht, da der einfache Wert der Interessen naturgemäß niedriger ist als deren fünffacher Wert.
6264
d) Ermittlung des „absoluten Höchststreitwerts“ In einem letzten Prüfungsschritt im Rahmen des § 49a Abs. 1 GKG ist der zuvor ermittelte Streitwert in Beziehung zum Verkehrswert des Wohnungseigentums des Einzelnen und des auf seiner Seite Beigetretenen (= absoluter Höchststreitwert) zu setzen.
6265
Praktische Bedeutung haben die Höchststreitwerte nach § 49a Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 GKG in großen Wohnanlagen bei Streitigkeiten um Wirtschaftspläne oder Jahresabrechnungen,3 bei Anfechtungen von Sonderumlagen oder Sanierungsbeschlüssen4 sowie bei Auseinandersetzungen über die Abbe-
6266
1 Vgl. Hügel/Scheel, Teil 17 Verfahrensrecht, Rn. 152. 2 Noch zu § 48 WEG a.F.: BVerfG, Beschl. v. 12.2.1992 – 1 BvL 1/89, BVerfGE 85, 337 = MDR 1992, 713. 3 BayOblG, Beschl. v. 20.1.2005 – 2 Z BR 141/04, ZMR 2005, 387 = MietRB 2005, 181. 4 OLG Hamburg, Beschl. v. 6.6.2000 – 2 Wx 66/99, ZMR 2001, 379 = FGPrax 2001, 59.
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rufung eines Verwalters. Denn in diesen Fällen ist das Abänderungsinteresse des Einzelnen mitunter gering und beläuft sich jeweils auf den von ihm zu tragenden Anteil.1
Û
Beispiel zur Ermittlung des Gebührenstreitwerts: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft bestehend aus 18 Eigentümern mit gleichwertigen Einheiten beschließt die Sanierung der Balkone mit geschätzten Kosten von 90 000 Euro. Es wird eine entsprechende Sonderumlage gebildet und die Sanierungskosten sollen nach Miteigentumsanteilen von den Eigentümern getragen werden. Wohnungseigentümer A ficht den Beschluss an. Seine Wohnung hat einen Verkehrswert von 40 000 Euro. Sein Anteil an den Sanierungskosten würde dementsprechend 5000 Euro betragen. Die Wohnungseigentümer B und C, deren Kostenanteil ebenfalls 5000 Euro beträgt, treten auf Seiten des Klägers A dem Rechtsstreit gegen die übrigen Wohnungseigentümer bei. Wie ermittelt sich der Streitwert? Nach § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG ist zunächst im Rahmen des „Normalstreitwerts“ das Interesse der Parteien und aller Beigeladenen zu ermitteln. Die Gesamtkosten der Balkonsanierung belaufen sich auf 90 000 Euro. Unter Berücksichtigung der 50 %-Grenze ermittelt sich als Streitwertobergrenze ein Betrag i.H.v. 45 000 Euro. Das Interesse des Klägers A und der Beigetretenen B und C bemisst sich an deren Anteil an den Sanierungskosten von insgesamt 15 000 Euro (3 × 5000 Euro). Dieser Wert darf nicht unterschritten werden („Mindesstreitwert“ gem. § 49a Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 GKG). Da vorliegend der „Normalstreitwert“ (45 000 Euro) über dem „Mindeststreitwert“ (15 000 Euro) liegt, ist der „Normalstreitwert“ maßgeblich. Der Ermittlung des Höchststreitwerts bedarf es nicht, da der einfache Wert der Interessen naturgemäß niedriger ist als deren fünffacher Wert (der vorliegend bei 75 000 Euro liegt). Zur Kontrolle: Der nach § 49a Abs. 1 Satz 3 GKG im Rahmen des „absoluten Höchststreitwerts“ zu bestimmende Verkehrswert der drei Wohnungen beläuft sich auf 120 000 Euro. Dieser Betrag liegt deutlich über dem ermittelten „Normalstreitwert“ von 45 000 Euro, so dass es bei diesem Betrag als Streitwertobergrenze bleibt. Der Gebührenstreitwert beziffert sich daher auf 45 000 Euro.
e) Fälle des § 49a Abs. 2 GKG 6267
§ 49a Abs. 2 GKG erfasst die Fälle, in denen eine unbezifferte Klage gegen einen oder mehrere Wohnungseigentümer, aber eben nicht gegen alle (mit Ausnahme des Klägers) gerichtet ist („Klage gegen Einzelne“).
6268
Anwendbar ist die Vorschrift bei Klagen Dritter, bei Klagen des Verbandes gegen einen Wohnungseigentümer oder bei Unterlassungsklagen einzelner Wohnungseigentümer gegen den störenden Wohnungseigentümer.2
6269
Der Streitwert im Rahmen des § 49a Abs. 2 GKG ist zu bestimmen nach dem Normalstreitwert auf der Grundlage des Interesses der Beklagten und der auf ihrer Seite Beigetretenen. Der so ermittelte Normalstreitwert ist mit dem „Höchststreitwert“ und dem „absoluten Höchststreitwert“ in Beziehung zu setzen. Einen „Mindeststreitwert“ wie bei § 49a Abs. 1 GKG, der eine Untergrenze festlegt, gibt es hier nicht.
6270
Praxisrelevant sind vor allem Unterlassungsklagen nach § 15 Abs. 3 WEG (ggf. i.V.m. § 1004 BGB).
6270a
Soll eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit einem bezifferten Betrag belastet werden, während der Eigentümer mit der Klage die alleinige Haftung des Ver-
1 Timme/Elzer, § 43 WEG Rn. 213. 2 Vgl. Timme/Elzer, § 43 WEG Rn. 214.
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Wohnungseigentum walters durchsetzen will, bestimmt sich der Streitwert nicht nach dem Miteigentumsanteil des Klägers, sondern nach § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG.1
III. Streitwert-ABC Nachfolgend werden häufig vorkommende Verfahrensgegenstände aufgezählt. So- 6271 weit die Entscheidungen zu § 48 Abs. 2 WEG a.F. ergangen sind, dienen sie als Anhaltspunkte, weil sie sich auf das jeweilige Parteiinteresse naturgemäß beziehen. Im Hinblick auf § 48 Abs. 3 WEG a.F. ist stets zu hinterfragen, ob das Gericht den Geschäftswert nicht niedriger festgesetzt hat, weil die Kosten des Verfahrens zu dem Interesse eines Beteiligten nicht in einem angemessenen Verhältnis standen. Dieser Abschlag ist nach neuem Recht nicht mehr vorzunehmen, weil die Reduzierung nach anderen Kriterien, wie dargelegt, erfolgt. Letztlich ist das für den Normalstreitwert zu ermittelnde Gesamtinteresse aller Verfahrensbeteiligten als Ausgangspunkt der Streitwertbemessung im Einzelfall auch von weiteren Faktoren, insbesondere der Größe der Wohnungseigentumsanlage und der wirtschaftlichen Bedeutung abhängig. Bei der Ermittlung ist nicht allein auf den Wortlaut des Klageantrags abzustellen, sondern durch Auslegung der wirkliche Wille des Klägers zu ermitteln.2 Stichwortübersicht Rn. Abberufung, Verwalter . . . . . . . . . . Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anfechtung, Beschluss . . . . . . . . . . Anpflanzungen . . . . . . . . . . . . . . . . Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barrierefreier Zugang . . . . . . . . . . . Bauliche Änderung . . . . . . . . . . . . . Bauliche Änderung, Balkon . . . . . . . Bauliche Änderung, Dach . . . . . . . . Bauliche Änderung, Decken/Wände Bauliche Änderung, Fenster . . . . . . Bauliche Änderung, Parabolantenne Bauliche Änderung, Terrasse . . . . . . Bauliche Änderung, Wind-/ Sichtschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauliche Änderung, Wintergarten . . Bauliche Änderung, Wohnungseingangstür . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . Betreten von Sondereigentum . . . . . Eigentümerversammlung . . . . . . . . Einsichtnahme . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . Entfernung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
6273 6274 6276 6282 6288 6289 6290 6291 6294 6295 6295a 6295b . 6296 . 6306
. . 6307 . . 6310 . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
6309 6311 6312 6315 6326 6318 6313 6323 6319
Rn. Erhöhung des Nutzungsentgelts für Einrichtungen zur Wäschepflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fälligkeitsregelung im Wirtschaftsplan . . . . . . . . . . . . . . . . Hausordnung . . . . . . . . . . . . . . . . Heizkostenverteilerschlüssel . . . . Herausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . Instandhaltung/Instandsetzung . . Jahresabrechnung, Erstellung . . . . Jahresabrechnung, Genehmigung, Anfechtung. . . . . . . . . . . . . . . . Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kreditaufnahme . . . . . . . . . . . . . . Lastschriftverfahren . . . . . . . . . . . Laubpflegeplan . . . . . . . . . . . . . . . Leistungsklage . . . . . . . . . . . . . . . Mobilfunkantenne . . . . . . . . . . . . Müllcontainer . . . . . . . . . . . . . . . Negativbeschluss . . . . . . . . . . . . . Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nutzung, Außenfläche . . . . . . . . . Nutzung, Balkon . . . . . . . . . . . . . Nutzung, Dachräume/-terrasse. . . Nutzung, Garten . . . . . . . . . . . . . Nutzung, Hofdurchfahrt . . . . . . . .
. . . 6327 . . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
6328 6329 6334 6335 6341 6343
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . .
6345a 6352 6353 6354 6356a 6357 6358 6359a 6359b
. . . . . .
. . . . . .
. 6360 . 6361a 6361b . 6362 . 6364c . 6364e
1 OLG Koblenz, Beschl. v. 4.5.2009 – 5 W 288/09, WuM 2010, 321 = ZMR 2010, 305; vgl. aber auch OLG Bamberg, Beschl. v. 29.7.2010 – 3 W 94/10, ZMR 2011, 887; OLG Celle, Beschl. v. 30.3.2009 – 4 W 41/09; LG Braunschweig, Beschl. v. 8.2.2011 – 6 T 39/11, ZMR 2011, 481. 2 LG Saarbrücken, Beschl. v. 4.3.2009 – 5 T 40/09, NZM 2009, 323 = NZM 2010, 416 (Ls.).
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Wohnungseigentum Rn.
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Nutzung, Laden . . . . . . . . . . . . . . Nutzung, Wohnung . . . . . . . . . . . Parken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . Schneepflegeplan . . . . . . . . . . . . . Selbständiges Beweisverfahren . . . Sondernutzungsflächen . . . . . . . . Sonderumlage bei Sanierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umzugskostenpauschale . . . . . . . Unterlassung . . . . . . . . . . . . . . . . Unterlassung, bordellähnlicher Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterlassung, Nutzung von Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermietung. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
6365 6366 6367 6369 6371 6372 6375
. . . 6374 . . . 6378 . . . 6381 . . . 6382 . . 6382b . . 6382c
Rn. Versammlungsprotokoll . . . . . . . . . Versorgungssperre . . . . . . . . . . . . . Verteilerschlüssel, Verwalterkosten Verwalter, Abberufung . . . . . . . . . . Verwalter, Entlastung . . . . . . . . . . . Verwalter, Notverwalter . . . . . . . . . Verwalter, Pflichtverletzung . . . . . . Verwalter, Verwaltervertrag . . . . . . Verwalter, Wahl . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsbeirat, Entlastung . . . . Verwaltungsbeirat, Wahl . . . . . . . . Wahl eines Schriftführers . . . . . . . . Wirtschaftsplan . . . . . . . . . . . . . . . Zahlungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
6382d . 6383 . 6384 . 6385 . 6386 . 6387 . 6388 . 6389 . 6391a . 6392 . 6392a . 6393 . 6394 . 6395 . 6396
• Abberufung, Verwalter 6273
Streitwertfragen betreffend die Abberufung des Verwalters werden unter Rn. 6385 ff. behandelt. • Abmahnung
6274
Für die Bemessung des Interesses der Parteien an der Abmahnung ist es unerheblich, in welcher Form die Abmahnung erfolgt ist, weil die – streitwertrelevanten – Konsequenzen für den betroffenen Wohnungseigentümer die gleichen sind.
6274a
Soll die Abmahnung die Entziehung von Wohnungseigentum vorbereiten, ist es sachgerecht, den Streitwert mit einem Drittel des Streitwerts einer Klage betreffend den Entziehungsbeschluss selbst festzusetzen, entsprechend der Praxis bei Abmahnungen in arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzverfahren.1
6275
Das BayObLG2 hat den Streitwert für den Antrag eines Wohnungseigentümers auf Feststellung der Ungültigkeit und Rechtswidrigkeit einer vom Verwalter ausgesprochenen Abmahnung i.S.d. § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG auf 1000 Euro bemessen. • Anfechtung, Beschluss
6276
Für die Streitwertfestsetzung in einem Wohnungseigentumsverfahren, das die Anfechtung eines Beschlusses der Wohnungseigentümer betrifft, ist bei der Ermittlung des maßgeblichen Interesses gem. § 49a GKG nicht allein auf den Wortlaut des Klageantrags abzustellen, sondern durch Auslegung der wirkliche Wille des Klägers nach § 133 BGB zu ermitteln.3
6277
In vielen Fällen wird – gerade im Hinblick auf immaterielle Beeinträchtigungen – nur eine Schätzung möglich sein. Grundlage der Streitwertschätzung bildet regelmäßig die vom Kläger angegebene und finanziell dargestellte Beeinträchtigung. Weicht diese Darstellung nicht offensichtlich nach oben oder unten von dem Interesse einer wirtschaftlich vernünftig vorgehenden Partei ab, kann das Gericht diese Wertvorstellungen ohne Weiteres der Streitwertbemessung zugrunde legen.
1 Köhler/Hahne, WEG, Teil 19, Rn. 17. 2 BayObLG, Beschl. v. 9.3.2004 – 2 Z BR 19/04, NJW-RR 2004, 1020 = NZM 2004, 383. 3 LG Saarbrücken, Beschl. v. 4.3.2009 – 5 T 40/09, NZM 2009, 323 = NZM 2010, 416.
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Wohnungseigentum Für die Bemessung des Streitwertes nach § 49a GKG kommt es bei der Anfechtung 6278 eines Beschlusses der Eigentümerversammlung auf das subjektive Interesse der Parteien und nicht den Gesamtwert des Beschlusses an. Entscheidend ist, welche Positionen im Streit sind. Dabei ist es unerheblich, ob der Beschluss teilbar ist oder nur als Ganzes angefochten werden kann.1 Denn gem. § 49a GKG ist auf das – subjektive – Interesse des Klägers bei der Bemessung des Streitwertes abzustellen. Wendet sich der Kläger nur gegen die Einzelposition eines Beschlusses und nicht gegen den Beschluss als Ganzes, so bestimmt sich sein Interesse nur nach dem Wert dieser einzelnen Position und nicht nach dem Wert des Gesamtbeschlusses, auch wenn er aus prozessualen Gründen dazu gehalten ist, den Beschluss als Ganzes anzufechten; denn streitig ist nur die vom Kläger beanstandete Einzelposition.2 Wird ein Negativbeschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft angefochten (hier: Ablehnung eines Kostenerstattungsanspruchs eines Wohnungseigentümers) und gleichzeitig die Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Vornahme der abgelehnten Maßnahme verlangt, so handelt es sich bei natürlicher Betrachtungsweise um einen einheitlichen Lebenssachverhalt, der eine Zusammenrechnung der Streitwerte für die Anträge nicht rechtfertigt.3 Will der Kläger mit der Anfechtung des Negativbeschlusses und den Verpflichtungsanträgen von ihm begehrte, aber von der Eigentümerversammlung verweigerte Sanierungsmaßnahmen durchsetzen, ist sein Interesse gem. § 49a GKG gleichwohl anhand der Herstellungskosten eines sachverständigenseits festgestellten Sanierungsaufwandes zu bemessen4.
6279
Bei nur isolierter Anfechtung eines Negativbeschlusses entspricht nach Auffassung des OLG Köln5 der Streitwert nicht dem Streitwert der Klage auf Anordnung einer Maßnahme; vielmehr sei in der Regel ein Abschlag von 50 % vorzunehmen. In diesem Fall hatte die Eigentümerin einer Penthouse-Wohnung einen Beschluss der Eigentümerversammlung angefochten, mit dem diese die Sanierung der Fenster in ihrer Wohnung abgelehnt hatte. Das AG setzte den Streitwert auf 25 000 Euro, entsprechend den voraussichtlichen Sanierungskosten fest. Das LG ging von einem Streitwert von 4000 Euro aus, das OLG letztlich von 12 500 Euro. Für das Berufungsverfahren sei gem. § 47 Abs. 1, 2 GKG vom Interesse der beklagten Wohnungseigentümer daran, die Kosten der Fenstersanierung der Penthouse-Wohnung nicht tragen zu müssen, auszugehen. Abzustellen sei allerdings nicht nur auf das Interesse des einzelnen Berufungsklägers, sondern auf das Interesse aller Beklagten, da diese notwendige Streitgenossen seien. Richtig sei es aber, den Streitwert nicht in Höhe der gesamten mutmaßlichen Sanierungskosten festzusetzen; vielmehr sei ein deutlicher Abschlag von im Regelfall 50 % vorzunehmen, weil die Aufhebung des Negativbeschlusses die Gemeinschaft nicht unmittelbar zur Vornahme der Sanierungsmaßnahme verpflichte. Ausgangspunkt habe aber nicht ein Regelstreitwert zu sein, sondern der konkrete Wert der Maßnahme, um deren Vornahme die Parteien streiten. Die Entscheidung über die Wirksamkeit eines Negativbeschlusses bleibe indes in ihrer Rechtskraftwirkung hinter der eines Urteils, das die Maßnahme anordnet, zurück. Bei einer Feststellungsklage werde zwar nur ein Abschlag von regelmäßig 20 % vorgenommen. Der Fall sei jedoch vergleichbar. Allerdings bleibe die Wirkung der Ungültigerklärung eines Negativbeschlusses hinter der positiven Feststellung einer entsprechenden Verpflichtung zurück. Unerheblich sei, dass im
6280
1 OLG Celle, Beschl. v. 4.2.2011 – 4 W 243/10, MietRB 2011, 215. 2 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 14.7.2009 – 5 W 109/09–42, 5 W 109/09, MietRB 2011, 352; OLG Celle, Beschl. v. 4.2.2011 – 4 W 243/10, MietRB 2011, 215. 3 OLG Celle, Beschl. v. 14.1.2010 – 4 W 10/10, ZMR 2010, 627 = MietRB 2010, 117; LG Hamburg, Beschl. v. 13.6.2013 – 318 T 17/13, ZMR 2014, 382. 4 OLG Celle, Beschl. v. 14.1.2010 – 4 W 10/10, MietRB 2010, 117; LG Hamburg, Beschl. v. 13.6.2013 – 318 T 17/13, ZMR 2014, 382. 5 OLG Köln, Beschl. v. 12.5.2010 – 16 W 15/10, IMR 2010, 496 mit Anm. Müller = ZWE 2010, 275 = MietRB 2010, 268.
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Falle einer neuen Antragstellung in der Eigentümerversammlung die Wohnungseigentümer ihre Zustimmung aufgrund des ergangenen Urteils über den Negativbeschluss wohl nicht verweigern werden. Die Rechtskraftwirkung bleibe hinter der Anordnung der Maßnahme zurück. Der so gefundene Streitwert von 12 500 Euro sei nicht gem. § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG zu halbieren, da er das Interesse der klagenden Eigentümerin an der Sanierung der Fenster nicht unterschreiten dürfe. 6281
Wenn innerhalb der Zweimonatsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG zunächst eine Beschlussanfechtungsklage erhoben, diese dann aber innerhalb der weiteren Zweimonatsfrist dahin beschränkt wird, dass nur der Beschluss zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt angefochten werden soll, bestimmt sich der Streitwert des gesamten Verfahrens nur nach dem Wert dieses Antrags.1 • Anpflanzungen
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Maßgeblich sind die Kosten der Maßnahme, das individuelle Erhaltungsinteresse des Anfechtenden und die Auswirkungen der Beseitigung auf den Nutzwert der Anlage.
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Der BGH2 hat den Gebührenstreitwert betreffend den Rückschnitt einer Hecke auf dem Grundstück des vermietenden Sondernutzungsberechtigten auf 10 000 Euro festgesetzt.
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Ein Antrag auf Ungültigerklärung eines Beschlusses auf Rückschnitt einer Hecke von ca. 160 cm auf 80 cm (verbunden mit einer längerfristigen Schädigung der Hecke) ist dagegen nach Auffassung des OLG München in einer Entscheidung aus dem Jahre 20053 mit einem Streitwert von 2000 Euro angemessen bewertet worden.
6285
Geht es im Verfahren um einen jährlichen Rückschnitt der im Gemeinschaftseigentum stehenden (acht) Bäume zum Erhalt des Rheinblicks, ist der Streitwert laut AG Düsseldorf mit 3000 Euro zu bemessen.4
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Das OLG Braunschweig5 hat für den geltend gemachten Anspruch auf Entfernen einer Hecke und deren Neuanpflanzung einen Gebührenstreitwert von 2100 Euro festgesetzt.
6287
Bei der Anfechtung eines Beschlusses über das Fällen von Bäumen bestimmt sich der Geschäftswert aus der Addition vom immateriellen Interesse an der Erhaltung der Bäume und Baumfällkosten, Wiederbepflanzung und Risikozuschlag für das Gelingen der Ersatzpflanzung; eine schematische Begrenzung auf das Fünffache des Eigeninteresses scheidet aus.6 • Aufhebung
6288
Der Streitwert eines Verfahrens betreffend eines Zweitbeschlusses der Wohnungseigentümer, mit welchem ein Beschluss, den Verwalter zu beauftragen, „… im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens zu prüfen, ob bei Erstellung der Balkone gegen die Regeln der Baukunst verstoßen wurde …“ aufgehoben wurde, ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte auf 2500 Euro geschätzt worden.7 1 LG Braunschweig, Beschl. v. 31.3.2014 – 6 T 727/13, MietRB 2014, 329. 2 BGH, Beschl. v. 4.3.2010 – V ZB 130/09, MDR 2010, 688 = NJW-RR 2010, 807. 3 OLG München, Beschl. v. 12.9.2005 – 34 Wx 54/05, NJW-RR 2006, 88 = ZMR 2006, 67 = MietRB 2006, 69. 4 AG Düsseldorf, Urt. v. 7.9.2009 – 290a C 6777/08, ZMR 2010, 234 = WE 2010, 250. 5 OLG Braunschweig, Beschl. v. 8.2.2007 – 3 W 1/07, MietRB 2007, 100. 6 OLG Hamburg, Beschl. v. 7.1.2004 – 2 Wx 2/04, ZMR 2004, 265 (266): 5000 Euro; a.A. OLG Hamm, Beschl. v. 19.5.2000 – 15 W 118/00, NZM 2001, 549. 7 KG, Beschl. v. 15.9.1999 – 24 W 911/98, FGPrax 2000, 10 = WuM 2000, 88, 89: 5000 DM.
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Wohnungseigentum • Auskunft Der Streitwert richtet sich nach dem Interesse an der begehrten Auskunftserteilung. Er beträgt einen Bruchteil des Wertes der Hauptsache, deren Durchführung mit der Auskunft vorbereitet werden soll. Es handelt sich stets um eine Einzelfallermittlung. Die Gerichte schwanken zwischen 10 % und 50 %1 desjenigen Anspruchs, dessen Geltendmachung die Auskunft erleichtern soll. Maßgeblich ist, wie hoch der Kenntnisstand des Klägers wegen der die Leistungsklage begründenden Tatsachen ist; je geringer der Kenntnisstand, desto höher ist das Interesse an der Auskunft zu bewerten.
6289
• Barrierefreier Zugang Zielt die Beschlussanfechtung auf Gewährleistung eines barrierefreien Zugangs durch Beseitigung einer Erhöhung von Schwellen (von 3 cm auf ca. 8,5 cm) zu einem Balkon, damit eine auf einen Rollator angewiesene Wohnungseigentümerin diesen benutzen kann, sind die Sanierungskosten Grundlage der Streitwertbemessung; diese können im Einzelfall nach Darlegung des Klägers 50 000 Euro betragen.2
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• Bauliche Änderung Bei baulichen Änderungen, Instandsetzungsmaßnahmen oder Modernisierungen ist zu differenzieren: Geht es dem Kläger in erster Linie um seine individuelle Kostenbelastung aus der Maßnahme, ist dieses Interesse für die Streitwertermittlung von maßgeblicher Bedeutung. Dann richtet sich die Streitwertbemessung grundsätzlich nach dem der streitgegenständlichen Sanierungsmaßnahme zugrundeliegenden Kostenrahmen sowie dem Einzelinteresse des Klägers nach seinem Kostenanteil.3 Wird mit der Sanierungsmaßnahme zugleich eine Sonderumlage mitbeschlossen, führt dies nicht zur Streitwerterhöhung, weil der erforderliche Sanierungsaufwand bereits der Bemessung des Streitwertes für die Sanierungsmaßnahme zugrunde liegt.4
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Vielfach wird der Kläger aber generell mit einer beabsichtigten Veränderung der Gestaltung der Wohnanlage nicht einverstanden sein; dann richtet sich das Klagebegehren auf die Maßnahmen als solche. In diesem Fall besteht kein Einzelinteresse. Daher bestimmt sich der Streitwert in diesen Fällen – wie nach alter Rechtslage – nach dem Betrag des Gesamtinteresses. Zu berücksichtigen sind insoweit insbesondere die Bau- bzw. Beseitigungskosten und die mit den Maßnahmen verbundenen Beeinträchtigungen der Sondernutzungsfläche. Neben diesen rein finanziellen Gesichtspunkten können im Einzelfall besondere ästhetische oder emotionale Belange des Betroffenen von Bedeutung für die Streitwertbemessung sein.5 Der so ermittelte Betrag ist nach § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG um die Hälfte zu kürzen und gemäß der Wertgrenze, die durch den Wert des Sondereigentums des Klägers bestimmt wird, zu bemessen.6
6292
1 10 %–20 %: BGH, Beschl. v. 21.4.1999 – XII ZB 158/98, FamRZ 1999, 1497; Beschl. v. 24.6.1992 – XII ZB 56/92, FamRZ 1993, 46; OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.11.1995 – 1 UF 203/95, FamRZ 1997, 38; 50 %: BayObLG, Beschl. v. 22.5.1997 – 2 Z BR 45/97, WE 1998, 75 = WuM 1997, 462; LG Erfurt, Beschl. v. 30.3.1999 – 7 T 37/99, NZM 2000, 519. 2 AG München, Urt. v. 28.11.2011 – 485 C 915/10, ZMR 2012, 559. 3 LG Hamburg, Beschl. v. 26.6.2012 – 318 T 36/12, ZMR 2012, 968 = RVG prof. 2013, 91; AG Bremen, Beschl. v. 15.3.2013 – 29 C 112/12. 4 AG Bremen, Beschl. v. 15.3.2013 – 29 C 112/12. 5 Köhler/Hahne, WEG, Teil 19, Rn. 13. 6 Vgl. Drasdo, NJW-Spezial 2009, 753.
Monschau
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Wohnungseigentum
ZPO
6293
Eine weitere Streitwertbeurteilung ergibt sich für den Fall, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft in Vorbereitung einer baulichen Maßnahme bisher nur einen Grundsatzbeschluss gefasst hat. Dann muss die Ungewissheit darüber, ob die Baumaßnahme durchgeführt wird, zu einem Abzug führen, weil die Auswirkungen des Beschlusses auf die Betroffenen geringer sind. Der Abzug richtet sich danach, inwieweit durch den Beschluss bereits Kosten ausgelöst werden und wie konkret die Maßnahme beschlossen worden ist. So nimmt das AG Hamburg-Altona1 einen Abzug in Höhe von 20 % vor bei einem Beschluss, der für eine Umbaumaßnahme bereits einen Kostenrahmen vorgibt und einen Abzug in Höhe von 50 % bei einem Beschluss, der lediglich die grundsätzliche Erneuerung (hier einer Aufzugsanlage) bestimmt, das weitere Vorgehen jedoch auf eine spätere Wohnungseigentümerversammlung verschiebt. • Bauliche Änderung, Balkon
6294
Das AG Stade2 hat den Streitwert in einem Beschlussanfechtungsverfahren, das die Ungültigkeitserklärung eines Balkon-Sanierungsbeschlusses ohne Bestandsaufnahme und ohne Einholung von Vergleichsangeboten zum Gegenstand hatte, mit 4000 Euro bemessen; zugrunde lag ein nach Ansicht des Klägers überhöhtes Kostenangebot über die Gesamtkosten (inkl. Gerüst, Abbruch, Dachdecker- und Malerarbeiten) von ca. 6900 Euro. • Bauliche Änderung, Dach
6295
Das Interesse des Klägers am Rückbau einer Anhebung eines Daches des Gemeinschaftseigentums um 0,22 m und Einbau von 3 Dachstützen und 2 Dachgauben wurde mit 20 000 Euro bemessen.3 Das Gericht hat bei der Streitwertbemessung auch die nachteilige Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage einfließen lassen. • Bauliche Änderung, Decken/Wände
6295a
Ist eine umfassende Sanierung des Gemeinschaftseigentums streitgegenständlich (hier: Deckendurchbruch zwischen Keller und Erdgeschoss sowie Abbruch/ Durchbruch von tragenden Kellerwänden), ist das Klägerinteresse auf 60 000 Euro zu bemessen.4 • Bauliche Änderung, Fenster
6295b
Das Interesse des Klägers im Beschlussanfechtungsverfahren hinsichtlich der Erneuerung von Wohnzimmerfenstern bei Änderung einer symmetrischen Fassadengestaltung durch einige neue, bodentiefe Fenster, ist mit 8000 Euro festzusetzen.5 • Bauliche Änderung, Parabolantenne
6296
Die Festsetzung des Streitwerts in Klagen auf Beseitigung von Parabolantennen bereitet in der Praxis – sowohl in Wohnungseigentums- als auch in Mietsachen – Schwierigkeiten. Die Entscheidungen der Gerichte sind dementsprechend sehr unterschiedlich und kaum prognostizierbar. 1 2 3 4 5
AG Hamburg-Altona, Urt. v. 25.11.2009 – 303B C 23/09, ZMR 2010, 480. AG Stade, Urt. v. 16.1.2014 – 64 C 632/13, ZMR 2014, 494. AG München, Urt. v. 23.7.2009 – 483 C 1500/08. AG München, Beschl. v. 8.7.2010 – 483 C 703/10, ZMR 2010, 999. AG München, Urt. v. 8.1.2014 – 482 C 11398/13 WEG, ZMR 2014, 491.
1198
Monschau
Wohnungseigentum In einer Entscheidung aus dem Jahre 1995 hat das OLG Köln1 den Streitwert in einem Beschlussanfechtungsverfahren auf 7000 DM beziffert. In diesem Verfahren hatte das Gericht sich mit der Frage zu befassen, ob ein Wohnungseigentümer den Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft, das Haus an das Breitkabelnetz anzuschließen und die bisher vorhandene Dachantenne zu demontieren, hinnehmen muss, wenn diese Veränderung seine bisherigen Möglichkeiten des Rundfunkund Fernsehempfangs nicht spürbar – wohl aber in geringem Umfange – beeinträchtigt, während die Neuerung den übrigen Eigentümern zusätzliche Informationsmöglichkeiten verschafft.
6297
Das OLG Koblenz2 hat den Streitwert eines Antrags, durch den der Einbau einer 6298 Empfangsanlage für Satellitenfernsehen verhindert werden soll, gem. § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG auf 3000 Euro bemessen. Die Kammer hat das Interesse der anderen Wohnungseigentümer an der Einrichtung einer Empfangsanlage für Satellitenfernsehen hoch bewertet, da zum einen erheblich mehr Programme zur Verfügung stünden und zum anderen auf lange Sicht die nicht unerheblichen Gebühren für den Empfang von Kabelfernsehen entfielen. Da die Antragstellerin ihr eigenes Interesse vertretbar auf 600 Euro beziffert hatte, sei es nicht zu beanstanden, insoweit den gesetzlichen Höchstbetrag zugrunde zu legen. Das LG Nürnberg-Fürth3 ist im Anfechtungsverfahren hinsichtlich eines Beschlusses der Gemeinschaft über die Instandsetzung bzw. den Austausch der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Satellitenempfangsantenne ohne nähere Begründung von 2000 Euro ausgegangen.
6299
Das AG Hamburg-Altona4 bemisst den Streitwert auf 1500 Euro. In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger mit Erfolg den Negativbeschluss der Wohnungseigentümer auf Aufstellen einer Parabolantenne im hinteren Garten der Anlage durch ihn mit Mehrheit abgelehnt.
6300
Nach AG Hannover5 und AG Neumarkt6 beziffert sich der Streitwert einer Klage auf Entfernung einer vom Beklagten angebrachten Parabolantenne auf 1500 Euro.
6301
Nach OLG Köln7 beziffert sich der Streitwert eines Nichtigkeitsfeststellungsverfahrens betreffend eines Beschlusses der Gemeinschaft auf Rückbau einer Satellitenschüssel auf 1500 Euro.
6302
OLG Hamm8 und AG Kerpen9 haben als Streitwert 1000 Euro (bzw. 2000 DM) angenommen. Gegenstand der Beschlussanfechtungsklage war die Entfernung von SAT-Anlagen an Balkonbrüstungen.
6303
Nunmehr hat das AG Wedding10 den Streitwert einer Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen Wohnungseigentümer auf Beseitigung einer Parabolantenne nach dem Wertverlust, den das Gebäude durch eine optische und/oder Substanzbeeinträchtigung des Hauses erleidet, auf nur 300 Euro festgesetzt. Eine Substanzbeeinträchtigung sei weder vorgetragen noch ersichtlich; daher sei allein die optische Beeinträchtigung maßgeblich, die mit nicht mehr als dem Mindest-
6304
1 2 3 4 5 6 7
OLG Köln, Beschl. v. 19.7.1995 – 16 Wx 83/95, WuM 1996, 109 = WE 1996, 39. OLG Koblenz, Beschl. v. 4.5.2009 – 5 W 288/09, WuM 2010, 321 = ZMR 2010, 305. LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 23.5.2008 – 14 T 2925/08, ZMR 2008, 737 = WE 2009, 7. AG Hamburg-Altona, Urt. v. 12.1.2010 – 303C C 39/09, ZMR 2010, 645. AG Hannover, Urt. v. 1.4.2009 – 464 C 8352/08, ZMR 2009, 695. AG Neumarkt, Urt. v. 5.12.2008 – 3 C 796/08 WEG, ZMR 2009, 720. OLG Köln, Beschl. v. 26.7.2004 – 16 Wx 134/04, MietRB 2005, 73; Beschl. v. 31.8.2004 – 16 Wx 166/04, NJW 2004, 3496 = MietRB 2005, 96. 8 OLG Hamm, Beschl. v. 4.12.1992 – 15 W 324/92, MDR 1993, 233 = NJW 1993, 1276; Beschl. v. 1.10.2001 – 15 W 166/01, ZMR 2002, 538 = NJW-RR 2002, 1020. 9 AG Kerpen, Urt. v. 28.10.2008 – 26 C 35/07, ZMR 2009, 153. 10 AG Wedding, Beschl. v. 8.4.2010 – 9 C 477/09, IMR 2010, 258.
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ZPO
Wohnungseigentum streitwert von 300 Euro zu bemessen sei, was sich aus der Entscheidung des BGH vom 17.5.20061 ergebe. 6305
Diese Streitwertfestsetzung ist allerdings fehlerhaft. Das Gericht übersieht bereits, dass die ins Feld geführte Entscheidung des BGH keinen wohnungseigentumsrechtlichen Bezug hat, sondern die Klage eines Vermieters gegen seinen Mieter betraf, der die Parabolantenne in einem mit Beton ausgegossenen Eimer unauffällig auf dem Balkon platziert hatte. In dieser Entscheidung ging es um die Ermittlung der Beschwer des Vermieters, dessen Beseitigungsklage abgewiesen worden war. Das AG Wedding verkennt, dass sich der Streitwert in WEG-Sachen nach § 49a GKG richtet und daher das Interesse beider Parteien bei der Streitwertbemessung maßgeblich ist. Regelmäßig beträgt der Streitwert daher gem. § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG 50 % des Interesses von Kläger und Beklagten. Für die WEG, welche den Beseitigungsanspruch der einzelnen Eigentümer nach § 10 Abs. 6 WEG ausübt, mag sich der Streitwert nach einer optischen und/oder (Substanz-)Beeinträchtigung des Gebäudes bewerten. Das Interesse des verklagten Eigentümers geht aber dahin, die Parabolantenne weiter nutzen zu dürfen. Dieses Interesse ist gesondert nach § 3 ZPO zu schätzen. Anschließend ist zu diesem Betrag das Interesse der übrigen Eigentümer auf Beseitigung hinzuzuaddieren und das ermittelte Gesamtinteresse zu halbieren. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben wird der Streitwert in Verfahren auf Beseitigung von Parabolantennen bei kleinen bis mittleren Wohnungseigentumsanlagen regelmäßig zwischen 2000 Euro und 3500 Euro liegen. • Bauliche Änderung, Terrasse
6306
In dem Antrag auf teilweise Beseitigung einer Terrassenpflasterung vor einem Café-Restaurant, ist auch ein Antrag auf Einschränkung der Nutzung von Gemeinschaftsflächen zu gastronomischen Zwecken mitenthalten. Unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten ist der Streitwert auf 10 000 Euro zu schätzen.2 Der Streitwert kann je nach Bau- bzw. Beseitigungskosten und den mit den Maßnahmen verbundenen Beeinträchtigungen der Sondernutzungsfläche erheblich höher sein.
6306a
Das AG Hamburg-Altona3 hat das Interesse des Klägers an der Verglasung einer Dachterrasse mit 5000 Euro bewertet.
6306b
Hinsichtlich der Anbringung einer Gittertüre am Zugang zu einer Dachterrasse wurde der Streitwert vom AG Linz4 auf 500 Euro geschätzt. • Bauliche Änderung, Wind-/Sichtschutz
6307
In einem vom BayObLG zu entscheidenden Anfechtungsverfahren5 hatte die Eigentümerversammlung beschlossen, die Anbringung eines Wind-/Sichtschutzes an den Balkonen der Anlage zu genehmigen. Das Gericht hat den Streitwert ohne nähere Begründung auf 1500 Euro bemessen.
6307a
Das AG Hannover hat das Klägerinteresse auf die nachträgliche Verglasung eines Balkons mit 4000 Euro bewertet.
1 BGH, Beschl. v. 17.5.2006 – VIII ZB 32/05, MietPrax-AK § 3 ZPO Nr. 3. 2 BayObLG, Beschl. v. 25.9.2001 – 2 Z BR 65/01, NZM 2002, 128; BayObLG, Beschl. v. 1.2.2001 – 2Z BR 105/00, NJW-RR 2001, 1383. 3 AG Hamburg-Altona, Urt. v. 10.3.2010 – 303B C 17/09, ZMR 2010, 646. 4 AG Linz, Urt. v. 23.12.2011 – 26 C 14/11 WEG, n.v. 5 BayObLG, Beschl. v. 9.6.2004 – 2 Z BR 44/04.
1200
Monschau
Wohnungseigentum Der Streitwert eines Verfahrens betreffend eine Klage eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen Eigentümer auf Feststellung, dass eine bauliche Änderung am Gemeinschaftseigentum mangels Nachteils gem. § 14 Nr. 1 WEG zustimmungsfrei sei und deshalb nicht von ihm beseitigt werden müsse, hat das LG München I1 auf 4000 Euro festgesetzt.
6308
• Bauliche Änderung, Wohnungseingangstür Das OLG München2 hat den Streitwert für den begehrten Rückbau einer optisch und gestalterisch erheblich veränderten Wohnungseingangstür auf 2000 Euro festgesetzt und sich dabei insbesondere an den ursprünglichen Baukosten und anfallenden Beseitigungskosten orientiert. Die Antragsteller hatten die Kosten der von ihnen eingebauten, mit dem bisherigen Bestand im Wesentlichen vergleichbaren Tür mit knapp 1600 DM (rund 800 Euro) beziffert und durch eine Handwerkerrechnung belegt, während die Antragsgegner die ihnen entstehenden Kosten für Ausbau und Neueinbau einer Abschlusstür samt Türstock nur pauschal mit 5000 Euro bis 6000 Euro bemessen hatten.
6309
• Bauliche Änderung, Wintergarten Für die Bemessung des Streitwerts sind die Beeinträchtigung durch den gegenwärtigen Zustand maßgebend; aber auch das Abwehrinteresse des Gegners. Anhaltspunkte bieten die konkreten Einbau- und anfallenden Beseitigungskosten,3 die das OLG Zweibrücken4 auf 35 000 Euro geschätzt hat.
6310
• Beschlussfassung Geht es in einem Beschlussanfechtungsverfahren um die Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses sowie die Wirksamkeit eines Mehrheitsbeschlusses, ist der Streitwert nach § 3 ZPO auf 4000 Euro festzusetzen.5
6311
• Betreten von Sondereigentum Geht es dem Anspruchsteller darum, ob der Ausschluss des Geschäftsführers einer Verwalter-GmbH mit über 20 Mitarbeitern von dem Recht, Hobbyräume eines Wohnungseigentümers zum Zwecke der Besichtigung zu betreten, wegen des gespannten Verhältnisses zwischen ihm und dem betroffenen Wohnungseigentümer gerechtfertigt ist, beträgt der Streitwert 500 Euro.6
6312
• Entfernung Ein Verfahren betreffend einen Antrag, eine mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer eingebaute zentrale Enthärtungsanlage für Trinkwasser wegen dadurch aufgetretener Hauterkrankung eines Wohnungseigentümers wieder zu entfernen, hat einen Streitwert von 2500 Euro.7
1 LG München I, Urt. v. 16.11.2009 – 1 S 4964/09, WuM 2010, 444 = ZfIR 2010, 84. 2 OLG München, Beschl. v. 31.3.2006 – 34 Wx 111/05, JurBüro 2006, 428 = MietRB 2006, 191. 3 BayObLG, Beschl. v. 15.7.1998 – 3 Z BR 94/98, 3Z BR 95/98, WuM 1998, 688 = JurBüro 1999, 198. 4 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 21.9.1999 – 3 W 141/99, MDR 2000, 696. 5 LG Bamberg, Beschl. v. 22.4.2014 – 1 S 20/13 WEG, ZWE 2014, 323. 6 BayObLG, Beschl. v. 4.9.1997 – 2 Z BR 100/97, NZM 1998, 39 = ZMR 1997, 668. 7 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.10.1998 – 11 Wx 53/98, WuM 1999, 52 = NZM 1999, 274.
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Wohnungseigentum
ZPO
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Das BayObLG1 hat den Streitwert betreffend den Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Entfernung eines schon bei Begründung des Wohnungseigentums auf einer Gemeinschaftsfläche befindlichen Grillplatzes mit 5000 Euro bemessen. • Eigentümerversammlung
6315
Im Verfahren auf gerichtliche Entscheidung ist es angemessen, den Geschäftswert für einen Antrag auf Einberufung einer Eigentümerversammlung mit dem Tagesordnungspunkt „Neuwahl des Verwalters“ mit etwa der Hälfte der in Betracht kommenden Verwaltervergütung anzusetzen. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es nicht um die Abberufung oder Bestellung eines Verwalters geht, sondern nur um die Einberufung einer Eigentümerversammlung zu dieser Frage.2
6316
Verfolgt ein Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Unterbindung der Herbeiführung und Durchführung einer rechtswidrigen Eigentümerversammlung im Wege der einstweiligen Verfügung, weil der Verwalter nach Ablauf seiner Bestellungszeit nicht befugt ist, zu dieser Eigentümerversammlung einzuladen, die Versammlung abzuhalten und sie zu führen, hat das Gericht sich bei der Streitwertbemessung primär an den Kosten weiterer gerichtlicher Abwehr von auf der Versammlung rechtswidrig ergangenen Beschlüssen zu orientieren, die dem Antragsteller durch die begehrte einstweilige Verfügung erspart bleiben könnten. Die Untergrenze ist auf 10 000 Euro zu schätzen.
6317
Richtet sich das Klägerinteresse auf die Ablehnung von Vollmachten in einer Eigentümerversammlung wegen einer Stimmvereitelung, bemisst sich der Streitwert auf 5000 Euro.3 • Einstweilige Verfügung
6318
Der Streitwert für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nach den vorgenannten Kriterien, ausgehend von dem Wert des zu sichernden Anspruchs, zu schätzen. Dabei ist regelmäßig ein Bruchteil der zu sichernden Forderung anzusetzen, der mangels anderer Anhaltspunkte auf etwa ein Drittel des Wertes des Hauptsacheverfahrens zu bewerten ist. • Entziehung
6319
Der Streitwert einer Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums richtet sich nach § 49a GKG. Denn die Vorschrift erfasst die in § 43 WEG genannten Verfahren. Dazu gehört auch die Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums, § 43 Nr. 2 WEG.4
6320
Nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur richtet sich das Interesse der Beteiligten nicht nach dem Wert der Störung, deren Beseitigung die Entziehungsklage dient,5 sondern nach dem Verkehrswert des zu veräußernden
1 BayObLG, Beschl. v. 16.6.2004 – 2Z BR 049/04, 2Z BR 49/04, WuM 2004, 568 = MietRB 2004, 349. 2 BayObLG, Beschl. v. 11.9.1997 – 2Z BR 97/97, ZMR 1998, 299 = BayObLGR 1998, 2 = WuM 1997, 706. 3 AG Niebüll, Urt. v. 15.6.2011 – 18 C 11/11, ZMR 2011, 912. 4 Bärmann/Seuß/Wenzel, § 43 WEG Rn. 74; Timme/Hogenschurz, § 18 WEG Rn. 56. 5 So aber Heinemann, MietRB 2008, 90 (91); OLG Köln, Beschl. v. 15.1.1999 – 16 Wx 193/98, ZMR 1999, 284: bei Verzug mit Wohngeldzahlungen Höhe der Rückstände maßgeblich.
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Wohnungseigentum Wohnungs- bzw. Teileigentums, ohne Berücksichtigung von Belastungen.1 Diese Beurteilung ist sachgerecht, weil sie der Bedeutung des Entziehungsverfahrens für die Beteiligten angemessen Rechnung trägt und eine rechtssichere Bemessung des Streitwerts ermöglicht. Grundsätzlich kann der Streitwert für die Anfechtung eines Entziehungsbeschlusses in Anwendung von § 49a Abs. 1 GKG mit 20 % des Verkehrswerts der Wohnung bemessen werden.2 Anders zu beurteilen sind die Fälle, in denen es um die Anfechtung eines Entziehungsbeschlusses nach § 18 Abs. 3 WEG geht. Der Beschluss bereitet das Entziehungsverfahren vor und ist eine besondere Prozessvoraussetzung der Entziehungsklage. In diesem Verfahren werden die materiellen Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 WEG nicht geprüft. Es handelt sich nicht um ein ZPO-Verfahren, sondern es unterliegt den Vorschriften des WEG/FGG. Daher ist § 48 Abs. 3 WEG einschlägig, wonach es auf das Interesse der Beteiligten ankommt. Maßgeblich ist das Interesse am Behalten der Eigentumswohnung und das Interesse am Ausscheiden des betroffenen Wohnungseigentümers aus der Gemeinschaft.3
6321
In der Regel wird der Streitwert danach i.H.v. 20 % des Verkehrswertes des betroffenen Wohnungseigentums angemessen sein.4
6322
• Entlastung Beim Streit um die Beschlussanfechtung betreffend die Entlastung von Verwalter oder Verwaltungsbeirat bestimmt sich der Streitwert danach, in welchem Umfang Schadensersatzansprüche in Betracht kommen.5
6323
In Ermangelung dafür vorhandener konkreter Anhaltspunkte ist hilfsweise als Wert ein Bruchteil (maximal 10 %) des Jahresumsatzes der Gemeinschaft anzusetzen.6
6324
Allerdings kann im Einzelfall auch ein Pauschalbetrag im Rahmen einer Schätzung nach § 3 ZPO in Betracht kommen.7 So wurde der Streitwert mit pauschalen 500 Euro,8 1000 Euro9 und 2500 Euro10 bemessen. Im Hinblick auf die Größe der Anlage und das erhebliche Gewicht der Vorwürfe kann im Einzelfall ein Betrag von 25 000 Euro angemessen sein.11
6325
1 BGH, Beschl. v. 21.9.2006 – V ZR 28/06, MDR 2007, 263; Beschl. v. 19.12.2013 – V ZR 96/13, MietRB 2014, 107 = MDR 2014, 335; OLG Rostock, Beschl. v. 7.3.2006 – 7 W 63/05, ZMR 2006, 476; OLG Köln, Beschl v. 16.8.2010 – 16 W 25/10, ZMR 2010, 977; Timme/Elzer, § 43 WEG Rn. 217; Timme/Hogenschurz, § 18 WEG Rn. 56; Riecke/ Schmid/Abramenko, Anh. zu § 50 Rn. 5. 2 BGH, Urt. v. 8.7.2011 – V ZR 2/11, GE 2011, 1169 = MDR 2011, 1094 = NJW 2011 3026. 3 Vgl. auch Timme/Elzer, § 43 WEG, Rn. 217 „Entziehung“. 4 BayObLG, Beschl. v. 16.8.1991 – BReg 2 Z 106/91, WuM 1991, 633 = WE 1991, 164; OLG Köln, Beschl. v. 23.12.1997 – 16 Wx 236/97, ZMR 1998, 376 = WuM 1998, 307; OLG Rostock, Beschl. v. 3.11.2008 – 3 W 5/08, ZMR 2009, 470 = WE 2009, 198 = NZM 2009, 489. 5 BayObLG, Beschl. v. 8.4.2004 – 2 Z BR 021/04, MietRB 2004, 267; OLG Köln, Beschl. v. 13.12.2002 – 16 Wx 196/02, OLGR 2003, 113 = ZMR 2003, 959. 6 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 9.7.1999 – 3 W 129/99, ZMR 1999, 663; OLG Köln, Beschl. v. 13.12.2002 – 16 Wx 196/02, NZM 2003, 125 = ZMR 2003, 959. 7 BayObLG, Beschl. v. 28.8.2001 – 2 Z BR 108/01, WuM 2002, 48 = ZMR 2002, 66; AG Regensburg, Beschl. v. 6.3.2009 – 8 C 2322/08, ZMR 2009, 646; OLG Hamm, Beschl. v. 19.5.2000 – 15 W 118/00, WE 2000, 256 = NZM 2001, 549 = ZWE 2000, 485. 8 OLG München, Beschl. v. 18.4.2006 – 32 Wx 41/06, NZM 2006, 587; ZWE 2002, 272; BayObLG, Beschl. v. 10.1.1997 – 2 Z BR 35/96, WuM 1997, 234, 237 = NJW-RR 1997, 715. 9 KG, Beschl. v. 5.10.2005 – 24 W 6/05, MDR 2006, 744 = MietRB 2006, 196. 10 BayObLG, Beschl. v. 9.10.1997 – 2 Z BR 86/97, ZMR 1998, 101 = ZfIR 1998, 32. 11 BayObLG, Beschl. v. 17.8.2005 – 2 Z BR 229/04, FGPrax 2005, 245 = NJW-RR 2006, 20 = NZM 2006, 62 (Hotelanlage mit 450 Appartements).
