Strategien, Mittel und Wege der inner- und zwischenfamiliären Konfliktlösung oberdeutscher Handelshäuser im 15. und ‚langen‘ 16. Jahrhundert 3515125744, 9783515125741

Verwandtschaftlich verbundene Handelsgesellschaften waren eine "zentrale Grundkonstante" und die dominierende

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Table of contents :
VORWORT
INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG UND FRAGESTELLUNG
FORSCHUNGSSTAND
QUELLEN
A. FAMILIENGESELLSCHAFTEN VOM 14. BIS 17. JAHRHUNDERT
1. Historische Rahmenbedingungen
2. Familiengesellschaften in Oberdeutschland
3. Die Organisationsstruktur der Familiengesellschaft
4. Normative Ethik und die Realität kaufmännischen Handelns
B. DER BEFUND: FALLSTUDIEN
I. RECHNUNG, KOMPETENZ UND VERMITTLUNG.
1. Die Imhoff in Nürnberg und Augsburg
2. Der Safranhandel der Imhoff-Gesellschaft
3. Die Quellen
4. Der Konflikt
5. Pflichten und Befugnisse der Faktoren: Die Verschreibungen Wolf Imhoffs gegenüber der Gesellschaft
6. Der Tod Paulus Imhoffs und die geforderte Abschlussrechnung im Jahr 1545
7. Die Rechnungslegung Wolf Imhoffs in Nürnberg
8. Die Flucht Wolf Imhoffs von Nürnberg nach Neapel
9. Die innerfamiliäre Vermittlung
10. Die Korrespondenzen zwischen den Familienmitgliedern von November 1546 bis Dezember 1547
11. Die Initiativen der Imhoff gegen ihren Faktor Wolf: Zwei Supplikationen an den Nürnberger Rat
12. Die Intervention des Nürnberger Rats beim Kaiser und ein kaiserlicher Brief an den Vizekönig von Neapel vom 1. Februar 1548
13. Die Freilassung aus der Haft durch eine Bürgschaft
14. Vermittlung durch die Familie Haller von Hallerstein
15. Die Tätigkeit des Nürnberger Stadtgerichts
16. Der Vergleich im Februar 1551
17. Fazit
II. FALLSTUDIEN NACH VERWANDTSCHAFTLICHEN VERHÄLTNISSEN
1. Vater und Sohn
2. Onkel und Neffen
3. Die Brüder
4. Der Schwiegersohn
C. DIE ANALYSE
1. Konflikte
2. Strategien zur Konfliktvermeidung und Konsolidierung der Gesellschaft
3. Mittel und Wege der Konfliktlösung
D. RESÜMEE
ANHANG
GLOSSAR
WÄHRUNGEN
ABKÜRZUNGEN UND SIGLEN
VERZEICHNIS DER TABELLEN UND EINER GRAFIK
QUELLEN UND LITERATURVERZEICHNIS
1. Ungedruckte Quellen
2. Gedruckte Quellen
3. Literaturverzeichnis
REGISTER
PERSONENREGISTER
ORTSREGISTER
SACHREGISTER
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Strategien, Mittel und Wege der inner- und zwischenfamiliären Konfliktlösung oberdeutscher Handelshäuser im 15. und ‚langen‘ 16. Jahrhundert
 3515125744, 9783515125741

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Mechthild Isenmann

Strategien, Mittel und Wege der inner- und zwischenfamiliären Konfliktlösung oberdeutscher Handelshäuser im 15. und ‚langen‘ 16. Jahrhundert

Geschichte Franz Steiner Verlag

VSWG – Beiheft 249

vierteljahrschrift für sozialund wirtschaftsgeschichte – beihefte Herausgegeben von Mark Spoerer, Jörg Baten, Markus A. Denzel, Thomas Ertl, Gerhard Fouquet und Günther Schulz

band 249

Strategien, Mittel und Wege der inner- und zwischenfamiliären Konfliktlösung oberdeutscher Handelshäuser im 15. und ‚langen‘ 16. Jahrhundert Mechthild Isenmann

Franz Steiner Verlag

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Hedwig Linnhuber – Dr. Hans Saar Stiftung, Nürnberg und der Gleichstellungsabteilung der Universität Leipzig.

Umschlagabbildung: Gesellschaftsvertrag der Imhoff-Gesellschaft vom 1. August 1551. Gesiegelt durch Endres, Gabriel, Michael, Sebastian und Hieronymus Imhoff, GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, I, Fasz. 30, Nr. 6 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2020 Druck: Offsetdruck Bokor, Bad Tölz Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-12574-1 (Print) ISBN 978-3-515-12575-8 (E-Book)

Meinen Eltern

VORWORT Die vorliegende Arbeit wurde 2016 als Habilitationsschrift von der Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften an der Universität Leipzig angenommen. Zu großem Dank verpflichtet bin an erster Stelle meinem Mentor und Erstgutachter Professor Dr. Markus A. Denzel. Er hat die Arbeit angeregt und sie stets mit unermüdlichem Engagement und seiner herausragenden Fachkompetenz begleitet. Die Zweitgutachten übernahmen freundlicherweise Professor Dr. Enno Bünz (Leipzig) und Professor Dr. Dr. h.c. Michael North (Greifswald). Für Ihre hilfreichen Anregungen zur Drucklegung sei Ihnen herzlich gedankt. Die finanzielle Erstförderung kam von der EQUA-Stiftung für Familienunternehmen, München, vertreten durch die Geschäftsführerin, Dr. Rena HaftlmeierSeiffert. Dankbar sei Ihre stete fachliche und inspirierende menschliche Begleitung erwähnt, die auch nach der ersten Projektphase bestehen blieb. Sie vermittelte ebenso den aufschlussreichen Austausch mit der modernen Unternehmensforschung (Familienunternehmen) an der Universität Witten-Herdecke. Die folgenden Forschungsjahre wurden durch die DFG als Einzelförderungsprojekt finanziert. Herzlich gedankt sei für die kompetente und immer freundliche Unterstützung der Archivleiter und -mitarbeiter des Stadtarchivs Augsburg, der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, des Bayerischen Hauptstaatsarchivs München, des Fürstlich Waldburg-Zeil’schen Gesamtarchivs, Schloss Zeil im Allgäu sowie des Historischen Archivs des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg, des Stadtarchivs Nürnberg und des Staatsarchivs Nürnberg, namentlich seinem Direktor Professor Dr. Peter Fleischmann. Anregungen gaben mir auch meine Leipziger Kollegen, insbesondere während unserer diskussionsfreudigen Oberseminare. Stefan Lehm M.Ed. und Noah Bilski danke ich zudem für das Korrekturlesen und hilfreiche Kommentare. Wertvolle Unterstützung fand ich bei meiner Kollegin Professor Dr. Petra Schulte, Trier, mit der ich seit langem freundschaftlich verbunden bin, sowie meiner Studienfreundin Christiane Rossner M.A. Sie begleiteten die Entstehung der Arbeit mit vielen anregenden Gesprächen und übernahmen außerdem die kritische Lektüre des Manuskripts. Dankenswerterweise unterstützte die Hedwig Linnhuber – Dr. Hans Saar-Stiftung, Nürnberg, die Drucklegung mit einem namhaften Betrag. An ihrer Finanzierung beteiligte sich auch die Gleichstellungsstelle der Universität Leipzig. Mein ganz besonderer Dank gilt schließlich meinem Mann Professor Dr. Eberhard Isenmann. Seine anspruchsvolle, aber immer der Sache gegenüber aufgeschlossene Diskussionsfreudigkeit war mir in all den Jahren größte Unterstützung und Inspiration! Leipzig/Brühl, im August 2019 Mechthild Isenmann

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort ........................................................................................................ 7 Einleitung und Fragestellung....................................................................... 13 Forschungsstand ......................................................................................... 19 Quellen ....................................................................................................... 31 A

FAMILIENGESELLSCHAFTEN VOM 14. BIS 17. JAHRHUNDERT........................................................................... 35

1. 2. 3. 4.

Historische Rahmenbedingungen ......................................................... 35 Familiengesellschaften in Oberdeutschland .......................................... 41 Die Organisationsstruktur der Familiengesellschaft .............................. 44 Normative Ethik und die Realität kaufmännischen Handelns ................ 54

B

DER BEFUND: FALLSTUDIEN ........................................................ 65

I.

Rechnung, Kompetenz und Vermittlung. Das diffizile Verhältnis zwischen Geschäftszentrale und Faktorei am Beispiel der Nürnberger Imhoff ............................................................................... 65 1. Die Imhoff in Nürnberg und Augsburg................................................. 65 2. Der Safranhandel der Imhoff-Gesellschaft............................................ 82 3. Die Quellen .......................................................................................... 84 4. Der Konflikt......................................................................................... 87 5. Pflichten und Befugnisse der Faktoren: Die Verschreibungen Wolf Imhoffs gegenüber der Gesellschaft............................................. 91 6. Der Tod Paulus Imhoffs und die geforderte Abschlussrechnung im Jahr 1545 ........................................................................................ 93 7. Die Rechnungslegung Wolf Imhoffs in Nürnberg................................. 96 8. Die Flucht Wolf Imhoffs von Nürnberg nach Neapel............................ 97 9. Die innerfamiliäre Vermittlung ............................................................ 98 10. Die Korrespondenzen zwischen den Familienmitgliedern von November 1546 bis Dezember 1547 ............................................ 102 10.1. Der Bericht Hieronymus Imhoffs .............................................. 103 10.2. Paulus und Wolf Imhoff in Neapel und L’Aquila: Schulden, Geliebte, „Ruffianer“ ................................................ 106 10.3. Rechtfertigungsschreiben Wolf Imhoffs .................................... 109 10.4. Die Haltung der Augsburger Imhoff .......................................... 112 11. Die Initiativen der Imhoff gegen ihren Faktor Wolf: Zwei Supplikationen an den Nürnberger Rat ...................................... 113 12. Die Intervention des Nürnberger Rats beim Kaiser und ein kaiserlicher Brief an den Vizekönig von Neapel vom 1. Februar 1548 117 12.1. Die Inhaftierung Wolf Imhoffs .................................................. 119

10

Inhaltsverzeichnis

13. Die Freilassung aus der Haft durch eine Bürgschaft ........................... 120 13.1. Die neapolitanische Lebensführung Wolf Imhoffs: Eine Affäre und ein uneheliches Kind ....................................... 124 13.2. Die Schuldsumme von 500 Scudi .............................................. 127 13.3. ‚Flexible‘ Rechnungslegungen Wolf Imhoffs in den Briefen vom Februar bis September 1549 .............................................. 129 14. Vermittlung durch die Familie Haller von Hallerstein ........................ 133 15. Die Tätigkeit des Nürnberger Stadtgerichts ........................................ 140 16. Der Vergleich im Februar 1551 .......................................................... 143 17. Fazit ................................................................................................... 146 II. Fallstudien nach verwandtschaftlichen Verhältnissen ......................... 149 1. Vater und Sohn .................................................................................. 149 1.1. Die Meuting von Augsburg im Jahr 1436. Vertragliche Regelungen zur Konfliktvermeidung..................... 149 1.1.1. Der Modus von Beschlussfassungen ................................ 152 1.1.2. Die Organisationsstruktur der Meutinggesellschaft .......... 153 1.1.3. Die Gesellschaft Ludwig-Meuting ................................... 155 1.2. Die Paumgartner-Gesellschaft aus Augsburg – Testamentarische Verfügungen ............................................................................. 157 1.2.1. Das Familienstatut und das Rechtsbuch ........................... 161 1.2.2. Die Testamente und weitere Nachlassregelungen............. 164 1.2.3. Die Nachfolger ................................................................ 171 1.2.4. Fazit ................................................................................ 173 2. Onkel und Neffen............................................................................... 174 2.1. Der Fall des Paulus Behaim (1519–1568). Eine Gesellschafterversammlung mit Folgen............................. 174 2.1.1. Behaims Aufstieg zum Mitgesellschafter ......................... 177 2.1.2. Die Gewinnberechnungen 1538 bis 1554......................... 181 2.1.3. August 1556: Entscheidende Versammlungen ................. 186 2.1.4. Fazit ........................................................ 193 2.2. Lukas Rem (1481–1541) und die Welser-Vöhlin-Gesellschaft .. 195 2.2.1. Anstellung bei der Welser-Gesellschaft ........................... 197 2.2.2. Zwei Konflikte im Jahr 1515 und 1517............................ 198 2.2.3. Nach den Konflikten ....................................................... 205 3. Die Brüder ......................................................................................... 206 3.1. Die Gebrüder Sebastian und Hieronymus Imhoff. Vermittlung als Strategie........................................................... 206 3.1.1. Ein chronologischer Überblick ........................................ 206 3.1.2. Die Quellen ........................................................ 208 3.1.3. Die Trennung der Brüder von der Gesellschaft ‚Endres I. Imhoff und Mitverwandte‘ und ihre Gründe ..... 210 3.1.4. Die Vermittlungsstrategie und das Ergebnis: Der ‚Vergleich‘ ....... ........................................................ 214 3.1.5. Die familienexterne Vermittlung ..................................... 233

Inhaltsverzeichnis

4.

11

3.1.6. Ein Rechtsgutachten: Wer behält das Handelszeichen? .... 238 3.2.7. Fazit ....................... ........................................................ 242 3.2. Die Arzt-Gesellschaft aus Nürnberg und Augsburg ................... 243 3.2.1. Der Quellenbestand ........................................................ 244 3.2.2. Die personelle Zusammensetzung der Arzt-Gesellschaft.. 245 3.2.3. Die Gesellschafterversammlungen................................... 247 3.2.4. Das Ende der Arzt-Gesellschaft und ein Neuanfang ......... 265 3.2.5. Fazit ....................... ........................................................ 267 3.3. Die Lukas und Endris Rem-Gesellschaft 1518–1537 ................. 268 3.3.1. Kapital und Arbeit ........................................................ 270 3.3.2. Gewinne der Rem-Gesellschaft ....................................... 275 Der Schwiegersohn ............................................................................ 276 4.1. Die Familien Herbrot und Manlich aus Augsburg ..................... 276 4.1.2. Die Heiratsverbindung..................................................... 278 4.1.3. Die Gefahr der „Desintegration“...................................... 279 4.1.4. Die Vermittlung ........................................................ 280 4.2. Im Angesicht des Konfliktes: Die Höchstetter und ihre Gesellschaftsverträge ................................................................ 282 4.2.1. Bartholomäus Rem und die Höchstetter-Gesellschaft....... 287 4.2.2. Der Gesellschaftsvertrag vom 1. April 1514 (19. Dezember 1515) ....................................................... 288 4.2.3. Der Gesellschaftsvertrag von 1524 .................................. 295 4.2.4. Vergleich der beiden Verträge ......................................... 300 4.2.5. Fazit ....................... ........................................................ 303 4.3. Die Gesellschaft Bartholomäus Viatis und Martin Peller aus Nürnberg................................................................................... 304 4.3.1. Familiäre Verhältnisse Bartholomäus Viatis des Älteren.. 305 4.3.2. Der Gesellschaftshandel des Bartholomäus Viatis ........... 307 4.3.3. Der Gesellschaftsvertrag von 1609 .................................. 310 4.3.4. Die neue Gesellschaft von 1626....................................... 314 4.3.5. Die Testamente ...... ........................................................ 316 4.3.6. Der Ratsentscheid und die neue Gesellschaft ................... 319

C

DIE ANALYSE ................................................................................. 321

1.

Konflikte............................................................................................ 321 1.1. Allgemeine innerfamiliäre Konflikte ......................................... 322 1.2. Strittige Gewinn- und Verlustermittlung ................................... 324 1.3. Kontroverse unternehmerische Entscheidungen ........................ 324 1.4. Betrügerischer Handel und vertragswidriges Verhalten ............. 325 1.5. Verschwenderische oder unfähige Gesellschafter ...................... 326 Strategien zur Konfliktvermeidung und Konsolidierung der Gesellschaft.................................................................................. 327 2.1. Die Ausbildung potentieller Nachfolger .................................... 327 2.2. Die Heiratspolitik...................................................................... 339

2.

12

3.

D

Inhaltsverzeichnis

2.3. Die Konstruktion von Gesellschafts- und Mitarbeiterverträgen als rechtliche Grundlage der Gesellschaft .................................. 341 2.4. Die Ordentliche Gesellschafterversammlung ............................. 354 2.5. Die Sicherung einer Nachfolgekontinuität durch testamentarische Verfügungen .................................................. 359 Mittel und Wege der Konfliktlösung .................................................. 362 3.1. Die außerordentliche Gesellschafterversammlung ..................... 362 3.2. Die Vermittlung ........................................................................ 364 3.3. Der gerichtliche Austrag ........................................................... 369 RESÜMEE ........................................................................................ 373

ANHANG................................................................................................. 381 Glossar ..................................................................................................... 381 Währungen ............................................................................................... 385 Abkürzungen und Siglen ........................................................................... 386 Verzeichnis der Tabellen und einer Grafik ................................................ 387 QUELLEN UND LITERATURVERZEICHNIS....................................... 389 1. Ungedruckte Quellen ............................................................................ 389 2. Gedruckte Quellen ................................................................................ 390 3. Literaturverzeichnis .............................................................................. 391 REGISTER ............................................................................................... 429 Personenregister........................................................................................ 429 Ortsregister ............................................................................................... 435 Sachregister .............................................................................................. 438

EINLEITUNG UND FRAGESTELLUNG Die Familiengesellschaften bildeten als Organisationsform eine „zentrale Grundkonstante“ in vorindustrieller Zeit.1 Besonders Nürnberg und Augsburg stellten als frühmoderne Handelszentren in Oberdeutschland eine bedeutende Größe dar, in denen familiengeprägte Unternehmen den Handel beherrschten.2 Erst seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert, deutlich seit dem 17. Jahrhundert traten zu diesen verwandtschaftlich verbundenen Gesellschaftern auch familienfremde Anteilseigner und veränderten so das vorherrschende System der Familiengesellschaft zu (Einzel- )Personen- und (künftig) Kapitalgesellschaften. Infolgedessen wird der zeitliche Bearbeitungsrahmen des Forschungsprojektes von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis in das erste Drittel des 17. Jahrhunderts gesetzt. Der Familienbegriff wird hierbei sehr weit, variabel und dynamisch aufgefasst, da sich eine Familie aus eng oder entfernt verwandten Angehörigen, aus angeheirateten und in einigen Fällen aus freundschaftlich liierten Mitgliedern rekrutierte und dadurch stetig veränderte, ergänzte und reduzierte.3 Die oberdeutschen Gesellschaften solcher „Verwandtschaftsfamilien“4 bildeten zudem „eine auf Vertrag beruhende Vereinigung mehrerer Personen zu wirtschaftlicher Erwerbstätigkeit“5, de-

1

2 3

4 5

Grundlegend dazu: Markus A. Denzel, The Merchant Family in the „Oberdeutsche Hochfinanz“ from the Middle-Ages up to the Eighteenth Century, in: Simonetta Cavaciocchi (a cura di), La famiglia nellʼecconomia europea secc. XII–XVIII (Fondazione istituto internazionale di storia ecconomica „F. Datini“. Serie II – Atti delle „Settimane di studi“ e altri convegni, 40), Firenze 2009, S. 365–388. Der Begriff der Familie wird hierbei sehr weit, variabel und dynamisch aufgefasst, mehr dazu siehe Kapitel „Familiengesellschaften in Oberdeutschland“ S. 41ff. Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge aus dem 15. und 16. Jahrhundert, ihre Geschichte und ihr Recht, Leipzig 1908, S. 41; Gerhard Fouquet, „Freundschaft" und „Feindschaft“: Stadtadlige Verwandtschaftsfamilien in deutschen Städten des Spätmittelalters, in: Karl-Heinz Spieß (Hrsg.), Die Familie in der Gesellschaft des Mittelalters, Ostfildern 2009, S. 113; Denzel, The Merchant Family, S. 365–388. Fouquet, Stadtadelige Verwandtschaftsfamilien, S. 111. Hans Kobelt, Die Entwicklung der Handelsgesellschaften und ihres Rechts in der Schweiz insbesondere in St. Gallen bis Ende 18. Jahrhunderts, Bern 1916, S. 31. Eine knappe und doch treffende Charakteristik dieser Personengesellschaften bot Wolf Hengstmann in seiner Studie „Die Familiengesellschaft“, Halle 1935, S. 17: „Eine Familiengesellschaft [ist] eine Gesellschaft, bei welcher die Familie in der Lage ist, das Unternehmen zu beherrschen, sei es, dass die Mehrheit der Teilhaber Familienmitglieder sind (Personalgesellschaften), sei es, dass der überwiegende Teil des Kapitals sich in der Händen der Familie befindet, und die Familienmitglieder den Willen haben, die Gesellschaft als ein der Familie dienendes Unternehmen zu führen“. Diese Studie lässt allerdings eine Nähe zur nationalsozialistischen Ideologie erkennen (und ist dementsprechend kritisch-vorsichtig zu zitieren), wenn Hengstmann, S. 8 etwa auf Folgendes hinwies: „Die Gesetzgebung des nationalsozialistischen Staates zeigt deutlich, welchen Wert der Staat auf die Sicherung und Förderung der Familie, seiner Urzelle, legt. Hierbei

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Einleitung

ren Selbstverständnis vor allem auf Langlebigkeit, Kontinuität und Vertrauen angelegt war6 und die Mithilfe von flexiblen Netzwerken und Klientelstrukturen7 im Waren- und Kredithandel tätig waren. Diese zunächst europaweit und später darüber hinaus agierenden Familienunternehmen bestanden im Kern aus einer Familie, die auch den oder die führenden Regierer (Geschäftsführer) stellte. Mitgesellschafter, mit einer Kapitaleinlage an dem Unternehmen Beteiligte, waren als potentielle Nachfolger oder Faktoren und Handelsdiener vorgesehen. Außerdem kamen durch Heirat die Schwiegersöhne oder Schwäger als weitere Gesellschafter hinzu. Und schließlich war es auch den weiblichen Familienmitgliedern möglich, zwar nicht aktiv, aber mit einer Kapitaleinlage am Geschäft Anteil zu haben.8 Ziel dieser Untersuchung zur oberdeutschen Unternehmensgeschichte der Frühmoderne ist es, innerhalb von Familiengesellschaften Konfliktsituationen zu

6 7

8

umfasst das Interesse des Staates den Schutz und die Förderung der Familie in gesundheitlicher, geistiger, moralischer und materieller Beziehung. […] Im Staatsleben sind diese Zustände anonymer, parlamentarischer Leitung durch den Nationalsozialismus zugunsten verantwortungsvoller Führerschaft beseitigt worden.“ Diese Aussage nimmt er zum Anlaß, die Anonymität der Kapital- und Aktiengesellschaften eben der von ihm positiv, weil persönlich und damit verantwortlich dargestellten Familiengesellschafen entgegenzustellen. Ebd., S. 17. Reinhard Hildebrandt, Quellen und Regesten zu den Augsburger Handelshäusern der Paler und Rehlinger 1539–1642. Wirtschaft und Politik im 16./17. Jahrhundert (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit 19,1; 19,2), 2 Bde., Stuttgart 1996, Bd. 1, S. 21. Zu Netzwerkforschung und Klientelbildung aus der großen Zahl der Publikationen vgl. vor allem Wolfgang Reinhard, Freunde und Kreaturen. „Verflechtung“ als Konzept zur Erforschung historischer Führungsgruppen. Römische Oligarchie um 1600, (Schriften der Philosophischen Fakultäten der Universität Augsburg. Historisch-sozialwissenschaftliche Reihe, 14), München 1979, passim. Für die Netzwerkforschungen stehen außerdem die umfangreichen Arbeiten Mark Häberleins. Aus der Vielzahl seiner dazu entstandenen Publikationen können exemplarisch genannt werden: Brüder, Freunde und Betrüger. Soziale Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts, (Colloquia Augustana, 9), Berlin 1998 sowie sein Aufsatz: Netzwerkanalyse und historische Elitenforschung. Probleme, Erfahrungen und Ergebnisse am Beispiel der Reichsstadt Augsburg, in: Regina Dauser (Hrsg.), Wissen im Netz. Botanik und Pflanzentransfer in europäischen Korrespondenznetzen des 18. Jahrhunderts, Berlin 2008, S. 315–328 mit vielen weiteren Literaturangaben. Im Hinblick auf die „Führungseliten“ und das Konzept von Netzwerken im Allgemeinen und Handelsnetzwerken im Besonderen grundlegend und ausführlich der von Gerhard Fouquet und Hans-Jörg Gilomen herausgegebene Sammelband: Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalters, (Vorträge und Forschungen, 72), Ostfildern 2010; darin besonders: Gerhard Fouquet, Netzwerke im internationalen Handel des Mittelalters – eine Einleitung, S. 9–17; Stephan Selzer / Ulf Christian Ewert, Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalters. Konzepte – Anwendungen – Fragestellungen, S. 21–47 sowie Hans-Jörg Gilomen, Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalters – Versuch einer Bilanz, S. 341–364. Valentin Mayer, Die ‚Fürlegung‘ in den Handelsgesellschaften des Mittelalters und des Frühkapitalismus, München 1925, S. 27, Anm. 4; Wolfgang von Stromer, Das Schriftwesen der Nürnberger Wirtschaft vom 14. bis zum 16. Jh., in: Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte, Bd. 2, Nürnberg 1967, S. 751–799, hier S. 766; Elmar Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften in der Zeit der Fugger, 2 Bde., Tübingen 1976, Bd. 1, S. 266.

Einleitung

15

erkennen und deren mögliche und effektive Strategien und Maßnahmen zur Konfliktbewältigung aufzuspüren.9 Hierbei liegt der Fokus dezidiert auf den oberdeutschen Gesellschaften.10 Seit der Gründung von Handelsgesellschaften im Mittelalter bis in die industrielle Zeit lässt sich eine hohe Kontinuität einerseits von Problemfeldern und andererseits von Lösungsstrategien feststellen. So verknüpfte etwa Reinhard Hildebrandt diese Kontinuität und die Notwendigkeit aus der historischen Perspektive mit Erkenntnissen für gegenwärtige Realitäten: „Die Geschichte kann [...] sehr wohl dazu beitragen, die Gegenwart besser zu verstehen und ihre Probleme klarer zu erkennen, indem sie einerseits Unterschiede deutlich macht und damit erst den Vergleich als Erkenntnismittel ermöglicht und andererseits auf Kontinuitäten, Wirkungszusammenhänge und Wirkungskräfte aufmerksam macht, deren Intensität und Motivation sonst allzu leicht übersehen oder falsch eingeschätzt werden.“11 Als selbstverständlich darf bei Hildebrandt vorausgesetzt werden, dass keine Gleichsetzung der frühmodernen mit den modernen Familiengesellschaften postuliert wird, dazu sind die determinierenden Rahmenbedingungen in vielerlei Hinsicht zu unterschiedlich. Aber frühmoderne und moderne Strukturen des „Sozialsystems Familie und Unternehmen“, wie es Arist von Schlippe zuletzt formulierte,12 Konfliktfelder sowie präventive Maßnahmen gegen Konflikte und Lösungsversuche im Konfliktfall können hingegen durchaus miteinander verglichen werden.13 Daraus ergeben sich folgende Fragestellungen für die Unternehmensgeschichtsforschung der Frühmoderne und bilden für die vorliegende Untersuchung den thematischen Rahmen:

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12 13

Einen ersten, eher allgemein gehaltenen Überblick erstellte die Verfasserin 2011 als Ergebnis von der EQUA-Stiftung in München geförderten Stipendiums: Mechthild Isenmann, Die Familie – ein Unternehmen, (EQUA-Schriftenreihe Heft 11), Bonn 2011. Unternehmen südlich der Alpen werden aufgrund der schwierigen Quellenlage zur vorliegenden Fragestellung nicht betrachtet und bedürfen einer eigenen Studie. Reinhard Hildebrandt, Zum Verhältnis von Wirtschaftsrecht und Wirtschaftspraxis im 16. Jahrhundert. Die Fallitenordnung des Augsburger Rates 1564–1580, in: Anita Mächler (Hrsg.), Historische Studien zu Politik, Verfassung und Gesellschaft. Festschrift für Richard Dietrich, Bern / Frankfurt a. M. 1976, S. 152–163, hier S. 161. Die Frage in welchem Verhältnis Moderne und Vormoderne stehen, wieweit vormoderne wirtschaftliche, rechtliche und soziale Strukturen in die Moderne hineinreichen und diese mitformten, behandelt Eberhard Isenmann, Kann das Mittelalter modern sein? Vormoderne und Moderne – Alterität und Modernität, in: Jan Broch / Markus Rassiller (Hrsg.), Protomoderne – Schwellen früherer Modernität, (Forum, 5), Würzburg 2008, S. 27–82, hier S. 37ff. Geleitwort Arist von Schlippe zur Dissertation Nicola Neuvians, Mediation in Familienunternehmen. Chancen und Grenzen des Verfahrens in der Konfliktdynamik, Wiesbaden 2011, S. VII. Mit dem Schwerpunkt auf dem 19. und 20. Jahrhundert liegt die globale Überblicksdarstellung von David S. Landes, Die Macht der Familie. Wirtschaftsdynastien in der Weltgeschichte, (org.: Dynasties, New York 2006), München 2006, vor. Zuletzt untersuchte Sandra Zeumer in ihrer Dissertation: Nachfolge in Familienunternehmen. Drei Fallbeispiele aus dem Bergischen Land im 19. und 20. Jahrhundert, (Beiträge zur Unternehmensgeschichte, 30), Stuttgart 2012 und konnte aus den regionalen Fallbeispielen grundlegende und allgemeine Erkenntnisse zu Familiengesellschaften, ihren Konflikten und den Lösungsstrategien dagegen gewinnen.

16

Einleitung

1. Themenspezifische Erkenntnisse für die Konfliktforschung. 2. Feststellung besonders effektiver konfliktvermeidender oder -lösender Maßnahmen. 3. Neue und weit über die bisherige Forschung hinausgehende Erkenntnisse zur Binnenstruktur frühmoderner Familiengesellschaften. 4. Erweiterte Aussagemöglichkeiten zu Handelspraxis und Wirtschaftsleben. 5. Ergebnisse zur familiären „dynamischen“ Klientelstruktur, die besonders auch für Oberdeutschland dominant ist. 6. Neue Aufschlüsse über Kommunikationsformen zwischen verwandten Gesellschaftern, damit verbunden auch über die Kommunikation zwischen Familiengesellschaften einerseits und mit städtischen Institutionen andererseits. 7. Einblicke in Vorstellungen von Wirtschaftsethik und Kaufmannsmentalität. 8. Erkenntnisse zur Gedankenwelt des Kaufmanns, zum Prozess seiner Entscheidungsfindung und zu seinen, den Situationen angepassten, variablen Verhaltensmustern. Der Fokus liegt dabei auf familieninternen Konflikten, die einerseits zu einem großen Teil Probleme bei der Nachfolge zwischen Vätern und Söhnen oder auch zwischen Brüdern, Onkel, Vettern, Schwägern, Schwiegersöhnen sowie den Kindern aus erster, zweiter oder dritter Ehe umfassten. Ebenso entstanden Auseinandersetzungen aufgrund unzuverlässiger, unfähiger, verschwenderischer und unbotmäßiger Nachfolger oder bereits tätiger Gesellschafter, oder auch durch Kommunikationsprobleme zwischen den Gesellschaftern sowie durch Verhindern oder Verzögern einer ordnungsgemäßen Nachfolge seitens der Prinzipale einer Gesellschaft. Andererseits führten auch ökonomische und organisatorische Gesichtspunkte innerhalb der Gesellschaft zu Kontroversen, wie etwa Liquiditätsprobleme, umstrittene Gewinnverteilungen, Rechnungslegung und -abschlüsse, unkorrekte Buchführung oder die strittige „operative“ Geschäftsausrichtung. Vollends zogen Gerüchte, nicht liquide und solide zu sein, Kontroversen nach sich. Zusammengefasst bestanden diese Konflikte ursächlich aus einem Spannungsverhältnis und Wechselspiel von Flexibilität und Konservatismus bei Nachfolgefragen, bei der personellen Auswahl sowie der gemeinsamen ökonomischen Ausrichtung der Familiengesellschaft. Konflikte und Krisenfälle erforderten eine Reihe von „Strategien“ und „Mittel und Wege“ dagegen. Dabei impliziert der Begriff „Strategie“ ein planvolles, auf Langfristigkeit angelegtes, konfliktpräventives und vor allem zielgerichtetes Vorgehen, akute Maßnahmen und Wege wurden hingegen im konkreten Krisen- und Konfliktfall eingesetzt. Sie passten sich den Umständen gemäß an, erforderten also ein Reagieren auf entstehende oder vorhandene Konflikte, womit sie sich in der Regel von den Strategien unterschieden, denen eine gewisse Kontinuität und Linearität im Sinne einer zielführenden Handlungsweise zu eigen ist. Beide – Konfliktprävention und Maßnahmen im Verlauf eines Konflikts – konnten sich durchaus bedingen oder aufeinander folgen. Folgende strategische Handlungswege ergriffen Familiengesellschaften, um mögliche innergesellschaftliche und damit immer auch innerfamiliäre Konflikte zu

Einleitung

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vermeiden: Eine planmäßige, zunehmend standardisierte Ausbildung mit dem Bestreben nach einer Professionalisierung, eine zielgerichtete Heiratspolitik, die Schaffung einer bindenden normativ-rechtlichen Grundlage durch Gesellschaftsund Mitarbeiterverträge, die Durchführung obligatorischer Gesellschafterversammlungen sowie testamentarische Verfügungen. Waren die Konflikte bereits ausgebrochen, standen zur Lösung folgende Maßnahmen und Wege zur Verfügung: Die Einberufung von außerordentlichen Gesellschafterversammlung, die Konsultation von Vermittlern, die idealerweise von verwandtschaftlich verbundenen „Mediatoren“ gestellt wurden oder sich aus externen Personen rekrutierten, wie z. B. Vertreter des städtischen Rates oder Mitglieder anderer Gesellschaften, ferner die Hinzuziehung externer Kontrollpersonen oder Krisen“manager“ (‘viri boni‘). Außerdem konnten in Konfliktsituationen auch die Versetzung, das Auszahlen oder der Ausschluss von Familienmitgliedern sowie, als ultima ratio, der schiedsgerichtliche und gerichtliche Austrag zur Anwendung kommen. Innergesellschaftliche Konflikte und Krisen sowie die Strategien, Mittel und Wege, die die Gesellschafter und Familienmitglieder anwandten, bilden auch das Raster für die Auswahl der einzelnen Familiengesellschaften. Aufgrund der umfangreichen Quellenlage stammen die Beispiele vor allem aus Nürnberg und Augsburg. Folgende ermittelte Fallbeispiele werden ausführlich untersucht: Die Nürnberger Gesellschaften der Imhoff, Arzt, Behaim, Viatis-Peller und die Augsburger Gesellschaften Meuting, Paumgartner, Welser und Rem, Höchstetter und Herbrot sowie die Manlich. Ferner werden eine Reihe weiterer, auch andernorts untersuchte Gesellschaften im Zusammenhang mit der Darstellung der jeweiligen Maßnahmen herangezogen. Mit quantitativer, exemplifizierender Methode werden qualitative Ergebnisse erzielt, d. h. durch die Analyse einer umfangreichen Quellengrundlage werden besonders aussagekräftige Beispiele ermittelt, die qualitative Ergebnisse hervorbringen. In dieser Untersuchung sind das solche Strategien und Maßnahmen, die häufig, besonders effizient und über einen größeren Zeitraum von verschiedenen Familiengesellschaften zur Konfliktprävention oder -lösung gewählt wurden. Vielfach untersuchte Quellen mit offiziellem, amtlichem oder auch rechtlichem Charakter wie Verträge, allgemeine Prozessakten, Protokolle, offizielles Handelsschriftgut werden hier bereichert durch Quellen mit eher inoffiziellem Charakter, wie z. B. interne Rechnungen, interne Protokolle und Korrespondenzen, die privat und nicht zur Veröffentlichung bestimmt waren. Damit wird eine Kohärenz zwischen nach außen orientierter Handelstätigkeit und interner Lebensführung, Denkweise und Entscheidungsfindung hergestellt. Um die schiere Quellenmasse zu bewältigen und für die Fragestellung nutzbar zu machen, wurde folgende Methode gewählt: Nach der Darstellung des historischen und wirtschaftsethischen Rahmens steht zunächst als Befund ein ausführlich analysiertes, quellengestütztes Fallbeispiel der Studie voran. Es folgen einschlägige, etwas knapper gefasste Fallbeispiele, geordnet nach der Zugehörigkeit des verwandtschaftlichen Grades, auf die dann ein Überblick über die verschiedenen

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Konfliktfelder aufbaut. Die verschiedenen Fallbeispiele und dieser Überblick ermöglichen sodann die Analyse der verschiedenen Präventions- und Akutmaßnahmen im Konfliktfall.

FORSCHUNGSSTAND Die gesellschaftliche Relevanz des Themas ergibt sich aus der Tatsache, dass Familiendynastien, von den frühmodernen italienischen Gesellschaften über die oberdeutschen, wie etwa die Fugger, Welser, Paumgartner und Imhoff bis hin zu den neuzeitlichen Rothschilds, Rockefellers, Krupps oder Oppenheimer, um an dieser Stelle nur einige wenige zu nennen, über Jahrhunderte bis in die Gegenwart von gesellschaftlicher und ökonomischer Bedeutung waren,14 wie es David S. Landes in seiner neuesten Studie „Die Macht der Familie“ herausstellte. Diese in Handel und Bankwesen gleichermaßen tätigen Familienunternehmen bildeten zudem eine zentrale Grundkonstante für die – von einigen Krisenzeiten abgesehen – in der longue durée15 erfolgreiche Wirtschaftsgeschichte des oberdeutschen Raumes und dominierten die vorindustrielle Unternehmensgeschichte. Die überragende Bedeutung von Familie und Verwandtschaft für die industrielle Unternehmenskultur und von Familienunternehmen für die ökonomische Entwicklung seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert belegt David S. Landes desweiteren am Beispiel ausgewählter Wirtschaftsdynastien und kommt zu folgendem Schluss: „Im Bankgeschäft kommt alles auf Beziehungen an, das heißt: auf Familie, Kontinuität, kluge Heiraten, dynastische Erbfolge.“16 Diese Einschätzung gilt bereits für die vorindustrielle Zeit. Deshalb geht Landes auch mehrfach auf diese Zeit zurück und zwar insbesondere dann, wenn er Nachfolgefragen der Familienunternehmen behandelt. Tatsächlich lässt sich seit der Gründung von Handelsgesellschaften im Mittelalter bis in die industrielle Zeit eine hohe Kontinuität von Problemfeldern und Lösungsstrategien feststellen. Bereits Ehrenberg,17 der neben den Fuggern eine Vielzahl von Familiengesellschaften im oberdeutschen Raum im 15. und 16. Jahrhundert in ihrer sozialen und 14 Der folgende Forschungsstand umfasst als Überblick vor allem die Literatur, die sich mit Handelsgesellschaften, mit ihren sozialen, ökonomischen, rechtlichen Aspekten sowie der Konfliktforschung beschäftigt. Ein Forschungsüberblick über eine allgemeine Handelsgeschichte ist nicht beabsichtigt. 15 Der Ausdruck „longue durée“ wurde geprägt durch Fernand Braudel, Geschichte und Sozialwissenschaften. Die longue durée, in: Marc Bloch / Fernand Braudel / Lucien Febvre, Schrift und Materie der Geschichte. Vorschläge zu einer systematischen Aneignung historischer Prozesse, hrsg. von Claudia Honegger, Frankfurt am Main 1977, S. 47–85. 16 David S. Landes, Die Macht der Familie, (Original: Dynasties, New York 2006), München 2006, S. 35. 17 Richard Ehrenberg, Das Zeitalter der Fugger. Geldkapital und Creditverkehr im 16. Jahrhundert, Bd. 1, Die Geldmächte des 16. Jahrhunderts; Bd. 2, Die Weltbörsen und Finanzkrisen des 16. Jahrhunderts, Jena 1896 [³1922] (2. Nachdr. Hildesheim 1990). Erich Landsteiner, Kein Zeitalter der Fugger: Zentraleuropa 1450–1620, in: Friedrich Edelmayer / Peter Feldbauer / Marija Wakounig (Hrsg.), Globalgeschichte 1450–1620. Anfänge und Perspektiven, Wien 2002, S. 95–123, hier S. 57 sieht diese Bezeichnung eines ganzen Jahrhunderts nach einem

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wirtschaftlichen Entwicklung darstellte, nahm immer wieder Bezug auf die Bindungen innerhalb der Familien, aber auch zwischen den Familien. Die Konzentration auf den oberdeutschen Raum, der auch hier im Zentrum steht, liegt aus mehreren Gründen nahe: Zum einen ist es die relative Vielfalt an wirtschafts- und sozialhistorischer Literatur, die sich für andere Räume des Heiligen Römischen Reiches nicht in gleicher Dichte und Detailliertheit findet. Zum anderen ist es die Unternehmensform der Familiengesellschaft, die in Oberdeutschland – Max Weber folgend wohl nach italienischem Vorbild18 – anders als in anderen Regionen des Reiches über Jahrhunderte eine zentrale, ja dominierende Rolle in der gesamten Handelswelt spielte und der unter dem Themenschwerpunkt ‚Familie‘ daher eine besondere Rolle zukommt.19 Kellenbenz verarbeitete in vielen Studien und Aufsätzen die besondere Bedeutung dieser Familien-Gesellschaften. 20 Einen Schwerpunkt seiner Forschung legte er dabei auf den weiten Handelsradius der Gesellschaften nach Italien und vor allem der iberischen Halbinsel,21 aus dem schließlich ihr außereuropäischer Handel mit den überseeischen Ländern folgte. Einen vergleichbaren räumlichen Zuschnitt legte auch von Stromer in seinem Werk zur Oberdeutschen Hochfinanz zugrunde.22 Durch die Forschungen von Stromers wird deutlich, dass neben den Fuggern eine Vielzahl weiterer Familiengesellschaften, die er der „Hochfinanz“ zurechnet, wirtschaftlich und auch politisch eine bedeutende Rolle spielten.23 Bereits für das 14. und 15. Jahrhundert konnte Wolfgang von Stromer die Konturen einer oberdeutschen Hochfinanz, den KaufmannBankier, herausarbeiten, der sich Ende des 15. Jahrhunderts zu einem europaweit

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Unternehmen kritisch, indem er etwa darauf hinweist, dass dieser „Unternehmenstypus“ zwar im 13. Jahrhundert in Italien eine „auffällige Variante“ der Kaufmannsgesellschaften gewesen war, im 16. Jahrhundert aber nicht mehr als repräsentativ gelten kann. Max Weber, Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter, Stuttgart 1889, S. 44ff. Denzel, The Merchant Family, S. 365–388. Hermann Kellenbenz, Gewerbe und Handel 1500–1648, in: Hermann Aubin / Wolfgang Zorn (Hrsg.), Handbuch der deutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Stuttgart 1971, Bd. 1, S. 414–464; ders., Nürnberger Handel um 1540, in: MVGN 50 (1960), S. 299–324. Hermann Kellenbenz, Die fremden Kaufleute auf der Iberischen Halbinsel vom 15. Jahrhundert bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, in: ders. (Hrsg.), Fremde Kaufleute auf der iberischen Halbinsel, (Kölner Kolloquien zur internationalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 1), Köln 1970, S. 265–376. Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1350–1450, 3 Teilbände, (VSWG Beihefte, 55–57), Wiesbaden 1970. Ders., Verflechtungen oberdeutscher Wirtschaftszentren am Beginn der Neuzeit, in: Wilhelm Rausch (Hrsg.), Die Stadt an der Schwelle zur Neuzeit, Donauwörth 1980, S. 21–40; Wolfgang von Stromer, Binationale deutsch-italienische Handelsgesellschaften im Mittelalter, in: Siegfried W. de Rachewiltz / Josef Riedmann (Hrsg.), Kommunikation und Mobilität im Mittelalter. Begegnungen zwischen dem Süden und der Mitte Europas (11.–14. Jahrhundert), Sigmaringen 1995, S. 135–158.

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agierenden Großunternehmer entwickelte.24 Dabei stellte er folgende Strukturmerkmale heraus: „Bei sich im Zeitablauf wandelnden Organisationsformen blieb bei durch die Generationsfolgen wechselnden Beteiligten in der Regel ein fester, meist um eine Großfamilie sich gruppierender Personenkern […]. Ein nicht geringer Teil dieser Firmenangehörigen in gehobenen Positionen war mit der oder den Kernfamilien des Handelshauses verwandt oder versippt und mit einer Kapitalanlage beteiligt. Verwandtschaftliche und kapitalmäßige Verknüpfungen übergriffen sich bei den Teilhabern der Handelsgesellschaften.“25 Diese zentrale Bedeutung der Familie wurde dann 2008 auf der 40. Settimana di Studi in Prato, die sich dem Thema „La famiglia nell'economia europea secc. XII–XVIII“ widmete, durch Markus A. Denzel herausgestellt und zusammengefasst. Aus dieser international bedeutenden Zusammenkunft von Wirtschaftshistorikern, die ihren Arbeitsschwerpunkt in der vorindustriellen Zeit haben, resultierte ein Tagungsband,26 der eine für das Thema maßgebliche erste Bestandsaufnahme der Forschungen zu den Familiengesellschaften legt. Im Beitrag von Markus A. Denzel befasst sich der Autor grundlegend mit oberdeutschen Familiengesellschaften und stellt fest: „Neben der Konzentration auf risikoarme Geschäftsbereiche (worauf hier nicht näher einzugehen ist) und den in der Regel gezielt vorgenommenen Heiratsverbindungen zu Familien mit ähnlichen Geschäftsinteressen waren die Erbschaftsregelungen das entscheidende Moment der Stabilität des Handelshauses: Die klare Herausstellung des Zusammenhangs zwischen Leistung und Fähigkeiten einerseits und Belohnung andererseits – et vice versa –, das zentrale Interesse an der Weiterexistenz der Unternehmung, dem alles übrige untergeordnet wurde und die weitreichende Konzentration der Unternehmensführung sicherte langfristig nicht nur den ökonomischen Erfolg, sondern auch den gesellschaftlichen Aufstieg der Familienunternehmung ab.“27 Das gilt in vergleichbaren Maß auch für moderne Familiengesellschaften und führte dazu, dass eine Stiftung eines heutigen mittelständischen Unternehmens, die EQUA-Stiftung in München davon überzeugt werden konnte, ein Forschungsprojekt dazu zu bewilligen. Denn die gegenwärtigen Fragestellungen zu Konflikten, Lösungsstrategien, Nachfolgefragen, Leistung und Fähigkeit, die der Wissen-

24 Wolfgang von Stromer, Organisation und Struktur deutscher Unternehmen in der Zeit bis zum Dreissigjährigen Krieg, in: Tradition. Zeitschrift für Firmengeschichte und Unternehmerbiographie 13 (1968), S. 29–37. 25 Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, Bd. 1, S. 10f. Gilomen, Wirtschaftliche Eliten, S. 361 bevorzugt statt der Bezeichnung ‚Hochfinanz‘ und ‚merchant-banker‘ den Begriff des „innovatorischen Unternehmer[s]“ und folgt damit Schumpeter. 26 Dazu gab die Fondatione Datini folgenden Tagungsband heraus: La famiglia nellʼeconomia europea secc. XII–XVIII, (Fondazione istituto internazionale di storia ecconomica „F. Datini“. Serie II–Atti delle „Settimane di studi“ e altri convegni, 40) Firenze 2009. 27 Denzel, The Merchant Family, S. 379. Vgl. auch Mark Häberlein, Familiäre Bindungen und geschäftliche Interessen: Die Augsburger Kaufmannsfamilie Böcklin zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 87 (1994), S. 39–58.

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schaftsförderung der EQUA-Stiftung zugrunde liegen, wurden auch in der Frühmoderne gestellt. Sie stellen zudem ein Desiderat der modernen Unternehmensgeschichtsschreibung dar, da etwa die Firmenarchive hierzu in der Regel nicht oder nur eingeschränkt einsehbar sind, was für die Forschungen der frühmodernen Unternehmen nicht gilt. Für die Frühmoderne diesen nachzugehen, war Ziel des Forschungsprojektes, woraus die Verfasserin einen, nach den Vorgaben der Herausgeber der EQUA-Schriftenreihe zunächst knappen Bericht: „Die Familie – ein Unternehmen. Frühe Familiengesellschaften zwischen Kontinuität und Konflikt“ verfasste.28 Darin wurde eine erste Bestandsaufnahme zu Fragen nach Konfliktpräventionen und konfliktlösenden Maßnahmen anhand einiger Fallbeispiele oberdeutscher Familiengesellschaften erstellt. Gegenwärtige Nachfolgeprobleme und das Konfliktmanagement in Familienunternehmen untersucht mit Hilfe von Interviews eine Forschergruppe um Arist von Schlippe,29 Stiftungslehrstuhl für „Führung und Dynamik“, Wirtschaftsfakultät der Universität Witten-Herdecke. Dabei handelt es sich vor allem um aktuelle, subjektive Situationsbeschreibungen der jeweiligen Familienmitglieder, die in den Unternehmen bereits mitarbeiten oder mitarbeiten wollen. Strukturelle Probleme der Unternehmen, die aus den Akten der Familiengesellschaften herausgearbeitet werden könnten, werden, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt genutzt, weil etwa die modernen Firmenarchive hierzu häufig noch nicht einsehbar sind.30 Anders hingegen ermöglichen Aktenbestände von Gesellschaften des 15. und 16. Jahrhunderts die Analyse struktureller Konflikte und ihrer Lösungen. Wie umfassend interne Einblicke in eine Handelsgesellschaft sein können und welche Möglichkeiten sich zur Konfliktforschung dabei bieten, zeigt das komplexe und umfassende Beispiel der Nürnberger Familien Arzt und Paumgartner. In der Untersuchung „Das Innenverhältnis einer spätmittelalterlichen Handelsgesellschaft und die Ausweitung interner Konflikte – Hans Arzt und Gesellschaft, Anton Paumgartner und die Reichsstadt Nürnberg (1447–1471)“, welche die Verfasserin zusammen mit Eberhard Isenmann erstellte, werden eine zunächst gesellschaftsinterne Konfliktsituation und ihre Verschärfung durch die Intervention politischer Mächte aus den erhaltenen Akten des 15. Jahrhunderts untersucht.31 Aus der Wissenschaftsförderung der EQUA-Stiftung wurde dann unter der Leitung von Markus A. Denzel ein Forschungsprojekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft verwirklicht, dass nach „Strategien und Handlungskonzepte[n] oberdeutscher Handelshäuser zur intra- und interfamiliären Konfliktlösung im 15. und 28 M. Isenmann, Die Familie – ein Unternehmen. 29 Arist von Schlippe (Hrsg.), Familienunternehmen verstehen. Gründer, Gesellschafter und Generationen, Göttingen 2008. Vgl. auch Markus Plate u. a. (Hrsg.): Große deutsche Familienunternehmen. Generationenfolge, Familienstrategie und Unternehmensentwicklung, Göttingen 2011. 30 Von Schlippe folgt mit seinen Fragestellungen darüber hinaus eher einem sozialwissenschaftlich und psychologischen Forschungsansatz. 31 Mechthild und Eberhard Isenmann, Das Innenverhältnis einer spätmittelalterlichen Handelsgesellschaft und die Ausweitung interner Konflikte – Hans Arzt und Gesellschaft, Anton Paumgartner und die Reichsstadt Nürnberg (1447–1471), in: VSWG 101 (2014), S. 432–487.

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‚langen 16. Jahrhundert‘ fragt.32 Denzel entwickelte dazu Grundlagen für Kriterien einschlägiger Fallbeispiele von Familiengesellschaften und führt außerdem eine Reihe von Maßnahmen auf, die von den Gesellschaften zur Prävention von Konflikten gewählt wurden. Darunter zählten Verträge, testamentarische Verfügungen und Heiratsverbindungen, die die Gesellschaften konfliktfrei weiterführen sollten. Als Fallbeispiele wählte Denzel die Augsburger Haug-Langnauer-Linck, die Böcklin, die Welser, der Paler oder auch die Viatis-Peller in Nürnberg.33 Zugleich zeigt Denzel auch mögliche Schwachstellen der Maßnahmen auf, indem er etwa anhand der Heiratsverbindungen feststellt, dass Konflikte in diesem Bereich ein erhebliches Gefahrenpotenzial für die Familiengesellschaft darstellen konnten: „whenever a process of social desintegration, for instance through matrimonial conflicts, set in, the commercial performance – or even continuation – of the family business could be seriously jeopardized.“34 Für Augsburg ist für die Fragestellung ferner die grundlegende Untersuchung von Mark Häberlein „Brüder, Freunde und Betrüger. Soziale Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts“35 zu nennen. In dieser Untersuchung zur Funktion und Bedeutung sozialer Beziehungen anhand der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts stellt Mark Häberlein heraus, dass Familie und Verwandtschaft die zentrale Grundlagen kommerzieller und finanzieller Beziehungen schlechthin waren.36 Dies zeigt sich augenfällig daran, dass in zahlreichen Gesellschaften ausschließlich Familienangehörige als Teilhaber auftraten – so etwa bei den Fuggern – und dass selbst bei jenen, die auch fernerstehende Kaufleute als nichtverwandte Teilhaber zuließen – wie beispielsweise die Welser – die Vormacht der Familie gewahrt blieb.37 Gerhard Fouquet zieht daher in seinem Aufsatz „‚Freundschaft‘ und ‚Feindschaft‘: Stadtadlige Verwandtschaftsfamilien in deutschen Städten des Spätmittelalters“ den Begriff der „Verwandtschaftsfamilie“ dem des verengenden „Familien“begriffs vor.38 Dabei wurden in Krisen- und Konfliktzeiten an die Institution Familie noch größere Erwartung als in ‚Normaljahren‘ geknüpft, auch wenn derartige familiäre und verwandtschaftliche Beziehungen gerade dann oft nicht mehr hinreichend waren, um etwa einem drohenden Bankrott zu entgehen, wie dies in Augsburg gegen Ende der 1550er Jahre mehrfach der Fall war.39

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DFG-Projekt DE 589/16-1–AOBJ: 576113, gefördert in den Jahren 2010–2015. Denzel, The Merchant Family, S. 377. Ebd., S. 374f. Auch Fouquet, Stadtadlige Verwandtschaftsfamilien, S. 112. Mark Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger. Soziale Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts. (Colloquia Augustana, 9), Berlin 1998. Ebd., S. 338–392. Denzel, The Merchant Family, S. 375. Gerhard Fouquet, „Freundschaft“ und „Feindschaft“: Stadtadlige Verwandtschaftsfamilien in deutschen Städten des Spätmittelalters, in: Karl-Heinz Spieß (Hrsg.), Die Familie in der Gesellschaft des Mittelalters, Ostfildern 2009, S. 107–135. Denzel, The Merchant Family, S. 375; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 338–341.

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Derartige verwandtschaftliche Verknüpfungen stellen die Voraussetzungen für die Fragestellungen der vorliegenden Studie dar. Denn aus der Verbindung entstehen Konflikte, die gelöst und beseitigt werden sollten, um den Unternehmenserfolg zu gewährleisten. Grundlegend in Bezug auf die Untersuchungen von Handelsgesellschaften in Familienhand und ihre wirtschaftliche Entwicklung bleiben die Arbeiten von Jakob Strieder.40 Zu Unternehmungen und Unternehmensformen ist außerdem nach wie vor die Arbeit von Clemens Bauer maßgeblich,41 deren Thematik in jüngerer Zeit durch die Arbeiten von Reinhard Hildebrandt weiterentwickelt wurde.42 Ergänzend hinsichtlich der rechtlichen und finanziellen Strukturen der Familiengesellschaften, etwa der Gesellschaftsverträge und Nachfolgeregelungen, sind die Arbeiten von Elmar Lutz43, Joachim Riebartsch44 und Sandra Kischka45 exemplarisch hervorzuheben. So vergleicht Elmar Lutz mit Schwerpunkt auf Nürnberg und Augsburg eine Reihe von Gesellschaftsverträgen oberdeutscher Familiengesellschaften vom Anfang des 15. Jahrhunderts bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts und stellt Unterschiede sowie über mehrere Generationen gleichbleibende Vertragselemente heraus; der ersten Band umfasst die Analyse der verschiedenen Aspekten vertraglicher Regelung, im zweiten Band befindet sich der Abdruck von insgesamt 48 Verträgen. Joachim Riebartsch untersucht oberdeutsche Familiengesellschaften im Hinblick auf Heiratsverbindungen, Vermögensaufstellungen, Gesellschaftsverträgen sowie testamentarischen Verfügungen. Hier setzt auch die rechtshistorische Studie von Sandra Kischka an, die zahlreiche Fälle todesbedingten Ausscheidens bei oberdeutschen Familiengesellschaften vergleichend bearbeitet. Insbesondere Nachfolgefragen in diesem besonderen und doch so häufig auftretenden Fall werden von Kischka analysiert. Der zur Lösung im Konfliktfall häufig und effektiv eingeschlagene Weg des außer- und schiedsgerichtlichen Austrags sowie das eher widerstrebend genutzte ordentliche Gerichtsverfahren wurde in der Forschung meist im Zusammenhang 40 Jakob Strieder, Zur Genesis des modernen Kapitalismus, Leipzig 1904, 2. Auf. 1935; ders., Studien zur Geschichte kapitalistischer Organisationsformen. Monopole, Kartelle und Aktiengesellschaften im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit, München/Leipzig 1914. 41 Clemens Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen in Spätmittelalter und in der beginnenden Neuzeit, (Münchener volkswirtschaftliche Studien, N. F. H. 23), Jena 1936 (Neudruck 1982). 42 Reinhard Hildebrandt, Diener und Herren. Zur Anatomie großer Unternehmen im Zeitalter der Fugger, in: Johannes Burkhardt / Thomas Nieding / Christine Werkstetter (Hrsg.), Augsburger Handelshäuser im Wandel des historischen Urteils. [Symposium … vom Institut für Europäische Kulturgeschichte … 1993 durchgeführt], (Colloquia Augustana, 3), Berlin 1996, S. 149– 174; ders., Unternehmensstrukturen im Wandel. Familien- und Kapitalgesellschaften vom 15.– 17. Jahrhundert, in: Hans Jürgen Gerhard (Hrsg.), Struktur und Dimension. Mittelalter und Frühe Neuzeit, (VSWG Beihefte, 132/133), Stuttgart 1997, S. 93–110. 43 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften. 44 Joachim Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften des 15. und 16. Jahrhunderts. Eine vergleichende Darstellung ihres Eigenkapitals und ihrer Verfassung, Bergisch-Gladbach 1987. 45 Sandra Kischka, Todesbedingtes Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Personenhandelsgesellschaft, (Rechtsgeschichte und Rechtsgeschehen, 1), Münster 2004.

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mit Konkursverfahren bearbeitet. Silke Pettinger erforschte insbesondere den schiedsgerichtlichen Austrag am Beispiel der Regelungen in den Fugger-Testamenten.46 Zu nennen ist ferner das LOEWE-Projekt47, das in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und der Juristischen Fakultät der Frankfurter Universität „Außergerichtliche und gerichtliche Konfliktlösung“ untersucht. Im Jahr 2014 fand dazu eine Tagung mit dem Thema „Dealing with economic failures: extrajudicial and judicial conflict regulations“ statt, die in das Forschungsfeld des LOEWE-Projektes „Vormoderne Alternativen“ eingebunden ist.48 In einem Aufsatz im zugehörenden Tagungsband geht die Verfasserin der Frage nach, welche Strategien die Handelsgesellschaften anwandten, um krisenhaften Konflikten, die im Konkurs enden konnten, präventiv entgegenzuwirken.49 In der Forschungsliteratur werden einzelne Strategien, Mittel und Wege, um Konflikte zu verhindern, ihnen zu begegnen und sie zu lösen, untersucht. Die in diesem Zusammenhang bereits oben erwähnte Heirats- und Matrimonialpolitik50 bot für Gesellschaften ökonomische und personelle Chancen, aber auch Gefahren, wie es Mark Häberlein in seinem Aufsatz „Handelsgesellschaften, Sozialbeziehungen und Kommunikationsnetze in Oberdeutschland zwischen dem ausgehenden 15. und der Mitte des 16. Jahrhunderts“ deutlich macht.51 Hinzu trat zur Konfliktprävention eine sorgfältige Ausbildung zum Zweck der Professionalisierung und mentalen Konditionierung des potentiellen Nachwuchses. Denzel stellt die im 15. und 16. Jahrhundert zunehmende Standardisierung der Ausbildung zum Zweck der Professionalisierung dar, die zur charakterlichen und fachlichen Befähigung und zum sozialen Aufstieg führen sowie die ökonomische Kontinuität einer Gesellschaft wahren soll.52

46 Silke Pettinger, Vermögenserhaltung und Sicherung der Unternehmensfortführung durch Verfügungen von Todes wegen. Eine Studie der Frühen Augsburger Neuzeit, (Augsburger Schriften zur Rechtsgeschichte, 5), Berlin 2007. 47 Es handelt sich dabei um eine 2008 gegründete, mittlerweile ausgelaufene hessische Landesoffensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz, die einen Verbund verschiedener Forschungsinstitutionen in dem Projekt vereint. 48 Margit Schulte Beerbühl / Albrecht Cordes, Conference: Dealing with economic failures: extrajudicial and judicial conflict regulations. Die Tagung fand vom 20.–21. Februar 2014 im Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte in Frankfurt a. M. statt. 49 Mechthild Isenmann, Before bankruptcy: Conflict solution strategies of Upper German trading companies in the 15th and ‘long’ 16th Centuries, in: Margit Schulte Beerbühl / Albrecht Cordes (Hrsg.), Dealing with economic failures: extrajudicial and judicial conflict regulations, Frankfurt 2015, S. 27–52. 50 Denzel, The Merchant Family, S. 374f. 51 Mark Häberlein, Handelsgesellschaften, Sozialbeziehungen und Kommunikationsnetze in Oberdeutschland zwischen dem ausgehenden 15. und der Mitte des 16. Jahrhunderts, in: Carl A. Hoffmann / Rolf Kießling (Hrsg.), Kommunikation und Region, (Forum Suevicum, 4), Konstanz 2001, S. 305–325. 52 Markus A. Denzel, Professionalisierung und sozialer Aufstieg bei oberdeutschen Kaufleuten im 16. Jahrhundert, in: Günther Schulz (Hrsg.), Sozialer Aufstieg. Funktionseliten im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit, (Büdinger Forschungen zur Sozialgeschichte, 2000/2001), München 2002, S. 413–442, hier S. 415ff.

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Mark Häberlein befasst sich in dem Zusammenhang mit der „Aneignung, Organisation und Umsetzung von Kaufmannswissen in Süddeutschland im 16. und 17. Jahrhundert“53. In diesen Kontext gehören auch Forschungen zu den Inhalten der Ausbildung, wie Buchführung, Fremdsprachenerwerb und die soziale und kommunikative Befähigung. Zu nennen sind dazu Arbeiten von Balduin Penndorf54, Wolfgang von Stromer55, Hartmut Schiele und Manfred Ricker56, Mathias Beer57, Hanns-Peter Bruchhäuser58, Franz-Josef Arlinghaus59, Helmut Glück60 oder auch Mechthild Isenmann61. In dem Aufsatz: „Vom Nutzen und Schaden des Reichtums. Junge Nachfolger in oberdeutschen Familiengesellschaften des 15. und 16. Jahrhunderts“62 untersucht die Verfasserin einerseits Versuchungen und Gefahren potentieller Nachfolger in Familiengesellschaften während ihrer Ausbildung sowie andererseits die Maßnahmen der Elterngeneration und insbesondere der Regierer, um mittels sorgfältiger Ausbildung den Nachwuchs zu moralisch gefestigten und fähigen zukünftigen Mitgesellschaftern heranzubilden. 53 Mark Häberlein, Aneignung, Organisation und Umsetzung von Kaufmannswissen in Süddeutschland im 16. und 17. Jahrhundert, in: Michael North (Hrsg.), Kultureller Ausstausch. Bilanz und Perspektiven der Frühneuzeitforschung, Köln / Weimar / Wien 2009, S. 273–290. 54 Balduin Penndorf, Geschichte der Buchhaltung in Deutschland, Leipzig 1913 (Neudruck 1966). 55 von Stromer, Das Schriftwesen, Bd. 1, S. 751–799. 56 Hartmut Schiele / Manfred Ricker (Hrsg.), Betriebswirtschaftliche Aufschlüsse aus der Fuggerzeit, (Nürnberger Abhandlungen zu den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 25), Berlin 1967. 57 Mathias Beer, Das Verhältnis zwischen Eltern und ihren jugendlichen Kindern im spätmittelalterlichen Nürnberg. Kaufmännische Ausbildung im Spiegel privater Korrespondenzen, in: MVGN 77 (1990), S. 91–152. 58 Hanns-Peter Bruchhäuser, Kaufmannsbildung im Mittelalter. Determinanten des Curriculums deutscher Kaufleute im Spiegel der Formalisierung von Qualifizierungsprozessen, (Dissertationen zur Pädagogik, 3), Köln 1989. 59 Franz-Josef Arlinghaus, Zwischen Notiz und Bilanz. Zur Eigendynamik des Schriftgebrauchs in der kaufmännischen Buchführung am Beispiel der Datini/di Berto-Handelsgesellschaft in Avignon (1367–1373), Frankfurt a. M. 2000, untersucht die Struktur der parallel geführten Rechnungsbücher der Datini und die Berto Handelsgesellschaft. Außerdem bietet er einen umfassenden Überblick über die Forschungsliteratur. 60 Helmut Glück, Die Volkssprachen als Lerngegenstand im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, Akten des Bamberger Symposions am 18. und 19. Mai 2001, Berlin 2002; ders., Georg von Nürnberg und der Wirtschaftsraum Mitteleuropa um 1400, in: ders. / Bettina Morcinek (Hrsg.), Ein Franke in Venedig. Das Sprachlehrbuch des Georg von Nürnberg (1424) und seine Folgen, Wiesbaden 2006, S. 33–50. 61 Mechthild Isenmann, Das Spektrum der Kompetenzanforderungen an Gesellschafter des 15. und 16. Jahrhunderts, in: EQUA-Stiftung (Hrsg.), Gesellschafterkompetenz. Aspekte einer Annäherung, Bonn 2011. Die Verfasserin zeigte darin die sowohl ökonomischen als auch gesellschaftlich-politischen Aufgaben von Gesellschaftern innerhalb der frühmodernen Stadtgesellschaft, ferner wie diese ihre Befähigung für diese umfassenden Aufgaben erlangten und wie es um ihre sozial-ethische Disposition bestellt war, eine Familiengesellschaft zu führen. 62 Dies., Vom Nutzen und Schaden des Reichtums. Junge Nachfolger in oberdeutschen Familiengesellschaften des 15. und 16. Jahrhunderts, in: Petra Schulte / Peter Hesse (Hrsg.), Reichtum im späteren Mittelalter. Politische Theorie – ethische Handlungsnormen – soziale Akzeptanz, (VSWG Beihefte, 232), Stuttgart 2015, S. 167–187.

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Bei der Untersuchung oberdeutscher Familiengesellschaften kann ferner auf eine Vielzahl von Einzelstudien zu Familiengesellschaften zurückgriffen werden. In diesen Studien wird die wirtschaftliche Entwicklung der Familiengesellschaft, eingebunden in den allgemein historischen und stadthistorischen Kontext, oft verbunden mit prosopographischer Darstellung, untersucht. Aus dieser Vielzahl sind monographische Studien und umfangreiche Aufsätze zu nennen, so etwa über die Grimmel63 in Konstanz und Memmingen, die sog. Diesbach-Watt-Gesellschaft64 in St. Gallen, die Meuting65, die Arzt66, Paumgartner67, Behaim68 und Viatis-Peller69 aus Nürnberg, die Manlich70 aus Augsburg, die Imhoff71 aus Nürnberg bzw. Augsburg. Ferner geben weitere Studien etwa über die Böcklin72, Höchstetter73, die

63 Andreas Nutz, Unternehmensplanung und Geschäftspraxis im 16. Jahrhundert. Die Handelsgesellschaft Felix und Jakob Grimmel zwischen 1550 und 1560, (Beiträge zur südwestdeutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 20), St. Katharinen 1996. 64 Hektor Ammann, Die Diesbach-Watt-Gesellschaft. Ein Beitrag zur Handelsgeschichte des 15. Jahrhunderts, (Mitteilungen zur Vaterländischen Geschichte, 371), St. Gallen 1928. 65 Robert Steiner, Die Meuting in Augsburg, (Genealogia Boica, 3,1), München 1978. 66 M. und E. Isenmann, Das Innenverhältnis, S. 432–487. 67 Wilhelm Krag, Die Paumgartner von Nürnberg und Augsburg. Ein Beitrag zur Handelsgeschichte des 15. und 16. Jahrhunderts. Mit einem Anhang: Die bayerischen Baumgartner von Kufstein und Wasserburg, (Schwäbische Geschichtsquellen und Forschungen, 1), München / Leipzig 1919; Mechthild Isenmann, Die Paumgartner, eine Familiengesellschaft des 15. und 16. Jahrhundert im Spiegel von Selbst- und Fremdzeugnissen, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hrsg.), Individualbewußtsein? Persönliches Profil und soziales Umfeld. Oberdeutsche im Zeitalter der Welser und Fugger. III. Neunhofer Dialog, Lauf 2012, S. 181– 209. 68 Johann Kamann, Aus Paulus Behaims I. Briefwechsel, in: MVGN 3 (1881), S. 73–154; ders., Aus Nürnberger Haushaltungs- und Rechnungsbüchern des 15. und 16. Jahrhunderts, Teil 1, in: MVGN 6 (1886), S. 57–122; ders., Aus Paulus Behaims I. Haushaltungsbüchern 1548– 1568, Teil 2, in: MVGN 7 (1888), S. 39–168. 69 Gerhard Seibold, Die Viatis und Peller. Beiträge zur Geschichte ihrer Handelsgesellschaft, (Forschungen zur internationalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 12), Köln 1977. 70 Ders., Die Manlich. Geschichte einer Augsburger Kaufmannsfamilie, (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg, 35), Sigmaringen 1995. 71 Helga Jahnel, Die Imhoff, eine Nürnberger Patrizier- und Großkaufmannsfamilie. Eine Studie zur reichsstädtischen Wirtschaftspolitik und Kulturgeschichte an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit (1351–1679), Phil. Diss. masch. Würzburg 1952; Christoff Freiherr von Imhoff, Die Imhoff – Handelsherren und Kunstliebhaber, in: MVGN 62 (1975), S. 1–42; Lambert F. Peters, Strategische Allianzen, Wirtschaftsstandort und Standortwettbewerb, Nürnberg 1500– 1625, Frankfurt a. M. 2005. 72 Häberlein, Die Augsburger Kaufmannsfamilie Böcklin, S. 39–58. 73 Ders., „Hatt das glückh wunderbarlich mit uns spilt“. Joachim Hoechstetter d. J. (1523–1597) in der Geschäftswelt des 16. Jahrhunderts, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 95 (2002), S. 53–72; Thomas Max Safley, Der Konkurs der Höchstetter 1529 in Abhängigkeit von Beschaffungs- und Absatzmärkten für Quecksilber, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hrsg.), Beschaffungs- und Absatzmärkte oberdeutscher Firmen im Zeitalter der Welser und Fugger, Husum 2011, S. 273–286.

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Forschungsstand

Rem74 und Welser75 in Augsburg grundlegende Auskünfte über Familiengesellschaften. Darüber hinaus behandeln übergreifende Studien soziale Beziehungen, familiäre Netzwerke und Verflechtungen innerhalb als auch zwischen den Gesellschaften. Für Nürnberg untersuchte Lambert F. Peters die Netzwerkbildung Nürnberger Familiengesellschaften vorwiegend im 16. Jahrhundert.76 Diese von Peters so bezeichneten „Allianzen“ beurteilt der Autor als von den Hauptgesellschaftern strategisch geplant, zur Durchsetzung einer Marktbeherrschung etwa im Safranhandel. Zuletzt erschien zum Nürnberger Patriziat, das eine Reihe von Handelsfamilien hervorbrachte, eine umfangreiche Studie von Peter Fleischmann. In dieser erarbeitet der Autor das politische Engagement Nürnberger Familien sowie ihre personelle und ökonomische Entwicklung vom 13. bis zum 18. Jahrhundert.77 Für Augsburg im 16. Jahrhundert hat Mark Häberlein neben seiner schon genannten Studie,78 weitere Untersuchungen zu Gesellschaften und Netzwerken veröffentlicht. Exemplarisch stehen hier seine Aufsätze „‚Die Tag und Nacht auff Fürkauff trachten‘: Augsburger Großkaufleute des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts in der kritischen Beurteilung ihrer Zeitgenossen und Mitbürger“79 und „Firmenbankrotte, Sozialbeziehungen und Konfliktlösungsmechanismen in süddeutschen Städten um 1600“80. „Netzwerke im europäischen Handel“ werden zudem in einer Reihe von Beiträgen in einem 2010 von Gerhard Fouquet und HansJörg Gilomen herausgegebenen Sammelband umfassend thematisiert.81

74 Benedikt Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem aus den Jahren 1494–1541. Ein Beitrag zur Handelsgeschichte der Stadt Augsburg, (Jahresbericht des historischen Kreisvereins im Regierungsbezirk von Schwaben und Neuburg, 26), Augsburg 1861, (Original: StaBi Augsburg, 4 o Cod. H 13). 75 Mark Häberlein / Johannes Burkhardt (Hrsg.), Die Welser. Neue Forschungen zur Geschichte und Kultur des oberdeutschen Handelshauses, (Colloquia Augustana, 16), Berlin 2002. 76 Peters, Strategische Allianzen. 77 Peter Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg. Die Herrschaft der Ratsgeschlechter vom 13. bis zum 18. Jahrhundert, (Nürnberger Forschungen, 1–4), 4 Bde., Nürnberg 2008, mit weiterführender Literatur. 78 Siehe Anm. 34. 79 Mark Häberlein, „Die Tag und Nacht auff Fürkauff trachten“: Augsburger Großkaufleute des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts in der Beurteilung ihrer Zeitgenossen und Mitbürger, in: Johannes Burkhardt u. a. (Hrsg.), Augsburger Handelshäuser, S. 46–68. Häberlein untersucht darin das chronikalische Spiegelbild der dem Profit nachstrebenden Handelshäusern. 80 Mark Häberlein, Firmenbankrotte, Sozialbeziehungen und Konfliktlösungsmechanismen in süddeutschen Städten um 1600, in: Peter Eigner / Erich Landsteiner (Hrsg.), Große Bankrotte, (Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, 19/3), Innsbruck 2008, S. 10–35. 81 Gerhard Fouquet / Hans-Jörg Gilomen (Hrsg.), Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalters, (Vorträge und Forschungen, 72), Ostfildern 2010. Darin im besonderen Gerhard Fouquet, Netzwerke im internationalen Handel des Mittelalters – Eine Einleitung, S. 9–17; sowie Hans-Jörg Gilomen, Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalters – Versuch einer Bilanz, S. 341–364.

Forschungsstand

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Katarina Sieh-Burens untersuchte die Verflechtungen Augsburger Familien, mit dem Schwerpunkt auf der sozialhistorischen Komponente.82 Basierend auf der prosopographisch angelegten Verflechtungsanalyse von Wolfgang Reinhard83 bearbeitet sie verschiedene Netzwerke, wie etwa das „Welser-Netz“, das „FuggerNetz“ oder auch das „Herbrot-Netz“ und kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Augsburger Gesellschaft eine zunehmende Oligarchisierung erfuhr, und dieser kleinen reichen Gruppe eine breite vermögenslose Schicht gegenüber stand.84

82 Katarina Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik im 16. Jahrhundert. Zur sozialen Verflechtung der Augsburger Bürgermeister und Stadtpfleger 1518–1618, (Schriften der Philosophischen Fakultäten der Universität Augsburg, 29), München 1986. 83 Wolfgang Reinhard unter Mitarbeit von Mark Häberlein, Katarina Sieh-Burens und Ulrich Klinkert, Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts. Prosopographie wirtschaftlicher und politischer Führungsgruppen 1500–1620, Berlin 1996. 84 Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik, S. 38.

QUELLEN Die benutzen Quellenbestände erwiesen sich als so umfangreich, dass sie nur eng an der Fragestellung ausgerichtet verarbeitet werden konnten und daher für künftige Forschungen weitere Auswertungen zulassen. Für die systematische Recherche der Akten wurden das Stadtarchiv, Staatsarchiv und das Historische Archiv des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, das Stadt- und Staatsarchiv in Augsburg, das Bayerische Hauptstaatsarchiv und die Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek in München sowie das Fürstlich Waldburg-Zeil’sche Gesamtarchiv auf Schloss Zeil im Allgäu genutzt.85 Die dort ermittelten Quellen gliedern sich in zwei Gruppen. Eine Gruppe umfasst offizielles und rechtserhebliches Schriftgut, wie Verträge, Testamente, Gerichtsakten, Gutachten und Ratsbücher, die andere Gruppe Quellen mit eher privatem Charakter, die allerdings durchaus Geschäftliches miteinbeziehen, darunter zählen Korrespondenzen, Tagebücher, Chroniken und Aktennotizen. Die erstgenannte Gruppe ist sehr umfangreich, jedoch in der Regel systematisch gegliedert, sorgfältig angelegt, mit klarem, innerem Aufbau geschrieben. Anhand der zu einem Teil chronologisch aufeinander folgenden Ausfertigungen der Testamente zeigte sich die Reaktion des Testators – in der Regel der Gesellschaftsgründer oder – Regierer – auf die sich verändernden Sachlagen innerhalb der Familie und der Gesellschaft. Das galt insbesondere dann, wenn sich potentielle Nachfolger als zunehmend ungeeignet oder „zum Ungehorsam neigend“ entwickelten. Die Bestände des Hauptstaatsarchivs in München sowie des Fürstlich Waldburg-Zeil’schen Gesamtarchivs auf Schloss Zeil im Allgäu oder die des Stadtarchivs Nürnberg boten hier reiches Material (Paumgartner, Viatis-Peller), sodass neben einigen gedruckten Testamenten weitere elf ungedruckte Testamente aus den Archiven ausgewertet werden konnten. Ertragreich war auch die Bearbeitung der Gesellschaftsverträge, die bei der Gründung einer Gesellschaft oder einer Neukonstituierung – dann periodisch – erstellt wurden. Vor allem das Historische Archiv des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg sowie das Stadtarchiv Nürnberg boten hierzu reiches Material.

85 An dieser Stelle möchte ich den Archivmitarbeitern der verschiedenen Archive für die unermüdliche Unterstützung und Hilfe bei der mühevollen Aktenrecherche recht herzlich danken.

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Quellen

Dadurch wurden die von Lutz in seinem zweiten Band erfassten,86 ferner bei Strieder87, Möncke88, Schultheiß89 und Niedermayr90 abgedruckten Verträge um weitere elf Verträge ergänzt, die in den Archiven ermittelt, transkribiert und verarbeitet werden konnten. Die benutzten Gerichtsakten stellen in der Regel eine Sammlung von Sachverhaltsdarstellungen unterschiedlicher Parteienstandpunkte, Zeugenaussagen, Gutachten und Urteile dar, die ein differenziertes Bild über einen Konflikt geben. Hier wurden besonders die Aktenbestände des Staatsarchivs Nürnberg und des Historischen Archivs des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg (Arzt, Imhoff) sowie des Hauptstaatsarchivs in München konsultiert (Arzt, Imhoff). Es handelt sich dabei um Prozessakten aus den städtischen Gerichten sowie Reichskammergerichtsakten. Ergänzt wurde die Auswertung dieser Bestände durch Verwaltungsakten, Ratsbücher, Gerichtsbücher und Briefbücher der Städte Nürnberg und Augsburg. Die zweite Quellengruppe des informellen und persönlichen Schriftguts ließ sich nicht leicht ermitteln, da diese oftmals in den Archiven nicht genau verzeichnet ist und so in sehr unterschiedlichen Sachzusammenhängen „verborgen“ liegen konnte. Ferner ist ihre Bearbeitung aufwendig, da sie notizartig, oft flüchtig, mit schwer entzifferbarer und individueller Handschrift verfasst und mehrfach mit Überschreibungen, Einschüben sowie Korrekturen versehen wurden. Außerdem ist ihre Anlage meist unsystematisch und erschließt sich erst über eine langwierige Transkription und Einordnung des Sachverhalts. Bei der Quellengruppe handelte es sich um eine besonders ergiebige Überlieferung, die vor allem umfangreiche Korrespondenzen, die meist in allgemeinen Familienarchivbeständen aufgefunden wurden, umfasste. Insgesamt konnten in den Archiven in Nürnberg und Augsburg 277 Briefe mit Adressaten und Empfängern aus Nürnberg, Augsburg, Frankfurt, Lyon, Venedig, Neapel und L’Aquila ausgewertet werden. In den Korrespondenzen werden Argumente und Gegenargumente ausgetauscht und Vorgehensweisen während der sich ändernden Bedingungen bei einem laufenden Konflikt diskutiert. Genauso führen sie, wie sonst selten aufzudecken, in die unmittelbare persönliche (oft auch emotionale) Gedanken- und Lebenswelt und offenbaren Misstrauen, Enttäuschung, Sorge, Ärger, aber auch Freude und Stolz der Kaufmannbankiers, zugleich können familiäre Verwerfungen, gegenseitigen Animositäten, aber auch Verbrüderungen

86 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften. 87 Jakob Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, aus dem 15. und 16. Jahrhundert ihre Geschichte und ihr Recht, Leipzig 1908, S. 27–39. 88 Gisela Möncke, Quellen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte mittel- und oberdeutscher Städte im Spätmittelalter, (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, 37), Darmstadt 1962, S. 292ff. 89 Werner Schultheiß, Der Vertrag der Nürnberger Handelsgesellschaft Bartholomäus Viatis und Martin Peller von 1609/15, in: Scripta Mercaturae 1 (1968), S. 1–22. 90 Hans Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter von 1515, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 76 (1982), S. 76–91.

Quellen

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und Parteienbildungen abgebildet werden. Besonders die Korrespondenzen der Imhoff-Gesellschaft in Nürnberg und Augsburg91 zeigen, wie im Konfliktfall zwischen den Parteien über mögliche Maßnahmen konträr oder übereinstimmend diskutiert wurde, Vorschläge erstellt, verworfen oder modifiziert wurden, d. h. wie also die Entscheidungsfindung vonstatten ging. Diese zweite Quellengruppe ist sehr wichtig, da durch sie innerfamiliäre, ökonomische und zugleich politische Strukturen erhellt werden können, die sonst nicht unmittelbar fassbar sind. Heikle Aspekte der Familien und der Gesellschaften werden in dieser Quellengruppe zugänglich, die sonst nicht den internen Kreis verlassen. Desweiteren wurden sowohl ungedruckte als auch gedruckte Stamm- und Familienbücher sowie persönliche Aufzeichnungen hinzugezogen, vor allem aus dem Staatsarchiv Nürnberg (Paumgartner), dem Stadtarchiv Nürnberg (Behaim, Viatis) und der Stadtbibliothek Augsburg (Linck), dem Hauptstaatsarchiv München (Auszüge aus dem Familienstatut der Paumgartner92), dem Historischen Archiv des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg (Imhoff) und die Autobiographie Christof Scheurls aus der Scheurl-Bibliothek in Nürnberg93. Als besonders ertragreiches Beispiel stand hierbei eine Handschrift aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, das „Handlungsbuch Paulus Behaim[s]“ im Stadtarchiv Nürnberg zur Verfügung.94 Sie gibt u. a. aus persönlicher Sicht Aufschluss über eine Konfliktsituation Behaims mit der Imhoff-Gesellschaft. Auch das von Benedikt Greiff gedruckte Tagebuch Lukas Rems95 konnte zu einer Auseinandersetzung Rems mit der Welser-Gesellschaft und der Rem-Gesellschaft hinzugezogen werden. Eine weitere Gruppe gedruckter und edierter Akten ergänzten die Archivalien, so etwa Editionen und Analysen von zeitgenössischen Kaufmannsnotiz- und Rechnungsbüchern, wie das Meder’sche Handelsbuch96, die sog. Welthandelsbräuche97,

91 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39. 92 München BayHStA, Kasten Blau 382/5. 93 Nürnberg, Scheurl-Bibliothek, Cod. Ab, Scheurl Autobiographie. Die weiter unten aufgeführte Transkription stammt von Prof. Dr. Franz Fuchs, Würzburg, dem ich sehr herzlich für die Überlassung derselben danke. 94 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601. 95 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem. 96 Hermann Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch und die Welserʼschen Nachträge, (Handelsbräuche des 16. Jahrhunderts, 15), Wiesbaden 1974. Dazu Markus A. Denzel, Das Handel[s]buch von Lorenz Meder – Versuch einer Neubewertung, in: Rainer Gebhardt (Hrsg.), Arithmetische und algebraische Schriften der frühen Neuzeit. Tagungsband zum Wissenschaftlichen Kolloquium „Arithmetische und Algebraische Schriften der Frühen Neuzeit“ in der Berg- und Adam-Ries-Stadt Annaberg-Buchholz, (Schriften des Adam-Ries-Bundes Annaberg-Buchholz, 17), Annaberg-Buchholz 2005. S. 117–125. 97 Karl Otto Müller, Welthandelsbräuche (1480–1540), (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit, 5), Stuttgart 1934. Zur Autorenschaft siehe Theodor Gustav Werner, Repräsentanten der Augsburger Fugger und Nürnberger Imhoff als Urheber der wichtigsten Handschriften des Paumgartner-Archivs über Welthandelsbräuche, in: VSWG 52 (1965), S. 1–41,

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das Kaufmannsnotizbuch des Hauptbuchhalters der Fugger Matthäus Schwarz, ediert und analysiert von Markus A. Denzel und Ekkehard Westermann,98 oder die Rechnungsfragmente der Welser, ediert und kommentiert von Peter Geffcken und Mark Häberlein99. Weiter wurden gedruckte Chroniken städtischer Chronisten wie etwa der Augsburger Clemens Sender100 und Wilhelm Rem101 aus den Bänden der Städtechroniken konsultiert. Schließlich unterstützen die bereits im 16. Jahrhundert gedruckten, heute in modernen kommentierten Ausgaben veröffentlichen Werke von Benedetto Cotrugli (1458, erst 1573 gedruckt)102, Ratschläge eines anonymen Kaufmanns103, das Rechnungsbuch des Ulrich Wagner104 und das Sprachlehrbuch Georg von Nürnbergs105 die Bearbeitung der Forschungsfrage.

98 99 100 101 102 103 104 105

hier S. 40, der neben Hans Paumgartner d. J. auch Faktoren der Paumgartner und Fugger dafür in Anspruch nimmt. Ekkehard Westermann / Markus A. Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz aus Augsburg von 1548, (VSWG Beihefte, 215), Stuttgart 2011. Peter Geffcken / Mark Häberlein, Rechnungsfragmente der Augsburger Welser-Gesellschaft (1496–1551). Oberdeutscher Fernhandel am Beginn der neuzeitlichen Weltwirtschaft, (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit, 22), Stuttgart 2014. Clemens Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, in: Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 23, (Augsburg, Bd. 4), Leipzig 1894. Die Chronik des Wilhelm Rem von 1519, in: Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 25, (Augsburg, Bd. 5), Leipzig 1896. Ugo Tucci (ed.), Benedetto Cotrugli, Il libro dellʼarte di mercatura, (Techné, 9,1), Venedig 1990. Gino Corti, Consigli sulla mercatura di un anonimo trecentista, in: Archivio storico italiano 109/110 (1951/52), S. 114–119. Bruchhäuser, Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 320ff. Oskar Pausch, Das älteste italienisch-deutsche Sprachbuch, eine Überlieferung aus dem Jahre 1424 nach Georg von Nürnberg, (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse, 111), Wien 1972.

A. FAMILIENGESELLSCHAFTEN VOM 14. BIS 17. JAHRHUNDERT 1. Historische Rahmenbedingungen Der Straßburger Münsterprediger Johann Geiler von Kaysersberg († 1510), der in seinen Predigten Handel, Wirtschaft und die Kaufleute seiner Heimatstadt oftmals mit kritischen Worten maßregelte, beschrieb zugleich sehr knapp und treffend die Grundstruktur der Handelsgesellschaften mit folgenden Worten: Nym das exempel in der grossen gesellschaft, da seind kauflüt miteinander verpflicht, da legt einer fünff hundert güldin einer zwei hundert güldin unnd haben ir gewerb zu Venedig, zu Lugdun, zu Antorff und uberal ir verweßer, wenn einer gewinnt oder verlürt, so gewinnen oder verlieren sie allesammen unnd wenn sie zusammen kummen, so seind ettwann zwei tausend güldin gewunnen, so wissen sie bei der rechnung, was yeglichem gehört nach dem unnd er geleit hat.106 Aus diesem Zitat geht hervor, dass sich die Kaufleute zu Geilers Zeit in einer Gesellschaft zusammenschlossen, einen bestimmten Kapitalbetrag einlegten und an verschiedenen Orten (der Prediger erwähnt Antwerpen und Lyon) Handel trieben. Ihre Gewinne, aber auch ihre Verluste trugen sie gemeinsam, außerdem erstellten sie zusammen eine Rechnung, sodass jeder über die ökonomische Situation der Gesellschaft informiert war. Im Folgenden zeigt ein knapper Überblick über die Region Oberdeutschland mit ihren städtischen Schwerpunkten Nürnberg und Augsburg, wie sich die Entwicklung der Handelsgesellschaften für den Zeitraum des 15. und ‚langen‘ 16. Jahrhunderts vollzog. Ihre Entstehung ging von Italien im 12. und 13. Jahrhundert aus, also in einer Zeit, in der sich der Kaufmann in seinen Aufgaben und seinem Selbstverständnis änderte und sich der Handel von einem überwiegend regionalen zu einem europäischen und schließlich außereuropäischen Handel – seit dem 16. Jahrhundert durch die überseeischen Besitzungen über den Atlantik, Indik, Pazifik und die Südsee – ausweitete. Auslösende Momente für diese Entwicklung waren die Ausbreitung der Städte in Europa im Laufe des 12. bis 14. Jahrhunderts, damit einhergehend eine Landflucht, das Anwachsen der städtischen Bevölkerung sowie die Notwendigkeit, eine große Zahl Menschen, die auf engem Raum in den Städten lebten, mit Nahrungsmitteln, Kleidung, Werkzeug, Baumaterialien und vielem weiteren mehr zu versorgen. Darüber hinaus weitete sich der Handel mit Luxusgütern für den Adel und die 106 Nach Rita Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle. Standeskritischer Diskurs, mittelalterliche Handelspraxis und Johannes Geiler von Kaysersberg (1445–1510), in: Dietrich Ebeling u. a. (Hrsg.), Landesgeschichte als multidisziplinäre Wissenschaft. Festgabe für Franz Irsigler zum 60. Geburtstag, Trier 2001, S. 401–446, hier S. 421, findet sich das Zitat Johann Geiler von Kaysersberg in seinen „Brösamlin“, Straßburg 1517, fol. 35r.

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Fürstenhöfe sowie die Kurie in Rom bzw. Avignon seit dem 14. Jahrhundert deutlich aus. Die Wirtschaftsgeschichte hat für dieses Phänomen den Begriff der „Kommerziellen Revolution“107 geprägt. Unter diesem Begriff sind Veränderungen der Handelstechniken, der Gründung und Ausbildung von Handelsgesellschaften und deren Organisationsstrukturen sowie die Erweiterung des Warenhandels um den Kredit- und Kapitalhandel zu verstehen. Ihren Ausgang nahmen diese Veränderungen und Neuerungen in den italienischen Städten und mit Kaufleuten, die lange Zeit den europäischen Handel dominierten. In intensive Handelsbeziehung traten sie nördlich der Alpen mit den Wirtschaftsregionen und -städten der Champagne, Paris und Lyon, im Norden der Region Flandern, im Osten der Ostsee-Region mit der Hanse und entlang des Rheins mit den Städten Köln, Mainz, Dortmund sowie der Messestadt Frankfurt am Main, um nur einige zu nennen. Im 14. Jahrhundert fand ein erster wirtschaftlicher Höhepunkt in diesen Fernhandelsbeziehungen statt. Die europäischen Wirtschaftsregionen wurden schließlich um Oberdeutschland und das Bodenseegebiet, die Städte Regensburg, Ravensburg, Ulm, Nürnberg, Augsburg, Konstanz und St. Gallen sowie die heutigen österreichischen Regionen wie etwa Tirol und schließlich die ostmitteleuropäischen Gebiete mit den Handelsstädten Leipzig, Breslau oder Krakau erheblich erweitert. Nach dem Vorbild der italienischen Städte entwickelten auch die nordeuropäischen Städte eine Infrastruktur in Administration, Finanzen und Verkehr. Verbunden mit städtebaulichem, sozialem und rechtlichem Schutz, trug diese Infrastruktur zu ökonomischem, sozialem und kulturellem Wachstum der Städte bei.

107 Raymond Adrien De Roover, The Commercial Revolution of the Thirteenth century, in: Frederic Chapin Lane / Jelle C. Riemersa (Hrsg.), Enterprise and secular change. Readings in economic history, London 1953, S. 80–85. Markus A. Denzel, Handelspraktiken als wirtschaftshistorische Quellengattung vom Mittelalter bis in das frühe 20. Jahrhundert, in: Markus A. Denzel / Jean Claude Hoquet / Harald Witthöft (Hrsg.), Kaufmannsbücher und Handelspraktiken vom Spätmittelalter bis zum beginnenden 20. Jahrhundert. Merchantʼs books and mercantile “pratiche” from the late Middle Ages to the beginning of the 20th century, (VSWG Beihefte, 163), Stuttgart 2002, S. 11–45, hier S. 36, weist darauf hin, dass die erste Kommerzielle Revolution von Italien im 12./13. Jahrhundert ausging und sich u. a. in neuen Handelspraktiken für überregional agierende Kaufleute manifestierte. Michael North, Das Geld und seine Geschichte. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, München 1994, hier S. 29–37, verbindet die Kommerzielle Revolution mit der neuen Zahlungspraktik des Wechsels und untersucht diese. Eberhard Isenmann, Die Bedeutung der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte für die Allgemeine Geschichte des Mittelealters, in: Günther Schulz u. a. (Hrsg.), Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Arbeitsgebiete – Probleme – Perspektiven. 100 Jahre Vierteljahrschrift für Sozialund Wirtschaftsgeschichte, (VSWG Beihefte, 169), Stuttgart 2004, S. 469–524, hier S. 501, weist mit Hinweis auf Robert S. Lopez, The commercial revolution of the middle ages. 950– 1350, Cambridge 1995, auf die besondere Dynamik des Handels hin. „Von einer ‚Kommerziellen Revolution‘ ist in dem Sinn die Rede, dass der Handel zwischen dem 10. und 14. Jahrhundert der am meisten dynamische Wirtschaftssektor ist und die ökonomische Führung an den Kaufmann fällt, der den Wandel vorantreibt.“ siehe ebd., S. 503–504.

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Eine wesentliche Rolle bei dieser Expansion spielten Handelsrouten, die Europa wie ein Netz überzogen.108 Über diese Handelswege gelangte ein zunehmend vielfältiges Warenangebot von Süden nach Norden (z. B. über die via imperii) und von Osten nach Westen (z. B. über die via regia109) und umgekehrt. Fernrouten bildeten dabei auch die Alpenpässe wie der Brenner, der Große St. Bernhard, der St. Gotthard sowie die Bündner Pässe, wie der Julier-, Maloja- und Berninapass.110 Wichtige Routen stellten darüber hinaus die europäischen Flüsse und Gewässer dar, so etwa der Rhein, die Donau, die Schelde, die Oder, die Weichsel und die Wolga, das Mittelmeer, das Schwarze Meer, die Nord- und Ostsee. Seit Ende des 15. Jahrhunderts und Anfang des 16. Jahrhunderts wurde der europäische Handel durch die Entdeckung neuer Routen, insbesondere die großen neuen Seewege um das Kap von Südafrika, den Seeweg über den Atlantik und neue Wege im Indik und im Pazifik ausgedehnt. Die entlang der Handelsrouten liegenden Städte boten mit ihren geschützten Märkten den Ausgangspunkt für den regionalen und besonders auch für den Fernhandel. Neben diesen regionalen Märkten mit einem permanenten Warenangebot des täglichen Bedarfs, gab es überregional ausgerichtete Jahrmärkte111 für den Endverbraucher und andere Kaufleute. Außerdem entwickelte sich ein Netz von Messestandorten, auf denen die Fernhändler ihre mit den gesellschaftsspezifischen Handelszeichen112 versehenen (nicht fungiblen) Waren zu festgesetzten und periodisch stattfindenden Terminen (nur) anderen Kaufleuten anbieten konnten.113 Diese Messen nutzen die Kaufmannbankiers zudem als Kredit- und Finanzplätze sowie als

108 Michael North, Kommunikation, Handel, Geld und Banken in der Frühen Neuzeit, (Enzyklopädie deutscher Geschichte, 59), 2. erw. Auflage, Berlin/Boston 2014, S. 6ff. 109 Diese beiden exemplarisch herausgehobenen Handels- und Reichsstraßen kreuzten sich in Leipzig, dessen wirtschaftlicher Aufstieg u. a. mit dieser verkehrsgünstigen Lage zusammenhing. 110 Im 17. Jahrhundert kam noch auf Initiative des zumindest regionalen Salzmonopolisten Kaspar von Stockalpers der Ausbau des Simplonpasses (bei Brig im Wallis) hinzu, siehe dazu Louis Carlen / Gabriel Imboden (Hrsg.), Kaspar Jodok von Stockalper und das Wallis. Beiträge zur Geschichte des 17. Jahrhunderts, (Veröffentlichungen des Forschungsinstituts zur Geschichte des Alpenraums, 1), Brig 1991. 111 Michael Rothmann, Überall ist Jahrmarkt und Entwicklungstendenzen der Institution des periodischen Marktes in Zentraleuropa vom 14. bis zum 17. Jahrhundert, in: Simonetta Cavaciocchi (Red.), Fiere e mercati nella integrazione delle economie europee. secc. XIII–XVIII., Florenz 2001, S. 91–108. 112 Wilhelm Stieda, Hansisch-Venetianischen Handelsbeziehungen im 15. Jahrhundert, Rostock 1894, S. 66, diente es zur „Repräsentation und Legitimation der Eigentümer der Waren“. 113 Markus A. Denzel, Der Beitrag von Messen und Märkten zum Integrationsprozess des internationalen bargeldlosen Zahlungsverkehrssystems in Europa (13.–18. Jahrhundert), in: Cavaciocchi (Red.), Fiere e mercati nella integrazione, S. 819–835; Markus A. Denzel, Das System der Messen in Europa – Rückgrat des Handels, des Zahlungsverkehrs und der Kommunikation (9. bis 19. Jahrhundert), in: Ders. (Hrsg.), Europäische Messegeschichte. 9.–19. Jahrhundert, Köln 2018, S. 369–431, hier S. 374ff.

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Möglichkeit ihre Schulden und Forderungen gegeneinander auszugleichen (‚Clearingsystem‘).114 Wohl schon im 10. Jahrhundert115 bildeten sich in der Champagne erste Messeplätze, die im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts in ihrer Bedeutung von Chalon-sur-Saône, Genf116, Lyon117 oder auch Frankfurt am Main118, Brügge, Antwerpen und Amsterdam abgelöst wurden. Die beiden zuletzt genannten Städte sowie Hamburg bildeten schließlich zusammen mit London im 17. Jahrhundert internationale Börsen- und Finanzplätze.119 Die Drehscheibe für den mediterranen Handel mit dem nordalpinen Raum war Venedig. Über diesen zentralen Ort lief der Warenaustausch nach Norden mit Städten wie Lübeck und Hamburg bis nach Novgorod, nach Westen mit Köln und der Region Flandern (Brügge, Gent, später Antwerpen), nach Osten mit Krakau oder auch Breslau und über die Alpen mit Regensburg, Ulm, Nürnberg und später Augsburg sowie dem Handel in den östlichen Mittelmeeraum und Nordafrika, Spanien und Portugal mit Lissabon, um nur einige zentrale Orte und Regionen für den Handel des 14. bis Anfang des 16. Jahrhunderts zu benennen.120 Im oberdeutschen Raum einschließlich der Bodensee- und Donaugebiete dominierten seit dem 14. Jahrhundert zunächst die Regensburger121, dann die Nürnberger, Ulmer, Memminger, Konstanzer und schließlich im 16. Jahrhundert zusätzlich auch die Augsburger Kaufleute. In zunehmend internationalen Handelskontakten lieferten sie nach Süden vor allem folgende Waren (in Auswahl): Tuche, wie Woll- , Barchent-122 und Leinengewebe, daneben Felle, Metalle, Holz, Fisch, 114 Michael North, Von den Warenmessen zu den Wechselmessen. Grundlagen des europäischen Zahlungsverkehrs in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in: Peter Johanek / Heinz Stoob (Hrsg.), Europäische Messen und Märktesysteme in Mittelalter und Neuzeit, Köln / Weimar / Wien 1996, S. 223–238, hier: S. 228; Denzel, Der Beitrag von Messen und Märkten, S. 819– 835. 115 Wilhelm Köpf, Beiträge zur Geschichte der Messen von Lyon mit besonderer Berücksichtigung des Anteils der oberdeutschen Städte im 16. Jahrhundert, Ulm 1910, S. 25–33. Franz Irsigler, Jahrmärkte und Messesysteme im westlichen Reichsgebiet bis ca. 1250, in: Johanek / Stoob (Hrsg.), Europäische Messen und Märktesysteme, S. 1–33; Markus A. Denzel, Artikel ‚Messe‘, in: Friedrich Jaeger (Hrsg.), Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 8: Manufaktur – Naturgeschichte, Stuttgart / Weimar 2008, Sp. 390–400; Denzel, Das System der Messen in Europa. 116 Jean-François Bergier, Genève et l’économie européenne de la Renaissance, Paris 1963. 117 Köpf, Messen von Lyon, S. 36ff. 118 Zur Entwicklung der Frankfurter Messe grundlegend Michael Rothmann, Die Frankfurter Messen im Mittelalter, Stuttgart 1998; North, Kommunikation, Handel, Geld, S. 65f. 119 Neuerdings Denzel, Monetary, S. 253–282, hier S. 262–269 (Hamburg), S. 269–276 (London). 120 Michael North, Deutsche Wirtschaftsgeschichte. Ein Jahrtausend im Überblick, München 2000, S. 69f. 121 Nach von Stromer, Binationale deutsch-italienische Handelsgesellschaften, S. 146 wurde durch den sog. Aueraufstand im Jahr 1330–34 in Regensburg große Regensburger Unternehmer, allen voran die Auer, in die Flucht getrieben. Sie zogen nach vorwiegend Nürnberg und transferierten dorthin ihre Geschäfte und die „Geheimnisse“. Das war der Anlass für den Abstieg Regensburg und zugleich den Aufstieg Nürnbergs als Handelsstadt. Dieser Aufstieg wurde auch manifest in der Ablösung der Regensburger durch Nürnberger Kaufleute im Vorsitz im Fondaco dei Tedeschi in Venedig. 122 Es handelt sich dabei um ein Mischgewebe aus Leinenkette mit Baumwollschuss.

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Fleisch oder auch Salz. Während von Süden Produkte aus dem östlichen Mittelmeerraum und Vorderasien, wie Gewürze (Pfeffer, Nelken, Muskatnuss und -blüte, Safran), Edelsteine, Farbstoffe, kostbare Seiden- oder auch Brokatstoffe,123 in den Norden transportiert wurden. Die Kaufleute waren dabei keineswegs nur Zwischenhändler, die die Waren von A nach B handelten, sondern traten zunehmend selbst auch als Produzenten auf: Zunächst in der Textilproduktion, die seit dem 15. Jahrhundert im sog. Verlagssystem organisiert war.124 Vereinzelt früh produzierende Kaufleute waren in Nürnberg die Stromer, die sich schon im 14. Jahrhundert in der Papierherstellung als Teilhaber einer Papiermühle engagierten.125 Seit dem 15. Jahrhundert betätigten sie sich auch im Montanwesen sowie der Metallproduktion. So lösten im 14. und vor allem im 15. Jahrhundert wesentliche technische und wirtschaftliche Innovationen den verstärkten Abbau, die Produktion und den Handel mit Silber und Erz aus. Dieser trat neben den traditionellen Warenhandel und führte dazu, dass sich die Aktivitäten der Kaufleute zunehmend auch von Tirol, Kärnten und Sachsen in Richtung Ungarn, Böhmen und Schlesien ausweiteten.126 Ein Schwerpunkt der Metallverarbeitung wurde Nürnberg. Nürnberger Waffen, Rüstungen, Uhren oder auch sonstige Feinmechanik waren europa- und schließlich auch weltweit begehrt. Im 16. Jahrhundert, das Werner Sombart und nach ihm Jakob Strieder als „Zeitalter des Frühkapitalismus“ bezeichneten,127 wurde der Handel durch die großen Entdeckungen und Expansionen nochmals erheblich erweitert, nicht nur territorial, indem die mediterrane Zentrierung abgeschwächt und die Bedeutung der Routen Richtung Atlantik an Bedeutung gewannen, sondern auch hinsichtlich der Waren-

123 Aufstellung bei North, Kommunikation, Handel, Geld, S. 14ff. 124 „Der Ausdruck ‚Verlag‘ kommt von „vorlegen“, d. h. Kredit geben. Der Verleger […] kreditiert dem produzierenden Handwerker Geld- oder Sachkredite für die Betriebsgründung, […], für Arbeitsgeräte, technische Einrichtungen, Rohstofflieferungen, Betriebsmittel aller Art sowie Verkaufserlöse durch Vorauszahlung auf künftige Produktionsleistungen, die er steigert und sich sichert. Der Verleger beauftragt den Produzenten entsprechend seiner Marktkenntnis und indem er sich in unterschiedlichem Ausmaß in die Leitung des Produktionsprozesses einschaltet, mit der Herstellung von Waren in bestimmter Menge und Qualität („Kaufmannsgut“). Diese Waren nimmt der Verleger komplett oder in bestimmten Produktionsmengen zu einem im Wesentlichen von ihm festgesetzten Preis ab.“ Eberhard Isenmann, Die deutsche Stadt im Mittelalter, 1150–1550. Stadtgestalt, Recht, Verfassung, Stadtregiment, Kirche, Gesellschaft, Wirtschaft, Wien / Köln / Weimar 2. Aufl. 2014, S. 876–881. 125 Von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, Bd. 1, S. 137. 126 Zusammenfassend E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 919–924. 127 Strieder, Studien zum Frühkapitalismus, S. XI, datierte den zeitlichen Höhepunkt des Frühkapitalismus erst in die Mitte des 16. Jahrhunderts. Wesentliche Charakteristika des Frühkapitalismus waren eine zunehmende Aktivität der Kaufleute-Bankiers neben dem obligatorischen Warenhandel in Kapital- und Kredithandel, damit eng verbunden ein erhöhter Kapitalbedarf aufgrund des kostenintensiven Bergbaus sowie die Erweiterung des Warenangebots durch die Nutzung und Ausbeutung der überseeischen Gebiete.

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quantität (etwa an Edelmetallen) und Warenarten, wie etwa Gewürze oder Zucker.128 Aufgrund internationalisierter Transportwege, erweiterter Warenläufe und neuer Geschäftsfelder, wie dem Bergbau veränderte sich auch das Zahlungs- und Kapitalsystem. 129 Eine besondere Bedeutung kam hierbei dem bargeldlosen Zahlungsverkehr zu, der im Italien des 14. Jahrhunderts gebräuchlichen lettera di cambio, dem Wechselbrief, der auch in Nordeuropa zunehmend an Bedeutung gewann und die Expansion des Waren- und Geldkreditverfahrens erleichterte.130 In diesem Zusammenhang entwickelte sich auch das Bankwesen, dass sich wiederum ausgehend von Italien im 13. Jahrhundert über Flandern im Laufe des 15. Jahrhunderts auf ganz Europa erstreckte.131 Auch in Oberdeutschland trat nach italienischem Vorbild neben die bereits im 13. Jahrhundert nachgewiesenen Wechselstuben auch ein Bankwesen,132 das schließlich die Geld- und Kreditgeschäfte dominierte. Parallel dazu veränderten sich auch die kaufmännischen Handelstechniken. Im Anschluss an bereits in Italien praktizierte Techniken, wurde neben der bis dahin einfachen Buchführung in Oberdeutschland spätestens an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert die doppelte Buchführung bekannt.133 Allerdings blieb auch weiterhin die einfache Buchführung in Gebrauch, die durchaus „raffiniert gehandhabt“

128 Werner Sombart, Luxus und Kapitalismus, Leipzig 1922 (Neudruck 1967), S. 161; Mark Häberlein, Asiatische Gewürze auf europäischen Märkten. Handelsaktivitäten und Geschäftspraktiken der Augsburger Welser-Gesellschaft von 1498 bis 1580, in: JbÜ 14 (2014), S. 41–62. 129 Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 84. Die verschiedenen Phasen der wirtschaftlichen Entwicklungen seit dem Spätmittelalter „ermöglichten ‚Industrielle Revolutionen‘, die auf technischen Innovationen gegründet waren und ein mehr oder weniger dynamisches Wachstum in den gewerblichen Bereichen von Tuchproduktion, Metallgewerbe und Bergbau bedeuteten“. E. Isenmann, Die Bedeutung der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, S. 511. 130 Aus der Fülle der Untersuchungen zum Wechsel stehen hier exemplarisch, grundlegend und mit weiterführender Literatur: Markus A. Denzel, Ex merce et cambio pulchrior. Bargeldloser Zahlungsverkehr auf den Bozener Messen (17. bis Mitte 19. Jahrhundert), in: Andrea Bonoldi / Markus A. Denzel (Hrsg.), Bozen im Messenetz Europas (17./18. Jahrhundert). Neue Forschungsansätze und -ergebnisse / Bolzano nel sistema fieristico europeo del XVII e XIX secolo. Acquisitioni e muove prosepettive di ricerca, (Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs, 24), (Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs, 24), Bozen 2007, S. 149–185, hier S. 160ff.; Arlinghaus, Zwischen Notiz und Bilanz, S. 384; North, Kommunikation, Handel, Geld, S. 89f. 131 North, Kommunikation, Handel, Geld, S. 87f. 132 Wolfgang von Stromer, Funktion und Rechtsnatur der Wechselstuben als Banken in Oberdeutschland, den Rheinlanden und den mitteleuropäischen Montanzentren im Spätmittelalter, in: Bankhistorisches Archiv 1 (1979), S. 3–35, hier 34f.; Denzel, Banco Publico, S. 29–40. 133 Basil S. Yamey, Artikel ‚Doppelte Buchführung‘, in: Michael North (Hrsg.), Von Aktie bis Zoll. Ein historisches Lexikon des Geldes, München 1995, S. 89–92; Markus A. Denzel, Die Kaufleute und ihr Zahlungsverkehr im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Günter Gehl / Rudolf Meyer / Wolfgang Schild (Hrsg.), Leben in Mittelalter und Moderne, (Historie und Politik, 14), Weimar 2003, S. 57–82, hier S. 1.

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werden konnte und nach wie vor den Erfordernissen der oberdeutschen Handelsherren entsprach.134 2. Familiengesellschaften in Oberdeutschland Die „Kommerzielle Revolution“ wurde maßgeblich von städtischen Kaufmannsfamilien mitgestaltet, die in Oberdeutschland seit etwa dem 14. Jahrhundert Handelsgesellschaften mit einer typisch familiär-verwandtschaftlichen Struktur ausbildeten und bis Ende des ‚langen 16. Jahrhunderts‘ eine Grundkonstante des unternehmerischen Handels blieben.135 Bei den Familiengesellschaften wurde in dieser Zeit – wieder ausgehend von Italien – die interne Kaufmannspraxis dahingehend angepasst, dass der Leiter der Handelsgesellschaft zunehmend in der Zentrale blieb und die Mitgesellschafter, oftmals der jüngere Nachwuchs, die Geschäfte reisend erledigten und für die stete Kommunikation und die Rückbindung an die Geschäftszentrale sowie zu anderen Handelspartnern und den Faktoreien zuständig waren. Dies geschah auf schriftlichem Weg und hatte zur Folge, dass der Schriftverkehr, die Geschäftskorrespondenz in erheblichem Maße zunahm. Der zügige und zuverlässige Informationsfluss wurde zu einem entscheidenden Geschäftsvorteil und von den Handelsgesellschaften auch als solcher erkannt.136 Das zeigte sich etwa bei der Anfang des 16. Jahr-

134 Kurt Weissen, Fortschrittsverweigerung? Die Haltung der deutschen Handelsherren gegenüber der italienischen Banktechnik bis 1475, in: Hans-Joachim Schmidt (Hrsg.), Tradition, Innovation, Invention. Fortschrittsverweigerung und Fortschrittsbewusstsein im Mittelalter, (Scrinium Friburgense, 18), Berlin 2005, S. 161–177, hier S. 173. Auch Hans-Jörg Gilomen, Wirtschaftliche Eliten im spätmittelalterlichen Reich, in: Rainer Christoph Schwinges u. a. (Hrsg.), Europa im späten Mittelalter. Politik – Gesellschaft – Kultur, München 2006, S. 357–384, hier S. 365, warnt vor Überschätzung der doppelten Buchführung. Noch im 19. Jahrhundert riet Ernst Ludwig Jäger, Beiträge zur Geschichte der Doppelbuchhaltung, Stuttgart 1874, S. 263, wenn ein Geheimbuch angelegt werden sollte, die „einfache Buchhaltung zu wählen, denn bei der doppelten hängt alles wie eine Kette zusammen“. Es ist daher von einer Reihe von buchhalterischen „Mischsystemen“ noch im 16. Jahrhundert auszugehen, die parallel nebeneinander Bestand hatten. Siehe dazu auch Markus A. Denzel, Kommerzielle Innovationen für den Hanseraum? Ein Beitrag zum Strukturwandel des internationalen Handels im 15. und 16. Jahrhundert, in: Rolf Hammel-Kiesow / Stefan Selzer (Hrsg.), Hansischer Handel im Strukturwandel vom 15. zum 16. Jahrhundert, Tagung des Hansischen Geschichtsvereins 2014 in Lübeck, Köln / Weimar / Wien 2016, S. 67–99, hier S. 84. 135 Grundlegend dazu: Denzel, The Merchant Family, S. 365–388. 136 Reinhard Hildebrandt, „... geet es hie vil anderst zue als Ir euch draussen Zuversten gebt ...“, in: Rainer Gömmel / Markus A. Denzel (Hrsg.), Weltwirtschaft und Wirtschaftsordnung. Festschrift für Jürgen Schneider zum 65. Geburtstag, (VSWG Beihefte, 159), Stuttgart 2002, S. 57– 67, hier S. 57. Alfred Weitnauer, Venezianischer Handel der Fugger. Nach der Musterbuchhaltung des Matthäus Schwarz, München 1931, S. 115–129, hier S. 116, stellt zum Transportwesen im 16. Jahrhundert fest, dass sich nicht die Technik, sondern die Organisation geändert hatte, insbesondere indem sich für das Transportwesen ein eigener Gewerbszweig entwickelte und der Kaufmann nicht mehr selbst sein eigener Frachtführer sein musste. Peter Spufford,

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hunderts aus dem Stafettenbotenwesen entwickelten, von Kaiser Maximilian geförderten und vor allem von den Fuggern rege genutzten Post der Familie Taxis.137 Deren Netz der Postmeistereien war außerordentlich dicht gesetzt und lag zugleich an wichtigen Handelsorten.138 Die Verfeinerung der Handelstechniken wurde zugleich begründet und stimuliert durch die Expansion der Handelsgeschäfte und durch die Zunahme der Fähigkeiten und Kompetenzen der Handelsherren. Da der traditionelle Warenhandel im 15. Jahrhundert erheblich um Geldhandel, Kreditgeschäfte und bargeldlosen Zahlungsverkehr mit Wechselgeschäften erweitert wurde,139 entwickelte sich infolgedessen auch der oberdeutsche Kaufmann zunehmend zum Kaufmannbankier.140 Dies blieb nicht ohne Folgen für die Kaufmannspraxis und die Organisationsstruktur der Kaufleute. Konnte der Kaufmann des frühen und hohen Mittelalters, der „bewaffnete merchant-aventurer“,141 noch als Einzelperson sein Gewerbe ausüben, sich zum Schutz

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Handel, Macht und Reichtum. Kaufleute im Mittelalter, Stuttgart 2004, S. 20–23 beschreibt die Entwicklung des Botenwesens vom 13. bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts. Nach Klaus Gerteis, Boten, Posten, Korrespondenz in Mittelalter und Früher Neuzeit, in: Hans Pohl (Hrsg.), Die Bedeutung der Kommunikation für Wirtschaft und Gesellschaft, (VSWG Beihefte, 87), Stuttgart 1989, S. 19–36, hier S. 31, benötigte 1494 ein Bote von Nürnberg nach Venedig vier Tage und etwas mehr als zehn Stunden. Eine Zusammenstellung der von Boten aufgesuchten Orte und benötigten Transportzeiten für Briefe dorthin bei E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 892. S.a. die tabellarischen Aufstellungen der Boten- und Reisezeiten, ausgehend von Nürnberg: Walter Bauernfeind, Marktinformationen und Personalentwicklung einer Nürnberger Handelsgesellschaft im 16. Jahrhundert – Das Briefarchiv von Anthoni und Linhart Tucher in der Zeit von 1508 bis 1566, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hrsg.), Beschaffungs- und Absatzmärkte oberdeutscher Firmen im Zeitalter der Welser und Fugger, Husum 2011, S. 23–60, hier S. 51–60. Zusammenfassend zum Postwesen als einem sich im 16. Jahrhundert zu einem „öffentlichen Dienstleister“ entwickelnden Unternehmen, North, Kommunikation, Handel, Geld, S. 48–52. Nach Wolfgang Behringer, Fugger und Taxis, in: Johannes Burkhardt, u. a. (Hrsg.), Augsburger Handelshäuser im Wandel des historischen Urteils, (Colloquia Augustana, 3), Berlin 1996, S. 241–248, hier S. 242, zeichnete sich die Post der Taxis durch folgende Kriterien aus: 1. Allgemeinzugänglichkeit, 2. Regelmäßigkeit des Verkehrs, 3. Tarifisierung der Leistungen. Behringer, Fugger und Taxis, S. 246 zählt die Stationen auf: „Antwerpen, Brüssel, Innsbruck, Wien, Rom, Venedig, Mailand, in Spanien und Augsburg.“ Denzel, Kaufleute und ihr Zahlungsverkehr, passim; Raymond Adrien de Roover, Le marché monétaire au Moyen Age et au début des temps modernes. Problèmes et méthodes, in: Revue historique 244 (1970), S. 5–40, hier S. 5, schlug folgende Unterscheidung für den expandierenden Geldmarkt vor: zum einen den marché financier“, den Geldmarkt für kurzfristige Kredite (Wechsel), und zum anderen den „marché des capiteaux“, den Geldmarkt für längerfristige Kredite. Nach Natalie Fryde, Hochfinanz und Landesgeschichte im Deutschen Hochmittelalter, in: Blätter f. dt. Landesgeschichte. 125 (1989), S. 1–12, hier S. 1ff., lassen sich im Reich bereits im späten 12. Jahrhundert größere Finanzgeschäfte nachweisen. Umfangreich und üblich werden diese Geschäftsbereiche jedoch erst im 14. und dann im 15. Jahrhundert. Von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, Bd. 2, S. 452, Anm. 21 fasste die Aufgaben des Kaufmann-Bankiers, den er zur Hochfinanz zählte, folgendermaßen zusammen: „der Fernhandel und Wechsel-Arbitrage treibende Großkaufmann, der einer gehobeneren sozialen Schicht angehörte als campsores und usurarii.“ E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 883f.

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auf den Handelswegen zu Karawanen oder Konvois142 zusammenschließen, so erforderte der sich ausdehnende Handel seit dem Zeitalter der „Kommerziellen Revolution“ in Oberdeutschland neue Organisationsformen weg von der kleinen Einzelgesellschaft, hin zu meist familienzentrierten Zusammenschlüssen von Gesellschaften (commenda, societas) oder auch Kompanien (compagnia).143 Ende des 16./Anfang des 17. Jahrhunderts traten zunehmend auch regelrechte Kapitalgesellschaften auf, deren struktureller Schwerpunkt nicht mehr vorherrschend in der weitgefassten familiären Gliederung lag, sondern im Zusammenschluss vor allem kapitalkräftiger Unternehmer, aus denen sich wiederum die Aktiengesellschaften der Neuzeit entwickelten.144 Die handelsgesellschaftlichen Zusammenschlüsse zwischen dem Hansebereich im Norden einerseits und Oberdeutschland im Süden andererseits waren unterschiedlich strukturiert. Bei der Hanse dominierte die sog. Gelegenheitsgesellschaft, bei der sich je nach Geschäft, Zeitpunkt und Handelsroute zwei oder mehr Kaufleute für einzelne Geschäfte zusammenschlossen. 145 Anders war die Entwicklung in der Region Oberdeutschland. Ausgehend von den Einflüssen italienischer Kaufleute entwickelten sich dort seit dem 14. Jahrhundert Personen- oder Erwerbsgesellschaften, deren Selbstverständnis vor allem auf Langlebigkeit, Kontinuität und Vertrauen angelegt war. Vereinzelt gab es allerdings auch Gelegenheitsgesellschaften in Oberdeutschland. So schlossen sich etwa 1525 die Höchstetter-Villinger zielgerichtet zum Zweck eines Quecksilberkaufs und der Nutzung der Gewerke in Idria oder auch Rosenberger-Mörlin in den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts zum Zweck eines Holzhandelgeschäfts zu einer Art Gelegenheitsgesellschaft zusammen.146 Dies erwähnte Selbstverständnis oder auch Ideale sollten besonders auf der Grundlage einer (personell durchaus weitgefassten) Familie verwirklicht werden.147

142 Denzel, Kommerzielle Innovationen für den Hanseraum, S. 77. 143 Friedrich Kübler, Gesellschaftsrecht. Die privatrechtlichen Ordnungsstrukturen und Regelungsprobleme von Verbänden und Unternehmen. Ein Lehrbuch für Juristen und Wirtschaftswissenschaftler, Heidelberg 1999, S. 7 und zuletzt Denzel, The Merchant Family, S. 365–388, hier, S. 372f. 144 Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 84, North, Kommunikation, Handel, Geld S. 25–27. 145 Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 41; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften Bd. 1, S. 14; Albrecht Cordes, Spätmittelalterlicher Gesellschaftshandel im Hanseraum, (Quellen und Darstellungen zur hansischen Geschichte, 45), Köln 1998, S. 315–326. 146 Vgl. Karl Otto Müller, Quellen zur Handelsgeschichte der Paumgartner von Augsburg (1480– 1570), (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit, 9), Wiesbaden 1955, S. 78– 79; Ilse Lutzmann, Die Augsburger Handelsgesellschaft Hans und Marquard Rosenberger, München 1937, S. 42–43. Es handelte sich dabei aber in dieser Zeit noch um Einzelfälle, erst ab der Mitte des 16. Jahrhunderts scheinen Gelegenheitsgesellschaften genauso wie Einzelunternehmen zuzunehmen, North, Kommunikation, Handel, Geld, S. 25. 147 Exemplarisch zu diesem verschiedentlich untersuchten Thema stehen Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 275f.; Frank Göttmann / Andreas Nutz, Die Firma Felix und Jakob Grimmel zu Konstanz und Memmingen. Quellen und Materialen zu einer oberdeutschen Handelsgesellschaft aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, (Deutsche Handelsakten des Mittelalters

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Die auf Dauer angelegten süddeutschen Gewerbsgesellschaften waren ja durch mehr oder weniger eng verwandte Familienmitglieder verbunden, zu denen neben den Gesellschaftsgründern auch Erben als potentielle Nachfolger gehörten. Die Kontinuität der Familiengesellschaften spiegelten auch die Gesellschaftsverträge wider, da sie die Laufzeit der Gesellschaft in der Regel zwischen vier und sechs Jahren durch mehrfach aufeinander folgende und aufbauende Verträge immer wieder verlängerten. Auf diese Weise hatten Familiengesellschaften über mehrere Generationen Bestand.148 Die Verträge gaben Aufschluss über das Selbstverständnis und das Ziel des Zusammenschlusses: Sie veranschaulichten die durch Eid verbundene Gemeinschaft der Gesellschafter, die sich verpflichtete, idealerweise in Frieden und um der Ehre willen sowie zum Besten der Gemeinschaft zugleich auch den Handel immer zum Vorteil der Gesellschaft, nicht zum eigenen Nutzen durchzuführen. Demgegenüber stand allerdings oftmals die Realität, diese mit den Idealvorstellungen in Übereinstimmung zu bringen, gehörte zu den Zielen einer Familiengesellschaft und wird in dieser Untersuchung anhand zahlreicher Fallbeispiele thematisiert.149 3. Die Organisationsstruktur der Familiengesellschaft Die im Warenhandel und Bankwesen zunehmend europaweit erfolgreich agierenden süddeutschen Familienunternehmen waren einerseits genossenschaftlich, andererseits hierarchisch gegliedert.150 Clemens Bauer sah die Ambivalenz und hielt diese Organisationsform für „elastisch genug“, um aus der genossenschaftlichen und der Neuzeit, 20), Stuttgart 1999, S. 14; Jan Willem Veluwenkamp, Kaufmännisches Verhalten und Familiennetzwerke im niederländischen Russlandhandel (1590–1750), in: Mark Häberlein / Christof Jeggle (Hrsg.), Praktiken des Handels. Geschäfte und soziale Beziehungen europäischer Kaufleute in Mittelalter und früher Neuzeit, (Irseer Schriften, N. F. 6), Konstanz 2010, S. 379–405, hier S. 404. 148 Götz Freiherr von Pölnitz, Das Generationenproblem in der Geschichte der oberdeutschen Handelsgesellschaften, in: Karl Rüdinger (Hrsg.), Unser Geschichtsbild – Der Sinn der Geschichte, München 1955, S. 65–79, hier S. 68, stellte hingegen 1955 eine Qualitätsstufengliederung von drei Generationen auf: dem „Erwerber, Ererber und Verderber“. Von Pölnitz sah in dieser Stufengliederung einen „Auf- und Abstiegrhythmus“ und empfahl, „dieses System als elastisch“ zu betrachten. Mag diese Stufengliederung doch als zu ‚idealtypisch‘ gelten, so ist die darin implizierte Gefahr eines realen, immer möglichen Abstiegs – einer Diskontinuität – für eine Gesellschaft nicht außer Acht zu lassen und lag natürlich nicht in der Intention der Gründer einer Handelsgesellschaft. Zu Generationenproblemen innerhalb der Gesellschaft siehe auch Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd, 1, S. 218f.; Christian Schubel, Verbandssouveränität und Binnenorganisation der Handelsgesellschaften, Tübingen 2003, S. 35. 149 Siehe dazu auch M. Isenmann, Vom Nutzen und Schaden, S. 167ff. 150 Hildebrandt, Unternehmensstrukturen, S. 99 betonte u. a. die Entwicklung von einer genossenschaftlichen hin zu einer hierarischen Gesellschaftsform im 16. Jahrhundert, bei der die Teilung von Arbeit und Kapital üblich wurde. Nach von Stromer, Binationale deutsch-italienische Handelsgesellschaften, S. 137, entschied „über die Leitung viel mehr die Durchsetzungsfähigkeit von Personen als die papierene Satzung“.

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Struktur durch „rücksichtslose und spekulative Unternehmernaturen“ eine „herrschaftliche“ zu formen.151 In der Regel waren die Familiengesellschaften meist unter dem Namen ihres oder ihrer Gründer gefasst. Nach Ansicht von Riebartsch war diese Namensgebung ein Zeichen der tatsächlichen Machtverhältnisse innerhalb einer Gesellschaft. Als Indiz dafür sah er eine enge zeitliche Abfolge bei Führungsund nachfolgendem Namenswechsel.152 An der Spitze standen der oder die Hauptgesellschafter, „Regierer“153 oder – im frühen Meuting-Vertrag von 1436 – getrewliche vorganger154 genannt. Sie führten die Geschäfte und waren somit für den gesamten Geschäftsablauf, den Warenhandel, die Kredit- und Geldgeschäfte, die ökonomische Gesamtausrichtung sowie intern für die Personalfragen und die periodisch stattfindenden, oft schon obligatorischen Rechnungslegungen und -abschlüsse sowie – damit verbunden – die Gewinn- und Verlustrechnungen verantwortlich. Die Frage, ob es sich in dieser Zeit schon um eine Bilanz oder nur um eine Gewinn- und Verlustrechnung handelt, lässt sich für das 15. und 16. Jahrhundert noch nicht sicher entscheiden. Der Begriff bilantza ist in den hier infrage kommenden Quellen jedenfalls noch nicht zu finden. Zu einer echten Bilanz gehört zudem eine regelmäßige Inventur, diese lässt sich noch nicht allgemein, sondern nur in Einzelfällen seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, belegen. Allerdings lassen zwei gesellschaftsvertraglichen Klauseln zweier Gesellschaften, der Imhoff- und der Höchstetter-Gesellschaft Rückschlüsse auf eine mögliche Planung einer Bilanzierung zu. Die Imhoff-Gesellschaft legte 1551 in ihrem Gesellschaftsvertrag folgendes fest: Allso das wir die anndern sechs gebrüdere unnd vettern Imhof obgemelt die ubrigen zway jar den hanndel allein miteinander getriben. Wiewol nun die angezogen gesellschaftverschreibung austrücklich vermügt, im fall, das wir uns zu ausganng der bestimbten vier jar lang, die dann auf den neundten tag Augusti des vergangen funfzehenhundert unnd achtundvierzigisten jars enndschafft erraicht, kainer weitern gesellschaft miteinander vergleichen wurden, das wir nichtsdestominder noch einhalb jar beyeiannder bleiben, all ding einbringen unnd zu gellt machen sollten.155 Die Höchstetter-Gesellschaft setzte in ih-

151 Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 83 belegt diese Einschätzung an späten Augsburger Beispielen der Höchstetter und Welser aus dem 16. Jahrhundert. 152 Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften, S. 225. 153 Das Nürnberger Privileg von 1464 spricht von geschäftlich aktiven ‚Hauptleuten‘ und ‚Regierern‘, StA, Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Kaiserprivilegien Nr. 475, Druck: Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 127–129, hier S. 127. Regierer wurden um 1500/1506 im Koler-Kress-Gesellschaftsvertrag genannt, nach Aloys Schulte, Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien mit Aussschluß von Venedig, Leipzig 1900, S. 270, siehe auch Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 47; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 22’. Hildebrandt, Unternehmensstrukturen, S. 99. Ferner war die Bezeichnung Prinzipal geläufig, siehe dazu die Beispiele bei Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 282, Anm. 142. 154 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 3’. 155 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 30, Nr. 6.

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rem Gesellschaftsvertrag aus dem Jahr 1514 vor Vertragsablauf eine Frist von einem Jahr fest, innerhalb dessen die Zeit genutzt werden solle, um Schulden einzutreiben und die Warenbestände zu liquidieren.156 Es handelt sich bei diesen vertraglich geforderten Zeiten von einem bzw. anderthalbem Jahr um sog. Karenzzeiten, die von den Gesellschaftern als Friedenszeiten festgelegt wurden, um konfliktfrei die Liquidation mit den notwendigen Abrechnungen vorzunehmen. Es könnte sich in aller Vorsicht hierbei auch um eine vorgesehene Zeit für die notwendige Inventur und die darauf aufbauende Bilanzierung handeln. Allerdings bleibt es eine rückschließende Vermutung, da die Begrifflichkeit selbst noch keine Hinweise darauf gibt. Eine frühe Form der Bilanz wäre allerdings sowohl bei der ökonomisch auf hohem Niveau handelnden Imhoff- als auch bei der Höchstetter-Gesellschaft möglich. Denn beide betätigten sich im europaweiten Warenhandel und in Montanunternehmungen sowie seit dem 16. Jahrhundert auch im Kapital- und Kreditgeschäft. Innerhalb der Organisationsform waren als Mitgesellschafter und potentielle Nachfolger den Regierern mit gewinnberechtigter Kapitaleinlage meist jüngere Familienmitglieder, wie Brüder, Söhne und Neffen zu- und untergeordnet.157 Hinzu traten, ergänzt durch Matrimonialpolitik, weitere Mitgesellschafter wie Schwiegersöhne oder Schwäger. Die Aufgaben der vertraglich an die Gesellschaft gebundenen Mitgesellschafter waren umfassend: Sie besuchten Märkte und Messen, schlossen Geschäfte im Auftrag der Gesellschaft ab, beobachteten Waren und deren Verläufe, Verfügbarkeit, Preise, Transportgegebenheiten sowie die Absatzmöglichkeiten und hielten den steten Kontakt zwischen der Zentrale und den Faktoreien. Als enge Vertrautensleute der Regierer stellten sie den zuverlässigen Informationfluss über Interna der Niederlassungen an die Zentrale sicher. Dazu zählten Berichte über ökonomische Erfolge und Mißerfolge, finanzielle Unregelmäßigkeiten, Konflikte innerhalb der Faktoreien, aber auch über politische Schwierigkeiten mit den Obrigkeiten der Regionen, in denen die Faktoreien lagen. Sie übernahmen daher auch politisch-taktische Vermittlungsaufgaben, um solche Konflikte zu lösen.158 Außerdem pflegten die jungen Mitgesellschafter auf ihren ständigen Reisen die geschäftlichen und politischen Außenbeziehungen mit auswärtigen konkurrierenden oder befreundeten Kaufleuten. Intern nahmen die Mitgesellschafter allerdings keinen Einfluss auf die Unternehmensstrategie, sie waren also, Riebartsch zufolge „Mitwissende“, nicht „Entscheidungsbefugte“. 159 Am Geschäft der Gesellschaft waren sie mit einer Kapital-

156 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 86. Ausführlich dazu siehe S. 288ff. 157 Grundlegend dazu Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 66. 158 Hildebrandt, Unternehmensstrukturen, S. 99. Siehe dazu die folgenden Fallbeispiele, insbesondere die Konflikte in der Imhoff-Gesellschaft mit ihren Faktoren, S. 65ff. 159 Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften, S. 245. Kischka, Todesbedingtes Ausscheiden, S. 52, geht von einer „eingeschränkten Einflußmöglichkeit [des Kommanditisten] auf die Leitung [der Gesellschaft]“ aus.

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einlage am Gewinn und Verlust beteiligt und es stand ihnen eine, in der Höhe allerdings immer wieder wechselnde, gewinnunabhängige sog. Verehrung160 (Honorierung) für ihre Arbeit zu.161 Wie die schriftlichen Quellen der verschiedenen Familiengesellschaften im 15. und 16. Jahrhundert zeigen, lag sowohl in der Gewinnermittlung als auch in der Festlegung der Höhe dieser Honorierung ein beständiges Konfliktpotenzial, das unter Umständen sogar zur Trennung führen konnte.162 Neben den Mitgesellschaftern gehörten zu einer Familiengesellschaft auch Teilhaber mit einer festverzinslichen Kapitaleinlage, die jedoch nicht aktiv am Geschäft beteiligt waren. Insbesondere die weiblichen Familienmitglieder nutzten diese Form der Kapitalanlage ihres Erbes und der Mitgift.163 Schließlich umfasste die Gesellschaft auch die durch verschreibung an die Gesellschaft gebundenen Faktoren,164 die im 15. und vor allem seit dem 16. Jahrhundert immer eigenständiger die Geschäfte der Faktoreien führten, die oft über ganz Europa verstreut lagen.165 Die Faktoren waren zwar zur steten kommunikativen Rückbindung an die Zentrale verpflichtet, um geschäftliche Direktiven einzuholen

160 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601. 161 Hildebrandt, Diener und Herren, S. 161; Denzel, The Merchant Family, S. 371f. 162 Siehe ausführlich dazu die Kapitel mit den Fallbeispielen des Paulus Behaim, der Familie Imhoff und der Gebrüder Rem. 163 Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 86. Allerdings war diese Form lange Zeit sehr umstritten und noch kaum üblich sowie vom Kirchenrecht nicht akzeptiert. Vgl. E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 964–966 (mit Literatur). 164 Es handelt sich um den Typus eines Handelsdieners, wie er in süddeutschen Handelsgesellschaften häufig anzutreffen war. Er arbeitete gegen festen Lohn und konnte mit der Gesellschaft darüberhinaus durch eine finanzielle Einlage zu festem Zins verbunden sein. Damit war das Interesse des Handelsdieners am wirtschaftlichen Fortkommen und Erfolg der Gesellschaft gesichert, da er am Gewinn beteiligt war. Vgl. Kellenbenz, Artikel ‚Handelsgesellschaft‘, in: HRG, Bd. 1, Sp. 1938; Aloys Schulte, Geschichte der großen Ravensburger Handelsgesellschaft 1380–1530, 3 Bde., Wiesbaden 1923, Bd. 1, S. 63; Strieder, Organisationsformen, S. 97; Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 34 und S. 140, Anm. 22; Hildebrandt, Diener und Herren, S. 45f.; Denzel, Professionalisierung, S. 419f.; zuletzt dazu Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 42f. 1. leitete der Faktor die vom Hauptsitz getrennte Niederlassung; 2. erteilte er Weisungen an Untergebene; 3. überwachte er die beruflichen und privaten Lebenssituationen der Untergebenen, verbunden mit einem eventuellem Bericht an die Zentrale; 4. war er Inhaber weitreichender Vollmachten, übertragbar bei Krankheit und Tod; 5. repräsentierte er im Geschäftsbereich die Gesellschaft; 6. verfügte er über umfangreiche Berufserfahrung, Waren-, Markt- und Sprachkenntnisse. So auch Reinhard Hildebrandt, Die „Georg Fuggerschen Erben“. Kaufmännische Tätigkeit und sozialer Status 1555–1600, (Schriften zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 6), Berlin 1966, S. 48, der zudem auch die unmittelbare Verantwortung des Faktors gegenüber dem Regierer betont. 165 Von Stromer, Binationale deutsch-italienische Handelsgesellschaften, S. 137 wies darauf hin, dass die italienischen Handelsfirmen, wie die Medici, das Filialsystem, bestehend aus selbstständig agierenden Filialen und ihren Leitern bevorzugten, während die „deutschen Firmen“ Faktoreien unter der Leitung eines „fähigen bediensteten Mitarbeiters“ errichteten.

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und bei den regelmäßig stattfindenden Rechnungslegungen Rechenschaft abzulegen,166 aber im Grunde leiteten sie die Geschäfte in Eigenverantwortung.167 Die Voraussetzung dafür war eine zunehmende, grundsätzliche Professionalisierung der Kaufmannbankiers, der Mitgesellschafter und vor allem der Faktoren. Hildebrandt sieht in der Professionalisierung der Faktoren gar die „Geburtsstunde des kaufmännischen Angestellten“168, damit stimmt auch Ciriacy-Wantrup überein, die zugleich den Brückenschlag zur Moderne herstellt, indem sie festhält, dass „die Kompetenzen eines Faktors [....] von der Stellung eines Prokuristen iSd § 48 HGB mit allgemeiner Generalvollmacht bis hin zum einfachen Handelsdiener [variierten]“169. Unter Professionalisierung ist hier nicht nur der erweiterte Erwerb kaufmännischer Kenntnisse zu verstehen, sondern auch die Fähigkeit zu prüfen, ob sich „potentielle Unternehmensnachfolger zur erfolgreichen Geschäftsführung“170 eigneten. Der Faktorenstatus war durchlässig, d. h. es war möglich, üblich und gewünscht, den Aufstieg innerhalb der Gesellschaft aus dieser Position zu erreichen. Hildebrandt beschreibt das schlüssig folgendermaßen: „Kontinuität und Mobilität gehörten langfristig zu den charakteristischen Merkmalen dieser Gruppe. Das ‚financial establishment‘ bildete niemals eine abgeschlossene Kaste, sondern zeigt immer wieder eine erstaunliche vertikale und horizontale Mobilität, die dieser Gruppe eine ihr eigentümliche innere Dynamik verlieh.“171 Nach Denzel waren vier Bestandteile maßgeblich für diesen Aufstieg: 1. „Wirtschaftlicher Erfolg“ 2. „Persönliche und charakterliche Befähigung“ 3. „Aufbau von familiären und sozialen Netzwerken“ 4. „Zunehmende Professionalisierung“172 Eine Professionalisierung bestand zudem in der Institutionalisierung und Standardisierung der Ausbildung und damit verbunden in einem „Wissensmanagement innerhalb kaufmännischer Unternehmungen“173. 166 Ebd., S. 137: „Jedoch ohne Stimmrecht, aber mit erhöhten Gewinnanteilen, u. a. erreicht durch fiktive Fürlegungen“. Das galt im Übrigen auch für die Mitgesellschafter. 167 Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 34 und S. 140, Anm. 22. Neben der Position des Faktors gab es noch „den nicht an eine bestimmte Gesellschaft gebundenen [...] Agenten oder Kommissionär“, siehe Häberlein, Handelsgesellschaften, Sozialbeziehungen und Kommunikationsnetze, S. 312. Beispiele zu solchen Agenten siehe weiter unten im Kapitel „Rechnung, Kompetenz und Vermittlung“, S. 82. 168 Hildebrandt, Diener und Herren, S. 159. 169 Katharina von Ciriacy-Wantrup, Familien- und erbrechtliche Gestaltungen von Unternehmen der Renaissance. Eine Untersuchung der Augsburger Handelsgesellschaften zur frühen Neuzeit, (Augsburger Schriften zur Rechtsgeschichte, 6), Münster 2007, S. 123. 170 Ebd., S. 198. 171 Hildebrandt, Quellen und Regesten, Bd. 1, S. 21. 172 Denzel, Professionalisierung, S. 415; siehe auch Denzel / Westermann, Kaufmannsnotizbuch, S. 42. 173 Nach Denzel, Professionalisierung, S. 425 spiegelt sich das „Wissensmanagment“ vor allem in der Konzeption kaufmännischer Hand- und Notizbücher wider (S. 433). Ferner sieht Denzel, „Wissensmanagement“ und „Wissensnetzwerke“ der Kaufleute: Aspekte kaufmännischer

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Neben der direkten Verwandtschaft und den durch Heirat „verwandt gewordenen“ Mitgliedern konnte eine Handelsgesellschaft auch aus Mitgliedern verschiedener Familien bestehen, die sich als „voluntare Handelsgesellschaften“174, also durch Plan und Willen, zusammengeschlossen hatten. Heiratsverbindungen brachten enge persönliche Bindungen und schufen Netzwerke, die auf Vertrauen und Kreditwürdigkeit gründeten, sie gewährleisteten ferner Sicherheit und Stabilität. Außerdem ermöglichte dieser Zusammenschluss auch den oft notwendigen und erweiterten Kapitalzufluss. Als Beispiele dafür bieten sich etwa die Gesellschaften der Arzt-Ulstatt-Gossembrot, Welser-Vöhlin, Viatis-Peller, Welser-Rem, BehaimScheurl an.175 Die personelle Struktur oberdeutscher Familiengesellschaften brachte auch Mischformen hervor, wie etwa den bekannten Fall der Höchstetter-Gesellschaft aus Augsburg. Ambrosius Höchstetter d. Ä. bildete 1524 mit seinen Söhnen und Schwiegersöhnen den Kern einer Familiengesellschaft. Daneben traten familienfremde Kapitalgeber auf, die jedoch weder Entscheidungsbefugnisse hatten noch mitarbeiteten. Die Höchstetter griffen auf diese Form zurück, da sie sich im kapitalintensiven Bergbau engagierten und zur Finanzierung ihrer Bergwerksaktivitäten Kapital von Familienfremden aufnehmen wollten und mussten.176 Diese zu Anfang des 16. Jahrhunderts noch unübliche Praxis in Oberdeutschland führte jedoch vor allem im Urteil der Zeitgenossen zu allgemeiner Kritik und blieb in dem Ausmaß, wie es die Höchstetter betrieben, noch die Ausnahme: Zu im haben fürsten, graffen, edel, burger, bauren, dienstknecht und dienstmägt ir gelt, was sie haben gehept, [zu im] gelegt und von dem 100 genomen 5 fl. mengen baurknecht, und die nit me haben gehapt dann 10 fl., die haben es im in sein gesellschaft geben, haben gemeint, es sei inen gantz wol behalten und haben darzu ain järliche nutzung. […] Aber mit seiner kauffmannschatz hat er [Ambrosius Höchstetter] den

Kommunikation im späten Mittelalter, in: Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung 6 (2001), S. 73–90, hier S. 75, die Kommunikation innerhalb „kaufmännischer Unternehmungen“ als wesentliche Komponente des ökonomischen Handelns. Grundlegend dazu auch der Sammelband: Hans Pohl (Hrsg.), Die Bedeutung der Kommunikation für Wirtschaft und Gesellschaft“, (VSWG Beihefte, 87), Stuttgart 1989. Siehe auch Kapitel „Die Ausbildung“, weiter unten S. 327ff. 174 Levin Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts, Leipzig 1874, Bd. 1, S. 289. Nach ebd., S. 254 war aus der „commenda eine voluntare Gewerbsgesellschaft“ oder auch „gemeinschaftliche Hauswirthschaft“ entstanden. 175 Nutz, Unternehmensplanung und Geschäftspraxis, S. 94. Zur Struktur der Vöhlin-Gesellschaft und ihrem Zusammenschluss mit den Augsburger Welsern, siehe Peter Geff cken, Die Welser und ihr Handel 1246–1496, in: Häberlein / Burkhardt (Hrsg.), Die Welser, S. 27–167, hier S. 145ff. sowie Rolf Kießling, Wirtschaftlicher Strukturwandel in der Region – Die WelserVöhlin-Gesellschaft im Kontext der Memminger Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 15. und frühen 16. Jh, in: Häberlein / Burkhardt (Hrsg.), Die Welser, S. 184–212, hier S. 185ff. 176 Ernst Kern, Studien zur Geschichte des Augsburger Kaufmannshauses der Höchstetter, in: AKG 26 (1936), S. 162–198, hier S. 188; Nutz, Unternehmensplanung und Geschäftspraxis, S. 145; Häberlein, Joachim Hoechstetter d. J., S. 53 ff.

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gemeinen nutz und armen mann truckt, nit allain mit großer namhafter gut und war sondern auch mit schlechter kleiner war.177 Im 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bildeten die Familiengesellschaften überwiegend zwei Organisationsformen aus: einerseits eine Vorform der heutigen Kommanditgesellschaft (KG),178 andererseits die Kompanie,179 die in wesentlichen Elementen eine Vorform der heutigen Offenen Handelsgesellschaft (OHG) darstellte. Allerdings handelte es sich bei ersterer in dieser Zeit nur um die Abbildung eines Innenverhältnisses, welches im Außenverhältnis nicht offenbar und nicht thematisiert wurde, wie aus den Gesellschaftsverträgen, die das Verhältnis regelten, erkennbar ist. Nach Bauer gestaltete sich das Verhältnis der Gesellschafter gegenüber Dritten, also nach außen, so, dass es in den Gesellschaftsverträgen als Regelung eines Binnenverhältnisses nicht zur Kenntnis genommen werden musste, sondern „kommunalem bzw. staatlichem Recht überlassen“ werden konnte.180 Den Gesellschaften stand es frei, über ihr Innenverhältnis selbst zu entscheiden, da es für die Position des einzelnen Gesellschafters, insbesondere im Haftungsfall, eine wesentliche Frage darstellte. Denn die Haftungsverteilung konnte aufgrund der speziellen Innenstruktur anders aussehen, als sie nach außen wirksam werden sollte. So gab es im Innenverhältnis einer Kommanditgesellschaft die voll- und persönlich haftenden, die Geschäftsführung innehabenden Komplementäre (Vollhafter) sowie die mit einer Kapitaleinlage zu – wie es in den Gesellschaftsverträgen heißt – „Gewinn und Verlust“ an der Gesellschaft beteiligten und auch nur mit dieser Einlage haftenden Kommanditisten (Teilhafter). Die Kommanditisten arbeiteten 177 Clemens Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 219f.; Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften, S. 136; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 34. Zu den Höchstettern siehe weiter unten als Fallbeispiel S. 282ff. 178 Es handelt sich dabei um moderne und nicht zeitgenössische Begrifflichkeiten. Einen in dieser Zeit noch geringeren Teil einer Organisationsform in Oberdeutschland – seit Mitte des 16. Jahrhunderts wahrscheinlich zunehmend – bildeten Gelegenheitsgesellschaften und Einzelkaufleute. 179 Goldschmidt, Handelsrecht, Bd. 1, S. 254 beschreibt eine ‚compagnia‘ als „Brodgemeinschaft (Haushaltsgemeinschaft). Die Genossen (compagni) stellten hierbei „koordinierte Glieder einer gleichzeitigen Kapital- und Arbeitsgemeinschaft“ dar (S. 272). Mayer, Die ‚Fürlegung‘, S. 22, 39 und 73 sah in der ‚commenda‘ den Ursprung der Kommanditgesellschaft (KG) und zugleich der Offenen Handelsgesellschaft (OHG). Nach Johannes Apelbaum, Basler Handelsgesellschaften im 15. Jahrhundert mit besonderer Berücksichtigung ihrer Formen, (Beiträge zur schweizerischern Wirtschaftskunde, Heft 5), Basel 1915, S. 4 gab in der ‚commenda‘ einer das Kapital und der andere Arbeitskraft und Kapital. Kübler, Gesellschaftsrecht, S. 7 betrachtete die ‚commenda‘ als Ursprung der KG und der stillen Gesellschaft. Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften Bd. 1, S. 281 lehnte hingegen den Ursprung der KG in der ‚commenda‘ ab, da für die Verpflichtung zu Reise und Handel ursprünglich keine eigene Gesellschaft gegründet werden musste, sondern das Mitnehmen von Kapital oder Gütern auch tariflich je nach Gelegenheit festgelegt werden konnte. 180 Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 26. Von Stromer, Binationale deutschitalienische Handelsgesellschaften, S. 136 bezeichnet es als „Glück“, dass es „kein formalisiertes Recht für Handelsgesellschaften“ gab. Es wurde von Stromer zufolge, von Fall zu Fall nach Handelsusancen entschieden.

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für die Gesellschaft und wurden über die regelmäßig stattfindenden Rechnungsabschlüsse, Gewinn- und Verlustverteilungen lediglich in Kenntnis gesetzt, in diesen Fragen hatten sie keine Mitsprache- und Entscheidungsbefugnis.181 Bei einer Kompanie oder Offenen Handelsgesellschaft182 hingegen waren alle Gesellschafter an der Geschäftsführung und der Arbeit beteiligt, hatten volle Entscheidungsbefugnis und hafteten voll und persönlich, d. h. also mit ihrem eingelegten Gesellschaftskapital und Privatvermögen.183 Auch die Position der nicht aktiven Gesellschafter beschränkte sich ausschließlich auf das Innenverhältnis. Für das der Gesellschaft durch sie anvertraute Kapital erhielt dieser einen festgelegten Zins, damit erschien er im Außenverhältnis als Gläubiger der Gesellschaft mit Gewinnbeteiligung. Bei einem möglichen Konkurs der Gesellschaft, verbunden mit dem kompletten Verlust des Gesellschaftskapitals, haftete er bis zur Höhe seiner eigenen Einlage.184 Eine erste übergeordnete, also nicht mehr nur innergesellschaftliche interne Regelung, die den Schutz bestimmter Teilhaber im Haftungsfall versuchte sicherzustellen und damit ein Außenverhältnis voraussetzte und regelte, war ein kaiserliches Privileg vom 23. Juni 1464, das Nürnberg von Kaiser Friedrich III. erlangte.185 Da

181 Die Frage nach der Gewinnberechnung und -verteilung führte häufig zu Konflikten innerhalb der Familiengesellschaft, wie in den einzelnen Kapiteln zu den Fallbeispielen weiter unten gezeigt wird. Vgl. auch Kischka, Todesbedingtes Ausscheiden, S. 38. Einzelne Unterschiede zu den Kommanditisten der heutigen KG stellt Hildebrandt, Unternehmensstrukturen, S. 95, dar. 182 Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 66. 183 Hildebrandt, Unternehmensstrukturen, S.99 verweist darauf, dass im 16. Jahrhundert zunehmend die Trennung von Kapital und Mitarbeit und die Beschränkung des Kreises der Gesellschafter zu beobachten war. Dies hatte Veränderungen in mittlerer und unterer Ebene zur Folge und führte dazu, dass mehr Angestellte sowohl am Firmensitz als auch in den Niederlassungen eingestellt werden mussten, um die Lücke bei der Lösung der wachsenden Aufgaben zu füllen. Der Geschäftsbetrieb wurde durch „Kopisten, Schreiber, Buchhalter, Kassierer und Faktoren“ durchgeführt. Aus dieser Funktionsgruppe entstand im Laufe des 16. Jahrhunderts eine neue Berufsgruppe. Es handelte sich dabei um die „Geburtsstunde des kaufmännischen Angestellten“, diese Gruppe war nicht mehr mit Kapital am Geschäft beteiligt. 184 In einigen Fällen wurde etwa versucht, auch die Ehefrauen im Konkursfall zu Zahlungen heranzuziehen, z. B. Clara Paumgartner im Fall des Konkurses ihres Mannes Anton Paumgartner, vgl. M. Isenmann, Die Paumgartner, S. 194. Im Fall des Höchstetter-Bankrotts aus dem Jahr 1529 berichtete der zeitgenössische Augsburger Chronist Clemens Sender in seiner ‚Chronik der Stadt Augsburg‘, S. 224 und S. 226, dass der Rat von Augsburg die Höchstetter-Ehefrauen ebenfalls gedrängt habe, einen finanziellen Beitrag zur Befriedigung der Gläubigerforderungen zu entrichten. Von Stromer, Binationale deutsch-italienische Handelsgesellschaften, S. 136 wies darauf hin, dass sogar bei geringer Kapitalbeteiligung des Gesellschafters eine Solidarhaftung, sogar mit Leib und Leben, mit Einsitzen im Schuldgefängnis, möglich war. Zur Haftung der Gesellschafter nach den Regelungen in den Gesellschaftsverträgen, siehe Frank Thomas, Die persönliche Haftung von Gesellschaftern von Personengesellschaften in der historischen Entwicklung der Neuzeit, (Schriften zur Rechtsgeschichte, 102), Berlin 2003, S. 25– 39. 185 Original: StA, Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Kaiserprivilegien Nr. 475; abgedruckt bei Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 127–129. Zur ausgebrachten Urkunde sind zwei Entwürfe in Reinschrift mit Korrekturen überliefert. StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg,

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dieses Sonderrecht zugleich auch als Statut galt, war es nicht nur auf Nürnberger Stadtgebiet beschränkt, sondern sollte auch für Nürnberger Bürger im Haftungsund Konkursfall gegenüber Dritten im ganzen Reich wirksam werden. Das privilegiale Statut beschränkte – anstelle der üblichen unbeschränkten persönlichen Solidarhaftung von Gesellschaftern – erstmals im Reich die Haftung nicht arbeitender Gesellschafter für Gesellschaftsschulden nach Maßgabe ihres Anteils am Gesellschaftskapital. Dadurch wurde die gesamtschuldnerische Haftung differenziert. In dem Moment, in dem die Haftungsbeschränkung von städtischer Seite gewissermaßen „übergesellschaftlich“ gehandhabt wurde, konnte eine spezifizierte Gruppe von Teilhabern einer Gesellschaft ihre spezielle Position innerhalb der Gesellschaft auch gegenüber Dritten geltend machen. Umgekehrt konnte ein Gläubiger seine finanziellen Forderungen nicht wie bislang nur bei der Gesamtgesellschaft, sondern bei nur einem oder wenigen Gesellschaftern geltend machen. Das privilegiale Statut mit der Haftungsbeschränkung wurde dann (erst186) 1546 in die ‚Verneuerte Reformation‘ Nürnbergs und in die daran weitgehend wortgleich anknüpfende ‚Erneuerte‘ Frankfurter Reformation von 1578187 mit leichten Präzisierungen inseriert und inhaltlich nun wohl nicht mehr als lokales Privileg, sondern möglicherweise als Gemeines Recht erachtet.188 Ein weiterer Umstand, der die innere Struktur der oberdeutschen Familiengesellschaften nach außen zunächst wenig bekannt und erkennbar werden ließ, war das Fehlen einer obligatorischen „Publizitäts- und Registrierpflicht“189 der Gesell-

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D-Laden Akten, Nr. 1808. Beide abschriftlich gleichlautenden Entwürfe stimmen auch in Streichungen, Ersetzungen, Ergänzungen und Randbemerkungen in derselben Hand überein, lediglich die Marginalien sind in dem einen Entwurf mit Zahlen bis 25 durchnummeriert, in der zweiten mit Zeichen gekennzeichnet. Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 30ff.; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 141–153; Albrecht Cordes, Transfer einer Rechtsidee. Gesellschaftsrechtliche Haftungsbeschränkungen in Florenz und Nürnberg im 15. Jahrhundert, in: Marcel Senn / Claudio Soliva (Hrsg.): Rechtsgeschichte und Interdisziplinarität. Festschrift für Clausdieter Schott zum 65. Geburtstag. Bern u. a. 2001, S. 243–254; M. und E. Isenmann, Das Innenverhältnis, S. 440–450. Als der Nürnberger Rat die große Rechtsreformation von 1479 erließ, kehrte er allerdings zur unbegrenzten solidarischen Haftung aller Gesellschafter ohne Unterschied (in solidum und unverscheidenlich) gegenüber Dritten für nunmehr definierte Gesellschaftsschulden und damit zum allgemein geltenden Recht zurück und nahm das privilegiale Statut von 1464 mit der Unterscheidung von Gesellschaftern, die sich aktiv an den Handelsgeschäften beteiligten und bloßen Einlegern ohne spezielle gesellschaftsvertragliche Bindungen sowie mit der Haftungsbeschränkung nicht auf, siehe Ältere Stadtrechtsreformationen (1. Halbbd.), eingeleitet und erläutert von Wolfgang Kunkel, in: Franz Beyerle / Wolfgang Kunkel / Hans Thieme (Hrsg.), Quellen zur neueren Privatrechtsgeschichte Deutschlands, Weimar 1936, darin: Neue Reformation der Stadt Nürnberg von 1479, 30. Titel, 4. Gesetz, S. 74 und 6. Gesetz, S. 75. Erneuerte Frankfurter Reformation von 1578, Artikel 2, 12 und 23. Die Frankfurter Reformation von 1509 enthielt im Unterschied zur Nürnberger von 1479 noch kein Gesellschaftsrecht. Vgl. Cordes, Transfer einer Rechtsidee, S. 246. Marcus Söhnchen, Die historische Entwicklung der rechtlichen Gründungsvoraussetzungen von Handels- und Aktiengesellschaften vom Beginn der Neuzeit (etwa 1500) bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts, (Schriften zur Rechtsgeschichte, 118), Berlin 2005, S. 56. Auch Lutz, Die

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schaftsverträge in einem öffentlichen Register (Gesellschafts- oder Handelsregister), hinterlegt etwa beim städtischen Magistrat und einem Notar.190 In Augsburg wurde, wohl aufgrund zahlreicher Bankrottfälle und daraus resultierender Haftungsprozesse Ende des 16. Jahrhunderts die reguläre Hinterlegung relevanter Schriftstücke bei einem Notar zunehmend üblich. Sie konnten im Gerichtsfall als Beweisstücke vorgelegt werden und die Haftungsverteilung klären. Weitere Register entwickelten sich seit der Mitte des 17. Jahrhunderts, so nach 1650 in Frankfurt191 oder 1684 das sog. Ragionenbuch in Augsburg.192 rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 196f. In Florenz hingegen bestand durch ein Gesetz vom 30. November 1408, die Pflicht zum obligatorischen Eintrag in ein Handelsregister. Damit waren Kapitaleinlagen mit beschränkter Haftung möglich. Ähnlich auch in Siena und Lucca, siehe Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 80f., 171. Dazu auch M. und E. Isenmann, Das Innenverhältnis, S. 442, 445. Jakob Strieder, Aus Antwerpener Notariatsarchiven. Quellen zur deutschen Wirtschaftsgeschichte des 16. Jahrhunderts, Berlin / Leipzig 1930, verwies in seiner Einleitung, S. XXVIII–XXXIX auf die umfangreiche Überlieferung der Antwerpener Notariatsarchive seit dem 16. Jahrhundert und deren große Bedeutung für die Wirtschaftsgeschichte, insbesondere die Handelsgeschichte. In der Nürnberger Stadtrechtsreformation von 1479 wird im 8. Titel, 7. Gesetz die Bedeutung einer geordneten Buchhaltung gefordert, da diese auch vor Gericht Beweiskraft haben sollten: Der Kaufleute Schuld- und andere Handelsbücher, so dieselben ordentlich nach ehrbarere Kaufleute Gebrauch geschrieben sind, sollen in Sachen, ihre Hantirung belangend, für dieselben Kaufleute zur Beweisung ihrer daselbst eingeschriebenen Schulden und Handlung dermaßen angenommen werden, da dieselben Kaufleute somit in ihren Gewerben aufrecht und ehrbar befunden und eines guten Leumunds sein, und der Gegenteil solche Bücher durch keine Gegenbeweisung kann ablegen, siehe Möncke, Ausgewählte Quellen, S. 366. Vgl. auch Penndorf, Geschichte der Buchhaltung, S. 168. Nach Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle, S. 425 vertrat Anfang des 16. Jahrhunderts der Straßburger Münsterprediger Johann Geiler von Kaysersberg († 1510) die recht fortschrittliche Ansicht, dass in gerichtlichen Streitfällen zwischen Gläubigern und Schuldnern auch „der kaufmännischen Buch- und Kontenführung Glauben“ geschenkt werden sollte. 190 Max Rintelen, Das Ragionenbuch der Augsburger Kaufmannschaft, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 39 (1913), S. 96–143. Nach Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 162 war Schriftlichkeit zwar nicht zwingend nötig, aber brachte eine „Beweiserleichterung“. Wie Cordes, Spätmittelalterlicher Gesellschaftshandel, S. 109–154 analysiert, war das Verfahren im Hansebereich anders, so wurden in Lübeck im 14. Jahrhundert die „societates“ und ihre Verträge im Niederstadtbuch aufgenommen. Für weitere Hansestädte bis in das 15. Jahrhundert galt die Aufnahme von Gesellschaftsverträgen in die dortigen Stadtbücher. Ebd., S. 155–168. Siehe auch Franz Arlinghaus, Die Bedeutung des Mediums „Schrift“ für die unterschiedliche Entwicklung deutscher und italienischer Rechnungsbücher, in: Walter Pohl / Paul A. Herold (Hrsg.), Vom Nutzen des Schreibens. Soziales Gedächtnis, Herrschaft und Besitz im Mittelalter, (Denkschriften/Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse Forschungen zur Geschichte des Mittelalters, 5), Wien 2002, S. 237–268, hier S. 241f. 191 Rintelen, Ragionenbuch, S. 97. 192 Ragio ist ein aus dem Italienischen stammender Begriff für Handelsfirmen, Handelsunternehmen, Rintelen, Ragionenbuch, S. 96f. Nach ebd., S. 99f.: ein Augsburger Dekretsbeschluss vom 29. Juli 1684: „Auf der allhiesigen Kauf- und Handelsleuthen anbringen und bitten, wirdt Ihnen, auß darinn vorgebrachten Ursachen, hiemit bewilligt, dass Sie ad exemplum anderer Handelsstätten, eine ordentlich nahmentlich Beschreibung aller hiesigen Handlungen, deren

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Zusammenfassend betrachtet, stellten die süddeutschen Familiengesellschaften im 15. und 16. Jahrhundert über einen langen Zeitraum ein ökonomisch erfolgreiches Modell dar. Basierend auf der Kernfamilie, erweitert um eine Anzahl Gesellschafter, die durch Heirat hinzugetreten waren – in Einzelfällen auch Familienfremde – bildeten die Familiengesellschaften die personelle Basis der wirtschaftlich aufstrebenden und über lange Zeit erfolgreich agierenden süddeutschen Handelsstädte. Entscheidende Kriterien für die Familiengesellschaftsform, sei es die Vorform einer Kommanditgesellschaft oder der Offenen Handelsgesellschaft, waren die angestrebte und in der Regel gewährleistete Kontinuität, sodass die Gesellschaften in dieser Form oft über mehrere Generationen bestehen konnten.193 Gemeinschaftliches Handeln in einer Familiengesellschaft bedeutete für die Gesellschafter neben dem Streben nach ökonomischem Erfolg stets auch der Versuch, Idealvorstellungen von Frieden, Gerechtigkeit, Freundschaft, Liebe und Ehre mit den Realitäten in Übereinstimmung zu bringen sowie das „Spannungsverhältnis zwischen Norm und Normverletzung“194, drohende Kollisionen von Ideal und Realität gar nicht erst aufkommen zu lassen, zu entschärfen oder auszugleichen. 4. Normative Ethik und die Realität kaufmännischen Handelns Für die oberdeutschen Familiengesellschaften des 15. und 16. Jahrhunderts bildeten neben einem langfristigen Kontinuitätsdenken verbunden mit ökonomischem Erfolg auch Ideale wie Ehre (Ehrlichkeit), Vertrauen, Zuverlässigkeit, Treue und Friedenswahrung die ethisch-normativ, christlich geprägte Grundlage. Diese ethischen Normen und Werte sollten zudem die Mentalität der Kaufleute und Unternehmer widerspiegeln. Anhand der Fallbeispiele in dieser Untersuchung zeigt sich der Wille, diese kaufmannsethischen Ideale während der gemeinsamen Handlung und erst recht während laufender Konflikte zu realisieren oder wiederherzustellen. Besonders in den hier im Zentrum stehenden Konfliktsituationen herrschte – mal offen, mal verdeckt – der Anspruch, die Ehre und das Vertrauen zu bewahren oder zu erneuern.195 Dita, und darbey intereßierten Consorten vornehmen, und derjenigen Nahmen, welche bey jeder Handelsragion, als Intereßierten, Sich jedes Mal befinden, fürohin behörig ein, die ab- und darvonkommende aber abschreiben lassen mögen. Und sollen hierauf die also eingeschriebenen Handelsconsorten ihren jedweiligen Handelskreditoren verbündtlich gehalten seyn, auch männiglich, den es concerniert, auf begebenden Fall, darbey, obrigkeitlich gehandhabt werden.“ 193 Heinrich Bechtel, Wirtschaftsstil im Spätmittelalter. Ausdruck der Lebensform in Wirtschaft, Gesellschaftsaufbau und Kunst von 1350 bis um 1500, München / Leipzig 1930, S. 10. 194 Mark Häberlein, Generationenbewußtsein und Generationenkonflikte im Spiegel einer patrizischen Familienkorrespondenz des frühen 17. Jahrhunderts, in: Christian Kuhn / Mark Häberlein (Hrsg.), Generationen in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten (ca. 1250–1750), (Konflikte und Kultur – Historische Perspektiven, 20), Konstanz 2010, S. 133–148, hier S. 148. 195 Nach Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 275 war Vertrauen im Geschäftsleben eng mit Ehre verbunden, aus ihnen beiden resultierte das persönliche und geschäftliche Prestige

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Nach allgemeiner Auffassung war ohne diese Werte und Grundsätze kein auf Dauer angelegter Geschäftserfolg zu erzielen. Ganz wie es der schwäbische Industrielle Robert Bosch (1861–1942) noch 300 Jahre später ausdrückte: „Lieber Geld verlieren als Vertrauen. Die Unantastbarkeit meiner Versprechen, der Glaube an den Wert meiner Ware und an mein Wort standen mir stets höher als ein vorübergehender Gewinn“.196 So suchten auch die frühen Familiengesellschafter diese Prinzipien zur Basis ihres Geschäfts zu machen,197 wie Erich Maschke in seinem grundlegenden Beitrag zum Berufsbewußtsein des mittelalterlichen Kaufmanns betonte, dass „Redlichkeit, Ehre im Sinne von Ansehen, Ehrbarkeit [...] im Bewußtsein der mittelalterlichen Kaufleute eine beträchtliche Rolle [spielten]“198. Fragen nach Ethik und Moral wurden von den Gesellschaftern selbst gestellt, aber genauso auch von außen an sie herangetragen.199 Der Kaufmannbankier und Unternehmer stand in dieser Zeit immer im Zwiespalt einerseits des geschäftlichen Erfolgs, des Profits und andererseits eines christlich geprägten Ethos des ehrlichen und redlichen Kaufmanns, für den alleiniges, reines Gewinnstreben ein eigentlich verwerfliches Handeln darstellte. Das führte dazu, dass den normativen Idealvorstellungen mit ihren ethischen Prinzipien häufig die Realität im Widerspruch gegenüberstand. Franz Irsigler beschrieb diesen Zwiespalt treffend als: „Kontrast zwischen Norm und Wirklichkeit, die Gratwanderung zwischen schlechtem Gewissen

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und begründete die Kreditwürdigkeit des Kaufmanns. Siehe dazu auch Klaus Schreiner, Verletzte Ehre. Ritualisierte Formen sozialer, politischer und rechtlicher Entehrung im späten Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit, in: Dietmar Willoweit (Hrsg.), Die Entstehung des öffentlichen Strafrechts. Bestandsaufnahme eines europäischen Forschungsproblems, (Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas. Symposien und Synthesen, 1), Köln / Weimar / Wien 1999, S. 263–320 sowie auch M. Isenmann, Nutzen und Schaden, S. 168ff. Fiedler, Martin, Vertrauen ist gut, Kontrolle teuer: Vertrauen als Schlüsselkategorie wirtschaftlichen Handelns, in: Geschichte und Gesellschaft 27 (2001), S. 576–592, hier S. 584. Wie aktuell auch heute wieder das Ideal dieser ethischen Grundsätze ist, zeigen Forschungsvorhaben, die seit einiger Zeit seitens der Wirtschafts- und Sozialgeschichte durchgeführt werden. Neben Stiftungen wie die EQUA-Stiftung, die „zum Ziel hat, Anteilseigner von Familienunternehmen darin zu unterstützen, ihre Unternehmen verantwortungsvoll und professionell zu leiten, um diese langfristig und nachhaltig zu sichern“, mag als Beispiel aus der Vielzahl der universitären Forschungen die Initiative www.der-ehrbare-kaufmann.de unter der Leitung von Joachim Schwalbach vom Institut für Management an der Humbold-Universität in Berlin stehen. Erich Maschke, Das Berufsbewußtsein des mittelalterlichen Fernkaufmanns in: ders. (Hrsg.), Städte und Menschen. Beiträge zur Geschichte der Stadt, der Wirtschaft und Gesellschaft 1959–1977, (VSWG Beihefte, 68), Wiesbaden 1980, (1964) S. 380–419, hier S. 413. Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle, S. 402 fasst diese Zweiseitigkeit als Innen- und Außenspiegelung zusammen. Die Innenspiegelung bildet den Schwerpunkt in den Forschungen Erich Maschkes (u. a. durch Analyse von Selbstzeugnissen, Rechnungsbüchern, Kaufmannsbriefen). Die Außensicht hingegen untersuchte Jaques LeGoff, Wucherzins und Höllenqualen. Ökonomie und Religion im Mittelalter, Stuttgart 1988. Irsigler hingegen verband, Rita Voltmer zufolge, in seiner Untersuchung zur: Kaufmannsmentalität im Mittelalter, in: Cord Meckseper / Elisabeth Schraut (Hrsg.), Mentalität und Alltag im Spätmittelalter, Göttingen 1985, S. 53–75, die Innen- und Außenspiegelungen.

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und Streben nach wirtschaftlichem Erfolg, zwischen kaufmännischer Unmoral und gesellschaftlich anerkanntem Reichtum.“200 Insbesondere sah sich der Kaufmann immer wieder dem Wucher- und auch dem Monopolverdacht ausgesetzt.201 Besonders in der theologisch-philosophischen Traktat- und Predigtliteratur202 dieser Zeit fielen die Urteile gegen Darlehen, die gegen Zins (interesse) vergeben wurden und unter den Wuchervorwurf fielen, gegen allgemeines Profitstreben, Fürkauf und ungerechten Preis deutlich ablehnend aus. So waren nach dem schon zitierten Straßburger Münsterprediger Johannes Geiler von Kaysersberg aufgrund seiner eigenen Erfahrungen und Beobachtungen der Straßburger Kaufleute diese „Kaufleute, die Geld und Gut gegen Zinsen verleihen“ ohnehin zur Verdammnis verurteilt und „konnten niemals von der Sündenschuld losgesprochen werden“,203 Monopole und Preisabsprachen verdammte er grundsätzlich als Todsünde.204 Der Kaufmann in seiner eigenen Bewertung und im Urteil von außen pendelte demnach in Anbetracht zahlreicher Beispiele beständig zwischen zwei gegensätzlichen Polen, er konnte einerseits als „Prototyp eines klugen, rechtschaffenen Kaufmanns, der seine Gewinnchancen abwägt und seinen Vorteil zu wahren weiß“,205 agieren, andererseits erschien er, wie es 1515 der Humanist und Theologe Erasmus

200 Irsigler, Kaufmannsmentalität im Mittelalter, S. 55, ähnlich auch Maschke, Das Berufsbewußtsein, S. 414: „Redlichkeit des Kaufmanns war zwar im Bewußtsein, aber eben auch eine Norm, die der Wirklichkeit nicht immer entsprach“. 201 Friedrich Lütge, Deutsche Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1952, S. 216ff.; Die umfangreiche Forschung zu Wucher im deutschsprachigen Raum ist seit neuestem verarbeitet bei E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 960ff. Die Zeitgenossen unterschieden beim Wuchervorwurf dabei durchaus zwischen einem Gewinn aus einem Kreditvergabegeschäft und einem Naturaldarlehen, einem sog. Fruchtwucher, siehe Markus A. Denzel, Das Problem des Wuchers im bargeldlosen Zahlungsverkehr des späten Mittelalters – Theorie und Wirklichkeit, in: Schulte / Hesse (Hrsg.), Reichtum im späteren Mittelalter, S. 95–114, hier S. 100. 202 Diese Quellengruppe erfuhr im 12. und 13. Jahrhundert einen „Wandel [...], in der grundlegenden Neubestimmung ihrer Funktion und Form [...], ein Wandel, dessen Bedeutung für das Selbstverständnis und Anliegen der Kirche im 12. und 13. Jahrhundert nicht überschätzt werden kann.“ Dieser Wandel lag vor allem darin, dass die Intention der Predigt nun vor allem in der Belehrung sowie der Stärkung von Moral und Glaube für die Laien lag, Jörg Oberste, Bonus negotiator Christus – malus negotiator dyabolus. Kaufmann und Kommerz in der Bildersprache hochmittelalterlicher Prediger, in: Gert Melville (Hrsg.), Institutionalität und Symbolisierung. Verstetigungen kultureller Ordnungsmuster in Vergangenheit und Gegenwart, Köln 2001, S. 425–449, hier S. 426. 203 Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle, S. 434. 204 Ebd., S. 441. Dies., S. 444 vermutet, dass sich auch Luther bei seiner Kritik an Preiskartellen, Monopolen und insgesamt den großen Handelsgesellschaften von den Predigten Geilers (gehalten 1509, gedruckt 1517) hat „inspirieren“ lassen. Zu Luthers Kritik an Wucher, Monopolen und einer Kaufmannschaft, die dieses anstrebte, seit Neuestem: Philipp Robinson Rössner, Martin Luther on Commerce and Usury, London / New York 2015. 205 Ursula Peters, Literatur in der Stadt. Studien zu den sozialen Voraussetzungen und kulturellen Organisationsformen städtischer Literatur im 13. und 14. Jahrhundert, (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, 7), Tübingen 1983, S. 45.