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ZPO
Wohnungseigentum • Einsichtnahme 6326
Der Geschäftswert für einen Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Einsichtnahme in und Herausgabe von Verwalterunterlagen ist mit 2500 Euro anzusetzen.1 • Erhöhung des Nutzungsentgelts für Einrichtungen zur Wäschepflege
6327
Bei der Erhöhung des Nutzungsentgelts für Einrichtungen zur Wäschepflege bestimmt sich der Geschäftswert nach dem einjährigen Erhöhungsbetrag.2 • Fälligkeitsregelung im Wirtschaftsplan
6328
Der Streitwert eines Beschlussanfechtungsverfahrens betreffend eine Regelung, die für einen konkreten Wirtschaftsplan die sofortige Fälligkeit der gesamten Jahresbeiträge vorsieht und den Wohnungseigentümern i.V.m. mit einer Verfallklausel die Zahlung in monatlichen Raten nachlässt, hat der BGH3 auf 3000 Euro bemessen. • Hausordnung
6329
Zielt die Beschlussanfechtung auf die Wirksamkeit der gesamten Hausordnung, ist für die Streitwertbemessung das Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer an dem Beschluss maßgeblich. Dieses Interesse ist mit 9000 Euro zu bemessen.4
6330
Zielt die Beschlussanfechtung dagegen auf die Wirksamkeit einer Teilregelung in der Hausordnung dahingehend, dass Kinderwagen „vorübergehend“ im Hausflur abgestellt werden dürfen, ist das für den Streitwert maßgebliche Interesse mit 1250 Euro zu schätzen.5
6331
Regelt die Hausordnung, dass die Haustüre generell verschlossen bleiben muss und verlangt ein Eigentümer, dass die Miteigentümer es unterlassen, tagsüber kurzfristig den Schließmechanismus außer Betrieb zu setzen, ist der Streitwert auf 2000 Euro zu schätzen.6
6332
Besteht Streit über die Wirksamkeit eines in der Hausordnung geregelten generellen Haustierhaltungsverbots, kann der Streitwert auf 2750 Euro geschätzt werden,7 bei eingeschränktem Verbot auf 2500 Euro.8
6333
Der Streitwert eines auf die Hausordnung gestützten Antrags auf Unterlassung des Musizierens über Zimmerlautstärke in einer Eigentumswohnung bemisst sich auf 2500 Euro.9 Gleiches gilt für einen Antrag auf Ungültigerklärung einer das Musizieren einschränkenden Hausordnung.10
1 LG Stade, Beschl. v. 11.1.2001 – 9 T 305/00, ZMR 2001, 483. 2 BayObLG, Beschl. v. 28.3.1979 – BReg 2 Z 7/78, ZMR 1979, 214 = Rpfleger 1979, 265; Beschl. v. 14.8.2003 – 2 Z BR 148/03. 3 BGH, Beschl. v. 2.10.2003 – V ZB 34/03, NJW 2003, 3550 = MietRB 2004, 17. 4 LG Frankfurt, Urt. v. 11.6.2014 – 2–13 S 168/13, 2/13 S 168/13, MietRB 2014, 300. 5 OLG Hamm, Beschl. v. 3.7.2001 – 15 W 444/00, NJW-RR 2002, 10 = ZMR 2001, 1006. 6 KG, Beschl. v. 17.7.1985 – 24 W 1956/85, WuM 1985, 357 = ZMR 1985, 345. 7 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 2.10.2006 – 5 W 154/06–51, NJW 2007, 779 = ZMR 2007, 308. 8 KG, Beschl. v. 8.4.1998 – 24 W 1012/97, NJW-RR 1998, 1385 = MDR 1998, 1345. 9 BayObLG, Beschl. v. 28.2.2002 – 2 Z BR 141/01, WuM 2002, 380 = ZMR 2002, 605; OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.8.2003 – 20 W 22/02, NZM 2004, 31 = NJW-RR 2004, 14. 10 BGH, Beschl. v. 10.9.1998 – V ZB 11/98, NJW 1998, 3713 = MDR 1999, 28.
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Wohnungseigentum • Heizkostenverteilerschlüssel Streiten die Parteien im Rahmen einer Beschlussanfechtung um die Ordnungsgemäßheit eines Beschlusses der Eigentümer hinsichtlich der Änderung des Heizkostenverteilungsschlüssels bei einem über Fernwärme beheizten Gebäude, ist der Streitwert gem. § 3 ZPO auf 10 000 Euro zu bemessen.1
6334
• Herausgabe Bemessungsvorschrift ist § 6 ZPO, der nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG auch für den Gebührenstreitwert gilt. Die Obergrenze des § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG darf nicht überschritten werden. Danach ist das Interesse an der Herausgabe für die Streitwertbemessung maßgeblich, wobei die Größe der Wohnungseigentumsanlage wegen der wirtschaftlichen Bedeutung ein wichtiges Bemessungskriterium ist.
6335
Wird die Herausgabe von Verwaltungsunterlagen verlangt, ist zu berücksichtigen, dass ohne Vorliegen der Unterlagen eine ordnungsgemäße Verwaltungsarbeit blockiert ist und der Gemeinschaft auch wirtschaftliche Nachteile drohen.
6336
Handelt es sich um kleine Wohnungseigentumsanlagen von bis zu zehn Einheiten, wird in der Regel ein Streitwert von 3000 Euro für die begehrte Herausgabe sämtlicher Verwaltungsunterlagen angemessen sein.
6337
Betrifft das Herausgabeverlangen eine sehr große Wohnungseigentumsanlage, kann sich das Interesse durchaus auf 15 000 Euro belaufen.
6338
Geht es dagegen nur um die Herausgabe bestimmter Unterlagen (hier: Kontobelege von Treuhandkonten), kann bei kleinen Anlagen ein Streitwert von 1000 Euro2 in Betracht kommen.
6339
Bei einer Klage gegen den Wohnungseigentumsverwalter auf Herausgabe einer Eigentümerliste zur Vorbereitung eines Anfechtungsprozesses, ist für die Bemessung des Streitwertes nur ein sehr geringer Bruchteil der Hauptsache anzusetzen (hier: ca. 5 %), weil die erfolgreiche Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs dem Kläger auch ohne die in diesem Verfahren begehrte Auskunft möglich ist.3 Denn dem Anfechtungskläger steht es offen, die Herausgabe einer aktuellen Eigentümerliste im Anfechtungsprozess selbst zu erzwingen. Beantragt der Kläger der Verwaltung aufzugeben eine Eigentümerliste vorzulegen, muss das Gericht dieser Anregung folgen und die Vorlage der Liste nach erfolglosem Fristablauf ggf. mit Ordnungsmitteln analog § 142 ZPO durchsetzen.4
6340
• Instandhaltung/Instandsetzung Die Bemessung des Streitwerts an Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung orientiert sich grundsätzlich an den Gesamtkosten beziehungsweise an den durch den Kläger auf Grund der Kostenverteilung zu tragenden Kosten.5 Liegt im Einzelfall ein besonderes Interesse vor, kann der Streitwert anders zu bemessen sein.
1 2 3 4 5
LG Hamburg, Urt. v. 9.4.2014 – 318 S 66/13, ZMR 2014, 740. LG Verden, Urt. v. 5.5.2008 – 8 O 219/07. LG Frankfurt, Beschl. v. 15.3.2013 – 2–13 T 117/12, GE 2013, 1079 = ZMR 2014, 48. BGH, Urt. v. 14.12.2012 – V ZR 162/11, MDR 2013, 325 = MietRB 2013, 79. OLG Hamm, Beschl. v. 3.1.2008 – 15 W 240/07, ZMR 2009, 58 = DWE 2008; AG Köln, Urt. v. 29.6.2010 – 202 C 102/09, ZMR 2011, 675; AG Emden, Urt. v. 24.6.2010 – 5 C 675/08, ZMR 2010, 891; AG Ludwigsburg, Urt. v. 9.2.2009 – 20 C 2872/08, WuM 2009, 251; a.A. AG Rosenheim, Urt. v. 20.3.2012 – 12 C 1082/11, ZMR 2012, 58 (bei Verhinderung: Klägerinteresse = gesamte Kosten).
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1205
6341
Wohnungseigentum Wendet sich ein Wohnungseigentümer gegen eine Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahme, bemisst sich der Streitwert nach dem Gesamtwert der beabsichtigten Kosten, wenn die Notwendigkeit der Maßnahme streitig ist.1 Behauptet der Kläger dagegen, der Instandhaltungsbedarf sei mit einem geringeren Kostenaufwand zu beseitigen, ist auf den Betrag abzustellen, der nach Auffassung des Klägers insgesamt eingespart werden kann.2
6342a
Das Interesse des Klägers an der Verteilung von Folgekosten eines Fensterumbaus und an der Installation eines Küchenabluftkanals ist mit jeweils 500 Euro zu bemessen.3
6342b
Richtet sich das Interesse des Klägers auf die Verwendung vorhandener Mittel zur Durchführung von Sanierungsarbeiten, ist der Streitwert auf 1000 Euro zu bemessen.4
ZPO
6342
• Jahresabrechnung, Erstellung 6343
Einigkeit besteht insoweit, als dass sich die Bemessung des Streitwerts an den konkreten, insbesondere wirtschaftlichen Interessen der Parteien orientiert. Die Kosten richten sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Größe der Wohnanlage, und sind ggf. nach § 287 ZPO zu schätzen.5
6344
Zur Frage, wie der Streitwert für die Erstellung einer Jahresabrechnung zu bemessen ist, gibt es – soweit ersichtlich – bislang nur eine Entscheidung des LG Koblenz vom 23.12.2013.6 Danach richtet sich der Streitwert einer Klage gegen den Wohnungseigentumsverwalter auf Erstellung der Jahresabrechnung danach, welche Kosten bei dem Verwalter durch die Erstellung der Jahresabrechnung konkret entstehen. Dabei ist davon auszugehen, dass die bereits vorhandene Buchhaltung herangezogen werden kann.7 Die Streitwertfestsetzung ausgehend vom 50 %-Gesamtwert der nach Klageerhebung erstellten Jahresabrechnung komme nur dann in Betracht, wenn es um die Anfechtung eines Beschlusses über eine bereits bestehende Jahresabrechnung gehe.8 Vorliegend stünde aber die zukünftige Erstellung neuer Abrechnungen in Rede, deren genauer Inhalt zwangsläufig bis zu ihrer Erstellung nicht feststehe. Auch entspreche das Interesse des Klägers nicht den jeweiligen Zahlungsverpflichtungen nach den Jahresabrechnungen. Die Rechtsprechung des OLG Frankfurt9, wonach das Interesse aller Beteiligten i.S.v. § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG an der Erstellung einer Jahresabrechnung grundsätzlich mit dem Regelsatz von 3000 Euro anzunehmen sei, der jedoch im Einzelfall höher oder niedriger ausfallen könne, sei widersprüchlich. Die Klage auf Erstellung der Jahresabrechnungen sei nicht erhoben, damit die Kläger ihrer Zahlungsverpflichtung nachkommen können. Es könne auch nicht umgekehrt davon ausgegangen werden, dass im Falle der Erstellung einer Jahresabrechnung sie von jeglicher Zahlungspflicht befreit werden sollten. Daher müsse für das Interesse aller Parteien alleine darauf abgestellt werden, welche Kosten durch die eingeklagte Erstellung der Jahresabrechnungen voraussichtlich entstehen werden. Nicht relevant sei dabei, welche Kosten einem Dritten im Falle der Ersatzvornahme entstehen würden, sondern welche Kosten konkret bei der Beklagten bestehen. Anders als ein 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Timme/Elzer, § 43 WEG Rn. 217 „Instandhaltung“. Jennißen/Suilmann, WEG, § 49a GKG, Rn. 22. AG Hamburg, Urt. v. 7.4.2010 – 102A C 12/09, ZMR 2010, 894. AG Hamburg, Urt. v. 15.2.2011 – 102D C 79/10, ZMR 2011, 758. Ott, IMR 2009, 367; Drasdo, NJW-Spezial 2009, 753. LG Koblenz, Beschl. v. 23.12.2013 – 2 T 696/13. LG Koblenz, Beschl. v. 23.12.2013 – 2 T 696/13. Vgl. OLG Köln, Beschl. v. 2.2.2007 – 16 Wx 256/06. OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.6.2009 – 3 W 34/09, NJW-RR 2010, 72 = MietRB 2009, 325.
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Wohnungseigentum Dritter müsse der beklagte Verwalter keineswegs ganz von vorne die gesamte Buchhaltung neu erstellen; vielmehr sei davon auszugehen, dass die bei der Erstellung der neuen Jahresabrechnungen bereits zuvor erstellte Buchhaltung erneut herangezogen werden könne. Dabei verbiete sich der durch die bislang ergangene Rechtsprechung sowie Kommentarliteratur ohne Begründung angesetzte pauschale Wert von 3000 Euro.1 Die Entscheidung des LG Koblenz ist unzutreffend, weil im Rahmen des § 49a 6345 Abs. 1 GKG das Gesamtinteresse der Parteien an der Sachentscheidung maßgeblich ist. Notwendig ist eine wirtschaftliche Betrachtung, die es verbietet, alleine darauf abzustellen, welche Kosten durch die eingeklagte Erstellung der Jahresabrechnungen voraussichtlich entstehen werden. Grundsätzlich greift daher eine Begrenzung auf 50 % des Gesamtinteresses, § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG. Das Klagebegehren – Erstellung neuer Jahresabrechnungen – richtet sich letztlich auf eine Auskunft und Rechnungslegung des Verwalters. Der Streitwert hierfür bemisst sich nach dem Interesse des Klägers hieran und beträgt einen Bruchteil des Wertes der Hauptsache, deren Durchführung mit der Auskunft bzw. Rechnungslegung vorbereitet werden soll. Letztlich handelt es sich um eine Einzelfallermittlung, die in der Regel einen Abschlag zwischen 10 % und 20 % rechtfertigt.2 Da der Kläger letztlich die Vorlage einer oder mehrerer Gesamtabrechnungen erstrebt, sind zur Bestimmung des Streitwertes maßgebend die Gesamtsumme aller Rechnungen und Rechnungsposten, die in die Abrechnung einfließen. Es kommt bei der Streitwertbemessung nicht entscheidend darauf an, welche Kosten umlagefähig sind oder nicht. Dass der Verwalter unter Umständen bei der Erstellung der neuen Jahresabrechnung die bereits vorhandene Buchhaltung nutzen kann, ist unerheblich. Ausgehend von 50 % des Gesamtinteresses wäre vorliegend ein Abschlag von 20 % gerechtfertigt gewesen. An der Auffassung in Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl. 2011, Rn. 6343, dass bei der für die Streitwertbemessung erforderlichen Interessenabwägung maßgeblich auf die Kosten abzustellen ist, die die Wohnungseigentümer aufwenden müssen, wenn eine Jahresabrechnung durch einen Dritten erstellt werden müsste, wird nicht mehr festgehalten. • Jahresabrechnung, Genehmigung, Anfechtung Die Streitwertfestsetzung beurteilt sich auch bei der Anfechtung von Jahresabrechnungen gem. § 49a GKG nach dem Interesse der Parteien und aller Beigeladenen an der gerichtlichen Entscheidung. Es kommt somit nicht allein auf das (wirtschaftliche) Interesse des Klägers an, von der Umlage bestimmter Kosten verschont zu bleiben und so seine Beitragspflicht zu reduzieren. Das Klägerinteresse kann daher auch niedriger sein als das gemeinsame (wirtschaftliche) Interesse aller Wohnungseigentümer an der Fortgeltung des angefochtenen Beschlusses. Denn die Wohnungseigentümer wollen mit der Beschlussfassung die Umlage von Kosten erreichen, eine wechselseitige Beitragspflicht begründen und auf diese Weise nicht zuletzt die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschaft sichern. Die Vorschrift des § 49a GKG gibt nur vor, in welchem Umfang das Interesse des Klägers und der Beteiligten bei der gerichtlichen Wertfestsetzung zu berücksichtigen ist, nicht aber, wie das jeweilige Interesse zu bestimmen ist und welche Faktoren dabei maßgeblich sind. Dies wird im Rahmen des § 3 ZPO nach freiem Ermessen durch das Gericht bestimmt.
1 Vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.6.2009 – 3 W 34/09, NJW 2010, 1154 = MietRB 2009, 325; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten/Niedenführ, WEG, Anhang zu § 50 GKG, Rn. 38. 2 Für Auskunftsansprüche: BGH, Beschl. v. 21.4.1999 – XII ZB 158/98, FamRZ 1999, 1497.
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6345a
ZPO
Wohnungseigentum 6346
Wird die Genehmigung der Jahresabrechnung insgesamt angegriffen, ist der Streitwert nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu bemessen.1 Eine schematische prozentuale Herabsetzung verbietet sich.2
6347
In derartigen Fällen der Anfechtung von Jahresgesamtabrechnungen wird teilweise und aus Praktikabilitätsgründen vertreten, dass der Streitwert pauschal mit 20–25 % des Nennbetrags des angefochtenen Beschlussgegenstands zu bewerten ist.3
6348
Eine weitere Auffassung setzt das Gesamtinteresse mit dem Nennbetrag des angefochtenen Beschlussgegenstands gleich und vertritt die Ansicht, dass nach Inkrafttreten des § 49a GKG für die unter der Vorgängervorschrift des § 48 GKG a.F. entwickelten Bewertungsmethoden kein Raum mehr sei.4
6348a
Nach ständiger Rechtsprechung des LG Hamburg5 und der sog. Hamburger Formel ist zu bestimmen, wonach sich das Interesse in der Regel aus dem Eigeninteresse des Klägers zzgl. eines Bruchteils von 25 % des verbleibenden Gesamtinteresses – abzgl. des Einzelinteresses des Klägers – berechnet. Das Gesamtinteresse ergibt sich danach nicht nur aus dem Nachzahlungsbetrag. Auch wenn sich der Kläger nicht gegen die Gesamtkosten, sondern nur dagegen wendet, an einigen Kostenpositionen überhaupt beteiligt zu werden, hat er den Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung insgesamt angefochten, so dass das Gesamtinteresse nicht nur aus der Höhe der betroffenen Positionen der Einzelabrechnung zu ermitteln ist. Bei formalen Mängeln ist nach Auffassung des OLG Hamburg6 sogar eine weitere Reduzierung um 50 % vorzunehmen.
6348b
Da die Hamburger Formel zunächst von dem Einzelinteresse des Klägers ausgeht und dieses um einen Bruchteil des verbleibenden Gesamtinteresses erhöht, steht sie mit der gesetzlichen Regelung in § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG nicht in Einklang, wonach Bemessungsgrundlage allein das Gesamtinteresse ist.7
6349
Letztlich ist für die Streitwertbestimmung maßgeblich, ob das „Interesse“ i.S.v. § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG mit dem Nennbetrag des angefochtenen Beschlussgegenstands gleichzusetzen oder einer wirtschaftlichen Betrachtung zu unterziehen ist. Im letzteren Fall ist zunächst individuell das jeweilige wirtschaftliche Interesse der Parteien zu ermitteln.8
6350
Seit Geltung des § 49a GKG ist angesichts der 50 %-Reduzierung und der Obergrenze auf das fünffache Klägerinteresse für eine pauschalisierte Streitwertbewertung i.H.v. regelmäßig 10 % des Nennbetrages kein Raum mehr. Ein Streitwert bis zur Höhe des Fünffachen seines Einzelinteresses ist dem Kläger zumutbar, zumal gem. § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG der Streitwert das Interesse des Klägers nicht unterschreiten darf. Daher wird der Streitwert bezüglich der Anfechtung eines Be1 BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, NJW 2005, 2061 = MDR 2005, 1156; Timme/Elzer, § 43 WEG Rn. 217 „Jahresabrechnung“. 2 Instruktiv zu Ganzen: Suilmann, MietRB 2013, 23 ff. 3 Vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.3.2012 – 5 W 32/11; OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.1.2012 – 13 W 38/12; OLG Koblenz, Beschl. v. 18.1.2011 – 5 W 21/11; OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.2010 – 1 W 54/10; LG Stuttgart, Beschl. v. 22.6.2011 – 19 T 127/11. 4 Vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 29.7.2010 – 3 W 94/10; LG Rostock, Beschl. v. 9.1.2013 – 1 T 133/12; LG Berlin, Beschl. v. 19.4.2011 – 85 T 129/11; LG Braunschweig, Beschl. v. 8.2.2011 – 6 T 39/11. 5 Vgl. nur LG Hamburg, Beschl. v. 10.10.2008 – 318 T 79/08, ZMR 2009, 71. 6 OLG Hamburg, Beschl. v. 17.6.2010 – 9 W 34/10, ZMR 2010, 873. 7 Vgl. KG Berlin, Beschl. 10.9.2013 – 4 W 40/13, NZM 2014, 756 = NJW-Spezial 2014, 643; Suilmann, MietRB 2013, 23 ff. 8 Vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.3.2012 – 5 W 32/11, wobei dann wiederum unklar ist, wie das – nicht mit dem Nennbetrag des angefochtenen Beschlussgegenstands gleichzusetzende – wirtschaftliche Gesamtinteresse zu ermitteln ist.
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Wohnungseigentum schlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung regelmäßig nach dem sich aus der Abrechnung für den Kläger ergebenden 5-fachen anteiligen Jahresbetrag zu bemessen sein.1 Wird die Anfechtung auf einzelne Positionen beschränkt, so sind diese maßgeblich.2 Der Streitwert kann in derartigen Fällen nach Auffassung des OLG Frankfurt3 im Einzelfall i.H.v. 25 % des gesamten Abrechnungsbetrags angesetzt werden.
6351
Beschränkt sich die Beanstandung des Anfechtenden sowohl auf die Gesamtjah- 6351a resabrechnung als auch hinsichtlich der Einzelabrechnungen dieses Jahres auf den ihm angelasteten Kaltwasserverbrauch, so ist der maßgebliche wirkliche Wille des Klägers darauf gerichtet, die von ihm als ungerechtfertigt empfundene Belastung mit diesem Kaltwasserverbrauch abzuwenden.4 Betreibt der Kläger die Ungültigerklärung eines Beschlusses über eine Jahresabrechnung mit der alleinigen Begründung, die für seine Einheit erstellte Einzelabrechnung berücksichtige die von ihm geleisteteten Vorauszahlungen nur unvollständig, so entspricht sein Interesse i.S.v. § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG der Höhe des angeblich unberücksichtigt gebliebenen Betrages.5
6351b
• Kosten Wendet der Kläger sich gegen eine Kostentragungslast, ist für die Streitwertbemessung die Höhe der angegriffenen Kosten maßgeblich. In der Regel wird der Anteil, der auf den Kläger entfallen würde, zugrunde zu legen sein.6
6352
• Kreditaufnahme Ficht ein Wohnungseigentümer den Eigentümerbeschluss über eine Kreditaufnahme an, bemisst sich der Streitwert nach der vollen Höhe des Kredits und nicht nur nach dem auf ihn im Innenverhältnis entfallenden Anteil.7
6353
• Lastschriftverfahren Für den Streitwert der Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses, durch den die Wohnungseigentümer zur Teilnahme am Lastschriftverfahren verpflichtet werden, ist das Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer am rechtzeitigen Eingang und der vereinfachten Überwachung der Wohngeldzahlungen maßgeblich.
6354
Für das vermögenswerte Interesse der Wohnungseigentümer ist in erster Linie maßgebend, dass ihnen die Freiheit genommen wird, selbst zu entscheiden, auf welche Weise sie die auf das Gemeinschaftskonto des Verwalters zu leistenden Zahlungen erbringen, und dass ihnen die Verpflichtung auferlegt wird, dem Verwalter ein Bankkonto zu benennen – ggf. ein solches einzurichten –, eine Einzugs-
6355
1 Vgl. KG Berlin, Beschl. v. 10.9.2013 – 4 W 40/13, NZM 2014, 756 = NJW-Spezial 2014, 643; LG München I, Urt. v. 13.1.2014 – 1 S 1817/13 WEG, 1 S 1817/13, MietRB 2014, 176. 2 BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, NJW 2005, 2061 = MDR 2005, 1156; BayObLG, Beschl. v. 20.10.1988 – BReg.3 Z 91/88, DB 1989, 104 = WuM 1989, 44; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 14.7.2009 – 5 W 109/09–42, 5 W 109/09, ZWE 2010, 35 = NZM 2010, 408; s. auch Drasdo, NJW-Spezial 2009, 753, 754; Timme/Elzer, § 46 WEG Rn. 41. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.5.2014 – 19 W 22/14, WuM 2014, 437 = RVG prof. 2014, 199. 4 LG Saarbrücken, Beschl. v. 4.3.2009 – 5 T 40/09, NZM 2009, 323 = NZM 2010, 416. 5 Instruktiv: Suilmann, MietRB 2013, 23 ff. 6 Vgl. auch Timme/Elzer, § 43 WEG Rn. 217 „Kosten“. 7 KG, Beschl. v. 3.11.1993 – 24 W 5915/93, WuM 1994, 108 = ZMR 1994, 72.
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1209
ZPO
Wohnungseigentum ermächtigung zu erteilen und dafür zu sorgen, dass für die jeweils fällige Wohngeldrate Deckung vorhanden ist. 6356
Daneben kann die Gefahr unberechtigter Abbuchungen durch den Einzugsberechtigten berücksichtigt werden. Dieses Interesse kann im Einzelfall 2000 Euro betragen.1 • Laubfegeplan
6356a
Das vermögenswerte (Jahres-)Interesse des Beschwerdeführers an der Vermeidung der Folgen einer für unbestimmte Dauer getroffenen Regelung (hier: „Laubfegeplan“) ist mindestens mit dem 3-fachen Jahreswert der wirtschaftlichen Belastung anzusetzen.2 • Leistungsklage
6357
Der Streitwert einer Leistungsklage bemisst sich gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 WEG nach dem Nennbetrag der jeweiligen Klageforderung. • Mobilfunkantenne
6358
Das OLG Köln hat den Streitwert für einen Antrag auf Duldung aller Maßnahmen zum Aufbau einer Funkstation auf dem Dach der Wohnanlage, namentlich die Aufstellung einer näher bezeichneten Antennenanlage, sowie den weiteren Antrag auf Duldung aller zur Herstellung des Energieversorgungsanschlusses dieser Funkstation erforderlichen Maßnahmen auf 19 200 Euro bemessen.3
6359
Das OLG München4 hat den Streitwert in einem ähnlich gelagerten Fall auf lediglich 8000 Euro geschätzt. Dies ist angesichts der Größe der Wohnanlage und der wirtschaftlichen Bedeutung erheblich zu wenig. In dem entschiedenen Fall bestand die Anlage aus einem Längsbau mit fünf Geschossen und 20 Eigentumswohnungen, einem Hochhaus mit acht Geschossen und 32 Eigentumswohnungen und einem dazwischen gelegenen Pavillon, in dem vier Geschäfte und eine Tiefgarage im Untergeschoss vorgesehen waren. Die Antragstellerin war Eigentümerin einer Wohnung im Längsbau, die sie vermietet hatte; die Antragsgegner waren die Eigentümer der Wohnungen im Hochhaus und hatten die Errichtung einer Mobilfunkanlage auf ihrem Haus genehmigt, deren Entfernung die Antragstellerin begehrte. • Müllcontainer
6359a
Ein Antrag eines Wohnungseigentümers, einen Müllcontainer innerhalb der Wohnanlage an einen anderen Stellplatz verlegen zu lassen, hat einen Streitwert von 1200 Euro.5 • Negativbeschluss
6359b
Streitwertfragen betreffend die Anfechtung von Negativbeschlüssen werden unter Rn. 6279, 6280 und 6300 behandelt.
1 BayObLG, Beschl. v. 12.6.1997 – 2 Z BR 48/97, WE 1998, 114 = WuM 1997, 460. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.11.2007 – 3 Wx 195/07, NZM 2008, 93 = ZMR 2008, 549. 3 OLG Köln, Beschl. v. 10.1.2003 – 16 Wx 221/02, BauR 2003, 1089 = MietRB 2003, 40 = NZM 2003, 200. 4 OLG München, Beschl. v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MDR 2007, 711 = MietRB 2007, 39. 5 BayObLG, Beschl. v. 3.11.2004 – 2 ZB 73/04.
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Monschau
Wohnungseigentum • Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten Das OLG Düsseldorf1 hat den Streitwert eines Unterlassungsanspruchs des Verwalters gegen einen Wohnungseigentümer, der sich in diversen in der Wohnungseigentumsanlage verbreiteten Aushängen und Schreiben polemisch herabsetzend geäußert hat, auf 12 000 Euro geschätzt.
6360
Zielt der Antrag auf die Bestellung eines Verwaltungsbeirates, dürfte der Wert mit etwa 3000 Euro zu bemessen sein.2
6361
• Nutzung, Außenfläche Begehrt der Kläger eines Beschlussanfechtungsverfahrens (im Wege der Regelungsklage) die Gestattung der Nutzung einer näher bezeichneten Fläche mit der Maßgabe, dass eine Außenbestuhlung durch den Mieter auf 4 Tische beschränkt und zeitlich täglich bis 18:00 Uhr begrenzt wird, gegen Zahlung eines monatlichen Entgeltes i.H.v. 75 Euro, so ist der Streitwert nach § 49a GKG festzusetzen; maßgeblich ist der Halbjahreswert der finanziellen Einbuße des Klägers aufgrund einer monatlichen Minderung des Mietzinses, abzgl. der Gegenleistung (hier: 75 Euro).3
6361a
• Nutzung, Balkon Für die Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses über ein Grillverbot auf dem Balkon sind nach Auffassung des OLG Frankfurt4 500 Euro ansetzbar.
6361b
• Nutzung, Dachräume/-terrasse Streiten die Verfahrensbeteiligten über die Nutzung von Dachräumen zu Wohnzwecken, bemisst sich der Geschäftswert nach dem Interesse des betroffenen Wohnungseigentümers an der weiter gehenden Nutzung sowie dem Interesse der übrigen Wohnungseigentümer, die Ausweitung der Nutzung zu verhindern.
6362
Das Interesse ist weder mit der Differenz einer zu erzielenden Jahresmiete noch mit einer etwaigen Kaufpreisdifferenz im Fall eines Verkaufs der Wohnung gleichzusetzen. Zugleich ist das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer zu berücksichtigen, eine weiter gehende Nutzungsmöglichkeit zu unterbinden.
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Das BayObLG hat unter Berücksichtigung einer Dachraumgröße von knapp 47 m2 und einem als Ausgleich gezahlten Betrag von 5000 Euro einen Streitwert von 5000 Euro angesetzt.5
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Streiten die Parteien über eine konkludente Vereinbarung über ein Sondernutzungsrecht an einer Flachdachfläche als Dachterrasse, ist der Streitwert mit 5000 Euro zu bemessen.6
6364a
Geht es um die Nutzung eines im Gemeinschaftseigentum stehenden Speichers (45 qm) zu Wohnzwecken, bemisst sich der Streitwert auf 10 000 Euro.7
6364b
1 2 3 4 5
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.9.2000 – 15 U 63/00, ZWE 2001, 164. Merle, ZWE 2009, 168 (169). AG Norderstedt, Urt. v. 27.3.2014 – 42 C 427/12, ZMR 2014, 753. OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.5.2014 – 19 W 22/14, GE 2014,882. BayObLG, Beschl. v. 1.12.2004 – 2 Z BR 196/04, WuM 2005, 278; das AG hatte den Streitwert – überzogen – auf 100 000 Euro bemessen. 6 LG Hamburg, Urt. v. 9.12.2009 – 318 S 69/09, ZMR 2010, 311 = ZWE 2010, 277. 7 AG München, Urt. v. 28.5.2009 – 483 C 1515/08.
Monschau
1211
ZPO
Wohnungseigentum • Nutzung, Garten 6364c
Das Interesse des Klägers auf Mitnutzung eines Gartens (53 qm), bemisst sich nach AG Kerpen auf 2000 Euro.1
6364d
Verlangt ein Wohnungseigentümer von der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Zugang der Wohnung im 1. OG zum Garten und begehrt er hierzu die Duldung einer – baurechtlich zulässigen – Treppe vom Balkon zum hinteren, im Gemeinschaftseigentum stehenden Gartengrundstück, beziffert sich der Streitwert gem. § 48 Abs. 3 WEG auf 10 000 Euro.2 • Nutzung, Hofdurchfahrt
6364e
Das Interesse des Klägers auf Durchgang/-fahrt durch eine Hofdurchfahrt als dem einzigen Zugang zum Haus und ungehindertem Zugang zum Heizungskeller bemisst sich auf 4000 Euro.3 • Nutzung, Laden
6365
Ein Beschlussanfechtungsverfahren betreffend eine größere Wohnanlage, mit dem Ziel, die Vermietung einer in der Teilungserklärung als „Laden“ bezeichneten Einheit (Erdgeschoss ca. 360 qm und im Kellergeschoss ca. 165 qm) zum Betrieb eines Fisch- und Feinkostgroßhandels zu genehmigen, hat einen Streitwert von 20 000 Euro.4
6365a
Der BGH5 hat den Streitwert einer auf die Unterlassung einer der Teilungserklärung widersprechenden Nutzung einer Teileigentums-Einheit als Gaststätte mit 20 000 Euro bewertet.
6365b
Nach OLG Köln beläuft sich der Streitwert betreffend die Nutzung einer Teileigentums-Einheit als Zahnarztpraxis auf 60 000 Euro.6
6365c
Im Fall OLG München7 ging es um die Geltendmachung eines Anspruchs auf Einhaltung der Ladenschlusszeiten nach § 3 LadSchlG für die Verabreichung von Speisen und Getränken in einem in der Teilungserklärung als „Laden“ bezeichneten Restaurant. Für die streitgegenständliche Unterlassungsklage ergibt sich der Streitwert aus dem gem. § 3 ZPO vom Senat zu schätzenden Interesse der Klägerin – und nicht etwa des Beklagten – am Verbot der Handlung, die zukünftig unterlassen werden soll, hier also am Verbot der Überschreitung der Ladenschlusszeiten. Dieses Interesse der Klägerin hat der Senat auf 10 000 Euro geschätzt.
6365d
Hinsichtlich des Gebrauchs einer Teileigentums-Einheit als Spielhalle ist der Streitwert auf 9000 Euro zu schätzen.8
6365e
Der Streitwert betreffend den Gebrauch einer Teileigentums-Einheit als Diskothek ist mit 36 000 Euro zu bewerten.9
1 2 3 4 5 6 7 8 9
AG Kerpen, Urt. v. 28.10.2008 – 26 C 35/07, ZMR 2009, 153. OLG Köln, Beschl v. 16.1.2009 – 16 Wx 192/08, WuM 2010, 106 = MietRB 2009, 236. AG Dresden, Urt. v. 17.9.2008 – 150 C 6108/08. OLG München, Beschl. v. 8.12.2006 – 34 Wx 111/06, MDR 2007, 513 = NJW-Spezial 2007, 147. BGH, Beschl. v. 25.3.2010 – V ZR 159/09, GE 2010, 776 = ZWE 2010, 266. OLG Köln, Beschl. v. 11.5.2012 – 16 W 7/12, n.v. OLG München, Beschl. v. 23.3.2009 – 19 U 5448/08, ZWE 2010, 36. LG München, Urt. v. 4.4.2011 – 1 S 16861/09, GuT 2011, 315 = ZWE 2011, 275. AG Köln, Urt. v. 15.6.2012 – 204 C 131/11, n.v.
1212
Monschau
Wohnungseigentum Das Interesse des Klägers auf eine Einschränkung der gewerblichen Nutzung einer Teileigentums-Einheit als Café ist mit der möglichen Wertminderung der Wohnung zu bewerten.1
6365f
Das Interesse des Klägers an der Nutzung einer als Laden ausgewiesenen Sondereigentumseinheit als Vereinsheim (Dart-Club) ist mit 25 000 Euro zu bewerten.2
6365g
• Nutzung, Wohnung Steht die grundsätzliche Nutzungsmöglichkeit von zwei Räumen zu dauernden Wohnzwecken in Frage sowie das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer, eine solche Nutzung zu verhindern, ist ein Streitwert von 15 000 Euro sachgerecht.3
6366
• Parken Der Streitwert betreffend ständiges unzulässiges Parken auf einer Gemeinschaftsfläche ist mit 5000 Euro zu bemessen.4
6367
Geht es um das Abstellen eines Wohnmobils auf einem Stellplatz, ist der Streitwert auf 6000 Euro zu schätzen.5
6368
Der Streitwert eines Anspruchs auf Unterlassung eines behaupteten rechtswid- 6368a rigen Gebrauchs eines im Sondernutzungsrecht des Beklagten liegenden PkwStellplatzes (Abstellen des Pkw unmittelbar auf dem Begrenzungsstreifen des Stellplatzes) ist mit 4000 Euro zu bewerten.6 • Rechnungslegung Der Streitwert einer Vollstreckungsabwehrklage gegen eine Rechnungslegungsverpflichtung ist nach dem mit der Rechnungslegung verbundenen zeitlichen und finanziellen Aufwand zu bemessen.7
6369
Anders als bei einem Anspruch auf Zahlung bei einer Geldsumme, bei dem das Interesse des Titelgläubigers und des Titelschuldners regelmäßig gleich – nämlich mit dem Nennbetrag der Forderung – zu bewerten sind, decken sich das Interesse des Gläubigers eines Rechnungslegungsanspruchs an der Legung der Rechnung und das Abwehrinteresse des Schuldners daran, keine Abrechnung erteilen zu müssen, regelmäßig nicht. Dieses Abwehrinteresse des Schuldners, nach dem sich der Gegenstandswert einer gegen eine titulierte Rechnungslegungspflicht gerichteten Vollstreckungsabwehrklage ebenso bemisst, wie der Streitwert eines gegen einen solchen Titel gerichteten Rechtsmittels, bestimmt sich vielmehr nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, der für ihn mit der Legung der Rechnung verbunden ist, sowie nach einem etwaigen Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten, nicht aber nach dem Wert des Rechnungslegungsanspruchs.8
6370
1 AG München, Urt. v. 28.2.2011 – 485 C 751/10, ZMR 2011, 678. 2 AG Siegburg, Urt. v. 13.11.2009 – 150 C 47/09. 3 OLG München, Beschl. v. 6.11.2006 – 34 Wx 105/06, ZMR 2007, 302 = ZfIR 2007, 38 = MietRB 2007, 39. 4 AG Dortmund, Urt. v. 11.1.2011 – 512 C 49/10, ZMR 2012, 106. 5 AG Königswinter, Urt. v. 22.7.2011 – 31 C 19/10, n.v. 6 AG Brühl v. 18.10.2013 – 29 C 41/13 n.v. 7 OLG Köln, Beschl. v. 12.6.2007 – 2 W 41/07, InVo 2008, 22 = JurBüro 2007, 488. 8 OLG Hamburg, Beschl. v. 3.3.1989 – 2 UF 140/88, FamRZ 1989, 770.
Monschau
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ZPO
Wohnungseigentum • Schneefegeplan 6371
Führt die mehrheitliche Ablehnung eines Eigentümerantrags über die Änderung eines „Schneefegeplans“ (jeder Wohnungseigentümer sei jeweils für eine Woche für die Schneeräumung verantwortlich) beim Antragsteller zu jährlichen Mehrkosten, so ist sein für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde maßgebliches Änderungsinteresse wirtschaftlich mit dem 3-fachen dieses Wertes zu bemessen.1 • Selbständiges Beweisverfahren
6372
Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens ist mit dem Hauptsachewert oder mit dem Teil des Hauptsachewertes anzusetzen, auf den sich die Beweiserhebung bezieht.2
6373
Dies kann beispielsweise bedeuten, dass dann, wenn im Beweisverfahren nicht alle behaupteten Mängel bestätigt werden, für die Streitwertfestsetzung diejenigen Kosten zu schätzen sind, die sich ergeben hätten, wenn jene Mängel festgestellt worden wären.3 • Sonderumlage bei Sanierungsmaßnahmen
6374
Das OLG Köln4 bemisst den Gebührenstreitwert mit 15 % der angefochtenen Sonderumlage. • Sondernutzungsflächen
6375
Der Geschäftswert beim Streit um Sondernutzungsflächen ist im Allgemeinen niedriger anzusetzen als der Grundstückswert (Verkehrswert). Auch wenn sich jede starre schematische Betrachtung verbietet, kann – neben anderen Faktoren – aber der Grundstückswert einen wichtigen Anhaltspunkt für die Wertfestsetzung bilden.
6376
Dementsprechend kann der Streitwert betreffend einen Antrag auf Übertragung des Sondernutzungsrechts an einem Pkw-Stellplatz 8000 Euro5 betragen.
6377
Geht es hingegen nicht um das Eigentum als solches, sondern um die Abgrenzung von Nutzungsrechten an zwei Flächen von lediglich knapp 5 qm und etwa 8 qm, ist das streitwertmindernd zu berücksichtigen; in einem solchen Fall kann der Streitwert mit 2250 Euro zu bemessen sein.6
6377a
Der Streitwert betreffend die Weigerung der Löschungszustimmung von einem fälschlich eingetragenen Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz ist mit 1500 Euro bemessen worden.7 • Umzugskostenpauschale
6378
Gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG bemisst sich der Wert allein nach dem Interesse der Beteiligten an der Entscheidung, und zwar dem Interesse aller Beteiligten, nicht lediglich des Antragstellers.8 1 2 3 4 5 6 7 8
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.11.2007 – 3 Wx 195/07, NZM 2008, 93 = ZMR 2008, 549. BGH, Beschl. v. 16.9.2004 – III ZB 33/04, NJW 2004, 3488 = MDR 2005, 162. OLG Jena, Beschl. v. 30.1.2001 – 1 W 31/01, OLGR 2001, 132 = AGS 2001, 109. OLG Köln, Beschl. v. 2.2.2001 – 16 Wx 131/00, ZMR 2001, 574. LG Köln, Urt. v. 15.5.2002 – 28 O 631/01, MDR 2002, 1186. BayObLG, Beschl. v. 28.2.2001 – 2 Z BR 113/00, ZWE 2001, 552. AG Dresden, Urt. v. 30.5.2008 – 150 C 8017/07. BGH, Beschl. v. 17.9.1992 – V ZB 21/92, MDR 1992, 1177 = NJW 1992, 3305.
1214
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Wohnungseigentum Das Verfahren auf Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses, eine Umzugskostenpauschale von 75 Euro pro Ein- und Auszug einer Partei einzuführen, hat vor dem AG Osnabrück einen Streitwert von 5000 Euro erreicht.1 Dieser Betrag entspricht dem Interesse sämtlicher Beteiligten angesichts der Häufigkeit von Umzügen innerhalb eines Jahres, die – bei unterstellter Gültigkeit des Eigentümermehrheitsbeschlusses – das Eingreifen der Umzugskostenpauschale begründen.
6379
Eine Herabsetzung des Wertes gem. § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG kommt nicht in Betracht, weil die Kosten, die sich unter Berücksichtigung des Interesses aller Beteiligten durch diese Streitwertfestsetzung ergeben, in keinem unangemessenen Verhältnis zum Interesse der Antragsteller stehen.
6380
Das LG Berlin2 hat den Wert betreffend die Anfechtung eines Beschlusses über die Festsetzung einer Umzugskostenpauschale für jeden Nutzerwechsel auf 2500 Euro bemessen und sich dabei an der Anzahl der Einheiten, die im Eigentum des Klägers stehen, sowie an der Anzahl der pro Jahr etwa stattfindenden Nutzerwechsel orientiert.
6380a
• Unterlassung Geht es im gerichtlichen Verfahren in Wohnungseigentumssachen um Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche, so richtet sich der Gebührenstreitwert sowohl an dem Interesse des Klägers an der Beseitigung des beanstandeten Verhaltens als auch an dem Abwehrinteresse des Beklagten an der Möglichkeit der Fortsetzung der Nutzung.3
6381
• Unterlassung, bordellähnlicher Betrieb Wird in einer Wohnanlage mit 42 Eigentumswohnungen in einer Wohnung die Prostitution ausgeübt, so wird dadurch der Miet- und Wohnwert der gesamten Anlage – also auch entfernt liegender Wohnungen – gemindert. Der Streitwert bemisst sich dann insbesondere an dem Interesse der antragstellenden Eigentümer an einem Unterlassen der von der Wohnung des Antragsgegners ausgehenden Beeinträchtigungen auf die Wertminderung der übrigen (hier: 41) Wohnungen der Anlage, und zwar selbst dann, wenn die Wertminderung in entfernt liegenden Einheiten geringer ist als in solchen, die der beanstandeten Wohnung unmittelbar benachbart sind.4
6382
Dagegen hat das BayObLG5 den Jahresmietzins für die Streitwertbemessung herangezogen. Das sei grundsätzlich nicht zu beanstanden, denn die Untersagung der Nutzung von Teileigentumsräumen zum Zweck eines bordellartigen Betriebs stelle lediglich eine Vermietungsbeschränkung dar.
6382a
• Unterlassung, Nutzung von Räumen Steht die grundsätzliche Nutzungsmöglichkeit von zwei Räumen zu dauernden Wohnzwecken in Frage sowie das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer, eine solche Nutzung zu verhindern, ist ein Streitwert von 15 000 Euro sachgerecht.6 1 AG Osnabrück, Beschl. v. 23.9.2005 – 40 II 87/03, Info M 2005, 259. 2 LG Berlin, Urt. v. 12.6.2009 – 85 S 45/08 WEG, ZMR 2010, 225 = ZWE 2010, 227. 3 BayObLG, Beschl. v. 1.2.2001 – 2 Z BR 105/00, ZMR 2001, 557 = NJW-RR 2001, 1383; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.6.1999 – 14 Wx 35/99, JurBüro 2000, 82 = NZM 2000, 194. 4 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.6.1999 – 14 Wx 35/99, JurBüro 2000, 82 = NZM 2000, 194. 5 BayObLG, Beschl. v. 20.9.2001 – 2 Z BR 39/01, ZWE 2002, 127 = ZMR 2002, 142. 6 OLG München, Beschl. v. 6.11.2006 – 34 Wx 105/06, ZMR 2007, 302 = ZfIR 2007, 38 = MietRB 2007, 39.
Monschau
1215
6382b
ZPO
Wohnungseigentum • Vermietung 6382c
Der Geschäftswert eines Antrags, die Benutzung eines vermieteten Kfz-Stellplatzes zu unterlassen, kann mit dem einjährigen Mietwert bzw. dem einjährigen Erhöhungsbetrag festgesetzt werden.1 • Versammlungsprotokoll
6382d
Der Geschäftswert eines Verfahrens über die Berichtigung des Protokolls einer Wohnungseigentümerversammlung bemisst sich nach dem Interesse der Beteiligten an der Berichtigung, nicht nach den bloßen Berichtigungskosten.2
6382e
Das AG Langenfeld hat das Interesse des Klägers auf 1000 Euro geschätzt.3 • Versorgungssperre
6383
Das Klägerinteresse des von einer Versorgungssperre Betroffenen hat sich am Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung der Wohnung zu orientieren. Das Interesse des Wohnungseigentümers, den die Versorgungssperre trifft, ist also erheblich höher zu bewerten als das der übrigen Wohnungseigentümer. Daher wird sich die Streitwerthöhe regelmäßig an Umfang und Dauer der Versorgungssperre bemessen. Maßstab dürfte die um 80 % bis 100 % geminderte tatsächliche Miete (wenn es sich um eine Mietwohnung handelt) bzw. die ortsübliche Miete (wenn es sich um eine nicht vermietete Eigentumswohnung handelt) für die Dauer der Versorgungssperre sein. Ist eine Dauer der Versorgungssperre nicht bestimmt worden, erscheint die Bewertung mit dem Nutzwert für die Dauer von 12 Monaten sachgerecht.4 Nach Auffassung des LG Dessau-Roßlau5 bemisst sich der Streitwert nach den Kosten, die der Kläger tragen muss, wenn er eigene Verträge mit Energieversorgern abschließt, um die Sperre durch die übrigen Wohnungseigentümer zu umgehen. Für das Gesamtinteresse soll zusätzlich ein Betrag von 67 % der Hausgeldrückstände als Interesse an dem Druckmittel addiert werden. Dieser Ansatz erscheint willkürlich und dürfte das wahre Interesse des Klägers nicht abbilden. Das LG München I6 hat pauschal 5000 Euro angesetzt. • Verteilerschlüssel, Verwalterkosten
6384
Die Bemessung des Gesamtinteresses zur Streitwertfestsetzung ist für die Anfechtung eines Beschlusses, der die Änderung des Verteilerschlüssels von Verwalterkosten zum Gegenstand hat, in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 9 ZPO auf der Grundlage des dreifachen Jahreswerts der Verwalterkosten vorzunehmen.7 • Verwalter, Abberufung
6385
Bei der Anfechtung von Beschlüssen, die den Bestand des Verwalteramts betreffen, orientiert sich das Gesamtinteresse an der Verwaltervergütung. Wird die Verwalterwahl angegriffen, bemisst sich das Gesamtinteresse der Parteien nach der aufgrund des entsprechenden Verwaltervertrags zu zahlenden Grundvergütung. 1 2 3 4 5 6 7
BayObLG, Beschl. v. 16.4.1993 – 2 Z BR 16/93, WuM 1993, 494 = JurBüro 1994, 554. BayObLG, Beschl. v. 9.7.1996 – 3 Z BR 106/96, WE 1997, 116 = WuM 1996, 726. AG Langenfeld, Urt. v. 8.10.2008 – 64 C 82/08, Info M 2008, 482. Vgl. auch Köhler/Hahne, WEG, Teil 19, Rn. 44. LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 8.4.2011 – 1 T 289/10. LG München I, Urt. v. 8.11.2010 – 1 S 10608/10 WEG, ZWE 2011, 186. KG Berlin, Beschl. v. 10.9.2013 – 4 W 40/13, NZM 2014, 756 = NJW-Spezial 2014, 643.
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Monschau
Wohnungseigentum Wird der Beschluss zur Abberufung aus dem Amt des Verwalters und Kündigung des Verwaltervertrags getroffen, besteht das Gesamtinteresse in Höhe der während der eigentlichen Restlaufzeit noch zu zahlenden Vergütung. Ficht ein Wohnungseigentümer einen den Bestand des Verwalteramtes betreffenden Beschluss an, spiegelt sich das gesamte Interesse des Klägers an der ordnungsmäßigen Verwaltung in seinem Anteil an den Vergütungskosten wider; somit entspricht das Klägerinteresse diesem Anteil. Es ist unlogisch, dass verschiedene Gerichte das Interesse des Klägers an der Abberufung höher bemessen, als das der einzelnen übrigen Wohnungseigentümer. Da die Person des Verwalters alle Wohnungseigentümer in gleichem Maße betrifft, gibt es keinen Grund, das Interesse des klagenden Wohnungseigentümers höher zu bewerten. Da das Gesamtinteresse der Summe aller Einzelinteressen entspricht, müsste konsequenterweise bei einer Erhöhung der Einzelinteressen wegen des Verlangens nach ordnungsgemäßer Verwaltung auch das Gesamtinteresse höher sein als die Vergütung. Allerdings ist eine Erhöhung des das Interesse ausdrückenden Betrags wegen des Verlangens nach ordnungsmäßiger Verwaltung abzulehnen, weil sich dieses Interesse gerade in der Verwaltervergütung widerspiegelt.
6385a
Wendet sich der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft, der entgegen § 26 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht höchstens auf fünf Jahre, sondern auf sechs Jahre bestellt worden ist, gegen die Abberufung durch Beschluss der Eigentümerversammlung, ist im Rahmen der Streitwertminderung nicht auf die Dauer der noch offenen Vergütung abzustellen, die aufgrund der organschaftlichen Verwalterstellung nicht länger als bis zum Ablauf der gesetzlichen Höchstfrist von fünf Jahren angenommen werden kann, sondern auf die subjektiven Vorstellungen des Verwalters bei Antragstellung.
6385b
Die Bemessung seines Interesses ist nach objektiven Kriterien zu schätzen. Das KG Berlin lehnt eine Begrenzung auf das finanzielle Interesse, also auf den (geringen) Anteil des Verwalter- und Hausmeisterhonorars, das auf den Kläger entfällt, ab. Vielmehr stellte es auf einen Prozentsatz i.H.v. 10 % der gesamten Verwalterund Hausmeistervergütung ab.1
6385c
Nach Auffassung des OLG Schleswig2 ist der Streitwert für eine Klage auf Abberufung des Wohnungseigentumsverwalters auf den dreifachen Betrag des auf den Kläger entfallenden Anteils an dem Honorar des Verwalters für die Restlaufzeit des Vertrages zu bemessen. Im Grundsatz folgt das OLG Schleswig damit dem LG Karlsruhe3, wonach dem Interesse an der Abberufung des Verwalters durch eine Erhöhung des Einzelinteresses über den reinen Zahlbetrag hinaus Rechnung zu tragen ist, hält aber nicht eine Verdoppelung, sondern eine Verdreifachung für angemessen. Dabei räumt das Gericht ein, dass auch diese Einordnung nicht gänzlich zwingend erscheint, was wohl auch nicht erreicht werden kann.4
6385d
Man wird das Problem nur schwerlich mathematisch lösen können, wenn man das Verwalterhonorar als Ausgangspunkt nimmt. In diesem Fall ist es nämlich nur konsequent, das Fünffache des auf den Kläger entfallenden Betrages anzusetzen. Alles andere ist mehr oder weniger willkürlich.5
6385e
1 KG Berlin, Beschl. v. 10.9.2013 – 4 W 40/13, NZM 2014, 756 = NJW-Spezial 2014, 643; so auch OLG Celle, Beschl. v. 14.1.2010 – 4 W 10/10, ZMR 2010, 627 = MietRB 2010, 117; a.A. OLG München, Beschl. v. 25.8.2009 – 32 W 2033/09, NJW-RR 2009, 1615 = MietRB 2009, 359. 2 OLG Schleswig, Beschl. v. 21.11.2011 – 3 W 75/11, MietRB 2012, 45. 3 LG Karlsruhe, Beschl. v. 28.5.2010 – 11 T 213/10, ZWE 2010, 409. 4 Vgl. Schmid, MietRB 2012, 45. 5 So zu Recht Schmid, MietRB 2012, 45, der letztlich aber das Verwalterhonorar als Ausgangspunkt der Streitwertbemessung für ungeeignet hält.
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1217
ZPO
Wohnungseigentum 6385f Beschließt die Versammlung später doch noch eine Abwahl des Verwalters und die Kündigung des Hausmeistervertrags, und wird die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt, so beläuft sich das Interesse der Parteien ab dem Zeitpunkt der Erledigungserklärung des Klägers, nur noch auf das Kosteninteresse der bislang entstandenen Kosten des Rechtsstreits. Richtigerweise wird man auf den Zeitpunkt der Zustimmung zur bis dahin einseitigen Erledigungserklärung bzw. auf den Ablauf der Frist nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO abstellen müssen.1 • Verwalter, Entlastung 6386
Das Interesse des Klägers im Beschlussanfechtungsverfahren betreffend die Entlastung eines Wohnungseigentumsverwalters bemisst sich an möglichen – anteiligen – Schadensersatzforderungen gegen den entlasteten Verwalter, da in der Entlastung ein negatives Schuldanerkenntnis zu sehen ist.2 Ferner ist eine „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit dem Verwalter unabhängig vom Volumen der Jahresabrechnung3 streitwerterhöhend zu bemessen; ohne besondere Anhaltspunkte, also etwaige Schadensersatzansprüche, ist ein Wert von 1000 Euro sachgerecht.4 • Verwalter, Notverwalter
6387
Die Bestellung eines „Notverwalters“ ist auch nach der Abschaffung von § 26 Abs. 3 WEG durch die Novelle 2007 noch im Wege der einstweiligen Verfügung möglich.5 Das Gesamtinteresse an einer solchen einstweiligen Verfügung nach § 940 ZPO bemisst sich richtigerweise nach der Bestellungszeit, weil die Gemeinschaft eine ordnungsgemäße Verwaltung erstrebt.6
6387a
Wird ein Beschluss auf gerichtliche Notverwalterbestellung für „mindestens 2 Jahre“ angefochten, ist als Streitwert der geschätzte Wert des Verwalterhonorars für 2 Jahre anzusetzen.7 • Verwalter, Pflichtverletzung
6388
Der Streitwert einer Pflichtverletzung des Verwalters bemisst sich zunächst an der Höhe des entstandenen Schadens.
6388a
Ist der Schaden nicht konkret bezifferbar, ist das für die Streitwertbemessung maßgebliche Interesse im Einzelfall zu schätzen.
6388b
Das AG Bonn8 hat im Falle einer Abmahnung des Verwalters aufgrund eigenmächtig vorgenommener Ausgaben den Streitwert auf 2500 Euro geschätzt.
1 LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 24.2.2010 – 14 T 251/10, IMR 2010, 498. 2 BGH, Beschl. v. 31.3.2011 – V ZB 236/10, Grundeigentum 2011, 827 = NZM 2011, 489 = ZMR 2011, 654. 3 A.A. LG Hamburg, Beschl. v. 3.9.2010 – 318 T 54/10, ZMR 2011, 160. 4 BGH, Beschl. v. 31.3.2011 – V ZB 236/10, Grundeigentum 2011, 827 = NZM 2011, 489 = ZMR 2011, 654. 5 BGH, Urt. v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, GuT 2011, 179 = MDR 2011, 1032 = NJW 2011, 3025. 6 A.A. Verwaltervergütung für 1 Jahr: LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 13.4.2010 – 14 T 2469/10, ZMR 2012, 207; AG Dresden, Urt. v. 21.7.2008 – 150 C 1202/08; a.A. LG Köln, Urt. v. 1.7.2010 – 29 S 208/09; Klägerinteresse am zu tragenden Anteil dieser Vergütung: LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 13.4.2010 – 14 T 2469/10, ZMR 2012, 207. 7 AG Bonn, Beschl. v. 21.12.2012 – 27 C 99/12, ZMR 2013, 383. 8 AG Bonn, Urt. v. 11.6.2010 – 27 C 249/09, ZMR 2011, 841.
1218
Monschau
Wohnungseigentum Das AG Rostock1 hat den Streitwert einer Klage gegen den Verwalter auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten wegen Verzuges mit der Auskunftserteilung über die übrigen Wohnungseigentümer auf 1500 Euro bemessen. Das Gericht hat dabei berücksichtigt, dass zur Erlangung der Auskunft durch Einsichtnahme in die Grundbuchblätter und Ermittlung der Anschriften ca. 20 Euro pro Wohneinheit hätten aufgewendet werden müssen, so dass sich bei 70 Wohneinheiten ein Streitwert von bis zu 1500 Euro ergab. Die Geltendmachung der Nebenforderung war richtigerweise nicht streitwerterhöhend.
6388c
• Verwalter, Verwaltervertrag In einer Wohnungseigentumssache, die auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung des Verwaltervertragsverhältnisses gerichtet ist, ist der Streitwert nach der Höhe der Verwaltervergütung zu bemessen, die auf die Zeit nach der Kündigung entfällt.2
6389
Eine Kürzung dieses Betrages um den von dem anfechtenden Wohnungseigentümer ggf. zu tragenden Anteil an dessen Vergütung (eine Frage der Anstellung und des Verwaltervertrages) ist in der Regel nicht gerechtfertigt, weil das Interesse des Klägers dahin geht, durch die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung letztlich die Verwaltervergütung für den restlichen vertraglichen Zeitraum zu erhalten.
6389a
Etwas anderes gilt nur, wenn ein Wohnungseigentümer sich gerade (und nur) gegen die Höhe des sich gemäß des Verwaltervertrags zu zahlenden Honorars wendet. Nur in diesem Falle – Anfechtung der Anstellung eines Verwalters wegen vom Kläger für nicht ordnungsgemäß erachteter Vertragsregelungen – besteht das klägerische Interesse in dem zukünftige Honorar und dessen Höhe.
6389b
Beim Streit über die Höhe der Verwaltervergütung ist ggf. die Differenz zwischen den Ansätzen beider Seiten maßgeblich.
6389c
Bei der Streitwertfestsetzung eines Beschlussmängelverfahrens über die Verwalterbestellung bemisst sich das Einzelinteresse des Klägers auch dann nach seinem Anteil an den Verwalterkosten für die gesamte Vertragslaufzeit, wenn es dem Kläger allein um die Person des Verwalters und damit um ein ideelles Interesse geht.3 In diesem Fall wird das Interesse des Klägers bestimmt durch die „Unzufriedenheit mit dem Verwalter“, so dass als einziges objektives Kriterium nur das Verwalterhonorar zur Verfügung steht. Das Interesse ist nicht höher zu bewerten als das rein finanzielle Interesse des Klägers, welches sich auf den nach Einheiten jeweils entfallenden Anteil des Verwalterhonorars beschränkt. Letztlich geht es dem Kläger darum, dass sein Anteil an diesem Honorar an einen geeigneten Verwalter fließt. Nach anderer Ansicht4 sind aufgrund des ideellen Interesses pauschal 10 % der Vergütung als Streitwert anzusetzen.
6390
1 AG Rostock, Urt. v. 23.5.2008 – 54 C 16/07, GE 2009, 127. 2 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 3.9.2009 – 7 W 57/09, ZMR 2010, 141 = AGS 2009, 606; Briesemeier, IMR 2010, 74; OLG Celle, Beschl. v. 7.1.2010 – 4 W 208/09, IMR 2010, 74; BayObLG, Beschl. v. 12.10.2000 – 3 Z BR 218/00, ZMR 2001, 128; Beschl. v. 18.1.1995 – 2 Z BR 128/94, JurBüro 1995, 646 = WuM 1996, 663; OLG Köln, Beschl. v. 21.9.1998 – 16 Wx 126/98, WuM 1999, 306 = NZM 1998, 960; OLG Schleswig, Beschl. v. 23.5.1990 – 2 W 98/89, NJW-RR 1990, 1045 (1046); OLG Köln, Beschl. v. 22.9.1972 – 16 W 102/72, NJW 1973, 765; LG Köln, Beschl. v. 22.12.2008 – 29 T 181/08, NZM 2009, 364. 3 LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 13.4.2010 – 14 T 2469/10. 4 LG München I, Beschl. v. 3.6.2009 – 1 T 499/09, NZM 2009, 625 = ZWE 2009, 315 = ZfIR 2009, 571; Müller, ZMR 2010, 139 ff.
Monschau
1219
Wohnungseigentum
ZPO
6391
Der Streitwert eines Beschlussanfechtungsverfahrens betreffend eine Vollmacht des Verwalters zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung nebst Anwaltsbeauftragung bemisst sich auf 5000 Euro.1 • Verwalter, Wahl
6391a
Der Streitwert im Beschlussanfechtungsverfahren betreffend eine Anfechtung der Wiederwahl des Verwalters bzw. eine Ablehnung der Kündigung des Hausmeistervertrags bemisst sich gem. § 49a GKG entsprechend dem Gesamtinteresse der Beteiligten nach der Höhe der Verwaltervergütung für den Zeitraum, für den der Verwalter weiterbestellt werden sollte2 bzw. nach der Höhe der Hausmeistervergütung für den Zeitraum, über den er ohne die abgelehnte Kündigung weiter für die WEG tätig sein würde.3 Sofern in der Vergangenheit für Regieleistungen noch weitere Kosten angefallen sind, sollen diese außer Betracht bleiben, weil ihr Anfall in der Zukunft nicht feststeht. Das für die Berechnung nach § 49a GKG maßgebliche Individualinteresse des Klägers geht hingegen nur dahin, dass der bisherige Verwalter nicht wiederbestellt und sein Vertrag als Hausmeister gekündigt wird. Ihm geht es also allein um die Person des Verwalters und die Unzufriedenheit mit dieser. • Verwaltungsbeirat, Entlastung
6392
Das Interesse, das die Entlastung des Verwaltungsbeirats zum Gegenstand hat, ist zu bemessen wie bei der Entlastung des Verwalters (s. Rn. 6389).4 • Verwaltungsbeirat, Wahl
6392a
Das Interesse an der Wahl eines Verwaltungsbeirats ist gem. § 3 ZPO zu schätzen. Für die Streitwertbemessung ist maßgeblich abzustellen auf die Größe der Wohnungseigentümergemeinschaft und die durch die Gemeinschaftsordnung oder Beschlüsse eingeräumten Befugnisse des Verwaltungsbeirats.5
6392b
Das Interesse des Beschlussanfechtungsklägers betreffend eine Änderung des Prozederes der Beiratswahl ist auf 3000 Euro zu schätzen.6 • Wahl eines Schriftführers
6393
Ein Antrag auf Ungültigerklärung eines Beschlusses über die Bestellung eines Schriftführers für die Eigentümerversammlung hat einen Streitwert von 500 Euro.7
1 BayObLG, Beschl. v. 10.8.2001 – 2 Z BR 21/01, NZM 2001, 959 = NJW-RR 2002, 158. 2 Vgl. OLG Celle, Beschl. v. 14.1.2010 – 4 W 10/10, ZMR 2010, 627 = MietRB 2010, 117; OLG München, Beschl. v. 25.8.2009 – 32 W 2033/09, NJW-RR 2009, 1615 = NZM 2009, 788. 3 LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 24.2.2010 – 14 T 251/10 WEG, ZWE 2010, 281 = NZM 2010, 587. 4 BGH, Urt. v. 9.7.2010 – V ZR 202/09, GE 2010, 1127 = NJW 2010, 2654 = ZMR 2010, 775; a.A. LG Hamburg, Beschl. v. 3.9.2010 – 318 T 54/10, ZMR 2011, 160 (Streitwert um 50 % geringer). 5 AG Krefeld, Urt. v. 7.11.2008 – 13 C 39/08: 300 Euro; AG Neustadt (Weinstraße), Urt. v. 19.8.2009 – 4 C 345/08, ZMR 2011, 910: 500 Euro; LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 13.4.2010 – 14 T 2469/10 WEG, ZMR 2012, 207: Gesamtinteresse 1000 Euro und Klägerinteresse 1500 Euro pauschal. 6 AG München, Urt. v. 30.7.2009 – 483 C 393/09, ZMR 2010, 811. 7 BayObLG, Beschl. v. 19.2.2004 – 2 Z BR 219/03, NZM 2004, 794 = ZMR 2005, 211.
1220
Monschau
Wohnungseigentum • Wirtschaftsplan Der Streitwert betreffend die Klage über die Anfechtung eines Wirtschaftsplanes einer Wohnungseigentümergemeinschaft bestimmt sich nach § 49a GKG in Höhe eines Bruchteils des Gesamtbetrages des Wirtschaftsplans.1
6394
Bei der Bewertung des Gesamtinteresses aller Parteien an der Entscheidung über die Anfechtung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan ist nicht nur formal auf den Gesamtbetrag abzustellen, der sich aus den voraussichtlichen Ausgaben und Einnahmen bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergibt und der Grundlage für das jeweils aufzubringende Hausgeld ist.2 Zu berücksichtigen ist ebenso, dass sich das Klägerinteresse nicht auf einen ersatzlosen Wegfall des Wirtschaftsplanes, sondern auf seine Anpassung – etwa wegen unterschiedlicher Auffassungen über die zu prognostizierenden Ausgaben mit der Folge einer Reduzierung oder auch Erhöhung des Gesamtbetrages – bezieht. Zudem führt die Anfechtung des Wirtschaftsplanes nicht dazu, dass die Wohnungseigentümer nicht mehr zur Zahlung des im angefochtenen Beschluss festgesetzten Hausgeldes verpflichtet wären; vielmehr besteht die Zahlungspflicht bis zur rechtskräftigen Aufhebung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan gem. § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG fort.3 Im Übrigen sind von den Wohnungseigentümern Hausgeldvorschüsse regelmäßig über das Ende eines Wirtschaftsjahres hinaus bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplanes zu zahlen. Vor diesem Hintergrund beträgt das Interesse aller Parteien an der Entscheidung nur einen Bruchteil des Gesamtbetrages des Wirtschaftsplans. Die Höhe dieses Bruchteils bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Sofern keine abweichenden Anhaltspunkte – etwa wegen eines konkreten Streits über einzelne Positionen des Wirtschaftsplans – gegeben sind, kann das Gesamtinteresse mit 20 % bis 25 % des Gesamtbetrages des Wirtschaftsplans bewertet werden.4
6394a
Im Rahmen des nach § 49a GKG zu ermittelnden Klägerinteresses wird der Streitwert regelmäßig nach dem sich aus der Jahresabrechnung für den Kläger ergebenden 5-fachen anteiligen Jahresbetrag zu bemessen sein.5
6394b
• Zahlungsklage Bei einer bezifferten Klage auf Zahlung eines Geldbetrages, insbesondere bei rückständigem Wohngeld, ist der verlangte Betrag maßgeblich, vgl. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO, (s. Rn. 6250).
6395
• Zustimmung Ausgehend von § 30 Abs. 1 KostO a.F. wurde das für die Streitwertbemessung maßgebliche Einzelinteresse im Falle der Verpflichtung des Verwalters oder der anderen Wohnungseigentümer zur Zustimmung der Veräußerung des Wohn- bzw. Teileigentums auf 10 % bis 20 % des Verkaufspreises bemessen.6
1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.9.2014 – 19 W 46/14, WuM 2014, 629 = MietRB 2014, 331. 2 So zu Unrecht aber OLG Bamberg, Beschl. v. 29.7.2010 – 3 W 94/10, 3 W 105/10, ZMR 2011, 887; KG, ZMR 2014, 230; LG Braunschweig, ZMR 2011, 481. 3 OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.9.2014 – 19 W 46/14, WuM 2014, 629 = ZWE 2014, 467 = MietRB 2014, 331; Jennißen/Jennißen, WEG, § 28 Rn. 73 m.w.N. 4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.9.2014 – 19 W 46/14, WuM 2014, 629 = MietRB 2014, 331; Beschl. v. 12.5.2014 – 19 W 22/14, WuM 14, 437; OLG Stuttgart, ZMR 2012, 136; OLG Koblenz, ZMR 2012, 457. 5 Vgl. auch LG München I, Urt. v. 13.1.2014 – 1 S 1817/13 WEG, 1 S 1817/13, MietRB 2014, 176. 6 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.11.2007 – 20 W 395/07, IMR 2008, 142; KG, Beschl. v. 12.1.2007 – 11 W 15/06, ZMR 2007, 553 = WuM 2007, 162.
Monschau
1221
6396
Wohnungseigentum Diese Auffassung lässt sich jedoch nach Überleitung des Wohnungseigentumsverfahrens in das Verfahren der streitigen Gerichtsbarkeit nicht mehr halten. Das Interesse der Wohnungseigentümer am Unterbleiben der Veräußerung an eine bestimmte Person entspricht letztlich dem Verkaufsinteresse des Klägers. Demnach ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers auf die Erzielung des Verkaufspreises der Eigentumswohnung gerichtet. Das Interesse der Kläger an der Veräußerung entspricht nach § 3 ZPO dem Kaufpreis. Dies gilt auch, wenn es letztlich nur darum ging, ob an einen bestimmten Erwerber veräußert werden kann, da nicht feststeht, ob andere Kaufbewerber, bezüglich derer kein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung besteht, zur Verfügung steht.1 Wenngleich die Verweigerung der Zustimmung nur zur Folge hat, dass die Kläger zwar keinen Kaufpreis erhalten, aber ihr Eigentum nicht verlieren, rechtfertigt auch dieser Grund keine Ermäßigung des Streitwerts. Insoweit verhält es sich wie bei Zug-um-Zug-Verurteilungen. Bei diesen ist es anerkannt, dass bei Festsetzung des Streitwertes die auf Grund der Zugum-Zug-Verurteilung zu leistende Gegenleistung den Streitwert nicht ermäßigt.2
6397
Der Streitwert für die Anträge auf Zustimmung zum Gebrauch bestimmter Kellerräume bei Belassung der von den Beteiligten im Übrigen getroffenen Gebrauchsregelung sowie auf Zustimmung zum Einbau einer Tür im Keller kann auf 3000 Euro geschätzt werden.3
ZPO
6396a
D. Rechtsmittelstreitwert und Beschwer 6398
Der Rechtsmittelstreitwert oder auch Wert des Beschwerdegegenstands ergibt sich aus dem vom Rechtsmittelführer verfolgten Ziel, die Beschwer ganz oder teilweise zu beseitigen. Im Normalfall wird der Rechtsmittelstreitwert durch die Beschwer und den Berufungsantrag bestimmt, also nach dem individuellen vermögenswerten Interesse des Rechtsmittelführers an der Änderung der angefochtenen Entscheidung.4
6399
Unter Beschwer ist der Wert des rechtlichen Nachteils zu verstehen, den eine Partei durch eine gerichtliche Entscheidung erleidet; der Umfang des Rechtsmittels ist insoweit ohne Belang.5 Dies gilt auch für eine Klageerweiterung nach Schluss der mündlichen Verhandlung.6 Die Vorschriften der §§ 3 bis 9 ZPO sind nur dann heranzuziehen, wenn die Beschwer sich nicht unmittelbar aus dem Nachteil selbst ergibt; bei Abweisung eines Zahlungsanspruchs und bei Verurteilung zu einer Zahlung besteht eine dahingehende Notwendigkeit also nicht. Maßgebend ist das wirtschaftliche Interesse des Rechtsmittelklägers am Erfolg seines Rechtsmittels; der Wert ist im Regelfall mit der Beschwer identisch oder – bei begrenzt eingelegtem Rechtsmittel – niedriger; nur ausnahmsweise kann er höher sein.7 Die Obergrenze des Rechtsmittelstreitwerts liegt im rechtskraftfähigen Inhalt der angefochtenen Entscheidung.8 Daher gelten die zum Gebührenstreitwert ausgeführten Grundsätze (vgl. Rn. 6237 ff.). 1 2 3 4 5 6 7 8
OLG München, Beschl. v. 7.5.2014 – 32 W 681/14 WEG, MietRB 2014, 266. OLG München, Beschl. v. 7.5.2014 – 32 W 681/14 WEG, MietRB 2014, 266. OLG München, Beschl. v. 26.9.2005 – 34 Wx 74/05, NJW-RR 2006, 87 = NZM 2006, 704. BGH, Beschl. v. 17.9.1992 – V ZB 21/92, MDR 1992, 1177 = NJW 1992, 3305; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.3.2004 – 11 Wx 45/03, OLGR 2004, 213. BGH, Beschl. v. 10.10.1983 – III ZR 87/83, MDR 1984, 196 = NJW 1984, 371. BGH, Beschl. v. 19.3.2009 – IX ZB 152/08, AGS 2009, 295 = MDR 2009, 824 = FamRZ 2009, 972. BGH, Beschl. v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, FamRZ 1995, 349 = NJW 1995, 664. BGH, Beschl. v. 8.5.2007 – VIII ZR 133/06, WuM 2007, 395 = MDR 2007, 1093.
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Monschau
Zeugnisverweigerung
Zahlungsanspruch Siehe das Stichwort „Geldforderung“.
Zeugnis Siehe das Stichwort „Willenserklärung“.
Zeugnisverweigerung A. Allgemeines Gemäß §§ 383, 384 ZPO ist ein Zeuge berechtigt, das Zeugnis aus bestimmten persönlichen und sachlichen Gründen zu verweigern. Will er davon Gebrauch machen, dann hat der Zeuge die dafür maßgeblichen Gründe anzugeben und glaubhaft zu machen (§ 386 Abs. 1 ZPO). Über die Rechtmäßigkeit seiner Weigerung ist, sofern es sich nicht um eine Tatsache handelt, die der Amtsermittlung unterliegt, nur auf Antrag des Beweisführers im Wege des Zwischenstreits zu entscheiden.1 Gegen das Zwischenurteil ist die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde eröffnet, § 387 Abs. 3 ZPO.
6400
B. Gebührenstreitwert Der Wert des Zwischenstreites über eine Zeugnisverweigerung richtet sich nach 6401 § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG und ist grundsätzlich frei zu schätzen. Hierbei ist der Zwischenstreit selbständig und als vermögensrechtliche Streitigkeit zu bewerten, wenn die Hauptsache vermögensrechtliche Ansprüche betrifft.2 Für diese Betrachtung spricht, dass es sich bei dem Zwischenstreit um ein Nebenverfahren im laufenden Rechtsstreit handelt, dass der Entscheidung in der Hauptsache dient.3 Wertbestimmend ist nicht die Konfliktsituation des Zeugen, sondern das Interesse der beweisführenden Partei mit der Zeugenvernehmung den Ausgang des Rechtsstreits zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Maßgeblich ist daher die (beweismittelrechtliche) Bedeutung der Aussage für den Ausgang des Verfahrens. Da dies von dem Vorhandensein weiterer Beweismittel, dem Umfang des Beweisgegenstandes im Verhältnis zum Streitgegenstand und etwaig weiteren vom Ge-
1 Zöller/Greger, § 387 ZPO Rn. 2. 2 Vgl. BGH, Beschl. v. 25.3.1991 – II ZA 9+10/90, KostRspr. § 3 Nr. 1034; Musielak/Voit/ Heinrich, § 3 ZPO Rn. 39 unter „Zeugnisverweigerung“; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Zeugnisverweigerung“; a.A. noch 11. Auflage; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 12.10.2007 – 4 W 182/07, NZI 2008, 40 – mit Rückgriff auf Regelwert des § 51 Abs. 2 GKG; OLG Köln, Rpfleger 1973, 321; BayObLG, Beschl. v. 21.8.1986 – BReg. 1 Z 34/86, FamRZ 1986, 1237; ausführlich Schneider, Anm. zu BGH, KostRspr. ZPO § 3 Nr. 1034. 3 So auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.12.2003 – I-5 W 48/03, MDR 2004, 1083 für das Verfahren der Sachverständigenablehnung.
N. Schneider/Kurpat
1223
6402
ZPO
Zinsen richt nach § 286 ZPO zu berücksichtigenden Umständen abhängig ist, scheidet eine schematische Gleichsetzung mit dem Wert der Hauptsache aus.1 6403
Dem steht das Verbot der antizipierten Beweiswürdigung nicht entgegen,2 da die Relevanz des Beweismittels nicht von seiner prognostizierten Überzeugungskraft, sondern von einer formalen Bedeutung für die Notwendigkeit und den Umfang der Beweisaufnahme abgeleitet wird. Denn mit Zwischenurteil, das die Rechtmäßigkeit der Zeugnisverweigerung ausspricht, wird im Fall einer drohenden Beweislastentscheidung mittelbar über den Anspruch des Klägers entschieden.3
6404
Bei der Bemessung wird in der Regel von einer Bruchteilsbewertung bezogen auf den Wert des vom Beweisantrag erfassten Teils des Streitgegenstandes auszugehen sein, es sei denn, das Beweismittel ist für den weiteren Verlauf des Rechtsstreits, etwa wegen einer drohenden Beweislastentscheidung, von entscheidender Bedeutung.4
C. Beschwerdewert 6405
Für den im Zwischenstreit unterlegenen Beweisführer folgt der Wert der Beschwer aus seinem Interesse an der Beweisführung und damit dem Gebührenstreitwert.5
6406
Für den unterlegenen Zeugen ist maßgeblich auf dessen Gründe für die Zeugnisverweigerung abzustellen.6
Zinsen A. Zuständigkeitsstreitwert I. Überblick 6407
Eingeklagte Zinsen können Nebenforderungen (§ 4 Abs. 1 ZPO) oder Hauptforderung sein. Möglich ist auch, dass ein Teil der Zinsen Hauptforderung ist und ein anderer Teil Nebenforderung. Zur Bewertung als Hauptforderung s. Rn. 6431.
II. Isolierte Klage 6408
Werden Zinsen isoliert eingeklagt, sind sie immer Hauptforderung. Ihr voller Wert ist maßgebend. Zur Bewertung als Hauptforderung s. Rn. 6431. 1 BGH, Beschl. v. 25.3.1991 – II ZA 9+10/90, KostRspr. ZPO § 3 Nr. 1034; OLG Frankfurt, Urt. v. 19.11.2003 – 9 U 70/98, NotBZ 2004, 490; a.A. OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.10.1963 – 2 W 136/63, KostRspr. ZPO § 3 Nr. 103; KG, JurBüro 1964, 616; KG, JurBüro 1968, 739 – in der Regel Hauptsachewert. 2 So aber Schneider, Anm. zu BGH, KostRspr. ZPO § 3 Nr. 1034. 3 Vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.8.1997 – 2 W 3/97, FamRZ 1998, 563 = NJW-FER 1998, 89 – Duldung der Blutentnahme zur Feststellung der Abstammung. 4 BGH, Beschl. v. 25.3.1991 – II ZA 9+10/90, KostRspr. ZPO § 3 Nr. 1034; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.8.1997 – 2 W 3/97, FamRZ 1998, 563 – Duldung der Blutentnahme zur Feststellung der Abstammung; a.A. OLG Karlsruhe, RPfl 1966, 64: stets niedriger als der Hauptsachewert. 5 OLG Frankfurt, Urt. v. 19.11.2003 – 9 U 70/98, OLGR 2004, 81 = NotBZ 2004, 490. 6 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Zeugnisverweigerung“.
1224
Kurpat/N. Schneider
Zinsen
III. Zinsen werden zusammen mit der zugehörigen Hauptforderung geltend gemacht Werden Zinsen neben der Hauptforderung geltend gemacht, aus der sie sich berechnen, dann handelt es sich um Nebenforderungen, die nach § 4 Abs. 1 ZPO für den Zuständigkeitsstreitwert außer Ansatz bleiben.
Û
Beispiel: Eingeklagt wird eine Kaufpreisforderung i.H.v. 5000 Euro nebst Zinsen. Der Wert der Zinsen wird nicht mitgerechnet. Der Streitwert beläuft sich auf 5000 Euro.
Unerheblich ist, wie der Zinsantrag formuliert ist, insbesondere, ob die Zinsen als „Nebenantrag“ geltend gemacht oder ob sie kapitalisiert – ggf. mit der Hauptforderung – eingefordert werden.1
Û
6409
6410
Beispiel: Eingeklagt werden 5500 Euro, wobei 5000 Euro auf die Hauptforderung entfallen und 500 Euro auf zwischenzeitlich aufgelaufene Zinsen. Die Zinsen werden auch hier nicht mitgerechnet. Der Wert beträgt 5000 Euro.
IV. Novation Werden Zinsen durch eine Novation zu einer neuen (Haupt-)forderung, dann wirken sie werterhöhend. Siehe hierzu die Stichwörter „Novation“, Rn. 4340 sowie „Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess“, Rn. 5362.
6411
V. Klage auf Zinsen aus anderer Hauptforderung Eingeklagte Zinsen sind nur dann Nebenforderung, wenn sie sich aus der eingeklagten Hauptforderung berechnen. Berechnen sie sich dagegen aus einer anderen Hauptforderung, dann sind sie selbst weitere Hauptforderung.2
Û
6412
Beispiel: Eingeklagt werden 5000 Euro Kaufpreisforderung und 500 Euro Zinsen aus einer Darlehnsforderung. Der Wert der Zinsen wird jetzt als weitere Hauptforderung hinzugerechnet (§ 5 ZPO). Der Streitwert beträgt 5500 Euro.
VI. Klage auf Zinsen aus einem anderen nicht eingeklagten Teil der Hauptforderung Auch dann, wenn Zinsen aus einem Teil der Hauptforderung resultieren, der nicht miteingeklagt worden ist, sind die Zinsen als Hauptforderung zu berücksichtigen. Es fehlt auch in diesem Fall an der für eine Nebenforderung i.S.d. § 4 Abs. 1 ZPO erforderlichen Abhängigkeit der (eingeklagten) Hauptforderung.3
Û
Beispiel: Der Beklagte schuldete dem Kläger eine Kaufpreisforderung i.H.v. 12 000 Euro, mit der er seit dem 1.2. in Verzug war. Im Dezember zahlte der Beklagte schließlich 7000 Euro ausdrücklich auf die Hauptforderung, da er nach seiner Auffassung nicht verpflichtet war,
1 BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – III ZR 325/03. 2 BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – III ZR 325/03. 3 BGH, Beschl. v. 12.12.1957 – VII ZR 135/57, NJW 1958, 342; Beschl. v. 24.3.1992 – VII ZR 146/93, MDR 1994, 720.
N. Schneider
1225
6413
Zinsen
ZPO
Zinsen zu zahlen. Wegen des Restbetrages von 5000 Euro sowie der gesamten Zinsen seit dem 1.2. wird nunmehr Klage eingereicht. Soweit die Zinsen aus den eingeklagten 5000 Euro resultieren, sind sie Nebenforderung nach § 4 Abs. 1 ZPO und damit nicht werterhöhend. Soweit sich die Zinsen dagegen aus den gezahlten 7000 Euro berechnen, sind sie Hauptforderung, da sie nicht vom Bestand der eingeklagten Hauptforderung abhängig sind. Der Streitwert beträgt auf jeden Fall mehr als 5000 Euro, so dass das Landgericht zuständig ist.
6414
Keine Frage der Zinsbewertung ist es, wenn Teilzahlungen gem. §§ 366, 367 ZPO erst auf Zinsen verrechnet werden, da dann die Hauptforderung bestehen bleibt.
Û
6415
Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel; der Schuldner hat die 7000 Euro auf Hauptforderung und Zinsen gezahlt. Die zwischenzeitlich aufgelaufenen Zinsen aus den 10 000 Euro beliefen sich auf 500 Euro. Jetzt bleibt die Hauptforderung gem. §§ 366, 367 BGB i.H.v. 5500 Euro bestehen. Wird sie nebst Zinsen eingeklagt, beläuft sich der Streitwert auf 5500 Euro. Die weiteren Zinsen ab Teilzahlung werden nicht mitberechnet.
Nach dem BGH1 soll sogar dann zu addieren sein, wenn von mehreren Gesamtgläubigern einer die Hauptforderung und ein anderer die Zinsen einklagt.
Û
Beispiel: Zwei Eheleute sind Gesamtgläubiger einer Forderung i.H.v. 5000 Euro. Der Ehemann klagt auf Zahlung von 5000 Euro; die Ehefrau klagt auf Zahlung von 5 % Zinsen aus 5000 Euro seit Rechtshängigkeit, deren Wert hier mit 500 Euro angenommen werden soll. Der Wert der Klageforderung des Ehemannes beläuft sich auf 5000 Euro. Der Wert des Klageantrags der Ehefrau beläuft sich nur auf den Wert der Zinsen, also 500 Euro. Diese Zinsen sind nach Auffassung des BGH jetzt aber keine Nebenforderung. Zwar wären sie Nebenforderung zu der vom Ehemann eingeklagten Forderung. Darauf soll es nach Auffassung des BGH jedoch nicht ankommen. Zinsen sollen danach nur dann Nebenforderung i.S.d. § 4 ZPO sein, wenn sie in demselben Prozess von derselben Partei verlangt werden. Der Begriff der Nebenforderung setze voraus, dass eine Hauptforderung bestehe. Diese bestehe aber hinsichtlich der Klägerin zu 2) gerade nicht, da sie nicht auch auf Zahlung von 5000 Euro klage. Für sie sei daher nach § 3 ZPO nur der Wert ihres Antrags, nämlich der der Zinsen maßgebend. Ausgehend hiervon beliefe sich also der Streitwert des Verfahrens auf 5500 Euro. Nach zutreffender Ansicht2 muss man in einem solchen Fall im Ergebnis von einem Additionsverbot wegen wirtschaftlicher Identität ausgehen. Das Additionsverbot wegen wirtschaftlicher Identität gilt nämlich nicht nur im Verhältnis zu wirtschaftlich identischen Hauptforderungen, sondern auch im Verhältnis zu den davon abhängigen Nebenforderungen.
VII. Aufgelaufene Zinsen sind Teil der Hauptforderung geworden 6416
Zinsen sind auch dann keine Nebenforderung, wenn sie der Hauptforderung zugeschlagen werden, etwa bei einer Klage auf Herausgabe einer Mietkaution oder Freigabe eines hinterlegten Betrags. Siehe hierzu die Stichwörter „Mietstreitigkeiten“, Rn. 3955 ff., „Hinterlegung“, „Kreditgebühren“ sowie „Urkunden- Wechselund Scheckprozess“ jeweils m.w.N.
6417
Auch bei einer Klage auf Zustimmung zu einem Teilungsplan werden Zinsen, die dem zu teilenden Konto inzwischen gutgeschrieben sind, nicht als Nebenforde-
1 BGH, Beschl. v. 14.5.1992 – II ZR 275/91, KostRsp. ZPO § 4 Nr. 72; ebenso E. Schneider, Die Klage im Zivilprozess, Rn. 291 und 614. 2 Lappe, Anm. zu BGH KostRsp. ZPO § 4 Nr. 72.
1226
N. Schneider
Zinsen rung geltend gemacht; sie sind vielmehr wie Hinterlegungszinsen Berechnungsfaktor für die Hauptforderung und somit für deren Bewertung maßgebend.1
VIII. Befreiung von Zinsen Wird ein Befreiungsanspruch geltend gemacht, nach dem der Beklagte auch von Zinsen befreit werden soll, ist strittig, ob die Zinsen mitzuberechnen sind. Siehe dazu das Stichwort „Befreiung von einer Verbindlichkeit“.
6418
B. Gebührenstreitwert I. Gerichtsgebühren 1. Überblick Im Gegensatz zum Zuständigkeitsstreitwert haben Zinsen für den Gebührenstreitwert immer einen Wert. Hier besteht allerdings ein Additionsverbot, wenn die Zinsen als Nebenforderung geltend gemacht werden (§ 43 Abs. 1 GKG) und im Übrigen eine Wertbegrenzung (§ 43 Abs. 2 GKG).
6419
2. Isolierte Klage Werden Zinsen isoliert eingeklagt, sind sie immer Hauptforderung. Ihr voller Wert ist maßgebend. Eine Begrenzung nach § 43 Abs. 2 GKG auf den Wert der Hauptforderung, aus der sie sich ableiten, kommt nicht in Betracht. Zur Bewertung als Hauptforderung s. Rn. 6431.
Û
6420
Beispiel: Nach Bezahlung der Kaufpreisforderung klagt der Kläger auf die bis zur Zahlung entstandenen Zinsen. Der volle Wert der Zinsen ist maßgebend, auch wenn er die Kaufpreisforderung übersteigt.
3. Zinsen werden zusammen mit der zugehörigen Hauptforderung geltend gemacht Werden Zinsen neben der Hauptforderung geltend gemacht, aus der sie sich berechnen, dann handelt es sich um Nebenforderungen. Ihr Wert wird gem. § 43 Abs. 1 GKG der Hauptforderung nicht hinzugerechnet. Es gilt das Gleiche wie beim Zuständigkeitsstreitwert.
Û
Beispiel: Eingeklagt wird eine Kaufpreisforderung i.H.v. 5000 Euro nebst Zinsen. Der Wert der Zinsen wird nicht mitgerechnet.
Zu berücksichtigen ist der Wert der Zinsen dagegen, wenn sie zwar zusammen mit der Hauptsache geltend gemacht werden, aber einzelne Gebühren nur hinsichtlich der Zinsen angefallen sind. Diese Gebühren richten sich dann nur nach dem Wert der Zinsen (§§ 36 Abs. 1, 43 Abs. 2 GKG), wobei der Wert auf den Betrag der Hauptforderung begrenzt ist, selbst wenn die Zinsforderung höher liegt.
Û
6421
Beispiel: Gegen den Mahnbescheid (3000 Euro) wird nur hinsichtlich der Zinsen (Wert: 500 Euro) Widerspruch erhoben, nicht auch hinsichtlich der Hauptforderung.
1 BGH, Beschl. v. 3.12.1997 – IV ZR 133/97, NJW-RR 1998, 1284.
N. Schneider
1227
6422
Zinsen
ZPO
Die 0,5-Gebühr der Nr. 1110 KV GKG richtet sich nach dem Wert der Hauptsache. Die weitere 3,0-Gebühr der Nr. 1210 KV GKG richtet sich dagegen nur nach dem Wert der Zinsen. Anzurechnen ist dann noch eine 0,5-Gebühr aus dem Wert der Zinsen (Anm. zu Nr. 1210 KV GKG). 0,5-Gebühr, Nr. 1110 KV GKG (Wert: 3000 Euro) 3,0-Gebühr, Nr. 1210 KV GKG (Wert: 500 Euro) anzurechnen gem. Anm. zu Nr. 1210 KV GKG, 0,5 aus 500 Euro Gesamt
54,00 Euro 105,00 Euro – 17,50 Euro 141,50 Euro
4. Klage auf Zinsen aus anderer Hauptforderung 6423
Berechnen sich die Zinsen aus einer anderen Hauptforderung, dann sind sie auch für die Gerichtsgebühren Hauptsache und werden addiert. Es gilt auch hier das Gleiche wie beim Zuständigkeitsstreitwert (s. Rn. 6407). 5. Klage auf Zinsen aus dem anderen, nicht eingeklagten Teil der Hauptforderung
6424
Auch dann, wenn Zinsen aus einem Teil der Hauptforderung resultieren, der nicht miteingeklagt worden ist, sind die Zinsen als Hauptforderung zu berücksichtigten. Es fehlt auch in diesem Fall an der für eine Nebenforderung i.S.d. § 43 Abs. 1 GKG erforderlichen Abhängigkeit der (eingeklagten) Hauptforderung. Es gilt wiederum hier das Gleiche wie beim Zuständigkeitsstreitwert (s. Rn. 6407). 6. Aufgelaufene Zinsen sind Teil der Hauptforderung geworden
6425
Auch bei den Gerichtsgebühren sind Zinsen, die der Hauptforderung zugeschlagen werden, als Hauptforderung zu bewerten (s. Rn. 6416).
C. Anwaltsgebühren I. Grundsatz: Bewertung nach § 43 GKG 6426
Da sich die Anwaltsgebühren gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG nach dem für die Gerichtsgebühren geltenden Vorschriften berechnen, gilt insoweit das Gleiche wie für den Streitwert der Gerichtsgebühren (Rn. 6419 ff.).
II. Stufenwerte 6427
Zu beachten ist, dass es bei den Anwaltsgebühren auch dazu kommen kann, dass sich einzelne Gebühren nur aus dem Wert der Zinsen berechnen. Dann ist für diese Gebühren gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG i.V.m. §§ 36 Abs. 1, 43 Abs. 2 GKG der Wert der Zinsen maßgebend.
Û
Beispiel: Der Anwalt erwirkt den Erlass eines Mahnbescheids über 3000 Euro nebst Zinsen. Der Antragsgegner legt Widerspruch nur wegen eines Teilbetrages von 1000 Euro und der gesamten Zinsen ein. Insoweit wird anschließend das streitige Verfahren durchgeführt. Im Mahnverfahren entsteht die 1,0-Gebühr der Nr. 3305 VV-RVG aus dem Wert von 3000 Euro. Die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens berechnen sich dagegen lediglich aus einem Gegenstandswert von 1000 Euro zzgl. der bis zur Einreichung des Mahnantrags angefallenen Zinsen aus den weiteren 2000 Euro, da insoweit jetzt keine Abhängigkeit mehr besteht.
1228
N. Schneider
Zinsen
Û
Beispiel: Eingeklagt sind 3000 Euro nebst Zinsen. Der Beklagte zahlt die 3000 Euro, nicht aber auch die Zinsen. Daraufhin wird der Rechtsstreit hinsichtlich der Hauptforderung in der Hauptsache vor der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt. Über die Zinsen wird verhandelt. Die Verfahrensgebühr richtet sich nach dem Wert von 3000 Euro. Die Zinsen bleiben insoweit gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG i.V.m. § 43 Abs. 1 GKG außer Ansatz. Die Terminsgebühr berechnet sich gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG i.V.m. §§ 36 Abs. 1, 43 Abs. 2 GKG nach dem Wert der Zinsen.
Möglich ist auch, dass sich dieselbe Gebühr zu unterschiedlichen Gebührensätzen sowohl aus dem Wert der Hauptsache als auch aus dem Wert der Zinsen berechnet. Dann ist § 15 Abs. 3 RVG zu beachten. Insgesamt darf nicht mehr als eine Gebühr aus dem Gesamtwert berechnet werden, wobei der Gesamtwert gem. § 43 Abs. 1 GKG auf den Wert der Hauptsache begrenzt ist.1
Û
6428
Beispiel: Im Termin zur mündlichen Verhandlung weist das Gericht darauf hin, dass die Klage i.H.v. 10 000 Euro zwar schlüssig sei, nicht jedoch der Zinsantrag (Wert: 100 Euro). Nach Erörterung wird der Zinsantrag zurückgenommen. Der Kläger beantragt ein Versäumnisurteil. Angefallen ist eine 0,5-Terminsgebühr aus der Hauptsache (Wert: 10 000 Euro) und eine 1,2-Terminsgebühr aus dem Wert der Zinsen (100 Euro). Insgesamt darf nicht mehr abgerechnet werden, als eine 1,2-Terminsgebühr aus dem Gesamtwert (10 000 Euro). 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 10 000 Euro) 725,40 Euro 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 100 Euro) 54,00 Euro 3. 0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV RVG (Wert: 10 000 Euro) 279,00 Euro (die Begrenzung nach § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,2 aus 10 000 Euro (669,60 Euro), ist nicht überschritten) 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Zwischensumme 1078,40 Euro 204,90 Euro 5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG Gesamt 1283,30 Euro
III. Zwangsvollstreckung Eine abweichende Bewertung gilt in der Zwangsvollstreckung. Hier greift nicht § 23 RVG, sondern die vorrangige Vorschrift des § 25 RVG. Danach sind Zinsen, die bis zur Ausführung des jeweiligen Vollstreckungsauftrags anfallen, beim Gegenstandswert voll zu berücksichtigen. Siehe das Stichwort „Zwangsvollstreckung“, Rn. 6479.
6429
IV. Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung Auch in der Zwangsversteigerung und in der Zwangsverwaltung gilt nicht § 23 RVG. Vorrangig sind § 26 Abs. 1 Nr. 1, 3. Teils. RVG und § 27 Abs. 1 Satz 1, 2. Teils. RVG. Auch danach sind Zinsen beim Gegenstandswert voll zu berücksichtigen.
1 OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2005 – 17 W 232/05, AGS 2006, 224 mit Anm. Schons.
N. Schneider
1229
6430
ZPO
Zinsen
D. Bewertung 6431
Soweit der Wert der Zinsen maßgebend ist, gilt Folgendes: – Werden Zinsen beziffert geltend gemacht oder mit festem Zinssatz für einen bestimmten Zeitraum, so gilt nach § 3 ZPO der geforderte Betrag. Dies gilt insbesondere für rückständige Zinsen. – Werden zukünftige Zinsen geltend gemacht, folgt die Bewertung nicht aus § 9 ZPO, sondern nach § 3 ZPO.1 Die Vorschrift des § 9 ZPO will nur solche Rechte erfassen, die ihrer Natur nach und erfahrungsgemäß eine Dauer von wenigstens 3 1/2 Jahren haben oder jedenfalls mit Rücksicht auf den Grad der Unbestimmtheit des Zeitpunkts, wann das den Wegfall des Rechts begründende Ereignis eintritt, eine solche Dauer haben können.2 Der BGH3 hatte zu § 9 ZPO a.F., der einen Zeitraum von 12 1/2 Jahren vorsah, die Ansicht vertreten, erfahrungsgemäß könne nicht als Regel angenommen werden, eine fällige Forderung werde so lange nicht bezahlt werden. Jetzt beträgt der Zeitraum nur noch 3 1/2 Jahre (§ 9 ZPO i.d.F des RPflEntlG 1993) und liegt damit, gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten, wohl nicht mehr außerhalb der Erfahrung. Letztendlich muss im Einzelfall – und zwar nach § 3 ZPO – geschätzt und festgesetzt werden. Dabei wird man im Ergebnis häufig zu § 9 ZPO vergleichbaren Werten gelangen. – Bei einer Zinsforderung mit ungewissem Erfüllungszeitpunkt ist der Streitwert nach § 3 ZPO frei zu schätzen.4 Der BGH5 hat die Rückstände und den auf ein Jahr geschätzten Zinsschaden zugrunde gelegt. Unzutreffend LG Osnabrück,6 das unmittelbar nach § 9 ZPO festgesetzt hat. Lediglich dann sind Zinsen wiederkehrende Leistungen i.S.d. § 9 ZPO, wenn sie für Vermögensanlagen, etwa für Hypotheken, verlangt werden.7
6432
Im Rechtsstreit ist bei der Bewertung auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage abzustellen (§ 4 ZPO, § 40 GKG). Maßgebend sind die geforderten Zinsen sowie die zu diesem Zeitpunkt noch zu erwartenden zukünftigen Zinsen.
6433
Im Rechtsmittelverfahren ist auf den Zeitpunkt der Rechtsmitteleinreichung abzustellen, soweit die Verurteilung zur Zahlung zukünftiger Zinsen angefochten wird (§ 4 ZPO).
E. Beschwer 6434
Für die Berechnung des Werts des Beschwerdegegenstands gelten die gleichen Grundsätze wie für den Zuständigkeitsstreitwert.
6435
Zinsen wirken sich hier auch dann werterhöhend aus, wenn sie erstinstanzlich Nebenforderung waren, aber im Rechtsmittelverfahren ohne den zugehörigen Hauptanspruch angefochten werden.