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von Rotterdam (†1536) abwertend in seinem „Lob der Torheit“ beschrieb: Die törichtsten und schmutzigsten Menschen sind die Kaufleute, weil sie jedes schmutzige Geschäft abschließen und auf die schmutzigste Weise abwickeln; sie lügen, betrügen, stehlen, täuschen und schwindeln, so oft sie nur können, halten sich aber gleichzeitig für die am höchsten gestellte Gesellschaftsschicht, weil sie die Finger voll goldener Ringe tragen.206 Geiler von Kaysersberg fasste diese Ambivalenz aus eigener Anschauung in seinem posthum veröffentlichten Werk „Das Schiff der Pönitenz“, Augsburg 1511, zusammen, demzufolge der Kaufmann einerseits als Sinnbild für Christus dienen konnte: der Teufel [trat] oft als vagierender Hausierer [auf], Christus hingegen als tüchtiger Fernkaufmann, der ehrbar seine Geschäfte betrieb“207, andererseits charakterisierte Geiler den Kaufmann folgendermaßen: Das ist so ein mensch mit kouffmanschaft oder gewerb umbgodt. Denn dz gewerb fasset den menschen dz er nitt kan an gott gedencken [...] Dozu ist in solchem gewerb gemeynlichen betrüglicheit, leckery, beschissz und falscheit und grossz gerühel dz do gar wyt ist von dem gebett.208 Die beiden Theologen, Prediger und Humanisten Geiler von Kaysersberg und Erasmus von Rotterdam urteilten deutlich und bildeten die allgemein üblichen, ausgeprägt ambivalenten Ansichten der Zeitgenossen über den Kaufmann ab. Das Bild des Kaufmanns changierte somit stets zwischen einer achtbaren und erfolgreichen sowie einer verwerflich, sündhaften Position. Diese Einschätzungen wurden schon früh mit konkreten Beispielen belegt. So warnte im 13. Jahrhundert Berthold von Regensburg (um 1210–1272) den Kaufmann, bei seinem Warenhandel auf das rechte Maß und die richtigen Gewichte zu achten und niemandem etwas anderes vorzugaukeln. Wenn er sich nicht daran hielte, sei er ein Betrüger. Er solle getreu sein und sich aus den ehrlich erworbenen Gewinnen ernähren.209 Ein Betrug beim Kauf und Verkauf wegen der Menge oder der Qualität würden ihn am ehrenhaften Handeln hindern, daher, so ermunterte Berthold den Kaufmann, solle dieser die ethischen Regeln einhalten, dann sei auch seine Ehre gesichert. Neben Ehre und zugleich Ehrlichkeit spielten auch Fragen nach dem gerechten Preis (pretium iustum) und damit eng verbunden der Gewinnerzielung bis hin zum 206 Erasmus von Rotterdam, Das Lob der Torheit, übersetzt und hg. von Uwe Schulz, Frankfurt a. M. 1979, S. 84f. 207 Nach Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle, S. 423f.: Geiler von Kaysersberg „Das Schiff der Pönitenz“, Augsburg 1514, fol. 57r. 208 Nach Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle, S. 417, Anm. 91: aus Doctor Keiserspergs Postill, Straßburg 1522, Teil 1, fol. 80v. 209 daz er weder wäge noch mäze noch simmerin niht bedarf noch eln, so soltü nieman niht anders dran geheizen danne daz dar an ist und daz du dar an weist. Tuost du iht anders, so bist du ein trügener. Dü solt gote getrüwon daz er dich mit getriuwen gewinnen iemer wol ernere. Berthold von Regensburg. Vollständige Ausgabe seiner deutschen Predigten, mit Einl. und Anm. hg. von Franz Pfeiffer / Joseph Strobl, 2 Bde., Wien 1862, 1880, Nachdruck Berlin 1965, S. 148; Göbel, Berthold von Regensburg, S. 165. Zur Kaufmannskritik in den Predigten Berthold von Regenburg, vgl. Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle, S. 406f. und Oberste, Kaufmann und Kommerz, S. 445f.

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Wucher im Zusammenhang mit ethischen Vorstellungen des Kaufmanns selbst und über den Kaufmann in der Außenbetrachtung eine große Rolle und waren unter Theologen, Juristen und Bürgern der Stadt ein lebhaft diskutiertes Thema. Grundsätzlich befanden die mittelalterlichen Legisten, dass der gerechte Preis sowohl durch den Marktpreis bestimmt, als auch durch die „Obrigkeit festgesetzt“ werden sollte.210 Eine umfangreiche Aussage dazu lieferte der Tübinger Theologe und Jurist Konrad Summenhard († 1502), der „nicht weniger als sechzehn preisbildende Faktoren benennen“211 konnte. Nach Summenhart war für den Kaufmann dabei wesentlich, dass „Mühe, Arbeit, Sorgfalt, Kosten und Risiko“ stets als vergütungsfähig galten. Schon bei Geiler spiegelte der gerechte Preis auch den gerechten Gewinn wider, „wenn nämlich der gerechte Warenpreis auch dem tatsächlichen Wert des Kaufguts entsprach“ und außerdem der erzielte Gewinn richtig genutzt werde, nämlich um „seine [des Kaufmanns] Nahrung [zu] gewinnen und seiner Familie ein standesgemäßes Auskommen“ sichern zu können.212 Aus dieser Position heraus durfte nach Geilers Ansicht der Kaufmann bei Geschäften Gewinne erzielen, entscheidend war dabei die Intention: Nicht „Geiz oder Habsucht“ durften ihn dabei leiten, sondern die Entschädigung für seine „Mühsal und Arbeit“ und die „Reisen mit Gefahren und Unbequemlichkeiten“ durch einen (dadurch) gerechten Preis.213 Neben den Theologen und Humanisten äußerten sich auch die städtischen Chronisten der frühen Neuzeit vielfältig zu den ethischen Normen des Kaufmannsstands. Sie hoben allerdings eher die negativen Exempla unehrlicher, betrügerischer und gieriger Kaufleute als Warnung hervor, die letzten Endes oft ihrem gerechten Schicksal, also dem Bankrott entgegengingen. Eine solche Zustandsbeschreibung findet sich etwa in der Augsburger Chronik des Wilhelm Rem († 1529), der die Verhältnisse in Augsburg Anfang des 16. Jahrhunderts in bitteren Worten beschrieb: So gab es Rem zufolge eine große Zahl sehr reicher Bürger, die kaufleut waren, diese hatten sich zu großen wohlhabenden Gesellschaften verbunden. Aber sie waren untereinander untreu oder, wie es Rem mit drastischen Worten sagt: sie beschissend ainander umb vil tausent guldin. Rem verfolgte mit dieser Schilderung den Zweck, die allgemeinen Zustände in der reichen Stadt Augsburg kritisch zu

210 Wilhem Trusen, Humanistische Auffassungen auf dem Hintergrund vorangehender Lehren in Recht und Ethik, in: Heinrich Lutz (Hrsg.), Humanismus und Ökonomie, (Deutsche Forschungsgemeinschaft. Kommission für Humanismusforschung. Mitteilung, 8), Weinheim 1983, S. 87–103, hier S. 90. 211 Wilhem Trusen, Äquivalenzprinzip und gerechter Preis im Spätmittelalter, in: Franz Mayer (Hrsg.), Staat und Gesellschaft. Festschrift für Günther Küchenhoff, Göttingen 1967, S. 247– 263, hier S. 259ff.; siehe auch E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 959. Zu Konrad Summenhard siehe ferner Hugo Ott, Zur Wirtschaftsethik des Konrad Summenhard (*ca. 1455–1502), in: VSWG 53 (1966), S. 1–27. 212 Nach Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle, S. 428f.: aus Doctor Keiserspergs Postill, Teil 3, fol. 92r. 213 Ebd., S. 428: aus Doctor Keiserspergs Postill, Teil 3, fol. 64v.

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beleuchten und eine Mahnung und Warnung für alle Kaufleute als Repräsentanten der Handelsstadt zu entwerfen.214 Sein Chronistenkollege Clemens Sender († 1537) bot dann für die Jahre 1525– 1529 mit einem der zeitweise reichsten Unternehmer Augsburgs Ambrosius Höchstetter d. Ä. ein konkretes Beispiel für diese Zustände. Dieser sei ein berühmter Kaufmann im gantzen Europa, und doch habe er mit seinem Kaufmannsgeschäft dem gemeinen Nutzen geschadet und den armen Mann ausgepresst.215 Konkret machte Sender Höchstetter zum Vorwurf, dass er die Gewohnheit hatte, Güter (Sender nennt Quecksilber) in großen Mengen günstig aufzukaufen, diese dann zurückzuhalten, bis ein Mangel am Markt auftrat, um sie dann zu hohen Preisen wieder zu verkaufen. Darüber hinaus hätte er versucht, die Schürfrechte aller europäischen Quecksilbervorkommen in seine Hand zu bekommen.216 Damit handelte Höchstetter nach Ansicht der Zeitgenossen als verwerflicher Monopolist. Tatsächlich weist die Vorgehensweise Höchstetters auch nach heutigen Kriterien monopolartige Züge auf.217 Ambrosius Höchstetter d. Ä. sollte mit seinen Quecksilbervorhaben jedoch keine glückliche Hand haben. In Spanien befanden sich in Almadén ausgedehnte Quecksilbervorkommen, die er nicht übernehmen konnte. Diese Tatsache und weitere fehlgeschlagene finanzielle Transaktionen verbunden mit dem Fehlverhalten seines Sohns und seines Schwiegersohns, die beide große Spielschulden angehäuft hatten, führten zum vollständigen Bankrott der Gesellschaft. Der Gesellschaftsgründer und Regierer Ambrosius d. Ä. verstarb 1534 in Augsburger Schuldhaft.218 Die Einhaltung ethischer Kaufmannsnormen wurde also von außen durch Theologen und Chronisten eingefordert, beobachtet und bewertet, ebenso versuchten die Kaufleute selbst diese anzustreben, wie eine Reihe von Beispielen aus Nürnberg und Augsburg zeigt: Mitte des 15. Jahrhunderts befand sich die Nürnberger ArztGesellschaft in einem tiefen Zerwürfnis. Die Brüder und Schwäger standen kurz davor, sich von ihrem ältesten Bruder und Geschäftsführer in Nürnberg aufgrund von finanziellen Ungereimtheiten, Unterschlagungen und betrügerischer Buchhaltung zu trennen. Dennoch entschieden sie sich, 1449 noch einmal eine gemeinsame Gesellschaftshandlung einzugehen. Für den erneuten Zusammenschluss nannten die Gesellschafter in einer Klageschrift vor dem Nürnberger Rat zwei Gründe: Sie 214 Häberlein, Augsburger Großkaufleute, S. 52, zeigt, dass Wilhelm Rem einen Normenwandel in der immer reicher werdenden Stadt Augsburg konstatierte und dies als Begründung für die Falschmünzerei, Wucher und Bankrott der Kaufleute ansah. 215 Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 219–220. 216 Bekanntlich wurde Quecksilber im Rahmen der Goldveredelung genutzt, denn in Verbindung mit Goldstaub legiert es zu Goldamalgam. Wird dieses erhitzt, so verdampft das Quecksilber und lässt das Gold in reinem Zustand zurück. Damit im Zusammenhang und nicht zu unterschätzen ist auch die Verwendung von Quecksilber in der im 16. Jahrhundert sehr populären Alchemie und schließlich auch seine Nutzung in der Heilkunde. 217 Thomas Max Safley, Staatsmacht und geschäftliches Scheitern. Der Bankrott der Handelsgesellschaft Ambrosius und Hans, Gebrüder Höchstetter, und Mitverwandte im Jahr 1529, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 19/3 (2008), S. 36–53, hier S. 36f. 218 Siehe dazu ausführlich das Fallbeispiel „Höchstetter“.

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hätten sich deshalb mit ihrem Bruder Hans Arzt vertragen und erneut verbunden, um seiner und ihrer Ehre willen und um (öffentliches) Geschrei und Gerüchte zu vermeiden (das sie aber bejeinander also in gesellschaft beliben sint, das teten sie allein von sein und iren eren willen, das das geschray nit zu groß auch das nit rede daruß219). Die entscheidende Motivation zum gemeinschaftlichen Handel lag demnach in dem Willen der Gesellschafter, die Kaufmannsehre zu erhalten und die Konflikte intern zu halten, um Gerede und Gerüchte, die die Kreditwürdigkeit und den guten Glauben in Frage stellten zu vermeiden.220 Insofern war die Haltung der Gesellschafter verständlich, besser weiter zusammenzubleiben, als Ehre und Vertrauen zu verlieren. Auch der Nürnberger Paulus Behaim argumentierte mit dem drohenden Verlust seiner Ehre. Es ging darum, dass seine Regierer, die Imhoff-Gesellschafter, seine weitere Teilnahme an der Gesellschaft, die bis dahin schon 20 Jahre währte, mit einer höheren Arbeitsverpflichtung bei geringerer Entlohung und Honorierung verlangten. Behaim lehnte den Vorschlag der Imhoff ab und leitete die Ablehnung mit der Begründung ein, er müsse an seinen Nutzen, seine Ehre und Wohlfahrt denken (Ich west mich aber auff irem furschlag dismal mit inen nitt einzulassen, dan ich auch bedenckhen must, was mein nuz, eer und wolfart werdt221). In diesem Fall wurde die Ehre eng verknüpft mit der langjährigen Arbeit innerhalb der Gesellschaft und der Bewertung dieser Arbeit und zugleich der Person des Mitarbeiters selbst. Der Verlust der Ehre wurde als ernsthafter Makel empfunden, wie es in einem weiteren Konflikt Wolf Imhoff, Leiter der Imhoff-Niederlassungen in Neapel und später in L’Aquila ausdrückte. Er schrieb in einem Brief zur Rechtfertigung, warum er ohne die Erlaubnis der Regierer die Geschäftszentrale in Nürnberg verlassen hatte und nach Italien zurückgereist war, sie hätten ihn ansonsten aufgehalten und er wäre in Nürnberg der Ehre verlustig gegangen, ja mehr noch verachtet denn ein hundt.222 Er wüsste außerdem genau, dann ob ich schon ein armer gesell pin, lest sich das gelt gewinnen, aber er [Ehre] lest sich nimmer mer erhollen. 223 Mit dieser Aussage traf Wolf den Kern und zeigte, warum die Kaufleute die Ehre für wesentlich und unbedingt einzuhalten erachteten. Ehre – und man kann auch ergänzen ‚Vertrauen‘ – ließen sich schnell zerstören, aber nur mühselig, wenn überhaupt wieder aufbauen. Auch im Fall der Familie Paumgartner aus Nürnberg zeigte sich, dass der Verlust von Vertrauen und Ehre durch einen Konkurs und die Flucht des Bankrotteurs Anton Paumgartners vor Gläubigern und der städtischen

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StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 9r. Vgl. ausführlich dazu das Fallbeispiel Arzt, S. 343ff. StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 38r. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8g (24a): an [ohne] ewer erlaubtnus nit zu verrucken, wann ich woll gewyst, das ir mich jar und tag auffgehaltenn wurdt habenn, pis ich nach ewrem willen handelnn het mussen. 223 Ebd. Ausführlich dazu siehe Kapitel „Rechnung, Kompetenz und Vermittlung“, S. 109.

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Justiz noch die Nachkommen traf. Seine Söhne mussten Nürnberg verlassen, fanden in Augsburg Aufnahme und erlebten erst dann den Beginn eines beispiellosen ökomomischen und sozialen Aufstiegs.224 Um die Verletzung der ethischen Kaufmannsnormen gar nicht erst aufkommen zu lassen, boten Kaufmannslehrbücher, aber auch Familienchroniken und Tagebücher zahlreiche Verhaltensregeln, wie Ehre (Ehrlichkeit), Vertrauen, Zuverlässigkeit, Bescheidenheit und vieles weitere mehr eingehalten werden konnten.225 So schrieb der Florentiner Kaufmann, Tuchmacher und Politiker Giovanni di Pagnolo Morelli (1371–1444) in seinen ‚Ricordi‘, die seiner Familie, insbesondere seinen Söhnen, gewidmet war: Macht keine Geschäfte mit jemandem, der die Arbeit, die Partner oder die Meister gewechselt hat. Und seid misstrauisch, euer Geld oder eure Geschäfte einem Mann anzuvertrauen, der spielt, der ausschweifend lebt, der sich zu aufwendig kleidet, der feiert, kurz, einem Mann ohne Hirn.226 Zuverlässigkeit, Treue und Disziplin in der Lebensführung erscheinen hier als die Ideale eines Kaufmanns. Ganz ähnlich äußerte sich Benedetto Cotrugli (1416–1469) aus Ragusa, der vor allem in Neapel als Geschäftsmann tätig war. In seinem Werk „Il libro dell’arte di mercatura“ aus dem Jahr 1458 befasste er sich in einem eigenen Kapitel „Della Qualità della persona del mercatante“227 ausführlich mit den sog. „conditioni“228, also der mentalen Verfasstheit des Kaufmanns. Um der Würde des Kaufmanns gerecht zu werden, so Cotrugli, sollten die Kaufleute nicht die brutalen Manieren der

224 Siehe dazu das Fallbeispiel Paumgartner, S. 157ff. und M. Isenmann, Die Paumgartner, S. 187ff. Aus den vielen weiteren Beispielen passt auch der Fall des Bankrotteurs Weyer aus Augsburg. Dessen Lebensstil nach Aussage seiner Gläubiger von „Eigennutz“, „Pracht“ und „Hoffart“ geprägt war. Weyer hatte demnach normative Kaufmannsgrundsätze wie: „Treue, Fleiß, Glück [im Sinne von fortuna], gute Haushaltung“ nicht eingehalten, nach Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 273ff. 225 Der Basler Kaufmann Ludwig II. Diesbach schreibt zum Erhalt der Ehre im zweiten Teil seiner Autobiographie von 1518: Doch so ward eß als ffertzertt; unn doch mitt eren unn erenlutten unn mitt ckeym spyell ney. Den wass ich fferttan hab, ist mit eren unn durch eren wyllen geschen. Unn hab mich all myn ttag tzu erenlutten tzogen. [...] Unn is myn ratt unn ernschlych bytt an myn erben unn nachkumen, daß sy semlychss ouch wellen tthun; den ein gucz byrtt daß ander unn ein böss daß ander. D. h.: So wurde alles [das verdiente Geld] verbraucht; aber doch in aller Ehrbarkeit und mit Ehrenmännern und nie im Glücksspiel. Denn das, was ich ausgab, verbrauchte ich in Ehrbarkeit und um der Ehre willen. Und während meines ganzen Lebens habe ich mich zu Ehrenmännern gehalten. [...] Es ist deshalb mein Rat und meine ernsthafte Bitte an meine Erben und Nachkommen, dass sie sich auch so verhalten solle; denn Gutes hat Gutes zur Folge und Böses bringt Böses hervor. Siehe Urs Martin Zahnd, Die autobiographischen Aufzeichnungen Ludwig von Diesbachs. Studien zur spätmittelalterlichen Selbstdarstellung im oberdeutschen und schweizerischen Raume, Bern 1986, S. 50–51. 226 Zitat des Giovanni di Pagolo Morelli, Ricordi, bei Jean Favier, Gold und Gewürze – Der Aufstieg des Kaufmanns im Mittelalter, Hamburg 1992, S. 360f. 227 Tucci, Benedetto Cotrugli, Il libro dellʼarte di mercatura, S. 142 (= fol. 8r); siehe auch M. Isenmann, Nutzen und Schaden, S. 178. 228 Tucci, Benedetto Cotrugli, Il libro dellʼarte di mercatura, S. 143.

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groben Soldaten haben, und nicht die liebedienerischen Manieren der Possenreisser und Komödianten, vielmehr muß sich in ihrer Sprache, ihrem Tun und in ihrer gesamten Handlungsweise ihre Ernsthaftigkeit widerspiegeln. 229 Über die Frage nach den Grundlagen des Kaufmannsberufs gibt eine an seine Söhne und Nachfolger gerichtete Schrift eines anonymen Florentiner Kaufmanns aus dem 14. Jahrhundert Auskunft. Sie ist aufgebaut wie ein „Kaufmannsspiegel“, der allerdings weniger aus normativen als vielmehr empirischen eigenen Wahrnehmungen schöpfte.230 Der unbekannte Autor empfahl zunächst in aller Kürze drei wesentliche Elemente, die für den Kaufmannsberuf notwendig seien: Senno, praticha e danari.231 Damit waren das Verantwortungsbewusstsein, die Einsicht, die mentale Verfassung (conditio), ein kaufmannspraktisches Wissen sowie die Kenntnisse der Geld- und Münzmaterie gemeint. Des Weiteren riet er, dass der junge Kaufmann nicht überall über die Geschäfte sprechen, Gewinne und Reichtum diskret halten232 sowie maßvoll in den Ausgaben, vor allem in Bezug auf die Kleidung, sein sollte. Denn sei das Geld einmal ausgegeben, kehre es nicht in die Börse zurück.233 Das Thema „Geldausgeben“ gehörte zum Wesentlichen im Repertoire des Autors, warnte er doch immer wieder, der junge Kaufmann solle sich zügeln, denn es entwickelte sich sonst zu einem „dauernden Fieber“, das diejenigen Menschen töte, die dem nicht widerstünden.234 Der unbekannte Autor empfahl ferner seinen Söhnen, ihren Kredit und ihren guten Ruf nicht auf Zurschaustellung und Ruhmsucht zu gründen, sondern auf reifer und fester Führung ihres Lebens und ihres Geschäftes.235 In ganz ähnlicher Weise wie ihre italienischen Kollegen äußerten sich auch die oberdeutschen Kaufleute in ihren Denkschriften, Briefen und Tagebüchern. Anschauliche Beispiele bildeten etwa die Ratschläge des Nürnberger Kaufmanns Christoph I. Scheurl an seinen jungen Neffen Hieronymus Haller aus dem Jahr 1488 229 LeGoff, Wucherzins und Höllenqualen, S. 82–83. 230 Corti, Consigli sulla mercatura, S. 117: non estendersi nè intraprendere più cha lla(!) sua borsa possa soferire. Zu dieser anonymen Schrift als Kaufmannsspiegel siehe Maschke, Das Berufsbewußtsein, S. 384. Maschke sah in der Schrift des Anonymus einen „kleinen Kaufmannsspiegel“, indem dieser eigene konkrete Erfahrungen verarbeitet hatte; siehe auch Giacomo Todeschini, Theological Roots of the Medieval/Modern Merchants’ Self-Representation, in: Magaret C. Jacob / Catherine Secretan (Hrsg.), The self-perception of early modern capitalists, New York 2008, S. 17–48, hier S. 27f. 231 Corti, Consigli sulla mercatura, S. 117: A volere essere mercatante i spezialmente III [tre] cose à bisogno d’avere, cioè senno, praticha e danari. 232 Ebd., S. 117: e però non si può erare a fare senpre segreto e non fare mostra delle sue faciende faciende nè parlare a pancha di sua ghuadagni o di sua richezza. 233 Ebd., S. 118: Le spese sono senpre da stringiere, però che lle sono senpre a danno, e mai ne torna danaro in borssa; e però, per pocho che tu le stringhi, fanno buona soma in capo dellʼanno. Diciano sieno X lire: le quali, in X anni, metnedo però in capitale, venghono a fare una gran soma: tantto che chi noʼ ne facessi il conto, nol crederebbe. 234 Ebd., S. 118: E la ragione se nʼé però che tutti i beni tenporali sono sottoposti e moltte ruine; e lle incessante ispese sono febre continove, la quale è quella che ucide gl’uomini. 235 Ebd., S. 117: Non si vuole disiderare d’avere credito o fama per suo dimostrarsi o per suo vantarsi, ma per suo maturo e sodo ghoverno.

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in seinem sog. „Regiment“236. So riet er seinem Neffen Hieronymus, der sich zu der Zeit in Venedig zur Ausbildung aufhielt: Sei wahrhaftig in all deinem Handeln; laß liegen, was nicht dein ist; meide leichtfertige Leute, Frauen, Spiel und andere Laster. Darum wirst du von dem Allmächtigen Lohn, und Lob von den Leuten erlangen; es wird auch die Hand deines Vaters desto milder gegen dich erscheinen, dazu ich, so fern du dich recht anläßt und hälst, dir ein guter Förderer zu sein verhoffe.237 An erster Stelle standen also für Scheurl Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit als Grundtugenden des Kaufmanns. Der weitere Rat, dass der junge Nachfolger liegen lassen sollte, was nicht sein sei, hatte die doppelte Bedeutung als Warnung vor Diebstahl und als Mahnung, nur mit dem zu handeln was man hat und was man auch zahlen kann. Es ist ein indirekter Hinweis auf eine weitere grundlegende ethische Kaufmannsnorm, die Kreditwürdigkeit, die als „guter Glaube“ in den Quellen bezeichnet wird. Schließlich dachte Scheurl auch an das jugendliche Alter Hallers, der noch unter zwanzig Jahren war und mahnte ihn vor dem leichtfertigen Leben, das gerade in Venedig die jungen Nachfolger lockte. Ethische Vorstellungen von Ehre, Vertrauen, Ehrlichkeit und Ehrbarkeit als ideale Grundlage der Familiengesellschaft wurden noch ergänzt durch den Willen nach Friedenswahrung untereinander. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür stellt z. B. das Ehrenbuch der Familie Linck in Augsburg dar. Dieses Ehrenbuch, verfasst von Ulrich Linck (1495–1560) in der Mitte des 16. Jahrhunderts, war vor allem als Gedenk- und Mahnbuch für seine Nachkommen und Nachfolger in der Familiengesellschaft der Haug-Langnauer-Linck gedacht. Die Gesellschaft war durch Verschwägerung verbunden und bildete seit 1532 eine gemeinsame Familiengesellschaft.238 Linck schrieb in seinem in das Ehrenbuch aufgenommene Testament die Mahnung, dass die Nachkommen mit friedlichem (freundlichen) Willen und nicht in Zwietracht und Zerrüttung gemeinsam handeln, d. h. die Geschäfte führen sollten (auch gar kain zerrittung noch zwitrachtigkait hie tzwieschen furgangen sei).239 Diese Normen spielten auch in den Gesellschaftsverträgen eine wesentliche Rolle.240 Die vertraglich gebundene Gemeinschaft der Gesellschafter verpflichtete sich, in Frieden und um der Ehre willen, zum Besten der Gemeinschaft, die Ge-

236 Aus dem ‚Regiment‘ Christoph Scheurls: Abdruck: Albrecht Freiherr von Scheurl, Dr. Christoph Scheurls Vater, in: MVGN 5 (1884), S. 13–46, hier S. 16f. 237 Ebd., S. 16f. 238 Friedrich Haßler, Der Ausgang der Augsburger Handelsgesellschaft David Haug, Hans Langnauer und Mitverwandte (1574–1606), (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg, 1), Augsburg 1928, S. 12; Strieder, Genesis, S. 201f.; Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften, S. 152ff.; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 172; Gregor Rohmann, ‚Eines Erbaren Raths gehorsamer amptman‘. Clemens Jäger und die Geschichtsschreibung des 16. Jahrhunderts, Augsburg 2001, S. 232. 239 StaBi Augsburg, 2oCod. Aug. 489, fol. 25v: auff das alle nachkommen des gantzen linckschen geschlechts inn kunfftug zeit wissen mogen, wie alle ding mit guettem fraintlichen willen angenomen auch gar kain zerrittung noch zwitrachtigkait hie tzwieschen furgangen sei, wellichs alles allein aus gnaden des allmechtigen beschehenn, dem sei ewig lob und eer von ewigkait zu ewigkait amen. 240 Vgl. auch Kapitel „Gesellschafts- und Mitarbeiterverträge“, S. 341ff.

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schäft zu führen. In diesen Punkten spiegelten die Verträge zugleich auch die städtische Gesetzgebung dieser Zeit wider. Die Grundbedingung eines jeden erfolgreichen Zusammenlebens, sowohl der städtischen als auch der ökonomischen Gesellschaft, bildete die Friedenswahrung. Äußere und innere Konflikte waren nicht nur eine große Gefahr für die Entwicklung der Städte, sondern auch für die Handelsgesellschaften. Zumindest den Konflikten im Innern konnte der Kaufmann mit dem im Vertrag geäußerten Friedenswillen entgegentreten und in Form einer Willenserklärung die Grundlage für die Durchsetzung der ethischen Normen legen. Dadurch, dass diese Willenserklärung vertraglich festgelegt wurde, hoben sie die Gesellschafter in eine rechtlich Sphäre, ohne die die Gesellschaft nicht existieren konnte. Schon einer der frühesten erhaltenen Verträge, der Vertrag der Meutinggesellschaft aus Augsburg aus dem Jahr 1436, kannte diese Verpflichtung.241 Die Gesellschafter beschworen in dem Vertrag mittels Eid den Friedenswillen der Gesellschafter untereinander und versprachen ferner, jeden Konflikt vermeiden zu wollen. Dann erst folgten die einzelnen Artikel, die das Unternehmen und die Geschäfte selbst betrafen.242 Ähnlich hieß es im Augsburger Höchstettervertrag von 1515. Hier wurde zudem noch die Begründung für die Einhaltung der Normen genannt. Die Ehrbarkeit und die friedliche Einigkeit waren zum Besten der Gesellschaft einzuhalten und um jeden Nachteil für sie zu vermeiden: mit gutter erberkajt und fridsamer ainigkajt dester pesser unterhalten, auch dester minder zertrent, desgleichen auch der geselschaft nachtajll zum pesten verhütt werden.243 Dabei wurden die Begriffe wie Ehre, Frieden und Vertrauen nicht nur auf den einzelnen Gesellschafter konzentriert, sondern grundsätzlich die Gesamtgesellschaft betrachtet, ganz im Sinne des in dieser Zeit häufig reflektierten GemeinwohlGedankens. 244 Abschließend sei noch als ein weiteres Beispiel auf die zeitgenössischen Aussagen des Augsburger Kaufmanns Lukas Rem (1481–1541) hingewiesen, der in seinem ‚Tagebuch‘ Anfang des 16. Jahrhunderts die Motivation zur Gründung seiner Gesellschaft darlegte, die er maßgeblich zusammen mit seinen Brüdern Endris (Andreas) und Hans Rem sowie Ulrich Hanold bzw. Honold seit dem Jahr 1518 führte. So schrieb er, dass die Familiengesellschaft der Rem nicht für den eigenen Nutzen und die persönliche Ehre, sondern für den gemeinen Nutzen und die Ehre des Namens Rem gegründet worden war: daz ich mein aigen Eer minder, Nutz noch fuog nie betrachten noch bedenken hab wollen [...] alain unsser brieder [Brüder] gemain Nutz und frommen, der Remen Namen Er betrachtt.245

241 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 1’–2’ Z 24–27, Möncke, Ausgewählte Quellen, S. 292. 242 Ebd. 243 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 86. 244 Siehe das einschlägige Kapitel mit weiterführender Literatur bei E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 229–231. 245 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 32. Nach Häberlein, Augsburger Großkaufleute, S. 50, hatten „Begriffe der Ordnung und Ehre […] bei Rem quasi leitmotivischen Charakter.“

B. DER BEFUND: FALLSTUDIEN I. RECHNUNG, KOMPETENZ UND VERMITTLUNG. DAS DIFFIZILE VERHÄLTNIS ZWISCHEN GESCHÄFTSZENTRALE UND FAKTOREI AM BEISPIEL DER NÜRNBERGER IMHOFF Das Fallbeispiel der Imhoff-Gesellschaft ‚Endres Imhoff und Mitverwandte‘ versus Wolf Imhoff erweist sich aufgrund seiner Struktur, seiner Ausgangssituation, dem Verlauf und den Lösungsstrategien als so programmatisch und repräsentativ, dass es an den Anfang der Untersuchung gestellt werden kann. Der vorliegende Fall demonstriert nämlich in nahezu idealtypischer Weise die diffizilen und genau austarierten, zunächst internen Wechselbeziehungen zwischen einer Geschäftszentrale mit den Regierern, einer zweiten Zentrale in Augsburg sowie den zugehörenden Faktoreien mit ihren Mitarbeitern. Den Moment, in dem diese Wechselbeziehungen des familiären und ökonomischen Netzwerks durch einen ausbrechenden Konflikt gestört wurden, erhellt ein umfangreicher Quellenbestand aus Korrespondenzen, Verträgen, Mandaten und Urteilen. In diesen Quellen wurden eine Vielzahl von verschiedenen Maßnahmen und Strategien gegen ökonomisches, gesellschaftliches und familiären Fehlverhalten, aus dem die Konflikte entstanden, über zehn Jahre hinweg intensiv diskutiert. Zur Aufarbeitung des außerordentlich umfangreichen Quellenbestandes wird dieser zunächst tabellarisch strukturiert, sodass dann quellennah der Fall, mit einschlägigen Zitaten auführlich belegt, analysiert werden kann. 1. Die Imhoff in Nürnberg und Augsburg Die Familie Imhoff stammte aus Lauingen a.d. Donau und ist seit dem 14. Jahrhundert in Nürnberg nachweisbar. Die Söhne des Stammvaters Hans I. († 1341), Konrad († 1394) und Hans II. († 1389), erwarben 1340 bzw. 1351 das Bürgerrecht in Nürnberg.1 Ab diesem Zeitpunkt stiegen sie zügig zu wirtschaftlich bedeutenden Kaufleuten in Nürnberg auf und waren zusätzlich politisch berechtigt. Seit dem Enkel Hans IV. (1419–1499) wurden die Imhoff „dauerhaft ratsfähig“ und spielten bis weit in das 17. Jahrhundert innerhalb des städtischen Magistrates eine wichtige 1

Die neuesten Forschungen zu den Imhoff bietet Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 601– 631, hier S. 601. Quellennah erarbeitete Jahnel, Die Imhoff, eine Nürnberger Patrizier- und Großkaufmannsfamilie, eine erste umfangreiche Geschichte der Imhoff-Familie. Jahnel verfolgte dabei sowohl wirtschaftshistorische als auch sozialhistorische und prosopographische Fragestellungen. Sie nutzte dazu ausgiebig die Bestände des Nürnberger Historischen Archivs im Germanischen Nationalmuseum. Unverständlicherweise wurde diese sorgfältige und beeindruckende Dissertation nie gedruckt.

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Rolle, indem sie auch mehrfach das Amt des Obersten (Vordersten) oder Zweiten Losungers innehatten. 2 Seit 1451 bewohnte die Familie Imhoff bis Ende des 16. Jahrhunderts ihr Stammhaus gegenüber St. Lorenz.3 Unter Endres II. (1529–1597) verlegte die Familie ihren durch dessen Heirat mit Ursula Schmidmaier4 ererbten Sitz auf den Egidienberg, den Endres in ein prachtvolles, dreiflügeliges Anwesen erweitern ließ. Eine erste ökonomische Blütezeit erlebte die Familie im 15. Jahrhundert mit Hans IV. Imhoff.5 Ihm gelang es, mit seiner Familiengesellschaft den Handel mit Rohstoffen, Fertigwaren und vor allem mit Gewürzen europaweit auszubauen. Dazu errichtete die Gesellschaft ein weitverzweigtes Faktoreisystem mit Niederlassungen etwa in Prag, Brünn, Breslau, Lyon. Besonders wichtig aber war für sie der Standort Venedig, die Drehscheibe des Mittelmeerhandels. Dort fanden sie günstige ökonomische Verhältnisse für den Handel mit Gewürzen, insbesondere dem Safran- und Pfefferhandel, ihren bedeutendsten Geschäftszweigen.6 Zuvor war es 1441 schon Konrad II. Imhoff († 1449), dem Vater Hansʼ IV., gelungen, im Fondaco dei Tedeschi, dem Handelshaus der Deutschen am Rialto, zunächst eine halbe Kammer von der alten Mendelschen Gesellschaft zu erwerben und diese wenig später zu einer ganzen Kammer zu vergrößern.7 Diese wichtige Niederlassung wurde dann über viele Jahrzehnte hinweg von engen und besonders zuverlässigen Familienmitgliedern besetzt, in dieser frühen Zeit z. B. durch einen Sohn Konrads, Paulus 2

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Schon 1402 wurde das Amt des ‚Jüngeren Bürgermeisters‘ auf Nikolaus Imhoff übertragen, allerdings handelte es sich in dieser Zeit noch um eine kurze Episode, erst einige Jahre später stiegen die Imhoff in der politischen Hierarchie in Nürnberg auf, Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 602ff. Imhoff, Christoph Freiherr von, Imhoff, S. 32. Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 615. Er trat auch als Bauherr und Stifter von Kunstwerken – z. B. dem Sakramentshaus der Nürnberger Kirche St. Lorenz – hervor. Jahnel, Die Imhoff, S. 158; Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 603–604, 606; Karl Heinz Barthels, Drogenhandel und Apothekenrechtliche Beziehungen zwischen Venedig und Nürnberg, Marburg 1964, S. 77, zitiert einen Brief vom 4. Juni 1406, demzufolge die Imhoff spätestens schon in dem Jahr eine Verbindung nach Venedig hatten (abgedruckt bei Henri Simonsfeld, Der Fondaco dei Tedeschi in Venedig und die Deutsch-venezianischen Handelsbeziehungen, 2 Bde., Stuttgart 1887, hier Bd. 1, Nr. 292): Ad nostram quidem pervenerunt presenciam concives nostri scilicet Erhardus, Sebaldus, Johannes et Pangratius In Curia, dicti vulgariter Imhof, fratres Germani, quondam concivis nostri pie recordationis Johannis dicti In Curia liberi, nobis [...] proponentes, qualiter ipsi apud vos in Veneciis aliqua ventilare habeant que a jamdicto Johanne ipsorum patre defuncto principaliter oriantur, diligenter supplicantes ut vobis ex parte ipsorum insinuare vellemus quod ipsi ejusdem Johannis In Curia defuncti essent filii legitimi et heredes [...]. Barthels, Drogenhandel, S. 78, Anm. 122; GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 5, Nr. 18 (26. März 1441): Ich Jörg Mendel, burger zu Nurenberg, beken offenlichen mit dissem briff fur mein pruder und mich, das wir redichen verkaufft haben dem erbergern konradt ym hoff und seine erben ain halbe thail an unsser kameren zw venedig, das paradiess genant, ym tewtzen haus, die wir von der herrschafft zw venedig per gracia haben [...] Und er und wir schulden alljar yede parthey tzwen ducaten tzins der herschafft dor von bezallen und welcher 3 jar lanch sein tzins nicht bezallet, so schol der andern parthey die kameren gantz verfallen sein.

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Imhoff († 1478). Zugleich war Venedig – neben Lyon – der obligatorische Ausbildungsort für die jungen Imhoff-Nachfolger. Hans IV. hatte acht Söhne, die alle den Kaufmannsberuf erlernten und bei seinem ältesten Sohn Peter I. († 1528) mitarbeiteten, der nach dem Tod des Vaters dessen Handelsgesellschaft übernommen und diese als „Peter Imhoff und Gebrüder“ neu benannt hatte.8 Sie waren mit Kapital daran beteiligt, vertraten die Gesellschaft in den Faktoreien und reisten durch Europa, um vor allem mit Gewürzen, etwa Safran aus den Abruzzen, sowie mit Metallen und Tuchen (Leinwand, Seide) zu handeln. Die Nachfolge der Gesellschaft „Peter Imhoff und Gebrüder“ übernahmen nicht Peters Söhne, sondern sein Neffe Endres I. Imhoff (1491–1579), ein Sohn Hansʼ V.9 Unter diesem erlebte die Gesellschaft ihre zweite ökonomische, aber auch gesellschaftliche Blüte. Mittlerweile waren sie nach dem Nürnberger Tanzstatut von 1521 zu „neuen Geschlechtern“ geworden und besetzten neben den „alten Geschlechtern“ und deren Angehörigen die höchsten Ratsämter.10 1504 ging Endres I. Imhoff zunächst in jungen Jahren nach Venedig bei einem Seidenhändler in die Kaufmannslehre, während dieser Zeit wurde er auch im Safrangeschäft geschult.11 Nach einer weiteren Lehrzeit in den imhoffschen Niederlassungen in LʼAquila (1509–1514) und Lyon (1514–1521),12 kehrte er nach Nürnberg zurück und heiratete dort Ursula († 1525), die Tochter des vermögenden Kaufmanns Georg I. Schlaudersbach. In einer Überkreuzheirat verband sich zugleich seine Schwester Helena mit Georg II., dem Bruder Ursulas. Diese beiden Heiraten

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Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 606. Endres Imhoff hinterließ ein Tagebuch mit überwiegend rein genealogischen Angaben und wenigen Bemerkungen über sein Leben. (Sein Sohn Endres II. setzte das Tagebuch nach dem Tod des Vaters fort.) GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Teil 1, Fasz. 44, fol. 37v: Item ich Endres Imhoff von Hannsen Imhoff und Katerinen Müsslin aus lauter gnaden gottes erzeugt und am eretag sant Endressen abend den 29. November in der nacht , als es achte het geschlagen gegen den tag im jar 1491 geborn. 10 Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 610. Zum Nürnberger Tanzstatut siehe auch E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 753f. 11 Familienchronik Imhoff: GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Teil 1, Fasz. 44, Nr. 1, fol. 37v: Item mein lieber vatter selliger schiecket mich das erstmal gen Venedig mit Ludwig Imhoff auff 26. September 1504 und komen do hin, Gott hab lob auff 30. September und auf 4. October thet man mich in einem herren genant Jeronimo & Piero. so ein seidenmacher waren. Item pey solchen meinem herren und auch etliche zeitt im teuchtschen haus zu Venedig blieb ich pies auff 23. October anno. 1508 würd ich von Jeronimo Imhoff gen Casselmajor [Castel Maggiore bei Bologna] so der Venediger und nit weitter von Cremona ligt auff den saffran zu kauffen geschieckt. Item doselb pleib ich pies in jenner anno 1509 do kom ich wieder in Jeronimo Imhoff gen Venedig. Item in Venedig pleib ich pies auf 22. April 1509 und kom das erst mal, gott hab lob wieder gen Nurmberg, auff 6. May. 12 Johannes Müller, Die Geschäftsreisen und die Gewinnanteile Endres Imhofʼs des Älteren als Teilhaber der Handelsgesellschaft „Peter Imhof und Gebrüder“ von 1508 bis 1525, in: VSWG 13 (1916), S. 153–179, hier S. 156ff.; Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 610. Diese Abfolge der Standorte während der Lehrzeit war bei den oberdeutschen Gesellschaften des 15. und 16. Jahrhundert geläufig, siehe auch das Kapitel „Die Ausbildung“ S. 327ff.

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kamen, nach dem Urteil Fleischmanns, aus Familienräson zustande, immerhin gehörte Schlaudersbach mit einem Vermögen von 40.000 fl. zu den fünftreichsten Kaufleuten Nürnbergs.13 Am 26. Juli 1527 unterzeichnete Endres zusammen mit seinen Onkeln Peter I., Ludwig, Hieronymus und Simon, seinen Vettern Lienhard und Peter II. und seinem Bruder Gabriel einen erneuerten Gesellschaftsvertrag der „Peter Imhoff und Gebrüder“-Gesellschaft. Er war darin mit einer Kapitaleinlage von rund 4.109 fl. beteiligt.14 Parallel dazu gründete Endres zusammen mit Gabriel eine weitere, kleine Gesellschaft, die als Anfangskapital über 3.436 fl. 17 ß. verfügten.15 Nach dem Tod Peters I. im Jahr 1528 veränderte sich die personelle Zusammensetzung der Gesellschaft. Aufschluss über den neuen Personenkreis gibt eine zeitgleiche Verschreibung Bernhard Imhoffs vom 15. August 1528: Ludwig, Jeronimus, Endres Imhoff.16 1531 schlossen diese dann einen erneuten Vertrag über eine Gesellschaft, die nun den Namen „Endres Imhoff und Mitverwandte“ trug und in der die kleine Gesellschaft der beiden Brüder Endres und Gabriel aus dem Jahr 1527 aufging. Sie wurde generell von Nürnberg aus geleitet, hatte aber eine zweite Geschäftszentrale in Augsburg, vertreten durch Simon Imhoff († 1557). Er war schon zuvor anlässlich seiner Verheiratung mit Anna Paumgartner nach Augsburg gezogen und hatte dort die Niederlassung der Imhoff gegründet. Simon war vor allem für die Kontrolle der Abrechnungen aus den Faktoreien und die Rechnungslegung zuständig, während sich Gabriel speziell um die Abrechnungen der wichtigen Niederlassung in Venedig kümmerte.17 Hinzu traten zwei Vettern von Endres, Hieronymus II. († 1577) und dessen Bruder Sebastian mit einer Kapitaleinlage.18 Hieronymus siedelte aus Anlass seines Heiratsversprechens mit Anna, Tochter des Bartholomäus V. Welser, am 8. Dezember 1542 nach Augsburg über19 und arbeitete dann in der zweiten Geschäftszentrale 13 Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 610. Zu Kreuzheiraten siehe auch Geffcken, Die Welser, passim. Als Ursula kinderlos starb, heiratete Endres I. 1526 Magdalena Reich. 14 Diese errechnete und leicht gerundete Einlage setzt sich zusammen aus einer Einlage in der Vorgängergesellschaft seines Vaters Hans V. und dessen Brüder seit dem Jahr 1508 bis zum Tod des Vaters im Jahr 1522 in Höhe von 3.630 fl. Hinzu kamen dann davon 2% (Rechnungsjahr 1523/25), 11% (im Rechnungsjahr 1525/27) und schließlich 13% Gewinn (Rechnungsjahr 1527/29). 1529 betrug die Kapitalhöhe demnach 4.643 fl. Zu den Prozentangaben siehe Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 237f., FN 60. 15 Mehrfache Einlagen tätigte Hans Kleeberger zu 5 % Verzinsung, siehe Helge Weingärtner, Hans Kleeberger. Porträtiert von Dürer – von Pirckheimer gezeichnet, in: MVGN 97 (2010), S. 125–194, hier S. 145. Ehrenberg, ebd., bezeichnete Kleeberger als „stillen Teilhaber“, siehe auch Ehrenbergs, Hans Kleeberger, der „gute Deutsche“, S. 12. Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 611 schreibt ebenfalls vom stillen Teilhaber, während Jahnel, Die Imhoff, S. 157 für die Imhoff-Gesellschaft von keinem einzigen stillen Teilhaber in dieser Zeit ausgeht. 16 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 49, Nr. 1. 17 Nach Jahnel, Die Imhoff, S. 176 war Gabriel zwar launisch, aber zugänglich, während Simon von eher kühler Wesensart war. Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 614. 18 Jahnel, Die Imhoff, S. 156. Zu Hieronymus II. und seinem Bruder Sebastian II. siehe Kapitel: „Die Gebrüder Sebastian und Hieronymus Imhoff“, S. 215f. 19 Paulus Behaim, bis 1556 Mitarbeiter in der Imhoff-Gesellschaft, schrieb dazu (StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 4v.): Nachmals ist Jeronimo Imhoff, Sebastian I. sun ad

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mit. Allerdings verließen die Brüder Hieronymus und Sebastian die Hauptgesellschaft in Nürnberg und die Niederlassung in Augsburg im Jahre 1548 aufgrund von Konflikten, vor allem über strittige Gewinnermittlungen.20 Dazu äußerte sich in der Rückschau der Verwandte und Mitarbeiter Paulus Behaim († 1568) in einem Brief an Hieronymus aus dem Jahr 1549: Endres Imhoff und Gesellschaft haben 525 fl. von Jeronymusʼ und Sebastians Geld für den Kaltmarkt21 gebraucht, das ja mit Recht den Pfingstmarkt22 mit 4% gewärtig sind. Verdienen 1% daran. Nicht, dass ich Mißtrauen in deine Herren setzte, sondern allein von Klarheit wegen, das wirst du verstehen, denn es liegt also in deines Herren Vermögen, es klar zu machen, wenn sie wollen, und ihnen wäre lieber, es nicht ist.23 D. h. die Gesellschaft hatte mit Geld aus der Einlage der Brüder gehandelt und in dem Fall einen Gewinn von 4% daraus gezogen, den Brüdern aber nur 1% zugestanden. Simon war schon zwei Jahre zuvor 1546 aus der Gesellschaft ausgetreten, jedoch nicht aufgrund von Konflikten, sondern, wie es in einem vorläufigen Ledigbrief vom 2. September 154624 hieß: seines obligenden alters, auch der beschwerlichen, sorgklichen und geschwinden vor augen wesenden leufft halben. Simon hatte demnach für sein Ausscheiden sein fortgeschrittenes Alter, immerhin war er mittlerweile 70 Jahre alt, sowie die dadurch zunehmenden Beschwerlichkeiten, zumal wegen der schwierigen Zeitläufte verantwortlich gemacht. Dabei handelte es sich wohl um den Schmalkaldischen Krieg (1546–1547), der Nürnberg und Augsburg sowie den überregional unternehmerisch tätigen Handelsgesellschaften große wirtschaftliche, finanzielle und politische Probleme brachte. Fünf Jahre später, am 1. August 1551 erstellter endültiger Ledigvertrag präzisierte in einer kurzen Rückschau die konfliktfreie Trennung Simons von der Gesellschaft und verwies in dem Zusammenhang auf den Krieg: Nachdem wir die obgenannten sambt dem erbern Simon Imhof, burgern zu Augspurg unnsern lieben vettern ain freuntliche vertrewliche gesellschaft auf vier jar lanng miteinander verglichen, darinn wir auch allso bis auf die zeit der beschwerlichen kriegsentporung, so sich im funfzehenhundert unnd sechsundvierzigisten jar inn teutsche nation zugetragen, zway ja lanng unzertrennt beyeinannder bliben, darauf sich dann bemellter unnser vetter Simon Imhof aus allerley beveglichen guten ursachen mit unnserm guten willen von unns gethan unnd alles das im uberal davon gebürth zu seinen

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8. Dezember auff die post gen Augspurg postirtt und sich mitt Barttolomäus Welsers dochter verheyrath und bin also allein damitt gewest und von wegen Jeronimo Imhoffs heiratt halben hinaus geritten. Die Hochzeit im Jahr 1543 erwähnte Behaim ebenfalls: Nachmals ad 20 May kam Conratt Pari von Nurmberg auch mitt der post hinab und ritt Jeronimo Imhoff aus Augspurg und hielt hochzeit mit Barttolomäus Welser tochter. Jahnel, Die Imhoff, S. 61, 157. Ausführlicher dazu vgl. Kapitel „Die Gebrüder Sebastian und Hieronymus Imhoff“, S. 210ff. Es handelt sich dabei um den Kaltenmarkt, der ab Donnerstag nach Martini, 11. November terminiert war. Bis Mitte des 15. Jahrhunderts fand er in Bergen-op-Zoom statt, seither in Antwerpen, Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 33 und Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 105. Der Antwerpener Pfingstmarkt war ab Donnerstag nach Pfingsten terminiert, ebd., S. 105. GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 5, nach Jahnel, Die Imhoff, S. 181. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 30, Nr. 2.

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hannden empfangen.25 Diese Begründung genügte jedenfalls den Regierern Endres und Gabriel Imhoff, um Simon mit dem Ledigschreiben ime derselben mit uns gehabten gemeinschafft und geselschafft, auch seiner derhalben daruber gegebner verschreybung entlich und urthatlich erlassen und ledig getzelt haben.26 Simon blieb allerdings der Gesellschaft noch einige Zeit nach seinem Austritt weiter verbunden, denn es bestanden aus seiner vergangenen Zeit als Mitgesellschafter noch einige offene Fragen, die im Ledigvertrag dezidiert aufgelistet wurden. So ging es etwa um die ungelösten Konflikte mit den Vettern und Leitern der Faktoreien in Neapel und L’Aquila, Wolf und Paulus Imhoff. Es war zu dieser Zeit noch nicht absehbar, welche finanziellen Konsequenzen diese Konflikte für die Imhoff haben sollten (Zum dritten ist auch bedinglich abgeredt, das Simon Imhoff alle und jede jetz rechthengige sachen, im konigreich Neapls noch ungeörtert schwebend von de Adlerschen handlung herurend, auch alle die sachen, so noch derwegen ervolgen unnd entspringen möchten, auch was wir inn ainer oder mer derselben sachen verlustig wurden27). Da nach den Gesellschaftsverträgen die Gesellschafter meist zu Gewinn und Verlust verbunden waren, so auch Simon, konnte er in diesem Punkt noch nicht ledig gezelt werden (zu gewin und verlust unnd gleicher darlegung ausfuren unnd bezallen sollen, wie dan er, Simon Imhoff sich auch des innsonderhait verschrieben hatt28), sondern war sogar in den Konflikt aus eigenem Interesse und nach dem Willen der Regierer weiterhin aktiv engagiert.29 Endres Imhoff und Mitverwandte sagten Simon in dem Brief daher zu, nichts in diesem Konflikt zu unternehmen, ohne ihn zu befragen (Doch sollen unnd wollen ditz Adlerschen handels halber unnd zu endlicher ausfierung desselben nit macht oder gewalt haben, ain oder mer bevelchhaber gen Neapls, dan allain mit vorwissenn unsers lieben vettern zu schicken oder abzufertigen30). Die Gesellschaft „Endres Imhoff und Mitverwandte“ blieb auch nach der Trennung von Simon Imhoff und den Brüdern Sebastian aus Nürnberg und Hieronymus aus Augsburg weiterhin erfolgreich bestehen. An die Stelle der Brüder traten der Sohn des Endres, Endres II. († 1597), sowie Hans, der Sohn Gabriels: [1548] Endres Imhoff junger und Hans Imhoff, Gabriel Imhoffs son, sint diese rechnung auch angenomen worden31, ferner Hieronymus und Willibald, Söhne Hansʼ VI. Zwar hat sich aus dieser Phase kein Gesellschaftsvertrag erhalten, der darüber genauen Aufschluss geben könnte, aber wiederum durch die Aufzeichnungen Paulus Behaims sind die Veränderungen der Gesellschaft zur Jahresabrechnung am 23. August 1548 beschrieben. Dort werden zunächst die alten Gesellschafter aufgezählt, d. h. auch die Augsburger Brüder: Ad 23. Augusto 1548 haben meine hern so dieser zeitt us der nechsten rechnung den namen haben gehabt: Michel und Sebastian Imhoff und 25 26 27 28 29

Ebd., Nr. 6. Ebd. Ebd. Ebd. Siehe dazu die umfangreiche Korrespondenz zu dem Konflikt, die im Folgenden untersucht wird. 30 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 30, Nr. 6. 31 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 32v.

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her Endres und Gabriel Imhoff auch Jeronimo, des Sebastian Imhoff [Vetter des Endres] son und aber Jeronimus des Hansen [Bruder von Endres] Imhoff son,32 weiter heißt es dann: zu dieser rechnung ist Sebastian und Jeronimo Imhoff gepruder aus dem handel kumen und fur sy allein einen handell und gewerb anzufhahen.33 Ferner gehörten nun zur Gesellschaft: Wilpoltt Imhoff ist zu dieser rechnung zu ein geselschaffter worden und hatt ieder geselschaffter zu gewinn und verlust 8.000 fl. liegen. Außerdem trat als Buchhalter Albrecht Scheurl hinzu: Albrecht Scheurll ist diese rechnung zu ein cassir angenomen worden, sowie weitere Imhoff-Nachkommen: Endres Imhoff junger und Hans Imhoff, Gabriel Imhoffs son, sint diese rechnung auch angenomen worden.34 Alle Gesellschafter stammten nun einzig aus Nürnberg und von dort liefen auch die weiteren Unternehmungen und Verbindungen über das europaweite Faktoreinetz. Neben den schon erwähnten Niederlassungen kamen noch Messina, Lissabon, Antwerpen, Neapel und LʼAquila, ferner sog. ‚Niederlagen‘ (Faktoreien) in Saragossa, Bari und Leipzig hinzu.35 Die Verbindung zu den Faktoreien hielten mitarbeitende Gesellschafter, die meist aus dem engeren Familienkreis kamen, wie z. B. Paulus Behaim, ein Neffe Endres I. Imhoffs, der zwischen 1538 und 1550 als Kontaktmann zwischen Antwerpen, der Frankfurter Messe und Nürnberg fungierte und auf seinen Reisen von Imhoff-Faktoren in Antwerpen und Lyon, Hieronymus und Sebastian, Vettern von Endres I. begleitet wurde.36 Ein weiterer Neffe von Endres namens Hieronymus führte die wichtige Niederlassung im Fondaco in Venedig, die spätestens 1550 von seinem Sohn Endres II. übernommen wurde. Die Brüder Wolf und Paulus Imhoff, Söhne von Peter II., waren seit 1535 bzw. 1539 Faktoren in Neapel und L’Aquila. Die Gesellschaft war weiterhin im Gewürz-, Pfeffer-, Safran-, Wein- und Seidenhandel37 sowie – schon seit 1479 durch den Erwerb von Anteilen am Silberbergwerk im erzgebirgischen Schneeberg38 – auch im Saigerhandel tätig und stand darin in Nürnberg mit den Tuchern einerseits in Konkurrenz, bildeten zugleich anderer-

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Ebd., fol. 29r. Ebd., fol. 32v. Ebd., fol. 32v. Jahnel, Die Imhoff, S. 158; Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 603–604, 606. StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 3v: Ad 31. Augusto 1538 jar habenn mich meine hern das vierttmall genn Franckfurtt in die mes gesannnt in irem dienst und ist bey mir geweest Jeronimo Imhoff des Sebastian Imhoff son us Anthorf. Ad 14 Marzi 1539 jar habenn mich meine hern das funffttmall gen Franckfurtt in die mes gesannnt in irem dienst und ist bey mir gewest Sebastian Imhoff, des Sebastian Imhoff seligen son us Lion. Ad 31. Augusto 1539 jar habenn mich meine hern das sechstmall genn Franckfurtt in die mes gesannt in irem dienst unnd ist niemandtts bey mir gewest aus ursach, das Jeronimo Imhoff us Annthoff unttherwegs kranck wurdtt, also ich meine hern die mes allein versehenn hab. 37 Jahnel, Die Imhoff, S. 161–163 und 165f.; Kurt Weissen, Safran für Deutschland. Kontinuität und Diskontinuität mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Warenbeschaffungstrukturen, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser, (Hrsg.), Beschaffungs- und Absatzmärkte oberdeutscher Firmen im Zeitalter der Welser und Fugger, Husum 2011, S. 61–78, hier S. 70–78. 38 Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 604.

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seits im Safranhandel mit ihnen und dem Nürnberger Zweig der Welser „strategische Allianzen“.39 Lange Zeit blieben die Imhoff bei diesen Geschäftszweigen, die ihnen zwar ordentliche, jedoch keine übermäßigen Gewinne einbrachten. So errechnete Ehrenberg z. B. für die Jahre 1529–1538 einen Gewinn von durchschnittlich 7% per annum, Jahnel ging für diese Zeit von einem Gewinn von über 8–8½% aus.40 Wesentlich höhere Gewinne waren hingegen in Kredit- und Geldgeschäften möglich, von denen sich die Imhoff allerdings wegen des hohen Risikos lange Zeit fern hielten.41 Tatsächlich gelang es konkurrierenden anderen Nürnberger und Augsburger Unternehmen im 15. und vor allem 16. Jahrhundert immer wieder, hohe Gewinne aus gewährten Krediten und Anleihen zum einen für europäische Adelshäuser, darunter auch die Krone von Spanien oder auch Frankreich sowie zum andern für europäische Städte, wie z. B. niederländische Rentmeisterbriefe aus Antwerpen oder Brüssel, zu ziehen. Diese Geldgeschäfte waren zugleich jedoch risikoreich und spekulativ und führten zu Abhängigkeiten von den ökonomischen und politischen Verhältnissen des Schuldners. Waren diese nicht zuverlässig und solide, so kamen die Kreditgeber aufgrund fehlender Zahlungen, also mangelnder Bedienung von Kreditschulden, sowie auch immer neuer Kreditwünsche seitens der Schuldner in finanzielle Engpässe, die je nach Engagement und Höhe der Kredite bei den Handelshäusern bis zum Konkurs führen konnten. Große und kurzfristige Gewinne waren in der Regel eben auch im 15. und 16. Jahrhundert mit hohem Risiko verbunden. So häuften sich in Augsburg und in Nürnberg seit dem ersten Drittel des 16. Jahrhunderts die Insolvenzen von Unternehmen. Diese Konkurse hingen – allerdings nicht nur – mit den

39 Ekkehard Westermann, Die Nürnberger Welser und der mitteldeutsche Saigerhandel des 16. Jahrhundert in seinen europäischen Verflechtungen, in: Häberlein / Burkhardt (Hrsg.), Die Welser, S. 240–264; Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 151ff.; Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 611. Lambert F. Peters, der in seiner Untersuchung: Strategische Allianzen, Wirtschaftsstandort und Standortwettbewerb. Nürnberg 1500–1625, Frankfurt a. M. 2005, S. 540f., den Ausdruck „strategische Allianzen“ benutzte, verstand darunter vertragliche Absprachen der Gesellschaften bezüglich der Preise, Einkaufs- und Absatzmärkte. Damit seien ihnen monopolartige Stellungen z. B. im Safranhandel möglich gewesen. Vgl. dazu die mit überzeugenden Argumenten verbundene Bewertung der Arbeit durch Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 613f., Anm. 13. Fleischmann kritisiert das Werk ganz grundsätzlich und hält das großenteils einseitige und tendenziöse Urteil Petersʼ, die Gesellschaften seien hochegoistisch und nur auf ihren Profit ausgerichtet, was ursächlich und beispielhaft mit der Person Endres I. Imhoffs verknüpft sei, für nicht nachvollziehbar. Peters bediene sich „unseriösen, darüber hinaus falschen zeitlichen Rückgriffen und Vorsprüngen bis in die Gegenwart“, arbeite sich an einer „polemische[n]“ und einseitigen „Verdammung“ Endres Imhoffs ab und erhöbe unhaltbare Verdächtigungen und Verurteilungen gegen Nürnberger Handelsherren – hier wieder besonders Endres –, die zugleich politisch aktiv waren und diese Tätigkeit nach Peters nur zu ihrer eigenen Gewinnsucht nutzten und die Ausbeutung der Stadt und ihrer Bürger im Sinn hatten. 40 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 237f., Anm. 60. Jahnel, Die Imhoff, S. 173–175. 41 Den Geldhandel der Imhoff behandelt Jahnel, Die Imhoff, S. 136f., 167–173 und 194–197.

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Zahlungseinstellungen, der sog. Staatsbankrotte ihrer Hauptschuldner, der französischen und spanischen Krone im 16. Jahrhundert zusammen.42 Die unabwägbaren Risiken, die finanziellen Desaster und Bankrotte waren für die Imhoff lange Zeit der Grund, sich nicht in Kredit- und Geldgeschäften zu engagieren. Erst im Laufe der 40er Jahre des 16. Jahrhunderts wandten sie sich nach langem Zögern und innergesellschaftlichen Diskussionen unter ihrem Regierer Endres,43 allerdings zurückhaltend, diesem Geschäftsbereich zu. Da sie erst recht spät und eben zurückhaltend als Kreditgeber agierten, waren sie von den Zahlungseinstellungen etwa der Kronen, auch marginaler betroffen. Der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten lag vor allem beim Hof von Brabant, in Rentenpapieren von Antwerpen und Brüssel44 sowie als Gläubiger des Kaisers und ihrer Heimatstadt Nürnberg.45 In den 50er Jahren beteiligten sich die mittlerweile getrennten Gebrüder Imhoff, der Augsburger Hieronymus und sein Nürnberger Bruder Sebastian an einem

42 Zusammenfassend dazu zuletzt Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 612. Die dominante Bedeutung von Staatsbankrotten für die Konkurse wurde in der neueren Forschung relativiert, dazu mit weiterführender Literatur Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 37–39 und Beispielen S. 156–158; siehe auch Safley, Staatsmacht und geschäftliches Scheitern, S. 39; Heinrich Lang, Herrscherfinanzen der französischen Krone unter Franz I. aus Sicht italienischer und oberdeutscher Bankiers. Die Rolle der Florentiner Salviati als Financiers der französischen Regierung, in: Peter Rauscher / Andrea Serles / Thomas Winkelbauer (Hrsg.), Das „Blut des Staatskörpers“. Forschungen zur Finanzgeschichte der Frühen Neuzeit, (Historische Zeitschrift Beihefte, 56), München 2012, S. 457–508. 43 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 240 wies auf die jüngeren Teilhaber hin, die innerhalb der Gesellschaft auf stärkere Beteiligung an französischen Anleihen drängten. 44 Dazu etwa der Hinweis im Ledigbrief für Simon Imhoff, dass Kredite des Hofes von Brabant noch nicht getilgt seien und daher auch Zahlungen an Simon noch warten müssten: GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 30, Nr. 2: Und nach dem kays. Mayst oder der hoff und regiment in Brabant, der gesellschaft noch schuldig und zuthun ist, ein summa gelts, haben wir ime, unserm vettern sein geburnus an der selbigen ausstendigen schuld, so im zu seinem tail viertausend guldin zu funffzehen patzen laufft, vorbehalten mit dem zusagen und versprechen, was und sovil an der selben seiner geburnuss eingepracht wurdett, derwegen wir auch kain fleis sparen wollen, das ime dasselbig on alle widerred, doch auff abzug des notwendigen aufgelauffen unkostens betzalt und erlegt werden soll. 45 Zuletzt Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 613f., besonders Anm. 13. Die Ehrenbergsche These, demnach sich Nürnberger Unternehmer gegenüber ihren Augsburger Konkurrenten prinzipiell zurückhaltender bei Finanzgeschäften engagiert hätten (Ehrenberg, Zeitalter detr Fugger, Bd. 1, S. 235–237), wird heute nicht mehr ernsthaft vertreten. Aus der großen Zahl wissenschaftlicher Literatur, die dieser Ansicht Ehrenbergs schon lange widersprochen hat, kann exemplarisch von Stromer, mit seinem dreibändigen Werk zur oberdeutschen Hochfinanz, der insbesondere Nürnberger (sogar frühe) Unternehmer mit ihren Kredit- und Finanzgeschäften behandelt, erwähnt werden; ferner dazu zuletzt Denzel, The Merchant Family, S. 386ff. sowie Fleischmann, Rat und Patriziat, der in diesem vierbändigen Werk umfassend neben den politischen auch die ökonomischen Aktivitäten Nürnberger Unternehmer untersuchte. Das enthebt aber nicht der Mühe, weiterhin auch immer den Einzelfall zu prüfen. Zumindest bei Imhoff ist die Hinwendung vom Warenhandel zum Kreditgeschäft deutlich erkennbar erst im Laufe der 40er Jahre des 16. Jahrhunderts.

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Gläubigerkonsortium mit den Welsern zur Bereitstellung von Krediten für den französischen König. 46 Ein weiteres Finanzkonsortium bildeten 1554 beide Brüder, „Endres Imhoff und Mitverwandte“, sowie Christoph Welser aus Augsburg, um für die Reichsstadt Nürnberg im zweiten Markgrafenkrieg (1553/54) Augsburg eine Anleihe von 110.000 fl. auf zwei Jahre zu einem erheblichen Zins von 12% per annum zur Verfügung zu stellen.47 Wie in vielen anderen Städten des 15. und 16. Jahrhunderts war es auch in Nürnberg übliche Praxis, dass die unternehmerisch tätigen Regierer zugleich politische Aufgaben im städtischen Magistrat übernahmen. So verfuhr auch Endres I., der im Laufe seines langen Lebens wichtige politische Ämter in Nürnberg wahrnahm. 1523 wurde er zum jüngeren, 1529 zum älteren Bürgermeister gewählt, seit 1532 war er Mitglied des Engeren Rates (7 Ältere Herren), seit 1544 dann Zweiter Losunger und seit 1565 bis zu seinem Lebensende 1579 immer wieder Erster, also Vorderster Losunger und in dieser Funktion außerdem noch Verweser des Reichsschultheißenamtes. 48 Die Übernahme dieser anspruchsvollen politischen Ämter galt für den Gewählten als Verpflichtung, sich also „der Staatsräson zu beugen und öffentliche Ämter zu übernehmen“. Zu Recht wies Fleischmann darauf hin, dass es offen bleiben müsse, ob diese „Berufung willkommen gewesen ist“49. Endres Imhoff stand der 46 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 167, listet die Darlehensbeträge aus dem ‚Grand parti‘ der französischen Krone auf, daraus wird ersichtlich, dass „Endres Imhof & Gebrüder“ mit 19.742 Écu 43 sol. 11 den. und „Hieronymus Imhof & Co.“ mit 87.974 Écu, 41 sol. 8 den. beteiligt waren. Jahnel, Die Imhoff, S. 170 gibt 37.529 Livres und Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 612 nennt 45.000 fl., die die Imhoff bei Zahlungseinstellung der französischen Krone verloren haben. Nach Jahnel, Die Imhoff, S. 170 hatte Endres darüber hinaus einen Eigenanteil an der französischen Schuld von 3.176 fl., berechnet nach seinem Gesellschaftsanteil. Zuletzt zu dem ‚Grand parti‘ siehe Lang, Herrscherfinanzen der französischen Krone unter Franz I., S. 461ff., der vor allem die Beteiligung italienischer bzw. Florentiner Bankiers (Salviati aus Florenz, S. 475ff.) untersucht. Nach Lang, ebd., S. 474 „bestand“ die „innovative Konzeption in der terminlich regulierten Rückzahlung durch die in einem Konsortium organisierte[n] Kreditzahlung“, an der „Entwicklung [war] maßgeblich der langjährig in Lyon ansässige Florentiner Albizzo del Bene beteiligt“. 47 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 241, 243; Jahnel, Die Imhoff, S. 171–172; Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 614. Die Höhe der Zinsen für diese Kredite von 12% statt der üblichen 5% oder 6% dienten Peters, Strategische Allianzen, S. 410ff. zu einer umfangreichen Polemik gegen den möglichen Initiator dieser Kreditbedingungen Endres I. Imhoff, dazu Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 614, Anm. 13. Darüberhinaus wird im Schuldbrief vom 6. Dezember 1553 entgegen der Angabe Peters (ebd., S. 387) sehr wohl die 12%ige Verzinsung per annum festgelegt: auff zway jar lanng von dannen an die negstkomenndten einmahunderttthausent unnd zehentausennt gulden in guter groberr muntz yededen gulden zu funfftzehen patzen gerechnnett, yedes hundertt das jar mit zwelff gulden zuverzinsen, also bar furgestrecktt und geliehenn habenn. GNM Imhoff I. Fasz. 38, Nr. 6. 48 Nach Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 1, S. 100, war die Zusammenlegung des Vordersten Losungeramtes und des Reichsschultheißenamts zunächst ein Provisorium, das ab 1617 obligatorisch wurde: „In der Stadtverfassung Nürnbergs war dies eine konstitutive Neuschöpfung, welche bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Bestand hatte.“ Zur Ämterlaufbahn Endres Imhoff siehe Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 612f. 49 Beide Zitate ebd., S. 612.

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nach wie vor kontinuierlich erfolgreichen Familiengesellschaft vor und übernahm in einer für Nürnberg politisch schwierigen Zeit (Zweite Markgrafenkrieg und Schmalkaldischer Krieg) die verantwortungsvollen Ämter. Wegen dieser Ämter bat Endres 1544 um „lüftung“50, die ihm gewährt wurde. Auf diese Weise gelang es ihm, die politischen und ökonomischen Verpflichtungen miteinander zu verbinden, im Übrigen nicht zum Schaden seiner Handelsgesellschaft. Erst im hohen Alter von 79 Jahren zog sich Endres aus der Familiengesellschaft zurück, blieb ihr aber mit einer Kapitaleinlage bis zu seinem Lebensende verbunden. Die Nachfolge traten seine Söhne Endres II. († 1597), ab 1580 als alleiniger Regierer, Jakob I. († 1599) und zeitweise auch beider Vetter Willibald I. (Sohn Hans VI.) als „Endres und Jakob Imhoff und Mitverwandte“ an, damit blieb auch die Kontinuität einer reinen Familiengesellschaft gewahrt.51 Auch die ökonomische Ausrichtung des Warenhandels – insbesondere Safran und Gewürze sowie der Tuchhandel im Verlagsystem – blieben bestehen, der Haupthandelsplatz war weiterhin Venedig. Hinzu kam unter Endres II. 1581 die Übernahme der Gräfenthaler Saigerhütte. Das offensichtlich lukrative Engagement im Bergbauwesen baute die Gesellschaft im Laufe der Jahre noch weiter aus und übernahm eine Saigerhütte in Eisleben von Hieronymus Paumgartner d. Ä. und den Fürerschen Erben.52 Auch die politischen Aufgaben blieben den Imhoff-Regierern erhalten. So wurde Endres II. 1589 zum zweiten Losunger gewählt, versuchte genauso wie sein Vater, dieses Amt abzulehnen und bat um „Verschonung“. Diese wurde ihm nicht gestattet, lediglich ein Dispens, um seine Angelegenheiten in der Gesellschaft zu ordnen.53 Tatsächlich blieb Endres II. bis 1596, ein Jahr vor seinem Tod, in der Gesellschaft als Regierer tätig. Dann übernahmen seine Söhne Wilhelm I. († 1630) und Endres III. († 1637) als „Wilhelm und Endres und Mitverwandte“ die Gesellschaftsführung. Endres hatte 1577 die obligatorische Kaufmannsausbildung in Venedig absolviert und war nach kurzer Rückkehr von Nürnberg wieder nach Italien gegangen, um dort Faktoreien in Rom und Neapel zu leiten. 1588 zog er nach seiner Heirat mit Regina Rehlinger (Rehlingen) zunächst nach Augsburg, um sich dann 1597 im Herrenhaus am Schübelsberg (heute Rennweg) in Nürnberg endgültig niederzulassen. 54

50 Bei der „Lüftung“ handelt es sich um eine Freistellung von politischen Ämtern, Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 613; E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 347. 51 Jahnel, Die Imhoff, S. 197; Gerhard Seibold, Die Imhoffsche Handelsgesellschaft in den Jahren 1575–1635, in: MVGN 64 (1977), S. 201–214, hier S. 205. 52 Jahnel, Die Imhoff, S. 198; Seibold, Die Imhoffsche Handelsgesellschaft, S. 205. Hieronymus Paumgartner (1498–1565) war der Sohn Konrad Paumgartner d. J., Jurist, Theologe, Freund Melanchthons und führender Nürnberger Ratsherr während der Reformationszeit und zugleich der Neffe Anton Paumgartners, der durch seinen Bankrott seine Nachkommen zwang, von Nürnberg nach Augsburg überzusiedeln und dort – allerdings sehr erfolgreich – unternehmerisch tätig zu sein, Krag, Die Paumgartner, S. 26. 53 Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 617. 54 Ebd., S. 618.

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Auch übernahm er die schon traditionelle Ämterlaufbahn seiner Vorfahren, die 1624 im Amt des Zweiten und 1633 des Vordersten Losungers gipfelte. Im Gegensatz zu seinem Vater trat Endres III. jedoch mit Amtsantritt zum Zweiten Losunger als Regierer zurück und blieb nur als Kapitaleinleger beteiligt.55 Ausgestattet mit Erfahrungen als Zweiter Losunger und als Unternehmer, gehörte Endres III. unter dem Hauptinitiator Bartholomäus Viatis und anderen Nürnberger Kaufleuten zum Gründungskollegium der Nürnberger Depositen- und Girobank (Banco Publico) und hielt dort fortan ein Konto.56 Die Gesellschaft konstituierte sich mit einem Vertrag erneut, die Regierer waren der Bruder von Endres, Wilhelm I. und sein Vetter Hans VII. († 1629), Mitgesellschafter waren Jeremias († 1632) und Wilhelm II.57 Unter Wilhelm I. erlangte die Gesellschaft eine letzte große Blüte und lag „gemessen an den Umsatzzahlen an achter Stelle“58 der Nürnberger Firmen, nach wie vor vor allem durch europaweiten Warenhandel. Das schon in der Vergangenheit begonnene Bergwerksengagement in Gräfenthal und Eisleben erweiterte die Gesellschaft nun noch um Anteile an Bergwerken des Mansfelder Erzeugungsgebietes von Kupferschiefer.59 Obgleich Wilhelm I. mit seiner Ehefrau Katharina elf Kinder hatte und davon vier Söhne den Erhalt der Familie gewährten, war keiner der Söhne willens, die Gesellschaft weiterzuführen. Als daher Wilhelm I. 1630 starb, war auch das Ende der Familiengesellschaft Imhoff in Nürnberg besiegelt und die vollständige Liquidation eingeleitet, die dann bis 1635 dauern sollte.60 Eine fast 200 Jahre währende, im Wesentlichen erfolgreiche Nürnberger Familiengesellschaft war beendet. Den Abschluss dieses gerafften Überblicks über die Familiengesellschaft Imhoff bildet ein knapper Blick auf die Persönlichkeit des Endres I. Imhoff. Er war die prägende Persönlichkeit innerhalb der Imhoff-Gesellschaft im 16. Jahrhundert, das allein ist aber noch nicht Grund genug, speziell seine Person zu betrachten, sondern vor allem sein aktives Engagement, innerhalb der Familie Konflikte zu lösen, rechtfertigt diesen Blick. Zumal die Person Endresʼ zuletzt von der Forschung 55 Seibold, Die Imhoffsche Handelsgesellschaft, S. 209; Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 618. 56 Markus A. Denzel, Der Nürnberger Banco Publico, seine Kaufleute und ihr Zahlungsverkehr (1621–1827), (VSWG Beihefte, 217), Wiesbaden 2012, S. 77–81. Zu den Kontobewegungen siehe Seibold, Die Imhoffsche Handelsgesellschaft, S. 210. 57 Ebd., S. 209. Die alle vier Jahre neu aufgelegten Gesellschaftsverträge haben sich zu einem Teil erhalten, vgl. dazu Kapitel „Gesellschafts- und Mitarbeiterverträge“, S. 341ff. 58 Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 618. Bei Peters, Strategische Allianzen, S. 33 stehen sie auf der Grundlage der Akten des Banco Publico auf Platz sieben. 59 Jahnel, Die Imhoff, S. 198; Seibold, Die Imhoffsche Handelsgesellschaft, S. 205; Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 618. 60 Ebd., S. 619. Seibold, Die Imhoffsche Handelsgesellschaft, S. 213, stellt die Annahme von Jahnel, Die Imhoff, S. 198 infrage, dass das Handelshaus Imhoff den Dreißigjährigen Krieg überstanden hätte und sogar bis in das 18. Jahrhundert existierte. Möglicherweise waren einzelne Imhoff-Mitglieder noch im Handel tätig, das würde auch die Bemerkung von Simonsfeld, Fondaco dei Tedeschi, Bd. 1, S. 434, erklären, im Fondaco sei noch 1646/47 eine Kammer der Imhoff (Incuria) bekannt. Die Imhoff-Gesellschaft bestand allerdings über das Jahr 1635 hinaus nicht mehr.

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durchaus ambivalent betrachtet wurde: Die beiden besonders weit divergierenden Gruppe dieser Beurteilung stellen Johannes Müller (1909), Werner Schultheiß (1957) und Christoph Freiherr von Imhoff (1975)61 einerseits und Lambert F. Peters (2005)62 andererseits dar. Helga Jahnel (1950) und aktuell Peter Fleischmann (2008) bieten hingegen eine ausgewogene Bewertung der Persönlichkeit Endres Imhoffs. Um die Bewertungen zu verdeutlichen, werden sie im Folgenden einander gegenübergestellt. So schrieb 1909 Johannes Müller in seinem Aufsatz über den Regierer Endres: „Was zunächst Endres Imhoff, den ersten Losunger, betrifft, so ist von demselben zur Genüge bekannt, dass er nicht nur klaren staatsmännischen Blick, verbunden mit einer durch jahrzehntelangen Tätigkeit im städtischen Dienst erworbenen außerordentlichen Geschäftskenntnis, besaß, sondern auch von einer seltenen Rechtschaffenheit und Lauterkeit des Sinnes erfüllt war, die ihn vor jeder eigennützigen Handlungsweise, vor jeder Parteinahme zugunsten seines Standes, des Patriziates, bewahrte.“63 Peters urteilte im Hinblick auf die Persönlichkeit Endres bewusst konträr zu den Forschungen Mülllers, aber auch Schultheißʼ und von Imhoffs, die er als „Hagiographie“ bezeichnete: „Entgegen weit verbreiteter Meinung war die Identifizierung von Endres (I.) Imhoff mit dem Gemeinwohl und dem Standort Nürnberg aber eher schwach ausgeprägt. Im Übrigen ist es wohl realitätsfremd, ohne gründliche Untersuchung des Einzelfalles […] unbesehen davon auszugehen, dass ein über Jahrhunderte bestehendes politisches und ökonomisches patronales Machtgefüge einer Minorität derselben Familien diese Weisheit, Sensibilität, Unbestechlichkeit, Leistungsbereitschaft und Kompetenz sozusagen ‚von Haus aus‘ mitbrachte.“64 Sachlich und auch vorsichtig in der Einschätzung der Person Endres I. Imhoff war hingegen Helga Jahnel, indem sie die verschiedenen Seiten dieser Nürnberger Persönlichkeit versuchte, miteinander in Übereinstimmung zu bringen. Demnach neigte Endres zu „Egoismus, Selbstherrlichkeit, (...) Misstrauen und Geiz“65, zugleich sei er aber auch „ein Kaufmann von außerordentlichen Qualitäten“66, „ein 61 Johannes Müller, Die Finanzpolitik des Nürnberger Rates in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: VSWG 7 (1909), S. 1–63; Werner Schultheiß, Der Nürnberger Großkaufmann und Diplomat Andreas I. Imhoff und seine Zeit (1491 bis 1579), in: Mitteilungen der Stadtbibliothek Nürnberg 6 (1957), S. 3–12; Von Imhoff, Die Imhoff-Handelsherren und Kunstliebhaber, S. 1–42. 62 Peters, Strategische Allianzen. 63 Müller, Finanzpolitik, S. 31. 64 Peters, Strategische Allianzen, S. 410, 416f. Peters urteilt im Übrigen ähnlich ‚hagiographisch‘, wenn er den Gegenspieler Endres Imhoff Willibald Schlüsselfelder folgendermaßen darstellt: „Richtschnur für das Handeln des gradlinig-korrekten – schaut man sich sein Porträt an, möchte man sagen, vierschrötig-unbeirrbaren – Schlüsselfelder war und blieb das Allgemeinwohl, nicht die persönliche Bereicherung. ‚Nicht mit mir!‘, so klingt es zwischen den Zeilen. Seine Argumentation speiste sich aus präzisen historischen Kenntnissen, dem Bewusstsein seiner fachlichen Kompetenz und aus der Gewissheit, auf dem rechten Pfad zu sein und gewesen zu sein.“ (S. 495). 65 Jahnel, Die Imhoff, S. 182. 66 Ebd., S. 156.

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Mann von überdurchnittlicher Begabung, klug und tatkräftig [gewesen]: Durch seine Reisen hatte er sich einen großen Weitblick erworben, der nicht nur seine Handelstätigkeit begünstigte, sondern auch seine Entscheidungen im Dienste der Stadt.“67 Fleischmann beurteilt aus seiner umfassenden Kenntnis des Nürnberger Patriziates die Persönlichkeit und die Verhaltensweisen Endres Imhoffs und stellt sie in den Rahmen des städtischen Magistrates von Nürnberg im 16. Jahrhundert. Dadurch ergibt sich das Bild eines sowohl ökonomisch – durch vorsichtiges, aber dennoch ehrgeiziges Vorgehen – als auch politisch – durch eine lange Ämterlaufbaufbahn – erfolgreich agierenden Familienvorstandes, dem es gelang, seine Familiengesellschaft in politisch schwierigen Zeiten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu weiterer Blüte zu bringen und die Familie Imhoff als politische Kraft in Nürnberg fest zu installieren.68 Dennoch oder vielleicht gerade wegen dieser Erfolge verschweigt Fleischmann keineswegs den durchaus schwierigen und sehr selbstbewussten Charakter Endres Imhoffs und weist zu Recht daraufhin, dass Endres I. Imhoff zudem in ein Geflecht von gegenseitiger Kontrolle und Verantwortung durch die verschiedenen politischen Gremien der Reichsstadt fest eingebunden und daher eingeschränkt in der Entscheidungsgestaltung war, erst recht, wenn sie zu seinem Gunsten und Nutzen ausfallen konnte, und gibt zu bedenken, dass zumindest „dahingestellt bleiben muss, inwieweit ihnen [den Handelsherren Tucher und Imhoff] diese Berufung [zum anspruchsvollen Amt der Losunger] willkommen gewesen ist“.69 Letzlich bleibt es schwierig, sich einer Persönlichkeit des 16. Jahrhunderts zu nähern. Sein Handeln und Tun, durch das auch die Person durchscheint, kann jedoch in aller Vorsicht unter Hinzuziehung der Beurteilungen der Zeitgenossen, besonders auch seiner Verwandten, die zugleich mit ihm in der Gesellschaft verbunden waren, erhellt werden. Das gilt für die mit der Gesellschaft auf lange Dauer verbundenen genauso wie für diejenigen, die sich von ihm bzw. der Gesellschaft trennten – und zwar keineswegs immer im Frieden. Ferner geben Quellen Aufschluss über das Spektrum seiner Persönlichkeit, die aus der Fragestellung dieser Untersuchung nach den Lösungsstrategien von Konflikten resultieren. Es handelt sich dabei um eine Vielzahl von Briefen, die neben der Außenansicht, auch Endres selbst zu Wort kommen lassen. Sie betrafen interne Konfliktsituationen (Brüder Sebastian und Hieronymus Imhoff70), Konflikte mit Faktoren der Gesellschaft in Italien (Wolf und Paulus Imhoff71) und schließlich einen Fall, in dem der Verwandte Paulus Behaim72 aus der Gesellschaft aktiv entlassen werden sollte. Endres Imhoff trat in allen Fällen als zentrale Figur auf, entweder

67 68 69 70 71 72

Ebd., S. 181f. Besonders Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 613–615. Ebd., S. 612. Ausführlich dazu: Fallbeispiel Die Gebrüder Sebastian und Hieronymus Imhoff, S. 214ff. Siehe im Folgenden dazu, S. 84ff. Ausführlich dazu: Fallbeispiel „Der Fall des Paulus Behaim“, S. 174ff.

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als Vermittler oder als direkt handelnde Person. Aus diesen Beispielen lassen sich Äußerungen direkt Betroffener zu Endres Imhoff herausfiltern. Imhoffs Neffe Paulus Behaim, arbeitete von 1536 bis 1556 in der Gesellschaft Endres Imhoff und Mitverwandte. Er schied nach zwanzigjähriger Tätigkeit im Unfrieden aus der Gesellschaft aus und beschrieb diesen konfliktträchtigen Vorgang in einer Art Tagebuch oder wie er schreibt: „Eigenhändige[r] Aufzeichnung“.73 Darin beurteilte er Endres als hartherzigen und nur den ökonomischen Vorteil suchenden Regierer, der auch nicht davor zurückschrecke, langjährige, verdiente Verwandte aus der Gesellschaft zu entlassen, wenn es ihm notwendig erschiene.74 Nachdem allerdings die Trennung rechtlich und finanziell abgeschlossen war, schien es keine Probleme zu bereiten, dass Behaim und die Imhoff-Gesellschaft erneut geschäftlich miteinander zu tun hatten. Die Initiative lag hier bei Endres Imhoff, der in einem Brief wieder versöhnliche Töne anschlug.75 Nach den Aufzeichnungen wurde dann die geschäftliche Verbindung erfolgreich und erstreckte sich auch auf eine Neuauflage der persönlichen Bindung. Anders gesagt, die Konflikte waren vorüber und trotz kritischer Beurteilung des (geschädigten) Behaim gingen sie aufgrund der rational-verbindlichen Art des Endres ‚zur Tagesordnung‘ über und traten wieder in geschäftlichen und persönlichen Kontakt. Diesen ambivalenten Charakter verdeutlichte auch sein Verhalten im Fall seiner Neffen, der Brüder Sebastian II. († 1572) in Nürnberg und Hieronymus II. († 1577) Imhoff in Augsburg. Beide gehörten ja einige Zeit zur Gesellschaft Endres Imhoff und Mitverwandte, wobei Sebastian am Ort der Geschäftszentrale in Nürnberg wirkte, Hieronymus vertrat sie hingegen in Augsburg. Im Jahr 1548 trennten sich die Brüder Hieronymus und Sebastian Imhoff von der Gesellschaft ihres Nürnberger Onkels Endres I. im Streit um die Gewinnermittlung. Trotz der konfliktreichen Trennung wurde Endres Imhoff einige Zeit später intensiv als Vermittler zwischen den beiden Brüdern hinzugezogen. Aus dieser Vermittlungszeit ist ein umfangreicher Briefwechsel erhalten, der die Ambivalenz der Persönlichkeit Endres anschaulich macht. So zeigte er sich hierbei einerseits als harter, geschäftliche Entscheidungen und gesellschaftsinterne Gepflogenheiten konsequent und unnachgiebig durchsetzende Persönlichkeit, andererseits aber auch als vermittelnder, moderater und kompetenter Verwandter, der um den inneren Frieden der Gesellschaft und Familie allen Seiten gerecht werden will.76 Nach den zeitgenössischen Aussagen erscheint Endres Imhoff demnach als typischer Vertreter einer Familiengesellschaft, der lange Zeit gemeinsam mit seinen Brüdern als Regierer das Ideal einer Familiengesellschaft von Kontinuität und wirtschaftlicher Solidität, grundgelegt durch die Vorgänger Konrad, Hans und Peter Imhoff, sowohl durch personelle als auch durch ökonomische Entscheidungen

73 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601. 74 Im Einzelnen vgl. dazu das Fallbeispiel „Der Fall des Paulus Behaim“, S. 186ff. 75 GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv Fasz. 29g und das Kapitel „Der Fall des Paulus Behaim“, S. 194, Anm. 236. 76 Dazu ausführlich Kapitel „Die Gebrüder Sebastian und Hieronymus Imhoff“, S. 214ff.

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durchsetzte. Das Erfolgsmodell waren demnach zielstrebige, durchaus autoritätsbewußte Regierer, die über einen langen Zeitraum an der Spitze einer Gesellschaft standen, diese prägten und zu Kontinuität und Erfolg verhalfen. Die ökonomische Ausrichtung der Imhoff-Gesellschaft blieb lange Zeit eher vorsichtig konservativ im reinen Warenhandel bestehen und öffnete sich erst langsam im Laufe des 16. Jahrhunderts neuen Geschäftsfeldern, wie Beteiligungen im Bergbau und Kreditgeschäft. Diese Zurückhaltung führte dazu, dass die Gesellschaft über lange Zeit vor ökonomischen und finanziellen Desastern, die andere wesentlich risikobereitere Gesellschaften erlitten hatten, verschont blieb. Dennoch erlebte auch die Imhoff-Gesellschaft Konflikte, die von innen aus der Gesellschaft entstanden und weniger von außen an sie herangetragen wurden. Zwei durch umfangreiche Quellenbestände besonders gut dokumentierte Auseinandersetzungen stehen bei dieser Untersuchung im Fokus: Dabei handelt es sich erstens um Konflikte mit verschwenderischen und unzuverlässigen jüngeren Mitgesellschaftern – Faktoren – und zweitens um eine von Feindschaft geprägte Fehde der Imhoff-Gebrüder aus Augsburg und Nürnberg. Diese Konflikte werden im Folgenden aufgearbeitet und in die allgemeine Fragestellung nach Strategien zur Konfliktlösung eingebunden. In den Jahren 1545 bis 1555 entwickelte sich ein umfangreicher Konflikt zwischen der Geschäftszentrale der Imhoff in Nürnberg und Wolf Imhoff, dem Faktor der Niederlassung in Neapel. In diesen waren nacheinander neben den Gesellschaftern der Familie Imhoff in Nürnberg und Augsburg, der Nürnberg Rat, auch die Kanzleien des Kaisers und des Vizekönigs in Neapel, der Vertreter des Vizekönigs Alexander Oliva sowie sein Bruder Cesare, zugleich Korrespondent („Walhen“) der Imhoff in Neapel und die mit ihnen verschwägerte Familie der Haller von Hallerstein in Nürnberg und Frankfurt77 involviert.

77 Die Nürnberger Patrizierfamilie gehörte zu den angesehenen Geschlechtern, die seit „1318 und 1332–1806 als einziges Geschlecht ununterbrochen im Inneren Rat [der Reichsstadt Nürnberg] vertreten“ waren. Sie waren zudem im Fernhandel tätig und erwarben durch diesen und durch ihre finanziellen und ratgeberischen Tätigkeiten seit dem Luxemburger Kaiser Karl IV. (Mitte des 14. Jahrunderts) und verstärkt im 15. und 16. Jahrhundert zu den Habsburgern erheblich an Vermögen und Ansehen. 1528 erfolgte die „Namenserweiterung von Hallerstein samt Wappenverbesserung“. Zitate: Haller von Hallerstein, Helmut Freiherr, Haller von Hallerstein, Patrizierfamilie, in: Michael Diefenbacher / Rudolf Endres (Hrsg.), Stadtlexikon Nürnberg. 2. verbesserte Auflage, Nürnberg 2000.

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Fallstudien Tabelle 1: Die beteiligten Personen Im Fall Wolf Imhoff gegen die Imhoff-Gesellschaft78 Name Endres I. d.Ä. Imhoff

Standort Nürnberg

Endres II. Imhoff Gabriel Imhoff Lienhard Imhoff Simon Imhoff Michael Imhoff

Position Regierer der Gesellschaft „Endres Imhoff und Mitverwandte“ Sohn Endresʼ I., Vetter von Wolf Bruder Endresʼ I. Cousin Endresʼ I. Onkel Endresʼ I. Bruder Endresʼ I.79

Sebastian II. Imhoff

Sohn von Sebastian I., Cousin Endresʼ I.

(Augsburg), Nürnberg

Hieronymus Imhoff Hieronymus Imhoff

Bruder Sebastians II. Neffe Endresʼ (Sohn von Hans VI., dem Bruder Endres‘ I.) Sohn Peters II., Cousin Endresʼ I., Faktor der Imhoff Sohn Peters II., ein Cousin Endresʼ I., Faktor der Imhoff mit Wolf Imhoffs Familie verschwägert, kaiserlicher Rat mit Wolf Imhoffs Familie verschwägert, Diplomat und Gesandter in habsburgischen Diensten mit Wolf Imhoffs Familie verschwägert, kaierlicher Rat und Sekretär mit Wolf Imhoffs Familie verschwägert, Reichsschultheiß, kaiserlicher Rat, Hof- und Generalschatzmeister in habsburgischen Diensten Handelsdiener der Imhoff Faktor der Fugger in Neapel und in Diensten der Imhoff Faktor der Fugger in Neapel Bruder des Cesare, Procurator des Vizekönigs von Neapel Walhen der Imhoff Vizekönig von Neapel und Markgraf von Villafranca Bruder des Pedro Alvarez de Toledo

Augsburg Venedig, LʼAquila Neapel

Wolf Imhoff Paulus Imhoff Bartholomäus Haller von Hallerstein Ruprecht Haller von Hallerstein Sebold Haller von Hallerstein Wolf Haller von Hallerstein Conrad Pulfinger Matthäus Örtel Christof Wolf Alexander Oliva Cesare Oliva Pedro Alvarez de Toledo († 12. Februar 1553) Don Fernando Alvarez de Toledo († 1582) Kaiser Karl V.

Venedig Nürnberg Augsburg Augsburg Augsburg, Nürnberg

LʼAquila Nürnberg, Frankfurt Frankfurt

Neapel Neapel Neapel L’Aquila80 Neapel

Der Bürgermeister von Nürnberg

78 Der Tabelle ist die Stammtafel im Abbildungsteil (nach S. 32) des Aufsatzes des Freiherrn von Imhoff, Die Imhoff – Handelsherren und Kunstliebhaber, zugrunde gelegt. 79 Jahnel, Die Imhoff, S. 156 und 176. 80 Ebd., S. 160: Der Italiener Alexander Oliva war seit 1548 Prokurator in LʼAquila.

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2. Der Safranhandel der Imhoff-Gesellschaft Die Imhoff waren seit dem 15. Jahrhundert, neben den Welsern und den Tuchern in den Abruzzen im lukrativen Safranhandel aktiv. In den Abruzzen, um L’Aquila, wurde Safran (ital. zafferano) von hoher Qualtität angebaut, der beste Safran war das sog. Zima,81 die nachgeordnete Sorte nannte sich Stima, beide brachten den Handelshäusern große Gewinne. Allerdings war der Safranhandel ein von großen Unsicherheiten begleitetes Geschäft, da die Ernte aufgrund von klimatischen Bedingungen von Jahr zu Jahr stark schwanken konnte. Gegen Ende Oktober zeigen sich die violetten Blüten des Safrans, einer mehrjährigen Krokusart, die als Ganzes gepflückt werden. In einem zweiten Arbeitsgang wird die rote Narbe aus den Blüten ausgezupft, um dann zum Trocknen ausgebreitet zu werden. Rund 200.000 Blüten ergeben dabei nur ein Kilogramm Safran, auch das erklärt die außerordentliche Kostbarkeit dieses Gewürzes. Es gab für die Handelshäuser zwei verschiedene Möglichkeiten, den Safran für den Weiterverkauf zu erwerben. Die erste Möglichkeit bestand darin, dass die Faktoren im Auftrag ihrer Herren, informiert durch die Korrespondenten, Anfang Oktober das Ergebnis der zukünftigen Ernte, die racolta, einschätzen mussten. Auf dieser Grundlage legten sie die Einkaufspreise fest und gaben ihre Bestellungen ab. Die Preisfestlegung fand nicht nur in der Region der Abruzzen statt, sondern auch in Venedig, nachdem die Einschätzung des Ernteertrags übermittelt worden war.82 Wie die Faktoren an ihre Informationen kamen, zeigt ein Bericht in einem Brief Wolf Imhoffs vom 28. September 1549: dann vergebens anzaigen der recolta halbenn, nachdem ich durch sermona populi unnd am meisten Saffran wext, gerittten pin, pefindt ich nachdem es ser gereget [geregnet] hat, allenthalben wol stett, pis an zunegst 3 in [bis] 4 mail, da am mynsten Saffran wext, hat es nit wasser gehabt, aber kain rechnung darauf zu machen, also das ich forderlich mein iuditio mach auch von andern vernim 240 in 250 erraichen wer.83 Wolf begab sich also aufgrund von ‚Reden im Volk‘, also den Gesprächen, in die Anbaugebiete, um sich dann ein Bild vom Zustand der Pflanzen zu machen. Dabei lieferte er die Begründung für den gut wachsenden Herbstkrokus, dass es an der Stelle genügend geregnet habe und für das mindere Wachstum, dass an anderer Stelle kein Wasser gewesen sei. Die zweite Möglichkeit, Safran zu erwerben, lief über die Korrespondenten, auch Walhen oder Walchen (von Welschen abgeleitet) genannt84, bei Imhoff und

81 Zima/Zimat = Safran, kam v. a. aus den Marken (Pesaro und Ascoli) und der Lombardei sowie den Abruzzen (mit dem wichtigsten Handelsplatz Adler = L’Aquila, siehe Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 10; Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 83f., 131. 82 Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 22 und 170: Item der in Puglia handlen will, dem ist von nöten, das er sich auf primo Octobris in Venedig finden lasse, um allda eygentlich zuerfaren, wie sie die racolta allenthalben, als zum Adler [...] anlast, damit sich einer in kaufen darnanch wisse zurichten. 83 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8g (38b). 84 Das send Florentiner ind Jenoesen, Möncke, Ausgewählte Quellen, S. 399. „Es waren Italiener, die vielfach als Korrespondenten oder Kommissionäre fungierten“, Kellenbenz, Das

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anderen Handelshäusern ein allgemeines Synonym für ‚Italiener‘. Sie waren für die Gesellschaften tätig, kauften auf den Safranmärkten oder auf dem Land eine beauftragte (comniß) Safranmenge ein.85 Die Preise richteten sich nach ihren Einschätzungen im Oktober. Die Walhen wurden dann auf Provisionsbasis von ihren Auftraggebern bezahlt. Die Safranmärkte in den Abruzzen fanden von Allerheiligen bis Mitte Januar statt86 und erst dann wurde klar, ob der Faktor oder der Walhen ein gutes oder ein verlustreiches Geschäft gemacht hatte. Dieses Geschäft erforderte zuverlässige und kenntnisreiche Faktoren, die über ein gut funktionierendes Netzwerk von Korrespondenten und Rohstofflieferanten verfügen mussten. Kellenbenz beurteilte den Safranhandel genauso wie Clemens Bauer als hochspekulatives Geschäft, das überhaupt nur einige große Handelshäuser verfolgen konnten. Bauer ging außerdem davon aus, dass sich die Handelshäuser im Safranhandel zu Konsortien zusammenschlossen, um einerseits die Risiken zu verteilen und ferner genügend Kapital für den Einkauf aufzubringen.87 Die Imhoff und die Welser, die vor allem in den Abruzzen im Safrangeschäft tätig waren, nutzten hierfür Neapel, den „Bankplatz für oberdeutsche Kaufleute“88, um mit Gewinnen aus Kredit- und Wechselgeschäften89 den kapitalintensiven Safraneinkauf zu finanzieren.

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Mederʼsche Handelsbuch, S. 170 „Welschen oder auch respondente“, im vorliegenden Fall war der Walhen nach dem Tod des Paulus Imhoff als Faktor in L’Aquila. Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 41 und 171. Ebd., S. 21 und 214: Der erste safron marckt zum Adler ist auf sambstag nach Aller Heyligen tag, da komen die bawren hinein, und bringen safron zuverkaufen. Und ein jeglicher Teutscher gibt seinem Walhen commission, umb so vil carlini einkaufen, in solchem preiß, wie er befelh geben hat. Der Teutsch thut anderß nichts dazu, dann das er den safron von seinem Walhen empfahet, darvon der Walh so vil p[ro] c[ent]o provision hat. Und ist alle sambstag marcktag, biß nach Faßnacht. Und wann kein safron mehr kompt, so zeucht man wider auß dem land. Nach Peters, Strategische Allianzen, S. 68 war das erste günstige Einkaufsdatum für Safran der erste Samstag nach Allerheiligen, denn die Safranbauern mussten ihre Waren verkaufen, da sie Geld brauchten, um Schafweidegeld an den König zu zahlen (Nutzung der Weiden in Abruzzen). Aus dem Grund konnten die Einkäufer den Preis drücken. Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 36f. Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 81f. Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 58 bietet dazu eine Beispielrechnung: in Venedig aufgenommene 100 Dukaten, wurden in Rom 1¾ % höher gehandelt, nämlich 101¾ Dukaten und in Neapel zu 13¼ % höher, also 115 Dukaten 2 Carlini 3 Grani. Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 375: „10 karlin thun 1 ducato di Napoly“ demnach betrug 1 Dukat in Neapel 10 Carlini. Ebd., S. 81, 83f.: Die Handelshäuser nutzten vor allem Kursunterschiede bei Wechselgeschäften in Neapel, um die auf diese Weise erzielten Gewinne für den Safrankauf einzusetzten. Siehe ebd., S. 84, auch die Tabelle mit Wechselkursnotierungen in Neapel vom 27. März 1536. Nach Jahnel, Die Imhoff, S. 165, wurden in Neapel u. a. wucherische Darlehensgeschäfte unter dem „wenig soliden“ Handelsdiener Wolf Imhoff abgeschlossen, diese „Anweisungen aus der Zentrale in Nürnberg zu wucherischen Geschäften“ hätte Wolf als Anlass dafür genommen, die Regierer in Nürnberg damit zu „erpressen“. So konkret konnte das bislang in den Quellen noch nicht verifiziert werden, wohl aber ganz allgemein „von heimlichen Geschäften“, siehe dazu weiter unten S. 111 mehr.

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Die großen Handelshäuser besetzten ab der Mitte des 16. Jahrhunderts ihre Niederlassungen in L’Aquila bzw. Neapel permanent mit Korrespondenten bzw. Faktoren und verfolgten damit ein anderes Modell als noch Anfang des 16. Jahrhunderts, wie es in den „Welthandelsbräuchen“ beschrieben wurde.90 Damals wurde L’Aquila nur von November bis März/April von den Faktoren besucht, die nach der Ernte und den Märkten wieder wegzogen.91 Offensichtlich war das Safrangeschäft so wichtig und umfangreich geworden, dass eine ständige Vertretung der Gesellschaften in den Abruzzen notwendig geworden war. Wegen des immer größeren Safranbedarfs änderte sich auch der Umfang der Geldmittel. Die Faktoren hatten die Verfügungsgewalt über zunehmend höhere Kredite, Wechsel- und Bargeldbestände. Voraussetzung dafür war eine stabile Vertrauensgrundlage zwischen Geschäftszentrale und Faktorei, diese basierte auf persönlichem Vertrauen, familiären Verbindungen und vor allem regelmäßiger und ausführlicher Rechnungslegung mit -abschluss, die einer Rechtfertigung gleichkam. Genau bei diesen Punkten stellten sich erste Konflikte zwischen den beiden Faktoren und Brüdern Wolf und Paulus Imhoff, die zugleich auch Vettern der Nürnberger und Augsburger Imhoff waren, und ihrer Nürnberger Verwandtschaft ‚Endres Imhoff und Mitverwandte‘ ein. 3. Die Quellen Aus dieser diffizilen und konfliktträchtigen familiären und geschäftlichen Lage entstand ein umfangreicher Quellenkomplex, der leider – wie auch schon von Stromer bedauernd feststellte92 – nach wie vor ungeordnet ist, einen nicht mehr als grob verzeichneten Bestand bietet und somit schwer zu erschließen war.93 Den Hauptbestandteil der Quellen bildet ein ausführlicher, gut zehn Jahre andauernder Briefwechsel von 231 Briefen zwischen Wolf Imhoff und seinen Verwandten in Nürnberg und Augsburg, der zahlreiche Briefe der Imhoff in Nürnberg mit den Augsburger Imhoff, dem Imhoff-Vertreter in Venedig, den Walhen und Handelsdienern der Gesellschaft und schließlich der Nürnberger Patrizierfamilie Haller von Hallerstein umfasst. Der besondere Reiz dieser Briefe liegt nicht nur darin, dass sie Aufschlüsse über die geschäftlichen Belange der Gesellschaft geben, sondern auch die Konstellationen innerhalb der Familie, Meinungen, Gedanken und Befindlichkeiten offenbaren.94 Zudem stellten die Briefe auch eine Spiegelüberlieferung dar, da die Briefe mit den Anliegen der Absender ebenso erhalten sind wie 90 91 92 93

Kellenbenz, Welthandelsbräuche, S. 48. Ähnliches fand Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 42 und S. 170. Von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, Bd 2, S. 260, Anm. 164. An dieser Stelle möchte ich im Besonderen den Archivmitarbeitern des Historischen Archivs des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg für die unermüdliche Unterstützung und Hilfe herzlich danken. 94 Dazu auch Denzel, „Wissensmanagement“ und „Wissensnetzwerke“, S. 75, der die Korrespondenzen in denen die vielfältigen Themen „besprochen“ werden konnten, als wesentlichen Bestandteil von Wissensnetzwerken innerhalb der Kaufmannsschaft bewertet.

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die direkten Antworten der Empfänger darauf. Ganze Diskussionen um strittige Sachverhalte, differierende und wechselnde Meinungen der Nürnberger, der Augsburger Imhoff sowie der italienischen Partei und des Umfeldes können so nachvollzogen und analysiert werden. Die zunächst rein formale und (noch) nicht inhaltliche Vorgehensweise in dem Konflikt zeigt exemplarisch ein Brief vom März 1549,95 den Endres und Gabriel Imhoff aus der Nürnberger Geschäftszentrale an ihre Augsburger Verwandten Simon und Lienhard Imhoff schrieben. Der Brief wirft ein Licht darauf, wie virtuos über zeitliche und räumliche Entfernung hinweg Meinungen eingeholt, Bedenken geäußert, Entscheidungen getroffen und wie diese schließlich in die Praxis umgesetzt wurden. Es ging um ein gemeinschaftlich zu formulierendes Antwortschreiben an Wolf Imhoff und ihren Handelsdiener Conrad Pulfinger. Zunächst teilten die Nürnberger mit, dass sie den Brief der Augsburger vom 23. Februar 154896 erhalten hatten. Ein Einleitungssatz, der sich fast in allen Briefen findet und sicherstellte, dass der Bote auch erfolgreich die Briefe zugestellt hatte. In diesem Brief schrieben die Augsburger weiter, dass sie die von den Nürnbergern zugeschickten Briefe Wolfs und Pulfingers gelesen und ihre Meinung dazu mitgeteilt hätten.97 Die Nürnberger bestätigten diese zur Kenntnis genommen und zugleich, die Einwendungen und Meinungen in ein nun korrigiertes neues Schreiben an Wolf und Pulfinger eingearbeitet zu haben. Diese neue Briefversion schickten sie wieder den Augsburgern zu, verbunden mit der Bitte, sie erneut zu lesen. Sollten die Augsburger keine Einwände mehr haben, könnten sie den Brief verschließen und direkt nach Italien an Wolf und an Pulfinger schicken,98 andernfalls sollten sie den Brief mit ihren Änderungswünschen zurückschicken, damit die Nürnberger die Änderung bedenken könnten.99 So ist nur anhand eines Beispielbriefes eine ganze Wechsel-Korrespondenz zu rekonstruieren und es wird ersichtlich, wie zwischen Nürnberg und Augsburg Meinungsbilder eingeholt, Entscheidungen gefunden und diese dann in die Briefe eingearbeitet wurden, um so eine gemeinschaftlich formulierte Antwort nach Neapel zu Wolf und Pulfinger zu versenden. Die über insgesamt zehn Jahre verlaufende Korrespondenz bildet in anschaulicher Weise den Umgang der Verwandten untereinander und nach außen hin ab und zeigt, wie der Konflikt entstand, von den jeweiligen Beteiligten wahrgenommen wurde und sich die Beteiligten bemühten, eine Lösung in Form einer Wechselwirkung von Sanktionen und Kompromissen zu finden. Ergänzt wird dieses Briefkonvolut durch Rechnungen und Inventare sowie Supplikationen, Verträge bzw. Verschreibungen. Dieser überaus umfangreiche 95 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8h (21). 96 Ebd., (21a). 97 Ebd.: und vernumen, das ir des Wolff Imhoff auch C[onrad] Pulfinger schraiben gelessen habt und was darauff eur gut beduncken wer. 98 Ebd.: darauff hab wir an sie baide ein antwort begriffen, die wir euch hiemit schicken, so euch die selben also geffilen, so mugt ir die prieff zu machen und waitter schicken. 99 Ebd.: so ir aber in etwas einigen mangel haben werd, so mugt ir das selbig endern oder es uns wider zuschicken und euren mangel oder ferner gut abduncken wissen lassen.

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Quellenbestand, spiegelt ein vielschichtiges, in manchen Fällen nicht ganz aufzuklärendes, aber dennoch klares Bild der Auseinandersetzungen der Imhoff-Familie zwischen den Jahren 1545 bis 1555 wider. Zunächst werden anhand der Berichte und Supplikationen der Sachverhalt dargestellt und mithilfe der Auswertung des Briefwechsels und der Analyse der wesentlichen Rechnungen, Verträge und Urkunden der Weg zur Konfliktlösung dargelegt und analysiert. Zu Beginn steht eine tabellarische Aufstellung der Korrespondenz, um zum einen den zahlenmäßigen Umfang des gesamten Quellenbestands zu verdeutlichen und zum anderen die Kommunikationsdichte der an dem Fall beteiligten Personen widerzuspiegeln.

Tabelle 2: Quellengrundlage aus den Jahren 1545–1555 (GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39)

Signatur Nr. 8a

Nr. 8b

Anzahl der Akten und Briefe 16 10 10 1 1

Nr. 8h

1 17 8 19 31 72 1 2 2 6 45

Insgesamt

231

Nr. 8c Nr. 8d Nr. 8e Nr. 8f

Nr. 8g

Quelle Varia: Verschreibungen, Rechnungen, Supplikationen, Ks. Brief, Berichte, Urteil, Quittungen 1. Briefe der Imhoffʼscher Handelsdiener und Walhen: Conrad Pulfinger Matthäus Örtel Cesare Oliva 2. Brief des Procurators: Alexander Oliva 3. Brief eines fuggerschen Handelsdiener: Christof Wolf Briefe der Familienmitglieder Haller von Hallerstein Rechnungen Briefe in italienischer Sprache Briefe von Lienhard und Simon Imhoff, Augsburg Briefe von Wolf Imhoff Brief von Simon und Lienhard Imhoff Briefe von Hieronymus Imhoff Briefe von Endres und Gabriel Imhoff Urkunden Briefe von Endres und Gabriel Imhoff

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4. Der Konflikt Nachdem der Imhoff-Faktor in L’Aquila, Paulus Imhoff, nach kurzer Krankheit am 12. Februar 1545 verstorben war, verlangte der Nürnberger Prinzipal der Gesellschaft Endres Imhoff von seinem Bruder Wolf eine Inventur und Abschlussrechnung der Faktorei L’Aquila. Wolf Imhoff verschob diese allerdings immer wieder und vertröstete über Monate die Nürnberger und Augsburger Geschäftsleitung mit zahllosen Briefen. Nach anfänglich geduldigem Warten seitens Endres Imhoff und Mitverwandten, stellte sich zunehmend Ärger und Ungeduld über den saumseligen Faktor Wolf ein, die dann in Verdächtigungen und Anschuldigungen mündeten. Erst im Laufe der Zeit wurde für Endres und Mitverwandte der Hintergrund für diese Verzögerungshaltung deutlicher. So waren riskante Geldgeschäfte, Schulden und schlechte Safrangeschäfte der Brüder – immerhin das Kerngeschäft der Imhoff – sowie unklare Posten in den dann doch erstellten Rechnungen, für den lange verzögerten Rechenschaftsbericht und die Abschlussrechnung verantwortlich. Wolf schien außerdem versucht zu haben, Endres Imhoff wegen unlauterer Wechselgeschäfte zu erpressen. In den vorhandenen Quellen wird dieser Vorfall zwar nicht im Detail, aber durch indirekte Bemerkungen erkennbar.100 Ferner waren ein problematischer Lebenswandel Wolfs und seines verstorbenen Bruders ein Ärgernis für die Regierer und führte zu Konflikten. Beide hatten nämlich in Neapel und L’Aquila erwirtschaftete Gewinne für Frauen – Paulus für 100 Desweiteren gab es einen – allerdings hier nicht ganz aufzuklärenden – Konflikt Wolf Imhoffs mit Hans-Jörg Meuting, dem Faktor der Welser, Konkurrenten und zugleich auch immer wieder Geschäftspartner der Imhoff im Safrankauf und -handel (So wist der differenz halben zwischen Wolff Imhoff und Hans Jorg Meuting, der Bartholomäus Welser diener GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8a (2c)). Hieronymus, der Neffe von Endres Imhoff, der darüber berichtete, hatte Wolf und Hans-Jörg Meuting, wie er schrieb: mit muhe zu samen pracht, welche sich woll mit einander pezangtt und pehadert haben (ebd.). Es handelte sich wahrscheinlich um eine Absprache, bei der Meuting einen Anteil von einem, durch Wolf getätigten Safrankauf erhielt. Dieser brachte Meuting 37%igen Gewinn, Wolf konnte hingegen von demselben Posten 52% Gewinn erwirtschaften. Dadurch fühlte sich Meuting hintergangen (hot Maiting mit so gar fueg und recht seines zu spruchs, so er zu uns hot, dan in dem conto der p[ro] c[ent]o 37 Saffran, so er auff legt, die er kaufft hatt, pefint ich, das eben all vill und nitt minder dan p[ro] c[ent]o 52 so Wolff Imhoff kaufft hatt kosten, Wolff Imhoff mer summa Saffran kaufft, dann Meiting und doch nitt theurer, dann Maiting einen in den andere geraitt verrechent, (ebd. 2d). Jedenfalls sollte Wolf, wenn er nach Neapel komme, das Konto bereinigen und abklären, wann und zu welchem Preis er Safran gekauft und diesen wiederum mit dem Meuting abgerechnet hatte (das Wolff Imhoff allspalt gen Naples kombtt, ein claren und lauttern conto machen, aus ziehen und herfur senden, darinnen allen Saffran, so das selbig mall und iar kaufft, zu was zeit von wem und inn was preis zalt, verrechen und einlegen soll [...] und solcher differenz halben aldauss euch mit einander vergleichen und vertragen solt, ebd.). Ein kleinerer Konflikt mit den Welsern hingegen konnte in Form eines Vergleichs geklärt werden. Dabei ging es um die Lieferung eines Ledersacks sowie Leinenplanen zum Schutz und Überspannen der Wagen mit den Safran-Saumlasten (Der lederseck und plahen haben wir uns alhie schon verglichen, geben den Welser alhie 8 lederseck und 36 ellen plahen, darmit sint sie pezalt und zufriden gestelt, hat darmitt also sein endttschafft (ebd.).

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seine Lebensgefährtin samt deren Familienanhang, Wolf für eine Liaison mit der Hofdame des Vizekönigs von Neapel – „benötigt“. Außerdem hatte sich Wolf finanzielle Eskapaden durch Spielvergnügungen erlaubt und die Spielgewinne mit Rechnungen der Faktoreibuchhaltung verrechnet. Um einen Überblick über diese vielfältigen Konfliktursachen zu gewinnen, eignen sich die beiden Supplikationen Endres Imhoffs und Mitverwandte aus dem Quellenbestand. Die Supplikationen richteten sich an den Nürnberger Rat und waren im Jahr 1547 im Abstand von vier Monaten, die erste im August und die zweite am 17. Dezember, verfasst worden. In der ersten Supplikation teilten die Imhoff zunächst mit, dass die Niederlassungen in L’Aquila von Paulus Imhoff und Neapel von seinem Bruder Wolf geleitet worden waren, die beide als „handelsverpflichtete Diener“ und speziell Wolf als gewesner, aber ungeledigter diener bezeichnet werden.101 Als Paulus gestorben war, begab sich sein Bruder Wolf unverzüglich nach Neapel, um die Register, Bücher, Waren und anderes was vorhanden gewesenn, für sich selbst zu verwarung102 zu nehmen. Seinen Regierern in Nürnberg berichtete er darüber jedoch nichts, ebensowenig machte er Angaben dazu, welche und wieviele Warenbestände noch vorhanden waren und welche und wieviele Geschäftsbücher er an sich genommen hatte. Auch legte er (noch) keine Rechenschaft in Form einer Abrechnung über den finanziellen Zustand der Faktorei ab. Für die Regierer war ein entscheidender Punkt, dass ihr Kapital in der Verantwortung von Paulus gelegen hatte und er aufgrund seines frühen Todes keine entliche rechnung103, also keine Abschlussrechnung hatte erstellen können. Sie forderten infolgedessen von Wolf, dass er alle Waren und alles andere verschließen, ihrem Walhen Cesare Oliva in L’Aquila zusenden und diesem in Verwahrung geben solle. Cesare Olivas Bruder Alexander war Prokurator des Vizekönigs in Neapel und sollte in der Auseinandersetzung mit Wolf Imhoff noch eine besondere Rolle spielen.104 Neben dem Warenbestand der Faktorei in L’Aquila galt also das besondere Interesse der Regierer in Nürnberg der Abschlussrechnung. Wolf sollte diese, so wie es ihm möglich war, aus den vorhandenen Büchern, Registern und Briefen anfertigen und sich dann in eigener Person mit allen Unterlagen nach Nürnberg begeben,

101 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8a (4, 1). Mitte des 16. Jahrhunderts, waren die Berufsbezeichnung eines Handelsdieners und Faktors noch nicht streng voneinander geschieden. Vgl. Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 34; Hildebrandt, Diener und Herren, S. 159; Denzel, Professionalisierung, passim. 102 Ebd. 103 Ebd. 104 Nach Jahnel, Die Imhoff, S. 160 habe Alexander Oliva seit 1548 Procura in LʼAquila gehabt, sein Bruder Cesare Oliva bis 1556 die Procura in Neapel und LʼAquila. Das bestätigt sich anhand der Quellen allerdings nicht, demnach übernahm Wolf die Faktorei in Neapel, Cesare die in L’Aquila. Alexander Oliva fungierte als Vertreter des Vizekönigs von Neapel und war in dieser Funktion für die Gefangennahme Wolfs im Sommer 1546 zuständig. Vgl. im Folgenden dazu.

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damit sie die Rechnungen kontrollieren und die Schlussrechnung abzeichnen könnten.105 Diese bis dahin nicht erfüllte Forderung der Regierer war immerhin eine Grundlagen der (vertrauensvollen) Zusammenarbeit zwischen Geschäftszentrale und Faktorei, für die der permanente Informationsfluss über Abläufe der laufenden und geplanten Geschäfte wie Kauf und Verkauf, Kredit- und Wechselgeschäfte zwischen Zentrale und Faktorei ebenso unerlässlich war wie die Ausführung und Übermittlung von regelmäßig anzufertigenden Zwischen- und Abschlussrechnungen. Zusammengefasst heißt dass, die Grundlagen einer vertraglichen gebundenen Mitarbeit bildeten ein Wechselspiel zwischen Kommunikation, Rapport und Rechnungslegung, Vertrauen und Kontrolle. Dieses grundlegende Verfahren wurde vertraglich in jedem Gesellschaftsvertrag bzw. der Verschreibung eines Faktors zugesichert und von jeder Geschäftszentrale eingefordert. Ein kurzer Überblick stellt die Gründe für den Konflikt zusammen, die sich aus Pflichtverletzungen der Faktorenarbeit sowie einem problematischen Lebenswandel zusammensetzten: 1. – Pflichtverletzungen des Faktors Wolf Imhoff: – Unzureichende und fehlerhafte Abschlussrechnung Wolf Imhoffs – Fehlende Inventarisierung der Faktorei in L’Aquila – Unerlaubtes Entfernen von der Geschäftszentrale in Nürnberg – Fragwürdige, riskante und betrügerische(?) Geschäfte 2. – Zweifelhafter Lebenswandel Wolf Imhoffs (und seines Bruders Paulus): – Hohe Lebenshaltungskosten – Zwielichtige Gesellschaft – Spielvergnügen – eine Affäre und ein uneheliches Kind Da dieser Konflikt, seine Ursachen und Folgen vielgestaltig waren, über einen langen Zeitraum liefen und schließlich mit einer Reihe von Ereignissen verknüpft waren, sollen diese zum besseren Verständnis zunächst in einem tabellarischen Überblick aufgeführt werden:

105 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8a (4, 1a–d): habenn wir gemelten Wolff Imhoff bevelch geben, des Paulusen seins pruders verlassung, so vill er an wharen oder waran, das sy gehabt und verhannden gewesen einzumachen und gen Adler verschlossenn unserm whalhen oder facttor Cesarn Olifa daselbsten von unsern wegen in verwahrrung zu geben, und seines bruder rechnung so vill im muglich und er aus seinen buchern, registern und prieffen macht zu schicken, und sich sampt denselben puchern, prieffen und registern auch seiner gemachten rechnung zu unns heraus zu verfugenn entliche rechnung zu thun, welchs er getthan.

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Tabelle 3: Chronologie Wolf Imhoff im Konflikt mit der Imhoff-Gesellschaft Datum 1538 1544 12. Februar 1545 spätestens seit Februar 1546 Nov. 1545–Nov. 1546 2. November 1546 10. Dezember 1546 9. Juli 1547 August 1547 17. Dezember 1547 Dezember 1547 1. Februar 1548

Juni–September 1548

1548–1549

Ab Ende 1549

Mai 1550

Ab Februar 1551

Dezember 1552 Mai 1553 Oktober 1555

Ereignis 1. Verschreibung Wolfs bei Endres Imhoff 2. Verschreibung Wolfs bei Endres Imhoff Wolf Faktor in Neapel: 1539–1549 Paulus: Faktor in L’Aquila: 1535–1545 Tod Paulus Imhoff in Neapel Hieronymus Imhoff, Venedig, leitete (kommissarisch) die Faktorei in LʼAquila Wolf Imhoff in Nürnberg Wolf zog ohne Erlaubnis der Regierer aus Nürnberg nach Neapel und Lʼ Aquila Hieronymus deutete eine Erpressung Wolfs an (heimlichkait) Wolf benötigte Geld, bat Endres vergeblich darum und drohte, Schulden (partita) machen zu müssen 1. Supplikation Endres Imhoffs und Mitverwandte an den Bürgermeister und Rat von Nürnberg 2. Supplikation Endres Imhoffs und Mitverwandte an den Bürgermeister und Rat von Nürnberg Rat und Bürgermeister vermittelten und wandten sich an den Kaiser bzw. die kaiserliche Kanzlei Kaiser bzw. kaiserliche Kanzlei vermittelte und wandte sich an (seinen) Vizekönig von Neapel Zwangsmaßnahme: Im Auftrag des Vizekönigs wird Wolf Imhoff durch Alexander Oliva in Neapel ins Gefängnis von Neapel verbracht Cesare Oliva vermittelte zwischen Alexander Oliva, Herren Imhoff und Wolf (Procura und Bürgschaft) 1. Eine Affäre und Schulden Wolf Imhoffs 2. Bitten Wolfs an Imhoff um Darlehen 3. Teilrückzahlung von Darlehen (Freunde, Pulfinger) 4. Geleitbitte Wolfs an Herren Imhoff Die mit Wolf Imhoff verschwägerte Familie Haller vermittelte (Wolf mit Erlaubnis der Imhoff bei Haller in Speyer) 1. Vorschlag von Wolf: „Compromiss“ 2. Vorschlag Simon Imhoffs: a) je zwei (externe) Kaufleute zur Vermittlung – Wolf dagegen b) Familie Haller als Vermittler – Zustimmung der Parteien Vermittlung durch die Mitglieder der Familie Haller – Vergleichsvertrag: Endres & Mitverwandte mit Wolf Imhoff (& Fam.): 1. Imhoff: Vergleichssumme 2.200 fl. wurde für Wolf Imhoff durch die Vermittlung der Familie Haller in Antwerpener Rentenpapiere angelegt, jährliche Zinszahlung an Wolf 2. Wolf – legte eine korrekte Abrechnung vor – übergab sämtliche Geschäftspapiere der Faktoreien Neapel u. L’Aquila – versprach Geheimhaltung aller Geschäftsvorgänge in den Faktoreien Wolf verlangte die angelegte Kapitalsumme wegen seiner Heiratspläne Vertrag Ruprecht Haller von Hallerstein und Endres Imhoff Verschreibung Wolf Imhoffs, Regensburg, bei Endres Imhoff & Mitverw.

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5. Pflichten und Befugnisse der Faktoren: Die Verschreibungen Wolf Imhoffs gegenüber der Gesellschaft Innerhalb des umfangreichen Aktenbestands, der unter der Signatur Fasz. 39 Nr. 8 im Historischen Archiv des Germanischen Nationalmuseums liegt, befinden sich auch die Originalurkunden der Verschreibungen – schriftliche Verpflichtungen – Wolf Imhoffs von 1538 und 1544.106 Eine Verschreibung wurde in der Regel zwischen den Leitern einer Gesellschaft und ihren Handelsdienern bzw. Faktoren erstellt. Darin legten sie die Pflichten und Rechte der Mitarbeiter fest. Die Verträge basierten auf einer eidlichen Zusage des Mitarbeiters und hatten damit einen rechtsverbindlichen Charakter. So erklärt sich auch, dass die Imhoff diese beiden Verschreibungen dem gesamten Aktenbestand voranstellten. Denn aus ihrer Sicht hatten Wolf und Paulus107 gegen so gut wie jede der Vertragsbestimmungen verstoßen. Aus diesem Grund werden im Folgenden die Verträge mit ihren Klauseln im Einzelnen besprochen. Der erste Vertrag war auf sechs Jahre angelegt, vom 16. August 1538 bis zum 16. August 1544, der Nachfolgevertrag auf zwei Jahre bis zum 17. August 1546. Nach dem obligatorischen Treueversprechen, zum Besten der Gesellschaft handeln zu wollen, folgte in beiden Verträgen die Zusage, jegliche Reisen, die die Regierer Wolf auftrugen willig und gehorsam108 durchzuführen und alle Aufträge zu irem nutz und notturfft109 auszuführen. Es schließt sich, wiederum in beiden Verträgen, der wesentliche Artikel an, unverzüglich, ehrlich und ehrbar Rechnung zu legen. Sollte sich aber daraus ein abgang110, also ein Verlust, den Wolf verschuldete, ergeben, dann müsste er diesen erstatten. Wolf wurde verboten, auf eigene Rechnung Geschäfte zu machen, mit einer anderen Gesellschaft Handel zu treiben, für jemanden Bürgschaft zu stellen und Darlehen zu gewähren. Der folgende Punkt stellt eine ganz klassische Regelung sowohl in Gesellschaftsverträgen als auch Verschreibungen mit Faktoren dar: Die Verpflichtung, sich vor spill und vor anheng der frauen und al pös hendl unnd auch pös gesellschaft111 zu hüten. Wie sich in vielen Fallbeispielen zeigen wird, war diese Regelegung auch dringend erforderlich, denn die Leidenschaft zum Spiel und zu den Frauen sollte bei den meist jungen Faktoren oder Mitgesellschaftern zu einer immer wieder auftretenden Versuchung werden. So geschah es auch bei Wolf Imhoff, der sich in ein Verhältnis zu einer Hofdame in Neapel verfangen hatte. Sein verstorbener Bruder Paulus war sogar – laut Aussage von Wolf – Beute einer ganzen Sippschaft eines Liebesverhältnisses geworden.

106 Ebd. (1) und (2). 107 Paulus Verträge sind zwar nicht erhalten, waren aber ursprünglich vorhanden, wie aus Bemerkungen in ebd., (13a und i) hervorgeht. 108 Ebd. (1) und (2). 109 Ebd. 110 Ebd. 111 Ebd. Dazu auch Kapitel „Verschwenderische oder unfähige Gesellschafter“, S. 326ff.

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In den Verträgen folgte dann die Geheimhaltungsklausel, die besagte, dass die Mitarbeiter sich verpflichteten, alle Geschäftsgeheimnisse für sich zu behalten und zugleich auch keinen Eigennutz daraus zu ziehen.112 Zu dem auftretenden Konflikt passte der folgende Punkt und war neben der Pflicht zur Rechnungslegung zudem ein Grund dafür, warum die Imhoff die beiden Verschreibungen den Akten beigegeben haben. Wolf verpflichtete sich nämlich darin, nicht vor Ablauf der sechs bzw. zwei Jahre urlaub zu nemen113, d. h. sich nicht von der Geschäftszentrale oder auch dem Ort der Niederlassung oder den Orten zu entfernen, an denen er nach Anweisung der Regierer Geschäfte tätigte. Denn einer der Auslöser für den bald folgenden Konflikt sollte Wolfs unerlaubte und überraschende Abreise aus Nürnberg werden, die nach den Verschreibungen vertragswidrig war. Es folgten in den Verträgen noch einige finanzielle Punkte auf der Basis eines immer wieder eingeforderten Gehorsams des Handelsdieners gegenüber den Entscheidungen der Regierer. Es ging etwa um das Honorar, die vererung, die der Diener erwarten konnte. In der ersten Verschreibung wurden keine Summen genannt, sondern ihm nur zugesagt, dass er jedes Jahr ein Honorar erwarten könne (die sechs jar lanng ein jedes jar114), dessen Höhe die Herren bestimmten, und er die Entscheidung gehorsam anzunehmen habe. Ferner würden die Herren seine Verköstigung, also Kost und Logis, übernehmen (Auff solchs mir gemeldt meine herrn geben solle die sechs jar lanng, ein jedes jar so ich inn haim setz unnd in irem guten willen stell, was sie mir geben ad vereren mich daran pringen sol unnd will lassen unnd sy sollen mich verkosten auff ir kostung, der ich mich zimlicher weis halten sol und will115). In der zweiten Verschreibung hingegen wurde im Unterschied dazu nicht mehr von einer vererung gesprochen, sondern Wolf zugesagt, dass er jedes jar 100 guldenn in grober muntz116 erhalte, zuzüglich der Übernahme von Kost und Logis. Es scheint so, dass Wolf im ersten Vertrag eine (erfolgsabhängige) Honorierung bekommen sollte, während für ihn im zweiten Vertrag eine feste Besoldung vorgesehen war. Schließlich konnte Wolf eine Kapitaleinlage zu Gewinn und Verlust in die Gesellschaft geben. Diese müsse allerdings die gesamte Vertragslaufzeit in der Gesellschaft bleiben und würde erst bei Ablauf des Vertrags- und Dienstverhältnisses abgerechnet werden. Dabei verpflichtete sich Wolf, sowohl die von den Regieren festgelegte Höhe des Gewinns als auch des möglichen Verlustes on alle weittere einrede117 hinzunehmen und die ermittelte Auszahlung in drei Tranchen zu drei Frankfurter Messen zu akzeptieren.

112 113 114 115 116

Ebd. Ebd. Ebd. (1). Ebd. Ebd. (2). So geschah es auch, wie ein Posten aus der Abrechnung des Jahres 1544 zeigt: thon wir im gutt fur sein besoldung und alle ding fur die vergangene 2 jar thut fl. 200. Ebd. (15g). 117 Ebd. (1) und (2).

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Die eidliche Vertragsbindung wurde zum Schluss erneut beschworen, ferner werden als Zeugen im ersten Vertrag Bartholomäus Haller und Sebastian Imhoff, im zweiten Bartholomäus Haller und Jakob Muffel berufen. 6. Der Tod Paulus Imhoffs und die geforderte Abschlussrechnung im Jahr 1545 Das Jahr 1545 war der Ausgangspunkt für den Konflikt, in diesem Jahr starb am 2. Februar Paulus Imhoff an den Folgen einer Fußverletzung. Aus diesem Grund wurde eine Abschlussrechnung für die nun verwaiste Niederlassung in LʼAquila erforderlich. Diese Aufgabe ging an Wolf Imhoff, dieser sagte auch immer wieder aufs Neue die Anfertigung und Zusendung der Abschlussrechnung zu, aber erklärte zugleich, warum es ihm bislang noch nicht möglich gewesen war. Aus der ersten Hälfte des Jahres 1545 haben sich Briefe von Wolf Imhoff an die Regierer fast im Zwei-Wochen-Rhythmus erhalten. Er reagierte damit auf die Forderungen nach einer Abschlussrechnung sowie auf Anweisungen zum Safrankauf und -versand nach Venedig, die er jetzt anstelle seines Bruders vornehmen musste, außerdem informierte er über Geschäfte in Neapel.118 Im Laufe des Jahres 1545 wurde eine zunehmend kritische Haltung der Imhoff Wolf gegenüber deutlich, die ihren Ausgangspunkt in dessen ausweichender und verzögernder Haltung und Taktik bezüglich der Abschlussrechnung hatte. In einer ausführlichen Einlassung innerhalb einer Einrede Endres Imhoffs und Mitverwandten, die im Vorfeld zu einer Gerichtsverhandlung vor dem Nürnberger Stadtgericht erstellt wurde und auf Ende 1550 datiert werden kann,119 fassten sie aus der Rückschau den Ausgangspunkt des Konfliktes und ihre daraus resultierenden Maßnahmen zusammen. Demnach hätten sie Wolf Imhoff als unssern dozumol verpflicht diner,120 der ohnehin in den Abruzzen gewesen sei, gebeten, als sie vom Tod des Paulus in L’Aquila hörten, eine (Abschluss-)Rechnung der Geschäfte seines verstorbenen Bruders anzufertigen und alle Angelegenheiten der beiden Brüder in Neapel und L’Aquila zu erstellen sowie ein Inventar zu notieren. Für den Fall, dass er keine ordenlichen rechnung erstellen könne, boten sie ihm an, ihnen alle pucher, register und schrifften, so er gefunden wurd121 nach Nürnberg zu bringen oder zu schicken, dann könnten sie diese Rechnung anfertigen. Daraufhin habe ihnen Wolf zugesagt, nun die Rechnung zu machen. Er hatte dazu vor, für diese Zeit in Neapel zu bleiben, obgleich das nach Meinung der Herren Imhoff nicht notwendig (notten122) gewesen

118 Ebd. Nr. 8g (1)–(11): Briefe Wolf Imhoffs an Endres und Mitverwandte vom 31. Januar 1545– 25. April 1545. Siehe im Einzelnen dazu das Kapitel „‚Flexible‘ Rechungslegungen“, S. 129ff. 119 Ebd., Nr. 8a (13a–v). Diese Einrede ist dem Briefbestand Fasz. 39 unter dem Stichwort „Gerichtsakten“ beigefügt. Zu dem Gerichtsverfahren siehe weiter unten Kapitel: „Die Tätigkeit des Nürnberger Stadtgerichts“, S. 140ff. 120 Ebd. (13b). 121 Ebd. (13c). 122 Ebd. (13d).

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wäre, zumal es für die Gesundheit gefährlich sei, sich im Sommer allzu lang in Neapel aufzuhalten.123 Die Situation mit ihrem Handelsdiener Wolf und der geschäftlichen und finanziellen Lage ihrer italienischen Niederlassungen gestaltete sich demnach für die Regierer zunehmend unklar und löste eine erste grundlegende Maßnahme aus: sie setzten einen Verwandten als Mittelsmann ein. Die grundsätzliche Schwierigkeit, der alle im Faktoreisystem handelnden Gesellschaften ausgesetzt waren, persönliche Kontakte herzustellen, Kontrolle durch Vertrauenspersonen auszuüben und einen möglichst zügigen Informationsaustausch zu gewährleisten, versuchten die Imhoff wie alle Gesellschaften mittels enger Verwandter mit hohem Erfahrungspotential und sachlicher sowie menschlicher Kompetenz entgegenzutreten. Daher war es eine naheliegende Maßnahme, die wichtige aber verwaiste Faktorei in L’Aquila mit einem Vertrauensmann neu zu besetzten, der zugleich relativ nahe an Neapel war, um sich dort ein Bild von der Lage zu verschaffen und nach dem Auftrag der Zentrale zu handeln. 124 Hier bot sich Hieronymus Imhoff, Sohn Hansʼ VI. († 1526) und Neffe Endresʼ und Gabriels in Nürnberg, an. Er hatte bislang über lange Jahre die Imhoff-Gesellschaft in Venedig vertreten und stellte damit das Zwischenglied zwischen der Handlung in den Abruzzen und der Gesellschaft in Nürnberg und Augsburg dar. Alle Safranlieferungen der Imhoff wurden größtenteils über Venedig geführt, ebenso die Geldgeschäfte – vor allem wurden die lukrativen Wechselgeschäfte in Zusammenarbeit mit der venezianischen Niederlassung getätigt. Der venezianische Vertreter der Imhoff-Gesellschaft hatte demzufolge eine ganz besondere Vertrauensposition und wurde daher in den Konflikt eingeschaltet. Außerdem war er über die Inhalte der vielen Briefe Wolfs aus der ersten Jahreshälfte des Jahres 1545 genau informiert, da Wolf diese Briefe an Endres, Simon und Hieronymus Imhoff verfasst hatte. Am 17. Juni 1545 schrieb Hieronymus Imhoff aus Venedig einen ersten ausführlichen Brief an Wolf in L’Aquila und mahnte zunächst, dass er das mühselige Geschäft fleißig weiter verfolgen solle, und zeigte sich zugleich verwundert, dass Wolf die Rechnung noch nicht erstellt und nach Venedig gesandt hatte.125 Ferner war er nicht damit zufrieden, dass der Walhen in L’Aquila auff die leztt abermals geltt auff dich zu wexell genomen hatt,126 ohne das bekannt sei, wieviel Safran er

123 Ebd. (13d). 124 Ebd., Nr. 8b (3, 1c): Dan lieber vetter Jeronimus solhen deucht uns, das du bis auff ferner schreiben nach werdst khumen und also zum besten darein geschickt hast, so sich aber also sollt zutragen, das dich ein anders fuer besser sollt ansehen, so magst im unser halben auch nachkhumen. 125 Ebd., Nr. 8f (1a): dem wolst weiter also mitt fleiss nachkomen, Gott der herr helff uns mit lieb und dieser muchesehlige handlung. Hieronymus schrieb weiter: So hab ich vermaint gehabtt, dein rechnung von Naples verlangst verfertigt und herfur gesant solst haben, will ich sie mit erstem gewertig sein, dan mich ir versich werst vor langst damit an ein ort komen sein und die herfur gesant haben. 126 Ebd.

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gekauft habe. Hieronymus monierte auch, dass er lange kein Schreiben mit diesbezüglichen Informationen vom Walhen bekommen habe. Er empfahl Wolf, er solle nach Adler (L’Aquila) gehen, dort mit dem Walhen abrechnen und allen Safran aus dem Land schicken. Außerdem solle er alle seine Schulden begleichen und erinnerte in dem Zusammenhang daran, dass Wolf dem Hans-Jörg Meuting 180 duc(ato di carlini) schuldig sei.127 Abschließend bekundete er, dass es ihn fremdt und wunder nimbt,128 von Wolf weder aus LʼAquila noch aus Neapel einen Brief erhalten zu haben, und ebenso, dass er vom Walhen nichts gehört habe, da er wexell nimbtt und wir nitt wissen, ob er an saffran angelegtt hatt oder was mitt dem geltt thutt.129 Zusammenfassend zeigt der Brief des Hieronymus, dass er seine Funktion als ortsnaher Vermittler und Kontrolleur in Italien ernst nahm und Wolf zur geforderten Abrechnung und damit verbunden zur ausdrücklich erwähnten Saldierung mit den Welsern bzw. Meuting zu bewegen versuchte. Trotz dieser Forderungen und Mahnungen an Wolf stand dieser zu dem Zeitpunkt noch nicht allein in der Kritik, sondern vor allem die Versäumnisse und unklaren Geschäfte des Walhen. Die Mahnungen des Hieronymus und der mittlerweile gesundheitlich schlechte Zustand Wolfs führte nach den schon erwähnten Gerichtsakten dazu, dass er von Neapel zunächst nach LʼAquila zog und, gegen den Rat der Ärzte, weiter nach Venedig, und zwar unter groser unkost.130 Am 14. November sei er schließlich in Nürnberg angekommen. Es schienen dabei weniger die Sorgen um die Gesundheit ihres Dieners, als vielmehr die unnötigen Kosten, die durch diese Risiken entstanden waren, bei den Herren Imhoff im Vordergrund zu stehen. Endres Imhoff und Mitverwandte begaben sich dann zu ihm, da er zu krank war, um zu ihnen zu kommen. Auf die Frage, warum er die Rechnung immer noch nicht erstellt habe, antwortete er ihnen, er sei dazu überhaupt nicht verpflichtet (er wer uns kein rechnung schuldig131) und außerdem wegen seiner Krankheit und

127 Ebd., (1c): So wis, das mir Hans Jorg Meiting von den p[ro] c[ent]o 6, wie vor diss vernombst auff hielt p[ro] c[ent]o 5 Saffran gelivert hatt und p[ro] c[ent]o 18, so mir auch livern het sollen, sagtt er mir, sey inn fallo hinaus geschickt worden, soll man daussen oder sonst so vill Saffran, als in solcher pallen gewest ist, uber livern. So hab ich duc[ati di carlini] 21 t[ari] 2 c[arlini] 18 mer unkost auff den Saffran, so den Bart[olomeus] Welsern unter unser zeichen her komen, ist erlegt und ausgeben, weder sie von dem unssere zaltt haben, solches geltt hab ich von dem Meiting nitt pringen konnen, zeigtt an, seist im wie vorgemelt 180 und etlich duc[ati di carlini] schuldig, dan wan alhie mitt im abrechnen, weitter und solches halben perichtten wurst, so wolst pesehen, das solches gelt obgemeltt auch von im einpringest und saldirest. Die in Neapel geltenden Währung des Ducato di carlini wurde mit 5 Tari = 10 Carlini = 100 Grani berechnet, vgl. Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 85. Außerdem war der Scudo [dʼItalia] bzw. Scudo [d’oro] (▽) gebräuchlich. Alle Beteiligten in dem Fall wechselten in ihren Briefen immer wieder zwischen dem Scudo d’Italia und dem Dukaten di Carlini (duc.). Es entsprachen 110 Ducati di carlini 100 Scudi d’Italia, siehe Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 84f. 128 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8f. (1c). 129 Ebd. 130 Ebd., Nr. 8a (13d). 131 Ebd.

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Reise dazu auch nicht in der Lage gewesen. Endres Imhoff und Mitverwandte versicherten ihm darauf, dass er die Rechnung auch hätte schicken können. Das wollte er jedoch nicht, sondern er beabsichtigte, sie ihnen persönlich zu bringen. Aufgrund dieser immer ausweichenden Haltung war bei den Herren während dieser Besprechung der Argwohn gegen Wolf zunehmend gewachsen (halb fur argwon zu haben132). Schließlich lag die Rechnung doch vor, aber nun hatten die Herren vil und gros mengel in solcher rechnung,133 über die Wolf nach Nachfrage keinerlei Auskünfte (bericht134) geben konnte. Befragt nach dem befohlenen Inventar, gab Wolf ihnen zur Antwort, auch dazu sei er nicht verpflichtet gewesen, ein solches zu erstellen. Die Nürnberger Herren brachten dabei Wolf mit ihren Fragen und Verdächtigungen so sehr in Bedrängnis, dass sie fürchteten, er würde wieder aus Nürnberg flüchten. Aus diesem Grund zitierten sie ihn zur Sicherheit vor den Bürgermeister und ließen ihn einen Eid schwören, dies nicht zu tun.135 7. Die Rechnungslegung Wolf Imhoffs in Nürnberg Die Mängel der Rechnung, die Wolf bei seinem Aufenthalt in Nürnberg im November 1545 nicht erklären konnte, waren dann auch Anlass für Endres und Simon Imhoff, die beiden Leiter der Geschäftszentralen in Nürnberg und Augsburg, sich am 13. Januar 1546 erstmals direkt schriftlich in dieser Sache zu äußern. Der von den beiden Imhoff abgefasste Brief ging jedoch noch nicht an Wolf selbst, sondern zunächst an Lienhard Imhoff, mit der Bitte um interne Prüfung der mittlerweile von Wolf erstellten, aber nach ihrer Meinung mangelhaften Rechnung (von wegen seines bruders136). Die Mängel betrafen fragliche Posten in der Rechnung und vil uberflussiger uncost und beschweren. 137 Es handelt sich bei den beiden Posten um eine mit einem Kreuzchen markierte Forderung Wolfs in der allerdings undatierten Rechnung138: Mer duc. 10 zu leickouff139 des hauszeug: fl. 13¾ x und Mer duc. 40 irer in p[ruder] Paulus sel. Rechnung: fl. 54½ x. Offensichtlich war für Endres und Simon Imhoff

132 133 134 135

136 137 138 139

Ebd. (13e). Ebd. Ebd. Ebd., Nr. 8h (2c): und wie wir den Wolffen also ganz verdechtlich fundenn, trug wir sorg, er mocht sich etwa an [ohne] unser wissen hinweg machen, daselbig zuverkumen, lies wir in fur ein burgermeister fordern in zu verstricken, nit von hinnen zu weychen [...], wir sein dan des zufriden. Ebd., (1). Ebd. Ebd., Nr. 8d (1a). Die Überschrift lautet: Soll ich Wolff Imhoff meine herrn Endres und Simon Imhoff, das ich werde jungst rechnung empffangen unnd fur mich ausgeben ist worden erstlich. E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 201: Gelöbnistrunk (Litkauf, Leikauf) waren Zeichen für den vollendeten Kaufvertrag, von dem die Vertragsnehmer nur noch aufgrund eines im Abschluss des Kaufgeschäfts selbst liegenden Mangels zurücktreten konnten.

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weder ersichtlich, was diese Posten genau beinhalteten, noch warum sie diese Posten akzeptieren sollten. Das schien jedoch neben der kritisierten Rechnung eines der Probleme zu sein, denn wie sich nach der folgenden Befragung des Wolf Imhoff herausstellte, hatte er das Wenige, was er in L’Aquila gefunden hatte, schriftlich inventarisiert und ihnen zugeschickt. Die Bücher und schrifften hätte er in ein truhen thun und Mathes Orttel gelassen. 140 Ein kleines Büchlein, in das Paulus immer alles eingeschrieben hätte, habe er nicht finden können.141 Er stellte die Vermutung auf, es werd im Paulus seliger von sein anhang einweil vil abtragen worden.142 Dieser sog. anhang, eine Personengruppe, die sich bei Paulus „eingenistet“ hatte, wird im Folgenden bei der Rechtfertigungsstrategie Wolfs noch eine Rolle spielen. Während des Aufenthaltes von Wolf in Nürnberg stellten sie ferner die gegenseitigen Forderungen zusammen. Zunächst handelte es sich um 1.854 fl. Einlage, die Paulus in ihrer Gesellschaft hatte und die in dieser bleiben sollte. Hinzu kamen noch 1.000 fl., die Wolf, sein Bruder Hieronymus und ihre Mutter zu der Einlage hinzugeben sollten. Während dieser Verhandlungen erwähnte Wolf auch noch 600 fl., die Paulus seiner Schwester Helene schuldete und die er bereit sei, zu den 1.000 fl. hinzuzufügen. Wie wol, wie Endres im Bericht anmerkt, uns noch ein vil grosere summe aussen stund. 143 Offensichtlich fanden sie zu diesem Kompromiss vor allem aufgrund der Bitten der Mutter, die fürchtete, das ir sun sellig zuschanden werde und untter die leut kunt sollten,144 dass also ansonsten der gute Ruf des verstorbenen Paulus leiden könne. Als dann aber der Kompromiss zu einer schriftlichen Abrede kommen sollte, die in mehreren Kopien abgefasst, u. a. bei Bartholomäus Haller hinterlegt werden sollte, war auf einmal Wolf Imhoff nicht mehr einverstanden. Man bot ihm daraufhin vergeblich an, diese vertragliche Abmachung vor einem Stadtgericht beglaubigen zu lassen, damit er der Rechtmäßigkeit und Zuverlässigkeit des Vertrages vertraute. 8. Die Flucht Wolf Imhoffs von Nürnberg nach Neapel Ende 1546 stellte sich die Situation für die Regierer folgendermaßen dar: Während seines einjährigen145 Aufenthaltes in Nürnberg war Wolf Imhoff keiner seiner vertraglichen Verpflichtungen als ungeledigter diener146 nachgekommen, er hatte weder die Rechnung korrigiert, geschweige denn quittiert. 140 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8h (2b). 141 Ebd. (2b–c): Aber man wurd wenig darin finden. Paulus seliger hett wol ein klein puchlein gehabt, da er all ding ein geschreyben het, aber ers nit hett konnen, nitt west er woe es hin wer kumen. 142 Ebd. (2b). 143 Ebd. (13e). 144 Ebd. (13e). 145 Ebd. (12g). 146 Ebd. (4, 1).

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Nun zog er auch noch die Verhandlungen zunehmend hin, bis er dann zur Empörung seiner Vettern am 2. November 1546 unssernt halb ganz unwissend weck zog und er also pis itz aussen ist plieben.147 Damit hatte Wolf eindeutig gegen seine vertraglich und eidlich bekräftigten Pflichten als Handelsdiener verstoßen, wie aus seinen Verschreibungen bei der Imhoff-Gesellschaft aus den Jahren 1538 bzw. 1544 klar hervorging, denn darin wurde eine Berichts- und Gehorsamspflicht gefordert und unerlaubtes Entfernen vom Sitz der Zentrale verboten.148 Hinzu kam, dass Vertragstreue und Eidespflichten eng verbunden waren mit dem Bürgerrecht bzw. Bürgereid, den Wolf als Nürnberger Bürger vor dem Bürgermeister geschworen hatte. Seine Verstöße gegen die vertraglichen Pflichten bei der Imhoff-Gesellschaft bedeuteten demzufolge zugleich auch Verstösse gegen seine bürgerrechtlichen Verpflichtungen. Seine Abreise entschuldigte Wolf jedoch nachträglich durch einen Brief vom 2. November 1546, indem er erklärte, dass er sich über Venedig nach Rom und schließlich nach L’Aquila begeben wollte.149 Dieses Verhalten empörte die Nürnberger Zentrale aufs heftigste150 und führte zu mehreren Maßnahmen. 9. Die innerfamiliäre Vermittlung Zunächst schalteten sie am 5. November die mit Wolf Imhoff verschwägerte Familie Haller ein. Vor allem Bartholomäus Haller war ja schon mehrfach hinzugezogen worden, er war Zeuge bei den Verschreibungen 1538 und 1544 und sollte die jüngst getroffene finanzielle Abrede sichern. Da er jedoch nicht mehr in Nürnberg weilte, wurde sein Neffe Sebald Haller angesprochen. Bei diesem beschwerten sich die Regierer und baten ihn um Vermittlung, da Wolf wider seinen Eid gehandelt und aus Nürnberg unerlaubt weggeritten war. Haller sollte helfen, Wolf nach Nürnberg zurückzubringen.151 Haller suchte daraufhin das Gespräch mit der Mutter Wolfs, die ebenfalls vom Wegreiten überrascht worden war und die sich als Grund nur erklären konnte, dass Wolf in Neapel selbst ermitteln wolle, wer seinem Bruder was und welche Summe

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Ebd. (13f). Siehe dazu weiter oben das Kapitel „Pflichten und Befugnisse der Faktoren“, S. 91ff. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8g (18 und 19). In einem Briefauszug vom 5. November 1546 an Vetter Hieronymus in Venedig machten sie ihre Verärgerung deutlich: do ist er nit mehr vorhannden, und dray oder 4 tags darvor on unser wissen weck gewest und ad 2 dito schickt uns sein mutter ein prief von im darvon hiemit copia, darob wir uns nit wenig entsetzt und uns sey zu im gar nit versehen haben gehabt. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8b (3, 1a). 151 Nun hab wir solichs Sebold Haller alls der darinn hat gehandelt antzaygt und in gepetten, dan zu Bartholomeus Haller nit mer hie ist, das er sich das bey der Petterin Imhoff von unser wegen woll beschweren, mit anzaygen, das ir sun wider seinen ayd gehandelt und sy eins und andern erinnern und flais thun ob noch die weg mocht zufinden sein, das er vetter Wolff wieder her mocht bracht werden. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8b (3, 1a).

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schuldig geblieben war152 und ob Paulus doch etwas zu vererben gehabt hätte und sich dann mit einem Geldbetrag vergleichen könnte.153 Die Mutter versuchte also, ihren Sohn zu verteidigen und ihm beste Absichten zu unterstellen sowie zugleich seine Herren zu beruhigen. Ferner teilte sie Haller aber mit, ihr Sohn habe ihr gesagt, dass er sich in den Dienst des Vizekönigs von Neapel begeben würde, wenn die Imhoffs ihren Sohn nicht mehr in ihren Diensten brauchten.154 Neben Sebald Haller sowie der Mutter Wolfs sprachen die Imhoff-Regierer auch Hieronymus, den Bruder Wolfs, in dieser Sache an. Dieser wehrte allerdings gleich ab, dass er von nichts wisse.155 Der namensgleiche Neffe von Endres I., Hieronymus Imhoff, der spätestens seit Februar 1546156 (vermutlich kommissarisch) die Faktorei in L’Aquila führte und die Kontrolle über die finanzielle und personelle Situation sowie die Aktivitäten Wolfs hatte, sollte verstärkt als Vermittler zwischen Wolf und den Regierern eingesetzt werden. Aus diesem Grund entstand im Laufe des Jahres 1546 ein reger Briefwechsel zwischen ihnen und Hieronymus mit sehr detaillierten Befehlen von jenen und ebenso ausführlichen Lageberichten von diesem.157 Die Hoffnung, die man in Hieronymus setzte, zeigt z. B. ein Brief vom 10. Dezember 1546. Der Absender wird ausnahmsweise nicht mitgeteilt, vermutlich sind es die Vettern Lienhard und Simon Imhoff aus Augsburg, die an die Geschäftszentrale in Nürnberg schrieben. In diesem Brief verwahrten sie sich zunächst dagegen, dass sie Wolf nicht an der unerlaubten Abreise aus Nürnberg gehindert hätten. Sie hätten keinen Hinweis von ihren Vettern dazu bekommen, sondern meinten, er sei wegen seines toten Bruders Paulus und seinen Angelegenheiten nach Neapel gezogen mit eurem wissen und willen.158 Sie hofften, dass die Nürnberger Imhoff sie nicht haftbar machten, wenn Wolf in Neapel unerlaubt geschäftlich handeln würde

152 Ebd.: Wie nun Sebold Haller mit ir also die nottorfft gehandelt, hat sy im die antwort geben, es sey ir gewisslich nit lieb, daz er sein hinwekseyn, sy wer auch gern darvor gewest, sy hab im es aber mit nichten nit weren kuennen und sey die ursach sein weckhreyttens allain die, das er vorhab noch darhinter zukumen, wer dem Paulus sel. schuldig sey, dan do er vor dahinter gewest. 153 Ebd.: das sy zu Paulus noch erben, und uns alle schuld haben mochten, als dan so wurdt es keins vertrags mehr bedorffen, mit vermeldten das wir gar khein sorg durffen haben, da er etwas anders oder das uns nachthailig sein mocht. 154 Ebd. (3, 1c): und das wir in auch nit mehr wollen geprauchen, so wer sein furnemen, das er beym vice re zu Naplis an diennst kommen wollt, der im nit fehlen wuerd. 155 Ebd. (3, 1a): Wir haben auch mit vetter Jeronimus, seinen bruder gehandelt. Der hat sich aber entschuldigt, er gab kain wissen darvon gehabt. 156 Die Anwesenheit des Hieronymus in L’Aquila erschließt sich aus einem Brief der Nürnberger Imhoffs an ihn dorthin vom 26. Februar. 157 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8h (3), 19. Februar 1546: wir haben aber unsserem vettern Jeronimus Imhoff gein Adler geschriben, sich dahinter nachchin der darzo tuglich und darmit wir versehen werden umb zusehen. 158 Ebd., Nr. 8g (21a).

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und damit Schaden anrichtete. Im Übrigen, sollte Wolf in Neapel handeln, sei man gewiss, dass Vetter Hieronymus etwas dagegen unternehmen würde.159 Am 16. Februar 1546 verfassten Endres und Simon Imhoff dann einen langen Brief an Hieronymus mit zahlreichen und präzisen Befehlen.160 Ihm wurde darin zunächst mitgeteilt, dass er Geld, das Conrad Pulfinger einbringen sollte, zu erwarten habe.161 Ferner reagierten sie auf eine Mitteilung des Hieronymus, in Neapel benötige die Gesellschaft einen Vertreter, als einzig tauglichen wüsste er aber nur den Bruder ihres Walhen, er würde aber erst auf ihre Anweisung warten. Die Herren in Nürnberg verwiesen darauf, dass sie Wolf nicht mehr brauchen wollten und sie daher mit der Empfehlung Hieronymus einverstanden seien und den Bruder ihres Walhen in Betracht zögen.162 D. h. die Nürnberger Zentrale hatte im Februar 1546 nicht mehr vor, Wolf zu ihrer Niederlassung in Neapel zurückzusenden. Hieronymus bekam also den Befehl, den Walhen aufzufordern, seinen Bruder zu fragen, ob dieser dazu bereit wäre und als ein gewalthaber zu handeln.163 Zugleich forderten sie Hieronymus auf, sich wieder nach Venedig zurückzubegeben, dorthin hätten sie auch eine Kopie des Schreibens gesandt.164 Endres und Simon Imhoff informierten ferner Hieronymus Imhoff darüber, dass sie mit der bisherigen Rechnungslegung keineswegs einverstanden waren, ja dass ihnen sogar eine grosse summ gelts aussen stett.165 Um sich darüber Klarheit zu verschaffen und die Summe auch einzutreiben, hätten sie die Mutter und die

159 Ebd. (21b): dan soltt er sich untther stien, ettwas zu Naples zu handeln, so hab wir nitt zweiffell, vetter Jeronimus so es an zu langen, er der notturfftt alls dagegen furnemen werdt. 160 Parallel dazu informierten die Nürnberger Herren drei Tage später, am 19. Februar 1546, Matthäus Örtel über die Bevollmächtigung Hieronymus Imhoffs. GNM Nürnberg, HA, ImhoffArchiv, Fasz. 39, Nr. 8h (3). 161 Ebd. (2a): Verhoffen das geltt so Pulffinger zu thun ist, wie vernumen hest weist haben einpracht, woe nit, so wolst fleis thun, das es noch geschech. 162 Ebd. (2a): Nun wie das wir auf dismol von hinnen niemand wissen hinein zu schicken, dan ob es mit Wolff Imhoff wol also stett, das er in kurzer zeyt mochtt zeyt konnen, so gedenck wir in doch zu solcher sach nit mer zu geprauchen. 163 Ebd. (2a). 164 Ebd. (2a): Aber von solchen wegen darfst nit zum Adler pleiben pis wider von Naplas antwort kumptt, sunder pefelhe magst das man die antwort gen Venezia gesandt hett, auch wolst darob sein, das ein copya heraus gesandtt wird, in was gestallt der gewaltt sein mus. 165 In weiteren Schreiben (GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8h (2b) und (2c)) begründeten die Imhoff-Regierer das ausführliche Schreiben mit den Anweisungen an Hieronymus dadurch, dass er damit in der Lage sei, ihren Befehlen nachzukommen und etwas über die Geschäfte, die Schuldner und Gläubiger des Paulus sowie über die dortige Buchhaltung in Erfahrung zu bringen: Alein must man dahintter mit geschicklichkeitt zuerfarung darmit kümen, hott uns wol 3 anzeigtt, die vermeint er seyen im schuldig, so da hie verzeychentt schicken, will aber nitt wissen, wievil ein itlicher schuldig sey, dan wolst doch allein fleiß thun, ob thue pey unsserm Walhen oder sunst pey anden konst erfarn, ob du auff etwas kummen kanst, der im schuldig werd, oder anders mer vorhanden sein mocht dan unsser Walch dennig wol soltt wissenn, was Vetter Paulus seliger fur gut zum Adler gehabt die er verkaufft und mit wem er gehandelt hett, wolst doch als vil sein kon darmit fleis furkern.

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Geschwister eingeschaltet, die darauff sich kloghlich gestellt166 und aussagten, sie wüssten von nichts. Bekannt war den Herren durch Wolf, dass in der Niederlassung in L’Aquila ein halber Saum Safran vorhanden war, diesen sollte Hieronymus auf den von den meisten Handelsherren bevorzugten Transportweg zunächst über Land nach Pesaro und weiter entweder auch über Land oder zu Schiff nach Venedig senden.167 Die Zoll- und Fuhrlohnkosten für einen Saum Safran von LʼAquila über Pesaro–Venedig nach Nürnberg betrugen 74 fl. 6 ß.168 bzw. 28 Dukaten.169 Den Hausrat hingegen sollte der Walhen nach Nürnberg schicken. Die zwei Truhen und was sonst noch in LʼAquila war, sollten sie öffnen, alles peschreyben stuck fur stuck, was darinnen ist, und ein verzeichnus uns zuschicken170 und dann verkaufen. Genauso sollten sie mit den zwei Pferden verfahren, das eine sei um 40 Dukaten, das andere um 90 Dukaten zu verkaufen, besser noch höher. Nach den Welthandelsbräuchen war in den Abruzzen neben dem Safranhandel auch Schafwollhandel sowie die Pferdezucht und -handel ein bedeutender Wirtschaftszweig, demnach wurden die dreijährigen Pferde „wegen ihres Aufenthaltes auf den Winterweiden Pulner genannt“ mit hohem Gewinn über ganz Italien verkauft.171 Es war also verständlich, dass die Imhoff an dem Verkauf der vorhandenen Pferde Interesse hatten. Hieronymus solle ferner die Walhen informieren, dass sie, auch wenn ihnen Wolf in der Vergangenheit anderes befohlen hatte, weder etwas zahlen noch kaufen und keinen Kredit aufnehmen dürften, es sei denn, sie hätten pevelch von mein, Endres Imhoff handt geschryfft.172 Auch bei den Geldgeschäften versuchten die Imhoff also wieder über ihren Vertrauensmann Vetter Hieronymus die Kontroll- und Befehlsgewalt zu erlangen. Ähnlich verhielt sich der Fall bei einem von Wolf getätigten Safrankauf: Offensichtlich hatte er 2 stumpf (Säcke) Zima gekauft und nach Venedig überführt, das fast pas gutt und mit gefarlichen puchen gewest, das kaum auff der schau pestanden ist.173 Hier solle Hieronymus versuchen zu ermitteln, von wem Wolf diesen Safran erworben hatte, der auf der Safranschau in Venedig kaum bestanden hatte, also von schlechter Qualität war und eben nicht Zima-Safran gewesen sein konnte. Ganz zum Schluss dieses in seinen Anweisungen sehr peniblen Briefes gingen die Herren noch auf ein besonders Thema ein. Sie hatten wohl erfahren, dass Wolf

166 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8h (2b). 167 So auch Müller, Welthandelsbräuche, S. 45f. und Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 42. 168 Müller, Welthandelsbräuche, S. 46. Nach Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 22 wurde der Safran zu je „vier Päcklein zu einem Ballen zusammengeschnürt, diese wurden in ein Faß vermacht.“, siehe auch ebd., S. 40. 169 Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 42. 170 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8h (2d). 171 Müller, Welthandelsbräuche, S. 48. 172 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8h (2e). 173 Ebd.

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ebenso wie Paulus Verhältnisse mit Frauen eingegangen war und diese Kosten verursacht hatten. Diese Aufwendungen waren auf Befehl Wolfs durch den Walhen dem weib erstattet worden. Die Herren befahlen nun Hieronymus dafür zu sorgen, dass diese Zahlungen eingestellt würden, da es uns nichts anghieng174 und diese Kosten Wolf zu tragen habe. Ein Jahr später, im Januar 1547, schrieben die Herren Imhoff in Nürnberg an Hieronymus und befahlen ihm, er möge Wolf, der mittlerweile nach seiner Flucht aus Nürnberg wieder in Neapel war, kontrollieren und aufpassen, dass er ihnen keinen Schaden zufüge: do mocht er uns allerlay zu nachteil handeln, dan du wurdst nochmals schreyben seind halb empfangen haben, wie dich mit allem solst halten, darbay lass wir es noch bleybenn unnd dem selben und was di nottorft sein wurdt, dem wolst nach kumen, unnd dir es lassen befolhen sein, das woll wir dich gepeten habenn, damit das er kein scheden thun oder zu fuegen mueg.175 Von Hieronymus versprach man sich, dass er handeln würde, wenn sich herausstellte, dass Wolf in Neapel ohne Befehl agieren und so für die Gesellschaft Schaden anrichten würde. Es sollte sich zeigen, dass Hieronymus ihrem Befehl getreu folgte, sehr kritisch das Vorgehen von Wolf beobachtete und die Nürnberger Zentrale darüber auf dem Laufenden hielt. 10. Die Korrespondenzen zwischen den Familienmitgliedern von November 1546 bis Dezember 1547 In den Monaten zwischen der überraschenden und unerlaubten Abreise Wolf Imhoffs aus Nürnberg, Anfang November 1546 und Dezember 1547, lief ein zum Teil intensiver Briefwechsel zwischen Wolf und der Zentrale in Nürnberg sowie den Gesellschaftern in Augsburg. Außerdem schalteten sich noch Cesare Oliva, Walhen in L’Aquila, und Conrad Pulfinger, Handelsdiener in Neapel, ein. Schließlich berieten sich die Imhoff in Nürnberg und Augsburg in zahlreichen Briefen untereinander. Um nun eine Ordnung in die umfangreiche Überlieferung zu bekommen und zugleich die Fragestellung nach den Strategien der Konfliktlösungen nicht aus den Augen zu verlieren, werden die Sachverhalte zunächst aus Sicht des jeweiligen Briefschreibers wiedergegeben und sodann die Reaktionen, wie etwa Einschätzungen, Vorschläge und Berechnungen der anderen Korrespondenten bearbeitet. Unmittelbar nach seinem Wegreiten aus Nürnberg sandte Wolf seinen Herren einen Brief zu, indem er erklärte, er sei abgereist, ohne sie mündlich zu informieren, da sie ihn ansonsten mit der Begründung hingehalten hätten, sie müssten wegen zahlreicher Unklarheiten erst mit Augsburg korrespondieren.176 Außerdem müsse er eine (nicht näher von ihm erläuterte) Angelegenheit mit den Welsern zu einem 174 Ebd. (2f). 175 Ebd. (6a). 176 Ebd., Nr. 8g (18a): Erstlich der ursach, das ich vor nit muntlich mit euch geredt, ist umb wegen ir mich umb auff gehalten habt, mit sagen, ir muest vor genn Augsburg schrayben so fast euch darnach aber lang kein antwort worden.

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Ende bringen.177 Er wolle daher über Venedig nach Rom und weiter nach L’Aquila ziehen und dort auf seine Kosten mit Erlaubnis der Herren im Haus des Imhoffschen Walhen übernachten.178 Gut drei Wochen später war Wolf dann in L’Aquila angekommen und hatte von dort am 22. November 1546 einen Brief nach Nürnberg geschickt. Er informierte seine Regierer, bei einem Mauleseltreiber der Gesellschaft untergekommen zu sein, aber da die Zerung dort zu schwer war, wolle er sich schnell weiter nach Neapel begeben. Er versicherte den Regierern, sich ihnen weiterhin zu verschrieben und [zu] verpinden und schloss mit der Bitte, ihm seine aus Verlusten bei Safrangeschäften resultierende Restschuld von 448 Dukaten nachzulassen. 179 Er wolle dafür bei ihnen zwei Jahre lang umsonst dienen.180 Er wünsche seine Regierer nicht übermäßig zu belasten und fügte daher noch an, dass er weitere Schulden, die aufgrund seiner vergangenen Krankheit entstanden waren, gar nicht erwähnen wolle (wie wol es vil ein grossere suma ist, aber umb solchs mich wol penug, auch was mir etwann zu meiner kranckheit abgangen, nit me gedencken wil181). 10.1. Der Bericht Hieronymus Imhoffs Einen ersten Überblick über die Zustände in L’Aquila verschaffte Hieronymus Imhoff den Regierern in Nürnberg und Augsburg in einem umfangreichen und kritischen Bericht vom 10. Dezember 1546. Darin referierte er nicht nur die Fakten, sondern bewertete sie zugleich. Zu Anfang des Briefs zeigte er sein Unverständnis über das haimlich und hintter euch weck und davon zogen,182 also das Verschwinden Wolfs aus Nürnberg, zumal die Nürnberger nach Hieronymus Ansicht, Wolf keinen Anlass dazu gegeben hätten. Auch das Verhalten Wolf und Paulus Imhoff in L’Aquila und Neapel beurteilte er kritisch und stand daher den Aussagen und Forderungen Wolfs an die Zentrale ablehnend gegenüber. Nach seinem Bericht nutzte er zunächst seine Anwesenheit in L’Aquila, um externe Forderungen an Wolf bzw. die Gesellschaft zu ermitteln und dann wenigstens zu einem Teil zu befriedigen, denn er stellte fest, dass Wolf zu Naples woll mer schuldig sein, dan er schultt einpringen mochtt.183

177 Ebd. (18a): Desglaichen jezt mit der Welsser antwortt, die mich noch ein 2 monet auffziegen hett mugen, unnd ich es dunnk doch bass zu eim end bringen khann. 178 Ebd.: Wan es nit wider euch lieb hern werd, mein pitt ir wolt mir vergunnen baim Walhen zum Adler im haus zu sein, wan es schon nir im euren gemecherm ist und auff mein kosten. 179 Ebd. (20a–b): Unnd ist mein pitt, wie ich mich dann zu euch versehen wil, nach dem ir etwann wol wissen habt, mir alhie erst jar nit wenig abieng am Saffran, aber mir Got danach daraus hulff, pis ann duc 448, die ich noch pro rest schuldig war, wie ich es euch dann muntlich klaget und anzaiget und pegertt ann euch, mir solchs gutt tzu thon. 180 Ebd. 181 Ebd. (20b). 182 Ebd., Nr. 8f (2a). 183 Ebd.

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Im Einzelnen hieß das bezüglich der Geldforderungen, dass der verstorbene Paulus seiner meze und wem auch immer 100 Dukaten versprochen hatte, desgleichen anderen frauchen auch ▽ 60184 schuldig soll sein.185 Hieronymus äußerte sich sehr skeptisch dazu, ob Wolf überhaupt in der Lage wäre, dafür genügend Geld einzunehmen und ob er nicht so vill und villeicht mer verzern, dan von schulden einpringen186 würde. Ferner erfuhr Hieronymus dort, dass Wolf plante, sich in den Dienst des Vizekönigs von Neapel zu begeben. Aber auch hier warnte Hieronymus, dass Wolf keine Chance hätte, denn der Vizekönig hätte keinen Bedarf an unnützen Leuten (will er nitt unnutz oder mussig geendtt leut, ich hett sorg, er werde die rechnung one den wirdt machenn187). Hieronymus berichtete weiter, dass Wolf von ihm 60 scudi haben wollte, um Safran zu kaufen. Er habe dazu Hieronymus zahlreiche Sicherheiten angeboten, z. B. Schmuck. Hieronymus habe ihm aber das Geld verweigert, da kein Gewinn damit zu machen sei. Dennoch habe Wolf den Safran gekauft, den er nun mit nach Neapel führe. Hieronymus hoffte nun, er möge doch Gewinn machen.188 Über die von Paulus hinterlassenen Güter hatte Wolf ihm gegenüber keinerlei Angaben gemacht und da Hieronymus selbst noch nichts ermittelt hatte, wusste er noch nicht, was vorhanden war und was man dann damit machen sollte. Im Folgenden kam Hieronymus dann auf einen heiklen Sachverhalt zu sprechen, den er allerdings nicht klar beschrieb, sondern nur andeutete. Ausgangspunkt waren die oben schon erwähnten 448 Dukaten, die Wolf Imhoff aufgrund von Schulden, die er bei Safrangeschäften gemacht hatte, von seinen Herren als Darlehen erbeten hatte. Hierzu erwartete er, nach Hieronymus, dringend Antwort aus Nürnberg. Er habe vorgeschlagen, diese Summe zum einen mit seiner Einlage bei der Imhoff-Gesellschaft zu verrechnen, zum andern wolle er selbst zu Geld kommen. Dabei stellte er nach Hieronymus eine befremdliche und unklare Rechnung auf, indem er Geld zu 30 bis 40% Zins den Bauern leihen wollte und so woll er sich in diesem land fein ein richtten.189 Es eilte Wolf wegen der Summe jedenfalls so sehr, dass er sich in dunklen Andeutungen erging, die Hieronymus nach allerlay geredt und argwent190 aus ihm herausbekommen hatte (aber sonderlich untter anderem

184 Ebd.: Hieronymus kürzt, wie alle Personen dieses Fallbeispiels, im Brief den Scudo [d’Italia] oder die Krone mit einem Dreieck (= ▽) ab, das damit dem Kürzel des Écu de Roi, dem Sonnenschild, oft mit einem Kreuz bekrönt, entsprach; Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 121. Wie es in dem Brief des Hieronymus (ebd.) weiter heißt, rechneten die Imhoff 40 scudi zu 60 fl.: hett er mich gepetten, soll im solche schultt lassen, wollt er mitt im abrechnen und scontrieren, solche ▽ 40 thon fl. 60, soll man im aldauss an seine geltt so noch pey uns hatt abschreiben. 185 Ebd. 186 Ebd. 187 Ebd. 188 Ebd. (2b). 189 Ebd. (2c): 30–40% des jars damit gewinn, alls den pauren solches zu leihen und im also ein ziemlich einkomen machen. 190 Ebd.

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hatt er sich soweit gegen mir heraus gelassen und vernemen lassen191). Demnach drohte Wolf, er könne der Gesellschaft großen Schaden zufügen, da er über eine gewisse Menge schriftlicher Unterlagen verfüge, die den Imhoff grossen nutz und schaden mocht sein.192 Zugleich besitze er Bücher, darinn etlich falsch partiten soltten sein, man sich gewidert hett, so lang auff zu legen, da west er auch umb.193 Hier kommt es zum Verständnis nun darauf an, wie man Partita zu übersetzten hat: Nach Penndorf kann partita einfach Posten in der Buchhaltung heißen,194 nach Kellenbenz sind damit ganz allgemein Geschäfte gemeint,195 nach Müller stellen partita Rechnungsposten, Kaufbestimmungen, Handelsgeschäfte oder auch einen Vertrag dar,196 nach Ehrenberg jedoch Schulden.197 Darüberhinaus kann partita auch mit „Buchgeld“, d. h. Guthaben übersetzt werden, über das etwa mittels Wechsel verfügt werden konnte.198 Da Hieronymus jedoch keine weiteren näheren Angaben machte, kann auch nicht mit Bestimmtheit entschieden werden, was er genau mit partita gemeint hat. Sicher scheint nur, dass es sich dabei um den Zusammenhang mit Abrechnungsposten innerhalb der Imhoffschen Buchführung der Niederlassung in Neapel und L’Aquila handelte, die mit falschen Angaben und mit Wissen der Herren angelegt wurden. Nach Hieronymus betonte Wolf seine Drohung noch, indem er auch von etlicher prochüren von seinem pruder seligen199 sprach, die den Imhoffs ebenfalls großen Schaden bereiten könnten. Hieronymus schrieb, dass auff solche mainung redtt ers mitt dunklen worten und nit recht mitt der sprach heraus wolt,200 d. h. Wolf deutete nur an, drohte, verschleierte und wollte den Eindruck erwecken, er habe für die Imhoff-Gesellschaft gefährliches Wissen.201 An dieser Drohung schien allerdings etwas Wahres zu sein, denn Hieronymus schrieb besorgt, dass durch Wolf, wenn dieser es für notwendig erachtete alle euer haimligkeitt offenbaren und dadurch also geltt heraus schetzen woll202, nach Drängen des Hieronymus hätte Wolf aber zugesagt woltt wider eer nitt handeln.203 Aus Sicht des Hieronymus versuchte Wolf damit seine Herren regelrecht zu erpressen, das zeige auch die sofortige Versicherung Wolfs, seinen im lieben herren natürlich keinen Nachteile zuzufügen, da er seine Mutter und Geschwister nicht 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203

Ebd. Ebd. Ebd. Penndorf, Geschichte der Buchhaltung, S. 42, Anm. 1. Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 28. Müller, Welthandelsbräuche, S. 98, 503. Nach Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 167. North, Von Aktie bis Zoll, Artikel ‚Banco Giro‘ von Ugo Tucci, S. 31 sowie Artikel ‚Buchgeld‘ von Michael North, S. 65. Unter partita doppia ist außerdem ganz allgemein die doppelte Buchführung zu verstehen, vgl. ebd., Yamey, Artikel ‚Doppelte Buchführung‘, S. 90. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8f (2c). Ebd. Jahnel, Die Imhoff, S. 165 schreibt, dass Wolf nach Anweisungen aus der Zentrale in Nürnberg zu wucherischen Geschäften angehalten worden sei und damit die Herren erpresste. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8f (2c). Ebd.

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betrüben und die Herren ihm ja auch nicht schaden wollten, etwa in Bezug auf die 448 Dukaten.204 Das Urteil Hieronymus über Wolf fiel nach dessen Verknüpfung zweier Positionen, der Drohung und der gewünschten Zahlung von 448 Dukaten an ihn, deutlich aus: dan allein weil er Wolff ein poser, verwegen mensch, der alles ubell nit zu vill ist, wan er kein geltt mer haben und das so recht hot.205 10.2. Paulus und Wolf Imhoff in Neapel und L’Aquila: Schulden, Geliebte, „Ruffianer“ Im Laufe des Januar 1547 wurde zunehmend deutlich, dass die Konflikte der Imhoff mit Wolf Imhoff nicht nur wegen fehlender und dann fehlerhafter Abrechnungen und Inventare, unerlaubtem Wegziehen von der Geschäftszentrale, unklaren Geschäftspraktiken u. a. mit Konkurrenten im Safrangeschäft sowie Erpressungsversuchen entstanden waren, sondern auch wegen Geld- und Schuldforderungen, die aus den zweifelhaften privaten Verhältnissen Paulus und Wolf Imhoffs herrührten, wobei das wahre Ausmaß des finanziellen Schadens erst nach und nach deutlich wurde. Kurz nach Paulus Tod war in einem Brief vom 28. Februar 1545 noch ganz allgemein von einem Posten in einer Rechnung über 1.000 Dukaten die Rede gewesen, und zwar von wegen der acorda [Vereinbarung], so wir mit dem Adler gemacht um duc. 1.000.206 Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht klar, um was für eine Vereinbarung es sich dabei handelte, dies sollte sich erst zumindest in groben Zügen zwei Jahre später klären.207 Jedenfalls forderte Wolf jetzt diese Summe (ohne nähere Begründung) von seinen Herren. Ein Jahr später reagierten die Imhoff darauf, indem die von der Nürnberger Zentrale dazu befragten Augsburger Simon und Lienhart Imhoff am 28. April 1546 brieflich die Forderung Wolfs über diese 1.000 Dukaten kritisierten und sich beklagten, dass ihnen dazu schon Wolfs Mutter einen zimlichen spyeziegen prieff geschrieben hätte. 208 Die Nürnberger Imhoff erklärten sich dann im Januar 1547 bereit, bezüglich der 1.000 Dukaten aus Paulusʼ Abrede ein zimlich nachlasssen und alle piligkeit [zu] finden.209 Die 1.000 Dukaten waren aber nicht das einzige Problem Wolf Imhoffs.210 Wie aus dem oben erwähnten sowie einem vier Tage zuvor, am 13. Januar 1547, ver-

204 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8f (2c): ob er woll den Imhoff also schaden konth thon, sol woltt ers nitt thon, dan sie im und seine herren zu lieb dartzu werden, sonderlich aber sein mutter die im lieb werdt, die mocht er darmit auch nit petruben, desgleichen seine geschwisterett [...] in seine herren auch pedencken und nitt so gar im schaden stecken wurden lassen, sonderlich mitt den duc. 448. 205 Ebd. 206 Ebd., Nr. 8g (4). 207 Siehe dazu S. 108, 110, 112. 208 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8f (3). 209 Ebd., Nr. 8h (8 bzw. 9). 210 Siehe oben S. 103ff. das Schreiben des Hieronymus vom 10. Dezember 1546.

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fassten Schreiben der Nürnberger Imhoffs hervorgeht, verweigerten sie, nach erneuter Missbilligung über seine Abreise aus Nürnberg und Erinnerung an seinen Eid die von Wolf erbetenen 448 Dukaten. Obgleich die Bitte sie mit Befremden erfüllte, erklärten sie sich bereit, ihm, allerdings nur aus gutem Willen, 500 fl. zu geben, vorausgesetzt er komme nach Nürnberg und quittiere dies.211 Endres und Gabriel Imhoff erinnerten ihn in dem Schreiben vom 17. Januar außerdem daran, dass er ohnehin aufgrund eines Safranverlustes der Faktorei LʼAquila noch Geld wohl in Form eines Darlehens schuldig war, das er eigentlich mit einer jährlichen 10%igen Verzinsung zurückzuzahlen hätte. Dies hätte er in der rechnung (gemeint ist hier: die übliche Abrechnung), als alle Gesellschafter beisammen waren, eigentlich anzeigen sollen, habe das aber erst getan, nachdem alle (gemeint sind hier die Mitgesellschafter aus Augsburg) abwesend waren. Endres und Gabriel schrieben ihm, sie hätten ihm seinerzeit zugesagt, damit er das interesse (Zins) nicht mehr zahlen müsse, das Darlehen seiner Einlage zuzuschlagen, woraus sich dann sein Gewinn errechnete. Wolf habe diese Lösung dankbar angenommen.212 Auch kritisierten die Regierer seine große zerung und unkost213 von 730 fl., erklärten sich aber bereit, da die Kosten auch aufgrund seiner vergangenen Erkrankung zustande gekommen und sie dazu verpflichtet gewesen waren, diese in Höhe von 600 fl. zu übernehmen und ihm noch 100 fl. grobe Münze für zehrung und all ding214 zuzugestehen. Schließlich war eine Geschäftsangelegenheit mit den Welsern und ihren eventuellen Forderungen für die Imhoff noch unklar. Sie erwarteten daher von Wolf einen gründlichen Bericht sowie ein Verzeichnis – vermutlich eine Abrechnung – damit sie den Welsern auf ihre Forderung informiert begegnen könnten.215 211 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8h (5 bzw. 7 und 8c bzw. 9c): Aber zu deim begern der 448 dukaten, verseh wir uns aus ob angezaigte ursachen und das du selber woll waist, das wir dir die selbenn nit schuldig sein, du werst es darpey lassen pleibenn. Aber nichtz dester minder so dir oder und der obgeschrieben weg nit annemlich sein soltt, als dan so erpiett wir uns, wie wol aus keiner schuldigen gerechtigkeit, sonder aus guttem freuntlichen willen, damit du denselben pey uns spiren und finden magst, dir 500 fl. zustatten zu komen und dir zu geben, doch das du alher kombst und uns fur all sach, wie sie gepurt und pillich ist quittierst. 212 Ebd. (9a/b): dann was denn abgang des Saffran bedrifft, ist uns wol indenck, das thue dich desselben vor etlicher zeit beclagt hast, wie woll das selbig lanng dan vor geschechen soltt sein, do du es pllich dazumoll und von stundan annzeigitt unnd so lang nit verhalten hest habenn, aber dein beschwerd ward dazumol [9b] am mainsten, das du vonn demselben abghang grossen als 10 p[ro] c[ent]o das jar inderesse zallen must, darauff wir dir gleichwol sagtenn, du solst solches pillich anzaigt haben, zu der rechnungen, do wir all pey ein ander warden, dan do du es uns anzaigst, do warden die andern schon wecktt, da sagt wir dir fur war allain das zu, damit das du dem inderesse nit mer zallen dorffst, so du dan hinhinder kombst, so solst du dir dasselbig gutschreiben, darvon wegen soltt dir kain gewinnung abgezogen sunder dieselbig auff dein haupttgutt ein weg als dem anndern gerechentt werden, dasselbig du dan also danckbarlich annamst. 213 Ebd. (5b, 8c, 9b). 214 Ebd. (8 bzw. 9). 215 Ebd. (8c bzw. 9d): So pitt wir dich, thue wolst uns guten lauttern und gruntlichen bericht darmit geben, do mit das wir innen mit guttem grund konen begegnen, wie dan gegen den leutt gros

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Zu dem Angebot Wolfs, weiter bei ihnen ohne Vergütung zu arbeiten, um sie für eine finanzielle Unterstützung zu gewinnen, teilten die Herren nun mit, ob man ihn wird wieder brauchen können, könnten sie noch nicht sagen. Sie hätten dazu noch keine endgültige Entscheidung getroffen, da nur Endres und Gabriel allein hie [in der Zentrale in Nürnberg] sind216 und die restlichen Gesellschafter zur Entscheidung nicht am Ort seien. Zusammengefasst betrugen die finanziellen Verbindlichkeiten und Ausgaben Wolfs hohe Kosten (730 fl.), Verluste beim Safrangeschäft (448 duc.), damit verbunden ein verzinstes Darlehen (10%), unklare Forderungen der Welser und schließlich die 1.000 Dukaten, die aus einer acorda mit L’Aquila resultierte und die Wolf zurückzahlen musste.217 Mithilfe des Briefwechsels Wolfs vom 21. Januar bis Juli 1547 an Hieronymus Imhoff kann die letztgenannte Summe in dem Jahr genauer zugeordnet und damit die Lebensumstände der Faktoren in L’Aquila verdeutlicht werden: Wolf beklagte sich, dass Paulusʼ Verhältnisse ihm viel fastidio, also Mühe oder Belästigung bereitet hätten. Denn durch sein Liebesverhältnis mit einer Frau hätten diese und ihre Mutter wohl mehr als 1.000 scudi an Kleinod und Bargeld gestohlen,218 den meisten Teil davon hätte jedoch der ruffianer, dem die beiden Frauen Geld gegeben hätten, vertan.219 Wobei unter einem „Ruffianer“ Kriecher, Speichellecker, Schmeichler, aber eben auch Zuhälter zu verstehen sind. Letzteres kommt hier wohl in Frage. Um der Bedrängtheit seiner Situation noch mehr Gewicht zu verleihen, äußerte Wolf die Befürchtung, dass dieser Ruffianer und seine Kumpanen nun nach seinem Leben trachteten und ihn umbringen wollten (wurdt man die warhait erfarn wie mein pruder sel. umb das sein komen ist, halten sy wol 20 ruffianer auff mich umb zu pringen220). Der Konflikt mit den Ruffianern diente Wolf drei Monate später als Erklärung in einem allerdings knappen Rechtfertigungsschreiben an Hieronymus, weshalb er den Herren in Nürnberg solange auf ihre Briefe vom Januar nicht geantwortet habe: Demnach habe er selbst den Zuhälter gestellt, iren Ruffianer, der ir mutter gehalten hat221 und darüber hinaus gehofft, die Mutter und ihre Tochter ebenfalls festsetzen zu lassen, denn sie werdenn dem gallgen nit enttlauffen.222 Unklar bleibt, was Wolf genau getan hatte, ob er sie angezeigt oder hat gefangen nehmen lassen. Jedenfalls,

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von notten ist, das man wol gefast sey und so thue nit wol gegrund werdst und man in etwas solt schuldig sein so wolst es uns nit verhaltten auch wolt wir die verzeichnus fast gern haben, so sie uns am letzten her geschieckt und wir dir geben haben wolst das on sein das uns die wieder zu handen kumen. Ebd. (5 bzw. 7, 8 bzw. 9). Siehe dazu weiter oben S. 112ff. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8g (22a): das sy unnd ir mutter weit ob 1.000 ▽ werdt mit kleinoten und par gelt gestolen habenn. Ebd.: aber der meisttail ist hier durch, dan sy ein ruffianer ausgehalten haben, der hat vil verthon. Ebd. Ebd. (23a). Ebd.

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so schrieb er weiter, musste er selbst 1.000 Dukaten Bürgschaft zahlen, damit er nicht aus Neapel wegzöge, bis die Angelegenheit erledigt sei.223 Wolf versprach den Imhoffs, künftig weiter über die Angelegenheit zu berichten. 10.3. Rechtfertigungsschreiben Wolf Imhoffs Diese Zusage löste Wolf dann schließlich am 9. Juli 1547224 ein, indem er Endres in Nürnberg und Simon in Augsburg ein umfangreiches Rechtfertigungsschreiben aus Neapel zusandte. In diesem mehrseitigen Brief ging er zunächst wieder einmal auf die Kritik seiner Herren bezüglich seiner unerlaubten Abreise aus Nürnberg ein. Sie hatten diese ja mit dem Versäumnis seiner Verpflichtung ihnen gegenüber begründet und außerdem an den Bruch seines Eides, den er vor dem Bürgermeister Holtzschuher geleistet hatte, sich nicht aus Nürnberg zu entfernen, erinnert.225 Wolf wies den letztgenannten Vorwurf zurück, denn er habe einen solchen Eid nicht geschworen, sondern lediglich, dass er solange in Nürnberg bliebe, bis er eine Abrechnung seiner und seines verstorbenen Bruders Geschäfte erstellt habe.226 Wolf verband den Vorwurf seiner Herren und seine Zurückweisung mit dem Prinzip der Ehre. Denn hätte er den Eid mit diesem Inhalt geschworen und wäre dennoch ohne Erlaubnis der Herren weggezogen, dann hätten sie ihn aufgehalten und er wäre der Ehre verlustig gegangen, ja mehr noch verachtet denn ein hundt.227 Und er, Wolf wüsste genau, dann ob ich schon ein armer gesell pin, lest sich das gelt gewinnen, aber er [Ehre] lest sich nimmer mer erhollen. 228 Wolf wiederholte außerdem die Drohung, über die schon Hieronymus in seinem Brief vom Dezember 1546 berichtet hatte. Diesmal verschob sich bei seiner Drohung allerdings der Akzent, nicht mehr die Offenlegung der ‚partiten in den Büchern‘ der Imhoff stand im Vordergrund, sondern dass er durch seine eigenen prekären Lebensverhältnisse gezwungen wäre, Schulden (partita) aufzunehmen, wenn sie ihm nicht helfen würden (wurd mich die nott zwingen, dass ich mich in partita wur gebenn mussen, es sey wider wem es wol229) und das könnten sie ihm

223 Ebd. (23a–b): spreche mich umb 500 duc. meins pruders halben an, hab ich hie umb 1.000 duc. purgschafft thonn, von hin nit verrucken wol, pis ich mit in an ein entt kom. 224 Ebd. (24g). 225 Ebd. (24a): des mich nit wenig pefremdt, dann aus unpillicher weis mir also zu zuschreibenn, unnd an meinen ernn [Ehre] anzugreiffen, saum wer ich meiner verpflichtung, so ich hern Jeronimo Holtzschuher gethonn nit ledig gewest. 226 Ebd.: herrn Jeronimo Hotzschuher unnd herrn Sebold Haller erinnern lassen, das ich nit anders schwerenn hab wollen, noch geschworn hab, dann das ich rechnung fur mich und mein pruder Paulus thon woll, und in der zeitt ich euch verpundenn nit verrucken woll. 227 Ebd.: an [ohne] ewer erlaubtnus nit zu verrucken, wann ich woll gewyst, das ir mich jar und tag auffgehaltenn wurdt habenn, pis ich nach ewrem willen handelnn het mussen. 228 Ebd. 229 Ebd. (24g).

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nicht verübeln.230 Er ließ dabei offen, auf welche Weise er sich dann das Geld beschaffen müsste. Daher schlug er ihnen vor, sich auf acht bis zehn Jahre erneut bei ihnen zu einem Lohn von 200 scudi zu verschreiben. Er sei auch bereit dahin zu gehen, wohin sie ihn schicken würden, gleich wo ir mich hin schicken werdt es sey ubermer in kriegs oder sterb leuffte nitz ausgenomen.231 Er könne in Neapel innerhalb von zwei Monaten alles zusammenpacken und mit dem Geld alle Schuldforderungen erledigen.232 Wolf lieferte ein paar Tage später am 15. Juli 1547 schriftlich die Begründung für seine Schulden nach, verbunden mit der erneuten Bitte, diese ihm nachzulassen und Vergangenes vergangen sein zu lassen, auch wenn er sich mit spill, druncken und weibern eingelassen habt, so sollten sie es seiner Jugend zuschreiben (mugt es meiner jugend zumessen233), zumal er nie gegen die Ehre verstoßen habe. Auch bezüglich der 1.000 fl. finden sich neue Informationen in seinem Rechtfertigungsschreiben: Demnach hatte sich noch der verstorbene Paulus vertraglich (acorda) verpflichtet, diese Summe in L’Aquila zu zahlen und diese Verpflichtung habe Wolf übernommen.234 Auch verwies er darauf, dass sich im Haus des Paulus in L’Aquila meins pruder madonna auch wider die so ins haus gepraticirt habenn, wobei er das practiziern näher erläuterte, indem sie zusammen mit Ruffianern ▽ 2.500 an ketten, ringen, war und pargelt abgetragen und gestollen235 hätten. Mitterweile seien sie jedoch auf Veranlassung Wolfs gefangengesetzt worden und das habe ihn warlich vil mueh, gelt und zeit verzertt, pis ich sy einpracht hab.236 Doch hätten die Ruffianer inzwischen das Geld ausgegeben, sodass insgesamt nur noch wenig davon zu erwarten sei.237 Dies war für Wolf der Anlass, den Imhoffs folgenden Vorschlag zu machen: Sie sollten die 1.000 Dukaten von der Einlage des Paulus in Höhe von 1.854 fl. zuzüglich der Abnutzung238 von 2½ Jahren, die Paulus bis zu seinem Tod in ihrem Dienst gestanden hatte, abziehen.239 230 Ebd.: das werdt ir mir nit verargen kondenn. 231 Ebd. (24c). 232 Ebd. (24e): das ir mir auff mein pitten und pegern gratia thon werdt, wie ich gutter hoffnung zu Gott unnd zu euch pin, mir mer gemelte duc 448 zu macht, will ich 2 monet darnach hiemit zeit pegerttt haben, al mein sach zu Naples und hie an ein endt richten, unnd mit solchem gelt jedermann zufridenn stellen. 233 Ebd. (25a): wolt die vergangenn zeit nit ansehenn, das ich mich etwann mit spill, drincken und weibern eingelassen hab, mugt es meiner jugend zumessen geschehen ost, mir ann dem mein nortt selbst schaden gewest, hab nie wider er [Ehre] gehandelt oder thonn. 234 Ebd. (24c): Weitter als ir melt gunstig lieben hern, meins pruder Paulus sel. des vertrags halbenn, mit dem fl. 1.000 so wir auch gebenn habenn wollen. 235 Ebd. 236 Ebd. 237 Ebd.: habenn die rufianer das gelt fast als verzertt und verrecht, also wenig vonn in zu erobern sein wurdt. 238 Abgeworfener Betrag, z. B. Geldzins oder Rente. 239 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8g (24c): unnd im auch seine fl. 1.854 pleiben wurde auch die abnutzung darvon 2½ jar mer von den fl. 1.000 so ir im gelegt und sein lon [...] das wir euch die fl. 1.854 so er im handel gehabt, auch die abnutzung darvon, mer vonn denn fl. 1.000 im gelegt, und sein lonn, wie vorgemelt euch lossenn wollen, das ich doch woll erhaltenn woltt, und noch ein merers aber man eins gegen dem andern abziehe, uns also das

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Zum Schluss des Rechtfertigungsschreibens schloss Wolf noch eine etwas unklare geschäftliche Operation an und wies auf einen Vertrag hin, den er auf Befehl der Imhoff vor zwei Jahren mit einem Conte (Graf) in Neapel abgeschlossen habe, ohne dass bekannt war, dass die Imhoff hinter dieser Absprache standen. Nun befände sich der Conte, so Wolf weiter, seit einiger Zeit nach dem Willen des Königs – den das Volk übrigens nicht wolle – im Gefängnis.240 Wolf sicherte seinen Herren in seinem Schreiben zu, dass er dafür sorgen würde, dass ihre heimliche Vorgehensweise nicht offenbart werden würde (findt mich willig, habt ir willens es zu vertragen, dorfft mir frolich vertrauen, wil in der heimlichkait handeln, das es nit geoffent sol werden, das es aus ewrm pevelch gescheh, das will ich mich hiemit verschreiben haben241). Aus diesem und auch aus anderen Schreiben lässt sich nicht ermitteln, um was für eine vertrauliche vertragliche Abrede es sich dabei handelte, möglicherweise um ein verzinsliches Darlehen. Nur eines ist klar, Wolf Imhoff schrieb darüber erst zum Ende seines Briefes, um damit seine Hoffnung zu verbinden, sie würden seinem pegern gratia thun, dann sei er auf ewig eur gefangner.242 Er setzte durch seine Mitwisserschaft an einem diskreten Vertragsabschluss die Imhoffs ganz offenkundig unter Druck. Schließlich gibt das vorliegende Rechtfertigungsschreiben auch einen Eindruck von der zunehmenden Konfrontation zwischen Wolf und Hieronymus Imhoff. Wolf beschwerte sich darin, dass der Imhoffsche Walhen Oliva auf Befehl Hieronymusʼ, ohne Wissen und Anteil Wolfs, die von Paulus hinterlassenen Waren verkauft hätte. Wolf konnte nicht glauben, dass das mit Kenntnis und auf Befehl seiner Herren geschehen sei.243 Wie schon mit dem Schreiben Hieronymusʼ vom 10. Dezember 1546 erkennbar, entfremdeten sich die beiden Vettern in Italien zunehmend und dieser Konflikt sollte sich weiter zuspitzen. Letztlich wurde Hieronymus der schärfste Kritiker Wolfs und versorgte die Herren in Nürnberg und Augsburg mit zusehends brisanten Informationen. Im August 1547 empfahl er z. B. schriftlich, die von Wolf dringend erbetenen 448 Dukaten keinesfalls zu zahlen und im übrigen Wolf zurück nach Nürnberg zu zwingen und die oberkait anzurufen, um ihn an seine

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ein teil und der ander frey sein soll und wir euch nach eurem gefallenn quitirn wollen. Paulus hatte sich ein zweites Mal am 7. Oktober 1544 bei der Imhoff-Gesellschaft verschrieben (siehe dazu GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8a (13i)). Ebd. (24f): So werdt ir dan romor [rumoren] zu Napoli vernomen haben, das das volck den kunig nit will, helt der kunig den Contto gefangenn. Ebd. (24g–h). Ebd. (24h). Ebd. (24f): walhenn Cessarj Oliva, meins pruder Paulus sel. dinglich [...], zaigt er mir ann, es hab im vetter Jeronimus pevelch geben solchs zu verkauffen, das er gethan hab ich solchs nit glaubenn kundenn noch wollenn, dann so es geschechen, wer es ubel von im gehandelt wordenn, das er ann [ohne] mein wissen also heimlich gehandelt, dann woll wais, das es ewer pevelich nit ist, das er wider mich handeln soll.

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bürgerlichen Verpflichtungen zu erinnern.244 Hieronymus ging dabei noch einen Schritt weiter und empfahl, Wolf andernfalls in das Gefängnis zu bringen.245 Aus dem gesamten Rechtfertigungsschreiben Wolfs wird ersichtlich, dass er für sein Verhalten, sich aus Nürnberg unerlaubt entfernt und in Italien Schulden gemacht zu haben, eine verständnisvolle Haltung seiner Herren erhoffte, mit dem Ziel, wieder in die Gesellschaft aufgenommen zu werden und mitarbeiten zu können. Ganz im Gegenteil erreichte Wolf allerdings mit seinem Rechtfertigungsschreiben, dass die Imhoff nun zu gravierenden Maßnahmen wie Supplikationen an Rat und Bürgermeister von Nürnberg, an den Kaiser und auch den Vizekönig in Neapel griffen und überdies seine Gefangennahme in Neapel veranlassten. 10.4. Die Haltung der Augsburger Imhoff Ein Blick auf den Augsburger Zweig der Imhoff in diesem Konflikt zeigt, dass sie durch eine stete Korrespondenz eingebunden und über den Sachstand genau informiert waren. Simon und Lienhard Imhoff wurden dabei von beiden Seiten, sowohl von Wolf als auch von Endres Imhoff in Kenntnis gesetzt und von diesem außerdem stets um Rat gefragt.246 Im Unterschied zu Endres, Gabriel, Hieronymus und Wolf Imhoff zeichneten sich ihre Briefe jedoch durch eine auffallende Kürze aus, die für gewöhnlich höchstens eine oder zwei Seiten umfassen. Denn in der Regel reagierten sie auf konkrete Anfragen und gaben eine Stellungnahme dazu ab. Bis November 1547 empfahlen sie demnach eine eher konziliante Strategie in Bezug auf Wolf, damit es Endres und Gabriel gelänge, ihn nach Nürnberg zu beordern.247 Als Anreiz dazu sollte Hieronymus angewiesen werden, Wolf 300 fl. an zehrung für die Reise auszuzahlen.248 Auch in Bezug auf die 1.000 fl., die sie zwar als gros unmessig zerung249 bezeich-

244 Ebd. (27b): Wo also der Wolff soltt willenn rechtenn, das man in het dohin zwingenn, solchs inn Nurnberg zu thonn, do must ir fur war inn solchem ain oberkait pey euch anruffen, das sy dem Wolffen hettenn geschribenn, nechsten hultts ains jden purger verpflichtung, das er kain anndrenn purger anders dan in Nurnberg furnemen statt unnd must, fa wann ir schonn auch hettet am abhanten oder kundschafft hin hinter gesannten, das er also one erlaubnus war von Nurnberg weck zugen. 245 Ebd. (27c): gegen aller pillichait, so mocht mann in in krafft seins onrechten verrucken vonn Nurnberg [...] und dogegen sein schultt nit zallenn inn ir gefencknus einpringen. 246 Obgleich Simon Imhoff seit 1546 bzw. 1548 nicht mehr Teilhaber der Gesellschaft war, hatte er ein natürliches Interesse daran, dass der Konflikt mit Wolf gelöst wurde, denn aus seiner ehemaligen Teilhaberschaft war er noch verpflichtet, eventuelle Verluste und Gewinne anteilmäßig mitzutragen, vgl. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 30, Nr. 2, Ledigschreiben von 1551, siehe dazu S. 69f. 247 Z. B. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8f (4b): [...] wass sein wessen ist, muss wo man gedult haben. [...] Gott woll uns doch auss der sach mit lieb helpfen. Für die Transkription dieses schlecht lesbaren Satzes danke ich Herrn Stefan Lehm M.A. 248 Ebd. (13). 249 Ebd. (3a), Brief vom 28. April 1547.

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neten, rieten sie, diese vorläufig, mit schriftlich festgelegten Bedingungen (condition250) Wolf auszuzahlen. Sie gingen dabei davon aus, dass wo syech was solt befinden in kurz oder uber lang des mer vorhanden und gefunden wur werden, 251 d. h. dass die 1.000 fl. aus dem, was man in den Niederlassungen finden würde, zurückgezahlt werden könnten. Die Motivation dieser Haltung der Augsburger lag immer in der Sorge begründet, das er uns nit schaden mug.252 Mit zunehmender Information der Augsburger Imhoff, vor allem durch Hieronymusʼ kritische Briefe über die Vorgänge in Italien, änderte sich allerdings auch ihre Einschätzung und sie waren schließlich mit dem energischen Vorgehen ihrer Nürnberger Verwandten einverstanden. 11. Die Initiativen der Imhoff gegen ihren Faktor Wolf: Zwei Supplikationen an den Nürnberger Rat Als letzte Maßnahme in dieser Phase verfassten Endres und Mitverwandte zwei Supplikationen an den Rat von Nürnberg. Sie gingen damit aus dem internen Kreis der Gesellschaft hinaus und suchten die Unterstützung des Rates und besonders des Bürgermeisters Hieronymus Holtzschuher. Er sollte Wolf an sein Versprechen erinnern, das an sein Bürgerrecht gebunden war und ihn dazu verpflichtete, nicht aus der Stadt abzureisen ohne Einverständnis seiner Regierer. Zur Rechtfertigung, den Konflikt nun extern in einen erweiterten Kreis zu tragen, schrieben sie, dass sie nur den glimpf,253 den friedlichen Weg und den Kompromiss (zu fuglichem mittler hat pracht werden254) gesucht hätten, zumal das in den Briefen Wolfs aufgebaute Drohpotenzial (unns zu seinen schriftten mitt ungepurlicher pettrohung belestiget255) ihre Befürchtungen steigerte. Wolf hatte sich mittlerweile zu welschenlandenn unns allerley zu gefhar unnd schaden zu hanndeln unttherstett.256 Dieser gefährliche, verbotene Handel, den allerdings weder die Imhoff noch Wolf in seinen Briefen genauer spezifizierten, führte dazu, dass Wolf ihnen erneut drohte, wenn sie seinem Willen nach finanzieller Hilfe nicht nachkämen, er gezwungen sei, sich zu pratica zu begebenn, es wer gleich wider wen es woltt, welches dann allerley verstanndtt mitt sich pringenn thutt.257 Unter pratica sind Handels- und Kaufmannspraktiken in Warenhandel, Geld- bzw. Wechselgeschäften zu verstehen.258 Möglicherweise handelte es sich hier um unlautere Wechsel- und/oder Kreditgeschäfte. 250 251 252 253 254 255 256 257 258

Ebd. Ebd. Z. B. ebd. (9 und 10). GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8a (4, 1). Ebd. Ebd. (4, 1c). Ebd. Ebd. Denzel, Handelspraktiken, S. 12ff. unterscheidet bei den Handelspraktiken vier Wissensfelder: 1. die Buchhaltung 2. die Warenkunde 3. die Handelspraktiken der jeweiligen Regionen 4. die

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Jedenfalls bewirkten diese Drohungen, die Zentrale zu alarmieren. Die Herren forderten daher den Bürgermeister Holtzschuher auf, Wolf an seine Bürgerpflichten zu erinnern und ihn sofort nach Nürnberg zu beordern (Wolffen Imhoff pey seiner purgerlichen pflichtenn schriftlich erfordern unnd zue ein termin prefigieren hieher zu stellenn259), um die Abschlussrechnung zu erstellen, ferner um seine Position als Handelsdiener zu quittieren (aufzugeben). Vor allem aber sollte er sich nicht mehr zum Nachteil der Gesellschaft betätigen, konkret sprachen sie davon: wie er zum Adler gegen unsern facttor sich untterstannden.260 Es musste sich dabei um den Walhen Cesare Oliva handeln, der nach dem Tod des Paulus die Faktorei in L’Aquila übernommen hatte. Gegen alle möglichen in der Vergangenheit vorgebrachten Ausreden Wolfs, er habe Sorge, dass die Imhoff ihn im Fall seiner Reise nach Nürnberg mitt auffhalttung, arestierung, verstrickung oder in annder weg gegenn ime oder seiner person261 bedrohten, gelobten sie dem Rat und Bürgermeister von Nürnberg, ihn friedlich ziehen zu lassen. Um ihren guten Willen zu zeigen, sagten sie ebenfalls zu, wir pederseytz freundschafft zu guttlichen untterhendlern woll leiden und duldenn.262 Die Herren waren demnach bereit, vom Rat bestellte Unterhändler zu akzeptieren, die die Lösung des Konfliktes herbeiführen sollten. Die zunächst nicht erstellte, dann korrekturbedürftige Rechnung sowie die erst nach langem Drängen erfolgte Ankunft Wolfs in Nürnberg, die unerlaubte Abreise, die zahlreichen Briefe danach ohne Entschuldigungsgründe, aber verbunden mit Bitten um Schuldennachlass und zugleich die Andeutung zu vermutlich unerlaubten Geschäften „gezwungen“ gewesen zu sein, der unerlaubte Übergriff auf den mobilen Bestand der Faktorei in LʼAquila waren dann doch zuviel für die Regierer. Sie verfassten zur Bekräftigung der ersten Supplikation eine weitere, im Stil noch entschiedenere, die dann auch für Wolf ernste Folgen haben sollte. Vier Monate später schrieben die Regierer am 17. Dezember 1547 eine erneute Supplikation an den Rat der Stadt Nürnberg. Offensichtlich hatten die ersten Maßnahmen, den Nürnberger Magistrat einzuschalten und Wolf zu mahnen, nicht gefruchtet. Die Imhoff wiesen darin erneut darauf hin, dass Wolf sie auch im welschlanndt mit ungepurlicher bettrohung263 bedrängt habe und arestierung unser gutter allerley wider uns zu handeln unttherstannden264. Wolf führe sich schlimmer auf denn je: Nicht nur, dass er auf Aufforderung des Rates nicht in Nürnberg erschienen sei und auch keine Entschuldigungsgründe dafür angegeben habe, er ließ

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Rechenkunst und schließlich 5. die „Informationen über Münze, Maße und Gewichte an den verschiedenen Handelsplätzen“. In diesem Fall könnte es sich um den fünften Punkt handeln, indem etwa aufgrund von Kenntnissen über verschiedene Münzen an verschiedenen Orten, (unrechtmäßige?) Arbitragevorteile in Wechselgeschäften erwirtschaftet wurden. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8a (4, 1c). Ebd. Ebd. (4, 1d). Ebd. Ebd. (5, 1a). Ebd.

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zudem in L’Aquila und Neapel verkünden, er sei nicht willens, sich zu stellen (sunder hat zum Adler und zu Naples sich merckhenn lassen, er sey nicht willens sich zu stellen265). Wolf habe diese Aussage mit angehenckter ungeschickten trohewortenn, das er uns solche citation noch teuer wille kosten machen266 verbunden. Wolf beließ es aber offenkundig nicht nur bei Drohungen gegen die Imhoffs, sondern stieß diese auch gegenüber dem Faktor der Fugger in Neapel, Matthäus Örtel aus. Dieser stand auch in Diensten der Imhoff.267 Dieser informierte darüber Hieronymus Imhoff, der wiederum seine Herren in Nürnberg in einem Brief vom 28. Oktober 1547 in Kenntnis setzte. Demnach hätte Wolf gegenüber Örtel gedroht, er könne den Imhoffs schand und uneer268 bringen und sich wol an inen rechen, er wolle 10 jar noch 10M duc. von inen herausschreiben und sie in alles ungluck pringen.269 Hieronymus schätzte diese Drohungen aber als reine Hochstapelei ein, man soll und dorff sich sein trohen nitt schrecken lassen.270 Hieronymus kam in seinem Brief noch auf einen weiteren heiklen Umstand zu sprechen, denn Wolf verbreitete, dass er alle Waren der Imhoff, auch den Safran, mit einem fremden Handelszeichen versehen habe und weiter verkaufe. Hieronymus habe angeblich auf diese Weise, nicht im Namen seiner Herren, sondern auf eigene Rechnung gehandelt. Er versicherte jedoch seinen Herren, dass er dies nicht tue.271 Vorsichtshalber schloss Hieronymus aber an, wenn seine Herren es wünschten, würde er auf die Ballen mit den Handelsgütern ein anderes Zeichen machen. Er müsse dann nur wissen, welches Zeichen er benutzen solle.272 Das ist ein befremdlicher Vorschlag, denn jedem Handelshaus war nur ein Warenzeichen zugehörig, mit dem die Waren gekennzeichnet und zugeordnet werden konnten. Nach Stieda dienten die Handelszeichen zur „Repräsentation und Legitimation der Eigentümer der Waren“273 und waren mit gutem Glauben und Vertrauen verbunden.274 Der Vorschlag des Hieronymus erweckt den Anschein, als wolle er seine 265 Ebd. (5, 1b). 266 Ebd. 267 Matthäus Örtel war zwischen 1540 und 1548 Faktor der Fugger in Neapel, ab 1548 in Antwerpen. 1557 trennte sich Anton Fugger von ihm wegen „Eigenmächtigkeiten bei der Kreditvergabe insbesondere an die spanische Krone“. Er sollte spätestens im Herbst 1558 nicht mehr in Fuggerdiensten sein, siehe Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 38; Mark Häberlein, Die Fugger. Geschichte einer Augsburger Familie (1367–1650), Stuttgart 2006, S. 136– 139. Nach Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 247 blieben einige Antwerpener FuggerFaktoren nach ihrem Ausscheiden aus der Fugger-Gesellschaft in dieser Stadt und machten sich z. B. als Finanzmakler selbstständig, das galt eben auch für Matthäus Örtel. 268 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8g (29a). 269 Ebd. 270 Ebd. 271 Ebd.: er vermaint, als das ich in ewren namen nicz handeln auch den Saffran unter unsserm gewongklichen zaichen nitt versenden, sondern ein frembds zaichen und marke auff die pallen machen soltt, das ich aber nitt zu thon noch willens bin. 272 Ebd. (29b): woltt ir dan das ich ein ander und was vur ein zaichen auff unsser pallen Saffran machen soll, das lost mich [...] wissen, dem kumb ich und euren willen in allem nach. 273 Stieda, Hansisch-Venetianische Handelsbeziehungen im 15. Jahrhundert, S. 66. 274 Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 48.

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Herren auf die Möglichkeit hinweisen, durch ein anderes als das Handelszeichen der Imhoff-Gesellschaft die Waren in der Faktorei vor dem Zugriff durch Wolf (oder mögliche Gläubiger) zu schützen,275 da Wolf sich weder an Recht noch Gesetz hielte.276 Für diese Interpretation des Vorschlags spricht, dass Hieronymus schon in einem Brief knapp zwei Wochen zuvor (14. Oktober 1546) seine Herren über die kostbare Kleidung Wolfs in Neapel informiert hatte, der demnach wie ein Adeliger auftrete, sodass man ihn kaum wiedererkenne.277 Ferner habe er vier Majolika-kisten278, die eigentlich Paulus bestellt hatte und die der Gesellschaft gehörten, an sich genommen und diese auf die Messe zu Lanciano gebracht, um sie dort zu verkaufen.279 Allerdings sei der Verkauf misslungen und Wolf habe versucht, sie daraufhin in Neapel zu verkaufen. Ein Walhen schätzte den Wert der Kisten immerhin auf 100 scudi. Wolf benötige in der Tat viel Geld, denn er lebe anscheinend auf großem Fuß, so habe er noch zwei Rösser, und zwar junge ‚Poledri‘ – so wurden neapolitanische Pferde als Füllen bis zum 7./8. Lebensjahr bezeichnet – und einen Maulesel gekauft. Diese wolle er seinem Gönner, dem Castellano zu Neapel schenken, der soll in favorisiren, da trocht und pochtt er seer auff.280 Der Vorschlag und die Anfrage des Hieronymus bezüglich der Handelszeichen sind auch vor folgendem Hintergrund zu sehen: Wie aus einem undatierten, aber nach der zweiten Supplikation (17. Dezember 1547) verfassten Brief Endres Imhoff und Mitverwandter deutlich wurde, war Wolf nach seiner Rückkehr ins „Welschland“ in die Faktorei nach L’Aquila gereist, hatte den Walhen Cesare Oliva aufgesucht und versucht, die dort auf Befehl der Imhoff hinterlegte Hinterlassenschaft des verstorbenen Paulus in seine Hand zu bekommen. Dazu heißt es in dem Brief: zu seinem eignen nutz281, aber eben ohne den Auftrag der Regierer. Aus diesem Grund habe sich Oliva geweigert, die Waren herauszugeben. Daraufhin klagte Wolf 275 Siehe Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 48; Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften, S. 217. In ähnlicher Weise war auch die Höchstetter Gesellschaft vorgegangen: Nach Clemens Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 221, hatte Ambrosius Höchstetter d. Ä. um 1529 vor seinem drohenden Bankrott seine Waren mit einem fremden Handelszeichen versehen lassen, um diese dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen. 276 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8g (29a): dan acht nitt, das er also stucklich ettwas dar wider und solchen auff zu haltten sich untterstan sonderlich mitt keiner justitia noch rechtt dasselbig erhaltt werde, das er dan mit gewaltt hannd daran legen soll und zu greiffen werde. 277 Ebd. (28b): wie mir die selben auch saget hett er pancher ermell angehabt und ward wie ein hohaits geklaydet gewest, sie in kaum kentt hett. 278 Majolika sind kunstvoll gearbeitet Fliesen bzw. Wandkacheln aus Spanien. 279 Ebd.: das Wolff Imhoff 4 kisten mayolische die lang zu Pesaro gewest, so sein bruder Paulus sel. vor lengst fur sich und andern gefrumbtt und allda besteltt hett zu seinen handen genomen, und auff die fiera di Lanciam gefurdtt, wie er die aber allda nit verkauffen hatt konnen, hatt er solche alher prachtt und von hinne weiter gen Naplas gesanndt, gedenck werd die alda zu gelt machen. Zur Messe in Lanciano in der heutigen Provinz Chieti in den Abruzzen an der Adriaküste, siehe Corrado Marciani, Lettres de change aux foires de Lanciano au XVIe siècle, (Affaires et gens dʼaffaires, 28), Paris 1962. 280 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8g (29b). 281 Ebd., Nr. 8a (6a).

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Imhoff in Neapel bei der oberkait und capitan daselbst282 und erreichte zumindest, dass Oliva das Schriftstück vorlegen sollte, der den Befehl der Regierer, die Hinterlassenschaft bei Oliva zu deponieren, enthielt. Wolf hatte außerdem schon kurz nach dem Tod seines Bruders Waren der Faktorei in L’Aquila arrestiert, die die Imhoff nun versuchten wiederzuerlangen, indem sie ihm anboten, die Waren bei einem Vertrauensmann oder dem Gericht in L’Aquila zu hinterlegen.283 12. Die Intervention des Nürnberger Rats beim Kaiser und ein kaiserlicher Brief an den Vizekönig von Neapel vom 1. Februar 1548 Die Imhoffs befürchteten, dass aus Wolfs Drohreden für sie noch mancherley nachtaill und unwiderbringlicher schaden daraus enttstien und gedeyenn284 würde. Aus dieser Sorge heraus baten die Regierer, den Rat und Bürgermeister von Nürnberg in den Konflikt einzugreifen, sich beim Kaiser für sie zu verwenden und um Unterstützung zu bitten. Die Imhoff erhofften sich davon, dass der Kaiser ihnen dann zu ihrem Recht verhelfe.285 In einem Schreiben sollte der Kaiser gebeten werden, dem Vizekönig von Neapel zu schreiben (an den Vice Ree de Naples allergnedigist zu schreibenn286) und diesen um Vermittlung für die Rückkehr Wolfs nach Nürnberg zu bitten.287 Außerdem ersuchten die Imhoff den Rat, auch den Capitano von L’Aquila schriftlich um Unterstützung zu bitten, er solle ihren Gütern Schutz und Schirm gewähren.288 Diese Güter, also Waren, Barschaft und was sonst noch zu der Hinterlassenschaft des verstorbenen Paulus gehörte, habe auf ihren Befehl mittlerweile

282 Ebd. (6b). 283 Ebd. (5, 1b): sovill die arrestirung des Paulus Imhoff seligen unsers dieners verlassne gutter zum Adler betrifft, sein wir auch erputtig, derhalben an gebruchlichen orten rechtliche oder andere erber personen dieselbenn gern bey einem erbarn gericht oder andern biderleutten zum Adler zu hinderlegenn. 284 Ebd. 285 Ebd. (5, 1b–c): [...] fleissig bit ann l[iebden] R[at], die wollenn unns an romische kay[serliche] M[aes]t[ä]t. unserm allergnedigisten herrn als der grosten und obersten gerechtigkeit mitt einer furschrifftt ersprieslich unnd hilfflich sein, auff das ir Kay Mtt., die genaigt ist iedermenigklich zum pillichen rechtten zuverhelffen. 286 Ebd. (5, 1b). 287 Ebd.: [...] das bemeltter Vice Ree den offt angeregtten Wolff Imhoff dahin haltte unnd dringe, das er sich zu einer kurzen bestimbtten zeitt als ein burger hierher gen Nurmberg, da die contractt mit ime geschehen sein stelle, und guttlich oder im rechtten der pillichkaitt nach mitt unns abkome, unnd auch ledig darumb mache und quittiere, und gleicher massen von uns seiner dienerschafftt halbenn ledig gegolt wird. 288 Ebd. (6c): an den unser capitan zum Adler mit schrifft ersprislich und hilfflich erscheinen, uff das unser factor zum Adler Cesar Oliva bey denn ime uberanthworten guttern, so er von unserm und nit Wolffen Imhoffs was zuhanden empfangen ruiglich gelassen werde, und uns dieselb

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ihr Kontaktmann in L’Aquila, Cesare Oliva, von Wolf erhalten. Nach dem unerlaubten Wegreiten Wolfs aus Nürnberg habe dieser allerdings angefangen, entgegen ihrem Befehl, Oliva um die Hinterlassenschaft anzugehen, um sie zu seinem eigenen Nutzen zu veräußern.289 Ferner hätten die Imhoff anhand der Register, Bücher und Briefe des Paulus, die dem Faktor Oliva zugestellt worden waren, festgestellt, dass ihnen Paulus eine Summe Geld schuldig gewesen sei. Eine Rechnung darüber sei ihnen Wolf lange schuldig geblieben und als er sie schließlich erstellt hatte, hätten sie diese aus allerlay redlich ursachen nicht annehmen können. Sie ersuchten daher den Bürgermeister und Rat, als ihre und Wolfs ordentliche Richter, diesen an seine Verpflichtungen, eine korrekte Abrechnung vorzulegen, zu erinnern.290 Damit wurde der zunächst innergesellschaftliche Konflikt vor den Nürnberger Rat getragen, dann weiter hochgeführt auf die Ebene des Kaisers, des Vizekönigs von Neapel und des Capitano von L’Aquila. Die Strategie der Imhoff, den Fall aus dem innergesellschaftlichen Kontext auf eine politische Ebene zu heben, spiegelt zugleich ihr Grundproblem bei dem Konflikt wider: Einen aus ihrer Sicht ungehorsamen, vertragsbrüchigen Faktor aus der Ferne zur Raison zu bringen. Die Supplikationen der Imhoff an den Nürnberger Rat hatten konkrete Folgen. Der Rat wandte sich wie gewünscht in dieser Sache an den Kaiser. Dieser ließ daraufhin am 1. Februar 1548 durch sein Notariat dem Vizekönig von Neapel und zugleich Markgraf von Villafranca, seinem Vertrauten Don Pedro Alvarez de Toledo ein Schreiben zusenden. Darin wurde zunächst knapp der Sachverhalt dargelegt, dass Wolf ein vertraglich mit der Gesellschaft Imhoff verbundener Diener sei und dennoch seinen eidlich beschworenen Vertragsverpflichtungen nicht nachkomme. Der Kaiser ließ ferner wissen, dass wir euch schreiben und befelhen wollen, das ir den gedachten Wolff Imhoff unther genugsamer caution in gelub nehmen und ine anhabten, austrengen und zwingen wollte, das er rechnung geb unnd denselben endlich nachkome.291 Der Befehl war deutlich, es ging darum, Wolf Imhoff zur Erfüllung seines Diensteides und der daraus folgenden Verpflichtungen zu zwingen und, wie es weiter hieß: erstlich genugsame versicherung und caution von im nembt, das er daselbig wircklich volpringe an khein annder ort nicht fliehe.292 D. h. der kaiserliche Brief enthielt auch die Anweisung, von Wolf eine Kaution zu

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zugut verkauffen und verschleissen muge [...], wir werden pey solich rechtmessig erpietten billigs gelassen unnd pey denen guetern, so wie obgemelt unserm factor von unsern wegen zugestelt und ungeanthworth worden geschucztt, geschirmbt. Ebd. (6a): hat sich vilgenanter Wolff Imhoff on unser wissen unnd willen in Welschland gethan, und sich jezo kurzlich underfangen obgemelten unsern walhen oder factor zum Adler umb die wahr und das jhenig, so er von mergemelts Paulus Imhoff verlassung ime aus unserm bevelch auch uns zugutte zugestelt, anzuhalten, dieselbig von ime zubekomen in seinen nutz zuziehen, das er doch zuthun unbefugt. Ebd. (6b): auch Wolff Imhoff, wo er anderst uns spruch und vordrung nit zuerlassen vermaint, fur e[hrwürdigen] R[at] als seinen unnd unsern ordenlich richter remetiert und gewisen werde. Ebd. (7, 1a). Ebd. (7, 1b).

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verlangen, damit er sich nicht aus Neapel entferne, außer zum Zweck, nach Nürnberg zu kommen. Durch das Handeln des Nürnberger Rates, der kaiserlichen Kanzlei und des Vizekönigs von Neapel wird auch die Dimension dieses Falles deutlich. Denn es war eben kein unerhebliches Delikt, sondern eine ernste Angelegenheit, die das Fundament jeder Handelsgesellschaft betraf. Dieses Fundament baute auf Vertrauen und steter Kommunikation, die der Zentrale zu möglichst genauen Kenntnissen über das Geschehen am entfernt liegenden Ort der Niederlassung verhalfen. Im vorliegenden Fall waren mittlerweile dieser Austausch und die Vertrauensgrundlage nicht mehr gewährleistet und das führte letztlich dazu, dass der ordnungsgemäße Handel in Neapel und L’Aquila nicht mehr gesichert war. Der Nürnberger Rat indessen fühlte sich wohl verpflichtet, der in Nürnberg einflussreichen Imhoff-Familie Unterstützung zu gewähren und ihre Verbindung zum Kaiser für das Anliegen der Imhoff zu nutzen. Die Motivation des Kaisers, sich in diesem Konflikt zu engagieren, kann nur vermutet werden und lag möglicherweise im finanziellen Interesse an den Nürnberger Handelshäuser, die als Kreditgeber des Kaisers tätig waren. 12.1. Die Inhaftierung Wolf Imhoffs Die Folgen für Wolf Imhoff waren gravierend. Auf Befehl des Vizekönigs wurde er durch dessen Vertreter in Neapel, Alexander Oliva, Bruder von Cesare, im Juni 1548 gefangengenommen und ins Castel Capuano, das Gefängnis von Neapel, verbracht. Seine Freilassung war nur gegen caution293 möglich. In einem Brief informierte Alexander Oliva seinen Bruder darüber: das ich solchen brief von kay. May. dem Vicio Re uber antwort hett, gemelter Vicio Re mit vor gehabtten rhatt seinem secretarius befollen, Wolffen Imhoff gefengklich an zu nehmen lassen.294 Da Cesare Oliva laufende Konflikte mit Wolf Imhoff um den Nachlass des Paulus hatte, war auch Alexander Oliva eher bereit, die Sache der Nürnberger Imhoff zu vertreten und dem Auftrag zügig nachzukommen: das das ist also bald und dieser tag geschehen [...] und ligtt im grossen hoff, der Vicaria genanndt gefangen.295 Alexander schrieb weiter im vorliegenden Brief, dass Wolf den Verdacht geäußert habe, er sei die treibende Kraft hinter seiner Gefangennahme: Er, Wolff verdenckt mich, als ich von andern vernum, ich seye derjhenig, so in an nemen hab lassen. und der kayserlich befelch seye mir von euch vom Adler aus zu gesanndt worden.296 Das führe zu weiterem Verdruss des nun gefangenen Wolf auf Alexander: das verdrust in also auff mich,297 was diesen aber nicht weiter berührte: Nun dem sye wie wolle.298 293 Ebd. (13r). 294 Ebd., Nr. 8e (6). 295 Ebd. Es handelt sich bei der vicarie um das Castel Capuano, den Justizpalast im Neapel des 16. Jahrhunderts. 296 Ebd. 297 Ebd. 298 Ebd.

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Alexander Oliva gab ferner zu bedenken, dass Wolf Imhoff über die Gunst des Vizekönigs Pedro Alvarez de Toledo verfügte: Er hatt grosse gunst und peystand von herrn Pedro de Toledo, castellano von schloss de San Marino dergleichen den regenten der Vicarien. 299 Möglicherweise war diese Gunst aus einem Verhältnis Wolfs zu einer Hofdame der Ehefrau des Vizekönigs entstanden und ermöglichte Wolf, in den engeren Umkreis des Pedro de Toledo eingeführt zu werden. Das Hauptanliegen Alexander Olivas war allerdings, von den Imhoffs die nötige Vollmacht (procura) zu erhalten.300 Eine neue Vollmacht war notwendig geworden, um alte Vollmachten zu ersetzten (substitution) und um weiterhin handlungsfähig zu bleiben, zumal Wolf alles versuchte, um aus dem Gefängnis herauszukommen und sich zu diesem Zweck dringend nach einem Bürgen oder einer Bürgschaft umsah.301 Cesare wurde aufgrund der Bitte seines Bruders gleich tätig und schrieb wegen der Prokura am 15. Juni 1548 seinen Herren Imhoff. Er begründete das Begehren damit, dass Euren willen und grundt, was man in dieser sach und hanndlung weitter thon und furnemen soll, dar neben wissen lassen und dasselbig mitt dem ersten, dann solche muheselige handlunge erfordern wie wisst embsigkait und guten fleis.302 Nach der Einschätzung Cesares würde die Auseinandersetzung mit Wolf bis zu ihrer Lösung noch viel Arbeit und Mühe erfordern. Gleichwohl riet Cesare, auf Dauer mitt barmherczigkaitt303 zu handeln. Ein sicher kluger Rat, denn wie im Nachhinein aus den Äußerungen Wolfs deutlich wurde, war für ihn seine insgesamt viermonatige Gefangenschaft im Sommer in dem neapolitanischen Gefängnis eine Tortur.304 Für die Imhoff solle daher sowohl die Option der harten Konsequenzen als auch die der Barmherzigkeit zur Klärung offenstehen. 13. Die Freilassung aus der Haft durch eine Bürgschaft Die Reaktion der Nürnberg Geschäftszentrale auf die Gefangennahme Wolfs erschien in den folgenden Wochen eigentümlich unentschieden, möglicherweise waren sie von der Drastik der Strafaktion gegen Wolf überrascht. Tatsächlich ließ ja der auf ihre Bitten angefertigte kaiserliche Brief an den Vizekönig von Neapel eine solche Vorgehensweise nicht zwingend erwarten. Erstmals wirkten die Imhoffs so, als wären sie von ihrer eigenen Strategie, auch außerhalb ihrer Gesellschaft Vermittlung einzuholen und die Konsequenzen zu tragen, nicht mehr ganz überzeugt. 299 Ebd. 300 Ebd. (6a): Lieber bruder, Wolff Imhoff ligtt gefangen und suchtt nun jec[lich] durch mittel purgschafft ledig zu werden und aus zu kumen, schreibt mit aller ersten den herren Imhoff, das sie mir mit erste ein genugsam und volmechtige procura senden, damit ich in der sach weiter was von notten sein handeln und herfaren muge, wollen sie dan anders und weitters auspringen das statt nun zu inen. 301 Ebd. (6b). 302 Ebd. 303 Ebd. (6). 304 Ebd., Nr. 8g (43b).

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Denn nun standen sie vor dem Dilemma, auf diese unerwartete und unangenehme Situation konkret mit der Erteilung einer erneuten Prokura reagieren zu müssen. In einem Schreiben vom 9. Juli holten die Nürnberger Imhoffs zunächst einmal bei ihrer Augsburger Verwandtschaft bezüglich der Prokura ein Meinungsbild ein. Sie waren wohl gewillt, eine solche auszustellen, allerdings hegten sie über die inhaltliche Zielsetzung Zweifel. Denn sie vermuteten, dass es Wolf nicht gelänge, eine Bürgschaft durch Personen noch durch einen als Sicherheit zu hinterlegenden Geldbetrag zu erhalten.305 Er wäre deshalb wohl gezwungen, einen Eid abzulegen, dessen Zuverlässigkeit die Imhoff aus eigener schlechter Erfahrung sehr skeptisch bewerteten.306 Ferner erfragten sie bei den Augsburgern, ob sie mit Freunden von Wolf verhandeln sollten, dass diese bürg fur in werden.307 Allerdings mutmaßten sie, dass die Freunde bisher noch gar keine Kenntnis über dessen Gefangennahme hätten. Kurz gesagt, sprechen aus diesem Brief einerseits ein tiefes Misstrauen gegenüber Wolf und andererseits auch die eigene Unsicherheit bezüglich des weiteren Vorgehens. Aber auch die Augsburger Imhoffs erschienen in dieser Frage unentschlossen. Simon und Lienhard Imhoff waren zwar prinzipiell für die Ausfertigung einer Prokura, sie wussten allerdings nicht in welcher Art und Weise die gewalt aussehen sollte.308 In ihrer Antwort vom 15. Juli überließen sie dann die Entscheidung der Nürnberger Zentrale: Endres und Mitverwandte sollen so handeln, wie sie es für gut bedunken.309 Das Zögern der Regierer hielt auch im August noch an, wie aus einem Brief Alexander Olivas an seinen Bruder Cesare vom 2. August hervorging, dieser bekundete seine Verwunderung, dass die Imhoff die sache so wenig nachkommen, in die nitt sonderlich anligen.310 Obgleich Wolff ihn mit pochen und trohen bedrängte, habe er sich bislang aber erwertt.311 Alexander hatte offensichtlich Wolf mitgeteilt, dass der Gefängnisaufenthalt nur zu einem Ende kommen könnte, wenn er ins deutschlannd soll ziehen und er dazu eine bislang vergeblich ersuchten Bürgschaft

305 Ebd. (17a): Dieweil aber von dem so wir also zu Naples befelch haben geben, ein procura und gewalt bergert wurdt, wie man im dan einen wirt geben mussen, do seien wir wol zweifflich, war auff der selbig sol gestelt werden, dan wir die sorg haben, das er Wolff zu Naples kein purgschafft mit leutter noch mit gelt haben werden konen, do mit er gepurgt het, des er dem nachkumen alls sich alher stellen und das verricht wolt, das er dan zu thun schuldig ist. 306 Ebd.: sol man in dan allain auff sein schworen, das er demselben nach kumen wol, aus kümen lassen, wie dan zu besorgen ist, er wird kein andere purgschafft thun konen, so mag es aber auch nit wol zu thun sein, im darauff zu vertrauen, dieweil er vor auch hie sein geloben und zu sagen nit hot gehalten. 307 Ebd. 308 Ebd., Nr. 8f (21a). 309 Ebd. 310 Ebd., Nr. 8b 4 (1a). 311 Ebd.

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bedürfte.312 Oliva schloss noch an, dass Wolf im Gefängnis mit wenig seiner eeren ligtt, da er ein palg oder anhang darinnen hett, die in verderbt hatt.313 Zwei Wochen später wandte sich Cesare aus diesem Grund auch an seine Herren in Nürnberg und wies nochmals nachdrücklich darauf hin, dass man in Neapel den ausdrücklichen Bescheid der Imhoff erwarte, wie in der Sache vorzugehen sei.314 Er versicherte aber auch, dass sein Bruder Wolf solange weiter im Gefängnis halten wolle, bis er die Bürgschaft habe. Cesare drückte aber auch erneut sein Befremden darüber aus, dass dieser noch nicht vorläge, obgleich ir zeit genung darzu gehabtt sollt haben.315 In einem weiteren Schreiben von Endres und Gabriel Imhoff vom 20. August 1548, wandten sich diese erneut in der Frage nach Prokura und Bürgschaft an ihre Augsburger Verwandten. Darin erklärten sie sich grundsätzlich bereit, eine Prokura auszustellen. Damit solle der Weg eröffnet werden, Wolf aus dem Gefängnis herauszulassen, vorausgesetzt er bringe eine Bürgschaft bei. Allerdings lag hier ja genau das Problem, denn wie schon mehrfach von den verschiedenen Parteien in ihren Briefen geschrieben, war es Wolf gar nicht möglich, Bürgen oder eine Bürgschaft zu bekommen. Daher machten die Imhoff den Vorschlag, ihn auch auf der Grundlage eines Eides aus dem Gefängnis zu lassen. Da die Imhoff darüber hinaus befürchteten, dass, wenn man weiter gegen Wolf vorgehen würde, dieses mit großer uncost verbunden sei, wie sie ja bereits layder wol erfarn hätten, schlugen sie vor, die sach also beruhen hett lassen und das man weitter nicht gegen im soll furnemen on unsser wissen und befelch.316 In demselben Brief informierten Endres und Gabriel die Augsburger Imhoff noch über einen weiteren Umstand, der in den folgenden Monaten zunehmend Bedeutung erhalten sollte. Sie hatten Wolfs angeheiratete Verwandtschaft, die Familie Haller namentlich Bartholomäus Haller, über die Gefangennahme Wolfs unterrichtet, wohl mit dem Ziel die Verwandtschaft in den Konflikt als Vermittler einzubinden. Im August des Jahres 1548 hatte die Einbeziehung Bartholomäus Hallers allerdings zunächst den „Erfolg“, dass ihn die Vorgehensweise der Imhoffs gegen Wolf von stund an ettwas erzurnett, denn er war der Meinung, als wer es von uns unfreuntlich gehandlett und dass sie kein Recht gehabt hätten, diesen so zu behandeln, denn er hätte ja rechnung gethan.317 Demnach hatte Wolf mittlerweile die geforderte Abrechnung vorgelegt, die zwar von den Herren in einzelnen Punkten

312 Ebd.: Ich habe im gesagtt, es sey sein grosser schaden, das er sich also wider inn deutschlannd zu ziehen, das dich sein hail unnd wolffartt werde. Ich acht innerhalb 4 tagen wird diese handlung sein enndttschafft und austrag gekomen, aber ich wurd in nitt aus der gefanknus lassen kumen, pies so lang die herren Imhoff versichern seyen, das er hinauszieche. 313 Ebd. 314 Ebd. (1b): Ich hab wol auff merern und pessern beruft und beschayd von euch dieser sachen halben und was euer grunndt und meinung darinn fur zu nehmen verwartt, aber das selbig ist pis hir noch nitt erschinen, den ich aber mit verlangen gewertig will sein. 315 Ebd. 316 Ebd., Nr. 8h (18a). 317 Ebd.

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abgelehnt wurde,318 aber immerhin lag sie vor. Möglicherweise trug die Missstimmung Hallers gegen die Imhoff auch dazu bei, dass sie die harten Zwangsmaßnahmen gegen ihren Verwandten Wolf beenden wollten und ihnen die Entlassung Wolfs nur aufgrund seines Eides genügte. Jedenfalls lag dann nach langem Zögern im Laufe des Septembers die entsprechende Prokura der Imhoff für Alexander Oliva vor und Wolf Imhoff wurde aus dem Gefängnis entlassen. Wobei das genaue Datum unklar ist, es lässt sich nur indirekt durch eine Bemerkung Hieronymus Imhoffs rekonstruieren319, die er in einem Brief vom 6. Oktober 1548 an den Handelsdiener Conrad Pulfinger machte: Cesare Oliva habe mittlerweile die von den Imhoffs ausgestellte procura seinem Bruder Alexander übergeben,320 d. h. gegen Ende September, Anfang Oktober dürfte die Gefangenschaft Wolf Imhoffs beendet gewesen sein. Das Datum stimmt auch mit einer Bemerkung Wolf Imhoffs überein, die er zwei Jahre später in einem Schreiben an das Nürnberger Stadtgericht fallen ließ. Darin beklagte er sich, dass er vier Monate, davon von Juni bis August, bei großer Hitze krank im Gefängnis gesessen habe: sonder habenn in also kranckenn unnd todsiechenn in der gefencknus 4 monat lang gantz beschwerlich unnd erbarmlich in der grossen hizt nemlich Junio, Julio und Augusto gehallten.321 Zur Frage der Bürgschaft konnte Hieronymus in dem Brief vom 6. Oktober noch berichten, dass Wolf in Neapel einen Brief von den Imhoffs vorgelegt habe, in dem sie ihm zugesagt hätten, ihm 500 fl. auszuhändigen, wenn er denn nach Nürnberg komme.322 Hieronymus merkte jedoch kritisch an, dass Wolf dabei den Eindruck erwecke, die Imhoff seien ihm diese Summe schuldig und nicht umgekehrt (er Wolff Imhoff solche ewrenn brieff noch dahin deutten hett wollen, samb ob ir im und nitt er euch schuldig werde, wurden im sonst die 500 fl. also zu geben nitt anpott haben323). Dieser Bürgschaft gibt auch eine kurze Bemerkung eine besondere Note, die die Nürnberger Imhoffs in einem späteren Bericht fallen ließen, dort heißt es: als er aber soliche caution nitt hat konnen thun, hatt sich sein gefancknus gleichwol ettwas verlengert bis auff die lez, da ist er mit unserem wissen auff ein scheinpurgschaft ausgelassen worden, verpflicht worden sich alhier zue

318 Siehe S. 96ff. 319 Der Briefschreiber war der Augsburger Hieronymus, der Sohn Sebastians I., aus der Linie Peter Imhoffs. Er berichtete über den Inhalt eines Briefs, der ihm von seinem Namensvetter aus Italien zugesandt worden war. Es handelt sich bei letztgenanntem um den hier immer zitierten Hieronymus, der in L’Aquila bzw. in Neapel die Angelegenheiten für die Imhoff regelte und kontrollierte. 320 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8f (22): das selbig wurdtt vonn unsserm wallen vom Adler anzaigtt, welcher hett den brieff sambtt der procura auff den Alexandro Oliva gesteltt, empfangen und im weiter zu gesantt. 321 Ebd., Nr. 8a (12i). 322 Möglicherweise hatte Wolf einen anderthalb Jahre alten Brief vom 13. Januar 1547 vorgelegt, in dem die Imhoff ihm tatsächlich 500 fl. grobe Münze zugesagt hatten, wenn er denn nach Nürnberg käme und den Empfang quittiere, GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8h (8c bzw. 9c). 323 Ebd., Nr. 8f (22).

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stellen.324 Das heißt bei den 500 fl., die Wolf von den Imhoffs zur Verfügung gestellt worden waren, da sie ihm angeblich zustanden, handelte es sich lediglich um eine vermeintliche Geldbürgschaft, eine „Scheinbürgschaft“ mit Wissen der Imhoff-Regierer. Im Übrigen bezweifelte Hieronymus, dass Wolf tatsächlich nach Nürnberg vor den Rat kommen und die geforderte neue und korrigierte Rechnung erstellen sowie nicht mehr aus Nurnberg sonder erlaubnus nitt [..] waichen325 würde. Das hatte Wolf wohl noch im Gefängnis zugesagt und wolle es mit einem, ihm in Aussicht gestellten Geldbetrag von 1.500 Dukaten verbürgen. Diese Summe wolle er sich – allerdings vergeblich – von Pulfinger leihen, den er mit weinenden Augen darum gebeten hatte, da er keinen anderen Freund als ihn habe.326 Allerdings habe sich diese Geldquelle, Hieronymus zufolge, zerschlagen, da Pulfinger nicht bereit war, die Summe zu leihen.327 Aus einem späteren knappen Brief vom 22. Februar 1549, den der Faktor der Fugger in Neapel Christof Wolf an Hieronymus Imhoff in L’Aquila geschrieben hatte, wird ersichtlich, dass Wolf Imhoff während seines Gefängnisaufenthaltes die Fugger bzw. ihren Faktor um eine Summe von 200 Dukaten gebeten hatte (eurem vettern Wolf Imhof auf mermalen zu anligender seiner nothurfft und zu zeit er gefenklich gehalten worden bis zu duc. 200 frundtlich furgestreckt und geliehen auf vertrestung328), die seine Regierer für ihn zurückerstatten würden (das er ime solchs durch euch ieglich widerum erlegen machen wolle329). Vermutlich benötigte Wolf diese Summe als Teil der in Aussicht gestellten Bürgschaft. Die Rückerstattung der 200 Dukaten solle nach Christof Wolfs Schreiben nun erfolgen.330 Dazu äußerten sich die Augsburger, indem sie eine Rückerstattung ablehnten, da die Fucker leudt diese Summe ohne Auftrag der Imhoff-Regierer hergeliehen hatten, somit das es unss nig angett.331 Dieser Geldbetrag spielt weiter keine Rolle mehr, zeigt aber, dass sich die Faktoren untereinander im Notfall durchaus unterstützten, offensichtlich auch ohne ausdrücklichen Auftrag der Zentrale. 13.1. Die neapolitanische Lebensführung Wolf Imhoffs: Eine Affäre und ein uneheliches Kind Der Gefängnisaufenthalt Wolfs und die Begleitumstände hatten zur Folge, dass er sich nach einigen Wochen in Freiheit am 8. Februar 1549 wieder mit einem Brief an seine Herren in Nürnberg wandte. Das Schreiben zeigte, dass Wolf noch weitaus größere Schwierigkeiten hatte als eine fehlende bzw. unzulängliche Rechnung und 324 325 326 327 328 329 330 331

Ebd., Nr. 8a (13r). Ebd., Nr. 8f (22). Ebd., Nr. 8b 2 (5a). Ebd., Nr. 8f (22). Ebd., Nr. 8b 5 (1). Ebd. Ebd. Ebd., Nr. 8f (24b).

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Abschlussinventur der Faktoreien in L’Aquila und Neapel oder Ungehorsam seinen Herren gegenüber. Wolf berichtete demnach von zwei weiteren Schuldposten, zum einen über 500 Dukaten, die er als Bürgschaft dafür gezahlt habe, nicht aus Neapel wegzuziehen, bis die Angelegenheit mit der vergangenen Liebschaft seines verstorbenen Bruders geregelt sei. Zwar sei der Fall mittlerweile geklärt, sodass er der Frau nichts mehr schulde, aber die Bürgschaftskosten stünden noch offen.332 Zum anderen hätten ihm (ungenannte) Personen während seines Gefängnisaufenthaltes auf vertrauen 600 Dukaten vorgestreckt. Davon müsse er nun 500 Dukaten in Neapel aufbringen, die restlichen 100 Dukaten seien später zu zahlen. Zum dritten habe er in der Zeit vor seinem Gefängnisaufenthalt Geschäfte getätigt. So habe er sich mit einem Teil seiner Hauptsumme aus der Gesellschaft 800 Dukaten geliehen, davon Safran gekauft und diesen wiederum mit 600 Dukaten Gewinn in Neapel verkauft. Ferner habe er 400 Dukaten Gewinn mit gespunen golt, gersten und duch333 gemacht. Offensichtlich wollte Wolf auf diese Weise weitere Geschäfte tätigen, aber der Gefängnisaufenthalt hat mir ein wuste schlapen geben [...] das es als hin durch mer schuldig pin, dan ich hab.334 Er war also demnach trotz der Gewinne überschuldet. Der eigentliche brisante Anlass für diesen Brief kam dann zur Sprache, denn er wolle seinen Herren eine haimlichait offen, die er ihnen schon vor langst anzaigt solt habenn.335 Dabei handelte es sich um eine Liebschaft, die seit seiner ersten Ankunft in Neapel 1539 begonnen hatte.336 Prekär war die Angelegenheit aus zweierlei Gründen, zum einen handelte es sich bei der Dame um eine Hofdame der Maria Osorio y Pimentel, der ersten Gattin des Vizekönigs von Neapel Don Pedro Alvarez de Toledo.337 Zum andern musste das Verhältnis geheim gehalten werden, da

332 Ebd., Nr. 8g (31a): Ir werdt von allem vernomen haben mein anglobenn unnd zusage durch die gros pein und kranckheit, damit ich nit sterb denn dott gefurcht, mich verwilligt unnd ditz dester minder solchem gern nachkomen wer, so nit sein hat konde, aus ursach ich umb duc. 500 verpurgt pin gewest vonn Napoli nit verrucken woll, nemlich mit dem recht, so des weib welchs pey mein pruder Paullus sel. gewest, pin ich ers diese feirtag gebliben wordenn unnd denn sententia in favore gehabt, das ich ir nitz zuthon schuldig sein soll, Gott hab lob ist mir vil gelt und mueh darauff gangen. 333 Ebd. 334 Ebd.: Zu diesen weiteren Geschäften gehörte wohl auch, dass er im Sommer ein Jahr zuvor 3.000 Dukaten in Korn angelegt hatte und es den Safranbauern leihen wollte, dazu war es durch den Gefängnisaufenthalt aber nicht mehr gekommen. 335 Ebd. (31b). 336 Ebd. (31c): wie ich das erstmal gen Napoli kom, wie mein mutter von mir unnd mein pruder Paulus sel. gehort unnd wissen hat, das ich mich mit einer jungfrau so eins furstenn seins gemalhel hoff jungfrau zu Napolis gewest vergessenn unnd solche ein zeit lang mit grosser gefar heimlich gehalten. 337 María Osorio y Pimentel war die erste Frau Don Pedro Alvarez de Toledo († 1553), enger Vertrauter Kaiser Karls V. und seit 1532 Vizekönig von Neapel. Sie starb allerdings 1539, also in demselben Jahr, in dem Wolf die Faktorei in Neapel übernahm. Don Pedro heiratete erst 1552 zum zweiten Mal.

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die Dame nach längerem heimlichem Zusammenleben mit Wolf in Neapel von ihm schwanger geworden war. Wolf veranlasste, dass sie sich in ein ihr bekanntes Kloster zurückzog und dort niederkam. In dem Kloster konnte sie sich, wie Wolf fast mit gewissem Stolz anmerkte, von ihrer eigenen Hände Arbeit ernähren, indem sie mit irer airbeit ernert mit guldenn haubenn unnd ander airbeit, wie dann irs gleichen nit gewest noch ist zu gantzen kunichreich. 338 Ein weiteres Problem war, dass die Dame 500 scudi von ihrem Heiratsgut sowie für 300 scudi Juwelen Wolf vorgestreckt habe.339 Als sie nun erfuhr, dass Wolf im Gefängnis saß, sei sie selbst nach Neapel gekommen und verlange nun ihren Besitz zurück. Allerdings konnte Wolf nichts zurückzahlen, da er – wie er fast lakonisch schrieb – das ich dann nit hett.340 Um ihre Forderungen zu unterstreichen, begab sich die Dame unter den Schutz der Schwägerin des Vizekönigs, Maria Enriquez de Toledo y Guzmán. Diese war seit 1527 mit Don Fernando Alvarez de Toledo y Pimentel, dem dritten Herzog von Alba verheiratet. Dort sei sie laut Aussage von Wolf wegen ihrer Kunstfertigkeiten sehr angesehen.341 Dieser Schritt hatte Konsequenzen für Wolf, denn der Bruder des Vizekönigs ließ Wolf kommen und redete ihm ins Gewissen, die Dame hätte nicht nur wegen ihm ihre Ehre verloren, sondern auch eine Summe Geld von 800 scudi.342 Er ermahnte Wolf vergeblich, ihr diese Summe zurückzuzahlen. Schließlich schlug Don Fernando folgendes vor: Wolf solle die so tugendhafte und ehrliche Dame heiraten, dann würde er sie beide mit 200 scudi jährlich sowie zusätzlich mit 100 scudi für den Lebensunterhalt unterstützen. Ferner machte er noch weitere, in dem Brief nicht genau benannte Zusagen.343 Aus der Antwort Wolfs wurde deutlich, dass ihm dieses Angebot keineswegs zusagte und er berief sich darauf, dass er sich ohne das Wissen seiner Herren nicht verheiraten könne (ich kondt mich on ewer wissenn nit verheiratenn und aber Got sol mein zeuch sein, das pey solcher heirat mein wil nie gewest noch ist344). Don Fernando ließ das aber nicht gelten, sondern forderte ihn erneut zur Verehelichung oder Zahlung eines Teils seiner Schulden (500 Scudi) innerhalb einer Frist von sechs Monaten auf, denn rest wolt sy mir porgen, pis ich es wol het.345

338 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8g (31c–d). 339 Ebd. (31d): hatt sy mir nit allein solche ▽ 500 furgestreckt, sunder auch ▽ 300 irer kleinot gebenn. 340 Ebd. 341 Ebd. 342 Ebd., Nr. 8g (31e): schickt obgemelt des kunigs pruder nach mir unnd redet nach der leng zu irem pey wessenn mit mir unnd erzelt mir, das ich vor wol west, was sy vonn meinet wegenn gethann, nit allain das sy ir er verlorn, sunder das ich ob ▽ 800 das ir het, auff solchs ermant er mich, ich solt gedenken und das ir geben. 343 Ebd.: wie sy so tugentschafft unnd erlich wer, unnd sover ich sy zu einem weib nemen wolt, er mir hilfflich sein, nemlich ee und ich irs verhies, wolt er mich continuo de sua extia machenn, hat ein jar ▽ 200, so wolt ir auch ▽ 100 ein jar geben, sampt die speis für sy und mich. 344 Ebd. (31e und 31g). 345 Ebd. (31e): sagt er, so solt ich gedennken unnd ir das ir geben oder man anders mit mir handlenn. Inn summa ich must im an geloben, inerhalb 6 monet wolt ich ir ▽ 500 erlegen, wo nit,

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Es lag nahe, was Wolf sich von seinen Herren erhoffte, warum er überhaupt die ganze Angelegenheit offenbart hatte, denn sie sollten ihm diese 500 Scudi leihen, dafür sagte er auch zu, sich zu ihnen nach Nürnberg zu begeben. In diesem Zusammenhang bat er sie um sicheres und freies Geleit. Offensichtlich befürchtete er, dass die Imhoff ihn auf dem Rückweg festsetzen und zur Rechenschaft ziehen könnten.346 Der Brief endete noch mit einer bemerkenswerten Information: denn Wolf teilte seinen Herren mit, dass des Königs Bruder zu ihm gesagt habe, er habe die Fugger über die ganze Angelegenheit informiert. Damit habe er die Bitte verbunden, die Imhoff in Nürnberg schriftlich davon zu überzeugen, dass die Dame fromm und ehrlich sei und er der Dame und Wolf wie ein Vater sein wolle.347 Die Heirats„Angelegenheit“ wurde wohl als so wichtig erachtet, dass sogar die Fugger als Vermittler eingeschaltet werden sollten. Wolf bat seine Herren, falls tatsächlich schon ein Schreiben der Fugger angekommen sei, ihnen ihre Verwunderung mitzuteilen, denn er könne sich nicht außerhalb Nürnbergs verheiraten (ist mein pitt, wolt im schreibenn, es nem euch gros wunder, dan ich mich nit ausserhalb Nurnbergs verheyrat kan348). Wolf machte sich damit die Regel zunutze, dass Mitarbeiter einer Gesellschaft nicht ohne Erlaubnis heiraten konnten und zudem am besten eine Braut aus der Heimatstadt wählten.349 Offensichtlich lag Wolf also nichts an einer Legalisierung des Verhältnisses mit der Dame. 13.2. Die Schuldsumme von 500 Scudi Die Schuldsumme von 500 Scudi sollte Wolf Imhoff in Neapel, die Imhoff in Nürnberg und Augsburg sowie auch die Haller noch bis in den Herbst 1549 beschäftigen. Wolf versuchte dabei erneut, sich mit verschiedenen Strategien aus seiner Schuldenaffäre zu ziehen. Auf der einen Seite betonte er die ökonomische und innergesellschaftliche Ebene, indem er den Herren in mehreren Briefen versicherte, dass er

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so wolt ich im zugesagt habenn, das ich sy zu der ee nemen wolt, dann ich es euch anzaigen vor wolt. Ebd. (31g): ir werdt mir nit alein gemelt 500 ▽ furstrecken, sunder wann mir Gott zu euch hilfft, das die diferentia gemacht sein, mir auch hilffreich zu sein und weitter zu prauchen, doch peger ich nit anderst dann mit purgschafft, wann aber solchs nit geschehen solt, das ich zu euch auff ewrem trawen hinaus komen solt und dieweil ich mir wie gemelt in Napoli wol anhelffen hat konden, solchs verlirn, auch daussen kein dienst von euch haben, wur mir solch mein hinausreiten schwer sein, wil mich also in allem euch pevolhen haben und heim gesetzt. Weitter so peger ich mir untterdenig pitt, das ir mir ein freis, sichers gleit fur euch und die ewr, das ir mich zu nichten nitz entgelte wolt lassenn geben unnd zu schreiben wolt. Ebd. (31h): nit mer dan wil mich euch also mit untterdeniger pitt pevolhen haben, das kunigs pruder Signor Don Petter de Doledo, castelan de SantʼElmo, hatt vor mein vereitten zu mir gesagt, er wol euch durch die Fucker schreiben und anzaigen, wie solches ein frum erlich weib sey, er ir unnd mein vatter sein wol. Allerdings war Don Pedro zu dieser Zeit selbst der Vizekönig. Ebd. Siehe auch das Kapitel: „Die Heiratspolitik“, S. 339ff.

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das Darlehen von 500 scudi zurückzahlen könne und dass diese Summe zu einem Teil in Form seiner eigenen Einlage in der Gesellschaft bereits abgesichert sei. Um das zu bekräftigen, stellte Wolf in mehreren Briefen teils abenteuerliche Berechnungen auf, die sich lohnen, im Folgenden kurz dargestellt zu werden.350 Ferner verwies Wolf selbst immer wieder auf seine Verpflichtung, als Faktor der Gesellschaft am Ort der Geschäftszentrale in Nürnberg seiner Berichts- und Abrechnungspflicht nachkommen zu wollen, dieses würde aber durch das Mandat des Vizekönigs von Neapel verhindert werden. Das Mandat besagte ja, dass Wolf zuerst seine Schulden in Neapel bezahlen oder eine Summe als Bürgschaft hinterlegen solle, dann erst könne er abreisen. Daraus entstand für Wolf eine moralische Zwangslage, denn er war durch ein mehr oder weniger erzwungenes Versprechen dem Vizekönig gegenüber gebunden, seine Schuld gegenüber der jungfrau351 einzulösen. Die Konsequenz hieß dann, entweder seine Schulden bei ihr zu bezahlen oder sie zur Ehefrau zu nehmen. Wie geschickt Wolf diese Sachlage für seine Interessen umkehrte, indem er an die Gepflogenheiten der Imhoff-Familie appellierte, zeigt sein Brief vom 2. Juni 1549. Darin wies er darauf hin, es hätte noch kein Imhoff sein pulen [Buhlschaft] zu der ee genomen352, er sei demnach in Not, wenn ihm seine Herren nicht beistehen würden. Die Imhoff in Nürnberg und Augsburg gingen jedoch in keinem ihrer Briefe des Jahres 1549, seitdem ihnen Wolf von seinem Verhältnis und seinem Kind berichtete hatte353, darauf ein. Lediglich eine kleine Bemerkung dazu machten die Augsburger Imhoff in einem Schreiben vom 23. Februar 1549: schreybt er von einem wyb, er genumen hab, dass lass wyr gescheen.354 Für die Regierer waren in erster Linie die mehrfach voneinander differierenden Berechnungen, die Wolf in seinen Briefen aufstellte, von Interesse. Diese wurden in ihren Einzelpositionen durchgesprochen, aus ihrer Sicht korrigiert und auf dieser Grundlage das von Wolf erbetene Darlehen diskutiert. Ebenso waren seine Pflichten als Faktor für sie weiterhin wichtig und sie versuchten ihn in ihren Briefen immer wieder und unter allen Umständen nach Nürnberg zur Rechenschaftslegung zu lotsen. Ihre Briefe lassen jedoch auf der anderen Seite auch erkennen, dass sie ihrem Faktor und Verwandten aus der misslichen Lage helfen wollten, ohne allerdings (noch mehr) finanziellen Schaden zu erleiden. Zunehmend sollten sie aus diesem Grund auf die Vermittlung durch die mit Wolf verschwägerte Familie Haller setzen.

350 351 352 353 354

Siehe dazu S. 129ff. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8g (34c). Ebd. Ebd. (31), Brief vom 8. Februar 1549. Ebd., Nr. 8f (24a).

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13.3. ‚Flexible‘ Rechnungslegungen Wolf Imhoffs in den Briefen vom Februar bis September 1549 Das Ziel Wolf Imhoffs, von seinen Herren ein Darlehen von 500 scudi zu erhalten, führte dazu, dass er seine Situation in Neapel als drängende Notsituation darstellte. Vor allem die Forderung des Vizekönigs und Prokurators seiner Liebschaft, entweder Geld zu zahlen oder die Ehe einzugehen, setzte Wolf zu. Aufgrund dieser Situation versuchte Wolf seine Herren erstens davon zu überzeugen, dass er selbst über genügend liquide Mittel als Sicherheit verfügte, z. B. über seine Einlage in der Gesellschaft und dass er zweitens über Anteile aus dem Nachlass seines Bruders Christof (u. a. dessen Einlage im Handel der Imhoff) sowie über Anteile aus dem zu erwartenden Nachlass seiner (noch lebenden) Mutter verfügte und schließlich drittens, dass er aus verschiedenen Geschäften und „guten Schulden“ (d. h. sichere Rückzahlungen) auf weitere Geldmittel hoffte. Alle diese Versicherungen gegenüber seinen Herren stützte Wolf mithilfe zahlreicher Berechnungen, die allerdings meist nicht ganz nachvollziehbar waren und willkürlich erscheinen, da er in seinen Briefen innerhalb kürzester Zeitabstände mit permanent variierenden Zahlen operierte. Exemplarisch steht hierfür die in mehreren Briefen zwischen Februar und Oktober 1549 genannte Höhe seiner eigenen Einlage im Imhoffschen Handel, die er laufend unterschiedlich angab. Die Differenzen wurden meist durch die Korrekturen Endres Imhoffs, aufgrund dessen eigener Berechnungen angestoßen. In einem einzigen Schreiben Wolfs vom 8. Februar 1549 wechselte die Höhe seiner Einlage der Jahre 1544 und 1548 zwischen 560 und 800 Dukaten.355 Sechs Tage später, am 15. Februar, belief sich die Höhe der Einlage hingegen auf 450 Gulden rheinisch.356 Die Herren korrigierten allerdings diese Summe in einem Brief vom 20. März 1549 und nochmals am 1. April deutlich nach unten, demnach betrug Wolfs Einlage in ihrer Gesellschaft nach ihren letzten Berechnungen nur 364 fl. und 7 ß.357 Das teilten sie sowohl Wolf, als auch den Mitgesellschaftern in Augsburg mit. Wolf reagierte darauf mit einer ganz eigentümlichen Berechnung: Am 2. Juni 1549 schrieb er, seine Einlage betrüge 125 fl.(!), hinzuzurechnen seien aber die 1/3 Anteile aus der Einlage seines verstorbenen Bruders von 240 fl. sowie 1/6 aus dem zu erwartenden Erbe seiner Mutter von 241 fl., das auch aus einer Einlage im Imhoffschen Handel bestand. Demnach kam Wolf auf eine Gesamtsumme von 366 fl., die ihm gehörten und die er als Sicherheit für sein Darlehen angab.358

355 Ebd., Nr. 8g (31b): ist mein haubtsum wider erst, wie ich aus dem Teuschland komen pin, duc. 560 gewest, daranch das vergangen jar pey d[ucaten] 800 wodenn. 356 Ebd. (32a): so habt ir pey fl. 450 im handel, so mir zugehorig. 357 Ebd., Nr. 8f (25b): Das es uns an schaden sein und das wor pey 450 fl. im handel dir zugehorig haben sollen nun solst aber wissen, das thue dich damit irren thust, das zu unsserer rehnung im 1546 jar thue nur fl. 364 ß. 7 inhalt des conto dir do zumol gegeben pey uns hest. 358 Ebd., Nr. 8g (34b).

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Diese Zahlen passte Wolf sechs Wochen später erneut an, indem er nun den Angaben der Herren folgte und seine ‚Kern‘einlage mit 130 fl.(!) bezifferte, zuzüglich dem Anteil aus der brüderlichen Einlage von 240 fl.359 Eine letzte von Wolf veränderte Höhe seiner Einlage findet sich in seinem Schreiben vom 17. Oktober 1549, hier ist dann die Rede von 165 fl.(!) zuzüglich des schon bekannten Anteils von 240 fl.(!).360 Nachdem Wolf allein im Februar 1549 gleich zweimal unterschiedliche Angaben über die Höhe seiner Einlage(n) gemacht hatte, sahen sich die Herren dazu veranlasst, diese in einem Antwortschreiben zu korrigieren und wiesen ihn zurecht: das du dich damit irren thust.361 Schon 1546 hätte Wolf ihnen zufolge lediglich eine Einlage von 364 fl. und 7 ß in ihrer Gesellschaft gehabt. Sie hätten ihm aus Gefälligkeit bereits zweimal 160 fl. überlassen sowie durch Hieronymus Imhoff in L’Aquila 55 Dukaten gegeben und sie forderten ihn auf: demnach thue nun wol rechnen kannst und das wurdst thue auch zu rechnen wissen.362 Diese Zahlen legten die Imhoff am 21. Februar 1551 nochmals in einer Abrechnung vor, darin heißt es dann unter anderem: Wolff Imhoff sol wir ad 28. Augusto 1546 jar hatt er zu unserer haubtrechnung noch pey uns im handel gehabt laut des contto so man im dazumaln geben hatt thutt fl. 364 ß. 7.363 Wolf passte sich nach diesem Antwortbrief seiner Herren sogleich an, da er ja von ihnen ein Darlehen erhoffte und korrigierte seine Einlage nach unten. Die Einlage war aber nicht der einzige Rechnungsposten, den Wolf seinen Herren vorlegte, damit sie ihm die 500 Scudi on schaden364 leihen konnten. Wolf erwähnte beispielsweise Geschäfte, die eigentlich seine Geschäftstüchtigkeit belegen sollten, tatsächlich aber windige Unternehmungen waren und demonstrierten, wie sehr Wolf die Haltung der Herren in Nürnberg völlig verkannte. Am 2. Juni 1549 schrieb er nämlich seinen Herren, dass er bzw. die Gesellschaft einen Safranabgang, also Verlust von 900 scudi erlitten habe (weitter so wist ir gunstig hern, was grossenn schaden ich im abgang der Saffran, des ob ▽ 900 antriefft365). Nicht ohne einen gewissen Stolz, den man aus dem Brief herauslesen könnte, vermeldet er dazu, es sei ihm gelungen, diesen Verlust durch Gewinne im Spiel in Höhe von 1.200 scudi wieder ausgeglichen zu haben (so ich mit spillenn dasselb jar ob ▽ 1.200 gewunnen und den schaden gut thonn366). Daran schloss er sogleich seine 359 Ebd. (35a): weil ich an denn fl. 720 ein ⅓ hab meins pruder Cristoff thut fl. 240, darnach melt ir, ich noch fl. 130 inn handel hab, thut fl. 370. 360 Ebd. (40b). 361 Ebd., Nr. 8f (25b). 362 Ebd.: Das es uns an schaden sein und das wor pey 450 fl. im handel dir zugehorig haben sollen nun solst aber wissen, das thue dich damit irren thust, das zu unsserer rechnung im 1546 jar thue nur fl. 364 ß. 7 inhalt des conto dir do zumol gegeben pey uns hest, daran wir dirauff dein fleissig begern zu zeweisen wollen 160 fl. gaben und dan das dir Jeronimus Imhoff zum Adler 55 duc[aten] dar in geben hat, demnach thue nun wol rechnen kanst, was die uber mas ist. 363 Ebd., Nr. 8a (15b). 364 Ebd., Nr. 8f (25b). 365 Ebd., Nr. 8g (34b). 366 Ebd.

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übliche Bitte an, ihm doch 500 Scudi zu leihen, nun erstmals auch ergänzt um weitere 50 Scudi, die er für zehrung benötige.367 Wie nicht anders zu erwarten, reagierten die Imhoff deutlich kritisch: Gut drei Wochen später, am 26. Juni antworteten sie Wolf in einem im Tenor sehr entschiedenen und strengen Brief. Um die Ernsthaftigkeit des Briefes, ihre Autorität und Einigkeit noch zu betonen, unterschrieben Endres und Simon Imhoff gemeinsam. In der gesamten Korrespondenz verfassten sie gemeinsame Schreiben meist, wenn der Konflikt mit Wolf wie hier eine klare und eindeutige Reaktion erforderte. Der Brief vom 26. Juni 1549 gehört ferner zu den Briefen, die von einem deutlichen Unmut der Herren in Nürnberg geprägt waren. In dem Schreiben fragten sie mehrfach rhetorisch, ob ihm nicht selbst sein Ansinnen, ihm doch 500 Scudi zu leihen, befremdlich erscheine, bei dem Schaden, den sie bereits durch ihn und seinen Bruder Paulus erlitten hätten sowie bei den Außenständen, die er und sein Bruder zu verantworten hätten. Ferner hielten sie vor, ob er ernsthaft glaube, sie begäben sich aus gutem Willen in diese Gefahr (gutten gunst und willen sollen darin gefar geben368) und natürlich bestünde für sie keine rechtliche Verpflichtung zu zahlen, wenn überhaupt gäben sie freiwillig, dennoch würden sie ihm die Summe nicht zur Verfügung stellen. Auch befremdete sie, dass Wolf meinte, er hätte noch ausstehende Forderungen bei ihnen und dass sie mit ihm eine Abrechnung erstellen sollten (wir daselbst rechnung mit dir machen sollten, was du vermainst zu erhalten, welchs uns doch ganz fremdt zu hore369). Sie wiesen ihn darauf hin, dass er sich wohl erinnern könne, wer gegen die Billigkeit gehandelt habe und das du auch kain pös grundt wider uns gehabt und noch nit habst.370 Schließlich gipfelte der Zorn der Regierer gegen ihren Faktor in dem Vorwurf, vertragswidrig das Glücksspiel betrieben zu haben. Sie gingen vor allem auch auf seine „Leistung“, Verlust mit Spielgewinnen auszugleichen, ein und ermahnten ihn, dass er sich einst vertraglich bei ihnen gebunden hatte, sich vor dem Spiel und anderem zu hüten.371 Damit wiesen sie nicht nur auf die falsche Verhaltenweise Wolfs hin, sondern auch auf den Bruch einer vertraglichen Verpflichtung. Ferner waren sie in Sorge, dass dieses Verhalten öffentlich bekannte werden könnte (vor die leut solt kume372) und ihm das wenig

367 Ebd.: darinn wann ich hinaus kom unnd es in euch selbst sehe wur, ist mir unzweiffel ir werdt ein einsehen habenn, auff solchs alles ist mein untterdenig pitt, ir wolt mich gewern, aus keiner gerechtigkeit sunder aus ewrn gutten gunst sich verstin ire erkendt werdenn mir vorgemelt ▽ 500 und ▽ 50 fur zerung herein machen. 368 Ebd., Nr. 8h (25a). 369 Ebd. 370 Ebd. 371 Ebd. (25b): du dan vermelts eins schaden halb, so dir im abgang des Saffran erfolgt, den thue uns mit spil gelt 1.200 [scudi], so du mit spillen gewunen, uns wider erstatt habst, in solchem wolst dich woll bedencken, alls was du uns dazumals dich vor spillen unnd andern zu hutten verschrieben pist gewest unnd so du dem nachkumen werdst gewest, dir an zweiffel der angezogen schaden am abgang des saffran, so ihne pillig solchen fleis auff gehabt solst haben, das es nit geschechen wer unnd nit erfolgt wurdt sain. 372 Ebd.

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glimpf oder guttem373 gereichen würde. Diese Befürchtungen hatten die reale Grundlage, dass ein schlechter Ruf der Lebensführung nicht nur negative Auswirkungen auf das persönliche Ansehen hatte, sondern auch auf das notwendige Vertrauen bei den Geschäften.374 Obgleich der Tonfall des Briefes weiter streng und ungehalten blieb, sagten sie schließlich ihrem Faktor zu, die erbetene Summe vorzustrecken. Ihre Motivation lag wohl in der Sorge vor seinen nicht mehr kontrollier- und vorhersehbaren Aktionen. Sie schlossen die mahnende Bedingung daran, dass ihnen erstens kein weiterer Schaden drohen dürfe und zweitens, dass er endlich nach Nürnberg kommen solle.375 Zum Schluss wurden sie versöhnlicher und versicherten ihm, dass sie alweg dain wollffart gern hetten gesehen,376 wenn er nur gefolgt hätte, also gehorsam gewesen wäre und dass auch selbst gewollt hätte (so du nur gefolgt und selber gewolt hest377). Diese versöhnlichen Töne waren wahrscheinlich auch den Empfehlungen ihrer Augsburger Verwandten geschuldet, denn diese hatten in den Wochen zuvor brieflich versucht, auf „Deeskalation“ zu setzen. Das zeigt sich etwa daran, dass sie in Schreiben vom 23. Februar und wieder 20. März 1549 den Nürnbergern rieten, Wolf hinsichtlich seiner Bitte nach freiem und sicherem Geleit zu entsprechen (dass er siecher soll sein, dass man in nitt ein woll legen noch gefencklich halden378), damit er auch heraus kümb und rechnung duch379. Sie fürchteten ansonsten, dass er sonst nicht heraus käme.380 Aus diesem Grund sicherten die Nürnberger Wolf das Geleit mehrfach brieflich zu.381 Erst im Oktober 1549 neigte sich das Hin und Her um die 500 bzw. 300 Scudi und die damit verbundene Ankündigung Wolfs, nach Nürnberg zu kommen, dem Ende. Wolf war es nun möglich, sich nach Venedig zu begeben, da ihm, wie er am 10. Oktober schrieb, seine Herren auf Bürgschaft 500 Scudi in Aussicht gestellt hätten: nachdem ir euch der ▽ 500 geoferirt mir gleichwol mit purgschaff.382 In Venedig hoffte er, gentzlich ricapito und schreiben gefunden [zu] haben.383 Dem war allerdings nicht so, er wurde dort lediglich vom Vertreter der Imhoff-Gesellschaft (seit Ende der 40er Jahre) Endres II. Imhoff, dem Sohn Endres I., in Empfang 373 Ebd. 374 Siehe dazu auch Kapitel: „Normative Ethik und Realität kaufmännischen Handelns“, S. 54ff. 375 Ebd. (25c): Aber damit das ye gepurt wird das wir mer than dan wir schuldig sain, so woll wir uns erpotten haben, so thue uns die summa so du begerst wir dir furstrecken sollen, uns genugsam versicherung hie thust das uns das selbig an [ohne] nachtail und schaden sein soll wie du das selbig anderst nit begert hast, als dan so das selbig ist geschechen so sain wir erputtig dir mit derselben summa fur zu setzten pis so lang das sich aff dain zu kunfft alhir in gutter rechnung erfinden wurdt. 376 Ebd. 377 Ebd. 378 Ebd., Nr. 8f (24a). 379 Ebd. 380 Ebd. (26a). 381 Ebd., Nr. 8f (25b), 8h (27) und (23b). 382 Ebd., Nr. 8g (39a). 383 Ebd.

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genommen. Dieser meldete dann schriftlich am 13. Oktober an die Zentrale, dass er einen Wechselbrief Wolfs über 55 Dukaten mit protestation384 ausgezahlt habe, um dann unverzüglich den verbliebenen Imhoff-Vertretern in L’Aquila mitzuteilen, ab jetzt Wolf nichts mehr (vermutlich mittels Wechsel) zu zahlen. Auch Endres II. beschrieb Wolf als schwierig und wenig kooperativ, so hätte er sich gerne mit ihm besprochen, aber Wolf sei offensichtlich verärgert gewesen, dass nach Venedig kein Geld für ihn transferiert worden war und nachdem ir in und sein pochen auch trohen zuvor woll kent und wist war er weggeritten, mit heillos ausreden und umb schwenck, so mich schier verdrust im auff zu horen.385 Endres II. konnte ihn gerade noch davon abhalten, wieder nach L’Aquila zurückzureiten und bat ihn, sich noch zu gedulden. Eine Woche später quittierte dann Wolf den Erhalt von 320 Scudi, die ihm von Endres und Simon Imhoff furgestreckt und dargelihen386 worden waren. Diese Summe setzte sich nach der Quittung folgendermaßen zusammen: 50 Scudi aus einem Wechsel von Neapel nach Venedig, auf Endres II. gezogen (nemlich erstlich ▽ 50 so ich von Napoli auff vetter Endres Imhoff her gen Venezia zu wexel genomen hab387), sodann 72 Scudi, die ihm aus L’Aquila durch den Imhoffschen Walhen Cesare Oliva gegeben wurden (pro Adler auf iren walhen Cessarj Oliva ▽ 72388) und schließlich als Rest noch 198 scudi, die ihm bar Endres II. in Venedig übergab (und den rest so sindt ▽ 198 hab ich auff datto von vetter Endres par zu nehmen gutten penugen empffangen389). Damit war eine entscheidende Zwischenlösung in dem Konflikt zwischen Wolf Imhoff und seinen Regierer in Nürnberg und Augsburg erreicht. Sie liehen Wolf die geringere Summe von 320 fl. als die anfänglich von Wolf gewünschten 500 fl. Er wiederum verließ Neapel über Venedig und kehrte zumindest für kurze Zeit nach Nürnberg zur Abschlussrechnung zurück. Die vollständige Klärung brachten allerdings erst die von beiden Parteien hinzugezogenen Vermittler. 14. Vermittlung durch die Familie Haller von Hallerstein Bereits im März 1549 versuchten die Nürnberger und Augsburger Imhoff die mit Wolf Imhoff verschwägerte Familie Haller von Hallerstein in den Fall einzubeziehen. Zu diesem Zweck fragten sie noch vor dem 1. April zu der Zeit schon kaiserlichen Rat Bartholomäus Haller390 um Vermittlung bei der Mutter Wolfs an.391 Zunächst ging es nur darum, mit ihrer Hilfe abzuklären, inwieweit sie sich und seine 384 385 386 387 388 389 390 391

Ebd., Nr. 8h (28a). Ebd. Ebd., Nr. 8g (41a). Ebd. Ebd. Ebd. Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 247. Ebd., Nr. 8h (23a): und so vil dein begern des anlehen bedrifft, welchs wir uns nit hetten versehen, mocht wir wol etwas aus gutwilligkeit und keiner gerechtigkeit wegen gethon haben, so feren das dein mutter und deine geschwistere auch etwas gethon hetten, wie wir dan dasselbig

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Geschwister doch noch an der Bürgschaft beteiligen wollten. Bartholomäus Haller sollte die Mutter und die Geschwister Wolfs ferner darüber informieren, dass die Herren in dem Fall ihrerseits zu einer Zahlung bereit seien. Haller konnte allerdings als Vermittler zu diesem Zeitpunkt noch nichts erreichen, denn die Familie wies den Vorschlag zurück,392 wie aus einem Brief Endres und Gabriel Imhoffs an Wolf vom 1. April 1549 hervorging. Die Vermittlertätigkeit der Haller von Hallerstein nahmen die Imhoff dann bis Ende 1549 vorerst nicht mehr in Anspruch. Am 10. Dezember 1549 teilte Wolf Simon Imhoff in Augsburg schriftlich mit, dass er mit Erlaubnis Endres Imhoffs über Venedig und Augsburg und einem Kurzaufenthalt in Nürnberg nun nach Speyer zu seinem angeheirateten Verwandten, dem kaiserlichen Rat, Hof- und Generalschatzmeister in habsburgischen Diensten stehenden Wolf Haller393 weitergereist sei. Von dort wollte er nach Frankfurt reiten und Wolfs Vater Bartholomäus Haller treffen. Wolf Imhoff hatte mittlerweile in Nürnberg seinen Herren einen compromiss394 vorgeschlagen und um diesen zu erreichen, sollten sich die Herren zwei Männer ihres Vertrauens und desgleichen Wolf zwei Männer seines Vertrauens – die Haller Verwandten – wählen. Allerdings ging Endres Imhoff darauf nicht ein, sondern schlug seinerseits vor, sich gemeinsam, intern und gütlich zu einigen. Wolf berichtete darüber in seinem Brief an Simon, dass die Haller das nicht glauben konnten und vermuteten, Wolf hätte unrecht verstanden. 395 Wolf bat Simon darum, bei den Imhoffs in Nürnberg doch noch einen compromiss zu erwirken, damit es an ein end komme. 396 Wenn es nicht zu einem Schiedsverfahren komme, dann werde weder für sie noch für Wolf etwas guts daraus wur entspringen. 397 Er müsse sich dann um kaiserliche Hilfe bemühen, obgleich er das eigentlich nicht wolle. Um die Dringlichkeit noch zu unterstreichen, schrieb Wolf an Simon weiter, dass sein Vetter Wolf Haller gemeint hatte, dieser Weg solle bes-

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durch her Barthelemes Haller mit inen haben handeln lassen, aber es gar abgeschlagen haben, des wir uns wol nit versehen hetten. Ebd.: und so vil dein begern des anlehen bedrifft, welchs wir uns nit hetten versehen, mocht wir wol etwas aus gutwilligkeit und keiner gerechtigkeit wegen gethon haben, so feren das dein mutter und deine geschwistere auch etwas gethon hetten, wie wir dan dasselbig durch her Barthelemes Haller mit inen haben handeln lassen, aber es gar abgeschlagen haben, des wir uns wol nit versehen hetten. Allerdings wird in der Stellungnahme der Imhoff, die den Gerichtsakten beiliegt, von einer etwas später doch übernommenen und mit Verschreibung schriftlich zugesagten Bürgschaft der Mutter und der Geschwister berichtet (GNM Nürnberg, HA, ImhoffArchiv, Fasz. 39, Nr. 8a (13r)). Haller von Hallerstein, Helmut Freiherr, „Haller von Hallerstein, Wolf“, in: Neue deutsche Biographie 7 (1966), S. 562. Ebd., Nr. 8g (42a). Unter einem compromiss ist ein Schiedsvertrag zu verstehen, mit einem darauf beruhenden Schiedsverfahren und einem daraus sich ergebenden Schiedsspruch, dem sich die streitenden Parteien unterwerfen, nach DRW, online: http://drw-www.adw.uniheidelberg.de/drw-cgi/zeige?index=woertererkl&term=kompromiss&firstterm=kompromiss. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8g (42a). Ebd. Ebd.

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ser nicht beschritten werden, die Haller würden weiterhin den compromiss empfehlen, um zu einem Ende zu kommen. Endres und Mitverwandte könnten ihm das auf Dauer nicht abschlagen, wollten sie nicht in den Verdacht kommen, gewalt zu treiben.398 An demselben Tag, also dem 10. Dezember 1549, sandte auch Wolf Haller einen Brief an Simon Imhoff, darin schrieb er, Wolf sei vor ettlichen tagen [...] her zu mir ist kommen399, habe über seine Angelegenheit berichtet und den Rat der Haller gewünscht. Wolf Haller erschien dieses Anliegen Wolfs wolgegründt400, er verstand nicht, warum die Imhoff keinen compromiss401 wollten und warum sie weder meinen vater [Bartholomäus] noch mich nit darbey wöllen leiden noch wissen. 402 Dennoch wolle er Wolf und seinen Geschwistern allen notwendigen Beistand und Hilfe zusagen und für die gütliche Lösung werben sowie sich selbst und seine Freunde auf einen dann angesetzten tag403 begeben und auch seinen Vater mitbringen. Wolf Haller hoffte, dass sich auch die Imhoff für diesen Weg entschieden, wie es am fridsamsten möchte beschechen.404 Die weitere Entwicklung sollte Wolf Haller Recht geben und darüber hinaus zeigen, dass die Vermittlung eine besonders erfolgreiche Strategie im Konfliktfall war. Im Frühjahr 1550 willigten die Imhoff schließlich in die Vermittlung ein und Wolf kam gemeinsam mit Wolf Haller zurück nach Nürnberg. Bei der Vermittlung wurde Wolf Imhoff durch Wolf Haller von Hallerstein sowie Hieronymus Holzschuher, die Imhoff durch Sebastian Welser und Wolf Harsdorfer vertreten. Dabei nahmen die Haller im Laufe des Jahres 1550 eine zunehmend federführende Position ein. Ihre Vorgehensweise wechselte dabei zwischen Drohung und Strenge sowie einer Konzilianz gegenüber den Imhoffs in Nürnberg und Augsburg. Bartholomäus Haller verfuhr auf diese Weise gleich zu Beginn mit einem im Ton sehr entschiedenen Brief vom 6. Mai 1550 an Endres Imhoff, in dem er sich die Sache Wolfs zu Eigen machte. Er leitete den Brief mit einer Warnung ein, er wollte die Imhoff vor schimpf und schaden warnen und verhuten405 und versicherte ihnen zugleich, dass er selbst an der Sache weder Nutzen noch Schaden habe. Er kam dann auf eine Verabredung zu sprechen, die in seinem Beisein zwischen Wolf Imhoff und seiner Familie einerseits und den Herren Imhoff andererseits bezüglich der Hinterlassenschaft des Paulus getroffen worden war.406 Bartholomäus vermutete, dass dadurch die Imhoff Wolf möglicherweise zu Unrecht zu einer Zahlung

398 399 400 401 402 403 404 405 406

Ebd. Ebd., Nr. 8c (1). Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Unter dem Begriff tag ist eine Versammlung zu verstehen. Ebd. Ebd. (3a). Ebd.: wie sein mutter und geschwistert sich in meinem beisein mit euch Paulusen Imhoff erbschafft halben umb ain dausend gulden rh. zu geben vertrag.

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von 1.000 fl. rh. gebracht hätten do sy euch vielleicht nit ain pfennig schuldig bewest, sunder ir dem Paulusen selligen.407 Die 1.000 fl. rh. erklärten sich aus einer Zahlungsverpflichtung (acorda) des Paulus Imhoff an die Stadt L‘Aquila, die die Herren bewilligt hätten und nun nicht mehr einfordern dürften. Er warf ihnen vor, sie hätten sich damit versucht zu purgieren, aber ihr eigenes Verhalten in der Vergangenheit hätte das obsolet gemacht, da sie die von Paulus geforderten uncost vormals passirt und zu gestaten bewilliget408 hatten. Darüber hinaus hätten sie sogar die Hinterlassenschaft von Paulus in Neapel und Venedig unerlangt rechts auserhalb gerichtsordnung eures gefallens verkauft, unttereinander selbst behalten.409 Und schließlich hätten sie Wolf Imhoff eine merkliche summa gulden abgezogen,410 aufgrund seines Unterhaltes, seiner Kosten, seiner Krankheit und wegen des gestohlenen Safrans, dessen Schaden die Herren Imhoff eigentlich zu tragen hätten, da er doch während seines Dienstverhältnisses krank geworden war. Diesen Warnungen und Vorwürfen fügte Bartholomäus in seinem Brief dann noch sein Unverständnis hinzu, dass die Imhoff eine gütliche Einigung offensichtlich nicht wünschten aufgrund ihrer Meinung, Wolfs Forderungen wären nicht gerechtfertigt. Er gab zu bedenken, dass aufgrund dessen für sie viel unuberwuntlichen schimpff unnd schaden411 entstehen könne und sie doch besser die finanziellen Forderungen Wolfs erstatteten, zumal Wolf schand, schaden, gefencknus, on trauen und glauben412 erlitten habe. Parallel zu dem Schreiben des Bartholomäus Haller an Endres Imhoff verfasste sein Sohn Wolf ein Schreiben an Simon Imhoff. Darin kündigte er an, mit Wissen seines Vaters und nach Beratung mit gelehrten Juristen eine Supplikation an den Kaiser zu schicken. Nach Ansicht der Juristen, von denen sie der gelertten, deran sie alhie ain dapffere anzal habenn, dass Wolf unser vetter nitt aller ding so uberfugtts ist, als mancher meinen mocht.413 Wolf hätte demnach also keine übermäßigen (unbefugten, unzulässigen) Forderungen gestellt. Simon Imhoff übernahm es, eine Replik an Bartholomäus zu formulieren und warnte die Haller davor, Wolf zu sehr zu vertrauen. Er teilte weiter mit, dass seinerzeit bei Wolfs Kosten nicht gekleckert (nit klecken414) worden sei, so hätte er seinerzeit schon beim Wegreiten von Nürnberg nach Neapel über Venedig viele Boten, Diener sowie einen Hund und sogar eine Meerkatze mit sich geführt.415 Simon zeigte sich nicht bereit, viel Geld zur Verfügung zu stellen, zumal sie Wolf nichts schuldig seien und er außerdem eine große Familie zu unterhalten habe. Sollte es sich jedoch um eine kleinere Summe handeln, damit fried und ainigkait 407 408 409 410 411 412 413 414 415

Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. (3b). Ebd. (4a). Ebd., Nr. 8f (29b). Ebd.

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gemacht wurd,416 würde er sich dem nicht verweigern. Die Begründung, Friede und die Einigkeit wiederherzustellen, sollte die Basis dafür werden, den Konflikt zu beenden. Auffallend war in dieser Phase der Vermittlertätigkeit, dass sich beide Parteien mit Warnungen und sogar Drohungen nicht zurückhielten und Maximalforderungen aufstellten. Diese finanziellen Forderungen erschienen dabei zunächst kompromisslos. Alle Einzelposten, die Wolf in der Vergangenheit aufgestellt hatte, wurden als berechtigt dargestellt und um diese durchzusetzen, drohte man mit juristischem Rat und Supplikation an den Kaiser. Umgekehrt ließen die Imhoff durch Simon immer wieder Warnungen verlautbaren, Wolf nicht zu sehr zu vertrauen, da sie andere Erfahrungen mit der Pflichttreue Wolfs, seinem Lebensstil, seiner Persönlichkeit und den finanziellen Folgen daraus hatten. Endres Imhoff griff zunächst bis Ende 1550 nicht direkt in die Vermittlung ein. Das ist umso bemerkenswerter, als dass bisher in dem ganzen Verfahren Endres die treibende Kraft auf Seiten der Imhoff-Regierer war. Bis auf einen, nur durch die Eingangsbestätigung Bartholomäus Haller bekannten Brief Endresʼ417, hat sich aus dieser Zeit kein einziges Schreiben von ihm erhalten. Die komplette Vertretung der Imhoff-Regierer übernahm in dem Jahr der Älteste der Imhoff-Familie, der Augsburger Simon Imhoff (1476–1557). Im Hintergrund agierte Endres Imhoff allerdings sehr wohl und erschien als derjenige, der die Strategie bestimmte. Besonders gut lässt sich das an einem vom Juli 1550 datierten Briefentwurf zeigen: Coppia wie Simon Imhoff sein schweher herrn Bartholomäus Haller hot sollen schreiben.418 Dieser Entwurf befindet sich in der Akte Fasz. 39, Nr. 8f, „Briefe Simon und Lienhard Imhoff“ und kann aufgrund seiner markanten und eindeutigen Handschrift Endres selbst zugeschrieben werden. Endres entwarf demnach den Brief für seinen Onkel Simon, ohne selbst in Erscheinung zu treten und gab so die Verhaltensstrategie vor. Der Entwurf war die Antwort auf ein Schreiben Bartholomäus Hallers vom 20. Juli an Simon. Darin warnte er die Imhoff vor eigenem Schaden, falls sie ihre Drohung wahrmachten und den Konflikt vor das Stadtgericht trügen. Immerhin müssten sie dann alle Akten offenlegen, auch die, wovon er nit gern schreibenn oder sagenn will419 und bezüglich der uncosten sonder verehrung und das grost aller euer gehaim420 und ebenso die Auszüge aus den Büchern etwa Engelhard Schauern421 und andere betreffend davon vil zu schreibenn wer422. Diese Akten müssten sie dann den advocatis, procurator, richter und schopffen, ja in die gantzen stat und

416 417 418 419 420 421

Ebd. Ebd., Nr. 8c (6a). Ebd., Nr. 8f (31d). Ebd., Nr. 8c (7b). Ebd. Engelhard Schauer war der Vertreter der Fugger in Rom. In einer etwas späteren protestation informierte Wolf Imhoff darüber, dass sein Bruder Paulus Engelhard Schauer 275 Scudi geliehen hatte (GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8a (12a)). 422 Ebd., Nr. 8c (7b).

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villicheit an das camergericht 423 vorlegen. Haller fragte weiter, ob es daher nicht besser wäre, sich mit Wolf zu einigen. Haller wies ferner darauf hin, dass dieser doch mittlerweile eine Rechnung erstellt habe und ihnen demnach nichts mehr schuldig sei, obgleich sie – wie Wolf ihm mitgeteilt habe – 4.000 fl. von ihm forderten. Dieser Brief und ein weiterer, den Bartholomäus Haller drei Tage zuvor direkt an Endres Imhoff geschrieben hatte, führten zu dem erwähnten Briefentwurf. Darin erläuterte Imhoff die Gründe, warum sie nun den Weg zum Stadtgericht wählen müssten, obgleich es ihnen lieber gewesen wäre, die Angelegenheit gütlich zu klären.424 Aber die unbilligen Forderungen Wolfs und seine Anschuldigungen, sie hätten ihm ihre Forderung von 4.000 fl. nicht aufgeschlüsselt, würden ihnen keine andere Möglichkeit lassen. Im Folgenden unterrichtete er Bartholomäus darüber, aus welchen Rechnungsposten sich ihre finanziellen Forderungen zusammensetzten und griff dabei auf die der Zentrale in Nürnberg vorliegenden verschiedenen Abrechnungen zurück. Diese entsprachen in etwa einer zusammenfassenden Aufstellung, die Endres und Mitverwandte wenige Wochen später in einer Stellungnahme dem Stadtgericht vorlegten. Beide Rechnungsaufstellungen waren wiederum eine Zusammenfassung mehrerer Abrechnungen aus der Hand Paulus und Wolf Imhoffs aus verschiedenen Jahren sowie die eingearbeiteten Korrekturen der Regierer.425 Durch ihre Gegenüberstellung wird deutlich, dass es ein paar Unklarheiten in den Posten gibt, die allerdings nur festgestellt, nicht aufgelöst werden können. Denn zur Aufklärung müssten die Unterlagen aus den Buchhaltungen der Faktoreien in Neapel und L’Aquila konsultiert werden, die wahrscheinlich nicht erhalten sind. Die erste Rechnung ist in den Entwurfstext Endresʼ, den im Juli 1550 Simon Imhoff als Brief an Bartholomäus Haller schrieb, integriert und kann folgendermaßen aufgeschlüsselt werden:

Tabelle 4: Rechnung aus dem Brief: Coppia wie Simon Imhoff sein schweher herrn Bartholomäus Haller hot sollen schreiben, Juli 1550426

Summa, die Paulus und Wolf schuldig waren abzüglich Einlage des Paulus Summa, die Paulus und Wolf schuldig waren davon durch Wolf laut Vertrag zu zahlen Bisher davon gezahlt Summa, die Paulus und Wolf schuldig waren Krankheit und Begräbnis für Paulus

4.133 fl. 15 ß. – 1.854 fl. 15 ß. 2.279 fl. 1.000 fl. – 415 fl. 3 ß. 1.863 fl. 17 ß. 1.268 fl.

423 Ebd. 424 Ebd., Nr. 8f (31a): wer mir eigentlich fast lieb und gefellig gewest und noch das solche sach gutlich auff laidliche und pilliche mittel und weg hetten mogen hingelegt werden. 425 In dem Aktenbestand gibt es eine eigene Akte GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8d, in der (die wenigen) vorhandenen Rechnungen gesammelt sind. 426 Ebd., Nr. 8f (31a–b).

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zehrung und unkost Wolfen Imhof, (von der Imhoff-Gesellschaft an + 631 fl. Wolf gezahlt) Summa 1.899 fl. also uns noch aussen stund 1.863 fl. 17 ß. und dan die 1.899 fl. obgemelt das zu gesetzt, macht in summa: 3.762 fl. 17 ß.

Die zweite Rechnung erstellten Endres Imhoff und Mitverwandte Ende 1550 im Rahmen einer Einrede427 für das Nürnberger Stadtgericht gegen eine Protestation Wolfs:

Tabelle 5: Rechnungsaufstellung in der Stellungnahme ‚Endres Imhoffs und Mitverwandte‘ für das Nürnberger Stadtgericht, Ende 1550428

Paulus ist uns schuldig Kosten aufgrund von Krankheit und Begräbnis, (von ImhoffGesellschaft an Wolf gezahlt) Item so wirt gesetzt, das Paulus vergesen sol haben, in seiner rechnung zu verrechnen summa Abzüglich der Einlage von Paulus summa Abzüglich der Summe aus Verkauf der Waren laut verzaichnis summa Item so man gleich die 2 obgemelt post [585 fl. 11 ß. + 683 fl.] gut thutt So pleibt uns denig noch auff an

4.133 fl. 15 ß. –

585 fl. 11 ß.



683 fl.

5.402 fl. 6 ß. – 1.854 fl. 15 ß. 3.547 fl. 11 ß. – 415 fl. 3.132 fl. 11 ß. – 1.268 fl. 11 ß. 1.864 fl.

Der Unterschied der beiden Aufstellungen liegt in der offenen Summe von 3.762 fl. 17 ß. (Juli 1550) sowie 1.864 fl. (Ende 1550), die Wolf den Imhoffs noch schuldig sein solle. Aus dem Vergleich der beiden Tabellen wird deutlich, woraus diese unterschiedlichen Summen resultieren: Die Kosten der Krankheit und die Begräbniskosten für Paulus wurden von den Regierern von 1.268 fl. auf 585 fl. 11 ß reduziert; unkost und zerung zugunsten Wolfs mit einem Betrag von 631 fl. wurden hingegen gestrichen und sie berechneten einen Posten von 683 fl., den Paulus in der Vergangenheit in der Rechnung vergessen habe. Dies alles ergibt eine Summe von 1.899 fl., die in der Gesamtsumme der zweiten Rechnung also nicht mehr auftauchte. Hier kamen die Regierer auf eine insgesamte Forderung von 1.864 fl., die im Übrigen der alten Einlage Paulus Imhoffs entsprach. Diese forderte wiederum Wolf in einem späteren Schreiben im Vorfeld

427 Widerspruch oder Einspruch nach: DRW, online: http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/ drw-cgi/zeige?index=woertererkl&term=einrede&firstterm=einrede. 428 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8a (13f).

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zur Verhandlung am Stadtgericht von seinen Herren zurück.429 Offensichtlich hatten die sechsmonatigen Verhandlungen der Vermittler zu dem Ergebnis geführt, dass die drei Posten aus der Gesamtrechnung herausgenommen wurden. Nach dieser Aufschlüsselung wiesen Simon und Endres Imhoff erneut darauf hin, dass Wolf und Paulus in den Faktoreien übel gewirtschaftet hätten. Obgleich die Herren ihnen vil gutts erzaigt und bewissen430, hätten sie ihnen finanziellen Verlust wegen ihres ubermessigen und unpillichen ausgeben431 gebracht. Aufgrund dieser Verschwendung und der Forderungen gegen Wolf sollten die Haller ihre Meinung überdenken. Simon sicherte ihnen zu, obgleich sie Wolf gewieslich nichtz schuldig seien, dass er und seine Mitverwandten von rue, fried und einigkeit wegen, auch euch zu euren volgefallen432 das Vorhaben, vor Gericht zu ziehen, genau überdenken würden. Er schloss diesen Brief in der Hoffnung, dass sein Schwager Bartholomäus Haller ihm nichts übelnehme, sondern ihm wohlgewogen bliebe.433 Dieses von Endres entworfene und von Simon ausgefertigte Schreiben stellte die letzte Station der ersten Vermittlungsphase dar, die zwar noch nicht ihr Ziel der gütlichen Einigung erreichte, jedoch zu einer Senkung der ursprünglich geforderten Schuldsumme führte. 15. Die Tätigkeit des Nürnberger Stadtgerichts Das Verfahren wurde nun vor dem Stadtgericht weitergeführt, dazu erging als erster Schritt eine Ladung für den 27. November 1550, diese hat sich allerdings nur in einer Stellungnahme Wolfs vom 22. November 1550 erhalten.434 Der Gang vor das Stadtgericht erwies sich für die Regierer als eine letzte Möglichkeit, den Fortgang des langwierigen Verfahrens zu beschleunigen und zu einem Ergebnis zu führen. Zum Ladungstermin am 27. November erschien Wolf nicht. In einer Stellungnahme vom 22. November führte er drei Entschuldigungsgründe auf: 1. Es herrsche keine Eile, nach den gemeinen Rechten stünde es jeder Partei zu, ihre Klage auch noch 10, 20 oder 30 Jahre später vorzubringen (das einer jeden clagendenn parthei vorstee zu action und clag irer gelegenheit nach inn zehenn, zwanzig oder dreissig jarenn gegen iren widerfall furzunemen435). 2. Er habe keine Zeit, da er in Diensten seiner kaiserlichen Majestät verstrickt sei436 und schließlich verfüge er 3. nicht über die notwendigen Schriften und Akten, denn die lägen noch in Neapel (Zum dritten 429 430 431 432 433

Siehe weiter unten S. 141. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8f (31c). Ebd. Ebd. Ebd.: wolt mir mitt dieser als einer warhafften antwort nichtz in ungutten auffnemen, sonder mein gonstiger her und schweher sein pleiben. 434 Ebd., 8a (10a). Diese sowie die folgenden gerichtsrelevanten Schriftstücke sind im gesamten Aktenbestand GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39 unter „Gerichtsakten“ zusammengefasst. 435 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, 8a (10a). 436 Ebd.

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ligt mir auch das im weg, das ich alle meine schrifften und register auch anders, so ich zu meiner handlung bedurfftig nitt bei handen hab, welche alle zu Napolis ligenn unnd in solich will nitt bei hannden pracht werden mogen437). Endres und Mitverwandte ließen durch einen Anwalt antworten, dass sie die drei Gründe für unstatthafft438 hielten. Der Anwalt begründete das damit, dass Stillschweigen nach 10, 20 oder 30 Jahren nur im Fall einer diffamation (Verleumdung) gemäß dem gemeinen Rechte möglich sei, bevor der Rechtsweg beschritten werde.439 Ferner sei Wolf nicht in kaiserliche Dienste berufen worden, sondern habe sich freywillig in derselben besoldung begeben.440 Auf den dritten Punkt, Wolf habe alle Register, Rechnungen und Bücher noch in Neapel, antwortete der Anwalt, das sei ein Beleg dafür, dass Wolf von Anfang an nie ernsthaft in Nürnberg die geforderte Abrechnung vorlegen wollte. Habe er aber doch seine Unterlagen aus Neapel mitgebracht, sei offenbahr, das solche entschuldigung ganz frivola und unerheblich ist.441 Daraufhin erging, immer noch vor dem eigentlichen Ladungstermin, eine Protestation Wolf Imhoffs, in der er nun alle bisherigen Verabredungen für obsolet erklärte. Er stellte des Weiteren neue finanzielle Forderung gegen die Imhoff auf. So forderte er nun 2.500 Scudi,442 resultierend aus der Einlage und nicht gezahlter Besoldung seines Bruders Paulus sowie 1.600 Scudi, die ihm aufgrund seiner Erkrankung im Dienst zustanden, ferner 1.200 Scudi aus Verlusten an Safran, 1.300 Scudi aufgrund seines viermonatigen Gefängnisaufenthaltes und schließlich 1.469 Dukaten und 24 Celle443 aus ungenannten sechs alten Rechnungsposten. 444 Nachdem Wolf diese Aufstellung in seiner Protestation aufgelistet hatte, gelang ihm zum Schluss seiner Schrift eine besondere Volte, denn er erklärte sich nach Vermittlung Wolf Hallers von Hallerstein, bereit, statt der zuvor geforderten Summe von 4.894 Scudi nur noch 1.600 Scudi von Imhoff zu verlangen, wenn sie ihm die Rückerstattung der ihm geliehenen 300 Scudi erließen.445

437 438 439 440 441 442 443 444 445

Ebd. Ebd. (11a). Ebd. Ebd. Ebd. frivola ist hier als ‚leichtfertig, verantwortungslos, provokativ, unverschämt und nichtssagend‘ zu verstehen. Ebd. (12d): So vil ist das so vonn Paulusen Imhoff seligenn wegenn begert wurdt unnd drifft 2.500 ▽. Item Wolff Imhoff fur sich selbs, begert nochmals 1.600 guldenn, unkostens die er in 13 monaten die er in seiner herren dinst und geschafften dotsiech und kranck gewest. Kleinmünze in den Abruzzen, siehe Glossar. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8a (12k). Ebd. (12k–l): Thun also diese postenn all sovil Wolffen Imhoff bedurfft 4.894 ▽. Inn dem allem wiewol Wolff Imhoff vermeint die herrn Imhoff solenn im nichts abgesprochen habenn, so hatt doch der edel und vest Wolff Haller von Hallerstain s[einer] kay[serlichen] M[aiestät] pfennigmaister sach hievor dahin gehandelt unnd Wolffen Imhoff darann beredt unnd bewegt, das er bewilligt hatt fur sich selbs fur all sein anforderung 1.600 ▽ zunemenn, unnd dar ime die 300 ▽ die ime die herren zu Venezia zustellen haben lassen nachgelassen werdenn.

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Dieses Angebot wiederum zog eine Einrede der Imhoff nach sich, die sich ob welchem wir uns fast als nit unpillich verwunderten446 und sich auf nichts dergleichen einlassen wollten. Sie zweifelten auch am angeblich gestohlenen Safran, aus dem Wolf ebenfalls Forderungen stellte, denn niemand – auch in L’Aquila – habe je davon gehört, also wir es mer fur ein gedicht ding dann fur ein warhaitt hallten.447 Aus ihrer Einrede geht weiter hervor, dass Wolf ihnen vorwarf, sie hätten Paulus in ihren Briefen so bedroht, dass er sich so zerlich zue halltenn, sich also verzehrt hätte, dass es ihnen, nach Wolf, dasselbig irem vermeinen nach zue nachtail wer raichen. Wolf unterstellte ihnen damit, sie hätten Paulus zu einem so (kummer)zehrenden Leben getrieben, dass ihnen die Folgen zum Nachteil gereichen werden. Darauf antworteten die Imhoff: das wir woll nit wissen kunnen, was wir in alles geschrieben mogenn haben, dann wir kain Copia darvon behalttenn, sie glaubten daher, dass sie Paulus in der Vergangenheit wahrscheinlich gewarnt hatten, sich vorzusehen und sonderlich zu nachtz dahaim sich erhaltenn. 448 Die Rechtfertigung der Imhoff wegen fehlender Briefkopien sich nicht erinnern zu können, ist allerdings bei der insgesamt doch peniblen Imhoffschen Schrift- und Buchführung, die auch Briefeingangs- und ausgangsbücher umfassten, unglaubwürdig und war wohl eher eine Schutzbehauptung. Auch die Imhoff-Regierer versuchten demnach, ihr Verhalten in der Vergangenheit gut darzustellen und so ihre Position vor einem möglichen Prozess zu verbessern. Da Wolf ihren Vorschlag, dass beide Parteien eine Person, die ihnen gefällig wäre, hinzuziehen sollten, abgeschlagen und auff seiner unpillichen forderung beharrt449 hatte, blieb aus ihrer Sicht nichts anderes übrig, als Ende Dezember 1550 den Gang vor das Nürnberger Stadtgericht zu wählen.450 Schon am 9. Januar 1551 erging durch das Stadtgericht ein Zwischenurteil. Dabei handelt es sich um ein Urteil, dass nur mit Verfahrensfragen und nicht mit dem eigentlichen Streitgegenstand befasst ist. Im vorliegenden Fall entschied das Gericht in seinem Zwischenurteil die Frage nach der Konsequenz aus dem Nichterscheinen Wolfs vor dem Stadtgericht. Es erging daher folgendes Zwischenurteil: Aufgrund des ungehorsamen Fernbleibens des Beklagten Wolf (beclagten ungehorsam aussenpleiben451) wurde in seiner Abwesenheit (seinthalben in contumatia452) verfügt, dass er entweder innerhalb von vier Monaten sein beschraien einklagen müsse, andernfalls könne er nach diesem

446 447 448 449 450 451 452

Ebd. (13s). Ebd. (13t). Ebd. Ebd. (13s). Ebd. Ebd. (14). Ebd. Bezieht sich auf einen Brief Wolf Imhoffs vom 22. November 1550 (ebd., 8a (10)), in dem er erklärt, warum er an dem festgesetzten Gerichtstag nicht in Nürnberg sein könne. Wird in ebd., 8a (11) vom Anwalt der Herren Imhoff zurückgewiesen.

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Zeitraum in der Sache nicht mehr gehört werden und der Schaden müsse mittels eines Vergleichs behoben werden.453 16. Der Vergleich im Februar 1551 Das Zwischenurteil des Stadtgerichtes hatte die erwünschte Wirkung. Die Parteien kamen in Augsburg zusammen und schlossen mit Unterstützung von Vermittlern einen Vergleich, der jedoch nur als abschriftliche Ausfertigung von Wolf Imhoff erhalten ist. Die zweite Ausfertigung für ‚Endres Imhoff und Mitverwandte‘ ist nicht erhalten. Aus dem Vertrag gehen neben den Konfliktparteien auch namentlich die Vermittler hervor. Dabei handelte es sich um den kaiserlichen Rat, Hof- und Generalschatzmeister Wolf Haller von Hallerstein und seinem Vetter, dem in habsburgischen Diensten stehenden Diplomat und Gesandten Ruprecht Haller von Hallerstein sowie den Nürnberger Bürger und Mitglied des Kleinen Rates Erasmus Ebner (meine lieben herren vettern hern Wolf und Ruprecht Haller von Hallerstein und hern Erasmus Ebner, burger des clainen rats zu Nurmberg, das sy als underhendler und zeugen sich mit aigen handen underschriben454). Diesen erfahrenen Unterhändlern war es gelungen, die verfahrene Situation zwischen ‚Endres Imhoff und Mitverwandte‘ sowie Wolf Imhoff und seiner Familie zu klären, die sich zuletzt vor allem um gegenseitige finanzielle Ansprüche drehte. Diese sowie weitere aus dem Dienstverhältnis herrührende Ansprüche wurden in dem Vergleichsvertrag zunächst aufgelistet.455 Der eigentliche Vergleich umfasste daraufhin folgende Vereinbarung: Alle Ansprüche, die die Imhoff gegen Wolf haben und speziell die Summe von 320 scudi, die sie Wolf in Venedig geliehen hatten, wurden als erledigt betrachtet: Und dieweyl sy gegen solcher vertzicht mich und meine bruder aller und yeder ansspruch oder anforderung, so sy gegen uns haben machen, mein frau mutter und mich der draihundert und zwaintzig cronen, so mir zu Venedig zalt worden frej, ledig und quit zelt haben.456 Ferner erklären sich die Herren Imhoff bereit, aus verwandtschaftlicher Verbundenheit und nicht, weil sie von Rechts wegen dazu verpflichtet seien, Wolf Imhoff 2.200 fl. und seiner Mutter 100 fl. zu zahlen: daruber mir aus vetterlichem willen und aus kainer gerechtigkait, zwaytausett und zwayhundert gulden zu muntz, desgleichen meiner lieben mutter ainhundert gulden zu geben bewilliget.457 Allerdings mit folgender wesentlicher Bedingung, nicht Wolf sollten die 2.300 fl. bar zu

453 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8a (14): das soll er thun in vier monaten den negstenn oder weitter darmit nit gehörtt werden, welche zeitt ime vonn gericht wegen angesetzt sein soll, mit vergleichung der scheden. 454 Ebd., Nr. 8g (44a). 455 Da diese Ansprüche bereits mehrfach abgehandelt wurden, kann an dieser Stelle auf eine erneute Aufzählung verzichtet werden. 456 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8g (44c). 457 Ebd.

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seinen Händen ausgezahlt werden, sondern in Vertretung Wolf Haller von Hallerstein und Sebastian Imhoff. Diese wiederum verpflichteten sich, die komplette Summe auf Wolfs wagnus auf zins und interesse anzulegen458 und ihm jährlich die Verzinsung daraus zukommen zu lassen (und mir alle jar die verzinsung und nuzung volgen zu lassen459). Die angelegte Summe (prinzipalsuma) dürfte Wolf weder anrühren noch mindern, es sei denn, Simon und Lienhard Imhoff sowie Wolf und Ruprecht Haller bewilligten es (Aber die prinzipalsuma soll ich nicht vermindern noch angreifen mugen, es sei dann mit bewilligung und wissen herren Symon und Lienhart Imhoff, auch meiner lieben herren und vettern hern Wolf und Ruprecht Haller460). Hinter dieser Regelung standen sicher die vergangenen schlechten Erfahrungen der Imhoff mit Wolfs Verhalten. Durch die Zusicherung der jährlichen Zinszahlung war gewährleistet, dass Wolf über regelmäßige Einkünfte verfügte, ohne Gefahr zu laufen, das Kapital anzugreifen. Zudem waren dann die Herren ihm gegenüber von jeglicher weiteren Verpflichtung befreit. Umgekehrt schwor Wolf auf jegliche exception, reduction, restitution461 zu verzichten. Durch diese sog. Renuntiationsklausel wurde die Vertragsautonomie gewahrt, der Vertrag war damit unanfechtbar, insbesondere für den Fall, dass sich im Nachhinein eine der Berechnungen als irrtümlich herausstellen sollte, dazu bemühte man im Vertrag den Fall des ‚Kalkulationsirrtums‘. Das bedeutete, dass auch im Fall des nachträglich festgestellten Kalkulations- oder Rechenirrtums die Vertragsbedingungen gelten sollten. In dem Vergleichsvertrag hieß es dazu sehr weitgehend: insonderhait der excepcio non numeratae pecuniae doli et metus erroris calculi462). Sowohl bei Nichtempfang der Zahlung als auch bei arglistiger Täuschung (‚dolus‘) und widerrechtlicher Drohung (‚metus‘) sowie beim Kalkulationsirrtum war der rechtliche Einspruch (‚exceptio‘) ausgeschlossen. Nach den vorhergegangenen jahrelangen Auseinandersetzungen um richtige Abrechnung, Gewinn- und Einlageberechnungen, Erträge aus Safrangeschäften, Bürgschaftssummen ist diese vertragliche Zusicherung von ganz besonderer Bedeutung gewesen und stellte für die Parteien eine notwendige Rechtssicherheit her. Die Ausgleichszahlungen der Herren Imhoff gegenüber Wolf führten umgekehrt zu der Frage, welche Leistungen die Imhoff von Wolf erwarteten. Die Vertragsparteien legten fest, dass Wolf sich verpflichtete, auf seine ern, trauen und glauben, alle missif und brief, rechnungen, register, protocol, procura, instrument,

458 459 460 461

Ebd. Ebd. Ebd. Ebd.: So sag und zel ich sy allerdenig quit, ledig und loß, verziche mich auch darauf, abermalen zu bestendigen rechtsform und bey dem aid so ich derhalben mit handgebenden threuen und glauben angelobt, auch mit meinem leib, ehr und gut hierunder nimermer zu handeln verbunden hab, aller exception, reduction, restitution und freiheit auch begnadung, so mich wieder dise renunciacion und quitanzen zu ainichen weg furwegen, wie die imer erdecht, ausgebracht ader ains aigner bewegnung gegeben werden mochten. 462 Ebd. (44c–d).

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puecher und gemainlich alle ervhunden iren handel betrefend463 den Regierern zu übergeben. Das galt für alle Unterlagen, die er bereits in seiner Hand hatte und die er je in seine Hand (meine gewaltsame) bekommen sollte.464 Wolf erklärte sich damit bereit, alle Geschäftsunterlagen, über die er in seiner Eigenschaft als Faktor der Imhoff-Gesellschaft verfügt hatte, seinen Herren zurückzugeben. Damit wurde eine der entscheidenden Ursachen des Konfliktes, der zehn Jahre zuvor seinen Anfang nahm, gelöst. Damals entzündete sich die Auseinandersetzung ja daran, das sich Wolf nicht bereit erklärt hatte, nach dem Tod seines Bruders in L’Aquila, nach Nürnberg zu kommen, die Bücher vorzulegen und Rechenschaft abzulegen. Mit dem vorliegenden Vergleichsvertrag war dieser Punkt erledigt. In dem Vertrag folgte noch ein weiterer für die Herren wesentlicher Aspekt, denn Wolf sicherte zu, alle gehaimnussen des handls bis zu seinem Tod verschweigen zu wollen. Ergänzend vermerkte er noch, dass sich die Imhoff natürlich nach seinem Wissen gegen mir und sonst gegen allermeiniglich, nicht anderst dann ufrecht, redlich, erlich und unverwaislich gehalten465 hätten. Damit war die Gefahr, dass Wolf seine in der Vergangenheit von ihm vorgebrachten Drohungen wiederholte, beseitigt. Die einzelnen Klauseln des Vergleichsvertrags zeigen sehr deutlich, an welcher Stelle in der Vergangenheit die Konfliktpunkte der jeweiligen Parteien lagen und wie sie nun gelöst werden konnten. Wolfs Probleme waren meist finanzieller Natur – verbunden mit einer anstößigen Lebensweise in Neapel, was ihn in Konflikt mit seinen Herren brachte. Diese beklagten Ungehorsam und Pflichtversäumnisse ihres Faktors wegen fehlender Abrechnungen, verweigerter Vorlage der Bücher, vielfältiger Schulden sowie Wolfs Drohungen, ihren guten Ruf zu gefährden und damit ihre geschäftlichen Unternehmungen zu schädigen. Die Lösung des Konfliktes durch den Vergleichsvertrag bestätigten dann auch Simon, Lienhard und Willibald Imhoff in einem Schreiben, dass auf den Tag der Vertragsausstellung den 10. Februar 1551, datiert ist. Darin versicherten sie, dass Wolf nun zu ihnen nach Augsburg gekommen sei und eine ihnen genügende und korrekte Rechnung erstellt habe (mit unserem guetter wissen unnd willen vor uns khomen unnd gemelte drey gebrüder unns genugsam unnd auffrichtige rechnung466). Die gegenseitigen Ansprüche seien damit aufgehoben und erledigt.467 Der Vergleichsvertrag kam durch die verwandtschaftlich verbundenen Vermittler, unter anderem Ruprecht Haller von Hallerstein sowie seinem Bruder, dem kaiserlichen Rat Wolf Haller von Hallerstein, zustande und wurde auch von diesen 463 Ebd. (44d). 464 Ebd.: Zu dem soll und will ich ihnen bei meinen ern, trauen und glauben, auch alle missif und brief, rechnungen, register, protocol, procura, instrument, puecher und gemainlich alle ervhunden iren handel betrefend, sovil ich dern alhie beihannden oder an andern orthen vorhanden weiß, und in meiner gewaltsame hab oder von mein gelich wider zu handen bringen mag, zutzustellen. 465 Ebd. 466 Ebd., Nr. 8h (51). 467 Ebd.: unnd versprechen fur unns unnd unser erben zue ewigen zeitten khain zuspruch an sy zu haben noch zu suchen.

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bezeugt. Sie waren nicht nur in die Verhandlungen einbezogen, sondern sorgten auch für die Erfüllung der Vertragsbedingungen in den nächsten Monaten.468 In einem Brief vom 14. September 1551 schrieb Ruprecht Haller an Endres Imhoff, dass er durch Hieronymus 2.200 fl., die diesem durch die Herren Imhoff an Pfingsten 1551 ausgezahlt worden waren, gegen einen Wechsel erhalten hätten.469 Es handelte sich dabei um die gemäß dem Vertrag zugesagten 2.200 fl. rheinisch, deren jährliche Verzinsung Wolf zustand. Für die regelmäßige und angemessene Verzinsung sollte nun Ruprecht Haller durch geschickte Anlage des Kapitals sorgen. Wie aus dem Brief hervorgeht, legte er die Summe dann auf Wolfs risico in Antwerpen in sog. rentmeisterbriefe an.470 Die Rentmeisterbriefe waren die kommunale Rente der Stadt Antwerpen, die sie durch das Rentmeisteramt, das schließlich den Namen dafür gab, verwalten ließ. Dabei waren diese Antwerpener Rentenpapiere eine zuverlässige und gewinnbringende Anlageform.471 Nach Jahnel waren „nach einem Erlass des Kaisers [Karls V.] seit 1530 ein Maximalzinsfuß von 12%“472 für diese Renten erlaubt. Die Imhoff, die sich erst seit den 50er Jahren des 16. Jahrhunderts stärker im Geldhandel engagierten, waren mit den Antwerpener Renten neuerdings zunehmend vertraut.473 Insofern passte diese Kapitalanlage für Wolf Imhoff gut in die aktuelle Geschäftspraxis der Imhoff. Zum endgültigen Abschluss des Vergleichs quittierten Wolf und seine Geschwister die Vergleichszahlung.474 17. Fazit Der Konflikt innerhalb der Imhoff-Gesellschaft wurde nach gut 10 Jahren endgültig beigelegt. Die letztlich erfolgreiche strategische Vorgehensweise zur Lösung dieses

468 So hoffte Ruprecht Haller am 13. Februar 1551 in einem Brief an Endres Imhoff, dass sie mit ihrer guottlichen underhandlung zufrieden waren, bei der die strittichait zur erhaltung und furderung guetlich vertragen und hingelegt wurde und stellen zukünftig ihre Hilfe zur Verfügung (GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8c (9)). 469 Ebd. (10): die fl. 2.200 zu 60 t[ale]r, ime [...] vierung des vertrags zu geben bewilligt, an mich gen Antorff zu wechsel gemacht. Kurz vor diesem Brief quittierte Hieronymus Imhoff am 8. Juli 1551 den Herren Imhoff, dass er die 2.200 fl. zu Wechsel erhalten und diese Summe wiederum zum Pfingstmarkt mittels Wechsel durch Hieronymus und David Zangmeister an Ruprecht Haller zu 57 gl. per 65 taler ausgezahlt habe, GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8h (50). 470 Ebd., Nr. 8c (10): mit beger, das ich solchs also annemen und auff gemelts Wolff Imhoff risico auff rentmaister brief anlegen. 471 Hierzu ausführlich Hermann Van der Wee, The Growth of the Antwerp Market an the European Economy (14th–16th centuries), Louvain 1963, passim., North, Kommunikation, S. 38 und 92f. Siehe auch Markus A. Denzel / Alexandra Holzhey, „Rente“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 15, Stuttgart / Zürich 2012, Sp. 835–837. 472 Jahnel, Die Imhoff, S. 167–168. 473 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 240–241. 474 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8a (16).

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Konfliktes lag in der Pendelbewegung zwischen Vermittlung und Zwangsmaßnahmen, also einem mehrstufigen System von Strategien, Mitteln und Wegen zur Konfliktlösung: 1. Einbestellen des Faktors in die Geschäftszentrale durch die Regierer zur Abschlussrechnung 2. Kontrolle durch den Neffen (Leiter der Niederlassung Venedig) Hieronymus 3. Stetige konsultierende und vermittelnde Korrespondenz zwischen den Familienmitgliedern der Imhoff (Regierern in Nürnberg, Verwandten in der Niederlassung Augsburg, Verwandte am Handelsplatz Venedig, Walhen und Handelsdienern) 4. Externe Vermittlung nach Supplikationen an den Bürgermeister und Rat von Nürnberg 5. Externe Unterstützung durch den Kaiser und den Vizekönig von Neapel 6. Zwangsmaßnahmen: Gefängnis 7. Unterhändler als Vermittler 8. Streitaustrag vor dem Nürnberger Stadtgericht 9. Vermittlung durch die verschwägerte Haller-Familie Dabei spielte die Vermittlung eindeutig die größere Rolle und erst als sie zeitweise nicht griff, kamen die Zwangsmaßnahmen zum Zuge. Als Vermittler waren überwiegend blutsverwandte sowie angeheiratete Familienmitglieder tätig. So blieben der Konflikt bzw. die während des Konflikts zutage tretenden Geschäftsinterna innerhalb der erweiterten Familie. Gerichtsverfahren, die – wie noch zu zeigen sein wird – ohnehin von Familiengesellschaften dieser Zeit nur im äußersten Konfliktfall eingesetzt wurden, konnten größtenteils vermieden werden, lediglich eine kurze Intervention des Nürnberger Stadtgerichtes wurde in Anspruch genommen. Dieses erste große Fallbeispiel demonstriert die Vermittlertätigkeit im Konfliktfall bei Familiengesellschaften des 15. und 16. Jahrhunderts als idealtypische Strategie, selbst unter Inkaufnahme der langen zeitlichen Dauer. Die Grundlage der Vermittlung war der Konsens und ist es bis heute im vergleichbaren Verfahren der Mediation. Alle Parteien müssen sich auf die Vermittlung und auch die Person des Vermittlers einigen können. Der Vermittler musste eine für alle Konfliktparteien akzeptierte und vor allem auch respektierte Persönlichkeit sein. Ihm musste man zutrauen können, das Verfahren über eine Deeskalation hin zur Feststellung der Ansprüche, Forderungen und Bedürfnisse aller Parteien zu führen und schließlich Vorschläge zur Konfliktlösung vorzutragen. In dieser Weise agierten auch die Vertreter der Familie Haller. Im Fallbeispiel konnten sie diese Ansprüche an den Vermittler am wirkungsvollsten auf sich vereinen, daher akzeptierten sie sowohl die Regierer der Imhoff-Gesellschaft als auch Wolf Imhoff und das führte letztlich zur Lösung des zehnjährigen Konfliktes.

II. FALLSTUDIEN NACH VERWANDTSCHAFTLICHEN VERHÄLTNISSEN 1. Vater und Sohn 1.1. Die Meuting von Augsburg im Jahr 1436. Vertragliche Regelungen zur Konfliktvermeidung Im Zentrum dieses Kapitel steht einer der frühesten oberdeutschen Gesellschaftsverträge vom 4. Oktober 14361 der Augsburger Meutinggesellschaft. Er wurde von der Forschung bereits mehrfach bearbeitet,2 daher stehen hier auch nur die einschlägigen Artikel, die zur Fragestellung beitragen, im Fokus. In der Präambel des Vertrags werden im Wesentlichen Fragen zum Personenkreis der Gesellschaft, zur Kapitaleinlage, zum Konkurrenzverbot, zum Todesfall, zur Ausstiegsklausel, zum Bürgschaftsverbot, zu Entscheidungsfindungen sowie zu Rechnungslegungen und -abschlüssen geregelt. Die Themen der insgesamt zehn Artikel des Vertrags wurden außerdem in so gut wie allen späteren Verträgen anderer Gesellschaften ebenfalls behandelt, da sie von prinzipieller Bedeutung waren. Der Meutingvertrag zeichnet sich jedoch gegenüber späteren Verträgen durch eine besondere Knappheit in den Ausführungen und durch ein singuläres Abstimmungsverhalten im Streitfall aus, weshalb er in dieser Hinsicht hier analysiert werden soll. Die Familie Meuting war zum Zeitpunkt des Vertrags bereits einige Jahre in Augsburg nachweisbar, dorthin war sie aus dem benachbarten Großaitingen gezogen und hatte 1363 unter Johann Meuting († 1377/80) das Bürgerrecht erworben. Zwischen 1369 und 1374 gehörte sein Sohn Konrad Meuting († 1385) zu den Zwölfern der Augsburger Weberzunft und legte „als Weber hinterm Webstuhl“, möglicherweise schon in dieser Zeit auch durch Barchent- und Baumwollhandel, den Grundstein für das Vermögen der Familie, die seit 1400 in der Annastraße in Augsburg ihren Wohnsitz hatte.3 1426 erhielten die Meuting das kaiserliche Wappen. 1429 zog die Familie innerhalb der Annastraße um und bewohnte nunmehr zwei Häuser, heute Annastraße Nr. 4 und 6. Dort lebte die Familie fast 60 Jahre lang, bis zu ihrem ökonomischen Niedergang im Jahr 1482.4 Vermutlich gegen 1415/20 schlossen sich Hans I. d. Ä. († 1448) sowie seine Vettern Ulrich I. († 1447/48) und Hans II. d. J. († 1453) zu einer ersten Gesellschaft zusammen. Die Gesellschaft handelte mit Baumwoll und Barchent, ihr ökonomischer Radius umfasste Augsburg, dessen nähere Umgebung, Ulm, Nürnberg, Nördlingen, Frankfurt a. M. und erstreckte sich im Norden bis Brügge sowie im Süden

1 2 3 4

StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213, abgedruckt bei Strieder, Genesis, (nur in der 2. verm. Aufl., 1935), S. 220–223, Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 1’–4’, Möncke, Ausgewählte Quellen, S. 292–295. Zuletzt M. und E. Isenmann, Das Innenverhältnis, S. 437–440. Steiner, Meuting, S. 31; Artikel ‚Meuting‘ von Peter Geffcken und Mark Häberlein, in: Günther Grünsteudel / Wolfram Baer (Hrsg.), Augsburger Stadtlexikon, Augsburg 1998, S. 653f. Steiner, Meuting, S. 50.

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bis Venedig und Genua.5 Offensichtlich arbeitete die Gesellschaft sehr erfolgreich, denn Hans I. d. Ä. konnte sein Vermögen nach dem Augsburger Steueranschlag aus dem Jahr 1410 von 480 fl. auf 23.940 fl. in seinem Todesjahr 1448 erhöhen.6 Diese Summe lässt sich nach Strieder aus der Steuerschuld von 100 fl., die seine Söhne in dem Jahr zahlten, errechnen.7 Hans d. Ä. stand damit an 2. Stelle der Vermögenden in Augsburg, seine beiden Vettern Ulrich und Hans II. d. J. steigerten ihrerseits ihr Vermögen von zusammen 540 fl. im Jahr 1413 auf 12.000 fl. und 5.916 fl. ebenfalls im Jahr 1448.8 Ist das Anfangsdatum der ersten Gesellschaft nicht ganz gesichert, so kann die zweite nachfolgende Gesellschaft in ihrem Beginn durch den Gesellschaftsvertrag vom 4. Oktober 1436 genau fixiert werden. Auch die genaue personelle Zusammensetzung wird nun fassbar: Nach dem Vertrag schlossen sich Hanns Meuting der elter, ich Ulrich Meuting, ich Hans Meuting der junger, ich Claus Grander, den man nennet Meuting, all drei sein vetter, ich Conrad Raud und ich Ludwig Horlin, alle burger ze Augsburg zusammen.9 Neben dem unmittelbar namengebenden alten Gesellschafterkreis, Hans I. d. Ä. und seine beiden Vettern Ulrich und Hans II. d. J., kam auch ein Vertreter der mit Meuting eng verbundenen Grander hinzu. Claus Grander war der Sohn entweder von Anna oder Katharina, Töchter von Konrad I. Meuting, und somit ein Neffe der ersten drei genannten Meuting-Vettern.10 Schließlich gehörten nach dem Vertrag auch Ludwig Hörnlin, der Schwager Hans II. d. J., sowie Konrad Raud († 1461/62) zur Gesellschaft. Dem eigentlichen Vertragsartikel wurde eine Präambel vorgeschaltet, in der die Gesellschafter darauf verwiesen, dass sie in der Vergangenheit bereits einige Jahre eine Gesellschaft geführt hatten (Als wir ettwie manig jare gemainschaft und geselleschafft untz her mit ainander gehebt haben11). Im Folgenden betonten sie, dass die alte Gemeinschaft erfolgreich, glücklich und gut gehandelt hatte (unser gewerb und hanttierung zemaul glücklich und wol erschossen [ersprießlich] hant12) und sie bisher in Treue, Liebe und Freundschaft verbunden gewesen waren (wir untz her nicht denne[!] gantze trewe liebe und frundschafft by ainander erfunden haben13). 5 6 7 8 9 10

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Strieder, Genesis, S. 98; Augsburger Stadtlexikon, Artikel ‚Meuting‘, Geffcken / Häberlein, S. 653. Augsburger Stadtlexikon, Artikel ‚Meuting‘, Geffcken / Häberlein, S. 653. Strieder, Genesis, S. 95 (Tabelle 28) und S. 96. Augsburger Stadtlexikon, Artikel ‚Meuting‘, Geffcken / Häberlein, S. 653. StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213. Nach Steiner, Meuting, S. 30 heiratete Claus Grander 1449 eine (ungenannte) Schwester Hans d. J. und hatte mit ihr einen Sohn, Thoman, der Faktor bei den Fuggern wurde, Mark Häberlein, Die Fugger. Geschichte einer Augsburger Familie (1367–1650), Stuttgart 2006, S. 21. In zweiter Ehe verheiratete sich Grander mit Barbara Fugger vom Reh. StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg Akten, 213. Ebd. Ebd. In der Edition von Strieder, Genesis, S. 221; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd.2, S. 3’ sowie Möncke, Ausgewählte Quellen, S. 292 heißt es: „nicht deme gantze trewe, lieb und fruntschaft“. Tatsächlich ist jedoch zu lesen: nicht denne – ‚nichts als‘, StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213. Damit ändert sich der Sinn dahingehend, dass diese drei Verhaltensmaximen auch bisher das Verhältnis geprägt hatten.

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Aus diesem Grund entschlossen sich die Gesellschafter einmütig, ihre gemeinsame Handlung zum besten Nutzen (bessers nutzen und richtikait willen14) zu erneuern und zu verlängern (gesellschaft und gemeinschafft erlengert, vernewett, verlengern, vernewern und bevesten wir also15) und sie auf der Grundlage dieses Vertrags erneut zusammen mit friedlichem Sinn und ohne Streit zu führen (on gross irrung ditz verainung und gesellschaft gehalten und in guter fruntschaft gesein mugen16). In der Präambel dominiert eine Semantik, die vor allem von Frieden, Ordnung, Liebe und Treue sowie dem besten Nutzen und dem Erfolg spricht. Dies ist zugleich die ideelle Basis einer jeden Handelsgesellschaft, die die Gesellschafter eidlich in einem Vertrag gelobten. Zugleich bildete dieser Vertrag auch die Versicherung, dass die Gesellschafter der irrung oder auch dem Streit, der den Idealen und damit auch dem Nutzen und Besten der Gesellschafter entgegenstand, abschworen. Unmittelbar daran schließt sich im Vertrag auch der eidliche Schwur an, in dem die Gesellschafter mit erhobener Schwurhand gelobten, die vertragliche Ordnung und allen Artikeln getreulich nachzukommen (So haben wir dez ersten ainander by unserm guten trewen gelopt und darzu gelerten ayden zu Got und den Hailigen mit uffgebotten vingern geschworen, ditz nachgeschriben ordnung stuck und artickel ze halten, ze laisten, dem nach ze komen und gnüg zetund, getrewlich one alle arglist17). In der Edition von Möncke18 wurde dieser Eid schon dem ersten Artikel des Vertrags zugeordnet, tatsächlich steht er für sich und bildet ein gewichtiges Scharnier zwischen der Präambel und den sich anschließenden Vertragsartikeln. Die Meuting legten offenkundig großen Wert auf die Eidesleistung selbst sowie auf die Form mit erhobener Schwurhand, mit der sie den Willen, den Vertrag einzuhalten, bekräftigten. Eine solche konsequente Eidesleistung mit Betonung der Schwurhand wird nur noch im Weißhaupt-Schreiber Vertrag von 1491, allerdings erst zum Schluss des Vertrags, verlangt.19 Nach der ausführlichen Eidesleistung legten die Gesellschafter zunächst eine befristete Laufzeit von fünf Jahren fest, d. h. bis zum Jahr 1441. Es folgen dann die Angaben der zu Gewinn und Verlust eingelegten Kapitaleinlagen; sie sollen mit im selbs hantschrifft in daz gemain gesellschafftbuch yngeschriben20 werden. Die auch in den späteren Verträgen übliche Klausel, die Fälschungen der Einträge oder Zusätze vermeiden sollte,21 sagt gewohnheitsmäßig nichts über die Höhe der Einlagen

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StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213. Ebd. Ebd. Ebd. Möncke, Ausgewählte Quellen, S. 292. Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 1ʼ verzichtet gleich ganz auf eine Gliederung. 19 Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 27–39. Gelöbnisse waren in den Verträgen nach Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 170, üblich, die Besonderheit ist jedoch hier die ausführliche und feierliche Form. 20 StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213. 21 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 249f.

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aus. Daher ergeben sich aus dem Vertrag auch keine Rückschlüsse auf etwaige höhere Kapitaleinlagen z. B. von Hans Meuting d. Ä., wie Steiner annimmt.22 Des Weiteren wurde in dem Artikel festgelegt, dass das nicht in der Gesellschaft eingelegte Kapital und Gut (unser ander und übrig gut23), das demzufolge nicht im Gesellschaftsbuch verzeichnet ist, der Gesellschaft nicht zur Verfügung steht und ihr auch nicht gehört (sol in gemain gesellschaft nit dienen noch darain gehören24). Vor allem im Fall der Haftung war dieser Zusatz wesentlich, denn damit wurde im Gesellschafterkreis die volle und unbeschränkte Haftung ausgeschlossen. Intern bestand zudem eine Quotierung der Haftungssumme nach der jeweiligen Kapitaleinlage.25 1.1.1. Der Modus von Beschlussfassungen Nach dem Artikel mit dem üblichen Konkurrenzverbot, demzufolge den Gesellschaftern verboten war, selbst oder mit Hilfe Dritter, heimlich oder offen Handel zu treiben, schließt sich in Artikel vier die Regelung an, dass die gesamte Gewinn- und Verlustrechnung durch einheitlichen Beschluss der ganzen Gesellschaft oder der Mehrheit der Gesellschafter erstellt werden sollte (Und was [...] gewunnen oder verloren würdet nach gemainer gesellschaft oder der merer tail rechnung, als daz gerait und uberslagen wirdet und unsser yeglicher mit rechnung zugefugt oder abgezogen wirdet26). Das Ergebnis hatten alle Gesellschafter ohne Widerspruch anzunehmen (an dem sol er ain gantzes benigen han27). Mit diesem Artikel wird bereits in einem der am frühesten bekannten Gesellschaftsverträge eine potenzielle Konfliktsituation geregelt, indem der Modus zur Gewinnermittlung entweder durch einstimmigen Beschluss der Gesellschafter, die Kapital in der Gesellschaft zu Gewinn und Verlust eingelegt hatten, oder alternativ durch einen (unangreifbaren) Mehrheitsbeschluss festgelegt wurde. Die Meuting haben mit diesen beiden Abstimmungsverhalten bei der Gewinnermittlung eine größtmögliche vertragliche Sicherung zur Vermeidung von Konflikten aufgestellt, die in dieser Weise in keinem späteren Vertrag anderer Gesellschaften zu finden ist. Die Entscheidungsfindung durch Mehrheitsbeschluss wurde im Meutingvertrag noch einige Male formuliert. So legten die Gesellschafter zunächst grundsätzlich fest, dass alle zwei bis drei Jahre eine ordentliche Abrechnung stattzufinden habe. Wenn aber alle Gesellschafter einstimmig oder mehrheitlich nach Stimmzahl eine außerordentliche Rechnungslegung für notwendig erachteten, dann sollte das ohne Widerspruch geschehen (wenne es gemain gesellschaft oder den merren tayl beduncket notdurft wesen und mit iren stymmen erkennet, dass es fuglich sei, als 22 23 24 25

Steiner, Meuting, S. 88. StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213. Ebd. Die gesamtschuldnerische Haftung nach außen blieb davon noch unberührt. M. und E. Isenmann, Das Innenverhältnis, S. 448. 26 StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213. Möncke, Ausgewählte Quellen, S. 293, § 4. 27 StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213.

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denn sol es in wiederred und yntrag beschehen und vollbracht werden28). Auch in diesem Fall sahen die Gesellschafter mögliche Ursachen für Auseinandersetzungen in Unstimmigkeiten in den Abrechnungen der laufenden Geschäftsperiode, die durch eine außerordentliche Rechnungslegung geklärt werden sollten. Auch die Todesfallklausel wurde mithilfe von einstimmigem oder mehrheitlichem Beschluss so geregelt, dass die potenziellen Erben die Abrechnung über die Kapitaleinlage des verstorbenen Gesellschafters ohne Widerspruch und vor allem ohne den gerichtlichen Weg hinzunehmen hatten.29 1.1.2. Die Organisationsstruktur der Meutinggesellschaft Nach den Klauseln zum Ausstieg eines Gesellschafters und dem Bürgschaftsverbot folgen schließlich zwei Artikel, die Einblicke in die innere Organisationsstruktur der Meutinggesellschaft geben. In Artikel neun wird zunächst die Position des sog. vorgangers, gemeint ist das im Sinne des Vorgehenden einer Gemeinschaft, des Regierers oder Leiters einer Gesellschaft, behandelt. Dem Vertrag zufolge war das Hans Meuting, wobei der Name Hans im originalen Vertragstext (nachträglich?) in der Zeile überschrieben wurde, jedoch ohne den Zusatz „d. Ä.“ oder „d. J.“ (Und als nu ich obgenannt Hanns30 Mewting in diß gesellschafft lang zeit getrewer vorganger31). Aus dem Sinnzusammenhang lässt sich jedoch schließen, dass Hans der Jüngere gemeint sein muss, denn, nachdem sein Erfolg als vorganger zum Nutzen der Gesellschaft betont worden war,32 sagt er zusammen mit den anderen einmütig zu, Hans dem Älteren in allen Angelegenheiten ohne Widerspruch gehorsam zu sein, wie es der Gesellschaft zieme und nützlich sei (daz wir ainmuttig und dem benannten Hanss Mewting dem alden alle sachen gehorsam und gewartig sein sullen und auch also tun wöllen und sunder waz er mit uns allen und unser yeglichem schaffet und daz nit widersagig sein ungevarlich33). Die Gesellschafter geloben darüber hinaus, alle ainander getrew und fruntlich sein und handeln und tun alle sachen nach dem trewlichsten und besten alles by den vorgeschriben unsern gelubt und aiden on alles geverde. 34 28 StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213, Artikel 5. 29 Ebd., Artikel 6: Wär auch ob unser einer von tod abgienge, ee die obgeschrieben zeit ussgienge, waz denne wir gemainlich oder unser der merer tayle under uns darum mit unsern stimmen erkennen und zeraut werden nach gelegenhait der sach, waz man ains abgegangen erben zu seinem tayl nach rechter rechnung an heptgut an gewinnung an verlust an kauffmanschafft an schulden oder in ander wege erkennet zegeben git oder zufuget, daran sullen si one widerred benugig sein und da wider nicht tun mit dhainerlay gericht noch sachen gaistlich noch weltlich an dhainen stetten noch kain wege sundern daby beliben getrewlich und on als gefarde. 30 Nachträglich über der Zeile eingefügter Name. 31 StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213, Artikel 9. 32 Ebd.: und daz gewerb von genaden Gotz untz her uns allen ze nutz und ze schinberlicher besserung getrewlich und wol ussgerichtet und angeordnet han und daz ich daz hinfur aber des mit merer vliss und ernste vollebringen mug. 33 Ebd. 34 Ebd.

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Es lässt sich also aufgrund dieser Zusagen und Gelöbnisse folgende innere Struktur der Meutinggesellschaft erkennen: Hans d. J. war der geschäftsführende Regierer, Hans d. Ä. eine Art erfahrener Seniorgesellschafter im Unternehmen. Diese beiden und alle weiteren Gesellschafter standen zudem mit Arbeit und Kapital zum Nutzen der Gesellschaft zur Verfügung. Diese personelle Organisationstruktur bestätigt sich im letzten Artikel (10) des Vertrags. In diesem Artikel wird ein ganz bestimmtes Abstimmungsverhalten der Gesellschafter geregelt und erläutert. Es betrifft den Konfliktfall, der in der Zeit ihrer gemeinschaftlichen Geschäfte ausbrechen könnte (Wär auch sache ob sich nit furo under uns dhainerlay zwayung und irrung ufferstunden in der benanten zeit dirre verbuntnuss35). Gemeint ist dabei jeglicher Konflikt ohne Einschränkung, gleich auf welchen Sachverhalt er sich bezieht und welche Personen beteiligt sind (wie oder wör umb daz wer oder wie sich daz fugte36). Ein solcher Konflikt sollte in jedem Fall intern verhandelt (daz sol allzeit beliben und bestan by uns gemainer gesellschafft37) und durch die eigene Entscheidung der Gesellschafter gelöst werden (und unserm ußspruch und entschaiden38). Nach zunächst bekanntem Schema wird geregelt, dass der Entscheid zur Lösung durch Einstimmigkeit oder Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter zustande kommen solle (waz auch von uns gemainlich oder mit den merren tayl allzeit gesprochen wirt39) und dann unwidersprochen und ohne den Gerichtsweg einzuschlagen angenommen werden musste (daz zehalten und zebliben on alles verwaigern und widersprechen allen gerichte gaistlichen und weltlichen in allwege getrewlich on als gefärd40). Außergewöhnlich ist allerdings der folgende Absatz, in dem dazu spezielle Abstimmungsrelationen festgelegt werden. Demzufolge verfügte Hans Meuting d. Ä. im Fall einer Entscheidung über zwei Stimmen, während die restlichen Gesellschafter nur eine Stimme hatten (und als oft erkantnussen nach dem vorgeschriben underschaid notdurftig werden, so soll allwegen ich obgenannter Hanns Mewting der elter zwo stimmen und uns die andern yeglichen nu ain stimme haben41). Die Position des Seniorgesellschafters bildete damit den letztgültigen Ausschlag bei einer Abstimmung.42 Das konnte durchaus auch heißen, einem Minderheitenbeschluss zu folgen, z. B. wenn bei den insgesamt sechs Gesellschaftern das Stimmenverhältnis zunächst bei 2:3 lag und Hans Meuting d. Ä. seine beiden Stimmen der Minderheit gab und so ein Verhältnis von 4:3 ermöglichte. Es handelt sich dabei um ein singuläres Abstimmungsverhalten, das in der Weise in keinem anderen erhaltenen Vertrag zu finden ist.43 35 36 37 38 39 40 41 42 43

Ebd., Artikel 10. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Siehe dazu auch Kapitel „Die außerordentliche Gesellschafterversammlung“, S. 362ff. Dazu auch E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 909. Möglicherweise ist dies auch der Grund, warum alle, die den Originalvertrag (StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213) abdruckten – zuerst Strieder, Genesis, 2. verm. Aufl., S.