1 BGH, Urt. v. 6.11.1961 – III ZR 143/60, MDR 1962, 285; OLG Celle, Nds.Rpfl. 1965, 229; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.8.1992 – 9 W 69/92, JurBüro 1993, 166. 2 RG, RGZ 24, 377 zum alten Recht: 12 1/2 Jahre. 3 BGH, Urt. v. 6.11.1961 – III ZR 143/60, MDR 1962, 285. 4 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.8.1992 – 9 W 69/92, JurBüro 1993, 166. 5 BGH, Urt. v. 25.6.1981 – III ZR 96/80, NJW 1981, 2360. 6 LG Osnabrück, Beschl. v. 17.4.1957 – 8 T 78/57, JurBüro 1957, 354. 7 RGZ 24, 377; KG, OLGE 23, 77.
1230
N. Schneider
Zustndigkeit
Û
Beispiel: Der Beklagte ist zur Zahlung von 1000 Euro nebst Zinsen verurteilt worden. Er legt Berufung ein, soweit er verurteilt worden ist, mehr als 600 Euro zu zahlen sowie wegen der gesamten Zinsen. Der Wert der Zinsen, soweit sie aus den nicht angefochtenen 400 Euro bis zur Einreichung des Rechtsmittels angefallen sind (§ 4 Abs. 1 ZPO), wird jetzt mitgerechnet, da insoweit keine Abhängigkeit mehr besteht. Die Berufung ist zulässig.
Zur Beschwer bei Verurteilung oder Abweisung des Zinsanspruchs s. im Übrigen das Stichwort „Rechtsmittel“, Rn. 4766 ff.
6435a
Zug-um-Zug-Leistung Siehe das Stichwort „Gegenleistung“.
Zulassung zur Sprungrevision Siehe das Stichwort „Sprungrevision, Zulassung der“.
Zurckbehaltungsrecht Siehe das Stichwort „Gegenleistung“.
Zusammenrechnung Siehe das Stichwort „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“.
Zuschlag in der Grundstcksversteigerung Siehe das Stichwort „Zwangsversteigerung“.
Zustndigkeit Literatur: N. Schneider, Gesonderte Gebühren im Verfahren auf Bestimmung des zuständigen Gerichts, NJW 2003, 2436; Vossler, Die gerichtliche Zuständigkeitsbestimmung für Streitgenossen, NJW 2006, 117.
Fragen der Zuständigkeit können in vielfältiger Weise auftreten. Die streitwertrechtliche Bewertung hängt wesentlich davon ab, ob ihre Beantwortung durch das
N. Schneider/Kurpat
1231
6436
Zustndigkeit
ZPO
Gericht zu einer die Klage abweisenden, den Rechtsstreit verweisenden oder fortsetzenden Entscheidung führt. Im Einzelnen ist wie folgt zu unterscheiden:
A. Rechtsweg 6437
Erachtet das Gericht den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig, hat es das gem. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG von Amts wegen auszusprechen. Bei Eröffnung des Rechtswegs zu dem angerufenen Gericht steht eine dahingehende Entscheidung gem. § 17a Abs. 3 GVG im Ermessen des Gerichts, soweit nicht eine der Parteien die Zulässigkeit rügt. Gegen die jeweilige Entscheidung, die nach Anhörung durch Beschluss ergeht, ist gem. § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG die sofortige Beschwerde eröffnet. Die Rechtsprechung zur Höhe des Beschwerdewertes ist uneinheitlich, wobei Bruchteilsbewertungen deutlich überwiegen.1 Gegen den Ansatz des Hauptsachewertes2 spricht, dass bei fehlender Rechtswegeröffnung keine Klageabweisung, sondern nur eine – von Amts wegen vorzunehmende – Verweisung droht (§ 17a GVG). Siehe ausführlich das Stichwort „Rechtswegverweisung“.
B. Sachliche Zuständigkeit 6438
Den Zwischenstreit über die sachliche Zuständigkeit bewertet die Rechtsprechung nach der Hauptsache, da bei Durchgreifen der Einrede der gesamte Anspruch durch Endurteil abzuweisen ist. Hat der beschwerdeführende Beklagte angekündigt, sich vor dem Amtsgericht rügelos einlassen zu wollen, dürfte eine Bruchteilsbewertung angemessen sein.3 Siehe auch das Stichwort „Einrede, Einwendung“.
C. Gerichtsstand und Gerichtsstandsbestimmung 6439
Der Wert des Streitgegenstandes für das durch Zwischenurteil abgeschlossene Verfahren über die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit4 richtet sich nach dem in der Klage geltend gemachten vollen Anspruch, denn es kann zum Endurteil führen.5
6440
Von dem Antrag auf Verweisung ist der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu unterscheiden. Das Gerichtsstandsbestimmungsverfahren (§ 37 ZPO) gehört, wenn es zur Bestimmung des zuständigen Ge-
1 So BGH, Beschl. v. 18.9.2008 – V ZB 40/08, NJW 2008, 3572: 1/5; Beschl. v. 27.10.2005 – III ZR 66/05, MDR 2006, 286; Beschl. v. 24.2.2000 – III ZB 33/99, MDR 2000, 598; Beschl. v. 19.12.1996 – III ZB 105/96, MDR 1997, 386: 1/3 bis 1/5; OLG Celle, Beschl. v. 14.8.1996 – 14 W 30/96, OLGR 1997, 43: 1/3; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.12.2011 – 10 W 149/11, FamRZ 2012, 475: 1/4 OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.4.1994 – 5 W 6/94, OLGR 1994, 119: 1/3; OLG Köln, Beschl. v. 24.4.1997 – 6 W 5/97, OLGR 1997, 228: 1/2; Beschl. v. 8.7.1993 – 7 W 93/93, NJW-RR 1993, 639: 1/3; OLG Naumburg, Beschl. v. 12.6.1997 – 6 W 50/97, OLGR 1997, 356: 1/5; OLG Rostock, Beschl. v. 15.6.2005 – 1 W 64/03, OLGR 2005, 720: 1/5; OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.8.2009 – 12 W 39/09, OLGR 2009, 910; OLG Thüringen, OLG-NL 1997, 96: 1/3; OVG Münster, Beschl. v. 25.5.2004 – 21 E 62/04, BauR 2004, 1759: 1/2; LAG Nürnberg, Beschl. v. 20.8.2002 – 6 Ta 63/02, ARST 2002, 265: 1/3. 2 Etwa bei BGH, Beschl. v. 13.3.2008 – V ZB 113/07, BGHR 2008, 712; OLG Köln, Beschl. v. 8.12.1992 – 2 W 160/92, OLGR 1993, 140. 3 LG Kassel, Beschl. v. 20.11.2013 – 3 T 565/13, AGS 2014, 134: 1/5. 4 KG, MDR 1957, 366; Lappe, NJW 1994, 1189 (1190). 5 Zöller/Greger, § 280 ZPO Rn. 11.
1232
Kurpat
Zustndigkeit richts führt, kostenrechtlich zu den Kosten des Rechtsstreits.1 Kommt es dagegen zu einer Zurückweisung oder Rücknahme des Antrags, kommt ein – etwaig – nachfolgendes Klageverfahren nicht als Hauptsache in Betracht. Über die Kosten des Bestimmungsverfahrens, das (nur) bei einem ausbleibenden Hauptsacheverfahren für den Anwalt eine „Besondere Angelegenheit“ (§ 16 Nr. 3a RVG) darstellt,2 ist daher gem. § 91 ZPO analog zu entscheiden. Deren Bewertung richtet sich gem. § 3 ZPO nach dem Interesse des Antragstellers, die Antragsgegner bei demselben Gericht zu verklagen und entspricht in der Regel einem Bruchteil des Wertes der Hauptsache,3 je nach den Umständen des Einzelfalles zwischen 1/10 bis zu 1/4.4
D. Verweisung Beabsichtigt das angerufene Gericht (nach entsprechendem Antrag) sich für örtlich und/oder sachlich unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit gem. § 281 ZPO an ein anderes Gericht zu verweisen, geht dem Beschluss häufig eine gesonderte Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes voraus; zumindest sollten seinen Gründen Ausführungen zum Streitwert zu entnehmen sein. An diese (konkludente) Streitwertfestsetzung ist das aufnehmende Gericht gem. §§ 48 Abs. 1, 62 GKG auch hinsichtlich des Gebührenstreitwertes insoweit gebunden, als diese durch das Unter- oder Überschreiten der 5000-Euro-Grenze die sachliche Zuständigkeit begründet. Im Übrigen besteht jedoch keine Bindung, so dass der Gebührenstreitwert bis zu dieser Grenze herab- bzw. heraufgesetzt werden darf.5
6441
E. Zwischenstreit Mit dem Zwischenstreit besteht die Möglichkeit, Fragen der Zulässigkeit vor einer Prüfung der sachlichen Begründung der Klage vorab und gesondert durch Zwischenurteil zu entscheiden,6 das unabhängig vom Erreichen der Rechtsmittelsumme7 anfechtbar ist.
6442
Das Verfahren über den Zwischenstreit zählt zur anwaltlichen Tätigkeit, die mit dem Verfahren zusammenhängt (§ 19 Abs. 1 Nr. 3 RVG) und daher nicht gesondert vergütet wird. Beschränkt sich die anwaltliche Tätigkeit hingegen auf die Vertretung einer Partei oder eines Zeugen im Zwischenstreit, so wird er als Bevollmächtigter in einem Rechtsstreit tätig und hat durch diese Einzeltätigkeit Anspruch auf die Gebühren des 3. Teils des VV RVG.8 Siehe zu den Einzelheiten das Stichwort „Zwischenstreit und -urteil“ sowie „Einrede, Einwendung“.
6443
1 Vossler, NJW 2006, 117 (121); Stein/Jonas/Roth, § 37 ZPO Rn. 4. 2 OLG Köln, Beschl. v. 13.3.2007 – 5 W 87/06, MDR 2007, 921; a.A. OLG Dresden, Beschl. v. 14.7.2005 – 1 AR 120/04, Rpfleger 2006, 44; OLG München, Beschl. v. 13.6.2007 – 31 AR 79/07, MDR 2007, 453. 3 Zutr. Vossler, NJW 2006, 117 (122). 4 BayObLG, Beschl. v. 21.3.2002 – 17 AR 20/02, IBR 2002, 584 mit Anm. Mandelkow: 1/4; KG, Beschl. v. 23.6.2000 – 28 AR 62/00, KGR 2000, 310; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.1.2008 – 19 AR 9/07, MDR 2008, 473 = AGS 2008, 141: 1/5; OLG Koblenz, Beschl. v. 12.10.2006 – 4 SmA 21/06, NZG 2006, 902: 1/10; OLG Köln, AGS 2003, 205 mit Anm. N. Schneider: 1/10. 5 OLG Nürnberg, JurBüro 1960, 168; Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Verweisung“ Rn. 1; a.A. OLG Dresden, Beschl. v. 26.10.2007 – 8 W 1224/07, MDR 2008, 50. 6 Zöller/Greger, § 280 ZPO Rn. 1. 7 BGH, Urt. v. 10.11.1997 – II ZR 336/96, MDR 1998, 177. 8 Vgl. Zöller/Greger, § 387 ZPO Rn. 8.
Kurpat
1233
Zustndigkeitsbestimmung
ZPO
Zustndigkeitsbestimmung Siehe das Stichwort „Gerichtsstandsbestimmungsverfahren“.
Zustimmung zur Sprungrevision Siehe das Stichwort „Sprungrevision“.
Zwangsgeld nach § 888 ZPO Siehe das Stichwort „Ordnungsmittel“.
Zwangsversteigerung Literatur: E. Schneider, MDR 1976, 180.
A. Einleitung 6444
Der zwangsweise Zugriff auf Grundstücke im Wege der Zwangsversteigerung ist im ZVG geregelt. Die maßgeblichen Wertvorschriften für Verfahren nach diesem Gesetz finden sich für die Gerichtsgebühren in § 54 GKG und für die Anwaltsgebühren in § 26 RVG.
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert 6445
Für die Aufgaben der Zwangsversteigerung ist nach § 1 Abs. 1 ZVG das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht ausschließlich zuständig, so dass es eines Zuständigkeitsstreitwerts nicht bedarf. Hinsichtlich des Gebührenstreitwerts ist zwischen den Gerichtsgebühren und den Anwaltsgebühren zu differenzieren:
I. Gerichtsgebührenwert 6446
Für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung oder über den Beitritt zum Verfahren fällt eine Festgebühr von 100 Euro an (Nr. 2210 KV GKG), so dass sich die Frage nach einem Wert nicht stellt.
6447
Für die sonstigen Verfahrensabschnitte (Verfahren im Allgemeinen, Versteigerungstermin, Erteilung des Zuschlags, Verteilungsverfahren etc.) fallen wertabhängige Gebühren an (Nr. 2211 ff. KV GKG), die sich nach § 54 GKG bestimmen. Hierbei gilt Folgendes:
6448
Nach § 74a Abs. 5 ZVG wird der Grundstückswert (Verkehrswert) vom Vollstreckungsgericht – ggf. nach Anhörung eines Sachverständigen – festgesetzt. Der Wert der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt, ist 1234
Kurpat/Noethen
Zwangsversteigerung unter Würdigung aller Verhältnisse frei zu schätzen. Die Gebühren für das Verfahren im Allgemeinen und für die Abhaltung des Versteigerungstermins (Nrn. 2211 und 2213 KV GKG) werden in erster Linie nach diesem gem. § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzten Wert berechnet.1 Fehlt es an einer solchen Festsetzung des Verkehrswertes durch das Vollstreckungsgericht, so ist für die Gebühren des Verfahrens im Allgemeinen und für die Abhaltung des Versteigerungstermins der Einheitswert maßgebend (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und 2 GKG). Bei fehlendem Nachweis des Einheitswertes ist das Finanzamt um Auskunft zu ersuchen (§ 54 Abs. 1 Satz 4 GKG). Es kann sich in diesem Zusammenhang nicht auf die Schweigepflicht nach § 30 AO berufen. Im Gesetzentwurf2 heißt es dazu, dass die Datenanforderung beim Finanzamt das letzte Mittel zur Wertermittlung sei, so dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise nicht ausdrücklich erwähnt werden müsse.
6449
Nicht der Einheitswert, sondern ein nach den Grundsätzen der Einheitsbewertung zu schätzender Wert ist maßgebend, wenn der Gegenstand des Verfahrens vom Gegenstand der Einheitsbewertung wesentlich abweicht, der Wert sich nachträglich wesentlich verändert hat oder der Einheitswert noch nicht festgestellt ist (§ 54 Abs. 1 Satz 3 GKG).
6450
Die Gebühr für die Erteilung des Zuschlags (Nr. 2214 KV GKG) bestimmt sich nach § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG. Maßgeblich ist also das Gebot ohne Zinsen, für das der Zuschlag erteilt ist, einschließlich des Werts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte. Hinzu kommt der Betrag bzgl. dessen der Ersteher nach § 114a ZVG als aus dem Grundstück befriedigt gilt. Erfolgt die Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft, so vermindert sich der nach § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG berechnete Wert für die Zuschlagsgebühr um den Anteil des Erstehers an dem Verfahrensgegenstand (§ 54 Abs. 2 Satz 2 GKG).
6451
Bei Zuschlägen an verschiedene Ersteher wird die Gebühr von jedem Ersteher nach dem Wert der auf ihn entfallenden Gegenstände erhoben, wobei eine Bietergemeinschaft als ein Ersteher gilt (§ 54 Abs. 5 GKG). Wird das Grundstück an einen nicht zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten unterhalb der 7/10-Grenze zugeschlagen und kommt eine analoge Anwendung von § 114a ZVG in Betracht, so ist das Meistgebot für die Höhe der Zuschlagsgebühr maßgebend und nicht 7/10 des Verkehrswerts.3
6452
Bei einer Mehrheit von Gegenständen ist nach § 54 Abs. 4 GKG der Gesamtwert maßgebend.
6453
Die Gebühr für das Verteilungsverfahren (Nr. 2215 KV GKG) bestimmt sich nach dem Gebot ohne Zinsen, für das der Zuschlag erteilt ist, einschließlich des Werts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte (§ 54 Abs. 3 GKG).
6454
Zur Drittwiderspruchsklage eines Mieters oder Pächters, wenn der Ersteher auf Räumung klagt, s. das Stichwort „Mietstreitigkeiten“.
6455
Stellt der Ersteher nach Durchführung des Versteigerungsverfahrens den Antrag auf Eintragung ins Grundbuch, bemisst sich der Geschäftswert (Wert der Sache, § 45 GNotKG) grundsätzlich nach dem gem. § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzten Verkehrswert des Grundstücks und nicht nach dem geringeren Gebot, für das das
6456
1 LG Paderborn, Beschl. v. 10.10.1988 – 5 T 252/88, Rpfleger 1989, 168. 2 BT-Drucks. 12/6962. 3 LG Mönchengladbach, Beschl. v. 9.10.2002 – 5 T 143/02, Rpfleger 2003, 148.
Noethen
1235
Zwangsversteigerung
ZPO
Grundstück zugeschlagen wurde.1 Dies gilt auch dann, wenn der Ersteher ursprünglich hälftiger Miteigentümer des betreffenden Grundstücks war.2
II. Anwaltsgebührenwert 6457
Der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren im Zwangsversteigerungsverfahren (Nrn. 3311 und 3312 VV RVG) richtet sich nach § 26 RVG. Danach wird für die Wertberechnung darauf abgestellt, welche Personen der Anwalt im Zwangsversteigerungsverfahren vertritt: 1. Gläubiger oder dinglich gesicherter Beteiligter
6458
Bei Vertretung des Gläubigers oder eines Beteiligten, der dinglich gesichert ist oder ein vollstreckungshinderndes Recht anmeldet und glaubhaft macht (§ 9 ZVG), bestimmt sich der Gegenstandswert gem. § 26 Nr. 1 RVG nach dem Wert des dem Auftraggeber zustehenden Rechts einschließlich der Nebenforderungen.
6459
Wie das betreffende Recht zu bewerten ist, dazu enthält § 26 RVG keine Regelung. Teilweise3 wird vertreten, die Vorschriften der ZPO (§§ 3–9) bzw. des GKG (§§ 41, 42, 48) anzuwenden. Andere Stimmen4 befürworten eine Schätzung nach § 33 RVG, die sich an dem tatsächlichen Wert orientiert. Die Nebenforderungen bestehen aus den Zinsen (bis zum Erlass des Anordnungsbeschlusses), den Prozesskosten, den Kosten eventueller vorhergehender Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sowie den Zwangsversteigerungskosten.
6460
Der Gegenstandswert für die Vetretung einer der in § 26 Nr. 1 RVG genannten Personen ist gem. § 26 Nr. 1 Hs. 4 RVG in zweifacher Hinsicht nach oben begrenzt: Zum einen durch den Wert des Gegenstands der Zwangsversteigerung, zum anderen durch den im Verteilungsverfahren zur Verteilung kommenden Erlös. Ist also entweder – der gerichtlich festgesetzte Verkehrswert (§§ 66 Abs. 1, 74a Abs. 5 ZVG) – oder die Teilungsmasse (§ 107 ZVG) geringer als das dem Gläubiger bzw. dem Beteiligten zustehende Recht, ist der geringere Wert für die Anwaltsgebühren maßgeblich.
6461
Wird das Verfahren nur wegen einer Teilforderung betrieben, ist diese maßgebend, wenn es sich um einen Anspruch eines Gläubigers handelt, der nicht in einer rangbesseren Klasse zu befriedigen ist. Der Grundstückswert – im Verteilungsverfahren der Erlös – ist bestimmend, wenn er geringer ist (§ 26 Nr. 1 Hs. 2 RVG). 2. Andere Beteiligte
6462
Vertritt der Anwalt einen anderen Beteiligten, insbesondere also den Schuldner, den eingetragenen (Mit)Eigentümer, den Miterben, den Insolvenzverwalter oder den Testamentsvollstrecker, dann ist der Wert des Versteigerungsgegenstandes (Verkehrswert des Grundstücks gem. §§ 74a Abs. 5, 66 Abs. 1 ZVG) maßgebend, 1 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 16.3.1988 – 3 W 40/88, JurBüro 1988, 1045; ebenso BayObLG, Beschl. v. 5.10.1995 – 3 Z BR 228/95, JurBüro 1996, 207; OLG Frankfurt, JurBüro 1980, 1061; KG, JurBüro 1980, 1062; OLG Bremen, Beschl. v. 12.2.1990 – 3 W 12/90; OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.8.1990 – 8 W 342/89, JurBüro 1990, 1493; a.A. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.3.1987 – 10 W 158/86, Rpfleger 1987, 411. 2 BayObLG, Beschl. v. 5.10.1995 – 3 Z BR 228/95, JurBüro 1996, 207. 3 Mümmler, JurBüro 1972, 745; Hartung/Schons/Enders, § 26 RVG Rn. 10. 4 Schneider/Wolf, § 26 RVG Rn. 5; Hartmann, § 26 RVG Rn. 3; Riedel/Sußbauer, RVG, § 26 Rn. 11; Mayer/Kroiß/Gierl, § 26 RVG Rn. 14.
1236
Noethen
Zwangsversteigerung im Verteilungsverfahren der Erlös, bei Mitberechtigten deren Anteil (§ 26 Nr. 2 RVG). Werden mehrere Grundstücke versteigert, so errechnet sich der Gegenstandswert aus der Summe der jeweiligen Verkehrswerte. Wird nur der Anteil eines Miteigentümers versteigert (also insbesondere bei der Teilungsversteigerung), ist der Wert dieses Anteils maßgeblich. Der Gegenstandswert für die Vertretung des Schuldners im Verfahren auf Ablehnung des Rechtspflegers im Zusammenhang mit einem vom Schuldner gestellten Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO bestimmt sich nach der Hälfte des Gegenstandes der Zwangsversteigerung.1
6463
3. Nicht beteiligter Bieter Vertritt der Anwalt einen nicht beteiligten Bieter, dann ist das höchste Gebot wertbestimmend, das der Anwalt auftragsgemäß für seinen Mandanten abgegeben hat. Ist ein Gebot unterblieben, richten sich die anwaltlichen Gebühren nach dem Wert des Versteigerungsobjekts.
6464
C. Rechtsmittel und Beschwer I. Gerichtsgebührenwert Fällt im Verfahren erster Instanz eine Festgebühr an und wird die Beschwerde entweder verworfen oder zurückgewiesen, so entsteht auch im Beschwerdeverfahren nur eine Festgebühr i.H.v. 120 Euro (Nr. 2240 KV GKG). Ist die Beschwerde erfolgreich, ist das Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei. Eine Wertfestsetzung ist also insoweit nicht erforderlich.
6465
Fällt im Verfahren erster Instanz eine Wertgebühr an (Nr. 2211 ff. KV GKG), gilt dies auch für das Beschwerdeverfahren (Nr. 2241 KV GKG), so dass ein Wert festgesetzt werden muss. Dieser ist auf der Grundlage des § 54 GKG zu bestimmen; ist § 54 GKG nicht einschlägig, kommen § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zur Anwendung. Im Einzelnen gilt hier Folgendes:
6466
1. Zuschlagsbeschwerde Der Gegenstandswert einer Zuschlagsbeschwerde (§ 96 ZVG) ist nach dem Wert des Zuschlagsbeschlusses gem. § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG zu bemessen (siehe oben zur Gebühr).2
6467
2. Widerspruch gegen Teilungsplan Wird Widerspruch gegen den Teilungsplan eingelegt, dann ist der Wert gem. § 3 ZPO zu schätzen, und zwar nach dem Interesse des Widerspruchsführers an einer Änderung des Teilungsplans.3 Entscheidend ist der Vergleich zwischen der wirtschaftlichen Position des Widerspruchsführers bei Erfolg des Widerspruchs einerseits und Durchführung des Teilungsplans andererseits; für die Widerspruchsklage gelten die allgemeinen Regeln. 1 BGH, Beschl. v. 15.10.2009 – V ZB 76/09, RVGreport 2009, 477. 2 BGH, Beschl. v. 5.10.2006 – V ZB 168/05, AGS 2007, 99; nicht mehr maßgebend ist damit der Unterschied zwischen dem nach § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzten Verkehrswert und dem Gebot, auf das der Zuschlag erteilt ist; vgl. hierzu noch KG, Beschl. v. 12.1.1982 – 1 W 88/82, KostRsp. GKG § 29 Nr. 3 [4] mit Anm. Schneider; OLG Bremen, Beschl. v. 21.3.1983 – 2 W 8/83, JurBüro 1984, 89. 3 OLG Bamberg, JurBüro 1979, 1685 mit Anm. Mümmler.
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6468
ZPO
Zwangsversteigerung 3. Beschwerden im Einstellungsverfahren 6469
Beschwerden im Rahmen des Einstellungsverfahrens nach §§ 30, 30a ZVG sind mit 1/5, allenfalls mit 1/3 des Wertes der zu vollstreckenden Forderung zu bemessen.1 Siehe auch das Stichwort „Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung“.
6470
Der das Interesse des Schuldners an der zeitweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung ausdrückende Bruchteil des Grundstückswertes darf nicht höher als die Forderung des Gläubigers angesetzt werden.2
6471
Ist der Beschwerdeführer einer Einstellungsbeschwerde nach § 180 Abs. 2 ZVG daran interessiert, weiterhin mietfrei zu wohnen, dann berechnet sich nach LG Passau3 der Wert nach dem Nutzwert dieser Räume bzw. bei Ersatzräumen nach dem Nutzwert für die Dauer von sechs Monaten. 4. Beschwerde gegen Wertfestsetzung
6472
Der Wert der Beschwerde gegen die Verkehrswertfestsetzung (§ 74a Abs. 5 ZVG) im Zwangsversteigerungsverfahren ist vom OLG Celle4 mit 20 %, vom OLG Bremen5 mit 50 % der Differenz zwischen festgesetztem und angestrebtem Wert beziffert worden.
6473
Hat das LG im Zwangsversteigerungsverfahren den Wert eines Verfahrens als Beschwerdegericht festgesetzt, dann gibt es dagegen nunmehr auch die Streitwertbeschwerde als Erstbeschwerde. Die bisherige Rechtslage6 ist mit Wirkung zum 1.7.2004 dahingehend geändert worden, dass für die Streitwertbeschwerde nach §§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 3 GKG die frühere Beschränkung des § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG („Die Beschwerde ist ausgeschlossen, wenn das Rechtsmittelgericht den Beschluss erlassen hat.“) nicht übernommen wurde.
II. Anwaltsgebührenwert 6474
Bei der Bestimmung des Gegenstandswertes für die Anwaltsgebühren im Beschwerdeverfahren ist danach zu differenzieren, ob die Gerichtsgebühren sich nach einem Gegenstandswert richten oder als Festgebühren anfallen: – Soweit sich die Gerichtsgebühren im Beschwerdeverfahren nach einem Wert richten, ist dieser auch für die Anwaltsgebühren maßgeblich (§ 32 Abs. 1 RVG). – Soweit die Gerichtsgebühren im Beschwerdeverfahren als Festgebühren anfallen, bestimmt sich der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren nach dem Interesse des Beschwerdeführers unter Anwendung billigen Ermessens (§ 23 Abs. 2 Satz 1 RVG). Die Summe von 500 000 Euro darf nicht überschritten werden. Fehlt es an tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung, ist ein Regelwert von 5000 Euro anzusetzen.
1 BGH, Urt. v. 28.5.1991 – IX ZR 181/90, NJW 1991, 2280; OLG Bamberg, JurBüro 1981, 919. 2 OLG Stuttgart, Beschl. v. 26.5.1986 – 8 W 164/86, Justiz 1986, 413. 3 LG Passau, KostRsp. ZPO § 3 Nr. 798. 4 Beschl. v. 19.7.1982 – 4 W 106/82, Rpfleger 1982, 435. 5 Beschl. v. 6.9.2000 – 2 W 99/2000; auch LG Bonn, Beschl. v. 16.2.2009 – 6 T 348/08. 6 Vgl. dazu OLG Köln, JurBüro 1969, 1194; OLG Bremen, Beschl. v. 25.10.1993 – 2 W 97/93, n.v.
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Zwangsvollstreckung
Zwangsvollstreckung Literatur: Göttlich, JurBüro 1959, 388; Schneider, JurBüro 1967, 368; Schneider, JurBüro 1967, 630; Mümmler, JurBüro 1986, 1121; Mümmler, JurBüro 1995, 395; Hellwich, JurBüro 1998, 637; Enders, JurBüro 1999, 60.
A. Einleitung Unter diesem Stichwort werden die grundsätzlichen Bewertungsfragen der Zwangsvollstreckung behandelt. Soweit es um konkrete Vollstreckungsverfahren oder -maßnahmen geht, beispielsweise die eidesstattliche Versicherung (Vermögensauskunft), Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, eine Zwangsversteigerung oder eine Durchsuchungsanordnung nach § 758 ZPO, wird auf die jeweiligen besonderen Stichwörter verwiesen.
6475
B. Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert I. Zuständigkeit Hinsichtlich der den Gerichten zugewiesenen Anordnungen von Vollstreckungshandlungen und Mitwirkungen bei solchen sind nach § 764 ZPO die Amtsgerichte als Vollstreckungsgerichte zuständig. Daneben werden einige Bereiche der Zwangsvollstreckung vom Prozessgericht (§§ 887, 888, 890 ZPO), vom Arrestgericht (§§ 930 Abs. 1, 931 Abs. 3 ZPO) sowie vom Grundbuchamt (§ 867 ZPO) wahrgenommen. Eine wertabhängige Zuständigkeit gibt es nicht, so dass auch kein Zuständigkeitsstreitwert festgesetzt werden muss.
6476
II. Gerichtsgebühren Da die Gerichtsgebühren in der Zwangsvollstreckung – mit Ausnahme des Verteilungsverfahrens (Nr. 2117 KV GKG), das in einem gesonderten Stichwort behandelt wird – Festgebühren sind (Nr. 2110 ff. KV GKG), ist eine Wertfestsetzung für die Berechnung der Gerichtsgebühren nicht erforderlich.
6477
III. Anwaltsgebühren Mangels Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren lässt sich der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren nicht aus § 32 Abs. 1 RVG ableiten. Einschlägig für die Anwaltsgebühren ist vielmehr § 25 RVG, der eine eigene und abschließende Regelung für den Bereich der anwaltlichen Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung trifft. Danach wird der Gegenstandswert wie folgt bestimmt:
6478
1. Vollstreckung wegen Geldforderungen (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG) Bei der Vollstreckung wegen einer Geldforderung ist die Höhe der beizutreibenden Forderung einschließlich der Nebenforderungen entscheidend.1 Es werden also
1 Anders im vorausgehenden Klauselerteilungserverfahren, vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.2.1993 – 20 W 29/93, JurBüro 1994, 117.
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Zwangsvollstreckung
ZPO
die einzuziehenden Zinsen und die aufgelaufenen Kosten1 mitgerechnet. Bei den Zinsen ist allerdings streitig, ob hierzu nur die bis zur Auftragserteilung angefallenen Zinsen zählen2 oder auch die bis zur Ausführung der Vollstreckung weiter entstandenen.3 6480
Entscheidend ist für die Bestimmung der Forderungshöhe, welchen Auftrag der Gläubiger dem Anwalt hinsichtlich der zu vollstreckenden Forderung erteilt hat.
Û
6481
Bezieht sich der Auftrag des Gläubigers auf die Pfändung eines bestimmten Gegenstandes, dessen Wert niedriger ist als der Wert der zu vollstreckenden Forderung, so ist der Wert dieses Gegenstandes maßgeblich und nicht der Wert der Forderung (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 RVG). Mit dem „bestimmten Gegenstand“ in § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG ist derjenige gemeint, den der Gläubiger als Vollstreckungsobjekt benennt.4 Dies kann eine Sache, ein Recht oder eine Forderung sein.5
Û
6482
Beispiel: Der Gläubiger hat einen titulierten Anspruch über 20 000 Euro und erteilt den Auftrag, den PKW des Schuldners zu pfänden, der einen Wert von 13 000 Euro hat. Hier beläuft sich der Gegenstandswert auf 13 000 Euro.
Abzustellen ist bei diesem Vergleich auf den objektiven Verkehrswert des gepfändeten Gegenstands im Zeitpunkt der gebührenauslösenden anwaltlichen Tätigkeit. Fehlvorstellungen des Gläubigers über den Wert führen also nicht zu einem davon abweichenden Gegenstandswert.
Û
6483
Beispiel: Der Gläubiger hat einen titulierten Anspruch über 15 000 Euro. Er erteilt dem Anwalt den Auftrag, einen Betrag von 10 000 Euro nebst Zinsen und Kosten bis zum Tag der Antragstellung (500 Euro) zu vollstrecken. Hier beläuft sich der Gegenstandswert auf 10 500 Euro.
Beispiel: Handelt es sich bei dem PKW im vorhergehenden Beispiel etwa um ein Unfallfahrzeug, welches lediglich noch 5000 Euro wert ist, so beläuft sich auch der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren auf diesen Betrag.6 Denn dass der Gläubiger sich bei seiner Wertangabe falsche Vorstellungen gemacht hat, kann nicht zu einer höheren Kostenbelastung des Schuldners führen. Wenn wegen einer Forderung in eine Forderung gepfändet werden soll, bestimmt der geringere Wert der zu pfändenden Forderung den Streitwert.7
Bei einer Vorratspfändung nach § 850d Abs. 3 ZPO, wenn also künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen wegen fälliger und künftig noch fällig werdender Unterhaltsansprüche oder wegen Rentenansprüchen infolge Körper-/Gesundheitsverletzungen gepfändet wird, sind bei der Ermittlung des Gegenstandswertes die noch nicht fälligen Ansprüche nach § 51 Abs. 1 FamGKG, § 42 Abs. 1 GKG zu bewerten (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 3 RVG). Maximal kann der Gesamtbetrag der geforderten Leistung angesetzt werden.
1 KG, JW 1928, 738 Nr. 10. 2 So Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Zwangsvollstreckung wegen einer titulierten Geldforderung“, S. 495 Rn. 4; Schneider/Wolf, § 25 RVG Rn. 2–4. 3 So Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 25 RVG Rn. 5; Mümmler, JurBüro 1995, 395; Hartmann, KostenG, § 25 RVG Rn. 5; Mayer/Kroiß/Gierl, § 25 RVG Rn. 5. 4 LG Kiel, Beschl. v. 21.3.1991 – 3 T 130/90, JurBüro 1991, 1198. 5 LG Hamburg, Beschl. v. 11.5.2000 – 314 T 43/00, JurBüro 2001, 110; vgl. m.w.N. unter dem Stichwort „Pfändung“. 6 Schneider/Wolf, § 25 RVG Rn. 7 m.w.N. auch zur Gegenmeinung. 7 LG Hamburg, Beschl. v. 11.5.2000 – 314 T 43/00, JurBüro 2001, 110; vgl. auch die Nachweise unter dem Stichwort „Pfändung“.
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Zwangsvollstreckung Auf die Vorauspfändung – die Pfändung wegen künftig fällig werdender Unterhaltsansprüche in Kontoguthaben1 – ist § 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 3 RVG entsprechend anzuwenden.2
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Der Gegenstandswert einer Vorpfändung entspricht dem einer „normalen“ Pfändung.3
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Handelt es sich um ein Pfandrecht, das an einer Sache durch eine Anschlusspfändung (§ 826 ZPO) begründet worden ist, dann wird man nicht den vollen Wert der Sache in Ansatz bringen dürfen, denn in diesem Fall muss aus dem Erlös zunächst der vorrangige Gläubiger befriedigt werden. In aller Regel erhält der nachrangige Pfändungsgläubiger aus dem Erlös nur noch einen geringen Teil oder auch gar nichts. Dieser Nachteil ist bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu berücksichtigen und kann durch einen nach § 3 ZPO geschätzten Abzug erfasst werden, auch wenn dies in § 25 Abs. 1 RVG nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Jedenfalls kann dieser Vorschrift entnommen werden, dass ein geringerer Wert berücksichtigt werden muss.
6486
2. Vollstreckung wegen Herausgabe oder Leistung (§ 25 Abs. 1 Nr. 2 RVG) Bei der Herausgabe- oder der Räumungsvollstreckung richtet sich der Streitwert nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 RVG, also nach dem Wert der Gegenstände, die herauszugeben bzw. zu leisten sind. Abzustellen ist hier auf den Verkehrswert des betreffenden Gegenstands.
6487
Auch soweit dem Herausgabeverlangen ein beendetes Miet- oder Nutzungsver- 6488 hältnis zugrunde lag, war früher nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 57 Abs. 2 Satz 1 BRAGO der Wert der herauszugebenden Sache maßgebend. Da sich damit die Räumungsvollstreckung ganz erheblich verteuert hatte und eine derartige Änderung im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens nie verlangt worden war,4 hielten Teile der Rechtsprechung5 am Jahresmietzins des § 16 GKG a.F. fest. Mit der Neuregelung in § 25 Abs. 1 Nr. 2 RVG hat sich diese Streitfrage erledigt. Denn bei einer Herausgabe und insbesondere bei der Räumung darf der Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren höchstens den Streitwert nach dem GKG erreichen und das ist der Jahresmietwert nach § 41 Abs. 2 GKG. Nur dann, wenn die Herausgabe ausschließlich aus einem anderen Rechtsgrund verlangt wird, ist der Verkehrswert maßgeblich.6 3. Vollstreckung wegen Handlung, Duldung oder Unterlassung 2 (§ 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG) Bei der Vollstreckung einer Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungsverpflichtung bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem Wert, den die zu erwirkende 1 2 3 4
BGH, Beschl. v. 31.10.2003 – IXa ZB 200/03, Rpfleger 2004, 169. Schneider/Wolf, § 25 RVG Rn. 11. OLG Köln, Beschl. v. 15.11.2000 – 17 W 278/99, InVo 2001, 148 (151). Vgl. Donnerbauer, WuM 1994, 597, der von der „wundersamen Gebührenvermehrung“ sprach. Mümmler (JurBüro 1995, 453) nahm eine Gesetzeslücke an, weil in § 57 Abs. 2 BRAGO die Räumung einer unbeweglichen Sache keine Erwähnung fand. 5 OLG Köln, Beschl. v. 28.7.1997 – 14 W 2/97, MDR 1997, 1165; KG, JurBüro 1996, 364; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.9.1996 – 20 W 227/96, NJW-RR 1996, 1481; OLG München, JurBüro 1996, 367; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.4.1998 – 10 W 30/98, ZMR 1998, 619 m.w.N.; a.A. OLG Rostock, JurBüro 1997, 477; OLG Karlsruhe, JurBüro 1996, 364; OLG Hamm, NJW-RR 1997, 511; LG München I, JurBüro 1995, 482; LG Dortmund, Beschl. v. 19.9.1995 – 9 T 3726/95, Rpfleger 1996, 212. 6 Vgl. LG Augsburg, Beschl. v. 31.3.2005 – 5 T 1005/05, DGVZ 2005, 95; Schneider/Wolf, § 25 RVG Rn. 18.
Noethen
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Zwangsvollstreckung
ZPO
Handlung, Duldung oder Unterlassung für die Gläubiger hat (§ 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG).1 Das Interesse des Gläubigers ist regelmäßig mit dem Erfüllungsinteresse gleichzusetzen.2 Nach anderer Ansicht kann nur ein Bruchteil des Hauptsachewertes angesetzt werden.3 Hinsichtlich der Einzelheiten kann auf die Ausführungen beim Stichwort „Ordnungsmittel“ verwiesen werden. 4. Vermögensauskunft (§ 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG) 6490
In Verfahren auf Abgabe der Vermögensauskunft ist die Höhe der tatsächlich noch geschuldeten Forderung maßgeblich (§ 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG). Ohne Belang ist dagegen die Höhe der titulierten Forderung oder die Höhe des Betrages, dessentwegen aktuell vollstreckt wird. Hinsichtlich der Einzelheiten kann auf die Ausführungen beim Stichwort „Eidesstattliche Versicherung“ verwiesen werden. 5. Vertretung des Schuldners (§ 25 Abs. 2 RVG)
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Bei Vertretung des Schuldners bestimmt sich der Gegenstandswert gem. § 25 Abs. 2 RVG nach dessen Interesse unter Berücksichtigung billigen Ermessens. Abzustellen ist also auf den konkreten Antrag des Schuldners und das Rechtsschutzziel, das er damit verfolgt. Im Einzelnen kommen in Betracht: • Schutzantrag nach § 765a ZPO Der nach billigem Ermessen zu bestimmende Streitwert richtet sich nach dem Interesse des Schuldners an der beantragten Schutzmaßnahme im Einzelfall, welches regelmäßig mit einem Teil der Hauptforderung anzunehmen ist; s. hierzu das Stichwort „Vollstreckungsschutz“. • Schutzantrag gegen Räumungsvollstreckung Der Streitwert für das Vollstreckungsschutzverfahren mit dem Ziel einstweiliger Aussetzung richtet sich bei einem Räumungsurteil nicht nach dem Wert des herauszugebenden Grundstücks,4 sondern ist nach billigem Ermessen zu schätzen. Siehe auch hierzu das Stichwort „Vollstreckungsschutz“. Geht es um Räumungsschutz aus einem Zuschlagsbeschluss nach § 93 ZVG, setzt der BGH einen Wert von 1/10 des nach dem Versteigerungsergebnis anzunehmenden Zuschlagswertes an.5 • Schutzantrag gegen Kontenpfändung Der Antrag nach § 850k ZPO wird nach dem von der Pfändungsdauer erfassten Guthaben bewertet, wobei dieser Wert in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 GKG auf den dreifachen Jahresbetrag zu begrenzen ist.6 1 Vgl. dazu BayObLG, Beschl. v. 18.4.2002 – 2 Z BR 9/02, NJW-RR 2002, 1381. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.4.2013 – 7 W 20/13; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11.10.2011 – 5 W 211/11; OLG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 – 25 WF 45/05, AGS 2005, 262; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Ordnungs- und Zwangsmittelfestsetzung“. 3 KG, Beschl. v. 5.4.2005 – 5 W 168/04, AGS 2005, 304; Stein/Jonas/Roth, § 3 ZPO Rn. 70 Stichwort „Zwangsgeld“. 4 So aber: LG München I, Beschl. v. 7.2.1995 – 29 O 12882/93, WM 1995, 197 (in der Entscheidung ging es allerdings um den Streitwert des Vollstreckungsverfahrens, nicht um den Streitwert des Verfahrens um eine Schutzanordnung – vgl. zur a.A.: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.5.1996 – 3 W 42/96, MDR 1996, 858). 5 BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 152/06, InVo 2007, 418. 6 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.2.2004 – 26 W 67/03, OLGR 2004, 241.
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Noethen
Zwangsvollstreckung • Beschwerde gegen Zwangs- und Ordnungsmittel Die Beschwer des Schuldners durch die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsgeldes bestimmt die (wohl) herrschende Auffassung nach der Höhe des Ordnungs-/Zwangsgelds, wenn der Schuldner sich gegen die Verhängung dem Grunde nach wendet.1 Ausnahmsweise ist allerdings die Höhe des verhängten Ordnungsmittels entscheidend, wenn der Schuldner sich mit seiner Beschwerde allein gegen dieses wendet. Vgl. hierzu das Stichwort „Ordnungsmittel“. • Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung Bei Anträgen nach §§ 707, 719, 732 Abs. 2, 765a, 766 Abs. 1 Satz 2, 769 ZPO ist im Hinblick auf die lediglich vorübergehende Vollstreckungshinderung nur ein Bruchteil des Hauptsachewertes (im Regelfall 1/5) anzusetzen.2 6. Forderung unpfändbar/wertlos Umstritten ist die Bestimmung des Gegenstandswertes, wenn sich im Rahmen der Vollstreckung herausstellt, dass die zu pfändende Forderung nicht existiert oder unpfändbar und damit im Ergebnis wertlos ist: – Nach zutreffender Ansicht ist in diesen Fällen ein Wert i.H.d. geringsten Gebührenstufe (zurzeit 300 Euro) festzusetzen, weil dies der geringste Wert i.S.v. § 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 RVG ist.3 – Nach anderer Ansicht ist die Mindestgebühr von 10 Euro nach § 13 Abs. 2 RVG anzusetzen.4 – Eine dritte Meinung schließlich spricht sich dafür aus, auf den Wert des Pfandgegenstandes abzustellen, wie er sich nach der Behauptung des Gläubigers zu Beginn der Vollstreckung darstellte5 bzw. auf den Wert der zu vollstreckenden Forderung.6
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7. Sonstiges Der Wert der Bekanntmachung eines Urteils als Vollstreckungsmaßnahme ist unabhängig vom Streitwert der Hauptsache (Unterlassung) nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG zu schätzen. Dieser Wert beschränkt sich nicht auf die Druckkosten der Bekanntmachung, sondern bestimmt sich nach dem Interesse, das die Partei an der Bekanntmachung ihrer Rehabilitierung hat. Im Allgemeinen wird dieses 1 OLG Celle, Beschl. v. 4.4.2014 – 4 W 55/14; Beschl. v. 1.4.2003 – 6 W 25/03, OLGR 2003, 294; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.1.1977 – 2 W 85/76. 2 BGH, Urt. v. 28.5.1991 – IX ZR 181/90, NJW 1991, 2280; Mayer/Kroiß/Gierl, § 25 RVG Rn. 24; Schneider/Wolf, § 25 RVG Rn. 28; Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 Stichwort „Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung“. 3 LG Hamburg, Beschl. v. 19.1.2009 – 332 T 109/08, ZMR 2009, 697; AG Hamburg-Altona, Beschl. v. 6.7.2006 – 322 M 540/06, AGS 2007, 100 mit Anm. von Mock; LG Hamburg, Beschl. v. 11.5.2000 – 314 T 43/00, JurBüro 2001, 110; Schneider/Wolf, § 25 RVG Rn. 8; Mayer/Kroiß/Gierl, § 25 RVG Rn. 10; zu den Einzelzeiten vgl. die Ausführungen beim Stichwort „Pfändung“. 4 OLG Köln, Beschl. v. 15.11.2000 – 17 W 278/99, Rpfleger 2001, 149; OLG Köln, JurBüro 1987, 1048; LG Kiel, SchlHA 1990, 12; AG Hamburg-Altona, Beschl. v. 6.7.2006 – 322 M 540/06, AGS 2007, 100. 5 OLG Neustadt, Rpfleger 1968, 2; ebenso LG Kiel, Beschl. v. 21.3.1991 – 3 T 130/90, JurBüro 1991, 1198: Entscheidend ist der volle, vom Gläubiger bezeichnete Anspruch. 6 LG Hamburg, Beschl. v. 20.3.2006 – 322 T 10/06, AnwBl. 2006, 449; LG Düsseldorf, Beschl. v. 12.7.2005 – 19 T 154/05, AGS 2006, 86; LG Hamburg, Beschl. v. 20.3.2006 – 322 T 10/06, AnwBl 2006, 499.
Noethen
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6493
Zwischenfeststellungsklage
ZPO
Interesse mit einem Bruchteil des Werts des Rehabilitierungsanspruches angemessen bewertet. Jedoch kann der Wert der Bekanntmachung unter Umständen den Wert des Unterlassungsanspruchs selbst erreichen, wenn die beanstandete Handlung in die breiteste Öffentlichkeit gedrungen ist und daher der Gläubiger auch an dem breitesten Bekanntwerden ein ebenso großes Interesse hat wie an der Rehabilitierung im Urteil selbst.1 6494
Der Wert einer Klage auf Herausgabe eines Vollstreckungstitels ist gem. § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach freiem Ermessen zu bestimmen. Die vorstehend dargestellten Gebührenvorschriften sind nicht einschlägig, da es sich um eine eigene Klage und nicht um eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung handelt. Maßgeblich ist das Interesse des Klägers an dem Besitz des Titels, das darauf gerichtet ist, einen Missbrauch des Titels zu verhindern. Liegt bereits ein die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärendes Urteil vor, kann dieses Interesse wertmäßig vernachlässigt werden.2
Zwischenfeststellungsklage Literatur: E. Schneider, MDR 1979, 268.
6495
Nach § 256 Abs. 2 ZPO darf der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt wird.
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Ein Zuständigkeitsstreitwert muss nicht festgesetzt werden, da die Zwischenfeststellungsklage bei dem Gericht zu erheben ist, welches den bereits anhängigen Rechtsstreit zwischen den Parteien verhandelt.
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Für den Gebührenstreitwert sind der Inzidentantrag des Klägers oder die Widerklage des Beklagten selbständig zu bewerten. Dabei wird häufig der zusätzliche Streitgegenstand umfassender sein als das primäre Klagebegehren, so dass auch bei der Widerklage gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG zumindest ein überschießender Teil anzusetzen ist.
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Eine Zwischenfeststellungsklage hat ausnahmsweise einen über den Streitwert der Klage hinausgehenden Streitwert, wenn der Feststellungsantrag nicht nur für die bereits erhobene Klage, sondern auch für weitere Ansprüche vorgreiflich ist.3
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Andererseits handelt es sich jedoch um ein bloßes Feststellungsverfahren, so dass nach allgemeinen Regeln ein Abschlag zu machen ist,4 der gewöhnlich bei 20 % liegt.5 Beim Streitwert der Zwischenfeststellungswiderklage ist ein Abschlag für das Prozessrisiko bei der Durchsetzung von Gegenforderungen zu machen.6
6500
Siehe zu den Bewertungsfragen im Einzelnen das Stichwort „Feststellungsklage“.
1 OLG Hamm, Rpfleger 1955, 256 zu § 3 ZPO; vgl. hinsichtlich der Einzelheiten das Stichwort „Veröffentlichungsbefugnis“. 2 BGH, Beschl. v. 9.6.2004 – VIII ZB 124/03, AGS 2004, 298. 3 LG München I, Beschl. v. 11.5.2009 – 13 T 239/09, JurBüro 2009, 430. 4 BGH, Beschl. v. 28.11.1990 – VIII ZB 27/90, NJW-RR 1991, 509; Zöller/Greger, § 256 ZPO Rn. 30. 5 Anders/Gehle/Kunze, Stichwort „Zwischenfeststellungsklage“ S. 500. 6 LG München I, Beschl. v. 11.5.2009 – 13 T 239/09, JurBüro 2009, 430.
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Noethen
Zwischenstreit und -urteil
Zwischenstreit und -urteil Literatur: Schneider, MDR 2001, 130; Freund, Zur Streitverkündung: Zulässigkeit, Zwischenstreit und Gegenstandswert, NZBau 2010, 83.
A. Anwendbare Vorschriften Der Zwischenstreit dient der Verfahrensökonomie, indem er die Prüfung der sachlichen Begründung der Klage bis zu einer rechtsmittelfähigen Klärung vorgreiflicher Zulässigkeits- und Verfahrensfragen zurückstellt.1 Nach Anordnung einer abgesonderten Verhandlung entscheidet das Gericht durch Zwischenurteil, das unabhängig vom Erreichen der Rechtsmittelsumme2 anfechtbar ist. Es handelt sich um ein gebührenpflichtiges Endurteil, wenn die Klage als unzulässig abgewiesen wird. Erlässt das Gericht bei einem Streit über die Zulässigkeit einer Beweisaufnahme, beispielsweise über die Verpflichtung zur Duldung einer ärztlichen Befunderhebung, statt eines (möglichen) Zwischenurteils einen Beweisbeschluss, unterliegt dieser nicht der Anfechtung.3
6501
Das Verfahren über den Zwischenstreit zählt zur anwaltlichen Tätigkeit, die mit dem Verfahren zusammenhängt (§ 19 Abs. 1 Nr. 3 RVG) und daher nicht gesondert vergütet wird. Beschränkt sich die anwaltliche Tätigkeit hingegen auf die Vertretung einer Partei oder eines Zeugen im Zwischenstreit, so wird er als Bevollmächtigter in einem Rechtsstreit tätig und hat Anspruch auf die Gebühren des 3. Teils des VV RVG.4
6502
Aufgrund der unterschiedlichen Prozesskonstellationen lässt sich eine einheitliche Regel für die Bemessung von Gebühren- und Rechtsmittelstreitwert sowie der Beschwer nicht aufstellen.
6503
B. Einzelfälle aus der Rechtsprechung Stellt das Gericht durch Zwischenurteil fest, dass der Rechtsstreit infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei gem. § 240 ZPO unterbrochen worden ist,5 bestimmt sich der Streitwert der dagegen gerichteten Berufung nach dem Interesse des Berufungsklägers an der Verfahrensfortsetzung. Entsprechend der Bewertung zur Verfahrensaussetzung ist eine Bruchteilsbewertung geboten,6 die in der Regel bei 1/5 des Hauptsachewertes liegen sollte. Die (Feststellung der) Unterbrechung steht – wie im gleich gelagerten Fall der Aussetzung – einer Streitwertfestsetzung nicht entgegen.7
6504
Besteht Streit über die Zulässigkeit des Beitritts eines Nebenintervenienten, bestimmt sich der Wert nach dem Interesse des Streithelfers an der Zulassung seines
6505
1 2 3 4 5
Zöller/Greger, § 280 ZPO Rn. 1. BGH, Urt. v. 10.11.1997 – II ZR 336/96, MDR 1998, 177. BGH, Beschl. v. 17.1.2007 – XII ZB 154/06, FamRZ 2006, 549. Vgl. Zöller/Greger, § 387 ZPO Rn. 8. Zur Unzulässigkeit einer dahingehenden Beschlussfeststellung vgl. BGH, Beschl. v. 9.3.2006 – IX ZB 161/05, MDR 2006, 1007; Beschl. v. 10.11.2005 – IX ZB 240/04, MDR 2006, 529; auch OLG München, Urt. v. 12.11.2008 – 7 U 3047/08. 6 Im Ergebnis auch OLG München, Urt. v. 12.11.2008 – 7 U 3047/08; Beschl. v. 20.7.2007 – 20 W 1976/07, MDR 2008, 291 – wenngleich jeweils mit einer 1/10-Bewertung. 7 OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.7.2006 – 2 W 30/06.
Kurpat
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ZPO
Zwischenstreit und -urteil Beitritts. Dieses Interesse kann geringer sein als der Wert des Streitgegenstandes des Hauptprozesses, auch wenn er die gleichen Anträge stellt wie die von ihm unterstützte Partei.1 (Siehe näher unter dem Stichwort „Nebenintervention“). 6506
Die Zurückweisung eines Prozessbevollmächtigten (§ 157 ZPO) führt nicht zu einem Zwischenstreit, eröffnet aber der betroffenen Partei die Möglichkeit der Beschwerde. Der Beschwerdewert richtet sich nach dem Interesse der betroffenen Partei an der Prozessvertretung durch den ausgeschlossenen Bevollmächtigten.2
6507
Wertbestimmend für den Zwischenstreit über die Verpflichtung des Klägers zur Prozesskostensicherheit für eine Klage oder ein Rechtsmittel ist der Wert der Hauptsache.3 Die Beschwer des zur Leistung der Prozesskostensicherheit verurteilten Klägers bestimmt sich nach der Höhe der angeordneten Sicherheit.4 Siehe auch das Stichwort „Sicherheitsleistung im Prozess“, Rn. 4963.
6508
Der Streitwert eines Zwischenstreits über eine Richterablehnung, eine Schiedsrichterablehnung oder eine Sachverständigenablehnung wird teils nach dem Streitwert der Hauptsache,5 teils durch eine am Hautsachewert orientierte Schätzung nach § 3 ZPO6 und teils als nichtvermögensrechtliche Streitigkeit bewertet.7 Der letzteren Auffassung ist zuzustimmen (s. näher das Stichwort „Ablehnung von Richtern, Schiedsrichtern und Sachverständigen“, Rn. 921 ff.).
6509
Bei einem Zwischenstreit über die Vorlage einer Urkunde gem. § 422 ZPO ist für dessen Bewertung entscheidend, was diejenige Partei, die die Vorlage verlangt, damit erreichen will. Handelt es sich um eine Beweisurkunde, ist deren Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens wertbestimmend.8 So hat der BGH den Zwischenstreit über die Vorlage von Unterlagen zum Zwecke der Darlegung und des Nachweises eines Vermögensschadens ohne weitere Begründung mit dem Wert der
1 OLG Rostock, Beschl. v. 22.9.2014 – 7 W 36713; OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.12.2012 – 4 W 48/12; OLG Köln, Beschl. v. 30.3.2012 – 16 W 30/11; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 22.3.2012 – 4 W 32/12; a.A. BGH, Beschl. v. 30.10.1959 – V ZR 204/57, MDR 1960, 41; OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.9.2012 – 1 W 43/12; BGH, Beschl. v. 20.9.2012 – 1 W 43/12; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 24.1.2013 – 8 W 4/13. 2 A.A. für den verwaltungsgerichtlichen Zwischenstreit: OVG Sachsen, SächsVBl. 2003, 38: 1/5 des Hauptsachestreitwertes. 3 BGH, Beschl. v. 20.3.2002 – IV ZR 3/01, BGHR 2002, 951; Beschl. v. 7.10.1981 – VIII ZR 198/80, WM 1981, 1287; Urt. v. 20.6.1962 – VIII ZR 65/61, JurBüro 1962, 213; offen gelassen in BGH, Beschl. v. 21.6.1990 – IX ZR 227/89, VersR 1991, 122; OLG Hamburg, Beschl. v. 3.6.2011 – 4 WF 156/10, MDR 2011, 1134; Beschl. v. 28.1.2002 – 14 U 98/01, AGS 2003, 82; OLG Köln, Beschl. v. 19.5.2008 – 12 U 21/08. 4 OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.3.1986 – 10 U 8/86, MDR 1986, 593; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Zwischenstreit“. 5 BGH, Beschl. 17.1.1968 – IV ZB 3/68, NJW 1968, 796; OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 26.10.2011 – 10 W 21/11: 1/3; OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.4.2010 – 1 W 7/10; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.4.2008 – 10 W 190–192/07, AGS 2008, 499; OLG Frankfurt, AGS 2006, 299; OLG München, Beschl. v. 28.6.2006 – 34 SchH 2/06. 6 OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.7.2008 – 11 W 24/08, IBR 2009, 54: 1/3 des Hauptsachewertes; OLG Dresden, Beschl. v. 18.12.2009 – 4 W 1282/09; OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.5.2011 – 19 W 24711: 50 %; Beschl. v. 28.5.2007 – 1 W 23/07, MDR 2007, 1399: 1/4 des Hauptsachewertes; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.8.1989 – 11 W 75/89, MDR 1990, 58; OLG Koblenz, JurBüro 1991, 503: 1/10 je abgelehnter Richter; OLG Rostock, Beschl. v. 27.3.2006 – 1 W 18/06, OLGR 2006, 586: 1/10 je abgelehnter Richter. 7 OLG Bamberg, Beschl. v. 10.3.1982 – 7 WF 4/82, MDR 1982, 589; OLG Köln, ZSW 1981, 44; MDR 1976, 322; OLG Nürnberg, Beschl. v. 6.4.1983 – 8 W 2480/80, MDR 1983, 846; Zöller/Herget, § 3 Rn. 16 Stichwort „Ablehnung“. 8 OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.11.2006 – 6 U 165/06; a.A. OLG Köln, Beschl. v. 8.2.1982 – 2 U 134/82, MDR 1983, 321: Bewertung analog dem Auskunftsanspruch bei der Stufenklage mit 1/4.
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Kurpat
Zwischenstreit und -urteil Hauptsache bemessen.1 Da die Bedeutung von dem Vorhandensein weiterer Beweismittel, dem Umfang des Beweisgegenstandes im Verhältnis zum Streitgegenstand und etwaig weiteren vom Gericht nach § 286 ZPO zu berücksichtigenden Umständen abhängig ist, scheidet eine schematische Gleichsetzung mit dem Wert der Hauptsache aus. Bedarf es zur Klagestattgabe des Nachweises zweier (tatsächlicher) Anspruchsvoraussetzungen und dient die Urkunden nur dem Nachweis einer davon, kommt der Ansatz des hälftigen Hauptsachewerts in Betracht.2 Soll dagegen mit der Urkunde eine genauere Berechnung der Klageforderung ermöglicht werden, sollte sich die Bewertung an die des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs bei der Stufenklage anlehnen, so dass in der Regel 1/4 des Hauptsachewertes anzusetzen ist.3
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Auch für den Zwischenstreit über die Rechtmäßigkeit einer Zeugnisverweigerung bestehen unterschiedliche Bewertungsansätze. Zutreffend ist es, auf das Interesse der beweisführenden Partei und die (formale) Bedeutung der Zeugenaussage für den Ausgang des Rechtsstreits abzustellen.4 Zu den Einzelheiten s. das Stichwort „Zeugnisverweigerung“, Rn. 6401.
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Streiten die Beteiligten über die Pflicht zur Duldung einer Blutentnahme zur Feststellung der Abstammung, bestimmt sich der Wert des Zwischenstreits für die beweisführende Partei nach ihrem wirtschaftlichen Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Handelt es sich bei dem Abstammungsgutachten um das einzig verbliebene Beweismittel, ist der volle Hauptsachewert anzusetzen.5
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Der Wert des Streitgegenstandes für das durch Zwischenurteil abgeschlossene Verfahren über die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit6 sowie über sonstige die Zulässigkeit von Klage und Rechtsmittel betreffende Einwendungen richtet sich nach dem in der Klage geltend gemachten vollen Anspruch, denn er kann zum Endurteil führen.7 Dagegen ist in dem gegen das Zwischenurteil gerichteten Rechtsmittelverfahren, wenn Hilfsverweisunganträge gestellt werden, das – unterhalb des Hauptsachewerts liegende – Verweisungsinteresse maßgeblich.8 Für die Berufung gegen ein die Zuständigkeit bejahendes Zwischenurteil kann das dagegen nicht gelten, weil hier nur über die Zuständigkeit und nicht mit Rechtskraft über die Hauptsache entschieden wird.9
6513
Demgegenüber ist der Streit über den zulässigen Rechtsweg mit dem Hauptsachewert nicht identisch, da hier nur eine – von Amts wegen vorzunehmende – Verweisung droht, § 17a GVG. Hier ist eine auf den Hauptsachewert bezogene Bruchteils-
1 BGH, Beschl. v. 26.10.2006 – III ZB 2/06, MDR 2007, 541 = NJW 2007, 155. 2 OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.11.2006 – 6 U 165/06. 3 OLG Köln, Beschl. v. 8.12.1982 – 2 U 134/82, MDR 1983, 321; s. auch das Stichwort „Stufenklage“, Rn. 5071 ff. 4 BGH, Beschl. v. 25.3.1991 – II ZA 9+10/90, KostRspr. ZPO § 3 Nr. 1034; OLG Frankfurt, Urt. v. 19.11.2003 – 9 U 70/98, OLGR 2004, 81 = NotBZ 2004, 490; a.A. OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.10.1963 – 2 W 136/63, KostRspr. ZPO § 3 Nr. 103; KG, JurBüro 1968, 739; 1964, 616 – in der Regel Hauptsachewert. 5 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.8.1997 – 2 W 3/97, FamRZ 1998, 563; unklar OLG Nürnberg, Beschl. v. 3.1.1996 – 4 W 4074/95, NJW-RR 1996, 645: in der Regel 1/2 des Hauptsachewerts. 6 KG, MDR 1957, 366; OLG Düsseldorf, RPfleger 1972, 463; Lappe, NJW 1994, 1189 (1190). 7 Zöller/Greger, § 280 ZPO Rn. 11. 8 OLG Celle, Beschl. v. 25.6.2012 – 13 U 149/11; OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.3.1999 – 5 U 189/98: Bruchteilsbewertung mit 1/3; a.A. BayObLG, Beschl. v. 21.3.2002 – 2 Z BR 170/01, NJW-RR 2002, 8820. 9 OLG Frankfurt, OLGR 1999, 153; LG Braunschweig, Beschl. v. 14.5.1973 – 7 S 43/73, NJW 1973, 1846.
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Zwischenvergleich
ZPO
bewertung geboten.1 Siehe im Übrigen die Stichworte „Einrede, Einwendung“ und „Rechtswegverweisung“.
Zwischenvergleich 6514
Unter einem Zwischenvergleich versteht man eine gütliche Regelung im Verlaufe des Rechtsstreits, die sich nicht auf den Streitgegenstand insgesamt bezieht, sondern nur auf einen Teil davon oder auf den Verfahrensablauf oder auf vorgreifliche Fragen.
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Seine Bewertung richtet sich ebenso wie der Gesamtvergleich nach dem Gegenstand des verglichenen Verfahrens.2 Es liegt nahe, sich an den für die Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) geltenden Beurteilungskriteren zu orientieren. Ein gerichtlicher Zwischenvergleich ist jedenfalls nicht deshalb niedriger zu bewerten, weil nicht sicher war, ob er zur vollständigen Erledigung des Rechtsstreits führen oder beitragen werde.3
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Siehe zu den Einzelheiten das Stichwort „Vergleich“.
6517–6599
Einstweilen frei.
1 BGH, Beschl. v. 18.9.2008 – V ZB 40/08, NJW 2008, 3572; Beschl. v. 27.10.2005 – III ZB 66/05, MDR 2006, 530; Beschl. v. 30.9.1999 – V ZB 24/99, MDR 1999, 1521; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.12.2011 – 10 W 149/11, FamRZ 2012, 475: 1/4. 2 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 6.3.2014 – 6 WF 16/14, AGS 2014, 269. 3 OLG Schleswig, JurBüro 1966, 240.
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Kurpat
3. Teil: Verfahrenswert im FamFG-Verfahren Abnderung A. Allgemeines Das Gesetz geht von dem Grundsatz aus, dass eine rechtskräftige Endentscheidung mit Dauerwirkung aufgehoben oder abgeändert werden kann, wenn sich die zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich wesentlich ändert.
6600
Diesen Grundsatz regelt § 48 FamFG und bezieht sich auf die Abänderung von rechtskräftigen Entscheidungen mit Dauerwirkung in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (arg. e § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG).
6601
Der in § 48 FamFG enthaltene Grundsatz wird ergänzt durch besondere verfah- 6602 rensrechtliche Abänderungsregelungen, die den Grundsatz erweitern oder einschränken und zwar – § 54 Abs. 1 FamFG, wonach das Gericht in einer einstweiligen Anordnungssache die Entscheidung abändern kann, – § 166 FamFG, der die Abänderung von Entscheidungen und gerichtlich gebilligten Vergleichen in nichtvermögensrechtlichen Kindschaftssachen regelt (§ 1697 BGB), – § 185 FamFG, der in Abstammungssachen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens normiert, wobei gem. § 184 Abs. 1 Satz 2 FamFG eine Abänderung der Endentscheidung ausgeschlossen ist, – § 197 Abs. 3 Satz 2 FamFG, wonach eine Abänderung in Adoptionssachen ausgeschlossen ist, – §§ 225, 226 FamFG, die die Abänderung einer Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung bestimmen (§§ 51, 52 VersAusglG), – § 227 FamFG, wonach auch Endentscheidungen über Ausgleichsansprüche nach der Scheidung und Vereinbarungen nach den §§ 6–8 VersAusglG unter Verweis auf § 48 Abs. 1 FamFG abgeändert werden können, – § 264 Abs. 1 Satz 2 FamFG, der festlegt, dass eine Abänderung von Entscheidungen nach den §§ 1382 und 1383 BGB ausgeschlossen ist. Auf Ehe- und Familienstreitsachen findet § 48 FamFG keine Anwendung. Es gelten über § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG – § 323 ZPO (Abänderungsklage), insbesondere sonstige den Unterhalt betreffende Familiensachen (vertragliche Unterhaltsansprüche) oder wiederkehrende Leistungen auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung nach Rechtskraft der Scheidung und – § 324 ZPO (Nachforderungsklage zur Sicherheitsleistung), wonach den nachehelichen Unterhalt betreffend die Abänderung (Erhöhung) der in einer Endentscheidung bestimmten Sicherheit beansprucht werden kann. Darüber hinaus gelten für Unterhaltssachen (§ 231 FamFG): – § 238 FamFG, der die Abänderung gerichtlicher Entscheidungen regelt, – § 239 FamFG, der sich auf die Abänderung von Vergleichen und Urkunden bezieht sowie – § 240 FamFG, der die Abänderung von Entscheidungen nach §§ 237 und 253 FamFG – Abänderung von Entscheidungen über künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen – bestimmt. Thiel
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6603
FamFG
Abnderung Dass der Gesetzgeber über § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG zusätzlich § 323 ZPO für anwendbar erklärt, der sich seinem Wortlaut nach vollständig in § 238 Abs. 1 FamFG wiederfindet, ist nachvollziehbar, weil die Abänderung wiederkehrender Leistungen auch bei vertraglichen Unterhaltsvereinbarungen in Betracht kommt und vertragliche Unterhaltsregelungen keine Unterhaltssachen i.S.d. § 231 FamFG darstellen. Die §§ 238 bis 240 FamFG umfassen allerdings nur gesetzliche Unterhaltsansprüche nach § 231 Abs. 1 FamFG.
B. Die Bewertungen 6604
Die Frage des Zuständigkeitsverfahrenswerts stellt sich in Verfahren, deren Gegenstand die Abänderung einer Entscheidung in einer Familiensache ist, nicht. Entsprechende Abänderungsverfahren sind gleichermaßen Familiensachen. Nach § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG ist das Amtsgericht in Familiensachen unabhängig vom Wert des Verfahrens ausschließlich zuständig.
6605
Für die Zulässigkeit der Beschwerde ist der Wert des Beschwerdegegenstands maßgebend (§ 61 Abs. 1 FamFG). Dieser berechnet sich nicht nach dem FamGKG, da dieses nur den Wert für die Gerichtsgebühren regelt.1 Mangels einer Regelung der Beschwer oder des Werts des Beschwerdegegenstands im FamFG ist in Abänderungsverfahren, die Familienstreitsachen sind, auf die §§ 3 ff. ZPO zurückzugreifen.2 Im Übrigen kommt es in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten auf den Wert des Beschwerdegegenstands nicht an (arg. e § 61 Abs. 1 FamFG).
6606
Der Wert für die Gerichtsgebühren ist abzuleiten aus der jeweiligen Wertvorschrift, die bereits für die Bemessung der abzuändernden Entscheidung herangezogen worden ist. Zu beachten ist ggf. der Umfang der Abänderung, wenn sich das Abänderungsbegehren nicht auf den gesamten Verfahrensgegenstand bezieht.
6607
Über § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG ist in Abänderungsverfahren der für die Gerichtsgebühren geltende Wert für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren im gerichtlichen Verfahren maßgeblich.
6608
Die jeweiligen Wertvorschriften des FamGKG gelten auch für die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts, der die Abänderung einer Endentscheidung für seinen Auftraggeber begehrt (§ 23 Abs. 1 Satz 3 RVG).
C. Gebührenverfahrenswert 6609
Eine besondere Wertvorschrift existiert weder für die Abänderung von Endentscheidungen in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit noch in Familienstreitsachen. Allerdings ist ein allgemeiner Grundsatz für Abänderungsverfahren in der für Rechtsmittelverfahren maßgeblichen Wertvorschrift des § 40 FamGKG bereits enthalten: Im Abänderungsverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert demgemäß nach den „Anträgen des Antragstellers“.
6610
Wird die Abänderung der gerichtlichen Entscheidung/des Titels uneingeschränkt begehrt, so ist der Wert des Gegenstands der abzuändernden Entscheidung maßgeblich. Wird nur eine teilweise Abänderung geltend gemacht, so ist bei der Wertfestsetzung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten auf die Differenz der verlangten Herauf- oder Herabsetzung zwischen dem festgesetzten und dem beantragten Betrag abzustellen.
1 Keidel, § 61 FamFG Rn. 9. 2 Kemper/Schreiber/Klußmann, § 61 Rn. 5; Schneider/Volpert/Fölsch, § 40 Rn. 25.
1250
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Abstammungssachen In nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten, in denen Abänderungsverfahren 6611 entweder nach einem Regelwert oder nach dem Auffangwert zu bemessen sind, ist einer nur teilweise geltend gemachten Abänderung der Entscheidung ggf. über die Anpassung unter Billigkeitsgesichtspunkten Rechnung zu tragen (§§ 42 Abs. 1, 2, 44 Abs. 3, 45 Abs. 3, 47 Abs. 2, 48 Abs. 3, 49 Abs. 2, 50 Abs. 3 FamGKG). Verfolgt ein Beteiligter in einem Abänderungsverfahren das Begehren, einen statischen in einen dynamischen Unterhaltstitel umzuwandeln, richtet sich der Verfahrenswert nach dem Interesse, anstelle eines statischen über einen dynamischen Titel zu verfügen; der Wert des Verfahrens kann in einem solchen Fall auf 15 % der in 12 Monaten ab Antragseinreichung anfallenden Unterhaltsbeträge geschätzt werden.1
6611a
Wird wechselseitig Abänderung geltend gemacht, so sind die Werte der einzelnen Anträge zu addieren (§ 33 Abs. 1 Satz 1 FamGKG), es sei denn, sie betreffen denselben Verfahrensgegenstand.
6612
Nach OLG Köln2 und KG3 unterbleibt eine Wertaddition aber dann, wenn in einer Unterhaltssache Herabsetzung des Zahlbetrags begehrt und für denselben Zeitraum die Rückzahlung der zu viel gezahlten Unterhaltsbeträge beansprucht wird. OLG Köln und KG argumentieren mit der Identität der Verfahrensgegenstände, wobei die gegenteilige Auffassung vertretbar ist.
6613
Siehe ausführlich zur Abänderung die Stichwörter – „Kindschaftssachen“, – „Gewaltschutzsachen“, – „Versorgungsausgleichssachen“, – „Unterhaltssachen“. – „Vereinfachtes Verfahren auf Festsetzung des Unterhalts Minderjähriger“, – „Nachforderungsverfahren“, – „Vollstreckungsabwehrantrag“.
Abfindung Siehe das Stichwort „Unterhaltsverzicht“.
Abstammungssachen Literatur: N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 1551 ff.; Stößer, Das neue Verfahren in Abstammungssachen nach dem FamFG, FamRZ 2009, 923; N. Schneider, Die Verfahrenswerte nach dem FamGKG, AnwBl. 2009, 777; Keuter, Zur Kostenbeteiligung minderjähriger Kinder in Abstammungssachen, FamRZ 2013, 923; Vogel, Verfahrenswerte in Kindschafts- und Abstammungssachen, FPR 2010, 313; Schneider/Thiel, Fälle und Lösungen zur Abrechnung in Familiensachen, § 7 Rn. 35 ff.
1 OLG Hamm, Beschl. v. 17.10.2014 – 2 WF 184/14, MDR 2015, 226 = AGS 2015, 40; a.A. OLG Dresden, Beschl. v. 3.1.2011 – 20 WF 1189/10, FamRZ 2011, 1407, das den vollen Wert des dynamischen Titels bei der Beschwer und für die Wertfestsetzung berücksichtigt. 2 OLG Köln, Beschl. v. 15.6.2010 – 4 WF 13/10, AG Kompakt 2010, 134 = FamRZ 2011, 756. 3 KG, Beschl. v. 5.10.2010 – 19 WF 138/10, AGS 2011, 39 = FamRZ 2011, 754 = FamRB 2011, 47.
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1251
Abstammungssachen Gliederungsübersicht Rn. A. Allgemeines I. Betroffene Verfahren . . . . . . . . . . 6614 II. Die Bewertungen . . . . . . . . . . . . 6616 B. Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6621
FamFG
C. Gebührenverfahrenswert . . . I. Regelwert 1. Abstammungssachen nach § 169 Nr. 1 und Nr. 4 FamFG. 2. Abstammungssachen nach § 169 Nr. 2 und Nr. 3 FamFG. II. Billigkeitsanpassung der Regelwerte . . . . . . . . . . . . . . 1. Bemessungskriterien für eine Erhöhung des Verfahrenswerts. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 6622
. . . 6623 . . . 6625 . . . 6626
. . . 6627
Rn. 2. Bemessungskriterien für eine Ermäßigung des Verfahrenswerts . . III. Zusammentreffen mehrerer Abstammungssachen 1. Antragshäufung . . . . . . . . . . . . . 2. Zusammentreffen von Abstammungssachen mit einer Unterhaltssache. . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammentreffen einer Abstammungssache mit einem anderen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Beschwerde. . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . VIII. Einstweilige Anordnungen . . . . . IX. Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . .
6628
6629
6635
6641 6642 6643 6644 6645 6648
A. Allgemeines I. Betroffene Verfahren 6614
Abstammungssachen werden in § 169 FamFG definiert. Danach handelt es sich um Verfahren, die gerichtet sind auf – die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses (§ 1600d BGB), insbesondere die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Anerkennung der Vaterschaft (§ 169 Nr. 1 FamFG), – die Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und Anordnung der Duldung einer Probeentnahme nach § 1598a Abs. 1 Satz 1 BGB (§ 169 Nr. 2 FamFG), – die Einsicht in ein Abstammungsgutachten und Aushändigung einer Abschrift nach § 1598a Abs. 4 BGB (§ 169 Nr. 3 FamFG), oder – die Anfechtung der Vaterschaft nach § 1600 BGB (§ 169 Nr. 4 FamFG).
6615
Der nach früherem Recht für Abstammungssachen maßgebende Begriff der „Kindschaftssache“ ist für die die Verwandtschaft regelnden Verfahren abgelöst worden. Kindschaftssachen sind begrifflich seit dem 1.9.2009 die Familiensachen nach § 111 Nr. 2 FamFG. Das wiederum sind nach § 151 FamFG Verfahren, die die elterliche Sorge, das Umgangsrecht und das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, die Kindesherausgabe, die Vormundschaft, die Pflegschaft, die Unterbringung eines Minderjährigen sowie die Aufgaben nach dem JGG betreffen. Verfahren, die das Bestehen oder Nichtbestehen eines Verwandtschaftsverhältnisses zum Gegenstand haben, wurden bereits in der Vergangenheit nach den für sie geltenden materiellen Vorschriften als Abstammungssachen bezeichnet und heißen seit dem 1.9.2009 einheitlich auch verfahrensrechtlich Abstammungssachen.
II. Die Bewertungen 6616
Die Frage des Zuständigkeitsverfahrenswerts stellt sich in Abstammungssachen nicht. Nach § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG ist das Amtsgericht in Familiensachen unab1252
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Abstammungssachen hängig vom Wert des Verfahrens ausschließlich zuständig. Abstammungssachen sind Familiensachen nach § 111 Nr. 3 FamFG. Für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist der Wert des Beschwerdegegenstands maßgebend (§ 61 Abs. 1 FamFG). Da es sich um nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten handelt, ist die Beschwerde unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstands zulässig, so dass es einer Wertfestsetzung nicht bedarf.
6617
Der Wert für die Gerichtsgebühren ergibt sich aus § 47 FamGKG.
6618
Über § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG ist der für die Gerichtsgebühren geltende Wert auch für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren im gerichtlichen Verfahren maßgeblich.
6619
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG finden die Wertvorschriften des FamGKG für die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts entsprechende Anwendung. Die Vaterschaft, die Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und Probeentnahme, die Einsicht in ein Abstammungsgutachten etc. können außergerichtlich anerkannt/erteilt werden. Einer gerichtlichen Entscheidung bedarf es insoweit nicht.
6620
B. Beschwer Abstammungssachen sind nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten. Nach § 61 Abs. 1 FamFG ist die Beschwerde gegen Endentscheidungen unabhängig von dem Wert des Beschwerdegegenstands zulässig. Auf die Beschwer, die für die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht geregelt ist, kommt es deshalb nicht an. Die in § 61 Abs. 1 FamFG für vermögensrechtliche Angelegenheiten vorgesehene Mindestbeschwer von über 600 Euro findet auch auf eine Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit keine Anwendung.1
6621
C. Gebührenverfahrenswert Die gebührenrechtliche Bewertung in Abstammungssachen ergibt sich aus § 47 Abs. 1 FamGKG. Bei den Verfahren i.S.d. § 169 FamFG handelt es sich – was nach dem bis zum 31.8.2009 maßgeblichen Recht nicht einheitlich der Fall gewesen ist2 – insgesamt um Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Der Gesetzgeber hat in § 47 Abs. 1 FamGKG feste Regelwerte normiert, die nach § 47 Abs. 2 FamGKG unter Billigkeitsgesichtspunkten herauf- und herabgesetzt werden können.
6622
I. Regelwert 1. Abstammungssachen nach § 169 Nr. 1 und Nr. 4 FamFG In den Abstammungssachen nach – § 169 Nr. 1 FamFG, also für Feststellungsverfahren und – § 169 Nr. 4 FamFG, also für Vaterschaftsanfechtungsverfahren,
6623
gilt gem. § 47 Abs. 1 Hs. 1 FamGKG ein Regelwert i.H.v. 2000 Euro.
1 BGH, MDR 2013, 1479 = AGS 2013, 505. 2 Prütting/Helms/Stößer, § 169 FamFG Rn. 1.
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1253
Abstammungssachen 6624
Der Höhe nach hat sich im Vergleich zu den bisher maßgeblichen Wertvorschriften nichts geändert. Die Bewertung von Feststellungs- und Anfechtungsverfahren ergab sich nach früherem Recht aus § 48 Abs. 3 Satz 3 GKG a.F., wonach die entsprechenden Verfahren ebenfalls mit einem Wert i.H.v. 2000 Euro zu bemessen waren. Dabei handelte es sich jedoch um unabänderliche Festwerte, während seit dem 1.9.2009 eine Abweichung vom Regelwert möglich ist (§ 47 Abs. 2 FamGKG). 2. Abstammungssachen nach § 169 Nr. 2 und Nr. 3 FamFG
FamFG
6625
Für die Abstammungssachen nach – § 169 Nr. 2 FamFG, also für Verfahren, die die Ersetzung der Einwilligung in eine Untersuchung und Anordnung der Duldung einer Probeentnahme betreffen und – § 169 Nr. 3 FamFG, also für Verfahren, die auf Einsicht in ein Abstammungsgutachten und Aushändigung einer Abschrift gerichtet sind, und die gegenüber den Feststellungs- und Anfechtungsverfahren geringere Bedeutung haben, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Hs. 2 ein Regelwert i.H.v. 1000 Euro.
II. Billigkeitsanpassung der Regelwerte 6626
Die sich für die jeweiligen Abstammungssachen aus § 47 Abs. 1 FamGKG ergebenden Regelwerte können auf der Grundlage der Vorschrift des § 47 Abs. 2 FamGKG herauf- oder herabgesetzt werden und zwar dann, wenn der nach § 47 Abs. 1 FamGKG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist. 1. Bemessungskriterien für eine Erhöhung des Verfahrenswerts
6627
Kriterien, die für eine Erhöhung des Regelwerts1 des § 47 Abs. 1 FamGKG nach § 47 Abs. 2 FamGKG maßgeblich sein können, sind folgende: – die Vermögensverhältnisse des potentiellen Vaters, – Umfang und Bedeutung der Sache aufgrund nachträglicher Betrachtung,2 – die Weigerung, eine Probeentnahme zu dulden, – zwangsweise Vorführung zur Untersuchung, – mangelnde Mitwirkung der Kindesmutter, – die Bestellung eines Verfahrensbeistands gem. § 174 FamFG, – umfangreiche Anhörungen, – eine Vielzahl von Beteiligten, – es kommen mehrere Väter in Betracht und werden in das Verfahren einbezogen, – die Wichtigkeit, die das Verfahren für die Gestaltung der nichtvermögensrechtlichen Lebensbeziehungen der Beteiligten hat, – der Umfang der Auswirkungen der streitigen Familienrechtsstellung hinsichtlich des Unterhalts und des Erbrechts.3
1 Thiel/Schneider, Die Abweichung vom Regelverfahrenswert, FPR 2010, 323. 2 OLG Köln, NJW 1960, 2197. 3 OLG Frankfurt, NJW 1952, 550.
1254
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Abstammungssachen 2. Bemessungskriterien für eine Ermäßigung des Verfahrenswerts Kriterien, die für eine Ermäßigung des Regelwerts1 des § 47 Abs. 1 FamGKG nach § 47 Abs. 2 FamGKG maßgeblich sein können, sind folgende: – gleichgerichtete Anträge der Beteiligten und zwar von Beginn des Verfahrens an und Erledigung des Verfahrens unmittelbar nach seiner Einreichung, – bereits außergerichtlich erkennbare Kooperationsbereitschaft der Beteiligten und Erledigung des Verfahrens unmittelbar nach seiner Einreichung.
6628
Der Regelwert will den Durchschnittsfall bewertet wissen, so dass allein gleich gerichtete Anträge und Kooperationsbereitschaft der Beteiligten für eine Ermäßigung des ohnehin bereits geringen Regelwerts nicht ausreichend sind.
6628a
III. Zusammentreffen mehrerer Abstammungssachen 1. Antragshäufung Werden mehrere Abstammungssachen, die dasselbe Kind betreffen, miteinander verbunden, was nach § 179 Abs. 1 Satz 1 FamFG zulässig ist, liegen auch mehrere Verfahrensgegenstände vor, so dass die Regelwerte für die jeweilige Abstammungssache gesondert zu ermitteln und nach § 33 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zu addieren sind.2
6629
Nach § 179 Abs. 2 FamFG ist eine Verbindung von Abstammungssachen im Übrigen nicht zulässig. Es ist deshalb weder statthaft, dass Geschwister in demselben Verfahren ihre Vaterschaft anfechten, noch dass die Vaterschaftsanfechtung gegen mehrere Kinder in demselben Verfahren verfolgt wird.3 Aber auch bei einer unzulässigen Verbindung unterschiedlicher Verfahrensgegenstände sind die Werte stets gesondert zu ermitteln und nach § 33 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zu addieren.
6630
Davon geht auch Klüsener4 aus, suggeriert aber, dass eine Abstammungssache, gerichtet gegen mehrere Kinder, auch statthaft ist. Dem dürfte im Hinblick auf das Verbindungsverbot des § 179 Abs. 2 FamFG nicht zu folgen sein, weil es eine Abstammungssache, die mehrere Kinder betrifft, jedenfalls nicht geben darf. Der von Klüsener vertretenen Auffassung liegt noch die frühere Rechtslage zugrunde, wonach der Wert je Kind anzusetzen gewesen ist.5
6631
Zutreffend erkannt worden ist zwar, dass es in Abstammungsverfahren eine den §§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 2 FamGKG vergleichbare Regelung, wonach eine Kindschaftssache auch dann als ein Gegenstand zu bewerten ist, wenn sie mehrere Kinder betrifft, nicht gibt und daraus grundsätzlich auch die richtige Schlussfolgerung gezogen werden kann, dass dann, wenn mehrere Kinder betroffen sind, auch mehrere Gegenstände vorliegen.6 Das Verbindungsverbot des § 179 Abs. 2 FamG bringt diese Schlussfolgerung für Abstammungssachen im Ergebnis aber zu Fall.
6632
Auch Keske7 nimmt an, dass die Anfechtung der Vaterschaft mehrere Kinder betreffend zulässig sei.
6633
Wenn verfahrenswidrig verbunden wird, ist allerdings nach § 33 Abs. 1 FamGKG zu addieren.
6634
1 Thiel/Schneider, Die Abweichung vom Regelverfahrenswert, FPR 2010, 323. 2 Zöller/Feskorn, Anh FamFG Stichwort „Abstammungssachen“; AnwK-RVG/Schneider/ Mock/Volpert/Thiel, § 47 FamGKG Rn. 324. 3 Prütting/Helms/Stößer, § 179 Rn. 2. 4 Prütting/Helms/Klüsener, § 47 Rn. 3. 5 N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 1570. 6 Prütting/Helms/Klüsener, § 47 FamFG Rn. 3. 7 FA-FamR/Keske, S. 1750, Rn. 89.
Thiel
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FamFG
Abstammungssachen 2. Zusammentreffen von Abstammungssachen mit einer Unterhaltssache 6635
Ist ein Verfahren auf Feststellung des Bestehens der Vaterschaft gem. § 169 Nr. 1 FamFG mit einer Unterhaltssache nach § 237 FamFG verbunden worden, was nach § 179 Abs. 1 Satz 2 FamFG – wie nach bisherigem Recht – grundsätzlich zulässig ist, sind die Verfahrenswerte der Abstammungssache und der Unterhaltssache gesondert zu bestimmen.
6636
Bei der Bemessung des Verfahrenswerts ist dann § 33 Abs. 1 Satz 2 FamGKG zu beachten, der den bereits nach § 39 GKG geltenden Grundsatz übernommen hat, dass bei Verbindung eines nichtvermögensrechtlichen Anspruchs mit einem aus ihm hergeleiteten vermögensrechtlichen Anspruch nur der höhere Anspruch maßgebend ist.1
6637
Dabei gilt § 33 Abs. 1 Satz 2 FamGKG weiterhin als Ausnahme von dem Grundsatz, dass in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Verfahrensgegenstände zusammengerechnet werden (§ 33 Abs. 1 Satz 1 FamGKG). Der Wert für die regelmäßig höher zu bewertende Unterhaltssache bleibt auch dann bestehen, wenn die Vaterschaft in dem verbundenen Verfahren nicht festgestellt worden ist.2 Der Wert der Unterhaltssache kann aber auch geringer sein.
6638
Û
6639
In der Regel dürfte der Wert des Zahlungsanspruchs der höherwertige sein,3 da der 12-fache Betrag des derzeitigen monatlichen Mindestunterhalts der ersten Altersstufe bereits einem Wert i.H.v. 2700,00 Euro (12 × 225 Euro) entspricht und den Regelwert des § 47 Abs. 1 Hs. 1 FamGKG übersteigt.
Beispiel: Das minderjährige Kind hat ein Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft nach § 1600d BGB eingeleitet und innerhalb dieses Verfahrens einen Antrag, gerichtet auf Zahlung des Mindestunterhalts, beim FamG anhängig gemacht. Die Kindesmutter vereinnahmt für das noch nicht einjährige Kind Unterhaltsvorschussleistungen i.H.v. monatlich 133 Euro. Da die Unterhaltsvorschusskasse die Unterhaltsvorschussbeträge auf das Kind zur gerichtlichen Geltendmachung nicht zurückübertragen hat, macht die Kindesmutter lediglich die Differenz zum Mindestunterhalt geltend, was einem Betrag i.H.v. monatlich 92 Euro (225 Euro – 133 Euro) entspricht. Der Wert für das Verfahren ist wie folgt festzusetzen: Der Antrag auf Feststellung der Vaterschaft (§ 169 Nr. 1 FamFG) ist nach § 47 Abs. 1 Hs. 1 FamGKG zu bewerten. Danach ergibt sich ein Verfahrenswert i.H.v. 2000 Euro. Der Wert für den Zahlungsantrag ist nach den §§ 35, 51 Abs. 1 FamGKG zu bemessen und auf (12 × 92 Euro) festzusetzen. 1104 Euro Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 FamGKG ist nur der höhere Wert, hier also für den Wert des Verfahrens maßgebend 2000 Euro
1 Vgl. OLG Hamburg, DAVorm. 1972, 34; OLG Köln, JurBüro 1972, 1093; KG, JurBüro 1973, 456 = NJW 1973, 1050; OLG Oldenburg, KostRsp. GKG a.F. § 14 B Nr. 25; OLG Bamberg, JurBüro 1973, 143; OLG München, JurBüro 1981, 1376 = DAVorm. 1981, 681; Rpfleger 1984, 333 = FamRZ 1984, 820; OLG Celle, Beschl. v. 21.7.1995 – 15 W 38/95, OLGR 1995, 284; OLG Köln, Beschl. v. 16.11.2000 – 14 WF 146/00, FamRZ 2001, 779; OLG Naumburg, Beschl. v. 18.1.2008 – 8 WF 10/08, FamRZ 2008, 1645; Schneider/Volpert/Fölsch/TürckBrocker, § 47 FamGKG Rn. 13. 2 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 13.12.2001 – 6 WF 111/01, AGS 2002, 157; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.2.1994 – 2 W 1/94, FamRZ 1995, 492. 3 OLG Koblenz, Beschl. v. 19.10.1989 – 15 W 693/89, KostRsp. GKG § 17 Nr. 123 = FamRZ 1990, 900; Schneider/Volpert/Fölsch/Türck-Brocker, § 47 FamGKG Rn. 14.
1256
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Abstammungssachen Zu beachten ist, dass fällige Unterhaltsbeträge dem sich aus § 51 Abs. 1 Satz 1 FamGKG für den laufenden Unterhalt ergebenden Betrag nach § 51 Abs. 2 Satz 1 FamGKG hinzuzurechnen sind.
6640
IV. Zusammentreffen einer Abstammungssache mit einem anderen Verfahren Die einzig verfahrensrechtlich möglichen Verfahrensverbindungen in Abstammungssachen sind die gesetzlich normierten Fälle des § 179 Abs. 1 FamFG. Danach können Abstammungssachen, die dasselbe Kind betreffen und ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren mit einer Unterhaltssache zusammentreffen. Im Übrigen aber ist nach § 179 Abs. 2 FamFG eine Verbindung von Abstammungssachen miteinander oder mit anderen Verfahren unzulässig.
6641
V. Beschwerde Im Beschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG oder nach der Beschwer, § 40 Abs. 1 Satz 2 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als in erster Instanz (§ 40 Abs. 2 FamGKG).
6642
VI. Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde Ist Gegenstand des Verfahrens ein Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde, ist für die Bewertung des Verfahrens der Wert des Rechtsmittelverfahrens maßgebend, § 40 Abs. 3 FamGKG.
6643
VII. Rechtsbeschwerde Im Rechtsbeschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG oder nach der Beschwer, § 40 Abs. 1 Satz 2 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als in erster Instanz (§ 40 Abs. 2 FamGKG).
6644
VIII. Einstweilige Anordnungen Nach § 49 Abs. 1 FamFG kann das Gericht durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht.
6645
Nach den für das Rechtsverhältnis „Abstammung“ maßgebenden Vorschriften dürfte es in Statusverfahren nicht statthaft sein, einstweilige Anordnungen zu erlassen.1 Deshalb waren bereits nach früherem Recht einstweilige Anordnungen in Abstammungssachen nicht möglich (vgl. § 620 ZPO a.F.).
6646
Eine einstweilige Anordnung kommt nur insoweit in Betracht, als die Vaterschaftsfeststellung (§ 169 Nr. 1 FamFG) mit einem Verfahren, gerichtet auf Zahlung von Kindesunterhalt, verbunden wird (§§ 179 Abs. 1, 237 FamFG). Der Wert der einstweiligen Anordnung die Unterhaltshaltssache betreffend richtet sich
6647
1 N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 1572.
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Abtrennung aus dem Verbund dann nach § 41 FamGKG, wobei in der Regel der sich aus den §§ 35, 51 FamGKG ergebende volle, auch für die Hauptsache maßgebende Wert anzusetzen sein dürfte, weil einstweilige Anordnungen in Unterhaltssachen regelmäßig endgültigen Charakter und keine geringere Bedeutung gegenüber einem Hauptsacheverfahren, gerichtet auf Zahlung von Unterhalt, haben, da sie die Hauptsache in Höhe des titulierten Unterhalts vorwegnehmen.1 Siehe hierzu ausführlich die Stichwörter „Unterhaltssachen“, Rn. 8443 ff. und „Einstweilige Anordnung“, Rn. 7352 ff.
IX. Vollstreckung Siehe hierzu das Stichwort „Vollstreckung“, Rn. 8931 ff., 8935.
FamFG
6648
Abtrennung aus dem Verbund Siehe das Stichwort „Verbund“.
Abtretung von Versorgungsansprchen Siehe das Stichwort „Versorgungsausgleichssachen“.
Adoptionssachen Literatur: Braun, Das Verfahren in Adoptionssachen nach §§ 186 ff. FamFG, FamRZ 2011, 1; N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 1602 ff.; H. Schneider, Kosten in Adoptionssachen, JurBüro 2010, 396.
A. Allgemeines I. Betroffene Verfahren 6649
Adoptionssachen sind nach § 186 FamFG Verfahren, die – die Annahme als Kind (§ 186 Nr. 1 FamFG), – die Ersetzung der Einwilligung zur Annahme als Kind (§ 186 Nr. 2 FamFG), – die Aufhebung des Annahmeverhältnisses (§ 186 Nr. 3 FamFG), – die Befreiung vom Eheverbot des § 1308 Abs. 1 BGB (§ 186 Nr. 4 FamFG), – die Anerkennung nach §§ 1, 2 Adoptionswirkungsgesetz (§ 199 FamFG) zum Gegenstand haben.
6650
Adoptionssachen sind Familiensachen nach § 111 Nr. 4 FamFG und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Sie sind nicht verbundfähig und können auch mit anderen Verfahren nicht verbunden werden (§ 196 FamFG).
1 Schneider/Thiel, AnwBl. 2010, 350; OLG Düsseldorf, AGS 2010, 105; AG Lahnstein, AGS 2010, 264.
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Adoptionssachen Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme Minderjähriger ergeben sich aus §§ 1741–1766 BGB, diejenigen für die Annahme Volljähriger aus §§ 1767–1772 BGB. Die Ersetzung der Einwilligung zur Annahme als Kind richtet sich nach den §§ 1746, 1748, 1749 BGB. Aus §§ 1759 ff. BGB ergeben sich die Voraussetzungen für die Aufhebung der Annahme Minderjähriger, die §§ 1771 ff. BGB betreffen die Aufhebung des Annahmeverhältnisses Volljähriger. § 186 Nr. 4 FamFG selbst nennt die Vorschrift des § 1308 Abs. 1 BGB, als materiell-rechtliche Grundlage für die Befreiung vom Eheverbot.
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II. Die Bewertungen Die Frage des Zuständigkeitsverfahrenswerts stellt sich in Adoptionssachen nicht. Nach § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG ist das Amtsgericht in Familiensachen unabhängig vom Wert des Verfahrens ausschließlich zuständig.
6652
Der Wert für die Gerichtsgebühren ergibt sich mangels einer besonderen Vorschrift aus dem Auffangtatbestand des § 42 Abs. 2, 3 FamGKG. Adoptionssachen, die einen Minderjährigen betreffen, sind grundsätzlich gerichtsgebührenfrei. Dies ergibt sich aus einem den §§ 1, 3 FamGKG i.V.m. Vorbem. 1.3.2 Abs. 1 Nr. 2 KV FamGKG zu entnehmenden Umkehrschluss, wonach Gebühren nur für diejenigen Adoptionssachen erhoben werden, die einen Volljährigen betreffen.1 In Verfahren betreffend die Adoption Minderjähriger ist eine Festsetzung des Verfahrenswerts nach § 55 FamGKG daher unzulässig.
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Über § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG ist der für die Gerichtsgebühren geltende Wert in Verfahren, gerichtet auf die Adoption Volljähriger, auch für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren maßgebend.
6654
Soweit das Verfahren die Adoption eines Minderjährigen betrifft, gilt § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG. Die Vorschrift des § 42 Abs. 2, 3 FamGKG ist entsprechend anzuwenden. Die Festsetzung des Verfahrenswerts für die Anwaltsgebühren ist dann auf Antrag im Verfahren nach § 33 Abs. 1 RVG festzusetzen.
6655
Außergerichtliche Tätigkeiten in Adoptionssachen dürften stets das gerichtliche Verfahren vorbereiten (§ 19 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 RVG) und daher bereits die Gebühren nach den Nrn. 3100 ff. VV RVG auslösen, nicht die der Nr. 2300 VV RVG. In Adoptionssachen ist immer eine gerichtliche Entscheidung erforderlich (§§ 197, 198 FamFG). Ungeachtet dessen würden hier nach § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG die gleichen Bewertungen gelten.
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Einstweilen frei.
6657
B. Beschwer Adoptionssachen sind nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten. Nach § 61 Abs. 1 FamFG ist die Beschwerde gegen Endentscheidungen unabhängig von dem Wert des Beschwerdegegenstands zulässig. Auf die Beschwer, die für die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht geregelt ist, kommt es deshalb nicht an. Eine Wertfestsetzung ist daher nicht erforderlich.
1 N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 1611; Schneider/Volpert/Fölsch/Volpert, Vorbem. 1.3.2 KV FamGKG Rn. 26.
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FamFG
Adoptionssachen
C. Gebührenverfahrenswert I. Überblick 6659
Das Gesetz sah vor, für die Bewertung von Adoptionssachen Volljähriger, für die bis zum Inkrafttreten des FGG-ReformG1 das Vormundschaftsgericht zuständig war, auf die §§ 98 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO2 zurückzugreifen und den Verfahrenswert in vielen Fällen im Wege der Schätzung auf 3000 Euro festzusetzen. Für die Annahme eines Minderjährigen als Kind oder die Aufhebung eines Annahmeverhältnisses bestand nach § 91 KostO a.F.? Gerichtsgebührenfreiheit und über § 30 Abs. 3 Satz 2 KostO a.F. war für die Anwaltsgebühren dann regelmäßig ein Wert i.H.v. 3000 Euro maßgebend.
6660
Da Adoptionssachen seit dem 1.9.2009 Familiensachen sind (§ 111 Nr. 4 FamFG), war der Anwendungsbereich der KostO nach § 1 Satz 1 KostO a.F. bereits seit Inkrafttreten des FGG-ReformG nicht mehr eröffnet, und es scheidet auch eine Anwendung des GNotKG3 aus. Bundesgesetzlich ist in § 1 Abs. 1 Satz 1 FamGKG seit dem 1.8.2013 bestimmt, dass Gebühren und Auslagen in Familiensachen nur (noch) nach dem FamGKG erhoben werden.
6661
Das hatten Weidemann/v. Swieykowski4 und Hartmann5 übersehen, die in Adoptionssachen zur Bewertung des Verfahrens nach Inkrafttreten des FGG-ReformG § 30 Abs. 2 und 3 der KostO a.F. anwenden und regelmäßig von dem sich insoweit aus der KostO a.F. ergebenden Wert i.H.v. 3000 Euro ausgehen wollten.