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Dieser frühe Gesellschaftsvertrag sollte der einzige erhaltene Vertrag der Meutinggesellschaft bleiben. Es ist nicht sicher, aber sehr wahrscheinlich, dass unmittelbar nach dem regulären Ende der Gesellschaft im Jahr 1441 eine neue Gesellschaft gegründet wurde. Im Jahr 1443 waren nach der Chronik des Burkhard Zink Hans Meuting d. Ä. mehrere Säcke Safran auf dem Weg von Nürnberg nach Werl entwendet worden. Der Augsburger Rat setzte sich für die Wiederbeschaffung ein, indem er nach allen Seiten Briefe und Boten aussandte. 1444 tauchten die Säcke in Hof a.d. Saale(?) wieder auf, der Täter wurde verhaftet. Hans Meuting ging nicht nach Hof, sondern sandte – mit einer auch von der Stadt gesiegelten Vollmacht ausgestattet – Thomas Grander, Burckharten Zingg und Hans Koler meinen mitgesellen und dienern, burgern zu Augsburg und Lienhardt Gerütter,44 Augsburger Stadtdiener, nach Hof, um die Safranballen zurückzubringen.45 Diese Notiz spricht dafür, dass Hans Meuting d. Ä. weiter in einer Gesellschaft tätig war. 1.1.3. Die Gesellschaft Ludwig-Meuting Die Meutinggesellschaft wird erst 1458 wieder deutlicher fassbar, als der 1436 noch nicht in der Gesellschaft tätige Ludwig Meuting († 1481) im Augsburger Steuerbuch mit 500 fl. Erwähnung findet, die er für sich und seine Mitgesellschafter eingelegt habe (500 Florin hat Ludwig Meuting yngelegt allaz für sich und ander sein mitgesellen in ainer zettel verzaichnet46). Ludwig Meuting war mit Clara Rehlinger in erster Ehe verheiratet und hatte mit ihr zwei Kinder: Ludwig und Bernhardin. Nach dem Tod Claras heiratete er Ursula, deren Nachname unbekannt ist. Mit ihr bekam er den Sohn Jobst sowie die Tochter Ursula. Diese heiratete wiederum am

223, ihm folgend Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 4ʼ sowie schließlich Möncke, Ausgewählte Quellen, S. 295 – diese Besonderheit nicht lasen und erkannten. Bei allen heißt es fälschlich: und als oft erkantnussen nach dem vorgeschriben underschaid notdurftig werden, so soll allwegen ich obgenannter Hanns Mewting der elter zvstimmen [zustimmen] und uns die andern yeglichen nu ain stimme haben. Diese Lesart würde bedeuten, dass Hans Meuting einem Mehrheitsentscheid lediglich zustimmen könnte (Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 469, Anm. 131 und S. 474). Das passt wiederum weder in die Organisationsstruktur der Gesellschaft, noch erschließt sich eine sinnvolle Erklärung: Denn was sollte „zustimmen“ in dem Zusammenhang bedeuten? Sollte es etwa heißen, der Seniorgesellschafter Hans Meuting d. Ä. könnte dem Beschluss der anderen Gesellschafter in so wesentlichen Fragen, wie den Konflikten nur allgemein und grundsätzlich zustimmen? Diese Auslegung wäre bei seiner Position nicht nachvollziehbar. Warum wird außerdem die „eine“ Stimme der anderen Gesellschafter extra betont? Das ergibt nur einen Sinn, wenn man dieser einen Stimme eine andere Abstimmungsmöglichkeit, eben zwei Stimmen (zwo stimmen) für den Senior gegenüberstellt; Dazu mit ausführlicher Analyse M. und E. Isenmann, Das Innenverhältnis, S. 437. 44 Chroniken der deutschen Städte, Bd. 5 (Augsburg, Bd. 2), Beilagen zur Chronik des Burkhard Zink, S. 334. 45 Strieder, Genesis, S. 98. 46 Ebd., S. 99.

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22. März 1482 Bartholomäus Rem. Schließlich heiratete Ludwig Meuting, erneut verwitwet, Veronica Imhoff. Mit ihr hatte er die Tochter Afra. Unter der Leitung Ludwig Meutings ging die Gesellschaft zunehmend vom Warenhandel zum Geldhandel über und engagierte sich erfolgreich vor allem im Kreditgeschäft und Silbergeschäft. So tätigt die Gesellschaft 1456 einen bedeutenden Silberkauf,47 wohl im Zusammenhang mit den Kreditgeschäften Herzog Sigmunds des Münzreichen von Tirol.48 Nach der von Strieder tabellarisch ausgewerteten Augsburger Steuerliste von 1461 stand Ludwig Meuting in dem Jahr mit einem Vermögen von 16.452 an erster Stelle. 1467 befand er sich an 5. Stelle mit einer Steuersumme von 87½ fl. und einem Vermögen von 10.500–21.000 fl.49 Ehemalige Gesellschaftsmitglieder konnten offenbar ihr Vermögen nach der Augsburger Steuerliste bis in die 60er Jahre halten: Ludwig Hörlin stand 1461 an 17. Stelle (Steuersumme: 44 fl.) mit 5.280 fl., Konrad Raid an 46. Stelle (Steuersumme: 24¼ fl.) mit 2.910 fl.50 Die Steuerliste aus dem Jahr 1467 zeigt jedoch, dass Ludwig Hörlin diese seine Position nicht behaupten konnte und auf die 30. Stelle (Steuersumme: 33¾ fl., Vermögen: 4.050–8.100 fl.) zurückgestuft wurde. Ludwig Meuting starb am 5. März 1481. Wahrscheinlich ist mit dem Tod Ludwigs auch die Gesellschaft Meuting beendet worden. Nach der Steuerliste aus dem Jahr 1498 taucht nur ein Job Meuting an 101. Stelle mit einer Steuer von 17 5/6 fl. und einem Vermögen von 3.565–7.130 fl. auf. Die Nachkommen arbeiteten dann vor allem als Faktoren entweder in anderen Gesellschaften, wie etwa Lukas Meuting († 30.5.1535) in der Paumgartner-Gesellschaft und dann in der Fugger-Gesellschaft51 oder sie ließen sich seit Anfang des 16. Jahrhunderts dauerhaft in Antwerpen nieder.52 Die Aufschlüsselung der Artikel im Meutingvertrag, die die Abstimmungverhältnisse insbesondere in Fällen zur Vermeidung von Konflikten oder bei ausgebrochenen Konflikten behandelten, sollte die verschiedenen Möglichkeiten zeigen, die einer Gesellschaft zur Verfügung standen, um Entscheidungen zu treffen. Damit war die Idealvorstellung einer auf Kontinuität angelegten Gesellschaft, die auf alle dieser entgegenstehenden Eventualitäten reagieren musste, vertraglich festgelegt.

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Steiner, Meuting, S. 43–45. Ehrenberg, Bd. 1, c. I, S. 188; Strieder, Genesis, S. 99. Strieder, Genesis, S. 11, Tabelle 4. Ebd. Steiner, Meuting, S. 86. Ebd., S. 64–73.

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1.2. Die Paumgartner-Gesellschaft aus Augsburg – Testamentarische Verfügungen Konrad Paumgartner d. Ä. († 1464) hatte sich Anfang des 15. Jahrhunderts in Nürnberg niedergelassen. Er trat 1402 durch seine Heirat mit Anna Kress53 in die bereits seit langen Jahren erfolgreiche Gesellschaft der Familie Kress als Mitgesellschafter ein; diese wurde von Fritz Kress zusammen mit seinen Söhnen Hiltpolt, Konrad und Ulrich sowie einem Vetter geführt. Nach dem Tod seines Schwiegervaters Fritz Kress im Jahr 1406 führte Konrad mit seinem Schwager Konrad Kress die alte Kress-Gesellschaft nun als Conradten Kressen und Cunraden Paumgarttners gesellschafft54 weiter. Erst als Konrad Kress 1430 verstarb, gründete Konrad Paumgartner eine eigene Gesellschaft mit seinen Söhnen Konrad d. J. († 1457), Anton († 1475) sowie zeitweise Michael († 1512) und Martin († 1578). Sie waren europaweit im Warenhandel, vor allem im Tuch- und Gewürzhandel sowie im Silberhandel55 tätig, unterhielten Niederlassungen in Antwerpen und Wien und hatten eine Kammer im Fondaco dei Tedeschi in Venedig.56 Neben dem Waren- und Metallhandel betätigten sich die Paumgartner auch im Finanz- und Kreditgeschäft, das sie zusehens in größerem Stil betrieben, etwa als Kreditgeber von Fürsten.57 Sie hatten finanzielle Verbindung zum päpstlichen Hof über die Medici-Bank und waren zwischen 1458 und 145958 zuständig für die Einnahmen aus den sog. „Türkensteuern“, die der päpstliche Kollektor Kardinal Marinus de Fregeno aus dem skandinavischen Bereich, den Erzbistümern Lemberg und 53 StA Nürnberg, Hs. Nr. 264, Familienbuch Konrad Paumgartners d. Ä., zum Jahr 1402: Anno dmn. 1402, eritag vor Johannes Baptiste het er hochtzeyt mit Anna, Fridrich Kressen tochter. Die starb anno 1415 am Suntag nach sant Mathestag. 54 Chroniken der deutschen Städte, Bd. 2 (Nürnberg, Bd. 2), Endres Tuchers Chronik, S. 5f., Anm. 3. 55 1456 trat Anton Paumgartner in Tirol als Silberkäufer auf, als er für 1.003 fl. Silber erwarb, BayHstA München, Tiroler Raitbuch, 1456/11b, 3 nach Hektor Ammann, Die wirtschaftliche Stellung der Reichsstadt Nürnberg im Spätmittelalter, (Nürnberger Forschungen, 13), Nürnberg 1970, S. 170. 56 Nach Simonsfeld, Fondaco dei Tedeschi, Bd. 1, S. 78, ist Anton Paumgartner für die Jahre 1460 und 1465 in Venedig im Fondaco nachgewiesen. Vgl. auch ebd., S. 264–273, Nrrn. 480, 482, 485, 491, 498. Konrad Paumgartner belieferte z. B. die Nürnberger Kanzlei zwischen 1434 und 1439 mit Papier aus Venedig, bei Sporhan-Krempel, Papierhandel, S. 746. 57 Krag, Die Paumgartner, S. 10f. 1439–1445 liehen Konrad Paumgartner (zusammen mit Peter Steinberger) auf Bitten von Markgraf Albrecht Achilles Herzog Ludwig dem Höckrigen von Bayern-Ingolstadt einen Geldbetrag von 2.000 fl. für dessen Krieg gegen seinen Vater. Außerdem vermittelte Konrad Paumgartner Darlehen bei Nürnberger Juden, vgl. Werner Schultheiß, Nürnberger Bürger vom 13.–17. Jahrhundert, in: Stadtarchiv Nürnberg (Hrsg.), Beiträge zur Wirtschaftgeschichte Nürnbergs, Nürnberg 1967, Bd. 1, S. 49–116, hier S. 94. 58 Acta Pont. Svevica, Nr. 1278 und 1287, nach von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, Bd. 1, S. 199; Arnold Esch, Überweisungen an die Apostolische Kammer aus den Diözesen des Reiches unter Einschaltung italienischer und deutscher Kaufleute und Bankiers. Regesten der vatikanischen Archivalien 1431–1475, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken. 78 (1998), S. 262–387, hier S. 325. Vgl auch Schultheiß, Geld- und Finanzgeschäfte, S. 94f.; Cordes, Transfer einer Rechtsidee, S. 8.

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Magdeburg sowie den Bistümern Bamberg und Münster sammelte und zunächst bei Paumgartner deponierte.59 Von dort wurden die Gelder nach Italien an das Bankhaus Medici und weiter an den päpstlichen Hof geleitet. Bis Anfang der 60er Jahre arbeitete die Paumgartner-Gesellschaft zunächst unter dem Regierer Konrad d. Ä., später unter dessen Sohn Anton erfolgreich, dann traten zunehmend Verluste auf, die schließlich zum Konkurs Anton Paumgartners führten.60 Zeugenaussagen eines sich einige Zeit danach anschließenden Prozesses vor dem Reichskammergericht lassen darauf schließen, dass Anton einen großen Teil der Verantwortung für den Bankrott aufgrund deutlich zu hoher Ausgaben – speziell übermäßiger Spesenausgaben, eines aufwendigen Lebensstils sowie weiterer Verluste, vor allem Warenverluste – persönlich trug.61 Infolge dieses Konkurses entfloh Anton Paumgartner am 10. Juni 1465 nach Ansbach zu Markgraf Albrecht Achilles.62 Für die Familie Anton Paumgartners war danach kein Bleiben mehr in Nürnberg möglich. Seine Söhne Franz und Hans Paumgartner begaben sich nach der Flucht des Vaters, der darauf folgenden Liquidation der Gesellschaft und dem sich 1469–1471 anschließenden Prozess am Reichskammergericht,63 nach Augsburg. 1475 reiste Franz (1453–1503) dorthin, 1485 kam Hans Paumgartner d. Ä. (1455–1527) nach. Augsburg bot sich für die Söhne Antons auch wegen der Augsburger Herkunft der Mutter Clara, geb. Arzt, an. Tatsächlich stiegen die Brüder in Augsburg zügig wirtschaftlich und gesellschaftlich auf. Das gelang ihnen – wie in anderen Fällen auch häufig zu beobachten – zunächst über den Weg einer günstigen Heiratsverbindung. So heiratete Hans Paumgartner schon bald nach seiner Ankunft in Augsburg im Jahr 1485 Felizitas Rehlinger, die aus einer vermögenden Augsburger Familie stammte. Damit hatte er Zugang zur Herrentrinkstube (merern gesellschaft von der herren stuben64), einer Vereinigung des städtischen Patriziats, zu 59 Es handelte sich dabei um eine für Handelshäuser lukrative Geschäftspraxis, bei der sich die Kurie im europaweiten Zahlungsverkehr, etwa im Bereich der Ablassgelder, der Handelshäuser bediente, vgl. dazu grundsätzlich Markus A. Denzel, Kurialer Zahlungsverkehr im 13. und 14. Jahrhundert. Servitien- und Annatenzahlungen aus dem Bistum Bamberg, (Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 42), Stuttgart 1991, S.84ff. sowie ders., Professionalisierung, S. 418. Nach Krag, Die Paumgartner, S. 12 und von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz, Bd. 1, S. 199 wurde Konrad Paumgartner in einer Anweisung Papst Calixts III. als „depositario nostro“ bezeichnet. Esch, Überweisungen, S. 266, Anm 12; ders., Köln und Italien im späten Mittelalter. 6. Sigurd-Greven-Vorlesung, Köln 2002, S. 15, betont, dass nach der Quellenlage die oberdeutschen Kaufleute keine direkte Verbindung zur päpstlichen Finanzverwaltung hatten, sondern diese immer über die am päpstlichen Stuhl „akkreditierten italienischen Bankhäuser“ lief; für Paumgartner waren das etwa die Medici. 60 Zum Konkurs Anton Paumgartners 1464/65: M. Isenmann, Die Paumgartner, S. 186ff. 61 Ebd., S. 198. 62 StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, D-Laden Akten, Nr. 1807, S. 61f. (moderne Paginierung); M. Isenmann, Die Paumgartner, S. 198. 63 Zu diesem Prozess und seiner Vorgeschichte siehe M. und E. Isenmann, Das Innenverhältnis, passim. 64 Krag, Die Paumgartner, S. 13. Zur Herrentrinkstube siehe E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 802.

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der angesehene Bürger, wohlhabende Kaufleute und Ratsmitglieder der Stadt Augsburg durch Heirat und Geburt gehörten.65 Hans Paumgartner gründete in der Folgezeit mit seinem Bruder Franz eine Gesellschaft, die sich durch Fernhandel und Kreditgeschäfte erfolgreich entwickelte. Schon 1498 stand Hans an 6. Stelle der reichsten Bürger in Augsburg, zum Vergleich: Die Gebrüder Fugger, Ulrich I., Georg I. und Jakob II. („der Reiche“), belegten in dieser Zeit noch die 12., 15. und 17. Stelle.66 Außerdem führte das Engagement der Paumgartner im Montangeschäft, insbesondere im Tiroler Silberbergbau dazu,67 dass sie die ehemalige Nürnberger Gesellschaft des Großvaters und Vaters ökonomisch bei weitem übertrafen und so zu einer der bedeutendsten Unternehmen in Augsburg wurden. Nachdem 1503 der Bruder Franz gestorben war, führte Hans Paumgartner d. Ä. die Gesellschaft zunächst allein weiter. Leider haben sich keine Verträge der Paumgartner-Gesellschaft erhalten, die z. B. genaueren Aufschluss über die personelle Zusammensetzung geben könnten. Allerdings waren beim Tod Franz Paumgartners potenzielle Nachfolger aus der Familie noch zu jung, um eintreten zu können. So war Hans d. J. (vor 1488–1549), der älteste Sohn Hansʼ d. Ä. Paumgartner, zu diesem Zeitpunkt erst ungefähr 15 Jahre alt.68 Auch Hans-Franz, der Sohn des verstorbenen Franz hatte noch nicht das notwendige Alter, um als Mitgesellschafter einzusteigen. Wieweit sie allerdings eine Lehrzeit als Handelsdiener absolvierten, ist nicht bekannt, aber wahrscheinlich.69 Hans d. Ä. Paumgartner blieb bei der Fortführung der Gesellschaft der Geschäftsstrategie Großwarenhandel, Geldhandel und dem Schwerpunkt im Montangeschäft treu70. 1513 hatte er bereits ein „erstes eigenes Hütt- und Schmelzwerk“ in Kundl,71 daneben erwarb er – mittlerweile an dritter Stelle der Augsburger Vermögensliste – zahlreiche Immobilien und Grundbesitz. 65 Ebd., S. 246. 66 Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, S. 4*. Künftig dazu ausführlich die Dissertation von Stefan Lehm, Leipzig: „Kontinuität oder Untergang? Instrumente oberdeutscher Familiengesellschaften im 16. Jahrhundert zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Stabilität und Nachhaltigkeit. Eine qualitative Studie am Beispiel der Augsburger Paumgartner" (Arbeitstitel). 67 Krag, Die Paumgartner, S. 33ff.; Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, S. 5*. So schlossen sich etwa die Paumgartner im Jahr 1498/99 mit den Gesellschaften der Gossembrot, Fugger und Herwart zu einem Kupfersyndikat zusammen, Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 396ff. Zu Augsburger und Nürnberger Unternehmern u. a. die Paumgartner in ihrem Engagement als Saigergesellschaften grundlegend Ekkehard Westermann, Silberrausch und Kanonendonner. Deutsches Silber und Kupfer an der Wiege der europäischen Weltherrschaft, in: Rolf Hammel-Kiesow (Hrsg.), Handel, Geld und Politik vom frühen Mittelalter bis heute, Lübeck 2001, S. 30f. und 35f. 68 Sein Geburtsdatum ist nicht genau überliefert, wahrscheinlich wurde er vor dem 18. Oktober 1488 in Augsburg geboren, siehe den Stammbaum bei Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Anhang. 69 Hans-Franz heiratete Ottilie, aus der Augsburger Familie Höchstetter und spielte 1529 bei dem Konkurs der Höchstetter eine unrühmliche Rolle, vgl. dazu das Fallbeispiel „Die Höchstetter“ mit weiteren Literaturangaben, S. 282ff. 70 Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, S. 13* und 25*ff. 71 Krag, Die Paumgartner, 40f.

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Neben seiner erfolgreichen Unternehmensführung konnte Hans Paumgartner d. Ä. ebenso erfolgreich seine Kinder versorgen. Die sechs Töchter aus seiner Verbindung mit Felizitas Rehlinger wurden mit wohlhabenden Vertretern aus dem Augsburger städtischen Patriziat verheiratet. Die Tochter Felizitas wurde z. B. mit Anton Welser verheiratet, Anna, eine weitere Tochter, mit Simon aus dem Augsburger Zweig der Imhoff-Familie.72 Diese Heiratspolitik stellte eine der üblichen Strategien dar, die alle Familien verfolgten, um dadurch in das soziale und gesellschaftliche Netz, vor allem des politischen und ökonomischen Patriziates einer Stadt, in diesem Fall Augsburgs, fest eingebunden zu sein.73 Der Sohn und spätere Nachfolger Hans d. J. sollte ebenfalls eine besonders gute Verbindung eingehen; er heiratete am 28. Juli 1512 Regina Fugger (1494–1552). Sie war die Tochter Georg Fuggers († 1506), also die Schwester Anton Fuggers († 1560) und somit die Nichte Jakob Fuggers des Reichen († 1525). Offensichtlich hatte Hans d. J. ein gutes Verhältnis zur Fugger-Familie, denn Jakob Fugger der Reiche soll einer Notiz zufolge Hans fast [im Sinne von „sehr“) lieb gehabt haben.74 Nachdem Hans d. Ä. einen Schlaganfall erlitten hatte, an dessen Folgen er bis zu seinem Tod 1527 litt, arbeitete sein Sohn Hans d. J. spätestens seit 1514 als Mitgesellschafter im Unternehmen mit: […] hat in zeit des vaters leben und schwerlicher krankhait, damit er vil jar bis in sein absterben angegriffen und beladen gewesen, sich in seins vaters kaufmannshendel und gewerb geschlagen75, heißt es in einem Schreiben Kaiser Karls V. aus dem Jahr 1530 anlässlich eines Erbstreits nach dem Tod Hans d. Ä. Hans d. J. erhielt zudem eine Generalvollmacht seines Vaters, die ihm noch zu dessen Lebzeiten umfassende Aufgaben überantwortete: demnach führte Hans d. J. als händler, hantierer, sachfierer und gewerber für alle Güter, fahrende Habe und Gut, Barschaften und Schulden.76 Als mit Prokura ausgestatteter Sachwalter des väterlichen Unternehmens handelte er auch nach dessen Tod erfolgreich weiter.77 Neben seinem Engagement in Tiroler Bergwerken kaufte er eigene Gewerke in Istrien und Böhmen hinzu. Er blieb weiterhin im Warengroßhandel (v.a. Metalle wie Kupfer und Silber sowie Tuche und Gewürze, z. B. Safran)78 tätig und betrieb außerdem Finanz- und Kreditgeschäfte,79 wobei vor allem die Habsburger zunehmend 72 Ebd., S. 43; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 293. Jahnel, Die Imhoff, S. 135 nennt allerdings eine Sybilla Paumgartner, die Simon geheiratet habe. 73 Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik, S. 49; Hildebrandt, Unternehmensstrukturen, S. 106; Pettinger, Vermögenserhaltung und Sicherung, S. 141; Häberlein, Familiäre Bindungen, S. 44–57. 74 Nach Krag, Die Paumgartner, S. 46, Anm. 1: Innsbruck, Statthaltereiarchiv: Max. XII. 40, Nr. 70. 75 Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 41, S. 24. 76 Ebd., S. 6*. 77 Ebd., S. 7*ff. 78 Rudolf Rauh, Archiv Kißlegg und Archiv Ratzenfried. Systematische Übersicht über die Bestände des Fürstl. von Waldburg-Zeil’schen Gesamtarchivs in Schloß Zeil vor 1806 (1850), Stuttgart 1953, S. 24f.; Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, S. 52*, 54*f. 79 Krag, Die Paumgartner, S. 52.

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wichtige Kreditnehmer wurden. Deren Gesamtdarlehenssumme verbunden mit Silberkäufen belief sich nach Berechnungen K. O. Müllers zwischen 1516 und 1544 zeitweise auf 471.600 fl.,80 hinzu kamen reine Gelddarlehen in Höhe von 261.383 fl.81 Mit dieser Geschäftsstrategie passten die Gesellschaften Paumgartner und Fugger gut zusammen und die Heiratsverbindung mit Regina Fugger führte zu wechselseitigem ökonomischem Vorteil. 1536 handelte Paumgartner zudem mit der Stadt Augsburg eine Steuerpauschale von 800 fl. jährlich aus und folgte damit seinem Schwager Anton Fugger, der ein Jahr zuvor dieselbe Summe vereinbaren konnte. Nach Anton Fugger entwickelte sich Hans d. J. Paumgartner zeitweise zum zweitvermögendsten Augsburger Unternehmer.82 Das große Vermögen ermöglichte ihm, Immobilien in Augsburg selbst und der weiteren Umgebung zu kaufen. So erwarb er 1535 drei Burgen: Vorder- und Hinter Hohenschwangau sowie Schwanstein.83 Der Erwerb solch repräsentativer Gebäude war eine in dieser Zeit häufig zu beobachtende Praxis, denn das städtische Patriziat strebte zunehmend in einen dem Adel ähnlichen Stand. Dabei war durchaus eine Verbindung zwischen unternehmerischem Handeln und quasi-adeliger Lebensform möglich, so auch bei Hans Paumgartner. 1543 wurde er in den Freiherrenstand erhoben, verfügte nun über einen ansehnlichen Immobilienbesitz auf dem Lande und blieb aber dennoch seinen Unternehmungen und Geschäften treu, indem er weiterhin im Bergbau, dem Warengroßhandel und dem Kreditgeschäft tätig war.84 1.2.1. Das Familienstatut und das Rechtsbuch Hans Paumgartner übernahm darüber hinaus weitere Gewohnheiten, die aus dem adligen Umfeld bekannt und für einen vermögenden Kaufmannbankier erstrebens-

80 Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, S. 30*. 81 Ebd., S. 33*. 82 Die sog. Reichen-Steuer. 1522 zahlten Hans Paumgartner d. Ä. und sein Sohn Hans Paumgartner d. J. zusammen noch 691 fl. Steuer, dem lag ein Vermögen zwischen 138.200 fl.– 276.400 fl. zugrunde, siehe Strieder, Genesis, S. 47 und Krag, Die Paumgartner, S. 73f. 83 Es handelt sich hier um die mittelalterliche Burg Schwanstein, auf dessen Trümmern der bayerische König Maximilian II. ab 1837 das (nun so benannte) Schloss Hohenschwangau errichten ließ. Der Name Hohenschwangau gehörte ursprünglich zur benachbarten ebenfalls mittelalterlichen Burg Vorder- und Hinterhohenschwangau aus dem 12. Jahrhundert. Anstelle dieser Anlage ließ König Ludwig II. zwischen 1869 und 1886 Schloss Neunschwanstein errichten, siehe auch Krag, Die Paumgartner, S. 81. 84 Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, S. 43*ff. Vgl. dazu auch Robert Mandrou / Eckart Birnstiel, Die Fugger als Grundbesitzer in Schwaben, 1560–1618. Eine Fallstudie sozioökonomischen Verhaltens am Ende des 16. Jahrhunderts, (Studien zur Fuggergeschichte, 35), Göttingen 1998, die den ökonomischen und sozialen Aspekt des Grunderwerbs am Beispiel der Fugger untersuchen.

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wert waren. So ließ er aufgrund des stets anwachsenden Vermögens und Immobilienbesitzes ein Familienstatut anfertigen.85 Damit war der Anspruch verbunden, den Besitz als Fideikommiss zu garantieren, er sollte künftig ungeteilt und unveräußerlich in Familienhand erhalten bleiben.86 Dabei waren die weiblichen Familienmitglieder von der Erbfolge ausgeschlossen, sie (d. h. unseren töchtern so wir hetten oder kunfftiglichen) sollten allerdings ain jede nach zimblichait ausgeheurats87 werden. Neben einem Familienstatut ließ Hans Paumgartner ein Rechtsbuch erstellen, das eine einheitliche Rechtsordnung auf allen seinen Besitzungen gewährleistete und das „die Pflichten der Untertanen festsetzte und den Richtern bei der Urteilsfindung als Grundlage dienen sollte“.88 Vermutlich wurden Familienstatut und Rechtsbuch unter maßgeblicher Beratung des Freiburger Juristen und Humanisten Ulrich Zasius (1462–1535), mit dem Hans Paumgartner eine stete und freundschaftliche Verbindung pflegte, ausgearbeitet.89 Mit seiner Frau Regina hatte Paumgartner drei Töchter und vier Söhne, die zur Wahrung und zugleich zum weiteren Aufstieg innerhalb der Augsburger Gesellschaft günstig verheiratet wurden. Mit Eintritt in den Freiherrenstand änderte sich allerdings die bisherige Strategie der Paumgartnerschen Heiratspolitik. Die Töchter der vorhergehenden Generation gingen bekanntlich noch Verbindungen mit dem städtischen bürgerlichen Patriziat ein; nunmehr wurden die Töchter des Freiherrn zu Paumgarten mit schwäbischem Adelsnachwuchs verheiratet. Die Söhne erhielten eine juristische Ausbildung sowie eine Ausbildung am Hof90 und zugleich wie 85 Das Original ist laut Auskunft des Münchener Hauptstaatsarchivs nicht mehr auffindbar. Allerdings sind Auszüge davon in Abschriften im Bestand: BayHStA München, Kasten Blau 382/5, „Baumgartnerische acta in dritten pündell“ vorhanden. Ferner wurde eine Abschrift des Statuts in der 1540 von Kaiser Karl V. konfirmierten Version sowie eine deutsche Fassung im Testament Hans d. J. Paumgartners und seiner Frau Regina aus dem Jahr 1543 inseriert, BayHStA München Kasten blau 382/3. Krag, Die Paumgartner, S. 37, Anm. 1 hat das Original noch gesehen und gibt dazu die alte Signatur an: „München, Reichsarchiv: Familienkodex der Paumgartner (Herrschaft Hohenschwangau I 36, 2)“. Eine vom Augsburger Bischof Christof konfirmierte und gesiegelte Ausfertigung auf Pergament befindet sich neben weiteren Abschriften im Fürstl. Waldburg-Zeil’schen Gesamtarchiv, Schloss Zeil, Nrrn. 4838 und 4839. 86 Nach Hermann Schreiber, Vorschickung und Familienfideikommiß im Patriziat der Reichsstadt Nürnberg, Erlangen 1967, S. 34, handelt es sich dabei um eine „Rechtsform zur Erhaltung von Familiengut“, die ein Nutzungsrecht und Zweckentfremdungsverbot nach dem Senioratsprinzip intendierte, d. h. der (männliche) Älteste verwaltete die Besitzungen und das Vermögen. Vgl. auch Lexikon des Mittelalter, Bd. 4, Artikel ‚Fideikommiss‘, G. Vismara: „Erst in der Schule von Bologna wurde eine systematische Lehre des F[ideikomiss] entwickelt und das Prinzip der Unveräußerlichkeit mit dem Verbot, Erbgüter außerhalb der Familie zu veräußern, verbunden (Grundsatz der Unteilbarkeit des Familienvermögens)“. 87 BayHstA München Kasten blau 382/5, ohne Paginierung. 88 BSB München Cgm 1514; Krag, Die Paumgartner, S. 81. 89 Ebd., S. 81, 85ff. 90 Im 16. Jahrhundert wurde es zunehmend Praxis, dass der Nachwuchs juristische Kompetenzen erwarb. Das war sicher auch den komplexer werdenden ökonomischen Unternehmungen geschuldet, dazu Denzel, Professionalisierung, S. 430–432. In einem Brief des Humanisten Erasmus von Rotterdam aus dem Jahr 1533 berichtete dieser an den ihm bekannten spanischen

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gewohnt auch eine Ausbildung zur Erlangung kaufmännischer und unternehmerischer Kompetenzen. Denn nach den erhaltenen Testamenten sah Hans Paumgartner vor, seine geschäftlichen Unternehmungen zusammen mit seinen Söhnen Hans III. (1513–1542), Hans-Jörg (um 1515–1570), Anton II. (1518–1581) und David (1517–1567) gemeinsam zu führen. Aus diesem Grund legte der Vater großen Wert auf die sorgfältige Erziehung seiner Söhne. Der älteste Sohn Hans III. wurde in Bourges unter anderem bei dem berühmten Humanisten und Juristen Andreas Alciatus ausgebildet.91 Er kam dann an den Hof Marias von Ungarn, der Schwester und Statthalterin Kaiser Karls V. in den Niederlanden. Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt war er danach in der väterlichen Gesellschaft tätig. Bereits im Jahr 1542 starb er kinderlos. Der zweite Sohn, Hans Georg studierte zunächst in Padua Jurisprudenz, um am Hof König Ferdinands von Habsburg als Rat zu wirken. Er trat ebenfalls zu einem unbekannten Zeitpunkt in die Gesellschaft seines Vaters ein und war nach dem Tod seines älteren Bruders Hans III. als der künftige Prinzipal vorgesehen. Der dritte Sohn Anton wurde hingegen schon früh durch seine Lebensführung den Eltern zu einem Problemfall. Dabei waren die in ihn gesetzten Hoffnungen zunächst so hoch, dass er 1533 als Faktor in der wichtigsten Niederlassung der Paumgartner in Venedig im Fondaco dei Tedeschi eingesetzt wurde. Dieser Ort hatte auf Anton II. jedoch eine verhängnisvolle Wirkung.92 Denn er verfiel zunehmend der Spielsucht und widmete sich dem Glücksspiel sowie weiteren Vergnügungen mehr als dem Geschäft. Durch seine Geldverschwendung drohte der Gesellschaft großer Schaden.93 So schrieb der Augsburger Christoph von Stetten über Anton, dass er großen Unflat, Ehebrecher mit Hurerey und andern ungeschickten Sachen erkennen ließ – kurz, ein liederliches Leben94 führte.

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Theologen F. Johannes Vergara über die Erziehung der vier Söhne und vier Töchter seines Gönners Hans Paumgartners d. J. Offensichtlich beeindruckte Erasmus die sorgfältige Erziehung der Söhne. Zugleich kommt in dem Brief auch seine Geringschätzung des Kaufmannsberufs zum Ausdruck, indem er schreibt, dass Hans Paumgartner keinen der Söhne dafür oder für sonstige geringe (wörtlich: schmutzige) Berufe vorgesehen habe, sondern zum ehrenvollen Dienst am Fürstenhof und für das Gemeinwohl: Nullum omnium [filiorum] destinavit negotiationi aut aliis sordidioribus artibus. Ad eruditionem, ad pietam, ad gerenda Principium ac Reipublicae splendida munia instituit omnes.“ Joseph Förstemann / Otto Günther (Hrsg.), Epistolae. Briefe an Desiderius Erasmus von Rotterdam, Leipzig 1904, Sp. 1482F; siehe Krag, Die Paumgartner, S. 101, Anm. 2. Allerdings irrte sich Erasmus, denn ein Teil der Söhne war nach der entsprechenden Ausbildung sehr wohl im väterlichen Unternehmen tätig. Krag, Die Paumgartner, S. 101. M. Isenmann, Die Paumgartner, S. 204 und dies., Vom Nutzen und Schaden, S. 184f. Auch Erasmus von Rotterdam war vermutlich über die Eskapaden Antons informiert. In dem bereits genannten Brief erwähnte er sie zwar nicht direkt, wies aber auf Versuchungen durch die Existenz berühmter Theater in Venedig hin, in denen sich Anton aufhielt: Tertius [filius] Antonius agit Venetiae velut in theatro totius Italiae splendidissimo, variis linguis expeditus et omni morum elegantia perpolitus ad unguem. Förstemann; Günther (Hrsg.), Epistolae, Sp. 1483C; auch bei Krag, Die Paumgartner, S. 103, Anm. 1. M. Isenmann, Vom Nutzen und Schaden, S. 184f. Albert Haemmerle, (Hrsg.), Deren von Stetten Geschlechterbuch 1548, (Stetten-Jahrbuch, 2), München 1955, S. 83, zitiert nach: Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 349.

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Der jüngste Sohn David erhielt eine, allerdings nicht zum Abschluss geführte juristische Ausbildung in Padua. Außerdem legte der Vater großen Wert darauf, dass die Söhne eine Erziehung in der Verfeinerung des gesellschaftlichen Umgangs genossen. Das gehörte zwar grundsätzlich auch zur allgemeinen Kaufmannsausbildung, aber Hans Paumgartner d. J. gab sich bei der Erziehung der Söhne in dieser Frage nicht mit der Unterrichtung in einfachen gesellschaftlichen Umgangsformen für Kaufleute zufrieden, sondern ließ seine Söhne an verschiedenen europäischen Höfen, u. a. in Brüssel und Wien ihre politischen und diplomatischen Erfahrungen sammeln. In diesem politisch-höfischen Erziehungsideal lag aber zugleich auch die Gefahr für eine Familiengesellschaft, denn damit war nicht unbedingt die Eignung potenzieller Nachfolger zum Kaufmannsberuf gewährleistet. 1.2.2. Die Testamente und weitere Nachlassregelungen Hans Paumgartner d. J. und seine Frau Regina, geb. Fugger erstellten im Laufe ihres Lebens insgesamt vier Testamente sowie diese ergänzende Urkunden. Das erste Testament verfassten sie 1519, das zweite 1535, das dritte 1543 und das letzte im Jahr 1549. Die Abfolge der Testamente resultierte auch aus größeren Veränderungen in der Familie Paumgartner: In dieser Zeit wurden seine Söhne geboren, erhielten ihre Ausbildung und arbeiteten in der Gesellschaft mit. 1535 erwarb Hans jene drei Schlösser, Vorder- und Hinter Hohenschwangau sowie Schwanenstein und im Jahr 1543 wurde er außerdem in den Freiherrenstand erhoben. Die verschiedenen Testamente wurden dementsprechend den Gegebenheiten angepasst, insbesondere bei erst im Laufe der Zeit zutage tretenden Problemen, die die Gefahr ernsthafter Konflikte in sich bargen. Die Testamente trugen zugleich dem Aufstieg der Familie Paumgartner Rechnung und gaben die Beurteilung der männlichen Nachkommen durch den Testator und seine Frau wieder.95 Testamentarische Verfügungen sollten im Idealfall eine langfristige Strategie bieten, um Konflikte innerhalb einer Gesellschaft zu verhindern. Im Fall der Paumgartner-Gesellschaft zeigte sich jedoch, dass diese Strategie schlussendlich vergeblich war. Zwei Söhne gerieten in ökonomische Schwierigkeiten und daraus folgend in einen gesellschaftlichen Abstieg, sodass das Paumgartnersche Unternehmen, die Besitzungen und Einkünfte in der bisherigen Form nicht gehalten werden konnten. Die einzelnen Testamente werden dennoch hier dargestellt, da durch ihre chronologische Abfolge die auf Kontinuität und Erhalt kalkulierte Strategie des Testierers gezeigt werden kann. 95 Die Testamente sind in abschriftlichen Auszügen erhalten, die im Zusammenhang mit einem Prozess zwischen Anna Paumgartner, geb. Freifrau von Kainach-Leonrod und die Familie ihres Schwagers David Paumgartner erstellt wurden. Diese Akten befinden sich heute im BayHStA München, Kasten blau 382/3, dort ohne Foliierung. Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, hier Nr. 1112. Müller fertigte seine ausführlichen Regesten nach weiteren Abschriften der Testamente aus dem ehemaligen Paumgartnerschen Archiv in Kißlegg, heute Fürstl. Waldburg-Zeil’schen Gesamtarchiv, Schloss Zeil an.

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Fallstudien Tabelle 6: Die Testamente Hans Paumgartners d. J. und seiner Frau Regina Jahr

Quelle

Archiv; Regest

Ereignis

1519

1. Testament

Müller, HG, Nr. 12, S. 9

Vier unmündige Söhne

15. Mai 1535

2. Testament

BayHStA München, Kasten blau 382/3; Müller, HG, Nr. 54 S. 34–37. Paumgartnersches Archiv, Fürstl. Waldburg-Zeilʼschen Gesamtarchiv, Schloss Zeil, Nr. 1112.

Vier Söhne in der Gesellschaft; Erwerb dreier Schlösser

31. Juli 1540

Notariatsinstrument

Müller, HG, Nr. 65, S. 41–44

23. September 1542

Codizill

Müller, HG, Nr. 67, S. 44–45

18. Juni 1543

3. Testament

30. Januar 1544

Verzichtsurkunde Antons II.

27. August 1549

4. Testament

2. September 1549

Codizill

BayHStA München, Kasten blau 382/3; Müller, HG, Nr. 68, S. 45–47. Paumgartnersches Archiv, Fürstl. Waldburg-Zeilʼschen Gesamtarchiv, Schloss Zeil, Nr. 1112. BayHStA München, Kasten blau 382/6; Müller, HG, Nr. 69, S. 47f. Müller, HG, Nr. 79, S. 52–55. Paumgartnersches Archiv, Fürstl. Waldburg-Zeil’schen Gesamtarchiv, Schloss Zeil, Nr. 1112.

Konflikte Antons II. mit den Eltern Tod des ältesten Sohnes Hans III. Perspektive zur Erhebung in den Freiherrenstand, die dann am 27. Juli 1543 realisiert wurde.

Müller, HG, Nr. 80, S. 55–56

Im ersten Testament aus dem Jahr 151996 sah Hans Paumgartner noch alle vier unmündigen Söhne als künftige Nachfolger und Haupterben der Gesellschaft (gemein Hantierung) an. Außerdem soll alsbald nach dem Tode [Hans d. J.] mit den Kindern eine Rechnung gemacht und alles darin angeschlagen werden und wie solche Hauptsumme lautet, so soll solcher Handel den Söhnen allein übergeben und durch gemelten Auslasser [Hans Auslasser, Schwaz] sein Leben lang anstatt seiner Söhne getrieben werden und ihnen derselb Handel nach dem Anschlag, es mindere oder mehre sich derselbe, bleiben und zustehen.97 Es handelte sich dabei um Bergwerke, Schmelzen, pfenwart, unslit- und eisenhandel, die Hans Paumgartner von Hans Auslasser aus Schwaz gekauft und darin Kapital zu Gewinn und Verlust von 25.500 fl. eingelegt hatte. Dieser Handel war nur auf die männlichen Nachkommen

96 Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 12, S. 9. 97 Ebd.

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zu vererben, weder die Töchter noch die Enkel-Weibsbilder [hätten] keine Gemeinschaft und Recht daran.98 Am 15. Mai 1535 erstellten Hans und Regina Paumgartner ein neues Testament.99 Demzufolge übergab der Vater für die nächsten acht Jahre den beiden ältesten Söhnen die „vollkommene Macht und Gewalt“ der Gesellschaft und legte den potentiellen Namen der zukünftigen Gesellschaft fest als Hans und Hans-Jörg, die Paumgartner, Gebrüder.100 Damit disponierten Hans d. J. und seine Frau Regina die beiden ältesten Söhne Hans III. und Hans-Jörg als Namensgeber und somit auch künftige Regierer der Gesellschaft. In diesem Testament verfügten sie ferner, dass die vom Vater durch den Handel erwirtschaftete Summe von 45.612 fl. in Gold zunächst zu Gewinn und Verlust angelegt und dann den vier Söhnen vermacht werden soll. Allerdings ergänzten sie dies um eine Einschränkung: ungehorsame würden demnach jeden Anspruch verlieren,101 dabei handelt es sich um die in Testamenten und Gesellschaftsverträgen häufig auftretende sog. Widerspenstigkeitsklausel.102 Ohne dass ein Sohn explizit genannt wurde, könnte diese Einschränkung auf Anton II. bezogen sein. Er hatte zwei Jahre zuvor seine Aufgabe als Faktor der Gesellschaft in Venedig übernommen, und möglicherweise ließen sich bei ihm bereits zu dieser Zeit gewisse Nachlässigkeiten oder unzuverlässiges und ‚ungehorsames‘ Verhalten erkennen, das damit seinen noch unpersönlichen Niederschlag im Testament fand. Diese Vermutung wird in einem, einige Zeit später von Hans und Regina Paumgartner am 31. Juli 1540 erstellten Notariatsinstrument bestätigt.103 Darin wurden erste konkrete Konsequenzen für den unzuverlässigen Sohn Anton II. formuliert. Zunächst allerdings vermachten die Erblasser allen vier Söhnen Besitzungen, vor allem aus Lehen und Gütern. Speziell zu Anton heißt es dann weiter: Der älteste Bruder Hans III. könne selbst entscheiden, ob er im Erbfall die Güter, die eigentlich Anton II. zufallen sollten, übernehmen möchte. In dem Fall wurde er verpflichtet, 9.000 fl. an den Bruder Anton als Ausgleich zu zahlen.104 Ein für Anton schlechtes Geschäft, denn nach dem Notariatsinstrument sollte er eigentlich: das Schloß Paumgartner (10.000 fl.), den Hof Durlaugingen und einen Hof und 2 Sölden zu Ridern 850 fl., Höfe zu Weiler, das Dorf Refingen, Hälzer u. a., Hof und Burgstall zu Gabelbach, die Mühle zu Roppoltzhausen, Güter zu Scheppach, alles zusammen zu 31.586 fl. angeschlagen erhalten. Der Willensentschluss der Eltern lässt sich nur 98 Ebd.; Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften, S. 188. 99 Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 54, S. 34, datiert dieses Testament auf den 5. Mai 1535. Tatsächlich handelt es sich um den 15. Mai 1535, vgl. BayHStA München, Kasten blau 382/3. 100 Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 54, S. 36: „die 2 ältesten Söhne sollen in den Handeln allen allein das rechte Haupt und Regierer sein und die 8 Jahre über vollkommene Macht und Gewalt haben.“ 101 Ebd., Nr. 54, S. 35. 102 Pettinger, Vermögenserhaltung und Sicherung, S. 176. 103 Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 65, S. 41–44. 104 Ebd., S. 42.

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so erklären, dass sie Anton schon für unzuverlässig hielten, aber die Entwicklung noch abwarten wollten, sodass der älteste Bruder zu gegebener Zeit entscheiden könne. Dahinter stand sicher das Prinzip, die Güter in Familienhand zu erhalten und lieber durch eine einmalige Geldzahlung abzugelten. Ferner bestimmten die Erblasser, dass Anton zu allen anderen Besitzungen und Vermögen keinerlei Register, Privilegien, Briefbücher, Inventare und andere Schriften erhalten soll, sondern nur die 3 anderen Söhne105. Damit wurde Anton jeglicher Zugriff auf die Übersicht und die Kontrolle über den Nachlass der Eltern entzogen. Darüber hinaus bestimmte der Erblasser seinen Sohn Anton und seine Erben wegen bestimmter Ursachen von den Bergwerken aus[zu]schließen. Dabei handelte es sich um die Bergwerke in Schwaz am Valkenstein, am Schneeberg zu Gossensaß und zu Claussen und bei Claussen [...] und auch Joachimstal [in Sachsen] [...] sowie Bergwerksanteilen in Idria106 und noch eine ganze Reihe von weiteren Bergwerksanteilen, alles in allem also um einen beträchtlichen Besitz mit umfangreichen Einkünften. Ebenso wurde Anton aus den Unschlitt- und Eisenhandel in Tirol ausgeschlossen. Dort besaß Paumgartner ein Gut, aus dem Anton jedoch wenigsten ein Viertel aus dem Gewinn zufallen sollte. Zum Schluss wird eindeutig verfügt, dass nur die drei Brüder Hans, Hans-Jörg sowie der Jüngste, David, gemeinsam den Handel fortführen sollten. Die bisherige Handelstätigkeit des Vaters und der Brüder mit Anton wurde gänzlich aufgehoben: Da der Erblasser seinen Sohn Anton und seine Erben wegen bestimmter Ursachen von den Bergwerken ausschließen will […]: Erscheint es dem Erblasser mit Rücksicht auf seinen Sohn Anton [mit dem es Schwierigkeiten gegeben hat] nicht zweckmäßig, dass die Kinder 8 Jahre miteinander zusammen verbunden sein sollen. Er hebt daher diese Verbindung bezüglich seines Sohnes Anton auf, nur die 3 übrigen Söhne sollen gemeinsam handeln.107 Diese eindeutig gegen Anton gerichteten Verfügungen waren die Konsequenz aus den im Jahr 1540 ausgebrochenen Konflikten mit den Eltern. Diese hatten in dem Jahr versucht, Anton durch eine Ehe mit der Augsburgerin Regina Hanold „zur Raison“ zu bringen. Dieser Versuch schlug allerdings fehl, denn Regina trennte sich von Anton, wohl aufgrund seines ausschweifenden Lebens. In einem das Testament ergänzendem Codizill108 vom 23. September 1542 spezifizierte Hans Paumgartner d. J. die testamentarischen Verfügungen und glich sie zugleich einer neuen familiären Situation an. 1542 war der älteste Sohn Hans III. verstorben. Folglich blieben noch drei Söhne zurück, die der Vater mit näheren Er-

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Ebd., S. 43. Ebd. Ebd., S. 43f. Bei einem Codizill handelt es sich um ein Aktenstück, das testamentarische Verfügungen begleitete, erläuterte und/oder erweiterte. Allerdings konnte es insgesamt oder in Teilen jederzeit widerrufen werden.

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läuterungen zu ihrem Verhalten und ihren Charaktereigenschaften in den testamentarischen Nachlass einband. Der Vater sprach an dieser Stelle ganz offen von seinem Missfallen über seinen Sohn Anton. Besonders rief dessen Neigung zur Verschwendung seinen Unwillen hervor: Da ich nur 3 söne habe, darunter mein sun Anthoni Paumgartner von Paungarten sich in etlich mer weg nit mins willens und gefallens, sonder sich gegen mir und auch sonst, des mir nit unpillich mißfällig gehalten und erzaigt, auch neben andern den anfang und ertzaigung gethan, daß er splendidus sein wollte.109 Hingegen zeigten sich seine beiden anderen Söhne dem Vater gegenüber gehorsam und gefällig: dagegen mein lieber sun Hans Jörig in der K. Mai. Diensten, auch sonst in all ander weg, desgleichen mein lieber sun David sich bei mir bisher gänzlich zu mein väterlich wolgefallen und wolgehorsamlich und gefällig gehalten und bewisen.110 Sie sollten daher schon mit einem Vorablegat oder auch Sonderlegat bedacht werden: Deshalb will ich diese beiden mit einem ansehnlichen prelegat bedenken.111 Demnach erhielten sie je 75.000 fl. Im Todesfall des Vaters sollten die beiden „bevorzugten Söhne“ darüber hinaus die Vollmacht zur Güterverfügung erhalten. Wie sehr der Testator der vor allem aus dem Adel herrührenden Praxis des Erhalts vom Mannesstamm, der Güter in Familienbesitz und dem Fortführen des Namens verpflichtet war, zeigt folgende Ergänzung zu den Vollmachten für die beiden Söhne. Im Todesfall der beiden Söhne und ihrer Erben sollte der eigentlich kritisch beurteilte Sohn Anton und seine Erben dennoch in die Verfügung über die „Güter, Bergwerke usw.“ eintreten.112 Die Beibehaltung der Güter in Familienhand sollte auch gewährleistet sein, wenn Hans-Jörg oder David ein geerbtes Objekt nicht wollten, in dem Fall hätten sie es an Anton abzutreten. Allerdings müsste er es erwerben, wozu der Vater die Ermittlung des Kaufpreises festlegte: Das vom Testator Hans Paumgartner erworbene Gut sollte von Anton um ein Fünftel des Kaufpreises preiswerter übernommen werden.113 Abschließend ging der Testator indirekt nochmals auf die Verschwendungssucht (splendidus) Antons ein. Er verfügte, dass seine beiden ‚wohlgeratenen‘ Söhne nicht zu cautiones oder Versicherungen gegenüber Anton und seinen Erben verpflichtet114 wären. Damit schützte Hans d. J. das Familienerbe und auch seine beiden Söhne vor Ansprüchen, die etwa aus Schulden oder dem Lebensstil ihres Bruders Anton herrühren könnten. Kurz nach dem Codizill erstellten die Eltern am 18. Juni 1543 ein neues, mittlerweile drittes Testament.115 Darin fixierten Hans und Regina die bisherigen Ver-

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Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 67, S. 44. Ebd., S. 44f. Ebd. Ebd., S. 45. Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 67, S. 45. Ebd. BayHSTA München, Kasten blau 382/3, Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 68, S. 45; Krag, Die Paumgartner, S. 104, datiert irrtümlich auf 17. Juni.

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fügungen erneut und passten sie den familiären Gegebenheiten an. Die Eltern reagierten damit auf den Lebenswandel des unzuverlässigen Sohns Anton, der sich auch im Unfrieden mit seiner Ehefrau Regina Hanold zunehmend zeigte und zur Trennung führen sollte. Dieser Zustand weckte bei den Eltern einerseits Besorgnis (Es hat sich von ihme [Anton] in etlich mer weg zugetragen, dass wir aus väterlicher und mütterlicher bekümmernus und betrübnus hierin austrucklich anzeigen116), andererseits hatte Hans Paumgartner den Anspruch, die Gesellschaft und Familie vor Schaden zu bewahren. Daher schlossen sie ihren Sohn aus der Unternehmung und Erbfolge endgültig aus und setzten ihm als Abfindung eine Leibrente aus, alleinige Erben blieben die Söhne Hans-Jörg und David (dadurch wir verursacht, ihme unserm Sohn Anton, auch seinen ehelichen sönen ein genantes unerschiedliches erbsatzungweise zu verordnen117). Die Einzelheiten, von welchen Gütern und Einkünften Anton ausgeschlossen werden sollte, wurden dann ausdrücklich testamentarisch festgelegt: ich Hans Paumgartner beger, [...] daß er an allen liegenden und farenden gütern, bergwerken, auch freien und gnadensilbern, edelgestein, hausrat, tapezereien ganz und gar nichtz erben solle118. Damit war Anton nicht nur von den Immobilien und Bergwerken, sondern auch vom vollständigen Inventar der Güter erblich ausgeschlossen. Dafür wurde er mit insgesamt 74.000 fl.119 entschädigt. Diese Summe setzte sich zusammen aus einem Abfindungsbetrag von 70.000 fl.120 sowie zusätzlich 4.000 fl., die ihm seine Mutter Regina vermacht hatte. Allerdings sollten ihm einige Posten davon abgezogen werden, angesehen des überflüssigen costens und ungebürlicher zerung.121 Diese Posten wurden von Hans Paumgartner und seinem Buchhalter Lorentz Grieninger errechnet und im Testament aufgeführt. Demnach wurden ihm die Abnutzung (Zins) aus den 10.000 fl. des noch verbliebenen Heiratsguts sowie der Verbrauch von den 10.000 fl. Heiratsgut von Regina Hanold, das sein Vater verwaltete, abgezogen. Erst nach dem Tod der Eltern sollten ihm diese 20.000 fl. übertragen werden, dazu weitere 10.000 fl., die er für die Güter Konzenberg, Landsberg, Glöttweng, Merenstetten und Riedmühle zur Nutznießung erhalten hatte.122 Ein früheres Legat der Großmutter über 1.000 fl. sollte ebenfalls abgezogen werden. Weitere 6.000 fl., die er über die 10.000 fl. hinaus schon verthon und verbraucht hatte, sollten ihm – ohne Begründung – nicht abgezogen werden. Die gesamte Abfindungssumme von 50.000 fl. musste allerdings im Unternehmen bleiben, von den Brüdern Hans-Jörg und David verwaltet und Anton mit 4%

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Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 68, S. 46. Ebd. Ebd. Ebd.; Krag, Die Paumgartner, S. 104. Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 68, S. 46; Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften, S. 189. 121 Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 68, S. 46. 122 Ebd.

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verzinst werden.123 Solange der Vater lebte, sollte Anton Nutznießer der Güter Konzenberg und Glöttweng sein. Nach dem Tod des Vaters sollte eine Auszahlung des Erbteils und Rückgabe der Güter veranlasst werden. Alle Verfügungen bezüglich Anton Paumgartners unterlagen dem ausdrücklichen Willen der Eltern Paumgartner, die Familie und die Gesellschaft von Antons finanziellen Abenteuern, seinem unzuverlässigen Charakter und seiner Verschwendungssucht fernzuhalten, den Besitz zu schützen und vor allem für die Zukunft zu erhalten. Am 30. Januar 1544 beurkundeten Hans und Regina Paumgartner und ihre beiden Söhne Hans-Jörg und David, dass Anton eine Verzichtserklärung auf das elterliche Erbe, d. h. auf alle Güter (auch auf Landsberg und Glöttweng) abgegeben habe und dafür ein jährliches Leibgeding von 1.800 fl. erhalte.124 Da seine Ehefrau Regina sich mittlerweile von ihm getrennt hatte, verzichtete er ebenfalls auf die 10.000 fl. Heiratsgut, die ebenso wie ihre Habe an Regina zurückgegeben wurde. 1544 schrieb Anton über die Trennung von seiner Ehefrau: meine hausfrau Regina Haunoldin, welche verrückter [vergangener] Zeit von mir gegangen und bis auf diesen tag, der nun im 7. monat, unangesehen ich ihr schriftlich und mündlich mermalen begerte und mich alles, das ein eeman gegen einer eefrauen zu tun gepürt, erpotten, dennoch von mir ausbliben und nicht zu mir kommen will, sich also von mir abgetrennt hat.125 Demnach hatte sich Anton, allerdings erfolglos um den Rettung seiner Ehe auf mündlichem und schriftlichem Weg bemüht. Regina Hanold blieb bei ihrer Entscheidung, Anton hatte wohl ein zu unstetes Leben geführt. Schwer erkrankt verfasste Hans Paumgartner sein letztes Testament.126 Darin wird seiner Frau Regina und den noch unverheirateten Töchtern ein unbeschränktes Wohnrecht in einem Haus oder Schloss ihrer Wahl auf den Gütern der Familie zugesagt. Außerdem wurden alle Güter und Besitzungen sowie das komplette Inventar zu gleichen Teilen den beiden Söhnen Hans-Jörg und David vermacht. Anton hatte ja bereits auf das Erbe verzichtet, 20.000 fl. vorempfangen und war mit einem Leibgeding von 1.800 fl. jährlich ausgestattet worden. Wahrscheinlich noch von seinem Sterbebett, aber ‚bei vollkommener Vernunft‘127 schloss Hans Paumgartner an das letzte Testament ein Codizill an, in dem nochmals der vollständige Verzicht Antons auf das elterliche Erbe bekräftigt wird, ferner sich die Brüder verpflichten, ihrem Bruder Anton sein Leibgeding stets bezahlen zu wollen und ihm zugleich nichts von ihren Lehen und eigenen Gütern zustellen [zu] wollen.128

123 Ebd.; Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften, S. 189. 124 BayHStA München, Kasten blau 382/6; Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 68, S. 47f. 125 BayHStA München, Kasten blau 382/6; Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 68, S. 47f. 126 Ebd., Nr. 79, S. 52–55. 127 Ebd., S. 55. 128 Ebd.

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1.2.3. Die Nachfolger Trotz der peniblen, mit langjähriger Erfahrung erstellten Testamente sollte diese Strategie zur Erhaltung der Güter, Besitzungen und Einkünfte in Form des Fideikommisses und zugleich dem Zusammenhalt des Unternehmens und der Familie zum Schluss nicht aufgehen. Als Ende September/Anfang Oktober 1549 Hans Paumgartner starb, traten die beiden Brüder Hans-Jörg und David in die Erbfolge ein. Der Mutter Regina wurde, wie testamentarisch festgelegt, Nießbrauch zu Lebzeiten an einem der Augsburger Häuser ihrer Wahl und Einkünfte zum Lebensunterhalt zugesichert, bis sie dann am 26.12.1552 starb. Hans-Jörg und David führten ihr Erbe zunächst auch erfolgreich fort, indem sie die Immobilien übernahmen und unterhielten. Ebenso betrieben sie die Bergwerke in Tirol gemeinsam zu Gewinn und Verlust. Beide wohnten zunächst in den ererbten Häusern in Augsburg. Das gesamte Inventar wurde gemäß den letzten Verfügungen geteilt. Dennoch schienen nach dem Tod der Mutter die ersten Probleme aufzutreten, denn was das wichtige Bergbaugeschäft betraf, zeigten die Brüder geringes Interesse sowie wenig Kenntnis und Erfahrung. Zudem wiesen sie in der Geschäftsführung, dem Buchhaltungswesen und der Aktenführung weder Können noch Ordnung auf. So verlegten oder verloren sie z. B. wichtige Verträge bezüglich des Silberbergbaus, die die Tiroler Regierung 1553 zurückverlangte, da sie erledigt waren.129 Es folgten Verluste und schließlich der Rückzug aus dem Tiroler Bergbaugeschäft. Die Brüder gingen dann getrennte Wege und waren immer mehr politisch und am Hof tätig – immerhin entsprach das auch einem wesentlichen Teil ihrer Ausbildung. David suchte und fand die Gnade und Aufnahme des Kaisers an dessen Hof und führte ein zunehmend verschwenderisches Leben.130 Daneben engagierte er sich in glücklose Kreditgeschäfte, sodass schließlich sein Bruder 1559 wegen einer Schuldsumme von 129.000 fl. für ihn bürgen musste.131 Diese Bürgschaft sollte wenige Jahre später auch Hans-Jörgs Zusammenbruch bedeuten. Trotzdem gewährte David weiterhin Kredite, besonders an den Augsburger Handelsherrn und Bürgermeister Jakob Herbrot. Als dieser 1563 fallierte, war dessen Hauptgläubiger David132 und der Konkurs bedeutete auch bei ihm den „Zusammenbruch der Vermögensverhältnisse“133, ihm blieb nur noch die Herrschaft Konzenberg. David stürzte sich daraufhin in verschiedene Projekte, um wieder zu Reichtum und Ansehen zu gelangen. So betrieb er die, wie bei vielen anderen in dieser Zeit

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Krag, Die Paumgartner, S. 108. Rauh, Archiv Kißlegg, S. 25f. Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 614, S. 244f. Ebd., Nr. 618, S. 245: Am 2. Juli 1561 schuldete Jakob Herbrot David Paumgartner nach einem Schuldbuch-Eintrag 84.977 fl. 133 Krag, Die Paumgartner, S. 114; Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, S. 18*.

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fallierten Augsburger Handelshäusern, populäre Alchemie,134 also die (vergebliche) „Herstellung“ von Gold und anderen Edelmetallen. Folgenschwer sollte aber sein, dass er dem fehde- und streitfreudigen Ritter Wilhelm von Grumbach anhing, der sich im Aufstand gegen den Kaiser befand und mit der Reichsacht belegt worden war. Das führte dazu, dass auch über David Paumgartner die Reichsacht verhängt, er gefangengenommen, vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt wurde. Am 18. April 1567 wurde David Paumgartner enthauptet.135 Derweil lag sein Bruder Hans-Jörg in Augsburg in Schuldhaft.136 Nach dem Tod des Vaters war Hans-Jörg zunächst finanziell sehr gut ausgestattet gewesen. 1559 konnte er daher für seinen Bruder David bürgen. Als dieser im Zusammenhang mit dem Bankrott Herbrots 1563 erneut in finanzielle Engpässe geriet, musste er wieder bürgen. Die Gläubiger Davids erreichten 1565 beim Augsburger Rat, dass Hans-Jörg in Haft genommen wurde: „Dies sei auf Veranlassung der Gläubiger seines Bruders David P. geschehen, für den sich Hans-Jörg P. verbürgt habe, auch sein Bruder Anton P habe dies verlangt, da er sich geweigert habe, ihm die 1.800 fl. Leibgeding und das Interesse davon, wozu er nach dem Vertrag verpflichtet sei und 5.000 fl. Kapital zu zahlen.“137 Hans-Jörg blieb insgesamt fünf Jahre lang in Haft, dann erst kam eine Einigung mit den Gläubigern zustande. Die Gesamtschuld von 104.471 fl., die insgesamt 22 Gläubiger forderten, musste er aus den ererbten Gütern und Lehen sowie dem Inventar bestreiten.138 Er wurde daraufhin freigelassen, war aber mittlerweile krank, gebrochen und vor allem ruiniert, sodass er bereits am 29. Juni 1570 starb.139 Der von den Eltern als verschwenderisch kritisierte Anton II. konnte hingegen nach den Augsburger Steuerbüchern sein ererbtes Geld zusammenhalten und sogar vermehren.140 Zunächst allerdings schien er sich genauso wie befürchtet weiter zu 134 Krag, Die Paumgartner, S. 115. 135 Ebd., S. 116; Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, S. 19*ff.; Volker Press, Wilhelm von Grumbach und die deutsche Adelskrise der 1560er Jahre, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 113 (1977), S. 396–431, hier S. 421ff. 136 Krag, Die Paumgartner, S. 116; Rauh, Archiv Kißlegg, S. 23; Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 88, S. 60f.: Textauszug aus der Chronik des Paul Hector Mair zur Schuldhaft Hans-Jörg Paumgartners 1565–1570. 137 Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 89, S. 61: Rechtfertigungsschreiben des Augsburger Rates vom 10. Januar 1566. 138 Die Summe und die Gläubiger wurden namentlich in einem Decretum in senatu in Augsburg vom 7. Januar 1570 aufgeführt, Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 632, S. 249f. 139 Krag, Die Paumgartner, S. 117f. Der hartnäckigen Haltung seiner Witwe Anna Paumgartner, geb. Freifrau von Kainach-Leonrod war es zu verdanken, dass nach langwierigen, schließlich gewonnen Schuldprozessen und der Tilgung von Schulden, die ihr Ehemann hinterlassen hatte, wenigsten so viel erhalten blieb, dass sie 1592 die halbe Herrschaft Kißlegg kaufen und dort leben konnte. Durch ihre und ihrer als letzte verstorbenen Tochter Sorgfalt ist es zu verdanken, dass das Archiv der Paumgartner zu Augsburg erhalten blieb und zunächst nach Schloss Kißlegg kam. 1929 wurde ein erster Teil auf Initiative Jakob Strieders und der Rest 1935 durch Erlass Erich von Waldburgs, Fürst zu Zeil, auf das Schloss Zeil verbracht und liegt heute dort als Fürstlich Waldburg-Zeil’sches Archiv, vgl. Rauh, Archiv Kißlegg, S. 54; Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, S. 21*. 140 Krag, Die Paumgartner, S. 105.

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entwickeln. Er bewegte sich in Augsburg in „leichtlebigen Kreisen“, zu denen auch der „derb-ironische“, 1562 wegen Mordes hingerichtete Schwankdichter Michael Lindener gehörte. Dieser widmete seinem ‚Gönner‘ Anton 1558 ein sog. „Rastbüchlein“ und „Katzipori-Schwänke“.141 In den 60er Jahren allerdings konsolidierte sich Anton Paumgartner. Aus einer Schuldenaufstellung, die David Paumgartner anlässlich seines eigenen Bankrotts erstellt hatte („David Baungartners Schulden, sovil mir bewußt“), tauchte Anton mit einer Forderung von 36.000 fl. auf, dafür erhielt er die Herrschaft ‚Baumgarten‘.142 Anton ließ sich dort sogar nieder und starb an demselben Ort 1581 als wohlhabender Mann. 1.2.4. Fazit Das Fallbeispiel der Familie Paumgartner zeigt, wie trotz sorgfältiger Ausbildung, trotz der auf Langlebigkeit und Kontinuität angelegten Strategie der testamentarischen Verfügungen und auch trotz der soliden und breit gestreuten Unternehmensaktivitäten in Bergwerksunternehmungen, im Warenhandel, in Kreditgeschäften und trotz zuverlässigem Vermögensaufbau durch Einkünfte aus den Unternehmungen und dem Immobilienbesitz,143 eine Familiengesellschaft nicht von Dauer sein musste. Vor allem die mentale Verfasstheit der Nachfolger sowie ihr ökonomisches Unvermögen, die beide zu übermäßigen Schulden und verschwenderischem Leben führten, konnte jede Maßnahme, die Gesellschaft zu sichern, zunichte machen. Zu Lebzeiten Hans Paumgartners d. J. und seiner Frau Regina gestalteten sich die Strategien als stetes Wechselspiel zwischen dem Erhalt von Familien- und Gesellschaftsfrieden sowie des Familienbesitzes und dem Versuch, einen unzuverlässigen Sohn schrittweise zu disziplinieren. Nachdem dies scheiterte, hielt Hans Paumgartner ihn möglichst fern von den Familiengütern, den Besitzungen und Einkünften, um Schaden von der Familie und der Gesellschaft abzuhalten. Diese verschiedenen Schritte der Entfremdung wurden testamentarisch festgehalten und gipfelten in der Enterbung eines unkalkulierbaren Sohnes. Nach dem Tod der Eltern wurden die Probleme vollends evident: Politische Abenteuer, un-

141 Es handelt sich dabei um teils derbe, aus dem Volksmund überlieferte und von Lindener zusammengestellte Geschichten. Die gedruckte Ausgabe ist von Franz Lichtenstein (Hrsg.), Michael Lindeners Rastbüchlein und Katzipori. (Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart, Band 163), Stuttgart 1883. Die Widmung (S. 3) lautet: Dem edlen, ehrenvesten Herrn, Herrn Anthoni Baumgartner zu Baumgarten, etc., meynem gendigen Herrn und patronen. Zu Michael Lindener siehe Neue Deutsche Biographie, hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 1985, Bd. 14, S. 597. 142 Krag, Die Paumgartner, S. 113; Müller, Handelsgeschichte der Paumgartner, Nr. 627, S. 247 nach BayHStA München, Kasten blau 382/7. 143 Nach Rauh, Archiv Kißlegg, S. 29, war der weitgestreute Immobilienbesitz einerseits Zeichen für die „außerordentliche Vitalität und den kühnen Unternehmergeist“ Hans d. J. Paumgartner, andererseits „widersprach [dies] den Gesetzten einer dauerhaften Territorialpolitik“.

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ternehmerisches Unvermögen – allerdings der anderen Söhne – Verschwendungssucht und die daraus folgende Überschuldung führten schließlich zum Verlust des umfangreichen Familienbesitzes der Paumgartner. 2. Onkel und Neffen 2.1. Der Fall des Paulus Behaim (1519–1568). Eine Gesellschafterversammlung mit Folgen Im Zentrum dieses Fallbeispiels steht ein besonders ausgefeiltes und überlegtes Verfahren, um einen Konflikt abzuwenden, der sich 1546 bis 1556 zwischen Paulus Behaim auf der einen Seite und seinen Onkeln und Prinzipalen der Imhoff-Gesellschaft aus Nürnberg auf der anderen Seite entwickelte. Es ging um zunehmend strittige Gewinn- und Honorarberechnungen sowie die Arbeitsverpflichtung Behaims, die auf den obligatorischen Versammlungen von den Regierern festgesetzt wurden. Zur Abwendung dieser Konflikte dienten den Regierern dann mehrere außerordentliche Gesellschaftersitzungen, die dann auf Initiative und Wortführung Endresʼ I. Imhoff die Trennung von ihrem Mitgesellschafter und Neffen Paulus Behaim144 zum Ziel hatten. Aus Sicht der Prinzipale war die Arbeit des Paulus nicht mehr effizient und sollte daher nach Ablauf der vertraglichen Verschreibung im Jahr 1556 nicht mehr fortgeführt werden. Bemerkenswert war nun die Vorgehensweise der Imhoffs, die am Ende auf Seiten des Paulus zur unfreiwilligen Trennung führte. Im Folgenden werden zunächst die Umstände der Trennung mit dem Schwerpunkt auf den Gesellschafterversammlungen anhand eines archivalischen Glücksfalls, eines „Handbuchs“ Paulus Behaims, fast minutiös nachvollzogen. Das bislang nicht untersuchte Handbuch ist im Stil von persönlichen Aufzeichnungen gehalten. Das bedeutet eine besondere Vorsicht und analytische Distanz bei der eng mit der Fragestellung verbundenen Auswertung und Einordnung dieses „Selbstzeugnisses“. 145 144 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 36v. Hildebrandt, Diener und Herren, S. 156 bezeichnet Paulus Behaim als Schwager Endres Imhoffs. Tatsächlich war er der Neffe. Vgl. Müller, Geschäftsreisen, S. 156, 164 und zahlreiche Briefe Behaims und seiner Familie, wie etwa: GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 13, Nr. 12. Einen nicht ganz zuverlässigen Teilabdruck bietet Johann Kamann, Briefe aus dem Brigittenkloster Maihingen (MariaMai) im Ries 1516–1522, in: Zeitschrift für Kulturgeschichte 6 (1899), S. 249–227, hier S. 270ff., Nr. 2, vgl. auch Beer, Eltern und Kinder, S. 113. 145 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601. Mehrfach, jedoch nur mit knappen Hinweisen, wurden diese Aufzeichnungen in der Forschung erwähnt, bislang z. B. bei Kamann, Aus Nürnberger Haushaltung- und Rechnungsbüchern, S. 60; ders., Aus Paulus Behaims I. Briefwechsel, S. 12; Hildebrandt, Diener und Herren, S. 156; ders., Unternehmensstrukturen, S. 97; Barbara Schmid, Schreiben für Status und Herrschaft. Deutsche Autobiographik in Spätmittelalter und früher Neuzeit, Zürich 2006, S. 107. Eine Transkription mit Auswertung der Handschrift erstellt derzeit die Verfasserin (Arbeitstitel: „Handbuch Herrn Paul Behaims“. Lehrjahre und Handelspraxis eines Nürnberger Kaufmanns und Financiers.“, erscheint vorraussichtlich in den

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Die Analyse des Handbuchs ergänzt eine umfangreiche Korrespondenz zwischen Paulus und seinen Prinzipalen einerseits sowie Paulus und seiner Familie andererseits, die Aufschluss über seine Arbeit in der Gesellschaft, die beginnenden Konflikte, die Trennung und seinen beruflichen Neuanfang gibt.146 Paulus Behaims beruflicher Werdegang führte ihn von einem einfachen Handelsdiener zu einem Mitgesellschafter der Nürnberger Imhoff-Gesellschaft. Als Sohn des Nürnberger Ratsherrn Friedrich VII. Behaim (1491–1533) erhielt er ab 1533 eine dreijährige kaufmännische Lehre im Dienst der Niederlassung der Florentiner Antinori-Gesellschaft in Krakau.147 Der Lehrvertrag zwischen dem Vater Friedrich (der kurz danach verstarb148) und Peter Antonio de Nobili Antinori hat sich erhalten.149 Demnach sollte Paulus mit Michael, einem Vetter seines Vaters Friedrich von Nürnberg nach Krakau reiten und dann sol mein son zu des obbenanten Petter Antho lewtten einziehen, die dan alda zu Krackaw von sein und seiner geselschafft wegenn das leger haltenn, und von ihnen Kost und Logis erhalten. Die Niederlassung leiteten Gabriel Betzin und Gaspar Ducci. Auch der Umfang der Aufgaben, die Paulus zu lernen und auszuführen hatte, wurden vertraglich festgelegt: mein son Paulus Behaim zu nichta anders, dan was den handel angelangt, und in der schreybstuben gebraucht werdenn. Dazu sollten sie ine den handel trewlich

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Deutschen Handelsakten). Ein Vorbericht dazu bietet: Mechthild Isenmann, Das „Handlungsund Bilanzbuch“ Paulus I. Behaims (1519–1568). Finanzgeschäfte und Klientel eines Nürnberger Financiers. Ein Werkstattbericht, in: Annales Mercaturae 1 (2015), S. 37–60. Ein Teil der Briefe – bis 1543 – wurde bereits von Kamann, Aus Paulus Behaims I. Briefwechsel, S. 9–22 und 45–56 abgedruckt. Darauf basieren auch die Arbeiten von Balduin Penndorf, Paulus Behaim (1519–1568). Lehr- und Wanderjahre eines deutschen Kaufmanns im 16. Jahrhundert, in: Der Kaufmann und das Leben. Beiblätter der Zs. für handelswissenschaftliche Forschung 6 (1913), S. 29–31; Mathias Beer, Eltern und Kinder des späten Mittelalters in ihren Briefen. Familienleben in der Stadt des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit mit besonderer Berücksichtigung Nürnbergs (1400–1550), (Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte, 44), Nürnberg 1990 sowie Hanns-Peter Bruchhäuser, Quellen und Dokumente zur Berufsbildung deutscher Kaufleute im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, Köln 1992, S. 117-127. Die späteren Briefe, die den hier untersuchten Zeitraum zwischen 1544–1556 umfassen, sind noch nicht ediert und werden in diesem Kapitel nur in sachbezogenen Auszügen wiedergegeben. Nach Penndorf, Paulus Behaim, S. 29. Siehe auch Kamann, Aus Paulus Behaims I. Briefwechsel, S. 73; Schmid, Schreiben für Status und Herrschaft, S. 96. Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 326 vermutet, dass Friedrich Behaim an der Pest starb. In einem Brief des Michael Behaim vom Oktober 1533 informiert dieser Paulus, dass sein Vater schon länger erkrankt sei, Bruchhäuser, Berufsbildung, S. 123: So bit ich dich [Paulus], wollest nit erschrecken, den ich will dir unverhaltenn haben, das der allmechtig ewig got deinen vatter, meinen lieben vettern und besten freundt, den ich und mein geschwistret auff erdtricht gehabt haben, aus disem jamerthal tu dem ewigenn leben beruefft hat, und ist gestorbenn auff 25 tag September wie mir der jung Linhard Munstrer geschriben hat gen Leyptzigk. [...]. Doch vernim ich, das er an der pestilenz nicht gestorben ist, sunder, wie du wol wayst, er lang krangk gelegen hat. Der Lehrvertrag ist sowohl bei Kamann, Aus Paulus Behaims I. Briefwechsel, S. 76–78 als auch bei Penndorf, Paulus Behaim, S. 29 abgedruckt; Georg Steinhausen, Der Kaufmann in der deutschen Vergangenheit, Leipzig 1899, nach S. 40 gibt zusätzlich zur Transkription auch die Originalurkunde im Bild wieder. Siehe auch M. Isenmann, Nutzen und Schaden, S. 174.

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und vleyssig unterweyssen und ime zur nottorfft des handels nichts verhaltenn.150 Diesen Lehrvertrag siegelten der Prinzipal der Antinori-Gesellschaft, Peter Antonio de Nobili, sowie der Vater Friedrich Behaim und der Onkel von Paulus, Endres I. Imhoff. 1533 starb Friedrich Behaim, auf Wunsch von Paulus Onkel Endres I. und Gabriel Imhoff trat dann der 14-jährigen Neffe151 1536 nach seiner Rückkehr in die Heimatstadt als Diener in die Imhoff-Gesellschaft ein. Diese war mittlerweile unter der Leitung von Endres I. Imhoff, dem Bruder von Paulus Mutter Klara († 1548), als „Endres Imhoff und Mitverwandte“ neu gegründet worden und war vor allem im Safran- und Gewürzhandel, Edel- und Buntmetallhandel und seit Mitte des 16. Jahrhunderts auch im Geldhandel aktiv. Zentren des Imhoffschen Handels waren u. a. Venedig, Lyon, Antwerpen, Saragossa, Neapel und L’Aquila.152 1540 zog Paulus Behaim im Auftrag seiner Gesellschaft nach Antwerpen, um dort die neben Venedig und Saragossa wichtigste Faktorei und das Warenlager der Imhoff zu leiten.153 Er blieb dort bis 1543 und kehrte am Ende des Jahres nach Nürnberg zurück, denn von diesem Zeitpunkt an wurden die Briefe an ihn stets nach Nürnberg adressiert.154 1544 endete die Vertragslaufzeit, deren Abschluss Michael und Sebastian Imhoff quittierten; diese Quittung ist in einer Abschrift von Behaims Hand erhalten.155 Darin bestätigen die Mitgesellschafter, dass sie keinerlei Ansprüche an Behaim aus seinen Tätigkeiten in der Gesellschaft haben: So bekennen wir 150 Kamann, Aus Paulus Behaims I. Briefwechsel, S. 77. Vgl. auch Bruchhäuser, Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 195. 151 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 2r. In seinen Aufzeichnungen bezeichnete Paulus seine Onkel Albrecht Letscher und Joachim als Vormünder, mit denen die beiden Imhoff wegen der Anstellung sprachen Unnd darnach auff 4. Apprill 1536 jar haben mich meine herrn unnd vettern, auff ansuchen und anfordern Albrechtt Lettscher unnd Joachim Rothmundtt, mich in irem kauffmanshandel begertt, nemlich meine 2 formundtt herrn Endres unnd Gabriell Imhoff, der gestaltt mich in irem handell zu geprauchen und haltten, wie sy dann andre ire diener und vetternn halttenn, das haben sy her Endres und Gabriel Imhoff vonn wegenn ire gesellschafftt Jeronimo unnd Simonn Imhoff zu Augspurg us irer aller wegenn mir unnd meinen 2 formuntter Lettscher unnd Rotthmundtt treulich ine gesagtt. Beer, Eltern und Kinder, S. 104 hingegen bezeichnete die Imhoff als Vormünder. Nach Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 326 übernahm nur Endres I. Imhoff die Vormundschaft. 152 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 36v. Hildebrandt, Diener und Herren, S. 156 bezeichnet Paulus Behaim als Schwager Endres Imhoffs. Tatsächlich war er der Neffe. Vgl. Müller, Geschäftsreisen, S. 156, 164 und zahlreiche Briefe Behaims und seiner Familie, wie etwa: GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 13, Nr. 12. Einen nicht ganz zuverlässigen Teilabdruck bietet Johann Kamann, Briefe aus dem Brigittenkloster Maihingen (MariaMai) im Ries 1516–1522, in: Zeitschrift für Kulturgeschichte 6 (1899), S. 249–227, hier S. 270ff., Nr. 2, vgl. auch Beer, Eltern und Kinder, S. 113. 153 Penndorf, Paulus Behaim, S. 30; Barthels, Drogenhandel, S. 78. 154 GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 29c–g. 155 Ebd., Fasz. 29d (ohne Monatsdatum): Wir Michael und Sebastian Imhof geverten und gebruder Burger zu Nurmberg also der erner Paulus Behaim hievor aufs jarlang deren errneste und weisen hern Jheronimussen ermessen und Simon Imhoff inn iren gesellschaflichanndel und nachvolgends inn solichem gesellschaffthandel und gewerb noch auch jarlanng unser diener gewesen, welche seine dienste zeit sich im Monadt Augusto nachsteeruck zeendt.

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177

fur unns alle unser mitgesellschaffter unnd verwandten der herren hesischen gesellschafft auch unser unnd alle derselben erber unnd nachkomen, das uns ermelter Paulus Behaim vonn allen dem so er diser gesellschafft halbenn inn bevelch unnd verwaltung gehapt, erber gute enndrechnung unnd antzaigung auch an parschafft schuldig allen seinen einnemen und ausgeben, schuldtpriefen, registern, briefen, schrifften, hanndlungen thun und lassen ein solche veranthworttung unnd onweigs zethun daran wir ein guet völligs gefallen und benugen haben.156 2.1.1. Behaims Aufstieg zum Mitgesellschafter Paulus Behaim verlängerte 1544 seine Anstellung bei den Imhoffs und stieg zugleich innerhalb der Gesellschaftshierarchie vom Diener zum Mitgesellschafter mit einer Kapitaleinlage zu Gewinn und Verlust auf, allerdings ohne das Recht auf Mitwirkung bei den regelmäßig stattfindenden Hauptabrechnungen. Zwar ist dazu für das Jahr 1544 kein Vertrag erhalten, aber aus der Rückschau des nächsten Anschlussvertrags von 1548 kann dies geschlossen werden: und nachdem er itzund fur all das seinig socij der forigen [1544–1548] gesellschafft gehabt hat.157 Während der neuen Vertragslaufzeit von 1544–1548 fand dann 1546 die übliche zweijährliche Hauptrechnung der Imhoff-Gesellschaft statt. Zu diesem Zeitpunkt wurden erste Unstimmigkeiten zwischen Paulus Behaim und seinen Prinzipalen deutlich. Es hatte zwischen ihnen eine spezielle, recht eigentümlich vertraglich festgelegte Verabredung gegeben, die auch im späteren Vertrag von 1548 wieder aufgenommen wurde. Demnach sollte Paulus von seiner Besoldung 50 fl. abgezogen werden, wenn die Gesamtsumme seines Gewinns zu hoch wäre: Nachdem mir dan in meiner jongste bestallung vor 2 jaren [1544] ist zuegesagt worden, was mir von geltt zu stien wurdt, sol mir zu gewinn und verlust auch angenummen werden und so die summa so groß sein solltt, soll mir 50 fl. an die besoldung ein jar ab ghien.158 In der Tat wuchs Paulusʼ Einlage zu Gewinn und Verlust im Jahr 1544 von 252 fl. 9 ß. auf 3.409 fl. im Jahr 1548. Dementsprechend hätte seine Besoldung ab 1548 von 500 fl. auf 400 fl. gekürzt werden müssen.159 Nachdem sich Paulus zur Hälfte seiner Vertragslaufzeit im Jahr 1546 vor der Zwischenabrechnung über diese Kürzung beschwert hatte, wollte ihm Endres Imhoff, nach Paulus Aufzeichnungen, diese diesmal erlassen: welches mir aber Endres Imhoff fur dismal hatt vernainen wollen und haben mir all zu gleich itztt hinfuro dieweil ich obgemelte summa im handel hab, do mit kein ires bedunckens ist, die 50 fl. an der besoldung abkurzen, 156 Ebd. 157 Ebd., Fasz. 25: […] die weil sich dan di selbig gesellschafft, auch die bestallung des bemelten Peham iz im Augusto des 1548 jar geendet hat, das sich nochmals bemelter Paullus Peham in den erbern weisen Endres Imhoff und geprudern auff ein neues versprochen und gethan hat und sie in also auff- und angenumen haben, uff vier jar die negsten die sich anfahen den 23. tag des monats August im 1548 jar. 158 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 28v. 159 Vgl. dazu die Tabelle 7 weiter unten S. 182.

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welche ich mich nitt wenig beschwerdt hab, doch im endt sich bewilligtt, es werdett die besoldung halb nitt nott haben und werd die 250 fl. besoldung als pleib.160 Tatsächlich wollten Endres und Gabriel Imhoff bei der Zwischenabrechnung 1546 von dieser (angeblichen) Zusage nach Paulusʼ Bericht nichts mehr wissen und rechneten den Abzug von 50 fl. pro Jahr an, den sie als Bedingung im Fall der nun eingetretenen Erhöhung der Hauptsumme festgelegt hatten: Nachdem dan irn gemeltt wirtt, das Endres und Gabriel Imhoff von dem iren mich mitt der vereerung oder in ander wes ergezen wollen, solchs zusagen haben, sy mir auch vernaintt und darvon nichts haben wissen wollen, das sy mir etwas us dem irigen zu gesagtt habenn, dasselbig muß ich auch fallen lassen und geschehen. 161 Fortan musste sich Paulus Behaim mit 200 fl. Besoldung zufrieden geben162 und darüber hinaus noch die Bedingung akzeptieren, dass die Imhoff ihm nicht erlaubten, außer der bereits gewährten Einlagehöhe einen zusätzlichen Geldbetrag in die Gesellschaft zu Gewinn und Verlust einzubringen, lediglich festverzinsliches Kapital waren sie noch bereit anzunehmen: aber weiter werden sy mir kein geltt zu gewinn und verlust mer annemen, sondern solches sol mir zu 5 p[ro] c[ent]o das jar ligen, also hab ich sy gegen irem vorigem zusagen mit hoher dringen mogen.163 Offensichtlich arbeitete Behaim in diesen Jahren trotz seiner Beschwerden bezüglich der Besoldung sehr erfolgreich, denn er steigerte sein Gesamtguthaben in der Gesellschaft innerhalb weniger Jahre vom Jahr 1540 von 237 fl. 5 ß. zum Jahr 1548 auf 4.686 fl. 19 ß.164 Dieses Guthaben wurde nach der neuen Verschreibung im Jahr 1548 wieder in die Gesellschaft eingelegt. Es setzte sich aus 3.500 fl. zu Gewinn und Verlust sowie einem einmaligen festverzinslichen Kapitalbetrag von 1.186 fl. 19 ß. zu 5%igem Zins zusammen.165 Dieser festverzinsliche Betrag war allerdings nicht für Behaim selbst, sondern für seine Schwestern Lucia und Katharina vorgesehen. Behaim berichtete darüber in seinem Handbuch: Notta von vorgemeltten 1.186 fl. 19 ß., so ich im handel zu 5 p[ro] c[ent]o ligen hab, darvan hatt man Lucia und Kattrina Behaymin meinen schwestern zu geschriben, so man in jerlich verzinsen soll mit 5 p[ro] c[ent]o, die bin ich in ann der tayllung anhangt hinaus schuldig worden thutt ieder:

160 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 28v. 161 Ebd. 162 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 30r: Aber her Endres Imhoff hatt mir es nitt gestien wollen, sonder anzaigtt, er hab es also auff zaichnett und mir dasselbig auch furgelessen, so ich aber auff mein aidt nem, das mir nichts fur ist gelessen worden, also mir vor Gott und der welt diese im jar umb 100 fl. us im unrecht an der besoldung beschicht. 163 Ebd. 164 GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 25. Kamann, Aus Paulus Behaims I. Briefwechsel, S. 74; Penndorf, Paulus Behaim, S. 31. 165 GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 25: Und nach dem er auch wie gemelt ist, pey der altten gesellschafft gehabt het, nemlich 4.686 fl. 19 ß., die wir auff uns nemen und aber dar von 3.500 fl. zu gewinn und v[er]lust im handel fur in wie gemelt ist, liegen pleiben, also das er daruber noch pey uns hat den rest nemlich 1186 fl. 19 ß. darvon sol wir im jerlich 5 p[ro] c[ent]o geben, welches anfangen ist auff 23. Augusto im 1548 jar. Dazu auch Penndorf, Geschichte der Buchhaltung, S. 88f.

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179

fl. 471 ß. 15.166 Der Betrag wurde 1550 um 1.087 fl. 7 ß. ersetzt und diente dann mit 5% festem Zins Behaim selbst.167 Darüber hinaus erhielt er 1548 seine schon erwähnte Besoldung von 200 fl. (sol im darzu die vier jar ein icliches derselben zweyhundert gulden fur all ding gegeben werden168). Nur wenn er auf Reisen war und einen längeren Aufenthalt in Antwerpen hatte, wurden ihm zusätzlich 50 fl. gewährt (so er aber ein oder mer jar gen Anttorff geschickt und aldo sein wirt, wie vornen gemelt ist, so sol im darfur ein icliches derselben jar noch zu dem forigen 50 fl. gegeben werden169). Sollte er neben der zweijährlich gezahlten 400 fl. Besoldung170 noch eine weitere Summe zu seiner notturft entnemen, würde diese mit 5% Verzinsung von seiner Kapitaleinlage abgezogen werden.171 In dem Vertrag vom 23. August 1548172 legten die Prinzipale den Aufgabenbereich Paulus Behaims erneut detailliert fest – so wie sie es vermutlich schon 1544 gemacht hatten. Immerhin handelte es sich um Verträge mit einem aufgestiegenen Mitgesellschafter, der von einem einfachen Dienstverhältnis nun mit Einlage zu Gewinn und Verlust, festverzinslichem Kapital und der Pflicht zur Mitarbeit mit der Gesellschaft verbunden war. Paulus Behaim sollte dem Vertrag zufolge in der Nürnberger Zentrale das Journal und das Schuldbuch führen (alhie in Nurmberg das jornal und schuldpuch und was demselben anhengig ist, mit pestem fleis und ordenlich, wie sich gepurt, haltten173), es oblagen ihm Waren- und Geldgeschäfte wie etwa Wechselgeschäfte (der gleichen des marcts und des verkauffen, auch mit wesseln und demselben in gehorig und also von notten ist, alles verwalten und nach seim pesten zustand ausrichten sol174). Schließlich gehörten zu seinen Pflichten auch Reisen zur Frankfurter Messe und nach Antwerpen, zur wichtigsten Faktorei der Imhoff-Gesellschaft175 (auch sol er sich all mes gen Franckfurt lassen prauchen dergleichen gen Anttorff, so man das begern wurdt176). Behaim sollte sich aber nicht mehr als fünf oder sechs Monate außerhalb Nürnbergs aufhalten. Wenn Behaim in Nürnberg war, musste er seinen Unterhalt selbst bestreiten, war er jedoch außerhalb Nürnbergs in Angelegenheiten 166 167 168 169 170 171

172 173 174 175 176

StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 33r. Vgl. Tabelle 5, S. 139. GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 25. Ebd. Im Vertrag steht 50 fl. nicht 90 fl. wie Penndorf, Paulus Behaim, S. 31 liest, Kamann erwähnt die Zahl gar nicht. Die Imhoff-Gesellschaft führte alle zwei Jahre eine Hauptrechnung durch: […] sol im zu einer iclichen hauptrechnung, das ist all mal über 2. jar […], GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 25. Ebd.: das selbig nemlich 400 fl. par gegeben werden und so er in der zeit er was zu seiner noturfft wurd entnemen, das selbig sol im alls dan an sein gelt abzogen und im zu 5 p[ro] c[ent]o das jar. Kamann, Aus Paulus Behaims I. Briefwechsel, S. 74; Penndorf, Paulus Behaim, S. 31, erwähnen diese Bedingung ebenfalls. GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 25. Ebd.; Penndorf, Geschichte der Buchhaltung, S. 89. GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 25. Seibold, Imhoffsche Handelsgesellschaft, S. 203. GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 25.

180

Fallstudien

der Gesellschaft unterwegs, übernahm sie die Kosten (uber 5 in 6 monat aussen zu pleiben nit schuldig sein und die ubrigen zeit, so er hie ist, das verwaltten und ausrichten, wie oben gemelt ist und so er hie wirt sein, sol es auff sein kost und zerung gien, so er aber aussen wirt sein, die selbig zeit, sol es auff die gesellschaft gin177). Paulus Behaim verpflichtete sich ferner, ausschließlich für die Imhoff-Gesellschaft tätig zu sein und es war ihm nicht erlaubt, allein und ohne Wissen und Auftrag seiner Gesellschaft mit Fremden Handel zu treiben, für andere zu bürgen oder jemandem etwas zu leihen – ein üblicher, in vielen Verträgen aufgenommener Artikel (sol er fur siech noch nimant anderst kein handel haben, noch nimant seine geschefft ausrichten, on wissen und befelch seiner vettern, sondern allain inen verpunden sein, derselben nutz zu bedencken und zu fudern und iren schaden zu furkumen, alls vil er kon und mag […] on wissen und befelch seiner vettern […] er fur nimant purg werden, noch nichts verleihen178). Sollten nach Ablauf des Vertrages die Gesellschaft und Behaim auseinandergehen, so solle ihm der Gewinn auf sein Hauptgut von 3.500 fl., nach der Ermittlung in der Hauptrechnung in drei Teilen innerhalb eines halben Jahres gezahlt und dies auch quittiert werden. Ferner seien ihm der 5%ige Gewinn auf seine festverzinsliche Einlage von 1.186 fl. 19 ß. in bar und ohne Verzug zu zahlen. Behaim möge ihnen ein halbes Jahr vorher seinen Auszahlungswunsch mitteilen.179 Eine besondere Bemerkung folgte auf diesen Betrag, denn die Imhoff betonten, diese 1.186 fl. 19 ß. seien eine freiwillige, aus reiner Freundschaft gewährte Summe. (Und solche suma hab wir im, wie wol es zu thun nit schuldig werden gewest, aus freuntschafft und guttem willen bewilligt180). Am 23. August 1552 endete dieser Vertrag, am 3. September unterschrieb Paulus Behaim den Anschlussvertrag über seinen weiteren Verbleib in der Imhoff-Gesellschaft. Der Anschlussvertrag unterschied sich nicht sonderlich von den vorherigen. Seine Aufgaben umfassten wieder die Buchführung in der Nürnberger Zentrale,181 den Besuch der Frankfurter Messen und bei Bedarf Reisen nach Antwerpen, wobei er die Kosten in Nürnberg selbst bestreiten musste, die Kosten seiner Reisen übernahmen seine Herren. Die Besoldung betrug weiter 200 fl.,182 d. h. die 50 fl. Honorierung von 1544 wurden ihm nach wie vor nicht mehr zugestanden. Obgleich sich die Verträge inhaltlich nicht unterschieden, war Paulus Behaim diesmal mit 177 Ebd. 178 Ebd. 179 Ebd.: den rest nemlich 1.186 fl. 19 ß., darvon sol wir im jerlich 5 p[ro] c[ent]o geben, welches anfangen ist auff 23. Augusto im 1548 jar […] im es par und nit zu fristen zu geben, doch das er uns dasselbig almol ein halb jar dar vor anzaigen und auff sagen sol, dergleichen hab wir auch macht so uns nit gelegen sein wurdt, es lenger zu behaltten, im es ein halb jar dar vor auff zu sagen und das wir solches alles zu paiden taillen zufriden sein und es also an nemen und dem allen wie hir innen begriffen ist, also noch kumen wollen. 180 Ebd. 181 Ebd.: auf den conto und cassa und was demselben anhengig ist, desgleichen sonderlich des markts mit verkauffen auch wechseln [...] sich auch auf mes gen Franckfurt schiecken und prauchen lassen sol. 182 Ebd.: für mue und arbeitt sol im icliches jar 200 fl. in muntz und dieselben par gegeben werden.

Fallstudien

181

der Pflicht, Kosten selbst zu übernehmen, nicht einverstanden und beschwerte sich darüber: Des ich mich aber nitt wenig beschwertt hab, dan mich selbst zu vercosten und das ich zuvor freye cost und mer besoldung gehabt hab, dan sy mir izt geben wollen, das sy fur mich hinther sy und nitt fur sich gedientt.183 Er war der jedoch irrtümlichen Meinung, dass die Herren dieses bislang übernommen hatten. Irrtümlich deshalb, weil schon im Vertrag von 1548 festgelegt worden war, dass er für sich selbst zu zahlen hatte, wenn er in Nürnberg für die Gesellschaft arbeitete. 2.1.2. Die Gewinnberechnungen 1538 bis 1554 An dieser Stelle lohnt es sich, zunächst einen Blick auf die komplette Entwicklung seiner Kapitaleinlage zu Gewinn und Verlust, seiner festverzinslichen Einlagen, seiner Entlohnung in den Jahren 1538 bis 1554 sowie auf die Honorierung, die ihm nur von 1538 bis 1548 gewährt worden war, zu werfen. Diese Entwicklung hat Paulus Behaim in seinem Handbuch auf zwanzig Seiten teils tabellarisch, teils in Berichtsform zusammengefasst. Sämtliche Zahlen und Kategorien der folgenden Aufstellung entsprechen Behaims eigener Aufstellung und Berechnung und werden hier in ein tabellarisches System gefasst. Behaim gab zunächst seine Einlage, die hauptsumma zu gewin und verlust an, es folgt die zweijährige gewinnung – in Prozent angegeben – daraus berechnete Behaim eine Zwischensumme, addierte dazu dann die Höhe der Besoldung (belonung) und die Honorierung (vereerung). Daraus zog Behaim erneut eine Zwischensumme und ergänzte diese um seine festverzinsliche Kapitaleinlage. Schließlich subtrahierte er die Kosten (zerung/notturft), um zum Schluss auf sein Gesamtguthaben (als rest, mir noch, das ich im handel hab) zu kommen.184 Um diese Berechnungen in eine zweckmäßige tabellarische Form zu fassen, waren Verknappungen nötig, die Tabelle muss daher von Jahr zu Jahr, von links nach rechts gelesen werden:

183 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 31v. 184 Ebd., fol. 26r–36r.

182

Fallstudien

1538

50 fl.

1540

94 fl. 9 ß

1542

237 fl. 5 ß

50 fl.

– 203 fl. 7 ß

33 fl. 18 ß

17

Gesamtguthaben

Festverzinsliche Einlage

Zwischensumme

Honorar

Besoldung

Zwischensumme

Gewinn in %

Zwischensumme

Abzügl. zerung

Kapital zu Gewinn und Verlust

Jahr

Tabelle 7: Entwicklung des Gesamtguthabens von Paulus Behaim

50 fl.

3

2 fl. 16 ß

60 fl.

80 fl.

237 fl. 5 ß

26

8 fl. 11 ß

60 fl.

50 fl.

252 fl. 9 ß

(21) 11

85 fl. 5 ß

400 fl.

100 fl.

20

354 fl. 16 ß

15

101 fl. 14 ß

40⅔

1.386 fl.

252 fl. 9 ß 1544

775 fl.

– 263 fl 4 ß

837 fl. 14 ß

574 fl. 10 ß

1.200 fl. 1545

1.000 fl.

1546

574 fl. 10 ß + 1.200 fl. 1.000 fl.

1548

1.774 fl. 10 ß – 322 fl.

3.409 fl.

678 fl.

500 fl. 400 fl.

3.409 fl. 50 fl.

5.244 fl.

– 557 fl. 1 ß 1550

3500 fl.

4.686 fl. 19 ß 37

1.295 fl.

400 fl.

50 fl.

1.745 fl. 1.087 fl. 7 ß zu 5% 1.087 fl. 7 ß zu 5%

– 657 fl. 13 ß 1552

3.500 fl.

33

1.155 fl.

400 fl.

– 657 fl. 9 ß 1554

3.500 fl.

4.587 fl. 7 ß 6.142 fl. 7 ß 5.484 fl. 18 ß

40

1.400 fl.

400 fl.

5.300 fl.

– 894 fl. 17 ß

4.405 fl. 3 ß 1.087 fl. 7 ß zu 5% 897 fl. 11 ß

6.390 fl. 1 ß

Fallstudien

183

Die Tabelle gibt die Entwicklung des Guthabens von Paulus Behaim in der ImhoffGesellschaft seit 1538 wieder. Hierbei sind sowohl seine Kapitaleinlage zu Gewinn und Verlust, als auch eine dreimalige Fürlegung – im Jahr 1544 zweimal und im Jahr 1545 einmal verbucht, die allerdings erst 1546 in der Abrechnung relevant wird. Eine Fürlegung ist ein Betrag, der dem Kapital des Gesellschafters oder des Handelsdieners buchmäßig gutgeschrieben und zugerechnet wurde, also gleichsam eine fiktive Rechnungssumme, die das Kapital und vor allem den am Ende der Vertragslaufzeit errechneten prozentualen Gewinn pro rata erhöhte.185 Nach Valentin Mayer war die „Beeinflussung der Gewinnverteilung der Zweck“, demnach blieb die fürgelegte Summe im Eigentum der Gesellschaft.186 In einer eigenen Spalte werden sodann die Besoldung und das Honorar dargestellt. Ferner kann, ebenfalls in einer Spalte, die prozentuale Gewinnberechnung nachvollzogen werden, diese wurde zweimal (1544 und 1546) im Zusammenhang mit der Fürlegung in unterschiedlicher Höhe festgelegt. Außerdem verfügte er ab dem Jahr 1550 über eine festverzinsliche Einlage. In der letzten Spalte lässt sich das Gesamtguthaben Behaims ablesen. Die Zahlen der Tabelle belegen, dass Paulus Behaim, seitdem er in der Gesellschaft gearbeitet hatte, die prozentualen Gewinne seiner Einlage, trotz der Abzüge durch zerung (Kosten, Spesen) und Verringerung von Besoldung und Honorar, stetig steigern konnte. Speziell diese Daten zeigen, dass auch die Imhoff-Gesellschaft bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts mit großem ökonomischem Erfolg wirtschaftete, sonst wären solche Gewinne für die Mitgesellschafter nicht möglich gewesen. Immerhin konnte er seine Gewinne vom Jahr 1538 mit 17%, darauf folgend 1540 zwar nur mit 3%, aber schon in der nächsten Rechnungsperiode auf 26% bis schließlich stetig bis zum Jahr 1554 auf 40% und, wie die Schlussquittung zeigt, 1554 auf 40% steigern. Die Berechnung Paulus Behaims beginnt in seinem Handlungsbuch mit dem Jahr 1538, nachdem er zwei Jahre in der Imhoff-Gesellschaft war, demzufolge hatten seine Herren ihm am 8. August zur Hauptrechnung 50 fl. zu Gewinn und Verlust als Kapitaleinlage verehrt (Ad 8. Augusto 1538 jar habenn mir meine hern zu dieser irer haubttrechnung geschenckt und vereert vonn der nechsten irer haubttrechnung bis auff dattum ist 2 jar nemlich 50 fl., die hatten sy mir im gesellschaftbuch zu geschrieben unnd liegnn also auff gewinn und verlust und hatt sich zue solcher irer rechnung diese 2 jar Gott hab lob gewinnung erfunden 17 p[ro] c[ent]o187). Bis zur nächsten Hauptrechnung zwei Jahre später, im Jahr 1540 konnte Behaim einen Gewinn von 17% verbuchen. Da er nach seiner Aufstellung in dem Jahr auf eine Gesamtkapitaleinlage von 94 fl. 9 ß. kommt, muss er zu den 50 fl. noch ein, von ihm an dieser Stelle nicht eigens aufgeführtes Kapital gehabt haben, denn sonst würde die Betragshöhe nicht stimmen. 185 Mayer, Die ‚Fürlegung‘, S. 11; Jakob Strieder, Die sogenannte Fürlegung, eine Institution des deutschen Gesellschaftsrechts im Zeitalter des Frühkapitalismus, in: VSWG 10 (1912), S. 521– 527; Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 71; E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 906. 186 Mayer, Die ‚Fürlegung‘, S. 11, 14. 187 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 26r.

184

Fallstudien

Davon ausgehend summierte sich die Kapitaleinlage 1540 um eine jährliche Besoldung von 60 fl. und eine jährliche Honorierung von 80 fl. Damit kommt er auf eine Gesamtsumme von 237 fl. 5 ß. Diese steht dann im Jahr 1542 wieder als Kapitaleinlage zu Gewinn und Verlust. Davon wurde seine zerung von 203 fl. 7 ß. abgezogen, sodass die Zwischensumme 33 fl. 18 ß. betrug. Für diesen Betrag wird der Gewinn von 26% in zwei Jahren gerechnet, so kommt Behaim auf eine weitere Zwischensumme von 8 fl. 11 ß. Zu dieser wird die Besoldung von 60 fl. und das Honorar von 50 fl. pro Jahr hinzugerechnet und ergab so ein Gesamtguthaben von 252 fl. 9 ß. Im Jahr 1544 tauchen neben dieser Hauptsumme von 252 fl. 9 ß. noch weitere Beträge von 775 fl. sowie 1.200 fl. auf. Dabei handelt es sich um Fürlegungen, die die Imhoff-Regierer Behaim, der in dem Jahr vom Handelsdiener zum Mitgesellschafter aufgestiegen war, gewährten. Die Fürlegung hatte aber für Behaim die zunächst negativ scheinende Konsequenz, dass von dem für die Jahre 1542–1544 errechneten Gewinn von 21% aus den vergangenen zwei Jahren 10% abgezogen wurden und nur die verbleibenden 11% auf die Fürlegung berechnet wurde (so hatt sich Gott lob gewinnung erfunden 21 p[ro] c[ent]o in 2 jarren thut auff 775 fl., so sy mir bevor gelegtt haben und abzogen 10 p[ro] c[ent]o die 2 jar, resto noch gewin 11 p[ro] c[ent]o auff 775 fl. thutt fl. 85 ß. 5 summa thut188). Diese Summe von 85 fl. 5 ß. addierte Behaim mit seiner Besoldung von 400 fl. und seiner Honorierung von 100 fl. und kam damit auf eine Zwischensumme von 837 fl. 14 ß. Von dieser musste er 263 fl. 4 ß. zerung abziehen, sodass er auf eine Gesamtsumme von 574 fl. 10 ß kam. Ferner wurden Behaim für dieses Abrechnungsjahr 1.200 fl. buchmäßig gutgeschrieben. Die daraus zu berechnende Verzinsung erfolgte erst zum Jahr 1546. 1545 kam noch eine weitere Fürlegung von 1.000 fl. hinzu. Behaim führte auch diese Fürlegung nur auf, da in dem Jahr noch keine reguläre Abrechnung erfolgte, die erst 1546 anstand. In diesem Abrechnungjahr fiel zunächst die erste Fürlegung von 775 fl. weg und wurde durch die in demselben Jahr 1544 zunächst nur verbuchte Fürlegung von 1.200 fl., nun zur Erhöhung seiner Hauptsumme von 574 fl. 10 ß genutzt, sodass Behaim auf einen Betrag von 1.774 fl. 10 ß. kam, der nun seine Kapitaleinlage zu Gewinn und Verlust bildete. Darauf wurde der Gewinn von 20% berechnet, der einen Betrag von 354 fl. 16 ß ergab. Von der zweiten Fürlegung von 1.000 fl. wurde sodann die zerung Behaims von 322 fl. abgezogen und ergab einen Betrag von 678 fl. D. h. die Imhoff-Regierer haben mit diesem Abzug von einer rein buchmäßig gutgeschriebenen (fiktiven) Fürlegung von 1.000 fl. die zerung Behaims übernommen, sie sollte nicht sein Hauptgut schmälern. Das lässt darauf schließen, dass Behaim in diesen Jahren ein verdienter Mitgesellschafter geworden war, den die Regierer mit diesem Vorteil belohnen wollten. Darüber hinaus wurde auf diese 678 fl. ein weiterer Gewinn von 15% berechnet, was einen Betrag von 101 fl. 14 ß. ergab. Die Addition von 1.774

188 Ebd., fol. 27r.

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fl. 10 ß., 354 fl. 16 ß., 678 fl., 101 fl. 14 ß. zuzüglich eines Honorars von 500 fl. ergab als Gesamtguthaben einen Betrag von 3.409 fl.189 Auf dieses Kapital Behaims zu Gewinn und Verlust wurde ihm zur Abrechnung im Jahr 1548 ein Gewinn von 40⅔ (40,66) % berechnet, das ergibt 1.386 fl. Hinzu wurde aus Besoldung und Honorar 450 fl. hinzugerechnet, von dem daraus resultierenden Betrag von 5.244 fl. zogen die Imhoff-Regierer die zerung von 557 fl. 1 ß. ab. Behaim verfügte damit über ein Gesamtkapital von 4.686 fl. 19 ß.190 Im Jahr 1550 tritt mit dem Ende seiner Vertragslaufzeit in der Imhoff-Gesellschaft eine Veränderung seiner Kapitaleinlage ein: in demselben Jahr verpflichtete er sich vertraglich erneut für vier Jahre in der Gesellschaft. Allerdings verringerte sich sein Einlagekapital und blieb fortan stets mit einem Betrag von 3.500 fl. stehen, damit befand sich Behaim mit dem Eigenkapital annähernd wieder auf dem Stand von 1546 (3.409 fl.): Nachdem sich dan mein versprechen zeitt der 4 jar diese rechnung geendett hatt, also haben sy mich ferner angenommen auff 4 jar, so sich endern wirt auf die haubtrechnung des 1552 jar, in nachvolgender massen, wie ich dan derhalb ein verschreibung inen mitt meiner handt geschriben uberanttwort, desgleichen mir herr Endres Imhoff auch ein gleich lauttende mit seiner handt geschrifft uberantwort hatt, so ich bey handen hab, nemlich wollten sy von obgemelter summa der 4.686 fl. 19 ß. auff gewinn und verlust legen und anemen nemlich fl. 3.500191. Die verbleibenden 1.186 fl. 19 ß. wurden Lucia und Katharina, den Schwestern Behaims, als festverzinsliche Einlage zu 5% ‚zugeschrieben‘. Es handelte sich dabei offensichlich um den Ausgleich eines Betrags, den Behaim seinen Schwestern schuldig war: Notta von vorgemeltten 1.186 fl. 19 ß., so ich im handel zu 5 p[ro] c[ent]o ligen hab, darvan hatt man Lucia und Kattrina Behaymin meinen schwestern zu geschriben, so man in jerlich verzinsen soll mit 5 p[ro] c[ent]o, die bin ich in ann der tayllung anhangt hinaus schuldig worden thutt ieder fl. 471 ß. 15. Summa fl. 943 ß. 10.192 Da dieser Betrag für Behaims Gesamtguthaben in der Gesellschaft keine weitere Rolle spielte, wird er an dieser Stelle nicht weiter verfolgt. Sein Guthaben von 3.500 fl. wurde jedenfalls mit 37% verzinst und ergab einen Betrag von 1.295 fl. und zuzüglich den 450 fl. aus Besoldung und Honorar betrug die Zwischensumme nun 1.745 fl. Davon wurde die zerung von 657 fl. 13 ß. abgezogen und ergab einen Betrag von 1.087 fl. 7 ß. Dieser Betrag wurde Behaim vermutlich als Kompensation für die Verringerung seines Hauptgutes fortan als festverzinsliche Einlage, die künftig mit 5% verzinst werden sollte, zugestanden. Behaim kam damit im Jahr 1550 auf ein Gesamtguthaben von 4.587 fl. 7 ß.193 Die Abrechnung im Jahr 1552 wies nur geringfügige Veränderungen auf, demnach wurde sein Hauptgut von 3.500 fl. zu 33% verzinst, dadurch ergab sich ein Betrag von 1.155 fl. Hinzu kamen 400 fl. Besoldung und der festversinste Betrag 189 190 191 192 193

Ebd., fol. 29v. Ebd., fol. 30r. Ebd., fol. 29v–31r. Ebd., fol. 33r. Ebd., fol. 33v.

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von 1.087 fl. 7 ß., das ergibt eine Zwischensumme von 6.142 fl. 7 ß. Davon wurde Behaim die zerung abgezogen und er kam somit 1552 auf ein Gesamtguthaben von 5.484 fl. 18 ß.194 Auch die Abrechnung von 1554 gestaltete sich ähnlich: Sein Hauptgut von 3.500 fl. wurde mit 40% verzinst, das ergibt einen Betrag von 1.400 fl., dazu kamen 400 fl. Besoldung, zusammengerechnet also machte dies 5.300 fl. Von diesem Betrag wurde wiederum seine zerung von 894 fl. 17 ß. abgezogen, sodass sich ein Zwischenbetrag von 4.405 fl. 3 ß. ergab. Behaim machte dazu in seinem Handbuch ab dem Jahr 1554 eine weitere Rechnung auf: Demnach addierte er zu der Summe von 4.405 fl. seinen festverzinslichen Betrag von 1.087 fl. 7 ß. sowie einen weiteren Betrag von 897 fl. 11 ß. und kam auf einen Gesamtbetrag von 6.390 fl. 1 ß., den er ab 1554 im handl liegen habe.195 2.1.3. August 1556: Entscheidende Versammlungen Seit 1552 wurde zunehmend offensichtlich, dass sich die Unstimmigkeiten zwischen dem unzufriedenen Paulus Behaim und seinen Herren von der Imhoff-Gesellschaft in den letzten Jahren der Zusammenarbeit wie ein roter Faden durch das Gesellschaftsverhältnis zogen und letztlich zur Trennung führten. Auf beiden Seiten begann in dieser Zeit das in den Verträgen vorausgesetzte Vertrauen zu schwinden und steigender Skepsis, Zweifel und Misstrauen zu weichen. Das minderte auch nicht die folgende vierjährige Vertragslaufzeit und führte dazu, dass die ImhoffRegierer ihren langgedienten Mitgesellschafter nicht mehr weiter beschäftigen wollten. Aus diesem Grund beriefen die Gesellschafter mehrere zunächst ordentliche, dann außerordentliche Gesellschafterversammlungen, auf denen die Konflikte dann ausgetragen wurden. Eingeleitet wurde der Trennungsprozess mit der nächsten anstehenden Hauptrechnung auf einer Gesellschaftersitzung am Ende der Vertragslaufzeit Paulus Behaims, dem 1. August 1556.196 Schon auf dieser ersten Versammlung wurde die besonders ausgefeilte und überlegte Strategie der Nürnberger Imhoff sichtbar, Paulus Behaim selbst zur Trennung zu bringen und trotz seiner eigentlich anstehenden Vertragsverlängerung gelang ihnen das wohlkalkuliert. Auf der Gesellschaftersitzung drängten die Gesellschafter und Mitverwandten, Endres, Gabriel, Michael, Hieronymus und Willibald,

194 Ebd., fol. 34v. 195 Ebd., fol. 36r: Summa wie hie gegen steet trag ich alher thutt fl. 4.405 ß. 3. So hab ich zu 5 p[ro] c[ent]o ligen fl. 1.087 ß. 7. Mer hab ich zu 5 p[ro] c[ent]o ligen fl. 897 ß. 11. Summa alles gelts im handl fl. 6.390 ß. 1. 196 Nach Penndorf, Paulus Behaim, S. 31, trennte sich Behaim 1554. Tatsächlich fand die Trennung von der Imhoff-Gesellschaft erst im Jahr 1556 statt.

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ihren Vetter Paulus dazu, zunächst vorzubringen, wie er sich seine zukünftige Arbeit in der Gesellschaft vorstelle.197 Offensichtlich vermutete der längst misstrauisch gewordene Paulus hinter dieser Frage eine Absicht und antwortete ihnen zunächst zurückhaltend, dass er erst die Höhe seines (von den Regierern) errechneten Gewinns abwarten wolle, bevor er sich äußere.198 Damit waren die Imhoff zwar einverstanden, aber zeigten zugleich ganz offen ihr mittlerweile geringes Vertrauen dem Verwandten gegenüber, indem sie ihn warnten, er habe sich eidlich verpflichtet, keine Gesellschaftsinterna, vor allem nicht zur Rechnungslegung und -abschluss nach außen zu berichten.199 Erst als Behaim ihnen ausdrücklich zusagte, sich daran zu halten, legten sie ihm ihre Gewinnrechnung vor.200 Die auf der Sitzung geforderte Abschluss- und Gewinnberechnung der Prinzipale vom August 1556 erhielt Behaim, wie die erhaltene tabellartische Aufstellung der Berechnung zeigt.201 Demnach lag die Gewinnquote auf seine Einlage von 3.500 fl. bei 45% (das entspricht 1.575 fl.), somit waren die Imhoff ihm, zuzüglich der 400 fl. Besoldung für zwei Jahre noch 1.975 fl. schuldig.202

197 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 36v: Ad pr[i]mo Augusto 1556 jar haben meine herrn und vettern Endres, Gabriel, Michael, Jeronimus und Wilbaltt Imhoff haubtrechnung gehaltten und auff datto beschlossen, haben sie mich erstlich erfordert und anzaigtt, diweyl mein zeitt diese rechnung aus sey, sol ich inen anzaigen, was verner mainz vorhaben sey und was ich gesinth weredt. 198 Ebd., fol. 36v: Darauff zaigt ich inen an, mir werdt erstlich es notten zu wissen, was die gewinnung diest rechnung weerdt, nachmals wolt ich mich bedencken, was mir ferner zuthon sein mocht. 199 Ebd., fol. 36v: Auff solches namen sy ein bedacht und hielten mir für, das ich an aidts statt an globen solt, der gewinnung halben, mich gegen niemants zu eroffnen, noch es solcher anzaigung zu thon, es werdt schrifftlich oder müntlich oder in ander weg. 200 Ebd., fol. 36v: welche ich inen angelobtt und zu halten zugesagt, gab mir alspaltt ein contto, darin die gewinnung anzaigtt würdt. 201 GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 26. 202 Ebd.

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Tabelle 8: Abschlussrechnung der Imhoff-Gesellschaft gegenüber Paulus Behaim aus dem Jahr 1556203 Laus Deo 1556, inn Nurmberg Paulus Behaim soll uns ad primo fl. 890 ß. 6 Augusto Ist im alhir par dess gleichen an mer orten fur in aus geben worden, lautt dess schuldbuchs an fl. 65 thutt in 22 posten wie in solhen

ad

ad

Laus Deo 1556, inn Nurmberg ditto fur interesse von obgemeltem fl. 39 ß. 19 geltt fur die zeit so es aus dem handel genomen hatt, zu 5 p[ro] c[ent]o dess jars gerechennt thutt nach anzal der zeit

Suma ditto pleiben wir im also pro resto des cont[o] noch schuldig, darvon soll im wie vom andern 5 p[ro] c[ent]o dess jars interesse zalt werden Suma

ad

Laus Deo 1556, inn Nurmberg Paulus Behaim sollen wir ad fl. 400 ß. primo Augusto – fur sein belonung der vergangen 2 jar als von unser nagste hauptt rechnung im 1554 jar gethan pies zu diesser hauptrechnung des 1556 jars Laus Deo 1556, inn Nurmberg ditto als wir rechnung gethon fl. 1.575 haben hat sich aus gnaden gottes die vergangen 2 jar 45 p[ro] c[ent]o gewinnung, Got hab lob und danck erfunden, die sinnd im auff fl. 3.500, so er zu gewinn und verlust im handel ligen hatt, gerechennt worden thon

fl. 930 ß. 5 fl. 1.044 ß. 15

fl. 1.975 fl. Suma ß. – Endres Imhoff unnd gebrüder

fl. 1.975

Die Regierer forderten ihn daraufhin erneut auf mitzuteilen, was er sich zukünftig vorstelle.204 Behaim zögerte erneut, denn es stünde ihm nicht zu, den ersten Vorschlag zu machen, er müsste von ihnen kommen.205 Darauf konterten die Regierer, er sollte sich zuerst äußern. Er erklärte sich schließlich bereit, ihnen drei Tage später einen Vorschlag zu unterbreiten.206 203 Ebd. 204 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 36v: Nach solchem wurdt an mich begert, ich solt zu versten gebten, was verner mein gemütt sein woltt, darauff inen vermeltt, ich woltt es inen anhoeren und wissen, wie es inen dan auch gepurtt. 205 Ebd.: In was gestaltt sy mich ferner anzunemen gedechtten und wie sy es hinfuro gegen mir zu haltten gedechten. 206 Ebd., fol. 36v–37r: Nach solchem wurdt an mich begert, ich solt zu versten gebten, was verner mein gemütt sein woltt, darauff inen vermeltt, ich woltt es inen anhoeren und wissen, wie es inen dan auch gepurtt, in was gestaltt sy mich ferner anzunemen gedechtten und wie sy es hinfuro gegen mir zu haltten gedechten. Auffs solches gaben sy mir diese anwortt: das inen nitt

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Nach drei Tagen fand dann auch die nächste Sitzung statt, auf der Behaim ihnen sein zugesagtes Angebot offerierte, nicht ohne jedoch nochmals darauf hinzuweisen, dass es eigentlich an den Mitverwandten der Imhoff-Gesellschaft gewesen wäre, den ersten Vorschlag zu machen. Jedenfalls erklärte er sich bereit, bei bislang bestehenden Bedingungen bezüglich seiner eingelegten Summe (3.500 fl.) zu Gewinn und Verlust sowie seines jährlichen Gehalts von 200 fl. weiter für die Gesellschaft tätig zu sein. Er machte jedoch eine vermeintlich kleine, aber wie sich zeigen sollte, wesentliche Einschränkung: Aufgrund seiner gefährdeten Gesundheit wollte er von den Reisen zur Messe nach Frankfurt, die ihm zu beschwerlich wurden, Abstand nehmen. Er erklärte sich jedoch bereit, bei Bedarf, wenn keiner für die Reisen abkömmlich sei, einzuspringen.207 Zur Erbitterung Behaims reagierten die Imhoffs auf seinen Vorschlag zunächst so, dass sie ihn während der Sitzung eine halbe Stunde lang, vermutlich außerhalb des Sitzungsraumes, warten ließen (Uber ein halb stundt wurdt ich erfordertt208), um sich zunächst allein abzusprechen. In seinem Bericht hinterließ Behaim den Eindruck, dass die Wartezeit bewusst kalkuliert und gegen ihn gerichtet sei. Außerdem vermutete er in Endres Imhoff die treibende Kraft hinter dieser Verhandlungsstrategie (und mir durch herrn Endres Imhoff furgehalten, welcher alzeytt die red gethan hatt209). Endres versicherte Behaim, seinen Vorschlag angehört zu haben und mahnte ihn, das Folgende zu bedenken, dass die zuvor vorgelegte Gewinnrechnung für Behaim doch zufriedenstellend ausgefallen war (sy hetten mein begern, was ferner mein gelegenhait sein woltt, angehortt und vernomen und woltten mir darauff nitt verhaltten, des versehens ich würdt darmit wol zufriden sein, in bedenckhnus, was gewinnung […] diese rechnung geben hett210). Nach dieser Einleitung nahmen die Imhoff dann Behaims Vorschlag zum Anlass, ihm einen Gegenvorschlag zu machen. Dieser war so angelegt, dass Behaim ihn eigentlich nicht annehmen konnte. Sie wären bereit, seine Kapitaleinlage von

207

208 209 210

gepürn wolt, mir den furschlag zuvor zu thon sonder, es stündt zu, mir mein gelegenhait und begern von ersten anzuzaigen, das woln sy also es mir anhoren und ir antwurtt hernach auch darauf thon. Darauff zaigt ich in an, die weyl ich mich versehen, den fürschlag erst von inen anzuhoren, so konth ich izt mein mainung auch nitt anzaigen. Ich wolt aber das selbig bedenckhen und in mein gemuett in 3 tagen zu erkennen geben. Ebd., fol. 37r–v: Uber 3 tag hernach zaigt ich an, die weyl sy mir ein bedacht geben hetten, wen verner mein gelegenhait sein wolt, wie wol ich mich versehen gehabt, sy soltten mir us ersten ein furschlag gethan haben, aber ich wolt es gleich anzaigen und nemlich so feer sy mir das jenig thon wollen, das sy mir izt thon haben, als die summa gelt zue gewinn und verlust und die belonung, so woll ich mich alhie geprauchen lassen, doch diewyl ich alle mess zu Farnckfurtt besücht hab und mir allerlej beschwernüs und kranckheit in solcher zu gestanden werre, wer mir beschwerlich, die selben hinfur alzeitt zu besüchen, wollt mich deshalben versehen, sy würden mich denselben zum tayls erlassen, wan es aber di gelegenhait geb, das sy sonst nitt leutt hetten, soche mess zu besüchen, so woltt ich gern ein ubrigs thon, auff solche dret ich auf. Ebd., fol. 37v. Ebd. Ebd. Diese Stelle erwähnt auch Hildebrandt, Diener und Herren, S. 156 sowie ders., Unternehmensstrukturen, S. 97.

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3.500 fl. zu Gewinn und Verlust weiter einzulegen, seine Besoldung wollten sie jedoch streichen (Nemlich so woltten sy mir auff gewinn und verlust in handel nehmen allein die 3.500 fl. und kein belonung nit geb[en]211). Außerdem sollte er die Messe zu Frankfurt weiter aufsuchen und in Nürnberg bei Abwesenheit Endres Imhoffs die Bücher führen (Darumb soltt ich verpflicht sein, alle mess gen Franckfurtt die mess zu versehen, alhie das marcks mit verkauffen aus zu warttn, und auch so her Imhoff nitt hie sein würdt, die bücher zu haltten212). Es folgt dann noch ein Nachsatz, der für Behaim besonders demütigend gewesen sein musste und der auch die harte Haltung der Regierer einem langjährigen, älter gewordenen Mitarbeiter gegenüber veranschaulicht: sonst westen sy mich zu dieser zeitt zu nichta anderst zu geprauchen. 213 Dem Handbuch zufolge reagierte Behaim auf ihren Vorschlag, wie von den Regierern vermutlich kalkuliert. Er schildert, wie er sich durch diesen unannehmbaren, seine Ehre als Kaufmann und Gesellschafter betreffenden Vorschlag befremdet und gekränkt fühlte (Auff solchen iren furschlag befrembdt ich mich nitt wenig214). Immerhin sei er seit langen Jahren für sie in ihrer Gesellschaft tätig gewesen und daher sei dieser Vorschlag schimpflich für ihn, und er glaubte sich verspottet (gab ich in darauff zur antwortt, die weyl ich in 21 jaren fast bey inen gewest und sy mich erst weniger halten wolten, das werdt mir fast schimpflich und spottlich nach zu reden215). Er musste daher den Vorschlag der Imhoff ablehnen und leitete die Ablehnung mit folgender Begründung ein: Er müsse an seinen Nutzen, seine Ehre und Wohlfahrt denken (Ich west mich aber auff irem furschlag dismal mit inen nitt einzulassen, dan ich auch bedenckhen must, was mein nuz, eer und wolfart werdt216). Denn er müsste dem Vorschlag zufolge mehr arbeiten, verdiente jedoch weniger (dan erst hinther sich zu dienen und minder zu nehmen217). Zur Bekräftigung seiner Ablehnung fügte er noch hinzu, dass ihm niemand dazu raten würde, unter diesen Bedingungen einem Verbleib in der Gesellschaft zuzustimmen (das konth mir niemantt rhatte218). Er kam zu dem Schluss, dass die Gesellschafter mit diesem Vorschlag deutlich machten, seiner eigentlich nicht mehr zu bedürfen (must ich bey mir gedencken, dass sie inen sonst ferner nit mer notturfftig werden und mein nitt begertten219). Mit dieser Feststellung bat Behaim dann um Urlaub, d. h. er wollte sich von dieser Sitzung verabschieden. Allerdings verwies er nochmals auf seine treuen, bald 21 Jahre währenden Dienste und hoffte daher, dass sie ihm eine veerung, die auch

211 212 213 214 215 216 217 218 219

Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd., fol. 38r. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd.

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die anderen für ihre Dienste erhielten, nicht vorenthielten (sy würden mein mitt einer vereerung, wie sy andre ire diener versehen han, in dieser rechnung bedencken220). Darüber hinaus wünschte er die vollständige Auszahlung seines Gewinns – die eigentlich in Fristen vorgenommen werden sollte – innerhalb eines halben Jahres. Als Begründung gab er an, dass er über zu wenig Bargeld verfüge.221 Behaim hoffte, dass sie seinem Wunsch aus gegenseitiger Freundschaft entsprechen würden, trat dann aus dem Versammlungsraum hinaus und überlegte (nam bedacht222). Die Gesellschafter nahmen ihre Unterredung wieder auf und bestellten Behaim erneut ein, um ihm das Ergebnis mitzuteilen. Endres Imhoff eröffnete ihm, dass ihre Vorschläge, ungeachtet seiner Beschwerden, bezüglich der Einlage zu Gewinn und Verlust genauso wie die Nichtgewährung einer Honorierung bestehen bleiben sollen.223 Dann kam Endres Imhoff darauf zu sprechen, dass sich Behaim über diesen Vorschlag der Gesellschafter beschwert hatte. Hier wurde Endres deutlich und betonte erneut, dass Behaim ihnen, den Gesellschaftern, in den letzten vier Jahren, also während der letzten Vertragslaufzeit seiner Tätigkeit als Mitgesellschafter, nicht von Nutzen gewesen sei (das ich 4 jar inen wenig nuz gewest wart, wiewol sy mich zu anderm auch nitt geprauchen hetten konnen224). In Zukunft könnten sie Behaim eigentlich für nichts anderes als zur Vertretung auf der Frankfurter Messe gebrauchen, auch wenn es ihm beschwerlich wäre (dieweyl sonst mit leuten versehen werden, allein gen Franckfurtt die messen zu besuchen, konnten sy wol trachtten, das es mir hinfuro beschwerlich sein woltt, sy westen mich als an andre ort sonst auch nitt zu geprauchen225). Ferner könne Behaim die gewünschte Freistellung (Urlaub) nehmen, sie würden ihn nicht aufhalten (Dieweil ich dan ein frundlich urlaub begertt, so wolttten sy mich daruber nitt auffhalten226). Hinsichtlich der Auszahlung seiner Einlage und des Gewinns, die eigentlich vertraglich auf drei Fristen verteilt sei, würden sie ihm entgegenkommen und böten

220 Ebd., fol. 38r–v: Diewyl ich dan solches spurrett, so wolt ich hiemit ein freundlich urlaub haben und diewyl ich in dan in des 21 jar treulich gedientt hatt, so wolt ich mich versehen, sy würden mein mitt einer vereerung, wie sy andre ire diener versehen han, in dieser rechnung bedencken. 221 Ebd., fol. 38v: auch mich mit der abferttigung bedencken, damit ich mich des nit pillich mer zu belohen dan zu beklagen hett, auch dieweyl sy mir mein geltt zu dreyen fristen zu erlegen hetten, ittliches mir is gar zu lang wer, dan ich sonst nit andre vil parschafft heit ittliches mir zu erwartten und des so lang an ainigen nuzung zu geraten fast berschwerlich werdt, so wolt ich sy auch gepetten haben, sy woltten mir solchs uber ein halbes jar alles erlegen. 222 Ebd. 223 Ebd.: Auff solches bin ich wiederumb erfordertt worden und ist mir durch hern Endres Imhoff nach lengs mein begern und beschwerden widerumb ereffert worden, mitt vermeldten, sovil die vereerung und abferttigung belangent, do hetten sy keinen meines thons der gelt auff gewinn und verlust hett, kein vereerung nitt thon, also das ich in solchen gleich gehaltn wer werden. 224 Ebd., fol. 39r. 225 Ebd. 226 Ebd.

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an, die Auszahlung auf zwei Fristen zu verteilen.227 Diese Zusage verknüpften die Regierer mit dem Hinweis, dass die Gesellschaft eigentlich nicht wüsste, wie sie für ihn so schnell an Bargeld kommen solle, da sie es als festverzinsliche Anleihen zu 12% in Antwerpener städtische Renten investiert habe228 und nur mit Verlusten für die Gesellschaft ablösen könne. Behaim solle ihnen dieses Zugeständnis mit Verlusten für die Gesellschaft zugutehalten.229 Behaim beendete seine Beschreibung der Verhandlungen auf den Gesellschaftersitzungen mit den Worten, dass er keine Hoffnung habe, durch Verhandeln mehr bei den Gesellschaftern erreichen zu können und daher den Vorschlag akzeptieren und sich von der Gesellschaft trennen müsse.230 Daran anschließend listete er die Gesamtsumme und die Ratenzahlung mit den beiden Fristen auf: Im beschluß meiner abschreibung sint mir Endres Imhoff und geprüder diese rechnung schuldig worden, lautt irer verschreibung, so sy mir deshalben gegeben fl. 7434 ß. 16 in munz zu 60 kr[euzer] für ain gulden. Sollen sy mir bezahlen ad 3. Febrer 1557 jar: fl. 3717 ß. 8. Mer sollten sy bezahlen ad 3. Augusto 1557 jar: fl. 3717 ß. 8.231 Den Erhalt dieser Summe quittierte Paulus Behaim wie aus einer erhaltenen Kopie deutlich wird: 3. August 1557, Copia der quittanzen, so ich hern Endres Imhoff und gepruder ad 4. September 1556 jar geben hab von wegen der abferttigung des handels, so sich zwischen inen und mir begeben hatt fur alle sachen.232

227 Ebd.: Und sovill mein geltt belangett, das mir beschwerlich sein wolt, solches in 3 fristen zu nehmen, dieweyl ich sonst wenig parschafft hett und on nuzung des zu geratten, sy wollten aber in solchem mir zu sondern frundlichen und genaigten willen all mein geltt, so ich bey inen hett zu zweyen fristen bezallen: nemlich den halbtentail es das uber ein halb jar und den andern halben tayl uber ein jar, das ich also den meinen in kein jar gar bezaltt und zufriden gesteltt wurdet werden. 228 Ebd., fol. 39r–v: Des ich also on sorg sein württ und sy nitt westen, nach dem sy hinther den rentmeistern stads und by der statt Antthorff dorpf stecken, ob sy in dem jar heraus komen konten und nitt schaden leiden müsten, nach dem mir bewust, das ettlich mit p[ro] c[ent]o nachtail von rentmeister begertt hett und dems nit heraus hetten kennen mogen, diweil sy dem solche schülden alls für gutt diese rechnung gesetzt hetten und sy mir mein geltt wie obgehortt in eim jar gar heraus geb würden, wie gutt haltt solche schüld sein werden, westen sy nitt. Nach Jahnel, Die Imhoff, S. 168 waren die Antwerpener Rentmeisterbriefe seit 1549 mit 12% verzinst. Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 240 zufolge hatten Endres Imhoff und Mitverwandte seit 1552 in „niederländische Rentmeisterbriefen“ insgesamt eine Summe von 7.875 Livres investiert. 229 Ebd., fol. 39v: deshalben woltten sy sich zu mir versehen, ich würdtt solches es inen zu danck haben und darmit wol zufriden sein, dan anderst und eer konthen sy mir obgehorten ursach halben mein geltt nitt herausgeben und dieweylen sich dan begeb, das ich also von inen koeme, so soltt ich mich zu inen alles gütts und freuntschaft versehen, dann wer ich noch bey inen, desgleichen woltten sy sich zu mir alles gütten auch versehen. 230 Ebd.: Das ich mich dan gegen inen bedancket hab und dieweil ich nitt hoffnung gehabtt hab, meres von inen zu erlangen, hab ich es gleich im namen Gottes also bey irem fürslag und erpitten pleiben lassen und bin also im namen des almechtigen Gottes von inen abgeschiden. 231 Ebd., fol. 40r. 232 GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 25.

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2.1.4. Fazit Im Jahr 1556 trennte sich Paulus Behaim von der Imhoff-Gesellschaft, dazu hat sich eine Abschlussrechnung, eine quittanz vom 4. September 1556 erhalten.233 Dieser Abschlussquittung zufolge hatten Behaim und die Imhoff-Gesellschaft die abschließende Hauptrechnung durchgeführt und keine gegenseitigen finanziellen Forderungen mehr. Sie versicherten, eventuelle Forderungen weder vor einem geistlichen noch vor einem weltlichen Gericht einklagen zu wollen. Auf den späteren Seiten des Handbuchs notiert Behaim zum Jahr 1557, dass die Zahlungen ordnungsgemäß im Februar sowie im August 1557 geleistet worden seien.234 Dieses Ergebnis schrieb Paulus Behaim auch in sein „Handlungsbuch und Bilanzen 1556–1567“. Demnach weist das Rechnungsjahr 1556–1557 folgenden Posten auf:

233 Ebd.: 3. August 1556, Copia der quittanzen, so ich hern Endres Imhoff und gepruder ad 4. September 1556 jar geben hab von wegen der abferttigung des handels, so sich zwischen inen und mir begeben hatt fur alle sachen […] welches ich dan zu sehen danck also angenommen hab und damit auch an obberurtter irre mir gethaner rechnung untherricht und anzaigung meiner haupttsumma gepurrenden gewinnung, abnutzung und belonung ganz wol zufriden und benemtlich bin und verspruch darauff, fur mich und mein erben zue inen den mergenannten hern Imhoff iren vorigen gewesen und iezigen mittgesellschaften und handels verwandten und allen derseben erben offt gedachte meiner peder haubtsumma gepuerenden gewinnung, abnutzung und versprochner dienst belonung halb kein weytter forderung zu oder anspruch mer weder mit noch one recht gaistlicher oder weltlicher in ainig weys oder weg. 234 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 92v–93r: Laus Deo 1556. Endres Imhoff und gepruther sollen mir ad 3 Augusti ist umb das sy mir es datto uber ein halb jar fur die ersten frist bezallen und gutthon sollten, wie abgeredt ist worden lautt irer verschreibung d[er] abzunng der wirtt sein ad 3. Februari 1557 jar fl. 3717 ß. 8. Mer fur die ander frist sollen sy mir bezallenn nach lautt irer verschreibung, on alle abnuzung der wirt sein ad 3. Augusto 1557 fl. 3717 ß. 8. Laus Deo 1557. Endres Imhoff unnd gepruder bin ich ad 30. Januari 1557 ist umb das sy fur mich an der gegenstigen ersten frist dem Augusti Forenberger und Ambrosi Poth bezaltt haben [...] geltt fur mich von Lion, nemlich krone 1470 d. sol zu 92 ¾ kreutzer für j krone thutt müntz zu 60 kr[euzer] fl. 2.272 ß. 7 t. 6.

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Tabelle 9: Auszug aus dem Handlungsbuch und Bilanzen 1556-1567 des Paulus Behaim235

[1v] Laus deo 1556 ad primo Augusto in Nurmberg Endres Imhoff und gepruder sollen ad ditto zu zweyen fristen thutt [1v] Laus deo 1556 ad primo Augusto in Nurmberg Erstlich 1. frist ad 3. Febrer 1557: fl. 3.717 ß. 8 die ander frist ad 3. Augusto 1557: fl. 3.717 ß. 8

jornal ac 1

fl. 7.434 ß.16 h. –

Zusammenfassend zeigt der Fall des Paulus Behaim, welche Strategie eine Gesellschaft anwenden konnte, wenn sie einen Mitgesellschafter, der nach ihrem Urteil keine für die Gesellschaft nutzbringende Arbeit und damit Gewinn erbrachte, aus der Gesellschaft ausschließen wollte, indem die Gesellschafter um Endres Imhoff in mehreren Gesellschaftersitzungen eine einheitliche, stringente und unnachgiebige Linie verfolgten. Dabei kalkulierten sie, dass Paulus Behaim einen ersten Vorschlag zu erbringen hatte, um dann daraus den entscheidenden Punkt – er wolle die Reisen zur Frankfurter Messe nicht mehr übernehmen – herauszugreifen und eine Handhabe zur Ablehnung zu haben. Diese aus Sicht der Gesellschafter günstige Konstellation brachte mit sich, dass sie quasi mit „Hilfe“ Behaims seine eigene Vertragserneuerung verhindern konnten. Einige Wochen nach Beendigung des Konflikts suchte die Gesellschaft ‚Endres Imhoff und Mitverwandte‘ jedoch wieder den geschäftlichen und familären Kontakt zu Paulus Behaim. So schlug Endres in einem Brief an Paulus vom 5. September 1556 einen versöhnlichen Ton an, als er kurz auf die vergangenen Ereignisse einging, um dann der Hoffnung Ausdruck zu geben, dass die Freundschaft dadurch nicht leiden sollte.236 Da Behaim mittlerweile eigene Geschäfte im Finanzhandel,

235 GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 62, fol 1r. Der gesamte Eintrag ist durchgestrichen, also erledigt. Dazu M. Isenmann, Das ‚Handlungs- und Bilanzbuch‘ Paulus Behaims (1519– 1568). S. 41. Auch in seinem ‚Handbuch‘ vermerkte Behaim diese Zahlung (StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 40r): Im beschluß meiner abschreibung sint mir Endres Imhoff und geprüder diese rechnung schuldig worden, lautt irer verschreibung, so sy mir deshalben gegeben fl. 7434 ß. 16 in munz zu 60 taler für ain gulden. Sollen sy mir bezahlen ad 3. Febrer 1557 jar fl. 3717 ß. 8. Mer sollten sy bezallen ad 3. Augusto 1557 jar fl. 3717 ß. 8. So hab ich sy fur alle sproch und anforderung quitiert lautt einer copia. Vgl. auch Penndorf, Geschichte der Buchhaltung, S. 90. 236 GNM Nürnberg, HA, Behaim-Archiv, Fasz. 29g, Nr. 14: So hab ich noch lengs in deine weiten verstemten, so vill sich deinetthalben zu diß haubtrechnong verloffen, mit vermeldong zuvor darvon wissen werde haben, welches ist mir mitt kurzen wortten und allein anzeigt worden, nachdem dich peschwerdtt, die Frankfurter mess weiter zu pesuchen, sey mitt dir auffs pest und mitt gutem wille aller sach abkomen, wie ich mich dem solchen anzeigen nach anderst nitt versehen, und deinem schreiben nach [...] anderst nitt, alls wille und freuntschafft zu dir verdrosten und nitt darfur achten will, mich oder die meinen erforderst, in ainige pös verdechtt solst haben und warin dir [...] moge wilfarhen, solst mich anders nitt als jederzeit ganz guetwillig fruntschafft und hiemit merers mit mein in all.

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etwa Darlehens- und Wechselgeschäfte, führte,237 wurden in den folgenden Jahren Geschäftsbeziehungen zwischen beiden Gesellschaften aufgenommen. Das zeigt, dass zweckrationales, ökonomisches Interesse, wie häufig, nach einem Konflikt wieder die Oberhand gewonnen hatte. 2. 2. Lukas Rem (1481–1541) und die Welser-Vöhlin-Gesellschaft Der Augsburger Lukas Rem (1481–1541) stand als Mitarbeiter in der WelserVöhlin-Gesellschaft238 mehrfach im Zentrum von Konflikten, die mithilfe außerordentlicher Versammlungen gelöst werden konnten. Bevor dieses Verfahren der Konfliktlösung genauer analysiert wird, soll ein Überblick über die Biographie Lukas Rems sowie über seine Qualifikationen gegeben werden. Anhand seines erhaltenen Tagebuchs239 – einer Lebensbeschreibung oder auch einem „Hausbuch“240 – kann aus seinem persönlichen und wertenden Blickwinkel sein beruflicher und persönlicher Werdegang seit seiner Ausbildung bis kurz vor seinem Tod 1541 nachverfolgt werden. Die Subjektivität muss bei der Analyse miteinbezogen werden,241 denn die persönliche Färbung wird besonders deutlich bei der Darstellung von Konflikten, bei der Rem seine eigene Rolle in der Regel positiv hervorhob.242 Demnach wurde Lukas Rem am 14. Dezember 1481 in Augsburg geboren, kam 1488 zur Ausbildung nach Ulm, dann 1492 zu einem Pfarrer in Leipheim und schließlich nach Rietheim in die Elementarschule. Mit fast 13 Jahren, am 6. Oktober 1494 begab er sich nach Venedig (rit ich aus Augburg, kam gen Vinedig adj 15 ditto243). In Venedig kam er zu verschiedenen Lehrherren, um bei ihnen die italienische Sprache und auch erste Kenntnisse der Kaufmannsausbildung, vor allem des Rechnungswesens zu erlernen. Im Tagebuch schreibt Rem dazu, dass er rechnen in 237 Eine erste Untersuchung dieser Finanzgeschäfte, die die Zugehörigkeit Paulus Behaims zur Hochfinanz wahrscheinlich macht, siehe im Einzelnen M. Isenmann, Das ‚Handlungs- und Bilanzbuch‘ Paulus, passim. 238 Nach Häberlein, Handelsgesellschaften, Sozialbeziehungen und Kommunikationsnetze, S. 308 wurde die Verbindung der Welser-Vöhlin und die Gründung der Gesellschaft 1496 eine „freundliche Übernahme der alten Vöhlin-Firma durch die Augsburger Welser“ durch Überkreuzheirat evident: Anton I. Welser heiratete Katharina Vöhlin und ihr Bruder Konrad II. Vöhlin heiratete Barbara Welser, die Schwester des Anton I. Welser, siehe dazu auch Geffcken, Die Welser, S. 150. 239 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem. 240 Schmid, Schreiben für Status und Herrschaft, S. 78 geht von einer „Erstanlage“ des Hausbuches auf der Grundlage eines Schreibkalenders zwischen 1534 und 1539 und einer Weiterführung bis 1540 aus. 241 Christl Karnehm, Die Korrespondenz Hans Fuggers von 1582–1594. (Die Korrespondenz Hans Fuggers von 1566 bis 1594. Regesten der Kopierbücher aus dem Fuggerarchiv, 1 Bd. und 2 Teilbde.), München 2003, S. 22*f. wies für die Beurteilung solcher Dokumente darauf hin, dass es sich um subjektives Empfinden und Erleben des Autors handelte und deshalb seine gesellschaftliche Stellung und die intendierten Adressaten beachtet werden müssen. 242 Häberlein, Augsburger Großkaufleute, S. 49. 243 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 5.

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5½ monet gar aus[lernte].244 Offensichtlich fiel ihm die Buchhaltung245 recht leicht, denn er lernte nach eigener Aussage bereits in drei Monaten die Buchführung von Journal und Schuldbuch sowie vermutlich auch des sog. Capus.246 Nach der Lehrzeit in Venedig wandte er sich an seinen Onkel Anton I. Welser (1451–1518247). Seine Eltern in Augsburg benötigten ihn nicht, denn sie hatten mit dem Bruder Endris, dem Vetter Christoph II. Welser und Lukas Echain für die eigene Gesellschaft genug Mitarbeiter. Auf Vermittlung des Onkels kam Lukas über Mailand, Padua, Vicenza und Verona im Jahr 1498 nach Lyon in die dortige Welser Niederlassung. Der Leiter dieser Faktorei war Narzis Lauginger; dessen Bruder Anton führte die Buchhaltung. Anton befand sich nach Rems Tagebuch in großer Verlegenheit und Lukas konnte seine Kenntnisse in der Buchführung unter Beweis stellen, was ihm für sein zukünftiges Fortkommen von großem Nutzen sein und im späteren Konflikt noch eine Rolle spielen sollte. Lauginger hatte sich in seyner rechnong verirt248, d. h. die Bücher waren entweder nicht ordnungsgemäß oder nachlässig geführt worden. Rem konnte ihm aus dieser Situation helfen, indem er vermutlich die Buchhaltung ordnete und sich damit seine zukünftige Förderung in der Welser-Gesellschaft durch die dankbaren Lauginger versicherte.249 In der Tat war es auch Narzis Lauginger, der Rem darüber informierte, dass dieser am 13. November 1499 in die Gesellschaft aufgenommen worden war.250

244 Ebd., S. 5; Beer, Das Verhältnis, S. 123, siehe auch Kapitel „Die Ausbildung“, S. 327ff. 245 Nach Gerhard Fouquet, „Kaufleute auf Reisen“. Sprachliche Verständigung im Europa des 14. und 15. Jahrhunderts, in: Rainer Christoph Schwinges (Hrsg.), Europa im späten Mittelalter. Politik – Gesellschaft – Kultur, München 2006, S. 465–487, hier S. 480 lernte Lukas Rem u. a. in Italien und Lyon Sprachen und Buchhaltung alla Venezia; siehe auch Greiff, Tagebuch des Lucas Rem, S. 5. 246 Ebd. Das Capus oder Hauptbuch erwähnte Lukas Rem zwar nicht eigens, es ist aber davon auszugehen, dass er die Führung auch dieses Buches beherrschte, da es in engem Zusammenhang mit den beiden anderen Bücher stand, siehe dazu das Kapitel „Die Ausbildung“, S. 327ff. Zur Organisation der Welserʼsche Buchführung siehe Geffcken / Häberlein, Rechnungsfragmente, Einleitung (Häberlein), S. XXX–XXXI. 247 Reinhard, Augsburger Eliten, S. 915: Die Schwester von Anton I. Welser namens Magdalena heiratete Lukas I. Rem. Ihr Sohn war u. a. Lukas II. Rem, der Autor des Tagebuchs, damit ist Anton I. Welser der Onkel und der Sohn Antons, Bartholomäus V. Welser, der Vetter von Lukas II., siehe auch Hildebrandt, Unternehmensstrukturen, S. 97, Anm. 28, auch Häberlein, Handelsgesellschaften, Sozialbeziehungen und Kommunikationsnetze, S. 313. 248 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 6. 249 Ebd.: daraus Ich Im halff unds krecht fandt, des mir zuo fil gluck und fudrong half. 250 Ebd.: Ad 13. Novembro 1499 ofnett mir Narzis Lauginger, wie ich ind er Generalrechnung zuo Augspurg von Antonio Welser, Conrat Vechlin und geselschaft angenomen was. Die WelserGesellschaft nahm schon sehr früh verschwägerte Verwandte auf, siehe Strieder, Das reiche Augsburg, S. 875; Hildebrandt Unternehmensstrukturen, S. 97, Anm. 23. Zuvor war Rem zum französischen Spracherwerb für 13 Monate bei Piero Deburg in Lyon. Dort verlebte er, wie er im Tagebuch schreibt, wegen der karkeyt der Lehrfrau eine harte Zeit, Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 6, dazu auch Kapitel „Die Ausbildung“, S. 317ff.

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2.2.1. Anstellung bei der Welser-Gesellschaft Tabelle 10: Die beruflichen Laufbahn Lukas Rems Datum

Funktion

13. November 1499–1501

Handelsdiener bei der Welser-Vöhlin-Gesellschaft

1501–20. Mai 1514 14. Juni 1514 24. Dezember 1517

Faktor der Welser-Vöhlin-Gesellschaft Mitgesellschafter der Welser-Vöhlin-Gesellschaft mit Stimmrecht Ende der Arbeit bei der Welser-Vöhlin-Gesellschaft

1. September 1518

Hauptgesellschafter bei neuer Rem-Gesellschaft

Die dienstliche Position Lukas Rems bei der Welser-Vöhlin-Gesellschaft in den ersten drei Jahren seit 1499 war wahrscheinlich die eines Handelsdieners in der Lehre, denn noch erhielt er keinen Lohn, aber die Gesellschaft übernahm Kost und Kleidung (auf Anto Welser dyscrizion und der Compa cost und claydong – 3 jar on belonong251). Seine Aufgaben umfassten in diesen und den sich anschließenden Jahren sowohl Reisen, um den Kontakt zwischen der Zentrale und den über Europa verteilten Faktoreien der Welser zu halten, als auch die Kontrolle dieser Faktoreien, um dann auch selbst für sechs Jahre in Lissabon die Faktoreileitung zu übernehmen. Dort erwarb er Kenntnisse über den Gewürzhandel und die Indienfahrten der Welser-Kompanie. 252 Die Reisetätigkeit führte ihn von Spanien, Portugal, Nordafrika (Tunis) bis in die südlichen und nördlichen Niederlande (Bergen, Antwerpen, Vlissingen). Währenddessen kontrollierte er die dortigen Buchführungen, war für die Warenprüfung und den -erwerb zuständig und rüstete die Welserʼschen Handelsschiffe für die Handelsfahrten aus. Vor allem von der Lissaboner Faktorei, wo Rem zugleich Kontakte zum König von Portugal mit dem Welserʼschen Handelshaus pflegte und ausbaute, führten ihn weitere Reisen nach Madeira, zu den Kapverdischen Inseln oder auch nach Nordafrika. Seinem Tagebuch zufolge fing Rem selbst an, sein Geld in Waren wie etwa Safran zu investieren.253 Das ist insofern bemerkenswert, als dass es in der Regel sowohl nach den Anstellungsverträgen eines Handelsdieners als auch den Gesellschaftsverträgen eines Mitgesellschafters verboten war, Geschäfte auf eigene Rechnung zu führen.254 Da sich die Rem-Verträge mit den Welsern nicht erhalten haben,

251 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 6. 252 Häberlein, Handelsgesellschaften, Sozialbeziehungen und Kommunikationsnetze, S. 309; Fouquet, „Kaufleute auf Reisen“, S. 471. 253 Adj. 8 Ottobro [1500] ritt ich mit guoter geselschaft von Lion ins Avages [Albigeois] auff den marokanisch Safrananlegong, verkramet al mein gelt nit wirsch dan ander, kam adj 15. Nov[em]bro wider gen Lion, Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 6. 254 Siehe auch das Kapitel „Gesellschafts- und Mitarbeiterverträge“, S. 341ff. Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 310f. weist darauf hin, dass die Welser keinerlei private Geschäfte, insbesondere Geldgeschäfte zuließen. Zwar haben sich keine Wel-

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ist man zunächst nur auf die Tagebucheinträge Rems angewiesen, der seine Safrangeschäfte ohne weitere Erläuterung lediglich konstatiert. Eine parallele Quelle gibt jedoch weiteren Aufschluss über jene Geschäfte. Zu dieser Zeit schrieb Paulus Imhoff, der Faktor der Imhoff-Gesellschaft in Lissabon, an die Zentrale in Nürnberg folgende Information: Item so wyst, das Lucas Rem, der Fehli [Vöhlin] diener, am hoff [Lissaboner Hof König Manuels I.] ist, der gleychen der Höstetter diener, auch Marx Zimmerman, der Focker diener und ein yeglicher allein zogen. Sagt, Lucas sey von unser aller wegen zogen, etlich rechnung mit dem kunig machen von der schyff und kauffmannschaft wegen, so unss der k[unig] allen schuldig ist, wie wol ich glaub und des gut wissen hab, er am meysten dar zogen ist, etlich p[ar]tida [Handelsgeschäfte/-abkommen] mit dem kunig zuo machen seyner spezerei halben, so im aus india komen ist […].255 Paulus Imhoff unterstellte demnach Rem, dieser hätte nur vorgegeben, mit dem König in Lissabon für alle Handelsgesellschaften Verhandlungen über die vom König zugesagten Schiffe und Handelsangelegenheiten im Allgemeinen zu führen, tatsächlich hätte er jedoch mit dem König Absprachen oder Kontrakte zugunsten eigener Geschäfte mit Gewürzen aus Indien ausgehandelt. 2.2.2. Zwei Konflikte im Jahr 1515 und 1517 Während der zahlreichen Reisen Rems, mehrten sich ab 1501 zunehmend seine Klagen über Krankheiten wie Fieberanfälle, Fuß- oder Gliederschmerzen. Zu dieser Beeinträchtigung, die ihm die Ausübung seiner Tätigkeit in der Welser-Gesellschaft, verbunden mit oft wochenlanger Abwesenheit von Augsburg erschwerte, kamen noch eine Unzufriedenheit mit seiner Honorierung und der Höhe seines Gewinns bei den Generalrechnungen der Welser hinzu. Am 24. Januar 1509 war Rem wieder in Augsburg und kam seinen vertraglichen Verpflichtungen gemäß seines (Dienst-)Eides (ayd) nach. Offensichtlich konnte er den Welsern das Versprechen abringen, ihn krankheitsbedingt nicht mehr nach Portugal zu schicken.256 Allerdings musste Rem im Frühjahr dann wieder auf Reisen nach Italien gehen. Im Juni desselben Jahres – Rem befand sich mittlerweile in Lyon – erreichte ihn dort ein heftig brief257 der Welser. Entgegen ihrer Zusagen, so Rem in seinem Tagebuch, verlangten die Welser in diesem Brief von ihm, in

ser-Verträge erhalten, aber nach Ludwig von Welser, Eine Urkunde zur Geschichte des Nürnberger Handels, Würzburg 1912, S. 22, worauf sich auch Lutz bezog, verweist ein diesbezüglicher Registereintrag vom 16.2.1529 auf ein solches Verbot. 255 GNM Imhoff-Archiv, Fasz. 37, Nr. 1a [Brief Paulus Imhoff an Peter Imhoff in Nürnberg, Lissabon 25. 6. 1507], siehe Jürgen Pohle, Deutschland und die überseeische Expansion Portugals im 15. und 16. Jahrhundert, Münster 2000, S. 145f. 256 Bis auf 19. Merz tat ich mein erste pflicht und aydt, mit vertresten [Vertrösten/Versprechen] und verwenen [Zusagen], mich nit mer in portugal ze schicken, Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 10. 257 Ebd., S. 11.

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ihrem Auftrag nach Lissabon, Madeira und Palma (auf Mallorca) zu reisen. In deutlichen Worten schrieb Rem (schrib inen gnuog scharpf), was er davon hielt: des ich mich widert258 und lehnte den Auftrag als unerberns begerens259 seitens der Welser ab, da sie, namentlich Anton I. Welser, ihm zugesagt hätten, ihn nicht mehr nach Portugal zu schicken.260 Es half Lukas Rem allerdings nichts. Er war vertraglich an die Welser-Gesellschaft gebunden, und die Herren erinnerten ihn daran, dass er eidlich zur Erfüllung seiner Aufgaben verpflichtet war.261 Aufgrund dieses Eides musste Rem den Weisungen der Regierer gehorchen. Seit diesen ersten Kontroversen schien das Verhältnis zwischen Rem und seinen Regierern getrübt gewesen zu sein. Jede Aufgabe, die er wegen der vertraglichen Bindung als Faktor übernehmen musste, stellte er in seinem Tagebuch als beschwerlich, ärgerlich und mühselig dar. Am 15. Juni 1511 brach der Konflikt zwischen Rem und den Welsern offen aus. Der Anlass war eine Anweisung der Regierer in der Augsburger Zentrale an Lukas Rem, sich nach Saragossa zu begeben. Dagegen allerdings sperrt ich mich ernstlich und wolt kainswegs raysen262. Verfolgt man die Eintragungen im Tagebuch weiter, so schien seine strikte Weigerung auch erfolgreich gewesen zu sein. Denn seine nächste Reise führte ihn über Memmingen in die Schweiz und dann wieder nach Oberdeutschland. Er kam weiter nach Freiburg263 zur Kontrolle der dortigen Niederlassung und musste die Buchhaltung und die Abschlussrechnung in Ordnung bringen. Diese befand sich, nach Rem, in einem derartigen Durcheinander, dass er plib 4 tag dar, tag und nacht im werk264. Die folgenden Fahrten führten ihn 17 Monate lang in die südlichen Niederlande nach Antwerpen, Brüssel, Mechelen und Löwen, jedoch nicht nach Saragossa. Neben seiner Weigerung, die angeordnete Reise durchzuführen, brach ein weiteres Konfliktfeld auf. Es handelte sich dabei um die Position Hans Rems, eines Bruders von Lukas in der Welser-Gesellschaft. Dieser arbeitete als Faktor in der Welser-Niederlassung in Lissabon und wünschte sich von dieser Position und der Welser-Gesellschaft zu trennen. Lukas Rem setzte sich in dieser Frage für seinen Bruder ein. Dem Tagebuch zufolge war es Lukas Rem gelungen, seinen Bruder zunächst aus der Faktorentätigkeit bei den Regierern herauszuverhandeln, denn

258 Ebd., S. 12. 259 Ebd. 260 Ebd.: des ich mich widert, um des verwenen der Compagnia, und aigentlich zuo sagen Antonio Welsers, mich nicht mer in Portugal senden wollten. 261 Ebd.: Am 23. dito [1509] kam ich gen Antorff. Fand alda Conrad Imhoff, Ulrich Honold, Bartolomeo Welser und scharpff brieff von der geselschaft, dz ich gen Lixbona, Ilhas de Madera, Palma raysset, des sich mich fast wörett und der Welser Comp[ania] ungestalt schrib. Ward mir ir anturt, dz ich rayssen solt, bei meim aid erman, von den iren darin starck angehaltten, dz anfang ernstlich unwillen was, daz sie mir so fest verstreten [versprechen] und zuosagen nit halten woltten, ain solche rais beim Ayd an muotten. 262 Ebd., S. 16. 263 Es handelt sich dabei um das seit dem 15. Jahrhundert bedeutende Textil- insbesondere Barchentzentrum Freiburg im Üechtland. 264 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 16.

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Hans Rem erhielt von den Regierern den Auftrag, gen Palma zu reisen.265 Auch hier setzte sich Lukas Rem für seinen Bruder ein, jedoch in einer Art und Weise, die zeigte, wie sehr das Verhältnis zwischen Lukas Rem und seinen Welser-Regierern bereits gestört war. Seinem Tagebuch zufolge war darüber eine kontroverse Korrespondenz entstanden: Daruber [der Reisebefehl an Hans Rem] verluof sich, ungeschaf, unfraintlich wild schriften zwischen mir und der Comp.266 Dieser Konflikt ging zugunsten der Gebrüder Rem aus, denn Lukas Rem notierte in seinem Tagebuch, dass er seinen Bruder erotten267 [erretten] konnte und dieser nunmehr von dem Auftrag befreit war. Es blieb daraus jedoch ein Vertrauensverlust zurück und er beendete die Beschreibung des Vorgangs mit den Worten: alles machet grossen unlust. 268 Die folgenden zwei Jahre verbrachte Lukas Rem wieder reisend vor allem in den südlichen und nördlichen Niederlanden, England und Nordfrankreich. Während seiner Reisen berichtete Lukas Rem, dass der Sohn des Anton Welser namens Anton II. mittlerweile durch seine Spielleidenschaft hohen finanziellen Schaden angerichtet habe und diesen über mehrere Jahre abbezahlen müsse. 269 In dieser Zeit fasste Rem offensichtlich den Entschluss, sich von der Welser-Gesellschaft zu trennen. Daher war er kurzeitig nach Ende der Laufzeit seines Vertrages zwischen dem 20. Mai 1514 und dem 14. Juni 1514 ohne Vertragsbindung an die Welser.270 In diesen Wochen versuchte er wahrscheinlich eine eigene Gesellschaft zu gründen. Dazu wollte er seine Brüder gewinnen, allerdings seinen ältesten Bruder Endris zunächst vergeblich, denn dieser habe sich leichtfertig bereden laussen [von den Welsern], tat unrechtlich an uns [Rem-Brüder].271 Unklar bleibt die Haltung des anderen Bruders Hans. Außerdem schien Lukas Rem bei seinem Vorhaben auch Interesse an seinem Verwandten Bartholomäus Rem zu haben, der in dieser Zeit im Konflikt um seine Gewinnbeteiligung aus der Gesellschaft Ambrosius Höchstetter d. Ä. ausgeschieden war.272 Bartholomäus konnte sich wohl nicht dazu entschließen und Lukas notierte dazu im Tagebuch, dass Bartholomäus wankel und fortailig sowie unstet on beschlus,273 also wankelmütig, unzuverlässig und auf seinen Vorteil bedacht war. Der Plan des Lukas Rem mit seiner Familie, den Brüdern und Verwandten eine Gesellschaft zu gründen, gelang ihm 1514 noch nicht, sodass er sich am 14. Juni 1514 erneut bei den Welsern vertraglich verpflichtete. Nun allerdings zu einer anderen Bedingung, denn er wurde als stimmberechtigter Mitgesellschafter aufgenommen. Dieses Stimmrecht bezog sich auf die laufenden Geschäfte und auch auf 265 Ebd., S. 17. Allerdings bleiben die genaue Rolle Rems und seine Motive unklar, da sich dazu nur sein Tagebucheintrag erhalten hat. 266 Ebd. 267 Ebd. 268 Ebd. 269 Ebd.: Ward im fil jar in der Generalrechnong gegeben. 270 Ebd.: Und was in meinem vertrag der Comp. nit verpflicht. Siehe auch ebd., S. 92, Anm. 156. 271 Ebd. 272 Siehe dazu das Fallbeispiel „Die Höchstetter“, S. 282ff. 273 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 17.

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die alle zwei Jahre stattfindende Hauptsitzung, auf der die Generalrechnung mit der Erstellung einer Gewinn- und Verlustrechnung vollzogen wurde. Offensichtlich war Lukas Rem für die Welser-Gesellschaft so erforderlich, dass sie ihm dieses Stimmrecht – allerdings erst nach langem Zögern, Lukas schrieb: des si sich lang widerten274 – zustanden.275 Als Begründung für das Zögern vermutete Rem, dass sie fürchteten, er könne ihre Betrügereien bekannt machen und ihren Gewinn damit schmälern: firchtend, ir bieberey [Spitzbüberei, Betrügerei] dest minder nach irem wilen bringen mochtten.276 Um welche Unredlichkeiten es sich handelte, offenbarte er jedoch nicht. Hier lag vermutlich auch ein weiterer Grund, warum die Welser trotz der kürzlichen Auseinandersetzung an Lukas Rem festhielten. Eine Gesellschaft verlor ungern einen Mitarbeiter, der in der Buchhaltung kompetent war und zudem als Geheimnisträger über interne geschäftliche und personelle Vorgänge Kenntnisse hatte. 277 Ein effektiver Schutz vor der Veröffentlichung von bieberey war zudem eine vertragliche und eidliche Bindung des Mitgesellschafters, aus dieser Motivation rührte wohl auch dieses erneute vertragliche Abkommen. Im November 1515 stand die nächste Generalrechnung der Welser-Gesellschaft an. Nach Einschätzung Rems hatte sich an ihren zweifelhaften Geschäftsgepflogenheiten nichts geändert. Ohne ins Detail zu gehen, deutete er nur an, dass er einiges dazu sagen könne.278 Aus seiner Sicht wollte Rem den erneuten Konflikt diesmal vermeiden und verließ die Gesellschafterversammlung. Dort wurde die Generalabrechnung mit den – in seinen Augen falschen – Abrechnungen erstellt, die er ansonsten als stimmberechtigter Mitgesellschafter hätte mittragen müssen.279 Nach dem vermiedenen Konflikt machte sich Rem wieder auf den Weg nach Brüssel und weiter nach Antwerpen. Lukas Rem vergaß bei der Gelegenheit nicht, wie immer darauf hinzuweisen, dass er die Geschäfte für die Welser-Gesellschaft aufs Treueste und Beste (triuest und böst in ihren hendlen280) erledigte. Im November 1517 bahnte sich jedoch die endgültige Trennung an. Wieder handelte es sich um den Termin einer Generalrechnung, zu der alle Gesellschafter nach Augsburg geladen waren. Zur Gesellschaft gehörten zu dieser Zeit neben Lukas Rem u. a. der Gründer Anton I. Welser († 1518), Bartholomäus V. Welser († 274 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 18. 275 Mayer, Die ‚Fürlegung‘, S. 47; Häberlein, Handelsgesellschaften, Sozialbeziehungen und Kommunikationsnetze, S. 309. 276 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 18 und S. 99, Anm. 161: Sie fürchteten, Ihre Unredlichkeit möchte durch mich entdeckt werden. 277 Diese Bewertung muss sich zwar auf das Tagebuch, d. h. auf eine subjektive Einschätzung stützen, aber weitere Informationen aus dem Tagebuch, wie z. B. seine Buchprüfungen in den durch ihn kontrollierten Faktoreien, seine Förderung durch dankbare Faktoren (Lyon) sowie das Festhalten der Welser-Gesellschaft an einem eigentlich schwierigen Mitgesellschafter, der den Konflikt nicht scheute, und schließlich später sein eigener geschäftlicher Erfolg, bestätigen die Einschätzung eines geschickten und kenntnisreichen Finanzbuchhalters. 278 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 18: Im November fong die Compa[nia] an zuo rechnen, aber nach langem und fast vil weren, (sehr ungern) über das ich saget weiter wolt [...]. 279 Ebd.: muost ich weg, des alten unwilen erinnertt. 280 Ebd.

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1561, der Sohn von Anton I.), Jakob I. Welser, der die Nürnberger Niederlassung leitete, die Brüder Peter und Hans V. Hainzel († 1543), Anton II. Welser, der Schwiegersohn von Anton I. und ein Schwager Bartholomäus V., Narzis Lauginger,281 Simon Seitz, Hans Vöhlin, der Sohn Konrad Vöhlins und Neffe Antons I. Welser sowie der Vetter Bartholomäus V. Lukas Rem machte sich am 27. Oktober von Antwerpen aus nach Augsburg auf, musste aber offensichtlich noch einige Aufträge erledigen und ritt daher über Brüssel, Namur, Bastogne, Trier, Straßburg und Ulm nach Augsburg. Daher kam er erst am 13. November spatt gen Augsburg282 an. Wohl zu spät, denn Anton Welser und die Gesellschaft [hatte] ir generalrechnong 8 tag darvor beschlossen283, und außerdem wurde die Trennung des Nürnberger Zweigs mit dem Gesellschaftsgründer Jakob I. Welser, dem Bruder Antons I. Welser, von der Augsburger Zentrale vollzogen.284 Diese Trennung war nach Lukas Rem allerdings keineswegs friedlich und freiwillig erfolgt, sondern die Augsburger Welser hätten den Nürnberger Zweig aus der Gesellschaft herausgedrängt, daz sie [...] Jacobo Welser und fil ander urlauben wollten.285 Rem gibt zwar keinen konkreten Grund für die Trennung an, aber da er sie in seinem Tagebuch in den unmittelbaren Zusammenhang mit der Generalabrechnung stellte, könnte es sich – wie so oft – um strittige Gewinnverteilungsquoten und die umstrittenen Geschäftspraktiken handeln. Der Grund für die aus Sicht Rems überstürzt durchgeführte (onmass fast geeilt hetten286), zudem treulos, arglistig und ehrlos (untriulich, gevarlich und unerber287) angelegte Generalabrechnung war seine angekündigte kritische Stellungnahme. Darin wollte er ihre seiner Meinung nach bösen Taten und schändlichen Handel anzeigen (vil guot bös gemacht und schendlich hendel darin geiept288). Tatsächlich fand die ordentliche Versammlung mit der Rechnungslegung im Oktober 1517 statt, als Rem sich bekanntermaßen noch quer durch Europa auf Reisen befand. Im November, nach seiner Ankunft in Augsburg, wurde dann eine außerordentliche Sitzung einberufen, vermutlich weil Rem als stimmberechtigter Mitgesellschafter auf der vorhergehenden ordentlichen Sitzung nicht anwesend sein konnte. Er zeigte sich den Regierern gegenüber konfliktbereit (drutzig289) und gewillt, alle Missstände (verwis inen ir misdat290) anhand konkreter Beispiele darzulegen und 281 Nach Häberlein, Handelsgesellschaften, Sozialbeziehungen und Kommunikationsnetze, S. 313, 1506 heiratete Hans Haintzel die Tochter Antons I. Welser. Lauginger waren mit Welser und mit Haintzel verwandt, denn die Mutter von Anton I. Welser war Ursula Lauginger. 282 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 18. 283 Ebd. 284 Hildebrandt, Unternehmensstrukturen, S. 96; Mark Häberlein, Fugger und Welser: Kooperation und Konkurrenz 1496–1614, in: Mark Häberlein / Johannes Burkhardt, (Hrsg.), Die Welser. Neue Forschungen zur Geschichte und Kultur des oberdeutschen Handelshauses, (Colloquia Augustana, 16), Berlin 2002, S. 223–239, hier S. 232. 285 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 19. 286 Ebd. 287 Ebd. 288 Ebd. 289 Ebd. 290 Ebd.

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ihnen während der Sitzung ihre unrechtmäßige Abrechnung vorzurechnen (zaigetz in mit der kreidt291). Dabei appellierte er an ihre Ehre (redt in an ir eer292) und drohte ihnen zugleich, nichts auszulassen (luos inen nichtz dahinten) und alles aus ihrer eigenen Buchführung selbst zu belegen, zumal er diese genau kannte (treet ihnen, ich wiste ales, des ich si zich, beziugen mit iren selbs schriften293). Demnach hätten sie, so schreibt er weiter, Geschäfte und Waren im Wert geringer festgelegt, sodass infolgedessen der Gewinn um ⅓ geringer angesetzt werden konnte (al ding ring [gering] angeschlagen, um daz si al gelt mit ⅓ abkünden294). Es ging also, wie so oft bei den Konflikten, um die Gewinnberechnung und die Festsetzung der Gewinnhöhe. Ein besonders auffallendes Beispiel in Rems Kritik und Berechnung war der lukrative Pfefferhandel: Die Welser hatten ihm verboten, allen Pfeffer unter 26½ Groot flämisch zu verkaufen (si hetten mir verboten, piper unter 26 ½ go nit geben295), obgleich sie gewusst hätten, dass er bereits hundert Säcke Pfeffer für 26¼ Groot flämisch verkauft hatte. Es handelte sich dabei um Pfeffer, der in mehreren hundert Sack in der Antwerpener Faktorei zum Verkauf lagerte (des wir zuo Antorff vil hundert säck hetten296). Der entscheidende Punkt dabei war allerdings nicht, dass Rem hundert Sack Pfeffer schon zu dem geringeren Preis (26¼ go) verkauft hatte, sondern dass die Welser in ihren Büchern Rem zufolge den Pfefferverkauf mit 22 go veranschlagt hatten, trotz der zuvor ausgegebenen Verkaufsorder von 26½ go.297 Wenn Lukas Rem nun mit seiner Anschuldigung Recht hatte, dann hätten die Welser je Sack Pfeffer 4¾ go unverbucht gelassen und somit die Gewinnquote verändert, d. h. der errechnete und auszuzahlende Gewinn fiel geringer aus und der unverbuchte Anteil konnte in der Gesellschaft bleiben.298 Neben dieser Anschuldigung warf Lukas Rem den Welsern noch eine Reihe weiterer Vergehen vor, die er im Tagebuch nur stark verkürzt andeutet und zugleich darauf hinweist, er habe alles auf insgesamt 12 Bögen Papier aufgezeichnet und unterschrieben.299 Zusammenfassend stellt Rem jedenfalls fest, die Welser hätten

291 292 293 294 295 296 297 298

299

Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Es handelt sich bei dieser Währung um Groot flämisch, deren Wechselkurs nach Denzel / Westermann, Kaufmannsnotizbuch, S. 106 lag der Wechselkurs im Jahr 1524 in Augsburg für einen Gulden rheinisch in Gold bei 60 Groot flämisch lag. Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 19. Ebd.: [...] und den um 22 go angeschlagen. Wisendt ich ob hundert säck 26¼ go jars frist um ir selb schuldbrief verkauft hett. Leider ließen sich die Berechnungen von Rem nicht anhand der neu edierten und kommentierten Rechnungsfragmente der Welser-Gesellschaft verifizieren, da darin keinerlei Hinweis auf diesen Pfefferhandel zu finden ist. Zum Pfefferhandel der Welser siehe Geffcken / Häberlein, Rechnungsfragmente, Einleitung (Häberlein), S. XLIIIf. Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 19. Diese vermutlich sehr aufschlussreichen Akten konnten allerdings (noch) nicht ermittelt werden.