6662
Das gleiche Ergebnis konnte seit Inkrafttreten des FGG-ReformG hinsichtlich der Höhe der Bewertung bereits über die Anwendung der Wertvorschriften des FamGKG erzielt werden, so dass sich wertmäßig kein Unterschied ergeben hatte.
6663
Heute kommt eine Anwendung der KostO ohnehin nicht mehr in Betracht, weil sie mit Wirkung seit dem 1.8.2013 aufgehoben und durch das GNotKG abgelöst worden ist. Eine Anwendung des GNotKG auf Familiensachen kommt nur noch ausnahmsweise und dann nur mittelbar über die in §§ 36, 46 FamGKG oder § 23 Abs. 3 Satz 1 RVG enthaltenen Verweisungen in Betracht, im Übrigen aber nicht mehr.
II. Auffangwert 1. Keine besonderen Wertvorschriften für Adoptionssachen 6664
Eine Bewertungsvorschrift für Adoptionssachen enthält das FamGKG in den besonderen Wertvorschriften der §§ 43–52 FamGKG nicht. Es ist deshalb auf die allgemeinen Wertvorschriften zurückzugreifen und sowohl für Adoptionssachen Minderjähriger auf Antrag des Anwalts nach § 33 Abs. 1 RVG auf § 42 FamGKG als auch für die Adoptionssachen Volljähriger auf den Auffangwert abzustellen. Von Amts wegen erfolgt die Wertfestsetzung allerdings nur in den Adoptionssachen, in denen Volljährige betroffen sind, weil Adoptionssachen Minderjähriger gebührenfrei geführt werden.
1 FGG-ReformG v. 5.8.2009, BGBl. I. S. 2586, in Kraft getreten am 1.9.2009. 2 Aufgehoben durch Art. 45 des 2. KostRMoG v. 23.7.2013, BGBl. I. S. 2586. 3 Gerichts- und Notarkostengesetz, eingeführt durch Art. 1 des 2. KostRMoG v. 23.7.2013, BGBl. I. S. 2586. 4 FamVerf/Weidemann/v. Swieykowski, § 9 X. 5 Hartmann, KostG, § 30 KostO Rn. 60; für die Volljährigenadoption wird jetzt auf § 42 FamGKG zurückgegriffen, vgl. Hartmann, § 42 FamGKG Rn. 1.
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Adoptionssachen 2. Bewertung nach dem Auffangwert Demgemäß kommt eine Bewertung von Adoptionssachen nur nach der Auffangvorschrift des § 42 FamGKG in Betracht.1 Die Auffangnorm des § 42 FamGKG ist dann anzuwenden, wenn sich für die zu bewertende Familiensache eine besondere oder andere allgemeine Wertvorschrift aus dem FamGKG im Übrigen nicht ergibt.
6665
§ 42 Abs. 1 FamGKG regelt die Bestimmung des Verfahrenswerts in vermögensrechtlichen Angelegenheiten; § 42 Abs. 2 FamGKG ist wertbestimmend für nichtvermögensrechtliche Verfahrensgegenstände. Adoptionssachen sind nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten, sodass § 42 Abs. 2 oder § 42 Abs. 3 FamGKG zur Bemessung des Verfahrenswerts einschlägig ist. Nach dem OLG Düsseldorf2 bestimmt sich bei einer Volljährigenadoption der Wert vorrangig nach § 42 Abs. 2 FamGKG und nur bei Fehlen genügender Anhaltspunkte nach § 42 Abs. 3 FamGKG. Diese Auffassung ist zutreffend, weil auf den Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG nur dann zurückgegriffen werden darf, wenn sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Bewertung nach § 42 Abs. 2 FamGKG ergeben.3
6666
3. Bewertung nach billigem Ermessen a) § 42 Abs. 2 FamGKG Nach § 42 Abs. 2 FamGKG ist der Wert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere – des Umfangs der Sache, – der Bedeutung der Sache, – der Vermögensverhältnisse der Beteiligten,4 – der Einkommensverhältnisse der Beteiligten
6667
nach billigem Ermessen zu bestimmen. Einzelfallbezogene Umstände können in Adoptionssachen z.B. folgende sein: – die gesellschaftliche Stellung und das Ansehen des Annehmenden,5 – die wirtschaftliche Stellung des Annehmenden, – die gesellschaftliche Stellung und das Ansehen des Anzunehmenden, – die wirtschaftliche Stellung des Anzunehmenden, – er Annehmende wird erbrechtlich wie ein leiblicher Abkömmling bedacht,6 – der Ausschluss des Erbrechts,7 – sozialpolitische Gründe für die Geringhaltung der Kosten bei der Adoption Minderjähriger,8 – der Verfahrensumfang. 1 Prütting/Helms/Klüsener, § 42 FamGKG Rn. 15; Schneider/Volpert/Fölsch/Thiel, § 42 FamGKG Rn. 76 und Verfahrenswert-ABC Rn. 12. 2 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.6.2010 – 8 WF 205/09, FamRZ 2010, 1937 = FamRB 2010, 371. 3 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.6.2010 – 8 WF 205/09, AGS 2011, 562; OLG Celle, Beschl. v. 11.4.2013 – 17 WF 39/13, AGS 2013, 420 m. Anm. Thiel = FamRZ 2013, 2008. 4 OLG Nürnberg, Beschl. v. 12.6.2015 – 10 VF 272/15, der Verfahrenswert wurde ausgehend von dem Vermögen des Annehmenden i.H.v. 1 Mio. Euro auf 250 000 Euro festgesetzt. 5 LG Darmstadt, Beschl. v. 14.4.2008 – 6 T 13/08, FamRZ 2008, 1876; BayObLG, Rpfleger 1981, 247. 6 LG Darmstadt, Beschl. v. 14.4.2008 – 6 T 13/08, FamRZ 2008, 1876. 7 BayObLG, Beschl. v. 12.1.1981 – 1 Z 122/80, Rpfleger 1981, 247. 8 BT-Drucks. 16/6308 S. 311.
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6668
Adoptionssachen Ein bestimmter Prozentsatz vom Vermögen ist bei der Bewertung der Vermögensverhältnisse nicht statisch festzulegen. Es ist vielmehr stets einzelfallbezogen der Wert des Verfahrens nach billigem Ermessen1 zu ermitteln. Das LG Darmstadt2 hat den Wert in einem Verfahren, das eine Volljährigenadoption zum Gegenstand hatte, auf 200 000 Euro festgesetzt und zwar ausgehend davon, dass das Vermögen des Annehmenden 500 000 Euro betragen hatte und der Anzunehmende über Grundbesitz verfügte. In einem anderen Verfahren3 hat es bei einem Reinvermögen des Annehmenden i.H.v. 15 000 Euro einen Prozentsatz i.H.v. 5 % ermittelt und für die Wertfestsetzung verfünffacht. Das OLG Düsseldorf4 hat eine Festsetzung des FamG Wesel bestätigt, wonach wegen der Bedeutung der Angelegenheit der Wert bei einer Volljährigenadoption auf 30 000 Euro festgesetzt worden ist. Dabei hat es sich insbesondere an der Wertfestsetzung durch den Notar orientiert, der seine Gebühren ebenfalls nach diesem Wert abgerechnet hatte. Das OLG Düsseldorf sieht insoweit keinerlei Gründe, weshalb für die Festsetzung der Gebühren des Notars andere Maßstäbe gelten sollen als für das Gericht. Dieser Auffassung haben sich das OLG Bamberg5 und auch das OLG Celle6 angeschlossen.
6670
Eine Verdoppelung des ermittelten Verfahrenswerts bei der Annahme als Kind durch Eheleute, also durch zwei Personen, kommt nicht in Betracht, wäre verständlicherweise auch nicht sachgerecht.7
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6669
b) Hilfsregelwert 6671
Ergeben sich im Verfahren keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bewertung nach § 42 Abs. 2 FamGKG, so ist auf den „Auffanghilfswert“ des § 42 Abs. 3 FamGKG abzustellen, der für vermögensrechtliche- und nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten gilt und 3000 Euro beträgt. Auf diesen Wert dürfte – so wie es nach bisherigem Recht in vielen Fällen auch der Fall gewesen ist – überwiegend abgestellt werden, allerdings auch erst und nur dann, wenn sich keine Anhaltspunkte für eine Bewertung nach § 42 Abs. 2 FamGKG ergeben. 4. Höchstgrenze
6672
Bei der Festsetzung ist stets zu berücksichtigen, dass der Wert des Verfahrens den Betrag von 500 000 Euro nicht übersteigen darf (§ 42 Abs. 2 FamGKG). 5. Zeitpunkt der Wertberechnung
6673
Für den Zeitpunkt der Wertberechnung ist nach § 34 Satz 1 FamGKG auf den Zeitpunkt der jeweiligen ersten Antragstellung abzustellen. Es sind danach die einzelfallbezogenen Umstände, die zu einer Bewertung nach § 42 Abs. 2 FamGKG führen, bezogen auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung zu ermitteln und festzustellen. Während dies bezogen auf die Vermögens- und Einkommensverhältnisse möglich erscheint, ergeben sich Bedenken, soweit z.B. der Umfang des Verfahrens bei der Wertfestsetzung eine Rolle spielt. Dieser kann regelmäßig erst mit dessen Beendigung festgestellt und in Relation gesetzt werden, sodass im Rahmen der endgülti1 2 3 4 5 6
Siehe das Stichwort „Auffangwert“, Rn. 6789. LG Darmstadt, Beschl. v. 14.4.2008 – 6 T 13/08, FamRZ 2008, 1876. LG Darmstadt, Beschl. v. 13.6.2002 – 6 T 24/02, FamRZ 2003, 248. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.6.2010 – 8 WF 205/09, FamRZ 2010, 1937. OLG Bamberg, Beschl. v. 18.10.2011 – 2 UF 234/11, FamRZ 2012, 737. OLG Celle, Beschl. v. 11.4.2013 – 17 WF 39/13, AGS 2013, 420 m. Anm. Thiel = FamRZ 2013, 2008. 7 OLG Hamm, Beschl. v. 13.4.1989 – 15 W 390/87, JMBl.NW 1989, 176.
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Adoptionssachen gen Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 3 FamGKG noch Veränderungen vorzunehmen sein dürften und insoweit der Zeitpunkt der jeweiligen ersten Antragstellung nicht maßgebend sein kann.1
III. Beschwerde Im Beschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG oder nach der Beschwer, § 40 Abs. 1 Satz 2 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als in erster Instanz (§ 40 Abs. 2 FamGKG).
6674
IV. Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde Ist Gegenstand des Verfahrens ein Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde, ist für die Bewertung des Verfahrens der Wert des beabsichtigten Rechtsbeschwerdeverfahrens maßgebend, § 40 Abs. 3 FamGKG.
6675
V. Rechtsbeschwerde Im Rechtsbeschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG oder nach der Beschwer, § 40 Abs. 1 Satz 2 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als in erster Instanz (§ 40 Abs. 2 FamGKG).
6676
VI. Einstweilige Anordnung In Adoptionssachen sind einstweilige Anordnungen nicht statthaft. Das Gericht kann durch eine einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme nur dann treffen, wenn dies nach den für das jeweilige Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist, was in den Status bestimmenden Adoptionssachen gerade nicht der Fall ist.
6677
Wird ein einstweiliges Anordnungsverfahren dennoch eingeleitet, so ist es auch zu bewerten. Maßgebend ist für die Bewertung dann § 41 FamGKG. Der für die Hauptsache bestimmte Wert ist, wenn das einstweilige Anordnungsverfahren geringere Bedeutung gegenüber einer gedachten oder anhängigen Hauptsache hat, zu ermäßigen (§ 41 Satz 1 FamGKG) und nach § 41 Satz 2 FamGKG entweder mit der Hälfte des Hauptsachewerts oder darunter/darüber anzusetzen.
6678
VII. Vollstreckung Vollstreckungsmaßnahmen kommen in Adoptionssachen nicht in Betracht.
6679
1 Schneider/Volpert/Fölsch/Schneider, § 34 FamGKG Rn. 26 ff.
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Anerkenntnis
Anerkenntnis Siehe das Stichwort „Anerkenntnis und Anerkenntnisurteil“ im ZPO-Teil Rn. 993 ff. Die Ausführungen gelten gleichermaßen auch für Familiensachen, insoweit es sich um Familienstreitsachen handelt (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG), mit der Einschränkung, dass in Familienstreitsachen das FamGKG das maßgebliche Kostengesetz ist und nicht das GKG.
6679b
Ein Anerkenntnis nimmt grundsätzlich keinen Einfluss auf den Wert des Verfahrens nach dem FamGKG. Der Wert ist auch bei einem Anerkenntnis nach den allgemeinen und besonderen Wertvorschriften des FamGKG zu bemessen. Das gilt auch für den Fall, dass ein Beteiligter bereits außergerichtlich erklärt hat, die geltend gemachte Forderung zahlen zu wollen oder insbesondere wiederkehrende Leistungen monatlich bereits freiwillig gezahlt werden und das gerichtliche Verfahren nur deshalb anhängig gemacht worden ist, weil ein Vollstreckungstitel geschaffen werden soll. In diesem Fall ist auch kein Abschlag vom Verfahrenswert wegen des alleinigen Titulierungsinteresses vorzunehmen.1
FamFG
6679a
Anerkennung anderer auslndischer Entscheidungen als Ehesachen Literatur: N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 1620 ff.; Schneider/Thiel, Fälle und Lösungen zur Abrechnung in Familiensachen, § 13 Rn. 24 ff.
A. Allgemeines I. Betroffene Verfahren 6680
Abgesehen von der Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen (§ 107 FamFG) werden ausländische Entscheidungen im Übrigen anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. In § 108 Abs. 1 FamFG ist der in § 328 ZPO enthaltene Grundsatz einer automatischen Anerkennung übernommen worden. Anerkennung i.S.d. Vorschrift bedeutet, dass sich die Wirkungen, die der Entscheidung im ausländischen Gerichtsstaat zukommen, auf das Inland erstrecken. Hierzu bedarf es lediglich einer im Ausland wirksamen Entscheidung.
6681
Gemäß § 108 Abs. 2 FamFG kann aber derjenige Beteiligte, der ein rechtliches Interesse daran hat, die Anerkennung oder Nichtanerkennung einer ausländischen Entscheidung nichtvermögensrechtlichen Inhalts beantragen. Lediglich für nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten gilt das Anerkennungsverfahren nach § 108 Abs. 2 FamFG.2 Für die Anerkennung oder Nichtanerkennung einer Annahme als Kind gelten jedoch die §§ 2, 3, 5 des AdwirkG, wenn der Angenommene zur Zeit der Annahme das 18. Lebensjahr vollendet hatte; s. das Stichwort „Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach dem AdwirkG“, Rn. 6747a ff.
1 OLG Hamburg, Beschl. v. 13.3.2013 – 7 WF 21/13, MDR 2013, 600 = AGS 2013, 184; Schneider/Volpert/Fölsch/Thiel, Verfahrenswert-ABC Rn. 29. 2 OLG Köln, Beschl. v. 9.4.2010 – 4 UF 56/10, FamRZ 2010, 1590 = NJW-RR 2010, 1225.
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Anerkennung anderer auslndischer Entscheidungen als Ehesachen Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ist nur ausgeschlossen, soweit Anerkennungshindernisse gem. § 109 FamFG vorliegen, nämlich bei – Unzuständigkeit der deutschen Gerichte, – fehlerhafter Verfahrensführung, – entgegenstehender Rechtskraft einer anderweitigen Entscheidung, – Verstoß gegen den „ordre public“. Verfahren, deren Gegenstand die Anerkennung einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit ist, sind Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
6682
II. Die Bewertungen Anders als die Anerkennungsverfahren in Ehesachen, sind Anerkennungsverfahren 6683 anderer ausländischer Entscheidungen ausschließlich gerichtliche Verfahren und nicht den Justizverwaltungen zugewiesen. Zuständig ist stets das Amtsgericht. Wenn Gegenstand des Verfahrens eine Angelegenheit ist, die dem Katalog der nichtvermögensrechtlichen Familiensachen des § 111 FamFG zuzuordnen ist, dann ist auch für die Anerkennung im Inland das Familiengericht sachlich zuständig. Die Frage des Zuständigkeitsverfahrenswertes stellt sich in den Anerkennungsverfahren anderer ausländischer Entscheidungen deshalb nicht. Nach § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG ist das Amtsgericht in Familiensachen unabhängig vom Wert des Verfahrens ausschließlich zuständig. Fällt die anzuerkennende Entscheidung in den Zuständigkeitsbereich der Betreuungsgerichte, so wäre nach § 23c GVG das Betreuungsgericht und zwar ebenfalls unabhängig vom Wert des Verfahrens zuständig.1
6684
Für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten eine Beschwer nicht erforderlich (arg. e § 61 Abs. 1 FamFG).
6685
Für das Anerkennungsverfahren nach § 108 Abs. 2 FamFG fallen im familiengerichtlichen Verfahren Festgebühren als Entscheidungsgebühren an. Im Falle der Zurückweisung des Antrags entstehen Festgebühren i.H.v. 240 Euro (Nr. 1714 KV FamGKG). Wenn das Verfahren durch die Zurücknahme des Antrags vor Ablauf des Tages, an dem die Endentscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird, beendet ist, reduziert sich die Gebühr der Nr. 1714 KV FamGKG auf 90 Euro (Nr. 1715 KV FamGKG). Im Beschwerdeverfahren und im Rechtsbeschwerdeverfahren wird nach Nr. 1720 KV FamGKG eine Festgebühr i.H.v. 360 Euro erhoben, die sich unter den Voraussetzungen der Nr. 1721 KV FamGKG auf 90 Euro ermäßigt und sich unter den Voraussetzungen der Nr. 1722 KV FamGKG auf 180 Euro reduziert.
6686
Über § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG sind dann, wenn Festgebühren nach dem FamGKG erhoben werden, die Vorschriften des FamGKG für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren im gerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden. Insoweit ist nicht auf den Inhalt der Entscheidung abzustellen: Denn Anerkennungsverfahren sind im FamGKG nicht geregelt. Der Gegenstandswert der Anwaltsgebühren ist deshalb nach dem Auffangwert des § 42 Abs. 2, 3 FamGKG, d.h. unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen.
6687
Außergerichtliche Tätigkeiten des Rechtsanwalts dürften stets das gerichtliche Verfahren vorbereiten und daher bereits die Gebühren nach den Nrn. 3100 ff. VV
6688
1 Musielak/Borth, § 109 FamFG Rn. 5.
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1265
Anerkennung anderer auslndischer Entscheidungen als Ehesachen RVG auslösen, nicht die der Nr. 2300 VV RVG. In Verfahren, gerichtet auf die Anerkennung anderer ausländischer Entscheidungen als Ehesachen, ist stets eine gerichtliche Entscheidung erforderlich. Ungeachtet dessen würden hier nach § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG die gleichen Bewertungen gelten.
B. Beschwer
FamFG
6689
Anerkennungsverfahren nach § 108 Abs. 2 FamFG, deren Gegenstand stets nichtvermögensrechtlich ist, können unabhängig von einer Beschwer angefochten werden.
C. Gebührenverfahrenswert I. Gerichtsgebühren 6690
Für das Anerkennungsverfahren nach § 108 Abs. 2 FamFG fallen im familiengerichtlichen Verfahren Festgebühren an (Nrn. 1714 ff. KV FamGKG).
6691
Eine gerichtliche Wertfestsetzung kommt insoweit nicht in Betracht, weil sich die Gerichtsgebühren in Anerkennungssachen nicht nach dem Wert des Verfahrens richten.
II. Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren 6692
Da im familiengerichtlichen Anerkennungsverfahren Festgebühren erhoben werden, ist eine Wertfestsetzung von Amts wegen unzulässig. Das hält Gerichte aber nicht davon ab, unter Verkennung der Tatsache, dass im gerichtlichen Verfahren Festgebühren entstehen, auch ohne Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG eine Wertfestsetzung vorzunehmen.1 Der Verfahrensbevollmächtigte ist nach § 33 Abs. 1 RVG berechtigt, die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit in dem gerichtlichen Verfahren zu beantragen, weil es an einem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert fehlt.
6693
Da im gerichtlichen Anerkennungsverfahren für nichtvermögensrechtliche Verfahrensgegenstände Festgebühren nach dem FamGKG erhoben werden, sind nach § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG die Wertvorschriften des FamGKG für den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit entsprechend anzuwenden.
6694
Eine besondere Wertvorschrift für Anerkennungsverfahren existiert nicht. Bis zum Inkrafttreten des FGG-ReformG2 hatte die Rechtsprechung in den Anerkennungsverfahren Ehesachen betreffend, die für sie geltende Wertvorschrift des § 48 GKG a.F. zur Bewertung entsprechend herangezogen. Deshalb ist der erste Blick auch darauf gerichtet, in den Verfahren nach § 108 Abs. 2 FamFG gleichermaßen vorzugehen und die besonderen Wertvorschriften für die jeweilige nichtvermögensrechtliche Angelegenheit entsprechend heranzuziehen (Kindschaftssache, dann wäre § 45 FamGKG, Abstammungssache, dann wäre § 47 FamGKG, Adoptionssache, dann wäre § 42 Abs. 2, 3 FamGKG und Ehewohnungs- und Haushaltssache,3 dann wäre § 48 FamGKG einschlägig). 1 OLG Nürnberg, Beschl. v. 28.11.2014 – 7 UF 1084/14; OLG Bremen, Beschl. v. 26.9.2014 – 5 UF 52/14, NJW-RR 2014, 1411 = FamRB 2015, 102; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.6.2014 – 1 UF 1/14, NZFam 2015, 46. 2 FGG-ReformG v. 5.8.2009, BGBl. I. S. 2586, in Kraft getreten am 1.9.2009. 3 A.A. in Prütting/Helms/Hau, § 108 FamFG Rn. 55, der Ehewohnungs- und Haushaltssachen als vermögensrechtliche Angelegenheiten definiert.
1266
Thiel
Anerkennung anderer auslndischer Entscheidungen als Ehesachen Allerdings spricht gegen die analoge Anwendung der jeweiligen besonderen Wertvorschriften, dass das Anerkennungsverfahren einen von der jeweiligen nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit abweichenden Verfahrensgegenstand behandelt.
6695
Demgemäß kommt eine Bewertung nur entsprechend der Auffangvorschrift des § 42 Abs. 2, 3 FamGKG in Betracht. Die Auffangnorm des § 42 FamGKG ist immer dann anzuwenden, wenn sich für die zu bewertende Angelegenheit eine besondere oder andere allgemeine Wertvorschrift aus dem FamGKG nicht herleiten lässt: Anerkennungsverfahren sind im FamGKG nicht geregelt. Die Abgeschlossenheit des FamGKG verbietet Analogien, zumal durch die Regelung des Auffangwerts eine Regelungslücke nicht angenommen werden kann.
6696
Betroffen sind stets nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten, so dass § 42 Abs. 2 oder § 42 Abs. 3 FamGKG zur Bemessung des Verfahrenswertes einschlägig sind.1
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Nach § 42 Abs. 2 FamGKG ist der Wert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere – des Umfangs der Sache, – der Bedeutung der Sache, – der Vermögensverhältnisse der Beteiligten, – der Einkommensverhältnisse der Beteiligten
6698
nach billigem Ermessen zu bestimmen. Eine Orientierung an den jeweiligen besonderen Wertvorschriften ist zur Ausfüllung des billigen Ermessens zulässig. Ergeben sich im Verfahren keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bewertung nach Billigkeit i.S.d. § 42 Abs. 2 FamGKG, so ist auf den „Auffanghilfswert“ des § 42 Abs. 3 GKG zurückzugreifen, der für vermögensrechtliche und nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten gilt und 5000 Euro2 beträgt.
6699
Bei der Festsetzung ist stets zu berücksichtigen, dass der Wert des Verfahrens den Betrag von 500 000 Euro nicht übersteigen darf (§ 42 Abs. 2 FamGKG).
6700
III. Beschwerde Im Beschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, entsprechend § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als in erster Instanz (§ 40 Abs. 2 FamGKG).
6701
IV. Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde Ist Gegenstand des Verfahrens ein Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde, ist für die Bewertung des Verfahrens der Wert des beabsichtigten Rechtsbeschwerdeverfahrens maßgebend, entsprechend § 40 Abs. 3 FamGKG.
6702
V. Rechtsbeschwerde Im Rechtsbeschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, entsprechend § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG. Der Wert darf 1 Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 1639. 2 Von 3000 Euro auf 5000 Euro erhöht durch das 2. KostRMoG vom 23.7.2013, BGBl. I. S. 2586, in Kraft getreten am 1.8.2013.
Thiel
1267
6703
Anerkennung auslndischer Entscheidungen in Ehesachen nicht höher angesetzt werden als der Wert in erster Instanz (entsprechend § 40 Abs. 2 FamGKG).
Anerkennung auslndischer Entscheidungen in Ehesachen
FamFG
Literatur: N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 1646 ff.; Thiel, Die Kosten in Verfahren, die die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen betreffen, nach neuem Recht, AGS 2009, 366; Schneider/Thiel, Fälle und Lösungen zur Abrechnung in Familiensachen, § 13 Rn. 2 ff.
A. Allgemeines 6704
Verfahren auf Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen sind keine Familiensachen und auch keine Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, der bestimmt, dass in Familiensachen einschließlich der Vollstreckung durch das Familiengericht und für Verfahren vor dem Oberlandesgericht nach § 107 FamFG, Kosten (Gebühren und Auslagen) nur nach dem FamGKG erhoben werden, soweit nichts anderes bestimmt ist.
6705
Das gerichtliche Verfahren gem. § 107 FamFG wird neben den Familiensachen genannt. Anerkennungsverfahren sind in das FamFG aufgenommen worden und sollen im gerichtlichen Verfahren entsprechend den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit behandelt werden (§ 107 Abs. 7 Satz 3 FamFG). Das FamFG gibt ihnen in Abschnitt 9 die Bezeichnung „Verfahren mit Auslandsbezug“. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 JVKostG i.V.m. Nr. 1331 KV JVKostG handelt es sich begrifflich um „sonstige Justizverwaltungsangelegenheiten mit Auslandsbezug“. Im Verwaltungsverfahren entsteht ein Gebührenbetrag i.H.v. 15 bis 305 Euro.
I. Betroffene Verfahren 6706
Zu unterscheiden sind Verfahren, für die die Landesjustizverwaltung zuständig ist und solche, die nach Einleitung bei der Landesjustizverwaltung vor dem Oberlandesgericht fortgeführt werden, wenn der Antrag im Verwaltungswege abgelehnt oder festgestellt wird, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen. 1. Verfahren vor der Landesjustizverwaltung
6707
Entscheidungen, durch die im Ausland eine Ehe – für nichtig erklärt, – aufgehoben, – dem Ehebande nach oder unter Aufrechterhaltung des Ehebandes geschieden oder – durch die das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe zwischen den Beteiligten festgestellt worden ist, werden nur anerkannt, wenn die Landesjustizverwaltung festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung vorliegen (§ 107 Abs. 1 Satz 1 FamFG).
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Anerkennung auslndischer Entscheidungen in Ehesachen Zuständig für die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen ist gem. § 107 Abs. 2 FamFG die Justizverwaltung des Landes, in dem einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hat keiner der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so ist nach § 107 Abs. 2 Satz 2 FamFG die Justizverwaltung des Landes zuständig, in dem eine neue Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet werden soll. Ergibt sich insoweit keine Zuständigkeit, dann ist nach § 107 Abs. 2 Satz 3 FamFG die Justizverwaltung des Landes Berlin zuständig.
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Die Landesjustizverwaltung kann die ihr nach § 107 Abs. 1 FamFG zustehenden Befugnisse durch Rechtsverordnung an einen oder mehrere Präsidenten der Oberlandesgerichte übertragen (§ 107 Abs. 3 Satz 1 FamFG). Von der Ermächtigung haben folgende Bundesländer auch Gebrauch gemacht:1
6709
– – – – –
Baden-Württemberg Bayern Brandenburg Bremen Niedersachsen
– – – –
Nordrhein-Westfalen Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt
Die Entscheidung über die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen ergeht auf Antrag (§ 107 Abs. 4 Satz 1 FamFG), für den als Verwaltungsbehörde das Standesamt zuständig ist. Wurde von der Ermächtigung gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 FamFG Gebrauch gemacht, dann wird der Antrag vom Standesamt an den Präsidenten des Oberlandesgerichts weitergeleitet oder das Verfahren unmittelbar beim Präsidenten des Oberlandesgerichts anhängig gemacht. Auch in diesem Falle bleibt es aber ein Verwaltungsverfahren, für das insoweit Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt werden kann.2
6710
Dem Antrag beizufügen sind: – eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der ausländischen Entscheidung, – Nachweis über die Rechtskraft der Entscheidung, – Nachweis über die Registereintragung, – Heiratsurkunde der aufgelösten Ehe, – Übersetzungen fremdsprachiger Schriftstücke, – Bescheinigung über das Einkommen (z.B. Kopie der letzten Gehaltsmitteilung).
6711
2. Verfahren vor dem Oberlandesgericht gem. § 107 Abs. 5 bis Abs. 7 FamFG a) Ablehnung der Anerkennung (§ 107 Abs. 5 FamFG) Lehnen Landesjustizverwaltung oder der Präsident des Oberlandesgerichts den Antrag ab, so kann der Antragsteller beim Oberlandesgericht eine gerichtliche Entscheidung beantragen (§ 107 Abs. 5 FamFG). Zuständig ist nach § 107 Abs. 7 FamFG ein Zivilsenat des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die Landesjustizverwaltung ihren Sitz hat. § 107 Abs. 7 FamFG gilt entsprechend, wenn die Feststellung begehrt wird, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Entscheidung nicht vorliegen (§ 107 Abs. 3 FamFG).
1 Bassenge/Roth, FamFG/RpflG, § 107 FamFG Rn. 6. 2 OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.10.2010 – 17 VA 1/10, FamRZ 2011, 384.
Thiel
1269
6712
Anerkennung auslndischer Entscheidungen in Ehesachen b) Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen (§ 107 Abs. 6 FamFG) 6713
Wird durch die Landesjustizverwaltung oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung vorliegen, kann auch derjenige Ehegatte, der den Antrag nicht gestellt hat, beim Oberlandesgericht eine gerichtliche Entscheidung beantragen.
II. Die Bewertungen Die Frage des Zuständigkeitsverfahrenswerts stellt sich in den Verfahren, gerichtet auf die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen deshalb nicht, weil die Landesjustizverwaltungen wertunabhängig zuständig sind. Soweit in den Fällen der Ermächtigung (§ 107 Abs. 3 Satz 1 FamFG) oder gem. § 107 Abs. 5 bis 7 FamFG beim Oberlandesgericht eine Entscheidung beantragt werden kann, ergibt sich ebenfalls eine wertunabhängige ausschließliche Zuständigkeit.
6715
In Justizverwaltungsangelegenheiten werden Gebühren und Auslagen nur nach dem JVKostG erhoben und zwar nach Nr. 1331 (15 bis 305 Euro) des Gebührenverzeichnisses der Justizverwaltung der Länder. Im gerichtlichen Verfahren fallen Festgebühren an, wenn der Antrag zurückgewiesen oder zurückgenommen wird. Die Gerichtsgebühren richten sich nach Teil 1 Hauptabschnitt 7 KV FamGKG. Ist das Verfahren erfolgreich, ist es gerichtsgebührenfrei.
6716
Für die Anwaltsgebühren ist in den Justizverwaltungsangelegenheiten § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, in den gerichtlichen Verfahren vor dem Oberlandesgericht ist über § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG der § 42 Abs. 2, 3 FamGKG für den Wert maßgebend. Die Festsetzung des Verfahrenswertes für die Anwaltsgebühren im gerichtlichen Verfahren erfolgt dann auf Antrag im Verfahren nach § 33 RVG. Eine Wertfestsetzung von Amts wegen ist unzulässig, weil Festgebühren anfallen.1
6717
Außergerichtliche Tätigkeiten in Anerkennungsverfahren ausländischer Entscheidungen in Ehesachen lösen die Gebühr nach Nr. 2300 unter Zugrundelegung des sich aus § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ergebenden Gegenstandswerts aus.
6718
Einstweilen frei.
FamFG
6714
B. Beschwer 6719
Anerkennungsverfahren sind stets nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten. Nach § 61 Abs. 1 FamFG (§ 107 Abs. 7 Satz 3 FamFG) ist die Beschwerde gegen Endentscheidungen unabhängig von dem Wert des Beschwerdegegenstands zulässig. Auf die Beschwer, die für die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht geregelt ist, kommt es deshalb nicht an. Eine Wertfestsetzung ist daher nicht erforderlich.
C. Gebührenverfahrenswert 6720
Zu bewerten ist das Anerkennungsverfahren nur für die Anwaltsgebühren. Für das Verwaltungsverfahren fallen Betragsrahmengebühren und für das gerichtliche Verfahren Festgebühren an, so dass eine Wertfestsetzung entbehrlich und auch gar nicht zulässig ist.
1 KG, Beschl. v. 3.1.2013 – 1 VA 9/12, FamRZ 2013, 1480 = FamRBint 2013, 1480.
1270
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Anerkennung auslndischer Entscheidungen in Ehesachen
I. Verfahren vor der Landesjustizverwaltung 1. Gebühren für das Verwaltungsverfahren Soweit nichts anderes bestimmt ist, werden in den sonstigen Justizverwaltungsangelegenheiten mit Auslandsbezug Gebühren und Auslagen nur nach dem JVKostG erhoben. Die Gebühren bestimmen sich gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 JVKostG nach dem Kostenverzeichnis (Anlage zum JVKostG). Nach der Nr. 1331 KV JVKostG sind von den Justizbehörden der Länder Betragsrahmengebühren zu erheben. Für die Feststellung der Landesjustizverwaltung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung vorliegen oder nicht vorliegen (§ 107 FamFG) sind Rahmengebühren in Höhe von 15 bis 305 Euro zu erheben.
6721
Die Gebühren werden auch erhoben, wenn die Entscheidung der Landesjustizverwaltung von dem Oberlandesgericht oder in der Rechtsbeschwerdeinstanz aufgehoben wird und das Gericht in der Sache selbst entscheidet. Die Landesjustizverwaltung entscheidet in diesem Fall über die Höhe der Gebühr erneut. Sie ist in diesem Fall so zu bemessen, als hätte die Landesjustizverwaltung die Feststellung selbst getroffen.
6722
Bei Rahmengebühren setzt die Behörde, die die gebührenpflichtige Amtshandlung vornimmt, die Höhe der Gebühr fest. Sie hat dabei insbesondere – die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten, – die mit der Vornahme der Amtshandlung verbundene Mühewaltung und – die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kostenschuldners
6723
zu berücksichtigen. Hat der Antrag Erfolg, so ist das Verfahren gebührenfrei.
6724
2. Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren im Verwaltungsverfahren Die außergerichtliche Tätigkeit in Anerkennungsverfahren betrifft das vor der 6725 Landesjustizverwaltung zu führende Verwaltungsverfahren und löst die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG aus. Fraglich ist, nach welchem Gegenstandswert die Geschäftsgebühr zu bemessen ist. Die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts bereitet das gerichtliche Verfahren vor dem Oberlandesgericht vor, soweit sich die Angelegenheit nicht bereits durch die Entscheidung der Verwaltungsbehörde erledigt. Die Tätigkeit kann aber nicht selbst Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein. § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG ist für die Bewertung in den gebührenpflichtigen Verwaltungsverfahren nicht einschlägig, weil sich die Gebühren nicht nach dem Wert bestimmen; es werden Rahmengebühren erhoben.
6726
Der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG ist deshalb nicht eröffnet, weil eine entsprechende Anwendung der Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes bei Rahmengebühren im Verwaltungsverfahren nicht in Betracht kommt.
6727
Da sich der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit in Anerkennungsverfahren auch nicht anderen Vorschriften des RVG (§§ 23a–33 RVG) entnehmen und auch nicht aus § 23 Abs. 3 Satz 1 RVG herleiten lässt, bemisst sich der Wert gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 Hs. 1 RVG nach billigem Ermessen. Ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte, auf deren Grundlage eine Wertbestimmung nach billigem Ermessen in Betracht kommt, dann ist der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit mit 5000 Euro festzusetzen (§ 23 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 RVG).
6728
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1271
FamFG
Anerkennung auslndischer Entscheidungen in Ehesachen 6729
Der sich aus § 23 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 RVG i.H.v. 5000 Euro ergebende Hilfswert kann nach Lage des Falles herauf- und herabgesetzt werden. Nach oben ist er aber begrenzt auf 500 000 Euro. Diese Begrenzung ist auch für die nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Familiensachen vorgesehen (§ 42 Abs. 2 FamGKG).
II. Verfahren vor dem Oberlandesgericht 1. Gerichtsgebühren 6730
§ 1 Satz 1 FamGKG bestimmt, dass Kosten in den Verfahren vor dem Oberlandesgericht nach § 107 FamFG nur nach dem FamGKG erhoben werden, soweit nichts anderes bestimmt ist. Eine anderweitige Bestimmung ergibt sich nicht. Das JVKostG gilt nur für das Verfahren vor der Landesjustizverwaltung.
6731
Die Gerichtsgebühren bestimmen sich nach Teil 1 Hauptabschnitt 7 KV FamGKG. Es werden Festgebühren erhoben. Im Verfahren über einen Antrag nach §§ 107 Abs. 5, Abs. 6, 107 Abs. 8, 108 Abs. 2 FamFG wird eine Gebühr nur erhoben, wenn der Antrag zurückgewiesen wird. Es entsteht dann eine Festgebühr i.H.v. 240 Euro gem. Nr. 1714 KV FamGKG. Wenn das Verfahren durch Zurücknahme des Antrags endet, ermäßigt sich die Gebühr nach Nr. 1715 KV FamGKG auf 90 Euro.
6732
Auch im Verfahren über die Beschwerde oder Rechtsbeschwerde gegen eine Entscheidung des OLG entsteht nach Nr. 1720 KV FamGKG eine Festgebühr i.H.v. 360 Euro, die sich nach Nr. 1721 KV FamGKG auf 90 Euro oder nach Nr. 1722 KV FamGKG auf 180 Euro ermäßigen kann.
6733
Wird antragsgemäß entschieden, ist das Verfahren gerichtsgebührenfrei. 2. Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren
6734
Da im gerichtlichen Verfahren Festgebühren bestehen oder keine Gebühren erhoben werden, ist eine Wertfestsetzung von Amts wegen unzulässig. Der Verfahrensbevollmächtigte ist nach § 33 Abs. 1 RVG berechtigt, die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit in dem gerichtlichen Verfahren zu beantragen, weil es an einem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert fehlt.
6735
Da im gerichtlichen Anerkennungsverfahren keine Gebühren oder Festgebühren nach dem FamGKG erhoben werden, sind nach § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG die Wertvorschriften des FamGKG entsprechend anzuwenden. Eine besondere Wertvorschrift für Anerkennungsverfahren in Ehesachen existiert nicht.
6736
Demgemäß kommt eine Bewertung nur entsprechend der Auffangvorschrift des § 42 Abs. 2, 3 FamGKG in Betracht. Die Auffangnorm des § 42 FamGKG ist immer dann anzuwenden, wenn sich für die zu bewertende Angelegenheit eine besondere oder andere allgemeine Wertvorschrift aus dem FamGKG nicht ergibt.
6737
Anerkennungsverfahren in Ehesachen sind nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten, so dass § 42 Abs. 2 oder § 42 Abs. 3 FamGKG zur Bemessung des Verfahrenswerts einschlägig sind.1
6738
Nach § 42 Abs. 2 FamGKG ist der Wert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere – des Umfangs der Sache, – der Bedeutung der Sache, 1 Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 1666.
1272
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Anerkennung auslndischer Entscheidungen in Ehesachen – der Vermögensverhältnisse der Beteiligten, – der Einkommensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen zu bestimmen. Ergeben sich im Verfahren keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bewertung nach Billigkeit i.S.d. § 42 Abs. 2 FamGKG, so ist auf den „Auffanghilfswert“ des § 42 Abs. 3 GKG zurückzugreifen, der für vermögensrechtliche und nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten gilt und 5000 Euro beträgt.
6739
Bei der Festsetzung ist stets zu berücksichtigen, dass der Wert des Verfahrens den Betrag von 500 000 Euro nicht übersteigen darf (§ 42 Abs. 2 FamGKG).
6740
Nach dem BayObLG1 hatte sich die Wertfestsetzung in Anerkennungsverfahren in Ehesachen nach bisherigem Recht an der für Ehescheidungsverfahren maßgeblichen Wertvorschrift zu orientieren und sollte danach nicht unter dem insoweit normierten Mindestwert (vgl. jetzt § 43 Abs. 1 Satz 2 FamGKG: 3000 Euro) angenommen werden. Im Übrigen sei er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten nach Ermessen zu bestimmen. Für die Einkommensverhältnisse sei das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen.
6741
Die sonstigen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Umfang und die Bedeu- 6742 tung der Sache, dürften zwar regelmäßig keinen Anlass geben, diesen, nur nach § 43 FamGKG geltenden Mindestwert, zu unterschreiten. Der Umfang der Sache, in dessen Rahmen auch die rechtliche Schwierigkeit und die Anwendung ausländischen Rechts zu würdigen sind, ist regelmäßig nicht unterdurchschnittlich. Die sich aus § 43 FamGKG für die Ehesache ergebenden Bewertungsgrundsätze können für das Anerkennungsverfahren in Ehesachen insoweit auch entsprechend herangezogen werden, zumal § 42 Abs. 2 FamGKG überwiegend von denselben Bewertungskriterien ausgeht. Unmittelbar ist die Vorschrift aber nicht anwendbar. Deshalb sind auch die Bewertungsmaßstäbe entsprechend zu berücksichtigen, die die Rechtsprechung zur Berücksichtigung des Vermögens der Beteiligten entwickelt hat (s. das Stichwort „Ehesachen“ Rn. 7192 ff.).
III. Beschwerde Im Beschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, entsprechend § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als in erster Instanz (§ 40 Abs. 2 FamGKG).
6743
IV. Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde Ist Gegenstand des Verfahrens ein Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde, ist für die Bewertung des Verfahrens der Wert des beabsichtigten Rechtsbeschwerdeverfahrens maßgebend, entsprechend § 40 Abs. 3 FamGKG.
6744
V. Rechtsbeschwerde Im Rechtsbeschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, entsprechend § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG. Der Wert darf
1 BayObLG, Beschl. v. 8.9.1999 – 1 Z BR 16/98, FamRZ 1999, 1375.
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6745
FamFG
Anerkennung auslndischer Entscheidungen nach dem AdwirkG nicht höher angesetzt werden als der Wert in erster Instanz, entsprechend § 40 Abs. 2 FamGKG. 6746
Einstweilen frei.
Anerkennung auslndischer Entscheidungen nach dem AdwirkG A. Allgemeines I. Betroffene Verfahren 6746a
Auf Antrag stellt das Familiengericht fest, ob eine Annahme als Kind i.S.d. § 1 AdwirkG anzuerkennen oder wirksam ist und ob das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinen bisherigen Eltern durch die Annahme erloschen ist. Im Falle einer anzuerkennenden oder wirksamen Annahme ist zusätzlich festzustellen, wenn das in § 2 Abs. 1 AdwirkG genannte Eltern-Kind-Verhältnis erloschen ist, dass das Annahmeverhältnis einem nach den deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis gleichsteht, andernfalls, dass das Annahmeverhältnis in Ansehung der elterlichen Sorge und der Unterhaltspflicht des Annehmenden einem nach den deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis gleichsteht.
6746b
Verfahren, deren Gegenstand die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung nach dem AdwirkG ist, sind keine Familiensachen, insbesondere keine Abstammungssachen, weil sie in § 186 FamFG nicht aufgeführt sind.
II. Die Bewertungen 6746c
Anerkennungsverfahren nach dem AdwirkG sind ausschließlich gerichtliche Verfahren und nicht den Justizverwaltungen zugewiesen. Auch wenn es sich nicht um Familiensachen handelt, ist stets das Familiengericht zuständig (§ 2 Abs. 1 AdwirkG). Das Familiengericht entscheidet im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 5 Abs. 3 Satz 1 AdwirkG).
6746d
Die Frage des Zuständigkeitsverfahrenswertes stellt sich in den Anerkennungsverfahren nach dem AdwirkG deshalb nicht. Nach § 23a Abs. 1 GVG ist das Amtsgericht unabhängig vom Wert des Verfahrens ausschließlich zuständig.
6746e
Für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten eine Beschwer nicht erforderlich (arg. e § 61 Abs. 1 FamFG).
6746f Für das Anerkennungsverfahren nach dem AdwirkG fallen im familiengerichtlichen Verfahren Festgebühren als Verfahrensgebühr nach Nr. 1710 Nr. 3 KV FamGKG i.H.v. 240 Euro an. Wenn das Verfahren durch die Zurücknahme des Antrags vor Ablauf des Tages, an dem die Endentscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird, beendet ist, reduziert sich die Gebühr der Nr. 1710 KV FamGKG auf 90 Euro (Nr. 1715 KV FamGKG). Im Beschwerdeverfahren und im Rechtsbeschwerdeverfahren wird nach Nr. 1720 KV FamGKG eine Festgebühr i.H.v. 360 Euro erhoben, die sich unter den Voraussetzungen der Nr. 1721 KV FamGKG auf 90 Euro ermäßigt und sich unter den Voraussetzungen der Nr. 1722 KV FamGKG auf 180 Euro reduziert.
1274
Thiel
Anerkennung auslndischer Entscheidungen nach dem AdwirkG Über § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG sind dann, wenn Festgebühren nach dem FamGKG erhoben werden, die Vorschriften des FamGKG für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren im gerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden. Insoweit ist nicht auf den Inhalt der Entscheidung abzustellen: Anerkennungsverfahren nach dem AdwirkG sind im FamGKG nicht geregelt. Der Gegenstandswert der Anwaltsgebühren ist deshalb nach dem Auffangwert des § 42 Abs. 2, 3 FamGKG, d.h. unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen zu bestimmen.
6746g
Außergerichtliche Tätigkeiten des Rechtsanwalts dürften stets das gerichtliche Verfahren vorbereiten und daher bereits die Gebühren nach den Nrn. 3100 ff. VV RVG auslösen, nicht die der Nr. 2300 VV RVG. In Verfahren, gerichtet auf die Anerkennung von Entscheidungen nach dem AdwirkG ist stets eine gerichtliche Entscheidung erforderlich. Ungeachtet dessen würden hier nach § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG die gleichen Bewertungen gelten.
6746h
B. Beschwer Anerkennungsverfahren nach dem AdwirkG, deren Gegenstand stets nichtvermögensrechtlich ist, können unabhängig von einer Beschwer angefochten werden.
6746i
C. Gebührenverfahrenswert I. Gerichtsgebühren Für das Anerkennungsverfahren nach dem AdwirkG fallen im familiengerichtlichen Verfahren Festgebühren an (Nrn. 1710 Nr. 3 KV FamGKG).
6746j
Eine gerichtliche Wertfestsetzung kommt insoweit nicht in Betracht, weil sich die Gerichtsgebühren in Anerkennungssachen nach dem AdwirkG nicht nach dem Wert des Verfahrens richten.
6746k
II. Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren Da im Anerkennungsverfahren nach dem AdwirkG Festgebühren erhoben werden, ist eine Wertfestsetzung von Amts wegen unzulässig. Der Verfahrensbevollmächtigte ist nach § 33 Abs. 1 RVG berechtigt, die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit in dem gerichtlichen Verfahren zu beantragen, weil es an einem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert fehlt. Das hält Gerichte aber nicht davon ab, unter Verkennung der Tatsache, dass im gerichtlichen Verfahren Festgebühren entstehen, auch ohne Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG eine Wertfestsetzung vorzunehmen.1
6746l
Da im gerichtlichen Anerkennungsverfahren nach dem AdwirkG für nichtvermögensrechtliche Verfahrensgegenstände Festgebühren nach dem FamGKG erhoben werden, sind nach § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG die Wertvorschriften des FamGKG für den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit entsprechend anzuwenden.
6746m
1 OLG Nürnberg, Beschl. v. 28.11.2014 – 7 UF 1084/14; OLG Bremen, Beschl. v. 26.9.2014 – 5 UF 52/14, FamRB 2015, 102 = FamRZ 2015, 425; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.6.2014 – 1 UF 1/14, NZFam 2015, 46.
Thiel
1275
FamFG
Anerkennung auslndischer Entscheidungen nach dem AdwirkG 6746n
Eine besondere Wertvorschrift für Anerkennungsverfahren existiert nicht.
6746o
Demgemäß kommt eine Bewertung nur entsprechend der Auffangvorschrift des § 42 Abs. 2, 3 FamGKG in Betracht. Die Auffangnorm des § 42 FamGKG ist immer dann anzuwenden, wenn sich für die zu bewertende Angelegenheit eine besondere oder andere allgemeine Wertvorschrift aus dem FamGKG nicht herleiten lässt: Anerkennungsverfahren sind im FamGKG nicht geregelt. Die Abgeschlossenheit des FamGKG verbietet Analogien, zumal durch die Regelung des Auffangwerts eine Regelungslücke nicht angenommen werden kann.
6746p
Betroffen sind stets nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten, so dass § 42 Abs. 2 oder § 42 Abs. 3 FamGKG zur Bemessung des Verfahrenswertes einschlägig sind.
6746q
Nach § 42 Abs. 2 FamGKG ist der Wert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere – des Umfangs der Sache, – der Bedeutung der Sache, – der Vermögensverhältnisse der Beteiligten, – der Einkommensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen zu bestimmen. Eine Orientierung an den jeweiligen besonderen Wertvorschriften ist zur Ausfüllung des billigen Ermessens zulässig.
6746r Ergeben sich im Verfahren keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bewertung nach Billigkeit i.S.d. § 42 Abs. 2 FamGKG, so ist auf den „Auffanghilfswert“ des § 42 Abs. 3 GKG zurückzugreifen, der für vermögensrechtliche und nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten gilt und 5000 Euro1 beträgt. Ohne Begründung und ohne Darstellung der Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 FamGKG setzen Gerichte den Gegenstandswert nach § 42 Abs. 3 FamGKG auf 5000 Euro fest, stellen also ohne Prüfung auf den Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG ab.2 6746s Zwingend und sachgerecht ist es aber, die Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 FamGKG zu überprüfen und demgemäß festzustellen. Gerade Adoptionsverfahren sind regelmäßig von gehobenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen geprägt, die auch in dem Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren ihren Niederschlag finden sollten. Der Anwalt sollte deshalb im Rahmen seines Wertfestsetzungsantrags an das Gericht nach § 33 Abs. 1 RVG Angaben zu den Verhältnissen der Beteiligten machen, die dem Gericht eine Bemessung nach § 42 Abs. 2 FamGKG ermöglichen. 6746t Bei der Festsetzung ist stets zu berücksichtigen, dass der Wert des Verfahrens den Betrag von 500 000 Euro nicht übersteigen darf (§ 42 Abs. 2 FamGKG).