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uns geselschaftern abgerapt [abgeraubt], den andern abgestolen300. Rems Anschuldigungen gegen die Welser gipfelten sodann darin, dass er ihr Handeln als bösse […] unerlich […] unverschämpt […]301 verurteilte. Wie zu erwarten, stritten die Regierer auf der Versammlung diese Vorwürfe ab, die Gewinnberechnung wäre zudem mittels Mehrheitsbeschluss genehmigt worden (redlich mit der merern stimm die anschläg getan302). Rem drohte daraufhin mit seinem Austritt aus der Gesellschaft, indem er sie um Urlaub bat (Darauf bat ich sie um Urlaub303). Die Gesellschafter reagierten mit Drohworten (mit grossen treeworten304) auf Rems Ansinnen, änderten dann aber ihre Verhandlungstrategie: darnach fraintschaft305, verlegten sich aufs Bitten und machten Rem verlockende Angebote. So versprachen sie ihm eine hohe Entlohnung sowie eine umfangreiche Fürlegung. Ersteres betraf den üblicherweise festgesetzten Lohn für die Arbeit innerhalb der Gesellschaft, im Fall Rems seine Prüfungs- und Revisionsaufgaben. Das zweite finanzielle Angebot der höheren Fürlegung wirkte sich bekanntermaßen auf die Gewinnquote aus. Da der Gewinn in der Regel pro rata, also pro Kapitalanteil aufgeschlüsselt und verteilt wurde, verbesserte dieser sich für Rem durch die Erhöhung der Einlage aufgrund der Fürlegung.306 Schließlich boten die Welser Rem noch an, ihm die Partiten307 seines Bruders Hans zu überschreiben (meins bruoders Hans partitta in mich zu stellen308) sowie die Zusage, sich mit Lukasʼ Bruder Endres wieder aussöhnen zu wollen (mit Endris vertragen309). Das Manöver einer taktischen, manipulativen Verhandlungsführung innerhalb eines gesellschaftsinternen Streitaustrags auf einer außerordentlichen Versammlung durchzuführen, ging allerdings nicht auf. Rem schreibt, daß er bei diser unerberkait310 nicht bleiben wollte. Nochmals ereiferte er sich über die zum Teil auch länger zurückliegende Art und Weise, wie die Welser mit seinem Bruder Hans und ihm verfuhren. So habe sein Bruder Hans vom 11. Dezember 1516 bis zum 2. April 1518311 seine verpflichtenden Reisen als Handelsdiener von Genua über Venedig,

300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310 311

Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Strieder, Fürlegung, S. 521f; Mayer, Die ‚Fürlegung‘ S. 111; Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 164, Anm. 85. Mit „Partiten“ könnten hier entweder (Handels)abkommen (Kellenbenz, Mederʼsches Handelsbuch, S. 28, Anm. 243) oder Einlageposten (Penndorf, Geschichte der Buchhaltung, S. 420, Anm. 1) gemeint sein. Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 19. Ebd. Ebd. Das Datum steht so im Tagebuch, obgleich die außerordentlichen Versammlungen, auf denen Lukas Rem mit den Welsern im Konflikt lag, im Winter 1517 stattfanden. Hier zeigt sich, dass Lukas Rem seine Tagebucheinträge aus der Rückschau geschrieben hat.

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Florenz und Rom immer in denselben Kleidern getätigt (auf sein selb beclaydong312). Wieweit Rem hier übertreibt, muss offen bleiben. Tatsächlich wäre dieses Verhalten sehr ungewöhnlich, da es in der Regel zu den Pflichten der Gesellschaft gehörte, Kosten – etwa die Kleidung oder auch die Pferde für die Handlungsdiener – zu übernehmen. Auch Lukas Rem selbst wäre von den Welsern aufgefordert worden (si mir unverschempt schreiben313), auf eigenes wacknuss herauf zu reytten314, d. h. auch ihm wurden seine Reisekosten nicht erstattet. Das alles erzeugte laut Rem in der Summe so großen Ärger (gepar überschwencklich grossen unwillen315), dass die drei Gebrüder Rem – am 24. Dezember 1517 zunächst Lukas und Endres Rem, am 9. April 1518 schließlich auch Hans Rem – aus der Welser-Gesellschaft austraten.316 Sie wurden ihres verpflichts, ayds und dienst entlassenund gutig geurlabtt.317 2.2.3. Nach den Konflikten Als die endgültige Entscheidung zur Trennung gefallen war, veränderte sich die Atmosphäre. Nach Rems Tagebucheinträgen waren die Konflikte teilweise heftig geführt worden, nun nach der Klärung trennten sich die Kontrahenten mit fraintlichen und gütigen worten, mit lieb und erzaigen guotes willen318. Die positive Semantik erinnert an die Gründung einer Gesellschaft, in der im Gesellschaftsvertrag Friede, Liebe und guter Wille beschworen wurden. Nach der Konfliktlösung richteten beide Seiten mit kaufmännischer Ratio ihren Blick auf die Zukunft, denn es war bekannt, dass Rem eine eigene Gesellschaft gründen wollte und damit ein künftiger Konkurrent oder auch Geschäftspartner sein konnte. Darauf verweist auch die Bemerkung Rems, dass man sich mit der Hoffnung trennte, einer dem anderen zukünftig dienstbar zu sein (ain tail dem andern alzeitt lieb und dienst ze ton319). Rem fügte in Klammern noch hinzu: (im handel320) und betonte außerdem, dass sie im persönlichen Umgang in der fraintschaft etc. nit geschieden seyn.321 Rem konzentrierte den Konflikt damit ganz auf die geschäftliche und nicht persönlich-familiäre Seite. Dennoch sollte der eigentliche Trennungsvorgang zumindest für Lukas Rem mit einigem Ärger und finanziellen Verlusten einhergehen. So musste er quittieren, dass er generell keine Ansprüche gegen die Welser mehr habe, auch wenn das seiner Meinung nach nicht den Tatsachen entsprach (Muost si quitiren, gros und fil 312 313 314 315 316 317 318 319 320 321

Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 20. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd.

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nachgeben leiden322). Da ihm aber Bartholomäus Welser drohte, alle Ansprüche Rems abzustreiten (Bartol. Welser treet mit tails meins guots legnen [abläugnen]323), wäre Rem, wie er selbst darlegt, nur der Rechtsweg übriggeblieben. Nachdem außerdem keiner von 6 geselschafter, die auch erst jetz von ihnen komen wassen, beistand ton wolt324, Rem also allein den Rechstweg hätte beschreiten müssen und auch er selbst an dem Erfolg zweifelte, nahm er von dieser Möglichkeit Abstand und quittierte gezwungenermaßen die Abrechnung (Und um mit ihnen nit in recht wachsen, quittirt ich si325). Als Absicherung und vielleicht auch als Drohung erinnerte er an seinen ausführlichen Bericht auf den 12 bogen papeir[!], den er über die Welser unerberkaiten abgefasst und wol verwart326 habe. Abschließend resümiert Rem, er wäre 18 Jahre, einen Monat und 12 Tage in der Welser-Gesellschaft gewesen und fügt verbittert an: auf mein verdienst aufs übelst belont327. Das Verhältnis zwischen Lukas Rem und Bartholomäus V. Welser mit seiner Gesellschaft war nunmehr auf die Zukunft gerichtet – ein rein ökonomisch-rationales Verhältnis, anders als mit dem Nürnberger Jakob Welser, der sich in derselben Zeit, im Jahr 1517, im Streit von der Augsburger Welser-Gesellschaft getrennt hatte.328 Vermutlich aufgrund ähnlicher Erfahrungen bei den Konflikten resultierte das weiterhin freundschaftliche Verhältnis zwischen Lukas Rem und Jakob Welser. Denn wenige Monate nach der Trennung schrieb Rem zu seinem Aufenthalt in Nürnberg anlässlich der Heiligtumsfahrt und einem Besuch bei dem Verwandten Jakob Welser: der mir groß lieb, eer, dienst bewis329. 3. Die Brüder 3.1. Die Gebrüder Sebastian und Hieronymus Imhoff. Vermittlung als Strategie 3.1.1. Ein chronologischer Überblick Die Brüder Hieronymus und Sebastian Imhoff waren bis zum Jahr 1548 zunächst als Handelsdiener, dann als Mitgesellschafter in der Gesellschaft „Endres d. Ä. Imhoff und Mitverwandte“ tätig. In jenem Jahr trennten sie sich von der Gesellschaft, um eine eigene, kleinere Unternehmung zu gründen, die Hieronymus von Augsburg

322 323 324 325 326 327 328 329

Ebd. Ebd. Ergänzung in eckigen Klammern von B. Greiff. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd., S. 19. Ebd., S. 21.

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und Sebastian von Nürnberg aus führte.330 Sie hatte bis 1559 Bestand, dann trennten sich die Brüder im Juni des Jahres im Streit. In diesem Fallbeispiel steht daher die Lösung eines Konflikts im Vordergrund. An dessen Ende stand nicht die Weiterführung der Gesellschaft, sondern eine geordnete endgültige Liquidation. Damit wurde es den beiden Gesellschaftern möglich, wieder eine eigene neue Gesellschaft zu gründen. Außerdem sollte mit der endgültigen Liquidation das gestörte Vertrauen in den Außenbeziehungen zurückgewonnen werden. Schließlich war ein ökonomischer und familiärer Schaden für die größere Imhoff-Gesellschaft durch die kleinere brüderlich geführte Gesellschaft abzuwenden. Die Konflikte um die Handelsaktivitäten und die anstehende Liquidation nahmen schon zu Beginn derart zu, dass beide Brüder schon bald Unterhändler als Vermittler hinzuziehen mussten. Damit begann zwischen 1559–1570 eine lange Phase der Konfliktlösungsversuche, die durch Vermittlungstätigkeit, Vergleichsverhandlungen, Erfolge durch Abschluss von Vergleichsverträgen, Misserfolge durch Brechen oder Nichteinlösen der Vertragsabsprachen, Ratsentscheidungen und schließlich durch ein Appellationsverfahren vor dem Reichskammergericht geprägt war. Unter allen gewählten Konfliktlösungswegen war die Vermittlung stets ein besonders mühseliges, teilweise auch frustierendes Geschäft, das ständig zwischen Erfolg und Mißerfolg wechselte. Die Darstellung der teils zähen Vermittlungsarbeit wird durch die erhaltene, umfangreiche Korrespondenz zwischen den einzelnen Parteien möglich und bietet einen seltenen Blick in die Praxis der Kommunikation von Konfliktparteien und der Vermittlertätigkeit. Den Hauptanteil der Aktivitäten nahm dabei die Arbeit unterschiedlicher Vermittler und Vermittlergruppen ein. Für die Seite Hieronymus Imhoffs stand der Augsburger Ratsherr Christof Gering, für Sebastian verhandelte der Nürnberger Konrad Bair. Bair war in der Vergangenheit auch schon für die Gesellschaft „Endres I. d. Ä. Imhoff und Mitverwandte“ tätig gewesen; möglicherweise hatte daher Endres Imhoff diesen Vermittler empfohlen. Waren es zunächst nur die beiden Unterhändler, denen wenigstens das Zustandekommen eines ersten Vergleichsvertrags gelang, so schaltete sich parallel zu deren Tätigkeit ab 1561 der Onkel und ehemalige Regierer der Brüder, Endres Imhoff als Vermittler ein. Denn die Konflikte waren erneut ausgebrochen und der Vergleichsvertrag damit obsolet geworden. Nachdem auch Endres nach insgesamt zweijähriger Vermittlung 1563 keinen Konsens zustande bringen konnte, versuchte vor allem Hieronymus mit Anrufung und Hilfe des Nürnberger Rates, eine Vermittlergruppe aus Unterhändlern und einem Obmann zusammenzustellen. Diese Vermittlergruppe konnte zwar zwei Vergleichsverträge erzielen, aber schon kurze Zeit später waren auch diese wieder erledigt und somit fünf Jahre Vermittlungstätigkeit vergeblich. In letzter Konsequenz blieb den Konfliktparteien nur noch der Prozess vor dem Reichskammergericht.

330 Nutz, Unternehmensplanung und Geschäftspraxis, S. 141: „die societas duorum fratorum des röm. Rechtes war eine oft vorkommende Gesellschaftsform.“

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Dieses Fallbeispiel illustriert also das letztlich gescheiterte Bemühen der Vermittler zur Lösung der ständigen brüderlichen Konflikte, die eben nicht nur im ökonomischen, sondern auch im affektiven Bereich lagen. Die Bemühungen führten über die Ermittlung der jeweiligen Interessen, das Austarieren der möglicherweise zu lösenden Konfliktpunkte, die Versuche Kompromisse zu erreichen und – trotz Ablehnung oder Zustimmung einer der Parteien – das erneute Unterfangen einen Konsens zu erzielen. Die Grenzen der Arbeit des Vermittlers wurden immer dann offensichtlich, wenn eine Partei sich verweigerte, weil sie etwa ihre Interessen nicht genügend berücksichtigt sah. Da sich beide Brüder immer wieder wechselweise verweigerten, demonstriert dieses Fallbeispiel auch die Geduld, die Mühe und den Langmut der Vermittler sowie auch deren mentalen Erfordernisse. 3.1.2. Die Quellen Drei größere Bestände, die durch weitere kleinere Akten ergänzt wurden, konnten zu dem Fall ausgewertet werden. Den umfangreichsten Bestand bildet ein Briefwechsel, der im direkten Zusammenhang mit den Konflikten der Gebrüder Imhoff stand.331 Diese Korrespondenz umfasst 46 Briefe, die zwischen Januar 1562 und August 1563 von Endres Imhoff d. Ä. in Nürnberg, Hieronymus Imhoff in Augsburg sowie einigen wenigen Briefen, die von Sebastian Imhoff in Nürnberg geschrieben wurden. Der weitere größere Quellenbestand besteht aus unterschiedlichen Akten (Originalen und Abschriften), die das Augsburger Stadtgericht und der Rat zur Vorbereitung einer Appellation beim Reichskammergericht zusammengestellt hatten.332 Diese Aktivitäten des Gerichts und des Rats spiegelten auch die nächste Phase des Konflikts nach der Beendigung der Vermittlung und dem Beginn der gerichtlichen Auseinandersetzung wider. Zum Quellenbestand gehören drei Vergleichsverträge, Schuldverschreibungen, ein Schadlosbrief, Berichte und Urkunden sowie, als spätestes Aktenstück vom 4. Mai 1571, ein kaiserliches Mandat, das die Appellation vor dem Reichskammergericht zuließ. Darauf folgt, als dritter Quellenbestand, eine Aktenzusammenstellung von 1571 bis 1572, die vor dem Reichskammergericht vorgebracht wurde und aus Vollmachten, einer Appellation, einer protestatio und einer Replik besteht.333 331 StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16. 332 StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII. 333 BayHstA München, RKG Akten, Nr. 6802. Vgl. dazu Manfred Hörner (Bearb.), Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Reichskammergericht. Bd. 13 (Buchstabe I und J), (Bayerische Archivinventare, Bd. 50/9), München 2006, Nrrn. 5295–5296, S. 14–16. Mark Häberlein, Frühneuzeitliche Handelsgesellschaften zwischen Markt und Recht, in: Thomas M. J. Möllers, (Hrsg.), Vielfalt und Einheit. Wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen der Standardbildung, (Schriften des Augsburg Center for Global Economic Law and Regulation. Arbeiten zum Internationalen Wirtschaftsrecht und zur Wirtschaftsregulierung, Bd. 19), Baden-Baden 2008, S. 127–147, hier S. 134, weist darauf hin, dass die Aufarbeitung des Konflikts und des Prozesses zwischen den beiden Brüdern bislang noch nicht erfolgt sei.

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Die folgende Tabelle zeigt einen Überblick über die aufeinander zeitlich folgenden, oft ineinander greifenden und aufeinander aufbauenden Maßnahmen, um die Konfliktfelder der Brüder Imhoff zu lösen. Zusätzlich wird aus der Tabelle die aus den verschiedenen Aktenzusammenhängen resultierende Quellengrundlage ersichtlich: Tabelle 11: Die Chronologie ‚Hieronymus gegen Sebastian Imhoff‘ nach den Quellen Jahr 1544–1548

Ereignis Die Brüder Sebastian und Hieronymus Imhoff sind Mitgesellschafter bei „Endres I. d. Ä. Imhoff und Mitverwandte“

9. August 1548

Trennung der Brüder von der Gesellschaft „Endres I. d. Ä. Imhoff und Mitverwandte“

1548(?)

Gründung der Gesellschaft „Hieronymus und Sebastian Imhoff“

1. Juli 1555

Gesellschaftsvertrag

30. Juni 1559

Trennung der Brüder

Ab 1559

Konflikte der Brüder Vermittlung durch Unterhändler Christof Gering und Konrad Bair

11. August 1561

1. Vergleich

Ab Januar 1562

Vermittlung durch den Vetter Endres I. d. Ä. Imhoff

Quelle 1. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv I, Fasz. 30, Nr. 6 2. StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601 1. StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601 2. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv I, Fasz. 30, Nr. 6 3. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8h (19) 1. StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601 2. StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld -, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16, Imhoff, Briefwechsel334

StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16 StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16, Imhoff, Briefwechsel

334 StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16, Brief vom 9. Dezember 1562.

210 Jahr 1563

3. September 1563 12. August 1564 1566 1570

1571–1572

Fallstudien Ereignis 1. Vermittlung durch den Unterhändler und Obmann Dr. Christof Gugel 2. Vermittlung durch die Nürnberger Ratsherren 2. Vergleich 3. Vergleich Erneute Konflikte 1. Vermittlung durch das Augsburger Stadtgericht 2. Erneute Konflikte 3. Kaiserliches Mandat Appellation am Reichskammergericht

Quelle

StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv I, Fasz. 38, Nr. 5 StadtA Augsburg, Ratsprotokolle StadtA Augsburg, Ratsprotokolle StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII BayHstA München, RKG Akten Nr. 6802

3.1.3. Die Trennung der Brüder von der Gesellschaft ‚Endres I. Imhoff und Mitverwandte‘ und ihre Gründe Der Fall begann mit der Trennung der Brüder Hieronymus und Sebastian Imhoff von der Gesellschaft „Endres Imhoff und Mitverwandte“ aus Nürnberg und Augsburg. Bislang konnte der genaue Zeitpunkt der Trennung nur allgemein in den 40er Jahren des 16. Jahrhunderts vermutet werden.335 Durch einen Hinweis in einem anderen Quellenbestand, der Paulus Behaim und die Imhoff-Gesellschaft betrifft, lässt sich nunmehr der Zeitpunkt genauer fassen. Es handelt sich um die eigenhändige Aufzeichnung Paulus Behaims, der anlässlich der Rechnungslegung der Gesellschaft am 23. August 1548 schrieb: zu dieser rechnung ist Sebastian und Jeronimo Imhoff gepruder aus dem handel kumen336. Demnach waren zur obligatorischen Gesellschafterversammlung der Imhoff am 23. August 1548 die Brüder bereits aus der Gesellschaft ausgetreten. Die Gründe für den Austritt der Brüder aus einer erfolgreichen Gesellschaft lagen in Differenzen um die Gewinnermittlung, um den Zeitpunkt sowie um die Höhe des Gewinns zugunsten der Gesellschafter.337 Zugleich waren auch Fragen der weiteren ökonomischen Ausrichtung strittig, so kritisierten die ausgetretenen

335 Jahnel, Die Imhoff, S. 157 sowie Fleischmann, Rat und Patriziat, S. 611 geben an, dass zwischen 1540 und 1546 sukzessive einige Mitgesellschafter der Augsburger Linie aus der Nürnberger Imhoff-Gesellschaft austraten. 336 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 32v. 337 Jahnel, Die Imhoff, S. 61 weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Gesellschafter die Gewinnermittlung zu akzeptieren hatten, auch wenn sich die Hauptgesellschafter dabei bevorzugten. Ersteres lässt sich aus den Verträgen in der Tat nachweisen, letzteres ist eine Vermutung von Jahnel.

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Gesellschafter nach Jahnel die „Zurückhaltung Endresʼ gegenüber riskanten fiskalischen Anleihen“.338 Über die Gründe äußerten sich auch Endres und Gabriel Imhoff in einem Brief an die Augsburger Verwandten Simon und Lienhart Imhoff vom 8. Dezember 1548.339 Darin antworteten sie auf das ausdrückliche Bedauern Simon und Lienharts über die Trennung der beiden Brüder von der Gesellschaft „Endres Imhoff und Mitverwandte“. Diesem Brief zufolge sei es Endres und Gabriel auch lieber gewesen, dass sie beieinander geblieben wären, die Trennung hätte aber nicht an ihnen gelegen.340 Allerdings konnten sie nicht allen Forderungen der Brüder entsprechen, abgesehen davon, dass die Brüder zu solchen Forderungen gar nicht befugt gewesen waren (so uns aber das, so wir ihnen in allen stucken nit willfurn [...] sie mitnichten befugt sein341). Das hätten sie auch nicht aus unfreundschaft oder unpillichs beweissen342 so entschieden – wie sich die beiden Brüder offensichtlich in Augsburg beschwert hatten – sondern nach Billigkeit.343 Es habe sich nämlich in der Adlerschen Handlung344 ein Überschuss von 676 fl. 3 ß. ergeben, an dem den Brüder ein Anteil zustand, den die Regierer aber zunächst noch in der Gesellschaft halten wollten.345 Die Brüder verlangten die Auszahlung jedoch sogleich und es entwickelte sich daraus ein großer Streit.346 Die beiden meinten, dass sie ansonsten von der Adlerschen

338 Nach Jahnel, Die Imhoff, S. 157, hatten sich schon zwischen 1540 und 1546 einige Mitgesellschafter aus der Familiengesellschaft zurückgezogen. Kritik an der Gewinnermittlung sowie die Zurückhaltung im Kreditgeschäft seien hier die Gründe gewesen. Schultheiß, Geld- und Finanzgeschäfte, S. 103, stellt das „vorsichtige Geschäftsvorgehen“ des Endres als eigentlichen Grund dar. Die Zurückhaltung des Endres Imhoff gegenüber Geldgeschäften, nennt auch Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 96. Peters, Strategische Allianzen, S. 388 schränkt ein und bezeichnet ihn: „als ein den Darlehnsgeschäften gegenüber (zunächst jedenfalls) durchaus vorsichtige[n] Unternehmer“. Ferner vermutet er, dass „nicht wirtschaftsstrategische Überlegungen, sondern familiäre Auseinandersetzungen für die Trennung maßgeblich“ waren (S. 503). Es bleibt allerdings unklar, auf welcher Quellengrundlage Peters zu dieser Einschätzung kommt. 339 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8h (19). 340 Ebd. (19h): das wir aber nit lenger bey einander sein pliben da ist gewislich der mangel an uns nitt gewest, das kont wir euch genugsam anzaigen, das sie aber ye nit lenger bey uns haben pleiben wolllen, den hab wir nitt thun kunen. 341 Ebd. 342 Ebd. 343 Ebd. (19h–i). 344 Die Imhoffsche Niederlassung L’Aquila in den Abruzzen. 345 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8h (19i): So woll wir euch denig anzaigen, wie woll wir achten, ir werd es von vetterJeronimus vernumen haben, von wegen des geltz die Adlerschen handlung bedreffent welches sich die nechsten rechnung uber das so darvon wegen aufgeben ist worden, noch uberschus gefunden hatt, nemlich 676 fl. 3 ß. [...] wie woll wir es lang verfochten, unnd es alls pey uns behalten wollten, pis zu seiner zeitt, da die sach ein enschafft hett. 346 Ebd.

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Handlung keinen Nutzen hätten und wollten auch keinen Schaden daraus erleiden und im Übrigen wäre das Geld bei ihnen genauso sicher wie bei den Regierern.347 Der Anlass für die Trennung lag demnach in strittigen Zahlungen aus Gewinnen der Niederlassung in L’Aquila, die mit dem Safranhandel erzielt worden waren. Damit ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass auch Uneinigkeit über die weitere geschäftliche Ausrichtung, wie Jahnel vermutet hatte, ein Trennungsgrund gewesen sein könnte.348 In einem bereits an anderer Stelle349 kurz behandelten vertraglichen Ledigschreibens der Imhoff-Gesellschaft vom 1. August 1551 zwischen den Brüdern Endres I. d. Ä., Gabriel und Michael, ihrem Vetter Hieronymus auf der einen Seite sowie ihrem Onkel Simon Imhoff in Augsburg auf der anderen Seite350 wurden Ereignisse der Vergangenheit, die zur Trennung der Brüder Sebastian und Hieronymus Imhoff von der Gesellschaft führten, dargelegt. Demnach hatten die Parteien zunächst 1544 eine auf vier Jahre angelegte Gesellschaft gegründet.351 Bereits nach zwei Jahren sei Simon aus dieser Handelsgesellschaft ausgetreten. Eine weitere personelle Veränderung ergab sich dann zwei Jahre später, am 9. August 1548, als die Gesellschaft regulär endete und zugleich die Brüder Sebastian und Hieronymus ebenfalls nicht mehr bei der neuen Gesellschaft bleiben wollten. Entgegen den gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen, die besagten, dass die Mitgesellschafter in einem solchen Fall noch eineinhalb Jahre beisammen bleiben und keiner neuen Gesellschaft angehören sollten, um alle Geschäfte aufzulösen und die Waren und Kredite zu liquidieren und zu monetarisieren,352 wünschten die Brüder diese Liquidationszeit für sich auf ein Jahr zu reduzieren. Sie wollten die endgültige Trennung früher durchführen, um zur Gründung einer eigenen Gesellschaft

347 Ebd.: dan sie solich Adlerischen handlung kain nutz gehabt, so wollten sie da auch kain schaden haben, unnd das gelt wer als woll und sicher pey inen als pey uns. 348 Jahnel, Die Imhoff, S. 157. 349 Siehe oben das Kapitel: Rechnung, Kompetenz und Vermittlung, S. 69. 350 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv I, Fasz. 30, Nr. 6: Die hernach benannten Endres und Gabriel Imhof, gebrüdere für uns unnd unnsern abwesenden bruder Michael Imhof, des wir unns hier zu genntzlich mechtigen unnd vollgennder sachen halben fur ime gut zu sein versprechen, Sebastian und Jheronimus Imhof auch gepruder, bede wilend Sebastian Imhofs seligen verlassene eeliche söne unnd Jheronimus Imhof, Hannsen Imhofs seligen sune, bekennen samentlich unnd sonderlich für uns und unnsere erben und thun kunth meniglich mit diesem brief. 351 Ebd.: Nachdem wir die obgenannten sambt dem erbern Simon Imhof burgern zu Augspurg unnsern lieben vettern ain freuntliche vertrewliche gesellschaft auf vier jar lanng miteinander verglichen. 352 Ebd.: Allso das wir die anndern sechs gebrüdere unnd vettern Imhof obgemelt die ubrigen zway jar den hanndel allein miteinander getriben. Wiewol nun die angezogen gesellschaftverschreibung austrücklich vermügt, im fall, das wir uns zu ausganng der bestimbten vier jar lang, die dann auf den neundten tag Augusti des vergangen funfzehenhundert unnd achtundvierzigisten jars enndschafft erraicht, kainer weitern gesellschaft miteinander vergleichen wurden, das wir nichtsdestominder noch einhalb jar beyeiannder bleiben, all ding einbringen unnd zu gellt machen sollten. Es handelt sich bei den anderthalb Jahren um eine sog. Karenzzeit, die in manchen Verträgen festgelegt wurde, z. B. im Höchstetter-Vertrag von 1524, siehe dazu das Kapitel „Im Angesicht des Konfliktes: Die Höchstetter“, S. 282ff.

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frei zu sein.353 Nach dem Bericht des Ledigschreibens akzeptierten die vier restlichen Gesellschafter dieses Anliegen der beiden Brüder, sie übernahmen die Abwicklung der Angelegenheiten in den Niederlassungen in Lyon und Antwerpen. Sie sagten den Brüdern zu, ihnen vom Safraneinkauf, den die Gesellschaft im laufenden Jahr getätigt hatte, ein Drittel des Safrans zu überlassen. 354 Es erfolgte dann nach dem Ende der Gesellschaft im August 1548 die Generalabrechnung. Dazu gab es ein in zweifacher Ausfertigung ausgestelltes Verzeichnis über das, was jeder Partei – einerseits Endres, Gabriel, Michael und Hieronymus, andererseits den Brüdern Sebastian und Hieronymus – an haubtgut und gewynnung alhir und an allen orten an parem, gellt, schullden, pfennwart und -waren355 zustand. Ferner wurden die Schulden aus dem Handel in der Abrechnung berechnet und aufgeteilt.356 Die Gesellschafter legten demnach fest, dass die nach den Fristen eingebrachten Schulden in Augsburg sowie sonstige Barschaften zu einem Drittel den Brüdern357 und zu zwei Drittel den anderen Gesellschaftern zugerechnet würden.358 Abschließend folgte der Zusatz, dass alle bisher genannten Vorgänge der Trennung der Imhoff-Gesellschafter und die daraus resultierenden Bedingungen mit dem Datum der Urkunde vom 1. August 1551 erledigt waren und die Trennung somit endgültig und ohne irgendwelche weiteren Ansprüche vollzogen war.359

353 Ebd.: Demnach aber wir unns nit verglichen haben auf unser Endres, Gabriel, Michel Imhof gebrüder unnd Jheronimus, Hannsen Imhof sone: begern unnsere zween vettern Sebastian unnd Jheronimus Imhof gebrüder das uberig halb jar gutvillig begeben unnd faren lassen. 354 Ebd.: noch so eylennds geschickt machen mogen, das wir die anndern vier gesellschafter inen ire sachen inn Lion unnd Anntorf ein halb jar nach verscheinung der bestimbten vier jar nach irem gehaiß verwallten unnd ausrichten, dar auch wir innen inhallt einer derhalb aufgerichten verschreibung schuldig sein sollten unnd wollten, inen, den zwayen brüdern an allem saffran, so wir dasselbig jar allenthalben einkauffen wurden, einen dritthail, oder sovil sy darunder begern mochten zuzustellen und vollgen zu lassen. 355 Ebd. 356 Ebd.: desgleichen, nachdem man ettlichen personen ein gute summa gellts, so man auf interesse unnd verzinsung angenomen, aus dem hanndel schuldig gewest, was jedem thail davon auf sich zunemen und zubezalen zusteen und gebüren würde. 357 Ebd.: wie die zween gebrüder Sebastian unnd Jheronimus Imhof an den gelt, schulden, die hie und zu Augspurg vorhannden gewest, soballd die mittler zeit zu den gesäzten fristen gefallen und einbracht worden sein, von den anndern vier gemellten Imhof, unnsern lieben vettern unser gebürnus alls ein dritthail darain idesmals davon empfangen. 358 Ebd.: auch gleichfalls, was wir Sebastian und Jheronimus Imhof gebrüder von der anndern wegen jedesmals empfangen den anndern ire zwen drittail auch ordennlich geantwort, sonnderlich auch was auf meinen Sebastian Imhofs nannten an allen ortten gestannden, inen alles eingeraumbt und ubergeben. 359 Ebd.: So sagt unnd zelt dannach unnser jeder für sich und seine erben, die anndern alle und ire erben sambtlich unnd sonderlich umb haubgut, gewynnung, saffrankauf aus des dafür bezalten kaufgellts und inn gemein unnd sonderlichait umb alles das, so sich zwischen unns unnd den unnsern inn zeit der gewesenen vierierigen gesellschaft unnd darnach biß auf dato diß briefs inn ainich weise zugetragen hat, derhalb dann auch gute rechnung bericht unnd anzaigung gescheen ist, mitt genntzlichen aufhebung, caßirung unnd abthuung berurter vierjerigen

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Die herangezogenen Quellen zeigten, dass sich Sebastian und Hieronymus Imhoff am 9. August 1548 von der Gesellschaft „Endres und Mitverwandte“ getrennt hatten und im Anschluss daran eine eigene Gesellschaft als „Hieronymus und Sebastian Imhoff, Gebrüder“ gründeten. Die Trennung war die Konsequenz aus Konflikten aufgrund strittiger finanzieller Ansprüche und vermutlich der Ausrichtung der zukünftigen Unternehmensstrategie. Sie wurde vollzogen, als die alte Gesellschaft „Endres I. d. Ä. Imhoff und Mitverwandte“ nach vierjähriger Laufzeit beendet war und zugleich durch den anstehenden turnusmäßigen Vertrag erneuert werden sollte. 3.1.4. Die Vermittlungsstrategie und das Ergebnis: Der ‚Vergleich‘ Der genaue Zeitpunkt, zu dem sich die beiden Brüder zu einer eigenen Gesellschaft zusammenschlossen, ist nicht völlig sicher, da der einzige erhaltene Gesellschaftsvertrag erst aus dem Jahr 1555 stammt. Die beiden hatten jedoch schon vorher eine gemeinsame Gesellschaftshandlung, wofür einige Aussagen und Indizien sprechen. So schrieb Paulus Behaim in seinen schon erwähnten Aufzeichnungen, dass die Brüder im Anschluss an ihren Austritt (1548) einen eigenen Gesellschaftshandel führten (und fur sy allein einen handell und gewerb anzufhahen360). Außerdem verfügten die Brüder bereits über eine Kapitaleinlage, wie durch eine Schuldverschreibung vom 1. August 1550 deutlich wird. Dieser zufolge überließ ihnen ihre Schwester Katharina, verwitwete Tucher, einen Betrag von 2.000 fl. Das Kapital sollte im Bedarfsfall als Heiratsgut oder Aussteuer für ihre Töchter Katharina und Apollonia ausgezahlt werden.361 Weiter heißt es wörtlich in der Schuldverschreibung: wie wir, dann an das in unserm handel in kleine summa gelts armen notturfftigen leutten zu gutem geben362, daraus folgt, dass die Brüder spätestens seit 1550 gemeinsam in einer Gesellschaftshandlung tätig waren, aus der sie kleinere Geldbeträge für die Armen vorsahen. Ferner geben zwei kurze Auszüge aus Briefen an den Verwandten Wolf Haller Aufschluss über einen bereits bestehenden gemeinsamen Gesellschaftshandel der Brüder. Wolf Haller hatte Sebastian Imhoff gebeten, ihm einen Diener zu überlassen. Diese Bitte beschied Hieronymus im Auftrag seines Bruders Sebastian am 14.

gesellschaft, die obbestimbten zeit unnd sachen belanngende hiemit auf ewig und unwiderüeflich, auch gentzlich unnd gar inn der besten form aller zu recht unnd sonst immer krefftig gescheen soll kan unnd mag, vernner unansprüchig quitt, fry, ledig unnd loß. 360 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 32v. 361 StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII: Wir Sebastiadn und Jheronimus Imhof gepruder bekennen offenlich mit disem brief sament und sonderlich fur uns und unser erben, das wir unser lieben schwester Katharina Jheronimus Tucherin witfrau sind schuldig worden zwaytausent gulden reynisch in müntz, zu funfzehen patzen fur den gulden [...] iren paiden tochteren Katharina und Apollonia zu dester statlichenn heiratsgut und aussteuer zu geben. 362 Ebd.

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August 1554 positiv363 und ergänzte, dass dieser Diener vleissig und embsig sei und die Abrechnung zuverlässig erledigen würde.364 Auch diese Bitte dürfte ein Hinweis darauf sein, dass die Brüder bereits zusammenarbeiteten und offensichtlich über Handelsdiener verfügten. Am 1. Juli 1555 verfassten die Brüder dann den ersten erhaltenen Gesellschaftsvertrag. Im Folgenden werden daraus die den späteren Konflikt betreffenden Artikel herausgestellt und analysiert. Denn sie boten die vertragsrechtliche Basis für die Argumentation Hieronymus Imhoffs in dem bald ausbrechenden Brüderstreit. Dem Vertrag zufolge hatten sich beide Brüder, auf Wunsch Sebastians, für vier Jahre unter dem Namen ‚Sebastian und Hieronymus Imhoff, gebruder‘ als mitgesellschafter verglichen [geeinigt]365. Schon zu Anfang, im Artikel drei, wird die Frage des Stimmrechtes bei Unternehmensentscheidungen geklärt. Im Grundsatz hatten beide Brüder gleiches Stimmrecht bei allen Fragen, die den Handel, seine Notwendigkeiten, seinen Nutzen und seine Wohlfahrt betrafen.366 Allerdings bestimmten sie, wohl auf Initiative von Hieronymus, eine Ausnahme für den Fall, dass sie unterschiedlicher Meinung seien (da sy mit iren stimen underschidlich bedencken367), dann solle die Stimme des Hieronymus bevorzugt werden und ausschlaggebend sein (soll des Jeronimo Imhoff stim fürziehen und volziehung geschehen368). Seine Entscheidung gelte dann, von Augsburg ausgehend, auch für alle Niederlassungen (demnach der bevelch an alle ort von Augspurg aus geht und diese von Jeronimo Imhoff die leger zu handeln bevolhen wirt369). Bei Geschäften, die keinen Verzug (nit allweg verzug370) erlaubten, konnten sowohl Hieronymus in Augsburg als auch Sebastian in Nürnberg sofort selbst entscheiden. Sollten diese sich jedoch ungünstig entwickeln, dann dürfe der Schaden nicht das jeweils zu Gewinn und Verlust eingelegte Hauptgut überschreiten. Im Vertragstext waren dazu graduelle, jedoch nicht unwesentliche Unterschiede formuliert, denn nach der vertraglichen Regelung gelte ausdrücklich eine Haftungsbeschränkung nur für die Einlage Hieronymus Imhoffs (soll der handel solches alles [...], es gerath gleich wol oder ubel, soll gedachter Jeronimo Imhoff des nit schaden

363 StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16, Brief vom 14. August 1554: Belangend dein begern, dir unsern diener zu vergonnen zu Nurmberg deine geschefft auszurichten. 364 Ebd. 365 StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII: das Jeronimo Imhoff burger zu Augpurg sich mit seinem bruder Sebastian Imhoff burger zu Nurmberg, uff sein begeren fur vier jar zu einem mitgesellschaffter verglichen hatt. Nemblich von ad primo Luio 1555 und sich enden ad primo Luio fünfzehenhundert und in neunundfunffizigste jar und soll mit allen gehalz werden wie hernach volgt. 366 Ebd.: Gedechte baide gebrüder sollen im handel zu gleich stim haben durch welche 2 stim alles was zu berathschlagen und zuvor hierin nit specificiert teglichs zu handeln und des handels notturfft, nutz und wolfartt bedacht und gehandelt. 367 Ebd. 368 Ebd. 369 Ebd. 370 Ebd.

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haben, dan allain sovil im seinem haubtgut nach, so zu gewinn und verlust ligt geburen wirt371). Umgekehrt konnte Sebastian in Nürnberg zwar handeln, wie es ihm notwendig erschien und ohne Hieronymus in Augsburg sofort zu informieren. Allerdings war für ihn von einer Haftungsbeschränkung keine Rede.372 Einen weiteren Unterschied bildete die Spezifizierung der Geschäfte, die jedem zugestanden wurden. Für die Geschäfte des Hieronymus galten demnach keine Beschränkungen, während die des Sebastian lediglich im alltäglichen Handel (deglichem verkauffen der warhen), möglicherweise Kleinhandel und Waren des täglichen Gebrauchs, bestehen sollten. Dieser Artikel war besonders für Hieronymus Imhoff von einer gewissen Bedeutung, denn er ermöglichte ihm, bei Geschäften im größeren Stil ohne Rücksprache zu entscheiden. Aus diesem Grund wurde nur dieser einschlägige Artikel des Vertrags als Auszug der späteren Korrespondenz beigefügt und am Rand durch eine Hand mit ausgestrecktem Finger sowie einer Kreuzmarkierung besonders gekennzeichnet. 373 Wie noch zu zeigen sein wird, lieferte, Hieronymus zufolge, diese besondere Entscheidungsbefugnis ihm auch die Berechtigung, in dem Konflikt gegen die angeblich unerlaubt ausgeweiteten Handelsaktivitäten seines Bruders zu klagen. Im Gesellschaftsvertrag folgte nach dem Artikel mit der Zusage einer Kapitaleinlage der Gesellschafter – wie so oft ohne konkrete Zahlenangabe – eine weitere wichtige vertragliche Regelung, die in dem Konflikt eine Rolle spielte. Es handelt sich dabei um die Frage, wie und wo die Geschäftsbücher aufzubewahren seien. Demnach verblieb das gesellschaftsbüechlein, gemeint war damit das Gesellschaftsbuch, in das der Gesellschaftsvertrag und die Summen der Kapitaleinlagen eingetragen wurden, versiegelt in Augsburg bei Hieronymus,374 Sebastian hingegen erhielt eine Kopie des gesellschaftsbrief[s]375 (Vertrag). Er sollte außerdem das haubtbuch führen, das daher in Nürnberg lag.376 Sollte jedoch Hieronymus dieses benötigen, hatte man seinem Wunsch zu folgen und es ihm zur Verfügung zu stellen.377 Im folgenden Artikel wurde festgelegt, dass zum Ende der Gesellschaft (zu endt der compagnie378) eine Schlussrechnung erstellt werden musste. Es folgte dann eine 371 Ebd. 372 Ebd.: Gleichfalls es auch zu Nurmberg mit Sebastian Imhoff gehalten soll werden, das er mit deglichem verkauffen der warhen und was sonst die notturfft erfondt, das auch nit verzug hett per Augspurg vor zuschreiben, seinem gutt geduncken nach vorthfuren. 373 StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16, Artikel aus Gesellschaftsvertrag von 1555. Der gesamte Vertrag befindet sich als Abschrift in den Akten des RKG-Prozesses StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII, Nr. 10 und wird weiter unten S. 215ff. ausführlich besprochen. 374 StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII: Und dan belangend der gesellschafftsbüechlen auch gesellschafft brief soll in Augspurg durch Jeronimo Imhoff von beiden thailen verbittschiert bewart werden. 375 Ebd.: endgegen soll Sebastian Imhoff von gesellschafft brief ein copia haben. 376 Ebd.: Sebastian Imhoff die haubtbuch soll halten, die also in Nurmberg sein mussen und sollen bleiben. 377 Ebd.: Jedoch so Jeronimo Imhoff die begert, soll man im die folgen lassen. 378 Ebd.

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längere Regelung, wie im Todesfall zu verfahren sei. Demnach handelte der Überlebende für sich und die Erben des Verstorbenen bis zur nächsten Hauptrechnung weiter, um dann nach der Abschlussrechnung den Erben das Ergebnis von Gewinn und Verlust mitzuteilen und ihnen die Summe in drei Zahlungsfristen unklaghaft auszuzahlen. Die Frage nach dem Geleit und der Gefangennahme der Gesellschafter auf ihren Reisen wurde ebenfalls geregelt und dabei festgesetzt, dass jeweils 1.000 fl. Auslösesumme zur Verfügung gestellt würden. Sollte einer der Gesellschafter zum Kauf von Waren kurzfristig Geld benötigen, würde es ihm mit 5% Verzinsung per annum zur Verfügung gestellt werden, sodass er sein eigenes Hauptgut nicht anzugreifen brauche. Allerdings dürfe während ihrer gemeinsamen Handlung keiner Geld zu aigen nutz noch freundtschafft379 verleihen. Ein eigener Artikel diente der Frage nach dem Ende dieser Gesellschaftsperiode. Für den Fall, dass sie nach der Schlussrechnung nicht mehr miteinander handeln wollten, sich nicht vergleichen und sich auch sonst nicht auf eine neue Gesellschafts(konstellation) einigen könnten, war alles von der alten Gesellschaft zu zwei Drittel zugunsten des Hieronymus und zu einem Drittel zugunsten Sebastians aufzuteilen. Das bezog sich auf schulden, gegenschulden, waren alles wie es zu der rechnung angeschlagen wirt sein, und sol auch aller worath in legern, diennern und alles nichts ausgenommen.380 Diese Teilung musste sofort vonstatten gehen, damit die Gefahr eines Verzugs vermieden wurde (gefahrlich in kain weg nit aufziehen381). Trat der Verzugsfall dennoch durch einen der Brüder ein, dann sollten dem jeweils anderen die buecher [...] ohne verhindernust geantwort werden, damit er die thaillung allein382 vornehmen könne. Wie der spätere Konflikt zeigte, erfolgte trotz dieser vertraglichen Absprache genau der Fall bei dem strittig wurde, wem die Geschäftsbücher zur alleinigen Abwicklung zuzustellen seien und offenbarte damit eine geringe Durchsetzungsmöglichkeit. Die letzte vertragliche Festlegung betraf die erste Hauptrechnung nach zwei Jahren. Auf den dann erwirtschafteten und berechneten Gewinn könne demnach jeder zu seinem Nutzen ein Darlehen aufnehmen und auch außerhalb des Handels darüber verfügen.383 Über das vertraglich festgelegte Ende am 30. Juni 1559 hinaus hatte die Gesellschaft der beiden Brüder keinen Bestand, da bereits im Vorfeld einige Unstimmigkeiten enstanden waren. Auch in anderen, späteren Akten wird dieser Zeitpunkt der Auflösung erwähnt, z. B. in einem Bericht der Nürnberger Ratsherren Veit und Bartholomäus Holzschuher vom 8. Februar 1565: die letzt gesellschaft verschreibung

379 380 381 382 383

Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd.: Es verstat sich auch ihres Gott der allmechtig zu der rechnung anno 57 einem jeden fur nutz uf sein gelt und suma hierin begriffen verleichen macht, das er soliches nach seinem gefallen wie im articul begriffen, brauchen mag ausserhalb des handels.

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den letzten tags des monats Junij des 1559 Jhars geendet384 oder in einem Brief Hieronymus Imhoffs an Endres Imhoff vom 9. Dezember 1562: Darauf ein jar vor endter unser gesellschafft ist ausgangen so gewest ist ultimo anno 1558, und sich folgendts unser geselschafft geendet ultimo Junij anno 1559385. Es hatten sich demnach bereits während der Laufzeit der Gesellschaft einige so schwerwiegende Konfliktpunkte ergeben, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich war. Hinzu kam auch eine menschlich-affektive Perspektive, die eine Rolle in der Phase der Trennung spielte. Zunächst stellten sich jedoch Konflikte ein, die ökonomische, handelstechnische und gesellschaftsinterne Bereiche betrafen: 1. Die Frage, was zukünftig mit dem Gesellschaftsnamen geschehen sollte und wer ihn weiter nutzen konnte. 2. Eine strittige Inventarisierung, aufgrund derer die Teilung des Hausrates der Gesellschaft, speziell in ihren Niederlassungen, erfolgen sollte. 3. Die Frage, in wessen Verantwortung die verschiedenen Geschäftsbücher ihrer bis dahin gemeinsamen Buchführung übergeben werden sollte. 4. Die Begleichung von ausstehenden Besoldungszahlungen einiger Handelsdiener. 5. Die Auslösung von Schulden und Krediten bei verschiedenen Einzelpersonen sowie der Reichsstadt Nürnberg. 6. Die Zahlung von Krediten, die die beiden Gesellschafter selbst aufgenommen hatten. 7. Die Auflösung des Pastellhandels der Gesellschaft. Die beiden Kontrahenten konnten sich über diese Unstimmigkeiten nicht einigen, daher bestellten sie zur Klärung zunächst zwei Unterhändler und erhofften dadurch eine Lösung des Konfliktes. Es handelte sich dabei um den Augsburger Ratsherrn Christof Gering sowie um den Schwager der Imhoff-Brüder und ehemaligen386 Faktor der Gesellschaft „Endres Imhoff und Mitverwandte“, den Nürnberger Konrad Bair. Damit war sowohl die Augsburger als auch die Nürnberger Seite vertreten. Den beiden Unterhändlern gelang es dann, am 11. August 1561, nach ettliche[n] mißverstand und irrungen387 einen ersten Vergleich auszuhandeln. In dem Vergleich ging es zunächst um offenstehende Beträge aus Kreditvergaben. Der Ausgangspunkt war eine Gesamtsumme von 31.800 fl. Diese Summe setzte sich zusammen aus einem Kredit von 26.500 fl., den die Brüder Imhoff in der Vergangenheit von ungenannten Gläubigern aufgenommen hatten sowie einem daraus resultierenden und zu erstattenden zinsgelt von 5.300 fl. Die Brüder hatten sich ursprünglich darauf geeinigt, dass Hieronymus zwei Drittel und Sebastian ein 384 Ebd.: Quittung so di Holtzschucher von wegen Sebastian Imhoff hern Jeronimus Imhoff auf 8. Febrer anno 1565 per Augspurg gesandt. 385 StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16. 386 Diesen Dienst versah er nach Jahnel, Die Imhoff, S. 172, in den Jahren 1554 und 1556. 387 StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16, Vergleich vom 11. August 1561.

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Drittel des Anteils davon übernehmen und sie ihren jeweiligen Anteil innerhalb von drei Jahren zurückzahlen.388 Nach den drei Jahren wollten sie sich erneut vergleichen und gegenseitig abrechnen.389 Da allerdings Sebastian zum Zeitpunkt dieses Vergleiches aus nicht genannten Gründen noch nichts zurückgezahlt hatte, erklärte sich Hieronymus in den Vergleichsverhandlungen bereit, den Anteil seines Bruders an der Summe gegen einen Zins von 7% zu übernehmen. Diese Zinssumme sollte ihm Sebastian bis zum 31. Dezember 1561 erstatten und ihm dazu mitteilen, ob er diese Summe als Ganzes oder in mehreren Tranchen zurückzahlen wolle.390 Der zweite, in dem Vergleich strittige Gegenstand betraf die Geschäftsunterlagen, insbesondere ein Zinsbuch, das Sebastian Imhoff in Nürnberg geführt hatte. Sebastian wurde verpflichtet, von diesem eine Kopie anzufertigen. Es handelte sich dabei allerdings nur um die Eintragungen seiner eigenen Geschäfte, die er nach Beendigung der Gesellschaft noch in dem Buch vermerkt hatte, vermutlich um diese von den gemeinsam getätigten Geschäften zu unterscheiden.391 Diese Kopie sollte Sebastian über den Unterhändler Konrad Bair seinem Bruder übergeben. Darüberhinaus stand es Hieronymus jederzeit zu, Einblick in das Original des Zinsbuches zu nehmen.392 Eine wichtige Entscheidung zugunsten Hieronymus, da sie ihm erlaubte, die Abschrift in Zweifelsfällen anhand des Originals zu kontrollieren.

388 Ebd.: Für das erst, das aus den fl. 31.800 fl. inn müntz gehabten zinns gellt, die 5.300 fl. so noch unauffgesagt vor der hand sein, sollen dieselben fur beede geben, der in yetzigen stand alls fur herrn Jheronimus umb ⅔ und fur hern Sebastian umb ⅓ auf dray jar lang, die nechsten irenthalben unauffgesagt still ligen bleiben. 389 Ebd.: So aber die drey jar verschinnen, alls dann soll bey inen stehen, sich darhalben weiter zuverglaichen oder auf jeder thails begern, darinn er jeder dem anderen nachvolgen soll, dieselben aufzukunnten und abzuzalen. 390 Ebd.: Was dann die ubrigen 26.500 fl. halben, die herrn Jheronimus Imhoff fur den obbemelten herrn Sebastian in abzahlung [in: StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII: im abzug derselben] derselben auff desselben ⅓ verlegt auf sich genommen, vurschossen hat, dieselbiger summa solle herr Sebastian ime hern Jheronimo Imhoff mitssambt 7 per cento von der zeyt jeder auslegung biß auf den tag nach bestimbter bezalung nach anzall zurechnen, zwischen dato und ultimo Decembris nechst kunfftig, inn der stat Augsburg bezallen, auch wann er die erlegung auff ain oder mermalen thon will, dasselbig herr Jheronimo Imhoff ungeverlich acht tag zuvor zuwissen thon unnd anzaigen. 391 Ebd.: Zum andern soll herr Sebastian Imhoff von dem gesellschaft zinnstbuchlein, ausserhalb dessen, so er nach geendter gessellschaft, seiner aignen sachen halben seinen anzaigen nach darin geschriben hat, sampt van allen ungerechte, durch notarien vidimierte […] abschrifft unverzogentlich, auff herrn Conrad Payren copen machen lassen und dem herrn Iheronimo Imhoff gen Augspurg zuschicken. 392 Ebd.: unnd soll nichts dester weniger ime herrn Jheronimo Imhoff zu den original diese zinsbuchleins inn kunfftig jederzeyt sein gerechtigkeit und zuegang austruckenlich vorbehalten und unbenommen sein.

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Beide Brüder verpflichteten sich, innerhalb von 14 Tagen eine Abrechnung aufzustellen, in der sie das jeweils gegenseitig vorgestreckte Geld einem jeden zu einem Zins von 7% in Rechnung stellten.393 Sollten sie jedoch in einem oder mehreren Punkten zu unterschiedlichen Summen in ihren Abrechnungen kommen, so waren die Unterhändler hinzuzuziehen und deren Entscheidung zu akzeptieren.394 Der folgende Artikel behandelte die noch nicht erfolgte Ratifizierung des thailungszettels, des Trennungsvertrags der beiden Brüder. Die Unterschriften sollten geleistet werden, sobald das Zinsbuch in Abschrift sowie die nürnbergische Abrechnung vorläge.395 Über eine offene Summe von 2.800 fl. konnten sich die beiden Brüder nicht einigen, sodass die Unterhändler darüber zu befinden hatten.396 Die beiden letzten Artikel des Vergleichs handeln von Krediten an die französische Krone. Die Gebrüder Imhoff waren 1555 an einer Anleihe an die französische Krone mit wahrscheinlich 30.821 Livres beteiligt.397 Die Gesamtsumme dieser Anleihe lag allerdings beträchtlich höher und konnte unter anderem nur durch ein Konsortium Nürnberger Kaufleute aufgebracht werden, zu dem neben zehn weiteren Handelshäusern auch „Endres Imhoff und Mitverwandte“ sowie der Nürnberger Welserzweig gehörte.398 Der größte Teil dieser Anleihe musste jedoch abgeschrieben werden, nachdem 1557 die französische Krone die Rückzahlungen einstellte.399 Nach dem Vergleich war an dem Verlustbetrag der particular parditen halb inn

393 Ebd., 16: Zum dritten soll ir jeder thail dem anndern inn 14 tagen ungeverlich nach dato rechnung zue schicken, unnd was jeder thail dem anndern innhalt derselben an auserlegtem gelt, unnd auch geburendem interesse von stilligender zeit zu 7 per cento gegen einander zuraiten schuldig fruntlichen erlegen und vergnugen. 394 Ebd.: Und ob sie aber inn denselben irem rechnungen, einer oder mer posten unterschid haben, unnd sich dasselben durch sie selbs nit vergleichen wurden mugen, darumb sollen sie zu beder seitz, der obgemelter zwayer erpettnen erkanntnus gewiß sein, unnd derselben volziehung thon. 395 Ebd.: Zum virden alls ire beede herren gebrudern verglichne thailungs zettel van inen noch nit underschriebn und gefertigt, ist verglichen, dass dieselbiger underschreibung von inen beederseitz allsbald nach abschickung der autentico copey deß zinnßbuchlein unnd herrn Jheronimo Imhoffs uberstelung der Nurmbergischen rechnungen unnd also alles in alwas innerhalb 3 monaten dernechst nach dato volnfurt werden unnd als dann auch ir jeder den anndern geburlicher weiß quitirn solln. 396 Ebd.: Zum funfften belannget ain differentz auß 2.800 fl. herfliessendt, soll jeder thail sein bericht unnd beweisung ongefarlichen ausszug furpringen unnd da er die zween herrn gepruder daruber selbs nit zu vergleichung kemen, als dann sollen sie der zweger erpetnen erkanntnus daruber nehmen unnd volziehung thun. 397 Im Vergleich vom 11. August 1561 wird die Summe nicht genannt, bei Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 243 und Jahnel, Die Imhoff, S. 170 wird sie auf diese 30.821 Livres beziffert. Zu dem Grand Parti, der großen Kreditaufnahme der französischen Krone von 1555, an der italienische und vor allem Florentiner Bankiers beteiligt waren, zuletzt Lang, Herrscherfinanzen der französischen Krone unter Franz I., S. 471ff. Die Gebrüder Imhoff stehen mit diesem bedeutenden Darlehen an die Krone exemplarisch für die Beteiligung oberdeutscher Handelshäuser am Grand Parti. Lang (ebd., S. 474) nennt in diesem Zusammenhang das finanzielle Engagement von Bartholomäus Welser über ein Darlehen von 50.000 Livres zugunsten der Krone. 398 Jahnel, Die Imhoff, S. 169f. 399 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 243; Jahnel, Die Imhoff, S. 170.

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Franckreich400 Sebastian mit einem Drittel beteiligt,401 ohne dass die Höhe der Summe genau beziffert wurde. Diese Summe sollte Sebastian seinem Bruder in Form von Wechseln oder einer anderen Zahlweise erstatten.402 Ein halbes Jahr später, im Januar 1562 schienen die Auseinandersetzungen der beiden Brüder trotz des Vergleichs wieder aufgeflammt zu sein. Beide Brüder handelten vor allem hinsichtlich der gegenseitigen Rechnungslegung nicht dem Vergleich gemäß. Sie erhoben beide den Vorwurf, der jeweils Andere habe die vertraglich geforderte Schlussrechnung nicht vorgelegt. Daraufhin wandte sich Hieronymus mit zwei kurz hintereinander verfassten Schreiben vom 12. und vom 17. Januar an seinen Vetter Endres I. Imhoff in Nürnberg mit der Bitte um Vermittlung. In der ersten Reaktion vom 25. Januar drückte Endres zunächst sein Bedauern über die Trennung aus und den wiederwil, der daraus entstanden war.403 Zudem sei für ihn die aktuelle Entwicklung neu, denn er habe die gütliche Einigung der beiden Brüder gerne zur Kenntnis genommen.404 Dem Schreiben zufolge hatte Endres in Nürnberg Sebastian bereits auf die strittige Frage nach der Rechnung angesprochen und beruhigte danach Hieronymus, Sebastian sei guten brüderlichen Willens, die Angelegenheit zu bereinigen.405 Er habe ihm versichert, die Rechnung ordnungsgemäß angefertigt und bereits dem Unterhändler Gering zugesandt zu haben, verbunden mit der Bitte, sie nicht Hieronymus vorzulegen, bis dieser seinerseits seine Rechnung vorgelegt habe. Auf Bedingungen einer Partei habe sich Gering allerdings nicht eingelassen und die Rechnung an Sebastian zurückgeschickt. 400 StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16. Zu den partikular parditen, den „Obligationen der Krone“, siehe zuletzt Heinrich Lang, „Dan auf disen vornemen Handelsplatzen ist gelt vollauf”. Zu transalpinen Transferbeziehungen zwischen süddeutschen und Florentiner Handelsgesellschaften während des Dreißigjährigen Krieges, in: Annales Mercaturae 2 (2016), S. 65-108, hier: S. 97. 401 StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16, Vergleich vom 11. August 1561: den herrn Sebastian Imhoff allein uff ⅓ unnd also etwas minder alls sein haubtgut antroffen, zugetheilt. Nach Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 241 gibt an, dass Sebastian mit 14.100 Livres beteiligt war. 402 StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16: inn welchem aus wechselung mit gellt oder inn ander wegs dem herrn Jheronimo Imhoff erstattung geschehen. 403 Ebd. 25. Januar 1562: Darauff fruntlich, lieber vetter, itzund solst wissen, dass ich erstlich eur baider absonderung nit gern sach, mir auch dasselbig fremd ward, nochmals das daraus allerley wiederwil zwischen euch entstanden, sonderlich nit gern vernumen. 404 Ebd.: do ir aber den vergangen herbst beyeinander gewest und durch gutt freund, wie ich nochmals vernomen, mitteinander guttlich und freuntlich vertragen und vereinigt werdt worden, dass horett ich fast gern und hab in warheidt nit anderst gewiest. 405 Ebd.: Nun hab ich den vetter Sebastian beschickt und im dasselbig noch lengs mit vleiß furgehalten, darauff het er mir wol den handell noch lengs erzeltt, daß aber zu melden nit von notten, auch zum handell nit dienstlich, aber das hab ich bey im gefunden, das er gegen dir nit anderst geneigt sey, dan allen bruderlichen freundlichen willen gegen dir zu erhaltten und denselben zu suchen auch derhalb an im nichts erwinden zu lohen, das hat er siech gegen mir hoch erpottten, wie ich in dan darzu ganz stattlich vermanett und erinnert hab, das er demselben also sol und wol nachkommen.

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Ferner empfahl Endres Hieronymus in seiner brieflichen Mitteilung, nach außen und vor den Leuten unbedingt Einigkeit zu zeigen und weiterhin mit Sebastian zu verhandeln, damit der Vertrag eingehalten würde.406 Endres missbilligte die Klagen, die vor allem Hieronymus an verschiedenen Orten über die vergangene brüderliche Gesellschaft verlauten ließe und warnte davor, dass sich Berichte über Unstimmigkeiten schnell weit verbreiteten und ihnen in ihren zukünftigen Geschäften schaden könnten.407 Wenige Tage später, am 8. Februar 1562, schrieb Endres Hieronymus von einem weiteren Gespräch, das er mit Sebastian geführt hatte.408 Wieder versicherte Endres, dass Sebastian guten Willen zur Einigkeit und Freundschaft gezeigt habe. Unabhängig davon, ob es sich hier um einen Topos handeln könnte, zeigt sich, wie Endres seine Vermittlertätigkeit verstand und dass er zunächst versuchte, die verhärteten Fronten, insbesondere auf Seiten des Hieronymus, aufzuweichen, indem er immer wieder die brüderliche Einigkeit und Freundschaft beschwor.409 Endres hatte erfahren, dass sich Sebastian erneut an den Unterhändler Gering gewandt und diesen über seine Vermutung unterrichtet hatte, dass der letzte Artikel des Vergleichs von 1561 der Grund für die Missverständnisse zwischen den Brüdern gewesen sei (und vermaint also vetter Sebastian, derselbig letzt artickel vermag lautter, was siech zwischen euch fur misverstandt zutrag und begeb410). In diesem Artikel ging es um die Verluste, die ihre ehemalige Gesellschaft durch die Kredite an die französische Krone erlitten hatte. Sebastian wünschte nun, dass der Unterhändler in dieser Sache entscheide. Er ging ferner, allerdings irrtümlich, davon aus, dass jener Hieronymus über Sebastians Einschätzung Bericht erstattet habe.411 Endres schlug daher vor, dass Sebastian und Hieronymus das persönliche Gespräch

406 Ebd.: das ein vertrag zwischen euch durch gutt freundt auff gericht sey worden, der selbig aber von im vetter Sebastian nicht gehalten mitt biett mit im so vil zu handlen, do mit derselbig von im nochmals gehaltten werdt, und thue nit ursach habst, diech desselben an andern ortten zu beklagen, mit lengeren erzellung aller derhalben verloffnen handlung. 407 Ebd.: und thue nit ursach habst, diech desselben an andern ortten zu beklagen, mit lengeren erzellung aller derhalben verloffnen handlung. Doch anderst nit, dan was dein gelegenheit und gutter will sein wirdt, dan das ir euch untter die leutt und in weitläufigkeitt soltt begeben, das wer nit gutt, und es nit gern sehen wolt, wie mir nit zweiffel thue werdest, das best und furtreglichst wol zu ermessen wissen, darzu alls gutter einigkait wol Gott der herr sein gnadt verleihen. 408 Ebd., Brief vom 8. Februar 1562: darin auf handlung, so ich mitt vetter Sebastian auff dein begern gethann hab, und er mir darauff fur antwort geben. 409 Ebd.: antwort und gegenbericht, sonderlich deine klagstuck und foderung […] welches alles ich im mitt besten vleis furgehaltten haben und zu erkennen hab geben und darneben nachmals erinnert, das er an im nichts, was billig und recht sey wol erwinden lassen, damit das gutte fruntschaft und einigkeit zwischen euch erhaltten werdt, und: desselben wol er siech zu dir auch freuntlich versehen. 410 Ebd. 411 Ebd.: hat er mir angezeicht, das er der selben halben, dem herrn Gering noch lengs gutten notorftigen bericht gegeben hab, wie thue das selbig von dem selben werdts vernemen.

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suchten und nicht über Dritte ihre Zwietracht besprächen.412 Das lehnte Sebastian allerdings ab mit der Begründung, der schriftliche Weg reiche völlig aus.413 Wie Hieronymus auf den Vorschlag reagierte, ist unbekannt, da sich von ihm dazu keine Äußerung erhalten hat. Endres versicherte Hieronymus in seinem Schreiben, dass er weiter bereitwillig seine Vermittlerdienste übernehmen und solange mit Sebastian verhandeln würde, bis dieser dem Vergleichsvertrag nachkäme.414 Die Schwierigkeit läge jedoch darin, dass Sebastian in einem Schreiben an den Unterhändler Gering deutlich gemacht habe, er hätte den Vertrag bereits erfüllt.415 In demselben Schreiben ging Endres auf andere geschäftliche und politische Fragen ein, die nur indirekt mit der Vermittlertätigkeit zu tun hatten. Er teilte seine Erkenntnisse und persönlichen Einschätzungen zu Fragen der Kredite oberdeutscher Gläubiger an die französische Krone und ihre Rückzahlung mit.416 Der konkrete Anlass waren neue Informationen darüber, dass den deutschen Gläubigern angeblich Vorrang bei der Rückzahlung der Kredite gewährt werden sollte. Diese Informationen mussten jedoch geheimgehalten werden, insbesondere gegenüber den Kaufleuten in Lyon.417 Diese speziellen Kredite spielten auch im Konflikt der Brüder eine Rolle. Die Imhoff in Nürnberg und Augsburg waren, wie bereits dargestellt, neben italienischen und Schweizer Kaufleuten, bedeutende Gläubiger der französischen Krone. Nach der Einstellung der Zahlungen durch die französische Krone im Jahr 1557 versuchten diese Kaufmannsnationen ihre Forderungen durchzusetzten. Ehrenberg zufolge gelang dies aus politischen Gründen zunächst nur den Schweizern und teilweise den italienischen Kaufleuten. Die deutschen Kaufleute hingegen erreichten jahrelang nichts; sie wurden im Gegenteil sogar dazu genötigt, 1561 weitere Kredite zu gewähren. 1562 schien es, als wäre die französische Krone zu einer Rückzahlung der Kredite innerhalb von vier Jahren zu bewegen gewesen. Dazu wurden die deut-

412 Ebd.: ob das nit ein weg werdt, das man personlich zusamen wer kumen, so kontt es fuglicher geschehen, do mit das in alweg die sach verricht und zu gutter einigkeit mocht mocht pracht werden. 413 Ebd.: Darauff mir vetter Sebastian geantwort, er wol sich je versehen, es sol desselben nitt bedorffen, sondern durch schrifften wol komen und mogen geschehen. 414 Ebd.: dem ich zu dinen willig bin […]. Ich werdt mit vetter Sebastian so vil gehandeltt haben, das er dem vertrag wirklich nachkumen werdt. 415 Ebd.: es sey das selbig von im geschehen und zeucht sich auf das schreiben, so er dem herrn Gering thutt. […] So erbeutt er sich auf der underhendler erkentnus und ausspruch. 416 Die Verknüpfung von konkreten Anliegen und allgemeinen ökonomischen und politischen Themen war in der Korrespondenz von Kaufleuten eine gängige Praxis. S. auch das Kapitel: „Rechnung, Kompetenz und Vermittlung“, S. 84ff. 417 StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16, Brief vom 8. Februar 1562: Nachmals hab ich vernumen, was man fur zeitung der grossen pardita halben gehabtt hat, und das fur ein notorfft angesehen werdt, das man was man siech erbotten hat, das man den teuschen vor andern fur vorteil thun wol, das selbig in albeg in gehaim haltten und niemandt hie noch zu Lion das selbig woll offenbaren, welchs dem herren L[ienhard] Tucher und mir auch wolgefellig ist und demselben also nachkumen sol werden.

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schen Kredite als sog. „Salzpartida“ mit einem verringerten Zinssatz zusammengefasst. Tatsächlich hielt die Krone „dieses Versprechen wieder nicht ein“418. In diesem Licht betrachtet, basierte die Bemerkung Endres Imhoffs in seinem Brief vom 8. Februar 1562, die Deutschen würden bei der Kredittilgung bevorzugt behandelt, wohl eher auf Wunschdenken zugunsten seiner eigenen und der Neffen Gesellschaft. Die Realität zeigte, dass es sich viel eher um eine französische Hinhaltetaktik während der Verhandlungen mit den Gläubigern und der französischen Finanzverwaltung handelte. Auf das Schreiben Endresʼ antwortete Hieronymus drei Tage später, am 11. Februar. Demnach erhoffte er sich wirksamere Ergebnisse der Vermittlertätigkeit und drang darauf, dass Endres weitere Gespräche mit seinem Bruder Sebastian führen und diesen erneut auffordern würde, die Geschäftsbücher vorzulegen. Konkret bat Hieronymus Endres um zweierlei: Zum einen solle er den Schriftverkehr, den Sebastian bereits mit dem Unterhändler Gering geführt hatte, lesen, zum anderen Sebastian über dieses aktuelle Schreiben von ihm in Kenntnis setzen.419 In seiner Antwort vom 19. Februar bezweifelte Endres den Sinn, die Schriftstücke durchzusehen420 und schloss daran an, dass er Sebastian das Schreiben schon vorgelesen421 und dieser daraufhin versichert habe, alle notwendigen Geschäftsunterlagen Gering vorgelegt zu haben; auch in Bezug auf den letzten Artikel des Vergleichs bezüglich der Kredite an die französische Krone, damit müsse sich Hieronymus zufrieden geben.422 Endres konnte erneut bestätigen, dass Sebastian zugesichert habe, die Entscheidungen der Unterhändler zu akzeptieren.423 Mehr konnte Endres nicht mehr erreichen, wies zum Schluss jeden Dank zurück und bedauerte nicht mehr ausrichten zu können. Außerdem hoffe er, dass die beiden Brüder in Zukunft wieder in Freundschaft miteinander umgehen könnten.424 418 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 166, „waren sie [die oberdeutschen Kaufleute] zum Gespött der französischen Finanzverwaltung geworden.“ 419 StadtA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16., Brief vom 11. Februar 1562. 420 Ebd., Brief vom 19. Februar 1562: Auff solchs solst fruntlich wissen, so der sach mit solchen sollt beholffen sein, das er mir gar kein beschwerdt sein solt; aber ich kan es nach gelegenheit, wie ich die sach geschaffen findt, nit finden, das es vil furtragen wurdt, mitt fruntlicher bitt, mich derhalben fur entschuldigtt zue haben. 421 Ebd.: das ich dein schreiben, dem vetter Sebastian soll vorlessen, das selbig ist gewieslich mitt vleis geschehen und darauff genugsame erinnerung und vermainnung, das er deinen begernn nach kumen und der sach mitt lieb abhelffen wol. 422 Ebd.: darauff er mir zue antwort hat geben, er hab dem herrn Gering, wie er mit dan do zue mal auch hab angezaigt, alle notorfft der gestalt verantwort, auch siech so vil erpotten, das er je verhoff, er hab im darmit genug getahn, und das thue darmit fruntlich zufrieden sein solst, das wol er siech nochmals versehen und auch fruntlich gepetten haben. 423 Ebd.: Alls in was sachen, wie die geschaffen sein siech zwischen euch misverstandt zutragen wurdt, das die zwein untterhendler darinnen erkennen und ein ausspruch thun sollen, demselben sey er erputtig nachzu kumen, und siech unverweislich dainnen zue haltten, mit vermelden, er woll siech je freuntlich versehen thue solst und werdst damit zufrieden sein. 424 Ebd.: Dieweil er dan auff solchen behartt hat, hab ich es dabey mussen bleiben lassen, das ich dir auff dein begern, wie ich die sach nochmals gefunden nit verhaltten hab wollen, und ist

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Aus der bisherigen Korrespondenz ging hervor, dass Hieronymus größere Erwartungen an die Tätigkeit des Vermittlers hatte, die Endres allerdings nicht erfüllen wollte oder konnte. Denn dieser sah seine Aufgabe darin, die abgebrochene Kommunikation der zerstrittenen Brüder durch eigene Gespräche mit Sebastian und Briefe an Hieronymus wieder in Gang zu setzen. In die Verhandlungen der Unterhändler wollte er sich hingegen nicht direkt einschalten. Daher wünschte er auch nicht, sich mit dem bisherigen Schriftverkehr zwischen Gering und Sebastian zu beschäftigen. Wie genau Endres Imhoff den Aufgabenbereich der Unterhändler respektierte, wird in einem weiteren Brief vom 29. März 1562 deutlich. Demzufolge suchte Endres, nach erneutem Bekunden des Bedauerns, dass die beiden Brüder sich immer noch nicht geeinigt hätten,425 wiederum das Gespräch mit Sebastian, nun jedoch im Beisein des Unterhändlers Bair. Es bleibt jedoch unklar, ob dies auf Betreiben Sebastians geschah – es kann jedoch vermutet werden. In diesem Gespräch mahnte Endres Sebastian wieder, den Vergleichsvertrag einzuhalten.426 Sebastian beteuerte daraufhin erneut, er sei dem Vertrag nachgekommen.427 In dieser Phase des Konflikts entzündete sich der Streit vor allem am Verständnis des Vertrags, d. h. den Pflichten, die sich für beide daraus ergaben. Dabei handelte es sich vor allem um die Vorlage der Geschäftsunterlagen aus den beiden Zentralen in Nürnberg und Augsburg, damit die Unterhändler zur Abrechnung kommen konnten. Hieronymus verlangte Unterlagen aus Nürnberg, Sebastian sah seine Pflicht der Übergabe von Unterlagen erfüllt. Es lässt sich nicht entscheiden, ob Sebastian mit diesem Beharren lediglich obstruktiv handelte oder ob er tatsächlich der Meinung war, er hätte alles Erforderliche getan. Die Kontroverse führte dazu, dass Hieronymus umso mehr darauf beharrte, Endres würde wenigstens die Korrespondenz zwischen den Unterhändlern Gering und Bair kennen. Er meinte insbesondere einen Brief, in dem die Unterhändler von zwei (nicht weiter spezifizierten) Schriftstücken schrieben, die Sebastian nach dem Vergleich vorlegen solle. Dieses habe jener bislang mit der Erklärung, er wüsste nicht, welche gemeint wären, nicht getan. Tatsächlich erklärte sich Endres daraufhin bereit, die Korrespondenz der Unterhändler zu lesen und betonte ausdrücklich, dass die beiden damit einverstanden waren.428 Es passt zu Endresʼ Verständnis der

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lieber vetter ietz deiner mir deshalben dancksagung garnitt von notten, und mir leidt das mein handlung nitt zu mehr fruchtbarkait hat folgen wollen, will mich aber je versehen, ir werdt euch pruderlich und freuntlich durch gutt freundt woe das selbig durch euch selbst nit stat kon haben, nachmals entscheiden lassen und ein jeder das best bey im stehn lasen, welchs dan furwar vil ursach halben das pest und nutzt ist. Ebd., Brief vom 29. März 1562: und ist mir in warheit nit lieb, das siech die sachen nit zur verglaichung schiecken wollen. Ebd.: hab dem noch vetter Sebastian in beysein des Conrat Bair, nachmals dein begern fur gehalden, und in vermant, was der vertrag vermag, das sey billich, das es gehalden werde. Ebd.: Darauf Vetter Sebastian geantwort, das er beken, das billich sey was der vertrag in siech haltt, das dem selben nach kumen werden, wie er dan das selbig fur siech gethan hab. Ebd.: Und sovil dein begern betrifft, das ich den brieff, so der herr Gering dem Conrat Bairn hat geschrieben, lesen soll, das ist geschehen und von inen guttlich bewilligtt worden.

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Vermittlertätigkeit, die Stellung des Unterhändlers zu respektieren und seine Gespräche mit den Brüdern gewissermaßen als Parallelstrategie laufen zu lassen. Endres konnte, dem Brief vom 29. März zufolge, bei Gering erreichen, dass dieser sich erneut mit Bair vor den feiertagen, gemeint war vor Ostern des Jahres 1562429 in Verbindung setzte und sie ihre Unterhändlertätigkeit wieder intensivierten. Auch dieser Brief endete wieder mit dem Wunsch Endresʼ, dass die beiden Brüder zur Einigkeit fänden.430 Ein halbes Jahr später nahm Endres seine Vermittlertätigkeit wieder auf. In einem Brief vom 13. September 1562 resümierte er die augenblickliche Situation und erklärte, wo die Grenzen eines aus dem familiären Umkreis kommenden Vermittlers und auch die Grenzen des Machbaren von Unterhändlern lägen, denn die Vermittlung und der Unterhandel setze bei allen Parteien eine Bereitschaft voraus, sich einigen zu wollen und einen Kompromiss zu finden. Wenn nur eine Partei aus diesem System ausschere, könne eine Lösung nicht gelingen. Dieser Fall schien nun bei den Brüdern eingetreten zu sein. Sebastian war mittlerweile nach Einschätzung Endres‘ nicht mehr bereit, mit ihm als Vermittler über den Stand der Verhandlung zu sprechen, sodass Endres Einzelheiten nur noch über andere erfahren könne.431 Ferner hielten die Unterhändler selbst an den Positionen ihrer jeweiligen prinzipale Sebastian oder Hieronymus fest und konnten damit zu keinem gegenseitigen Entgegenkommen oder Kompromiss gelangen.432 Einzig auf den offensichtlich neuen Vorschlag, einen Obmann hinzuzuziehen, konnten sich die Parteien einigen. Ein Obmann war ein von beiden Seiten akzeptierter Schiedsmann, der in der Regel durch mündliche Verhandlung mit den Konfliktparteien einen Vergleich zustande bringen sollte. Das Problem bei der Frage eines Obmanns war hier allerdings, dass sich die Unterhändler mit ihren Parteien auf keine konkrete Person für diese Aufgabe einigen konnten. In seinem Vermittlungsbrief vom 13. September befürwortete Endres zwar grundsätzlich einen Obmann,433 machte aber dennoch einen anderen Vorschlag, weil, wie er selbst schrieb, Ich hab aber noch vil nachgedacht […] kein pesserer weg gefunden würdet konnen werden.434 Endres zufolge solle ein neuer Vergleich auf der Grundlage eines Vorschlages beider Parteien erstellt werden. Hierbei solle

429 Ebd. 430 Ebd.: Und wird fur mer nutzlich und gutt, das ein ieder ein kleines nit hett angesehen, do mit das ir zufrid und ainigkeit kummen wird, wie mich desselben zu einen jeden, das er es thun wird will versehen. 431 Ebd., Brief vom 13. September 1562: darvon hatt er [Konrad Bair] und noch minder vetter Sebastian kain wortt mitt mir darvon geredtt, sonder ich habe es von andern gehoertt, das nichts ausgerichtt wer werden. 432 Ebd.: dieweil aber sie baidtt untterhendler nitt einer mainung, sunder ein itlicher werdtt seines prinzipal mainung gewest. 433 Ebd.: dan so ein obman hett verglichen dan so ein obmann wird verhanden gewest, so hett mer ausgericht moegen werden. 434 Ebd.

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Hieronymus die Gesamtsumme, die er von Sebastian verlangte, zunächst benennen,435 umgekehrt Sebastian die Summe, die dieser seinerseits forderte.436 Über eine Zahlung an sich bestand seitens der Parteien kein Zweifel, wohl aber über die Höhe der Summe. Der Vorteil dieses Vergleichsvorschlags bestand nun darin, dass nur noch der Differenzbetrag verhandelt werden müsse und eben nicht mehr die Gesamtsumme.437 Der gewünschte von Endres kalkulierte Effekt lag darin, dass entweder über eine überschaubare Differenzsumme ein Kompromiss leichter zu erzielen sei oder dass beide Brüder diese Forderungen fallen lassen würden. Dieser Vergleichsvorschlag wurde offensichtlich von beiden Brüdern nicht so gewürdigt, wie es sich Endres vorgestellt hatte. Hieronymus äußerte sich nur vage dazu438 und Sebastian ließ nichts von sich hören. In einem weiteren Brief Endresʼ an Hieronymus vom 11. Oktober stellte er fast resignierend fest, dass nach den vielen vergangenen Briefen der beiden Brüder eins dem anderen gar widerwertig erscheint [...] und ein jeder das sein, wie bisher geschehen ist beharren will.439 Er hatte mittlerweile wenig Hoffnung, dass die sach gutlich gefunden mag werden. Selbst auf den ihm zugegangenen Vorschlag von Bair, das alle forderung und unterschied [...] die sach alle mit 4 oder 500 fl. konnt verricht werden, wenn alle damit zufriden seien, äußerte er sich skeptisch und empfahl Hieronymus, falls dir von rechts und pilligkeit wegen vil ein merers gepüren solt und sie sich nicht gütlich dazu einigen würden, nur noch den Weg, das ordennlich recht440 anzurufen. Endres sah also mittlerweile den Rechtsweg vor ein ordentliches Gericht als denkbare Option an. Dennoch spezifizierte Endres seinen Vergleichsvorschlag in einem sechs Wochen späteren Schreiben vom 25. November. Hieronymus solle demnach seine Forderung auf 662⅔ fl. festlegen.441 Endres empfahl ihm des Weiteren, auf diese Summe zu verzichten. Denn im Gegenzug könne Sebastian seine Forderung von 2.800 fl., die laut seinem Unterhändler Bair kein irung, sondern ein lautter und

435 Ebd.: dan nemlich also dieweil du vernimbst vetter Sebastian sey dir schuldig, das du das selbig in alls mit allen dingen und nichts ausgeschlossen auf ein benentlich summa gulden gestelet und anzaigtt hest, doch dis dieselbig summa, so du je vermeinest, das er dir von rechts und pilligkeitt wegen schuldig werd also benentt wurd, das der sach gemes und gleich wird. 436 Ebd.: als dan so kontt man dasselbig vetter Sebastian furhaltten und vernemen, was man bey im erfahren mocht. 437 Ebd.: und da ir umb ettwas von ein ander sein würd, wiewol zu achten ist, das selbig werd geschen, als dan so kontt man umb das selbig zwischen euch handlen, doch mitt der condizion und anders nitt, dan mitt eines itlichen gutten willen und wissen, als man also die vergleichung finden mocht, und da aber daselbig nitt sollt geschen, das doch in albeg solches ein itlich an seiner gerechtigkeitt wie dem pillich ist, on schaden sein sollt, doch frunttlich. 438 Ebd., Briefe vom 20. September und 5. Oktober 1562. 439 Ebd., Brief vom 11. Oktober 1562. 440 Zitate: Ebd., Brief vom 11. Oktober 1562. 441 Ebd., Brief vom 25. November 1562: […] was er dann für meldung thutt von wegen 400 fl., so du begerst, das vetter Sebastian dieselben gutt thon sol, wie es aber darmitt sein anzeig nach ein gestallt soll haben, dergleich von wegen 262 ⅔ fl. so du auch von wegen Jers. Wernheim bergern thust und wie es darmitt seinem anzeig nach auch ein gestaltt hab.

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richtige sach sey, gegen Hieronymus fallen lassen. 442 Alternativ könnten die 662⅔ fl. davon abgezogen werden, sodass sich die strittige Forderung damit verringerte.443 Endres beschwor erneut die familiäre Bindung, die brüderliche Einigkeit und Freundlichkeit, die eigentlich eine Lösung ermöglichen sollte: das ir prueder seidtt und damitt das ir zu gutter fruntlichkaitt und einigkeitt kumen werd und das weiter alle weitleufftigkeit und weiter unwillen, so euch zu paider theil daraus enstien mochtt, verplieben und abgeschniden werden mechtt444, zumal er recht pragmatisch sah, dass von Sebastian nicht mehr zu erwarten sei.445 Tatsächlich fanden laut eines Berichts von Hieronymus an Endres vom 9. Dezember 1562 in Donauwörth einige Verhandlungen zwischen Sebastian und Hieronymus mit ihren jeweiligen Unterhändlern statt.446 Danach, so schrieb Hieronymus, habe er zugesagt, sich einem unparteiischen Obmann gerne zu unterwerfen447 und auf die geforderten 662⅔ fl. zu verzichten. Im Gegenzug stellte er die Bedingung, dass Sebastian den von Hieronymus nach der Rechnung geforderten Betrag von 728 fl. 8 ß. 4 h. zu zahlen habe.448 Ansonsten ließ Hieronymus eine gesteigerte Erbitterung gegenüber seinem Bruder erkennen. Daher wiederholten sich nun in seinen Briefen mehrfach die Worte, dass sein Bruder etwas zu seiner Beschämung zugeben

442 Ebd.: das wirst du nach lengs vernemen, dieweil er Conratt Bair das furschlecht, das aus sein angezugthen furgeben nitt unpillich, sonder pruederlich unnd fruntlich wer, das du solchs 2 post[en] solst begeben, dargegen so soltt vetter Sebastian, was er vermeintt gegen dir zu begern, befugtt zu sein, auch fallen lassen. 443 Ebd.: Und aber der zinst gelts auch der 2.800 fl. halben [...] so fern dem solchem also sein soltt, so zweiffeltt mir nitt, du werdest dich unverweislich und aller gepür nach wissen zu haltten, und im fal do es gleich der ersten 2 post[en] halben welche zusamen 662⅔ fl. andreffen ein ander gestallt habenn soltt, wiewol ein solche summa nitt wol zubegeben mag sein, dieweil aber vetter Sebastian wie Conratt Bair vermeldtt dargegen auch vermaintt forderung zu geben, das lob ich aber, ob erst befügtt sey oder nitt, allein so sonst nichts mer verhandelt werden, und das die sach mitt bemeltt 662⅔ fl., die du begeben hast, dargegen er sein forderung auch begeben hett und der sach darmitt soltt behelffen sein. 444 Ebd. 445 Ebd.: dan wie mich die sach anficht, so hett ich sorg, bey vetter Sebastian würdtt kein anders zu erlangen sein, sonder bey dem pleiben, wie Conratt Bair fürschlechtt dergleich, wie er sich wieder einer zusamen kunfft an piet. 446 Ebd., 9. Dezember 1562: als man itzt jüngst wider zu Thonauwerdt gewest. 447 Ebd.: als dann so will ich ja auch also dieselbigen nit allein gern hören und mich einem unpartheylichen obman unterwerffen. 448 Ebd.: Das nun schwager Bayr andeutten will, als mein bruder ander billiche auforderung an mich habe, die er villeicht möchte fallen lassen, wo ich ihme di 662 ⅔ fl. passiren thet, darzu sag ich aber auch wie ich zu Thonauwerdt auch gethan, das mein bruder mir sein zusagen und angeloben helt und voltzyhe mir wie vermelt, die fl. 728.8.4. auss seiner rechnung thue und den interesse [...] verloffen auch zall und folgens in andern puncten den schrifflichen vertrag auch ein benuegen thue, wie von mir auch beschehen.

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müsse,449 oder auch dass Sebastians Verhalten unbrüderlich, unbillich und undankbar gewesen sei und ihm damit ‚so weh getan‘ habe.450 Diese Einstellung verhärtete die Fronten der Parteien erst recht. Ein Vergleich wurde nicht nur durch Verweigerungshaltung, sondern auch durch die menschlichaffektive Seite wie Widerwillen, Entäuschung und Undankbarkeit, die die Brüder gegeneinander verspürten, zusehens erschwert. Endres versuchte dem mit strategischem Pragmatismus entgegenzuwirken, indem er zeigte, was erfolgverprechend sein könnte und vor allem was nicht weiterführte. So sah er es etwa einem Brief vom 20. Dezember 1562 zufolge als nicht „zielführend“ an, Sebastian immer wieder Vorhaltungen zu machen.451 Erfolgversprechender hingegen sei es, Sebastian einen kurzen Auszug von Hieronymusʼ Schreiben zur Information zuzusenden.452 Bei dem fraglichen Schreiben und eine Aufstellung von Geldforderungen, auf die Endres in dem Brief vom 20. Dezember hinweist, handelt es sich vermutlich um eine längere Einlassung Hieronymusʼ vom 9. Dezember 1562453 und eine vier Tage später erstellte chronologische Aufstellung von Geldforderungen, die Hieronymus Endres geschickt hatte.454 449 Ebd.: das aber darumb verblieben, das Sebastian Imhof zu seiner beschämung die narration anderst als dieselbig im grundt beschaffen gewest, hat wellen haben. Oder […] das ich ihm diese condition weder viel noch wenig zugesagt, auch dessen nie gedacht worden, sondern von ihm meinem bruder (zu seiner beschämung erst als man letztmals zu Thonauwerdt gewest) also erfunden. 450 Ebd.: dan sunst sich von seinetwegen mit mir unbruderlich und unbillich auch abgeworffen, das muss er am besten wissen und hatt also mir auch billich sein undanckbarkeit wehee thuen. 451 Ebd., Brief vom 20. Dezember 1562: Sovil dan bedrifft, das dein verantwortung sambt deinem erbitten dem vetter Sebastian soll für gehalten werden, hab ich allein das bedencken, ob es der sach dinstlich und fürtreglich sein mocht, dan darauf, wie den ein weittleuffige antwort folgen mochtt. 452 Ebd.: ob dem noch nitt diensttlicher sein soltt, das thue ein kurzen auszug und verantwortung sambt deim erpieten hest verfasen lassen und mir zugeschickt, das dieselbig als dann im vetter Sebastian zugeschieckt wer werden, ob es dir nun also vermaint und gelegen ist, oder ob thue noch begerst, das ich dein mir zugeschicktt schreiben, also wie ich es empfangen hab, soll zu schicken. 453 Ebd., Brief vom 9. Dezember 1562: Sovil dan bedrifft, das dein verantwortung sambt deinem erbitten dem vetter Sebastian soll für gehalten werden, hab ich allein das bedencken, ob es der sach dinstlich und fürtreglich sein mocht, dan darauf, wie den ein weittleuffige antwort folgen mochtt. 454 Ebd., Aufstellung vom 13. Dezember 1562: [1] Ittem das Jheronimus Imhof an den fl. 440 Lioner provission samptt den fl. 17 zinst er dem Sebastian Imhoff zugeschrieben, die 17 fl. zinst auch 105 fl. vonn der provission stette wider abschriebenn, dergestalt das dem Sebastian nit mer dann fl. 335 plieb zuzalhenn. Das ist also geschehenn, sobald Jheronimus Imhoff auff 13. Augusto anno 1561 vonn Thonnauwert genn Au[gsburg] khumenz, wie es Sebastian Imhoff also inn seiner Rechnung gefunden. [2] Ittem das Jheronimus Imhoff, fraw Katharina Jheronimus Tucherin die fl. 2.166 · 13 · 4 mit 8 p[ro] c[ento] l’anno gegenn irer quittung sol gutt machenn. Das ist geschehenn auff 17. October mit sambtt fl. 219 · 11 · 1 fur aller zinst laut irer quittung. [3] Ittem das Sebastian Imhoff dem Jheronimus Imhoff in Nurmberg soltt debitor machen, vonn wegenn der provission vonn Welsern Rottin unnd andern prachz fl. 340. [4] Unnd dazu im Sebastian Imhoff, was er vom Haller mehr pringen von wegenn im inn Nürmberg gedient worden auch als soltt pleibenn. [5] Item für dasjenig das Wernnheim denig dem Jheronimus Imhoff

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Offensichtlich erzielte Endres Imhoff mit seinem Ratschlag keinen Erfolg, denn in einem Brief vom 3. März 1563 kritisierte Hieronymus erneut, dass Sebastian wieder nit fruchtbar thut finden zu anttwurtten, weil er sich – wie er sage – schon geäußert habe. Daran allerdings könnte sich Hieronymus mitnichten [...] erinnern, das er weder vil noch wienig anttwurtt geben, aber ist dem also das er anzaig wie, wan, wo und was gestalt und schließlich: hab ich euch zugesandt die artickel so munttlich gehandelt, und darauff begert, das er soll sagen ja oder nein, ob dem also sey, das hatt er bisher noch nit thun wollen.455 Damit zeigen sich ein Grundproblem und die Grenzen bei der Lösung des Konflikts durch Vermittler. Hieronymus sah sich immer als der aktivere Teil und warf Sebastian eine Verweigerungshaltung, fehlende Kommunikation und fehlenden Entscheidungswillen vor. Aufgrund dieser Stagnation brachte Hieronymus eine neue Variante in die sich nun lange hinziehenden Verhandlungen. Demnach drohte er, Sebastian an seine gunstigen lieben herrn, den hern älteren456 zu verklagen, womit er eine Klage beim Augsburger Rat, d. h. dem Augsburger Ratsgericht meinte. Hieronymus erklärte, dass er durch die Untätigkeit Sebastians getrungen zum rechten sei, zumal er selbst allweg genugsam gethan habe.457 Damit schien für Hieronymus zum ersten Mal ein gerichtlicher Austrag als Lösung für den Konflikt in Betracht zu kommen. Endres Imhoffs Reaktion darauf erfolgte eine Woche später. Am 11. März schrieb er an Hieronymus, er warne vor einem gerichtlichen Austrag, da er beschwerlich sei (dan das ordenlich recht, wie woll ich das selbig wie allwegen fur ganz beschwerlich halt458). Ferner äußerte er sich grundsätzlich zu seiner Rolle als Vermittler und zeigte zugleich die Grenzen seiner Möglichkeiten auf. Er habe der Vermittlerrolle zugestimmt, weil er geglaubt habe, der Konflikt sei überschaubar.459 Er habe aber feststellen müssen, je länger er sich hinzog, desto mehr Konfliktpunkte seien hinzugekommen.460 Endres sah sich mittlerweile außerstande, die Vermittlerrolle genügend auszufüllen und führte Gründe wie die Beschwerlichkeit dieser Aufgabe für sein Alter und zuviel eigene Arbeit an.461 Er schlug für die Konfliktlösung vor, die Unterhändler, die aufgrund des immer noch fehlenden Obmanns bislang zu

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gedienet auch umb des Hanns Fritzen zerung solt Sebastian Imhoff gedachtem Jheronimus Imhoff umb fl. 200 debitor machenn. Soma das er Sebastian Imhoff in als den Jheronimus Imhoff umb fl. 540 soltt debitor machen. Ebd., Brief vom 3. März 1563. Ebd., zum Ende des Briefs kam Hieronymus erneut darauf zu sprechen: so er von guttem willen, dem vertrag nit will nachkumen, ich derffe nun execution der volziehung, darin ich dan ettlicher punkten halben bey meinen herrn den ältern also verklagt und angesucht. Ebd. Ebd., Brief vom 11. März 1563. Ebd.: Als dann ein entliche ausspruch und erkantnus thun solt, wie dein schreiben nach lengs ir siech holt, auff solches fug ich dir freuntlich zu wißen, das ich mich woll versehen het, die sach solt durchaus weg zu ein guetten endt kuymen sein, dan will ich anfencklich bericht wurt, das die sach zwischen euch mit 400 fl. auffs meinst sollt moge verricht worden. Ebd.: dieweil ich aber die sach nun vil anderst findt und da ie lenger je mer irrung furfallen. Ebd.: das will mir ie gar beschwerlich sein, dan ein solchen nach deim beger, wie sich geburt nach zu kumen, da gehört furbar vill darzu, dazu ich mich zu vil unverstendig erken, so bin ich nun, Gott hab lob, wie dir wisendt ist, bey ein guetten alter und hab vor sovil zuthon.

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keinem Ergebnis gekommen seien, erneut mit der Suche nach einem Obmann zu beauftragen oder alternativ die Unterhändler auszutauschen.462 Zu diesem Schritt habe sich Sebastian schon bereit erklärt.463 Mit dem Brief schien Endres einen schrittweisen Rückzug aus dem Vermittlergeschäft einzuleiten, indem er seine Aufgaben deutlich zugunsten der Unterhändler einschränkte. Hieronymus ging in seiner Antwort vom 19. März insofern auf Endresʼ Rat ein, als dass er versicherte, erst alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen, bevor er als ultima ratio die gerichtliche Auseinandersetzung wählen würde.464 Außerdem bat er Endres, bei der Suche nach einem Obmann behilflich zu sein und jemanden zu benennen, der entweder aus Augsburg oder aus Nürnberg komme.465 Diese Bitte schlug Endres im Brief vom 25. März allerdings ab, wobei seine Gründe unklar blieben. Vermutlich sah Endres seine Aufgabe als Vermittler in erster Linie als Verbindungsglied zwischen Sebastian und Hieronymus sowie allenfalls noch zu den Unterhändlern. Er entwarf einen Gegenvorschlag: Hieronymus und Sebastian sollten je einen Kandidaten als möglichen Obmann benennen, 466 könnten sie sich nicht einigen, so solle das Los entscheiden.467 Alternativ empfahl er, wie wol solchs etwas weitleuffig sein mocht,468 könnte man auch den Kreis der Unterhändler erweitern, indem jeder der beiden Brüder einen zusätzlichen Unterhändler auswählte, für diesen Fall sei 462 Ebd.: ir euch baide gebruder auf die herren unterhendler begeben habt und sie sich auch darzu erpundten haben, das es durch die selben erkant und ausgetragen wer worden, unnd dem selben also dazumal bewilligt ist worden, nach khomen wer worden unnd weil kein obman vorhanden dardurch zu besorgen ist, wie du besorgst, das sie nichts fruchtbares aus wurden richten. 463 Ebd.: so könten sie sich doch mit eurer beider wißen und willen eines obmanns verglaichen, oder aber das ein ieder einen andern unterhendler genomen hat, darzo sich dan vetter Sebastian willig erbeten hat. 464 Ebd., Brief vom 19. März 1563: So habt ir aber doch vernomen, neben dem, das ich auch wol het mugen leiden, wie geburt hat, euch dienstlich derhalben zu piten, auf das mein bruder nit kunde sagen, wie er geren thet, daß ich euch nit hete kunden leiden, dan mein gemuet und mainung nie anderst gewest, dan alle die mitel und weg an die hand zu nehmen, so zue volziehung der vertrag difinitif ausserhalb rechtens dienen mechten. 465 Ebd.: so ich hierauf mein gantz dienstlich pidt und begern, daß ir ain unpartheylichen obman alhir oder zu Nurmberg benennen weldt. 466 Ebd., 25. März 1563: Nachmals weil sich die zwen untterhendler miteinander fur sich selbst und auch keins obmans verglichen werden konnen, so sei dein bittlich beger, das ich einen unpartheilichen obman zu Augsburg oder hie benenen soll, als da, so wolst du dan selber neben deinem bruder darzu helffen bitten, daruf freuntlich lieber vetter Jeronimus, solst wißen, daß ich die sach mit fleis hab nachgedacht und allerley bedencken, in dem selben hab mit freuntlicher bitt mir solchs in kein argen auffzunemen und damit das deinig die sach ein furgan hat, hab ich gedacht, das am furderligsten sein solt, das ir […] bedt eines obmans mit einander het verglichen der gestalt, das du einen zu Augspurg, den du furtiglich darzu gehacht benendt, und mir dan anzeigt hast, sowolt ich denselben vetter Sebastian anzeigen, dergleichen, das vetter Sebastian hie auch einen benent unnd dir derselbig wurde anzaigt worden. 467 Ebd.: und im fal, das du an dem so vetter Sebastian anzeigen wurd oder den so du anzeigen wirst vetter Sebastian ain mangel hab, wurde also, das euch keins obmans wurde verglichen kumen, das alsdan unns die zwey, so ir namen wirt gelost wer worden welch untter demselbigen zwein der obman sein solt. 468 Ebd.

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ein Obmann nicht mehr notwendig.469 Endresʼ Brief vom 25. März 1563 sollte sein letzter Brief in diesem Konflikt sein. Damit stellte er seine Vermittlerrolle ein, dennoch informierte ihn Hieronymus einseitig bis Juli 1563 über den weiteren Verlauf. Die Bewertung der Tätigkeit Endresʼ als Vermittler, der Möglichkeiten und Ergebnisse fällt ambivalent aus. Es war ihm zwar gelungen, dass die beiden Kontrahenten – zumindest indirekt – schriftlich über ihn kommunizierten – das war aber im Grunde schon das einzige positive Resultat. Die zunehmende Ungeduld und der Unwillen des Hieronymus über seinen Bruder wegen der Modalitäten der ausstehenden Liquidation konnte Endres nicht kanalisieren und zum Erfolg führen. Sebastian hingegen, der sich in den vergangenen Monaten eher spärlich brieflich geäußerte hatte, ließ nach wie vor wenig Bereitschaft oder, wie Hieronymus es in einem späteren Brief ausdrückte, khaine Lust470 erkennen, zur Lösung beizutragen. Die Vermittlung scheiterte letztlich an der fehlenden Bereitschaft der verfeindeten Brüder, Kompromisse einzugehen. Für den letzten Vorschlag Endresʼ bezüglich der Wahl eines Obmanns, sah Hieronymus, wie er am 5. April 1563 schrieb, keine Chance, da er glaubte, dass Sebastian diesen als parteilich betrachte und nicht annehmen würde.471 Das hätte vermutlich auch umgekehrt für die Reaktion Hieronymus auf einen Vorschlag des Sebastian gegolten. In der Folgezeit versuchte Hieronymus die Frage des Obmanns nun über eine familienfremde Instanz zu lösen. Es handelte sich bei der Instanz um die Älteren Herren des Nürnberger Rats.472 In einem Brief an die Älteren Herren vom 4. Juni stellte Hieronymus zunächst in aller Kürze den Sachverhalt dar und bat sie einen Schiedsmann (driyt- und schiedtzman) zur Beendigung des Streitfalls zu benennen.473

469 Ebd.: Ich hab auch woll auff ein solch weg gedacht, als ob du unnd vetter Sebastian ein iedlich zu den vorigen unterhendler noch ein untterhendler nach eines iedlich gefall, genomen hett, das verhofflich durch solch 4 untterhendler mit verlaiung gottlich gnadt in der gut die sach gefunden möchte, unnd auff solch fal so wurdt man zu dismal keines obmans bedürffen. 470 Ebd., Brief vom 4. August 1563. 471 Ebd., Brief vom 5. April 1563: Dann, das vurschlag (weil ir je abschlagen thet, ain obman zu benennen) stat kundt haben, daß pidt ich dienstlich auch gunstiglich das es nit sein kann, noch rathsam ist, selbst zu erineren, dan solt ich ainen obman furschlagen, so wiest ich in zuvor erpiten, und wie wurde es mir wol ansten, wan er mein bruder volgent solches solte refusieren [abschlagen, verweigern], als wer er partheylich, das man erst daraus sollt lösen. 472 Ebd., Brief des Hieronymus vom 4. Juni 1563: Demnach gelangt an ernvest, weisen und fursichtigen heren, mein sonder gantz dienstlich und hochvleißig pithen, sy wöllen ires gefhallens einen unpartheyischen, den kaufmanshandlungen verstendigen driyt- und schiedtzman zugedachten beyden compromissen ernehnnen und presentieren und wen also ernvest, weisen und fursichtigen herren darzue anzaigen und furschlagen, den soll mir ohn verwaigert auch gelieben gefehlig und annehmblich sein. 473 Ebd.: Damit und aber ich furderlich gegen ime meinem brudern Sebastian, ab den sachen khomen mög, und die dißputationen, von wegen erfolgungen des drittmans [obmann], und die daraus ervolgende weißungen hin und wider verhuetet und vermiten pleiben.

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3.1.5. Die familienexterne Vermittlung Damit trat der Fall in die nächste Phase ein, in der eine interne Vermittlung erledigt und eine familienexterne angestrebt wurde. Mit diesem Weg versuchte Hieronymus, in Nürnberg auf Sebastian Druck auszuüben, denn den Entscheidungen der Älteren Herrn hätte er sich nicht widersetzen können. Hieronmyus rechtfertigte in einem Schreiben vom 20. Juni 1563 an Endres diesen Schritt, sich an eine übergeordnete Instanz zu wenden: das ich eben die oberkayt anrief, deren er [Sebastian] selbst unterworfen.474 Der Nürnberger Rat sah sich jedoch nicht zuständig und beschied diese Bitte zunächst abschlägig. Zugleich empfahl der Rat Hieronymus, selbst einen Obmann zu benennen. Hieronymus hatte allerdings Vorbehalte dagegen und wies darauf hin, dass er niemanden kennen würde, der nicht mit der Familie Imhoff in Nürnberg verwandt sei und jeder aufgrund dieser Nähe das Amt ablehnen würde.475 Wobei der Begriff „verwandt“ sehr weit gefasst werden muss und nicht nur die Blutsverwandtschaft, sondern auch die geschäftliche ‚Verwandtschaft‘ miteinschloss. Da der Briefwechsel mit Endres Imhoff im August 1563 mit diesen Briefen des Hieronymus aufhörte, werden zur Vervollständigung des Falles nun weitere Akten hinzugezogen. Es handelt sich dabei um einen Quellenbestand, der die für den weiteren Verlauf allerdings nur kurzfristigen Erfolge in der Konfliktösung darstellt.476 In den Jahren 1563 und 1564 gelang es, zwischen den Kontrahenten Vergleiche zu erzielen, die dann in Verträgen ratifiziert wurden. Zunächst führte Hieronymus Imhoffs Anliegen, einen Obmann mithilfe des Rates von Nürnberg zu bekommen, nach anfänglicher Ablehnung des Rates dann schließlich doch zum Erfolg. Neben den bekannten Unterhändlern Bair und Gering wurde der reichstädtische Advokat Dr. Christof Gugel mit dem Fall beauftragt.477 Den Unterhändlern und dem Obmann gelang es am 3. September 1563 zwischen den beiden Brüdern einen Vergleich auf der Grundlage des Vergleichs von 1561478 zu schließen. Demnach sollte Sebastian Imhoff nach nechstkunfftiger rechnung für die Provision und die Besoldung von Handelsdienern sowie für zerung 748 fl. 25 kr. zahlen.479 Hieronymus Imhoff hingegen übernahm die Zahlung von 200 fl. Restzins an 474 Ebd. 475 Ebd., 20. Juni 1563: nemlich das ich allhir jemant daniden soll benennen, da ich doch niemant von kaufleuten, den uns nit verwandt nit khenne, sol ich den jemant unsers namens nennen, der ain kaufmann, so mecht er nit minder dan e.w. ersam, weisen forgethan solches abschlagen. 476 StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII. 477 Ebd.: derwegen sie bede hern bruder nit allain obermelts ire voredne zwen underhendler zu verner erklerung und vergleichung irer mißverstendnis solche obangeregten schrifftlichen und mundlichen vertrags artikuln ersucht und gebeten, sonder auch beyden ehrmesten fursichtigen und vesten heren elteren des raths der stat Nurmberg erlangt, das ire erbarkaitten inen zu gunstigenn gefallen und guetten den ernvesten und hochgelerten hern Christoff Gugel, der rechten doctorn, irer erbarkaitten rath und advocaten zufall da gutliche vergleichung entstunde also denn zu entlichen spruch zu obman wordett. 478 Siehe dazu S. 233f. 479 StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII.

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Wolf Haller von Hallerstein, der seit längerer Zeit eine Einlage bei ihnen hatte.480 Weiterhin wollten sie die Forderung einer dahin strittigen Restsumme von 1.000 fl. aus einem nicht näher spezifizierten Kapital von 28.000 fl. nicht mehr weiter verfolgen (derhalben zwischen ihnen ir jderhalben kain anforderung noch sein481). Die Frage nach der in der Vergangenheit immer wieder vorgebrachten Kapitaleinlage ihrer Schwester Katharina Tucher über 2.000 fl. aus dem Jahr 1550 klärten die Brüder dahingehend, dass diese der Schwester bereits zurückgezahlt worden war. Sebastian verpflichtete sich, darüber eine von ihr unterschriebene Quittung einzuholen.482 Abschließend sagten beide Brüder zu, die Zahlung des zinsgelts der 26.500 fl. anhand der Bücher erneut nachzuprüfen und zu erledigen, getreulich sonder alle list und geverde.483 Die finanziellen Gründe für die Konflikte sollten eigentlich mit diesem Vergleich erledigt sein. Diese Hoffnung erwies sich als trügerisch, denn ein Jahr später am 12. August 1564484 musste ein erneuter Vergleich zustande gebracht werden. Demnach hatte sich der geschlossene Vergleich als nicht ausreichend in den Details erwiesen, zumal die im Vorfeld mehrfach geforderten Prüfungen der finanziellen Verpflichtungen nun im Ergebnis vorlagen. Außerdem waren nach der alten Absprache von Donauwörth im Jahr 1561 einige finanzielle Forderungen bisher noch nicht erfüllt worden. Der erste Artikel des neuen Vertrags bestätigte die in den vergangenen Monaten überprüfte Zahlung der ersten Tranche von 1.000 fl. eines Kreditzinses über 5.300 fl., der wiederum aus einer Kreditsumme von 26.500 fl. resultierte.485 Außerdem kamen noch eine offene Summe von 4.300 fl. und eine weitere über 394 fl. 47 kr. hinzu: Sebastian sollte davon an den, mittlerweile neu hinzugetretenen Unterhändler Bartholomäus Holzschuher486 2.150 fl. und Hieronymus 2.544 fl. 47 kr. an Konrad Bair zahlen. Beide gelobten das auf ehr, trauen und glauben487 zu tun. 480 481 482 483 484 485

486 487

Ebd. Ebd. Ebd. Ebd.: das zinsgelt der sechsundzwaintzigtausentfunfhundert also auch hingelegt worden ist, nochmals nachgegangen und volzogen werden. Dieser Vertrag ist sowohl in Augsburg: StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII, als auch als Notariatsinstrument in Nürnberg erhalten: GNM Nürnberg, HA, Fasz. 38, Nr. 5. Siehe den Vertrag von 1561 und StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII: Und demnach laut des vertrags zu Thonauwerdt den 11. Augusti anno 1561 aufgericht vonn funftausent dreyhundert gulden meldung geschicht, davon haben sie bede gebruder aintausent gulden sampt dem verfallnen zins jeder sainen geburenden thail erledigt. Der Nürnberger Unterhändler Christof Gering war mittlerweile durch Bartholomäus Holzschuher abgelöst worden, den im Folgenden sein Bruder Veit Holzschuher unterstützte, StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII. Ebd. [...] summa zwaytausendfunffhundert vier und vierzig gulden sibenundvierzig kreuzer, die also Jeronimus Imhoff alhir zu Augspurg richtig soll machen. [...] Dar nun er Jeronimus Imhoff

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Der in Donauwörth geforderte thailungszettel war mittlerweile erstellt und von den Brüdern unterschrieben worden.488 Es fehlte noch die von Sebastian bislang nicht an Hieronymus zugesandte authentica copia der generalquittung halber irer gefuerten kaufmanshandlung und gehalten gewerbs, die durch Vermittlung Endres Imhoffs aufgestellt worden war.489 Um keine Zweifel über den Inhalt der Generalquittung aufkommen zu lassen, wurde ausdrücklich festgelegt, was darin zu stehen hatte. Alle Verträge, die die Brüder während ihres Gesellschaftshandels aufgestellt hatten, alle Akten und Geschäftsbücher sollten darin aufgeführt werden. Eine Inventarliste des Hausrats, der sich in allen Niederlassungen befunden hatte, musste erstellt werden. Schließlich war eine Aufstellung der noch offenen Schulden notwendig sowie die Erwähnung eines nicht weiter spezifizierten Pastellhandels, den die Brüder in ihrer Unternehmung geführt hatten.490 Zuletzt wurden in dem Vertrag noch Einzelheiten zu den Partiten (Schulden) besprochen, also bezüglich der Kredite an die französische Krone. Demnach handelte es sich um die „particular Partiten“, an denen Sebastian Imhoff zu einem Drittel beteiligt war, etwa minder als sein hauptsumma antroffen491, d. h. mit etwas weniger als seiner gesamten Einlage. Nach dem neuen Vertrag erklärte sich Hieronymus Imhoff bereit, denselben surplus sampt den uncosten auf sein Risiko zu übernehmen (hatt Jeronimus Imhoff auff sich und seine wagnus genomen492). Ferner sagte Hieronymus zu, den Anteil des Sebastian an den sog. Grand Parti der französischen Krone von 41.094 Franken (Francs oder Livres tournois)493 19

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was dieser articul vermag also entlich bey ehrn, trauen und glauben volziehen will und soll, sollt er zu prinzipal schuldner und gelter, den edlen und vesten hern Conradt Bayern burger zu Nurmberg, dargegen er Sebastian Imhoff, das er also die obsteende zwaytausent einhundert und funfzig gulden auch bey seinen ehrn, trauen und glauben auf bestimbte zeit zalen und richtig machen wöll und soll. Ebd.: Und diese zu urkundt sich zu end dieser schrifften mit aignen handen underschriben haben, dann zu volziehung des 4 artikels in angeregtem thonauwerthschen vertrag haben bede gebruder Jeronimus und Sebastian Imhoff die darin angezogne thail zettel mit iren aignen handen confirmiert und underschriben. Ebd.: Aber der generalquittung halber irer gefuerten kaufmanshandlung und gehalten gewerbs soll Sebastian Imhoff mit dem furderlichsten ime, Jeronimus Imhoff ain authentica copia quittung die zwischen hern Endressen Imhoff und gebruder, auch inen beden gebrudern Jeronimus und Sebastian Imhoff aufgericht worden, zuschicken. Ebd. Bei ‚Pastell‘ handelt es sich nach Korzendorfer, Fragment, S. 118, um eine Farbstoffpflanze (Kreuzblütler), eine Art Waid, aus der Gegend um Toulouse, die Indigo lieferte; siehe auch Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 515 und seit Neuestem Anja Timmermann, Indigo. Die Analyse eines ökonomischen Wissensbestandes im 18. Jahrhundert, (Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 125), Stuttgart 2014, S. 262ff. und 279, die die Praxis des Blaufärbens mit Pastell dem Languedoc zuordnet. StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII. Ebd. Es handelt sich bei Franken um eine reine Rechenmünze, die zu dieser Zeit nicht mehr ausgeprägt wurde, vgl. Müller, Welthandelsbräuche, S. 67; Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 121.

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sos (Sous tournois)494 und drei Pfennig (Deniers tournois) auf der Generalquittung auf sich zu übertragen.495 Sebastian solle im Gegenzug bei den hern verordneten und deputierten bemelter grossen partita Hieronymus ledig machen496, d. h. die Partita als erledigt verzeichnen. Beschlossen wurde der Vergleich mit der Verpflichtung der beiden Brüder, sich zu vertragen und jeden unwill, den sie gegeneinander gehegt hatten, zu beenden und fortan brüderliche Einigkeit zu zeigen.497 Ein Jahr später am 8. Februar 1565 übermittelten die Unterhändler Veit und Bartholomäus Holzschuher eine Quittung, in der Sebastian seinem Bruder Hieronymus bestätigte, dass sie allen gegenseitigen Verpflichtungen quitt, frei, ledig und los498 seien. In dieser Quittung wurden die einzelnen Forderungen aufgeführt und es zeigte sich, dass nach den genaueren Berechnungen aufgrund des letzten Vergleichsvertrags von 1564 offene finanzielle Posten bestanden und es weit mehr Schulden aus der alten Gesellschaft gab, als bisher angesetzt waren. Dabei handelte es sich um nach wie vor nicht getilgte Zinsen aus Krediten, die an venezianische, spanische, portugiesische und französische Schuldner sowie solche aus L’Aquila vergeben worden waren. Diese sollten zu schleunig und enntlich hinleg und entschafftt werden,499 d. h. schnellstens und endgültig eingefordert werden. Außerdem fanden sich Schulden bei Einzelgläubigern, wie denen des Herrn Durant, der Gebrüder Maiting [Meuting] und Herrn Bosfelds aus Köln. Sie stammten ebenfalls noch aus der Zeit, als ich, Jeronimus Imhoff, [die Gesellschaft] inn meiner administration500 hatte. Mit Unterstützung der schrittweise vorgehenden Unterhändler verpflichtete sich Hieronymus, entsprechend dem Anteil des Sebastian diesem gebürliche erstattung [zu] thun.501 Genauso wollte Sebastian bei Zinsschulden von einzelnen Personen in Nürnberg sowie bei alten Schulden, die noch

494 Nach Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 121 „basiert das französische Währungssystem auf karolingischen Libra-Solidus-System, nach welchem die Livre tournois oder der Franc in 20 Sous tournois (bei oberdeutschen Zeitgenossen oft „Soß“ genannt) à 240 Deniers tournois oder Pfennige bzw. zu 16 Gros tournois unterteilt wurde.“ 495 StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII: Demnach und auf solches was obstehett hatt Jeronimus Imhoff versprochen und zugesagt, dem Sebastian Imhoff gegen der general quittung seinen geburenden thail an der grossen partita, nemlichen ainundvierzigtausent vierundneuntzig francken, neunzehen sos, drey pfening zu transportieren. 496 Ebd. 497 Ebd.: Letzlich und zum abschluss sollen hiemit beder hern gebruder Jeronimus und Sebastian Imhoff, verglichen und vertragen auch alle unwill, den sie etwan gegen einander gehabt oder getragen entlich tod und absein und hinfuran ain ander allen bruderlichen fraintlichen willen erzaigen. 498 Ebd.: Quittung, so die Holzschucher von wegen Sebastian Imhoff hern Jeronimus Imhoff auff 8. Febrer [15]65 per Augspurg gesandt. 499 Ebd. 500 Ebd. 501 Ebd.

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aus der Gesellschaft mit ‚Endres Imhoff und Mitverwandte‘ stammten, die Sebastian Imhoff inn verwaltung hatte, verfahren und Hieronymus umb seinen anthail gebürliche erstattung thun502. Hingegen blieben die Fragen nach den Inventaren des Hausrats in den Niederlassungen, und wie mit den Büchern und Schriften sowie dem Handelszeichen vorgegangen werden sollte, noch offen. Daher sollten beide zunächst, je nachdem, wer die damalige Verwaltung in der jeweiligen Niederlassung hatte, ein Inventar des Hausrats erstellen. Erst danach konnte die Aufteilung gemäß ihres Anteils am Hauptgut vonstattengehen.503 Der Vergleich zu einzelnen Fragen hinsichtlich der Bücher, Schriften und des Handelszeichens sollte später beschlossen werden und wurde damit aus der aktuellen Einigung herausgenommen. Allerdings regelten sie zur Sicherheit schon einmal den Fall, dass sich aus diesen ausgesetzten puncten (den Büchern und Handelszeichen) Streit zwischen den Brüdern ergebe. Dann wollten sie gemäß der erkanntnus, also Entscheidung der Unterhändler, wie dann zu verfahren sei, nachkommen.504 Auf jeden Fall sollten diese Punkte nicht in der noch zu erstellenden Generalquittung behandelt werden (der jetzt vermelten ausnam und puncten, welche inn volgender generalquittung nitt begrieffen sein505). Vermutlich ging diese schrittweise Einigung auf die Initiative der Unterhändler zurück. Trotz der erneut beschworenen Verpflichtung, die noch ausstehenden Konflikte mit dem erneuten Vergleich aufheben zu wollen, entbrannte die Auseinandersetzung kurz danach, ab 1566, erneut. Das vertragliche Ideal kollidierte also wieder mit der Realität der brüderlichen Zwistigkeiten. Allerdings standen nicht mehr alle Konfliktpunkte zur Debatte, sondern nur noch ein Teilbereich, was schon als gewisser Erfolg gewertet werden kann. Daher konnte der Augsburger Rat, vor dem der Streit ab 1570 ausgetragen wurde, positiv in den Ratsprotokollen feststellen, dass Hieronymus und Sebastian Imhoff entsprechend dem Vertrag von 1564, in Artikel eins, zwei sowie vier bis sechs bezüglich des hausrates, der Schulden aus dem Handel in L’Aquila (Safranhandel) und in Nürnberg, ferner hinsichtlich der Abrechnung der Schuld bei der Meutinggesellschaft sowie dem Pastellhandel zu einer Einigung gekommen seien.506 502 Ebd. 503 Ebd.: den hausrath in allen legern betreffend, soll ein jeder thail dem andern fürderlich ein verzaichnis dessen, so ehr inn seiner verwaltung hat, uberschicken, darauf die thailung, nach gelegenhait eines jeden haubtgut volgen solle. 504 Ebd.: da sich ainiger stritt oder irrung inn diesen ausgesetzten puncten oder sunst, so noch zuerleüchten von notten sein möchte, zwischen uns sollte zuetragen, das wir den hern underhendler ihr erkannttnus und was sy darinnen sprechen demselben nachkhumen leiden sollen und wöllen. 505 Ebd. 506 StadtA Augsburg, Ratsprotokolle, 1570, fol. 30r: In sachen sich haltend zwischen beden gebrudern herrn Hieronimus unnd Sebastian Imhoff, den im augspurgischen vertrag [1564] aufgesetztege puncten halben, befindt ein ersamer rate, das bede taill des revers von den committenten wie auch des hausrats und der schulden zum Adler unnd Nurmberg, item der rechnung von der Meuttingischen schuld unnd dem pastell handel, auch also des ersten, andern, vierdten, fünfften und sechsten aufgesetzten puncten halb auffgethanen bericht und beschehen erbieten

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Strittig war hingegen nach wie vor Artikel drei des Vertrags bezüglich der Geschäftsbücher, der Handelszeichen und des Firmennamens der vergangenen Gesellschaft, wer diese in Verwahrung halten solle und wer welches Handelszeichen führen dürfe.507 Handelszeichen dienten der „Repräsentation und Legitimation der Eigentümer“, sie dienten als Zeichen für den guten Namen einer Gesellschaft.508 Beide Brüder erhoben offensichtlich Anspruch auf das Handelszeichen und den alten Gesellschaftsnamen, daher waren diese Fragen für sie wichtig und mussten gelöst werden. In der Frage der Handelsbücher traf das Augsburger Ratsgericht die Entscheidung, dass sowohl die in Augsburg als auch die in Nürnberg liegenden Handelsbücher bei einer unparteiischen Person in Augsburg hinterlegt werden und jedem ehemaligen Gesellschafter freier Zugang zu jeder Zeit zu den Büchern gestattet werden solle.509 In der Frage des Handelszeichens sei das Los zu werfen.510 3.1.6. Ein Rechtsgutachten: Wer behält das Handelszeichen? Dieser Beschluss wurde durch ein Rechtsgutachten gestützt. Dieses (wie so häufig) undatierte, zehnseitige Gutachten wurde von einem ungenannten Juristen nach einem vorgelegten „casus“ erstellt.511 Dabei entwickelte der Jurist gutachterliche Empfehlungen, die auf römisch-rechtlichen und kanonischen Rechtsätzen sowie

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albereit miteinander verglichen seien unnd dennoch dis puncten auff inen selbe unnd angeregtem erbieten berechen. Ebd.: Sovil aber den dritten noch unverglichen strittigen puncten der handelbucher und zaichens halber anlangt. Zu Firmennamen und Handelszeichen: Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 47f.; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 447–454 und 455–459. Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 47f., als Beispiel erwähnt Strieder den Fall des Ambrosius Höchstetter, der seine Waren den Konkursgläubigern durch Anbringen falscher Handelszeichen zu entziehen suchte. StadtA Augsburg, Ratsprotokolle, 1570, fol. 30r: Nemlich das die handelsbucher alhir bey ainer dritten unpartheyeschen person hinderlegt und zu denselben jedertaill im fall der not ain freier zugang gestattet. Ebd.: des zaichens halber wofern herr Sebastian mitgrund wider wolt handlen das loß darumb geworffen werden soll. Es geht ferner um die hier nicht weiter zu verfolgenden Einkünfte aus einem Lehen aus Familienerbe der beiden Brüder: Ebd., fol. 30v: Dann betreffend die durch herrn Hieronimus Imhoff hinderlegte 469 fl. 14 kr., erkhennt ain ersamer rat, das dieselben herrn Sebastian Imhoff gegen seinen uberschikten gefertigten quittung zugestelt werden unnd sollen sonst der lehennutzung halb herrn Hieronimo Imhoff seiner spruch unnd vorderung gegen seinen beidern angeburendem art furtzebringen herrn durch unbenomen sonder in albeg vorbehalten sein. Es handelt sich dabei um ein Lehen, dass den Brüdern vom Vater vererbt wurde, dazu auch GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv I, Fasz. 38, Nr. 3, 27. August 1548. Eine rechtshistorische Analyse zu diesem Gutachten bietet seit Neuestem Eberhard Isenmann, Legal, moral-theological and genuinely economic opinions on questions of trade and economy in 15th and early 16th century Germany, in: Heikki Pihlajamäki / Albrecht Cordes / Serge Dauchy / Dave De Ruysscher (ed.), Understanding the sources of early modern and modern commercial law, Leiden 2017, S. 221–265.

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mittelalterlichen Glossen und vor allem einem juristischen Traktat des Bartolus de Saxoferrato De insigniis et armis aus dem Jahr 1357512 basierten. In dem Gutachten wurde der Fall folgendermaßen, zunächst prinzipell betrachtet, demzufolge sich Gesellschafter voneinander getrennt und je eine neue Gesellschaft gegründet hatten und nun die Frage bestand, wer die gemerk und pallenzeichen513 verwenden durfte und wer wann auf sie verzichten musste.514 Zu Beginn ging der Gutachter auf die Genese des Falles ein, demnach existierte zunächst eine ältere, bereits lange bestehende Gesellschaft, die ihrerseits ein anerkanntes und vertrauenswürdiges Warenzeichen führte. Zu dieser Gesellschaft kamen weitere Familienmitglieder, vettern und geschwisteget515, die zunächst auch als Diener und dann als Mitgesellschafter fungierten. Es handelte sich dabei – ohne, dass dies im Gutachten (wie üblich) explizit erwähnt wird – um die Gesellschaft ‚Endres Imhoff und Mitverwandte‘, bei der Sebastian und Hieronymus Imhoff zunächst als Handelsdiener und dann als Mitgesellschafter tätig waren. Bereits nach vier oder fünf Jahren trennten sich diese von der alten Gesellschaft und gründeten eine neue handlung.516 Die gutachterliche Frage war nun, ob sie das Handelszeichen mitnehmen und ihrerseits für ihre Waren nutzen durften. Eine doppelte Verwendung des Handelszeichens würde an Zoll- und Mautstätten sowie an anderen Orten zu Verwirrungen hinsichtlich der Güter und der Zollforderungen führen. Aber keine Seite war bereit, das Handelszeichen aufzugeben. Der Jurist argumentierte in fünf Schritten gegen die Übernahme des Handelszeichens durch die beiden Brüder: 1. Er verwies zunächst auf einen vergleichbaren Fall aus der Vergangenheit derselben Gesellschaft. Der Vater der beiden jungen Mitgesellschafter hatte sich vor Jahren ebenfalls von der alten Gesellschaft getrennt und musste fortan auf das Handelszeichen verzichten. 517 512 Osvaldo Cavallar / Susanne Degenring / Julius Kirshner, A Grammar of Signs. Bartolo da Sassoferrato’s Tract on Insignia and Coats of Arms, Berkeley, 1994, die Edition des Textes befindet sich im Anhang 1, ebd., S. 109–121; E. Isenmann, Legal, S. 240. 513 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv I, Fasz. 30, Nr. 29, fol. 1r. 514 Ebd., fol. 3r: Darauff ist die frag, ob sie nit pillich ein zaichen furn mögen oder welcher theil dem andern zu weichen unnd sein pallenzaichen zuverendern oder ein newes anzunemen schuldig seye. 515 Ebd., fol. 2v: ettliche irer vettern und geschwisteget kinder [...] zu sich in den handell, erstlich als diener und knecht gezogen, unnd sie volgends vier oder mer jar lang, als geselschaffter, in den handell gelassen. 516 Ebd.: Hernach aber haben diese junge vettern unnd gesellschafter mit gutem der eltern vettern willen von den eltern vettern sich gesundert, und die jungen vettern so erstlich diener und hernach geselschafter gewesen einen besundern doch gleich handell, wie der vorig gewesen und noch ist, angefangen, geprauchen sich auch des alten das ist ihres anherrlich pallen und handelszaichen. 517 Ebd., fol. 5r–v: Dieweil dann die jungern vettern sich von iren vettern, so den handell vorhin gefurt, unnd vilgemelter pallenzaichen gepraucht, abgesundert, unnd einen aignen handell oder gesellschaft angefangen, mus notthalben volgen, das die jungern vetttern, sich des pallenzaichens, so nit auff die erben gefelt, des sich auch ir vaterselig vorhin per non usum et renunciationem societatis, als er auch von seinen brudern aus dem handel komen, verzigen, nicht anmassen koven, und das darumb das die andern vettern, deren vater und sie fur und fur einen

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2. Da die eltern vettern das Handelszeichen bereits vor Eintritt der jungeren Vettern führten, solle es ihnen auch weiterhin zustehen.518 3. Die älteren Gesellschafter seien mit einer höheren Einlage (merer hauptgut) an der Gesellschaft beteiligt als die jüngeren, die sich darüberhinaus bereits nach vier Jahren von der Gesellschaft getrennt hätten, daher hätten die älteren auch ein Anrecht auf das Handelszeichen.519 4. Schließlich betonte der Jurist nochmals zur Bekräftigung seiner bisherigen Argumentation, dass dieses Handelszeichen von den älteren Gesellschaftern mit der hohen Kontinuität von 20 bis 30 Jahren genutzt worden sei (fur und fur von alter herfurt und geprauch520). 5. Dieses alte Handelszeichen habe außerdem allenthalben trawen und glauben gehapt, den die jungen (ausgetretenen) Vettern weder vermehrt noch gemindert hätten, daher stünde es ihnen auch nicht zu.521 Der Gutachter kommt in diesem Fall zu dem Schluss, damit weder der gemain nutzen noch der handelsman522 gefährdet seien, die älteren Gesellschafter die jüngeren dazu bringen sollten, das Zeichen nicht mehr zu führen und ein neues zu erstellen oder das alte Handelszeichen so zu verändern, dass es keine Ähnlichkeit mehr zu dem alten habe und somit irrung verhuttet523 werde. Aus diesem übergeordneten „casus“ resultierte die weiterführende Frage, die konkret auf das Fallbeispiel der beiden Brüder Sebastian und Hieronymus Imhoff zugeschnitten war: Wenn sich nämlich die jüngeren Vettern nach der Trennung von der alten Gesellschaft und der Gründung einer neuen Gesellschaft nun ihrerseits im Konflikt voneinander trennten, wer dürfe dann das neue Handelszeichen führen? In

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handel gefurt und das handelszaichen gepraucht haben, die obristen und furgengsten in der gesellschafft gewest, auch die gesellschaft von inen genant und geschriben worden. Ebd., fol. 5v: Zum andern darumb, das die eltern vettern solich handell und pallenzaichen vorhin gefurt, ehe dann sie die jungern zu sich in gesellschafft, oder auch zu dienern auffgenomen, darumb pleibt inen das vorig zaichen pillich, dieweil sies one das, der vierierigen gesellschafft geliehen unnd darein gepracht, per Chassa iam allegatum. Ebd., fol. 6r: Zum dritten, so solle den eltern vettern das pallenzaichen pillich darumb pleiben, das sie ein merer hauptgut in die gelsellschafft gelegt, dann die jungeren vettern, so nach verscheinung der vier jarn sich gesundert haben. Ebd., fol. 6r. Ebd., fol. 6r–v: Zum vierden, so solle auch den eltern vettern das pallenzaichen pillich pleiben, das sie fur und fur von alter hergefurt und gepraucht, diesweil derselbig alte handell, noch weret, unnd nit zertrent ist, sonder allein die jungen vettern so nit lenger dann vier oder funff jar in der gesellschaft gewesen, sich wiederumb heraus gethan unnd der gesellschaft renuncijrt, wie nun der handell und gesellschafft darvor, do die iungen vettern nit geporn, auch noch nit diener, vil weniger gesellschafter gewesen, geweret und das pallenzaichen gepraucht, also weret solche gesellschaft noch unangeseehen das die iungen vettern, widerumb aus der gesellschafft komen und einen aignene handell angefangen und ist und pleibt eben die alt gesellschafft, die sie allemal vor zweintzig, dreissig und mer jar gewesen, darumb behelte sie pillich ire altes handellzaichen. Ebd., fol. 7r. Ebd.

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diesem Fall empfahl das juristische Gutachten das Los zu werfen, wer dann gewunne, der solle dem Verlierer einen Vergleich anbieten (vergleichung tun524). Damit war vermutlich an einen Ausgleich in Form einer Zahlung oder sonstigen Kompensation gedacht. Alternativ zum Loswerfen sollten beide auf das Handelszeichen verzichten.525 Der Gutachter ging zum Abschluss seines Gutachtens nochmals auf den alten Fall und die Frage ein, ob ein Handelszeichen aus einer alten Gesellschaft, in die die jungen Vettern in der Vergangenheit eingestiegen und wieder ausgestiegen waren, bei dieser alten Handelsgesellschaft zu bleiben habe. Sollte dies strittig werden und die jungen Vettern bei Gründung einer eigenen Gesellschaft nicht auf das Handelzeichen verzichten wollen, so sollten die alten Handelsherren vleissig achtung haben526, sodass sie im Klagefall nicht als petitorio, sondern als possessorio, d. h. als Besitzer und nicht Einforderer oder Bittsteller des Handelszeichens aufträten.527 Die Gründe dafür lieferte der Gutachter ebenfalls in seiner Schrift. Demnach würde im Falle der Bittstellung der Status der jungen Vettern im Hinblick auf das Handelszeichen als possessione vel quasi betrachtet werden, d. h. dass ihnen dann prinzipiell ein Nutzungsrecht zustehe.528 Außerdem dürften die alten Handelsherren während des laufenden Verfahrens das Zeichen nicht verwenden.529 In der Frage der Zugehörigkeit des Handelszeichens nahm der Jurist eine eindeutige Position zugunsten der alten Gesellschaft und ihrer Prinzipale ein. Im zweiten Fall gutachtete er zur Frage der Weiterführung des Handelszeichens pragmatisch mit dem Ratschlag, das Los zu werfen. Im gesamten Gutachten wurde stets deutlich, welche hohe Bedeutung ein Handelszeichen für eine Gesellschaft hatte und welchen wirtschaftlichen Schaden einer Gesellschaft bei unklaren Besitzverhältnissen oder unrechtmäßiger Nutzung des Zeichens durch die dann falsche Kennzeichnung der Waren bei Zoll- und Mautstellen sowie an anderen Orten entstehen könne. Immerhin drohte bei unzulässiger Kennzeichnung der Handelswaren durch das Zeichen der vollständige Verlust dieser Waren.530

524 Ebd., fol. 9r: So mussten sie itzund do sie von einander komen, umb das gemerck oder pallenzaichen welchers furn und behalten solt, das los werffen unnd welchers gewunne, must den andern ein vergleichung thon. 525 Ebd.: Oder die gesellschaffter musten das zaichen gar abthon. 526 Ebd., fol. 9v: Doch ist zumercken, wo die jungen vettern gutlich dohin nit kondten vermöcht werden, das sie sich des alten pallenzaichens verzigen, oder ein underschied machen. 527 Ebd.: so sollen die eltern vettern, wan sie den jungern mit recht solch zaichen abtreiben wöllen, vleissig achtung haben, das sie nit petitorio, sonder allein possessorio retinendae clagen, und ire begern auff das possessorium stellen lassen. Siehe auch E. Isenmann, Legal, S. 242. 528 Ebd.: durch furwendung des petitorij, bekendten sie, das die jungen vettern im geprauche und possessione vel quasi des pallenzaichens weren, aber sie nit. 529 Ebd.: dann wo sie das petitiorium furnemen, so dorffen sie mitler zeit unnd bis zu austrag des rechten, sich des pallenzaichens nit geprauchen. 530 Ebd., fol. 7v–8r: Ja wann sich einer geverlicher weis eines andern pallenzaichens gepraucht, so verleurt er seine wahrn dardurch und mögen ime dieselbigen genomen werden. Siehe E. Isenmann, Legal, S. 242.

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Mit diesem Beschluss des Augsburger Ratsgerichtes bezüglich der Geschäftsbücher und des Handelszeichens war Sebastian Imhoff nicht einverstanden und appellierte im Dezember 1570 an das Reichskammergericht. Damit wurde die Überprüfung des Beschlusses von einer übergeordneten Instanz in die Wege geleitet.531 Die Appellation wurde durch kaiserliches Mandat vom 4. Mai 1571 angenommen.532 Als Prokuratoren bevollmächtigte Sebastian Dr. Georg Berlin und Hieronymus Dr. Christoff Reiffsteck. Aus den wenigen erhaltenen Reichskammergerichtsakten sind der Articulus libellus gravaminum (Appellationsgrund), wie mit den Handelsbüchern und dem Handelszeichen der ehemaligen Gesellschaft „Sebastian und Hieronymus Imhoff, Gebrüder“ in Zukunft zu verfahren sei und die Repliken der jeweiligen Partei dazu erhalten. Nicht erhalten ist jedoch der eigentliche Entscheid des Reichskammergerichtes, sodass das Verfahren zur Liquidation der Gesellschaft „Hieronymus und Sebastian Imhoff“ in diesen beiden Punkten offen bleiben muss. 3.2.7. Fazit Der jahrelange Konflikt der beiden Brüder Imhoff war trotz intensiver Vermittlungsarbeit nicht zu lösen. Dennoch illustriert dieses Fallbeispiel die verschiedenen Möglichkeiten der Vermittlung und die meist mühselige Geduldsarbeit der Vermittler. Ähnlich wie im ersten Fallbeispiel, dem Konflikt zwischen den Regierern der Imhoff-Gesellschaft und Wolf Imhoff mussten die jeweiligen Vermittler im Konsens von beiden Konfliktparteien akzeptiert werden. Sowohl interne, verwandtschaftlich verbundene Vermittler als auch externe, eher offizielle Stellen, wie der Nürnberger und der Augsburger Rat, traten hierbei als Vermittler auf. Die einzelnen Vermittlergruppen waren zum Teil auch gleichzeitig tätig. So versuchten die Unterhändler zunächst erfolgreich auf einen Vergleich hinzuarbeiten. Parallel dazu trat Endres Imhoff mit einer umfangreichen Korrespondenz beratend und zwischen den Brüdern vermittelnd zur Seite. Durch diesen intensiven Briefwechsel konnte ein breites Spektrum ökonomischer, gesellschaftsrechtlicher und auch persönlicher Interna der ehemaligen brüderlichen Gesellschaft entfaltet und analysiert werden. Auch affektive Befindlichkeiten zwischen den Brüdern und verwandtschaftliche Wechselbeziehungen hauptsächlich zwischen dem Onkel und den jeweiligen Neffen in Nürnberg und Augsburg ließen sich durch die Briefwechsel veranschaulichen. Der Briefwechsel, aber auch die erhaltenen Vergleichsverträge zeigen, wie mühselig die Vermittler versuchten, schrittweise die strittigen Themen abzuarbeiten. Dabei hielten sie immer den kleinsten gemeinsame Nenner fest, nahmen im Ausschlussverfahren die noch nicht konsensfähigen Punkte heraus und verschoben die Klärung auf einen späteren Zeitpunkt. So sollten die Auslöser und das Ausmaß 531 Akten dazu sind im Bestand BayHstAD München, RKG Akten, Nr. 6802 erhalten. Siehe auch Hörner (Bearb.), Reichskammergericht, Bd. 13, Nr. 5295, S. 14. 532 StadtA Augsburg, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII.

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der Konflikte verringert und somit die Einigung erleichtert werden. Ebenso verdeutlicht dieser Fall auch die Probleme und die Vergeblichkeit der Vermittlung, etwa wenn sich eine Partei verschloss, verweigerte oder überhaupt nicht reagierte. In diesem Fall wurde der „Zwangs“weg über die Ratsentscheide und den Appellationsprozess gewählt. Es handelte es sich hier um einen besonderen und ungewöhnlichen Fall, der eine minutiöse Analyse einer Vermittlungsstrategie in einem Konfliktfall aus der Mitte des 16. Jahrhunderts zuließ. 3.2. Die Arzt-Gesellschaft aus Nürnberg und Augsburg Zwischen 1447 und 1451 fanden bei der Arzt-Gesellschaft aus Nürnberg und Augsburg zur Hauptrechnung zunächst die obligatorischen und nach dem Ausbruch von Konflikten außerordentliche Gesellschafterversammlungen statt. Aufgrund eines umfangreichen Quellenbestands kann anhand dieses Falls besonders detailliert gezeigt werden, auf welchem Verfahrensweg Konflikte gelöst werden können. Es zeigt sich hierbei, dass die Lösungen nicht in Form einer friedlichen Konfliktbereinigung gefunden wurden, an deren Ende z. B. die Fortsetzung der Gesellschaft stand, sondern ganz im Gegenteil, führten die Versammlungen zu prinzipiellen Auseinandersetzungen um die ökonomische Ausrichtung und um personelle Kompetenzen sowie schließlich zur Liquidation der Gesellschaft. Dieses Ende ermöglichte dann einzelnen Gesellschaftern in der Folgezeit die Neugründung neuer Unternehmen. Aufgrund der Liquidation dieser Gesellschaft und der damit verbundenen Möglichkeit zu einem Neuanfang, dürfen die Versammlungen der Arzt-Gesellschaft als effektive Maßnahmen zur Konfliktlösung beurteilt werden. Die Akten zu den Gesellschafterversammlungen geben ferner umfangreiche Aufschlüsse über das Innenleben einer Handelsgesellschaft im 15. Jahrhundert. Das betrifft nicht nur das ökonomische Engagement und die jeweiligen Verantwortungs- und Aufgabenbereiche innerhalb der Gesellschaft, sondern auch die innerfamiliären Beziehungen der Brüder, Schwäger und Schwestern untereinander. Hinzu kommt der für die Mitte des 15. Jahrhunderts besondere Fall, dass innerfamiliäre Diskussionen und Gesprächsstrategien – zum Teil wörtlich zitiert – nachverfolgt werden können. Im Folgenden wird dazu zunächst der Quellenbestand vorgestellt, der diese dezidierte Analyse ermöglicht, in einem weiteren Schritt wird kurz auf die Arzt-Familie eingegangen, an den sich schließlich die Darstellung der Versammlungen und Sitzungsperioden mit ihrem sachlichen Hintergrund, der Kommunikation, den Konflikten und den Entscheidungsprozessen anschließt. Die Liquidierung und das Ende der Arzt-Gesellschaft in ihrer bisherigen Zusammensetzung, zugleich verbunden mit einem Neuanfang stehen am Ende der Entwicklung. Ein Resümee zu diesem Fall bildet den Abschluss.

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3.2.1. Der Quellenbestand Die Quellengrundlage zu den Versammlungen der Arzt-Gesellschaft stellt insofern eine Besonderheit dar, als dass sie nicht nur umfangreich, sondern auch voneinander abweichende Gegenpositionen wiederspiegelt und somit eine Kontrolle der einzelnen subjektiven Aussagen bildet. Auf diese Weise können differenzierte und objektivere Beurteilungen über die Gesellschafterversammlungen und die Parteilichkeit der jeweiligen Aussagen getroffen werden. Die Klageschriften533 und Entgegnungen (‚Nachreden‘)534 in einem Verfahren aus dem Jahr 1450 vor dem Nürnberger Rat, Zeugenbefragungen der Justina Ulstatt und der Clara Paumgartner durch die Nürnberger Ratsherren Jobst Tetzel und Anton Tucher,535 das Protokoll des Verhörs des Hans Arzt und des Handelsdieners Caspar Nagel, unterschieden durch ‚ohne Folter‘ und ‚nach der Folter‘, in Anwesenheit zweier Ratsherren,536 Verhandlungen eines Nürnberger Ratsherrn in Augsburg, dessen Auftreten vor dem Rat mit Gegenrede der in Augsburg ansässigen Gesellschafter und die Tätigkeit einer dortigen Kommission von Buchprüfern (‚Rechnungsmänner‘) sowie Schreiben an die Versammlung des Schwäbischen Städtebundes gestatten einen tieferen Einblick in das bewegte Innenleben einer von Misstrauen und Zerwürfnissen heimgesuchten Handelsgesellschaft. Sie geben mit einigen, von den Streitparteien und Rechnungsprüfern bezifferten Geschäftsdaten Aufschlüsse über die Geschäftsführung und die mit Drohungen, Zwangsmitteln und Entwendung von Rechnungsunterlagen geführten Auseinandersetzungen der Gesellschafter mit dem ‚Oberherrn‘, die dessen kurzfristige Inhaftierung und eine längere, über drei Jahre währende Haft des maßgeblichen Handelsdieners zur Folge hatten.537 In den Quellen wird zunächst die Ausgangssituation dargestellt, die der Anlass für den zunächst innergesellschaftlichen Konflikt war und in obligatorische und außerordentliche Sitzungen mündete. Daraus gehen der Ort der Versammlungen, der Teilnehmerkreis, die organistorische Durchführung, die innerfamiliären Streitigkeiten, die während dieser Sitzungen hervorbrachen, aber auch die Willensbildung, die Konflikte zu bereinigen, hervor. Die Auswertung stellt damit einen Beitrag zur Analyse der innergesellschaftlichen Kommunikation und zur Konfliktforschung dar.

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StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 1r–2v. Ebd., fol. 5r–17v. Ebd., fol. 27r–31v. Ebd., fol. 65r–80v. Caspar Nagel wurde während seiner Gefangenschaft im Nürnberger Lochgefängnis in der Zeit vom 21. November bis 6. Dezember 1451 ohne und mit Folter unbestimmten Grades in Anwesenheit jeweils zweier Ratsherren als Zeugen verhört. StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 69r–80v (Protokoll, aufgezeichnet in einem Schmalfolioheft). 537 Siehe im Einzelnen dazu: M. und E. Isenmann, Das Innenverhältnis, passim.

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Der Beginn des Streitfalles war ziemlich alltäglich und kam häufig vor: Es ging zunächst um strittige Gewinnhöhen, fehlerhafte Buchführung, vermutete Unterschlagung, übermäßige Aufwandsentschädigungen und eine bei den Mitgliedern familientypische Disposition der Persönlichkeiten. 3.2.2. Die personelle Zusammensetzung der Arzt-Gesellschaft Die Arzt-Gesellschaft wurde in den 20er Jahren des 15. Jahrhunderts von Ulrich Arzt d. Ä. in Augsburg gegründet und war vor allem im Baumwoll- und Barchenthandel tätig. 1426 gab Ulrich Arzt in Augsburg sein Bürgerrecht auf, zog nach Nürnberg und verlagerte auch seine Geschäftszentrale dorthin. Nach dem Tod des Gründers Ulrich d. Ä. im Jahr 1436 führten die Söhne, Hans Arzt und sein jüngerer Bruder Ulrich sowie deren Schwäger Hans Ulstatt, Ehemann von Justina (geb. Arzt) und Sigmund Gossembrot, Ehemann von Ursula (geb. Arzt) die Gesellschaft weiter.538 Eine weitere Schwester, Clara Paumgartner (geb. Arzt539) gehörte ebenfalls zur Gesellschaft. Die Frage, wieweit und in welcher Weise auch ihr Mann Anton Paumgartner eingebunden war, sollte zu dem, weiter oben bereits erwähnten, späteren umfangreichen Rechtsstreit führen.540 Die beiden Brüder und ihre Schwäger waren mit Kapital und Arbeit, die Schwestern mit Kapital an der Gesellschaft beteiligt. Es handelte sich um eine in Oberdeutschland übliche erweiterte Familiengesellschaft, die in diesem Fall auf Standorte in Nürnberg, wo sich die Geschäftszentrale befand und Augsburg aufgeteilt war. Der jüngere Bruder, Ulrich d. J. zog nach Augsburg zurück, erwarb dort das Bürgerrecht und leitete zusammen mit Sigmund Gossembrot die Augsburger Niederlassung. In nicht deutlich fassbarer Weise war außerdem der familienfremde Thoman Oheim (Öhem) seit dem Tod Ulrich Arzt d. Ä. mit der Gesellschaft verbunden.541 Er stand in der Vergangenheit mit dem Verstorbenen auf freundschaftlichem Fuß und fühlte sich daher, wie er selbst sagte, den Söhnen verpflichtet: Ich hab meinem hern Ulrich Arzt ewrem vatter seligen mein trew an eins eyds stat geben müssen,

538 Friedrich Blendinger, Ulrich Arzt (um 1460–1527), in: Götz Freiherr von Pölnitz (Hrsg.), Lebensbilder aus dem bayerischen Schwaben, (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft bei der Kommission für bayerische Landesgeschichte, 6), München 1958, S. 88–130, hier S. 91. Der Kaufmann und Humanist Sigmund Gossembrot wurde später in Augsburg ein bekannter Bürgermeister. 539 StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Rep. 52a, Handschriften Nr. 264, fol, 7r: anno 1442 hat er [Anton] hochzeit mit Claren, Ulrichen Artzets tochter. 540 Siehe M. und E. Isenmann, Das Innenverhältnis, S. 474ff. 541 Der vermögende Augsburger Thoman Oheim war durch Heirat seiner Töchter mit führenden Augsburger Familien, z. B. der Welser und Rehlinger, verbunden. Friedrich Blendinger, Die wirtschaftlichen Führungsschichten in Augsburg 1430–1740, in: Herbert Helbig (Hrsg.), Führungskräfte der Wirtschaft in Mittelalter und Neuzeit. 1350–1850, Limburg a. L. 1973, Bd. 1, S. 51–86, hier S. 61.

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das ich euch allen trewlich vor wolle sein einem als dem andern, das wil ich auch thun und wil mir selbs damit gein euch genug gethan haben542 . Hans Arzt verheiratet mit Anna, geborene Graser, war in Nürnberg mit einiger Sicherheit spätestens ab 1445 Oberherr der Gesellschaft. In dieser Eigenschaft nahm er alle Rechnungen in Empfang, führte das Schuldbuch, das die Einnahmen und Ausgaben in bar verzeichnete, erstellte die Rechnungen und verbuchte die Zuund Abgänge eines jeden Mitgesellschafters in den Personenkonten dieser Bücher. Um die Verantwortung in dem sich 1447 abzeichnenden Konflikt von sich abzuweisen, behauptete Hans Arzt jedoch, diese Position habe Thoman Oheim innegehabt.543 Die anderen Gesellschafter fassten die Stellung und Aufgabe Thoman Oheims als die eines vertrauenswürdigen Gesellschafters, der aufgrund seiner Erfahrung als elteste[r] die Berechtigung und Kenntnis hatte, die Bücher zu prüfen.544 Sie argumentierten ferner damit, dass sich die Zentrale der Gesellschaft sowie sämtliche Geschäftsunterlagen in Nürnberg im Haus des Hans Arzt – auf der Schütt bei St. Katharina – befänden, ferner die Gesellschaft den Namen ‚Hans Arzt und Gesellschafter’ trage und schon aus diesem Grund Oheim nicht der Oberherr gewesen sein könne.545 Die Geschäftsunterlagen lagen jedenfalls im Gewölbe, d. h. in der Schreibstube von Hans Arzt546 und dort fanden üblicherweise auch die Gesellschafterversammlungen mit den Rechnungslegungen statt. Der Gesellschaft standen einige Handelsdiener (famuli) zur Seite, darunter war auch Caspar Nagel, der in den künftigen Konflikten ab dem Jahr 1447 eine zentrale Rolle spielen sollte. Er kam ursprünglich aus Augsburg und war daher für die Verbindung zwischen der Augsburger Niederlassung und dem Nürnberger Hauptsitz zuständig und in dieser Funktion als famulus nach den Aussagen der Gesellschafter von 1450 seit 16 Jahren für die Gesellschaft tätig.547 542 StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 6v–7r. 543 Ebd., fol. 1r: in der selben gesellschaft der egenannten Thoman Oheim ein oberherr gewesen und alle rechnung der gesellschaft handel von uns alle empfangen und uffgenomen hät. 544 Ebd., fol. 6r–v: Wol ist es geschehen, so man ein gancze gesellschafft rechnung getan hat, so hat man im Thoman Oheim und Hannsen Ulstat seligen zu gelegen, als die elsten derselben gesellschafft, das sie mitsampt im solliche rechnung gemacht und beslossen haben. Anton Paumgartner bezeichnete Oheim in einem späteren Prozess als „senior“, Hofbibliothek Aschaffenburg, Dep. Stiftsbibliothek, Ms. Pap. 9, Aschaffenburger Codex, fol. 14v. 545 StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 6r: Es sey auch der nam und handel derselben gesellschaft alleweg uf Hannsen Arzt und auf nyemant anders geschriben und bestymet worden, es syen auch alle sendbrief, schuldbrief, quittanzen und was die gesellschafft an getroffen het allein uf Hannsen Arzt und sein gesellschaft geschriben worden und darzu hab er auch derselben gesellschafft schuldbuch und rechnung gehalten und yerderman ab un dzu geschriben in bücher und rechnung was im zu gepuret hat. 546 Ebd., fol. 12v: in das gewelb, das dan der gesellschaft gewarttet und bestellt was und darinn der gesellschaft hab und gut statigs gehandelt und gepraucht ward, daran sie auch ir besunder sloss hetten. 547 Ebd., fol. 5v–6r: das sie Caspar Nagel nicht erstmals zu derselben rechnung genomen haben, sunder er sey vor langer zeitt als bey sechtzehen jaren bej in und ir dyener gewesen und bej in erzogen worden und in allweg redlich und aufrechtlich geyent habe und noch tue.

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3.2.3. Die Gesellschafterversammlungen Am 4. Juli 1447 fand zunächst die Generalabrechnung statt, welche die ‚alte Gesellschaft’ nach der vereinbarten Dauer von drei Jahren abschloss. 548 Sie wurde von Hans Arzt, Thoman Oheim und Hans Ulstatt durchgeführt. Laut Darstellung in der Klageerwiderung der Mitgesellschafter und der Angaben des später inhaftierten Caspar Nagel im Verhör stellten die drei Prüfer bei der Rechnung einen Gewinn von lediglich sieben Gulden pro hundert des Gesellschaftskapitals in etwas mehr als zwei Jahren – im Durchschnitt pro Jahr also von etwas weniger als 3,5% – fest.549 Dieses magere Ergebnis war Oheim und Ulstatt nicht erklärlich, zumal die Geschäfte auf den ersten Augenschein ordentlich geführt schienen. Daraufhin prüften sie die Bücher noch einmal genauer und stellten fest, dass Hans Arzt die Bücher doch nicht zuverlässig geführt hatte, denn mangels Verbuchung seiner Haushaltsführung und Lebenshaltungskosten hatte keine Trennung von Privatvermögen und Gesellschaftsvermögen stattgefunden. Ferner habe er Forderungen der Gesellschaft (gemaine schulden) eingenommen, ohne sie im Hauptbuch einzutragen und zu verrechnen,550 abgesehen von anderen beträchtlich großen Vorteilen, die ihm aus dem Gesellschaftsvermögen zugefallen seien.551 Hans Arzt, der Beschuldigte, stellte in seiner Klageschrift 1450 dazu fest, dass Oheim zunächst im Rahmen einer Bilanz den Warenbestand, Aktivschulden und Barschaft ermittelt und dann jedem seinen Anteil berechnet hätte.552 Ulstatt und Oheim hätten ihn dann damit konfrontiert und ihn beschuldigt, dass nach Durchsicht der Bücher ein Geldbetrag fehlte.553 Nach der Entgegnung der anderen Gesellschafter auf Hansʼ Klageschrift berief Thoman Oheim als Konsequenz aus dem Prüfungsergebnis, eine außerordentliche

548 Ebd., fol. 6v. 549 Ebd., fol. 6v und 73r: da teten sie im syben und vierzigsten Jahre umb sant Ulrichs Tag [4. Juli] ein gemeine gesellschaft rechnung, die macht Hanns Arzt, Thoman Oheim und Hanns Ulstat selig, darinn sich erfand, das sie alle am hundert etwas lenger dan in zwayen jaren nit mer dan syben guldin gewunnen hetten. Zu Kapitalstärken und Gewinnraten von Handelsgesellschaften an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert, siehe die Literatur zusammenfassend: E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 914–916. 550 StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 6v: das sie fremd nam nach sollichem redlichem handel, die sie in solanger zeit gehabt hetten und wurden dem also nach synnen un genawer suchen, ob ichts vergessen oder in der rechnung us beliben, oder mit zu geschriben were worden. Da erfand sich, das Hanns Arzt imselbs nit vollkomenlich und gantz zugeschriben hett, was er dieselben gesellschafft schuldig was und darus genomen hett, in etwie vil und mancherlay stucken, die dann an die vorgemelten rechnung nit komen waren und der gesellschafft dran ussenstand. 551 Ebd., fol. 90r. 552 Ebd., fol. 1r: da teten wir dem Thoman Oheim als einem oberhern von der selben gesellschaft handel wegen ein gantze follkumene rechnung und als nu pfennwert, schuld und parschaft dar nach geteilt und jedem sein tail verweist und zu geschriben weret. 553 Ebd., fol. 1r: da sagt Hans Ulstat selig und derselb Thoman Oheim mit worten an mich, Hansen Arzt und sprachen, wie ich zu gesehen hett, es wer an ein überschlachen der gesellschaft rechnung nach geduncken etlich gelt abgangen.

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Gesellschafterversammlung ein, um den akuten Konfliktfall zu verhandeln.554 Der Ort der Versammlung war die Geschäftszentrale, d. h. das Haus des Hans Arzt in Nürnberg. Damit war die Versammlung mit einem gewissen Aufwand verbunden, da ein Teil der Gesellschafter aus Augsburg anreisen musste. Die Sitzung wurde in den Klageschriften ausführlich beschrieben und ermöglicht dadurch Einblicke in die Interna der Gesellschaft. So ist aus der Entgegung (‚Einrede‘) der Gesellschafter auf die Klageschrift Hans Arzts zu erfahren, dass Oheim zu Beginn der Versammlung zunächst erläuterte, warum eine außerordentliche Zusammenkunft notwendig geworden war: Er, Thoman Oheim wäre aufgrund seines Treueeids gegenüber dem Gründer der Gesellschaft, Ulrich Arzt d. Ä. auch dessen Nachfolgern zur Treue verpflichtet gewesen und sah sich daher in der Verantwortung (ir lieben freund ich wil da etwas mit euch reden, das sol mir nyemants verubel haben. Ich hab meinem hern Ulrich Arzt ewrem vatter seligen mein trew an eins eyds stat geben müssen, das ich euch allen trewlich vor wolle sein einem als dan andern, das wil ich auch thun und wil mir selbs damit gein euch genug gethan haben555). Oheim sprach sodann Hans Arzt direkt an und bezichtigte ihn, ohne es in den Büchern vermerkt zu haben, eine größere Summe Geld dem Kapitalbestand556 für eigene Zwecke der Gesellschaft entzogen zu haben (es mangelt ein mercklich sum gelts in der gesellschafft, Hanns Arzt, da bist du schuldig an, und du solst mir das nit verübel haben, dann ich bin dein geswistrigitten, als vil guts schuldig zuthun, als dir uf sollich maynung557). Es entspann sich daraufhin ein heftiger Wortwechsel zunächst zwischen Thoman Oheim und Hans Arzt, der die Anschuldigung bestritt und Oheim der Lüge bezichtigte. Das wiederum wies Oheim weit von sich. Er erneuerte seine Anschuldigung und fügte sogar noch hinzu, dass Hans Arzt seine Geschwister immer hintergangen habe, was er aus den Büchern beweisen könne (so solt er wissen, das er seine geswistrigitt geneyset und gealfantzt hett, des wolt er in weisen mit den buchern558). Die Geschwister zeigten sich zunächst ungläubig und drohten Oheim, wenn sich nichts beweisen ließe, er gewünscht hätte, besser nichts gesagt zu haben.559 Oheim blieb aber dabei und bekräftigte seine Anschuldigung, indem er ihnen für

554 Ebd., fol. 6v: Da nu Thoman Oheim sollichen mercklichen abgang vermercket, da berufft und befand er zusamen in Hannsen Arzt haus denselben Hannsen Arzt, Ulrich sein bruder, Hannsen Ulstatt, Sigmund Gossenprott und Anthoni Paumgartnerinn. 555 Ebd., fol. 6v–7r. 556 Ebd., fol. 7r. 557 Ebd. 558 Ebd. 559 Ebd.: Darzu die anderen sweger und geswistrigitt, die zu Hannsen Arzt ein gut getrauen hetten, sprachen zu Thoman Oheim: sie gelaubten sollichs nit von Hannsen Arzt und erfund es sich nit, so solt er wollen er hete geswigen.

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den Fall, dass er Unrecht habe, sein ganzes, in der Gesellschaft befindliches Vermögen darauf zu Pfand und dazu seinen Kopf hergeben560 wolle. Erneut wurden daher die Bücher vorgelegt und geprüft. Sigmund Gossembrot, Ulrich Arzt und Caspar Nagel gaben später zur Buchführung an, dass jedes Mitglied der Gesellschaft, auch die Handelsdiener, im ‚Hauptbuch‘ sein ‚eigenes Schuldblatt‘, ein persönliches Konto, gehabt habe, in das eingetragen wurde, was jeder dem allgemeinen Gesellschaftsvermögen zu aigner notdorfft entnommen hatte, damit ihm dies – als grundsätzlich erlaubte Privatentnahme – in der bilanzierenden ‚Rechnung‘ und Gewinnermittlung an seinem Anteil abgezogen wurde.561 Sie behaupteten ferner, dass Hans Arzt für sich selbst jedoch kein eigenes ‚Schuldblatt‘ geführt und infolgedessen nichts eingetragen habe, obwohl er täglich zu aller seiner notdorfft von gemainem gut zerung vnd ander sein notdorfft genummen vnd mer dan vnser jeder in seinem sundern [privaten] nutze gepraucht562 habe. Daneben habe er keine anderen, gesonderten baren Geldmittel für seinen Verbrauch gehabt, was alles heißen würde, dass mangels Verbuchung der Haushaltsführung und Lebenshaltungskosten keine Trennung von Privat- und Gesellschaftsvermögen stattfand. Ferner habe er Forderungen der Gesellschaft (gemaine schulden) eingenommen, ohne sie im Hauptbuch einzutragen und zu verrechnen, abgesehen von anderen beträchtlich großen Vorteilen, die ihm aus dem Gesellschaftsvermögen zugefallen seien.563 Die Gesellschafter hätten daher vor der erneuten Prüfung die Bücher präpariert, damit keine nachträglichen Manipulationen, wie z. B. Eintragungen auf den jeweiligen Kontoblättern möglich sein sollten. Sie fassten dazu die letzten freien Blätter der jeweiligen Bücher zusammen und versahen sie mit einem Siegel. (Daruf sie mit gemainem rate die bucher verpettsschafften an den enden, da sie sie gelegen warent564). Daraufhin erfolgte die Prüfung der Bücher durch die Gesellschafter. Nach der Darstellung der Gesellschafter habe sich nun erwiesen, dass Thoman Oheim mit seinen Anschuldigungen Recht hatte und Hans Arzt veruntreut hätte.565 Dieser habe nach der Darstellung der Mitgesellschafter mögliche Unregelmäßigkeiten eingeräumt, sie aber ‚inständig mit weinenden Augen‘ gebeten, die Angelegenheit im Augenblick auf sich beruhen zu lassen und ihm Aufschub von Jahr und Tag zu

560 Ebd.: Darauf antwurt Thoman Oheim zu in allen: sie hetten alle sein hab innen, die wolt er in verpfenden, erfunde sich das nit, als er sagt, so wolt er in darzu sein haubt geben. 561 Ebd., fol. 90r. 562 Ebd. 563 Ebd. 564 Ebd., fol. 7r–v. 565 Ebd., fol. 7v. Darnach komen sie über die bucher, die sie öffneten und Thoman, Hansen Ulstat und den andern sovil zaigt und sagt, damit die bald der stuck unterricht wurden und in den buchern clerlich ersahen, das Thoman Oheim war und recht gesagt und Hanns Arzt sie alle veruntrewet hett, als sich das noch in den buchern und zettel lauter erfunden sol.

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geben (schub jar und tag566), um den Fehlbetrag zu ermitteln und in Ordnung zu bringen.567 Von diesem Auftritt ließen sich die Gesellschafter offensichtlich erweichen und gewährten Hans Arzt den gewünschten zeitlichen Aufschub. Zwar hätten die Geschwister Hans Arzt nachgegeben, die beiden mit der Familie durch Kapital, Freundschaft und Heirat verbundenen Thoman Oheim und Hans Ulstatt jedoch nicht. Diese befürchteten, dass es nicht bei einem einmaligen Vorgang und Aufschub bliebe und aufgrund der Arglist des Hans Arzt wollten sie nicht sollich abenthewer mit im besteen568, sie traten aus der Gesellschaft aus, doch ohne auf ihre Ansprüche zu verzichten. Die anderen waren unter der Bedingung zur Fortführung bereit,569 dass es nicht bei einem einmaligen Vorgang und Aufschub bliebe. Nach der völlig anders lautenden Version, die Hans Arzt vor dem Nürnberger Rat gab,570 wurden Thoman Oheim als dem Oberherrn alle Rechnungen übergeben und ihm gegenüber eine ‚vollkommene Rechnung‘ gelegt. Nachdem Pfennwerte (Kleinwaren), Schulden (Forderungen) und Barschaft aufgeteilt und die Anteile jedem in seinem Konto ‚zugeschrieben‘ worden waren, beanstandeten Hans Ulstatt und Thoman Oheim auf der Grundlage einer Überschlagsrechnung nach Gutdünken einen Fehlbetrag, den sie ihm zur Last legten. Darauf hätte er dann hingewiesen, dass alle und nicht er allein während ihrer gemeinsamen Unternehmung die Möglichkeit gehabt hätten, die Bücher einzusehen und das Bargeld zu überprüfen. Er hätte dann den Gesellschaftern von sich aus angeboten, weil er Zweifel, Nachrede und Argwohn (red und arckwöns) nicht auf sich sitzen lassen wollte, die Bücher zu versiegeln (verpettschaften) und sie dann mitsamt den Zetteln und Registern zu Händen zu nehmen und zu prüfen (übersechen), ob er etwas allein vernachlässigt, verschuldet oder in Sonderheit seinem eigenen Nutzen zugewendet habe; sollte dies der Fall sein, würde er dies bezahlen.571 Nach eingehender Prüfung hätten die Gesellschafter die Bücher mitsamt Zetteln und Registern zurückgebracht, die man in der rechnung geprucht het, denn sie 566 Ebd.: Des sie sich dan also von sein fleissigen bete wegen verwilligten und sich des gegen inn begaben, das er dem also nach kame und gaben im des schub jar und tag. 567 Ebd.: Da bat sie Hans Arzt vleissigsam mit weynenden augen, das sie die sach zu disem mal liessen anstan, so wolt er nach dem abgang vleissig sehen und sie ganz davon unclaghafftig machen. 568 Ebd. 569 Ebd. 570 Hannß Artzts zettel. Ebd., fol. 1r–2v. 571 Ebd., fol. 1r: da sagt Hans Ulstat selig und derselb Thoman Oheim mit worten an mich, Hansen Arzt und sprachen, wie ich zu gesehen hett, es wer an ein überschlachen der gesellschaft rechnung nach geduncken etlich gelt abgangen. Also gab ich in zu antwurt, die selb gesellschaft wär us getrewen gehalten worden und jedermann were über die pücher und das gelt gegangen und nicht er allain, wären sie aber jendaret in zweiffel, das ich etwas allain verhandelt oder in sunderhait an meinen nutz gewent gett, so solten sie die pücher verpetschafften und die zu iren henden nemen und über sechen. Erfunden sie dan ichtz, das ich versäumpt oder verhandelt hett, des wolt ich geen ongelten und ich wolt auch des von red und arckwöns wegen nit on peen, sie musten die pucher durch meiner fleissigen pett wegen verpettschafften und zu iren henden nemen.

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konnten ihm nicht nachweisen, dass er zu seinem eigenen Nutzen gehandelt habe.572 Sie hätten dann alle miteinander die Anteile berechnet, jedem den ihm zustehenden Anteil ausgezahlt, sodass keiner mehr gefordert hätte. Auch erbaten sie danach von dem Oberherrn Thoman Oheim für sich und die ganze Gesellschaft eine urkundliche Quittung, die sich nunmehr in der Verfügungsgewalt der Gegenseite befinde.573 Aus Sicht der Gesellschafter stellte sich die Situation wieder ganz anders dar: Zwar habe es eine von Thoman Oheim ausgestellte Quittung gegeben, sie sei aber nur unter Vorbehalt wegen der offenen Forderungen gegenüber Hans Arzt ausgefertigt und in Augsburg bei Sigmund Gossembrot hinterlegt worden.574 Hans Ulstatt hingegen sei wegen der offenen Forderungen nicht bereit gewesen, eine Quittung unter Vorbehalt auszustellen, bis die Schuld beglichen wäre.575 Das bestätigte vier Jahre später 1451 Caspar Nagel während seines Verhörs und ergänzte außerdem, dass besonders Sigmund Gossembrot und Ulrich Arzt Hans Ulstatt darin bestärkt hätten, nicht zu quittieren.576 Die genauen Vorgänge auf dieser außerordentlichen Versammlung waren jedenfalls strittig, ebenso wie die Umstände einer Fortsetzung der Gesellschaft, die währenddessen beschlossen worden war. Sicher ist jedoch, dass Oheim und Ulstatt nicht mehr zur Gesellschaft gehörten, während die Geschwister Hans, Ulrich, Justina, Clara und in Vertretung der mittlerweile verstorbenen Ursula, ihr Ehemann Sigmund Gossembrot, die neue Gesellschaft bildeten. Für Hans Arzt hingegen kam die weitere Teilhabe an der neuen Gesellschaft, nach den vergangenen Vorwürfen der Geschwister, zunächst nicht infrage. Er hatte vor, künftig entweder eine Unternehmung allein zu betreiben oder sich mit seinem Geld anderswo zu engagieren. Die Geschwister hätten ihn jedoch inständig und unter Tränen (roetnenden augen), mit vil anden hübschen worten gebeten, sie als getreuer pruder bei ihm zu halten und sie weiterhin mit ihrem Geld in Gesellschaft 572 Ebd.: Und als sie im die ettwa lang in hetten und genugsamlich wol übersachen, do komen sie und prachten und gaben mir die pucher wider mit sampt den zeteln und registern, die man in der rechnung geprucht hett, zu meinen handen und sprachen, sie verstunden nit, das ich selbs nichts verhandelt oder an meinen nutz gewont het und patten mich daruff, das ich das ain dinck ließ sein und sölichs nit in arckliff nem. 573 Die Gegenseite machte geltend, dass Oheim in der Quittung Forderungen an Hans Arzt vorbehalten, die Quittung diesem nicht ausgefolgt, sondern bei Sigmund Gossembrot hinterlegt habe, während Hans Ulstatt sich zu quittieren geweigert habe, bis ihm sein Anteil aus dem veruntreuten Fehlbetrag (‚Abgang‘) erstattet worden sei. Ebd., fol. 8r. 574 Ebd.: Darauf anwurtten sie und sprechen, wiewol Thoman Oheim quittiert hab, yedoch hab er das getan mit gedinge und underschaid und dieselben quittanzen hinter Sigmund Gossemprot gelegt von der und andre spruch wegen. Also das er dieselbig quittanzen Hannsen Arzt nit antwurtten noch volgen lassen solt. Er hette im dan vor umb sein spruch genug getan. 575 Ebd.: Auch so wolt Hans Ulstat selig nye quittieren, biß die sach zu einem austrag kome und im die anzal des abgangs wider kert wurde. 576 Ebd., fol. 75v: sunder sie schriben im in sunderhait, wie in Hans Artzt geschriben het von Hansen Ulstatts selige etc. der quitanzen halben und sie westen wol sowy es verlassen hetten der alten rechnung halben und man solt Hans Artzt kein quitanzen geben und derselb brief sey noch vorhanden bey andern briefen, daran man die warheit finden were und schreiben im mer in denselben brief, er solt die alten rechnung bucher zusamen halten.

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und im Gewerbe zu halten (pei im in gesellschaft und gewerb) dass er sie wie vormals reich und sällig mache.577 Angesichts des unablässigen Bittens sei er bereit gewesen, sie wieder ‚in Gesellschaft zu ihm aufzunehmen‘, doch unter der Bedingung (geding), dass er einer solchen Nachrede und einem solchen Argwohn, die sie ihm in der vergangenen alten Gesellschaft entgegengebracht hätten, enthoben sei. Die neue Gesellschaft sollte, wie seine bemerkenswerte Formulierung in der Klageschrift lautete, nicht weiterhin auf ‚Vertrauen‘, sondern auf ‚Wissen‘ beruhen. Das bedeutete, dass derjenige Betrag, der jedem der Herren und Handelsdiener in der Rechnung, die sie hielten, ‚abging‘, diesem ‚zugeschrieben werden und von ihrem Geld abgehen sollte‘, d. h. dass die Personenkonten nun genau zu führen waren. Diese Bedingungen wurden nach Hans Arzt in einem neuen Gesellschaftsvertrag (verpuntnus zetel) festgelegt. Zu den vertraglichen Bestimmungen der Regelung des Innenverhältnisses der Gesellschaft gehörten vermutlich diese Buchungsvorschrift für die Konten, eine Fürlegung (‚Vorteil‘) für Hans Arzt zur gesonderten Deckung seiner Geschäftskosten und eine Regelung von Handlungsmacht, Kontrolle und Zuständigkeit für die Buchführung. Diesen schätzte er als ausführlicher und klarer als den bisherigen ein.578 Die Gesellschafter hingegen stellten die Vertragskonstituierung anders dar, zwar habe es einen ausführlichen Vertrag gegeben, aber nicht sie hätten Hans Arzt, sondern dieser habe sie dringlich gebeten, in der Gesellschaft bleiben zu dürfen. Er habe dafür sogar die vertraglichen Voraussetzungen vorgeschlagen, falls sie ihm nicht mehr vertrauten. Demnach sollte Hans Arzt keine Handlungsmacht (gewalt) mehr haben, allein ohne Beiziehung mindestens eines der Handelsdiener ‚etwas von der Gesellschaft wegen zu hantieren‘579 und er sei daher bereit gewesen, stets zwei Handelsdiener an seiner Seite zu akzeptieren.580 Es handelte sich bei den Handelsdienern um den bereits seit 16 Jahren von der Gesellschaft ‚erzogenen‘ und dort tätigen Caspar Nagel aus Augsburg581 sowie um einen nicht näher charakterisierten Jörg Hößlin. Na-

577 Ebd., fol. 1r: Also patten in die vorgenanten seine geswistrigitt mit namen Ulrich Arzt, Anthoni Paumgartnerinn und Sigmund Gosseprot, an stat seiner wirtin seligen, mit diemutigen fleiß und roetneden augen und sprachen gar oft und fil, das er aller erst nit tät, als ein frömder und von in präch, sunder das er tät ein getreuer pruder und vor getan hett, darzu sie sich alles guten ursachen und sein mer wisten von in nit wenden und leren und sie lenger mit irem gelt pey im in gesellschaft und gewerb halten wolt, das wolten sie ewicklich und in verdienen, wenn er sie vormals reich und sälig gemacht, mit fil anden hübschen worten. 578 Ebd. 579 Ebd., fol. 8v: Er sollte auch nit gewalt haben, allein von der gesellschafft wegen ichtz zu hantieren, dann es were der zwayer dyener einer oder die bede hie dabey. 580 Ebd.: sunder Hanns Arzt hab sie selbs gebeten und in furgehalten, ob sie im nach vergangen dingen nit getrauen wolten, das sie im dann ein diener von gemainer gesellschaft zu geben, der allerweg bej im und mit im ob der gesellschaft sachen und handel were mit namen Jorgen Hößlin oder Caspar Nagel, so wolt er auch verwillen, das die dyener alleweg der gesellschaft bucher solten halten und rechnung von im und yeder man ufnemen. 581 Caspar Nagel hatte beim Ende der Gesellschaft dort anscheinend eine Kapitaleinlage von 3.000 fl. liegen. Er hatte sich angeblich im Verhör erboten, dass man ihm sein Leben nehmen und

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gel hatte nunmehr die Bücher der Gesellschaft zu führen, Rechnungen vom Geschäftsführer und von jedermann entgegenzunehmen und der Gesellschaft gegenüber Rechnung zu legen. Darüberhinaus veranlassten die Gesellschafter, dass die Handelsdiener, speziell Caspar Nagel, gelobten, über keine gevarlichkeit, keine arglistige oder betrügerische Handlungsweise hinwegzusehen, falls sie einer solchen gewahr würden582. Durch die Eidesleistung waren sie in viel stärkerem Maße verpflichtet, ihre Aufgaben wahrzunehmen. Die eidliche Verpflichtung scheint außerdem eine der Hintergründe für die späteren Ereignisse der angeblichen Entwendung von Geschäftsunterlagen aus dem Haus des Hans Arzt durch Caspar Nagel gewesen zu sein. Ferner erhielt Hans Arzt für Geschäftskosten und Spesen nunmehr ‚zu seinem Vorteil‘, im Voraus eine ‚Fürlegung‘ von 3.000 fl. mit der Maßgabe, von dem Gewinn dieser buchungsmäßigen Kapitaleinlage künftig die Geschäftskosten (kost und zerung on pferd) der Gesellschaft zu bestreiten. Allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Gesellschafter nicht verpflichtet seien, ihm den dargelegten vorteil583 zu gewähren, falls er sich wiederum als nicht zuverlässig erwiese. Sie hofften, dass Hans Arzt dann vielleicht nicht mehr so sehr seinen eigenen Vorteil, sondern den Vorteil der ganzen Gesellschaft im Auge habe.584 Damit hatten die Gesellschafter gleich zwei wesentliche Punkte erreicht, zum einen, dass Hans Arzt in seiner Handlungstätigkeit und Buchführung kontrolliert wurde und zum anderen, dass er ein eigenes Interesse am nutzbringenden Handel und am Erzielen von Gewinnen habe, da er davon direkt profitierte. Im Fall, dass er nicht wie gewünscht arbeitete, konnte der vorgestreckte Betrag ersatzlos wieder gestrichen werden. Diese ausgehandelten Bedingungen waren die Voraussetzung dafür, dass die Gesellschafter auf den Gesellschafterversammlungen nach den Konflikten des Jahres 1447 zu einer vorläufigen Einigung und Neugründung –besser Wiedergründung – der Gesellschaft für drei Jahre kamen. Für den erneuten Zusammenschluss nannten die Gesellschafter in ihrer Entgegnung zwei Gründe: Sie hätten sich mit Hans Arzt vertragen und erneut verbunden, um seiner und ihrer Ehre willen und um Geschrei zu vermeiden (das sie aber bejeinander also in gesellschaft beliben sint, das teten sie allein von sein und iren eren willen, das das geschray nit zu groß auch das nit rede daruß585); sie fürchteten

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seine 3.000 fl., die er selbst in der Gesellschaft liegen habe, dem Hans Arzt als Vermögen übergeben könne, falls seine Angaben zum Fehlbetrag des Hans Arzt und zur Einigung mit ihm nicht wahr seien. Ebd., fol. 112v. Ebd., fol. 9r: Nach dem und er es in der alten rechnung mit in gehalten hett und uf sollichs must Caspar Nagel in gegenwurtigkait Hansen Arzts, Ulrichen Arzts, sein Bruder, Sigmund Gossemprot und Anthoni Paumgartnerinn geloben und im nit[!] also trewlich und kein geverlichait zu zesehen, wo er des gewar wurde. Ebd., fol. 8v. Ebd., fol. 8v–9r: Darinn im ein merckenlich summ zu vorteil gelegt worden ist, davon er der gesellschaft alle kost und zerung on pferd allein ußrichten solt, auch ander sach, die im demutlich erzelt und furgehalten wurden uf solliche maynung, als er in in der ersten gesellschaft mitgefarn und so groß ubersehen und villeicht sich selbs mer, dann iren frumen gesucht hett. Ebd., fol. 9r.

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Gerede, Verdächtigungen und Gerüchte. Die Ehre sicherte die Kreditwürdigkeit sowie den ihnen entgegengebrachten guten Glauben, insofern wollten sie diesen Konflikt intern halten und somit den Anschein einer Kontinuität gewahrt wissen.586 Auf dieser Grundlage trafen sich die Interessen aller Gesellschafter, denn auch Hans Arzt lag daran, den an ihn gerichteten Vorwurf der Unterschlagung, der schlechten Rechnungsführung und der Veruntreuung nicht nach außen dringen zu lassen.587 Die Arzt-Gesellschaft konstituierte sich, wie dargestellt im Jahr 1447 mithilfe modifizierter Vertragsklauseln und in etwas anderer personeller Zusammensetzung erneut. Thoman Oheim und Hans Ulstatt waren nicht mehr dabei. Ulstatt stand allerdings mittelbar über die Kapitaleinlage seiner Frau Justina bis zu seinem Tod 1449 der Gesellschaft nahe. Trotz dieser vertraglichen Bindung kam es im Jahr 1450 zum Eklat und endgültigen Bruch zwischen Hans Arzt und den Mitgesellschaftern, nach etwas weniger als drei Jahren Geschäftstätigkeit der neuen Gesellschaft anlässlich der Generalrechnung und als Arzt seinen Anteil am Gesellschaftskapital, am Gewinn und den versprochenen ‚Vorteil‘, die Fürlegung für die Geschäftskosten, bilanziert und ausgewiesen haben wollte. Dabei stellte sich zunächst heraus, dass Hans Arzt, in dessen Haus als Geschäftszentrale der Vertrag deponiert worden war, diesen (angeblich?) nie förmlich ausgefertigt und gesiegelt habe.588 Der Vertrag habe also keine Rechtsgültigkeit besessen, ohne dass dies den Gesellschaftern bisher bekannt war. Die gewünschte langfristige Absicherung der Gesellschaft durch die vertragliche Bindung war gescheitert.589 Aus dem nicht gültigen Vertrag erklärte sich dann auch für die Mitgesellschafter – wenigstens im Nachhinein – die aus ihrer Sicht weiterhin unredliche Handlungsweise Hans Arzts während der Laufzeit der neuen Gesellschaft. Nach Hans Arzt lagen die Dinge anders, er beklagte, dass er den Vertrag nie in die Hände bekommen und dieser immer bei den Gesellschaftern gelegen habe.590 Das erscheint allerdings unwahrscheinlich, denn die Geschäftsunterlagen lagerten für gewöhnlich in der Geschäftszentrale im Haus des Hans Arzt.

586 Vgl. Kapitel „Normative Ethik und Realität kaufmännischen Handelns“, S. 54ff. 587 StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 1r. 588 Ebd., fol. 9r: dieselben puntnuss zettel solt er versigelt und gevertiget haben, des aber nit geschehen ist und er doch die bej dreyen jaren in sein gewalt hat, warumb er das gelassen hat, das weiß er wol. Dann das er die in vil treffenlichen stucken anders gehalten, dan die zettel aufweist und beredt ist nemlich in den stucken darumb im den vorteil gelegt ist worden. 589 Vgl. das Kapitel „Gesellschafts- und Mitarbeiterverträge“, S. 341ff. 590 StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 1v: Also werd da wider nit geret, das im ichtz an seiner rechnung ab gieng, als sich das noch heut zu tagen in guter rechnung us der selben newen gesellschaft pucher und verpuntnus zetel, die sie piß her nach dem gewalt, den sie im beweist haben, zu iren handen genomen und noch innen haben klerlich erfunden sol.

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Außerdem stellte Hans Arzt die damalige Eidesleistung der Handelsdiener als eine Verschwörung der Gesellschafter mit ihnen hinter seinem Rücken dar.591 Daraus seien dann die Taten des von neid und hass592 geleiteten Caspar Nagel entstanden. Diese wären wiederum die Ursache der erneuten Zerwürfnisse. Die Mitgesellschafter widersprachen dieser Mutmaßung und wiesen darauf hin, dass ganz im Gegenteil Hans Arzt seinen Bruder Ulrich um eine geheime Unterredung im Garten seines Schwagers Sebald Graser ersucht habe, um ihm ein geheimes Bündnis oder Verschwörung gegen die übrigen Gesellschafter vorzuschlagen.593 Zudem hatte sich Hans Arzt in den zurückliegenden Jahren nach Aussage der Mitgesellschafter trotz mehrfacher schriftlicher Ermahnungen nicht an die getroffene Verabredung gehalten und vielfach ohne die obligatorische Beiziehung der Handlungsdiener, die er weggeschickt habe,594 ‚nach seinem eigenen Willen und Wohlgefallen‘ Verfügungen getroffen.595 Deshalb wollten sie nicht mehr mit Hans Arzt ‚in Gesellschaft sein‘ und mit ihm die ‚Rechnung‘ erstellen.596 Diese Tatsache und seine permanente Weigerung, Kontrollpersonen zu akzeptieren, schürten zunehmend das Misstrauen der Gesellschafter und sollten zu den folgenden Ereignissen der Jahre 1449/50 führen. Deren Ausgangspunkt lag in der Notwendigkeit für die Gesellschafter, die konkrete finanzielle Situation ihrer Unternehmung zu ermitteln, die dann die inhaltliche Grundlage der im Herbst 1450 einberufenen Gesellschafterversammlung werden sollte. Den Mitgesellschaftern zufolge konnten sie in die Geschäftsunterlagen im Haus des Hans Arzt ohne Absprache mit ihm keine Einsicht nehmen, obgleich sie das Recht dazu gehabt hätten.597 Zudem konnten auch die Handelsdiener wegen der verweigerten Einblicke in den Rechnungsabschluss nicht weiterhelfen. Wie also kamen die Gesellschafter an die entsprechenden Unterlagen? Um diese Frage zu klären, müssen zunächst die Ereignisse in der Zeit vor Ostern des Jahre 1449 betrachtet werden. Auf diesen Erkenntnissen basierend, wird dann in einem nächsten Schritt die Vorgehensweise der Gesellschafter an den darauf folgenden Versammlungstagen erörtert. Über die Vorgänge in der Fastenzeit des Jahres 1449 um einen möglichen Aktendiebstahl durch den Handelsdiener Caspar Nagel, informieren nicht nur die Kla-

591 Ebd.: da fiengen sie an mit grossem gefärd und uffsatz, als sie sich des heimlich hinter im und on sein wissen zu samen verpunden und veraint hetten wider in und im daruff all sein ehalten, knecht und mayd wider sein willen ab gedingt und uff sölich gefärlich sie nemen in sein huß und prot, die wol gelauffen haben, piß sie in also gefärlich überlegtten. 592 Ebd. 593 Ebd., fol. 10r: sunder er hab sich wol mit sein bruder Ulrich Arzt heymlich unterredt in Sebalt Grasers selige gartten und an in begert, sich mit im in gesellschaft vereynen, damit er die andern seine geschwistrigit von im geweist und die von der gesellschaft verstossen wolt haben. Hans Arzt beschuldigte die Gegenseite, sich konspirativ gegen ihn verbunden und ihm das Gesinde, Knechte und Mägde, abgedingt zu haben. 594 Ebd., fol. 9v: Er hett auch der gesellschaft dyner nit allweg bej im gehalten als vorgemerkt ist. 595 Ebd., fol. 10v, 9r–v, 90v. 596 Ebd., fol. 90v. 597 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 334.

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geschrift des Hans Arzt, die Einreden der Gesellschafter, sondern auch das Geständnis Caspar Nagels selbst. Sein Geständnis wurde ihm, einem Verhörprotokoll zufolge, zwischen dem 20. November und dem 6. Dezember 1451 abgepresst, als er im Nürnberger Lochgefängnis einsaß und zu den Ereignissen unter der Folter durch die beauftragten Nürnberger Ratsherren Paulus Grunther, Hans Coler und Jörg Ge uder befragt wurde.598 Ein zunächst ungewöhnlich erscheinendes Verfahren. Aber der Nürnberger Rat stufte die Ereignisse um einen möglichen Aktendiebstahl einer Gesellschaft offensichtlich als kriminelles Delikt ein, dem mit aller Härte zu begegnen war.599 In dem Fall spielte dabei zunächst keine Rolle, ob Nagel im Auftrag der Gesellschaftergemeinschaft, ausgenommen Hans Arzt oder aus eigenem Antrieb gehandelt hatte. Entscheidend war, dass ein Handelsdiener möglicherweise widerrechtlich in die innersten Geschäftsbereiche einer Gesellschaft eingedrungen sein könnte.600 Geständnisse unter der Folter sind naturgemäß mit Vorsicht zu bewerten, in diesem Fall spiegeln jedoch einige Aussagen Tatsachen wider, da sie ihre Gegenprobe in den bereits häufig zitierten Klageschriften, Einreden und hier auch in Aussagen der Gesellschafterinnen Justina Ulstatt und Clara Paumgartner finden. Dem Geständnis zufolge hatte sich Nagel in der Zeit, in der Hans Arzt mit Konrad Paumgartner d. Ä. in Nürnberger Angelegenheiten in Venedig weilte, mithilfe einer List Zugang in den sog. Gewölberaum verschafft, in dem sich die Bücher, Register und Rechnungen, also alle Geschäftsunterlagen der Gesellschaft befanden. Dazu habe er mithilfe einer Magd die im Kindbett liegende Anna, Ehefrau des Hans Arzt gefragt, ob sie ihm den Schlüssel zu dem ‚studium‘, den Geschäftsräumen, ausleihen könne, da er seinen verlegt habe.601 Anna Arzt überließ Caspar Na-

598 StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 65r–80v. Erst im Jahr 1455 wurde er aus dem Lochgefängnis entlassen. Dazu hat sich ein Urfehdebrief Nagels gegenüber der Reichsstadt Nürnberg erhalten, er ist in mehreren Ausfertigungen im Nürnberger Staatsarchiv erhalten: StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, D-Laden Urkunden, Nr. 357 (Abschrift), Nr. 358 (Original) und StA Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 125r (Abschrift). 599 In einem Schreiben vom 23. März 1452 behaupteten Sigmund Gossembrot und Ulrich Arzt unter anderem, der Nürnberger Rat habe Nagel auf Begehren und Anrufen des Hans Arzt und diesem zulieb foltern lassen. Hans Arzt habe es darauf abgesehen, dass Nagel der marter wegen sagen werde, was ihm diene, wodurch er ihn zu Tode bringen könne, sodass Nagel den Fehlbetrag in der alten Rechnung der Gesellschaft nicht mehr aufdecken könne. Er stützte sich dabei auf kategorische Weigerungen des Nürnberger Rats, Nagel nach einer Freilassung an einer Rechnungsprüfung der Gesellschaft zu beteiligen und den Beweis mit den handschriftlichen Unterlagen des Hans Arzt zuzulassen. StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 95r. 600 Denzel, Das Handel[s]buch von Lorenz Meder, S. 122; Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 29. 601 StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 69v: Dixit post torturam, es hab sich begeben des yetzo in der vasten zwey jar voran, do were Hanns Artzt zu Augspurg, in des leg Hannsen Artzt fraw im kintpet, do hett er seins slussel in dem studium verslagen, do bett er die kelnerin, sie solt zu der frawen gein und sie bitten, das sie im ire slussel

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gel den Schlüssel. Hans Arzt ergänzte den Vorgang in seiner Klageschrift, dass Nagel nicht nur den speziellen Schlüssel, sondern von der Ehefrau gleich den ganzen Schlüsselbund erhalten habe.602 Ein nur scheinbar unwesentliches Detail, denn damit erweckte er den Eindruck, dass Nagel auf diese Weise zu allen Geschäftsräumen, einschließlich der Truhen und des Wandsafe Zugang gehabt hätte. Die Geschäftsunterlagen waren nämlich in einem Kasten in einem doppelt verschlossenen Wandsafe gesichert.603 Uneins sind alle Zeugnisse in der Frage, ob und was genau Caspar Nagel entwendet hatte. Nagel selbst sagte aus, es wäre etwas Geld und zwei bis drei zeteln gewesen, bei denen entscheidend war, dass sie das Zeichen des Hans Arzt trugen.604 Nagel rechtfertigte sich damit, dass er die Vernichtung der einschlägigen Unterlagen, also der (mutmaßlichen) Beweise für die Unterschlagungen durch Hans Arzt befürchtete.605 Hans Arzt hingegen beklagte, dass Nagel sämtliche Unterlagen entwendet habe, zum einen die aus der alten Gesellschaft, zum andern seine eigenen (privaten) Akten.606 Die Gesellschafter schließlich bestritten grundsätzlich, dass Nagel überhaupt einen Diebstahl von wichtigen Akten begangen habe.607 Ihnen zufolge habe er nie

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lihe zu dem studium, do leihe sie die slussel der maide, die bracht im solich slussel. Die Hausfrau hielt die Schlüsselgewalt des Hauses in ihren Händen – während der Abwesenheit ihres Mannes auch für die Geschäftsräume, vgl. Wilhelm Richter, Die Schlüsselgewalt der Hausfrau, Jena 1902, passim; E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 779. StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 2v: Also wären im all solich sein zeteln und register der ettwa ful was zu sampt ander seiner hab heimlich und hollichen, on sein wissen darus empfrempt und entwert worden als vor auch gemelt ist, da erschrack Hanns Artzt und gieng zu seiner wirtin und fragt sie, ob sie icht in dem behalter gewesen oder jemat die schlüssel dar zu gelichen het, die weil er zu Venedig mit Contzen Paumgartner gewesen war, da gab im sein fraw zu antwurt und sprach, wie sie selbs nit ob dem behalter gewesen noch in die schreibstuben komen wär. Aber Caspar Nagel wer wol seydere mer wen ains zu ir komen und hett sie gepetten, das sie im ihres manns schlüssellich, wan er hat sein schlüssel in der schreibstuben verschlagen, die wolt er herus nemen. Also hett sie im nit ain schlüssel, besunder alle irs manns schlüssel an einem pand gelichen. Ebd.: da besann er sich und gedacht uff solich alt zetel, die er ettwa vor langen jaren uffgehöbt und behalten hett zu ander seiner hab in einem behalter in der schreibstuben, doe er in die mur gemacht und mit zway guten schlossen verperret was. Ebd., fol. 69v: und spert das studium auf und spert auch desmals den bealter auf, der Hannsen Artzt was, und namie daraus drey oder vier zettels, daran sein hantgeschrifft were und dartzu hett Hanns Artzt mit sein selbs hant untten an den zettels selbs die sing gemacht und geschriben. Ebd., fol. 69v–70r: er hett sorg, Hanns Artzt wurd des aufgebens langen und solich zettels und aufgeben in reyssen, damit besorgt er das er sein rechnung nit bewisen mocht darum hab er solich zettels genomen aus dem behalter und solich gelt, hab alles gehoret an die alte rechnung. Ebd., fol. 2v: Also wären im all solich sein zeteln und register der ettwa ful was zu sampt ander seiner hab heimlich und hollichen, on sein wissen darus empfrempt und entwert worden als vor auch gemelt ist, da erschrack Hanns Artzt. Ebd., fol. 16r–v: denselben Caspar Nagel gewalt und unrecht tue an seinem ern und gelympffen [...] Dardurch man in sollichs vorgemelten abgangs einsteils unterricht und unterschiden hat, er hab im auch sein behalter, die im nit empfolhen gewest sint, nye geoffnet oder sein hab, zettel, register oder keynerlay darus genomen, noch empfremdet und sey bej sechtzehen jaren ir dyner gewesen und eins solliche nye beschuldigt worden.

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die Behälter mit den eigenen Unterlagen des Hans Arzt geöffnet, sondern er habe seinen Schlüssel verlegt und die Magd daher gebeten, die Schlüssel der Hausfrau zu nehmen und ihm die Schreibstube aufzuschließen. In Gegenwart der Magd habe er dann die Tür aufgesperrt und die Schlüssel unverzüglich der Hausfrau zurückgeben lassen. Caspar Nagel habe aber nie Truhen eigenmächtig aufgeschlossen und Unterlagen daraus gestohlen.608 Zur Erklärung, wie sie nun an die Rechnungsbücher, Register und sonstigen Unterlagen gekommen wären, sagten die Gesellschafter, dass Ulrich Arzt die Akten regulär an sich genommen habe.609 Letztlich lassen sich die Einzelheiten der Vorgänge in der Fastenzeit 1449 nicht ganz klären, sicher bleibt jedoch, dass die Akten in die Hand der Gesellschafter kamen und somit die Grundlage für die folgende Gesellschafterversammlung und die Rechnungslegung boten. Ab dem 11. November 1450 fanden nach den Aussagen der beiden Gesellschafterinnen Justina Ulstatt und Clara Paumgartner über mehrere Tage Gesellschafterversammlungen in Hans Arzt Haus statt.610 Anfangs handelte es sich dabei um die notwendige Generalrechnung der Gesellschaft, die dann aufgrund einer umstrittenen Geschäfts- und Buchführung des Hans Arzt zu einer außerordentlichen Versammlung ausgeweitet wurde. Sowohl nach der Klageschrift des Hans Arzt, als auch der Einreden der Gesellschafter kamen Hans und Ulrich Arzt, Sigmund Gossembrot, Caspar Nagel, Justina Ulstatt und Clara Paumgartner zu dieser Versammlung zusammen, um die Rechnungslegung zu erstellen.611 Das war allerdings schon die einzige übereinstimmende Aussage der beiden Parteien, im Folgenden bleiben die Aussagen konträr in ihren Beschreibungen und Beurteilungen. Nach Hans Arzt wurde dabei zunächst der Gewinn auf 13.000 fl. in drei Jahren veranschlagt.612 Die Gesellschafter fanden jedoch an der Rechnung gepruch. Er soll, ausweislich einer Überprüfung der Bücher Gelder der Gesellschaft zu seinem eigenen Nutzen verwendet und trotz der dafür vorgesehenen Fürlegung (‚Vorteil‘)

608 Ebd., fol. 16v: er hab im auch sein behalter, die im nit empfolhen gewest sint, nye geoffnet oder sein hab, zettel, register oder keynerlay darus genomen, noch empfremdet und sey bej sechtzehen jaren ir dyner gewesen und eins solliche nye beschuldigt worden. Und als er dan meldt von der slussel wegen, das hat sich also gefugt, das er sein slussel in der schreibstuben verslagen hett, da bat er die meyd, das sie im die slussel von de frawen neme und im die schreibstuben ufslusse, da nam die mayd die slussel von der frawen, wan sie zu der zeit in der kindpett lag und gieng mit im zu der schreibstuben und als er ufgesperrt hett in gegenwurttigkait derselben meyd, da nam die mayd die slussel von stundan und pracht die der frawen. 609 Ebd., fol. 16r: wann dieselben zettel unnd register mit seinem willen und wissen und vergonnen in gegenwurttigkait seiner geswistrigit uß demselben seinen behalter, den er in zu denselben zeitten mit seinselbs hand ufsperret, von seinem bruder Ulrichen daruß komen und genomen sint worden, als das vor clerlich gemelt und genug gelaut hat. 610 Ebd., fol. 27r. 611 Ebd., fol. 1v und 11r. 612 Ebd., fol. 1v: Item als nu dieselb new gesellschaft nach der verpuntnuß zetel, die sie mit ain ander gemacht und gehabt pey drey jaren gewert hett, da täten sie ain rechnung mit ain ander als dan gesellschaft pflegen zu ton, dar im in allen grosse gewinn bestund und empfor in lieff, nämlich pey dreyzehen tusend guldin.

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weitere Gelder für ‚Kost‘, ‚Zehrung‘ und anderes zu Lasten der Gesellschaft verausgabt haben. Deswegen und weil er sich der Mitwirkung der Handlungsdiener entzogen habe, erachteten sich die Mitgesellschafter nicht mehr verpflichtet, die Fürlegung zu gewähren und einigten sich mit Arzt darauf, ihm stattdessen direkt fixe 200 fl. in der Rechnung gutzuschreiben.613 Hans Arzt verteidigte sich daraufhin und bot ihnen an, alles vorzurechnen (anderwand rechnen, wen und so oft so sie wölten614). Er habe allerdings einige Geldbeträge abschreiben müssen, daran träfe ihn aber keine Schuld. Außerdem verlangte er, dass sie ihm seinen Anteil am Hauptgut, einschließlich des Gewinns aus der Fürlegung auszahlten,615 denn Hans Arzt zufolge hatten ihm die Gesellschafter jegliche Auszahlung verweigert und wollten zunächst die Bücher prüfen. Nach Angaben der Gegenseite war Hans Arzt in 2¾ Jahren der Gesellschaft 380 fl. schuldig geworden und habe diese verbucht, was ihnen befremdlich erschien, da er zuvor erklärt hatte, er habe jährlich 400 fl. für Aufwendungen und Lebenshaltungskosten (‚Verzehr‘) in seinem Haus für sich, die Handlungsdiener der Gesellschaft und sonstiges aufbringen müssen, was zusammen 1.100 fl. mache.616 Ferner habe er an städtischer Vermögensteuer insgesamt etwa 200 fl. für steuerpflichtiges Gesellschaftsvermögen617 (außerhalb des Gesellschaftskapitals) entrichtet. Daraus ergab sich eine Gesamtsumme von 1.300 fl. für den gesamten Zeitraum. Im Schuldbuch der Gesellschaft waren aber lediglich die genannten 380 fl. zu ermitteln,618 sodass sich eine Differenz von 920 fl. an Mehrverbrauch ergab. Danach wurden weitere nicht verbuchte Vermögenswerte, so eine silberne Kanne im Wert von fünf Mark Silber, und Ausgaben als Schulden des Geschäftsführers ermittelt. In drei Jahren habe Arzt 17 Eimer Wein und Spezereien, das alles der Gesellschaft gehörte, in seinem Haus verbraucht und verschenkt, dazu 280 fl. an Zehrung. Aus dem Schuldbuch ging nach Angaben der Mitgesellschafter angeblich Posten für Posten hervor, dass Hans Arzt dem Gesellschaftskapital im letzten Vierteljahr etwa 1.150 fl. entnommen habe. Insgesamt errechneten die Mitgesellschafter eine Schuld des Geschäftsführers in Höhe von 2.205 fl.619 Danach wurde

613 Ebd., fol. 9v: und da er also sollicher vorgenannte stucken und andern mer nit nach komen was darumb im dan der vorgemelt vorteil gelegt ward, vermeynten sie im den nit schuldig zu sein. Doch vereynten sie sich mit im umb zwayhundert gulden die schreib er im also in der gesellschaft rechnung zu und hett auch daran zu denselben zeitten ein gut benugen. 614 Ebd., fol. 1v. 615 Ebd.: Also begert Hans Arzt do zu mal, das sie im nun sein teil hauptgutz und gewinnung zu sampt dem vorteil, den sie im empfor zu legen in der vorgemelten verpuntnuß zetel versprochen und verschreiben hetten verweisen und zu schreiben solten. 616 Hans Arzt machte geltend, sich laut Rechnung 1.600 fl. ‚zugeschrieben‘ zu haben. Ebd., fol. 4r. 617 Bei dem üblichen Nürnberger Vermögensteuersatz von 1,66% wären rechnungsmäßig insgesamt 12.048 fl. an Vermögen versteuert worden. Der durchschnittliche Steuerbetrag von jährlich 73 fl. ergäbe ein steuerpflichtiges Vermögen von 4.398 fl. 618 Hans Arzt gab hingegen an, dass er sich über die 380 fl. hinaus weitere 1.600 fl. ‚zugeschrieben‘ habe. StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 4r. 619 Ebd., fol. 10v–11r.

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mit dem guten Willen aller, jedem Herrn und Diener zugeschrieben, was er schuldig war.620 Nach Angaben des Hans Arzt traten aber nach dieser Regelung die Mitgesellschafter Sigmund Gossembrot und Ulrich Arzt, die aus Augsburg nach Nürnberg gekommen waren, Antonj Paumgartnerin (gemeint ist Clara Paumgartner), die inzwischen verwitwete Justina Ulstatt (‚die eigentlich nicht zur neuen Gesellschaft gehöre‘) und der hinzugezogene Caspar Nagel an ihn heran. Sie verlangten von ihm unter ‚schrecklichsten‘ und ‚grausamsten Drohungen‘ in einer Zusammenkunft in seiner Schreibstube, deren Türe und Vordertüre sie inwendig und ußwendig621 verschlossen hatten, ihnen 3.200 Gulden gutzuschreiben, die ihnen samt dem aus dieser Summe bei der Bilanzierung und Gewinnermittlung errechneten Gewinn noch aus der alten Rechnung und Gesellschaft zustehen würden.622 Nach dem Geständnis Caspar Nagels war übrigens der „Verschließungsvorgang“ noch eigentümlicher, denn die Gesellschafter hätten die Tür von innen zugeschlagen und versperrt, sodass man sie nur von außen mit einem Schlüssel öffnen konnte.623 Hinter diesen mehrfach verschlossenen Türen fand dann die außerordentliche Sitzung statt. Aus der Sicht Hans Arzts hätten ihn die Mitgesellschafter unter ‚schrecklichsten‘ und ‚grausamsten Drohungen‘ und schropffen grussem unerschrockenlichen worten624 genötigt, ihnen 3.200 fl. gutzuschreiben, die ihnen samt den, bei der Abrechnung und Gewinnermittlung aus der alten Rechnung festgestellten 1.300 fl., also eine Gesamtsumme von 4.500 fl. zustehen würden.625 Jedenfalls hätten die Mitgesellschafter Hans Arzt zufolge, ihre Forderung noch bekräftigt, indem sie ihm mit dem Galgen gedroht hätten, an den sie ihn durch Leumundzeugen ‚übersiebnen‘ und ‚überschwören‘, bringen würden.626 Auf Hans Arzt hatte das große Wirkung, denn nach eigenem Bekunden fürchtete er in diesem Moment um Leib und Leben, auch weil sie sich in einem Raum mit doppelt verschlossenen Türen befanden.627 In seinem Bericht fuhr Hans Arzt sodann in wörtlicher

620 Ebd., fol. 74r (Caspar Nagel). Demnach wurden auf der Grundlage von Schuldbuch und Journal Hans Arzt 2.200 fl., Sigmund Gossembrot 2.900 fl. und Ulrich Arzt 1.550 fl. an Schulden ‚abgeschrieben‘. 621 Ebd., fol. 1v. 622 Ebd., fol. 73v, fol. 2r. 623 Ebd., fol. 70v: da begeb es sich, das fur die vordern ture der schreibstuben einslugen und leyutten dey schreibstuben desmals hin zu, darumb die stub hett solich gesper, wenn man sie einslug, so kondt nymant daraus komen; es were auch an im bescheen, das er die stuben zuslug, so must er die slussel hinab lasen, damit man außen aufspert. 624 Ebd., fol. 1v. 625 Ebd.: du habst uns in der alten vergangen gesellschaft auch umb ain gross mercklich sum unrecht getan und darumb wirstu uns aber geben und dir abschreiben xxxij gulden und was da mit gewinnen ist worden, das alles trift pey IIII½m guldin 626 Ebd.: oder aber wir wöllen dich übersiben und übersweren und dich an den galgen pringen und wilde das ton ist gut wildn aber des nit ton, so müste es ton es sey dir lieb oder leyd. 627 Ebd., fol. 2r: Item da erschrak Hans Arztat von solichen worten also ser, das er nit west, was er ton solt und gedächt wie er seins leibs noch seins lebens vor in nit sicher were, nach dem sie

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Rede fort: Ir lieben geswistrigit und freund, ich getreu üch wol, das solich mutung und furnemen üer erenst nit sey, wenn ich üch noch sunst nemat anderst weder vor noch nach all mein tag beim unrecht umb fül noch umb wenig, weder in der newen oder alten gesellschaft nie getan hab [...].628 Arzt sprach sie demnach direkt als seine Geschwister an und versicherte ihnen, dass er weder während der alten noch der neuen Gesellschaft Unrecht getan hätte. Die Mitgesellschafter hätten aber auf ihrer Forderung bestanden und erneut mit dem Galgen gedroht.629 Aus Sicht der Mitgesellschafter stellte sich das Geschehen wesentlich harmloser dar: Zunächst seien Ulrich Arzt und Sigmund Gossembrot von Augsburg nach Nürnberg geritten und hätten über zwei Monate im Haus von Hans Arzt an seinem Tisch gesessen und auf ihn eingeredet, doch einzulenken.630 Da sie damit keinen Erfolg gehabt hätten, wurde eine Gesellschafterversammlung einberufen. Diese Versammlung fand ganz nach den Gepflogenheiten des Geschäftslebens hinter verschlossenen Türen statt. Dass Schließen sei jedoch nicht als Nötigung und Zwang zu verstehen, sondern dass sie wie üblich Dienstboten und fremde Leute vom Sitzungszimmer fernhalten wollten, um nicht gestört zu werden.631 Daher seien außer Caspar Nagel keine weiteren Handelsdiener anwesend gewesen. Auf dieser Versammlung habe dann Ulrich Arzt in guter beschaidenhait632 zu Hans Arzt geredet und gütlich von ihm gefordert, der Gesellschaft nunmehr korung und widerlegung633 zu tun, d. h. er sollte seiner Fürlegung eine weitere Summe hinzufügen (auch widerlegung, hier ist der Gewinn gemeint) und Wiedergutmachung (korung) leisten. Die Mitgesellschafter sahen hier weder die von Hans Arzt beklagte Nötigung oder gar Drohung vorliegen.

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kameren und schreibstuben us wendig und inwendig versperet hetten und gab in us sölichem grossem erschrecken ain antwurt. Ebd. Ebd. Caspar Nagel bestätigte in seinen Aussagen zwar, dass die Gesellschafter mit dem Galgen gedroht hätten, aber nur wenn Hans Arzt sich an den Rat und den Bürgermeister der Stadt Nürnberg wenden würde (und somit die Konflikte öffentlich geworden wären): Ebd., fol. 72v: so wiß er von nottigung nit zu sagen, die an Hansen Artzt bescheen sey, sunder sein bruder Ulrichen Artzt sprach wider Hannsen Artzt, solt er es einem ratt und burgermeister clagen, so wolt er in woll an einen galgen bringen. Ebd., fol. 11v: Darauf antwurtten sie und sprechen Hans Arzt tue in daran ungutlich und wolten im wol gonnen, das er sich der warheit zu dem und andern artickeln gepraucht hett, wann sie und ir elter anders herkomen sint und sunderlich Sigmund Gossenprot und Ulrich Arzt hetten gar torlich daran gethan das sie von Augspurg us der stat gein Nuremberg geritten weren, Hansen Arzt in sein haus und in zu benötigen und bej zwayen monaten vor und nach mit im zu tisch gangen und in sein haus tag und nacht die zeit ir wesen und wonung gehabt haben, dabej meniglich versteen mag, ob die sach geverlich oder ungeverlich iren halben zu komen sey. Ebd., fol. 12r: und beruffen Caspar Nagel iren dyener zu in, in sein schreibstuben und teten also die schreibstuben ungeverlich zu, vor den ehalten und andern fremden luten, als man dan gewonlich pflegt zu thun, so die lut zu schicken haben, das sie nicht über lauffen werden von ehalten und andern. Seine Anwesenheit bestritt allerdings Caspar Nagel im Verhör, ebd., fol. 72r. Ebd., fol. 12r. Ebd., fol. 12r.

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Hans Arzt habe sich jedoch geweigert, Forderungen zu akzeptieren und zunächst nach der präzisen Höhe der Summe befragt. Daraufhin hätten die Gesellschafter zugesagt, ihm die genaue Aufstellung aus den Büchern, Registern und Rechnungen mitzuteilen.634 Hans Arzt habe dann mit freyem willen und unbezwunngen in seiner Schreibstube den Behälter mit den Rechnungsbüchern und Registern aufgeschlossen und seinem Bruder Ulrich erlaubt, diese in ihrer aller Gegenwart aus dem Behälter herauszunehmen. Es könne also keine Rede davon sein, dass Caspar Nagel irgendwelche Geschäftsunterlagen gestohlen (empfraudet) habe.635 Einträchtlich seien sie dann gemeinsam mit allen Unterlagen in die Gewölbe, die wieder mit einem besonderen Schloss versehen waren, hinabgestiegen. Hans Arzt habe dort – wiederum freiwillig – der gesellschaft truhen aufgeschlossen. Darin lägen weitere Bücher, Rechnungen und Briefe der Gesellschaft, die keineswegs seine eigenen (privaten) gewesen waren.636 Von Hansʼ eigenen Unterlagen hätten sie nichts mitgenommen, sunder allein von im begert, was der gesellschaft zugehort, damit sie die genaue Höhe des abgangs hätten berechnen können (das sie in des abgangs unterrichten mochten637). Nachdem die Gesellschafter in den Gewölben die dort liegenden pfennwert gewogen und gemessen hatten, wollten sie die Bücher kontrollieren. Nach der späteren Aussage Caspar Nagels hätten sich die Gesellschafter außerdem zwischen den Sitzungen außerhalb der Räume auf dem Markt in Nürnberg getroffen. Dort hätten sie sich nach kurzer Absprache darauf geeinigt, nach dem Wiegen und Messen, die Gewölbe zu verschließen, damit nichts mehr verändert werden könne.638 Zur Kontrolle der Bücher benötigten sie allerdings Zeit, daher baten sie Hans Arzt, ihnen acht Tage die Bücher zur Einsicht zu überlassen. Er aber gewährte ihnen nur vier Tage Zeit. Sie hätten sich daraufhin mit den Unterlagen zur umfangreichen Rechnungsprüfung in das Haus ihrer Schwester Justina Ulstatt begeben. Nicht ohne Betonung, dass das mit dem guten freyen willen639 des Hans Arzt geschehen wäre. Dort hätten sie drei Tage lang mit der unentbehrlichen Hilfe Caspar Nagels die Rechnungsunterlagen – Bücher, Journal, Register, Rechnungszettel – durchgesehen, einen Auszug hinsichtlich der Schulden Arzts gemacht640 und neben kleineren 634 Ebd., fol. 12r–v: Daruf vorset Hanns Arzt wievil doch der summe desselben abgangs were, da sagten sie im und begerten das er in der gesellschaft bucher, register, rechnung und zettel der er etwievil in sein besunder beheltnuss hett, antwurtten solt. So wolten sie im desselben abgangs warhafftiglich untterrichten und beschaiden. 635 Ebd., fol. 12v. 636 Ebd.: Und als sie in das gewelb kamen da sloss Hanns Arzt mit gutem freyen willen der gesellschaft truhen auf darinn dan der gesellschaft bucher, rechnung und ettlich briefe. 637 Ebd., fol. 13r. 638 Aussage Caspar Nagels im Verhör: sine tortura [...] nach dem die pfennigwert in den gewelben gewogen wurden, do stünd er und Gossemprot mitsampt Ulrichen Artzt am marckt, do sprach er wider sie, es were gut, das man ein slos fur die gewelbe slug, das die gewegen und gemessen pfennigwert icht verruckt wurden. Darauf antworten sie, es were gut, das man die gewelbe verspert, also ging er dar und verspert die gewelbe. Ebd., fol. 77r. 639 Ebd., fol. 13r. 640 Caspar Nagel gab post torturam an, dass die Mitgesellschafter ohne seine ‚Anweisung und Hilfe‘ die Rechnung und den Auszug nicht hätten machen können. Ebd., fol. 76v.

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Beträgen einen Fehlbetrag von etwa 3.000 fl. ermittelt. Diese habe Hans Arzt als Forderungen der Gesellschaft eingenommen, ohne sie im Schuldbuch zu verbuchen, ferner weitere 1.800 fl., die man für ihn in einigen Rechnungen zu Venedig, Augsburg, Frankfurt, Wien und hier in Nürnberg verauslagt und ihm geliehen habe (uß geben und dargelihen het641). Nach vier Tagen seien sie daher wieder in Hans Arzts Schreibstube zusammengekommen, um ihn über den errechneten Fehlbetrag von 4.800 fl.642 zu informieren.643 Sie warfen ihm vor, verschiedene ihn betreffende Posten nicht wie bei den anderen, sowohl Herren als auch Dienern, aus allen Büchern und Rechnungen zusammengetragen, addiert und in sein Konto im zentralen Schuldbuch eingetragen zu haben.644 Über den errechneten Fehlbetrag verlangten sie von Hans Arzt eine Schuldverschreibung und boten ihm zugleich an, den hinterzogenen Fehlbetrag aus der alten Rechnung im Wege einer externen Prüfung der Bücher und anderer handschriftlicher Geschäftsunterlagen Arzts feststellen zu lassen.645 Sowohl die Gesellschafter als auch Hans Arzt sollten dazu je bis zu zwei erbern man vorschlagen.646 Nach dem Geständnis von Caspar Nagel war Sigmund Gossembrot der Initiator dieses Vorschlags. Gossembrot war ohnehin grundsätzlich gegen Verhandlungen mit Hans Arzt und hatte sich für den Rechtsweg ausgesprochen.647 Der Konflikt war mittlerweile in eine Phase eingetreten, in der sich die Parteien nicht mehr intern einigen konnten und sie eine externe Prüfung als möglichen Lösungsweg betrachteten. Eine solche Prüfung war aber nur erfolgreich, wenn beide Parteien zugestimmt hätten, das sollte hier nicht der Fall sein. Aus Sorge um seinen Ruf schlug Hans Arzt diesen Vorschlag aus und wollte sich lieber intern mit ihnen 641 Ebd., fol. 13r–v: Auch das man im an ettlichen rechnungen zu Venedig zu Frankfurt zu Augsburg zu Wyenn und hie zu Nurmberg von seinen wegen uß geben und dargelihen hett. Das alles bej leuffig macht in ein summ bej achzehenhundert guldin zu den obgeschriben drewtausent guldin. 642 Ebd., fol. 13v. 643 Caspar Nagel präzisierte später im Verhör sine tortura und post torturam die Berechnungen: Demnach hätten die Mitgesellschafter aus der alten Rechnung einen Fehlbetrag aus von Hans Arzt eingenommenen Forderungen von etwa 8.000 fl. summiert, von denen 1.800 fl. ‚abgeschrieben‘ wurden, sodass 6.200 fl übrigblieben. Diese reduzierten sie nochmals auf 6.000 fl. Ausgehend von diesen 6.000 fl. Hauptgut hätten sie sich auf einen erheblichen Nachlass von 3.200 fl. Kapital (Hauptgut) eingelassen, aus dem in drei Jahren ein nomineller Gewinn von 1.248 fl. errechnet wurde, das entspricht einem jährlichen Kapitalertrag von etwa 13%. Sodass die Schulden Hans Arzt schließlich auf insgesamt 4.448 fl. beziffert wurden, ebd., fol. 71v, 73v, 74v, 78v. 644 Ebd., fol. 13r–v: Nemblich bej drew tausent guldin, die er von schulden eyngenomen und im die nit zu geschriben hett an sein rechnung, als er gethan solt haben. 645 Ebd., fol. 14r. 646 Ebd., fol. 13v: Und als im sollichs in obgeschrieben mass von in furgehalten wardt, redten sie mit im fruntlichen, ob er eynicherlay irrung darinn hett, das er ein erbern man oder zwen neue, desgleichen wolten sie auch thun, und den gelegenhait der sachen furhalten und zu erkennen geben, wie sie dan die furo [zukünftig] darumb entscheyden, das wolten sie in wolgefallen lassen. 647 Ebd., fol. 71v und 73v.

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einigen.648 Die Versammlung sei jedenfalls nach Aussage der Gesellschafter unterbrochen worden, da sich Hans Arzt aus der Schreibkammer, die bis dahin der Versammlungsraum war, in seine eigene Kammer zurückzog, um das weitere Vorgehen zu planen.649 Die Darstellung des Verlaufs der Gesellschafterversammlung aus Sicht des Hans Arzt war wesentlich knapper. Er beschrieb, dass ihm die Gesellschafter die Schuldsumme vorrechneten, dabei interessierten ihn vor allem die Umstände, wie die Gesellschafter weiter mit ihm umgingen. So habe er sie gebeten, ihm ihre Berechnugsergebnisse anhand der von Nagel widerrechtlich entfremdeten Bücher, Register und Zettel zu erläutern. Die Gesellschafter hätten diese Unterlagen zunächst vor ihm verborgen in ihrer Hand gehalten (hieltten die selb tzetel verporgen in der hand und sprachen: Sichstu, da haben wir ain zetel mit deiner eygen hant geschriben, damit wir dich über zeugen wöllen, das du uns in der alten gesellschaft umb ein grosse merckliche sum unrecht getan hast650). Schließlich hätten sie ihm das mit seiner Handschrift geschriebene Blatt als Beweis für den Fehlbetrag, gezeigt, jedoch aus einer solchen Entfernung, dass er den Inhalt nicht lesen konnte.651 Da ihm die Gesellschafter weiterhin mit dem Galgen drohten, hätte Hans Arzt vorgeschlagen, dass sie den Thoman Oheim beiziehen sollten. Wenn dieser ebenfalls der Meinung sei, dass er ihnen etwas schuldete, dann würde er sich dem beugen und zwar um unser aller eren wegen.652 In der Entgegnung der Gesellschafter ist im Folgenden weiter zu erfahren, dass Hans Arzt nach seinem Rückzug aus der Schreibkammer und als Ergebnis seiner Überlegungen versuchte, durch Einzelgespräche eine Klärung herbeizuführen. Zunächst forderte er Sigmund Gossembrot und nacheinander die Geschwister in seine Kammer.653 Über das Prozedere der Einzelgespräche berichtete auch Caspar Nagel in seinem Geständnis: Diesem zufolge habe Hans Arzt den Geschwistern einzeln Angebote über die Festsetzung der fraglichen Schuldsumme gemacht. Nach jedem Einzelgespräch sei Hans Arzt zum Handelsdiener Jörg Hosel hinten auf den gangk an dem wasser654 gegangen und habe sich mehrfach mit ihm beraten. Es gelang ihm wohl durch diese Einzelunterredungen, die Höhe der Schuldsumme zu verringern. Nach den Einzelgesprächen beliefen sich dann die Forderungen der Gesellschafter an Hans Arzt auf 3.200 fl., zuzüglich der Summe von 1.248

648 Ebd., fol. 13v: Das aber Hanns Arzt abslug und vermeynt, das fur nyemant zu komen, sunder er vermeynt sich selb darumb mit in zuvereynen seins glympffenhalben und begeret an sie, das sie sich gutwillig darinn finden liessen und im nit zu hert weren. 649 Ebd., fol. 14r: und gieng damit von in us der schreibstuben in ein cameren und bedacht sich ein gut weyl. 650 Ebd., fol. 2r. 651 Ebd.: Des wolten sie aber nicht ton, sunder sy zaigten im die zetel von ferens der stuben lanck, also das er der nit erkennen noch besehen möcht, was darin geschriben stund und sprachen. 652 Ebd. 653 Ebd., fol. 14r: Und darnach vordert er Sigmund Gossenprot zu im und ye ein geswistrigitt nach dem andern in sunderhait und unterredten sich da mit inen. 654 Ebd., fol. 72r.

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fl. statt wie bisher 1.800 fl. Damit war Hans Arzt gelungen, die Schuldsumme um 552 fl. zu mindern. Die Schulden des Hans Arzt wurden somit auf 4.448fl. beziffert. Die Gesellschafter legten in ihrer Entgegnung Wert darauf, dass diese Entscheidung ohne Zwang von beiden Seiten freiwillig zustande gekommen sei.655 Sie hätten Hans Arzt eine Frist von drei Tagen gelassen, innerhalb derer er die Summe zu zahlen habe, anderenfalls würden sie doch ‚ehrbare Leute‘ hinzuziehen.656 3.2.4. Das Ende der Arzt-Gesellschaft und ein Neuanfang Nach den drei Tagen versammelten sie sich erneut und Hans Arzt war offenbar bereit, die Schuldsumme zu akzeptieren, da er die Angelegenheit zu einem Ende bringen wollte. Er schrieb die offenstehende Schuld in das Gesellschaftsbuch (gesellschaftbuch657) und zwar ohne benötigung oder zwangkfall658, wie die Mitgesellschafter ausdrücklich erwähnten, sondern nur aufgrund der Einigung auf freiwilliger Grundlage innerhalb der Gesellschaft. Die Gesellschafter wiesen die Beschuldigung der Nötigung, die Hans Arzt – im Übrigen nach Rat seiner bejstende und Freunde Wilhelm Gremling und Ulrich Freidings – in seiner Klageschrift erhoben hatte, erneut zurück.659 655 Ebd., fol. 14r: gebotten also, das sie von beden taylen mit freyem guten willen uf das leczste uf zwayunddreyssig hundert guldin kumen fur den abgang, der in ussenstund an der alten rechnung, daruf sich die gewynnung gepuret dieselben vergangen drew jar zwölff hundert und achtundvierzig guldin, das alles in summa summarum machet vierundvierzig hundert und achtundvierzig guldin, darumb sie zu beder seytt eynmutiglichen, mit gutem willen, ungenotet veraynten. 656 Ebd.: und liessen im daruf die wal drey tag im sollich gelt zu zeschreiben oder erber lewt noch darumb erkennen lassen in obgeschriben maß, wann im ein merckenlich nachlassen darinn geschach. 657 Ebd., fol. 14v. Caspar Nagel konnte im Verhör noch ergänzen, dass Hans Arzt diese Rechnungen tatsächlich mit sein selbs handt in der gesellschaft bucher und dann diese wiederum in seinem gegenpuch, das man ein verraitpuch haiß eingetragen habe, Ebd., fol. 78r. Das verraittbuch (Verrechnungsbuch), dass Nagel auch ein gegenbuch nannte, war ein sog. Kontrollbuch, siehe DRW, Bd. 3, 1938, Sp. 1442, Stichwort „Gegenbuch“. Für Nagel war das eigenhändige Eintragen außerdem ein Beleg dafür, dass Hans Arzt immer der Oberherr der Gesellschaft war und nicht Thoman Oheim, (StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 72r), zumal Arzt in der Vergangenheit alle Rechnungen von Geschäften in Venedig, in der Lombardei, im Etschgebiet, in Wien und Frankfurt eigenhändig in die Gesellschaftsbücher eingetragen und mit dem, auch verraitbuch genannten ‚Gegenbuch‘ abgeglichen (abgesehen) habe, Ebd., fol. 77v–79r. 658 Ebd., fol. 14v. Auch diesen Sachverhalt bestätigt Caspar Nagel im Verhör, Ebd., fol. 72v. 659 Zu dem Beistand des Hans Arzt, ein Freiberger gibt Caspar Nagel im Verhör folgende Auskunft: Man (wobei unklar ist, wen Caspar Nagel hier meinte) habe diesem ein silbernes Kleinod von 20 oder 30 fl. zu zerung gegeben: Item so hat man dem Freyberger geben zu zerung viij gulden, aber es sey wol davon geredt worden, das man dem Freiberger ein silbrein kleinot schencken wolt auf xx oder xxx gulden, und wiß nit, ob es gescheen sey. StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 75r. Unklar ist, ob der erwähnte Wilhelm Gremling identisch ist mit dem Vikar, den Caspar Nagel in demselben Zusammenhang in seiner Aussage erwähnt: dixit mer: er wiß wol, das man dem vicarij in Augspurg geschenkt

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Nachdem sie sich geeinigt (geteidingt660) hatten, habe Hans Arzt seine zukünftige weitere Beteiligung an der Gesellschaft abgelehnt. Er erkenne wohl, so die Darstellung der Mitgesellschafter, dass sie, die Mitgesellschafter, kein Vertrauen mehr in ihn hätten und nicht mit ihm in der Gesellschaft bleiben wollten. Er schlug Modalitäten für die Auszahlung der Mitgesellschafter vor, denn er beklagte, seine Schuld aufgrund der schweren zeitleufte661 – er sprach konkret von dem Krieg, der ihn persönlich geschädigt hatte – nicht sofort begleichen zu können.662 Er brauche zehn Jahre, bis er sie entschädigen könne. Er habe gehofft, sie hätten auf ihre Forderung verzichtet, nachdem er ihnen so viele Freundschaftsdienste erwiesen hätte. Die Gesellschafter hätten ihm jedoch darauf mit einer Klage wegen böswilliger Hinterziehung gedroht, da der Fehlbetrag so groß sei und jeder von ihnen das ihm Zustehende benötige.663 Außerdem beanstandete Hans Arzt die Höhe der Schuldsumme, da die Mitgesellschafter den pfennwert [Kleinwarenwert] in dem gemeinsamen Warenlager zu hoch angeschlagen hätten, aus diesem Grund begehrte er zumindest einen Nachlass der Schuld. Hans Arzt stieß jedoch mit diesen (nachträglichen) Forderungen bei den Gesellschaftern auf Ablehnung, sie blieben bei der festgesetzten Höhe der Schuldsumme. Seine Einlage wollten sie ihm zum Termin der nächsten Frankfurter Herbstmesse664 zurückzahlen. Schließlich sollten die Summen quittiert werden. Umgekehrt habe sich Hans Arzt verpflichtet, alle Geschäftsunterlagen und das Handelszeichen den Gesellschaftern zu übergeben, ferner sich bereit erklärt, den Geschwistern noch zwei Gewölbe in seinem Haus für ihre pfennwert und handel zu vermieten. Nach Hans Arzts Klageschrift nutzten sie einen Teil der Räumlichkeiten bis ‚auf den heutigen Tag‘ (1450), zudem seien die Handelsdiener noch zehn Wochen nach der Versammlungsperiode bei ihm geblieben. Vermutlich haben sie ihn dabei unterstützt, die Geschäfte der Gesellschaft zu liquidieren. Alles dies sei, so wiederholten die Gesellschafter in ihrer Entgegnung, freiwillig und ohne Zwang geschehen.665 Sie stellten zusammenfassend fest, dass sie in sämtlichen Klagepunkten des Hans Arzt nicht schuldig waren. Unterschrieben

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hab, ein peth[buch] bey sechs gulden, der in das wort tett, als sie im selbs gesagt haben. Ebd., fol. 75r. Ebd., fol. 15r. Ebd. Da die Auseinandersetzung zwischen den Gesellschaftern im Jahr 1450 stattfand, muss sich Hans Arzt auf den (ersten) Markgrafenkrieg bezogen haben, in dem sich Nürnberg mit Markgraf Albrecht Achilles seit 1449 befand und der erst 1453 auf dem Tag von Lauf beigelegt werden konnte, siehe Erhard Waldemar Kanter, Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg, Burggraf von Nürnberg. Ein Zeit- und Lebensbild, 2 Bde., Berlin 1911, Bd. 1, S. 753; Richard Kölbel, Der Erste Markgrafenkrieg 1449–1453, in: MVGN 78 (1965), S. 91–123, hier S. 120 und die neuere Literatur: Gabriel Zeilinger, Lebensformen im Krieg. Eine Alltags- und Erfahrungsgeschichte des süddeutschen Städtekriegs 1449/50, (VSWG Beihefte, 196), Stuttgart 2007, S. 26ff. StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 15r. Ebd., fol. 14v. Ebd., fol. 15v. Ebd.

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wurde die Entgegnung von: Ulrich Artzt, Sigmund Gossenprot, burger zu Augspurg, Anthoni Pawmgartner [Name gestrichen!], Clara sein wirttin und Hansen Ulstats seligen witwa ewr mitburger und mitburgerin und Caspar Nagel. ir dyener auch burger zu Augspurg666. Nach dem Ende der Arzt-Gesellschaft in alter Zusammensetzung war der Weg frei geworden für neue Gesellschaften. In der Folgezeit konstituierten sich die Arztund Gossembrot-Gesellschaft, nunmehr mit den beiden Regierern Ulrich Arzt und Sigmund Gossembrot. Der Sitz der Geschäftszentrale wurde Augsburg. In Nürnberg verblieb hingegen die Schwester Clara Paumgartner geb. Arzt, die ihre Kapitaleinlagen nun in der Gesellschaft ihres Ehemannes Anton Paumgartner legte. Die vergangenen Auseinandersetzungen sollte in Zukunft weitreichende Folgen haben, denn nachdem Hans Arzt bald verstorben war, strengte seine Frau Anna von ihrem neuen Wohnort, dem Hof Herzog Ludwigs von Bayern-Landshut, eine Schadenersatzklage über 28.700 fl.667, gegen die ehemaligen Gesellschafter an. Diese sollte künftig vor allem für Clara und Anton Paumgartner schwerwiegende Konsequenzen haben.668 3.2.5. Fazit Die Auswertung des umfangreichen Quellenbestandes zu den Versammlungen der Arzt-Gesellschaft spiegelt ein disparates Bild aus verschiedenen Perspektiven wider. Für Hans Arzt standen nach seiner Klageschrift von Anbeginn an fehlendes Vertrauen und vor allem ein Bedrohungspotenzial durch die Mitgesellschafter im Vordergrund. Die gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen nach den Prüfungen der Geschäftsunterlagen, waren für ihn auf der Grundlage einer Straftat – dem Diebstahl von Akten – entstanden und somit unrechtmäßig. Darüberhinaus beklagte er die Durchsuchung seiner Privatpapiere und seines Privatbesitzes durch die Mitgesellschafter.669 Diese hingegen stritten vehement ab, Hans Arzt sei durch sie in Furcht und Schrecken versetzt worden, man habe ihm seine Unterschlagungen auf Grundlage gestohlener Papiere berechnet oder es habe sich bei den Geschäftsunterlagen gar um Hans Arzts Privatbesitz gehandelt. Für sie zählte nur, dass über Jahre nicht nach vertraglicher Absprache gehandelt wurde, die Bücher nicht korrekt geführt waren 666 667 668 669

Ebd., fol. 17v. StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher 1b, fol. 250v, 5. Mai 1453. Dazu M. und E. Isenmann, Das Innenverhältnis, S. 478ff. StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168, fol. 2v: da müst in Hans Arzt sein eygene truhen auch uffsprerren, das sie haussuchten, als man den dieben tut und funden doch in derselben seiner truhen nit mer dan söliche seine kleinot, die sie im selbs geschenckt und in und sein wirtin an der hochzeit damit begäbet hetten und auch ains tails die im von seinem vatter sölichen an ersterben waren. Und da sie nu nit funden, als sie vermainten und im sinn hetten, da hüben sie ein laden mit prieffen her us und überlasen die und da sie die im wol überlesen hetten, da nam jederman davon, was im eben, was wider sein willen und besunder ettlich prieff und schrift die im zu stunden.

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und schließlich Fehlbeträge in den Rechnungen entstanden, die sie von Hans Arzt durch Schuldverschreibung erstattet haben wollten. Dies wurde auf vielen Sitzungen über einen längeren Zeitraum kontrovers verhandelt und gewährt einen Einblick in die innersten Strukturen einer Gesellschaft. Dabei standen nicht nur die ökonomischen Interessen, die buchhalterische Organisation der Gesellschaft, sondern auch die personellen Konstellationen im Fokus. Diese Konstellationen bewegten sich zwischen fachlicher Kompetenz, Inkompetenz, Vertrauen, Misstrauen und Bedrohung sowie spezifisch familiären Positionen. Auch offenbarten sich im Zuge der Konflikte die internen Geschäftspraktiken, wie die buchhalterischen Praktiken der Kontenführung, der persönlichen Eintragungen in ein „Gegenbuch“, der Aufschlüsselungen von Aufwand, geschäftlichen Umsätzen und dem Gewinn und nicht zuletzt die Kontrollmechanismen der Gesellschafter durch Hinzuziehung von Handlungsdienern. Aufschlussreich war auch die genaue Beschreibung der Geschäftsräume, die Absicherungen durch Mehrfach-Türen und besonders gesicherte Schlösser und einen Wandsafe. Die Analyse der Gesellschafterversammlungen bot somit die sonst nur schwer zu leistende Darstellung sowohl von Prozessen der Endscheidungsfindungen als auch dem Modus ihrer Durchsetzung, der dann schließlich zur Konfliktlösung führte. 3.3. Die Lukas und Endris Rem-Gesellschaft 1518–1537 Nach der Trennung Lukas Rems von der Welser-Vöhlin-Gesellschaft im Jahr 1518670 gründete er am 1. September desselben Jahres mit seinen Brüdern Endris und Hans sowie Ulrich Honolt auf acht Jahre eine eigene Gesellschaft.671 In seinen Tagebucheintragungen erörterte er seine subjektiven Motive, die neben den rein ökonomischen zur Gründung dieser Gesellschaft führten. Lukas Rem beschrieb zunächst, was nicht sein Antrieb zur Gesellschaftsgründung gewesen war: Er habe nicht zur eigenen persönlichen Ehre oder aus Eigennutz oder um seinen persönlichen Wünschen nachzukommen, diese Gesellschaft gegründet (daz ich mein aigen Eer minder, Nutz noch fuog nie betrachten noch bedenken hab wollen672). Die Gesellschaft basiere vielmehr auf dem gemeinen Nutzen und der Ehre der Familie, d. h. zur Ehre des Namens der Rem. Er fügte im Tagebuch noch 670 Siehe dazu das Kapitel „Lukas Rem und die Welser-Vöhlin-Gesellschaft“, S. 195ff. 671 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 31: adi. Agosto 1518. Im namen der hailigen, ungetailten triuvatikaitt hab ich mich entlich geselschaft weis mit mein briedern Endris und Hanssen, und Uolrich Hanolt vertragen uff 8 jar, anfachend adi primo Septembro, veraint, verbonden und verschrieben. Die zur Gesellschaft gehörenden Handelsdiener führt Lukas Rem in seinem Tagebuch einzeln auf, siehe Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 27 und 71f. Schmid, Schreiben für Status und Herrschaft, S. 78 vermutet, dass Lukas Rem diese Liste 1537 erstellt habe, da die Verschreibung seines späteren Schwiegersohns Hans Hartlieb (1519–1561) vom 1. Januar 1540 fehlte. 672 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 32. Siehe dazu M. Isenmann, Vom Nutzen und Schaden, S. 170.

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ein, dass aus diesem Grund die Gesellschaft „Endris Rem und Gesellschaft“ heißen und das Firmenzeichen das alte Zeichen ihres gemeinsamen Vaters Lukas I. Rem sein solle (alain unsser brieder gemain nutz und frommen, der Remen namen, er [Ehre] betrachtt hab ich mich begeben, daz Endris Rem und geselschaft geschrieben und unssers frommen vaters zaichen gefiert werde673). Die Wahl des Gesellschaftsnamens nach dem ältesten Bruder674 schien für Lukas Rem nicht unstrittig zu sein, denn er erklärte, dass eigentlich er die lange Berufspraxis habe (daz ich lang vorher pratezieret675). Seine Brüder hingegen besäßen nur wenig und ungenügende Erfahrung im Handel und verfügten weder über Kenntnisse des Handels noch über dessen Usancen (meyner brieder ungnuogsame, clainer erfarnus, kainer geschäfft kentnus, noch grund der handel willen676). Aus diesem Grund habe er die erfahrenen Kaufleute Ulrich Honolt und Jörg Meuting in die Gesellschaft geholt (mich […] zuo uns in geselschaft nam Uolrich Honolt, auch Jerg Meyting677). Lukas Rem stellte sich im Tagebuch erneut als erfahrener Kaufmann dar, der die führende und verantwortliche Position als der eigentliche Regierer der Rem-Gesellschaft besetzt: Er sei anfenger und alles ursacher, beschicker und anordner678 der Gesellschaft. Diese subjektive Beurteilung verdeutlicht, dass Lukas sich selbst fachlich hoch und zugleich sein Umfeld für wenig qualifiziert einschätzte. In diesen Kontext gehört ein weiteres Urteil Rems aus der Rückschau nach dem Ende auch dieser Gesellschaft, bezüglich seiner persönlichen Haltung und Motivation als Gesellschafter innerhalb des gemeinsamen Handels: Er habe nie die persönliche Ehre und den persönlichen Nutzen gesucht, bei seinen Brüdern, denen er mittlerweile gros undankparkait679 unterstellte, hätte diese Haltung jedoch keine Anerkennung gefunden. Beurteilt man die grundsätzliche Motivation Lukas Rems, so wünschte er dem Idealbild eines Kaufmanns zu entsprechen, der zur Ehre der Familie und des Familiennamens das Kaufmannsgeschäft tätigt. Oder zusammenfassend mit den Worten Mark Häberleinʼs ausgedrückt: „Begriffe wie Ordnung und Ehre haben bei Lukas quasi leitmotivischen Charakter“680. Die Rem-Gesellschaft arbeitete jedenfalls sehr

673 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 32. 674 Nach Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften, S. 225 sei die Namengebung ein Zeichen der tatsächlichen Machtverhältnisse innerhalb einer Gesellschaft. Als Indiz dafür sieht er, dass Führungs- und Namenswechsel zeitlich unmittelbar aufeinander folgen. Ihm folgt Pettinger, Vermögenserhaltung und Sicherung, S. 181. Im Fall des Lukas Rem hieße das, dass der Nachnahme und nicht der Vorname des älteren Bruders für ihn entscheidend war. 675 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 32. 676 Ebd. 677 Das geschah am 17. Januar 1519, ebd., S. 32. 678 Ebd., S. 33. 679 Ebd., S. 32. 680 Häberlein, Augsburger Großkaufleute, S. 50.

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erfolgreich, sodass Lukas Rem aufgrund der schnell wachsenden Gewinne durchaus auch einen eigenen Vorteil hatte, dem das Ideal des für die Familienehre arbeitenden Kaufmanns jedoch nicht entgegen stand.681 3.3.1. Kapital und Arbeit Die Gesellschaftsverträge der Rem-Gesellschaft haben sich nicht erhalten, aber durch die Aussagen im Tagebuch können doch einige Erkenntnisse gewonnen werden, welche rechtlichen und ökonomischen Bedingungen in den Verträgen festgelegt wurden. Konkret schrieb Rem, dass die Gebrüder im ersten Vertrag von 1518 in insgesamt 17 Artikeln die Bedingungen festsetzten.682 Rem gab die Höhe seiner eigenen Kapitaleinlage zu Gewinn und Verlust im Zwei- bzw. Dreijahresrhythmus an.683 Demnach legte Lukas Rem 1518 ein Kapital von 9.000 fl. ein, das sich 1521 auf 10.500 fl., 1525 auf 14.000 fl., 1528 auf 17.500 fl. und schließlich im Jahr 1530 auf 20.000 fl. erhöhte. Die Steigerung der Kapitaleinlage wirkte sich damit positiv auf den zu erwartenden Gewinn aus. Aufgrund der Erhöhungen seiner Kapitaleinlage traten zwischen Lukas Rem und seinen Brüdern bereits bei der ersten Hauptrechnung am 1. November 1521 so große Konflikte auf,684 dass er zunächst seine Beteiligung an der Gesellschaft aufgeben wollte. Lukas Rem zufolge lagen die Gründe in der großen Ungeschicklichkeit der Verwandten, der unmäßigen Grobheit der Brüder, der Unkenntnis, vermutlich in Geschäftsangelegenheiten, und der herrschenden Unordnung.685 Rem hielt in seinem Tagebuch fest, dass er die Konflikte auch in einem eigenen verzaichnusbiechlin686 niedergeschrieben habe, ähnlich wie er in der Vergangenheit schon die Auseinandersetzungen mit den Welsern auf wohlverwahrte 12 Bogen Papier notiert hatte.687 Vermutlich resultierten die Konflikte jedoch daraus, dass eine Kapitalerhöhung vor allem vom Leiter einer Familiengesellschaft geregelt wurde und als eine „besondere“ Gunst galt, die eine ebenso besondere Leistung erforderte und eine längere Zugehörigkeit zur Gesellschaft voraussetzte. 688 Diese Erhöhung forderte Rem für

681 682 683 684 685

Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 203. Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 32. Ebd. Nach Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 155, Anm. 63. Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 32: Ad 1 Novembro verfolgt hinfir unsser vertrag und gesellschaft (doch nuie Rechnong). Und um meiner verwantten gros ungeschicklichkait, meiner brieder unmasige grobkait, unerchantlichait, und fast fil onordnong, bin ich jetz wilens nach end disses vertrags (Wo nit grose verkerong geschicht) mich nit lenger verbinden, noch in unsserm unwesen, da doch regel noch ordnong ist, lenger nit beleiben (aus fast onzal fil erhaft ursachen, dich ich in aim besondern verzaichnusbiechlin hab). 686 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 32. 687 Ebd., S. 20; siehe dazu das Kapitel: „Lukas Rem und die Welser-Vöhlin-Gesellschaft“, S. 205. 688 Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 59, S. 155, Anm. 63.

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sich und dokumentierte damit seinen Anspruch, der eigentliche und fähige Regierer der Gesellschaft zu sein. Neben der Kapitaleinlage war auch die Arbeitsleistung für die Gesellschaft und für die jeweilige Gewinnermittlung relevant.689 Lukas nahm in der brüderlichen Gesellschaft genauso wie in der Welser-Gesellschaft die Aufgabe des Reisens wahr und fungierte damit als Kontaktperson zwischen der Zentrale in Augsburg und den verschiedenen gegründeten Niederlassungen bzw. Handelsplätzen. Aus seinem Tagebuch wird jedoch ersichtlich, wie er in der Wahrnehmung dieser Aufgabe zusehends durch sein jahrelanges körperliches Leiden behindert wurde, was er immer wieder durch Kuraufenthalte in Wildbad zu lindern suchte.690 1521 fing für die Gesellschaft eine neue Vertragslaufzeit an, deren nächste Generalrechnung für 1524 festgelegt wurde.691 Für seine neuerliche Zugehörigkeit betonte Lukas Rem wieder, dass er seine eigene Ehre und seinen eigenen Nutzen nie gesucht habe. Darüber hinaus versuchte er seine Brüder davon zu überzeugen, dass sie zu ihrer und ihrer Kinder Ehre, Nutzen und Wohlfahrt und mit Gottes Hilfe die Gesellschaft in eine geordnete Geschäftsführung und ansechliche Regierong bringen sollten.692 Unabhängig davon, dass sich auch hier Lukas Rem in einem günstigen Licht zeigen wollte, formulierte er hier Ziele von Ehre, Ordnung und Ansehen, die dem idealen Bild eines ehrbaren Kaufmanns der Frühmoderne entsprachen und zugleich den gesellschaftlichen und ökonomischen Erfolg eines Unternehmens gewährleisten sollten.693 Die personelle Zusammensetzung der Rem-Gesellschaft änderte sich 1521 dadurch, dass der ältere Bruder Hans Rem ausschied. Aus welchem Grund bleibt unklar, möglicherweise waren es natürliche altersbedingte Gründe; Hans Rem starb fünf Jahre später (1526). Jedenfalls lassen die Angaben aus dem Tagebuch keine dezidierten Konflikte zwischen Hans und den anderen erkennen. Seit 1521 gehörten daher Lukas, sein Bruder Endris Rem sowie Ulrich Honold, der vormals ab 1508 bei der Welser-Vöhlin-Gesellschaft gewesen war,694 zur Gesellschaft. Lukas Rem erhöhte seine Kapitaleinlage auf 10.500 fl. zuo follem gwin und verlust695, dafür erhielt er allerdings keine Honorierung oder Kostenerstattung (firclaider696). Nur 689 Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 25, 38, 71; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 228. 690 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 103, Anm. 210 weist darauf hin, dass sich ab 1535 die Schrift Lukas Rems verschlechtere, sich diese ab 1538 zwar wieder bessere, aber nicht mehr die Kraft von früher erreiche. Greiff führt das auf den schlechten Gesundheitszustand Lukas Rems zurück. Greiffs Darstellung lässt sich anhand des Originals deutlich erkennen (StaBi Augsburg, 4oCod. H 13, von fol. 13r auf fol. 13v). 691 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 33. 692 Ebd.: und ob ich Si zu erchantnus ir selb und kinder eer, nutz und und wolfartt erwaichen möcht, auch um unsser geselschafft, [...] die in ain guotte erliche ordnong, ansechliche Regierong, in erliche nutzliche bestendikaitt mit gottz hilfe bringen mocht. 693 Penndorf, Geschichte der Buchhaltung, S. 168; Maschke, Das Berufsbewußtsein, S. 413ff. 694 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 12; Stadtlexikon Augsburg, Peter Geffcken, Artikel ‚Honold‘, (www.wissner.com/stadtlexikon-augsburg/artikel/stadtlexikon/honold/4199). 695 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 33. 696 Ebd.: für Kleidung.

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seine Auslagen auf seinen Reisen für die Gesellschaft wurden gezahlt. Zusätzlich legte er noch 3.000 fl. zu jährlich 5% festem Zins in die Gesellschaft ein. Die Generalabrechnung fand nach dem Tagebuch erst am 15. Juni 1525 statt. Rem erstellte hierfür eine Rechnung, aus der ein Gewinn von insgesamt 30% hervorging. Die Gesellschafter hatten zudem beschlossen, den Gesellschaftsvertrag erneut um 30 Monate bis zum 31. Dezember 1527 zu verlängern.697 Der neue (nicht erhaltene Gesellschaftsvertrag) wurde gegenüber dem vorhergehenden deutlich modifiziert und fil foriger artikel verendert, wie dan in demselben der gesellschaft gehaimbuch lautter stat698. Da Lukas Rem von den vielen Veränderungen im neuen Vertrag nur zwei herausgreift, dürften gerade sie eine besondere Bedeutung für ihn gehabt haben. So sollte ab 1525 die Gesellschaft nunmehr Endris und Lucas die Remen699 heißen, das Gesellschaftszeichen jedoch das alte Rem-Zeichen des Vaters Lukas I. (1438– 1496) bleiben. Lukas Rem war (endlich) „Mit“-Namensgeber, wie es ihm seiner Meinung nach aufgrund seiner Position als Initiator und Regierer der Gesellschaft gebührte. Genauso wichtig war aber auch eine besondere Klausel im Vertrag, derzufolge Lukas Rem zugestanden wurde, bis nach Ulm und Nürnberg zu reisen (und bin unverboden ze rayssen alain gen Nierenberg, Ulm und nit weitter700), um auf eigene Rechnung zu handeln (mag auch fir mich selb, waz mir gelieptt handlen701). Diese ungewöhnliche Regelung ermöglichte Lukas Rem, auf geschäftliche Kontakte und auf Kenntnisse der Märkte und Warenpreise, die die Rem-Gesellschaft ausgehandelt hatte, zurückzugreifen und diese für eigene Geschäfte zu nutzen. Diese Lukas Rem zugestandene geschäftliche Aussicht ist insofern bemerkenswert, als dass in der Regel Geschäfte auf eigene Rechnung innerhalb einer Gesellschaft nicht erwünscht waren.702 D. h. entweder stellte Lukas Rem in seinem Tagebuch eine falsche Behauptung auf oder es handelte sich hier um eine seltene Ausnahme, die aufgrund seiner dominanten Position in der Gesellschaft zustande kam. Die auf drei Mitgesellschafter – die Rem-Brüder Lukas und Endris sowie Ulrich Honold – reduzierte Gesellschaft hatte bis zum Jahr 1528 Bestand. In dem Jahr 697 Ebd., S. 34: Endris, mein bruoder, Ich und Uolrich Hanolt haben im namen gottes unsern vertrag XVI monet erlengert, nemlich uns zuo ainander verbonden bis den letsten tag Decembris 1527. Greiff hat die Zeitangabe von XVI Monate richtig gelesen, sie steht so auch im Original (Staats-und Stadtbibliothek Augsburg 4° Cod. H 13, fol. 23v), d. h. Lukas Rem irrte sich um 12 Monate, denn die Generalrechnung fand am 15. Juni 1525 statt (fol. 23r) und daraufhin erfolgte die Vertragsverlängerung bis zum 31. Dezember 1527 (fol. 23v). Dies ergibt einen Zeitraum 30 Monaten. 698 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 34. 699 Ebd. 700 Ebd. 701 Ebd. 702 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 313 weist darauf hin, dass ein sog. Wettbewerbsverbot in den Verträgen gelte. Allenfalls konnte das Verbot für einige wenige Gesellschaftsverträge mittels Erlaubnisvorbehalt, nach Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter, aufgehoben werden, S. 314, Anm. 276. Siehe auch Kapitel „Gesellschafts- und Mitarbeiterverträge“, S. 341.

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verließ Ulrich Honold die Gesellschaft nach der Hauptrechnung vom 30. August 1528. Offensichtlich waren sich Ulrich Honold und Lukas Rem schon länger nicht einig, wie eine Bemerkung Lukas‘ aus seinem Tagebuch erkennen lässt: Schon im Jahr 1521 sprach Lukas Rem von ungeschickt gar unbiliche wort,703 die Honold im Zusammenhang mit einer 5% Zinszahlung an Lukas Rem geäußert habe. Hinzu kam, dass Honold hohe finanzielle Forderungen von 12.500 fl. vertreten durch seinen Vetter Hans704 an die Gesellschaft stellte. Daher mussten sie, nach Lukas Rem, um mit lieb von im ze komen, [...] alle ding fil zuo fil an[schlagen],705 d. h. die Gesellschafter mussten bei der Rechnungslegung den Wert ihrer Handelswaren (zu) hoch ansetzen, um dadurch die Gewinnquoten zu erhöhen und so Honolds Forderungen zu befriedigen. Außerdem übernamen [sie] auch fast fil widriger, böser sorglicher handel,706 Lukas Rem warf Honold vor, dass er unredliche und unsichere Geschäfte gemacht hatte, die die Gesellschaft nun auch noch auffangen musste. Es handelte sich dabei um in Portugal und Hispania vorgemelter Kays. May. Rest seiner schuld, das ales was fl. 17½ Tausend, und die wir wirig, seltzam und bös fanden, daz wirs nit anschlagen konnten.707 Rem schloss daran noch die Bemerkung, dass diese Schuldenübernahme für Ulrich Honold on nachtail und schaden708 gewesen sei. Sie hätten das aber gern getan, um dann endlich die Schlussrechnung zu erstellen und die Trennung zu vollziehen.709 Am 1. September 1528 erstellten die Brüder Lukas und Endris Rem einen neuen Gesellschaftsvertrag mit einer Laufzeit von vier Jahren. Lukas Rem war hierbei mit Kapital und Arbeit, Endris nur mit seinem Kapital beteiligt: ad 1. Settembro facht der vertrag und unssere nuie handlung an, die ich mit meim bruoder Endris vorlenxt abgeredt hab auf 4 jar, also daz ich al sorg, last ze ton und lassen etc. übernim.710 Der Charakter dieses Zusammenschlusses erinnert an die alte Commendastruktur von Gesellschaften, bei der ein Mitglied arbeitete und reiste (socius tractor) und das andere mit Kapital (socius stans) beteiligt war.711 Wie sich zeigen sollte, waren ihre Geschäfte erfolgreich und sie erwirtschafteten über die gesamte Zeit Jahresdurchschnittsgewinne von 8,5%. Die Gesellschaft hatte von 1518 bis zum Tod Endris im Jahr 1537 Bestand, dann erfolgte die Abrechnung Lukas Rems mit dessen Erben. 703 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 33. Einen kurzen Hinweis dazu gibt auch Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 224. 704 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 36 und 74. 705 Ebd., S. 74. 706 Ebd. 707 Ebd.: Doch um die ledst bewilliget ich im um solch ausgesetzt zweifelhaft fl. 17.500 zuo geben die rata, was im zuo seim tail betreff ß .a. L. von fl. 12.500 und übernam al unser schulden zuo Antorff, Nierenberg, Ulm, Frankfurt, Adler, Spanien, Portugal, hie aussen, dero ain grosse soma waz, auf unsser sorg und wacknus, im alles on nachtail und schaden. 708 Ebd. 709 Ebd. 710 Ebd., S. 36. 711 Cordes, Spätmittelalterlicher Gesellschaftshandel, S. 15–23.

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Während der gemeinsamen brüderlichen Gesellschaftshandlung war dem Tagebuch zufolge eine gewisse Unstimmigkeit zwischen ihnen entstanden. Lukas Rem nahm nämlich für sich in Anspruch, Bedingungen bezüglich der Kapitaleinlagen, die üblicherweise zu Vertragsbeginn in das Geheimbuch der Gesellschaft eingetragen werden mussten und eigentlich damit für die Laufzeit der Gesellschaft festgelegt waren, auf schriftlichem Weg zu verändern. Dazu hatte er aus Ulm brieflich mitgeteilt, dass von seinen 36.000 fl. haptgut in gold712 während der Vertragslaufzeit seit 1. August 1535, 3.000 fl. zu (festem) Zins (ich lege von denen M/III fl. um zins713) und der Rest von 33.000 fl. zu Gewinn und Verlust (und vertrette nun M/33714) angelegt werden sollten. Als dann am 1. August 1536 die Hauptrechnung fällig wurde, hatte Lukas im gehaimbuch verenderong unsserrs vertrags gefonden715, demnach lag die gesamte Summe seines Hauptguts von 36.000 fl. zu Gewinn und Verlust in der Gesellschaft. Mit der Folge, dass im schlimmsten Fall bei Verlusten und einer gesamtschuldnerischen Haftung sein ganzes Geld verloren gewesen wäre. Lukas Rem akzeptierte diesen Umstand allerdings nur deshalb, weil die Gesellschaft mit gott gnad und hilf [...] 11 pro c[ent]o Gewinn gemacht hatte und Lukas Rem folgende Summe erhielt: Tuot mein tail gewin, gold fl. 3.960716. Sollte der Tagebucheintrag Rems tatsächlich der Wahrheit entsprechen – es spricht nichts dagegen – dann hätte es sich dabei um einen besonderen Vorgang gehandelt, denn die Kapitaleinlagen der Gesellschafter wurden grundsätzlich und eigenhändig in die Geheimbücher der Gesellschaft eingetragen, eine sozusagen vornotarielle Sicherheit717, um jede unabgesprochene Vertragsveränderung zu vermeiden. Es handelte sich also wohl um eine absolut unübliche Veränderung der Eintragung ohne Wissen des Lukas Rem. Seine Motivation ist jedoch unklar, möglicherweise wollte er die Buchführung seines Bruders Endris in der Augsburger Geschäftszentrale kritisch beurteilen – letztlich muss aber das Spekulation bleiben.

712 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 40. 713 Ebd. Bermerkenswert ist, dass der buchhalterisch auf dem aktuellen Stand geschulte und tätige Lukas Rem partiell noch in römischen Ziffern schreibt, diese Praxis also parallel noch gehandhabt werden konnte. 714 Ebd. 715 Ebd. 716 Ebd. 717 Erst seit Ende des 16. Jahrhunderts wird es in Augsburg zunehmend üblich, Verträge notariell beglaubigen zu lassen und beim Notar zu hinterlegen. Es handelt sich dabei um die Übernahme des in Italien üblichen Systems der notariellen Beglaubigung und Registrierung von Urkunden, Verträgen oder wichtigen Handelsakten, das nunmehr auch in Deutschland Eingang fand, zuletzt dazu Arlinghaus, Die Bedeutung des Mediums „Schrift“, S. 241f.

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3.3.2. Gewinne der Rem-Gesellschaft Die folgende Tabelle zeigt in knapper Form die Gewinne in Prozent, die die RemGesellschaft seit ihrer Gründung 1518 bis zu ihrem Ende, mit dem Tod Lukas Rems 1541 erwirtschaftete. Tabelle 12: Gewinne der ‚Lukas und Endris Rem-Gesellschaft‘ (Prozentangabe pro Zeitraum)

Jahre 1518–1521 1521–1525 1525–1527 1527–1528 1528–1530 1530–1532 1532–1534 1534–1535 1535–1536 1536–1537 1537–1540

Gewinn in % 24% 30% 4½% 23½% 23% 29% 17% 10% 11% 11% 21%

Gesellschafter Endris, Lukas, Hans Rem; Ulrich Honold; Jörg Meuting Endris, Lukas, Hans Rem; Ulrich Honold; Jörg Meuting Endris, Lukas, Hans Rem; Ulrich Honold; Jörg Meuting Endris, Lukas Rem; Ulrich Honold Endris, Lukas Rem; Ulrich Honold Endris und Lukas Rem Endris und Lukas Rem Endris und Lukas Rem Endris und Lukas Rem Endris und Lukas Rem Lukas Rem

Die Tabelle spiegelt eine insgesamt erfolgreiche Handlung wider, die bis auf einen kurzfristig rückläufigen Gewinnausschlag 1525–27 im Schnitt während der jeweiligen Laufzeit Gewinne zwischen 10 und 25% erreichte. Die negative Gewinnberechnung zwischen den Rechnungen vom 15. Juni 1525 und dem 30. Mai 1527 von 30% auf 4½% erklärte Lukas Rem mit der fehlenden Abrechnung aus Lissabon sowie etlichs edelgestain in Spania und ains kläglich trogeray718. Wahrscheinlich wurden daher aufgrund dessen die Gewinne erst nach 1527 realisiert. Neben der fehlenden Abrechnung der wichtigen Niederlassung aus Lissabon handelte es sich also um Verluste im Edelsteingeschäft und um nicht weiter spezifizierte Betrügereien. Hinzu kamen unspezifizierte Schäden, die sie in Lissabon erlitten hatten, sowie Transportschäden zur See und ungeschickt hendel unsserer diener, unmassig uncosten, sonder 2 bös gros schulden.719 Somit waren die 4½% Gewinn laut Rem noch ein großes Glück. Schon in der nächsten Rechnungsperiode konnte die Gesellschaft den Gewinn 1528 wieder auf 23½% steigern und blieb zunächst auf diesem Niveau. Zugleich verkleinerte sich die Gesellschaft vom Zeitpunkt ihrer Gründung 1518 von fünf Hauptgesellschaftern auf drei (seit 1527) und schließlich auf zwei (seit 1530) bzw. zuletzt nur noch auf einen Gesellschafter (seit 1537). Die personell verringerte Anzahl der Hauptgesellschafter ging zunächst einher mit einem verringerten prozentualen Gewinn von 29% auf 17%, dann 10%, 11%, der dann wieder auf 21% gesteigert werden konnte. Es handelte sich dabei um gute Gewinnmargen, wie 718 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 35. 719 Ebd.

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sich an der zunehmend erhöhenden Summe der Kapitaleinlage Lukas Rems in der Gesellschaft von 9.000 fl. im Gründungsjahr 1518 bis 54.000 fl. 1540 zeigen lässt. Vermutlich setzte Rem die Gewinne zu einer Kapitalerhöhung wieder in der Gesellschaft ein. Die in der Rem-Gesellschaft tätigen 24 Diener, die Lukas Rem auflistete, blieben im Laufe der Jahre mit einer durchschnittlichen Verweildauer von rund 10 Jahren in der Gesellschaft. Dies zeigt eine gewisse Beständigkeit der Mitarbeiterstruktur und trug sicher zum Erfolg der Gesellschaft bei.720 Ab 1537 führte Lukas Rem die Gesellschaft allein, er tat das, wie er schrieb, für seine Erben. Noch einmal ist im Tagebuch eine Abrechnung verzeichnet und aus dieser folgt, dass am 1. August 1537 aus der Summe des Hauptgutes von mittlerweile 42.000 fl. ein Gewinn von 21% erwirtschaftet werden konnte. Am 1. März 1540 schloss er mit 54.000 fl. Hauptgut in seiner Gesellschaft ab. Ein Jahr später am 22. September 1541 starb Lukas Rem. Als zusammenfassendes Resultat zeigt sich im Fall der Rem-Gesellschaft, dass nach Rems Bericht mit einer Verringerung des Gesellschafterkreises, verbunden mit einer kontinuierlich gleichbleibenden Handelsdienergruppe sowie durch erfahrene und erfolgreiche Handelstätigkeit eine, über längere Zeit brüderliche Familiengesellschaft erfolgreich geführt werden konnte. Die Rahmenbedingungen lagen in vertraglichen Bindungen, geschäftlicher Kompetenz und überregionaler gestreuter Handelstätigkeit, die gewisse mentale Schwächen und zwischenmenschliche Reibereien bei den Gesellschaftern auffangen konnten. 4. Der Schwiegersohn 4.1. Die Familien Herbrot und Manlich aus Augsburg Die Familien Herbrot und Manlich aus Augsburg stehen exemplarisch für die in vielen Fällen anfänglich erfolgreiche Verbindung zweier Familiengesellschaften durch Heirat. In diesem Fall allerdings – und daher ist er auch in diese Untersuchung aufgenommen – entwickelte sich die Eheverbindung im Laufe der Zeit nachteilig und es erwuchs aus ihr ein größerer Konflikt. Er konnte zunächst durch interne Vermittlung, letztlich aber erst durch die externe Schlichtung des Augsburger Rates gelöst werden.721 Die Herbrots stammten aus Breslau und kamen Ende des 15. Jahrhunderts722 von dort nach Augsburg, wo der Vater seinem Beruf als Kürschner nachging, um 720 Ebd., S. 71f. 721 Paul Hecker, Der Augsburger Bürgermeister Jakob Herbrot und der Sturz des zünftischen Regiments in Augsburg, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 1 (1874), S. 34–98; Seibold, Manlich, S. 34f.; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 386– 388; M. Isenmann, Nutzen und Schaden, S. 178ff. behandeln diesen Fall. Das Beispiel wird daher nur im Hinblick auf die Fragestellung dieser Untersuchung erneut aufgegriffen. 722 Chronik des Paul Hector Mair von 1547–1565, in: Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 32 (Augsburg, Bd. 7), S. 420. Zu Paul Hector Mair siehe Carla Kramer-Schlette, Vier Augsburger

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dann zusätzlich durch Geldgeschäfte schnell zu Reichtum zu gelangen. Die Familie schaffte dadurch den sozioökonomischen Aufstieg und gehörte zur Gruppe der sog. „Neureichen“723. Bereits im Jahr 1545 übernahm Jakob Herbrot d. Ä. († 1564) zunächst bis 1547 und erneut im Jahr 1552 das Amt des Bürgermeisters, er war Zunftmeister der Kürschner und wurde – obgleich Protestant – 1551 zum Königlichen Rat Ferdinands I. berufen.724 Zusammen mit seinen fünf Söhnen betrieb Herbrot in Augsburg die Kürschnerei und den Handel mit Pelzen weiter. Allerdings stellte sich im Laufe der Jahre heraus, dass zwei der Söhne, Hans und Matthäus, aufgrund ihrer „conditio“ nicht befähigt waren, die Geschäfte als Mitgesellschafter zu führen. Daher schloss sie Jakob Herbrot d. Ä. 1558 bei Abfassung seines Testaments wegen schwachait und unvermöglichait aus der Geschäftsführung wieder aus, zahlte ihnen ihren Pflichtteil und führte mit den drei anderen Söhnen, Jakob d. J., Hieronymus und Christoph, die Geschäfte fort. Nach dem Urteil des Vaters hatten sich diese ihm gegenüber gehorsam und treu gezeigt sowie im Handel und Gewerbe jederzeit fleißig mitgearbeitet.725 Diese Einschätzung sollte sich jedoch als Trugschluss erweisen. Als sich Herbrot aufgrund zahlreicher Konflikte innerhalb Augsburgs nach Lauingen zurückzog und dort fortan das Amt des pfalzgräflichen Rates ausübte, überließ er seinen Söhnen die Geschäfte. Sie führten diese allerdings schlecht weiter und häuften Schulden an. Da Jakob Herbrot d. Ä. für das Geschäft und somit für die Söhne gebürgt hatte, hielten sich die Gläubiger an ihn. Herbrot kam offensichtlich aus diesem Grund in die Stadt zurück, die Söhne flüchteten unterdessen aus der Stadt und überließen ihren Vater den Gläubigern. Diese sorgten dafür, dass er in Schuldhaft kam, wo er am 21. April 1564 starb.726

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Chronisten aus der Reformationszeit. Die Behandlung und Deutung der Zeitgeschichte bei Clemens Sender, Wilhelm Rem, Georg Preu und Paul Hektor Mair, (Historische Studien, 421), Hamburg 1970, S. 62–64. Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik, S. 109; Denzel, Professionalisierung, S. 423. Hecker, Jakob Herbrot, S. 39; Seibold, Die Manlich, S. 34. Der Aufstieg zum „Neureichen“ zeigt ein aufschlussreiches Schreiben Jakob Herbrots an Gerwig Blarer, Abt von Weingarten und Ochsenhausen (1520–1567), in dem er den Abt auffordert, dass dieser ihn: furan nicht mer dauzen solen, sunder [...] das mich eur gn[aden] nit mer fur ain armen geseln, sunder fur ain vermaynten herren zu halten wissen, Heinrich Günther (Hrsg.), Gerwig Blarer. Abt von Weingarten und Ochsenhausen. Briefe und Akten 1520–1567, (Württembergische Geschichtsquellen, 16/17), Stuttgart 1914/15, Bd. 2, Nr. 1178, S. 245; Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik, S. 129. Seibold, Manlich, S. 35. Nach Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 344: StA Lauingen, Nr. 3943: jederzeit gegen mir aller kindtlichen gehorsam, trew und underthenigkait und sonsten gegeneinannder bruederlicher lieb und ainigkaith, zum hoechsten beflyssen, erzaigt und gehalten. Zur abstufenden Beurteilung der Söhne u. a. auch nach dem Grad des Gehorsams und der Unterordnung vgl. ebd., S. 346f.; Denzel, The Merchant Family, S. 377 und das Fallbeispiel der Paumgartner, S. 157ff. Hecker, Jakob Herbrot, S. 95–97.

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4.1.2. Die Heiratsverbindung Auch mit der Wahl des Schwiegersohns sollte Jakob Herbrot keine glückliche Hand haben. 1534 verbanden sich die Familien Jakob Herbrot und Melchior Manlich d. Ä. durch die Heirat ihrer Kinder Marina Herbrot und Simon Manlich.727 Entgegen des Plans, durch die Verbindung für beide Seiten ökonomische und soziale Vorteile zu schaffen,728 entstanden den Familien daraus 1541 finanzielle und persönliche Konflikte, die erst in einem schiedsgerichtlichen Austrag vor dem Augsburger Rat beendet werden konnten.729 Simon Manlich war zunächst zur Familie Herbrot gezogen, mit dem Ziel, in der Gesellschaft des Schwiegervaters eine Position als Mitgesellschafter einzunehmen. Offensichtlich hatten jedoch der eigene vermögende familiäre Hintergrund und nun die reiche Familie Herbrot auf Simon nicht die erhoffte positive Wirkung. Ganz im Gegenteil: Die umfangreichen Geldmittel führten offensichtlich dazu, dass Simon Manlich zunehmend einen derart verschwenderischen und üblen Lebenswandel führte, dass er auf Betreiben seines Schwiegervaters Jakob Herbrot in das städtische Gefängnis verbracht wurde.730 Seine Ehefrau Marina weigerte sich zudem, die Ehe mit ihm weiter fortzusetzen.731 Wie gestört das Verhältnis zwischen Simon Manlich und seinem Schwiegervater Jakob Herbrot war, geht aus einer Supplikation um Entlassung hervor,732 die Simon 1543 während seines Gefängnisaufenthaltes an den Augsburger Rat geschrieben hatte und die sich an eine gleichzeitige Beschwerde seiner Familie beim Rat anschloss.733

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Seibold, Die Manlich, S. 34. Siehe dazu das Kapitel „Heiratspolitik“, S. 339ff. Seibold, Die Manlich, S. 32. In den Ratsprotokollen steht unter dem Jahr 1543: Herr Bürgermaister Welser hat einem ersamen rate referirt und antzaigt, warumb Simon Manlich uff ain thurn geschafft sey und steet die sach darauff, das Herbrod erbutig ist ainem ersamen zu seiner gelegenhait die verhandlung mundlich oder schriftlich nach [...] antzutzaig. StadtA Augsburg, Ratsprotokolle 17/II (1543), fol. 120v; Seibold, Die Manlich, S. 35. 731 Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 387 erwähnt noch, dass nach Klagen der Familie Manlich, Marina Herbrot ihren Mann „grundlos“ verlassen hätte „und obendrein dessen Silbergeschirr, Leinwand und andere Gegenstände mit sich genommen habe.“ 732 StadtA Augsburg, EWA, Nr. 383, Bl. 9–11. Diese Supplikation wurde offensichtlich schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts in einem Konvolut von Schmähschriften (Pasquillen) aufgenommen und schien zunächst keinen Bezug dazu zu haben. Diese Pasquillen waren gegen den in Augsburg beim alteingesessenen katholischen Patriziat verhassten protestantischen Zunftmeister Jakob Herbrot verfasst worden. Da die Supplikation seines Schwiegersohns Simon Manlich einen persönlichen Angriff auf Herbrot darstellte und im Ton der patrizischen Partei gefiehl, wurde sie wohl aufgrund dessen in diese allgemeinen Schmähschriften mitaufgenommen. Zu den Schmähschriften, siehe Hecker, Jakob Herbrot, S. 80ff. Zur mutmaßlichen Verfasserschaft Paul Hector Mairs, siehe die Einleitung zu Mairs Chronik, in: Chroniken der deutschen Städte Bd. 32 (Augsburg, Bd. 7), S. 417ff. 733 StadtA Augsburg, EWA, Nr. 383, Bl. 9: neben dem es aller menigklichen in diser statt mir zu höchster schmach offenbar auch F[ursichtige] E[hrbare] und W[eise] auch main gebrieder,

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Darin beschwerte sich Simon, welche Schmach er mit seinem von Jakob Herbrot veranlassten Gefängnisaufenthalt erleide, als habe er das höchst mallefitz recht begangen.734 Er beschuldigte des Weiteren seinen Schwiegervater posse[r] praticken und, dass er hinderrughs mein mir zu höchsten nachtail und spott thue.735 Simon bat daher, dass der Rat seinen Gefängnisaufenthalt beenden möge (will als darauff nochmalen mein höchste fleissige bitt einichen angesehen vurgenannter Herbrott unzeitlicher und unerfendtlichen dargebens auffrecht das gefengknus zu enndtmessigen und ledig gelassen werden736). Außerdem forderte er, dass das Unrecht, das ihm sein Schwiegervater angetan hatte, nach ordentlichem Recht und Gebrauch beurteilt und behandelt werden solle (Auch inn Herbrott mir umb die zugezogenen und beyvisnen iniurien, schmachungen, spott und inn verderben zu ordenlichen rechten und gebreichen ist zustellen und zu handthaben737). 4.1.3. Die Gefahr der „Desintegration“ Durch diese Entwicklung entstand eine heikle Konstellation, die sich zwischen zwei vermögenden Familien, die beide im Warengroßhandel, im Kredit- und Bergbauwesen engagiert waren sowie am politischen Leben in Augsburg partizipierten, zu einem unerwünschten Konflikt ausweitete. Es zeigte sich, dass eine Heiratsverbindung nicht nur zum Vorteil gereichen konnte, sondern durch Ehekonflikte die Gefahr der „Desintegration“ auftauchte und – in diesem Fall – aufgrund der Verschwendungssucht und Unzuverlässigkeit des Ehemanns Simon auch eine wirtschaftliche Gefahr bestand. Um einen solchen Konflikt nicht eskalieren zu lassen, suchten die Familien intern – zunächst erfolgreich – zwischen Jakob Herbrot und Simon Manlich zu vermitteln. Im Ratsprotokoll von 1544 heißt es dazu: Nach verlesung Simon Manlichs frundschafft unnd Jacob Herbrod gegeneinander eingelegtte schrifften.738 Beide hatten sich demnach schriftlich geäußert, wobei Simon offensichtlich Freundschaft versprach, um damit verlorenes Vertrauen wiederherzustellen. Auf Grund dessen wünschten sowohl Jakob Herbrot als auch Matthäus Manlich, nachdem Simon Urfehde geschworen hatte (Simon Manlich gegen ainer gewandlichen urphed739), ihn aus dem Gefängnis zu entlassen.740

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vatter und shweher jungstlich supplicacion inn sunderhait anzaigt und wir dabey vermeldt F[ursichtige] E[hrbare] und W[eise] von ambts und oberkaidt gebetten und angerufft worden. Ebd. Ebd., Bl. 9–10. Ebd., Bl. 10. Ebd. StadtA Augsburg, Ratsprotokolle 18/II (1544), fol. 2v. Ebd. Seibold, Die Manlich, S. 35; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 387f.

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4.1.4. Die Vermittlung Um die noch nicht gelösten Konflikte zu bereinigen, strebten Manlich und Herbrot in einem nächsten Schritt die externe Vermittlung in Form eines Güteverfahrens durch den Augsburger Rat an (auch etliche van rats wegen zu gutlicher underhanndlung zuervordern741). Dazu wurden die beiden Bürgermeister Hans Welser und Paul Wittelspeken benannt. Es handelte sich dabei um ein formloses Verfahren vor einem Ratsgericht, das dem Gedanken des Güteverfahrens ähnlich aus einer Vernehmung zur Sache bestand.742 Es ging vor allem um eine von Jakob Herbrot geforderte Bürgschaft. Es hatten sich Simons Schwager Ambrosius Jung, Jörg Regel und sein Vetter Melchior Ylsung bereit erklärt, als Bürgen aufzutreten, während sein Bruder Matthäus sich weigerte, Bürgschaft zu übernehmen (sich Mathis Manlich verwidert fur seinen bruder Simon Manlich purg zu werden erkanndt, das er derselben erlassen743). 1545 gelangten die Unterhändler mit den beiden Parteien zu einem Schiedsvertrag, zu einer sog. richtung.744 In der Präambel der Richtung rekurierten die Parteien zunächst auf die auslösenden Konstellationen des Konflikts. Dabei wurden der Zwist zwischen den Eheleuten, der Grund für den Zwist im übermäßigen Weingenuss und dem üblen Haushalten Simon Manlichs sowie die sich anschließende Trennung der Eheleute aufgeführt.745 Dieser Sachverhalt wurde durch Befragen der beiden Parteien und durch die sowohl mündliche als auch schriftliche Einlassung der Unterhändler und Augsburger Stadträte Hans Welser, Peter Sedeler und Paulus Wittelspeken ermittelt.746 Daraufhin kamen die Unterhändler zu einem Entscheid747 und forderten darin, dass jeglicher Zwist zwischen den Eheleuten beendet werden sollte. Ferner, dass Simon seinem Schwiegervater und dessen Frau Abbitte leisten748 und die Eheleute 741 StadtA Augsburg, Ratsprotokolle 18/II (1544), fol. 2v. 742 Vgl. Kapitel „Gerichtlicher Austrag“, S. 369ff. 743 StadtA Augsburg, Ratsprotokolle 18/II (1544), fol. 7v. Nach Seibold, Die Manlich, S. 35 hätten sein Bruder Matthias und seine Schwager Georg Regel und Dr. Ambrosius Jung sowie sein Vetter Melchior Ilsung für ihn gebürgt. 744 StadtA Augsburg, Ratsprotokolle 19/I (1545), fol. 97v–99r. 745 Ebd., fol. 99r: zwischen herrn bürgermeister Jacob Herbrot von wegen frau Marina seiner eerndochter an ainem unnd Simon Manlich irem ewirt auch seiner erbern frundschafft annderstaills, darumb widerwillen unnd spean zugetragen, das er Simon Manlich sich mit dem wein unnd dem daraus volgend menglen zuvil belauf auch mit antwurden seins guts zu milt ertzaigt unnd inn meer weg ubelgehalten. 746 Ebd., fol. 97v: Unnd wiewol ain ersamer rat beden tailn zu eerrn und gutem ire lieb burgermaister unnd ratsfrund herrn Hannsen Welser, Petern Sedeler und Paulsen Wittelspeken verordert, welche die partheyen mundlich und schrifftlich gehört und kainen vleis gespart, zwischen eenanten eeleuten und erbern frundschafft, versonung und richtigung zufungen. 747 Ebd., fol. 97v–98r: so ist doch die sach hinzulegen und zumessigen mitlich auff wolgedachten ainen ersamen rate mit der taill gutwillen und entlichem haimstellen komen, darauff hat ain ersamer rat wolbedenktlich inn diser sach rat schieden. 748 Ebd., fol. 98r: Zum anndern solll Simon Manlich seinem herrn Schweher und frau schwiger mit gemainen frundlich wort abpitten, was er schrifftlich oder mundtich und sonst wider sie gehanndlet, das sie ims vertzeihen wollen. Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 388.

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wieder als solche beieinander leben sollten.749 Weiterhin sollte Simon Manlich fortan seinem liederlichen Lebenswandel abschwören.750 Schließlich wurden finanzielle Vereinbarungen zwischen den Familien getroffen.751 Mit diesen vertraglich festgelegten Absprachen sicherten sich die Familie Herbrot und ihre Gesellschaft genauso wie die Familie Manlich in finanzieller, aber auch in ihrer gesellschaftlichen Position ab. Demnach sollte Simon so haushalten, dass er nicht das Hauptgut seiner Frau angreife, sonder von der nutzung lebe,752 d. h. von dem, was das Hauptgut an Ertrag abwarf. Außerdem durften sie weder Augsburg verlassen, noch ir burgerrecht auffgeben.753 Die Sicherung der finanziellen Basis der Eheleute gewährleistete ihre Verwandtschaft. So war Matthäus Manlich jetzt, nach der vertraglichen Absicherung bereit, für die Sicherheit der mit 5% verzinsten Einlage (haubtgut und widerlegung) seines Bruders Simon von 4.000 fl. in der Gesellschaft Herbrots (die viertausent gulden muntz so hern burgermeister Jacob Herbrod bisher umb funff gulden jerlich auffs hundert innengehabt, zu seinen handen zunemen754) zu bürgen. Auf der anderen Seite sicherte Jakob Herbrot die 4.000 fl. Heiratsgut seiner Tochter ungemindert zu erhalten (dochter heyratgut 4.000 fl. muntz bei seiner handen behalten auch purg und gut sein will, das solch haubtgut nit vermindert noch darin gegriffen755). Beide garantierten darüberhinaus, wenn auf diese Summen entweder durch Simon oder Marina Schulden gezogen würden, diese durch die jeweilige Familie zu erstatten (ob Simon Manlich schulden darauff gemacht hett, oder machen wurde und es clagten seine glaubiger darzu oder nit, darfur wolle er Mathis Manlich purg und gut sein [...] . wo schulden oder annder zuespruch durch sein dochter darauff gemacht wurden, das er und seine erben dieselben on mittel erstatten unnd betzalen soll unnd will756). Im Sinne eines beidseitigen Kompromisses versuchten die Familien immer beide Eheleute einzubinden und nicht nur die Verfehlungen Simons in den Vordergrund zu stellen. Daher wurde bei beiden diese potentielle Schuldenfrage geregelt. Dies sollte beiden Familien die Vertragsunterzeichnung erleichtern. In Artikel neun der Richtung bekräftigten daher beide Seiten, die ungeschmälerte und unveränderliche Sicherung der beiden Summen, damit kain irrung einfall757. Der Augsburger Rat sagte diese Sicherung zu, bis Jakob Herbrot, Simon

749 StadtA Augsburg Ratsprotokolle 19/I (1545), fol. 98r; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 388. 750 StadtA Augsburg Ratsprotokolle 19/I (1545), fol. 98r; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 388. 751 StadtA Augsburg Ratsprotokolle 19/I (1545), fol. 98r–v. 752 Ebd., fol. 98r; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 388. 753 StadtA Augsburg Ratsprotokolle 19/I (1545), fol. 98r; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 388. 754 StadtA Augsburg Ratsprotokolle 19/I (1545), fol. 98r–v; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 388. 755 StadtA Augsburg Ratsprotokolle 19/I (1545), fol. 98v; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 388. 756 StadtA Augsburg Ratsprotokolle 19/I (1545), fol. 98v. 757 Ebd., fol. 99r.

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Manlich und Marina ains anndern ainhellig unnd frundlich verglichen werden758. Damit sollte der Konfliktfall ausgeschlossen und beiden Parteien zugleich die Möglichkeit zu vertraglichen Veränderungen auf friedlichem Weg eingeräumt werden. Der Rat legte somit Wert auf die Feststellung, lediglich als vermittelnde Zwischeninstanz und Kontrollaufsicht tätig zu sein und ansonsten den Parteien eine autonome Streitbeilegung zu belassen. In Artikel zehn wird die Kontrollaufsicht daher spezifiziert und die Übertretung der Beschlüsse mit einem Strafmandat durch den Rat belegt: wo Simon Manlich dermassen dise versuenung [Versöhnung] unnd richtung, [...] oder Marina sein eewirtin ubertreten wurd, mit ernstlicher straff, mit stellung der pfleger unnd auffhebung der verwaltung irrs guts, nach gelegenhait der ubertrettung, gegen dem verbrechend taill yeder zeit furzufarn.759 Ebenso sieht sich der Rat zuständig, falls sich aufgrund der Auslegung des Vergleichs mißverstanndt oder zwayung760 bei den Parteien ergeben sollten. Der Rat erbietet sich in dem Fall, die Klärung der einzelnen Artikel zu übernehmen. Im Fall der Manlich und Herbrot Familie konnte durch intensive und zwischen extern und intern kombinierter Vermittlertätigkeit ein Vergleich zwischen den Eheleuten erstellt werden. Dadurch wurde die „Gefahr einer sozialen Desintegration“761, die den positiv erwünschten Effekt einer Heiratspolitik in ihr Gegenteil verkehren konnte, für den Augenblick abgewendet. Da Simon Manlich 1546 starb,762 sollte es ein status quo bleiben. 4.2. Im Angesicht des Konfliktes: Die Höchstetter und ihre Gesellschaftsverträge Die Entwicklung der Höchstetter-Gesellschaft in Augsburg und besonders ihr spektakulärer Bankrott 1529 wurden in der Forschung schon vielfach dargestellt und analysiert.763 Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung liegt der Fokus auf der zeitlichen Phase vor dem Bankrott und besonders auf der Strategie, mit der die Höchstetter, den dem Bankrott vorhergehenden, internen Konflikten entgegenzuwirken versuchten.764 Diese Konflikte können allerdings nur nachvollzogen werden, wenn zunächst in aller Kürze die ökonomische und die personelle Entwicklung der Gesellschaft aufgezeigt wird, da erst vor diesem Hintergrund die strategischen Bemühungen deutlich werden.

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Ebd. Ebd. Ebd. Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 386; Denzel, The Merchant Family, S. 375; M. Isenmann, Nutzen und Schaden, S. 182ff. 762 Seibold, Die Manlich, S. 35. Er hinterließ eine Tochter sowie ein „bescheidenes Vermögen“ von 13.200 fl. bis 26.400 fl., ebd., S. 34. 763 Zuletzt mit ausführlicher Literatur der Sammelband: Thomas Max Safley (Hrsg.), The history of bankruptcy. Economic, social and cultural implications in early modern Europe, (Routledge explorations in economic history, 60), London/New York 2013. 764 Siehe dazu zuletzt auch M. Isenmann, Before bankruptcy: Conflict solution strategies, S. 34ff.

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Seit 1403 sind die Höchstetter in Augsburg nachweisbar. Zunächst waren sie als Bleicher tätig, später übten sie das Handwerk der Gewandschneider aus und stiegen sodann als Handelsherren bereits 1467 an die 18. Stelle der reichsten Bürger in Augsburg auf.765 Vier Jahre zuvor wurde der später bedeutendste Vertreter der Höchstetter, Ambrosius († 1534), in Augsburg geboren. 1488 berichtete der Augsburger Chronist Clemens Sender über Ambrosius Höchstetter, der in dieser Zeit von Amsterdam nach Brügge gezogen und dort als Vertreter der Kaufmannsfamilie Höchstetter tätig war. Wie Sender berichtete, wurde in dem Jahr der künftige Kaiser Maximilian I. in Brügge von Vertretern der Zünfte und von Bürgern zunächst im Haus Kranenburg am Markt und wenig später im Gebäude Philipps von Kleve bei der St. Jakobskirche gefangengesetzt.766 Während der vierzehn Wochen währenden Gefangenschaft des Kaisers stand ihm Ambrosius Höchstetter zur Seite. Die Familie Höchstetter war offensichtlich mittlerweile ökonomisch schon in der Lage, dem Kaiser mit Krediten in dieser Notsituation auszuhelfen. Clemens Sender zufolge unterstützte Ambrosius Höchstetter den Kaiser sowohl in finanzieller, als auch in menschlicher Hinsicht. So konnte er die schmachvolle Zeit der Gefangenschaft des Kaisers durch die besen buben abmildern: Es hat sich ongefar auff diese zeit begeben, daß Ambrosi Hechstetter ain kauffmann von Augspurg, zu Brugk in der stat ist gelegen, der hat ain freien zugang gehept zu kinig Maximilian, der hat im vil geselschafft geleist und ergetzlichait gemacht, auch vil geltz gelichen, daß der frum kinig der besen buben, die sein hutten und verwarttoten, ungestiem, auffrierig, freffenlich und mutwillig leben und geschrei darmit stillet und guttiger machte.767 Die Verbindung zwischen Höchstetter und dem Habsburger während dieser für Maximilian I. dramatischen, von ihm nicht vergessenen und den Bürgern von Brügge nicht verziehenen Zeit der Gefangenschaft sollte für die Zukunft des Handelshauses der Höchstetter von nicht zu unterschätzender Bedeutung sein. So konnten sie auf die Unterstützung des Habsburgers hoffen, nachdem sie sich von ihrem erfolgreichen Engagement im Fern- und Textilhandel – vor allem flandrischer, Brabanter und nordfranzösischer (Arras) Tuche – sowie dem Gewürz- und besonders dem Pfefferhandel768 dem Bergbau zuwandten.

765 Kern, Höchstetter, S. 164f. 766 Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 47: Am letzten tag januarii ist der ro. K. Maximilian in seiner aigne stat Brugk von seinen aigen underthanen gefangen worden in Flander und fast uneerlich, übel und schmalich gehalten und tractiert worden, und haben in seiner mt. Gegenwirtigkait die graven und herrn, seine diener und hoffgesündt gepeiniget und mit der pein gefragt von kinig Maximilians regiment. Die von Brugk haben 60 böser buben verordnet, den kinig Maximilian zu verhietten und haben seiner diener kainen bei im gelaussen dann zum ersten lecht bis in 10, daranch 5. Zur Gefangenschaft Maximilians in Brügge siehe Hermann Wiesflecker, Kaiser Maximilian I., Bd. 1: Jugend, burgundisches Erbe und Römisches Königtum bis zur Allein-Herrschaft, München 1971, S. 209ff. 767 Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 47. 768 Kern, Höchstetter, S. 178.

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1490 fiel dem Kaiser Tirol zu, und da er stets hohen Geldbedarf hatte, wandte er sich um Kredite an die Höchstetter und vergab an sie im Gegenzug Bergwerksrechte in Tirol. Die Höchstetter unter Ambrosius stiegen zu bedeutenden Erzgroßhändlern und Montanunternehmern auf.769 1498 stand Ambrosius Höchstetter d. Ä. bereits an 29. Stelle der Augsburger Vermögen.770 Anfänglich bildeten die Höchstetter damit eine zunehmende Konkurrenz zu den Fuggern, bis sie mit ihnen 1517 ein gemeinsames Kupferkartell bildeten. 1520 konnten beide Handelshäuser zudem ein „Handelsmonopol für die gesamte Schwazer Kupferausbeute“ bilden, das ihnen ursprünglich durch Maximilian I. übertragen worden war. Hinzu traten Bergwerksbeteiligungen in Jenbach, Freiberg, Hornbach und dem böhmischen Joachimsthal.771 Parallel dazu erlangten die Höchstetter im Dezember 1524 ein, zunächst auf vier Jahre festgelegtes Quecksilbermonopol auf Idrianer Quecksilber, d. h. die Höchstetter hatten das exklusive Recht, sämtliche Quecksilberaufkommen der Idrianer Bergwerke, die ihnen die Gewerke zu einem von vorneherein festgesetzten Preis verkaufen mussten, zu einem höchstmöglichen Preis zu verkaufen. Im Gegenzug dazu erhielt das Haus Habsburg ein Darlehen von 300.000 fl. Diese Vereinbarung wurde am 1. Januar 1525 vertraglich festgelegt.772 Ambrosius Höchstetter versuchte allerdings vergeblich, weitere wichtige Quecksilbervorkommen im spanischen Alamdén zu übernehmen. Sie waren seit 1525 für drei Jahre von den Fuggern gepachtet (Maestrazgopacht) und sie stellten damit ein Problem für Höchstetters dort geplantes Quecksilbermonopol dar. Denn dadurch blieb er auf einem Teil seiner Quecksilberbestände sitzen, wie ein Darlehensgeschäft mit dem Brüsseler Hof zeigt. Dieser benötigte und erhielt von Höchstetter eine Anleihe über 200.000 Carolusgulden773 für die Zahlung des ausstehenden Soldes an habsburgische Soldaten. Ambrosius Höchstetter stellte die Summe jedoch nicht in bar zur Verfügung, sondern den Gegenwert seiner offensichtlich überreichen Lagerbestände an Quecksilber und Zinnober.774 Bis 1527 gelang der Höchstetter-Gesellschaft also ein steter ökonomischer Aufstieg, der 1529 ein vermeintlich jähes Ende fand. Es folgten Notverkäufe der Quecksilberbestände und damit einhergehend Gerüchte über mögliche Liquiditätsverluste.

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Ebd., S. 170ff. Strieder, Genesis, S. 17. Safley, Staatsmacht und geschäftliches Scheitern, S. 45. Strieder, Studien zur Geschichte kapitalistischer Organisationsformen, S. 295ff. Die weiteren Einzelheiten des Vertrages, die Strieder behandelt, können an dieser Stelle nicht weiter verfolgt werden. Siehe auch Safley, Staatsmacht und geschäftliches Scheitern, S. 46f. 773 Es handelt sich dabei um einen, von Karl V. am 4. Februar 1521 ausgebrachten Goldgulden (Florin d’or), als „(süd-)niederländisches Pendent zum Gulden rheinisch“, er ersetzte den Philippusgulden, Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch. S. 110. 774 Strieder, Studien zur Geschichte kapitalistischer Organisationsformen, S. 307, Safley, Staatsmacht und geschäftliches Scheitern, S. 49.

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Im Laufe des Jahres 1529 ließen die ungeduldig gewordenen Gläubiger Ambrosius Höchstetter, seinen Sohn Ambrosius d. J. und seinen Neffen Joseph arrestieren.775 Das führte dazu, dass eine Vielzahl der Gläubiger, Sender spricht von mindestens 300, versuchten, ihr Geld zurückzufordern: da solchs geschrei erschollen ist, dass der Höchsteter verdorben sei, da sind ob 300 glaubiger komen, die haben auch wellen zalt sein.776 Die wirtschaftlichen Katastrophen und diese Forderung führten letztlich zum Konkurs der Höchstetter-Gesellschaft.777 Der Besitz der Höchstetter wurde inventarisiert, wobei sie offensichtlich kurz zuvor ihre Handelsmarken an einigen Lagerbeständen ausgetauscht sowie „Vermögenswerte auf Faktoren übertragen und dadurch dem Zugriff der Gläubiger entzogen“ hatten.778 Die Geschäftsbücher waren (und blieben bis heute) allerdings unauffindbar, lediglich Abschriften, die für den anschließenden Prozess angefertigt wurden, haben sich erhalten.779 Auch während des Konkursverfahrens von 1529–1531 blieben Ambrosius d. Ä. und sein Sohn Ambrosius d. J. sowie sein Neffe Joseph gefangen. Der Schwiegersohn Hans-Franz Paumgartner und der ältere Sohn Joachim d. Ä. hatten sich durch Flucht entzogen (sein älterer sun Joachim und Franz Paungartner, sein tochtermann, hetten sich haimlich darvon gemach, als die sag was, mit vil guts780). Joachim hatte sich Senders Chronik zufolge mit 10.000 fl. zum König von Dänemark abgesetzt, während Hans-Franz 70.000 fl. mitnahm.781 Nach Clemens Sender konnte im Verlauf des Verfahrens ein Vertrag aufgesetzt werden, demzufolge die hauptsächlich für den Konkurs verantwortlichen Joachim und Hans-Franz 6.000 fl. aufbringen sollten, um einen Beitrag zur Befriedigung der Gläubigerforderungen zu leisten.782 1532 kam der Fall vor das Reichskammergericht, während der Augsburger Stadtrat den Verkauf des noch vorhandenen Besitzes der Höchstetter durchführte, 775 Zuletzt aus der vielfältigen Forschungsliteratur zu diesem weithin Aufsehen erregenden Fall Safley, Staatsmacht und geschäftliches Scheitern, S. 49ff. und ders., The Höchstetter bankruptcy of 1529 and its relationship to the European quicksilver market, in: Ian Blanchard / Philipp Robinson Rössner (Hrsg.), Cities – coins – commerce. Essays presented to Ian Blanchard on the occasion of his 70th birthday, (Studien zur Gewerbe- und Handelsgeschichte der vorindustriellen Zeit, 31), Stuttgart 2012, S. 149–166; M. Isenmann, Before bankruptcy: Conflict solution strategies, S. 34ff. 776 Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 221. 777 Kern, Höchstetter, S. 192; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 280; Safley, The Höchstetter bankruptcy of 1529, S. 149–166. 778 Nach Safley, Staatsmacht und geschäftliches Scheitern, S. 49 war ihnen dabei die „Tiroler Regierung behilflich“. 779 StadtA Augsburg, Stadtgericht, Falliment Höchstetter. 780 Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 222. 781 Ebd. 782 Ebd., S. 230: aber Joachim Hechsteter und Franz Hans Baungartner als die, so die merer ursach der gemelten Hechsteter verderbens gegeben und das gesellschaftsgelt unnutzlich verschwendt, jeglicher 6.000 gld., nämlich so offt sie über 2.000 gld., obberierter maß überkomen, dieselbigen 2.000 gld. so lang, bis die 6.000 gld. erfilt werden, on alle einred, waigerung, auszug, rechtbot oder ander verhinderung.

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um eine allerdings letztlich nicht ausreichende Befriedigung der Gläubigeransprüche zu gewährleisten. Ambrosius starb 1534 im Gefängnis, Ambrosius d. J. und Joseph Höchstetter wurden erst 1544 entlassen.783 Vielfältige Phänomene lösten den Bankrott der Höchstetter aus, der den Zerfall der Gesellschaft nach sich zog. Kurz zusammengefasst wurden bisher ökonomische Ursachen wie Überschuldung, falsche Geschäftsstrategien, Risikogeschäfte im Kredit- und Warenhandel sowie nicht erfüllte Hoffnungen in Bezug auf Monopolvorhaben und Ausbeutung im Bergbaubereich dafür verantwortlich gemacht. Außerdem dürfte auch die personelle Schwäche der Gesellschaft eine weitere Ursache für den Bankrott sein. Sie äußerte sich vor allem in der unbeständigen mentalen Verfasstheit und Unzuverlässigkeit einzelner Gesellschafter und führte zu vehementen Konflikten, die für die Gesellschaft im Laufe der Jahre zunehmend belastend und gefährlich wurden. Schon Clemens Sender schrieb in seiner Chronik, dass der Fall der Höchstetter-Gesellschaft sowohl im ökonomischen, als auch im personellen Bereich gelegen hatte. So glaubte er, dass ein verlustreicher Quecksilberkauf784, der Verlust einiger Schiffsladungen mit spezereien, die einem Warenraub durch Straßenräuber zum Opfer gefallen waren, der Höchstetter-Gesellschaft allein nicht geschadet hätten (doch dieser unfall aller het im nit geschadet785), wenn sich die Familie ansonsten zuverlässig und rechtschaffen verhalten hätte (wa seine aigen sün und seines bruders sun hetten sich rechtschaffen gehalten und zimblich zu dem iren gesechen786). Sender sah Ambrosius d. Ä. selbst wegen dessen verschwenderischen Lebensstils787 als Mitverursacher an (Ambrosi Hechsteter hat in allen kinkreichen und landen das quecksilber auffkaufft, theurer dann der gemein kauff was, [ein zentner] um 8 fl, damit er durch diese listigkait die andern kauffleut truckte. Da er aber das quecksilber gar in sein hand het bracht, gab er ein zentner um 14 fl.788). Auch die Verschwendungs- und Spielsucht des Sohns Joachim und des Schwiegersohns Hans-Franz Paumgartner waren weitere gefährliche Mitauslöser im Vorfeld des Bankrotts. Schließlich hatten der jüngere Ambrosius und Joseph, der Neffe Ambrosiusʼ d. Ä., auch ein übel haus gehept, aber doch nit also übel wie die andern zwen.789 Das sollte sich für das anlaufende Konkursverfahren und vor allem auf die Bereitschaft der Gläubiger, Zahlungsaufschub zu gewähren, verheerend auswirken.790 Angesichts dieser Sachlage und des sich daraus entwickelnden Bankrotts steht im Folgenden einer der strategischen, letztlich jedoch vergeblichen Versuche der 783 Safley, Staatsmacht und geschäftliches Scheitern, S. 50. 784 Kern, Höchstetter, S. 192–193; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 280 handelte es sich dabei um den letzlich vergeblichen Versuch, ein Quecksilbermonopol aufzubauen. 785 Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 220. 786 Ebd. 787 Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 278. 788 Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 220. 789 Ebd., S. 221. Mit andern zwen waren Hans-Franz und Joachim gemeint, siehe weiter dazu unten S. 285. 790 Krag, Die Paumgartner, S. 56.

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Höchstetter im Fokus, mithilfe von zwei erhaltenen, entsprechend modifizierten Gesellschaftsverträgen aus den Jahren 1514 (1515)791 und 1524792, dieser im Resultat ruinösen Entwicklung von vorneherein entgegenzuwirken. 4.2.1. Bartholomäus Rem und die Höchstetter-Gesellschaft Bis 1514 bestand die personelle Zusammensetzung der Höchstetter-Gesellschaft im Kern aus direkten Familienmitgliedern, den Brüdern Höchstetter mit Georg d. Ä. († 1514), Hans († 1527) und dem jüngsten Bruder Ambrosius. Sie schlossen sich als „Georg und Ambrosius Gebrüder“ zusammen. Als Mitarbeiter, Handelsdiener und Buchhalter waren entfernte Verwandte oder auch familienfremde Teilhaber beschäftigt, wie z. B. Bartholomäus Rem († 1525) sowie dessen Brüder Hans und Ludwig Rem. Bartholomäus oblag die Buchhaltung, er war außerdem mit einer Einlage von 900 fl. zu Gewinn und Verlust am Kapitalstock der Gesellschaft beteiligt.793 1514 trennten sich die Rem-Brüder und die Höchstetter im Konflikt um strittige Gewinnabrechnungen. Bartholomäus Rem beanspruchte dabei aus sechs Jahren 33.000 fl., die Höchstetter gestanden ihm jedoch nur 26.000 fl. zuzüglich 2.000 fl. Aufwandsentschädigung zu. Damit war Rem nicht einverstanden und ging einen mehrjährigen Konflikt ein, der ein vorläufiges Ende am 7. Oktober 1517 vor dem Augsburger Vogt und Stadtgericht fand. Dieses urteilte, dass die Höchstetter 28.000 fl. zuzüglich 2.000 fl. zahlen sollten.794 Die Höchstetter akzeptierten den Entscheid, Rem hingegen nicht und wandte sich in dieser Frage später sogar an den Kaiser. Der weitere Fortgang soll hier aufgrund der fehlenden thematischen Relevanz nicht weiter verfolgt werden. Der Konflikt selbst hatte allerdings immer wieder Konsequenzen für die Vertragsgestaltung der Höchstetter-Gesellschaft, mit dem Ziel solche Auseinandersetzungen in Zukunft zu vermeiden. 791 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 80–91. Der Vertrag selbst ist auf den 19. Dezember 1515 datiert, der Gesellschaftsbeginn war jedoch der 1. April 1514. Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften, S. 138, 402; Hildebrandt, Unternehmensstrukturen, S. 102, Anm. 42; Häberlein, Augsburger Großkaufleute, S. 49. 792 Mayer, Die ‚Fürlegung‘, S. 113–119; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 39ʼ–48ʼ. 793 Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 147. Sender beschrieb den ganzen Fall ausführlich, S. 146–149. Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 92–94 zitiert ihn wörtlich. 794 Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 147. Wie Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 213 berechnet, hätte es sich damit um einen jährlichen Durchschnittsgewinn von 500-600% gehandelt. Allerdings bleibt diese Berechnung der prozentualen Gewinnhöhe sehr unsicher, da zu viele Faktoren unklar sind, nicht zuletzt die Einlagehöhe der Brüder Hans und Ludwig. Wie aus einem späten, 1522 unter dem Vorsitz von Jakob Fugger ausgehandelten Vertrag hervorgeht, wurden Bartholomäus schließlich 19.000 fl. zuzüglich 720 fl. Kosten, Hans und Ludwig Rem zusammen 4.500 fl., also insgesamt 24.220 fl. zugestanden. Die prozentualen Gewinnansprüche können auch daraus nicht rekonstruiert werden, da die Einlagenhöhe von Hans und Ludwig auch zu diesem Zeitpunkt unbekannt sind.

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4.2.2. Der Gesellschaftsvertrag vom 1. April 1514 (19. Dezember 1515) Am 1. April 1514 konstituierte sich die Höchstetter-Gesellschaft nach dem vom 19. Dezember 1515 erhaltenen Gesellschaftsvertrag erneut für sechs Jahre und endete am 1. Januar 1520.795 Das Vertragsschriftstück wurde nach Niedermayr, der es 1982 publizierte, von zwei Händen abgefasst. Die Präambel, einschließlich der wesentlichen Artikel 1 und 2, die die personelle Zusammensetzung umfassen, sind von Ambrosius Höchstetters d. Ä. eigener Hand, die restlichen 21 Artikel hat der Mitgesellschafter Stefan Gabler, Höchstetter-Vertreter in Nürnberg,796 geschrieben. Die Präambel ist ein wesentlicher Bestandteil des Vertrags, darin nehmen die Höchstetter auf die strittigen Vorgänge um die vorherige Gesellschaft und Bartholomäus Rem Bezug: auch forygen geselschaft, so wyr mitt vor ernentten Jerg Höchstetter dem eltern sellygen in zeytt seines lebens und darnach auf sein absterben, dessgleichen Barteleme Rem mitt ettlichen vergietten gehapt haben, und thon kundt allermeniklych mitt dyssem brieff alless wyr gemelten hierfor etlichen jaren samptt ernentten Jergen Höchstetter seligen und Bartolme Rem inn geselschaftweyss mitt ainander ettlychen jar verbunden und nach verainygung unsser gedüng und verschreybungen veraindt gewössen sind, die selb geselschaft und veraynigung sych dan auf den ersten tag dess monaz Abryll in dem fünfzehenhundersten und in dem fiertzechendem jar geendett hatt […].797 Aus diesem Absatz wird ersichtlich, dass die alte Gesellschaft am 1. April 1514 geendet hatte und somit auch die Beteiligung des Bartholomäus Rem. Es schließt sich eine, in ihrer Ausführlichkeit für Gesellschaftsverträge ungewöhnliche Schilderung vom geordneten Abschluss der alten Gesellschaft an. Die Höchstetter befürchteten möglicherweise noch weitere Auseinandersetzungen mit Bartholomäus Rem und versuchten daher, diesem durch äußerst penible Ausführungen bezüglich des vergangenen und beendeten Gesellschaftshandels, die eigentlich in einem Folgevertrag nicht notwendig waren, von vorneherein die Grundlage zu entziehen. Georg d. J., Wilhelm und Sigmund Höchstetter versicherten deshalb vertraglich, dass sie in Augsburg wegen der alten Gesellschaft ihres verstorbenen Vaters Georg d. Ä., zu der auch Bartholomäus Rem gehört hatte, und ander sachen kaufmannshandel, -gewerb und -handierungen halben798, die in der Vergangenheit aber auch in Zukunft anzutreffen wären, zusammengekommen seien und alles anders

795 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 81 las: auf den Ersten tag dess monaz Zenner, der In fünftzechenhundertsen und zwaintzigesten Jar sein wyrtt. Es handelt sich bei „Zenner“ eigentlich um Jenner (Januar), wie auch aus dem Rückbezug im übernächsten Vertrag von 1524 deutlich wird. Hier heißt es in der Präambel über den Zeitraum der gemeinsamen Gesellschaft die bey- unnd miteinannder inn gesellschafft gewesen sendt von dem ersten tag des monatz Jenner anno 20 bis auf den ersten des monatz Jenner anno 24, Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 39ʼ. 796 Stefan Gabler lebte in Nürnberg, Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 77 und 80. 797 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 81. 798 Ebd.

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[...] nijx ausgenommen [...] ein ganz gemain jenneroll und folcomenlychen hauptrechnung799 durchgeführt hätten. Im Vertrag betonten sie mehrfach, dass diese Abschlussrechnung woll betrachlych fürgenomen, gemacht, beschlossen und geendet worden sei und daher gegenseitige Forderungen der ehemaligen Gesellschafter und Rem nach der Abschlussrechnung vollständig befriedigt seien und auch in Zukunft sein werden (daran wie dan all und ein jetlycher in sunderheytt mitsamt Barteleme Rem und wyder einander ein follygess und ganz genyegen gehaptt und noch habend auch hinfuren haben sollen und wollen800). Diese Tatsache war den Höchstettern besonders wichtig und um jede mögliche Auseinandersetzung wegen strittiger Schluss- und Gewinnrechnung zu vermeiden, betonen sie nochmals die ordnungsgemäße, völlige Liquidierung und präzisierten erneut, dass die Gesellschafter aufgrund dieser folkomen Generalrechnung, die das hauptgut, gewinnung, nutzung, verlust, zerung und sunst von aynicher vergangen sachen wegen801 keine Änderung, auch keine klag, forderung, ansprach, irung oder einspruch, also den gerichtlichen Austrag suchen dürften. Darüberhinaus hatten sich die Gesellschafter in diesem Vertrag gantzlich und gar und ganz gegen einander begebend und verzygen [...] krafft dyss briefz.802 Die ausführliche Versicherung innerhalb des neuen Gesellschaftsvertrags über die ordnungsgemäße Liquidation der alten Gesellschaft, mit allen Präzisierungen und der mehrfachen Zusagen ihrer Einhaltung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, stellte eine Versicherung für die neue Gesellschaft dar, nicht mit alten Forderungen und Konflikten belastet zu werden. Der Schwachpunkt dieser vertraglichen Fixierung lag allerdings darin, dass nur die neuen Gesellschafter, nicht aber die zentrale Person Bartholomäus Rem diese Vereinbarung beschlossen hatten und sie damit für Rem nicht bindend sein musste. Tatsächlich waren die strittigen Punkte für ihn 1514 wie oben geschildert keineswegs geklärt. Lediglich innergesellschaftlich konnte es sich hier um eine bereinigende Maßnahme handeln, die den Anfang einer neuen Gesellschaft ermöglichte. Diese neue Gesellschaft wurde laut des Vertrags nach dem Tod von Georg d. Ä. Höchstetter 1514 am 1. April desselben Jahres gegründet. Ihr Name lautete Ambrosius und Hans gebrüder, die Höchstetter und geselschaft.803 Im Gesellschaftsvertrag wurden sodann die Hauptgesellschafter benannt. Es handelte sich neben der Kernfamilie, den Brüdern Ambrosius und Hans sowie ihren jeweiligen Söhnen Georg d. J., Wilhelm und Sigmund Höchstetter auch um die familienfremden Philipp Gassner und Stefan Gabler.804

799 800 801 802 803 804

Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Gassner kam aus einer vermögenden Familie in Augsburg und war bis 1507 Faktor der Fugger in Nürnberg, Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 77 und 80.

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Diese entschieden dann sameklich und mit gutem willen805, Lukas Rem († 1522)806 sowie Hans Ungelter aufzunehmen. Höchstetter nehmen sie aus Freundschaft und aufgrund ihrer offensichtlich schon gezeigten beruflichen Fähigkeiten als Mitgesellschafter auf (auss guter freundschaft und najgung, auch um irer getrüwen dienst und fleissig bet wyllen, zu unssern rechten mitt geselschafter angenomen807). Speziell für Lukas Rem galten dieselben Rechte und Pflichten wie für die anderen Mitgesellschafter (dass der genant Laucass Rem mijtt allen sachen und massen gehalten sol werden wie unsser ainer obgenannten gehalten wyrd808), außerdem standen ihm auch eine Fürlegung zu, wobei der genaue Betrag aus dem Vertrag nicht hervorgeht. Es heißt dort lediglich: mjt dem drytten und fierden pfennig fyrlegung809. Nach Niedermayr waren damit von der individuellen Kapitaleinlage, mit der Lukas Rem an der Gesellschaft beteiligt war und die wiederum im khaimbuch810 (Geheimbuch) der Gesellschaft aufgeschrieben werden musste, „30 oder 25% zu leisten“811. Artikel 3 und 4 befassen sich mit dem Geheimbuch der Gesellschaft, in das die Einlagen der Mitgesellschafter eingeschrieben werden mussten und das, genauso wie alle anderen Geschäftsbücher, in Ambrosius d. Ä. behausung und gewelb in

805 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 81–82. 806 Es handelt sich bei diesem Lukas Rem wohl um den Sohn des Ägidius Rem und nicht um Lukas Rem, den weiter oben behandelten bekannten „Tagebuchschreiber“, anders Hildebrandt, Unternehmensstrukturen, S. 102, Anm. 42 und Häberlein, Augsburger Großkaufleute, S. 49. Diesen zufolge wäre Lukas Rem seit 20 Jahren in der Welser Gesellschaft gewesen, aus der er 1517 im Konflikt ausschied, zugleich hätte er „bereits 1515 einen Gesellschaftsvertrag bei Höchstetter mitunterschrieben“, was Lukas Rem in seinem Tagebuch wohlweislich verschwiegen hätte. Für die obige andere Identifizierung Lukas Rems spricht, dass, als dieser im Jahr 1522(!) starb, nach seinem Tod sowohl die Gebrüder und seine Vettern, Endris, Lukas (Tagebuchschreiber † 1541), Hans und Ägidius Rem sowie ein weiterer Vetter, ebenfalls namens Lukas Rem († nach 1527), auf der einen Seite, als auch die Höchstetter Gesellschaft auf der anderen Seite, Anspruch auf sein Erbe erhoben, Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 5758. Die Höchstetter konnten diesen Anspruch aufgrund der engen vorhergehenden gesellschaftlichen Beziehungen geltend machen und auch durchsetzen, denn in einem „Auszug aus dem Höchstetterschen Geheimbuch“ vom 1. Januar 1524 taucht folgender Posten auf: mer so der Alt Höchstetter von Lucas Remen säligen zhu seinem Teil ererbt hatt fl. 429, siehe Kern, Höchstetter, S. 186. Außerdem ist es wenig wahrscheinlich, dass eine Person zugleich in zwei großen Augsburger Gesellschaften in fast identisch verantwortlichen Positionen mit ausdrücklichen Einblicken in die Interna auch noch zwei entsprechende Verträge in den Gesellschaften unterschrieben hätte. 807 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 81f. Welche Dienste sie für die Höchstetter bereits übernommen hatten, lässt sich allerdings aufgrund fehlender Akten nicht klären, da sämtliche Geschäftsbücher der Höchstetter verloren sind, Safley, Staatsmacht und geschäftliches Scheitern, S. 41. 808 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 82. 809 Ebd. 810 Ebd., S. 82. 811 Ebd., S. 78.

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ainer truchen uner geselschaft zuo getriuwen bewarung gepraucht, gelegt und enthalten werden sollte.812 Zur Sicherheit dieser Geschäftsunterlagen wurden die Truhen mit fier schlösser und fier schlüßell813 abgeschlossen, drei davon gehörten den Brüdern Ambrosius, Hans und Georg, der vierte Schlüssel stand bei Bedarf der Einblicknahme in die Geschäftsbücher den restlichen Gesellschaftern zur Verfügung. In Artikel 6 des Gesellschaftsvertrags von 1515 wird die Entnahme des Hauptguts aus notturft geregelt, demnach dürften die neun Mitgesellschafter nicht mehr als ⅓ ihres Anteils und zugleich höchstens 300 fl. entnehmen.814 Damit sollten übermäßige Kapitalentnahmen, die im äußersten Fall das Gesellschaftsvermögen schädigen konnten, vermieden werden. Vor dem Hintergrund der Konflikte in der jüngsten Vergangenheit wiederholten die Gesellschafter in ihrem Vertrag mehrfach die Motivation und ethischen Verpflichtungen für ihre Gründung und den Gesellschaftszweck der kaufmanns-handel -gewerb und handierungen.815 In diesem Zusammenhang gehört auch eine gegenüber dem späteren Vertrag von 1524 noch knapp gehaltene Verschwiegenheitsklausel, durch die die Mitgesellschafter aufgefordert wurden, ein jetlicher geselschafter und unser geselschaft haimlichajt und handlung njemands weder fremden noch freunden gantz nicht weder wenig noch fill offenbaren, sunder das zu gutter geheim pei im und untter uns behalten.816 Es wurde also ausdrücklich in dem Vertrag festgehalten, dass die Geschäftsangelegenheiten der Gesellschaft verschwiegen behandelt werden sollten und davon in keiner Weise außerhalb der Gesellschaft berichtet werden dürfe. Die Verschwiegenheitspflicht war grundsätzlich für die Gesellschaften zum Schutz ihrer Geschäfte oder auch zur Geheimhaltung ihres Gewinn- und Verluststatus notwendig, im Höchstetter-Fall könnte dieser Artikel auch im Zusammenhang mit den 1514 noch laufenden Konflikten um ihren ehemaligen Mitgesellschafter Bartholomäus Rem und seinen hohen finanziellen Forderungen aus Gewinnen stehen.817 Durch diese Klausel konnte die aktuelle finanzielle Situation aufgrund der Geheimhaltung verschleiert, verschwiegen und geschützt werden. Im anschließenden Artikel 9 verpflichteten sich die Gesellschafter, durch den beschworenen Eid, den gesamten Waren- und Geldhandel, den die Gesellschaft durchführe fleijssigst, trüllichst und pest handlen, wie das unsre geselschaft zum nützlichsten und fruchtparsten sein kann und mag.818 Die ethischen Ideale Ehre, Einigkeit, Friede und ‚zum Besten der Gesellschaft handeln‘ werden erneut in Artikel 14 aufgegriffen: Domit auch dise unser geselschaft mit gutter erberkajt und fridsamer ainigkajt dester pesser unterhalten, auch dester minder zertrent, degleichen auch der geselschaft nachtajll zum pesten ver-

812 813 814 815 816 817 818

Ebd. Ebd. Ebd., S. 83. Ebd., S. 81. Ebd., S. 84. Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 343. Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 85.

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hütt werden müg, so haben wjr uns unnter und gegen einander veraindt und verpflicht. In diesem Zusammenhang wurden auch Regelungen für den Konfliktfall sowie die Schadensabwehr getroffen und wie zu verfahren sei, wenn sich einer der Gesellschafter in wissentlich weg ungepürlich, unerberlich oder schentlich halten und erzaigen würd819 und der Gesellschaft daraus Schaden und Nachteil entstünde. In dieser Situation wurde die maßgebliche Stellung des Ältesten der Gesellschaft, Ambrosius d. Ä. deutlich, denn er behielt sich vor, denjenigen aus der Gesellschaft zu entlassen, der sich unehrbar gegen die Interessen der Gesellschaft stellte: zuo jeder zejt der Eltest Höchstetter [Ambrosius d. Ä.] unser gemainen geselschaft kauffmans handlung und gewerb halben gantze rechnung zuo geschechen begern und erfördern […] der sich also obengemelter gestalt wjderwertig, unerber und ungepürlich erzajgt hatt aus der geselschaft zuo setzten und zuo urlauben.820 Dem Entlassenen solle dann zu den Zahltagen in vier oder fünf Frankfurter Messen sein Hauptgut und Gewinnanteil ausgezahlt werden (im sein hauptgutt und anders, was im nach vermögen solcher rechnung gepueren würdt, […] zuo bezallen.821 Ferner solle er bestraft werden, indem ihm das weitere Kaufmannshandeln untersagt würde (derselben, der also stroffenlich gehandlet hett, nach gestalt der sachen und seiner verhandlung ferer auch zuo straffen wjder das alles und jetliches, dan derselb gantz nichtz handlen, fürnemen noch thon822). Im Vertrag konkretisierten die Gesellschafter, was unter widerwertigen, unerbaren und ungebürlichem Verhalten verstanden wurde. Demnach fiel darunter, wenn ein Gesellschafter die Geschäfte verwahrlosen ließ, ferner durch sein unfleiß [die Geschäfte] versaumpt hett823. Den Schaden, den er verursachte, solle er erstatten, damit der Gesellschaft kein finanzieller Schaden daraus entstehe824. Eine kleine Einschränkung gab es allerdings, wenn der fragliche Gesellschafter bei seinem Eid schwöre, dass nicht durch sein Verschulden der Schaden entstanden sei. In diesem Fall würde der Schaden aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter beglichen werden.825 Auch in Artikel 10 wird der Konfliktfall thematisiert und wie dann vorzugehen sei. Sollten innerhalb der Gesellschafter Streit und Aufruhr mit Worten und Werken auftreten (dass einer oder mer untter uns mitgesellen, umb was sachen das werre, die geselschaft berürendt mit und gegen einander wjderwillig oder auffrüerig würden und solchens sich mit wortten oder wercken zertrüge826), so sollten die Gesellschafter beide Streitparteien ermahnen und den Konflikt möglichst gütlich beilegen (sollent die hern und geselschafter,[…] nach pajden taijlen genugsamlich beschaidt vergonen und darauff gütlich entschajden827). 819 820 821 822 823 824 825 826 827

Ebd., S. 87. Ebd. Ebd. Ebd., S. 79 und Zitat S. 87. Ebd., S. 87. Ebd. Ebd. Ebd., S. 85. Ebd.

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Der Konflikt sollte nicht nach außen getragen, sondern intern geregelt werden (darpej auch baid tajll ungewaijgert belejben sollen und innerhalb noch außerhalb unser geselschaft spruch und vertrag kain taijll noch imant von jrent wegen wejtter angfacht werden pej gutter trewen828). Die Gesellschafter strebten in der Regel ein Güteverfahren an, das eine interne Regelung begünstigte. Im Hintergrund stand dabei die Sorge vor Gerüchten und rufschädigender Nachrede, die Gesellschaft sei nicht vertrauenswürdig, zuverlässig oder nicht liquide. Für das Ausbrechen von Konflikten war häufig eine strittige Generalrechnung verantwortlich, in der die Gewinne ermittelt wurden. Die Höchstetter hatten mit Bartholomäus Rem gerade diese Erfahrung gemacht. Daher wird dieser Punkt im Vertrag mehrfach thematisiert, so auch in Artikel 13, in dem festgelegt wird, wie im Fall, dass sich einer der Gesellschafter über das Ergebnis der Generalrechnung bezüglich der achtung, messigung oder schatzung der pfenbert oder schulden829 beschweren würde, verfahren werden solle. Der Gesellschafter wurde verpflichtet, den ihm gepürenden tajll und hauptguot anzunemen830. Das bedeutete, er hatte keine Möglichkeit, das Ergebnis anzufechten, er konnte nur entweder seinen Anteil entsprechend seiner Einlage (pro rata) akzeptieren oder diese mit seinem errechneten Gewinnanteil in der nächsten (neuen) Gesellschaft einlegen. Nach dem Ende der neuen Gesellschaft sollten die Einlage und der entsprechende Gewinn ausgezahlt werden.831 Auch in Artikel 11 und dem zugehörigen Artikel 12 wird die Vermeidung von Konflikten thematisiert. Die Gesellschafter gehen darin von der Vorstellung aus, dass genügend Zeit am Ende der laufenden Gesellschaft für eine möglichst reibungslose Erstellung einer unbestrittenen Generalrechnung sorgte. Die Höchstetter setzten dabei auf die für die Gesellschaftsverträge dieser Zeit eher selten vorkommende Variante einer Karenz- oder auch Übergangszeit.832 Diese Karenzzeit sollte bereits ein Jahr vor Ablauf des Gesellschaftsendes beginnen und verpflichtete die Gesellschafter dazu, während dieser Zeit erstens bei keiner anderen Gesellschaft tätig zu sein833 und zweitens währenddessen keine Konflikte auszutragen, sondern im Gegenteil dafür zu sorgen, den ordnungsgemäßen Abschluss der Gesellschaft vorzubereiten. Dazu gehörte eine genaue Bestandsaufnahme der Waren, des Bargelds, der Gesellschaftsschulden sowie schließlich die Durchführung einer ordnungsgemäßen Liquidation der Gesellschaft: Es soll auch alsdan ein jetlicher untter uns nach föllendung des newnzehenden jars ein gantz ja und also pis zuo gantzem ausgang des zwaintzigisten jars daranch folgent mit gantz keinem andern kauffmanshandell und gewerb zuo thon haben, sunder deshalben aller ding gentzlich still halten und allein verhelfen, der geselschaft schulden ein zuo pringen und die pfenbert gepürender weis zuo geld zuo machen834. 828 829 830 831 832 833 834

Ebd. Ebd., S. 86. Ebd. Ebd. Zur Bedeutung der Karenzzeit, um Gesellschaftsvermögen zu liquidieren, siehe auch S. 46 . Ein ansonsten übliches Konkurrenzverbot fehlt in diesem Vertrag. Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 86.

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Die Pflicht, sich während einer festgelegten Karenzzeit nicht bei einer anderen Gesellschaft zu beteiligen, hatte sicher auch den Zweck, Gesellschaftsinterna zu schützen und geheim zu halten, bis alle geschäftlichen und personellen Vorgänge erledigt waren. Immerhin war eine Gesellschaft in der Zeit der letzten Generalrechnung besonders anfällig für Indiskretionen und wirtschaftliche Schädigungen, denn zu diesem speziellen Zeitpunkt wurden an die Zentrale sämtliche Geschäftsunterlagen, auch die der Faktoreien, verbracht, alle Geschäftsbücher offengelegt, alle Inventare, Mobilia und Immobilia begutachtet und alle Mitarbeiter zur Rechenschaft verpflichtet. Erst dann, zum regulären Ende der Höchstetter-Gesellschaft im Jahr 1520 konnten sich die Gesellschafter erneut zu einer neuen Gesellschaft zusammenschließen oder aber in eine andere Gesellschaft eintreten: wann aber das zwainzigiste jar gar und gentzlich verschinen ist, alsdan, so mag ein jeder under uns wejtter in ander geselschaft, mit wem er will, oder sunst mit unsern eins tajls verpflichten oder für sich selbst handlen835. Im letzten Teil des Vertrags regelten die Gesellschafter neben der sog. Lösegeldfrage bei Gefangennahme eines Gesellschafters auf seinen Reisen836, einem Bürgschaftsverbot und der Frage des gemain marstalls, also der Bereitstellung von Pferden und Knechten, auch das sog. Spielverbot (Artikel 18). Durch die leichtfertige Spielleidenschaft eines Gesellschafters konnten großer Schaden, Konflikte und Rufschädigungen für eine Gesellschaft entstehen. Um diese zu vermeiden, mussten Regelungen im Vertrag fixiert werden.837 Zunächst sprachen die Gesellschafter grundsätzlich Warnungen vor dem Spiel und leichtfertigen Frauen aus und forderten, sich von diesen Lastern fernzuhalten: wir haben und auch aus gutter ursachen gegeneinander veraint und bewilligt, das keiner aus uns ainich geferlich spill thon fürnemen noch treiben, auch eingerllej leichtfertig frawen oder wejber und perschonen, daraus schandt oder laster erwachsen möcht838. Ein gewisses Zugeständnis, vermutlich aufgrund realistischer Lebenserfahrung, machten die Gesellschafter allerdings: ob aber einer oder mer untter uns etwas mit erbern leutten spillen und kurtzwejlen wolt, das soll er zuo thon839. Trotz des Entgegenkommens, wenigstens mit ehrbaren Leuten spielen und Kurzweil treiben zu dürfen, wurde die Höhe der Summe, um die man spielte, beschränkt: doch auf ein tag nit mer dan zwainzigk gld., aber daruber nit zuo verspillen macht haben840. Wenn also jemand über 20 fl. verlor, musste er das der Gesellschaft ersetzen.

835 Ebd. 836 Die Gesellschaft war in dem Fall bereit, für jede 1.000 fl., die der gefangene Gesellschafter als Kapital und Fürlegung in der Gesellschaft einliegen hatte, 100 fl. zu zahlen. Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 89. 837 M. Isenmann, Vom Nutzen und Schaden, S. 183. 838 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 89. 839 Ebd. 840 Ebd.

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Wie weiter unten gezeigt wird, wurde gerade dieser Artikel aufgrund von schlechten Erfahrungen mit neu hinzukommenden Gesellschaftern im neuen Gesellschaftsvertrag 1524 verschärft. Zum Schluss griffen die Gesellschafter im letzten Artikel (23) erneut und präziser als in Artikel 10 den Konfliktfall auf, diesmal konkretisieren sie den möglichen Streitgegenstand und wie vorzugehen sei, wenn hinsichtlich des Kaufens und Verkaufens, der Schulden und Wechsel, die gemacht, eingenommen, gegeben und empfangen sollen werden841 und auch sonst hinsichtlich aller Punkten, was unser geselschaft derselben handlungen und gewerb berueren möcht842, zwischen den Mitgesellschaftern ainicher misverstandt auch unglaiche mainung843 enstanden war und dieser der Gesellschaft Schaden zufügen konnte. Diesen Konfliktfall, der die Grundlagen des Gesellschaftshandels betraf, soll ein Mehrheitsbeschluss unter den versammelten Gesellschaftern entscheiden. In Artikel 10 ist nur allgemein von einer gütlichen, internen Einigung die Rede. Dem Beschluss musste dann unverzüglich gefolgt werden (soll es alsdan entlich stehen zuo der gemain geselschaft oder merer stym, so man auff solche zejt gehaben mag und was dasselb merer sein wjrdt, dem soll man alsdan verfölg beschechen844). Die Entscheidung war bindend und endgültig und musste vor allem von den Gesellschaftern ohne Weigerung durchgeführt (dopej entlich und ungewajgert beleiben), vollzogen und getreulich eingehalten werden (mitgeselschaftern völzogen und dem allen trüllich gelebt werden845). 4.2.3. Der Gesellschaftsvertrag von 1524 Nachdem am 1. Januar 1520 die „Ambrosius und Hans Gebrüder, die Höchstetter und Gesellschaft“ endete, wurde eine neue Gesellschaft mit etwas veränderter personeller Zusammensetzung neu gegründet. Genaue Nachrichten gibt es nicht dazu, aber aus der Präambel des erhaltenen nächsten Gesellschaftsvertrags von 1524846 wird deutlich, dass sich die beiden Namensgeber Ambrosius d. Ä. und Hans Höchstetter 1520 erneut mit Hans Ungelter, der jung, Hans-Franz Bongartner, Ambrosi Höchstetter, der jung, Joseph Höchstetter, Johann [Joachim] Höchstetter, unser sun, dochterman und schwäger847 zu einer Gesellschaft zusammengeschlossen hatten. Sie waren bey- und miteinannder inn gesellschafft gewesen vom ersten

841 842 843 844 845 846

Ebd., S. 90. Ebd. Ebd. Ebd. Ebd. Den ersten Abdruck des Vertrags besorgte Mayer, Die ‚Fürlegung‘, S. 113–119, Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 39ʼ–47ʼ druckte ihn auf dieser Grundlage erneut ab. 847 Mayer, Die ‚Fürlegung‘, S. 113.

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tag des monatz Jenner anno 20 bis auf den ersten des monatz Jenner anno 24 nach laut und inhalt derselben verschreybung. 848 Dieser kurze Rückgriff auf vergangene Jahre zeigt, dass diese Gesellschaft aus neuen Mitgliedern bestand. Es handelte sich um Ambrosius d. Ä. Höchstetter, seinen Bruder Hans, Hans Ungelter, die Söhne Joachim und Ambrosius d. J., dem Neffen Josef und dem Schwiegersohn Hans-Franz Paumgartner. Mit dem Ende dieser vorhergehenden Gesellschaft gründete sie am 1. Januar 1524 eine neue Gesellschaft, wieder unter der Leitung des Ambrosius d. Ä., diesmal allerdings auf acht Jahre pis auf den ersten tag des monatz Jenner anno 32.849 Da im neuen Vertrag vom 1. Januar 1524 eine Reihe von Artikeln denen des alten Vertrags von 1514 (1515) entsprechen, werden im Folgenden nur die Artikel analysiert, die durch Erweiterungen, Auslassungen oder Präzisierungen modifiziert und für die Fragestellung wesentlich sind. In Artikel 3 wurde 1524, wie 1514 (1515), festgelegt, dass jeder der Hauptgesellschafter sowohl seine Kapitaleinlage als auch seine Fürlegung in das kontbuch, das wieder bei Ambrosius Höchstetter d. Ä. lag, eintragen müsse. Präzisiert wurde 1524 die Rechnungslegung auf der Grundlage der Geschäftsbücher und der Eintragungen in das kontbuch. Demnach solle diese alle drei Jahre und unter Beteiligung aller Hauptgesellschafter stattfinden (Es soll auch ein jettlicher under uns, soferr es muglich und onnachtaylig ist, bey der gantzen rechnung sein850). Der Termin sei daher zu der bequemsten zeytt, die unns zu der rechnung dienstlich mocht sein851 festzulegen. Ferner mussten die von den Gesellschaftern erstellte Generalrechnung und gutter anschlag mit Mehrheitsbeschluss (mit den merern stim852) gebilligt werden. Daraufhin sei jedem entsprechend seiner Einlage und Fürlegung der Gewinn oder Verlust zuzuteilen. Diese vermeintlich selbstverständliche Regelung zur Rechnungslegung erwies sich zumindest als vertragsrechtliche Absprache von großem Nutzen, denn wie sich vielfach bei Gesellschaften und ihren Rechnungsabschlüssen zeigte, war gerade die Gewinnberechnung eine höchst heikle und konfliktbeladene Angelegenheit. Die Höchstetter versuchten das mit dem Gebot einer günstigen Terminierung und des geforderten Mehrheitsbeschlusses von vorneherein zu entschärfen. Im ersten Teil des Vertrags wird außerdem in Artikel 8 die Frage des Lösegeldes thematisiert. Im Gegensatz zum früheren Vertrag von 1514 (Artikel 17) begrenzten die Gesellschafter nun jedoch die Höhe bei einmaliger Gefangennahme auf 4.000 fl., bei allen folgenden Gefangennahmen auf 2.000 fl. Alles was darüber hinausging, musste der Gesellschafter selbst zahlen.853

848 849 850 851 852 853

Ebd., S. 114; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 39ʼ. Mayer, Die ‚Fürlegung‘, S. 114. Ebd., S. 115. Ebd. Ebd. Ebd., S. 116.

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Wichtiger für die vorliegende Fragestellung ist jedoch, dass 1524 noch ein ergänzender Absatz zum Lösegeldartikel eingefügt wurde. Die Gesellschafter befürchteten, dass sich ihr ehemaliger Mitgesellschafter und nunmehriger Gegner Bartholomäus Rem, mit dem der Konflikt 1524 noch nicht ausgestanden war, an ihnen schadlos halten und sie etwa zur Erpressung von Lösegeld gefangen nehmen könnte. Daher legten sie fest, dass in dem besonderen Fall die obigen Regelungen zum Eigenanteil am Lösegeld aufgehoben werden sollten.854 Die Gesellschafter wollten dann erst bei Eintreten der konkreten Gefahrensituation über die möglichen Forderungen Rems entscheiden.855 Im Gegensatz zum ersten Vertrag wurde eine zumindest eingeschränkte Konkurrenzklausel formuliert, allerdings nicht innerhalb eines eigenen Artikels, sondern im Zusammenhang mit der allgemeinen Auflistung der Gesellschafterpflichten in Artikel 11. Zum Schluss heißt es darin, es soll ein jettlicher der hanndlung trewlichen auswartten und sonnst sich kains anndern hanndl underston noch treyben, dann alen was unnser gemein hanndl betreffen ist.856 Die Höchstetter schlossen damit die Gefahr einer Doppelmitgliedschaft vertraglich aus. Das Konkurrenzverbot in den Kontext von Pflichten und Verantwortung der Gesellschafter für ihre Gesellschaft zu bringen, lieferte zugleich auch die Begründung, einerseits Kompetenzen in den Dienst allein einer Gesellschaft zu stellen, andererseits Geschäfts-, Finanzund Personalinterna nicht nach außen in eine andere Gesellschaft zu tragen. Einen für die Fragestellung der Untersuchung markanten Unterschied stellt des Weiteren der Artikel 13 des neuen Vertrags dar. Durch ihn und – im Gegensatz zum ersten Vertrag, nur durch diesen einen Artikel – wurde der Konfliktfall komprimiert geregelt. Noch 1514 thematisierten die Gesellschafter den Konflikt in mehreren Artikeln (Artikel 10, 12, 14, 23) und regelten den Konfliktfall darin aus verschiedenen Blickwinkeln: So ging es in Artikel 14 um die von jedem Gesellschafter einzuhaltende Ehre und die Friedenspflicht sowie um den Fall, wenn aus unehrbarem Handeln Konflikte entstünden. In Artikel 13 behandelten sie Konfliktanlässe durch strittige Gewinnberechnungen, in Artikel 12 wurde während der Karenzzeit ein Streitausschluss fixiert und in Artikel 23 schließlich die Konfliktlösung aufgrund innergesellschaftlichen Streits und Aufruhrs behandelt. Im neuen Vertrag von 1524 hingegen wurden nicht mehr dezidiert die verschiedenen Konflikte und ihre Lösungsstrategien aufgeschlüsselt, sondern in einem einzigen Artikel (13) sämtliche mögliche Konflikte der Gesellschafter untereinander, die aus dem Gesellschaftshandel entstehen konnten, komprimiert und generell geregelt (das einer oder mer unnder unns vorgenannten personen umb was sachen 854 Ebd., S. 116f.: Was sich einer darüber (2.000 fl.) laßt schetzen, soll er selbs bezalen, es wer dann, das er durch Barteleme Remen gefanngen. Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 343. Ebd., Bd. 2, S. 44ʼ: und denselben hanndl betreffe, da soll man einsechen und gestalt der sachen unnd nachdem das mir unnder unns unnd der alten gesellschaft deselben Remen hanndels halben noch nit erlediget sendt, darumb kinden mir unns deshalben kein clarhayt machen darbey bestatts. 855 Ebd., S. 116f. 856 Ebd., S. 117.

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das were, dissen hanndl berurenndt mit und gegen einander widerwillig oder aufrurig wyrrden857). Dieser Fall solle dann folgendermaßen geregelt werden: wenn also salliches mit worten oder wercken zutruege, sollichen spyn, widerwillen und aufrur sollen mir under uns [...] genugsam verhörr und darauf guetigclichen entschayden. 858 Demnach waren die Gesellschafter verpflichtet, den Konflikt intern zu lösen, den Sachverhalt durch Befragung beider Parteien zu ermitteln, um einen gütlichen Entscheid herbeizuführen. Dieser von einem Gesellschafterplenum gefällte Spruch war dann von den Konfliktparteien ohne Weigerung anzunehmen (und iren widerwillen entliche ablonen und hinlegen, darbey auch bayden tayll ungewegert bleyben und jeder nach aßerhalben unser spruch und vertrag kein tayll noch yemandt von irentwegen weytter nit angefachten worden859). Entscheidend war dabei, dass der Streit intern blieb und durch mehrheitlich erwirkten Gesellschafterbeschluss beendet werden sollte, wie es vermutlich bereits 1514 auf einer Versammlung beschlossen worden war. Dahinter stand sicher die Sorge, dass Konflikte nach außen dringen, ihren Ruf schädigen und in der Konsequenz ihre soziale Position und die ökonomischen Handlungsmöglichkeiten beinträchtigen könnten. In dem neuen Vertrag wurden Auseinandersetzungen und ihre Lösungen mit einer Konzentration auf einen innergesellschaftlichen Streitfall und sich immer direkt auf den Gesellschaftshandel beziehend, erörtert. Demnach wurden Themenfelder wie Pflichten und Rechte der Gesellschafter, der prinzipielle Modus der Gewinnberechnung (Artikel 10 und 11860), das Gemeinsamkeits- und Mehrheitsprinzip (Artikel 3) ausführlich in jeweils eigenen Artikeln geregelt, sodass vertragliche Vorgaben in ansonsten strittigen Fragen eindeutig waren und dies einen Konfliktausbruch verhindern sollte. Auch Konflikte, die wie im ersten Vertrag aufgrund von unehrbarem oder schentlich861 Verhalten möglich waren, spielten im neuen Vertrag keine Rolle mehr. Wie überhaupt Kategorien wie Ehre, Friedenspflicht und -wille im Vertrag von 1524 nirgendwo erwähnt werden. Es fehlt jegliche konkrete Übereinkunft, Willensbekundung oder gar Versprechen seitens der Gesellschafter, ehrbares Verhalten zu zeigen und Frieden zu halten; außer in einem Artikel, zumindest als indirekte Forderung im Zusammenhang mit dem absoluten Spielverbot (Artikel 14). Der Anlass dafür waren wohl die Vorgänge um die Mitgesellschafter Joachim, Sohn Ambrosiusʼ d. Ä., und den Schwiegersohn Hans-Franz Paumgartner, die auch Clemens Sender in seiner Chronik ausführlich schilderte.862 Hans-Franz war der

857 858 859 860

Ebd., S. 118. Ebd. Ebd. Ebd., S. 117: Artikel zu den Pflichten der Gesellschafter bezüglich der Buchführung und Rechnungslegung. 861 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 87. 862 Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 220f. Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 278.

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Sohn Franz Paumgartners († 1503) und heiratete 1519 Ottilie Höchstetter, Tochter Ambrosiusʼ d. Ä. Wie sich seit 1520 zeigen sollte, hatten sich die beiden Schwäger als zunehmend unzuverlässige Gesellschafter herausgestellt, die nach Clemens Sender vor allem dem Glücksspiel verfallen waren und damit im Vorfeld des Konkurses der Höchstetter im Jahr 1529 eine unrühmliche Rolle spielten.863 Nach Clemens Sender hätten sie beispielsweise in einer Nacht bis zu 30.000 fl. verspielt: dann sein sun Joachim und sein tochtermann [Hans] Franz Paumgartner haben auff ain nacht in ainem panget thüren laussen auffgan und verthon 5.000 oder 10.000 fl. und auff ain mall 10.000 oder 20.000 oder 30.000 fl. verspillen.864 Vermutlich vor diesem Hintergrund verfassten die Gesellschafter im Vertrag von 1524, anders als im früheren Vertrag von 1514, Regelungen ohne Einschränkungen bezüglich des Glücksspiels: Zu bedenncken der spill halben, ist die mainung, das ein jettlicher allen gefarlichen spill lassen soll und kainswegs nitt treyben noch thon.865 Das Spielverbot galt grundsätzlich ohne Ausnahme, also auch nicht, wie noch 1515, um einen geringen Einsatz. Die Konsequenzen bei Zuwiderhandeln wurden auch benannt: Wa aber einer unnder uns sollichs gefarlichs spill wurde thon, so haben mir macht demselben von stundt an urlaub zu geben.866 D. h. der ungehorsame und leichtfertige Gesellschafter sollte in dem Fall unverzüglich aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Zur warnenden Bekräftigung wurde an das geleistete glib [Gelöbnis] und trewen, erinnert, so er auf diese geschrifft gethan hatt, das alles meyden noch nit yeben kains wegs, alles trewlich unnd ungevarlich.867 Innergesellschaftliche Konflikte, leichtfertiges Verhalten durch unseriösen Lebenswandel, konnten konkrete Auslöser für die in Artikel 17 geforderte Geheimhaltungsverpflichtung dienen. Ausführlicher als noch im Vertrag von 1514 (1515) wurde diese sog. Verschwiegenheitsklausel präzisiert. Demnach verpflichtete sich jeder Gesellschafter, während des gemeinsamen Gesellschaftshandels, aber auch darüber hinaus, alles, was er dort erfuhr und was dort gehandelt wurde, geheim zu halten und nicht nach außen zu tragen (Es soll ein yettlicher allen gehaim hanndtierung unnd was zu der gesellschaft kont gehörtt im ganntz still unnd guttem kont balten868). Das betraf vor allem die Gewinne und Verluste, wann und wie die Gewinnermittlung vonstattenging und berechnet wurde (nix unser rechnung, gewin oder verlust oder annder hanndlung zu offenbaren869). Die Geheimhaltungsklausel war für eine Reihe von Verträgen obligatorisch. Der Unterschied zu anderen Verträgen war hier jedoch, dass der Höchstetter-Vertrag den Personenkreis ganz erheblich erweiterte. Üblicherweise betraf die Klausel 863 Dazu Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 221; Krag, Die Paumgartner, S. 56; Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 278. 864 Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 221. 865 Mayer, Die ‚Fürlegung‘, S. 118. 866 Ebd. 867 Ebd. 868 Ebd., S. 118f. 869 Ebd., S. 119.

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nur die Mitgesellschafter, hier unterlagen auch die Frauen, Schwestern, Brüder und weitere freunde dieser Verschwiegenheitsverpflichtung (es seyen weyber, schwestern, prueder oder annder freunden, nix ausgenomen870). Damit wurde der Kreis um die weiblichen Teilhaber und unspezifisch so benannten freunden, die ihr Kapital bei den Höchstettern zu festem Zins von 5% eingelegt hatten, vergrößert. Die Gruppe der freunde wies auf eine für die HöchstetterGesellschaft typische Praxis hin, bei buchstäblich jedermann und in jeder Höhe Kapital einzusammeln.871 Unklar bleibt jedoch, wie die Geheimhaltungsforderung durchzusetzen war, denn weder die Frauen noch die freunde hatten den Vertrag mitunterschrieben. Darüberhinaus dürfte diese Gruppe ohnehin keine Kenntnisse zu internen Geschäftsabläufen gehabt haben. Mit diesem Artikel und den folgenden Unterschriften der sieben Gesellschafter endet der Gesellschaftsvertrag der Höchstetter aus dem Jahr 1524. 4.2.4. Vergleich der beiden Verträge 1514 behandelten die Höchstetter in dem ersten erhaltenen Gesellschaftervertrag in vier Artikeln unterschiedliche Facetten von Konfliktarten und konkrete Gegenmaßnahmen: 1. In Artikel 10 ging es allgemein um Streitigkeiten der Gesellschafter untereinander. In dem Fall forderten sie, nach Erörterung der Situation eine gütliche und interne Einigung. 2. In Artikel 11 und 12 beschworen die Gesellschafter sicherheitshalber, während der Karenzzeit zur Liquidierung am regulären Ende einer Gesellschaft jeden Konflikt zu vermeiden.

870 Ebd.; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, S. 346. 871 Kern, Höchstetter, S. 188, demnach wies eine Aufstellung von 1527 insgesamt 54 Depositengläubiger auf. Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 219f. schrieb dazu den bekannten Satz: zu im haben fürsten, graffen, edel, burger, bauren, dienstknecht und dienstmägt ir gelt, was sie haben gehept, (zu im) gelegt und von dem 100 genomen 5 fl. Safley, Staatsmacht und geschäftliches Scheitern, S. 41 bezeichnet die Höchstetter „zu den Pionieren dieser Art der Kapitalerweiterung“. Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass diese Praxis zunehmend bei anderen Unternehmen üblich wurde, wie es etwa bei den Fuggern aus ihrer Generalrechnung von 1527 erkennbar wird, vgl. Jakob Strieder, Die Inventur der Firma Fugger aus dem Jahre 1527, (Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Ergänzungsband 17), Tübingen 1905, S. 65-67; Hermann Kellenbenz, Die Buchhaltung des Unternehmens von Anton Fugger, in: Archiv und Wirtschaft 8 (1975), S. 33–53, hier S. 45f. Künftig dazu das seit Januar 2018 laufende DFG-Projekt (DE 589/21-1): „Das Resilienz-Management der oberdeutschen Hochfinanz im Kommerzialisierungsprozess, ca. 1520–1630“. Die Vermutung von Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 343f., dass dieser Artikel aufgrund der Erfahrungen erstellt wurde, die die Gesellschaft in der Vergangenheit mit Bartholomäus Rem gemacht hatte, ist nicht nachvollziehbar, denn Rem gehörte zu keiner Zeit dieser Gruppe der Einleger zu festem Zins an, sondern war vertraglich gebundener, mitarbeitender Gesellschafter mit einer Kapitaleinlage zu Gewinn und Verlust.