III. Beschwerde 6746u
Im Beschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, entsprechend § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als in erster Instanz (§ 40 Abs. 2 FamGKG).
1 Von 3000 Euro auf 5000 Euro erhöht durch das 2. KostRMoG v. 23.7.2013, BGBl. I. S. 2586, in Kraft getreten am 1.8.2013. 2 OLG Jena, Beschl. v. 19.11.2014 – 4 UF 543/13; OLG Bremen, Beschl. v. 26.9.2014 – 5 UF 52/14, NJW-RR 2014, 1411 = FamRB 2015, 102; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.6.2014 – 1 UF 1/14, NZFam 2015, 46.
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Thiel
Anpassung wegen Invaliditt/Tod/Unterhalt
IV. Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde Ist Gegenstand des Verfahrens ein Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde, ist für die Bewertung des Verfahrens der Wert des beabsichtigten Rechtsbeschwerdeverfahrens maßgebend, entsprechend § 40 Abs. 3 FamGKG.
6746v
V. Rechtsbeschwerde Im Rechtsbeschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, entsprechend § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als der Wert in erster Instanz (entsprechend § 40 Abs. 2 FamGKG).
6746w
Einstweilen frei.
6747
Annahme als Kind Siehe das Stichwort „Adoptionssachen“.
Anordnungen nach PsychKG Siehe die Stichwörter „Unterbringungssachen Minderjähriger“, Rn. 8348 ff., „Unterbringungssachen Volljähriger“, Rn. 8377 ff. und „Kindschaftssachen“, Rn. 7942 ff.
Anpassung wegen Invaliditt/Tod/Unterhalt Anpassungsverfahren wegen Invalidität (§§ 35, 36 VersAusglG) und wegen Todes (§§ 37, 38 VersAusglG) sind keine Familiensachen. Die Anpassung ist gegenüber dem Versorgungsträger im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens geltend zu machen. Der Versorgungsträger entscheidet durch Verwaltungsakt. Wird der Verwaltungsakt angefochten, sind die Fachgerichte zuständig. Das sind bei einer Verordnung nach – § 32 Nr. 1 VersAusglG die Sozialgerichte, – § 32 Nr. 2 VersAusglG die Verwaltungsgerichte, – § 32 Nr. 3 VersAusglG diejenigen Gerichte, die gemäß der Satzung der berufsständischen Versorgung bestimmt sind, – § 32 Nr. 4 VersAusglG die Sozialgerichte, – § 32 Nr. 5 VersAusglG die Verwaltungsgerichte.
6747a
Anpassungsverfahren wegen Unterhalt (§§ 33, 34 VersAusglG) sind Versorgungsausgleichssachen nach § 217 FamFG und Familiensachen nach § 111 Nr. 7 FamFG. Ihre Bewertung richtet sich deshalb nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 FamGKG.
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Siehe das Stichwort „Versorgungsausgleichssachen“.
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Thiel
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FamFG
Antrag und Widerantrag
Antrag und Widerantrag 6747d
Die Werte von Antrag- und Widerantrag werden nach § 39 Abs. 1 Satz 1 FamGKG grundsätzlich zusammengerechnet, wenn die Ansprüche wirtschaftlich nicht denselben Gegenstand betreffen. Ist derselbe Gegenstand betroffen, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend (§ 39 Abs. 1 Satz 3 FamGKG).
6747e
Zweck der Vorschrift des § 39 Abs. 1 FamGKG ist es, den Gebührenverfahrenswert niedrig zu halten, wenn die gemeinschaftliche Behandlung von Antrag und Widerantrag die Arbeit des Gerichts vereinfacht.1
6747f Wirtschaftliche Identität von Antrag- und Widerantrag soll nach der vom Reichsgericht entwickelten und von der Rechtsprechung auch weiterhin zugrunde gelegten „Identitätsformel“ vorliegen, wenn die Ansprüche aus Antrag- und Widerantrag nicht in der Weise nebeneinander stehen können, dass das Gericht unter Umständen beiden stattgeben kann: Die antragsgemäße Bescheidung des einen Antrags führt notwendigerweise zur Zurückweisung des anderen Antrags.2 Dieser Grundsatz kann, muss aber nicht zur richtigen Beantwortung der Frage führen, ob derselbe Verfahrensgegenstand betroffen ist oder mehrere Verfahrensgegenstände vorliegen. Es hat deshalb stets eine individuelle Prüfung zu erfolgen, welches Ziel Antragsteller und Antragsgegner mit den wechselseitig gestellten Anträgen verfolgen möchten. 6747g
§ 39 FamGKG entspricht inhaltlich der Vorschrift des § 45 GKG, so dass auch auf das Stichwort „Klage und Widerklage“, Rn. 3294 ff. im ZPO-Teil und im Übrigen auf das Stichwort „Abänderung“, Rn. 910 im ZPO-Teil Bezug genommen wird.
Antragshufung Siehe die Stichwörter „Mehrere Ansprüche (Antragshäufung)“, Rn. 7979 ff. und „Mehrere Ansprüche (Klagehäufung)“ im ZPO-Teil Rn. 3638 ff.
Anwendung auslndischen Rechts in Ehesachen Siehe die Stichwörter „Auslandsbezug“, Rn. 6961 ff. und „Ehesachen“, Rn. 7246.
Arrest Literatur: N. Schneider, Die Verfahrenswerte nach dem FamGKG, AnwBl. 2009, 777 ff.; N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 437, 1022.; N. Schneider, Festsetzung des Verfahrenswerts nach dem FamGKG, ZAP, Fach 24, 1163; Thiel, Der neue Auffangtatbestand § 42 FamGKG, FRR 2010, 319; Witte, Die Wertvorschriften im einstweiligen Anordnungsverfahren, FPR 2010, 316; Fischinger, Die Neuregelung des vorzeitigen Zugewinnausgleichs, FamRZ 2009, 1718; N. Schneider, Verfahrenswerte im Zugewinnverfahren, NZFam 2015, 497; Schneider/Thiel, Fälle und Lösungen zur Abrechnung in Familiensachen, § 12 Rn. 1 ff.
1 E. Schneider, MDR 1977, 177 (180). 2 BGHZ 43, 31; BGH, Beschl. v. 27.2.2003 – III ZR 115/02, NJW-RR 2003, 713; OLG Celle, Beschl. v. 25.10.2010 – 10 WF 313/10, AGS 2010, 614 = FamRZ 2011, 134.
1278
Thiel
Arrest Gliederungsübersicht Rn. A. Allgemeines I. Betroffene Verfahren . . . . . . . . . . 6748 II. Die Bewertungen . . . . . . . . . . . . 6753 B. Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6758 C. I. II. 1.
Gebührenverfahrenswert Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6760 Auffangwert Keine besonderen Wertvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6768
Rn. 2. Bewertung nach billigem Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Billigkeitskriterien . . . . . . . . . . 4. Höchstgrenze . . . . . . . . . . . . . . 5. Zeitpunkt der Wertberechnung . III. Beschwerde. . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . V. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . .
. . . . .
6771 6775 6779 6780 6782
. 6783 . 6784
A. Allgemeines I. Betroffene Verfahren Verfahrensrechtliche Bestimmungen ergeben sich für den Arrest unmittelbar aus dem FamFG nicht. § 119 Abs. 2 Satz 1 FamFG bestimmt aber, dass das Gericht in Familienstreitsachen den Arrest anordnen kann. Über § 119 Abs. 2 Satz 2 FamFG gelten in Arrestverfahren die Vorschriften der ZPO (§§ 916 bis 934 und 943 bis 945 ZPO).
6748
Der Arrest kann in folgenden Verfahren angeordnet werden: – in Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 FamFG, – in Güterrechtssachen nach § 261 Abs. 1 FamFG, – in sonstigen Familiensachen nach § 266 Abs. 1 FamFG und – in den jeweils entsprechenden Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 FamFG.
6749
Der Arrest dient der Sicherung der Vollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen wegen einer Geldforderung oder eines Anspruchs, der in eine Geldforderung übergehen kann (§ 916 Abs. 1 ZPO). Er findet auch zur Sicherung künftiger Ansprüche statt (Unterhalts- und Zugewinnausgleichsansprüche).
6750
Ob künftige Zugewinnausgleichsansprüche unmittelbar durch einen Arrest gesi- 6751 chert werden können, war bis zum Inkrafttreten durch das Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 6.7.20091 strittig. Der Streit dürfte dadurch beendet worden sein, dass § 1389 BGB, wonach Sicherheitsleistung bei der Geltendmachung eines vorzeitigen Zugewinns beansprucht werden konnte, aufgehoben2 worden und eine unmittelbare Sicherung durch Arrest jetzt eindeutig zulässig ist: Der Zugewinnausgleichsanspruch kann, sobald er im Verbund mit der Scheidung oder isoliert vorzeitig geltend gemacht wird, durch Arrest gesichert werden.3 Die Frage, ob ein Arrestverfahren überhaupt Familiensache sein kann, ist im Sinne einer einheitlichen Behandlung von Arrest und Hauptsache zu bejahen. Abgelehnt wird die Einordnung als Familiensache mit der Begründung, dass der Arrest als solcher nicht Verfahrensgegenstand sein könne.4 Überwiegend aber wird die
1 BGBl. I, S. 1696. 2 BT-Drucks. 635/08, S. 41. 3 OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.8.2010 – 15 WF 246/10, AGS 2010, 556; Fischinger, FamRZ 2009, 1718. 4 OLG Hamm, Beschl. v. 31.10.1977 – 1 UF 294/77, FamRZ 1978, 128 = NJW 1978, 57.
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FamFG
Arrest Ansicht vertreten, dass es für die Beantwortung der Frage, ob ein Arrestverfahren Familiensache sein kann oder nicht, auf die Rechtsnatur des zu sichernden Anspruchs ankommt. Ein Arrestverfahren ist danach Familiensache, wenn auch das Hauptsacheverfahren Familiensache wäre.1 Maßgebend ist danach immer der Bezug zur Hauptsache. In Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) ist für die jeweilige Hauptsache das Familiengericht zuständig, so dass es letztendlich auch den Arrest anordnen kann.2 Deshalb sind auch Arrestverfahren, deren Gegenstand in der Hauptsache Familienstreitsachen sind, Familiensachen.
II. Die Bewertungen 6753
Die Frage des Zuständigkeitsverfahrenswertes stellt sich in Familiensachen nicht. Nach § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG ist das Amtsgericht in Familiensachen unabhängig vom Wert des Verfahrens ausschließlich zuständig.
6754
Für die Zulässigkeit der Beschwerde ist der Wert des Beschwerdegegenstands maßgebend (§ 61 Abs. 1 FamFG). Dieser berechnet sich nicht nach dem FamGKG, da dieses nur den Wert für die Gerichtsgebühren regelt.3 Mangels einer Regelung der Beschwer oder des Wertes des Beschwerdegegenstands im FamFG ist auf die §§ 3 ff. ZPO zurückzugreifen (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG).4 Soweit die Auffassung vertreten wird, dass bei Zurückweisung eines Antrags auf Erlass eines Arrests ohne mündliche Verhandlung, die Entscheidung mit der sofortigen Beschwerde nach § 567 ZPO anzugreifen ist5, richtet sich der Wert der Beschwer nach § 567 Abs. 2 ZPO.
6755
Der Wert für die Gerichtsgebühren ergibt sich aus § 42 Abs. 1, 3 FamGKG.
6756
Über § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG ist der für die Gerichtsgebühren geltende Wert auch für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren im gerichtlichen Verfahren maßgeblich.
6757
Dies gilt auch für die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts (§ 23 Abs. 1 Satz 3 RVG), die nicht der Hauptsache, sondern dem Arrest vorausgeht.6
B. Beschwer 6758
Arrestverfahren sind vermögensrechtliche Angelegenheiten. Nach § 61 Abs. 1 FamFG ist die Beschwerde gegen Endentscheidungen daher nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt. Wird § 567 ZPO als einschlägig angesehen, ist die Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. 1 OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.2.1978 – 1 WF 33/78, NJW 1978, 1012 = FamRZ 1978, 350; OLG Schleswig, Beschl. v. 10.2.1978, 8 WF 32/78, SchlHA 1978, 70; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 919 ZPO Rn. 5. 2 BGH, Beschl. v. 10.10.1979 – IV ARZ 52/79, FamRZ 1980, 46 = MDR 1980, 216. 3 Keidel, § 61 FamFG Rn. 9. 4 Kemper/Schreiber, § 61 FamFG Rn. 5; Schneider/Volpert/Fölsch, § 40 Rn. 30 ff. 5 OLG Jena, Beschl. v. 7.5.2014 – 1 UF 235/14; OLG Celle, Beschl. v. 2.4.2013 – 10 UF 334/11, MDR 2013, 661 = AGS 2013, 290; OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.2.2012 – 5 UF 51/12, FamRZ 2012, 1078; OLG Koblenz, Beschl. v. 18.12.2012 – 13 UF 948/12, FamRZ 2013, 1602; KG, Beschl. v. 28.3.2013 – 18 UF 72/13, FamRZ 2014, 148; a.A. OLG München, Beschl. v. 16.11.2010 – 33 UF 1650/10, FamRZ 2011, 746; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 5.8.2010 – 18 UF 100/10, FamRZ 2011, 234 = FamRB 2010, 32. 6 Siehe dazu N. Schneider, Die Verfahrenswerte nach dem FamGKG, AnwBl. 2009, 781; zur vergleichbaren Lage in allgemeinen Zivilsachen s. BGH, Urt. v. 12.3.2009 – IX ZR 10/08, AGS 2009, 261 = MDR 2009, 772.
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Arrest In Familienstreitsachen sind für die Bemessung der Beschwer über § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG die §§ 3 ff. ZPO heranzuziehen. Bei der Berechnung des Beschwerdegegenstands ist in Güterrechts- und sonstigen Familiensachen für die Beschwer die Höhe der zu sichernden Forderung, in der Regel aber ein darunter liegender Wert, maßgeblich, weil es nicht um die Feststellung, sondern um die Sicherung der Forderung geht. Für die Sicherung von Unterhalt als wiederkehrende Leistung ist nach § 9 ZPO für die Beschwer auf den 3 1/2-fachen Wert des einjährigen Bezuges abzustellen, wobei fällige Beträge hinzuzurechnen sind.
6759
C. Gebührenverfahrenswert I. Überblick Eine eigenständige Wertvorschrift für Arrestverfahren ist in das FamGKG nicht eingeführt worden. Aus der Vorbem. 1.4. FamGKG ergibt sich aber, dass der Gesetzgeber Arrestverfahren in die für einstweilige Anordnungen maßgebliche Systematik einbeziehen wollte. Nach Vorbem. 1.4 Satz 1 KV FamGKG werden in Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung und über deren Aufhebung oder Änderung die Gebühren nur einmal erhoben. Dies gilt nach Vorbem. 1.4 Satz 2 FamGKG entsprechend in Arrestverfahren.
6760
Auch nach seiner Begründung will der Gesetzgeber, mit dem Ziel einer Vereinfachung, einstweilige Anordnung und Arrest einheitlich behandeln.1 Sein Vereinheitlichungsbestreben verleitet zu der teilweise bereits gezogenen Schlussfolgerung, die allein für einstweilige Anordnungen maßgebliche Wertvorschrift des § 41 FamGKG entsprechend für die Bewertung von Arrestverfahren heranzuziehen.
6761
Fölsch2 und sich ihm anschließend Witte3 begründen dies mit einer dem Gesetzgeber unterstellten unbewusst planwidrigen Regelungslücke.
6762
Es kommt aber keine analoge Anwendung der allein für einstweilige Anordnungsverfahren maßgeblichen Wertvorschrift des § 41 FamGKG in Betracht nach § 3 ZPO. Zum einen ergibt sich keine, die analoge Anwendung des § 41 FamGKG voraussetzende, Regelungslücke. Zum anderen darf § 3 ZPO deshalb zur Bewertung nicht herangezogen werden, weil die §§ 3 ff. ZPO nur unter den Voraussetzungen des § 2 ZPO gelten, die dann, wenn es um den Verfahrenswert für Familiensachen geht, nicht gegeben sein können.
6763
Der Gesetzgeber hat ein einheitliches Gerichtskostengesetz für Familiensachen eingeführt und in § 1 Abs. 1 Satz 1 FamGKG geregelt, dass Kosten (Gebühren und Auslagen) nur nach diesem Gesetz erhoben werden. Ist ein familiengerichtliches Arrestverfahren zu bewerten, sind deshalb allein die Vorschriften des in sich geschlossenen FamGKG maßgebend.
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Deshalb ist auch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber im Allgemeinen Teil des FamGKG mit § 41 FamGKG allein einstweilige Anordnungsverfahren bemessen wollte. Ihm ist auch das Bewusstsein zu unterstellen, dass er eine eigenständige Regelung für Arrestverfahren nicht vergessen, vielmehr die scheinbare Lücke intendiert hat, zumal er auch das Inkrafttreten des 2. KostRMoG nicht zum An-
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1 BT-Drucks. 16/6308, S. 314. 2 Schneider/Volpert/Fölsch, § 41 Rn. 6 ff. 3 Witte, Die Wertvorschriften im einstweiligen Anordnungsverfahren, FPR 2010, 316.
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Arrest lass genommen hat, eine Klarstellung zu formulieren. Von einer Regelungslücke kann bereits deshalb nicht ausgegangen werden, weil das FamGKG stets regelt, wenn die Kostenvorschriften für einstweilige Anordnungsverfahren auch für Arrestverfahren gelten sollen (Vorbem. 1.4 Satz 1, Überschrift zu Teil 1 des Hauptabschnitts 4 Abs. 2 FamGKG KV). Unterstellt werden kann dem Gesetzgeber auch, dass er den Arrest, der grundsätzlich nur in Familienstreitsachen in Betracht kommt, im Sinne der beabsichtigten Vereinheitlichung von Arrestverfahren nicht anders bewertet wissen wollte, als es für Zivilsachen nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO der Fall ist. In Zivilsachen wird der Arrest nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung billigen Ermessens bestimmt. Auch in Verfahren über einen Antrag auf Anordnung, Abänderung oder Aufhebung des Arrests in Familiensachen ist der Wert daher nach billigem Ermessen zu bestimmen.1 Als Bewertungsvorschrift für den Arrest kommt deshalb allein der im FamGKG vorgesehene Auffangwert des § 42 Abs. 1, 3 FamGKG in Betracht. § 42 FamGKG ist nämlich immer dann einschlägig, wenn sich der Verfahrenswert aus den Vorschriften des Gesetzes im Übrigen nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht: Dann ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.2 Dass der Gesetzgeber den Arrest mit dem Auffangwert des § 42 FamGKG bewertet wissen wollte, ergibt sich auch aus seiner Begründung zu § 42 FamGKG.3
6767
§ 42 Abs. 1 FamGKG ermöglicht eine unmittelbare Bemessung von Arrestverfahren und vereinheitlicht neben den Verfahrensordnungen auch ihre Bewertung. Zuzugeben ist Fölsch4 insoweit, dass auch er es jedenfalls für vertretbar hält, für Arrestverfahren auf § 42 Abs. 1 FamGKG zurückzugreifen, um ihn im Lichte des § 41 FamGKG auszulegen. Das OLG Brandenburg5, das OLG München6 und das OLG Celle7 haben sich der Auffassung, dass Arrestverfahren in Familiensachen nach § 42 Abs. 1, 3 FamGKG zu bemessen sind, mit zutreffender Begründung angeschlossen.
FamFG
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II. Auffangwert 1. Keine besonderen Wertvorschriften 6768
Eine Bewertung von Arrestverfahren kommt nur nach der Auffangvorschrift des § 42 FamGKG in Betracht.8 Die Auffangnorm des § 42 FamGKG ist dann anzuwenden, wenn sich für die zu bewertende Familiensache eine besondere oder andere allgemeine Wertvorschrift aus dem FamGKG im Übrigen nicht ergibt.
6769
§ 42 Abs. 1 FamGKG regelt die Bestimmung des Verfahrenswertes in vermögensrechtlichen Angelegenheiten. § 42 Abs. 2 FamGKG ist wertbestimmend für nichtvermögensrechtliche Verfahrensgegenstände. Arrestverfahren sind stets ver-
1 FA-FamR/Keske, 17. Kap. Rn. 75. 2 N. Schneider, Die Verfahrenswerte nach dem FamGKG, AnwBl. 2009, S. 781; Schneider/ Volpert/Fölsch/Thiel, § 42 Rn. 70. 3 BT-Drucks. 16/6308, S. 305. 4 Schneider/Volpert/Fölsch, § 41 Rn. 6 ff. 5 OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.8.2010 – 15 WF 246/10, AGS 2010, 555 m. Anm. N. Schneider = FamRZ 2011, 759. 6 OLG München, Beschl. v. 16.11.2010 – 33 UF 1650/10, FamRZ 2011, 746. 7 OLG Celle, Beschl. v. 7.10.2010 – 10 WF 316/10, AGS 2010, 555 mit Anm. N. Schneider = NJW-Spezial 2010, 699. 8 Prütting/Helms/Klüsener, § 42 FamGKG Rn. 15; Schneider/Volpert/Fölsch/Thiel, § 42 FamGKG Rn. 94 ff. und Verfahrenswert-ABC Rn. 46 ff.
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Arrest mögensrechtliche Angelegenheiten, so dass § 42 Abs. 1 FamGKG zur Bemessung des Verfahrenswertes einschlägig ist. Eine Bewertung nach § 42 Abs. 3 FamGKG, der für vermögensrechtliche und nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten gilt, dürfte in Arrestverfahren in der Praxis regelmäßig ausscheiden. Geht es um die Sicherung einer Geldforderung, dann liegen auch zwangsläufig immer Anhaltspunkte für eine Bestimmung nach billigem Ermessen, insbesondere die Höhe des Wertes der zu sichernden Forderung, vor. Auf § 42 Abs. 3 FamGKG ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten aber nur dann zurückzugreifen, wenn keine genügenden Anhaltspunkte gem. § 42 Abs. 1 FamGKG gegeben sind. Sind Anhaltspunkte ausnahmsweise nicht gegeben, so richtet sich die Wertfestsetzung nach der Folge, dass das Arrestverfahren mit 5000 Euro zu bewerten wäre.
6770
2. Bewertung nach billigem Ermessen Nach § 42 Abs. 1 FamGKG ist der Wert nach billigem Ermessen zu bestimmen. Billiges Ermessen will eine unter objektiven Kriterien ermittelte Angemessenheit zum Ausdruck bringen und erreichen.1
6771
In Familiensachen kommt der Arrest insbesondere zur Sicherung von Zugewinnausgleichsforderungen und zur Sicherung von Unterhaltsrückständen in Betracht. Künftiger nachehelicher Unterhalt kann ausnahmsweise durch Arrest gesichert werden, wenn der Scheidungsantrag rechtshängig ist.2
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Maßgeblich für eine Wertfestsetzung nach billigem Ermessen ist beim Arrest das Interesse des Beteiligten an der Sicherung der in Streit stehenden Forderung, nicht ihre Feststellung. Ausgangspunkt für die Bewertung ist zunächst der Wert der Hauptsache. Ausgehend davon ist beim Arrest dann eine etwaige Ermäßigung nach Billigkeit vorzunehmen, wobei auch eine Festsetzung mit dem Hauptsachewert grundsätzlich in Betracht kommt. Das OLG München3 und das OLG Brandenburg4 nehmen in der Regel ein Drittel des Betrags des zu sichernden Anspruchs an.
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Das OLG Frankfurt5 geht mit guter Begründung, die auch für Familienstreitsachen als Arrestverfahren relevant ist, im Einzelfall vom vollen Wert der zu sichernden Forderung aus: „Zwar ist der Streitwert im Arrestverfahren im Regelfall niedriger anzusetzen als die Hauptsacheforderung. Allerdings kann in Ausnahmefällen der Streitwert durchaus die Höhe der Hauptsacheforderung erreichen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn ein gesteigertes Interesse des Antragstellers an der Sicherung seiner Forderung gegeben ist.6 Die Arrestbeklagten hatten unstreitig die eidesstattliche Versicherung abgegeben und andere Gläubiger konnten ihre Forderungen nicht in gleicher Weise durch einen Arrest vorläufig sichern, wie es dem Arrestkläger gelungen ist. In einem solchen Fall ist ausnahmsweise der Streitwert des Arrestverfahrens in der Höhe anzusetzen, in der der Arrestkläger Sicherung begehrt hat.“
6774
3. Billigkeitskriterien Kriterien, die das Interesse an der zu sichernden Forderung als besonders hoch erscheinen lassen, können Folgende sein: 1 2 3 4 5 6
Thiel, Auffangtatbestand des § 42 FamGKG, FPR 2010, 319. OLG Hamm, Beschl. v. 20.6.1995 – 3 UF 51/95, FamRZ 1995, 1427. OLG München, Beschl. v. 16.11.2010 – 33 UF 1650/10, FamRZ 2011, 746. OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.8.2010 – 15 WF 246/10, AGS 2010, 556. OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.2.2004 – 2 W 75/03. BGH, NJW 1991, 639; OLG Köln, OLGR 1999, 336.
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Arrest – es befinden sich Immobilien im Ausland, – die Vereitelung der Vollstreckung hat strafrechtlichen Charakter, – der ausgleichsverpflichtete Ehegatte hat eine falsche Versicherung an Eides statt hinsichtlich seines Endvermögens abgegeben, – wesentliche Vermögensteile wurden verschwiegen, – der unterhaltsverpflichtete Kindesvater ist bereits mehrfach wegen Verletzung der Unterhaltspflicht in Erscheinung getreten, – der Arrest führt zur Befriedigung. Es ist auch davon auszugehen, dass eine Erhöhung des Wertes für das Arrestverfahren über den „Regelverfahrenswert“ eines Drittels bis hin zum halben Wert, ausnahmsweise bis zum vollen Wert der Hauptsacheforderung in Betracht kommen kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn anderenfalls die Vollstreckung ganz vereitelt würde.1 Davon ist auch dann auszugehen, wenn der Arrest zur Befriedigung führt2 und das Hauptsacheverfahren entbehrlich macht.
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Überwiegend aber nehmen die Gerichte Abschläge von dem Wert der Hauptsache vor, weil der Arrest nur sichert.3 Nach dem OLG Köln4 könne beispielsweise der Gebührenstreitwert eines Unterhaltsverfahrens auf den Jahreswert begrenzt sein. Dieser Wert sei dann aber für einen Unterhaltsarrest nicht anzusetzen, sondern je nach Bedeutung der Sicherung mit einem Bruchteil davon, nämlich mit 50 %, zu bemessen. Demgegenüber gehen das OLG Düsseldorf5 und das OLG Karlsruhe6 zwar ebenfalls von einer Begrenzung beim Unterhaltsarrest auf den Jahreswert aus, allerdings zutreffend dann ohne „weiteren Abschlag“. Bei der Bewertung des Arrests lassen sich nach der bisher ergangenen Rechtsprechung Bruchteilswerte entnehmen, die zumeist im Bereich von 1/3–1/2 des Hauptsachewerts anzunehmen sind.7
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Das OLG Naumburg8 hat in einem Arrestverfahren, durch den der Zugewinnausgleichsanspruch gesichert werden sollte, den Wert der Hauptsache ohne weitere Begründung auch für das Arrestverfahren angenommen. Den vollen Hauptsachewert hat auch das OLG Hamburg9 berücksichtigt.
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4. Höchstgrenze 6779
Der Wert der Hauptsache begrenzt den Verfahrenswert. Unabhängig davon ist bei der Festsetzung stets zu berücksichtigen, dass der Wert des Verfahrens den Betrag von 30 Mio. Euro nicht übersteigen darf (§ 33 Abs. 2 FamGKG). 5. Zeitpunkt der Wertberechnung
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Für den Zeitpunkt der Wertberechnung ist nach § 34 Satz 1 FamGKG auf den Zeitpunkt der jeweiligen ersten Antragstellung abzustellen. Es sind danach die einzelfallbezogenen Umstände, die zu einer Bewertung nach § 42 Abs. 1 FamGKG
1 LG Weiden, JurBüro 1973, 1084. 2 KG, Beschl. v. 20.12.1996 – 14 W 8213/96, KGR 1997, 240; OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.2.2004 – 2 W 8/04, RVGreport, 2004, 278. 3 OLG Braunschweig, NJW-RR 1996, 256. 4 OLG Köln, Beschl. v. 16.10.2000 – 14 WF 119/00, FamRZ 2001, 342. 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.8.1985 – 3 WF 137/85, FamRZ 1985, 1155. 6 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.10.1997 – 18 WF 71/97 = OLGR 1998, 386. 7 Zöller/Feskorn, FamFG Anhang „Arrest“. 8 OLG Naumburg, Besch. v. 30.1.2008 – 8 WF 4/08, FamRZ 2008, 2202. 9 OLG Hamburg, Beschl. v. 9.10.2001 – 2 UF 61/01, FPR 2002, 561.
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Auffangwert führen, bezogen auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung zu ermitteln und festzustellen. Während dies, bezogen auf die Vermögens- und Einkommensverhältnisse möglich erscheint, ergeben sich Bedenken, soweit z.B. der Umfang des Verfahrens bei der Wertfestsetzung eine Rolle spielt und sich auch objektive Umstände erst im Verlaufe des Verfahrens offenbaren. Diese können dann im Einzelfall erst mit dessen Beendigung festgestellt und in Relation gesetzt werden, sodass im Rahmen der endgültigen Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 3 FamGKG noch Veränderungen vorzunehmen sein dürften und insoweit jedenfalls der Zeitpunkt der jeweiligen ersten Antragstellung nicht abschließend maßgebend sein kann.1
6781
III. Beschwerde Im Beschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG oder nach der Beschwer, § 40 Abs. 1 Satz 2 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als in erster Instanz (§ 40 Abs. 2 FamGKG).
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IV. Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde Ist Gegenstand des Verfahrens ein Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist für die Bewertung des Verfahrens der Wert des beabsichtigten Rechtsbeschwerdeverfahrens maßgebend, § 40 Abs. 3 FamGKG.
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V. Rechtsbeschwerde Im Rechtsbeschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG oder nach der Beschwer, § 40 Abs. 1 Satz 2 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als in erster Instanz (§ 40 Abs. 2 FamGKG). Siehe ausführlich das Stichwort „Arrest“ im ZPO-Teil, Rn. 1104 ff.
Aufenthaltsbestimmungsrecht Siehe die Stichwörter „Bestimmte Kindschaftssachen“, Rn. 7029 ff., „Elterliche Sorge“, Rn. 7415 ff. und „Kindschaftssachen“, Rn. 7942 ff.
Auffangwert Literatur: Schneider, Festsetzung des Verfahrenswerts eines Stufenantrags bei Erledigung des Verfahrens vor Bezifferung des Leistungsantrags, NZFam 2014, 591; Thiel, Zur Frage der Bewertung eines Verfahrens auf Aufhebung der Zugewinngemeinschaft, AGS 2014, 568; Schneider/Thiel, Die Bewertung von Auskunftsanspruch und Stufenverfahren in Familiensachen, FPR 2012, 279; Volpert, Die Gerichtskostenvorauszahlungspflicht im familiengerichtlichen Verfahren, FPR 2010, 327; Volpert, Verfahrenswert-Angabe durch den Antrag1 Schneider/Volpert/Fölsch, § 34 Rn. 26 ff.
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Auffangwert steller in Familiensachen (§ 53 FamGKG), FPR 2010, 327; Schneider/Thiel, Die Abweichung vom Regelverfahrenswert, FPR 2010, 323; Thiel, Der neue Auffangtatbestand des § 42 FamGKG, FPR 2010, 319; N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 1023 ff.; N. Schneider, Die Verfahrenswerte nach dem FamGKG, AnwBl. 2009, 777; Krause, Die Verfahrenswerte nach dem FamGKG, FamRB 2009, 321. Gliederungsübersicht Rn.
FamFG
A. I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. II.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . Betroffene Verfahren . . . . . . . Kindschaftssachen . . . . . . . . Adoptionssachen. . . . . . . . . . Versorgungsausgleichssachen Unterhaltssachen . . . . . . . . . Güterrechtssachen . . . . . . . . Ehewohnungssachen. . . . . . . Gewaltschutzsachen . . . . . . . Sonstige Familiensachen . . . . Lebenspartnerschaftssachen . Die Bewertungen . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
6785 6787 6788 6789 6790 6791 6793 6794 6795 6796 6797 6798
B. Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6804 C. Gebührenverfahrenswert I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vermögensrechtliche Angelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten . . . . . . . . . . . 3. Hilfswert für vermögens- und nichtvermögensrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wertgrenze . . . . . . . . . . . . . . . II. Prüfungsreihenfolge 1. Anderweitige Verfahrenswertbestimmung . . . . . . . . . . . . . .
. . 6805 . . 6806 . . 6807
. . 6808 . . 6809
Rn. 2. Abgrenzung der vermögensrechtlichen zur nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit . . . . . . . . . a) Vermögensrechtliche Angelegenheit . . . . . . . . . . . . . . . b) Nichtvermögensrechtliche Angelegenheit . . . . . . . . . . . . 3. Billiges Ermessen a) Vermögensrechtliche Angelegenheiten . . . . . . . . . . . . . b) Nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten . . . . . . . . . . 4. Auffanghilfswert . . . . . . . . . . . . III. Zeitpunkt der Wertberechnung . . IV. Zusammentreffen von vermögens- und nichtvermögensrechtlichen Verfahrensgegenständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Wertbegrenzung . . . . . . . . . . . . . VI. Beschwerde. . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . IX. Einstweilige Anordnung . . . . . . . X. Arrestverfahren . . . . . . . . . . . . . XI. Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . .
6813 6814 6816
6818 6822 6825 6830
6834 6835 6837 6838 6839 6840 6841 6847
. . 6810
A. Allgemeines 6785
Mit dem Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes hat der Gesetzgeber die Kosten und Wertansätze in familiengerichtlichen Verfahren vereinheitlicht. Das Nebeneinander von Vorschriften aus dem GKG, der ZPO, der KostO a.F. und dem RVG hat er aufgegeben. Zur Bewertung familienrechtlicher Verfahren sind seit Inkrafttreten des FGG-ReformG ausschließlich die Vorschriften der §§ 33 bis 52 FamGKG maßgebend.
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Die absolute Geltung des FamGKG für alle familiengerichtlichen Verfahren erfordert eine Auffangvorschrift. Es ist anderenfalls unmöglich, jeden Einzelfall durch allgemeine oder besondere Wertvorschriften zu erfassen. Deshalb sind Verfahren, für die sich ein Wert aus den übrigen Vorschriften des FamGKG nicht ergibt, mit dem Auffangwert des § 42 FamGKG zu bemessen.
I. Betroffene Verfahren 6787
Eine Bewertung nach § 42 FamGKG kommt nur für Familiensachen nach § 111 Nr. 2, 4, 8–11 FamFG in Betracht. 1286
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Auffangwert 1. Kindschaftssachen Für „bestimmte Kindschaftssachen“ und „übrige Kindschaftssachen“ sind zwar besondere Wertvorschriften in den §§ 45, 46 FamGKG normiert. Sie erfassen aber nicht alle Kindschaftssachen (§ 151 FamFG), so dass ein Teil der nichtvermögensrechtlichen Kindschaftssachen nach § 42 Abs. 2, 3 FamGKG zu bewerten ist. Zu nennen sind beispielhaft: – die, die religiöse Kindererziehung betreffenden Maßnahmen nach § 1801 BGB (§§ 2, 3, 7 Gesetz über die religiöse Kindererziehung), – die Ersetzung der Zustimmung zu der Sorgeerklärung eines beschränkt geschäftsfähigen Elternteils nach § 1626c Abs. 2 Satz 1 BGB, – die Ersetzung der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zur Bestätigung der Ehe nach § 1315 Abs. 1 Satz 3 BGB, – Entscheidungen über die Auskunft der persönlichen Verhältnisse des Kindes nach § 1686 BGB etc.
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Insoweit zu diesen Kindschaftssachen bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters1 auch Verfahren zur Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes nach § 1686 BGB gehörten, ergibt sich nunmehr eine Bewertung dieser Verfahren (§§ 1686, 1686a Abs. 1 Nr. 2 BGB) unmittelbar aus § 45 Abs. 1 Nr. 3 FamGKG. 2. Adoptionssachen Für Adoptionssachen (§ 186 FamFG) gibt es keine besondere Wertvorschrift. Es ist deshalb in Verfahren, die – die Annahme als Kind (§ 186 Nr. 1 FamFG), – die Ersetzung der Einwilligung zur Annahme als Kind (§ 186 Nr. 2 FamFG), – die Aufhebung des Annahmeverhältnisses (§ 186 Nr. 3 FamFG), – die Befreiung vom Eheverbot des § 1308 Abs. 1 BGB (§ 186 Nr. 4 FamFG), betreffen,
6789
mit dem Auffangwert zu bemessen 3. Versorgungsausgleichssachen Für Versorgungsausgleichssachen (§ 217 FamFG) besteht zwar eine besondere Wertvorschrift (§ 50 FamGKG). Allerdings könnte fraglich sein, ob der sich aus § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG ergebende Regelwert auch für die Bewertung von Anpassungsverfahren wegen Unterhalts gilt. Verfahrensgegenstand ist weder der Ausgleich oder die Abänderung von Anrechten noch der Unterhaltsanspruch selbst, sondern die Aussetzung der Kürzung der Versorgung der ausgleichspflichtigen Person. Das nimmt das OLG Karlsruhe mit an sich überzeugender Begründung zum Anlass, diese Verfahren mit dem Auffangwert des § 42 FamGKG unter Einbeziehung der Wertung des § 51 FamGKG gegenüber Versorgungsausgleichssachen höher zu bewerten.2 Es begründet seine Auffassung insbesondere damit, dass das Gericht in diesen Verfahren prioritär einen Unterhaltsanspruch und nicht den Versorgungsausgleich zu prüfen hat.3 Dogmatisch ist diese Auffassung aber deshalb abzulehnen und auch in Anpassungsverfahren wegen Unterhalts nach
1 Gesetz v. 4.7.2013, BGBl. I S. 2176, in Kraft getreten am 13.7.2013. 2 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.2.2014 – 18 WF 8/14, FamRZ 2014, 1805. 3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.2.2014 – 18 WF 8/14, FamRZ 2014, 1805.
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Auffangwert § 50 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 FamGKG zu bewerten, weil es sich um Versorgungsausgleichssachen i.S.d. § 217 FamFG handelt.1 4. Unterhaltssachen Wird Unterhalt nach § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht als bezifferte Geldforderung geltend gemacht, ist für die Bewertung der Unterhaltssache (§ 231 Abs. 1 FamFG) nicht § 35 FamGKG, sondern § 42 Abs. 1, 3 FamGKG einschlägig. § 51 FamGKG bleibt daneben wiederum entsprechend anwendbar.
6792
Auch dann, wenn der Unterhalt nicht beziffert, sondern dynamisiert (§ 1612a BGB) als bestimmter Prozentsatz geltend gemacht wird, ist nicht § 35 FamGKG, sondern § 42 Abs. 1, 3 FamGKG für die Bemessung des Verfahrenswertes heranzuziehen. In diesem Fall bleibt § 51 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 FamGKG daneben wiederum anwendbar, wonach abweichend von § 51 Abs. 1 Satz 1 FamGKG der Monatsbetrag des zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags geltenden Mindestunterhalts nach der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Altersstufe zugrunde zu legen ist. In Unterhaltssachen ist § 42 Abs. 1, 3 FamGKG auch dann anzuwenden, wenn ein Beteiligter ein Stufenverfahren eingeleitet hat und die Auskunfts- oder eidesstattliche Versicherungsstufe isoliert zu bewerten ist. Dies gilt auch dann, wenn es nicht mehr zur Bezifferung des Leistungsantrags kommt.2
FamFG
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5. Güterrechtssachen 6793
§ 52 FamGKG regelt nur, unter welchen Voraussetzungen in einer bestimmten Verfahrenskonstellation eine Zusammenrechnung der Werte zu erfolgen hat.3 Zur Bewertung von Güterrechtssachen, die nicht auf eine Geldforderung gerichtet sind, und für die daher nicht § 35 FamGKG gilt, ist deshalb auch § 42 Abs. 1, 3 FamGKG heranzuziehen, z.B. in Verfahren, die – den Anspruch auf vorzeitigen Zugewinnausgleich gem. §§ 1386, 1385 BGB, – die Stundung der Ausgleichsforderung gem. § 1382 Abs. 1 BGB, – die Übertragung von Vermögensgegenständen gem. § 1383 BGB, – einen Antrag auf Sicherheitsleistung für eine gestundete Forderung nach § 1382 Abs. 3 BGB betreffen. 6. Ehewohnungssachen
6794
§ 48 Abs. 1 FamGKG und gerade nicht § 42 Abs. 1 FamGKG ist anwendbar, wenn in Ehewohnungssachen Nutzungsentschädigung als wiederkehrende Leistung während der Zeit der Trennung (§ 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB) geltend gemacht wird.4 Anders liegt der Fall aber bei der Geltendmachung einer Nutzungsentschädigung nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses, die allein auf § 745 Abs. 2 BGB als Anspruchsgrundlage beruht. In diesem Fall ergibt sich eine Bewertung nach § 42 Abs. 1, 3 FamGKG.5 Siehe ausführlich das Stichwort „Ehewohnungssachen“.
1 2 3 4 5
OLG Dresden, Beschl. v. 15.12.2014 – 20 UF 869/14, NJW 2015, 887. OLG Jena, Beschl. v. 27.1.2014 – 3 WF 731/13, AGS 2013, 338. Schneider/Volpert/Fölsch, § 52 Rn. 3. A.A. OLG Bamberg, Beschl. v. 10.2.2011 – 2 UF 289/10. OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.5.2013 – 6 UF 373/11, FamRZ 2014, 1732 = FamRB 2013, 360.
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Auffangwert 7. Gewaltschutzsachen § 49 Abs. 1 FamGKG ist anstelle des § 42 Abs. 1, 3 FamGKG anwendbar, wenn in Gewaltschutzsachen Nutzungsentschädigung als wiederkehrende Leistung (§ 2 Abs. 5 GewSchG) geltend gemacht wird. Siehe ausführlich das Stichwort „Gewaltschutzsachen“.
6795
8. Sonstige Familiensachen Die sonstigen Familiensachen (§ 266 Abs. 1 FamFG), für die eine Bewertung nach § 35 FamGKG nicht in Betracht kommt, dürften überwiegend nach § 42 FamGKG zu bewerten sein: – Ansprüche auf Mitwirkung an der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung gem. § 1353 Abs. 1 BGB, – Ansprüche auf Zustimmung zum steuerlichen Realsplitting gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG, – Ansprüche auf Übertragung des Schadensfreiheitsrabatts etc.
6796
9. Lebenspartnerschaftssachen Über § 5 FamGKG sind in Lebenspartnerschaftssachen (§ 269 FamFG) die Kostenregelungen der entsprechenden Familiensachen anzuwenden.
6797
II. Die Bewertungen Die Frage des Zuständigkeitsverfahrenswertes stellt sich in Familiensachen, die mit dem Auffangwert zu bemessen sind, nicht. Nach § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG ist das Amtsgericht in Familiensachen unabhängig vom Wert des Verfahrens ausschließlich zuständig.
6798
Für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist der Wert des Beschwerdegegenstands maßgebend (§ 61 Abs. 1 FamFG). In nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstands zulässig. Einer Wertfestsetzung bedarf es daher nicht. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten richtet sich die Beschwer in Familienstreitsachen unmittelbar nach den §§ 3 ff. ZPO. In den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist auf die §§ 3 ff. ZPO entsprechend zurückzugreifen.
6799
Der Wert für die Gerichtsgebühren ergibt sich aus – § 42 Abs. 1 FamGKG für eine vermögensrechtliche Angelegenheit, – § 42 Abs. 2 FamGKG für eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit und aus – § 42 Abs. 3 FamGKG, wenn in einer vermögensrechtlichen oder nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bemessung nach § 42 Abs. 1 oder 2 FamGKG vorliegen.
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In Verfahren, für die keine Gerichtsgebühren erhoben werden, richtet sich der Wert für die Anwaltsgebühren nach § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG.
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Über § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG ist der für die Gerichtsgebühren geltende Wert in Verfahren, die mit dem Auffangwert bewertet werden, auch für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren maßgebend.
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Dies gilt auch für die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts (§ 23 Abs. 1 Satz 3 RVG).
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FamFG
Auffangwert
B. Beschwer 6804
In nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten kommt es auf die Beschwer nicht an. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist das Interesse des Verfahrensgegenstands nach §§ 3 ff. ZPO zu bemessen.
C. Gebührenverfahrenswert I. Überblick 6805
§ 42 FamGKG entspricht im Wesentlichen § 30 KostO a.F., die als Auffangnorm in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit galt. § 42 FamGKG unterscheidet in Abs. 1 und Abs. 2 zwischen vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten und sieht außerdem in Abs. 3 einen bezifferten Auffangwert vor für alle Verfahren, in denen selbst für die Bestimmung eines Auffangwertes genügende Anhaltspunkte nicht gegeben sind. 1. Vermögensrechtliche Angelegenheiten
6806
§ 42 Abs. 1 FamGKG gilt für vermögensrechtliche Angelegenheiten und zwar dann, wenn sich der Verfahrenswert aus den übrigen Vorschriften des FamGKG nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht. Dann ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen. 2. Nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten
6807
§ 42 Abs. 2 FamGKG normiert die Voraussetzungen für die Verfahrenswertbemessung in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten und bestimmt, dass die Bemessung des Verfahrenswertes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere – des Umfangs, – der Bedeutung der Sache, – der Vermögensverhältnisse der Beteiligten und – Einkommensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen, zu erfolgen hat. 3. Hilfswert für vermögens- und nichtvermögensrechtliche Ansprüche
6808
§ 42 Abs. 3 FamGKG ist Auffangnorm sowohl für vermögensrechtliche als auch nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten. Danach ist mit 5000 Euro zu bewerten, wenn für eine Bemessung nach § 42 Abs. 1 oder 2 FamGKG keine genügenden Anhaltspunkte bestehen. 4. Wertgrenze
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In nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten ist eine Höchstgrenze von 500 000 Euro vorgesehen (§ 42 Abs. 2 FamGKG), während diese nach § 42 Abs. 1 FamGKG für vermögensrechtliche Angelegenheiten nicht, sondern vielmehr der Grundsatz der allgemeinen Wertvorschrift des § 33 Abs. 2 FamGKG heranzuziehen ist. Danach beträgt die Obergrenze 30 Mio. Euro.
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Auffangwert
II. Prüfungsreihenfolge 1. Anderweitige Verfahrenswertbestimmung Zunächst ist zu fragen, ob sich aus dem FamGKG eine allgemeine oder besondere Wertvorschrift ergibt (Subsidiarität des Auffangwerts), mit der der Verfahrensgegenstand bewertet werden kann.
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Ist Gegenstand des Verfahrens – eine bezifferte Geldforderung (§ 35 FamGKG), auch als wiederkehrende Leistung (§ 51 Abs. 1, 2 FamGKG), – die Genehmigung einer Erklärung oder deren Ersetzung (§ 36 FamGKG), – eine Ehesache (§ 43 FamGKG), – eine Scheidungssache und ihre Folgesachen (§ 44 FamGKG), – eine Kindschaftssache (§§ 45 und 46 FamGKG), – eine Abstammungssache (§ 47 FamGKG), – eine Ehewohnungs- oder Haushaltssache (§ 48 FamGKG), – eine Gewaltschutzsache (§ 49 FamGKG), – eine Versorgungsausgleichssache (§ 50 FamGKG), – eine Unterhaltssache nach § 231 Abs. 1 FamFG (§ 51 Abs. 1 u. 2 FamGKG), – eine Unterhaltssache nach § 231 Abs. 2 FamFG (§ 51 Abs. 3 FamGKG)
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und erfassen die besonderen oder allgemeinen Wertvorschriften den Verfahrensgegenstand, dann ist § 42 FamGKG nicht einschlägig und nach der jeweiligen spezielleren Vorschrift der Verfahrenswert zu ermitteln. Kommt eine anderweitige Bewertung nicht in Betracht, ist der Anwendungsbereich des § 42 FamGKG eröffnet.
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2. Abgrenzung der vermögensrechtlichen zur nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit Dann erfolgt die weitere Unterscheidung, ob die Familiensache vermögensrechtlich (§ 42 Abs. 1 FamGKG) oder nichtvermögensrechtlich (§ 42 Abs. 2 FamGKG) ist.
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a) Vermögensrechtliche Angelegenheit Vermögensrechtlich ist ein Verfahrensgegenstand, wenn ihm ein unmittelbarer wirtschaftlicher Wert zukommt, er auf Geld oder Geldeswert gerichtete Ansprüche betrifft oder der Wahrung wirtschaftlicher Belange dienen kann.
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Beispiel: Der Ehemann nimmt seine Ehefrau beim FamG auf Zustimmung zum steuerlichen Realsplitting in Anspruch. Es handelt sich zwar nicht um einen auf Geld gerichteten Antrag, allerdings dient der Anspruch der Wahrung wirtschaftlicher Belange – Steuererstattung – und ist deshalb vermögensrechtlich und nach § 42 Abs. 1 FamGKG zu bewerten.
b) Nichtvermögensrechtliche Angelegenheit Nichtvermögensrechtlich sind Angelegenheiten, die nicht auf Geld oder Geldeswert gerichtet sind und denen Beziehungen zugrunde liegen, denen kein Vermögenswert beizumessen ist.
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FamFG
Auffangwert 6817
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Beispiel: Der kinderlose Milliardär beabsichtigt, den mittellosen Volljährigen zu adoptieren. Diesem Antrag kommt zwar mittelbar ein wirtschaftlicher Wert zu. Adoptionen dienen aber nicht in erster Linie der Wahrung wirtschaftlicher Belange. Die Volljährigenadoption ist deshalb nichtvermögensrechtlich. Eine besondere Wertvorschrift für Adoptionssachen (§§ 186 ff. FamFG) existiert nicht, so dass sich die Bewertung nach § 42 Abs. 2 und hilfsweise nach § 42 Abs. 3 FamGKG richtet.
3. Billiges Ermessen a) Vermögensrechtliche Angelegenheiten 6818
Vermögensrechtliche Angelegenheiten sind nach billigem Ermessen zu bestimmen.
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Billiges Ermessen i.S.d. § 42 Abs. 1 FamGKG will eine unter objektiven Kriterien ermittelte Angemessenheit erreichen. Da abweichend von § 42 Abs. 2 FamGKG ausdrückliche Grundlagen für die Ermessensausübung in der Vorschrift nicht genannt werden, sind in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit alle objektiven Kriterien1 zu ermitteln, die für einen angemessenen Wertansatz in Betracht kommen.