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3. In Artikel 14 standen Konflikte aufgrund unehrbaren Handelns eines Gesellschafters zur Regelung an. In diesem Punkt gab es keine gütliche gemeinschaftliche Einigung, sondern dem Prinzipal Ambrosius d. Ä. wurde das Recht zugestanden, unverzüglich den betreffenden Gesellschafter zu entlassen. 4. In Artikel 23 regelten sie schließlich den Konfliktfall, der aufgrund strittiger Unternehmensentscheidungen hinsichtlich Kauf und Verkauf oder auch der Wechselgeschäfte ausbrechen konnte. In dem Fall sollte das versammelte Gesellschafterkollegium nach Erörterung des Falls zu einem Mehrheitsbeschluss kommen, dem unverzüglich gefolgt werden musste. Offensichtlich reichte die sehr spezifizierte Auflistung verschiedener Kon-fliktauslöser nicht aus, um tatsächlich alle Facetten der Auseinandersetzungen abzudecken, sodass die Höchstetter im Vertrag von 1524 nicht mehr dezidiert die verschiedenen Konflikte und ihre Lösungsstrategien behandelten, sondern in einem einzigen Artikel (13) komprimiert und generell für alle Konflikte verlangten, diese im versammelten Gesellschafterplenum gütlich und vor allem intern zu lösen. Beide Verträge stimmten allerdings darin überein, dass die Probleme innerhalb der Gesellschaft zu lösen seien. Die Gesellschafter reagierten in ihren Verträgen auch auf akute, real bestehende Konflikte mit modifizierten und der Situation angepassten Vertragselementen. 1514 war noch für alle Gesellschafter die Auseinandersetzung mit Bartholomäus Rem sehr präsent. Darauf zielte die ausführliche, vom Prinzipal selbst verfasste Präambel des Vertrags ab, in der die komplette Liquidierung der alten Gesellschaft und die vollständige Befriedigung aller finanziellen Forderungen der ehemaligen Gesellschafter betont wurden. 1524 war der Konflikt allerdings immer noch nicht bereinigt, sodass nun auf die reale Gefahr und häufig geübte Praxis der Gefangennahme eines Gesellschafters durch Rem reagiert werden musste, indem gegenüber der 1514 geforderten Beschränkung des Lösegelds bei unspezifischer Gefangennahme, nun eine unbeschränkte Höhe der Lösegeldsumme festgelegt wurde. Eine andere riskante Situation gegenüber 1514 entstand 1524 aus dem neuen Gesellschafterkreis, aus welchem einige Personen eine labile mentale Verfasstheit erkennen ließen. Die kostspielige Spielleidenschaft der beiden jungen Mitgesellschafter Hans-Franz Paumgartner und Joachim Höchstetter führte dazu, dass im neuen Vertrag von 1524 ein verschärftes und vollkommenes Spielverbot gegenüber einem eingeschränkten von 1514 verlangt wurde. Abschließend lässt sich feststellen, dass auch die geänderte Organisationsstruktur der Gesellschaft zwischen 1514 und 1524 durch neue vertragliche Regelungen offengelegt werden konnte. Denn in diesen Jahren erweiterten die Höchstetter ganz erheblich den Kreis ihrer Kapitaleinleger, aufgrund dessen die sog. Verschwiegenheitsklausel in Artikel 17 des Vertrags von 1524 gegenüber dem knappen Artikel 7 von 1514 analog um die große Gruppe der nun auch zur Verschwiegenheit verpflichteten weiblichen Einleger und Kapitaleinleger zu festem Zins ergänzt wurde:

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Tabelle 13: Vergleich der vertraglichen Modifikationen 1514 und 1524 1514 Allgemeine Konflikte der Gesellschafter untereinander

Direktive Erörterung der Situation, gütliche und interne Einigung

Konflikte aufgrund unehrbarem Handelns eines Gesellschafters

Der Prinzipal muss unverzüglich den Gesellschafter entlassen Vermeidung jeden Konflikts zur Vorbereitung der Generalrechnung (Bilanz?) am regulären Ende der Gesellschaft Erörterung des Falls durch das versammelte Gesellschafterkollegium und einem unverzüglich Folge zu leistendem Mehrheitsbeschluss Für jede 1.000 fl. rh. Kapital und Fürlegung je 100 fl. rh.

Karenzzeit zur Liquidierung am regulären Ende einer Gesellschaft

Konfliktfall aufgrund strittiger Unternehmensentscheidungen und Wechselgeschäfte

Lösegeld bei allgemeiner Geiselnahme

Spiel

Verschwiegenheitsklausel

Eingeschränktes, der sozialen Kommunikation geschuldetes Spielvergnügen Hauptgesellschafter

1524 Alle Konflikte, komprimiert und generell

Direktive Gütlich und interne Einigung durch versammeltes Gesellschafterplenum

Gefangennahme eines Gesellschafters nur im Fall durch B. Rem Spiel

Unbeschränkte Lösegeldsumme

Verschwiegenheitsklausel

Galt für alle Hauptgesellschafter, alle Kapitaleinleger zu festem Zins, auch für weibliche Einleger

Verschärftes und vollkommenes Spielverbot

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4.2.5. Fazit Die Höchstetter-Gesellschaft erlebte in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts innerhalb einer Zeitspanne von etwa 20 Jahren einen beispiellosen ökonomischen Aufstieg, auf den ein vermeintlich jäher Absturz folgte. Während dieser Zeit verlagerten sie den Schwerpunkt ihres unternehmerischen Engagements zunehmend vom Textilgewerbe in die Bergbau- und Quecksilbersparte. Dort strebten sie zudem von den Zeitgenossen heftig kritisierte Monopole an. Den dadurch benötigten hohen Kapitalbedarf deckten die Höchstetter, indem sie quasi jedermann – auch Kleinstanlegern – die Möglichkeit gewährten, Kapital in ihrer Gesellschaft zu einem festen Zins einzulegen. Das führte dazu, dass die zugesagten Zinsforderungen einer unverhältnismäßig großen Gruppe Kapitaleinleger bedient werden mussten. Nachdem das Unternehmen etwa Mitte der 1520er Jahre zunehmend in eine wirtschaftliche Schieflage geriet und die Gläubiger auf einen Schlag ihre Einlagen und Zinsen zurückforderten, war ab 1529 der Konkurs unausweichlich. Diese hochriskante Unternehmensstrategie wurde außerdem begleitet von innergesellschaftlichen, zunächst allerdings unspektakulär erscheinenden, jedoch nicht weniger bedrohlichen Konflikten. Sowohl die viele Jahre währende Auseinandersetzung mit ihrem ehemaligen Mitgesellschafter Bartholomäus Rem, als auch die zunehmend heikle mentale Verfasstheit ihrer zu Verschwendung und Spielleidenschaft neigenden Familienmitglieder und Mitgesellschafter versuchten die Höchstetter auch mit Hilfe vertraglicher Bindung abzufangen. Ein Gesellschaftsvertrag stellt in der Regel das Ideal einer Soll-Forderung dar, die vor allem über Gelübde und Eid die Vertragsunterzeichner zur Einhaltung der vertraglichen Postulate verpflichten sollte. Er gehörte damit zu einem Geflecht von verschiedenen Strategien und war damit als normative Grundlage unverzichtbar, um die ökonomische und personelle Stabilität und Kontinuität einer Handelsgesellschaft zu gewährleisten. Das war der Fall bei der Höchstetter-Gesellschaft, der es immerhin gelang, trotz hochriskanter Unternehmensgeschäfte die Gesellschaft über Jahre hinweg kontinuierlich zu großem ökonomischen Erfolg zu führen. Auch wenn die Realität häufig mit dem vertraglichen Ideal kollidierte und auch wenn die Möglichkeit zur Durchsetzung einzelner Klauseln (z. B. der Verschwiegenheitsklausel) fraglich bleiben muss, leisteten diese Verträge einen notwendigen strategischen Beitrag zur Konfliktvermeidung innerhalb der Höchstetter-Gesellschaft.

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4.3. Die Gesellschaft Bartholomäus Viatis und Martin Peller aus Nürnberg Bartholomäus Viatis d. Ä.872 wurde nach seinem „Jornal“, seinen persönlichen Aufzeichnungen zufolge, am 18. Mai 1538 auf venezianischem Staatsgebiet geboren.873 Er kam 1550 für zunächst sieben Jahre bei dem Federmacher Hans Wollandt in Nürnberg in die Lehre.874 Viatis beschrieb diese Zeit mit nüchternen Worten, die dennoch den Eindruck einer überaus kargen und harten Ausbildungszeit vermitteln: Aber dem lieben Gott ist bewußt, wie hartt ich, sonderlich von seiner haussfrauen [seines Lehrherrn], bin gehaldten worden, sonderlich mit kleidung und im wintter offt keine s[ch]uch [Schuhe] gehabt, alß leider mit meinen s[ch]enkll [bloßen Füßen], wie ich im kram-blattenmarckt [Markt in Nürnberg] erfroren, […] und in dreij jharn lang nocheinander anderst nit alß wasser getrunckhen […].875 Der junge Viatis musste offensichtlich im Winter barfuß auf den Nürnberger Markt gehen, um dort Aufträge des Lehrherrn auszuführen. Außerdem versorgte ihn dessen Ehefrau nicht genügend mit Nahrungsmitteln. Nach Ablauf der Lehrjahre trennte er sich aufgrund von Unregelmäßigkeiten, die er seinem Journal zufolge im Geschäft seines Lehrherrn erlebte. Seine nächste Tätigkeit fand er bei Hans Andersen in Nürnberg, in dessen Auftrag er 1561 nach Lyon reiste.876 Hans Anderson erwies sich jedoch, wie Viatis schrieb, als großer Schuldner, der auf der Frankfurter Messe, in Bozen und Venedig zahlreiche Gläubiger hatte. Daher fing Viatis 1563 selbst an, auf eigene Rechnung mit Federn zu handeln.877 Um 1565 trat Viatis in die Gesellschaft „Jörg Scheffer und Moritz Lang“ als Mitgesellschafter ein. Die Geschäftszentrale befand sich in Breslau, wo sich Viatis auch zeitweise aufhielt.878 Er war dort für das Textilgeschäft zuständig und beauftragte Leinenweber in Ostsachsen, Nordwestböhmen und Oberschlesien, die mittels Verlagsverträgen an die Gesellschaft gebunden wurden. Das ermöglichte der Gesellschaft eine Großproduktion und den Absatz von Tuchen im großen Stil.879 Die gewebten Leinenerzeugnisse wurden in Nürnberg gefärbt und dann auf der Frankfurter Messe880 oder mit Hilfe von Maklern in Süd- und Osteuropa verkauft.

872 Zu Bartholomäus Viatis und seiner Handelsgesellschaft verfasste Gerhard Seibold, Die Viatis und Peller, eine umfangreiche Studie. 873 Seibold, Die Viatis und Peller, S. 7; StadtA Nürnberg, E 1/1905 FA Viatis, Nr. 1, Jornal und Schueldbuch. Der erste Teil, fol. 1r–6r, bis zum Jahr 1579 wurde als Transkription einer Festschrift zu Ehren des „Grosskaufmann Dr. Gustav Schickedanz zu seinem 81. Geburtstag“ 1975 erstellt (im Folgenden als „Transkriptionsdruck“ bezeichnet). 874 Transkriptionsdruck, fol. 2r. 875 Ebd. 876 Ebd., fol. 2v. 877 Ebd., fol. 4r–v. 878 Seibold, Die Viatis und Peller, S. 14. 879 Schultheiß, Der Vertrag der Nürnberger Handelsgesellschaft, S. 2. 880 Schultheiß, ebd., geht davon aus, dass Viatis auch auf „Nürnberger Messen“ verkauft habe. Nürnberger Messen hat es jedoch nicht gegeben, Nürnberg ist ein überregional bedeutender Handelsplatz geblieben, Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 129ff.

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4.3.1. Familiäre Verhältnisse Bartholomäus Viatis des Älteren Am 12. Januar 1568 verstarb Jörg Scheffer,881 die Gesellschaft wurde infolgedessen aufgelöst und sein Kompagnon Melchior Lang übernahm die Schlussrechnung. Wohl auf Vermittlung Melchior Langs heiratete Bartholomäus Viatis ein Jahr später am 29. Januar 1569882 Anna, die Witwe Scheffers883 und ließ sich gemeinsam mit ihren acht Kindern in Nürnberg nieder. Zwischen 1569 und 1576 bekamen Bartholomäus und Anna weitere vier Kinder, von denen nur zwei überlebten: Maria (geb. 9. oder 10. August 1571884) und Bartholomäus II. (geb. 28. Juli 1573)885. Neun Jahre später, am 13. September 1585, starb Anna an der Pest, während sich Bartholomäus Viatis in Frankfurt auf der Herbstmesse aufhielt.886 881 Dazu das „Stamma-Buche“ der Anna Viatis, StadtA Nürnberg, E 1/1905 FA Viatis, Nr. 12, pag. 24: Gott im Himmel sey es geklackht zu wißen, das mit Gott der Allmechtig meinen lieben und frumen man Jorg S[ch]effler aus diesem jammerthal genumen hadt, den 12. Jenner 1568 jahr und ist kranck wordten den 30. December im 1567 jahr, ist 14 dag gelegen und große ruga[Schmerzen?] erliden, auch haubdt wehe, und auf die lincke seiden hat ein flus gedroffen das er nie empfunden hat, aber khein ungeduldtig wordt ist aus seinem mundt gangen, sunder imer zu Gott dem Allmechtigen gerufft er wolle in erlosen durch Jhesumb Christumb seinen lieben sohn und ist warlich in Christo endts[ch]laffen dan er hat geredt von Gottes wordt bis er in die zig gefallen und 3. geber gethan und also vers[ch]iden Gott der allmechttig geb im ein froliche aufferstehung und allen frummen christen das wir alle mugen Gottes angeseicht mit freuden anschauen durch Jhesum Christumb unser Erloser, Sellich und Haillandt Amen. 882 Ebd., pag. 28, 30: 1568 Item dem namen der hailligen Dreifaltigkeit Gottvatter, Sohn und Hailliger Geist hatt mir Gott der Allmechtig wieder ein frummen christen und man bes[ch]erdt mit namen Barttellme Viattis, ein jungen gesellen von Venedig seines alters 32 jahr. Gott der allmechtig gebe im und mir langes leben, gesunden leib, frid, einigkaidt, gluck und segen, das wir bedta unsere kindtlein mugen aufziehen zu aller forchtt Gottes. [pag. 30] Im namen der hailligen Dreifaltigkeit hab ich mit meinem anderen man Barttelme Viatis hochzeit gehabt ad 29 Jenner anno 1569 jahr und zue der friemes in sendt Sewaltpfar gangen und nach cristlicher ordnung lasen ein laiden und ist unser hochzeit gewest in des Linhardts Hubners behausung under der festen. Gott der Allmechtig gebe uns gluck zur allem anfang mittel und endt auch was uns nutz und guet ist zu seel und leib amen. 883 Seibold, Die Viatis und Peller, S. 15. Der Vater der Anna war selbst als Faktor 1547 und 1557 in der Firma Matthäus I. Manlich aus Augsburg tätig gewesen. 884 StadtA Nürnberg, E 1/1905 FA Viatis, Nr. 12, pag. 39. Dort steht eigentlich: Im namen der hailligen Dreijfalltigkait Gottvater, Sohn und Hailliger Geist hab ich geboren mein anders kindt mit meinem lieben Viatis den 10. Augustij im 1571 im jahr an santt Lorenzendag wardt der dag 14 stundt lang und die nacht 10 stundt lang ist geborn ¼ stundt nach einem gemacht auff der großen uhr das ist ¾ stundt vor dem garans und den 11. August zur der hailligen tauff gedragen und ihr nam genandt Maria. 885 Seibold, Die Viatis und Peller, S. 16. StadtA Nürnberg, E 1/1905 FA Viatis, Nr. 12, pag. 40: Im Namen der hailligen Dreifaltigkeidt Gottvatter, Sohn und Hailiger Geist hab ich mein drittes kindt mit meinem herzlieben Viatis gehabt mit namen Bartteleme, ist geboren den 28. Jullij anno 1573 an einem eritag umb 5¾ uhr das ist ¼ stundt vor 6 urhren beij dem dag auf der großen uhr wardt der dag 19 stundt lang und die nacht 9 stundt. […] Hab in geseugt 1 jar lang und 5 wochen 2 tag. 886 Aus einem Nachlassinvenar, dass Viatis anlässlich seines Testamentes erstellt hatte (StadtA Nürnberg, E 19/II FA Peller, Nr. 12), geht hervor, dass er seiner Frau zahlreiche, teils kostbare

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Viatis mied Nürnberg im Todesjahr seiner Frau wegen der Pest887 und reiste nach Schwäbisch Gmünd weiter. Dort befanden sich bereits seine Stieftochter Barbara (Scheffer), verheiratet mit Francesco di Franchi, sowie seine zweite Stieftochter Ursula Müller, geb. Scheffer, Frau des Bonifazius Müller. Barbara starb kurz darauf im Kindbett und der Witwer heiratete wenig später eine Tochter Wolf Jegers aus Schwäbisch Gemünd. Dieser hatte außerdem eine zweite Tochter namens Florentina, die dann Bartholomäus Viatis selbst am 3.12.1585 ehelichte.888 Dadurch wurden der ehemalige Schwiegervater und Schwiegersohn nun auch Schwäger.889 Florentina stammte weder aus angesehenem Haus, noch verfügte sie über ein erwähnenswertes Heiratsgut890 und die mit einem auch für damalige Verhältnisse großen Alterunterschied von 23 Jahren geschlossene Ehe wurde zudem in der Folgezeit keine harmonische Ehe. Dennoch gingen aus ihr zwischen 1587–1601 elf Kinder hervor. Von den elf Kindern überlebten jedoch nur vier, Wolfgang (Wolf), David, Johann (Hans) und Ursula.891 Das eheliche und häusliche Leben gestaltete für Bartholomäus zunehmend schwierig, denn dem Haushalt stand nicht allein Florentina vor, sondern auch seine Schwester und seine leibliche Tochter Maria. Zwischen Florentina und Bartholomäus fanden im Laufe der Jahre zahlreiche, z. T. öffentlich ausgetragene Streitereien statt – es wurde sogar eine Scheidung erwogen – die bis hin zu Prozessen am Nürnberger Stadtgericht führten. Die Auseinandersetzungen zwischen den Eheleuten wurden stadtbekannt und auch dem Rat

887 888

889 890 891

Geschenke gemacht hatte, die auch als Liste in dem sog. „Stamma-Buch“ der Anna Viatis aufgenommen worden waren: StadtA Nürnberg, E 1/1905 FA Viatis, Nr. 12, pag. 31ff: Volgt, was mir mein lieber Viatis ges[ch]enkt hatt. Erstlich ein gulden ring mit einer vers[ch]loßen drue[?]. Ein robin und stain einfag gultten. Ein dirkhes ring gultten. Ein ring mit einem blumelein vergiß mein nitt. Dis alles hat er mir vor dem hands[ch]lag ges[ch]enckt. Darnach am hands[ch]lag: Ein gulttane ketten. Ein gultten ring mit einer demantdaffel. Darnach zu dem neuen jahr: Ein gultten porttagleser, 17 taller werdt. Mehr ein daller darauf die dauff Johannj. Auff dem hochzeitdag: ein stuckh praun schamlott ist kremaßen farb und ist ain doreldts stuckh. Meher ein dreij ring mit einem robin und schmarall und gedt von ein ander und ist darin ges[ch]riben: was Gott zue samen fugt soll der mens[ch] nicht s[ch]aiden. Anno 1569 die fastenmes hat mir mein lieber Viatis ain ring mit aus der mes gepracht der hat 15 durckhas stain. Anno 1570 hatt mir mein Viatis bracht, ist mir durch seiner landtsleudt einen vererdt worden, ½ ducatten mir zu Venedig gemunzt werden. Anno 1573 jar hat mir mein Viatis von Franckfurdt bracht ein s[ch]illeretten saffier ring. In meiner ehe hat mir mein lieber Viatis verert ein stuck goldt darauff ein bildtnnus Jhesus Christus ist beij 12 crona werdt. Vgl. auch Seibold, Die Viatis und Peller, S. 16, 18. Ebd., S. 100. Ebd., S. 101. Nach dem Stamma-Buch, StadtA Nürnberg, E 1/1905 FA Viatis, Nr. 12, pag 59 jedoch: Anno 22. April 1586: Anno 1586 ad 22. Apprill hat herr Bartholomeo Viatis der elter mit seiner anderen hausfrau Florenina Jegerin von S[ch]wabischen Gmundt hochzeit gehalten und mit ihr hernachfolgende kinder erzeugt. Seibold, Die Viatis und Peller, S. 101. Ebd.: 742 fl. 4 ß. 5 pfg. Die Summe ist bekannt, da ihr diese Summe mit Verweis auf das eingebrachte Heiratsgut im Testament des Bartholomäus vermacht wurde. Ebd., S. 103.

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zunehmend lästig, sodass dieser das Paar schließlich bat, ihn mit dem „Hausgezänk“ zu verschonen.892 Es ging in der Regel um die von Florentina beklagte schlechte Ausstattung und Lebenshaltung sowie um die schlechte Behandlung ihrer gemeinsamen Kinder durch den Vater, denn ihre Disharmonie hatte Bartholomäus offensichtlich auch auf die Kinder übertragen. Damit war die familiäre Situation äußerst angespannt, denn Bartholomäus Viatis zeigte außerdem noch eine große Abneigung gegen die sieben überlebenden Kinder aus der ersten Ehe seiner ersten Frau.893 Offensichtlich beruhte das auf Gegenseitigkeit, denn Viatis klagte darüber, dass seine Stieftöchter alle ihre Ehemänner, ohne seine Einwilligung einzuholen, geheiratet hätten.894 Besonders schlecht war Viatis Verhältnis zu seinen Stiefsöhnen Balthasar und Michael Scheffer, zu denen er zeitweise den Kontakt abbrach. Zu Lebzeiten seiner ersten Frau Anna hatte er Balthasar zunächst in seiner Gesellschaft mitarbeiten lassen, nach ihrem Tod trennte er sich endgültig von seinem Stiefsohn. Im Testament schlug sich das in folgender Bemerkung nieder: im Haus und Handel nix zu thun haben soll in Betrachtung, wass Hertze leid er mir gemacht und grossen Widerwillen zwischen mir und meinem Weib gemacht hat.895 4.3.2. Der Gesellschaftshandel des Bartholomäus Viatis Ungeachtet dieser hier nur kurz angesprochenen innerfamiliären Konflikte entwickelte sich Bartholomäus Viatis zu einem erfolgreichen Unternehmer Oberdeutschlands. Im Jahr 1570 hatte er mit Melchior Lang und Georg Forst eine neue handlung gegründet,896 bei der alle drei persönlich haftende Geschäftsführer waren.897 Bis 1587 bestand ein Teil der Kapitalgrundlage aus festverzinslichen Einlagen aus dem Erbe seiner Stiefkinder, seiner ersten Frau sowie seiner Schwäger, die teils Vormünder der Kinder aus der Scheffer-Ehe waren.898 Zwei Jahre nach dem Tod Anna Viatisʼ im Jahr 1587, erfolgte die letzte Auszahlung dieses bis dahin um die Zinserträge vergrößerten Erbes an die Scheffer-Kinder.899 892 Ebd., S. 224. 893 Das Misstrauen, das Bartholomäus Viatis zeigte, war sicher eine der Ursachen für diese Missstimmungen. Das schlägt sich auch in seinem Jornal nieder, so heißt es in den einleitenden Sätzen: und so sull muglich einen jeden for falschen hertzen will gewarnet haben, in sonderlicher betrachtung, daß leider in diser bosen Weldt nix hergers alß Menschen Hertzen und Zungen, Transkriptionsdruck, fol. 1v. 894 Seibold, Die Viatis und Peller, S. 104. 895 Ebd. 896 Ebd., S. 28. Nach Kischka, Todesbedingtes Aussscheiden, S. 137 hat sich zu dieser Handlung kein Gesellschaftsvertrag erhalten. 897 Seibold, Die Viatis und Peller, S. 31: „unbeschränkt vertretungsbefugt“. 898 Ebd., S. 55. 899 Ebd., S. 105. Die Einlage der Scheffer-Kinder hatte sich zum Jahr 1579 wegen der Auszahlung anlässlich von Verheiratungen vermindert. Die Summen betrugen für die sechs Scheffer-Kinder insgesamt 8.111 fl. 8 ß. 7. pfg, für die zwei Viatis-Kinder, Bartholomäus II. und Maria, 18.248 fl. 9 ß. 5 pfg, vgl. Seibold, Die Viatis und Peller, S. 58.

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Zudem veränderte sich die personelle Zusammensetzung der Gesellschaft, da sich Melchior Lang 1581 anlässlich der Rechnungslegung aus gesundheitlichen Gründen aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen hatte.900 Seitdem führten Viatis und Forst die Gesellschaft allein weiter. Im Jahr 1591 gingen Georg Forst und Bartholomäus Viatis im Streit auseinander. Während der zunächst konfliktreichen Trennung einigten sich Viatis und Forst schließlich mit einem Kompromiss. Demnach überließ Forst Viatis seine Handelsrechte in Venedig, Bozen, Frankfurt a. M., Leipzig und Hamburg, dafür trat Viatis Forst die Handelsrechte in Polen und Schlesien ab.901 Während dieser Auseinandersetzung plante und gründete Viatis 1591 mit seinem Schwiegersohn Martin Peller eine neue Gesellschaft. So schlecht sein Verhältnis zu fast allen ehelichen Kindern und Stiefkindern war, so gut gestaltete es sich zu seinem Schwiegersohn Martin und zu seiner Ehefrau Maria, Bartholomäus Viatis leiblicher Tochter aus erster Ehe. Auch das Verhältnis zu seinem leiblichen Sohn aus erster Ehe war nicht ungetrübt, auch wenn Bartholomäus II. gegenüber seinen Halbbrüdern eine durchaus bevorzugte Stellung einnahm. Vermutlich hielt Bartholomäus zunächst nicht sehr viel von den kaufmännischen Fähigkeiten seines Sohnes. Außerdem war er auch nicht mit dessen persönlicher Lebensführung einverstanden, denn dieser hatte ohne Einverständnis seines Vaters Felicitas Siedelmann geheiratet, deren Mutter aus der Familie Gewandtschneider stammte. Diese Familie stand im Leinwandhandel und dessen Produktion in Ostmitteldeutschland in Konkurrenz zur alten Viatis-Forst-Gesellschaft; daran änderte sich auch nichts durch die Heiratsbindung.902 Bartholomäus d. Ä. klagte anläßlich dieser Eheschließung, dass sein Sohn Bartholomäus auf seiner Wahl bestanden hatte und infolgedessen der Vater aufgrund der Jugend und des Unverstandes seines Sohnes leiden und dieses erdulden müsse: dieser mein sohn hat wider mein verhoffen heureten wollen mit forgeben, wo ich ime die nit gebe, so soll ich ime die tag meines und seines lebens keine andere geben. Das hab ich leider wieder meinen und des Merthen Pellers willen umb seiner jugent und unverstand leiden und geduldten muessen. 903 Erst mit der zweiten Ehe schien Bartholomäus II. aus Sicht des Vaters angemessen geheiratet zu haben, denn mit Catharina Schlüsselfelder war eine Einheirat ins Nürnberger Patriziat verbunden.904 1595 kam Bartholomäus II. daher als Genannter in den Größeren Rat der Stadt Nürnberg. So erklärt sich, dass Bartholomäus d. Ä. sich zunächst an seinen Schwiegersohn Martin Peller hielt. Dieser wurde 1559 in Radolfzell geboren. Seine Vorfahren stammten wahrscheinlich aus der Schweiz.905 Nach dem Tod der Eltern erbte er 900 901 902 903 904

Ebd., S. 30. Ebd., S. 70. StadtA Nürnberg Lib. litt. Bd. 134, S. 25, Seibold, Die Viatis und Peller, S. 220. StadtA Nürnberg E 1/1905 FA Viatis, Nr. 13, Seibold, Die Viatis und Peller, S. 220. Seine 12 Kinder verheirateten sich z. T. mit Söhnen und Töchtern des Nürnberger Patriziates, Seibold, Die Viatis und Peller, S. 220. 905 Ebd., S. 78. Zur Ausbildung Martin Pellers siehe Denzel, Professionalisierung, S. 429f.

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u. a. ein Haus zusammen mit seinem Bruder Balthasar II., der ihn vermutlich auszahlte. 1575 begab sich Peller nach Venedig, um den Kaufmannsberuf zu erlernen.906 Ende 1580 ging er nach Nürnberg und verpflichtete sich ab 1. Januar 1581 bis 1. Januar 1586 als Handlungsdiener bei der Gesellschaft Viatis-Forst und übernahm die Vertretung der Gesellschaft in Venedig.907 Vier Jahre später sah Bartholomäus Viatis Martin Peller als Schwiegersohn für seine Tochter Maria vor. Am 26. Februar 1590 wurde nach Verhandlungen der Ehevertrag zwischen Viatis und Peller aufgesetzt908. Diese durch Heirat persönliche und zugleich durch die gemeinsame Gesellschaft ökonomische Verbindung sollte jahrzehntelang Bestand haben, die auch über den Tod Viatisʼ hinaus, nun mit den Nachkommen, fortdauerte.909 Außerdem lebten sie in einer über 30 Jahre währenden Hausgemeinschaft mit ihrem Schwiegervater.910 Die gemeinsame Haushaltung wird sogar im Gesellschaftsvertrag von 1609 in Artikel 4 ausdrücklich festgelegt (und obwol der Peller sich jederzeit gegen ime Hern Viatis erboten [....] wolt sich der Cost und Wonung halben nach billigen Dingen mit ime vergleichen, so hat aber der Herr Viatis nicht annemen wollen, sondern, unbegert des Pellers, ime und den seinigen noch verner obgemelte Zeit bis zue Ausgang diser Verschreibung [1615] freye Cost und Wonung versprochen911). Maria und Martin Peller bekamen acht Kinder, von denen sechs überlebten, allerdings führte nur die Linie des Sohnes Christoph die Kontinuität der Familiengesellschaft fort.912 Bartholomäus Viatis verfolgte mit seiner Heiratsplanung die Strategie, mit Martin Peller einen fähigen Mitarbeiter an sich zu binden, mit dem darüber hinaus die Zusammenarbeit erfolgreich erschien. Das strategische Ziel Martin Pellers wiederum bestand darin, sein berufliches Fortkommen zu sichern. So beteiligte er sich nach der Heirat zunächst mit einem (nicht bezifferten) Kapital an der Viatis-ForstGesellschaft,913 und schloss sich nach dem Ende dieser Gesellschaft am 10. Februar 1591 mit Viatis zu einer neuen gemeinsamen Gesellschaft zusammen,914 diese bestand kontinuierlich bis zum Tod Bartholomäus d. Ä. Viatis am 18. November 1624.

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Seibold, Die Viatis und Peller, S. 79. Ebd., S. 80. Ebd., S. 83. Die Bevorzugung des Schwiegersohns gegenüber den eigenen Kindern war kein Einzelfall, siehe mit Beispielen Denzel, The Merchant Family, S. 380. Seibold, Die Viatis und Peller, S. 84. Es gibt allerdings durchaus eine weitere Reihe von Beispielen, bei denen die Schwiegersöhne lange bei den Schwiegereltern wohnen blieben, siehe auch Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 379. Im Fall Viatis-Peller verfügte Martin Peller allerdings über ein eigenes Haus und blieb dennoch beim Schwiegervater. Schultheiß, Der Vertrag der Nürnberger Handelsgesellschaft, S. 14. Seibold, Die Viatis und Peller, S. 85: 1593 starb das erste Kind, ebenso ein zweites Kind, dann aber überlebten Anna Margaretha (geb. 1597), Regina (geb. 1600), Tobias (geb. 1599), Heinrich Martin (geb. 1606), Christoph (geb. 1607) Wilhelm Bartholomäus (geb. 1611). Ebd., S. 83. Ebd., S. 86.

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Nach den bisherigen Forschungen entwickelte sich die Gesellschaft um 1600 zur „kapitalkräftigste[n] Firma Deutschlands“915 und bildete das größte Unternehmen im ostmitteldeutschen Leinwandhandel und -verlag.916 Diese ökonomische Entwicklung spiegelte sich auch in beeindruckenden Zahlen eines Inventars von 1624 wider, indem das Privat- und Gesellschaftsvermögen Bartholomäus Viatisʼ aufgezeichnet ist und auf eine Gesamtsumme von 1.229.204 fl. 9 ß. 7 5/21 h. kommt.917 4.3.3. Der Gesellschaftsvertrag von 1609 1609 konstituierten sich Viatis und Peller erneut in einer gemeinsamen Handlung und fixierten dies vertraglich am 9. Februar 1609.918 Dieser Vertrag wurde, vermutlich auf Initiative Bartholomäusʼ d. Ä., als strategisches Mittel genutzt, die Hierarchie der Gesellschafter innerhalb der gemeinsamen Handlung festzulegen, die Nachfolge- und die Erbenfragen zu klären und so präventiv möglichen Konflikten entgegenzuwirken, daher werden die entsprechenden Artikel im folgenden aufgeführt. Die beiden Hauptgesellschafter legten für ihre Handlung wieder eine Laufzeit von sechs Jahren fest, wobei die Abrechnung alle drei Jahre zu erfolgen hatte (zwo unerschidliche Haubtrechnungen alhie zu Nurmberg sollen geschlossen werden, nemblich die erste auf 11. February des kunftigen 1612. Jahrs, die ander zue ausgang der Gesellschaft, d[as] ist auf 11. February der hernachvolgenden 1615. Jahrs919). Bartholomäus d. Ä. Viatis und Martin Peller hatten die Leitungsbefugnis und hafteten persönlich, daher sollte die Gesellschaft den Namen „Bartholomäus Viatis und Martin Peller“ tragen und das alte Handelszeichen führen.920 Im Fall der Abwesenheit eines Gesellschafters von der Geschäftszentrale in Nürnberg sollte der jeweils andere alleinverantwortlich auftreten.921 Bartholomäus II. taucht bei diesen Regelungen nicht auf, er war beiden Hauptgesellschaftern untergeordnet.

915 Schultheiß, Der Vertrag der Nürnberger Handelsgesellschaft, S. 1. Aubin, Viatis, S. 151 schätzt, dass 3.000 bis 4.000 Webstühle in Ostmitteldeutschland für Viatis-Peller gearbeitet haben könnten, vgl. Hermann Kellenbenz, Bartholomäus Viatis, in: Fränkische Lebensbilder 1 (1967), S. 162–181, hier S. 176; Seibold, Die Viatis und Peller, S. 141 und 190. 916 Arno Kunze, Leinenerzeugung und Leinenabsatz im östlichen Mitteldeutschland zur Zeit der Zunftkäufe. Ein Beitrag zur industriellen Kolonisation des deutschen Ostens, Stuttgart 1940, S. 144f. und Seibold, Die Viatis und Peller, S. 140. 917 StadtA Nürnberg, E 19/II FA Peller, Nr. 16, fol. 144v. Seibold, Die Viatis und Peller, S. 237. 918 Ebd., Nr. 12 und 13, dort Abschrift von A. Barthelemeß angefertigt, abgedruckt ist der Vertrag bei Schultheiß, Der Vertrag der Nürnberger Handelsgesellschaft, S. 12–20. 919 Ebd., S. 13; siehe auch Seibold, Die Viatis und Peller, S. 87. 920 Schultheiß, Der Vertrag der Nürnberger Handelsgesellschaft, S. 14, Artikel 4. 921 Ebd., Artikel 5: Zum funften haben Viatis und Peller bey alter handlung einer dem anderen als handelsgesellschafter gwalt und procura geben, das einer in abwesen des anderen (doch diser unserer verschreibung nicht zuwidermacht zu handlen und die abwesende person zu verdreten hab). Nach Artikel 9 durften sie jedoch keine Geschäfte außerhalb der Gesellschaft tätigen oder

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Martin Peller war seinem Schwiegervater Bartholomäus d. Ä. mit seiner Position innerhalb der Gesellschaft gleichgestellt, allerdings nicht bezüglich der Höhe seiner Einlage und demzufolge dem auf dieser Grundlage zu errechnenden Gewinn.922 Nach dem Vertrag legte Bartholomäus d. Ä. Viatis insgesamt 527.202 fl. 6 ß. und 11 h. ein. Martin Peller hingegen kam ungefähr auf die Hälfte eingelegten Kapitals, 225.346 fl 11 ß. und 5 h.923 Zum eigenen Verbrauch zur Notturft und Haußhaltung konnte Viatis 6.000 bis 8.000 fl. und Peller 4.000 bis 6.000 fl. entnehmen.924 Im Gesellschaftsvertrag werden außerdem einige Regelungen bezüglich der Erben getroffen. Im Falle des Todes Viatis d. Ä. sollte Martin Peller die Handlung noch ein Jahr lang weiterführen und zwar ohne alle Behinderung durch die Viatischen Erben: jedoch durch den Peller allein an statt des herrn Viatis, vollkommentlich ohn alle der Viatischen erben verhinderung925. Diese Regelungen betrafen demnach das „todesbedingte Ausscheiden eines Gesellschafters“926 und die Frage, wie mit den Erben des Gesellschafters in diesem Fall umzugehen sei. Schon in Artikel 1 des Gesellschaftsvertrages werden die Folgen ausführlich dargelegt. Demnach mussten die Erben den Anteil am Handelskapital und Inventar der Gesellschaft (Handelsvermögen927) anerkennen, als hätte ihr Vater Bartholomäus Viatis selbst ein Inventar seines Handelsvermögen, d. h. eine buchmäßige Aufstellung seines Vermögens in der Gesellschaft unter Eid vor Gericht dargelegt und beschworen (ohn einigen Zweyfel, also und nicht anderst angenommen werden, als wan Herr Bartholome Viatis seiner Lebzeit sein Handelsvermögen selbst inventirt und allen seinen Kindern und Erben zum besten mit einem leiblichen Aid vor Gericht beteuret hett928). Ferner sollte ihnen kein Einblick in die Bücher der Gesellschaft, insbesondere in das Geheimbuch der Gesellschaft (Sekretbuch D929) gewährt werden.930 Eingeleitet wurde dieses Gebot damit, dass Viatis darauf hinwies, er habe gute Gründe

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Darlehen vergeben, es handelt sich dabei um das sog. Konkurrenzverbot, vgl. ebd., S. 15, dazu auch Seibold, Die Viatis und Peller, S. 183. Schultheiß, Der Vertrag der Nürnberger Handelsgesellschaft, S. 13. Artikel 1: Bartholomäus mit 495.158 fl. und Martin Peller mit 208.794 fl. sowie auch die unterschiedliche Höhe der Geldentnahme für Kosten: Bartholomäus d. Ä. 6.000 bis 8.000 fl., Martin Peller 4.000 bis 6.000 fl., siehe Schultheiß, Der Vertrag der Nürnberger Handelsgesellschaft, S. 15, Artikel 8. Ebd., S. 13. Ebd., S. 15, Artikel 8. Ebd., S. 14, Artikel 4. Siehe dazu die Untersuchung von Kischka, Todesbedingtes Ausscheiden, passim. Schultheiß, Der Vertrag der Nürnberger Handelsgesellschaft, S. 12. Ebd., Artikel 1. Ebd., Artikel 4. Ebd., S. 12, Artikel 1: seine erben [...] nicht befugt sein sollen, die vorhergehende der geendeten Gesellschaftsrechnungen, Gehaimb- oder andere Buecher von dem Mitgesellschafter, seinem freundlichen lieben Tochterman, oder dessen Erben zu erfordern und zu sehen zu begeren, zu welchem Ende dan die alte Gesellschaftsverschreibung sampt den Secretbuech No. D mit beeder teil Wissen, cassiert, ab- und weggethan worden.

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für dieses Vorgehen: Zuvorderst aber ist des herrn Bartholome Viatis, aus bewegenden gueten ursachen, will und meinung […]931. Das lässt auf ein nach Viatis Meinung begründetes Misstrauen seinen Erben gegenüber schließen und spiegelt das Verhältnis Bartholomäus zu seinen leiblichen Kindern und Stiefkindern aus erster und zweiter Ehe wider. Die Regelungen bezüglich der Viatis-Erben wurden also bereits in Artikel 1 des Vertrags behandelt, während die Peller-Erben erst in Artikel 13 erwähnt werden. Für sie galt ebenfalls, dass sie keinerlei Einsichtnahme in die Gesellschaftbücher hatten932 und dass sie nach dem Tod Martin Pellers fixe 8% seines eingelegten Kapitals erhalten sollten. Ferner habe Viatis den Erben Martin Pellers das verbleibende Kapital (die hinderstelligen hauptsumma933) in 5 Jahresraten mit 6% Verzinsung auszuzahlen. 934 Neben den beiden Gründern trat auch Bartholomäus II., der leibliche Sohn des Viatis aus erster Ehe in der Gesellschaft auf. Der Vater sah sich veranlasst, in einem eigenen Artikel (17) dieses mit seinem hohen Alter zu begründen, sein Sohn solle daher Martin Peller unterstützen (weil dan solche wichtige schwere handlung dem herrn Viatis seines hohen alters935 halben hinfuran allem selbsten beyzuwonen was schwer fallen will, und damit der Peller (wie billich) gleichwol auch einen desto sterkeren beystand, stelt her Viatis seinen lieben sohn Bartholome Viatis des jungeren neben ime in die handlung936). Viatis erwartete von seinem Sohn, sich in der Handlung gehorsam zu erweisen, mitzuarbeiten und abzuewarten, sodass sein Vatter und Schwager (nicht allein darob ein Freud, sondern auch mit allem seinem Verrichten) zuefriden sein sollen937. Die Position des Sohnes war demach so angelegt, sich im Laufe der gemeinsamen Handlung zu bewähren und sich so gegebenenfalls zu verbessern, sie entsprach letztlich der eines Handelsdieners, obgleich er, im 1573 geboren,938 1609 altersmäßig längst in der Lage gewesen wäre, neben seinem Schwager gleichberechtigt aufzutreten. Artikel 17 und Artikel 18 gehören eng zusammen und stellen innerhalb eines Gesellschaftsvertrags eine Art Privatabsprache des Vaters mit dem Sohn dar, die auch eine spezielle väterliche Erwartung an den Sohn widerspiegelt und gleichfalls im Todesfall zu gelten habe (diese Vergleichung und Abred zwischen dem Herrn

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Ebd. Ebd., S. 16f., Artikel 13. Ebd., S. 17. Ebd., Artikel 13. Bartholomäus Viatis d. Ä. war 1609 immerhin 71 Jahre alt. Schultheiß, Der Vertrag der Nürnberger Handelsgesellschaft, S. 18f., Artikel 17. Ebd., S. 19, Artikel 17. StadtA Nürnberg, E 1/1905 FA Viatis, Nr. 12, pag 40: Jahr 1573. Im Namen der hailligen Dreifaltigkeidt Gottvatter, Sohn und Hailiger Geist hab ich mein drittes kindt mit meinem herzlieben Viatis gehabt mit namen Bartteleme, ist geboren den 28. Jullij anno 1573 an einem eritag umb 5¾ uhr das ist ¼ stundt vor 6 uhren beij dem dag auf der großen uhr wardt der dag 19 stundt lang und die nacht 9 stundt.

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Viatis und seinem Sohn ist aus aller Ursach und umb Leben und Sterben willen in diese Handelsverschreibung verfast und geschrieben worden939). Es handelt sich dabei um finanzielle Anreize, die Bartholomäus d. J. von seinem Vater zugesagt wurden. Drei finanzielle Posten wurden dem Sohn demnach in Aussicht gestellt. Zum einen gewährte ihm der Vater eine Fürlegung von 10.000 fl., (der alte Herr Viatis ime seinem Sohn Bartholome bey jungster Rechnung an guetem Capital schuldig verbliben 10.000 Gulden940). Dieser Betrag habe ausdrücklich nichts mit dem Gesellschaftsvermögen zu tun, sondern würden unter dem Konto des Vaters laufen (welche unter des Herrn Viatis Capital ligen (damit hat die handlung nichts zu thuen)941). Zum anderen wurde dem jungen Viatis im Secretbuch E ein Betrag von insgesamt 3.602 fl. 10 ß. 11 h., den er in den vergangenen sechs Jahren verdient hatte, gutgeschrieben.942 Dieser Posten verweist auf eine sechsjährige, weiter nicht genauer zu bestimmende Tätigkeit des jungen Viatis innerhalb der vergangenen Gesellschaft. Dieser Betrag bleibt ihm sicher und müsse daher gegebenenfalls auch aus dem Nachlass des Vaters bestritten werden (solche mießen ime auf den Fall von des Herrn Viatis Verlassenschaft guet gemacht werden943). Ferner sagte der Vater dem Sohn zu, dass er aus dem Gewinn seiner ⅔ Kapitaleinlage in der Gesellschaft auch die Nutzung, das heißt den Zins für die Fürlegung von 10.000 fl. an seinen Sohn bestreiten würde. Verknüpft wird diese Zusage mit der Hoffnung, dass sich der Sohn im Geschäft umso mehr anstrengen und sich bewähren würde (desto eiferiger Ursach hab, was in der Handlung für andern zu verrichten, hat sein lieber Herr Vatter versprochen, was seine zwey Trittel Capital ime in diesem Handel jerlich p[ro] c[ent]o dragen, sovil Nutzung will er seinem Sohn von den 10.000 Gulden, so er im schuldig auch raichen und geben944). Als dritter Posten taucht im Artikel 18 noch eine Summe von 20.000 fl. auf, die der Vater zugunsten seines Sohnes zu den vorherigen addiert. So kommt im Vertrag eine Gesamtsumme von 32.541 fl. 10 ß. 6 h. (aussgenommen den fallierten Schulden) zusammen, deren Nutzung Viatis d. Ä. nochmals zusagt. Sie wurde aus dem Gewinn seiner ⅔ Kapitaleinlage bestritten. Im Vertrag wird dieser Vorgang beschrieben, demnach solle die Nutzung dem Vater ab in Debito und dem Sohn in Credito geschrieben werden945. Der Sohn wird damit über diese Summe zwar Gläubiger des Vaters, aber es handelte sich dabei (lediglich) um einen Buchungsvorgang, der innerhalb des väterlichen Kontos abgewickelt wurde. 939 Schultheiß, Der Vertrag der Nürnberger Handelsgesellschaft, S. 19, Artikel 18. Schultheiß, vermutet, dass diese Artikel später angefügt worden seien, ebd., S. 7. Für diese Annahme gibt es nach dieser ausdrücklichen Willensbekundung des „Herrn Viatis“ im Vertrag keinen Grund. 940 Ebd., S. 19, Artikel 18. 941 Ebd. 942 Ebd. Diese Summe setzte sich aus einem gueten Capital von 2.541 fl. 10 ß 6 h sowie fallierten Schulden von 1.060 fl. 10 ß 11 h zusammen. Nach Seibold, Die Viatis und Peller, S. 181 handelte es sich dabei um zweifelhafte Forderungen. 943 Schultheiß, Der Vertrag der Nürnberger Handelsgesellschaft, S. 19, Artikel 18. 944 Ebd. 945 Ebd.

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Die Intention des Vaters lag in dem Aufbau finanzieller Anreize über rein buchmäßige Fürlegungen, nur zu verbuchende Zinsen, einer Zusage der Zahlung über einen realen Verdienst des Sohnes und schließlich noch der Zusage zinsfrei im väterlichen Haus wohnen zu können (so soll er nicht allein des haus, darinnen er dieser zeit ist, zinsfrei sein946), um den Sohn zur Mitarbeit in der Gesellschaft zu motivieren. An der eingeschränkten Position Bartholomäus II. innerhalb der Gesellschaft änderte sich allerdings nichts bis zum Tod seines Vaters im Jahr 1624. Bemerkenswert ist, dass sich Bartholomäus II. offensichtlich in sein Schicksal gefügt hat, es lassen sich jedenfalls keine anders lautenden Aussagen erkennen. Erst nach dem Tod des Vaters 1624 übernahm er zusammen mit seinem Schwager Martin Peller die Leitung der Gesellschaft. 4.3.4. Die neue Gesellschaft von 1626 Die beiden Schwäger schlossen sich zwei Jahre nach dem Tod des alten Viatis am 11. Februar 1626 zu einer Gesellschaft zusammen. Nach dem neuen Gesellschaftsvertrag war Bartholomäus II. anstelle seines Vaters persönlich haftender Gesellschafter, wobei er mit 243.431 fl. 18 ß und 9 h nur die Hälfte an Kapital gegenüber Peller mit 587.000 fl. 109 ß und 15 h einlegte.947 In weiteren Punkten ist der neue Gesellschaftsvertrag dem alten Vertrag von 1609 sehr ähnlich.948 So soll zweimal alle drei Jahre in Nürnberg eine Hauptrechnung durchgeführt werden949 und es soll des Weiteren das alte Viatis-Handelszeichen genutzt werden.950 Die Unterschiede zwischen den Verträgen von 1609 und 1626 betreffen vor allem vertragliche Regelungen, beispielsweise wie im Falle des Ablebens einer der

946 Ebd. 947 StadtA Nürnberg, E 19/II FA Peller, Nr. 18, fol. 2r, Artikel 1: Und erstlich hat Bartholomä Viatis der elter zur gluckhseligem anfang des handels fur seinen thail capitals, an handelsschulden, wahren und bahrem geldt in dise neue handlung auff gewinn und verlust erlegt nemblichen gulden zweymall hundertdreyundviertzigkhdaußent vierhundert einundreysig, schilling achtzehen, heller neun. Dargegen hat herr Martin Peller gleichfalls an capitalen, als an handelsschulden, wahren und bahrem geldt zue gewinn und verlust in diese neue handlung auch erlegt nemblich an gulden funffmal hundertsiebenundachtzigkhdausendt nulla hundertundneun schilling funfzehen heller acht. 948 Ebd. 949 Ebd., Artikel 2: Furs ander ist bedingt und abgeredt das inn zeit diser vergleichung sechs jare gen gesellschaft zwo underschidtliche haubtrechnung alhir zu Nurmberg sollen geschlossen werden nemblich die erste auff ad eilff febrer anno sechszehnhundert neunundzwanzig jars und sollen zu beiden solchen rechnung jedesmals die falliertten schulden ausgeseztt und all neuer kauffe, restieren zu wahren jede sort in solchem werdt angeschlagen werden wie und was sie zur selben zeit ungevehrlichen jede sort auf die stöllgelegt costen machtten. 950 Ebd., fol. 3v, Artikel 4: auch soll man das alte hierumben gezeichnett handelszaichen auf alle gutter und brief machen.

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Haupgesellschafter mit den Ansprüchen der Erben zu verfahren sei. So wird in Artikel 3 des neuen Vertrages von 1626 festgelegt, dass den jeweiligen Erben der durch die Schlussrechnung festgestellte Gewinn ohne weitere Bedingung ausgezahlt werden sollte (Zum dritten soll iber gemelte zway capitall ain neu handelssecretbuch mit [Buchstabe] A gehalten werden, darin soll wie obgemeltt der Viatis auch der Peller ein jeder ime selbsten umb das, was zu jeder beschluss rechnung einen jeden fur sein thail richtige gewinnung (außer die bösen schulden, darumb jedem im handelsgehaimbuch creditto geben wirt) a ratta [...] rechnet gewinn und bestehen wirt mitt p[ropria] handt credito geben, umb habens und sterbens willen. Dem auch ihre erben auf die begebendte todesfal ohne andere condicion wie iys mit p[ropria] handt selbsten eingeschrieben volkumblichen glauben zuegestalt werden soll951). In Artikel 4 des neuen Vertrags wird ferner im Fall des vorzeitigen Ablebens eines der Gesellschafter wie 1609 festgelegt, dass die Gesellschaft noch ein Jahr weitergeführt werden soll.952 Weiter heißt es, dass in dem Fall für die Erben des Verstorbenen ein Beistand gewählt, die Schlussrechnung zu erfolgen habe und die Erben sich daraufhin gutwillig einigen mögen.953 Auch bezüglich der Lagerung der gesamten Geschäftsbücher der Gesellschaft, wurden Regelungen für die Erben im Todesfall eines Gesellschafters getroffen. Sie sollten aufgrund der höheren Kapitaleinlage im Haus des Martin Peller gelagert werden, die Erben des Viatis könnten aber bei Bedarf um Informationen (Bericht) nachsuchen. 954 Im folgenden Artikel werden die potentiellen Erben benannt, die während der Laufzeit schon in Diensten der Gesellschaft stehen. Es handelt sich dabei um Tobias Peller, Bartholomäus III. Viatis, Heinrich Martin und Christof Peller. Ihre Tätigkeit solle je nach der Art und dem Nutzen für die Gesellschaft beglichen (recompens) werden.955 951 Ebd., fol. 3r, Artikel 3. 952 Ebd., fol. 3v, Artikel 4: Da aber der Viatis oder der Peller nach dem willen des allmechtigen (welches sein gottliche allmacht gnediglichen verhuetten und ime das leben noch lang fristen wolle) wo er außgang, der bedingten sechs jar und noch vor dem funfften einer oder der ander mit dodt abgehen soltte, alsdan soll von solchem do des fall an die gesellschafthandlung, nur noch ein jahr lang gefurt. 953 Ebd., fol. 3v, Artikel 4: jedoch durch den so noch bey leben erben des verstorbnen erben eines beystandts, alls der elste sohn einen guberniert und darauf die schlusrechnung gehalten werden, es vergleichen sich dan die erben oder inttreßenten guetwillig eines andern miteinander. 954 Ebd., fol. 6r, Artikel 16: Belangt alle neue handels bucher, rechnungen und handelsbrieffe, so von dieser neuen handlung herfließen (auch die altten geheim und secret bucher welche der altte herr Viatis ime Peller eingehendigt hatt) solches alles soll dem Peller oder seinen erben (weil er jetzt das meiste in der handlung hat) verbleiben, jedoch wan der Viatis oder seine erben das inen von nutten aus solchen bucher was berichtt begert, solls inen von ime Peller oder seinen erben geben werden. 955 Ebd.. 6r, Artikel 17: Und nachdem zu dieser handlung dieser zeitt der Tobias Peller, Bartholome Viatis der junger und Heinrich Marthin auch der Cristof Peller gepraucht werden, soll bey jeder rechnung eineinen jedem, nach seinem verhalten und verrichten und nach dem sich die nutzung der handtlung erzaigen wirdt, ein ehrlich recompens wegen irer verrichtung geben werden, welches zu erkantnus irer vätter stehen soll.

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Aus den vertraglichen Regelungen bezüglich der Erben wird deutlich, dass Martin Peller und Bartholomäus d. J. eher die Strategie der Integration und weniger Distanzierung der Erben zur Gesellschaft gesetzt haben. Begriffe wie Vergleich, gutwillig, Beistand, ‚Gewährung von Information‘ sowie auch erste Aufgaben und Pflichten, die sie zu übernehmen hatten, weisen auf diese neue Ausrichtung gegenüber der alten Gesellschaft hin. Damit wurden die potentiellen Erben enger an die Gesellschaft gebunden und auf die Nachfolge vorbereitet. Abschließend befasst sich Artikel 18 mit dem Konfliktfall, dem Streit und dem mißverstandt, der sowohl zwischen den Gesellschaftern als auch mit den Erben und potentiellen Nachfolgern entstehen konnte. Hier übernahmen die Gesellschafter fast wörtlich Artikel 15 des alten Vertrags von 1609. In dem Fall solle man sich, wenn der interne Vergleich nicht gelänge, an zwei oder drei kundige Handelsleute (zwayen oder dreyen verstendige handellsleute) wenden. Diese könnten dann, gegebenenfalls auch mit Hilfe eines Obmanns, den Streit schlichten.956 Nach dem Ableben Martin Pellers 1629 wurde eine neue Gesellschaft nun mit Bartholomäus II. Viatis und den jeweiligen Erben neu gegründet. Als Gesellschaftsvertrag wurde lediglich ein einseitiger Anhang als ergänzendes Blatt an den Vertrag von 1626 angehängt, denn die Regelungen des alten Vertrags hatten sich offensichtlich bewährt. 4.3.5. Die Testamente Das vom 23. Februar 1616 datierte Testament Bartholomäus d. Ä. Viatis, ein ergänzendes Codizill vom 29. November 1563 sowie eine Nachlassverfügung vom 9. Juni 1564 haben sich erhalten.957 Die letzwilligen Verfügungen spiegeln auch bei Viatis die familiären und zugleich handelsgesellschaftlichen Verhältnisse wider. Aus ihnen werden bereits entstandene Konflikte mit den leiblichen und Stiefkindern aus den beiden Ehen des Bartholomäus ersichtlich und wie er diese zu kontrollieren

956 Ebd., fol. 6v, Artikel 18: Unnd da sich dan in zeit dieser wehrenden gesellschaft oder auch iber kurtz oder lang hernach zwischen obgemelten beiden gesellschaftern derselben erben oder nachkhummen einigerley zwispalt, streidt oder mißverstandt zuedragen wurden, umb sahen, diesen iren handel bedreffend, die weren gleich zu diesem contract begriffen oder nicht oder woher solchs mißvertandt iren ursprung haben mögen und sy sich derselben zwischen inen selben nicht vergleichen kondten, so ist bedingt und abgeredt, das sy schuldig sein sollen die selben ire mißverstandt und irrungen zwayen oder dreyen verstendigen handellsleutten, des markts alhir deren jeder thaill einen darzu erbitten mag furzudragen und denselben die erkhantnus und entscheidung haim zuestellen, die dan macht haben sollen im fall der nott einen unpartteischen handelsverstendigen des hierigen platz obman zue sich zue ziehen und was dan durch sy samptlichen oder durch die unsern aus inen erkannt und ausgesprochen wirdt. 957 StadtA Nürnberg, E 19/II FA Peller, Nr. 14, Bl. 1–60 (Testament) Bl. 61–117 (Codizill); Abschrift: Ebd., Nr. 15.

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versuchte. Zugleich zeigt eine Reihe von Verfügungen auch das gute Verhältnis zu seinem Schwiegersohn und seiner leiblichen Tochter Maria aus erster Ehe.958 Vollends evident wurden diese Verhältnisse durch ein auf Veranlassung des Nürnberger Rates modifiziertes Testament („Berichtigtes Testament“) vom 2. Mai 1625959, das die früheren Verfügungen des Viatis nach einem Rechtsstreit seiner Nachkommen korrigierte. Im insgesamt 59 Seiten umfassenden Testament machte der Testator allein auf neun Seiten umfangreiche und ausdifferenzierte Verfügungen bezüglich seiner zweiten Ehefrau Florentina. Sie stellen zugleich auch eine Art Bericht über den Zustand seiner Ehe dar, so bezeichnete er seine zweite Ehefrau Florentina als „boshaft, zänkisch und trutzig“960. Sie sollte 1.800 fl. erhalten sowie ein jährliches Legat von 300 fl., außerdem müsse sie das Haus nach dem Tod ihres Gatten Bartholomäus ein Vierteljahr später verlassen.961 Seine Haltung deckte sich auch mit den Verfügungen insbesondere für die Kinder aus dieser zweiten Ehe. Sie sollten lediglich das „Legitimam“ (Pflichtteil) erhalten sowie weiterhin noch 8.000 fl., dem Sohn David wurden davon allerdings 2.000 fl. wegen seiner Hochzeitsaufwendungen abgezogen. Die Beträge sollten erst vier Jahre nach dem Tod des Vaters ausbezahlt werden. Während dieser vier Jahre standen sie Bartholomäus II. und Maria zinslos zur Verfügung. Diese waren auch die Haupterben, denn ihnen vermachte Viatis die Hälfte seines Vermögens. Den Kindern aus der ersten Ehe mit seiner Frau Anna hinterließ er 200 fl.962 Ferner schloss der Testator noch folgende Verfügung an: Sollten Rechtsstreitigkeiten bezüglich des Testamentes, die von den Kindern aus der zweiten Ehe oder „deren Mutter Florentina angestrengt werden, würden diese ihres Erbes zugunsten der Kinder aus erster Ehe verlustig gehen“.963 Dieser Zusatz zeigt, dass er Konflikte erwartete, da seine Verfügungen im Testament sehr einseitig zugunsten der leiblichen Kinder aus der ersten Ehe ausgestellt waren. Diese versuchte Viatis mithilfe dieser „Warnung“ zu verhindern, was allerdings nicht gelang. Die Viatis-Häuser an der Barfüßerbrücke in Nürnberg vermachte Bartholomäus seinem Sohn Bartholomäus. Er sah allerdings ein Wohnrecht sowie ein Vorkaufsrecht im Falle des Verkaufs für den Schwiegersohn Martin Peller vor. Das Landgut Schoppershof sollten Maria und Martin Peller erhalten. Hier galt dann ein Vorkaufsrecht für seinen Sohn Bartholomäus II. und „ersatzweise auch für die Kinder aus zweiter Ehe“964. 958 An dieser Stelle werden nur einschlägige Verfügungen bezüglich der Familie dargestellt. Alle anderen Legate, die Familienangehörigen und frommen Stiftungen zu zahlen waren und deren Höhe testamentarisch festgelegt war, werden hier nicht behandelt. 959 Berichtigtes Testament von 1616: StadtA Nürnberg, U 13. 6. 1625, und StadtA Nürnberg, E 19/II FA Peller, Nr. 357, dazu Seibold, Die Viatis und Peller S. 231. 960 Ebd., S. 224. 961 Kellenbenz, Bartholomäus Viatis, S. 174. Tatsächlich verließ Florentina am Todestag Bartholomäusʼ d. Ä. am 18. November 1624 unverzüglich das Viatis-Haus. 962 Seibold, Die Viatis und Peller, S. 226. 963 Ebd., S. 227. 964 Ebd., S. 227.

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Fallstudien

Bezüglich der Gesellschaft traf der Testator die Verfügung sie weiter unter dem Namen ‚Viatis und Peller‘ mit dem alten Handelszeichen weiterzuführen.965 Einzige Gesellschafter sollten dem Testament zufolge Bartholomäus II. und Martin Peller sein.966 Einige Jahre später, am 19. November 1623,967 ergänzte Viatis sein Testament um ein Codizill. Viatis schrieb darin, dass er seinen Kindern und auch seiner jetzigen unartigen und widerspenstigen Ehewirtin968 verzeihen wolle, erhöhte das jährliche Legat für seine Frau Florentina auf 400 fl.969 und verringerte zugleich die Legate seiner Kinder Wolfgang und Ursula aus seiner zweiten Ehe von 8.000 fl. auf 100 fl. weil sie wiederholt gegen den Vater Partei ergriffen hätten.970 Die Legate für David und Johann, auch aus der zweiten Ehe, wurden jedoch nur auf 2.000 fl. verringert, da sie in der Gesellschaft mitarbeiteten.971 Das Wohnrecht für Martin Peller in Häusern der Barfüßerbrücke wurde aufgehoben und die Häuser nun als Fideikommis972 betrachtet, in denen jeweils der älteste Sohn wohnen solle. Diese Verfügung war jedoch nicht gegen Peller gerichtet, sondern sie waren nicht mehr notwendig, da dieser mittlerweile sein großes und ansehnliches Haus fertiggestellt hatte und dort jederzeit einziehen konnte. Ferner handelte es sich bei dieser Verfügung um den Versuch, den Viatis-Familiensitz in der direkten Linie der Familie weiterzugeben und zu halten. Tatsächlich blieb das Stammhaus der Viatis 200 Jahre lang im Besitz der Familie, bis es dann verkauft wurde.973 Nach dem Codizill erhielt Bartholomäus II. eine venezianische Verdienstkette, die dem Vater vom Dogen und der Signoria von Venedig verliehen worden war, Maria erbte eine goldene Kette und Martin Peller für seine Tätigkeit in der Gesellschaft 10.000 fl. in bar. Er sollte zusammen mit Bartholomäus II. das Handelsunternehmen weiter betreiben.974 Dem Enkel Tobias Peller, der mittlerweile selbst in der Gesellschaft tätig war, wurden 5.000 fl. in bar vererbt.975 Dies zeigt die fortdauernde Verbundenheit Bartholomäus d. Ä. Viatis mit der Peller-Familie, denn die anderen Enkel wurden nicht weiter bedacht. Eine Nachlassverfügung vom 9. Juni 1624976 ergänzte noch wie die Testamentsvollstrecker mit dem Testament und dem Kodizill nach dem Tod Bartholomäus Viatisʼ verfahren sollten. 965 966 967 968 969 970 971 972 973 974 975 976

StadtA Nürnberg, E 19/II FA Peller, Nr. 14, S. 34; Seibold, Die Viatis und Peller, S. 227. Ebd., S. 227. StadtA Nürnberg, E 19/II FA Peller, Nr. 14, Bl. 61–117. Kellenbenz, Bartholomäus Viatis, S. 174. Seibold, Die Viatis und Peller, S. 228. Ebd. Ebd. Mit dem Fideikommiß war ein Veräußerungsverbot verbunden, vgl. Schreiber, Vorschickung und Familienfideikommiß, S. 34. Seibold, Die Viatis und Peller, S. 230. Ebd., StadtA Nürnberg, E 19/II FA Peller, Nr. 14, Bl. 103. Seibold, Die Viatis und Peller, S. 229. StadtA Nürnberg, E 19/II FA Peller, Nr. 14, Bl. 119–131.

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4.3.6. Der Ratsentscheid und die neue Gesellschaft Am 18. November 1624 starb Bartholomäus d. Ä. Viatis.977 Nach der Testamentseröffnung brach sofort ein Streit zwischen den Erben, den Kindern aus der ersten und zweiten Ehe des Verstorbenen aus.978 Es ging um die Verteilung des Handlungsgewinns und die durch das Codizill verringerten Pflichtteile. Diese umfassten 1/12 des Erbes, während Bartholomäus und Maria insgesamt 1/3 des Gesamtnachlasses erhielten. Schon am 2. Mai 1625 kam es zu einer Einigung, die dann in einem berichtigten Testament vom 13. Juni 1565 schriftlich festgehalten wurde.979 Auf Veranlassung des Rates wurde hierbei festgestellt, dass Viatis sein Testament „hitzig“ gegen die Kinder aus der zweiten Ehe angefertigt habe. Alle die Bemerkungen gegen sie wurden daher aus dem Testament getilgt.980 Sie verzichteten im Gegenzug auf eine Beteiligung an Gewinnen aus dem Handel. Ferner wurden die Legate aller Kinder aus der zweiten Ehe auf 2.000 fl. erhöht. So kamen die vier Kinder insgesamt auf 80.398 fl. 14 ß 5 47/252 h, die sich durch Pflichtteile, aus je 1/12 Anteil an Forderungen,

977 StadtA Nürnberg, E 1/1905 FA Viatis, Nr. 12, pag. 56–57, Stammabuch, diese Nachträge wurden von Bartholomäus d. J. Viatis geschrieben: Anno 1624 ad 18. November umb ¾ uhr vor 12 der kleinern vormitag in Nurmberg ist zu Gott santt und cristlich, wie auch mit einen guetten Gott selichen verstandt endts[ch]lafft an mein lieber herre vatter dem Gott genadt, dar wurdt im auch am jungsten dag ein froliche auferstehung verewigen Amen. Ad 21. Ditto ist er an die kirchen daffellen also anges[ch]rieben worden: Der erbar und vurnem Bartholome Viatis der eltter gegen dem Parfußercloster jhar. Zu begrebnus ist der ganze ratz und alle furneme kauffund handelsleudt mitgangen, hat ein stattliche leucht gehabdtt von 309 manspersonen und 302 magtt alen s[ch]ullern sundt vennedis[che]e 8 s[ch]illinger vurausgebtten deren einer 6 fl. golten außgedallet worden, wahren ihrer 740 auf dem Kirchoff beij St. Lorenzen und hat man seinen leichtnam auff gottesacker zur St. Johannes begraben; auff sein leicht druchen oder serg hatt der Andreas Volckhamer mit fraetter volgenden spruch ges[ch]rieben 2 Timothei, 4,7: Ich habe einen guetten kampff gekempfft, ich habe meinen lauff 86. jaher und 7. monat wollendt, ich gabe glauben und ein guett gewißen behalten, hinfort ist mir beigelegtt die krander[?] gerechtigkheit, welche mir der Herr an einem dag der gerechte richtter geben wurdt nit mir aber allein sondern auch allen, die seiner ers[ch]einung lieb haben. Auff die daffell zur seinen dottem leichtnamb ist obgemelter spruch und nachvolgende speceficattion ges[ch]riben worden. So hab ich Bartholome Viatis der elter mit meiner lieben ersten hausfraw anno 1569 Anna Georg Schefferin, so damals 9 lebendige kinder gehabt, hochzeit gehalten unnd mit ihr 4 kinder erzeugt, von denen noch bis dato 2 im leben, alls Maria Marthin Pellerin, hab ich erleb 9 enigkla wann 12 uhrenigkla und von meinem sohn Bartholome mit 2 weibern 18 enigkla und 7 uhr enigkla anno 1586 hab ich mit meiner anderen hausfrau Florentina Jegerin von Schwäbisch Gemundt hochzeit gehalten und mit ihr 11 kinder erzeugt. Von denen noch bis dato 4 im leben alls Wolffgang, Davidt, Johannes, Ursulla, hab von David 2 und von Johanns 2 enigkla lebett und auf 18. November 5/4 vor 12 vor mittag auf der khleinen uhr christlich Gott seelig tauff im herrnrudt s[ch]affen, Gott verleiht mir ein froliche aufferstehung als hab ich Bertholome Viatis der elter erlebtt 31 einigkla und 19 urenigkla Nurmberg anno 1624. 978 Seibold, Die Viatis und Peller, S. 231. 979 Berichtigtes Testament von 1616: StadtA Nürnberg, U 13. 6. 1625 und StadtA Nürnberg, E 19/II FA Peller, Nr. 357, dazu Seibold, Die Viatis und Peller S. 231. 980 Ebd.

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Anteil am Handelsvermögen,981 Anteil am Privatvermögen des Vaters sowie dem Legat zusammensetzten. 982 Demgegenüber erhielt Bartholomäus II. eine Gesamtsumme von 427.291 fl. 10 31/126 h sowie Martin und Maria Peller 427.108 fl. 11 ß 31/126 h. 1625 bezog Bartholomäus II. das Haus des verstorbenen Vaters, denn Martin Peller und seine Frau waren nun doch endgültig in ihr eigenes Haus umgezogen. Ferner trat Bartholomäus II. als gleichberechtigter Gesellschafter in die neu konstituierte Handlung ein. Am 1. Februar 1626 setzten Martin Peller und Bartholomäus II. Viatis einen Gesellschaftsvertrag auf.983 Dieser hatte eine Laufzeit von sechs Jahren. Die darin festgelegte Quote des Gewinns entsprach der Relation 62,1 (Martin Peller) zu 37,9 (Bartholomäus II. Viatis).984 Bartholomäus war dennoch gleichberechtigter und gleich haftender Gesellschafter. Die Quotierung lässt lediglich den Schluss auf die Relation der Kapitaleinlage zu. Als am 22. April 1629 Martin Peller starb, übernahm Bartholomäus II. die Leitung der Handelsgesellschaft.985 Sie bestand aus den Nachkommen Bartholomäus II. Viatis bis 1729 fort.986 Das Fallbeispiel der Viatis-Peller-Gesellschaft steht für den Versuch, die Kontinuität und den Erfolg einer Gesellschaft bei einer zugleich komplexen und konfliktreichen Familienkonstellation zu erhalten. Die dazu ergriffenen strategischen Maßnahmen bestanden in einem Wechselspiel von vertraglichen Absprachen, Übertragungen der Geschäftsverantwortung auf den Fähigsten der nachfolgenden Generation, eingeschränkter Einbeziehung des leiblichen Sohnes sowie testamentarischen Verfügungen, die durch Modifikationen den geänderten Realitäten Rechnung trugen. Wie das Beipiel weiter zeigt, übernahm die nächste Generation die bewährten vertraglichen Bestimmungen, ergänzte und veränderte sie nur im Hinblick auf die stabilere personelle Beziehung zwischen den beiden Gesellschaftern Bartholomäus II. Viatis und Martin Peller sowie ihren Erben und Nachkommen.

981 Ebd., stagnierte die Handlung Viatis-Peller wegen der Kriegswirren (30-jähriger Krieg) und war auf ein Minimum reduziert, daher einigten sich die Erben auf einen Pauschalbetrag von 50.000 fl. Diese Summe wurde den Kindern in fünf jährlichen Tranchen ausbezahlt, während dieser Zeit wurde das Kapital mit 6% verzinst. 982 Ebd., S. 238. 983 StadtA Nürnberg, E 19/II FA Peller, Nr. 18. 984 Kischka, Todesbedingtes Ausscheiden, S. 141. 985 Seibold, Die Viatis und Peller, S. 220. 986 Kischka, Todesbedingtes Ausscheiden, S. 142.

C. DIE ANALYSE 1. Konflikte Die zentrale Fragestellung dieser Untersuchung liegt in der Analyse von Lösungsstrategien familieninterner Konflikte bei oberdeutschen Handelsgesellschaften im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit. Die Gründe und Ursachen der Konflikte waren vielfältig.1 Sie konnten aufgrund mangelhafter Buchführung, nicht akzeptiertem Rechnungsabschluss, Unzufriedenheit mit der Ermittlung von Gewinnen und Verlusten, der Gewinn- und Verlustverteilung sowie der Spesen- und Honorarabrechnungen entstehen. Sie brachen ferner aufgrund von Veruntreuung, unerlaubten Sondergeschäften, Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Sorgfaltspflicht, strittiger ökonomischer Ausrichtung der Gesellschaft, Verhindern oder Verzögern einer ordnungsgemäßen Nachfolge seitens der „regierenden“ Geschäftsführer der Gesellschaft und schließlich aufgrund unzuverlässiger, unfähiger, verschwenderischer und unbotmäßiger Nachfolger oder bereits tätiger Gesellschafter aus. Zu weiteren Auseinandersetzungen kam es anlässlich anstehender Vertragsverlängerungen oder strittiger Neugestaltung von Gesellschaftsverträgen. Ebenso verursachten Liquidationsprobleme oder schon Gerüchte, nicht liquide und kreditwürdig zu sein, Kontroversen. Auch der Todesfall eines Gesellschafters barg Konfliktpotenzial bei der Frage, wie dann mit Erben, aber auch dem Modus der Aufteilung der Gesellschaftsanteile verfahren werden sollte. Des Weiteren gab es Nachfolgeproblemen zwischen Vätern und Söhnen, Konflikte zwischen Brüdern, Onkel, Vettern, Schwägern, Schwiegersöhnen oder auch den Kindern aus erster, zweiter oder dritter Ehe. Im Folgenden werden aus den vielen bislang genannten Konflikten einige besonders häufig auftretende im Einzelnen und anhand von Fallbeispielen dargestellt, da sie bei der Entstehung von Auseinandersetzungen eine besonders gravierende Rolle spielten. Zusammengefasst bestanden diese Konflikte ursächlich aus einem Spannungsverhältnis und Wechselspiel von Flexibilität und Konservatismus bei Nachfolgefragen, der personellen Auswahl, der mentalen Verfasstheit der Mitglieder, der ökonomischen Ausrichtung der Gesellschaft sowie interner Rechnungslegungen. Eine

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Umfassend zu den vielfältigen Konflikten und belegt anhand zahlreicher Beispiele: Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, passim.

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Reihe der bislang genannten Konflikte, die besonders häufig auftraten, werden zunächst im Einzelnen und dann im Zusammenhang mit Lösungsmodellen anhand von Fallbeispielen dargestellt. 1.1. Allgemeine innerfamiliäre Konflikte Ein Charakteristikum der Streitfälle war bei den familiengestützten Gesellschaften eine Verknüpfung geschäftlicher mit innerfamiliären Konstellationen, d. h. es wurden bei den Konflikten nicht nur rein ökonomische Belange, sondern zugleich auch der sozial-familiäre Bereich tangiert. Diese familiären Konstellationen konnten Auseinandersetzungen, die sich aus dem Geschäftsverfahren und dem gesellschaftlichen Handeln ergaben, innerhalb der Gesellschaften noch verstärken. Ein wesentlicher Komplex der Konflikte umfasste innerfamiliäre Probleme, etwa zwischen Vätern und Söhnen, aber auch Großvätern und Enkeln, Onkel und Neffen oder auch Brüdern. In so gut wie allen Fallbeispielen dieser Untersuchung treten diese Konflikte zwischen den sehr nah verwandten Personen auf.2 Dabei bestand oft zunächst ein strukturelles Grundproblem innerhalb einer Familie, das dann ein klassischer Auslöser für weitere Konflikte wurde. Es handelte sich dabei um die Kollision zwischen dem jüngeren nachrückenden Gesellschafter, der Neuerungen einführen, Geschäftsfelder verändern, neue Märkte für die Gesellschaft eröffnen oder neue Handelsprodukte erschließen wollte, und dem älteren erfahrenen Gesellschafter, der auf traditionellen Verfahren beharrte und das ökonomische Risiko scheute. Ein Beispiel von vielen bot die Imhoff-Gesellschaft, die die ökonomische Geschäftsausrichtung vom reinen Warenhandel zum Kredit- und Wechselhandel erst sehr spät, in den 40er Jahren des 16. Jahrhunderts vollzog, da der Regierer Endres Imhoff d. Ä. lange gegen dieses neue Geschäftsmodell Misstrauen hegte 3 Konflikte ergaben sich zwischen den Kindern aus erster, zweiter oder dritter Ehe der Gesellschafter. Ein besonders anschauliches Fallbeispiel bot dazu die Nürnberger Familie Viatis-Peller, die mit Konflikten zwischen den Stiefkindern und den leiblichen beiden Kindern des Bartholomäus Viatis zu kämpfen hatte, in die ja auch,

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Ein besonders bestürzendes Beispiel für Konflikte zwischen Vater und Söhnen zeigte der Fall des Augsburger Handelsherrn und Bürgermeisters Jakob Herbrot, den Hecker in seiner Untersuchung aufarbeitete (Hecker, Jakob Herbrot, S. 95ff.: Demnach konnte es Jakob Herbrot 1556 „auf Dauer in Augsburg nicht aushalten“ und übergab sein Geschäft seinen drei Söhnen. Er selbst zog nach Lauingen als pfalzgräflicher Rat. Die Söhne arbeiteten jedoch schlecht und hatten zudem schon von Anfang an wegen des Rufes ihres Vaters „einen schlechten Credit“. Dennoch verbürgte sich der Vater für die Söhne und war aufgrund dessen in einer nicht genau zu erkennenden Weise an ihren Geschäften beteiligt. Als die Söhne vor ihren Gläubigern flüchteten (entgegen ihres Versprechens dazubleiben), hielten sich die Gläubiger an den Vater. Die Söhne überließen ihren Vater (74-jährig) den Gläubigern, er kam in Schuldhaft und starb dort am 21. April 1564. Siehe das Kapitel „Die Imhoff in Nürnberg und Augsburg“ S. 65ff.

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wie gezeigt, der Schwiegersohn Martin Peller verwickelt war.4 Mehrfachehen waren ein Phänomen, das im 15. und 16. Jahrhundert häufig anzutreffen war.5 Sie konnten aus der in dieser Zeit hohen Sterblichkeitsrate resultieren, die nicht nur den jungen Nachwuchs, sondern auch die Ehefrauen und Mütter betraf. Viele Geburten (zehn Kinder waren nicht unüblich), schwierige medizinische Verhältnisse sowie ein grundsätzlich risikoreicheres Leben führten dazu, dass vor allem die Frauen bereits in jüngeren Jahren starben. Die zurückgebliebenen, oft noch jungen Ehemänner heirateten wieder und hatten mit der neuen Ehefrau weitere Kinder. Umgekehrt gab es aber auch den Fall, dass verwitwete Frauen und Mütter erneut heirateten, und Kinder in eine Ehe mitbrachten und weitere Kinder mit dem neuen Ehemann zeugten. Daraus konnte sich Konfliktpotential aufgrund von affektiven Phänomenen wie Eifersucht und Neid, verbunden mit einer ähnlichen familiären, persönlichen Disposition zwischen den Halbgeschwistern ergeben.6 Als weiteres Beispiel von vielen und neben den untersuchten kann die Gesellschaft der Diesbach-Watt aus Bern/St. Gallen dienen. Über eine Zwietracht unter Stiefgeschwistern und zwischen Stiefvater und -söhnen berichtete etwa Ludwig von Diesbach im zweiten Teil seiner autobiographischen Aufzeichnungen (1518).7 Genauso waren Animositäten zwischen Brüdern (Imhoff, Rem, Arzt) oder Onkeln (Behaim – Imhoff, Wolf Imhoff – Imhoff, Rem – Welser) möglich, die zu bestandsgefährdenden Konflikten führen konnten.

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Siehe auch Häberlein, Generationenbewußtsein, S. 142, der diese Konfliktkonstellation anhand der Briefe Friedrich Endorfers zeigen kann, die dieser während seiner Ausbildung in Lyon an seinen Vater in Augsburg zwischen 1623 und 1626 schrieb. Darin berichtete Friedrich über Konflikte innerhalb der Familie seines Lehrherrn Daniel Herwart zwischen seiner zweiten Frau und den Kindern aus erster Ehe. Einen Überblick dazu bietet E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 63ff. Dort wird als ein Beispiel (für viele) die Mehrfachehen Konrad Paumgartners dargestellt, der laut seiner Familienchronik (StA Nürnberg, Reichsstadt Nürnberg, Rep. 52a, Handschriften Nr. 264) zunächst 1402 Anna Kress heiratete, mit ihr sieben Kinder bekam und nach ihrem Tod mit der zweiten Ehefrau Clara Zenner ab 1417 weitere 14 Kinder zeugte. Bei der Chronik handelt es sich um eine Abschrift der Paumgartnerschen Familienchronik durch Jakob Tucher aus dem Jahr 1536. Einer der Söhne Konrad Paumgartners mit Clara Zenner war auch Anton Paumgartner, zu ihm und dem Fallbeispiel der Paumgartner, siehe S. 157f. Als Beispiele können außerhalb dieser Untersuchung die Familiengesellschaft der DiesbachWatt aus Basel/St. Gallen dienen. Über eine Zwietracht unter Stiefgeschwistern und zwischen Stiefvater und -söhnen berichtet Ludwig Diesbach im zweiten Teil seiner autobiographischen Aufzeichnungen (1518), siehe auch Zahnd, Die autobiographischen Aufzeichnungen Ludwig von Diesbachs, S. 23 und 101ff. Einen weiteren dementsprechenden Fall bildete die Augsburger Gesellschaft der Haug-Langnauer-Linck, für deren Zusammenbruch 1576 nach Haßler, Augsburger Handelsgesellschaft, S. 51 neben ökonomischen Fehlentscheidungen u. a. Uneinigkeit und Unfähigkeit der zweiten und dritten Generation verantwortlich waren. Siehe Zahnd, Die autobiographischen Aufzeichnungen Ludwig von Diesbachs, S. 23 und 101ff. Einen weiteren dementsprechenden Fall bildete die Augsburger Gesellschaft der HaugLangnauer-Linck, für deren Zusammenbruch 1576 nach Haßler, Augsburger Handelsgesellschaft, S. 51 neben ökonomischen Fehlentscheidungen u. a. Uneinigkeit und Unfähigkeit der zweiten und dritten Generation verantwortlich waren.

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1.2. Strittige Gewinn- und Verlustermittlung Besonders häufig traten Kontroversen bei der Gewinn- und Verlustermittlung auf. Da diese in der Regel nur vom innersten Zirkel des Gesellschafterkreises, den Hauptgesellschaftern oder Regierern einer Gesellschaft zu festgelegten und regelmäßig stattfindenden Generalabrechnungen auf eine nicht offenbarte und nicht zu kontrollierende Weise zustande kam, führte das Ergebnis zu zahlreichen Konflikten (Behaim – Imhoff, Arzt, Rem – Welser).8 Sie konnten die Abtrennung von Einzelnen oder sogar einer ganzen Gruppe von Gesellschaftern aus der Familiengesellschaft zur Folge haben (Imhoff, Rem).9 Meist entzündete sich die Kontroverse an der Berechnung des Gewinns, der jedem Gesellschafter nach der Schlussabrechnung zugestanden wurde. Da diese Berechnung geheim gehalten wurde – lediglich das Zustandekommen eines Ergebnisses durch Mehrheitsbeschlüsse innerhalb des engeren Zirkels lässt sich aufgrund einiger Gesellschaftsverträge verifizieren10 – war der Widerstand der an dem Entscheidungsprozess nicht berechtigten Gesellschafter vorhersehbar.11 Ebenso führten umstrittene Verringerungen der Honorarzahlungen oder gar völlige Streichung der Honorare, die vor allem den jüngeren Mitgesellschaftern und den Faktoren als freiwillige Leistung seitens der Gesellschaft gewährt wurden, zu erheblichen Konflikten. Das lag einerseits – wie bei der Gewinnberechnung – am undurchschaubaren Entscheidungsverfahren und andererseits an der Enttäuschung der Betroffenen (Behaim – Imhoff).12 1.3. Kontroverse unternehmerische Entscheidungen Ferner stellten strittige unternehmerische Entscheidungen ein wesentliches Konfliktpotential dar. Sei es, dass Entscheidungen zugunsten eines neuen Geschäftsbereichs nicht oder erst spät getroffen wurden, sei es, dass die Regierer die vorhandene Kapitaldecke falsch einschätzten und so die Gesellschaft in finanzielle Engpässe brachten (z. B. Arzt13, Höchstetter14).

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Siehe die Kapitel „Die Gesellschafts- und Mitarbeiterverträge“, S. 341ff., „Die ordentliche Gesellschafterversammlung“, S. 354ff. sowie „Die außerordentliche Gesellschafterversammlung“, S. 362ff. Ausführlich dazu in den Fallbeispielen der Imhoff-Gesellschaft (Kapitel „Rechnung, Kompetenz und Vermittlung“), S. 65ff., „Lukas Rem und die Welser-Vöhlin-Gesellschaft“, S. 195ff., „Der Fall des Paulus Behaim“, S. 174ff., „Die Gebrüder Sebastian und Hieronymus Imhoff“, S. 206ff. und „Die Lukas und Endris Rem-Gesellschaft“, S. 268ff. StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213, Meutingvertrag vom 4. Oktober 1436, ausführlich dazu siehe das Kapitel „Die Meuting“, S. 149ff. Eine abstrakte Beispielrechnung wurde für den Nachwuchs in den Lehrbüchern aufgeführt, siehe dazu in Kapitel „Ausbildung“ die Darstellung einer solchen Rechnung, S. 332. Siehe das Kapitel der „Fall des Paulus Behaim“, S. 174ff. Siehe zur Arzt-Gesellschaft das Kapitel „Gesellschafterversammlungen“, 247ff. Siehe das Kapitel „Im Angesicht des Konfliktes: Die Höchstetter“, S. 282ff.

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Kontroverse unternehmerische Entscheidungen konnten ebenfalls zur Folge haben, dass Gerüchte über innerfamiliäre Konflikte nach außen drangen, die dann, verbunden mit Liquiditätsproblemen, einen Vertrauensverlust nach sich zogen. Der wiederum den Verlust der Kreditwürdigkeit und schließlich das Ende einer Gesellschaft zur Folge haben konnte (z. B. Gebrüder Imhoff15, Arzt16). 1.4. Betrügerischer Handel und vertragswidriges Verhalten Fast selbstverständlich erscheint, dass betrügerischer Handel und vertragswidriges Verhalten zu Konflikten innerhalb einer Gesellschaft führen musste. Ein besonders dreistes Betrugsgeschehen ereignete sich innerhalb der Haug-Langnauer-Linck Gesellschaft. Auf Veranlassung Hans Langnauers fälschte Ludwig Haug die Unterschrift des 1570 verstorbenen David Haug unter den Nachtrag des Gesellschaftsvertrags und siegelte mit dem entwendeten Siegel David Haugs, um die gewünschte reibungslose Weiterführung der Gesellschaft zu gewährleisten sowie die Auszahlungen von Kapitaleinlagen mit Gewinnanspruch zu verhindern. Die Vertragsfälschung wurde jedoch offenbar, Ludwig Haug neben weiteren Gesellschaftsmitgliedern gefangengesetzt und mit Haft bestraft, wo er 1580 verstarb.17 In den betrügerischen Handel konnten sowohl die Gesellschafter als auch die Faktoren verwickelt sein. Darunter fielen falsch deklarierte oder schlechte Waren, zu hohe Preise, Münzfälschung, Vertragsfälschung, Unterschlagung oder die Verwendung von falschen Maßen und Gewichten. Genauso waren riskante oder betrügerische Spekulationen z. B. im Quecksilber- oder Gewürzhandel Auslöser für innergesellschaftliche Konflikte. So erhob Lukas Rem 1517 in seinem Tagebuch erhebliche Vorwürfe gegen seine Welser-Regierer, in betrügerischen Pfefferhandel verstrickt zu sein.18 Auch bei der Nürnberger Kaufmannsfamilie der Tucher beklagte Leonhard Tucher Anfang des 16. Jahrhunderts „Mängel des gelieferten Safrans“, die sich aus der wenig sorgfältigen Arbeit seines Sohnes Herdegen ergeben hatte. Christian Kuhn konnte nachvollziehbar darstellen, dass Leonhard weniger den kaufmännischen Schaden als vielmehr den Ruf der Familie gefährdet sah, als einen Vertrauens- und somit Kreditverlust befürchtete.19

15 Siehe zu den Gebrüdern Imhoff das Kapitel „Fazit“, S. 242. 16 Siehe das Kapitel „Das Ende der Arzt-Gesellschaft“, S. 265ff. 17 Haßler, Augsburger Handelsgesellschaft, S. 28–41; siehe auch Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 309ff. 18 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 19. sowie das Kapitel „Lukas Rem“, S. 203. 19 Christian Kuhn, Handelspraxis als Gegenstand familiärer Kontinuitätsdiskurse, in: Häberlein / Jeggle (Hrsg.), Praktiken des Handels. S. 324 wertete hierzu das von Michael Diefenbach edierte „Große Tucherbuch“ Eine Handschrift zum Blättern, E 29/III Nr. 258, Nürnberg 2004, aus. Zu betrügerischem Safranhandel, vgl. auch das Fallbeispiel Wolf Imhoff im Kapitel „Rechnung, Kompetenz und Vermittlung“, S. 212.

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Hinzu konnten, vor allem bei der Personengruppe der Regierer, Manipulationen der Verträge oder der Bücher, insbesondere bei den Spesen- und Gewinnberechnungen auftreten. Diese zunächst als Unregelmäßgkeiten in der Buchführung auftretenden Manipulationen konnten sich bis zum beabsichtigten Betrug ausweiten (Arzt).20 1.5. Verschwenderische oder unfähige Gesellschafter Besonders häufig auftretende Differenzen lagen in der ungünstigen mentalen und charakterlichen Verfasstheit oder auch schlicht Unfähigkeit der Mitgesellschafter und potentiellen Nachfolger. Wobei Verschwendungssucht, Spielleidenschaft auch Unfähigkeit für geschäftliche Vorgänge und Desinteresse bis hin zur Verweigerung eines der Gesellschafter oder Nachfolger eine große Rolle spielten. Diese Fälle traten bei nahezu allen Gesellschaften auf; in dieser Untersuchung wurden sie anhand der Fallbeispiele der Gesellschaften der Imhoff, Paumgartner, Höchstetter und Manlich evident. Diese Beispiele ergänzen kann auch die Nürnberger Tucherfamilie, die unter der Unfähigkeit und mentalen Schwäche eines potentiellen Nachkommens litt. In der schon erwähnten Korrespondenz Leonhard Tuchers beschwerte sich dieser über die Maßlosigkeit seines Sohnes beim Alkoholgenuss und seine mangelnde Zuverlässigkeit sowie über den „Umgang mit leichtfertigen Leuten“, die Leonhard auch als unradt bezeichnete, woraus kein nutz entstünde und sogar für die Familie ein Ehrverlust einherginge.21 Typisch ist auch der Fall jungen Anton Welser, über den Lukas Rem in seinem Tagebuch zum Jahr 1513, nachdem Rem wieder nach Antwerpen gekommen war, folgendes mitteilte: Die weil (ich ab wesend war) hett Antonio Welser, jung, übel haus gehalten. fl. 734. ß 7. g° 10 vls verspilt.22 Anton II. Welser war in dieser Zeit Faktor der Welser-Gesellschaft in Antwerpen und war dort offensichtlich dem Spiel verfallen und hatte recht hohe Verluste gemacht. Solche Konstellationen konnten große Konflikte innerhalb einer Familiengesellschaft auslösen. Oft waren die Folgen dieser Verhaltensweisen dramatisch für die Gesellschaft und konnten bis zum Bankrott führen. In der Regel jedoch erst, wenn die charakterlich derart strukturierten Nachfolger bereits in die Gesellschaft mit Kapitaleinlage und Arbeit eingebunden waren.

20 Siehe zur Arzt-Gesellschaft das Kapitel „Gesellschafterversammlungen“, S. 247ff. 21 Kuhn, Handelspraxis, S. 325ff. Aus dieser Situation konnte ein ökonomischer und sozialer Schaden für die Familie entstehen. 22 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 17.

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2. Strategien zur Konfliktvermeidung und Konsolidierung der Gesellschaft Unter Strategien werden zielgerichtete, kontinuierliche, konfliktvermeidende Verfahren verstanden. Auf der Grundlage umfangreicher Archivmaterialien wurde ermittelt, ob bestimmte Strategien vermehrt gewählt wurden, da sie sich als besonders effektiv erwiesen. Im Einzelnen ist damit zu fragen: Welche Strategien verfochten die einzelnen Gesellschaften und warum? Folgende Handlungsfelder wurden abgesteckt, auf die sich Maßnahmen der Zukunftsgestaltung, einer Kontinuität der Gesellschaft und der Konfliktprävention beziehen: 1. Ausbildung 2. Heiratspolitik im Interesse der Handelsgesellschaft 3. Die Konstruktion von Gesellschaftsverträgen 4. Ordentliche Gesellschafterversammmlungen 5. Testamentarische Regelungen 2.1. Die Ausbildung potentieller Nachfolger Für die Kontinuität und den ökonomischen Erfolg der Familiengesellschaften waren eine „Professionalisierung“ der potentiellen Nachfolger durch sorgfältige kaufmännische Ausbildung und ein „Wissensmanagement innerhalb kaufmännischer Unternehmungen“23 nahezu überlebenswichtig und gehörten für sie zu den obligatorischen strategischen Maßnahmen. 24 Als grundlegend wurden die Kenntnis der wirtschaftspraktischen Fähigkeiten sowie die Formung der mentalen Eignung, der „conditioni“, betrachtet. In der Ausbildungsorganisation fanden daher beide Bereiche ihren Platz, ja bedingten teilweise einander. Potentielle nachfolgende Gesellschafter sollten befähigt werden, den ökonomischen Erfolg einer Gesellschaft zu gewährleisten und genauso die soziale Kompetenz zu erlangen, um die Einigkeit einer Familie zu gewährleisten und so in Krisen- und Konfliktsituationen angemessen reagieren zu können.25 Die Regierer einer Gesellschaft erhofften sich davon, dass die jungen Nachfolger die nötige fachliche und soziale Kompetenz erhielten, um später einerseits eine Gesellschaft erfolgreich zu führen oder darin mitzuarbeiten, andererseits aber auch komplexe Familiengeflechte zusammenhalten zu können.26 Daher lässt sich seit dem 15. Jahrhundert in Oberdeutschland eine „Formalisierung und Institutionalisierung von Qualifizierungsprozessen im kaufmännischen Bereich“27 beobachten. 23 Denzel, Professionalisierung, S. 425. 24 Grundlegend dazu: Bruchhäuser, Kaufmannsbildung im Mittelalter, passim. Nach North, Kultureller Austausch, S. 5, bleibt dabei zu prüfen, wieweit Wissenserwerb und Handelspraktik übereinstimmen, d. h. wieweit die Lehrtexte eher als repräsentativ und idealtypisch zu bewerten sind. 25 Dazu M. Isenmann, Vom Nutzen und Schaden, S. 178. 26 Dazu Denzel, Professionalisierung, S. 415ff. 27 Ebd., S. 426.

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Im Folgenden stehen dieser Qualifizierungsprozess, also der Ausbildungsweg des jungen Nachwuchses, und seine Struktur im Zentrum. Die Aufgabenvielfalt, die den Nachwuchs erwartete, war beachtlich und reichte von Buch- und Korrespondenzführung, Fremdsprachen- und Währungskenntnissen über Warenkunde, Marktkenntnisse, Verhandlungsführung, Erstellung ökonomisch und rechtlich korrekter Geschäftsabschlüsse, Aufbau und Pflege der Kontakte mit „ehrbaren“ Geschäftsleuten, bis hin zur Forderung nach ethischer Lebensführung, Vermeidung liederlichen Lebens und Geldverschwendung. Daher wurde die Ausbildung der Kaufmannssöhne stetig aufwendiger. Sie umfasste obligatorisch neben der Grundausbildung in den Elementarschulen der Heimatstadt auch schon Auslandsaufenthalte in frühen Jahren. So wurde es üblich, dass bereits seit dem 14. Jahrhundert die jungen Söhne in die Niederlassungen der eigenen Familiengesellschaften und außerdem zu Faktoreien von Gesellschaften befreundeter Kaufleute, vor allem nach Italien, dort etwa nach Mailand, Venedig und Genua, aber auch nach Brügge, Antwerpen, Breslau, Krakau,28 Lyon, Barcelona bis hin nach Lissabon29 und Valencia geschickt wurden, um das „Rüstzeug“ für den späteren Kaufmannsberuf zu erlernen. Insbesondere Venedig als einer der zentralen Handelsorte in Europa entwickelte sich innerhalb des Ausbildungswegs zu einer wichtigen Station. Dort konnten die angehenden Kaufleute neben der in Venedig (ebenso wie in Genua) im 15. Jahrhundert bereits entwickelten doppelten Buchführung auch die Praxis kaufmännischen Handels, 30 also Verhandeln, Kaufen und Verkaufen, aber auch das Verhalten nach ethischen Kaufmannsnormen31 erlernen. Die jungen Kaufmannssöhne fanden Aufnahme im (Stapel)Haus32 der Deutschen, dem Fondaco dei Tedeschi, wo nach Felix Fabri (1438/39–1502 in Ulm) ein

28 Kamann, Aus Paulus Behaims I. Briefwechsel, S. 9–12. Beispielsweise wurde Paulus Behaim 1533 mit 14 Jahren als Lehrjunge von seinem Vater nach Krakau geschickt, siehe dazu S. 175. 29 In einem Brief des Imhoff-Faktors Kneussel in Lissabon aus dem Jahr 1512, der den jungen Michael Imhoff aufgenommen hatte, heißt es z. B. konkret dazu: Er bemühte sich, dem jungen Michael Imhoff, schreiben und puch halten beizubringen. (GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 28, Nr. 11, Kneussel an Imhoff vom 23. 10. 1512), nach Pohle, Deutschland, S. 129. 30 Dazu der Sammelband: Häberlein / Jeggle (Hrsg.), Praktiken des Handels. Geschäfte und soziale Beziehungen europäischer Kaufleute in Mittelalter und früher Neuzeit. 31 Dazu M. Isenmann, Vom Nutzen und Schaden, S. 173. 32 Simonsfeld, Fondaco dei Tedeschi, Bd. 1, S. 39ff.; Hermann Kellenbenz, Der Stand der Buchhaltung in Oberdeutschland zur Zeit der Fugger und Welser, in: Die Wirtschaftsprüfung (1970), S. 621–628, hier S. 621f.; Kurt Weissen, Florentiner Bankiers und Deutschland (1275–1475). Kontinuität und Diskontinuität wirtschaftlicher Strukturen, Basel 2011, S. 11ff. Zum Neubau des Fondaco dei Tedeschi nach dem Brand am 27./28. Januar 1505 siehe Gunter Schweikhart, Der Fondaco dei Tedeschi: Bau und Ausstattung im 16. Jahrhundert, in: Bernd Roeck / Klaus Bergdolt / Andrew John Martin (Hrsg.), Venedig und Oberdeutschland in der Renaissance. Beziehungen zwischen Kunst und Wirtschaft, (Schriftenreihe des Deutschen Studienzentrums in Venedig, Centro Tedesco di Studi Veneziani, 9), Sigmaringen 1993, S. 41–49.

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großer Wachhund die Deutschen empfange voll Freude, während das ‚sprachgewandte‘ Tier alle extra Alemaniam ankläffte und nicht zu beruhigen war.33 In der Umgebung des Fondaco befand sich das Handels- und Finanzzentrum Venedigs mit seinen Märkten, Geschäften und Banken.34 So musste der bereits vielfach zitierte Augsburger Lukas Rem mit 13 Jahren seine Heimatstadt verlassen und zunächst nach Venedig gehen, um dort die ersten Ausbildungsjahre zu verbringen. Darauf folgten für ihn die Städte Mailand und Lyon, bis er dann mit 18 Jahren bei der Gesellschaft seines Onkels, Anton Welser in Augsburg eintrat.35 Die Ausbildung wurde vertraglich durch einen Lehrvertrag geregelt, wie z. B. im Vertrag des jungen Paulus Behaim von 1533, in dem die Konditionen festgelegt wurden.36 Sein Vater Friedrich hatte den Vertrag mit den zukünftigen Lehrherren der Antinori-Gesellschaft aus Florenz abgeschlossen. Diese Gesellschaft hatte in Krakau eine wichtige Niederlassung, in die der junge Paulus zur Ausbildung kommen sollte.37 Spätestens an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert lernten die jungen oberdeutschen Kaufleute ferner die doppelte Buchführung, die sog. Doppik, kennen.38

33 Fratris Felicis Fabri Evagatorium in Terrae Sanctae, Arabiae et Egypti peregrinationem, Konrad Dietrich Haßler (Hrsg.), Stuttgart 1843, Bd. 1, S. 84: Denique ad ingressum nostrum occurrit nobis canis, custos domus, magnus et inger, et blandimento caudae suae gaudium se habere monstrabat, et ad nos saltabat sicut canes solent facere ad sibi notos. Hic canis omnes Theutonicos, de quacunque parte Alemanie veniant, sic gaudens recipit. Sed ad ingressum Italici, Lombardi, Gallici, Franci, Sclavi, Graeci, vel alterius provinciae extra Alemaniam, adeo irascitur, quod quasi rabidus aestimetur, et cum grandi latrutu occurrit, et furiose in illos insilit, et nisi aliquis canem compescat, a molestia con cessat. Dazu Helmut Glück, Deutsch als Fremdsprache in Europa vom Mittelalter bis zur Barockzeit, Berlin 2002, S. 258; Fouquet, „Kaufleute auf Reisen“, S. 466. 34 Frederic Chapin Lane, Seerepublik Venedig, München 1980, S. 32f. 35 Fouquet, „Kaufleute auf Reisen“, S. 480; siehe auch Fallbeispiel „Lukas Rem und die WelserVöhlin“, S. 195ff. 36 Penndorf, Paulus Behaim, S. 29; Kamann, Aus Paulus Behaims I. Briefwechsel, S. 76–78, hier, S. 76. Abbildung: Steinhausen, Der Kaufmann, nach S. 40. 37 Zum Lehrvertrag Paulus Behaimʼs, siehe Fallbeispiel „Der Fall des Paulus Behaim“, S. 175. 38 Bruchhäuser, Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 280. So beherrrschte Lukas Rem nach eigener Aussage die Buchführung bereits in drei Monaten, Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 5; siehe auch das Fallbeispiel „Lukas Rem und die Welser-Vöhlin-Gesellschaft“, S. 195f. Die Buchführung „alla veneziana“ stellte zunächst nach Heinrich Sieveking, Aus venetianischen Handlungsbüchern, in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich 25 (1901), S. 299–331, hier S. 313 noch eine „unvollkommene doppelte Buchführung“ dar und umfasste nach Penndorf, Geschichte der Buchhaltung, S. 47 nur das einfache Gegenüberstellen von Soll und Haben. Am Beispiel der Bücher der venetianischen Soranzo-Gesellschaft vom Anfang des 15. Jahrhunderts machte Sieveking ferner deutlich, dass zunächst Soll und Haben gegeneinander aufgerechnet wurden und die Differenz als Gewinnbzw. Verlustrechnung geführt wurde sowie diese dann „das Vermögensconto speiste“. Erst ab der Mitte des 15. Jahrhunderts sollen die Kaufleute und die Kommune in Venedig die „vollkommene doppelte Buchführung“, wie sie in Genua in der städischen Finanzverwaltung bereits seit dem 14. Jahrhundert üblich war, übernommen haben, ebd., S. 309ff., S. 313, 317.

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Bereits 1474 kann diese Buchhaltungstechnik bei der Praun-Gesellschaft und 1484 bei den Tuchern in Nürnberg gefunden werden.39 So sicher man davon ausgehen kann, dass die jungen Kaufleute während ihrer Ausbildung Kenntnisse der doppelten Buchführung erhielten, so vorsichtig sollte man allerdings sein, eine Überlegenheit der Doppik grundsätzlich anzunehmen und eine flächendeckende Verbreitung vorauszusetzen. Auch die sog. einfache Buchführung blieb weiter in Gebrauch und konnte „raffiniert gehandhabt“40 werden. Parallel zu der zunehmend verfeinerten Buchführung setzte sich spätestens im 15. Jahrhundert das Berechnen der Geschäftsvorgänge in arabischen Ziffern durch, die eine klarere und übersichtlichere Buchführung gewährleisteten.41 Eine Erörterung der doppelten Buchführung in einem deutschen Rechenbuch findet sich zwar erstmals schon 1518 bei Henricus Grammateus,42 aber die Rechenmeister in den Schulen Oberdeutschlands führten sie obligatorisch erst Mitte des 16. Jahrhunderts, z. B. mit dem Lehrbuch des Nürnberger Wolfgang Schweicker „Zwifach Buchhalten sambt seinem Giornal“ von 1549, ein.43 Schweicker basierte auf der Abhandlung des Franziskaners und Mathematikers Luca Paciolis von 1494, die sich eigentlich mit verschiedenen Fragen der Mathematik befasste. Innerhalb dieser Abhandlung gab Pacioli in einem eigenen Traktat eine Kompilation der bisherigen Kenntnisse zur sog. Doppik wieder.44 Luca Pacioli war nicht, wie häufig angenommen, der Erfinder der Doppik, sondern er legte den

39 Denzel, Professionalisierung, S. 427. 40 Weissen, Fortschrittsverweigerung, S. 173. 41 Im 13. Jahrhundert kam die Kenntnis der arabischen Ziffern durch Lionardo Fibonacci aus Pisa ins Abendland, Sieveking, Aus venetianischen Handlungsbüchern, S. 315. Schon im 14. Jahrhundert weisen die Geschäftsbücher der Nürnberger Kress-Gesellschaft Berechnungen mit arabischen Zahlen auf, vgl. von Stromer, Das Schriftwesen, S. 788. 42 Bruchhäuser, Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 351. 43 Sieveking, Aus venetianischen Handlungsbüchern, S. 321f. und Bruchhäuser, Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 351. Digitalisat: http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/ display/bsb10148032_00005.html. 44 Das Werk Paciolis wurde für die Ausbildung obligatorisch, Penndorf, Geschichte der Buchhaltung, S. 41f. Luca Pacioli, Summa de Arithmetica, Geometria, Proportioni et Proportionalità, Venezia 1494 (italienisch) bzw. 1523 (lateinisch), 1. Teil, 2. Abschnitt, Tractatus XI: Particularis de computis et scripturis (Trattato di partita doppia). Übersetzung dieses Traktats aus dem Jahr 1933 von Balduin Penndorf, Luca Pacioli. Abhandlung über die Buchhaltung 1494. Nach dem italienischen Original von 1494 ins Deutsche übersetzt und mit einer Einleitung über die italienische Buchhaltung im 14. und 15. Jahrhundert und Paciolis Leben und Werk, Stuttgart 1933, S. 85–157. Siehe auch Carl Peter Kheil, Über einige ältere Bearbeitungen des Buchhaltungs-Tractates von Luca Pacioli: ein Beitrag zur Geschichte der Buchhaltung, Prag 1896. Bereits 1458 hatte Benedetto Cotrugli in seinem Werk: Il libro dell’arte di mercatura im 1. Buch, 13. Kapitel „Dell’ordine di tenere le scripture” Grundzüge der Doppik beschrieben, (nach der Edition von Tucci, Cotrugli, S. 171–175). Allerdings wurde sein Werk erst 1573 veröffentlicht. Vgl. auch Weissen, Dove il papa, S. 72ff. und M. Isenmann, Vom Nutzen und Schaden, S. 178f.

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ersten gedruckten und relativ vollständigen Überblick über das – venezianische – Buchhaltungssystem des ausgehenden 15. Jahrhunderts vor.45 Außerdem fasste Pacioli seine Ausführungen in grundsätzliche Überlegungen zur allgemeinen Handhabung der Buchhaltung als Leitgedanken für die Ausbildung der jungen Kaufleute. Pacioli sah etwa die Grundlagen eines „wahren Kaufmanns“ erstens im Umgang mit Geld, zweitens in der Eigenschaft eines guten Rechners und geschickten Buchhalters sowie drittens in der ordentlichen Rechnungsführung in Bezug auf Schuld und Forderung sowie auf alle anderen Geschäfte.46 Die Grundlagen der unternehmerischen Buchführung bildeten das Hauptbuch, das Schuldbuch sowie das Journal.47 In das Journal schrieb der Buchhalter alle Geschäftsvorgänge, wie sie in zeitlicher Reihenfolge auftraten und erledigt wurden. Im Hauptbuch konnten alle Geschäftsvorgänge, geordnet nach Geschäftsbereichen, Waren oder Produkten, Investitionen, Kapitaleinsatz und Schuldnerkonten vermerkt werden. Im Schuldbuch schließlich mussten alle ausstehenden Schulden, die guten und auch die sog. „bösen“ (in dem Fall war die Zahlung nicht mehr zu erwarten, es handelte sich also um abgeschriebene Forderungen48) eingetragen werden sowie umgekehrt alle Schuldforderungen an die Gesellschaft. 45 Yamey, Arikel: ‚Doppelte Buchführung‘, S. 90; Penndorf, Geschichte der Buchhaltung, S. 41; Markus A. Denzel, Artikel ‚Buchführung, doppelte‘, in: Friedrich Jaeger (Hrsg.), Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 2: Beobachtung – Dürre, Stuttgart / Weimar 2005, Sp. 495–499. 46 Penndorf, Luca Pacioli, S. 88f. 47 Bei Weitnauer, Venezianischer Handel, S. 16–22, der sich mit der Musterbuchhaltung des Fuggerbuchhalters Matthäus Schwarz beschäftigte, gab es nach Schwarz dreierlei Buchhalten: Demnach bestünde die erste Form des Buchhaltens aus dem Journal und dem Schuldbuch. Die zweite Form aus dem Journal, dem Schuldbuch und dem Kapus, einem besonderen Güterbuch. Diese Form sei in Deutschland üblich. Die dritte Form des Buchhaltens setzte sich nach Schwarz aus dem „Hauptbuch, in welches die Rechnung aus dem Schuldbuch des ersten Buchhaltens und die andere Rechnung, so man nent ein Kapus aus dem zweiten Buchhalten eingeschrieben werden“, zusammen. Ein Journal wäre dabei nicht nötig. Zusätzlich benannte Schwarz noch eine vierte Form des Buchhaltens: das „vermischte Buchhalten“, also das Schuldbuch, das Journal, das Hauptbuch und das Geheimbuch (Diese vierte Form war nach Weitnauer, ebd. S. 17 nur in einer Danziger Abschrift der Schwarzʼschen Musterbuchhaltung enthalten). Nach Schwarz sei das Journal ein welsch wort, dz haist ein teglich buech, darein man teglich schreibt, was alle tag gehandlet wirt, alles durcheinander geschriben, einnemen und ausgeben, empfahen und weckhsenden, khauffen und verkhauffen, wexlen und verwexlen, tauschen und merkhlen, verschaffen und bar, auß und in die Cassa, sovil dan aines jeden tags wirt gehandlet, dz wirt alles unter einem datum geschriben. (Musterbuchhaltung, Blatt 2a (7a), nach Weitnauer, Venezianischer Handel, S. 21). Das Journal sollte zur Unterstützung des Gedächtnisses geführt werden. Aus dem Journal sollten dann einzelne Posten in das Schuldbuch und das Kapus übertragen werden, in dem buch [Schuldbuch] werden alle Creditores und Debitores gehalten und dis Schuldtbuech ist nun also geformirt [...] das ein jedes blat 2 seiten hat. Auf der linken Seite sollten die Debitoren, auf der rechten Seite die Creditoren stehen. Das Schuldbuch enthalte Sachkonten und Personenkonten, bei der Buchhaltung deutscher Art stünden im Schuldbuch jedoch nur die Personenkonten, die Sachkonten befänden sich im Kapus, nach Weitnauer, Venezianischer Handel, S. 22. 48 „Böse Schulden“ waren abzuschreibende Kreditschulden, also Schulden, die voraussichtlich nicht zurückgezahlt wurden. Davor warnten im 14. und 15. Jahrhundert immer wieder z. B. die Regierer der Ravensburger Gesellschaft in ihren Ricordanzen an die Gelieger, siehe Schulte,

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Diese drei Buchgruppen stellten aber nur die Grundlagen der ökonomischen Verwaltung einer Gesellschaft dar. Sie wurden im Laufe des untersuchten Zeitraums zunehmend differenzierter und umfangreicher und bildeten schließlich die Basis und den Vorläufer des modernen Rechnungswesens eines Unternehmens.49 Die sorgfältige, korrekte und zuverlässige Führung der Bücher war grundlegend für einen konfliktfreien gemeinsamen Handel, wie etwa das Fallbeispiel der Arzt-Gesellschaft zeigte.50 Das Lehrmaterial im 15. Jahrhundert gibt Einblicke in die Ausbildung der potentiellen Nachfolger, war lebensnah und – in fast modernem Sinn didaktischer Weise – zweiseitig aufgebaut. Es verknüpfte kaufmännische Buchführungspraxis mit Beispielen aus der Lebensführung des Kaufmanns und deckte so zwei wesentliche erzieherische Ausbildungsbereiche ab. Wenn den Kaufmannsschülern also die Buchführung, die Erstellung von Rechnungen sowie die Ermittlung von Gewinn und Verlust erklärt wurde, dann kamen in der Regel praktische Beispiele zur Verdeutlichung in Anwendung. Die Rechenmeister wählten im Rechenunterricht zudem Beispiele aus der konkreten Lebenswirklichkeit eines jungen Kaufmanns.51 So erstellte z. B. Ulrich Wagner aus Nürnberg in seinem Rechenbüchlein von 1483, das zugleich die Grundlage des Rechenbuchs von Johannes Widman aus dem Jahr 1489 bilden sollte,52 eine exemplarische Gewinnermittlung aus den Abrechnungen: Es sind drey kaufman die machen ein geselschaft. D. erst legt 300 fl. D. and. 340. D. drit 270. Nun wiltu wissen, wen sy gewune habe 210 fl. was yglichem zu seine teyl geburd, setz also hernach [...]: Sumir die gulden all zusamen werde sovil 910. Sprich 910 fl. haubtguts, gebe 210 gewinn; was gebe 300 fl. Haubtguts: Mulitplicir 300 mit 210 werde

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Ravenburger Handelsgesellschaft, Bd. 1 S. 128 oder Bd. 3, S. 54 Große Rekordanz vom 23. Oktober 1477: doch for alla dinga huetent uich for boesa schullda zu machind. Solche Warnungen fanden auch noch Anfang des 16. Jahrhunderts bei der Nürnberger Viatis-Peller-Gesellschaft in ihrem Gesellschaftsvertrag von 1609 im Zusammenhang mit ihrem handelssecretbuch einen Niederschlag (StadtA Nürnberg, E 19/II FA Peller, Nr. 18, fol. 3r, Artikel 3), siehe weiter oben S. 315. Penndorf, Geschichte der Buchhaltung, S. 53. Siehe dazu auch Arlinghaus, Zwischen Notiz und Bilanz, S. 137ff. Ferner ders., Die Bedeutung des Mediums „Schrift“, S. 259, darin kommt der Verfasser zu dem Ergebnis, dass das Prinzip des „Dreiklangs von Kladde, Journal und Hauptbuch“, das meist der (doppelten) Buchführung zugrundegelegt wird, älter als diese selbst ist und sich unabhängig von der schnellen Ermittlung der Gewinne und Verluste entwickelt habe. Diese drei Buchtypen seien aus der Notwendigkeit, große „Datenbestände“ verwalten zu müssen, entstanden. Es handele sich also eher um eine „Datenverwaltung“ als „Ermittlung des Geschäftserfolgs“ (S. 261). Das Fallbeispiel der Arzt-Gesellschaft im Kapitel „Gesellschafterversammlungen“, S. 247ff. Dazu grundlegend: Markus A. Denzel, Die Bedeutung der Rechenmeister für die Professionalisierung in der oberdeutschen Kaufmannschaft des 15./16. Jahrhunderts, in: Rainer Gebhard (Hrsg.), Verfasser und Herausgeber mathematischer Texte der frühen Neuzeit. Tagungsband zum Wissenschaftlichen Kolloquium „Verfasser und Herausgeber Mathematischer Texte der Frühen Neuzeit“ aus Anlass des 510. Geburtstages von Adam Ries in der Berg- und AdamRies-Stadt Annaberg-Buchholz, Annaberg-Buchholz 2002, S. 23–30. Bruchhäuser, Kaufmannsbildung im Mittelalter, S. 328.

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63.000, die teile in 910 unkome 69 fl. 4 ß 7 h 2/13 und also vil gepurt dem, der 300 fl. gelegt hat. Dar nach setz also 910 fl. Gebe 210; was gebe 340 [...].53 Dieser Beispielrechnung zufolge brachten drei Gesellschafter Kapital als Hauptgut in die Gesellschaft ein. Ein Gesellschafter gab 300 fl., der nächste 340 fl. und der dritte schließlich 270 fl., insgesamt also 910 fl. Ferner wurde ein Gewinn von 210 fl. zugrunde gelegt. Die erste Aufgabenstellung lautete: Wie hoch war der zu erwartende Gewinn für denjenigen mit der Einlage von 300 fl.? Als Lösungsweg wurde folgende Rechnung aufgestellt: Für den ersten Gesellschafter sollte seine Einlage von 300 fl. mit dem Gewinn von 210 fl. multipliziert werden. Daraus ergab sich eine Summe von 63.000 fl. Diese wiederum sollte durch die Gesamtsumme aller Kapitaleinlagen, 910 fl. dividiert werden. Daraus ließ sich die Summe errechnen, die demjenigen mit 300 fl. Kapitaleinlage zustünde: 69 fl. 4 ß 7 h 2/13. Im Folgenden sollte nach diesem Rechenmodus mit allen Gewinnberechtigten verfahren werden. Zum einen ist diese Beispielrechnung interessant, da sie Einblicke in das Lehrmaterial der jungen Nachfolger gibt, der lebensnahe Aspekt ist hierbei deutlich erkennbar. Zum anderen bieten solche Beispielrechnungen die Möglichkeit, über das sensible und häufig konfliktbehaftete Thema der Gewinnermittlung Aufschlüsse zu erlangen. Die Konflikte entzündeten sich am intern, ja geheimgehaltenen Modus der Berechnung, der in diesem Lehrbuch allgemein dargestellt wird und damit einen zumindest groben Einblick zulässt.54 Neben den Rechenbüchern bildeten die Sprachbücher ein wichtiges Lehrmaterial, denn das Erlernen der verschiedenen Sprachen war für den angehenden Kaufmann von entscheidendem Nutzen und neben der Buchführung ein weiteres wesentliches Ausbildungsziel.55 In den Sprachlehrbüchern wurden die Themen ebenfalls aus dem Alltag gegriffen, sie sind somit anschaulich und lebensnah. Besonders 53 Ebd., S. 328. 54 Dazu und zu der intern gehaltenen, auf die Hauptgesellschafter beschränkte Gewinnermittlung, siehe die Kapitel: „Konflikte“, S. 324, „Die Gesellschafts- und Mitarbeiterverträge“, S. 341ff. und die Fallbeispiele „Der Fall des Paulus Behaim“, S. 174ff., „Lukas Rem und die WelserVöhlin-Gesellschaft“, S. 195ff., „Rechnung, Kompetenz und Vermittlung“, S. 65ff. Ganz allgemein befasst sich damit auch die Nürnberger Stadtrechtsreformation von 1479 im 30. Titel, 2. Gesetz mit den Gewinnberechnungen. Demnach sollte der Gewinn und der Verlust entsprechend der Einlage (pro rata) berechnet werden, außer die Gesellschaft legt eine eigene vertragliche Abrede fest: Von gewynn und verlust der geselschafter, eins yeden nach gleicher anzal seins eingelegten gelts. So in dem geding einer gesellschaft nit abgeredt ist die anzal des gewynns oder des verlusts nemlich oder sunderlich, so sol die nach markzal oder anzal eins yeden dargelegter summ per cento oder nach dem hundert verstanden und aufgenomen werden. Möncke, Ausgewählte Quellen, S. 364; Ältere Stadtrechtsreformationen (1. Halbbd.), eingeleitet und erläutert von Wolfgang Kunkel, S. 75 und Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 63. 55 Dazu: Glück, Deutsch als Fremdsprache in Europa und Fouquet, „Kaufleute auf Reisen“. Schon Konrad von Megenberg († 1374) fasste in seinem „Buch der Natur“ die Notwendigkeit der Sprachkompetenz von Kaufleuten zusammen: Von dem Kaufherren: Der sehst planet ist ze latein gehaizen Mercurius, daz ist ze däutsch der kaufherre oder der kaufleut herre, dar umb, daz sein kint […] wol gespraech sint, wann wolgespraechikeit gehoert die kaufläut an. Nach

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wichtig war hier die italienische Sprache, die in den frühen erhaltenen Sprachbüchern dem Nachwuchs praxisnah vermittelt wurde.56 Von den verschiedenen erhaltenen Sprachlehrbüchern57 kann hier exemplarisch das dreibändige, älteste italienisch-deutsche Sprachbuch des Jörg oder Georg von Nürnberg („Liber in volgare“) von 1424 herausgegriffen werden.58 Der Autor Georg von Nürnberg lehrte nach eigener Aussage selbst in einer Sprachschule in Venedig am Campo San Bartolomeo in der Nähe des Deutschen Hauses.59 Offensichtlich gab es zu seiner Zeit schon das Verständnis dafür, ein guter Pädagoge zu sein, denn im Lehrbuch wurde extra darauf hingewiesen: Er hat einen klugen sin ze leren (Italienische Übersetzung im Lehrbuch: Ela un piasevel modo din signar).60 Dieses Sprachlehrbuch ist überwiegend in Dialogform und in der „Ganzsatzmethode“61 aufgebaut. Im Sprachlehrbuch wird zunächst der italienische Satz formuliert, es folgt die deutsche Übersetzung. Lernte der Kaufmannsschüler diese auswendig, so konnte er, darauf aufbauend, später selbst z. B. Verkaufsverhandlungen

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Heribert R. Brennig, Der Kaufmann im Mittelalter. Literatur – Wirtschaft – Gesellschaft, (Bibliothek der historischen Forschung, 5), Pfaffenweiler 1993, S. 70 Anm. 115, der diese Aussage Megenbergs allerdings auf eine „Fremdsprachenkompetenz“ der Kaufleute bezog. Siehe seit neuestem auch die Publikationen etwa von Heinrich Lang, Fremdsprachenkompetenz zwischen Handelsverbindungen und Familiennetzwerken, in: Häberlein / Kuhn, Fremde Sprachen, S. 75–91 und Sven Schmidt, Das Gewerbebuch der Augsburger Christoph-Welser-Gesellschaft (1554–1560). Edition und Kommentar. Herausgegeben und eingeleitet von Sven Schmidt, (Documenta Augustana, 22), Augsburg 2015, der im Rahmen seiner Analyse des Gewerbebuchs die bisherige Forschung zur buchhalterischen Fachsprache entscheidend erweitert sowie in einem umfangreichen Anhang die Fachsprache klärende Glossare und Register hinzufügte. Konrad Schröder, Didaktische Ansätze im Sprachbuch des Georg von Nürnberg, in: Glück / Morcinek (Hrsg.), Ein Franke in Venedig, S. 52f. Es galt auch der umgekehrte Weg, den italienischen Kaufleuten die deutsche Sprache nahezubringen, siehe Glück, Georg von Nürnberg, S. 41. Dazu Alda Rossebastiano-Bart, Deutsch-Italienische Vokabulare des 15. Jahrhunderts. Inhalte, Strukturen, Zielgruppen, in: Helmut Glück (Hrsg.), Die Volkssprachen als Lerngegenstand, S. 1–20. Oskar Pausch, Das älteste italienisch-deutsche Sprachbuch. Die neueste Edition stammt von Martina Blusch, Ein italienisch-deutsches Sprachlehrbuch des 15. Jahrhunderts. Edition der Handschrift Universitätsbibliothek Heidelberg Pal. Germ. 657 und räumlich-zeitliche Einordnung des deutschen Textes, (Regensburger Beiträge zur deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft Reihe B, Untersuchungen, 51), Frankfurt a. M. 1992. Die Unterschiede in den beiden Editionen sind für die vorliegende Untersuchung jedoch marginal und werden daher nicht weiter verfolgt; dazu M. Isenmann, Vom Nutzen und Schaden, S. 177ff. Pausch, Das älteste italienisch-deutsche Sprachbuch, S. 261: Wo siczt dein maister? Auff sandt bartholemes placz. Wo leit sandt bartholomes placz? Nahent pey dem dueczen hauzz (Italienische Übersetzung im Sprachbuch: Ove sta el to maistro, sul campo de san bortholamio. Quel campo de san bortholamio? Apresso el fontego di todeschi.) Und: Wie heisst dein meister? Er heisst Jorg. Von wann [wo] ist er? Er ist von Nurmberck, (Italienische Übersetzung: Chomo hallo nometo maistro? Ello ha nome maistro Zorzi. Donde ello? Ele de Nurmbergo.) Ebd. Cecilie Hollberg, Deutsch-venezianischer Handelsalltag im 15. Jahrhundert, in: Häberlein / Jeggle (Hrsg.), Praktiken des Handels, S. 230. Nach Hollberg, ebd., S. 242 wären diese Kaufmannsdialoge „als durchaus realistisch anzusehen“.

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führen. Vor allem dem dritten Band lagen konkrete Lebenserfahrungen zugrunde, wie ein besonders anschauliches Beispiel eines Verkaufsgesprächs im Lehrbuch zeigt. Es geht um den Verkauf von Barchent, dass der deutsche Verkäufer, ein schwäbischer Kaufmann, dem venezianischen Käufer Bartolamio verkaufen sollte.62 Der folgende Dialog beginnt zunächst mit Preisverhandlungen: Der Italiener fragt: Per quanto me vvuostu dar la peza (dt.: Umb vie vil will du mir ein stuck geben). Der Deutsche antwortet darauf: Volivvi che vel digo in una parola o czento (dt.: Wolt ir daz ich euchs in aim wort sag oder in hunderten) und zur Rechfertigung spricht der Deutsche weiter: Se vvuy fosse mio padre e no ve porave lassar niente de 4 duchati e mezo (dt.: Daz ir mein vater vert ich mocht euch nichtz lazzen an fier ducaten und ein halben.) Darauf antwortet der Italiener: Tu lo di massa caro. (dt.: Du peuczt in ze tewer) und weiter: Ello posso ben aver in altru per meno. (dt.: Ich mag in wol anderswo leichter [für weniger] haben).63 Genauso werden in dem Sprachbuch aber auch anhand zahlreicher Beispiele vermeintliche oder tatsächliche Eigenschaften der jeweiligen Kaufmannsnation thematisiert und bieten durch diese Erkenntnisse einen wesentlichen Beitrag zur Kommunikation und Kontaktpflege der zukünftigen Geschäftspartner, etwa wenn es um die vermeintliche Trinkfestigkeit der Deutschen geht. Im Sprachlehrbuch wird diese abgestritten, die Deutschen würden entgegen der Meinung der Italiener nicht und vor allem schon gar nicht morgens in der Frühe anfangen zu trinken: Der deutsche Kaufmann sagt: El no e mio usanza abever cossi per tempo. (dt.: Es ist nich mein gewantheit alz frue ze trincken.) Oder auch: Impero el ni e usanza di thodeschi. (dt.: Darumb ez ist der deuczen gebonheit nicht.), und schließlich: Di pur anche ti cossi che le todeschi sian imbriagi. (dt.: Sprich nur du auch allso daz die deuczen truncken sein).64 Im Lehrbuch werden auch mahnende Worte, fleissig zu lernen, ehrbar und gehorsam zu sein, zur Sprache gebracht: Ele una bella cossa asaver todescho in questa terra (dt.: Ez ist ein hubz dinck deucz chunen in diser stat). Per amore del fontego tu die imparar forte (dt.: Durch dz deucz hauß willen du schöst fast lernen). Volentiera misier (dt.: gern herr). Tu sia bon fante (dt.: Schaff daz du ein frumer chnab seist). Questo vuoio far volentiera. (dt.: Daz will ich gern tuen).65 Schließlich zeigen im Sprachbuch eine Reihe warnender Beispiele mögliche Fallstricke und Gefahren auf, die den jungen Kaufmann in seiner charakterlichen Bildung stören könnten.66 Die jungen angehenden Kaufleute lernten das Geschäft stets begleitet von dauernder Ermahnung, der sie von zuhause argwöhnisch beobachtenden Verwandtschaft. Die zahlreichen Schreiben der Verwandtschaft an den Nachwuchs in den 62 Ebd., S. 230. 63 Pausch, Das älteste italienisch-deutsche Sprachbuch, S. 241. Dazu auch Hollberg, Deutschvenezianischer Handelsalltag, S. 234–236. 64 Diese exemplarisch herausgegriffenen Auswahlsätze stehen bei Pausch, Das älteste italienischdeutsche Sprachbuch, S. 243; dazu auch Hollberg, Deutsch-venezianischer Handelsalltag, S. 241. 65 Pausch, Das älteste italienisch-deutsche Sprachbuch, S. 257. 66 Ebd., S. 259, fol. 98v, Z. 4–23.

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weit entfernten Ausbildungsorten waren daher voll von Warnungen und Mahnungen vor den Ablenkungen, denen sie ausgesetzt sein konnten. Einige wenige seien hier angeführt, da sie zeigen, wie die jungen Kaufleute in Gefahr der Pflichtverletzung kommen konnten – mit dem reichlich vorhandenen und immer wieder zur Verfügung gestelltem Geld der durchaus vermögenden Familiengesellschaft im Hintergrund.67 Vor allem Ratschläge, eifrig zu lernen, verbunden mit Mahnungen vor dem leichtfertigen Leben finden sich häufig in den Mahnschreiben. So schrieben die Ravensburger Regierer 1479 einem jungen „Lehrling“: Er solle mehr Vernunft für die Kaufmannschaft aufwenden (und Jacob, du must inna [dem jungen Alexis Hilleson und C. Zwicken] den stob von oren blaussen, in sunder tonckt uns Co. Zwick, du wolist nit nauchen und habist ain fantaschtigen kopf, setzist felicht nit vernunfft me uff maulla, den sunst uff kouffmanßschatz, das tut sig nit, dar umb so tu dich sin ab und bis[t] emsig mit dem, so man dier empfilcht, es sig in kleinem ald grossen68). Ferner sollen die jungen Leute in den Faktoreien der Ravensburger Gesellschaft Tag und Nacht emsig sein mit Führen der Bücher (jungen luita staut woll [...] und bisß emsig tag und nacht inn buochernn ouch mit avisierren69). Aussagekräftige Beispiele aus dem 15. Jahrhundert bieten auch die Anweisungen des schon erwähnten sog. ‚Regiment[s]‘ des Nürnberger Kaufmanns Christoph Scheurl (geb. 1457) an seinen Neffen, den jungen Hieronymus Haller. Christoph Scheurl hatte seit 1482 eine eigene Gesellschaft, der er als Regierer vorstand. Immer wieder nahm er selbst junge Kaufleute zur Ausbildung bei sich auf.70 Das Regiment kann daher als schriftliches Mahnschreiben für alle jungen Kaufleute in der Ausbildung gelten. Konkret war aber zunächst sein Neffe Hieronymus Haller gemeint, der seit 1488 in Venedig weilte. In dem Regiment wird der junge Kaufmann aufgefordert, zur rechten Zeit schlafen zu gehen und den Gottesdienst zu besuchen, ferner empfiehlt Scheurl dem jungen Haller, danach einige Stunden

67 Nach Kuhn, Handelspraxis, S. 327, habe Leonhard Tucher gemäß dem „Großen Tucherbuch“ aus dem 16. Jahrhundert, die Meinung vertreten, dass erst die Fülle des vorhandenen Geldes das leichtfertige Leben der Söhne Gabriel und Herdegen überhaupt ermöglicht habe. Siehe auch das Beispiel Friedrich Endorfers, der im 17. Jahrhundert in seinem Ausbildungsort Lyon dem Luxus und der Geldverschwendung erlegen war, Häberlein, Generationenbewußtsein, S. 140. 68 Schulte, Ravensburger Handelsgesellschft, Bd. 3, S. 137. 69 Ebd., S. 55. 70 Siehe dazu auch oben S. 63. Scheurl, Christoph Scheurls Vaters, S. 15–16: [Christoph Scheurl war] wohl berüchtigt, dass er einen gewinnlichen guten Handel führte. Auch forderte Dr. Christoph Scheurl in seiner Autobiographie zunächst ganz allgemein: so sy in gottes geboten unterwisen seyn, zeytlich wegzuschickhen, lateynische unnd frembde sprachen lernen ze lassen, so sy begynnen mannbar ze werden in gutter hut ze haben, kayns mussig geens, welches ein muter ist aller laster, kayns geverlichen spills, truenckenhayt noch annder ubelthaten zu gestatten, sonnder vill mer anzerichten, damit sy mit diennsten, kaufschlahen oder in annder weg ir narung gewynnen unnd das ir meren unnd pessern mogen, Nürnberg, Scheurl-Bibliothek, Cod. Ab, Scheurl Autobiographie, fol. 24r. (dieser Auszug und die folgenden entstammen der Transkription von F. Fuchs, Würzburg, die er der dankbaren Verfasserin großzügig überließ).

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beim Rechenmeister fleißig zu lernen71. Dann, wenn die Welschen im Deutschen Haus (Fondaco dei Tedeschi) seien, sich dort züchtigen Wesens72 aufzuhalten. Denn dort erschienen regelmäßig die französischen Kaufleute zu Verhandlungen und Gesprächen und Haller könne das Verhandlungsgeschäft und zugleich auch gewisse Umgangsformen erlernen. Auch ermahnt Scheurl den jungen Haller, sich am Rialt regelmäßig einzufinden so lang die Banken aufstehen, da soll er acht haben, was jedermann handle, sich zu ehrbaren Leuten gesellen und wohl halten.73 Nach Tisch und der Mittagsruhe solle er erst wieder zum Rechenmeister und dann im Fondaco zu den deutschen Kaufleuten gehen. Scheurl rät Hieronymus ferner alles, was er in Venedig sehen und erfahren kann, auf einem immer bereit zu haltenden Täfelchen aufzuzeichnen, insbesondere Läufe und Veränderungen der Waren74 und Neues, das sich auf Steigen und Fallen der Preise beziehe75, denn er solle sich keinesfalls allein auf sein Gedächtnis verlassen, sondern besser alles notieren. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass Scheurl ganz selbstverständlich von dem Haupt- und Schuldbuch sowie dem Journal spricht.76 Es handelt sich um ein deutliches Indiz auf eine bereits ausgefeilte Buchhaltung, wie sie die jungen Kaufleute erlernen sollten. Der junge Haller solle überdies nicht nur zu eigenen Lernzwecken schreiben, sondern auch um seinem Prinzipal (Lehrherrn) mittels eigener Aufzeichnung zu berichten. Überhaupt widmete Scheurl dem Thema Korrespondenz einen eigenen Absatz: Briefe könnten verloren gehen, daher solle der junge Haller kurz in jedem Brief die Punkte erneut aufschreiben, die er im vorhergehenden Brief behandelt habe. Außerdem solle Hieronymus alle Briefe des Prinzipals genau und sorgfältig beantworten.77 Über die eigene Lehrzeit geben spätere Selbstaussagen der dann erwachsenen und erfahrenen Kaufleute Aufschluss. Übereinstimmend berichten die meisten in ihren Beschreibungen, dass die Lehrzeit eine harte Zeit gewesen war. Die jungen Männer waren jahrelang bei verschiedenen Lehrherren untergebracht und auf deren Zuverlässigkeit und Freundlichkeit angewiesen. 71 Scheurl, Christoph Scheurls Vater, S. 13. Immerhin hatte er selbst in Venedig die Buchführung erlernt, Fouquet, „Kaufleute auf Reisen“, S. 480. Nürnberg, Scheurl-Bibliothek, Cod. Ab, Scheurl Autobiographie, fol. 78v: Von dannen schickhten ine [Christoph Scheurl] Marquart Khurn unnd Iheronymus Schewrl, seyne vormunder gen Venedig, dy sprach unnd seynen vatterlichen kaufmanshanndel ze lernen, dartzw sy in vleyssig weysten, bis so lang er erwuchs unnd mundig ward, das er dann umb dy jarzall Christi 1475 selbst unnter dy hennd nam, im leger zw Venedig guter kauffet, verkauffet unnd heraus schickhet, darnach ubergab er den 10 Marcii 1478 dy rechnung Thoman Venedigern und riet heraus gen Nurmberg ins leger gen Preslaw unnd aber zway jar mit ermelter seins oheims unnd brudern, neben den er den hanndel furet, regiret unnd verwaltet, gwalt widerumb hinein gen Venedig, do er ein zeyt belib unnd riet widerumb heraus gen Nurmberg. 72 Scheurl, Christoph Scheurls Vater, S. 16. 73 Ebd. 74 Ebd. 75 Ebd. 76 Ebd., S. 17. 77 Ebd., S. 16.

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Für Kost und Logis der angehenden Kaufleute, bezahlt von der Familie zuhause, sorgten die Ehefrauen der Lehrherren und das durchaus nicht immer angemessen, wie es z. B. das Zeugnis Lukas Rems deutlich macht: Um die französische Sprache zu erlernen, kam Lukas Rem als 17-Jähriger im Jahr 1498 nach Lyon. Dort musste er 13 Monate bleiben, eine für ihn harte Zeit, denn er klagte über den Geiz der Hausfrau, die ihn fast verhungern ließ.78 Doch mit drei weiteren Schülern (Gesellen) konnte sich Lukas Rem behelfen, indem er und seine Mitgesellen sich Essen und Wein selbst ‚besorgten‘79 – d. h. stahlen – sonst, so schrieb er weiter, hätten sie es dort nicht ausgehalten, und sie wären wohl verhungert. Ein weiteres anschauliches Beispiel für die Härte der Lehrzeit bot der oben ausführlich behandelte Nürnberger Unternehmer Bartholomäus Viatis (geb. 1538), der als junger Mann in Nürnberg während seiner siebenjährigen Ausbildung eine überaus entbehrungsreiche Zeit erleben musste.80 Auch Christoph Scheurl durchlief schon in jungen Jahren eine harte Lehrzeit, wie er in seiner Autobiographie schilderte. Er verlor, noch in Breslau wohnend, mit fünf Jahren seinen Vater und mit neun Jahren seine Mutter.81 Er wurde dort aus der Lateinschule genommen und nach Nürnberg zu Michael Joppel, einem berühmten Rechenmeister geschickt. 82 Dieser führte ein strenges Unterrichtsregiment und strafte bei jedem Fehler, woran er auch noch eine Freude hatte (sy verhoret unnd wo sy felten, rupfet unnd straffet, der er ein freyd het unnd im wolgefiel83). Das harte Vorgehen der Lehr- und Rechenmeister war wohl eine Praxis, die immer wieder vorkam, obgleich das die Familien der jungen Nachfolger sicher nicht anstrebten, wenngleich sie eine gewisse Härte in der Ausbildung für den späteren Beruf vermutlich als nicht schädlich ansahen. Im Laufe des 16. Jahrhunderts wurde der Ausbildungskanon zunehmend erweitert. Neben dem immer umfangreicheren und differenzierterem Stoff in der Buch-

78 Seins weibs karkeyt het kain mas. Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 6. 79 Der listigkeit, wir trieben mit essendt ding und wein, wir stalen. Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 6. Siehe dazu auch das Fallbeispiel „Lukas Rem und die Welser-Vöhlin“, S. 195ff. 80 StadtA Nürnberg, E 1/1905 FA Viatis, Nr. 1, Jornal und Schueldbuch, fol. 2r (Transkription: Orginal-Nachdruck, 1975), siehe auch dazu das Fallbeispiel „Die Gesellschaft Viatis-Peller“, S. 304ff. 81 Nürnberg, Scheurl-Bibliothek, Cod. Ab, Scheurl Autobiographie, fol 78v: Christoffen Schewerls jugent 54. Tittel. Christof Scheurl mein lieber vater seliger ward geborn zu Breslaw freytag nach Invocabit, den II monatstag Marcii, siben stund in die nacht anno gottes menschwerdung 1457 und verlur seinen vatter als er funf jar, der gleichen sein muter als er 9 jar alt. 82 Ebd.: von dannen er aus der schuel, daryn er zimlich latein begriffen het, genommen ward, hie her gen Nurmberg geschickht unnd Micheln Joppeln, eynem berumpten rechenmayster etliche jar in dy kost gelassen ward, von dem er dy khunst des rechenns kurtzlichen unnd dermassen begrif. So auch bei Wolfgang Kaunzner, Ein Weg zu Rechenmeistern im fränkischen Raum, in: Rainer Gebhardt (Hrsg.), Arithmetische und algebraische Schriften der frühen Neuzeit, S. 171–198, hier S. 183. 83 Ebd.

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führungslehre, trat vor allem die Jurisprudenz neben die bisherigen Ausbildungsfächer. Das war den sich permanent ausdehnenden und komplexeren Handelstätigkeiten der Gesellschaften geschuldet, denn die Anforderungen wurden immer umfangreicher, Verträge, Kontrakte, Wechsel, aber auch Verhandlungen internationalisierten sich und wurden daher immer diffiziler. Die Notwendigkeit einer Professionalisierung, auch in juristischer Hinsicht, wurde daher von den Gesellschaften als notwendig und sinnvoll erachtet.84 2.2. Die Heiratspolitik Ein wichtiges strategisches Modell, um den Bestand einer Familiengesellschaft zu sichern, stellte eine gezielt geplante Heirats- oder auch Matrimonialpolitik zwischen Familien mit ähnlichen Geschäftsinteressen dar.85 Häufig überschnitten sich dabei die personellen Heiratskreise mit den Geschäftskreisen. Diese geplante Vorgehensweise ermöglichte einen „Aufbau von familiären und sozialen Netzwerken“86 zwischen verschiedenen, potentiell konkurrierenden Familien. Man könnte hier fast von Synergieeffekten sprechen, denn Geschäftserfolge, Stabilität und Kontinuität der Familiengesellschaft verbanden sich in ganz besonderer Weise mit der personellen Zusammensetzung. Heiratsverbindungen waren in der Regel für beide Familien ökonomisch und sozial vorteilhaft, weil neue Geschäftsverbindungen geknüpft oder bereits bestehende verstärkt und potenziert werden konnten. 87 Sie waren ferner zur Vermeidung von Konflikten und Verringerung von Konkurrenzen gedacht und ermöglichten somit ein festes Klientelnetz. Schon 1919 bezeichnete Krag im Zusammenhang seiner Darstellung der Nürnberger und Augsburger Paumgartner-Gesellschaft diese planmäßige Vorgehensweise als „Heiratspolitik“88. Sie stellte Krag zufolge eine übliche Strategie dar, die neben den Paumgartner auch andere Familien verfolgten, um dadurch in das soziale und gesellschaftliche Netz vor allem des politischen und ökonomischen Patriziates einer Stadt fest eingebunden zu sein oder dadurch den Aufstieg der Familie zu ermöglichen.

84 Denzel, Professionalisierung, S. 430f. 85 Denzel, The Merchant Family, S. 379; Häberlein, Familiäre Bindungen, S. 44–57; ders., Handelsgesellschaften, S. 314. Veluwenkamp, Kaufmännisches Verhalten, S. 385, 404 betont am Beispiel von niederländischen Familiengesellschaften des 17. Jahrhunderts, dass auch Heiratsbeziehungen erfolgreiches Handeln auf der Grundlage von Vertrauen und damit verbunden einer Kreditwürdigkeit gewährleisten konnten (mit weiterer Literatur). 86 Denzel, Professionalisierung, S. 415. 87 Fouquet, Stadtadlige Verwandtschaftsfamilien, S. 113–118 analysiert das „Köpf-Kreß-Rummel-Hirschvogel-Netz“ und kommt zu dem Schluss, dass Reputation und Erfolg auf einem „Ineinander von Verwandtschaft und Kaufmannschaft“ beruhte. 88 Krag, Die Paumgartner, S. 42. Die Kreuzheirat der Welser-Vöhlin 1479 und 1487 bewertete Kießling, Wirtschaftlicher Strukturwandel, S. 195 als „Heiratspolitik“ der Vöhlin.

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Beide Seiten der potentiellen Heiratskandidaten durchleuchteten und bewerteten die jeweiligen ökonomisch und sozial positiven Faktoren der Familiengesellschaft, um zu beurteilen, ob die Verbindung auch vorteilhaft werden konnte. Durch die Heirat zusammengeführte Familien fügten entweder die neuen Mitglieder zu einer bestehenden Gesellschaft hinzu (z. B. Konrad Paumgartner zur Fritz Kress-Gesellschaft oder Martin Peller zur Bartholomäus Viatis-Gesellschaft)89 oder bildeten durch Zusammenschluss, fusionsähnlich eine neue Gesellschaft, die dem Kontinuitätsideal durchaus gerecht wurde, so z. B. die WelserVöhlin-Gesellschaft.90 Im besten Fall konnte die Verbindung den erfolgreichen ökonomischen und gesellschaftlichen Aufstieg der Gesellschaft realisieren.91 Die durch Eheschließung entstandenen Gesellschaften waren nun qualitativ in ganz besonderer Weise miteinander verbunden und gegenseitig verpflichtet. Allerdings gab es umgekehrt auch eine Kehrseite, denn auftretende Konflikte und Unfriede in den durch Heiratspolitik verbundenen Gesellschaften konnten ein erhebliches Gefahrenpotenzial der „Desintegration“ darstellen. D. h. das Instrument der Matrimonialpolitik konnte einerseits von Vorteil für den erfolgreichen, im besten Fall konfliktfreien Fortbestand der Familiengesellschaft sein (Viatis-Peller). Andererseits aber im Konfliktfall eine massive Störung der Familiennetzwerke bilden, die im Extremfall bis zum Bruch führen konnte, der dann nicht nur eine einzelne Familie im Innern betraf, sondern mindestens gleich zwei Familien (HerbrotManlich). Für gewöhnlich lag nach Sieh-Burens das Heiratsalter der jungen Männer bei 25 Jahren, nie jedoch unter 20 Jahren, während die jungen Frauen ab 17 Jahren verheiratet wurden.92 Die freie Wahl der Eheleute gab es in der Regel nicht. Im Gegenteil: Suchte sich ein junger Nachfolger tatsächlich einmal selbstständig eine Frau aus, konnte auch das zu Zerwürfnissen innerhalb der Familie führen.93 Oftmals kam es in der Folge von Verwitwungen auch zu Mehrfachehen, was dem „Sozialverhalten“ der Kaufmannsschicht entsprach.94 Die Kriterien, nach denen die Eheleute ausgesucht wurden, lagen meist im Bereich der ökonomischen Stärke oder Potentials der jeweiligen avisierten Familie, durch die man sich für die Zukunft einen ökonomischen Vorteil erhoffte. Ferner spielte die Höhe der zu erwartenden Mitgift eine wichtige Rolle bei der Auswahl. 89 Siehe dazu Fallbeispiele „Paumgartner“, S. 157 und Die Gesellschaft Viatis-Peller“, S. 305f. 90 Häberlein, Handelsgesellschaften, Sozialbeziehungen und Kommunikationsnetze, S. 308, dazu auch Geffcken, Die Welser, S. 150. Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik, S. 84, wies darauf hin, dass die Welser-Gesellschaft schon „zu Anfang kein reines Familienunternehmen“ war und daher eine Heirats-Fusions-Politik (so auch von Stromer, Verflechtungen, S. 27) ein gewünschtes Verfahren darstellte. Siehe auch Hildebrandt, Unternehmensstrukturen S. 106. 91 Häberlein, Die Augsburger Kaufmannsfamilie Böcklin, S. 44ff. 92 Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik, S. 48. 93 Beer, Eltern und Kinder, S. 94, führte dazu das Beispiel des Michael Behaim an, der 1545 zur Missbilligung seiner Nürnberger Verwandten eine Breslauerin aus seinem neuen Aufenthaltsort heiratete. Häberlein, Generationenbewußtsein, S. 147 weist darauf hin, dass durch die Untersuchungen der „historisch-anthropologischen Familienforschung“ Heiratsplanungen durchaus unter „aktiver Mitgestaltung“ potentieller Eheleute vonstatten gehen konnten. 94 Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik, S. 44.

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Genauso waren aber auch Kriterien, wie die Stellung einer Familie innerhalb einer Stadtgesellschaft, Ruf und Ehre sowie Vernetzung in und außerhalb der Stadt gleichermaßen von großer Bedeutung. Letztlich war das Ziel, durch die Heiratsverbindung ökonomische und gesellschaftliche Vorteile, also Synergieeffekte für die eigene Gesellschaft zu erlangen. Sie dienten im Idealfall verbunden mit Erbschaftsregelungen als entscheidendes Moment zur Stabilität des Handelshauses.95 Die angeheirateten Schwiegersöhne und Schwäger wurden im Haushalt und im Unternehmen aufgenommen und sollten dadurch die Nachfolge in der Gesellschaft sichern, wie etwa im Fall der Arzt-Gesellschaft, die sich aus Brüdern und Schwägern rekrutierte oder auch – in ganz besonders erfolgreicher Art und Weise – Bartholomäus Viatis und sein Schwiegersohn Martin Peller. In dem Fallbeispiel bestand ein enges, über die eigene blutsverwandte Familie hinausgehendes Vertrauensverhältnis in einer gemeinsamen ökonomischen Handlung und zugleich im familiären Umgang miteinander. Es konnten mit einer günstigen Heiratsverbindung fähige Mitarbeiter für die Familiengesellschaft gewonnen, eine Kapitalzuführung gewährleistet96 und zudem eine Verbindung mit konkurrierenden Familien ermöglicht werden.97 2.3. Die Konstruktion von Gesellschafts- und Mitarbeiterverträgen als rechtliche Grundlage der Gesellschaft Die normativ-rechtliche Grundlage von Familiengesellschaften der Frühmoderne bildeten Gesellschaftsverträge. Sie stellten die vertragsrechtliche Einheit von Familie und Gesellschaft dar. Für die Fragestellung, wieweit die Verträge eine Strategie zur Konfliktprävention und -lösung sein können, werden im Folgenden einzelne Artikel in ausgewählten Verträgen herangezogen.98 95 Denzel, The Merchant Family, S. 375. 96 Heinrich Kramm, Landschaftlicher Aufbau und Verschiebungen des deutschen Großhandels am Beginn der Neuzeit, gemessen an den Familienverbindungen des Großbürgertums, in: VSWG 29 (1936), S. 1–34, hier S. 24, fasst den Charakter der Kapitalzufuhr im Rahmen einer Erweiterung der Familiengesellschaft folgendermaßen zusammen: „das der Handel ein Geschäftsbetrieb von Brüdern und nächsten Gesippten sei, bestätigt [...] die Beobachtung, dass im Frühkapitalismus eine mehr oder weniger erstrebte Familienpolitik, in allen Schattierungen, selbst bei andersgearteten verbandsrechtlichen Formen und keine anonyme Finanzgewalt innerhalb der Wirtschaftslandschaften zur Geltung kamen.“ Vgl. auch E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 792f. Göttmann / Nutz, Grimmel, S. 19, stellen diesen Zufluss von Kapital durch Hinzutreten der Schwiegersöhne mithilfe einer gezielten Heiratspolitik anhand der Familie Grimmel aus Memmingen und Konstanz dar. 97 Nach ebd., S. 12 war eine solche familiäre Verflechtung ein wichtiges Charakteristikum der Gesellschaften. Heiratsverbindungen wurden so zugleich Geschäftspolitik. Ebenso auch Riebartsch, Handelsgesellschaften, S. 32 und Denzel, The Merchant Family, S. 379. 98 Zuletzt dazu M. Isenmann, Before bankruptcy, Conflict solution strategies, S. 31-38. Über die von Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, in Band 2 abgedruckten Verträge hinaus wurden in dieser vorliegenden Untersuchung weitere, bislang noch nicht edierte Verträge bearbeitet.

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Die ersten überlieferten Verträge in Oberdeutschland stammten aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts.99 Bis Anfang des 17. Jahrhunderts sind aus Nürnberg und Augsburg eine Vielzahl weiterer Verträge überliefert, die in der Regel ein ähnliches Schema aufweisen und dennoch, wie noch gezeigt wird, in speziellen Fällen von diesem abweichen. Mit dem Auftreten der Einzelunternehmung und der familienfremden Personengesellschaft sowie der Zurückdrängung der Familiengesellschaften seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert und vor allem seit den 1620er Jahren fehlt eine vergleichbare Quellengrundlage, da nunmehr Konfliktbewältigungen in Handelsunternehmungen nicht mehr vor der Folie von Gesellschaftsverträgen durchleuchtet werden können, im Übrigen auch quellenmäßig deutlich weniger dokumentiert vorliegen als im ‚langen 16. Jahrhundert‘, so dass die Untersuchung schon allein aus Quellengründen um etwa 1620 enden muss. Der rechtliche Gründungsakt einer Gesellschaft wurde in Form eines Gesellschaftsvertrags von den Regierern vereinbart100 und in die Geheim- oder Gesellschaftsbücher der Gesellschaft als quasi vornotarielle Sicherheit eingetragen.101 Grundsätzlich regelten die Verträge die personelle, rechtliche und finanzielle Gestaltung und Ausstattung einer Gesellschaft. Es wurden Ziele, Zwecke und Bedürfnisse der Gesellschaft festgelegt, 102 Pflichten und Rechte aufgeführt, das Abstimmungsverfahren geregelt, Bestimmungen über Nachfolge und Erbschaft aufgestellt und Klauseln gegen Kapitalentnahme festgelegt. Darüber hinaus wurde ein Verhaltenskodex erstellt, der den persönlichen Lebenswandel der Gesellschafter betraf und konkrete Vorgaben wie etwa Verbote gegen Spielvergnügen umfassen konnte. Jeder Vertrag enthielt zudem weitere außerordentliche Bestimmungen, die den Verträgen nach variierend festgelegt wurden. Die entscheidenden Artikel in den Verträgen behandelten: 1. den Willen zum Frieden, Vertrauen, zur Ehre und zur Einheit 2. den Eid 3. den Weg der Entscheidungsfindungen 4. die Konkurrenzklausel 5. eine Karenzzeit 6. obligatorische Versammlung mit der Rechnungslegung 7. die Todesfallregelungen 99 Apelbaum, Basler Handelsgesellschaften, S. 93 geht sogar davon aus, dass die rechtliche und formale Struktur der Gesellschaftsverträge in Oberdeutschland im 15. Jahrhundert entwickelt worden sei. 100 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 160; Söhnchen, Die historische Entwicklung der rechtlichen Gründungsvoraussetzungen, S. 33. 101 Nur im Schreiber-Weißhaupt-Ditmar-Vertrag von 1491 versicherten die Gesellschafter im Zusammenhang mit der Eidesleistung, dass der Vertrag zu Händen der im Vertrag benannten Obleuten hinterlegt werden sollte: Wir haben auch diesem unserer verainung und gesellschaft Brief jetzt hinder die obgenanten unser oblüt zu gemain trewmanß handen gelegt. Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 19ʼ. Sie begründeten es damit, dass die Erben im Todesfall die Vertragsbedingungen zuverlässig vorliegen hätten, Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 38. 102 Von Stromer, Binationale deutsch-italienische Handelsgesellschaften, S. 137.

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8. eine Verschwiegenheitsklausel 9. die persönliche Lebensführung Die oberdeutschen Handelsgesellschaften hatten in der Regel eine befristete Vertragslaufzeit von drei, vier, sechs oder acht Jahren,103 vereinzelt legten die Gesellschaften auch fünf Jahre fest, wie die Meuting-Gesellschaft in ihrem Vertrag von 1436104 oder die Grander-Rehlinger im Vertrag von 1511.105 Danach wurde die Gesellschaft liquidiert und meist neu gegründet, wobei die Neugründung faktisch einer Weiterführung gleichkam und lediglich formalen Charakter haben konnte. Die Gesellschafter nutzten zudem diese Gelegenheit, um ihre Verträge neuen personellen und ökonomischen Gegebenheiten anzupassen, auf vergangene Erfahrungen, insbesondere Konflikterfahrung zu reagieren und Regelungen zu verfeinern. Die Präambel der Verträge gab in der Regel Aufschluss über das interne Selbstverständnis der Gesellschafter und über das damit verbundene, auch extern sichtbare Ziel des Bündnisses. Demnach verstanden sich die Gesellschafter als eine durch Eid106 verbundene Gemeinschaft, die sich verpflichtete, in Frieden und um der Ehre willen, zum Besten und Vorteil der Gemeinschaft und nicht zum eigenen Nutzen Handel, Kauf und Verkauf durchzuführen. Die zentrale vertragliche Grundlage war darüberhinaus das Vertrauen und wurde in allen Gesellschaftsverträgen „beschworen“. War dieses Vertrauen innerhalb der Gesellschaft gewährleistet, so galt die Familiengesellschaft auch nach außen hin als vertrauenswürdig. Vom Vertrauen, das außerdem eng mit dem Begriff der Ehre verbunden war, hing das persönliche und geschäftliche Prestige der Gesellschaft ab. Vertrauen und Ehre hoben die Kreditwürdigkeit nach Außen. Hingegen barg der Verlust von Vertrauen und Ehre innerhalb der Familiengesellschaft ein hohes Konfliktpotential.107 Schon im frühesten erhaltenen Vertrag der Meuting-Gesellschaft vom 4. Oktober 1436 werden diese Ideale beschworen: Demnach haben sie ihre gemeinsame Handlung von mer trew, lieb und fruntschaft wegen uns mit wolbedachtem mute guter vorbetrachtung und ainmüttigem gutem willen verainet.108 Mit dem Ziel, zum besten Nutzen und mit zuverlässiger Ordnung (bessers nutzen und richtikait willen109) die Gesellschaft zu führen. 103 Die Befristung der Laufzeit hatte ihren Ursprung im römischen Recht: siehe dazu Kischka, Todesbedingtes Ausscheiden, S. 54, Anm. 95. 104 StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg Akten 213, Abgedruckt bei Strieder, Genesis, S. 220– 223; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 1’–4’; Möncke, Ausgewählte Quellen, S. 292–295. Die Befristung der Laufzeit hatte ihren Ursprung im römischen Recht: siehe dazu Kischka, Todesbedingtes Ausscheiden, S. 54, Anm. 95. 105 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 29ʼ. 106 Ebd., Bd. 1, S. 171–177 beurteilt den Eid oder das Treuegelöbnis in den Gesellschaftsverträgen als eine „Verstärkung der Vertragsbindung“ (171) und Betonung des besonderen Vertrauensverhältnisses einer Gesellschaft (176) und weniger als rechtlich bindend. Irsigler, Kaufmannsmentalität, S. 55 sieht in der Eidesleistung nur noch eine Profanierung des Eides. 107 M. Isenmann, Before bankruptcy, Conflict solution strategies, S. 31-38. 108 StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213. 109 Ebd.

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Auch im Höchstettervertrag von 1515 heißt es: mit gutter erberkajt und fridsamer ainigkajt dester pesser unterhalten, auch dester minder zertrent, desgleichen auch der geselschaft nachtajll zum pesten verhütt werden. 110 Ein weiteres Beispiel für dieses Selbstverständnis und Ziel war der Vertrag der Imhoff-Gesellschaft vom 26. Juli 1527: sol ein itlicher sein muglichen fleiß furkern und wendten, der geselschaft nutz und frumen zu bedencken und iren schaden zu wendten.111 Die Gesellschafter sollten demnach mit großem Fleiß zum Nutzen der Gesellschaft handeln und Schaden von der Gesellschaft abwenden. Die Anforderung wird dann konkretisiert: Es sol auch keiner in solcher unser handlung, es sey in kauffen oder verkauffen, einnemen oder ausgeben, im selbst oder andern nimant kein eigen nutz zufugen, nemen oder eignen, wenig oder vill, sonder alles der eegenantten unsser gesellschaft.112 Der Gesellschafter sollten einzig zum Vorteil der ganzen Gesellschaft und nicht zu seinem eigenen Nutzen arbeiten. Auch im Vertrag der Ulmer Weißhaupt-Schreiber-Ditmar-Gesellschaft von 1491 wurde der Nutzen- und Ehre-Gedanke bereits in der Präambel festgehalten: Die Gesellschaft sollte zu handtieren und zu hanndeltn, wie sich unns unser gemain gesellschafft zu nutz, ere und Noturfft gepürt113, gegründet werden. „Notturft“ war im Sinne einer Notwendigkeit (necessitas) zu verstehen, die gesellschaftlichen Belange zu erfüllen, damit die Gesellschaft erhalten bleibe und floriere. Durch die vertragliche Bindung und rechtliche Regelung sollten schon im Vorfeld mögliche Konfliktbereiche vermieden werden. Vor allem durch den immer wieder beschworenen Friedenswillen,114 wie er schon im Meutingvertrag an prominenter Stelle gleich zu Anfang des Vertrags gefordert wird: mit kraft dicz briefs und darum daz zuvoran wir und unsere erben des richticlicher und fridlicher on gross irrung ditz verainung und gesellschaft gehalten und in guter fruntschaft gesein mugen.115 Auch im Haugvertrag vom 10. Oktober 1547116 ist von der Vermeidung von irrung und widerwertigkeit unter den Erben und den gewerbshantierung und handelsverwanten117 die Rede. Im frühen Fuggervertrag vom 18. August 1494118 betonen die Gesellschafter den Friedenswillen und die Brüderlichkeit: Nachdem wir in vergangen jaren here als bruder und gesellschaften einen gemainen bruderlichen handel und gesellschaft, gewerbe und hantierung miteinander freuntlich und bruderlich gehabt und

110 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 86, vgl. auch die Analyse der Gesellschaftsverträge zu dem Fallbeispiel „Die Höchstetter“, S. 288ff. 111 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 67’. 112 Ebd. 113 Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 28, die Vertragsnehmer wiederholen diesen Passus, ebd. S. 29. 114 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 231 Anm. 116. 115 Ebd., Bd. 2, S. 1’. 116 Ebd., S. 123’–130’. 117 Ebd., S. 123’, Z. 18–19. 118 Max Jansen, Jakob Fugger der Reiche. Studien und Quellen, Leipzig 1910, S. 263–268.

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getriben haben und noch auf diesen tag miteinander haben und treyben, also bekennen wir hiemit, das wir uns freuntlich, bruderlich und williclich mit einander vereinigt und vertragen hebens, solchen bruderlichen handel und geselschaft hinfuro lenger miteinander zehaben und zutreyben […].119 Diese einleitenden, gleichsam mahnenden Klauseln, die in nahezu keinem der bekannten Gesellschaftsverträge fehlen, folgen der Name und der Standort der Geschäftszentrale. Daran schließen sich die grundlegenden Artikel zur Kapitaleinlage, verbunden mit der Benennung der einzelnen Gesellschafter sowie ihren Aufgaben innerhalb der Gesellschaft an. Diese Kapitaleinlagen bildeten zunächst die finanzielle Grundausstattung, das sogenannte Stammkapital der Gesellschaft, die hauptsoma oder dargelegte hauptguter. 120 Es wurde von allen Gesellschaftern gestellt.121 Neben den Kapitaleinlegern werden in wenigen Verträgen, wie z. B. dem Höchstetter-Vertrag von 1515122 auch sog. nicht aktive Einleger benannt. Es handelte sich dabei meist um Familienangehörige, auch weibliche, die Kapital in die Gesellschaft zu festem Zins einlegten. Im Laufe des 16. Jahrhunderts wurden dann aufgrund des gewachsenen Kapitalbedarfs zunehmend auch familienfremde Kapitalgeber aufgenommen. Ihre Depositen wurden dann meist zu einem festen Zins von 5% in das Gesellschaftskapital aufgenommen.123 In einigen Verträgen wurden ferner die Pflichten der Gesellschafter genauer umrissen.124 So verpflichten sich im Schreiber-Weißhaupt-Ditmar-Vertrag die beiden erstgenannten, aus Biberach stammenden, dazu, in der Statt Bibrach und ußerhalben so fern und weyt dann selbig unser gemain und gesellschaft handthierung, handlung und gewerb raichen und getroffen wirdet, trewlich, offrechtlich und redlich regieren, handeln und hanndtieren sollen und mögen mit werben, kauffen, verkauffen.125 Es folgen dann gesondert die Pflichten des Valentin Dittmar: min handlung, werbung und handtierung, so sich in selbig unser gemain und gesellschaft usser der stat Bibrach und allenthalben in teutschen und in welschen lannden handeln, werben und handtiren wird, mit kaufen, verkaufen.126 Das heißt die Arbeit war auf alle drei Gesellschafter verteilt, die zugleich mit ihrem zu Gewinn und Verlust eingelegten Geld für die finanzielle Grundlage der Gesellschaft sorgten.

119 Jansen, Jakob Fugger, S. 267. 120 Im Weißhaupt-Schreiber-Ditmar-Vertrag: hawtgut, Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 30. 121 In das Buch über die Kapitalkonten der Gesellschaft – das konnte das sog. Geheim- oder Gesellschaftsbuch sein – wurde „bisweilen auch der Gesellschaftsvertrag geschrieben“. Um sich vor Fälschungen zu schützen, notierten die Gesellschafter dann auch ihre Kapitaleinlagen, die Höhe und eventuelle Fürlegungen mit eigener Hand in das Buch, Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 249. Siehe auch Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 155, Anm. 62. 122 Siehe dazu die Gesellschaftsverträge des Fallbeispiels „Die Höchstetter“, S. 288ff. 123 Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 63, 83, 86. 124 Siehe dazu „Pflichten“ im Kapitel „Rechnung, Kompetenz und Vermittlung“ S. 91ff. 125 Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 30. 126 Ebd., S. 31

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Die Geschäftsführung, die Verantwortung und die Position127 der einzelnen Gesellschafter innerhalb der Gesellschaft legten die Fugger in ihren Verträgen von 1494 und 1510 fest. Demnach traten 1494 die drei Brüder Ulrich, Georg und Jakob Fugger gleichberechtigt als haftende Hauptgesellschafter auf, und jeder sollte die Geschäfte führen, als ob jeder einzelne der oberste Regierer wäre: Item unser yeder soll gantzen vollen gewalt und macht haben in allen und yeden dingen, den handel anrurend oder das dem handel und uns zu gut geschiecht, es sey mit kaufen, verkaufen, schuld einzunemen und zu bezalen oder sunst den handel berurend in aller mas, als ob unser yeder der obristenhaupthandler selbst were.128 Gesellschaftsverträge gaben außerdem Instruktionen zur Gewinnermittlung und -verteilung, die in den Einzelheiten allerdings sehr allgemein blieben.129 Lediglich die Terminierung wurde konkret in den Verträgen als regelmäßige Rechnungslegung, meist im Zweijahresrhythmus festgelegt. Im Vertrag der Imhoff-Gesellschaft von 1527 heißt es beispielsweise dazu: Ittem so haben wir uns veraint, albeg uber zway jar ungeferlich zwischen pfingsten und jacobi aller unser gesellschaft handlung, einnemens und ausgebens auch alles, des so wir uber all in allen landen haben, ein entliche rechnungen thun und furnemen.130 Erstmals befasste sich 1479 Nürnberg in seiner ersten Stadtrechtsreformation allerdings noch recht allgemein mit dieser Themantik: so heißt es dazu im 30. Titel, Gesetz 10: Von haltung der rechnung nach abred der geselschaft oder sunst ierlich on redlich verhindrung. Wie die geselschafter sich mit gemeiner oder ir yedes der geselschaft rechnung verpinden, die nach anzal der zeit zetun, dem söllen sie also nachkommen; und wo aber sölche zeit der rechnung nit abgeredt noch bestympt were, so söllen die alle iar ierlich rechnung tun und fürnemen, damit sie sovil kuntlicher wissen haben aller handlungen und sachen, die geselschaft berürende.131 Etwas ausführlicher wurde in der späteren Nürnberger Reformation von 1564 zunächst ähnlich wie 1479 festgelegt, dass, wenn keine eigene Abrede getroffen wäre, eine jährliche hauptrechnung vorzunehmen sei. Anders als 1479 folgte dann die Begründung: dass mit der regelmäßigen Rechnung irrung und weiterung, also Konflikte und die Folgen daraus verhindert werden sollten.132 Aus den Rechnungsabschlüssen resultierte auch die Ermittlung und Verteilung von Gewinnen und Verlusten. Diese errechneten den Verträgen zufolge allein die Regierer in einer internen Gesellschaftersitzung und einem internen Modus. Das bedeutete, die Gewinnermittlung lag in der Hand meist einer kleinen Gruppe innerhalb der Gesellschaft, die in der Regel in der Sitzung, mit einem nicht 127 Die Position des Gesellschafters wurde innerhalb einer Gesellschaft auch in anderen Verträgen festgelegt, dazu geben z. B. die Verträge der Viatis-Peller-Gesellschaft Aufschluss, siehe das Fallbeispiel „Die Gesellschaft Viatis-Peller“, S. 310ff. und auch Denzel, The Merchant Family, S. 380. 128 Jansen, Jakob Fugger, S. 263–264. 129 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 297ff.; 396ff. 130 Ebd., Bd. 2, S. 61ʼ. 131 Möncke, Ausgewählte Quellen, S. 366; Ältere Stadtrechtsreformationen (1. Halbbd.), eingeleitet und erläutert von Wolfgang Kunkel, S. 76. 132 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 302, Anm. 237.

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dargestellten und nicht kontrollierbaren Gewinnschlüssel den Gewinn, aber auch den Verlust der Gesamtgesellschaft ermittelten. Diesen hatten die übrigen, nicht entscheidungsberechtigten Gesellschafter widerspruchslos zu akzeptieren. In einem solchen Verfahren der Gewinnermittlungen lag eine Brisanz, denn dadurch konnten, entgegen der eigentlichen Intention der Verträge, Konflikte zu vermeiden, diese im Gegenteil sogar erst hervorgerufen werden. Schon der Chronist Wilhelm Rem kritisierte dieses Verfahren, als er zum Jahr 1519 schrieb: Und wan sie sich zusamen verbunden in ain gesellschaft, so machten sie verschreibung. wan die öbresten, die gesellschafter waren, rechnung machten, da sollten sich die diener und die andren, den ir gelt auch zu gewin und verlust lag, an söllicher rechnung lassen beniegen und solten iren schlechten worten darumb gelauben. sollich verschreibung machendt gros dieb, daß wol zu glaben ist, daß gröser dieb nicht sein dan die öbresten in ettlichen gesellschaften. es machten zu zeitten die gesellschafter etlich aus ainer geselschaft rechnung miteinander, daß sie nicht all beiainander waren, die dan auch darbei solten gewesen sein lautt irer verschreibung; so hetten es, die nicht darbei waren, großen nachtail, als man sagt, 3 in 4 in 5 M fl; wolten sie dan mit friden sein, so musten sie nemen, was man in gab, dan die andren hetten das ir in henden.133 Rem beschrieb, dass nur die Regierer die Rechnung erstellten, alle anderen Teilhaber hatten die Entscheidung anzunehmen, auch wenn sie Verluste hinnehmen mussten. Daher befand er auch, dass die Regierer allesamt Diebe wären. Diese unmissverständliche Verurteilung bildete vermutlich die Realität ab, da als Konsequenz einer geheimen und in der Folge umstrittenen Gewinnermittlung ganze Gesellschaften auseinanderbrechen konnten. Ein Fallbeispiel dafür stellt die ImhoffGesellschaft aus Nürnberg dar, die einen größeren Teil ihres Augsburger Zweigs aufgrund einer solchen strittigen Gewinnermittlung verlor.134 In der Frage der Gewinnermittlung bestand demnach ein gewisses grundsätzliches Misstrauen der Gesellschafter gegeneinander und sie versuchten mithilfe vertraglicher Regeln drohenden Konflikten entgegenzutreten. So legten die Imhoff-Gesellschafter in ihrem Vertrag vom 26. Juli 1527 fest, dass das Gesellschaftsbuch oder auch „Geheimbuch“, in dass das Stammkapital und die Einlagen der jeweiligen Hauptgesellschafter sowie auch der Gesellschaftsvertrag selbst eingetragen waren, nur nach gemeinsamen, mehrheitlichem Beschluss geöffnet werden durfte: unser geshelschafft puch solen albegen drey, die pey den haubtrechnungen hie sein, oder in irem haus haben, versigelt werden, und nit geofnet, es geschech dan mit willen und wissen der merreren teil der geschelschaffter.135

133 Chroniken der deutschen Städte, Bd. 25 (Augsburg, Bd. 5), S. 117. Der Herausgeber der Chronik vermutete, dass Wilhem Rem vermutlich auf die Vorgänge zwischen der Höchstetter-Gesellschaft und Bartholomäus Rem sowie Lukas Rem und die Welser-Gesellschaft Bezug nahm, ebd., Anm. 1. 134 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 394. Ausführlich dazu das Fallbeispiel Imhoff, Kapitel „Rechnung, Kompetenz und Vermittlung“, S. 69f. 135 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 60’f.

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Denn auch wenn die genaue Vorgehensweise bei der Gewinnermittlung im Einzelnen nicht erkennbar war, kann doch als sicher vorausgesetzt werden, dass die Grundlage für die Gewinnermittlung die jeweilige Höhe der Kapitaleinlage eines Gesellschafters (Gewinnermittlung pro rata136) bildete. Die befürchtete Gefahr lag nun darin, dass die Kapitalangaben im Gesellschafts- oder Geheimbuch bei leichter Zugänglichkeit hätten manipuliert werden können. Aus diesem Grund wurde im Fall der Imhoff-Gesellschaft das Buch mit drei Siegeln der Hauptgesellschafter versiegelt und im Haus des ältesten der drei Brüder, Hans Imhoff, gelagert.137 Damit versuchte die Gesellschaft, wenigsten Konflikte um die Berechnungsgrundlage der Gewinnermittlung zu verhindern. Bei den Höchstettern war sowohl im Vertrag von 1515, als auch im Vertrag von 1524 vorgesehen, dass das Geheimbuch im Haus des Regierers Ambrosius Höchstetter d. Ä. gelagert werden musste138. Immerhin war im späteren Vertrag aus dem Jahr 1524 dann den einzelnen Gesellschaftern noch gestattet, Abschriften aus dem Geheimbuch anzufertigen. Dazu mussten sie sich dann allerdings in das Haus und damit unter die Kontrolle des Regierers begeben.139 Im Vertrag der Meuting-Gesellschaft von 1436 wurde der Modus der Gewinnermittlung auch nicht genauer festgelegt. Ihm zufolge musste die Rechnungslegung und Gewinnermittlung durch die Regierer mit einem Mehrheitsbeschluss zustande kommen: Und was [...] gewunnen oder verloren würdet nach gemainer gesellschaft oder der merer tail rechnung, als daz gerait und uberslagen wirdet und unsser yeglicher mit rechnung zugefugt oder abgezogen wirdet.140 Das Ergebnis müssen alle Gesellschafter ohne Widerspruch annehmen (an dem sol er ain gantzes benigen han141). Mit einem Beschluss, der durch die Mehrheit der Regierer ein besonderes Gewicht erhielt, sollten drohende Auseinandersetzungen um den Gewinn verhindert werden. Auch zwischen Ambrosius Höchstetter d. Ä. und seiner Gesellschaft einerseits sowie dem 1517 aus der Gesellschaft ausgeschiedenen Bartholomäus Rem andererseits hatten sich die Konflikte um strittige Gewinnermittlungen – übrigens erst im

136 Mayer, Die ‚Fürlegung‘, S. 73; Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 63. Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 53 zog für die Gewinnermittlung pro rata den Vertrag der Haug-Gesellschaft aus dem Jahr 1557 hinzu. Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 396f. verwies zudem auf den 30. Titel der Nürnberger Stadtrechtsreformation von 1479, in dem dieser Modus festgelegt wurde. Allerdings handelte es sich dabei immer nur um einen sehr allgemein gehaltenen Verteilungsschlüssel, die konkrete Berechnung blieb intern. 137 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 250; Bd. 2, S. 61’. 138 Ebd. und Bd. 2, S 40ʼ; Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 82. 139 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 250; siehe auch das Fallbeispiel Höchstetter, S. 291. 140 StA Augsburg, Reichstsadt Augsburg, Akten 213. Ausführlich dazu das Fallbeispiel „Die Meuting“, S. 152ff. 141 StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213.