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Kriterien, die bei der Ausübung des Ermessens von Bedeutung sind, können Folgende sein: – der wirtschaftliche Wert, der sich aus dem Antrag ergibt, – der zeitliche Umfang, den die Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs erfordert, – die Vermögensverhältnisse der Beteiligten, – die Einkommensverhältnisse der Beteiligten, – die wirtschaftliche Stellung der Beteiligten, – die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten, – die Interessen der Beteiligten an der Erfüllung einer Verpflichtung, – der Umfang einer Beteiligung etc.
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Soweit eine Einordnung als vermögensrechtliche Angelegenheit erfolgt, wird der Wert dem Verfahrensgegenstand selbst zu entnehmen sein. Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass der Gesetzgeber die in § 42 Abs. 2 FamGKG genannten Bemessungsgrundlagen in § 42 Abs. 1 FamGKG nicht nochmals benannt hat.
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Beispiel: Die Ehefrau beansprucht von ihrem getrennt lebenden Ehegatten in einem isolierten Verfahren Auskunft über seine Einkommensverhältnisse zur Bezifferung von Zugewinnausgleichsansprüchen. Die Bewertung richtet sich nach § 42 Abs. 1 FamGKG, weil die Auskunft die Bezifferung des (vermögensrechtlichen) Zugewinnausgleichsanspruchs ermöglicht. Unangemessen wäre es, den Wert der Auskunft wie den Zahlungsanspruch selbst zu bemessen. Abschläge sind deshalb auf der Grundlage des eingeräumten billigen Ermessens stets möglich.
b) Nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten 6822
Dagegen sind in § 42 Abs. 2 FamGKG für die Bemessung nichtvermögensrechtlicher Angelegenheiten innerhalb des billigen Ermessens die zu berücksichtigenden Grundlagen ausdrücklich normiert: 1 Prütting/Helms/Klüsener, § 42 FamGKG Rn. 4; Schneider/Volpert/Fölsch/Thiel, § 42 FamGKG, Rn. 20.
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Auffangwert – – – – –
alle Umstände des Einzelfalls, Umfang der Angelegenheit, Bedeutung der Angelegenheit, Vermögensverhältnisse der Beteiligten und Einkommensverhältnisse der Beteiligten.
Darüber hinaus sind aber in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten subjektive und objektive Kriterien bei der billigen Ermessensausübung zu berücksichtigen, weil insoweit regelmäßig ideelle Interessen und die subjektive Bedeutung des Verfahrens auch für den Wert ausschlaggebend sein sollen.
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Das Gericht ist verpflichtet, den Wert eines Verfahrens unter Berücksichtigung auch der Wertung der Beteiligten und den in den Wertvorschriften zum Ausdruck kommenden Grundgedanken und unter Einbeziehung auch verfassungsrechtlicher Grundsätze zu ermitteln.1 Dabei können auch Umstände eine Rolle spielen, die sich aus dem Verfahrensverhalten der Beteiligten und ihren subjektiven Fähigkeiten ergeben: – Kommunikationsproblematik bei ausländischen Beteiligten, – eingeschränkte kognitive Fähigkeiten der Beteiligten, – Ausmaß des Interesses am „positiven“ Verfahrensausgang etc.
6824
4. Auffanghilfswert Erst und nur dann, wenn keine genügenden Anhaltspunkte offenkundig oder nicht zu ermitteln sind, die für eine Bewertung nach § 42 Abs. 1 FamGKG oder § 42 Abs. 2 FamGKG ausreichen, ist in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten und gleichermaßen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten nach § 42 Abs. 3 FamGKG zu bewerten.
6825
Dann ist von einem Wert i.H.v. 5000 Euro auszugehen. Der Hauptanwendungsfall des § 42 Abs. 3 FamGKG sind nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten. Wenn sich eine Familiensache als vermögensrechtlich einordnen lässt, so liegen regelmäßig auch objektive Bezugspunkte vor, die eine Bewertung nach § 42 Abs. 1 FamGKG ermöglichen.
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Es wird vertreten, dass der „Auffangwert“ des § 42 Abs. 3 FamGKG i.H.v. 5000 Euro im Einzelfall herauf- und herabgesetzt werden kann.2 Dagegen steht aber der eindeutige Wortlaut und auch die sich aus dem FamGKG ergebende Systematik, wonach eine Herauf- und Herabsetzung von Regelwerten nur dann in Betracht kommt, wenn die Möglichkeit ausdrücklich normiert ist. Das ist bei – § 44 Abs. 3 FamGKG, – § 45 Abs. 3 FamGKG, – § 47 Abs. 2 FamGKG, – § 48 Abs. 3 FamGKG, – § 49 Abs. 2 FamGKG, – § 50 Abs. 3 FamGKG und – § 51 Abs. 3 Satz 2 FamGKG (nur Heraufsetzung),
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nicht aber gem. § 42 Abs. 3 FamGKG der Fall. Entweder liegen ausreichende Anhaltspunkte vor, die eine Bewertung nach § 42 Abs. 1 FamGKG oder § 42 Abs. 2 FamGKG rechtfertigen oder nicht. Bestehen sie
1 Schneider/Volpert/Fölsch/Thiel, § 42 Rn. 21. 2 Schulte-Bunert/Weinreich/Keske, § 42 FamGKG Rn. 3.
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Auffangwert nicht, greift der „Auffangwert“ i.H.v. 5000 Euro. Woraus sich dann aber Anhaltspunkte für eine Abweichung von diesem Wert ergeben können, ist nicht ersichtlich. 6829
Soweit Keske1 seine Auslegung der Gesetzesbegründung entnehmen möchte, ist dies nicht nachvollziehbar. Die Formulierung2 „§ 42 Abs. 3 FamGKG gebe einen individuellen Ausgangswert für die Wertfestsetzung“, gibt die von ihm gezogene Schlussfolgerung nicht her. Jedenfalls steht der Wortlaut des § 42 Abs. 3 FamGKG dagegen.
III. Zeitpunkt der Wertberechnung 6830
Der maßgebende Zeitpunkt für die Wertberechnung ergibt sich aus § 34 FamGKG. In Antragsverfahren ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Verfahrensgegenstand betreffenden ersten Antragstellung in dem jeweiligen Rechtszug maßgebend.
6831
In Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden, ist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die Gebühr fällig wird (§§ 9 bis 11 FamGKG).
6832
Die Bedeutung und der Umfang der Angelegenheit werden sich regelmäßig erst im Verlaufe oder am Ende des Verfahrens beschreiben und eindeutig herausstellen lassen, weshalb der in § 34 Satz 1 FamGKG für Antragsverfahren in Bezug genommene Zeitpunkt problematisch sein dürfte. Begegnen kann das Gericht diesem Umstand mit einer nach § 55 Abs. 3 FamGKG sechs Monate nach Abschluss des Verfahrens noch möglichen Wertänderung.3
6833
Während die Bedeutung der Angelegenheit sich ggf. noch dem Antrag entnehmen lässt, steht bei dem Bemessungskriterium „Umfang der Sache“ von vornherein fest, dass dieses erst am Ende des Verfahrens in eine Bewertung einfließen kann. Eine sachgerechte Lösung der Problematik schlägt Schneider4 vor: § 34 Satz 1 FamGKG ist insoweit abbedungen und es muss analog auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Gebühr abgestellt werden. Anderenfalls würde das Kriterium „Umfang der Sache“ leer laufen.
IV. Zusammentreffen von vermögens- und nichtvermögensrechtlichen Verfahrensgegenständen 6834
Sind Gegenstand des Verfahrens vermögens- und nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten, so sind die jeweiligen Werte gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zusammenzurechnen.
V. Wertbegrenzung 6835
§ 42 Abs. 2 FamGKG bestimmt für nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten einen Höchstwert von 500 000 Euro. § 33 Abs. 2 FamGKG ist für vermögensrechtliche Angelegenheiten zu beachten, wonach der Verfahrenswert höchstens 30 Mio. Euro beträgt, wenn kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist. Ein Mindestwert existiert nicht.
1 2 3 4
Schulte-Bunert/Weinreich/Keske, § 42 FamGKG Rn. 3. BT-Drucks. 16/6308, S. 305. Schneider/Volpert/Fölsch, § 34 FamGKG Rn. 27. Schneider/Volpert/Fölsch, § 34 FamGKG Rn. 28.
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Auffangwert Demgemäß kann sich im Falle einer Bewertung nach § 42 Abs. 1 oder Abs. 2 FamGKG auch eine Verfahrenswertbemessung ergeben, die unterhalb des sich aus § 42 Abs. 3 FamGKG ergebenden Werts (5000 Euro) liegt.
6836
VI. Beschwerde Im Beschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG oder nach der Beschwer, § 40 Abs. 1 Satz 2 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als in erster Instanz (§ 40 Abs. 2 FamGKG).
6837
VII. Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde Ist Gegenstand des Verfahrens ein Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde, ist für die Bewertung des Verfahrens der Wert des beabsichtigten Rechtsbeschwerdeverfahrens maßgebend, § 40 Abs. 3 FamGKG.
6838
VIII. Rechtsbeschwerde Im Rechtsbeschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG oder nach der Beschwer, § 40 Abs. 1 Satz 2 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als in erster Instanz (§ 40 Abs. 2 FamGKG).
6839
IX. Einstweilige Anordnung § 42 FamGKG gilt auch für die einstweilige Anordnung, wenn sie für die Hauptsache maßgeblich wäre.1 Der nach § 42 FamGKG ermittelte Wert ist dann gemäß den Voraussetzungen des § 41 FamGKG ggf. zu ermäßigen (§ 41 Satz 1 FamGKG), allerdings nur dann, wenn die einstweilige Anordnung eine geringere Bedeutung gegenüber der Hauptsache hat. Nach § 41 Satz 2 FamGKG ist in diesem Fall von der Hälfte des für die Hauptsache maßgeblichen Wertes als Ausgangswert auszugehen.
6840
X. Arrestverfahren Eine Vorschrift, die den Wert in Arrestverfahren regelt, existiert nicht. Die Frage, nach welcher Vorschrift Arrestverfahren zu bewerten sind, wird unterschiedlich beantwortet.
6841
Es wird die Auffassung vertreten, dass § 41 FamGKG auf Arrestverfahren analog anzuwenden sei.2 Dann passiert aber das, was der Gesetzgeber auf keinen Fall gewollt hat, weil er mit dem FamGKG ein in sich abgeschlossenes Gerichtskostengesetz für sämtliche Familiensachen geschaffen hat und mit der Regelung eines Auffangwerts jede analoge Anwendung ausschließen wollte.
6842
Aus der Vorbem. 1.4 KV FamGKG ergibt sich zwar, dass der Gesetzgeber Arrestverfahren in die für einstweilige Anordnungen maßgebliche Systematik einbezie-
6843
1 BT-Drucks. 16/6308, S. 305. 2 Witte, Die Wertvorschriften im einstweiligen Anordnungsverfahren, FPR 2010, 316; Schneider/Volpert/Fölsch/Thiel, § 41 FamGKG Rn. 6.
Thiel
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FamFG
Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz hen wollte. Nach Vorbem. 1.4 Satz 1 KV FamGKG werden in Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung und über deren Aufhebung oder Änderung die Gebühren nur einmal erhoben. Dies gilt nach Vorbem. 1.4 Satz 2 KV FamGKG entsprechend in Arrestverfahren. 6844
Auch gemäß seiner Begründung will der Gesetzgeber, mit dem Ziel einer Vereinfachung, einstweilige Anordnung und Arrest einheitlich behandeln.1 Sein Vereinheitlichungsbestreben verleitet dann gerade zu der gezogenen Schlussfolgerung, die allein für einstweilige Anordnungen maßgebliche Wertvorschrift des § 41 FamGKG entsprechend für die Bewertung von Arrestverfahren heranzuziehen.
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Allerdings besteht bereits keine Regelungslücke, die die analoge Anwendung rechtfertigen oder erlauben könnte. Dem Gesetzgeber ist das Bewusstsein zu unterstellen, dass er eine eigenständige Regelung für Arrestverfahren nicht vergessen, vielmehr die scheinbare Lücke intendiert hat.2
6846
Arrestverfahren sind nach § 42 Abs. 1 FamGKG zu bewerten. Die unmittelbare Bewertung von Arrestverfahren nach dem Auffangwert ermöglicht den Gleichlauf mit zivilrechtlichen Arrestverfahren. Eine Differenzierung wäre nicht sachgerecht. Das in § 42 Abs. 1 FamGKG eingeräumte billige Ermessen gebietet eine Ermäßigung gegenüber der Hauptsache im Wege der Schätzung. Das Ermessen bei der Bewertung füllt die Rechtsprechung3 mit Bruchteilen von 1/4 bis 1/2 des Hauptsachewerts aus. Siehe ausführlich das Stichwort „Arrest“ im FamFG-Teil, Rn. 6748 ff. und im ZPO-Teil, Rn. 1104 ff.
XI. Vollstreckung 6847
Siehe das Stichwort „Vollstreckung“, Rn. 8931 ff.
Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz A. Allgemeines I. Betroffene Verfahren 6848
Kindschaftssachen nach § 151 Nr. 8 FamFG betreffen Aufgaben nach dem JGG. Es handelt sich um Verfahren, in denen der Jugend- und Strafrichter dem Familiengericht im Urteil die Auswahl und Anordnung von Erziehungsmaßregeln (§ 9 JGG) als Rechtsfolge einer Straftat überlassen kann, wenn er nicht auf Jugendstrafe erkennt (§§ 53, 104 Abs. 4 JGG). Das Familiengericht muss dann eine Erziehungsmaßregel anordnen, soweit sich nicht die Umstände, die für das Urteil maßgebend waren, verändert haben. In Betracht kommt auch eine Entscheidung nach
1 BT-Drucks. 16/6308, S. 314. 2 Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 437; Schneider/Volpert/Fölsch/Thiel, § 42 FamGKG Rn. 70 ff.; Thiel, Der neue Auffangtatbestand § 42 FamGKG, FPR 2010, 319; OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.8.2010 – 15 WF 246/10. 3 OLG München, Beschl. v. 16.11.2010 – 33 UF 1650/10; OLG Celle, Beschl. v. 7.10.2010 – 10 WF 316/10, AGS 2010, 555 mit Anm. N. Schneider.
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Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz § 67 Abs. 4 Satz 3 JGG, wonach dem Erziehungsberechtigten oder dem gesetzlichen Vertreter nach dem Entzug ihrer Verfahrensrechte ein Pfleger zu bestellen ist. Stehen dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter ihre Rechte nicht mehr zu, so bestellt das Familiengericht einen Pfleger zur Wahrnehmung der Interessen des Beschuldigten im anhängigen Strafverfahren. Kindschaftssachen nach § 151 Nr. 8 FamFG sind Familiensachen nach § 111 Nr. 2 FamFG und nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
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II. Die Bewertungen Die Frage des Zuständigkeitsverfahrenswerts stellt sich in Verfahren, die die Aufgaben nach dem JGG betreffen nicht. Nach § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG ist das Amtsgericht in Familiensachen unabhängig vom Wert des Verfahrens ausschließlich zuständig.
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Da es sich um nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten handelt, ist die Beschwerde unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstands zulässig (arg. e § 61 Abs. 1 FamFG). Einer Wertfestsetzung bedarf es daher nicht.
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Verfahren, die Aufgaben nach dem JGG betreffen, sind gerichtsgebührenfrei. Dies ergibt sich aus der Vorbem. 1.3.1 Abs. 1 Nr. 3 KV FamGKG. Eine Festsetzung des Verfahrenswerts nach § 55 FamGKG ist daher unzulässig.
6852
Da keine Gerichtsgebühren erhoben werden, ist für die Anwaltsgebühren § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG maßgebend, wonach die Vorschriften des FamGKG entsprechend anzuwenden sind. Wegen der Gerichtsgebührenfreiheit existiert eine besondere Wertvorschrift im FamGKG nicht. Es ist deshalb auf den Auffangwert des § 42 Abs. 2, 3 FamGKG zurückzugreifen. Die Festsetzung des Verfahrenswerts für die Anwaltsgebühren erfolgt auf Antrag im Verfahren nach § 33 RVG.
6853
Außergerichtliche Tätigkeiten in Verfahren, die Aufgaben nach dem JGG betreffen, dürften nicht in Betracht kommen, weil der Jugend- bzw. Strafrichter das Familiengericht anweist, das dann von Amts wegen ein Verfahren einleitet.
6854
B. Beschwer Auf eine Beschwer, die für die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht geregelt ist, kommt es in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten nicht an (arg. e § 61 Ab. 1 FamFG). Eine Wertfestsetzung ist daher nicht erforderlich.
6855
C. Gebührenverfahrenswert I. Überblick Verfahren nach § 151 Nr. 8 FamFG sind Familiensachen. In Familiensachen werden Kosten nur nach dem FamGKG erhoben. Da das FamGKG keine Gebühren vorsieht, gilt § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG. Danach sind die Wertvorschriften des FamGKG in Verfahren, in denen keine Gerichtsgebühr bestimmt ist, entsprechend anzuwenden.
Thiel
1297
6856
FamFG
Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz
II. Auffangwert 1. Keine besonderen Wertvorschriften für Verfahren nach dem JGG 6857
Eine Bewertungsvorschrift für Verfahren nach dem JGG als Kindschaftssache i.S.d. § 151 Nr. 8 FamFG hält das FamGKG in den besonderen Wertvorschriften der §§ 43–52 FamGKG nicht vor. Das FamGKG normiert zwar besondere Wertvorschriften für Kindschaftssachen, nicht aber für Verfahren, die gerichtsgebührenfrei sind.
6858
§ 44 FamGKG gilt für Kindschaftssachen, die in § 137 Abs. 3 FamFG genannt sind und als Folgesachen im Verbund geführt werden. Das sind nur Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge, das Umgangsrecht, die Umgangspflegschaft oder die Kindesherausgabe betreffen.
6859
§ 45 FamGKG bewertet bestimmte Kindschaftssachen, die die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge, das Umgangsrecht, die Umgangspflegschaft und die Kindesherausgabe betreffen.
6860
§ 46 FamGKG bewertet zwar die „übrigen Kindschaftssachen“. Erfasst werden von der Vorschrift aber entgegen des Wortlauts nur vermögensrechtliche Kindschaftssachen.
6861
Für die „übrig gebliebenen Kindschaftssachen“, also insbesondere das Verfahren i.S.d. § 151 Nr. 8 FamFG, hält das FamGKG gerade keine besondere Wertvorschrift vor. Entsprechend zur Bewertung heranzuziehen sind deshalb die allgemeinen Wertvorschriften des FamGKG. 2. Bewertung nach dem Auffangwert
6862
Demgemäß kommt eine Bewertung nur entsprechend der Auffangvorschrift des § 42 FamGKG in Betracht.1 Denn die Auffangnorm des § 42 FamGKG ist immer dann anzuwenden, wenn sich für die zu bewertende Familiensache eine besondere oder andere allgemeine Wertvorschrift aus dem FamGKG nicht ergibt.
6863
§ 42 Abs. 1 FamGKG regelt die Bestimmung des Verfahrenswerts in vermögensrechtlichen Angelegenheiten; § 42 Abs. 2 FamGKG ist wertbestimmend für nichtvermögensrechtliche Verfahrensgegenstände. Verfahren nach dem JGG sind nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten, so dass § 42 Abs. 2 oder § 42 Abs. 3 FamGKG zur Bemessung des Verfahrenswerts einschlägig sind. 3. Bewertung nach billigem Ermessen a) § 42 Abs. 2 FamGKG
6864
Nach § 42 Abs. 2 FamGKG ist der Wert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere – des Umfangs der Sache, – der Bedeutung der Sache, – der Vermögensverhältnisse der Beteiligten, – der Einkommensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen zu bestimmen.
1 Schneider/Volpert/Fölsch/Türck-Brocker, § 46 FamGKG Rn. 8, 9; OLG Celle, Beschl. v. 12.3.2010 – 19 UF 49/10, FamRZ 2010, 1167 = NJW 2010, 1678.
1298
Thiel
Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz Einzelfallbezogene Umstände können in Verfahren nach dem JGG z.B. folgende sein: – ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden ist entstanden, – beim Jugendlichen ist keine Einsichtsfähigkeit vorhanden, – der Jugendliche ist bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten, – die Erziehungsmaßregeln müssen mehrfach geändert werden.
6865
b) Hilfsregelwert Ergeben sich im Verfahren keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bewertung nach Billigkeitsgesichtspunkten i.S.d. § 42 Abs. 2 FamGKG, so ist auf den „Auffanghilfswert“ des § 42 Abs. 3 GKG zurückzugreifen, der für vermögensrechtliche und nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten gilt und 5000 Euro beträgt.
6866
Klüsener1 vertritt die Auffassung, dass die Normierung des Regelwerts i.H.v. 6867 3000 Euro (seit dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG2 beträgt er 5000 Euro) für bestimmte Kindschaftssachen (§ 45 Abs. 1 Nr. 1–3 FamGKG, § 151 Nr. 1 [teilweise] – 3 FamFG) Folgen haben müsse für die Bewertung der übrigen Kindschaftssachen i.S.d. § 151 Nr. 1 (teilweise), 6, 7 und 8 FamFG, mit dem unterstellten Willen des Gesetzgebers, insoweit eine geringere Bewertung, d.h. unterhalb von 3000 Euro, anzunehmen. Dem ist nicht zuzustimmen. Es findet sich in den Gesetzesmaterialien auch keinerlei Hinweis darauf. Grund und Anlass dafür, die „übrig gebliebenen Kindschaftssachen“ des § 151 FamFG im FamGKG nicht gesondert zu bewerten, ist ausschließlich darauf zurückzuführen, dass nach Vorbem. 1.3.1 Abs. 1 Nr. 1–3 KV FamGKG für Kindschaftssachen nach § 151 Nr. 5–8 FamFG keine Gerichtsgebühren erhoben werden. Die Auffassung Klüseners, es als vertretbar anzusehen, die übrigen Kindschaftssachen regelmäßig mit einem geringeren als dem in § 45 Abs. 1 FamGKG normierten Wert anzunehmen, ist dogmatisch nicht begründet. 4. Höchstgrenze Bei der Festsetzung ist stets zu berücksichtigen, dass der Wert des Verfahrens den Betrag von 500 000 Euro nicht übersteigen darf (§ 42 Abs. 2 FamGKG).
6868
III. Beschwerde Im Beschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmit- 6869 telanträgen, § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als in erster Instanz (§ 40 Abs. 2 FamGKG).
IV. Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde Ist Gegenstand des Verfahrens ein Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde, ist für die Bewertung des Verfahrens der Wert des beabsichtigten Rechtsbeschwerdeverfahrens maßgebend, § 40 Abs. 3 FamGKG.
1 Prütting/Helms/Klüsener, § 42 FamGKG Rn. 15. 2 Gesetz v. 23.7.2013, BGBl. I. S. 2586, in Kraft getreten am 1.8.2013.
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1299
6870
Aufgebotssachen
V. Rechtsbeschwerde 6871
Im Rechtsbeschwerdeverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Rechtsmittelanträgen, § 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG. Der Wert darf nicht höher angesetzt werden als der Wert in erster Instanz (§ 40 Abs. 2 FamGKG).
VI. Einstweilige Anordnung In Verfahren, die Aufgaben nach dem JGG betreffen, sind einstweilige Anordnungen statthaft.
6873
Verfahren, gerichtet auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung, sind grundsätzlich nach § 41 FamGKG und nicht unmittelbar nach § 42 Abs. 2, 3 FamGKG zu bewerten.
FamFG
6872
Danach ist der Wert des Verfahrens in der Regel zu ermäßigen, § 41 Satz 1 FamGKG, wenn das einstweilige Anordnungsverfahren geringere Bedeutung gegenüber der Hauptsache hat. Ist dies nicht der Fall, kommt eine Ermäßigung nicht in Betracht. Ist dies der Fall, kann Anhaltspunkt für die Bewertung des einstweiligen Anordnungsverfahrens die Hälfte des für die Hauptsache bestimmten Werts sein, § 41 Satz 2 FamGKG, wobei sowohl eine Bemessung oberhalb als auch unterhalb des hälftigen Hauptsachewerts in Betracht kommt.1 Siehe auch das Stichwort „Einstweilige Anordnung“.
VII. Vollstreckung 6874
Siehe das Stichwort „Vollstreckung“, Rn. 8931 ff.
6875–6884
Einstweilen frei.
Aufgebotssachen Literatur: H. Schneider, Kosten in Aufgebotssachen, AGS 2010, 521.
A. Allgemeines I. Betroffene Verfahren 6885
Aufgebotssachen sind Verfahren, in denen das Gericht öffentlich zur Anmeldung von Ansprüchen oder Rechten auffordert, mit der Wirkung, dass die Unterlassung der Anmeldung einen Rechtsnachteil zur Folge hat (§ 433 Satz 1 Hs. 1 FamFG). Die Verfahren finden nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen statt (§ 433 Satz 1 Hs. 2 FamFG).
6886
Folgende Aufgebotsfälle sind im FamFG geregelt: Aufgebot – des Grundstückseigentümers (§ 442 FamFG), – des Schiffeigentümers (§ 446 FamFG), 1 Schneider/Volpert/Fölsch, § 41 Rn. 9; OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.3.2010 – 9 WF 58/10, AGS 2010, 84; BT-Drs. 16/6308, S. 395; Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, § 41 FamGKG Rn. 2; a.A. FamVerf/v. Swieykowski-Trzaska, § 1 Rn. 568.
1300
Thiel
Aufgebotssachen – – – – – – –
des Grundrechtspfandgläubigers (§ 447 FamFG), des Schiffshypothekengläubigers (§ 452 FamFG), des Berechtigten bei Vormerkung, Vorkaufsrecht, Reallast (§ 453 FamFG), von Nachlassgläubigern (§ 454 FamFG), der Gesamtgutsgläubiger (§ 464 FamFG), der Schiffsgläubiger (§ 465 FamFG), Kraftloserklärung von Urkunden (§§ 466–483 FamFG).
Keine Aufgebotssache nach § 433 FamFG ist das Aufgebotsverfahren bei Todeserklärung.1
6886a
Aufgebotsverfahren waren bis zum Inkrafttreten des FGG-ReformG in den 6887 §§ 946–1024 ZPO geregelt (s. zur alten Rechtslage noch das Stichwort „Aufgebotsverfahren“ im ZPO-Teil). Allerdings wurde bereits bisher auf die Sachnähe zu den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit hingewiesen.2 Seit Inkrafttreten des FGG-ReformG sind Aufgebotssachen folgerichtig Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
II. Die Bewertungen Die Frage des Zuständigkeitsverfahrenswerts stellt sich in Aufgebotsverfahren 6888 nicht. Nach § 23a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 7 GVG ist das Amtsgericht unabhängig vom Wert des Verfahrens ausschließlich zuständig. Die Beschwerde ist unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstands zulässig. § 61 Abs. 1 FamFG gilt in Aufgebotssachen nicht (§ 439 Abs. 3 FamFG).
6889
Für das Aufgebotsverfahren einschließlich eines Verfahrens betreffend eine Zahlungssperre vor sofortiger Einleitung des Aufgebotsverfahrens wird eine 0,5-Gebühr nach Nr. 15212 Nr. 3 KV GNotKG erhoben. Nr. 15212 KV GNotKG regelt nur die Höhe der Gebühr, nicht aber den Wert des Verfahrens. Das war bereits auf der Grundlage der Rechtslage bis zum Inkrafttreten des 2. KostRMoG3 der Fall, wonach § 128d KostO a.F. bestimmte, dass in den Aufgebotssachen das Doppelte der vollen Gebühr zu erheben sei, nicht aber eine besondere Vorschrift zur Bewertung vorhielt, so dass bis zum Inkrafttreten des 2. KostRMoG mit § 30 Abs. 1 KostO a.F. zu bemessen war. Die KostO ist auf der Grundlage des 2. KostRMoG aufgehoben und mit erheblichen Modifikationen, die einer Modernisierung und Angleichung an die übrigen Kostengesetze (GKG, FamGKG, RVG) geschuldet waren, in das GNotKG überführt worden. Der „Auffangwert“ des § 30 KostO a.F. ist inhaltlich in den „Allgemeinen Geschäftswert“ des § 36 GNotKG übernommen worden. Danach ist der Rechtsnachteil, den die Unterlassung der Anmeldung in Aufgebotssachen zur Folge hat, für den Wert des Verfahrens maßgeblich und ist nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 36 Abs. 1 GNotKG). Bei der Wertbemessung nach billigem Ermessen gem. § 36 Abs. 1 GNotKG können wertend die Grundlagen der §§ 46–49, 53, 40 GNotKG herangezogen und insoweit ein Bruchteil dieser Werte als Richtschnur berücksichtigt werden.4 Ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Bemessung nach billigem Ermessen i.S.d. § 36 Abs. 1 GNotKG, ist mit dem Auffangwert des § 36 Abs. 3 GNotKG und demgemäß mit 5000 Euro zu bewerten.
6890
1 2 3 4
Korintenberg/Klüsener, GNotKG, Nr. 15212 KV Rn. 22. MünchKomm.FamFG/Eickmann, § 433 Rn. 1. Gesetz v. 23.7.2013, BGBl. I. S. 2586, in Kraft getreten am 1.8.2013. Korintenberg/Klüsener, GNotKG, Nr. 15212 KV Rn. 43.
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1301
Aufgebotssachen 6891
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG ist der sich aus § 36 Abs. 1 GNotKG ergebende Wert auch für die Anwaltsgebühren maßgeblich.
6892
Außergerichtliche Tätigkeiten in Aufgebotssachen dürften stets das gerichtliche Verfahren vorbereiten und daher die Gebühr nach den Nrn. 3324, 3337 VV RVG auslösen und nicht die der Nr. 2300 VV RVG.
B. Beschwer
FamFG
6893
Aufgebotssachen sind vermögensrechtliche Angelegenheiten, für die eine Beschwer aber deshalb nicht erforderlich ist, weil § 439 Abs. 3 FamFG ausdrücklich bestimmt, dass § 61 Abs. 1 FamFG in Aufgebotssachen nicht gilt.
C. Gebührenverfahrenswert I. Überblick 6894
Solange Aufgebotsverfahren in der ZPO geregelt waren, wurden für ihre Bewertung die §§ 3 ff. ZPO (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) herangezogen.1 Da es sich seit Inkrafttreten des FGG-ReformG2 um Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt und sämtliche Aufgebotsverfahren nach dem GNotKG zu bewerten sind (§ 1 Abs. 1 GNotKG), scheidet eine Bewertung nach der ZPO und dem GKG aus. Mock3 geht insoweit unzutreffend davon aus, dass für die Bewertung nach wie vor § 3 ZPO heranzuziehen ist.
6895
Nr. 15212 Nr. 3 KV GNotKG, der für das Aufgebotsverfahren einschließlich eines Verfahrens betreffend Zahlungssperre vor sofortiger Einleitung des Aufgebotsverfahrens bestimmt, dass eine 0,5-Gebühr erhoben wird, ist eingefügt worden durch das 2. KostRMoG. Nr. 15212 Nr. 3 KV GNotKG regelt – wie bereits § 128d KostO a.F. – die Gebührenhöhe, nicht aber den Wert des Verfahrens. Eine besondere Vorschrift, die den Wert in Aufgebotssachen benennt, ergibt sich aus dem GNotKG – wie bereits nach der KostO a.F. nicht. Es ist deshalb auf den allgemeinen Geschäftswert des § 36 Abs. 1, 3 GNotKG (früher § 30 Abs. 1, 2 KostO a.F.) abzustellen, und der Wert insoweit nach billigem Ermessen zu bestimmen.4
II. Vermögensrechtliche Angelegenheiten ohne bestimmten Geschäftswert 6896
Maßgeblich für die Bewertung ist § 36 Abs. 1, 3 GNotKG. Aufgebotssachen sind vermögensrechtliche Angelegenheiten. Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Wert aus den Vorschriften des GNotKG nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
6897
In Aufgebotsverfahren hatte die Rechtsprechung das frühere „freie“ Ermessen bisher auf 10–20 % des Nennbetrags geschätzt.5
1 2 3 4
Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann/Lappe, § 128d KostO Rn. 6. Gesetz v. 5.8.2009, BGBl. I. S. 2586, in Kraft getreten am 1.9.2009. AnwK-RVG/Mock, Nr. 3324 VV Rn. 21. KG, Beschl. v. 15.12.2014 – 12 W 65/14; Beschl. v. 19.5.2014 – 12 W 57/12, FGPrax 2014, 277. 5 BGH, Beschl. v. 3.3.2004 – IV ZB 38/03, MDR 2004, 640.
1302
Thiel
Aufgebotssachen Der Wert für das Aufgebotsverfahren zwecks Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefs bemisst sich grundsätzlich nach dem Interesse des Antragstellers an dem Besitz der Urkunde.1 Nach LG Berlin2 bemisst sich der Gebührenverfahrenswert im Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung eines Grundschuldbriefes mit 10–20 % des Nennbetrags der verbrieften Forderung, falls nicht der Wert des Grundstücks geringer ist. Der Wert hat sich am Besitzinteresse zu orientieren.3
6898
Geht es darum, durch Ausschluss des Grundschuldgläubigers die unbeschränkte Verkehrsfähigkeit des Grundstücks herzustellen, ist für das Interesse des Antragstellers maßgeblich, in welchem Umfang die eingetragene Belastung ihn an der Verwertung des Grundstücks hindert.
6899
Ist nicht bekannt, wie hoch und zu wessen Gunsten ein Grundpfandrecht valutiert, ist der aus dem Grundbuch erkennbare Nominalbetrag der Grundschuld maßgeblich.4
6900
Bei einem Ausschluss dinglich Berechtigter ist der Wert der Forderung maßgeblich, soweit nicht der Verkehrswert des Grundstücks bzw. Miteigentumsanteil niedriger ist.5
6901
Entspricht der Rechtsnachteil dem vollständigen Verlust des Rechts, dann ist der volle Wert maßgebend.6
6902
Wenn es lediglich um die Urkunde als Beweismittel oder Legitimationspapier geht, dann ist der Rechtsnachteil mit einem Bruchteil zu bemessen.7
6903
Ein Aufgebotsverfahren gegen den Gläubiger eines Grundpfandrechts nach § 1171 oder § 1170 BGB bestimmt sich nach dem Interesse des Antragstellers als bisherigem Eigentümer des Grundstücks an der Durchführung des Verfahrens.8
6904
Ergeben sich keine genügenden Anhaltspunkte für eine Schätzung nach § 36 6905 Abs. 1 GNotKG, ist der Wert regelmäßig mit 5000 Euro anzunehmen (§ 36 Abs. 3 GNotKG). Es handelt sich insoweit aber um einen veränderbaren Regelwert, der niedriger und höher, nicht aber über 500 000 Euro angenommen werden kann. Im Beschwerdeverfahren richtet sich der Wert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG). Werden solche vor Verfahrensbeendigung nicht gestellt, ist der Wert der Beschwer maßgebend (§ 61 Abs. 1 Satz 2 GNotKG). Der Wert des Beschwerdeverfahrens ist begrenzt auf den Wert des ersten Rechtszugs (§ 61 Abs. 2 Satz 1 GNotKG), es sei denn, der Gegenstand wird erweitert (§ 61 Abs. 2 Satz 2 GNotKG).
6906
Das gilt auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren (§ 61 GNotKG).
6907
1 Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann/Lappe, 17. Aufl., § 128d KostO Rn. 6. 2 LG Berlin, Beschl. v. 27.5.1988 – 82 T 176/88, JurBüro 1988, 1387. 3 LG Berlin, Beschl. v. 27.5.1988 – 82 T 176/88, JurBüro 1988, 1367; LG Hildesheim, Beschl. v. 3.12.1964 – 5 T 120/64, NJW 1964, 1232; LG Berlin, Beschl. v. 27.5.1988 – 82 T 176/88, JurBüro 1988, 1367. 4 LG Potsdam, Beschl. v. 14.3.2008 – 7 T 142/07, MDR 2008, 653. 5 Zöller/Herget, § 3 ZPO Rn. 16 zu dem Stichwort „Aufgebotsverfahren“; Anders/Gehle/ Kunze, Stichwort „Aufgebotsverfahren“ Rn. 7. 6 Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann/Lappe, 17. Aufl., § 128d KostO Rn. 6. 7 Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann/Lappe, 17. Aufl., § 128d KostO Rn. 6. 8 BGH, Beschl. v. 29.1.2009 – V ZB 140/08, MDR 2009, 558.
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1303
Aufhebung der Ehe 6907a
Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Gegenstandswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert (§ 61 Abs. 3 GNotKG). Siehe ausführlich auch das Stichwort „Aufgebotsverfahren“ im ZPO-Teil Rn. 1130 ff. für die vor dem 1.9.2009 eingeleiteten Verfahren.
Aufhebung der Ehe
FamFG
Literatur: N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 1683 ff.; N. Schneider, Die Verfahrenswerte nach dem FamGKG, AnwBl. 2009, 777; Hauke, Streitwertfestsetzung in Ehesachen unter Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse, NZFam 2014, 801; Dorndörfer, Verfahrenswert der Ehesache und der Versorgungsausgleichssache, FamFR 2013, 494; Nickel, Der Verfahrenswert in Ehesachen, FuR 2013, 255; Thiel, Zur Frage der Festsetzung des Verfahrenswerts für Ehesachen und Versorgungsausgleich, AGS 2013, 473.
A. Allgemeines 6908
Verfahren, gerichtet auf die Aufhebung der Ehe (§ 121 Nr. 2 FamFG), sind solche, die ihre materielle Grundlage in den §§ 1314 ff. BGB haben. Eine Ehe kann nach § 1314 Abs. 2 BGB aufgehoben werden, wenn zum Zeitpunkt der Eheschließung eine – Bewusstlosigkeit oder eine Störung der Geistestätigkeit (Nr. 1), – Unwissenheit über die Eheschließung (Nr. 2), – Bestimmung durch arglistige Täuschung (Nr. 3), – Bestimmung durch widerrechtliche Drohung (§ Nr. 4), gegeben oder – keine Verpflichtung nach § 1353 Abs. 1 BGB einzugehen, beabsichtigt war (Nr. 5).
6909
Eheaufhebungsverfahren sind Ehesachen nach § 121 Nr. 2 FamFG und Familiensachen nach § 111 Nr. 1 FamFG.
B. Die Bewertungen 6910
Die Frage des Zuständigkeitsverfahrenswerts stellt sich in Eheaufhebungsverfahren nicht. Nach § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG ist das Amtsgericht in Familiensachen unabhängig vom Wert des Verfahrens ausschließlich zuständig.
6911
Für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist der Wert des Beschwerdegegenstands maßgebend (§ 61 Abs. 1 FamFG). Da es sich in Eheaufhebungsverfahren um nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten handelt, ist die Beschwerde unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstands zulässig.
6912
Der Wert für die Gerichtsgebühren ergibt sich aus § 43 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 FamGKG.
6913
Nur über Scheidung und Folgesachen ist zusammen zu verhandeln und zu entscheiden. In Eheaufhebungsverfahren kommt ein Verbund nicht in Betracht (arg. e § 137 Abs. 1 FamFG). § 44 FamGKG ist zur Bewertung in Verfahren gerichtet auf Aufhebung der Ehe nicht heranzuziehen.
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Aufrechnung Über § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG ist der für die Gerichtsgebühren nach § 43 FamGKG geltende Wert auch für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren im gerichtlichen Verfahren maßgeblich.
6914
Die außergerichtlichen Tätigkeiten dürften stets das gerichtliche Verfahren vorbereiten (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 RVG) und daher bereits die Gebühren nach den Nrn. 3100 ff. VV RVG auslösen, nicht die der Nr. 2300 VV RVG. In Eheaufhebungsverfahren ist immer eine gerichtliche Entscheidung erforderlich. Ungeachtet dessen würden nach § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG die gleichen Bewertungen gelten.
6915
C. Gebührenverfahrenswert Für Eheaufhebungsverfahren ist der Verfahrenswert – wie in Scheidungssachen (§ 121 Nr. 1 FamFG) und Verfahren auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe (§ 121 Nr. 3 FamFG) – gem. § 43 Abs. 1 FamGKG und zwar unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des – Umfangs und der Bedeutung der Sache und – der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, – nach Ermessen
6916
zu bemessen. Nach § 43 Abs. 2 FamGKG ist für die Einkommensverhältnisse der beteiligten Ehegatten das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen einzusetzen. Da die Bewertung in Ehesachen einheitlich nach § 43 FamGKG erfolgt, wird wegen der Kriterien, die die Umstände des Einzelfalls und die Handhabung der Vorschrift in der Praxis auf der Grundlage der jeweiligen OLG-Rechtsprechung prägen, auf das Stichwort „Ehesachen“ verwiesen.
6917
Aufhebung der Gtergemeinschaft Siehe das Stichwort „Güterrechtssachen“.
Aufhebung des Annahmeverhltnisses Siehe das Stichwort „Adoptionssachen“.
Aufrechnung A. Allgemeines Auch in Familiensachen können sich die Beteiligten mit Einwendungen und Einreden gegen die geltend gemachte Forderung verteidigen. Die Bemessung des Verfahrenswertes für die Gebühren ist bei der Aufrechnung davon abhängig, ob es sich um eine – Primäraufrechnung oder um eine – hilfsweise geltend gemachte Aufrechnung handelt. Thiel
1305
6918
Auseinandersetzung der Gtergemeinschaft 6919
Darüber hinaus ist zu unterscheiden, ob die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung – bestritten wird oder – unbestritten ist.
B. Die Bewertungen Eine Zusammenrechnung der jeweiligen Werte erfolgt nur dann, wenn eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte bestrittene Gegenforderung ergeht (§ 39 Abs. 3 FamGKG) oder ein Vergleich darüber geschlossen wird (§ 39 Abs. 4 FamGKG). Wehrt sich der Antragsgegner primär mit einer Aufrechnung, dann ist nur der einfache Wert des Verfahrens maßgebend. Das Gleiche gilt bei einer Hilfsaufrechnung, wenn die Aufrechnungsforderung unstreitig ist.
6921
Macht demgemäß ein Beteiligter in einer – Familiensache eine Forderung geltend, – die vom Antragsgegner bestritten wird und gegen die er – hilfsweise die Aufrechnung erklärt, – die vom Antragsteller bestritten wird und – ergeht eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über die Gegenforderung (§ 39 Abs. 3 FamGKG) oder schließen die Beteiligten einen Vergleich über die Hilfsaufrechnungsforderung,
FamFG
6920
dann erhöht sich der Wert des Verfahrens um den Wert der Gegenforderung. 6922
Nicht erheblich ist, ob die Aufrechnung begründet ist oder nicht. Maßgeblich ist nur, dass über die zur Aufrechnung gestellte Forderung entschieden worden ist.1
Û
6923
Beispiel: Der Antragsteller macht Unterhaltsrückstände i.H.v. 6000 Euro geltend. Der Antragsgegner bestreitet das Bestehen der Unterhaltsrückstände und rechnet hilfsweise mit einer Forderung i.H.v. 2500 Euro auf. Der Antragsteller bestreitet das Bestehen der hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Forderung. Das Gericht geht vom Bestehen der Unterhaltsrückstände aus und entscheidet insoweit auch über die hilfsweise geltend gemachte Forderung i.H.v. 2500 Euro. Der Verfahrenswert (6000 Euro) erhöht sich daher um 2500 Euro auf insgesamt 8500 Euro.
Da § 39 FamGKG inhaltlich § 45 GKG entspricht und die Aufrechnung insoweit nach denselben Grundsätzen zu beurteilen ist wie in den allgemeinen Zivilsachen, wird im Übrigen auf das Stichwort „Aufrechnung“ im ZPO-Teil, Rn. 1246 ff. verwiesen.
Auseinandersetzung der Gtergemeinschaft Siehe das Stichwort „Güterrechtssachen“.
1 Schneider/Volpert/Fölsch, § 39 FamGKG Rn. 25.
1306
Thiel
Auskunft
Ausgleich von Kapitalzahlungen/Anspruch auf Abfindung Siehe das Stichwort „Versorgungsausgleichssachen“.
Ausgleichsansprche nach der Scheidung Siehe das Stichwort „Versorgungsausgleichssachen“.
Auskunft Literatur: N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn. 2176 ff.; Schneider/Thiel, Die Bewertung von Auskunftsanspruch und Stufenverfahren in Familiensachen, FPR 2012, 279; Schneider/Thiel, Fälle und Lösungen zur Abrechnung in Familiensachen, Rn. 134 ff.; Schneider, Festsetzung des Verfahrenswerts eines Stufenantrags bei Erledigung des Verfahrens vor Bezifferung des Leistungsantrags, NZFam 2014, 591.
A. Allgemeines I. Betroffene Verfahren Auskunftsansprüche kommen grundsätzlich in allen Familiensachen (§ 111 FamFG) in Betracht. Es sind Auskunftsansprüche, die nichtvermögensrechtlich sind und solche, die vermögensrechtlichen Charakter haben, zu unterscheiden. Darüber hinaus ist zu differenzieren, ob die Auskunft isoliert oder als Teil eines Stufenverfahrens beansprucht wird.
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Auskunftsansprüche sind gesetzlich normiert (z.B. §§ 1379 Abs. 1, 2, 1580 Abs. 1, 1605 Abs. 1 BGB, § 4 Abs. 1 VersAusglG). Teilweise findet sich ihre Rechtsgrundlage allein in § 242 BGB, wie beispielsweise der Anspruch der Ehegatten untereinander auf Auskunftserteilung zu den Einkommensverhältnissen, wenn es um die Berechnung der jeweiligen Haftungsanteile nach § 1606 Abs. 3 BGB geht. Die Frage, ob es sich in Verfahren, die einen Auskunftsanspruch betreffen, um eine Familiensache handelt, beantwortet sich nach dem Anspruch, der mit der Auskunft verfolgt wird. Ist das Verfahren insoweit als Familiensache zu qualifizieren, handelt es sich auch bei der isolierten Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs um eine Familiensache i.S.d. § 111 FamFG.
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II. Die Bewertungen Die Frage des Zuständigkeitsverfahrenswerts stellt sich in Familiensachen nicht. Nach § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG ist das Amtsgericht in Familiensachen unabhängig vom Wert des Verfahrens ausschließlich zuständig.
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Für die Zulässigkeit der Beschwerde ist bei Auskunftsansprüchen, die vermögensrechtlich sind, der Wert des Beschwerdegegenstands maßgebend (§ 61 Abs. 1 FamFG). Dieser berechnet sich nicht nach dem FamGKG, da dieses nur den Wert
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Auskunft für die Gerichtsgebühren regelt.1 Mangels einer Regelung der Beschwer oder des Werts des Beschwerdegegenstands im FamFG ist auf die §§ 3 ff. ZPO zurückzugreifen (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG).2 Der Wert für die Gerichtsgebühren ergibt sich für Auskunftsansprüche in Versorgungsausgleichssachen aus § 50 Abs. 2 FamGKG und im Übrigen aus § 42 Abs. 1, 3 FamGKG.
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Über § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG ist der für die Gerichtsgebühren geltende Wert auch für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren im gerichtlichen Verfahren maßgeblich.
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Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG finden die Wertvorschriften des FamGKG für die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts entsprechende Anwendung, da der Gegenstand des Verfahrens auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte.
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B. Beschwer 6931
Nach § 61 Abs. 1 FamFG ist die Beschwerde gegen Endentscheidungen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt.
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Bei der Verpflichtung zur Auskunftserteilung richtet sich der Beschwerdewert für den Antragsgegner nach dem voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten, die mit einer sorgfältigen Erteilung der Auskunft verbunden sind.3 Nach der Rechtsprechung des BGH4 können in diesem Zusammenhang auch die Kosten eines Steuerberaters berücksichtigt werden, wenn der Verpflichtete selbst zur Erteilung einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist.
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Die Beschwer für den Antragsteller richtet sich nach dem Interesse5 an der Auskunft, wobei im Falle der Antragszurückweisung die Beschwer im Zweifel dem Wert der ersten Instanz entspricht.6
C. Gebührenverfahrenswert I. Überblick 6934
Eine eigenständige Wertvorschrift für die Auskunftserteilung ergibt sich aus dem FamGKG nur aus § 50 Abs. 2 FamGKG und im Übrigen nicht.
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Erwähnt ist die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses in § 38 FamGKG. Allerdings erfasst § 38 FamGKG nur diejenigen Verfahren, in denen die Auskunft im Zusammenhang mit einem Stufenverfahren begehrt wird. Es handelt sich aber auch in diesem Fall dann nicht um eine Vorschrift, die die Auskunftsstufe zu bewerten verhilft. § 38 FamGKG regelt nur, dass sich der Gesamtwert eines Stufenverfahrens auf den höchsten der Einzelwerte der jeweiligen Stufen beläuft, so dass der Wert der Auskunft hinter dem des Leistungsantrags regelmäßig zurücktritt.7 1 2 3 4
Keidel, § 61 FamFG Rn. 9. Kemper/Schreiber/Klußmann, § 61 Rn. 5; Schneider/Volpert/Fölsch, § 40 Rn. 25. BGH, Beschl. v. 20.6.2007 – XII ZB 142/05, FamRZ 2007, 1461 = MDR 2007, 1259. BGH, Beschl. v. 31.10.2001 – XII ZB 161/01, FPR, 2002, 161; Beschl. v. 3.11.2004 – XII ZB 165/00, FamRZ 2005, 104 = FamRB 2005, 174. 5 BGH, Urt. v. 10.2.2011 – III ZR 338/09, NJW 2011, 926. 6 Schneider/Volpert/Fölsch, § 38 Rn. 36. 7 Schneider/Volpert/Fölsch, § 38 Rn. 35.
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Auskunft Beanspruchen mehrere Berechtigte gegen denselben Verpflichteten in einem gemeinsamen Verfahren Auskunft, so liegen mehrere Gegenstände vor, die nach § 33 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zusammenzurechnen sind.1
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II. Besondere Wertvorschrift für den Auskunftsanspruch in Versorgungsausgleichssachen 1. Regelwert In Verfahren über einen Auskunftsanspruch in Versorgungsausgleichssachen (§ 217 FamFG) beträgt der Verfahrenswert 500 Euro, vorbehaltlich der Möglichkeit von diesem Regelwert gem. § 50 Abs. 3 FamGKG unter Berücksichtigung von Billigkeitsgesichtspunkten nach oben abweichen zu können. Vom Wortlaut her kommt zwar grundsätzlich auch eine Ermäßigung des Regelwerts in Betracht. Davon ist aber deshalb abzusehen, weil der Regelwert des § 50 Abs. 2 FamGKG der Gebühreneinstiegsstufe entspricht und sich sachlogisch deshalb auch bei Festsetzung eines Werts unterhalb von 500 Euro keine abweichenden Gebühren ergeben können. Anders liegt der Fall dann, wenn wechselseitig Auskunftsansprüche geltend gemacht werden, weil die jeweiligen Auskunftsansprüche dann nach § 33 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zu addieren sind. Inoweit könnte sich eine Herabsetzung des nach § 50 Abs. 2 FamGKG ergebenden Werts auswirken. Es ist aber kein Fall ersichtlich, in dem die Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs weniger wert als 500 Euro sein dürfte.
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§ 50 Abs. 2 Fa