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Jahr 1525 – entzündet142. Ebenso schied Lukas Rems aufgrund einer strittigen Gewinnermittlung 1517 aus der Welser-Gesellschaft aus.143 Bei der darauf erfolgten Gründung einer eigenen Gesellschaft zusammen mit seinen Brüdern und weiteren Gesellschaftern im Jahr 1518 erlebte Rem dann selbst Auseinandersetzungen wegen der Gewinnberechnungen, die zur Abtrennung einzelner Gesellschafter führte.144 Schließlich trennte sich auch Paulus Behaim im Jahr 1556 von der Gesellschaft seiner Vettern, der Imhoff-Gesellschaft, u. a. aufgrund einer strittigen Höhe des von den Regierern errechneten Gewinns.145 Tatsächlich blieb die Gewinnermittlung als ein verbrieftes Recht der Hauptgesellschafter aufgrund des nicht kontrollierbaren Berechnungsmodus ein steter Anlass für Konflikte. In den Gesellschaftsverträgen wurden ferner die Aufgaben der Mitgesellschafter wie das Reisen, Kaufen und Verkaufen, die nötigen Vertretungsvollmachten und die notwendigen Aufwandsentschädigungen sowie auch die Zuschüsse für Kleidung und sonstige Ausstattung geregelt. Eine wichtige Frage war der Todesfall eines Hauptgesellschafters und die Konsequenzen für die Gesellschaft. Sie wurde in allen Verträgen angesprochen und geklärt. Es handelte sich dabei vor allem darum, wieweit die Erben berechtigt waren, in die Rechte des Verstorbenen einzutreten. Insbesondere ob die Erben auf die in der Regel zeitnah, spätestens aber zur nächsten Gesellschafterversammlung durchzuführende Rechnungslegung sowie der Gewinn- und Verlustermittlung Einfluss nehmen konnten und Einblicke in die Geschäftsbücher erhielten. In allen Verträgen wurde das abgelehnt und die klaglose Annahme der errechneten Gewinn- und Verlustzuteilung gefordert.146 Nach der Generalabrechnung, die zugleich der Liquidierung einer Gesellschaft gleichkam, wurde diese in neuer personeller Zusammensetzung, nun mit den Erben und aktualisierten vertraglichen Regelungen abermals konstituiert. Dadurch sollten mögliche Konflikte zwischen den alten Gesellschaftern und den nachrückenden Erben von vorneherein verhindert werden.147 Auch die Lösung von Konflikten, die sich etwa aus den strittigen Gewinnermittlungen oder anderen Gründen ergeben konnten, wurde mittels der Verträge geregelt. Dabei fällt auf, dass die Gesellschafter bemüht waren, diese Konflikte zunächst gesellschaftsintern zu regeln, um keine (geschäftsschädigenden) Informationen nach außen dringen zu lassen. So heißt es dazu im Meutingvertrag: Wär auch sache, ob sich furo under uns dhainerlay zwayung und irrung ufferstunden in der 142 Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 147. 143 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 18. Vgl. das Fallbeispiel „Lukas Rem und die WelserVöhlin“, S. 198ff. 144 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 33–34; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 224; ausführlich dazu das Fallbeispiel der „Rem-Gesellschaft“, S. 275. 145 Siehe das Beispiel des Paulus Behaim, Kapitel „Entscheidende Versammlungen“, S. 186ff. 146 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 427ff.; Kischka, Todesbedingtes Aussscheiden, S. 55ff. 147 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 438ff.

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benanten zeit dies verbuntnuss, wie oder wör umb daz wer oder wie sich daz fugte, daz sol allzeit beliben und bestan by uns gemainer gesellschaft und unserm ußspruch und entschaiden.148 Auch in den Höchstetter-Verträgen von 1515149 und 1524 waren die Konflikte nach einem Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter ebenfalls zunächst gesellschaftsintern zu klären. Entscheidend war für die Gesellschafter in zahlreichen Verträgen ferner, dass im Konfliktfall weder geistliche noch weltliche Gerichte anzurufen seien.150 Misslang jedoch die interne Schlichtung, so war als nächster Schritt der schiedsgerichtliche Austrag mithilfe eines Obmanns vorgesehen. Der Obmann sollte idealerweise aus der Kaufmannschaft selbst stammen, alternativ konnte aus dem Ratsgericht ein Obmann gewählt werden.151 Besonders ausführlich wurden im Vertrag der Schreiber-Weißhaupt-DitmarGesellschaft die Obmänner und ihre Aufgaben behandelt: Demnach werden von den Konfliktparteien erwählte Männer benannt, im konkreten Fall dieser Gesellschaft sollen es zwei Bürger aus Biberach sein, die zu entscheiden haben, wenn wir oder unnser erben in ainichen stucken, puncten, artickeln oder sachen mißhällig, irrig oder spenig mit einander wirden oder wurden, warumb oder was das werde, das sich dann in obgestimpter zeit und anzal jar uß zwischen unser dryen oder unnser erben verlauffen oder begeben wurde. 152 Ferner wird noch der Fall behandelt, dass sich die Obleute untereinander nicht einigen konnten. Dann sollen sie kraft ihrer von den Gesellschaftern erhaltenen Vollmacht, einen weiteren Obmann auswählen, den dann auch die Gesellschafter annehmen wollen.153 Schließlich wird sogar eine Bestimmung für den Todesfall eines oder gar beider Obleute hinzugefügt. In dem Fall sollen unverzüglich zwei neue Obmänner von den Gesellschaftern oder ihren Erben erwählt werden.154 Mit dieser detaillierten Behandlung der Obmänner im Falle eines Gesellschaftskonfliktes bildete der Schreiber-Weißhaupt-Ditmar-Vertrag allerdings eine Ausnahme. Neben der Regelung von Rechten und Pflichten der Gesellschafter wurden in ihren Gesellschaftsverträgen auch Normen zu ethischem Verhalten aufgestellt. Sie

148 StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten Nr. 213. Zum besonderen Abstimmungsverhalten der Meuting im Konfliktfall siehe ausführlich das Fallbeispiel „Die Meuting“, S. 152f. 149 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 90. Mayer, Die ‚Fürlegung‘, S. 118: „man setzte offenbar bei den Gerichten eine feindliche Einstellung voraus“, siehe ähnlich auch Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 77; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 4ʼ. 150 Ebd., Bd. 1. S. 469ff. mit zahlreichen Beispielen aus den Verträgen, ebd., Anm. 131. 151 Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 12; Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 77, Anm. 93 schätzt das Ratsgericht als „Schiedsgericht von Berufsgenossen“ ein; siehe auch Lutz, Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 470–478. 152 Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 38; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 18’. 153 Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 38; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 18’f. 154 Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 38; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 19’.

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sanktionierten die Übernahme von (unautorisierten) Bürgschaften, verboten eigenmächtige Wechsel- und Kreditgeschäfte, untersagten das Glücksspiel, das Aufsuchen von Bordellen oder den Umgang mit Prostituierten (pulschaft) und mahnten davor, sich zu luxuriös zu kleiden oder sonst unnötige Kosten zu verursachen.155 Die Konsequenzen bei Verstößen gegen diese vertraglichen Normen waren hart und zeigten, welchen Stellenwert die persönliche Lebensführung der Gesellschafter und damit verbunden die konfliktfreie Arbeit der Familiengesellschaft sowie die Repräsentation der Gesellschaft nach außen gehabt hatte. Die Konsequenzen bei Fehlverhalten konnten von persönlicher Erstattung der Kosten bis zum sofortigen Ausschluss aus der Gesellschaft reichen. Bemerkenswert an diesen Regelungen ist, dass sie bei einigen, zeitlich aufeinander folgenden Gesellschaftsverträgen gegenüber dem ersten Gründungsvertrag immer ausführlicher behandelt wurden. Im Laufe der Gesellschaftsperioden traten wohl vermehrt Erfahrungen mit einem lockeren Lebenswandel der nachfolgenden, jungen, möglicherweise ungestümen Generation auf, sodass die Verträge zunehmend disziplinierende Wirkung haben sollten. Eine besonders heikle Situation konnte das unkontrollierte Spielvergnügen vor allem der jungen Mitgesellschafter bilden. Nach Lutz lässt sich die Zahl Gesellschafter, die durch Spiel in Versuchung geführt wurden, nicht mehr überblicken, so häufig schien das für eine Gesellschaft bedrohliche Problem aufgetreten zu sein.156 Ein besonders signifikantes Beispiel dafür stellte die Augsburger HöchstetterGesellschaft dar, die über mehrere Vertragsperioden zwischen 1514 (1515) und 1524 hinweg versuchte, diesen Gefahren zu begegnen.157 Im Jahr 1524 stand ein modifizierter Anschlussvertrag an den ersten Gesellschaftsvertrag von 1515 an. War 1515 noch das eingeschränkte Spiel mit einer festgelegten Höchstsumme zum Zweck der kaufmännischen Kommunikation zugelassen (Artikel 18),158 so wurde im Vertrag von 1524 jegliches Glücksspiel verboten und bei Zuwiderhandlung der Ausschluss aus der Gesellschaft angedroht (Art. 14).159 Diesen Vertrag schloss der Regierer Ambrosius Höchstetter d. Ä. mit seinen jungen Söhnen Ambrosius d. J. und Joachim sowie mit Hans Ungelter und seinem Schwiegersohn Hans-Franz Paumgartner160. Der Regierer stand dabei offenkundig unter dem Eindruck und der Erfahrung der Spielleidenschaft Joachims und HansFranz, die hart bestraft und mit dem Ausschluss aus der Gesellschaft bedroht werden sollten. Barg diese Leidenschaft doch finanzielle Gefahren für die Gesellschaft und war mit innerfamiliären Konflikten verbunden. Auch im Vertrag der Rehlinger-Grander-Hanold-Gesellschaft von 1503 und im Folgevertrag von 1511 wurde in Artikel 10 bzw. 15 ein Spielverbot ausgedrückt, 155 Siehe dazu M. Isenmann, Vom Nutzen und Schaden, S. 183f. 156 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 339. 157 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 89. Ausführlich siehe dazu der „Vergleich der beiden Verträge“ im Fallbeispiel „Die Höchstetter“, S. 300ff. 158 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 89. 159 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 46’. 160 Nach Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften, S. 402 gehörten Joachim Höchstetter und Hans-Franz Paumgartner von 1520–1524 zur Gesellschaft.

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allerdings mit der Ausnahme, es sei ein zimlich ding161, d. h. es diene der kaufmännischen Kommunikation und sei angemessen.162 Ähnlich wie die Höchstetter verfuhren die Imhoff-Regierer in ihren Verträgen. Fehlten im Vertrag von 1481 noch eigene Artikel zum Spielverbot, Bürgschaftsverbot und unautorisierten Geldgeschäften, so wurden diese ausführlich im späteren Vertrag von 1527163 behandelt. In jenem Jahr hatte sich bei den Imhoff die personelle Zusammensetzung mit Auswirkungen auf den strukturellen Charakter der Gesellschaft geändert. 1481 bildeten zunächst drei Brüder Konrad, Hans und Peter Imhoff eine Gesellschaft, 1527 wurde sie um die Erben der ersten Gesellschaftergeneration, die Brüder Peter, Ludwig, Hieronymus und Simon, erheblich erweitert sowie darüber hinaus – und das scheint die Vertragsänderung notwendig gemacht zu haben – um deren z. T. noch jungen Söhne. Daher wurde in dem neuen Vertrag ein Spielverbot, ein Verbot der pulschafft164, ein Leihe- und Bürgschaftsverbot ausgesprochen sowie ander unzimlicher und ungepurlicher hendel165 untersagt. Als Sanktion drohten die Regierer die persönliche Haftung der Verursacher an und im äußersten Fall den Ausschluss aus der Gesellschaft. 166 In einigen Gesellschaftsverträgen des 16. Jahrhunderts findet sich auch die sog. Verschwiegenheitsklausel.167 Sie betraf das Verbot, Geschäftsinterna der Gesellschaft nach außen zu tragen. Sollte das Verschwiegenheits- oder auch Geheimhaltungsgebot gebrochen werden, konnte das für die Gesellschaft ernsthafte ökonomische Probleme nicht nur im Hinblick auf konkurrierende Gesellschaften der heimatlichen Geschäftszentrale, sondern auch bei den Faktoreien und den dortigen Geschäftsbeziehungen aufwerfen.168 Die Höchstetter-Gesellschaft verlangte daher in ihren Gesellschaftsverträgen von 1514 (1515) und 1524 eine Geheimhaltungspflicht ihrer Mitgesellschafter: es 161 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 33’f.: Item eß yst auch weytter geredt und peschlossen worden, daß kainer under unnß forgenanntten fyrenn, Enndreeß Grander, Konnratt Rechlinger, Hanns Hannolt, Petter Hannoltt kain unzimlichenn unkostung zerunng tonn, eß sey woemitt eß well nicht auß genomen, deß geleichenn kain spyll tonn, eß sey dann umb ain zimlich ding darein nichtt zw redenn sey, wo er aber daß nicht dett unnd eß uberdrett mit dem spyll oder unzimlich unkostung, zerung, klayder wye daß genantt yst, so soll er daß selbß pezallenn fonn seiner hab und guet. 162 Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften, S. 403f., geht hier allerdings von einem kompletten Glücksspielverbot aus. 163 So bei Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 5f. Der Vertrag von 1527 mit dem ausdrücklichen Spieleverbot, siehe ebd., Bd. 2, S. 67‘. 164 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 67’. 165 Ebd. 166 Das sol im allain abgin, und an irem gepurenden teill in der geselschaft abgeschrieben werden, ebd. 167 Siehe Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 342ff. Nach Lutz (ebd., S. 391) ist eine Verschwiegenheitsklausel allerdings „recht selten“, und wenn sie auftritt, dann nur bei „lange zusammenarbeitenden Gesellschaftern“. Z. B. enthalten die Fugger-Verträge seit 1512 stets eine solche Geheimhaltungsklausel, ebd., S. 344, Anm. 404. 168 Bei der Imhoff-Gesellschaft drohte, vermutlich im Zusammenhang mit einer Erpressung die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht, siehe oben S. 83, 106.

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soll auch ein jetlicher geselschafter und unser geselschaft haimlichajt und handlung njemands weder fremden noch freunden gantz nicht weder wenig noch fill offenbaren, sunder das zu gutter geheim pei im und untter uns behalten169. Es wurde demnach ausdrücklich im Vertrag festgehalten, dass die Geschäftsangelegenheiten der Gesellschaft verschwiegen und in keiner Weise außerhalb der Gesellschaft behandelt werden sollten.170 Die Verschwiegenheitsklausel steht auch im Haug-Linck-Vertrag vom 10. Oktober 1547: „Es sollen auch alle geheimnuß und sonst allander buecher und rechnungen und uns in geheim gehaltten werden und one des anderen vorwissen und bewilligung niemant eroffnen in sonder der zeit disser unser verainigung.“171 Konkret wurden die Geschäftsgeheimnisse und die Buchhaltung in der laufenden Vertragszeit mit Verschwiegenheitsgebot belegt. Allerdings setzten sie einen Vorbehalt fest: Keine Offenlegung ohne die Kenntnis der Mitgesellschafter, d. h. im Umkehrschluss mit Kenntnis und Absprache der Gesellschafter hätten im Einzelfall Interna aus der Gesellschaft offengelegt werden können. Solche besonderen Fälle wären etwa bei gerichtlichen Auseinandersetzungen denkbar. Auch die Imhoff-Gesellschaft sah in ihrem Gesellschaftsvertrag vom 26. Juli 1527 eine, allerdings spezifizierte Geheimhaltung, vor, indem sie von den Gesellschaftern ein Briefgeheimnis verlangte: Item es sol auch unsser kainer die in unsser geschellschafft sind, kainem andern kein prieff, der an ein allain stat verhaltten, aufprechen noch lesen.172 In den Mitarbeiterverschreibungen von 1544 und 1546 hielten sie eine allgemeine Geheimhaltungsklausel fest.173 In diesen Verschreibungen verpflichteten sich die Mitarbeiter weder Geschäftsgeheimnisse nach außen zu offenbaren, noch Eigennutz daraus zu ziehen.174 In den Verträgen war ferner ein Konkurrenzverbot zur Regel geworden, also das Verbot, zugleich in und für mehrere Gesellschaften tätig zu sein.175 Schon der frühe Meuting-Vertrag von 1436 kannte dieses Verbot176. Eine Ausnahme bildete

169 170 171 172 173 174

Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 84. Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 342. Ebd., Bd. 2, S. 125’. Ebd., S. 69’. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8a (1) und (2). Siehe dazu das Fallbeispiel der Imhoff-Gesellschaft im Kapitel „Rechnung, Kompetenz und Vermittlung“, S. 91. 175 Mayer, Die ‚Fürlegung‘, S. 78; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 16; Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 25. Eine Vertragsklausel, durch die sich die süddeutschen Gesellschaften deutlich von den Gelegenheitsgesellschaften etwa der Hanse unterschieden, denn hier war es durchaus möglich, in mehreren Gesellschaften aktiv zu sein. 176 StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213: Es soll auch uner dhainer under uns dhainerlaey kauffmanschafft noch gewerbe tryben durch sich sekber noch durch ander lewt im selbs zunutz und ze fromen unerlaubt unser gesellschaft, so lang die weret weder [Wort fehlt bei Möncke] haimlich noch offenlich noch in dhainen wege one als geverd.

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allerdings Lukas Rem, dem 1525 bei seiner eigenen Familiengesellschaft erlaubt wurde, auch für sich selbst in anderen Geschäften zu handeln.177 In einigen Verträgen wurde daneben oder anstelle eines Konkurrenzverbotes eine sog. Karenzklausel eingeführt. Das bedeutete die Verpflichtung der Gesellschafter, eine gewisse Zeit, meist zwischen 1½ (Imhoff178) und einem Jahr (Höchstetter179) vor Ablauf der regulären Vertragslaufzeit, die Berechnung der Waren- und Geldbestände durchzuführen, um auf dieser Grundlage die abschließende Gewinn- und Verlustberechnung zu erstellen. Während dieser Zeit sollten weder Konflikte um diese Inventarisierung und Berechnung möglich sein, noch durften die Gesellschafter schon in anderen Gesellschaften aktiv sein oder gar selbst eine neue gründen. Die Karenzklausel hing eng mit der Geheimhaltungsklausel zusammen, denn während der Karenzzeit, bei der die komplette ökonomische Situation der Gesellschaft offenbar wurde und somit auch die Gefahr von Indiskretionen bestand, sollte durch die vertragliche Festlegung die Verschwiegenheit gewährleisten werden. Zusammenfassend zeigt die Analyse der Gesellschaftsverträge, dass die Gesellschafter willentlich versuchten, mithilfe von Verträgen ein strategisches Mittel zur Konfliktprävention zu entwerfen. Differenzierte vertragliche Bestimmungen, von der beschworenen Einigkeit und Ehre der Gesellschaft über das friedliche gemeinsame Handeln bis hin zu Konfliktlösungen innerhalb der Gesellschaft lassen erkennen, dass die einzelnen Gesellschafter konsequent auf die Ideale der Gesellschaft eingeschworen wurden. Sogar durch Direktiven zur persönlichen Lebensführung und Sanktionen im Fall des Verstoßes dagegen sollte bereits im Vorfeld Schaden von der Gesellschaft abgewendet werden. 2.4. Die Ordentliche Gesellschafterversammlung Peter Daniell Porsche, Vertreter der vierten Porsche-Piech-Generation beschrieb 2012 in seiner Autobiographie eine Sitzung der Gesellschafter in Salzburg mit knappen Worten: „Es geht friedlich zu. Alle ziehen an einem Strang – Thema ist die Regelung der zukünftigen Steuerberatung im Konzern, den Firmen und privat.“180 Gesellschafterversammlungen waren kraft der Gesellschaftsverträge auch bei Gesellschaften des 15. und 16. Jahrhunderts wesentliche institutionelle und obligatorische Bestandteile einer Gesellschaft. Ebenso wie bei gegenwärtigen Gesellschaften bestand für sie die Möglichkeit über friedlich verlaufende Sitzungen berichten zu können. Versammlungen früh-

177 Greiff, Das Tagebuch des Lucas Rem, S. 34; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 315. 178 GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv I, Fasz. 30, Nr. 6. 179 Niedermayr, Ein Gesellschaftsvertrag der Höchstetter, S. 86, und dazu desweiteren die Höchstetter-Gesellschaft, S. 293f,. 297, 302; s. a. „Die Organisationsstruktur“, S. 46ff. 180 Peter Daniell Porsche, Es gibt noch mehr im Leben als Autos bauen, München 2012, Prolog (o. S.).

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moderner Gesellschaften wurden protokolliert, es gab Gesprächsnotizen, Strategiepapiere und juristische Schriftsätze. Heute befinden sich diese, jedoch nur spärlich vorhandenen Darstellungen über Gesellschaftersitzungen, in den Archiven meist in größeren Aktenzusammenhängen und müssen erst aufwendig aufgespürt und dann ausgewertet werden. Gesellschafterversammlungen gewähren einen Blick auf die Interna einer Familiengesellschaft und geben einen Eindruck auf die innersten ökonomischen und familiären Strukturen und Verbindungen, aber eben auch auf Brüche und Konflikte. Sie boten zugleich auch Plattformen für die Bewältigung der Konflikte. Ferner gaben sie Aufschlüsse über die geforderte Rechnungslegung – auch über strittige – über personelle Veränderungen und ökonomische Ausrichtungen. Sie stellen damit zugleich den besonderen Reiz der Beschäftigung mit Gesellschafterversammlungen dar. Dennoch, vielleicht aufgrund der erschwerten Überlieferungssituation, sind die Versammlungen frühmoderner Handelsgesellschaften bislang in der Forschung ein so gut wie nicht untersuchter Gegenstand.181 Gerade auftretende Konflikte führten dazu, dass Akten heute überhaupt existierten und auch aufzufinden sind, denn sie zogen oft eine intensive Korrespondenz oder gar eine juristische Auseinandersetzung nach sich. Damit gewähren sie sehr seltene Einblicke in die inneren Verhältnisse von Familiengesellschaften. Dabei werden sowohl die rechtlichen, die sozialen als auch die formalen Strukturen einer Gesellschaft erkennbar. Wer war also der Regierer, wer verfügte über welche Kompetenzen, wie gingen die Gesellschafter mit einer Extremsituation, eines die Gesellschaft gefährdenden Konfliktes um, welche Mechanismen griffen während der Versammlungen, um diese Konflikte zu lösen? Genauso stehen Fragen im Raum, die das Verhältnis der Familienmitglieder untereinander oder eine gewählte Vorgehensweise zu jenem Erreichen von Lösungen und Ergebnissen tangieren. Spielten hier familiäre Strukturen eine genauso große Rolle wie ökonomische? Der vertraglichen Pflicht zu regelmäßigen Versammlungen sollten die Gesellschafter in der Regel alle zwei oder drei Jahre in Form einer obligatorischen Vollversammlung nachkommen. Dazu luden die Hauptgesellschafter als stimmberechtigte Mitglieder an den Ort der Geschäftsleitung.182 Bei den Versammlungen waren 181 Lediglich Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 297ff. und 388ff., untersuchte anhand der Gesellschaftsverträge grundsätzliche, vertraglich festgelegte Strukturen und Abläufe der Versammlungen. 182 Einen Ausnahmefall bildete 1477 die Magna Societas (die ‚Große Handelsgesellschaft‘) aus Ravensburg, dort trafen sich 50–60 Teilhaber zur Rechnungslegung. Nach Hildebrandt, Diener und Herren, S. 152 wäre „50 Jahre später eine solche Gesellschafter-Versammlung kaum noch vorstellbar.“ Diese dauerten dann 30 oder mehr Tage, nach Schulte, Ravensburger Handelsgesellschaft, Bd. 1, S. 56. Unter anderem aus diesen beiden Gründen fanden die Generalbilanzen der Ravensburger Handelsgesellschaft meist in großen zeitlichen Abständen statt: „1458, 1477, 1494, 1497 und 1500“, siehe Gerhard Fouquet, Zur öffentlichen Finanzverwaltung im späten Mittelalter, in: Christian Hesse (Hrsg.), Aufbruch im Mittelalter – Innovationen in Gesellschaften der Vormoderne. Studien zu Ehren von Rainer C. Schwinges, Ostfildern 2010, S. 69–86, hier S. 73.

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alle Gesellschafter über Termin und Ort von Anfang an informiert. Dies ergab sich aus der vertraglich festgelegten Disponierung. Das war insofern eine wesentliche Voraussetzung für einen reibungslosen Ablauf einer Versammlung, als dass reisende und zugleich stimmberechtigte Gesellschafter und eventuell auch Leiter von Faktoreien daran teilnehmen sollten. Ihre Reisetätigkeit sollte also an den Termin angepasst werden, sodass sie sich zum rechten Zeitpunkt in der Geschäftszentrale einfinden und ihre Abrechnungen vorlegen konnten.183 Die Imhoff-Gesellschaft legte beispielweise in ihrem Vertrag vom 26. Juli 1527 fest, dass die Gesellschafterversammlung zur Generalabrechnung alle zway jar ungeferlich zwischen pfingsten und jacobi [25. Juli]184 stattzufinden habe. Die Abläufe waren, soweit aus den Quellen erkennbar, zielgerichtet; zwar haben sich keine regulären Tagesordnungen erhalten, aber aus den Berichten über die Versammlungen geht hervor, dass die Regierer einen möglichst zügigen und effektiven Ablauf anstrebten. Der Versammlung lag in erster Linie der Gedanke zugrunde, dass alle die Unternehmung betreffenden Fragen und Entscheidungen intern zu klären seien. Das galt natürlich in besonderem Maße für den Konfliktfall. In einigen Gesellschaftsverträgen legten die Gesellschafter grundsätzlich fest, was auf den Versammlungen geregelt werden sollte, wie z. B. die Imhoff-Gesellschaft in ihrem Vertrag von 1527: Demnach sollte auf der Versammlung aller unser geschellschafft handlung, einnemens und ausgebens auch alles, des so wir uber all in allen landen haben, ein entliche rechnung thun und furnemen.185 Auf der Tagesordnung stand also zunächst die Rechnungslegung, diese konnte entweder als Zwischen- oder als Abschlussrechnung durchgeführt werden, in letzterem Fall schloss sich dann die Liquidierung der Gesellschaft an. Aus dem Rechnungsabschluss resultierte die Höhe und der Anteil am Gewinn oder im schlechteren Fall die Verlustaufstellung und -verteilung. Auch hierzu gibt der Imhoff-Vertrag von 1527 Aufschluss, in dem die Gewinnberechnung pro rata, also entsprechend der Kapitaleinlage eines jeden in der Gesellschaft bestimmt wurde: und was siech also in rechnungen erfinden wurd, es wer gewin oder, do got vor sein woll, verlust, das soll einem jzlichen an sein post in unser gesellschafft puch zu oder abgeschrieben werden.186 Um die Rechnungslegung erstellen zu können, bedurfte es der notwendigen Buchhaltungsunterlagen. Es handelte sich dabei um die Haupt- und Kontobücher, die Schuldbücher und um die Abrechnungen aus den Faktoreien. Die letzteren mussten zum Termin der Versammlung in der Geschäftszentrale vorgelegt werden,

183 Einen speziellen Fall, bei dem der Termin einer obligatorischen Versammlung wahrscheinlich aus strategischen Gründen bewusst vorverlegt wurde, stellt die nicht gewünschte Anwesenheit des kritischen Mitgesellschafters Lukas Rem auf der Versammlung der Welser-Gesellschaft im November 1517 dar, siehe dazu das Fallbeispiel, S. 198ff. 184 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 61ʼ. 185 Ebd. 186 Ebd., S. 62ʼ.

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das gehörte zu den vertraglich festgelegten Pflichten der Mitarbeiter und Faktoren.187 Für die Regierer stand dadurch zwischen den obligatorischen Versammlungen zur Hauptrechnung zugleich auch ein Kontrollinstrument über die Buchführung ihrer weitgehend selbstständig arbeitenden Mitgesellschafter und Faktoren zur Verfügung. Als Beispiel können die Verschreibungen Wolf Imhoffs, dem Leiter der Niederlassungen der Imhoff-Gesellschaft in Neapel bzw. L’Aquila vom 16. August 1538 und vom 17. August 1544, dienen. Ihnen zufolge gehörte zu seinen Pflichten: sein unnd in alweg unverzogenlich erber und redlich rechnung thon on abgang und irem schaden.188 D. h. er musste regelmäßig aus Italien nach Nürnberg in die Geschäftszentrale reisen, dort Rechenschaft ablegen und sich somit durch die Regierer kontrollieren lassen. Wie im Fallbeispiel gezeigt wird, hatte Wolf diese Verpflichtung vernachlässigt und damit eine Reihe von Konflikten innerhalb der Gesellschaft hervorgerufen.189 Die abschließende Gewinnberechnung mussten alle gewinnberechtigten Gesellschafter ohne Widerspruch akzeptieren dar an soll ein jtlicher fur siech [...] ein ganz entlich benungen an alle widerredt haben.190 Diese Festlegung führte in vielen Fällen immer wieder zu Konflikten, da die Gesellschafter mit der Höhe des Gewinns nicht zufrieden waren. In dem Fall hatte die Gesellschaft die Möglichkeit, außerordentliche Gesellschafterversammlungen zur Klärung strittiger Fragen einzuberufen.191 Es kamen während der Versammlung Überlegungen zur allgemeinen ökonomischen Ausrichtung der gemeinsamen Unternehmung, zur Erschließung neuer Märkte und Produkte genauso zur Sprache, wie konkrete Geschäftsabläufe oder eine meist terminierte Zusammenarbeit mit anderen Gesellschaften. Die Versammlungen können also Aufschluss über die ökonomisch–strategische Ausrichtung einer Gesellschaft geben und im Idealfall sogar Erkenntnisse, wie etwa die Kommunikationsabläufe während der Versammlung waren, um zur Entscheidung zu kommen. Ein weiterer wichtiger Tagesordnungspunkt behandelte Personalfragen. Dazu gehörten die Erweiterung des Gesellschafterkreises, Nachfolgefragen bei Todesfolge eines Gesellschafters192 sowie Austritte oder Ausschlüsse von Gesellschaftern. So konnte etwa Paulus Behaim, der Verwandte und zeitweise Mitarbeiter in der Imhoff-Gesellschaft, anlässlich der großen Generalabrechnung der Gesellschaft in Nürnberg am 23. August 1548 berichten, dass zu dieser rechnung […] Sebastian 187 188 189 190 191 192

Ebd., Bd. 1, S. 297. GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39, Nr. 8a (1 und 2). Siehe das Fallbeispiel Imhoff im Kapitel „Rechnung, Kompetenz und Vermittlung“, S. 87ff. Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 62ʼ. Siehe dazu das Kapitel „Die außerordentliche Gesellschafterversammlung“, S. 362ff. Für die Imhoff-Gesellschaft war die Todesfallregelung und die Frage, wie dann mit den Erben umzugehen sei so wichtig, dass sie sie neben den regulären Gesellschaftsverträgen in eigenen Verträgen festlegten, Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 429 und Bd. 2, S. 5ʼ (1481), 7ʼ (1490).

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und Jeronimo Imhoff gepruder aus dem handel kumen und fur sy allein einen handell und gewerb anzufhahen.193 Personalfragen waren besonders sensible Themen, die letztlich den Fortbestand der Gesellschaft betrafen. Umso interessanter ist daher die Frage, wie der Weg zur Beschlussfassung erfolgte. Die Quellengrundlage einiger Fallbeispiele geben hierzu Aufschluss, vor allem in Form von Protokollen, Gerichtsakten oder auch zahlreichen Briefe aus dem Umfeld der Versammlungen. So bieten dazu die Arzt-Gesellschaft, die Auseinandersetzung der Imhoff-Gesellschaft mit Paulus Behaim oder auch Lukas Rem mit der Augsburger WelserGesellschaft anschauliches Material.194 Ergänzend dazu trafen auch einige wenige Gesellschaftsverträge Regelungen über den Modus der Entscheidungsfindung. Wobei entweder Mehrheitsentscheid oder Einstimmigkeit gefordert waren.195 Nach den Verträgen hatten nur die Hauptgesellschafter ein Stimmrecht, damit verbunden war auch das Recht zur Einsichtnahme in die Geschäftsbücher.196 So legten z. B. die Gebrüder Imhoff aus Nürnberg in ihren Verträgen 1515 und 1527 zunächst fest, das wir obgenant all geshelschaffter sein und stim haben sollen197. Diese sollten beschließen, was für die gesellschaft notorfft eraischt.198 Der Rechnungsabschluss und die daraus erfolgte Gewinn- und Verlustberechnung sowie alle weiteren Entscheidungen wurden nur durch Mehrheitsbeschluss festgesetzt. Dazu heißt es im Imhoff-Vertrag von 1527: und der merreren teil untter uns geschelschafteren, so alhie [Nürnberg] und zu Augspurg und zu land sein wurden, mugen die also vorgeschriebner mainungen machen und furnemen. 199 Mit dieser Berechtigung und den Geschäftskenntnissen sollten sie nach den Verträgen über die Kompetenz verfügen, bei den anstehenden Tagesordnungspunkten abzustimmen.200

193 StadtA Nürnberg, E 11/II FA Behaim, Nr. 601, fol. 32v. Zu Paulus Behaim und seine Verbindung zur Nürnberger Imhoff-Gesellschaft siehe Kapitel „Der Fall des Paulus Behaim“, S. 174ff. 194 Siehe S. 198ff. 195 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 362f. Eine Ausnahme bildete – allerdings nur im Konfliktfall – die Meutinggesellschaft, die in dem Fall ein doppeltes Stimmrecht für den älteren Gesellschafter Hans Meuting d. Ä. festlegte, siehe das Kapitel „Die außerordentliche Gesellschafterversammlung“, S. 154 und insgesamt das Fallbeispiel „Die Meuting von Augsburg“, S. 149ff. 196 Siehe dazu auch das Fallsbeispiel des „Lukas Rem und die Welser-Vöhlin-Gesellschaft“, S. 201. Mit dem Stimmrecht hatte Rem auch die Berechtigung erhalten, die Bücher in der Geschäftszentrale einzusehen. 197 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 60ʼ. 198 Ebd., S. 61ʼ. 199 Ebd., S. 61ʼ. 200 Ebd., Bd. 1, S. 359.

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2.5. Die Sicherung einer Nachfolgekontinuität durch testamentarische Verfügungen Testamentarische Verfügungen bildeten ein wichtiges strategisches Instrument um den Willen zur Konfliktvermeidung durchzusetzen.201 Sie konnten zudem, ähnlich den Gesellschaftsverträgen, Regelungen beinhalten, die nicht nur künftige Gesellschaftsgründungen avisierten, sondern auch bestehenden Unternehmen künftiges erfolgreiches Handeln verhiessen.202 Nach Sandra Kischka allerdings mit folgender Einschränkung, dass die Testatoren, eingebunden in ein Gesellschafterkollegium, nicht direkt und allein ihre Nachfolge durch ein Testament bestimmen konnten. Hier hatten Regelungen der Gesellschaftsverträge „eindeutig Vorrang“ vor testamentarischen Verfügungen.203 So verstanden, konnte der Testator seine letzten Verfügungen nur verbunden mit gesellschaftsvertraglichen Klauseln als langfristige, die Kontinuität der Gesellschaft sichernde Maßnahme setzen.204 Der intendierte ökonomische Erfolg sollte in den Testamenten idealerweise gesichert werden, indem potentiell fähige Nachfolger bevorzugt und zugleich die weniger tauglichen in untergeordnete Positionen abgeschoben oder gar von der Gesellschaft ferngehalten werden sollten.205 Die Testamente boten demzufolge ein „abgestuftes System von Belohnung und Sanktionierung“206. Der ökonomische Erfolg und zugleich der soziale Aufstieg des Familienunternehmens sollte in einem Verbund von Leistung und Befähigung und eben auch einer damit verknüpften Belohnung gewährleistet werden. Darauf legten die Regierer den Fokus und ihr wesentliches Interesse. Die Abstufung konnte zum einen inhaltlich im Testament erkennbar sein, indem die zukünftige Position, die Pflichten und Verantwortung des potentiellen Nachfolgers festgehalten wurden. Zum andern wird die Abstufung von Belohnung und Sanktion besonders in chronologisch aufeinander folgenden Testamenten deutlich, in denen der Testator und zugleich Gesellschafter auf sich verändernde Familiensituationen reagierte. Das galt insbesondere dann, wenn sich potentielle Nachfolger als zunehmend ungeeignet, ungehorsam oder sogar die Einheit und den Bestand der Gesellschaft bedrohend entwickelten. Es sind also vor allem seriell, chronologisch aufeinander

201 Denzel, The Merchant Family, S. 377, 380. 202 Riebartsch, Handelsgesellschaften, S. 288. 203 Kischka, Todesbedingtes Ausscheiden, S. 144f., kam zu diesem Ergebnis, nachdem sie die Frage untersucht hatte, ob testamentarisch vorgesehene Erben die Nachfolge- und Kontinuitätssicherung gewährleisten konnten. 204 Ebd., S. 145. 205 M. Isenmann, Die Familie – ein Unternehmen, S. 36; Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik, S. 99 sah den Grund für die testamentarischen Verfügungen darin „Personensorge und Vermögenspflege möglichst familienintern zu halten“ und führte als Beispiel die Konflikte der Georg Fuggerschen Erben mit dem Regierer Marx Fugger an. 206 Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 346.

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folgende Testamente interessant, da sich in ihnen durch Vergleich der einzelnen Verfügungen diese Veränderungen besonders deutlich widerspiegeln. Das zeigen vor allem die Fallbeispiele Paumgartner und Viatis-Peller.207 Bei beiden sind mehrere Ausfertigungen von Testamenten und ergänzende Codizille erhalten, die die veränderten familiären Realitäten aufgreifen. Bei Hans Paumgartner d. J. aus Augsburg wandelte sich diese Situation vor allem hinsichtlich des dritten Sohnes Anton zwischen 1519 und 1549 und darauf reagierten der Testator und seine Frau Regina Fugger mit insgesamt sechs chronologisch aufeinander folgenden, testamentarischen Urkunden. Im Fallbeispiel des Bartholomäus Viatis aus Nürnberg drohten familiäre und die Gesellschaft betreffende Konflikte aufgrund zwischen ihm und seinen leiblichen Kindern auf der einen Seite und den Stiefkindern auf der anderen Seite. Viatis erstellte daher zwischen 1616 und 1625 insgesamt drei jeweils unterschiedliche Testamente. Er passte die jeweils modifizierten Verfügungen auf neue und möglicherweise die Gesellschaft gefährdende Situationen an und manifestierte auch den Eintritt seines Schwiegersohns Martin Peller und seines Sohnes Bartholomäus d. J. in die Gesellschaft. Beiden Familien, den Paumgartner in Augsburg und Viatis in Nürnberg gelang es jedenfalls, auch mithilfe der Erben, verschiedentlicher testamentarischer Absicherungen und zugleich vieler weiterer strategischer Maßnahmen, für lange Jahre einen erfolgreichen Gesellschaftshandel zu treiben. Bei der Augsburger Böcklinfamilie spiegelten hingegen weniger serielle, als vielmehr generationenübergreifende testamentarische Verfügungen eine Strategie zur Sicherung der Kontinuität einer Familiengesellschaft und zugleich zur Verhinderung innerfamiliärer und ökonomischer Konflikte wider. Denn die bei dem Vater Pankraz Böcklin im Testament von 1543 aufgenommenen einschlägigen Klauseln übernahm 1579 sein Sohn Christoph in ganz ähnlicher inhaltlicher Weise.208 Der Gründer der Böcklin-Gesellschaft, Pankraz d. Ä., hatte drei Söhne, von denen er mittels testamentarischer Verfügung im Jahr 1543 zwei Söhne von der Beteiligung an der Gesellschaft ausschloss. Der eine Sohn, Pankraz d. J., hatte keine Neigung zum Kaufmannsberuf und dem anderen Sohn, Hieronymus, fehlte das Geschick zu diesem Beruf. Außerdem hatte sich Hieronymus ohne Wissen des Vaters, zu dessen Unehre und Kummer liederlich verheiratet.209 Der dritte Sohn Christoph hingegen zeigte sich, der testa-

207 Siehe die Fallbeipiele, „Die Paumgartner“ S. 164ff. und „Die Gesellschaft Viatis-Peller“, S. 316ff. Eine Reihe weiterer Beispiele bei Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 343ff. 208 Ebd., S. 345f.; ders., Die Augsburger Kaufmannsfamilie Böcklin, S. 44f., 52f. 209 So ist doch jhe wahr, das mir ernanntter mein sun Jheronimus Böcklin, nit allein zur narung nit nutzlich, sonnder auch ime selbs, seins aigenswillens halben schedlich gewesen, fürnemblich aber inn dem, das er sich on mein wissen und willen, liederlich mir zur Unehre unnd bekömernuß verheurat hat. Nach: Häberlein, Die Augsburger Kaufmannsfamilie Böcklin, S. 45 (StadtA Augsburg, Stadtgericht 40). Auf von Eltern ungenehmigten Eheschließungen konnte die Enterbung folgen, siehe dazu auch Pettinger, Vermögenserhaltung und Sicherung, S. 170.

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mentarischen Beurteilung Pankraz Böcklins zufolge, seinem Vater gegenüber ‚tugendhaft, gehorsam und treu‘, und scheute keine Arbeit in väterlichem Handel und Gewerbe (dann Christoff Böcklin mein lieber sun, Jhe[ronymus], unnd alwegen als kindtliche gehorsam unnd trew, gegen mir geflissen, auch kain muehe noch arbeyt gespart hat, mein hanndel und gewerbe, dardurch mir Got der Almechtig reychliche narung beschert, zuerhalten, zuverrichten und zumehren [...]210). Offenkundig sah dieser Sohn Christoph dann auch die Maßnahme seines Vaters, testamentarisch den Fähigsten zu unterstützen, als gelungen an. Er verfuhr in einem Codizill von 1579,211 einer Ergänzung zu seinem am 17. September 1565 errichteten Testament,212 bei seinen eigenen vier Söhnen genau nach diesem „abgestuften Modell des Sanktionierens und Bevorzugens“213. So schloss er seinen Sohn Jeremias wegen Ungehorsams und Leichtfertigkeit aus der Gesellschaftsführung und dem testamentarischen väterlichen Nachlass aus. Seine anderen drei Söhne hingegen sah er für seine Nachfolge vor, da sie sich ihm gegenüber gehorsam und fleißig im Geschäft gezeigt hätten.214 Bei den Testamenten von Pankraz Böcklin und seinem Sohn Christoph sind dieselben „patriarchalischen Überzeugungen und geschäftlichen Interessen [bei der] Regelung von Erbfolge“215 zu erkennen. Die Nachfolgesicherung durch die zum Zeitpunkt der Testamentsabfassung fähigsten Söhne wurde demnach durch die Vererbungstrategie, sie mit Sacherbe, Eintritt und Führungsposition im Geschäft zu belohnen, durchgesetzt. Die Söhne, die sich dem Vater jedoch entgegenstellten, sich als untauglich, ungebührlich und sogar unehrenhaft erwiesen, mit der sog. „Widerspenstigkeitsklausel“216 bestraft und vom Geschäft ferngehalten. Diese Verfügungen hatten sich auch bei Böcklin über die Generation hinweg bewährt und wurden so vom Sohn übernommen, wie er es vom Verhalten seines Vaters gelernt hatte.

210 Häberlein, Die Augsburger Kaufmannsfamilie Böcklin, S. 44 (StadtA Augsburg, Stadtgericht 40). 211 StadtA Augsburg, Notariatsarchiv Spreng, Bd. XX, Nr. 14, siehe auch bei Häberlein, Die Augsburger Kaufmannsfamilie Böcklin, S. 52f. 212 StadtA Augsburg, Notariatsarchiv Spreng, Bd. XX, Nr. 14: Vor euch hern Notarien und euch gegenwürtigen in sonderheit zu diesem codicill erforderten und erbotnen gezeugen ich Christoff Böcklin der elter, burger zu Augspurg und bekenn fur mich meine erben und nachkomen mitt dieser schrifft offentlich und thue kundt meiniglichen und sag als ich hie vor auf den sibenzehenden tag des monats decembris im fünfzehenhundert und fünfundsechzigisten jar mein testament und ordnung letstes willens vor notarien und gezeugen aufgericht, welches ich hiemitt von neuem widrumb hieher repeliert und ausserhalb derjhenigen puncten darinn ich hiemitt von neuem ordnung geb bestetiget haben will. 213 Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 344 und zum konkreten Fall: ders., Die Augsburger Kaufmannsfamilie Böcklin, S. 52. 214 Ebd., S. 53. 215 Ebd. 216 Pettinger, Vermögenserhaltung und Sicherung, S. 176.

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3. Mittel und Wege der Konfliktlösung Diese Maßnahmen stellten eher ein Reagieren auf akute Auseinandersetzungen dar und unterscheiden sich so von Strategien der Konfliktprävention. Mittel und Wege stehen für die gewählte Handlung an sich und zugleich für den Vorgang der Konfliktbewältigung. Mittel und Wege mussten während eines Konfliktes der Situation entsprechend gewählt und genutzt werden. Beide konnten sich während eines Konfliktes mit den präventiv eingesetzten strategischen Vorkehrungen durchaus bedingen, ineinandergreifen, verflechten oder aufeinander folgen. Folgende Mittel und Wege wurden im Konfliktfall eingesetzt und erwiesen sich als effiziente Maßnahmen: 1. Außerordentliche Gesellschafterversammlungen 2. Gewillkürte Vermittler/Vermittlung 3. Gerichtlicher Streitaustrag 3.1. Die außerordentliche Gesellschafterversammlung Im Fall eines akuten Konflikts gehörte zu den ersten Lösungsvorschlägen die Einberufung außerordentlicher Gesellschafterversammlungen. In der Forschung ist gerade diese Form der Konfliktlösung bislang wenig beachtet worden. Meist fand sie, allerdings als randständiges Thema Erwähnung im Zusammenhang mit der Konfliktforschung217 oder der Untersuchung von Gesellschaftsverträgen,218 wobei eine Unterscheidung zwischen ordentlichen und außerordentlichen Versammlungen keine Rolle spielte. Die Schwierigkeit bei der Untersuchung von außerordentlichen Versammlungen liegt darin, dass sie zwar als ein selbstverständliches Instrument zur Konfliktlösung genutzt wurden, jedoch in den Quellen in der Regel inhaltlich eingebunden in den allgemeinen Konflikt auftraten. Die Versammlungen wurden protokolliert und es gab in ihrem Zusammenhang – wie bei den ordentlichen Versammlungen – unterschiedliche schriftliche Unterlagen. Diese befinden sich aber in der Regel in sehr disparaten Aktenzusammenhängen, sind nicht leicht aufzufinden und außerdem aufwendig zu entschlüsseln und auszuwerten. Ein typisches Beispiel dafür sind die Versammlungen der Arzt-Gesellschaft Mitte des 15. Jahrhunderts.219 Gerade die Untersuchung von außerordentlichen Versammlungen erweist sich als besonders ertragreich, gestatten sie doch einen tieferen Einblick in das bewegte Innenleben einer von Konflikten, Misstrauen und oftmals auch heftigen Emotionen heimgesuchten Handelsgesellschaft. Häufig waren die Gründe für den Konflikt so gelagert, dass zunächst ein gemeinsames Gespräch möglichst aller Konfliktparteien sinnvoll und notwendig ge-

217 Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, passim. 218 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 351ff. 219 Siehe das Fallbeispiel „Die Arzt-Gesellschaft“, S. 247ff.

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worden war. Die Konflikte konnten aufgrund kontroverser Gewinn- und Verlustberechnung, strittiger Zuteilung von Aufgaben- und Verantwortungsbereichen sowie der Unternehmensstrategie zu Tage treten. Hinzu kamen grundsätzliche und ungeklärte personelle Fragen, etwa im Fall der nachrückenden jungen Generation oder auch im Fall unfähiger und/oder verschwenderischer Mitgesellschafter. Weil in den Verträgen die interne Lösung als vorrangiges Modell gefordert war, boten sich gerade solche außerordentlich einberufenen Versammlungen an, denn hier war die interne Lösung gewährleistet. In den Verträgen wurde die Entscheidungsfindung ja zunächst auf den ordentlichen Versammlungen durch einfache Stimmenmehrheit geregelt. Diese Regelung galt aber, wie aus den Fallbeispielen erkennbar, durchaus auch für die außerordentlichen. Eine Besonderheit dieses eigentlich obligatorischen Mehrheitsbeschlusses stellt der früheste erhaltene Gesellschaftsvertrag einer oberdeutschen Gesellschaft dar. Es handelt sich um den Meutingvertrag vom 4. Oktober 1436. Die Meuting legten Mehrheitsbeschlüsse in gleich drei unterschiedlichen Zusammenhängen fest (merren tayl beduncket220), im Fall der Gewinn- und Verlustermittlung, der Einberufung einer außerordentlichen Versammlung und der Nachfolgefragen im Todesfall eines Gesellschafters. Im Fall eines Konflikts der Gesellschafter untereinander war auch ein Mehrheitsbeschluss erforderlich, allerdings wurde dieser dann spezifiziert, dass der erfahrene Regierer Hans Meuting d. Ä. ein doppeltes Stimmrecht erhielt,221 während alle anderen Gesellschafter wie üblich ein einfaches Stimmrecht hatten. Lutz ging hingegen irrig davon aus, dass: „alle Hauptgesellschafter gleiches Stimmrecht“222 hatten. Damit stellte der Meutingvertrag einen außergewöhnlichen Einzelfall dar, der in keinem weiteren Vertrag in der Weise zu finden ist. Der Teilnehmerkreis auf den außerordentlichen Versammlungen wurde aufgrund spezieller strittiger Fragen oftmals gegenüber den ordentlichen, regelmäßig stattfindenden Versammlungen erweitert. In dem Fall waren nicht nur die Regierer, die Hauptgesellschafter, sondern auch die nicht stimmberechtigten, aber mitarbeitenden und mit Gewinn und Verlust beteiligten und in einzelnen Fällen, wie der Arzt-Gesellschaft,223 sogar die nur mit einer Kapitaleinlage beteiligten Gesellschafter geladen. Das konnte bei der Ankündigung und Durchführung außerordentlicher Versammlungen zu logistischen Problemen führen. In der Regel war der Zeitpunkt der Einberufung nicht zu kalkulieren, denn die Versammlungen wurden nur im Bedarfsfall festgesetzt und da sich die Gesellschafter in der Regel nicht am Ort der Geschäftsleitung, sondern oft über ganz Europa 220 StA Augsburg, Reichsstadt Augsburg, Akten 213. 221 Ebd., vgl. dazu das Kapitel „Gesellschafts- und Mitarbeiterverträge“, S. 341ff. und das Fallbeispiel „Die Meuting von Augsburg“, S. 201, ferner zu dieser neuen und korrekten Lesart M. und E. Isenmann, Das Innenverhältnis, S. 437. 222 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 363, der hierbei ebenso wie Möncke, Ausgewählte Quellen, S. 295, Strieder, Genesis, S. 223 folgte. 223 Siehe dazu das Fallbeispiel „Die Arzt-Gesellschaft“, an deren Versammlungen auch die Gesellschafterinnen Clara Paumgartner, geb. Arzt und Justina Ulstatt, geb. Arzt, teilnahmen, S. 251, 258.

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verteilt aufhielten, war die Zusammenkunft mit einem großen logistischen Aufwand und vor allem mit Kosten verbunden und wurde nur im Fall großer Dringlichkeit gewählt. Die Gesellschafterversammlungen konnten sich durchaus über mehrere Wochen hinziehen (Rem – Welser: November bis Dezember 1517) oder auch mehrfach einberufen werden (Arzt: 1449/1450/1451) oder über mehrere Tage stattfinden (z. B. Behaim – Imhoff). Im letzteren Fall handelte es sich um eine probatere und praktikablere zeitliche Modalität, da der logistische Aufwand geringer war. Der Ablauf einer solchen Versammlung orientierte sich in der Regel an dem, was die Regierer als Lösung eines Konfliktes anstrebten. Ein besonders bemerkenswertes Beispiel dafür waren die Sitzungen der Endres Imhoff-Gesellschaft in Nürnberg im Konflikt mit ihrem langjährigen Mitgesellschafter Paulus Behaim im Jahr 1556. Das vorab bereits geplante Ergebnis der Regierer, sich von Behaim zu trennen, konnten sie während einiger außerordentlich einberufener Sitzungen mittels taktisch geschickter Verhandlungsführung durchsetzen.224 Daneben gab es auch die Versammlungsführung mit Konfliktlösungen, die zwar im Vorfeld prinzipiell festgelegt waren, aber durchaus im Laufe einer Sitzung weiterentwickelt und diskutiert werden konnten.225 Das ermöglicht die Analyse des Kommunikationsverhaltens der Gesellschafter innerhalb einer Versammlung und führt damit zu Erkenntnissen über Argumentationsstrategien, Parteibildungen, Gegnerschaften und schließlich über Befindlichkeiten der Familienmitglieder untereinander. Die Fallbeispiele zeigen, dass die interne Konfliktbewältigung durch Kommunikation während einer außerordentlichen Versammlung einerseits eine Lösung im Konsens und die Weiterführung einer Gesellschaft bedeuten konnte, andererseits das Ende einer weiteren Zusammenarbeit, also Trennungen und Liquidationen nach sich zogen. Der letztere Fall konnte sich dann allerdings auch als erfolgreiche Konfliktbereinigung herausstellen, da mit der Trennung von Gesellschaftern zugleich auch die Neukonstituierung einer Gesellschaft in veränderter personeller Zusammensetzung ermöglicht wurde. Modelle zur Konfliktlösung konnten also durchaus auch in der endgültigen Liquidation einer Gesellschaft in ihrer bisherigen Form bestehen. 3.2. Die Vermittlung Waren Konflikte innerhalb einer Gesellschaft und innerhalb der Familie aufgetreten, so stellte ein wichtiger Schritt zur Streitschlichtung der Vermittler (dem heutigen Mediatior ähnlich) dar. Vermittlertätigkeiten zeigen sich vor allem in Briefwechseln, Briefentwürfen, Kompromissvorschlägen, Gedankenstützen und Notizen. In diesem vorwiegend inoffiziellen Charakter liegt auch genau der Reiz der Analyse, denn diese Überlieferungsart gibt seltene Einblicke in Denkstrukturen, 224 Siehe das Fallbeispiel „Der Fall des Paulus Behaim“, S. 186ff. 225 Siehe das Fallbeispiel „Die Arzt-Gesellschaft“, S. 265ff.

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Verhandlungsstrategien, und interne Handlungsweisen der Vermittler und der Konfliktparteien. Schon in den Gesellschaftsverträgen wurde die interne Vermittlung in eigenen Artikeln abgehandelt, meist im Zusammenhang mit der Forderung, im Konfliktfall keine weltlichen oder geistlichen Gerichte anzurufen, sondern diese gemeinsam – am besten auch mit Mehrheitsbeschluss – zu lösen.226 Die Streitschlichtung sollte demnach möglichst lange intern, gleichsam inoffiziell gehalten werden, um jedes vertrauensschädigende Gerede oder Gerücht nach außen und von außen um Konflikte und Uneinigkeit unter den Gesellschaftern zu vermeiden. So heißt es z. B. im Höchstettervertrag von 1524: das einer oder mer unnder unns [...] gegen einander widerwillig oder aufrurig wyrrden [...] sollichen span, widerwillen und aufrur sollen wir under unns, sovill man dann ungefarlichen darbey gehaben mag, nach bayden taylen genugsam verhörr und darauf guetigclichen entschayden unnd ihren widerwillen entliche ablonen und hinlegen227. Bevorzugt wurden daher interne Streitschlichter ausgewählt. Dabei verstanden die Vertragsparteien unter „intern“ auch tatsächlich Personen aus dem (erweiterten) familiären Umfeld. Neben der internen Vermittlung gab es eine weitere, in der Regel auf die interne Vermittlung folgende, externe Streitschlichtung durch Unterhändler, Obmänner und Schiedsleute. Solche „Schiedsgerichte aus Berufsgenossen“228 (‚viri boni‘) wurden in einigen Gesellschaftsverträgen gefordert und waren dort in ihren personellen Zusammensetzungen geregelt.229 Ein bemerkenswertes Beispiel dafür war die schon mehrfach erwähnte Auseinandersetzung zwischen Bartholomäus Rem und der Augsburger Höchstetter-Gesellschafter um strittige Gewinnberechnungen. Der Konflikt konnte erst 1522 durch das Schlichtungsverfahren unter dem Vorsitz des Schiedsmannes und Unternehmers Jakob Fugger vertraglich gelöst werden.230 Der Streitschlichter oder Vermittler musste über einige Kompetenzen verfügen und innerhalb der Familie eine möglichst von allen respektierte, oft mit stabiler Autorität ausgestattete Persönlichkeit sein. Bevorzugt wurden zunächst interne Streitschlichter ausgewählt, die in der Regel aus dem engen familiären Umfeld stammten. Sie veranschaulichten einerseits die rationale Vorgehensweise geschäftserfahrener und familiär kundiger Mediatoren, andererseits die Reaktion auf

226 Vgl. Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 469ff. mit einer Reihe von Beispielen aus den Verträgen, ebd., Anm. 131. 227 Ebd., Bd. 2, S. 45’f. Ähnlich auch im Artikel 10 des Höchstettervertrags von 1515. Mayer, Die ‚Fürlegung‘, S. 117. 228 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 471f.; Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S, 77. 229 Z. B. im Manlich-Vertrag von 1548, Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 136ʼ; besonders ausführlich im Schreiber-Weißhaupt-Ditmar-Vertrag, ebd., S. 18’ und Kapitel „Gesellschafts- und Mitarbeiterverträge“, S. 341ff. 230 Sender, Die Chronik der Stadt Augsburg, S. 147; Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 213, vgl. auch Fallbeispiel „Die Höchstetter“, S. 282ff.

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affektiv-emotionale Verhaltensweisen, der in den Konflikt involvierten Gesellschafter.231 Denn die Person des Vermittlers, seine Vermittlungsstrategie und seine Kommunikation sollten idealerweise von allen Konfliktparteien akzeptiert werden. Hinzu kam, dass es fast unumgänglich notwendig war, dass er über eigene kaufmännische, unternehmerische und auch politische Kompetenzen verfügte, um die Ursache, die Auswirkungen und das Umfeld der Konflikte überschauen zu können. Im besten Fall hatte er selbst eine eigene Handelsgesellschaft.232 Erforderte die Vermittlerrolle doch immer wieder auch regelrechtes Aktenstudium, d. h. die Durchsicht und das Verständnis der Bücher der Gesellschaft. Denn wie schon dargestellt, basierte ein Großteil der Konflikte auf den folgenden drei strittigen Punkten: Gewinnermittlung, strategische unternehmerische Entscheidungen sowie Personalpolitik.233 Überdies entsprach ein fachkundiger, aus dem Kreis der Familie stammender Vermittler auch der Vorstellung, den Konflikt zunächst intern zu regeln. Denn bei der Streitschlichtung konnten unternehmerische Strategien zur Sprache kommen, die ein familienfremder Vermittler einer externen oder gar konkurrierenden Gesellschaft zu eigenen Zwecken nutzen oder dieser zuspielen konnte.234 Die Gefahr der ungewollten Offenlegung der Geschäftsinterna war damit zu groß. Wurden Vermittler dann doch von außen hinzugezogen, sollte das Verhältnis zur Gesellschaft bestenfalls ein neutrales sein. So konnten also neben Familienmitgliedern, wie in den Fallbeispielen der Imhoff-Gesellschaft, auch Vermittler aus dem Rat der Stadt, wie im Fall der Arzt- und der Imhoff-Gesellschaft, kommen. Interne, durch die Familie vertretene und dann externe, durch Augsburger Ratsleute durchgeführte Vermittlungen bauten auch im Konfliktfall Jakob Herbrots mit seinem Schwiegersohn Simon Manlich 1541–1545 aufeinander auf. Simon hatte aufgrund seines liederlichen Lebenslaufs eine Ehekrise mit seiner Frau Marina heraufbeschworen, die dazu führte, dass Marina ihren Mann verlassen wollte. Der Fall zeigt, dass eine Heiratsverbindung nicht nur zum Vorteil war, sondern durch Ehekonflikte die Gefahr der „Desintegration“ auftauchte und aufgrund der Verschwendungssucht und Unzuverlässigkeit des Ehemanns auch eine wirtschaftliche Gefahr für die Gesellschaft entstand. Nachdem Simon Manlich auf Betreiben seines Schwiegervaters in das Gefängnis verbracht worden war, verhalf zunächst eine innerfamiliäre Vermittlung Simon zur Freilassung, indem man ihn dazu brachte, seinem Schwiegervater zu versprechen, sich wieder zuverlässig zu verhalten und so das Vertrauen wiederherzustellen.

231 232 233 234

M. Isenmann, Before bankruptcy: Conflict solution strategies, S. 47ff. Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S, 77. Siehe das Kapitel „Konflikte“, S. 321ff. Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 77; Riebartsch, Augsburger Handelsgesellschaften, S. 233.

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Der Fall wurde vor dem Augsburger Rat durch vermittelnde Ratsleute verhandelt.235 Den Ratsunterhändlern gelang es, im Jahr 1545 mit beiden Parteien einen Schiedsvertrag, eine sog. richtung236, auszuhandeln.237 Die Konfliktparteien benannten den Vermittler jeweils selbst238 und setzten damit ein gemeinsames Einverständnis voraus, sich auch der Verhandlungsführung eines Vermittlers zu fügen. Genau an diesem Punkt traten allerdings auch die Schwächen bzw. die Grenzen dieses Verfahrens auf: Denn die Vermittlung baute auf die grundsätzliche Bereitschaft der Parteien, sich etwa in Form von Kompromissen einigen zu wollen. Wenn nur eine Partei aus diesem System ausscherte, konnte eine Lösung eigentlich nicht gelingen. D. h., wenn nur eine Partei eine Verweigerungshaltung an den Tag legte und sich nicht an Gesprächen beteiligte oder ganz grundsätzlich nicht auf die Verhandlung des Vermittlers einging, war das Prinzip der internen Vermittlung zum Scheitern verurteilt. Besonders deutlich wird das bei den Fallbeispielen der Imhoff-Gesellschaft aus Nürnberg und Augsburg. Der Vermittler nahm in der Regel zunächst mit der einen und dann mit der anderen Partei Kontakt auf, um die jeweiligen Positionen auszuloten. Auf dieser Grundlage erstellte er dann einen ersten Kompromiss und legte ihn vor. Je nach Schwere des Konfliktes wurde dieser angenommen oder auch nicht. Im letzteren Fall musste sich der Vermittler weiter um Lösungen bemühen, die sich meist als langwierige, aufwendige und teils auch entmutigende Kommunikationprozesse herausstellen konnten. Zugleich spiegelten sie auch die Bereitschaft der Gesellschafter zum Kompromiss wider. Dieser wechselvolle und mühselige Weg innerhalb einer Vermittlung trat etwa bei der Gesellschaft der Imhoff-Brüder Mitte des 16. Jahrhunderts auf. Sebastian und Hieronymus aus Nürnberg und Augsburg führten seit 1548 eine gemeinsame Gesellschaft. Sie endete 1559, in dem Jahr brachen auch erste Konflikte aus. Dabei handelte es sich vor allem um Kontroversen aufgrund von Gewinnermittlungen aus Waren- und Kreditgeschäften der vergangenen Gesellschaft, daher wurde keine ordentliche Schlussrechnung mit der gegenseitigen Befriedigung finanzieller Ansprüche erstellt. Durch Hinzuziehung zweier Unterhändler konnten diese Auseinandersetzungen 1561 durch einen Vergleich vorerst gelöst werden. Jedoch war der Weg für die Brüder noch nicht frei, um eine jeweils eigene Handlung zu gründen, denn trotz des Vergleichs brachen erneut Konflikte aus. Diese Ausgangslage führte dazu, dass ihr Onkel, Endres Imhoff d. Ä. als Vermittler angerufen wurde. Eine bislang unbekannte Korrespondenz zwischen dem Augsburger Hieronymus Imhoff und seinem Nürnberger Onkel Endres aus dem

235 236 237 238

StadtA Augsburg, Ratsprotokolle, 18/II (1544), fol. 2v. Ebd., 19/I (1545), fol. 97v–99r. Siehe das Fallbeispiel „Herbrot und Manlich“, S. 276ff. Z. B. das Beispiel „Die Gebrüder Sebastian und Hieronymus Imhoff“, S. 206ff, oder der Fall Wolf Imhoff und die Imhoff-Gesellschaft im Kapitel „Rechnung, Kompetenz und Vermittlung“, S. 65ff, und außerdem das Fallbeispiel „Herbrot und Manlich“, S. 276ff., siehe auch Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger, S. 387.

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Stadtarchiv Augsburg erhellt den insgesamt mehr als zehn Jahre währenden Konflikt der beiden Brüder.239 Dieser Aktenbestand wird mit Eintragungen aus Protokollen des Augsburger Rats sowie um Gerichtsprotokolle eines sich anschließenden gerichtlichen Verfahrens vor dem Reichskammergericht 1571/72 ergänzt. Demnach war die Vermittlung in einem mehrstufigen Verfahren aufgebaut. Als Vermittler wählten beide Brüder den ihnen nahestehenden und vor allem kompetenten Verwandten Endres Imhoff. Dieser übernahm die Aufgabe und versuchte in einem ersten Schritt, zwischen den beiden Brüdern eine Gesprächsbereitschaft wiederherzustellen. Den Briefen zufolge tat er das, indem er immer wieder Unterredungen suchte, um Lösungen auszuloten. Allerdings gelang es unter seiner Moderation nicht, die Brüder zu versöhnen. In einem nächsten Schritt wurde auf Endresʼ Empfehlung, allerdings nicht mit seiner aktiven Teilnahme, ein außerfamiliärer Schiedsmann, ein Augsburger Ratsherr, seitens einer Konfliktpartei eingeschaltet. Aber auch diese Strategie führte nach den Ratsprotokollen nicht zur Lösung des Konfliktes, sodass in einem letzten Schritt sogar das höchste Gericht des Reiches, das Reichskammergericht, angerufen werden musste. Erst dann konnte, mittels höchstrichterlichen Urteils 1572 der Konflikt beendet und die Gesellschaft Sebastian und Hieronymus Imhoff ordentlich liquidiert werden. War Endres Imhoff im Fall seiner Neffen als Vermittler tätig, so betraf ihn ein Konflikt in seiner eigenen Gesellschaft Mitte des 16. Jahrhunderts selbst. In dieser Zeit war das Verhältnis zwischen der Nürnberger Zentrale unter Endres und seinen Vettern Wolf und Paulus Imhoff, beide Leiter der wichtigen Niederlassungen Neapel und L’Aquila und beide zuständig für den von den Imhoff monopolähnlich beherrschten Safrankauf, an einem Tiefpunkt angelangt und es dauerte von 1546– 1551 bis der Konflikt gelöst war. In den Fall waren als Vermittler u. a. oberdeutsche und italienische Kaufleute und politische Akteure bis hin zum Vertreter des Königs von Neapel und gaben ihm dadurch eine länderübergreifende Komponente. Der Konflikt konnte nur durch massive Vermittlertätigkeit gelöst werden, wobei sich anfangs die internen Vermittler aus dem engeren Umfeld der Imhoff-Familie rekrutierten, in der letzten Phase dann Vertreter aus der verschwägerten Hallerfamilie in Frankfurt und Nürnberg als externe Vermittler hinzutraten und denen schließlich die Lösung des langwierigen Konfliktes gelang. Wie anhand einzelner Fallbeispiele gezeigt werden konnte, war die Vermittlung ein probates Mittel, um im Konfliktfall eine Lösung zu finden. Es handelte sich dabei in der Regel eher um einen längerfristigen Prozess, als um eine kurzfristige Maßnahme und erforderte daher von den Vermittlern ein hohes Maß an Ausdauer, Autorität, Kommunikations- und Fachkompetenz. Auch verlief der Prozess nicht immer gradlinig in Richtung Klärung, sondern konnte durchaus auch zunächst nicht vor Augen liegende Wendungen nehmen, wie das Beispiel der Imhoff-Gesellschaft und Wolf Imhoff mit seinen vielfältigen Lösungswegen durch unterschiedliche interne und externe Vermittler zeigt. 239 Siehe das Fallbeispiel „Die Gebrüder Sebastian und Hieronymus Imhoff“, S. 206ff.

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3.3. Der gerichtliche Austrag Konnte ein Konfliktfall nicht mehr intern gelöst werden, mussten die Kontrahenten den gerichtlichen Weg beschreiten. Ein Weg, der allerdings nur als ultima ratio angesehen wurde, denn damit war meist die vollständige Offenlegung aller Akten, Geschäftsvorgänge und auch der Korrespondenzen verbunden.240 Der Gerichtsweg vor ein geistliches oder weltliches Gericht sollte daher zunächst vermieden werden, wie etwa in den Gesellschaftsverträgen verschiedentlich festgelegt wurde.241 Für die Gesellschaft hieß das in aller Regel, dass die gemeinsame Unternehmung in der bisherigen personellen Zusammensetzung nicht mehr weitergeführt wurde. Allerdings konnten sich Familiengesellschaften, nach dem gerichtlichen Austrag neu formieren, indem z. B. ein Teil der Gesellschafter – oft wieder unter dem alten Handelsnamen, auf der Grundlage eines neuen Vertrags und veränderter personeller Ausstattung – das Unternehmen fortführte. Im Fall der Nürnberger Arzt-Gesellschaft wurde diese nach Konflikten, die sie vor dem Nürnberger Stadtgericht ausgetragen hatten, 1450 aufgelöst, die ehemaligen Gesellschafter formierten sich personell neu als Arzt-Gesellschaft und eine weitere Gesellschafterin legten ihr Kapital fortan in die bereits bestehende Paumgartner-Gesellschaft ein.242 Bis zu einem gerichtlichen Verfahren im Konfliktfall gingen die Kontrahenten in der Regel stufenweise vor. So wählten sie erst nach fehlgeschlagener interner und externer Vermittlung den gerichtlichen Weg. Dabei stand zunächst der Zug vor das städtische Rats- oder Stadtgericht zur Verfügung (Viatis, Herbrot-Manlich, Imhoff), wobei die Verhandlung vor dem Ratsgericht der Stadt des 15./16. Jahrhunderts formloser, als die Verhandlung vor dem Stadtgericht war, das seinen Ursprung in der Hoch- und Niedergerichtsbarkeit des Stadtherrn hatte.243 Vor dem Ratsgericht fand in aller Regel eine Vernehmung zur Sache vor den Ratsherren, die oft auch Berufsgenossen waren, statt: „Das Ganze war eher ein Verwaltungsakt als ein Gerichtsverfahren mit Rechtsfindung und Urteil“.244 Ein solcher Verfahrensmodus lag im Interesse der Kaufmannbankiers und erklärt, dass der Streitaustrag, wenn er denn eine gerichtliche Dimension erhielt, bevorzugt vor dem Ratsgericht verhandelt werden sollte. Vor dem förmlicheren Stadtgericht wurde in 240 Der schon zitierte Benedetto Cotrugli warnte 1458 in seiner Abhandlung „Il libro dell’arte di mercatura“ (ed. Tucci), die Kaufleute davor, einen Konflikt vor das Gericht zu bringen und bevorzugte hingegen einen Vermittler (Mediator); siehe auch Weissen, Dove il papa, S. 72. Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 77, war der Ansicht, dass „man [...] offenbar bei den Gerichten eine feindliche Einstellung [gegenüber Kaufleuten] voraus[setzte]“. 241 Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 1, S. 469ff. mit zahlreichen einschlägigen Beispielen solcher Vertragsartikel. 242 Siehe das Fallbeispiel „Die Arzt-Gesellschaft“, S. 243ff. und „Die Paumgartner“, S. 157ff. sowie M. und E. Isenmann, Das Innenverhältnis, S. 474ff. 243 E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 482ff. Stadt- und Ratsgericht konnten auch aufeinander aufbauen, wie der Fall der Erben Scheffer contra Bartholomäus Viatis zeigt. Dieser Fall kam zunächst vor das Nürnberger Stadtgericht, dessen Urteil wurde dann vom Ratsgericht als eine Art „Obergericht“ bestätigt, Kellenbenz, Bartholomäus Viatis, S. 172. Ähnlich wurde im Fall „Herbrot-Manlich“ verfahren, siehe oben S. 280ff. 244 Wilhelm Ebel, Lübisches Recht im Ostseeraum, Köln 1967, S. 354.

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der Regel durch Zwischen- oder auch Endurteil entschieden. Eine Vernehmung zur Sache und ein Zwischenurteil waren besonders bevorzugte Wege, um eine schrittweise Konfliktlösung voranzutreiben. Sie ermöglichten, eine Partei zum Einlenken oder zum Zugestehen von Kompromissen zu bringen (so z. B. im Fall HerbrotManlich245). Besonders virtuos wurde die Wechselwirkung des Gerichtswegs und der Vermittlung im Fall der Nürnberger Imhoff-Gesellschaft im Konflikt mit Wolf Imhoff, dem Leiter der Niederlassungen in Neapel bzw. später L’Aquila, Mitte des 16. Jahrhunderts gehandhabt.246 Um Wolf zu Gesprächen in der Geschäftszentrale in Nürnberg und dort zu der geforderten und nicht erfolgten Abrechnung der Geschäfte der Niederlassungen zu zwingen, suchten die Regierer mehrfach die Hilfe der Justiz. So wurden sowohl das Nürnberger Stadtgericht, als auch das königliche Gericht in Neapel angerufen. Zwischen diesen Schritten fanden interne Vermittlungen durch die Verwandschaft und externe durch Ratsherrn statt. Dieses Wechselspiel von Vermittlung und gerichtlichem Zwang sollte am Ende zur Konfliktlösung führen. Neben dem Austrag vor ordentlichen Gerichten, fand der Streitaustrag auch vor einem Schiedsgericht statt und konnte bei entsprechenden Streitwerten sogar vor dem Reichskammergericht ausgefochten werden. Die Parteien bevorzugten in der Regel neben der Vermittlung das Schiedsverfahren, denn es war moderater bezüglich der Offenlegung der Geschäftsunterlagen, versprach noch eine Nicht–Öffentlichkeit verbunden mit Vertraulichkeit und war vor allem auf Konsens angelegt.247 Vor dem Schiedsgericht standen neben den schon benannten Konfliktfällen wie strittige Gewinnermittlung, Personalfragen, strategische Ausrichtung des Geschäftes auch testamentarische strittige Verfügungen zur Verhandlung. Denn es gab Testatoren, die schon von vorneherein festlegten, dass derartige Streitfälle zunächst eben vor dem Schiedsgericht zu klären seien.248 Die konsensgestützte Schiedsgerichtsbarkeit oder auch das Güteverfahren erforderten zu Beginn der Verhandlung eine Einigung der Konfliktparteien in Form von konsensgestützten Verträgen (‚Kompromiss‘) über die Urteiler (‚Schiedsrichter‘) und Beisitzer (‚Schiedsleute‘) und eine Erklärung, das Urteil (‚Schiedsspruch‘) anzunehmen. Damit sollte der langwierige (und teure) Instanzenzug vor ordentliche Gerichte zunächst ausgeschlossen werden (Gebrüder Imhoff, Arzt, Herbrot-Manlich).

245 Siehe das Kapitel „Herbrot-Manlich“, S. 280ff. 246 Siehe das Kapitel „Rechnung, Kompetenz und Vermittlung“. 247 Die Bedingungen zu schiedsgerichtlichen Verfahren wurden in einigen Gesellschaftsverträgen festgelegt, besonders ausführlich im Schreiber-Weißhaupt-Ditmar Vertrag von 1491, siehe Strieder, Zwei Handelsgesellschaftsverträge, S. 38; Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften, Bd. 2, S. 18’. 248 Pettinger, Vermögenserhaltung und Sicherung, S. 249 belegt das am Beispiel der Fugger-Gesellschaft und ihrer Testamente.

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Bei den Urteilern und Beisitzern handelte es sich zumindest teilweise um Berufsgenossen, die selbst aus der Unternehmerschaft stammen konnten,249 aber nicht unbedingt unmittelbare Konkurrenten sein mussten, da sie durchaus auch aus anderen Städten oder Herrschaftsgebieten stammen konnten. Die Vorlage der Geschäftsunterlagen bei von beiden Parteien gewählten und kompetenten Schiedsleuten und die Vermeidung eines teuren Instanzenzuges waren die Gründe für den Vorzug des schiedsgerichtlichen Austrages durch die Konfliktparteien. Wenn sich allerdings auch dort keine Einigung erzielen ließ, dann musste der Weg auch bis an das höchste Gericht des Reiches, das kaiserliche Reichskammergericht, gewählt werden (z. B. 1571 im Fall der Gebrüder Sebastian und Hieronymus Imhoff250).

249 Bauer, Unternehmung und Unternehmensformen, S. 77. Hans-Rudolf Hagemann, Basler Rechtsleben im Mittelalter. Bd. II: Zivilrechtspflege, Basel 1987, S. 350, Anm. 209 stellte im Fall der Wiss-Gesellschaft und ihrer komplexen Buchführung fest, dass man ihnen vom Zug vor das Grossbasler Stadtgericht abriet, „dort sässen zwar ehrbare Leute, die aber nichts davon [Buchhaltung, Kaufmannstätigkeit] verstünden“. 250 Siehe das Fallbeispiel „Die Gebrüder Sebastian und Hieronymus Imhoff“, S. 207ff. Für das 18. Jahrhundert siehe Anja Amend-Traut, Brentano, Fugger und Konsorten – Handelsgesellschaften vor dem Reichskammergericht, (Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, 37), Wetzlar 2009, passim.

D. RESÜMEE Die Ergebnisse aus der vorliegenden Studie zeigen die Bedeutung des Themas nicht nur für die Wirtschafts-, speziell die Handels- und Unternehmensgeschichte, hier mit dem Schwerpunkt „verwandtschaftlich verbundener Gesellschaften in vorindustrieller Zeit“, sondern im interdisziplinären Sinn auch für die Konfliktforschung. Hierbei wurden Konfliktfelder, Lösungsstrategien und -maßnahmen untersucht und schließlich besonders effektive und demzufolge häufig genutzte Lösungswege herausgefiltert. Den Handel der im 15. und 16. Jahrhundert bedeutenden Handelszentren Nürnberg und Augsburg beherrschten überwiegend familiengeprägte Unternehmen und infolgedessen bildeten sie Standorte mit ergiebigen und umfangreichen Quellenbeständen. Erst seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert, und besonders seit dem 17. Jahrhundert traten neben die verwandtschaftlich verbundenen Gesellschaften nun auch familienfremde Anteilseigner und veränderten so das bis dahin vorherrschende System der Verwandtschaftsgesellschaft hin zu Einzelpersonen- und Kapitalgesellschaften. Daher wurde der zeitliche Bearbeitungsrahmen dieser Untersuchung von der Mitte des 15. bis Anfang des 16. Jahrhunderts gesetzt. Dessen ungeachtet ist die Relevanz der Forschungsfrage nach effektiven Strategien zur Konfliktlösung für Familiengesellschaften bis in die Gegenwart evident. So kam auch Sandra Zeumer in ihrer Studie zu Familiengesellschaften vom Ende des 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts in regionalem Umfeld des bergischen Landes zu einem ähnlichen Ergebnis, wenn sie zunächst die Risikofaktoren und Grenzen einer erfolgreichen Unternehmensnachfolge benennt und daran Strategien zur Verhinderung und Verfahren während des Konfliktfalls anschließt. Exemplarisch konnte sie in ihrer empirisch-wissenschaftlichen Untersuchung zeigen, dass in Fragen der Nachfolge- und Bestandssicherung sowie der Risikominderung in Konfliktfällen in der industriellen Zeit bei Unternehmen erprobte Verfahren angewandt wurden, die – wie die vorliegende Studie dokumentiert – Parallelen zur vorindustriellen Periode erkennen lassen. Schon der von Zeumer zu Recht weit gefasste Familienbegriff, der die personelle Basis einer Familiengesellschaft oder eines -unternehmens in einer Verwandtschaftsfamilie mit einem dynastischen Aufbau sieht,1 lässt sich mit den frühmodernen Familienunternehmen der Wirtschaftszentren Nürnberg und Augsburg in Übereinstimmung bringen. Generationenkonflikte, Nachfolgeprobleme, fehlende Familienräson, mangelnde persönliche Konstitution und ungenügende Professionalisierung, Abfluss von Kapital, strittige unternehmerische Entscheidungen waren sowohl bei den modernen als auch 1

Zeumer, Nachfolge in Familienunternehmen, S. 41f. Vgl. auch Eberhard Hauser / Dominik Bachmair, Der Abschied des Patriarchen, in: Arist von Schlippe (Hrsg.), Familienunternehmen verstehen. Gründer, Gesellschafter und Generationen, Göttingen 2008, S. 198–209.

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Resümee

den frühmodernen Gesellschaften ein immer wieder auftretendes Problem mit Konfliktpotential. Zeumer zufolge bildeten ferner eine mangelnde „familiale Kohäsion“, „fehlender Sinn für die Familie“ und eng damit verbunden, eine „geringe Familienräson“ und Kooperation untereinander sowie schließlich allgemeine Generationenkonflikte weitere Risikofaktoren. Man begegnete ihnen zu beiden Epochen mit den Strategien einer unternehmensspezifischen Ausbildung, die nach Zeumer auch die Weitergabe von Kenntnissen und Werten beinhaltete, verknüpft mit innerfamiliärem Wissenstransfer, ferner mit Unternehmensverfassungen in Form von (Gesellschafts-)Verträgen und mit gezielten Heiratsstrategien, in denen sich „Heiratskreise“ und „Geschäftskreise“ überschnitten und schließlich mit einer zuverlässigen „Reproduktion“ durch diese „familiäre[n] und geschäftliche[n] Netzwerke“ zum Aufstieg und Statuserhalt führten.2 Die von Zeumer untersuchten Konfliktfelder als auch die Maßnahmen zu ihrer Lösung weisen, wie in der hier vorliegenden Studie gezeigt werden konnte, zumindest grundsätzlich eine hohe Kontinuitätslinie von der Frühmoderne bis in die Gegenwart auf, bei gebührender Beachtung der verschiedenen determinierenden Rahmenbedingungen. Die Auswahl für die hier untersuchten Fallbeispiele aus Nürnberg und Augsburg resultierte aus den ermittelten Konfliktfeldern und Krisen sowie den Strategien und Maßnahmen dagegen. Dabei lag der Fokus auf familieninternen Konflikten, die zugleich Auswirkungen auf eine der untersuchten Familiengesellschaften hatten. Hierbei stellte sich eine Reihe von Maßnahmen heraus, die besonders häufig gewählt und erprobt wurden und sich als effektiv erwiesen. Die folgende grafische Umsetzung zeigt die aus den analysierten Quellen aggregierten 1. Konfliktfelder und 2. Maßnahmen zu ihrer Lösung. Tabelle 14: Konfliktfelder in oberdeutschen Familiengesellschaften und angewandte Maßnahmen zu deren Lösung

Ausbildung Heirat Verträge Testamente ordentliche Versammlungen außerordentliche Versammlungen Vermittlung („Mediation“) Ausschluss

2

Allgemeine Familienkonflikte 4 5 9 5

Strittige unternehmerische und personelle Entscheidung

Gewinn- & Verlustermittlung / Rechnungsabschluss

5

5

5

5

4

4

4

4

5

5

4

5

9

2

Zeumer, Nachfolge in Familienunternehmen, S. 347ff.

Verschwendung / Unfähigkeit 4 5 9 3

2

Resümee

375

In der oberen Horizontalspalte sind die Konfliktfelder und in der linken Spalte die Maßnahmen aufgenommen. Die Zahlen bezeichnen die Häufigkeit der Nennung der Konfliktfelder in Kombination mit den zu deren Lösung angewandten Maßnahmen. Der Grafik liegen folgende Gesellschaften und ihre Gegenmaßnahmen zur Konfliktprävention oder im akuten Konfliktfall zugrunde:

Tabelle 15: Gesellschaften und Maßnahmen im Konfliktfall

Gesellschaft Arzt

Ort Nürnberg

Imhoff – Wolf Imhoff

Nürnberg/Neapel

Imhoff, Hieronymus und Sebastian Imhoff-Behaim Scheurl-Haller

Nürnberg/Augsburg Nürnberg Nürnberg

Viatis-Peller

Nürnberg

Böcklin Fugger Haug-Langnauer-Linck Herbrot-Manlich Höchstetter

Augsburg Augsburg Augsburg Augsburg Augsburg

Höchstetter-Rem

Augsburg

Meuting Paumgartner Rem-Welser Rem Welser-Vöhlin Schreiber-Weißhaupt-Ditmar

Augsburg Augsburg Augsburg Augsburg Augsburg Ulm

Maßnahme Versammlung, Gericht Vertrag, Vermittlung, Versammlung, Gericht, Ausschluss Vermittlung, Vertrag, Gericht Ausbildung, Versammlung Ausbildung Ausbildung, Heirat, Vertrag, Testament Heirat, Testament Vertrag, Testament Vertrag Heirat, Vermittlung, Gericht Vertrag Vermittlung, Gericht, Ausschluss Vertrag, Versammlung Heirat, Testament Ausbildung, Versammlung Vertrag Heirat Vertrag

Wie die Tabelle zeigt, wandten die Gesellschafter bei allgemeinen Familien- und Gesellschaftskonflikten eine Vielzahl unterschiedlicher Strategien zur Lösung von Konfliken für ihre spezifischen Problemfelder an. Die einzelnen Maßnahmen griffen meist ineinander, bedingten einander und konnten aufeinander folgen. Bei strittigen Unternehmensentscheidungen kamen vor allem die ordentlichen und meist sich daran anschließende außerordentliche Versammlungen sowie die Vermittlung zum Zuge, durch welche diese Themen diskutiert und gelöst werden konnten. Die Gewinn- und Verlustermittlung sowie die Rechnungslegung wurden präventiv in den Verträgen geregelt, hinzu traten im Konfliktfall wiederum die beiden Versammlungsformen sowie die Vermittlung. Auch in diesen Fällen bedurfte es der intensiven Kommunikation, um sie zu klären.

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Resümee

Schließlich ergriffen die Gesellschafter im Fall von Verschwendung und Unfähigkeit wiederum die ganze Bandbreite der Präventions- und Lösungsmaßnahmen, die ebenfalls eng miteinander verknüpft eingesetzt wurden. In einem Überblick werden im Folgenden abschließend die besonders effektiven und häufig gewählten Maßnahmen zur Konfliktprävention oder -lösung behandelt: 1. Ausbildung Eine sorgfältige Erziehung und Ausbildung der Nachfolger war notwendig, um mit Hilfe eines auf Erfahrungen und Neuerungen basierten Wissenstransfers eine Familiengesellschaft erfolgreich weiterführen zu können. Potentielle nachfolgende Gesellschafter sollten befähigt werden, den ökonomischen Erfolg einer Gesellschaft zu gewährleisten und genauso die soziale Kompetenz zu erlangen, um die Einigkeit einer Familie zu gewährleisten und um in Krisen- und Konfliktsituationen angemessen reagieren zu können. Sie erhofften sich davon, dass die jungen Nachfolger die nötige fachliche und soziale Kompetenz erlangten, um später einerseits eine Gesellschaft erfolgreich führen oder darin mitarbeiten andererseits aber auch komplexe Familiengeflechte zusammenhalten zu können.3 Für den ökonomischen Erfolg der Familiengesellschaften waren die „Professionalisierung“ der potentiellen Nachfolger durch sorgfältige kaufmännische Ausbildung und „Wissensmanagement innerhalb kaufmännischer Unternehmungen“4 nahezu überlebenswichtig.5 Als grundlegend wurde neben der Kenntnis der ökonomischen Praxis auch die Formung der mentalen Verfasstheit, auch conditioni genannt, erachtet. Sie sollten den potentiellen Nachfolger zu einem charakterlich gefestigten Geschäftsmann machen, der auf der Grundlage ethischer Maßgaben in der Lage war, das Gedeihen des Unternehmens im Auge zu behalten und zugleich den familiären und geschäftlichen Zusammenhalt der Gesellschafter zu gewährleisten.6 2. Heiratspolitik Heiratspolitik ist dabei ein fast überall zu beobachtendes wirkungsvolles Instrument, um die Kontinuität einer Gesellschaft zu sichern, des Weiteren um über die Mitgift eine Kapitalzuführung zu erreichen sowie für die Gesellschaft fähige Mitarbeiter zu rekrutieren und schließlich, um sich mit konkurrierenden Familien zu verbinden. Die Vereinbarungen dieser Verbindungen zeigten, wie Konflikte schon im Vorfeld durch die Familienzusammenführungen vermieden werden sollten und konnten. Allerdings: Der Fall der Ehekonflikte konnte auch eine erhebliche Gefahr für den ökonomischen Erfolg und bisweilen sogar für den Fortbestand einer Familienunternehmung bedeuten.7 3 4 5 6 7

Dazu Denzel, Professionalisierung, S. 415ff. Ebd., S. 425ff. Ebd., S. 425ff. Dazu M. Isenmann, Vom Nutzen und Schaden, S. 187. Denzel, The Merchant Family, S. 374.

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3. Gesellschaftsverträge Für oberdeutsche Familiengesellschaften liegen seit dem Anfang des 15. bis zum Ende des ‚langen 16. Jahrhunderts‘ eine vergleichsweise große Anzahl von Gesellschaftsverträgen vor, welche die auftretenden Konflikte in den zugehörigen Familiengesellschaften zu kontrastieren helfen. Hierbei stellten nicht nur klassische Gesellschaftsverträge zwischen stimm-, haftungs- und gewinnberechtigten Gesellschaftern eine effektive Maßnahme zur konfliktpräventiven Sicherung der Gesellschaft dar, sondern auch sog. Mitarbeiterverträge von Faktoren, die meist dem erweiterten Kreis der Verwandtschaftsfamilie8 entstammten. Gesellschafts- und Mitarbeiterverträge stellten (und stellen bis heute) die grundsätzlich normativ-vertragsrechtliche Basis eines Familienunternehmens dar. Die Verträge bildeten den rechtlichen Abschluss der Gründung oder – als unmittelbar anschließende Verträge – die Weiterführung einer Gesellschaft und kamen damit dem Gesellschaftsideal von Kontinuität nach. Diese Erkenntnis ist insofern wesentlich, als sie die Analysevorgaben bestimmte. Wir haben es in den Verträgen mit der Normvorstellung einer Gesellschaft bzw. der Gesellschafter, d. h. den Vertragsunterzeichnern zu tun. Es wird in den Verträgen ein Idealzustand der Gesellschaft erstellt, der sich dann an der Realität zu messen hat. War die Realität konfliktfrei, so griffen die Bestimmungen der Gesellschaftsverträge ohnehin und waren sogar Garanten dafür. Der zugrundeliegende Gesellschaftsvertrag sollte so gestaltet sein, dass Konflikte möglichst vermieden wurden: 1. Durch im Gesellschaftsvertrag implementierte Instanzen für eine zügige Streitentscheidung 2. Durch Entwickeln außervertraglicher Strategien für eine Konfliktbereinigung 3. Durch unbedingte Anerkennung eines festgelegten Abstimmungsverhaltens 4. Durch Einhaltung von Regeln zur Lebensführung In den Verträgen wurden dementsprechend die Verhältnisse der Familienmitglieder und Gesellschafter innerhalb der Gesellschaft disponiert, die Zuständigkeiten, Pflichten und Verantwortungen geklärt, Nachfolge- und Erbschaftsfragen angesprochen, Gewinnermittlung und -verteilung festgelegt, Klauseln gegen Kapitalentnahme gegeben und das Verhalten während der obligatorischen Zwei- oder Vierjahres-Versammlungen geregelt. Dabei stellte das Vertrauen der Gesellschafter, also der Familienmitglieder untereinander einen zentralen Begriff dar. War dieses Vertrauen gewährleistet, so galt die Familiengesellschaft auch nach außen hin als vertrauenswürdig. Vom Vertrauen, das darüber hinaus eng mit der Ehre einer Familie und der Gesellschaft verbunden war, hing das persönliche und geschäftliche Prestige der Gesellschaft ab, Vertrauen und Ehre hoben die Kreditwürdigkeit. Daher wird das Vertrauen in allen Gesellschaftsverträgen „beschworen“. Verlust von Vertrauen und Ehre boten immer wieder ein hohes Konfliktpotential innerhalb der Familie bzw. der Familiengesellschaft.

8

Fouquet, Stadtadlige Verwandtschaftsfamilien, S. 111.

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Darüber hinaus musste mittels der Verträge auch die nächste Generation in die Gesellschaft integriert werden. Eine Konstellation, die häufig die Gefahr von Konflikten in sich barg. Hier stieß die traditionsbewusste, ältere Generation, die an lang geübtem Geschäftsgebaren festhielt, die Ausrichtung der Handelsunternehmungen häufig beibehielt auf die neue, manchmal sogar recht ungestüme Generation, die ökonomischen Neuausrichtungen der Gesellschaft aufgeschlossen war, aber genauso auch aufgrund einer entsprechenden Disposition der Persönlichkeit zur Verschwendung und Unzuverlässigkeit neigen konnte.9 Gerade die zahlreichen Verträge der Familie geben hier Aufschluss, wie dieser immer wieder schwierigen Situation entgegengewirkt werden sollte. In die Verträge wurden zahlreiche Sicherungen in Form von Verhaltensklauseln zur persönlichen Lebensführung, wie etwa Gebote für ehrenhaftes, dem Vertrauen geschuldetes Verhalten und Verbote gegen Spielleidenschaft und fragwürdige Gesellschaft (ein vor allem bei der jüngeren Generation auftretendes Problem) eingefügt. Außerdem wurden ausführlich die Aufgaben- und Pflichtenverteilung der Gesellschafter geregelt, die sich häufig auch in der Höhe des eingelegten Kapitals widerspiegeln. Dadurch konnte einem möglichen „Generationen-“ oder Familienkonflikt schon im Vorfeld entgegengewirkt werden. 4. Testamente Testamente sind neben den Gesellschaftsverträgen als wichtiges strategisches Instrument zur Konfliktprävention zu bewerten. Sie konnten ähnlich den Gesellschaftsverträgen nicht nur gründende, sondern auch das Unternehmen erfolgreich weiterführende Funktionen haben. Mithilfe testamentarischer Verfügungen konnte der Testator, meist der Regierer der Gesellschaft auf ein langfristiges, die Kontinuität gewährleistendes, aber auch den Geschäftserfolg sicherndes strategisches Modell setzen. Der intendierte Geschäftserfolg sollte in den Testamenten idealerweise gesichert werden, indem potentiell fähige Nachfolger bevorzugt und zugleich die weniger tauglichen in untergeordnete Positionen abgeschoben oder gar von der Gesellschaft ferngehalten werden sollten. 5. Gesellschaftsversammlungen Die Untersuchung der Gesellschaftsversammlungen stellte sich als besonders ergiebig und zugleich faszinierend heraus, die einerseits die Auseinandersetzung gar nicht erst aufkommen lassen sollte und andererseits ein probates Mittel bei entstandenen Konflikten war. Es handelt sich bei dem ersten Fall um die obligatorische sowie im zweiten Fall um die außerordentliche Gesellschaftsversammlung. Beide sind gleichsam Spiegel und Parameter, die dem Konflikt in einer Familiengesellschaft entgegengehalten werden können.10 Die obligatorischen (oder ordentlichen) Versammlungen hatten gemäß den Gesellschaftsverträgen zwei- bzw. vierjährig im Rahmen einer Rechnungslegung stattzufinden. Diese bildeten wiederum die Geschäfte einer Gesellschaft ab und zeigten, 9 Vgl. M. Isenmann, Vom Nutzen und Schaden, S. 176. 10 Vgl. E. und M. Isenmann, Das Innenverhältnis, S. 452ff.

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wer welche Aufgabenbereiche und Verantwortungen innerhalb der Gesellschaft hatte. D. h. wir haben es hier mit einer Verschränkung von sachlichen und personellen Verhältnissen zu tun. Im Fall der außerordentlichen Versammlungen kam noch ein weiterer Aspekt hinzu, denn diese wurden im Fall eines bereits eingetretenen Konflikts einberufen. Er konnte aufgrund kontroverser Gewinn- und Verlustberechnung oder auch aufgrund strittiger Zuteilung von Aufgaben- und Verantwortungsbereichen sowie der Unternehmensstrategie aufgetreten sein, hinzu kamen grundsätzliche und ungeklärte Fragen zum Personal, etwa im Fall der nachrückenden jungen Generation oder auch im Fall unfähiger und/oder verschwenderischer Mitgesellschafter. Kurz gesagt, die Konflikte mussten die Gesellschaft ernsthaft gefährden, denn der logistische Aufwand, eine außerordentliche Versammlung einzuberufen, war sehr hoch, befanden sich die Gesellschafter in der Regel ja nicht am Ort der Geschäftszentrale, sondern hielten sich meist über ganz Europa verstreut auf. Anhand der Quellen ließ sich zeigen, welche Maßnahmen die Gesellschafter während der außerordentlichen Versammlung ergriffen, um der Konflikte Herr zu werden. Diese Maßnahmen wurden im Laufe einer Sitzung entwickelt und diskutiert, d. h. damit konnte auch das Kommunikationsverhalten der Gesellschafter im 15. und 16. Jahrhundert analysiert werden. Die interne Konfliktbewältigung durch die Kommunikation auf den Versammlungen fand einerseits eine Lösung im Konsens und der Weiterführung einer Gesellschaft und andererseits im Ende der weiteren Zusammenarbeit, also der Trennung und Liquidation. Der letztere Fall konnte sich dann allerdings auch als erfolgreiche Konfliktbereinigung herausstellen. Damit wurde die Forschungsfrage nach Konfliktlösungsstrategien dahingehend erweitert, indem diese auch Trennung, Liquidation und Neukonstituierung einer Familiengesellschaft in veränderter personeller Zusammensetzung bedeuten konnte. 6. Die Vermittlung Zur Lösung eines akuten, eingetretenen Konflikts stellte die Hinzuziehung eines oder mehrerer, interner oder externer Vermittler ein häufig gewähltes und probates Mittel zur Lösung dar, wie an der vergleichsweise höheren Zahl an Vermittlungen ablesbar ist (Imhoff, Meuting, Arzt, Herbrot-Manlich). Die Vermittlung wurde als Mediation, als Vorstufe zum Güte- oder Schiedsverfahren, also vor allem als außergerichtliches Verfahren genutzt, um die Kommunikation der zerstrittenen Familienmitglieder wieder zu beleben. Dabei kam die Mediation durch ein Vertrauensverhältnis aller Parteien zum Vermittler oder zur Vermittlergruppe (Haller), auf der Grundlage der Freiwilligkeit und des Konsens zustande. Der Vermittler sollte über- oder allparteilich, günstigenfalls neutral und vor allem mit Autorität sowie ökonomischer und sozialer Kompetenz ausgestattet sein. Die Aufgabe des Vermittlers bestand in der Begleitung des Verfahrens zur Konfliktlösung, indem er die Positionen, Forderungen und Wünsche der Parteien auslotete und so die Kommunikation, der sich mittlerweile in ihren Standpunkten festgefahrenen Parteien beförderte. Auf dieser Grundlage erstellte er dann erste

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Kompromissvorschläge und legte sie den jeweiligen Streitparteien vor. Je nach Schwere des Konfliktes wurde dieser angenommen oder auch nicht, im letzteren Fall versuchte sich der Vermittler weiter um Lösungen zu bemühen. Dieser Weg erwies sich dann oftmals als langwieriges und aufwendiges Verfahren und spiegelte zugleich den Grad der Kompromissbereitschaft der Parteien wider (Imhoff, Arzt). Da der Charakter der Mediation auf Vertrauen und Diskretion, Kompetenz und Autorität basierte, ist es nicht weiter erstaunlich, dass diese Form der Konfliktlösung bis in die Gegenwart eine bedeutende Rolle spielt, wie zuletzt Nicola Neuvians in ihrer Untersuchung zur Mediation in Familienunternehmen des 20. Jahrhunderts deutlich machen konnte.11 7. Weitere Maßnahmen Im Fall, dass keine der vorgestellten Maßnahmen bei ausgebrochenen Konflikten griffen, blieben nur noch eher radikale Lösungsmöglichkeiten, wie das Versetzen, das Auszahlen oder sogar der Ausschluss von renitenten oder sonst problematischen Familienmitgliedern übrig. Diese durchgreifenden Entscheidungen sind zugleich ein Beleg für die Lösung eines Konfliktes in Form von dauerhafter Trennung der Konfliktpartner von der Gesellschaft und konnten durchaus den Charakter einer „Bereinigung“ im Sinne eines Neuanfangs haben. Denn die Trennung konnte in einigen Fällen auch die Neugründung einer Gesellschaft und dadurch der Beginn einer zukünftigen sozialen und ökonomischen Neubindung der ehemaligen Gesellschafter bedeuten. Zusammengefasst lassen sich zur Konfliktlösungsfrage bei verwandtschaftlich verbundenen Gesellschaften des 15. und ‚langen 16. Jahrhunderts‘ – als besonders effektiv, häufig gewählt und positiv besetzt – die Vorgehensweise verifizieren, die auf Kompetenzgewinn, Professionalisierung, Konsens, Freiwilligkeit, auf Nichtöffentlichkeit, Vertraulichkeit und schließlich auf außergerichtlicher Basis angelegt waren. Dazu zählten als präventive Maßnahmen eine zunehmend institutionalisierte und professionalisierte Ausbildung, eine Heiratspolitik innerhalb gleicher oder ähnlicher vertrauter sozioökonomischer Kreise, vertragliche Bindungen sowie im Konfliktfall vielfältige Kommunikationsformen, insbesondere Gesellschafterversammlungen und vor allem und an erster Stelle die Vermittlung – die Mediation – durch vertraute, kompetente, die Interessen aller Parteien wahrende Personen, denen alle Beteiligten die Konfliktlösung zutrauten und diese von ihnen erhofften.

11 Nicola Neuvians, Mediation in Familienunternehmen: Chancen und Grenzen des Verfahrens in der Konfliktdynamik, Wiesbaden 2011.

ANHANG GLOSSAR Abnutzung: Abgeworfener Betrag, Nutzen (z. B. Geldzinse, Rente) Acorda: Vereinbarung, Übereinkunft, Beschluss Anlegung: Darlehen, Auflerlegung von Leistung Antofoni, Antophylli: Mutter-Nelke Arbitrage: Nutzung von örtlichen Kursunterschieden Adler: L’Aquila, ein Zentrum des Safranhandels in Italien im 16. Jahrhundert Arras = Harrasgarn: Zweifach oder mehrfach gezwirntes Wollgarn Ballen: Verpackungsform für Safran, je 4 Päckchen wurden zu einem Ballen zusammengefasst1 Barchent: Es handelt sich dabei um ein Mischgewebe aus Leinenkette mit Baumwollschuss batzen: Kleinsilbermünze carofel: Garofano = Gewürznelke Carolusgulden: Von Karl V. am 4. Februar 1521 ausgebrachten Goldgulden (Florin d’or), als „(süd- )niederländisches Pendent zum Gulden rheinisch“2 cell, celle, celli: Kleinmünze in den Abruzzen (celle Aquilane = vom Adler)3 ditta: Kaufmännisches Zahlungsversprechen, die Bürgschaft der Bank für die Zahlungsverpflichtungen ihrer Depositenkunden4 Drogen: abgeleitet von trocken, trocknen; es sind damit in der Regel Gewürze aller Art gemeint. Dukaten: In Venedig, Neapel, L’Aquila gebräuchliche Münzsorte5 Exception: Einwendung, Verteidigung fackini: Packträger fardel: Bündel, Sack, meist in Bezug auf Barchent oder „Tuchballen oder Tuch schlechthin, ohne Rücksicht auf einen besonderen Rohstoff“ 6, 1 Fardel = 2 Ballen7 fastidio: Mühe, Belästigung fiera: Messe, Markt feech, fehe, vehe: Grauwerk, besonders kostbar der Rücken (Rüchfech) 1 2 3 4 5 6 7

Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 40. Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch. S. 110. Müller, Welthandel, S. 343. Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 2, S. 124. Kellenbenz, Konto Neapel, S. 367: 242.000 fl. = 168.725 Dukaten. Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 40. Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 113.

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Fürlegung: in den Büchern auf der Habenseite Personen- und Leistungsbezogener gutgeschriebener Betrag Gelieger: Niederlassung Generalrechnung: periodisch (mehrjährig) stattfindende Schlussrechnung mit Gewinn- und Verlustrechnung gepruch: Unstimmigkeit, Fehler Grand Parti: Am 5. März 1555 ein Lettre Patente durch franz. Kg. Heinrich II. erlassen (ergänzt am 17. Mai und 1. Oktober), der ein Großdarlehen, das aus Einzeldarlehen bestand, mit geregelten Rückzahlungstermini bildete. golschen: Grobe Leinwand aus 12er Geschirr (= 1.200 Kettfäden)8 glimpf: Guter Leumund, Ehre, Anstand, Ehrlichkeit Hauptbuch: Wird nach dem Journal angelegt. Bei doppelter Buchführung müssen alle Posten darin zweimal auftauchen einmal im Soll, einmal im Haben. Posten werden nach Sachgebieten getrennt aufgeführt. Hauptgut: In die Gesellschaft vom Gesellschafter eingelegtes Kapital Journal: Wird nach dem Memorial angelegt. Eingetragen wird nach zeitlichem Ablauf des Geschäftsvorgangs, nicht nach Sachgebiet. Kalt[e]markt: Markt um Weihnachten, bis Mitte 15. Jahrhundert in Bergen-opZoom, dann in Antwerpen.9 kapus, auch caps: Güterbuch, Sachkontenbuch Kompromiss: (Lat. compromissum) Schiedsvertrag, das darauf beruhende Schiedsverfahren, der daraus sich ergebende Schiedsspruch,10 verbunden mit dem gegenseitigen Versprechen streitender Parteien, sich dem Spruch eines Schiedsrichters zu unterwerfen. Kontokorrent: Gegenseitige Verrechnung der Ansprüche zweier Kaufleute laykauff (leikouff, auch Weinkauf): „Zeremonieller Trunk, bei dem sich die Geschäftszeugen und die Vertragspartner beim Abschluss eines Handels als Zeichen des Einverständnisses gegenseitig zutranken. Durch den Laykauff verpflichtet sich z. B. der Verkäufer, die Ware zum ausgehandelten Preis und Zeitpunkt zu liefern“11 Leibgeding (leibding): Leibrente Ledigschreiben: Urkunde bei Beendigung z. B. eines Gesellschaftsverhältnisses leffe: Läufe, d. h. Konjunkturen und Kurse, die Marktlage Losunger, Oberster, (Vorderster): höchstes Amt des Nürnberger Magistrates Losung: Vermögenssteuer in Nürnberg Lüftung: Freistellung von politischen Ämtern12 Majolika: Spanische Fliesen, Kacheln

8 9

Göttmann / Nutz, Grimmel, S. 243. Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 33; Westermann / Denzel/, Kaufmannsnotizbuch, S. 105. 10 DRW, online: http://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw-cgi/zeige?index=woertererkl& term=kompromiss&firstterm=kompromiss. 11 Göttmann / Nutz, Grimmel, S. 244; E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 201. 12 Fleischmann, Rat und Patriziat, Bd. 2, S. 613; E. Isenmann, Die deutsche Stadt, S. 348.

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Memorial: (s.a. Journal) In das Buch schreiben der Kaufmann und seine Faktoren, Gehilfen usw. Tag für Tag die Geschäfte (Kauf, Verkauf, sonstige Handelsgeschäfte). Datum, Namen, Waren und die Beträge ein, so wie sie chronologisch erfolgen. Münze, grobe: Auch „harte Münze“. bei den „harten“ oder „groben“ Münzen deckte sich der Metallwert mit dem Nennwert. Nägel (negel): Gewürznelken Pastell: Farbstoffpflanze (Kreuzblütler), eine Art Waid, aus der Gegend um Toulouse Partita doppia „doppelte Buchführung“.13 Partita, Grand: „Großer Posten“; partita = Posten14; „Geschäfte“15; (Partida, parthy): „Rechnungsposten“, „Kaufbestimmungen“, „Vertrag“, Handelsgeschäft“ 16, zu letzterem bedarf es eines Unterkäufels (hier: in Lissabon); „Schulden“17; „Buchgeld“18 Pexaro: Pesaro an der Adria Pfennwert: (Pfennigwert): Waren von geringem Wert (Pfennigwert); Krämer- oder Kleinwaren Pfingstmarkt: Antwerpener Pfingstmarkt, ab Donnerstag nach Pfingsten terminiert19 plahen: Leinwand zum Überspannen der Wagen und Saumlasten20 polledri: Napolitanische Pferde als Fohlen (oder Füllen) bis zum 7./8. Lebensjahr piper: Pfeffer Rata: Kapitalanteil Ragionenbuch: Register/Registrierbuch von Handelsgesellschaften in einer Stadt. Ragio ist ein aus dem Italienischen stammender Begriff für Handelsunternehmen Recolta/Racolta: Ernte ricordanz: schriftliche Erinnerung, Ermahnung Rentmeister: Finanzbeamter Rentmeisterbrief: „verzinste Privatverschreibungen der Rentmeister für Darlehen, die sie für die niederländische Regierung aufnahmen“21 restitution: Wiederherstellung der ursprünglichen (Rechts)verhältnisse revocation: Widerruf, Rücknahme ricapito: Der Ort, wo ein Wechsel abgegeben wird; die Abgabe oder Einlösung eines Wechsels 13 Basil S. Yamey, Artikel ‚Doppelte Buchführung‘ in: North (Hrsg.), Von Aktie bis Zoll, S. 89. 14 Penndorf, Geschichte der Buchhaltung, S. 42, Anm. 1. 15 Je nach Zusammenhang kann damit auch nach Kellenbenz, Mederʼsches Handelsbuch, S. 28 Anm. 243 gemeint sein. 16 Müller, Welthandelsbräuche, S. 293. 17 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. II, S. 167. 18 Ugo Tucci, Artikel ‚Banco Giro‘, in: North (Hrsg.), Von Aktie bis Zoll, S. 31, ebenso Michael North, Artikel ‚Buchgeld‘, in North (Hrsg.), Von Aktie bis Zoll, S. 65. 19 Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 105. 20 Müller, Welthandelsbräuche, S. 341. 21 Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, Bd. 1, S. 365; Zitat: Schmidt, Gewerbebuch: S. 462.

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ruffianer: Kriecher, Speichellecker, Schmeichler, Zuhälter, Dieb Saum: Gewichtsmaß Sensale: Makler, Unterkäufel sendel: Futtertaft schamelot: Hochwertiger wollener Kamelhaarstoff scri[p]t[ur]a de banco: Auf Bankschrift, durch bankmäßige Verrechnung (Bankzettel)22 stumpf: Sack stupfen: Preiskartelle errichten23 tag: Versammlung, personell und terminlich teiding: Vergleich, Einigung Unterkäufel: Makler, Sensale (Venedig) verehrung: Honorar, Geldgeschenk aufgrund besonderer Leistung Verschreibung: Einzelverträge von Mitarbeitern einer Gesellschaft, z. B. Handelsdienern und Faktoren vorganger: Regierer oder Leiter einer Gesellschaft walhen oder walchen, welschen: „das send Florentiner ind Jenoesen“,24 „es waren Italiener, die vielfach als Korrespondenten oder Kommissionäre fungierten“,25 „Welschen oder auch respondente“.26 zaichen: Handelszeichen zerung: Auslagen, Aufwendungen, Spesen zimat, zima oder stima: Safran

22 23 24 25 26

Müller, Welthandelsbräuche, S. 361. Voltmer, Krämer, Kaufleute, Kartelle, S. 440. Möncke, Ausgewählte Quellen, S. 399. Kellenbenz, Das Mederʼsche Handelsbuch, S. 170. Ebd., S. 41.

385 Anhang

WÄHRUNGEN Aufgelistet sind die Auflösungen der im Text abgekürzt wiedergegebenen Währungen. Allgemein: siehe auch Markus A. Denzel (Hrsg.), Währungen der Welt, Bd. IX. Europäische Wechselkurse von 1383 bis 1620, (Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 59), Stuttgart 1995. Hier werden die verschiedenen Währungsangaben den entsprechenden Währungsräumen folgend belassen. Wenn von scudo oder scudi die Rede ist, ist der scudo d’Italia bzw. scudo d’oro gemeint. ci oder cr den. duc. fl. rh. h. kr. lb. pfd. ß. ▽

1 2

Carlini (Neapel: 1 ducato di carlini = 5 tari = 10 carlini = 100 grani1) denari Dukat rheinischer Gulden (1 fl. rh = 20 Schillinge = 60 Kreuzer = 240 Pfennige) Heller Kreuzer Pfund Pfennig Schilling Scudo [d’italia] (Krone) (100 Scudi d’Italia = 110 Ducati di carlini2)

Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 85. Bei Geffcken / Häberlein, Rechnungsfragmente, Einleitung (Häberlein), S. CXXV wird folgende Einteilung vorgenommen: 1 ducato di carlini = 30 tari = 60 carlini = 600 grani. Westermann / Denzel, Kaufmannsnotizbuch, S. 85.

386 Anhang

ABKÜRZUNGEN UND SIGLEN

AKG Anm. Bl. BSB BayHstA München Cgm DRW EWA Fasz. GNM HA HRG Hs. JbÜ MVGN pag. RKG Rst StA StadtA StaBi VSWG ZhF ZRG GA

Archiv für Kulturgeschichte Anmerkung Blatt Bayerische Staatsbibliothek Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München Codex Germanicus Deutsches Rechtswörterbuch Evangelisches Wesenarchiv Faszikel Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg Historisches Archiv Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Handschrift Jahrbuch für Überseegeschichte Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg Pagina Reichskammergericht Reichsstadt Staatsarchiv Stadtarchiv Stadtbibliothek und Staats- und Stadtbibliothek Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Zeitschrift für historische Forschung Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung

387 Anhang

VERZEICHNIS DER TABELLEN UND EINER GRAFIK Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13: Tabelle 14: Tabelle 15:

Die beteiligten Personen im Fall Wolf Imhoff gegen die Imhoff-Gesellschaft Quellengrundlage aus den Jahren 1545–1555 (GNM Nürnberg, HA, Imhoff-Archiv, Fasz. 39) Chronologie Wolf Imhoff gegen die Imhoff-Gesellschaft Rechnung aus dem Brief: Coppia wie Simon Imhoff sein schweher herrn Bartholomäus Haller hot sollen schreiben, Juli 1550 Rechnungsaufstellung in der Stellungnahme ‚Endres Imhoffs und Mitverwandte‘ für das Nürnberger Stadtgericht, Ende 1550 Die Testamente Hans Paumgartners d. J. und seiner Frau Regina, geb. Fugger Entwicklung des Gesamtguthabens von Paulus Behaim Abschlussrechnung der Imhoff-Gesellschaft gegenüber Paulus Behaim aus dem Jahr 1556 Auszug aus dem Handlungsbuch und Bilanzen 1556-1567 des Paulus Behaim Die berufliche Laufbahn Lukas Rems Die Chronologie ‚Hieronymus gegen Sebastian Imhoff‘ nach den Quellen Gewinne der ‚Lukas und Endris Rem-Gesellschaft‘ Vergleich der vertraglichen Modifikationen von 1514 und 1524 Konfliktfelder in oberdeutschen Familiengesellschaften und angewandte Maßnahmen zu deren Lösung Gesellschaften und Maßnahmen im Konfliktfall

QUELLEN UND LITERATURVERZEICHNIS 1. Ungedruckte Quellen Nürnberg Staatsarchiv (= StA Nürnberg) Reichsstadt Nürnberg, Briefbücher Reichsstadt Nürnberg, Ratsbücher Reichsstadt Nürnberg, 7-farbiges Alphabet Akten, Nr. 168 Reichsstadt Nürnberg, D-Laden Urkunden, Nrrn. 357, 358 Reichsstadt Nürnberg, D-Laden Akten, Nrrn. 1807, 1808 Reichsstadt Nürnberg, D-Laden Akten, Nr. 1364 Reichsstadt Nürnberg, Handschriften Nr. 264 Stadtarchiv Nürnberg (= StadtA Nürnberg) E 11/II FA Behaim, Nr. 601 E 1/1905 FA Viatis, Nrrn. 1, 12, 13 E 19/II FA Peller, Nrrn. 12, 14, 16, 18, 357 Historisches Archiv des Germanischen Nationalmuseum (= GNM Nürnberg, HA) Behaim-Archiv Fasz. 5, 25, 26, 29, 44, 62 Imhoff-Archiv I, Fasz. 8, 14, 22, 25 28, 29, 30, 31, 38, 39, 40, 44, 46, 49, 61 Imhoff-Archiv II, Fasz. 44, 11 Augsburg Stadtarchiv (= StadtA Augsburg) EWA, Nr. 383 Notariatsarchiv Spreng, XX, Nr. 14 Ratsprotokolle –, 17/II (1543) –, 18/II (1544) –, 19/I (1545) Reichsstadt Augsburg –, Kaufmannschaft und Handel, Literalien, Nr. I, 16 –, Kaufmannschaft und Handel, II. Akten, Fasz. V 26 –, Kaufmannschaft und Handel 16 –, Stadtgericht, Schuld-, Klag-, Appellationsakten, Teil 2, Karton XVII Staatsarchiv (= StA Augsburg) Reichsstadt Augsburg, Akten Nr. 213 Staats- und Stadtbibliothek Augsburg (= StaBi Augsburg) 2oCod. Aug. 489 4oCod. H 13

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Quellen- und Literaturverzeichnis

München Bayerisches Hauptstaatsarchiv (= BayHstA München) RKG Akten Nr. 6802 Kasten blau 382/3–6 Staatsbibliothek (= BSB München) BSB München Cgm 1514 Leutkirch, Allgäu Fürstl. Waldburg-Zeil’schen Gesamtarchiv, Schloss Zeil Nrrn. 4838 und 4839

2. Gedruckte Quellen Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 2 (Nürnberg, Bd. 2) Leipzig 1864. Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 5 (Augsburg, Bd. 2), Leipzig 1866. Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 23 (Augsburg, Bd. 4), Leipzig 1894. Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 25 (Augsburg, Bd. 5), Leipzig 1896. Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 32 (Augsburg, Bd. 7), Leipzig 1917. [Cotrugli] Benedetto Cotrugli, Il libro dellʼarte di mercatura, a cura di Tucci, Ugo, (Techné, 9,1), Venedig 1990. [Fabri] Fratris Felicis Fabri Evagatorium in Terrae Sanctae, Arabiae et Egypti peregrinationem, Haßler, Konrad Dietrich (Hrsg.), Stuttgart 1843. [Lindener] Lindener, Michael, Schwankbücher: Rastbüchlein und Katzipori, (Arbeiten zur mittleren deutschen Literatur und Sprache, 20), Heidemann, Kyra (Hrsg.), Bern 1991. [Mair] Mair Paul Hektor, Zwei Chroniken des Augsburger Ratsdieners Paul Hektor Mair, Leipzig 1917. [Meder] Das Mederʼsche Handelsbuch und die Welserʼschen Nachträge, Kellenbenz, Hermann (Hrsg.), (Handelsbräuche des 16. Jahrhunderts, 15), Wiesbaden 1974. [Morelli] Giovanni di Pagolo Morelli, Ricordi, a cura di Branca, Vittore, Florenz 1956. [Müllner] Müllner, Johannes, Die Annalen der Reichsstadt Nürnberg von 1623. 1. Bd.: Von den Anfängen bis 1359 (1972); 2. Bd.: Von 1351 bis 1469 (1984), Hirschmann, Gerhard (Hrsg.), Nürnberg 1984. [Paumgartner] Quellen zur Handelsgeschichte der Paumgartner von Augsburg (1480–1570) Handelsgeschichte der Paumgartner, Müller, Karl Otto (Hrsg.), (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit, 9), Wiesbaden 1955. [Rem] Das Tagebuch des Lucas Rem aus den Jahren 1494–1541. Ein Beitrag zur Handelsgeschichte der Stadt Augsburg, (Jahresbericht des historischen Kreisvereins im Regierungsbezirk von Schwaben und Neuburg, 26), Greiff, Benedikt (Hrsg.), Augsburg 1861. [Schwarz] Das Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz aus Augsburg von 1548, Westermann, Ekkehard / Denzel, Markus A. (Hrsg.), (VSWG Beihefte, 215), Stuttgart 2011. [Schweicker] Schweicker, Wolfgang, Zwifach Buchhalten. sampt seinen Giornal, desselben Beschlus, auch Rechnung zu thun, Nürnberg 1549. (http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10148032_ 00005.html)

Quellen- und Literaturverzeichnis

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REGISTER PERSONENREGISTER A Achilles, Albrecht, Markgraf von Brandenburg 157, 158, 266, Albizzo del Bene 74 Alciatus, Andreas 163 Alvarez de Toledo, 81, 126 - Fernando - Maria, geb. Enriquez de Toledo 126 - Pedro 81,118, 120, 125 Anderson, Hans 304 Antinori, Peter Antonio de Nobili 175, 176, 329 Arzt-Gossembrut-Ulstatt 49, 241 Arzt, 17, 22, 27, 32, 59, 60, 243–268, 323, 325, 326, 332, 340, 358, 364, 363, 366, 369, 370, 375, 375, 379, 380 - Anna, geb. Graser 246, 256, 267 - Hans I. (d. Ä.) 22, 244–268 - Ulrich d. Ä. 245, 248 - Ulrich d. J. 245, 249, 251, 252, 255, 256, 258, 260, 261, 256, 267, 271 Auer 38 Auslasser, Hans 165 B Bair, Konrad 207, 209, 218, 225, 226, 227, 228, 233, 234, Bartolus de Saxoferrato 239 Bayern-Ingolstadt, Ludwig von 157 Bayern-Landshut, Ludwig von 267 Behaim 17, 27, 33, 49, 60, 174–193, 209, 323, 324, 364, 375 - Friedrich VII. 175, 176 - Katharina 178, 185 - Klara 176 - Lucia 175, 185 - Michael 175 - Paulus 60, 70, 71, 78, 79, 174–195, 197, 210, 214, 328, 329, 333, 349, 357, 358, 364, Berlin, Georg 242 Berthold von Regensburg 57, 58 Betzin, Gabriel 175 Blarer, Gerwig 277

Böcklin 23, 27, 360 - Christoph 360, 361 - Hieronymus 360 - Pankraz d. Ä. 360, 361, 375 - Pankraz d. J. 360, 361 Bosch, Robert 55 Bosfeld 236 C Coler, Hans 256 Cotrugli, Benedetto 34, 61, 330, 369 D Deburg, Piero 196 Diesbach-Watt 27, 323 Diesbach, Ludwig II. 61, 323 Dittmar, Valentin 345 Ducci, Gaspar 175 Durant 236 E Ebner, Erasmus 143 Echain, Lukas 196 Endorfer, Friedrich 232, 336 Erasmus von Rotterdam 57, 162, 163 F Ferdinand I. von Habsburg, röm. dt. Kaiser 163, 277 Fibonacci, Lionardo 330 Forenberger, August 193 Forst, Georg 307, 308 Franchi, Francesco di 306 Fregeno, Marinus da 157 Freidings, Ulrich 265 Friedrich III. von Habsburg, röm. dt. Kaiser 52 Fritzen, Hans 230 Fugger (vom Reh), Barbara 150, 152 Fugger (von der Lilie) 25, 29, 34, 42, 81, 82, 115, 124, 127, 156, 159, 161, 234, 284, 344, 345, 375

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Register

- Anton 115, 160, 161 - Georg I. 159, 160, 345 - Jakob (der „Reiche“) 159, 160, 345 - Marx 360 - Regina 160 - Ulrich I. 159, 345 Fürer 75 G Gabler, Stefan 288, 289 Gassner, Philipp 289 Geiler von Kaysersberg, Johann 35, 53, 56, 57, 58 Georg (Jörg) von Nürnberg 34, 374 Gering, Christof 210, 212, 222, 225, 226, 227, 228, 229, 230, 237 Gerütter, Lienhard 157 Geuder, Jörg 256 Gossembrot, Sigmund 162, 249, 253, 255, 262, 264, 265, 267, 268, 271 - Ursula, geb. Arzt 249 Grander - Claus 152, 153 - Endres 355 - Thomas 158 Graser, Sebald 255, 258 Gremling, Wilhelm 268 Grimmel - Felix 27,44 - Jakob 27, 44 Grumbach, Wilhelm von 172 Grunther, Paulus 256 Gugel, Christoph 210, 233 H Haintzel, Hans 202 Haller von Hallerstein 80, 84, 86, 133–143 - Bartholomäus 21, 136 - Hieronymus 62, 336 - Ruprecht 81, 90, 143, 144, 145, 1146 - Sebold 81, 98, 99, 109 - Wolf 134, 135, 141, 143, 144, 145, 214, 234 Hanold (Haunold, Honold), Ulrich 64, 271, 272, 273, 275, 199 Harsdorfer, Wolf 135 Hartlieb, Hans 268 Haug-Langnauer-Linck 23, 63, 323, 325, 375 Haug, - David 325 - Ludwig 325

Herbrot, 276–282, 375 - Christoph 277 - Hans 277 - Hieronymus 277 - Jakob d. Ä. 171, 277, 278, 279, 280, 281, 322, 366, - Jakob d. J. 277 - Matthäus 277 Herwart, Daniel 323 Höchstetter-Villinger 43 Höchstetter 17, 27, 45, 46, 64, 282–303, 324, 326, 343, 345, 348, 350, 351, 352, 354, 365, 375 - Ambrosius d. Ä. 49, 50, 59, 116, 200, 238, 280, 283, 284, 285, 286, 287, 288, 289, 290, 292, 295, 296, 298, 299, 301, 348, - Ambrosius d. J. 285, 286, 287, 289, 291, 295, 296, 351 - Georg 287, 291 - Hans 289, 291, 295, 296 - Joachim 295, 296, 298 - Joseph 295, 286, 296 - Sigmund 289 - Wilhelm 289 Holtzschuher, - Hieronymus 135 - Bartholomäus 217, 234, 236 - Veit 217, 234, 236 Hörnlin, Ludwig 150 Hößlin, Jörg 252 Hubner, Linhardt 305 I Imhoff 17, 19, 27, 32, 33, 45, 46, 60, 67–147, 90, 160, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 193, 194, 197, 206–243, 322, 323, 324, 326, 343, 346, 347, 348, 349, 352, 353, 354, 356, 357, 358, 364, 366, 367, 368, 369, 371, 375, 379, 380 - Anna, geb. Paumgartner 68 - Anna, geb. Welser 68, 160 - Apollonia 214 - Bernhard 68 - Endres I. 65, 67, 68, 70, 71, 74, 76, 77, 78, 79, 81, 87, 90, 101, 112, 116, 129, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 140, 146, 176, 177, 178, 185, 189, 190, 191, 194, 207, 208, 233, 236, 238, 245, 206, 210, 221, 227, 228, 233, 236, 238, 245, 325, 370, 371

431

Register - Endres II. 71, 82, 133 - Endres III. 75 - Gabriel 171, 178, 187, 212, 213 - Hans I. VI. 65, 352 - Hans II. 65 - Hans IV. 65, 66, 67 - Hans V. 68, 75 - Hans VI. 70, 75, 76, 81 - Hans VII. 76 - Hieronymus I. 81, 86, 90, 94, 99, 100, 103, 108, 111, 115, 123, 124, 130, 206, 207, 208, 209, 212, 215, 216, 218, 233, 235, 239, 240, 242, 367, 368, 371 - Hieronymus II. 68, 78, 79, 81, 206–242 - Jakob I. 75 - Katharina (geb. Tucher) 76, 214 - Konrad 65, 352 - Konrad II. 66 - Lienhard 81, 85, 86, 96, 112, 121, 137, 144 - Ludwig 68, 352 - Michael 176, 187, 212, 213 - Nikolaus 66 - Paulus 186, 98, - Peter I. 67, 68, 79, 123, 352 - Peter II. 68, 352 - Regina, geb Rehlinger 75 - Sebastian I. 70, 71, 81, 93, 144, 176 - Sebastian II. 70, 71, 79, 81, 206–242 - Simon 160, 212 - Ursula, geb. Schlaudersbach 67 - Wilhelm I. 75, 76 - Wilhelm II. 76 - Willibald I. 70, 75, 145, 187 - Wiltpolt 71 - Wolf 60, 65, 80, 81, 84–147, 242, 323, 357, 368, 370, 375 J Jeger, Wolf 306 Joppel, Michael 338 Jung, Ambrosius 281 K Karl V. von Habsburg, röm. dt. Kaiser 81, 162, 163, 284, 381 Kleberger, Hans 68 Kneussel 328 Koler (Coler), Hans 45, 155, 256 Kress 45, 157, 330 - Fritz 157, 339

- Hiltpolt 157 - Konrad 157 - Ulrich 157 Krupp 19 L Lang, - Melchior 305, 307, 308 - Moritz 304 Langnauer, Hans 63, 325 Lauginger, Narzis 196, 202 Linck, Ulrich 63 Lindener, Michael 173 Luther, Martin 56 M Mair, Paul Hector 172, 276, 278 Manlich 256–282 - Marina, geb. Herbrot 278, 281, 282, 366 - Matthäus 279, 281, 305 - Simon 178, 279, 280, 281, 282, 366 Manuel I., König von Portugal 163 Maria von Habsburg, Königin von Ungarn 163 Maximilian I. von Habsburg, röm. dt. Kaiser 42, 161, 283, 284 Maximilian II., König von Bayern 161 Medici 48, 157, 158 Melanchthon, Philipp 75 Meuting (Meiting) 149–156 - Afra 156 - Bernhardin 155 - Clara, geb. Rehlinger 155 - Hans I. (d. Ä.) 149, 150, 152, 153, 154, 155, 363, 358 - Hans II. (d. J.) 149, 150, 152 - Hans-Jörg 87, 95 - Jobst 155 - Jörg 269, 275 - Johann 149 - Konrad I. 149, 150 - Ludwig 155, 156 - Ulrich I. 149 - Ursula 155 - Veronica, geb. Imhoff 156 Morelli, Giovanni di Pagnolo 61 Muffel, Jakob 93 Müller, - Bonifazius 306 - Ursula, geb. Scheffer 306

432

Register

N Nagel, Caspar 244, 246, 247, 249, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 260, 261, 262, 263, 264, 265 O Oheim (Öhem), Thoman 245, 246, 247, 248, 249, 250, 251, 254, 264, 265 Oliva, - Alexander 80, 90, 102, 111, 114, 116, 117, 118, 119, 121, 123, 133 - Cesare 88, 90, 102, 111, 114, 116, 117, 118, 119, 121, 123, 133 Oppenheimer19 Örtel, Matthias (Mathes Orttel) 81, 100, 115 Osorio y Pimentel, Maria 125, 126 330, 331 P Pacioli, Luca 330, 331 Paumgartner 22, 27, 158174, - Anna, geb. Freifrau von Kainach-Leonrod 164, 172 - Anna, geb. Kress 157, 333 - Anton I. 32, 51, 60, 75, 157, 158, 245, 246, 323 - Anton II. 168, 170, 172, 173 - Clara, geb. Arzt 51, 158, 245 - Clara, geb. Zenner 323 - David 163, 164, 167, 168, 169, 170, 171, 172, 173 - Felizitas (geb. Rehlinger) 100, 158 - Franz 159, 299 - Hans I. (d. Ä.) 159, 160 - Hans II. (d. J.) 150, 154, 159, 160, 161, 162, 166, 171, 173, 360 - Hans III. 166 - Hans-Franz 285, 286, 296, 298, 310, 351 - Hans-Jörg (Hans-Georg) 163, 166, 167, 168, 169, 170, 171, 172 - Konrad I. (d. Ä.) 157, 158, 256, 323, 339 - Konrad II. (d. J.) 75 - Martin 157 - Michael 157 - Ottilie, geb. Höchstetter 159, 299 - Regina, geb. Fugger 160, 161, 162, 154, 165, 166, 168, 170, 171, 173, 360 - Regina, geb. Honold 167, 169, 170 Peller 304–321

- Anna Margaretha 309 - Christoph 309 - Heinrich Martin 309 - Maria, geb. Viatis 305, 306, 308, 317, 318, 319, 320 - Martin 308, 309, 310, 311, 312, 314, 315, 316, 317, 318, 320, 323, 340, 341, 360 - Regina 309 - Tobias 309, 315, 318 - Wilhelm Bartholomäus 309 - Balthasar II. 307, 309 Philipp, Herzog von Kleve 283 Porsche, Peter Daniell 354 Poth, Ambrosi 193 Pulfinger, Conrad 85, 86, 90, 100, 102, 123, 124 R Raud, Conrad 150 Regel, Jörg (Georg) 280, 281 Rehlinger (Rehlingen) 14, 245, 343, 351 Reiffsteck, Christoff 242 Rem 323, 325, 375 - Ägidius 290 - Bartholomäus 156, 200, 287, 288, 289, 290, 291, 293, 297, 301, 303, 347, 348, 365 - Endres 205, 268–275 - Hans 205 - Ludwig 287 - Lukas I. 290 - Lukas II. (Tagebuchautor) 33, 64, 195–206, 268–276, 290, 325, 326, 329, 338, 349, 354, 358 - Wilhelm 34, 58,59, 347 Rockefeller 19 Rothschild 19 S Schauer, Engelhard 137 Scheffer, - Balthasar 307 - Barbara 306 - Jörg 304, 305 - Michael 307 Scheurl 49, 375 - Christoph I. 33, 62, 63, 336, 337, 338 - Albrecht 71 Schlaudersbach 68 - Georg I. 67 - Georg II. 67

433

Register - Helena, geb. Imhoff 67 Schwarz, Matthäus 34, 331 Sedeler, Peter 280 Seitz, Simon 202 Sender, Clemens 34, 50, 51, 59, 116, 283, 285, 286, 298, 299, Soranzo 329 Steinberger, Peter 157 Stetten, Christoph von 163 Stockalper, Kaspar von 37 Summenhard, Konrad 58 T Tetzel, Jobst 244 Tucher 71, 78, 82, 330 - Anton 244 - Gabriel 336 - Herdegen 336 - Katharina, 214, 234, 229 - Leonhard 325 U Ulstatt 49 - Hans 245, 247, 250, 251, 254 - Justina 244, 256, 258, 260, 262 Ungelter, Hans 290, 295, 296, 351 V Vergara, Johannes F. 163 Viatis-Forst 308, 309 Viatis-Peller 17, 23, 27, 31, 49, 309, 310, 320, 322, 332, 340, 346, 360, 375 Viatis, - Anna, verw. Scheffer 305, 307, 317, 319 - Bartholomäus I. 76, 304–312, 318, 322, 338, 340, 341, 360 - Bartholomäus II. 305, 306, 307, 310, 312, 314, 315, 316, 317, 318, 320 - Catharina, geb. Schlüsselfelder 308 - David 306 - Felicitas, geb. Siedelmann 308 - Florentina, geb. Jeger 306, 307, 319 - Johann (Hans) 306 - Ursula 306,318

- Wolfgang (Wolf) 306, 318 Vöhlin, - Hans 202 - Katharina 195 - Konrad II. 195, 202 W Wagner, Ulrich 34, 332 Waldburg, Erich von (Fürst zu Zeil) 172 Weißhaupt-Schreiber-Dittmar 151, 342, 344, 345, 350, 365, 370, 375 Welser-Rem 49, 324, 375raaaavvba Welser-Vöhlin 49, 195, 197, 268, 271, 339, 340, 375 Welser, - Anton I. 136, 160, 175, 195, 199, 200, 202, 329 - Anton II. 200, 202, 326 - Barbara 195 - Bartholomäus V. 68, 196, 201, 202, 206 - Christoph 74 - Christoph II. 196 - Hans 280 - Jakob I. 202, 206 - Magdalena 196 - Sebastian 135 Widman, Johannes 322 Wiss 371 Wittelspeken, Paul 280 Wolf, Christof 124 Wollandt, Hans 304 Y Ylsung (Ilsung), Melchior 280 Z Zangmeister, - Hieronymus 146 - David 146 Zasius, Ulrich 162 Zimmerman, Marx 198 Zink, Burkhard 155

434

Register

ORTSREGISTER A Abruzzen 67, 82, 84, 93, 94, 101, 116, 141, 211, 381 Almadén 59 Albigeois 197 Amsterdam 38, 283 Antwerpen (Antorff) 35, 38, 42, 53, 70, 71, 72, 73, 92, 116, 147, 148, 158, 159, 170, 181, 182, 193, 199, 200, 201, 203, 204, 205, 215, 274, 328, 330, 384 Arras 284, 382 Atlantik 35, 37, 39 Augsburg (Augspurg) 13, 17, 23, 24, 27, 28, 29, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 38, 42, 45, 49, 51, 53, 58, 59, 61, 63, 64, 65, 68, 69, 70, 72, 73, 74, 75, 79, 80, 81, 84, 85, 86, 94, 96, 99, 102, 103, 106, 107, 109, 111, 112, 113, 118, 121, 122, 124, 127, 128, 129, 132, 133, 134, 135, 137, 145, 147, 149–156, 157, 158, 159, 160, 161, 162, 163, 171, 172, 173, 195, 196, 198, 199, 201, 202, 203, 206–242, 243–268, 271, 274, 276, 277, 278, 279, 280, 281, 282, 283, 284, 285, 287, 288, 289, 305, 322, 323, 329, 339, 342, 347, 351, 358, 360, 365, 366, 367, 368, 373, 374, 375 Avignon 26, 36

C Castel Maggiore 68 Chalon-sur-Sâone 38 Champagne 36, 38 Chieti (Provinz) 117 D Dänemark 286 Donau 37, 38, Donauwörth (Thonauwerdt) 229, 235, 236 Dortmund 36 Durlaugingen 167 E Eisleben 76, 77 F Flandern 36, 38, 40, 284 Frankfurt am Main 25, 32, 38, 53, 54, 72, 81, 82, 93, 135, 150, 180, 181, 190, 191, 192, 195, 264, 266, 267, 274, 293, 305, 306, 308, 369 Freiberg 285, 256 Freiburg im Breisgau 163 Fribourg im Üchtland 200

B G Barcelona 329 Bari 71 Basel 324, 329 Bastogne 203 Bergen-op-Zoom 70, 198, 383 Berninapass 37 Biberach 346, 351 Bodensee 36, 38 Böhmen 39, 161, 305 Bologna 68, 163 Bourges 164 Brabant 74, 284 Brenner 37 Breslau 36, 38, 67, 277, 305, 329, 339, 341 Brig 37 Brügge 38, 150, 284, 329 Brüssel 42, 73, 74, 165, 200, 202, 203, 285 Bündner Pässe 37

Gabelbach 168 Genf 38 Genua 151, 205, 320, 329 Glöttweng 169, 170 Gossensass 168 Gräfental 76, 77 Großer St. Bernhard 37 H Hamburg 38, 309 Hohenschwangau 161, 162, 164 Hornbach 284 I Idria 43, 167, 284 Ilhas de Madera 199

435

Register Indik 35, 37 Istrien 160

N J

Jenbach 284 Joachimstal 167, 284 Julierpaß 37 K Kärnten 39 Kißlegg 172 Köln 36, 38, 236 Konstanz 27, 36, 38, 341 Konzenberg 169, 170, 171 Krakau 36, 38, 175, 328, 329 Kundl 159 L L’Aquila 32, 60, 67, 70, 71, 81, 82, 83, 84, 87, 88, 89, 90, 93, 94, 95, 97, 98, 99, 101, 102, 103 105, 106, 107, 108, 110, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 123, 124, 125, 130, 133, 136, 138, 142, 145, 176, 211, 212, 236, 237, 357, 368, 370, 381 Lanciano 116 Landsberg 169, 170 Lauingen 65, 277, 322 Leipheim 195 Leipzig 36, 45, 71, 308 Lissabon 38, 71, 197, 198, 199, 275, 328, 383 London 38 Lübeck 38, 53 Lyon 32, 35, 36, 38, 66, 67, 71, 74, 176, 196, 198, 201, 213, 223, 304, 323, 328, 329, 336, 337 M Madeira 197, 198 Mailand 42, 196, 329, 378 Mainz 36 Malojapass 37 Mansfeld 76 Memmingen 27, 38, 43, 49, 199, 341 Merenstetten 169 Mittelmeer 37, 38, 39

Namur 202 Neapel 32, 60, 61, 70, 71, 75, 80, 81, 83, 84, 85, 87, 88, 90, 91, 93, 94, 95, 97, 98, 99, 100, 102, 103, 104, 105, 106, 109, 110, 111, 112, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 122, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 129, 133, 136, 138, 140, 141, 145, 147, 176, 357, 368, 370, 381, 385 Niederlande 163, 197, 199, 200 Nordafrika 38, 197 Nordsee 37 Novgorod 38 Nürnberg 13, 17, 22, 23, 24, 27, 28, 31, 32, 33, 35, 36, 38, 39, 42, 51, 52, 59, 60, 61, 65–86, 88–115, 117, 118, 119, 120, 122, 123, 125, 127, 128, 130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 138, 141, 142, 145, 147, 149, 155, 157, 158, 174, 175, 176, 179, 180, 181, 190, 198, 206, 207, 208, 210, 215, 216, 218, 219, 221, 223, 225, 231, 233, 234, 236, 237, 239, 238, 242, 243, 245, 246, 248, 256, 257, 260, 261, 262, 263, 266, 267, 272, 288, 289, 304, 305, 306, 308, 309, 310, 314, 317, 330, 332, 334, 338, 342, 346, 347, 357, 358, 360, 364, 367, 368, 370, 373, 374, 375 O Oberschlesien 304 Oder 37 Ostsachsen 304 Ostsee 36, 37 P Padua 163, 164, 196 Palma de Mallorca 198, 199 Paris 36 Pazifik 35, 37 Pesaro 82, 101, 116 Pisa 330 Portugal 38, 197, 198, 199, 273 R Radolfzell 308 Ragusa 61 Ravensburg 36, 332, 336, 355 Refingen 166

436

Register

Regensburg 36, 38, 57, 59, 90 Rhein 36, 37 Riedmühle 169 Rietheim 195 Rom 36, 42, 75, 83, 98, 137, 163, 205 Ropoltzhausen 166 S Sachsen 39, 167 Salzburg 39, 167 Saragossa 71, 176, 199 Schelde 37 Scheppach 166 Schlesien 39, 308 Schneeberg, Erzbgebirge 71, 367 Schoppershof 317 Schwäbisch Gmünd 306 Schwanstein 161 Schwarze Meer 37 Schwaz 165, 167, 284 Simplonpass 37 Spanien 38, 42, 59, 72, 116, 197, 273 St. Gallen 27, 36, 322 St. Gotthard 37 Straßburg 35, 53, 56, 202, Südsee 35

Trier 202 Tunis 197 U Ulm 36, 38, 149, 195, 202, 228, 272, 273, 274, 344 Ungarn 39 V Valencia 328 Venedig 32, 35, 38, 63, 68, 71, 75, 81, 82, 84, 90, 93, 94, 95, 98, 100, 101, 103, 138, 133, 134, 136, 143, 147, 150, 157, 163, 166, 176, 195, 196, 204, 256, 257, 263, 265, 305, 306, 308, 309, 328, 329, 334, 336, 337, 381, 384 Verona 196 Vicenza 196 Vlissingen 197 W Wallis 37 Weichsel 37 Weiler 166 Wolga 37

T Z Tirol 36, 39, 156, 157, 159, 160, 167, 171, 284, 285

Zeil i. Allgäu 173

437

Register

SACHREGISTER A Abfindung 169 abgang (Verlust) 91, 107, 130, 131, 247, 248, 250, 257, 262 Ablehnung 66, 190, 194, 208, 233, 266 Abnutzung 110, 169, 193 Abrechnung 46, 68, 70, 88, 90, 92, 95, 105, 107, 109, 117, 122, 127, 130, 131, 138, 141, 144, 145, 152, 153, 177, 178, 183, 185, 186, 201, 202, 206, 213, 215, 220, 225, 237, 247, 260, 272, 273, 275, 287, 310, 321, 324, 332, 349, 356, 357, 370 Abrechnungsjahr 184 Abschlussquittung 133 Abschlussrechnung 87, 88, 89, 93, 114, 133, 147 188, 193, 199, 217, 289, 356 Abstimmungsrelation (-verhältnis) 154, 156 Abstimmungsverhalten 150, 152, 154, 377 Abstimmungsverfahren 342 acorda 106, 108, 110, 138 Adel 35, 116, 161, 168 Adelshäuser 72 Adelsnachwuchs 162 administration 36, 236 Advokat 137, 233 Affäre 89, 90, 127 Aktendiebstahl 255, 256 Aktenführung 171 Aktennotizen 31 Aktiengesellschaften 14, 24, 43, 52 Akutmaßnahme 18 Alchemie 59, 172 Allerheiligen 83, 84 Allianz 28, 27, 28, 72, 74, 76 Anbaugebiet 82 Angestellter, kaufmännisch 48, 51 Animosität 32, 323 Anleihe, französische Krone 73, 226 Anleihe 72, 73, 74, 192, 211, 220, 284 anschlag 165, 273 Anschuldigung 87, 138, 203, 204, 248, 249, 267 Ansehen 55, 80, 132, 171, 271 Anstellungsvertrag 197 Anteil (Kapital) 13, 52, 130, 219, 237, 291, 132, 242, 296 Anteilseigner 13, 379 Appellation 213, 215, 247 Appellationsgrund 247

Appellationsprozess 248 Appellationsverfahren 211 Arbeitsverpflichtung 60, 175 Arbitrage 42, 114, 381 arckwöns (Argwohn) 97, 252, 253, 254 arestierung 115 Ärger 32, 88, 99, 207 auffhalttung 115, 193 Aufruhr 295, 300 Aufstieg (sozial, ökonomisch) 21, 25, 37, 38, 48, 61, 163, 165, 243, 248, 262, 279, 287, 306, 342, 377 Aufwandsentschädigung 247, 290, 352 Ausbildung, standardisiert 17, 25, 49, 330, 331, 332, 333, 335, 336, 339, 341, 377, 378, 379, 383 Ausbildungskanon 341 Ausbildungsorganisation 330 Ausbildungsort 326, 338, 339, 307, 339 Ausbildungszeit 307 Ausgleichszahlung 145 Auskommen, standesgemäß 58 Ausscheiden 24, 70, 116 Ausschluss 17, 245, 354, 355, 378, 383 Außenverhältniss 50, 51, 52 Ausstiegsklausel 150 Austritt (aus der Gesellschaft) 74, 206, 212, 216, 360 Außenbeziehungen 46, 203 Autobiographie 33, 67, 325, 338, 341, 357 B Banco Publico 77 Bankrott 23, 54, 59, 60, 61, 74, 76, 117, 159, 173, 174, 284, 287, 288, 328 Bankwesen 19, 40, 44 Barchent 38, 149, 334, 199 Barchenthandel 149, 245 Bargeld 84, 108, 191, 192, 250, 293 Baumwoll(handel) 143, 245 Bedrohungspotenzial 267 Befähigung, fachlich 25 Befähigung, kommunikativ 26 Befähigung, sozial 25, 26 Bergbau 39, 40, 49, 80, 161, 279, 283, 286, 303 Bergbaugeschäft 171 Bergbauwesen 75, 279

438 Bergwerk 40, 76, 165, 167, 168, 169, 171, 173, 284 Berufsgenossen 365, 369, 371 Beschwerde, s. gravamen Beschwerden, körperlich 178, 191 Besitzungen, allgemein 162, 164, 166, 167, 170, 171, 173 Besitzung, überseeischen 35 Besoldung 92, 141, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 196, 218, 233 bieberey 201 Bilanz (bilantza) 45, 46, 247, 249, 254, 260, 302, 355 Billigkeit 131, 211 Blüten, Safran 82 Blutsverwandtschaft 147, 233, 341 Bote 42, 85, 136, 155 Briefbücher 32, 167 Briefausgangsbücher 142 Briefeingangsbücher 142 Briefentwurf 137, 138, 364 Briefgeheimnis 353 Briefversion 85 Briefwechsel 79, 84, 86, 99, 102, 108, 208, 209, 233, 242, 364 Brokatstoff 39 Buchführung 16, 26, 40, 105, 142, 180, 196, 197, 203, 218, 245, 249, 252, 253, 258, 274, 321, 329, 326, 331, 332, 333, 336, 338, 357, 371, 398, Buchführung, doppelt 40, 41, 105, 328, 329, 330, 332, 382, 383, Buchführung, einfach 40, 41, 330 Buchgeld 105, 383 Buchhalter/Buchhaltung 34, 41, 51, 53, 60, 71, 88, 100, 105, 113, 138, 169, 171, 196, 201, 268, 274, 287, 329, 330, 331, 333, 337, 353, 356, 371 buchmäßig 183, 184, 311, 314 Buchprüfern 201, 244 Buhlschaft (pulen) 128 Bürge 120, 122, 280 Bürgereid 98 Bürgermeister 81, 90, 98, 109, 112, 113, 114, 117, 118, 147, 171, 245, 261, 277, 280, 322 Bürgermeister, älterer 74 Bürgermeister, jüngerer 66 Bürgerrecht 65, 98, 113, 149, 245

Register Bürgschaft 90, 91, 109, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 132, 134, 144, 171, 280, 350, 381 Bürgschaftskosten (-summen) 125, 144 Bürgschaftsverbot 149, 153, 294, 352 C Camergericht, s. a. Reichskammergericht, 138 Capitano 117, 118 Capus 196 cassir 71 caution 118, 119, 123, 168 Chancen, ökonomisch 25, 57 Chancen, personell 25 Chronik 28, 31, 34, 51, 58, 155, 172, 278, 285, 286, Chronist 34, 51, 58, 59, 283, 347 Clearingsystem 38 Codizill 165, 167, 168, 170, 316, 318, 319, 360, 361 commenda 43,49, 50, 273 compagnia 43, 50, 199 compromiss 90, 134, 135, 232, 382 conditio (Eignung) 61, 327, 376 conditio (Bedingung) 113, 229 Conte 111 D dargelegten vorteil 253 Darlehen 56, 74, 90, 91, 104, 107, 108, 111, 128, 129, 130, 157, 161, 195, 217, 220, 284, 311, 381, 382, 383 Darlehensgeschäft 83, 284 Denkschrift 62 depositario 158 Depositen 76, 345, 381 Depositengläubiger 300 Depositen- und Girobank 76 Desintegration 23, 279, 282, 340, 366 Desinteresse 326 Diener, handelsverpflichtete 38 Diffamation 141 Direktiven 47, 302, 354 Dispens 75 Disposition, persönliche 26, 245, 323, 378 driyt- und schiedtzman 232

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Register E Edelsteine (edelgestein) 39, 126, 275 Ehefrau (eefrau) 51, 76, 120, 128, 169, 170, 256, 257, 278, 304, 308, 317, 318, 323, 337 Ehemann (eeman) 170, 176, 245, 251, 267, 279, 307, 323, 366 Ehe 16, 129, 150, 155, 167, 170, 276, 278, 306, 307, 308, 312, 316, 317, 319, 321, 322, 323 Ehebrecher 163 Ehekonflikte 279, 366, 376 Ehekrise 366 Eheleute 280, 281, 282, 306, 340 Eheschließung 308, 340, 360 ehr, trauen und glauben 234 Ehre 54, 55, 58, 60, 61, 63, 64, 109, 110, 126, 190, 203, 253, 254, 268, 269, 271, 282, 291, 297, 298, 341, 342, 343, 344, 354, 377, Ehrenbuch 63 Ehrverlust 326 Eid (ayd) 44, 64, 96, 98, 107, 109, 121, 122, 123, 151, 198, 199, 291, 292, 303, 311, 342, 343 Eidesleistung 151, 253, 255, 342, 343 Eidespflichten 98 Eigennutz 44, 61, 92, 268, 353 Eigentümer 37, 115, 238 Eignung (mental) 164, 327 Einlage 47, 50, 51, 68, 69, 97, 104, 107, 110 128, 129, 130, 138, 139, 141, 151, 177, 178, 180, 182, 183, 185, 187, 191, 204, 234, 235, 240, 266, 281, 287, 290, 293, 303, 307, 311, 332, 333, 347 Einlageberechnungen 144 einnemen und ausgeben 177, 331 Einrede 92, 93, 139, 141, 248, 256, 258 Einspruch, rechtlich 139, 144, 289 Einstimmigkeit 154, 385 eisenhandel 165, 167 Elementarschule 195, 328 Elterngeneration 26 Endverbraucher 37 Engpässe, finanzielle 72, 172, 324 enndrechnung 177 Entscheidungsbefugnisse 46, 49, 51, 216 Entscheidungsfindung 16, 17, 33, 149, 152, 342, 358, 363 Enttäuschung 32, 324 Erbfolge 19, 162, 169, 171, 361

Erblasser 166, 167 Erbschaftsregelungen 21, 340 Erbstreit 160 Erfolgsmodell 80 Ernte, Safran 82, 84, 383 Ernteertrag 82 Erwerbsgesellschaften 43 Erziehung 163, 164, 376 Erziehungsideal 164 Ethik 26, 54, 55, 56, 59, 61, 63, 64, 291, 328, 350, 351, 376 Exceptio 144, 381 Expansion (territorial) 37, 39 Expansion (ökonomisch) 40, 42 F Faktoreibuchhaltung 88, 138 Faktoreien 41, 46, 47, 48, 65, 67, 68, 70, 71, 75, 90, 125, 138, 140, 197, 201, 294, 317, 328, 336, 352, 356, Faktoreinetz 71 Faktoreisystem 66, 94 Faktoren, preisbildend 58 Falschmünzerei 59 Fälschungen 151, 325, 345 Familienbegriff 13, 373 Familienbesitz 168, 173, 174 Familienbuch 157 Familienchronik61, 67, 323 Familiendynastie 19 Familienhand 24, 162, 167, 168 Familienmitglieder 13, 14, 17, 22, 44, 46, 47, 66, 86, 147, 162, 239, 287, 303, 355, 364, 366, 377, 380 Familiennetzwerk 340 Familienräson 68, 373, 374 Familienstatut 33, 162 Familienunternehmen 14, 15, 19, 21, 22, 44, 55, 340, 359, 373, 376, 377, 380 famulus 246 Farbstoff 39, 235, 383 Fehlbetrag 250, 251, 252, 256, 263, 264, 266, Fehlverhalten 59, 65, 351 Feindschaft 23, 80 Felle 38 Fernhandel 36, 37, 42, 80, 159 Fernrouten 37 Fertigwaren 66 Fideikommiss 162, 171, 318 Finanzkonsortium 74 Firmenangehörige 21

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Register

Firmenarchiv 22 Fisch 38 Fleisch 39 Flucht 38, 61, 102, 158, 285 Folter 244, 256 Fondaco dei Tedeschi 38, 66, 71, 76, 157, 163, 328, 329, 337 Frankfurter Messe 38, 71, 92, 179, 180, 191, 194, 204, 292 Freiherrenstand 161, 162, 164, 165 Fremdsprachenerwerb 26, 323, 327 Freundschaft 54, 150, 162, 181, 191, 194, 206, 222, 224, 245, 250, 266, 279, 296 Frieden 3, 44, 54, 63, 64, 78, 79, 298, 342, 343, 351 Friedenspflicht 297, 298 Friedenswahrung 54, 63, 64 Friedenswillen 64, 344 Fristen 180, 191, 192, 194, 213 Fuhrlohnkosten 101 Führungsposition 361 Fürkauf 56 Fürlegung 48, 183, 184, 204, 252, 253, 254, 258, 259, 261, 290, 294, 296, 308, 313, 314, 345, 382 Fürstenhof 36, 163 G Galgen 260, 261, 264 Ganzsatzmethode 334 Gefahr. allg. 26, 44, 58, 64, 131, 145, 164, 279, 282, 297, 301, 335, 340, 351, 354, 366 Gefahr, ökonomisch 25, 217, 279, 348, 351, 366, 376 Gefahren, sozial 23, 25, 164 Gefangennahme 88, 108, 110 112, 119, 120, 121, 122, 172, 217, 283, 285, 294, 296, 297, 301, 302, 325 Gefangenschaft 120, 123, 244, 283, 294 Gefängnis 51, 90, 111, 112, 119, 120, 121, 122, 124, 125, 126, 141, 147, 278, 279, 286, 366 Geheimbuch 41, 274, 290, 311, 331, 347, 348 Geheimhaltungsgebot 352 Geheimhaltungsklausel 92, 299, 353, 354, 352 Geheimhaltungspflicht 352 Gehorsam 91, 92, 98, 132, 153, 168, 277, 312 335, 361 Geiz 58, 77, 337

Gelddarlehen 161 Geldgeschäfte 45, 72, 73, 87, 94, 101, 179, 197, 211, 277 Geldgeschäfte, unautorisierte 352 Geldkreditverfahren 40 Geldverschwendung 163, 328, 336 Gelegenheitsgesellschaft 43, 50, 535 Geleit 35, 127, 132, 217 Gelieger 331, 382 Gelöbniss 151, 154 gemain gesellschaft 152, 344 gemain marstall 294 gemerk, s. Handelszeichen generalquittung 235, 236, 237 Generalrechnung 196, 198, 200, 201, 202, 254, 258, 271, 272, 289, 293, 294, 296, 300, 302, 382, Generalvollmacht 48,160 gepruch (Fehler) 250, 251, 258, 382 Gerechtigkeit 54, 107, 117, 131, 133, 134, 219, 227 Gerede 60, 254, 365 Gerichtsakten 31, 32, 93, 95, 134, 140, 358, 362 Gerichtsbücher 32 Gerichtsprotokoll 368 Gerichtsverfahren, ordentlich 24, 93, 147, 369 Gerichtsweg 154, 369, 370 Gerücht 16, 60, 254, 284, 293, 321, 325, 365 Gesamtguthaben 178, 181, 182, 183, 184, 185, 186 Geschäftsausrichtung 16, 322 Geschäftsbereich 21, 42, 47, 73, 256, 324, 331 Geschäftsführer 14, 48, 59, 154, 253, 259, 307, 321 Geschäftsführung 51, 171, 244, 245, 271, 277 Geschäftsgeheimnisse 92, 353 Geschäftsinterna 147, 352, 366 Geschäftskorrespondenz 41 Geschäftspartner 87, 205, 335 Geschäftsperiode 153 Geschäftspraktik 106, 202, 268 Geschäftsverantwortung 320 Geschäftszentrale 41, 60, 66, 68, 79, 80, 85, 89, 92, 96, 99, 106, 120, 128, 147, 245, 248, 254, 267, 274, 304, 310, 345, 352, 356, 357, 358, 370, 379 Geschlechter, alte 67 Geschlechter, neue 67 Geschrei 60, 253, 283, 285

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Register Gesellschafterkollegium 301,302, 359 Gesellschafterkreis 150, 152, 276, 301, 324, 357 Gesellschafterversammlung, ordentlich 17, 174, 186, 187, 192, 194, 201, 210, 243, 244, 254, 255, 258, 261, 264, 268, 327, 346, 349, 354, 355, 356, 378, 380 Gesellschafterversammlung, außerordentlich 17, 174, 187, 243, 248, 357, 362, 364, 378 gesellschaftsbrief, s. Gesellschaftsvertrag Gesellschaftsbuch (gesellschaftsbüechlein) 151, 152, 216, 265, 347, 345 Gesellschaftsfrieden 173 Gesellschaftsgründer 31, 44, 59, 202, 262, 359 Gesellschaftshierarchie 177 Gesellschaftsinterna 46, 147, 187, 242, 248, 290, 294, 297, 352, 353, 355, 366 Gesellschaftsname 218, 238, 269 Gesellschaftsregister 53, 383 Gesellschaftsvertrag 11, 24, 32, 45, 46, 50, 51, 52, 53, 64, 65, 69, 71, 90, 92, 151, 156, 167, 200, 206, 210, 215, 216, 217, 253, 273, 274, 288, 289, 290, 291, 293, 295, 296, 299, 301, 305, 309, 311, 312, 313, 316, 318, 322, 327, 333, 345, 347, 348, 349, 350, 352, 353, 355, 356, 357, 359, 363, 364, 365, 369, 372, 376, 377, 379, 384, 385, 386 Gesetzgebung 13, 64 Gesprächsnotizen 355 getrewliche vorganger 45 Gewandtschneider 283, 308 gewerb 35, 41, 42, 43, 44, 53, 57, 71, 150, 153, 160, 176, 215, 235, 252, 277, 285, 288, 291, 292, 293, 295, 344, 345, 358, 361 Gewerbebuch 333 Gewinn- und Verlustrechnung (gewin und verlust) 45, 51, 152, 200, 291, 321, 324, 349, 354, 358, 363, 375, 379, 382 Gewinnanteil 48, 292, 293 Gewinnchancen 57 Gewinnermittlung 47, 69, 79, 152, 210, 211, 249, 260, 271, 299, 332, 333, 346, 347, 348, 349, 366, 367, 370, 377 Gewinnhöhe 203, 245, 287 Gewinnmargen 276 Gewinnverteilung 16, 183, 202 Gewinnverteilungsquote 187, 202, 203, 204, 273, 320

Gewürze 39, 40, 66, 67, 71, 75, 82, 198, 381 Gewürzhandel 157, 176, 197, 283, 325 Girobank 76 Glaube, guter 60, 63, 115, 144, 145, 234, 235, 240, 254 Gläubiger 51, 52, 53, 61, 73, 100, 116, 171, 172, 218, 223, 224, 236, 277, 285, 286, 303, 304, 313, 322 Gläubigerkonsortium 74 glimpf 113, 132, 382 Glücksspiel 61, 131, 163, 299, 351, 352 gnadensilber 169 Grand Parti 74, 235, 220, 382 gravaminum/gravamen 107, 191, 224, 278 Großunternehmen 21 Großwarenhandel 159 Gründungskollegium 76 Gutachten 31, 32, 238, 239, 241 Güteverfahren 280, 298, 370 H Habsucht 58 Haftung 51, 52, 152, 252, 377 Haftung, gesamtschuldnerisch 51, 52, 152, 274, 292 Haftungsbeschränkung 52, 53, 215, 216 Haftungsfall 50, 52 Haftungsprozess 53 Haftungsverteilung 50, 54 handell und gewerb 176, 238, 277, 361 Handelsbuch 33 Handelsdiener 14, 47, 48, 81, 83, 84, 85, 86, 88, 91, 92, 94, 98, 102, 114, 123, 147, 159, 175, 184, 185, 197, 204, 206, 215, 218, 233, 239, 244, 246, 249, 252, 253, 255, 256, 261, 266, 268, 276, 2873 316, 384 Handelsfahrt 197 Handelshaus 21, 66, 76, 115, 197, 340 Handelsmarke, s. Handelszeichen Handelsmonopol 284 Handelspraxis 16 Handelsradius 20 Handelsregister 53 Handelsrouten (-wege) 37, 43 Handelsschiff 197 Handelsschriftgut 17 Handelstätigkeit 17, 78, 167, 276, 338 Handelstechniken 36, 40, 42, 218 Handelsvermögen 311, 320

442

Register

Handelszeichen (gemerk) 37, 115, 116, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 266, 285, 310, 314, 318 Handlungsbuch 33, 183, 193,194 Hanse 36, 43, 53 hantierung, gemein 165 haubtbuch 216, 247, 249, 331, 382, 196, 331, 332 Hauptbuchhalter 34 Hauptgesellschafter 28, 45, 69, 197, 210, 275, 289, 296, 302, 310, 324, 333, 346, 347, 348, 349, 355, 358, 363 Haupthandelsplatz 75 Hauptsumme 125, 165, 178, 184 Hausbuch 195 Haushaltsführung 247, 249 Hausrat (hausrat) 101, 169, 218, 235, 257 haussfrau 304 Heiratspolitik 17, 160, 162, 282, 327, 339, 340, 341, 376, 380 Herbstkrokus 82 Herbstmesse 266, 365 Herren, ältere 74, 232 herren stuben (Herrentrinkstube) 158 Hochfinanz 20, 21, 42, 73, 195 Hochzeitsaufwendungen 317 Hofdame 88, 91, 120, 125 Holz 38, 43 Honorar 92, 174, 182, 183, 184, 185, 324, 384 Honorarberechnung 322 Hund 136 Hütt- und Schmelzwerk 159 I Immobilien 159, 161, 169, 171, 294 Immobilienbesitz 159, 161, 162, 173 Indiskretion 294, 354 Informationen 41, 46, 82, 89, 95, 110, 111, 113, 114, 127, 198, 201, 223, 229, 315, 316, 349 Informationsaustausch 94 Innenverhältnis 22, 50, 51, 252 Insolvenz 72 Instanzenzug 370, 371 interesse (Zins) 56, 107, 144, 188, 213, 220, 228 Intervention 22, 117, 147 Inventar 85, 93, 96, 106, 167, 169, 170, 171, 172, 235, 237, 294, 310, 311

Inventarisierung 89, 97, 218, 285, 354 Inventur 45, 46, 87, 125 J Jahresabrechnung 70 Journal 179, 196, 260, 262, 304, 331, 332, 337, 382, 383 Juwelen 126 K Kalkulationsirrtum 144 Kapitalanlage 21, 47, 146 Kapitalbedarf 39, 303, 345 Kapitalbetrag 35, 178, 248 Kapitaleinlage 14, 46, 47, 51, 53, 68, 75, 76, 92, 149, 151, 152, 153, 177, 179, 181, 184, 185, 189, 214, 216, 234, 252, 253, 254, 267, 270, 271, 274, 276, 290, 300, 301, 302, 303, 313, 315, 320, 325, 326, 333, 345, 347, 356, 363 Kapitalentnahme 291, 342, 377 Kapitalerhöhung 270, 376 Kapitalgeber 49, 345 Kapitalgesellschaft 13, 24, 43, 373 Kapitalhandel 36 Kapitalstock 287 Kapitalsystem 40 Kapitalzuführung 49, 341, 376 Karawane 43 Karenzklausel 354 Karenzzeit 46, 212, 293, 294, 297, 300, 302, 342, 354 Kassierer 51 Kaufbestimmung 105, 383 Kaufmannsausbildung 75, 164, 195 Kaufmannsberuf 62, 67, 160, 164, 309, 328, 360 Kaufmannsehre 60 Kaufmannslehrbücher 61 Kaufmannslehre 67 Kaufmannsmentalität 16, 54, 55 Kaufmannsnationen 223, 335 Kaufmannsnorm 59, 61, 63, 328 Kaufmannsnotizbuch 33, 34 Kaufmannspraktiken 62, 113 Kaufmannspraxis 41, 42 Kaufmannsschüler 332, 334 Kaufmannsspiegel 62 Kaufmannswissen 26 Kaufpreis 168

443

Register Kaution 118 khaimbuch (s. Geheimbuch) Kindbett 256, 306 Klageschrift 60, 244, 247, 248, 252, 255, 256, 257, 258, 263, 266, 267 Kleidung 35, 62, 116, 197, 205, 304, 349, 371 Kleinod 108,126, 265, 267 Klientelnetz 339 Klientelstruktur 14, 16 Kommanditgesellschaft 50, 51, 54 Kommanditist (Teilhafter) 48, 51 Kommerzielle Revolution 35, 41, 43 Kommunikation 16, 41, 49, 86, 89, 119, 207, 225, 230, 243, 244, 302, 325, 351, 357, 358, 364, 366, 367, 368, 375, 379, 380 Kommunikationsformen 16 Kommunikationsnetz 25 Kommunikationsprobleme 16 Kompanie 43, 50, 51, 197 Komplementär (Vollhafter) 50 Kompromiss (kompromiss) 85, 97, 113, 208, 226, 227, 232, 281, 308, 364, 367, 370, 380, 382 Konditionierung, mental 25 Konfliktbereinigung 243, 364, 377, 379 Konfliktbewältigung 15, 341, 362, 364, 379 Konfliktfall 15, 16, 24, 33, 125, 147,3 154, 243, 248, 282, 298, 295, 297, 301, 302, 316, 340, 350, 356, 358, 365, 366, 368, 369, 373, 375, 380 Konfliktlösungsmechanismus 28, 355 Konfliktmanagement 22 Konfliktpotenzial 323, 324, 343, 374, 377 Konfliktprävention 16, 17, 18, 22, 23, 25, 327, 341, 354, 362, 375, 376, 378 Konfliktsituation 14, 17, 22, 33, 54, 78, 152, 327, 376 Konfliktvermeidung 16, 149, 303, 326, 359 Konkurrent 73, 87, 106, 205, 371 Konkurrenzverbot 149, 152, 293, 297, 311, 353, 354 Konkurs 25, 51, 52, 60, 72, 73, 158, 159, 171, 238, 285, 286, 299, 303 Konkursgläubiger 238 Konkursverfahren 25, 285, 286 kontbuch 296 Kontoblätter 249 Kontrollaufsicht 282 Kontrollbuch 265 Kontrolle 78, 89, 94, 99, 101, 102, 132, 147, 167

Kontrolle, Abrechnungen 68, 89, 95, 99, 199, 252, 262, 349 Kontrollperson 17, 255 Kontroverse 16, 199, 200, 225, 321, 324, 325, 363, 367, 379 Konvoi 43 Korrespondent 80, 82, 83, 84, 102, 384 Korrespondenz, s. a. Briefwechsel, 17, 31, 32, 33, 41, 65, 70, 84, 85, 86, 112, 131, 147, 175, 200, 207, 208, 214, 223, 225, 242, 326, 327, 337, 355, 367, 369, korung und widerlegung 261 Kost und Logis 92, 175, 337 Krankheit 47, 87, 95, 103, 136, 138, 139, 198 Kredit- und Geldgeschäft 45, 72, 73 Kreditgeber 72, 73, 113, 157 Kreditgeschäft 40, 42, 46, 73, 80, 113, 156, 157, 159, 160, 161, 171, 173, 211, 351, 367 Kredithandel 14, 39 Kreditschulden 72, 234, 331 Kredittilgung 224 Kreditwürdigkeit 49, 55, 60, 63, 254, 322, 325, 339, 343, 377 Kreditzinses 234 Kreuzheirat, 67, 68, 195, 339 Kupfer 159, 160 Kupferschiefer 76 Kupfersyndikat (-kartell) 159, 284 Kurie 36, 158 L Laster 63, 294, 336 Lateinschule 338 Lebensbeschreibung, s. Tagebuch Lebensführung 17, 61, 124, 132 163, 308, 328, 332, 351, 355, 377, 378 Lebenshaltungskosten 89, 171, 247, 149, 159, 307 Lebensstil 137, 158, 168, 286 Lebenswandel 87, 89, 169, 278, 281, 299, 342, 351 Ledigvertrag 69, 70 Legat 169, 317, 318, 319, 320 legitimam (s. Pflichtteil) Legitimation 37, 115, 238 Lehen 166, 170, 172, 238 Lehrmaterial 332, 333 Lehrvertrag 175, 176, 329 Lehrzeit 67, 159, 196, 337, 338 Leibgeding 170, 172, 382

444

Register

Leichtfertigkeit 361 Leickouff 96, 382 Leinengewebe 38 Leinenweber 304 Leinwand 67, 278, 382, 383 Leinwandhandel 308, 310 lettera di cambio 40, 53, 382 Leumundzeugen 260 Liaison 88 liber in volgare 334 Liebe 54, 151, 156, 205 Liebesverhältniss 91, 108 Liquidatio/Liquidierung/Liquidation 46, 76, 158, 207, 232, 242, 243, 283, 293, 364, 379, 300, 301, 302, 349, 356 Liquiditätsproblem 16, 321, 325 Liquiditätsverluste 284 Lochgefängnis 244, 256 Lohn (Entlohnung) 47, 110, 197, 204 longue durée 19 Los 231, 238, 241 Lösegeld 294, 296, 297, 301, 308 Losunger 77, 78 Losunger, vorderster (= oberster) 66, 74, 76, 77, 382 Losunger, zweiter 66, 74, 75, 76 Lösungsstrategien 15, 19, 21, 65, 78, 297, 301, 321, 373, 379 Lüftung 75, 382 Luxusgüter 35 M Magistrat53, 65, 74, 78, 104, 382 Mahnschreiben 336 Majolika 116, 382 Makler 115, 304, 384 Mandat 65, 128, 282 Mandat, kaiserlich 208, 210, 242 Manipulation 249, 325, 326 Mannesstamm 168 Markgrafenkrieg, erster 157, 266 Markgrafenkrieg, zweiter 74, 75 Marktbeherrschung 28 Marktpreis 58 Matrimonialpolitik 25, 46, 339, 340 Mautstätten 239 Mediation, s. a. Vermittlung, 147, 374, 379, 380 Mediator 17, 265, 269 Meerkatze 136 Mehrfachehen 323, 340

Mehrheitsbeschluss 152, 154, 204, 273, 295, 296, 301, 302, 324, 348, 350, 358, 363, 365 Mehrheitsentscheid 155, 358 Meinungsbild 85, 121 merern gesellschaft 158 Messestandorte (-plätze) 37, 38 Metall 38, 67, 160, 176 Metallhandel 157, 176 Metallproduktion 39 metus 144 Minderheitenbeschluss 154 Misstrauen 32, 77, 121, 186, 244, 255, 268, 312, 322, 347, 362, 307 Mitarbeiterverträge 17, 341, 353, 377 Mitgesellschafter, stimmberechtigt 200, 201, 202, 355, 356 Mitgift 47, 340, 376 Mittelsmann 94 Mittelmeerhandel 66 Mitverwandte 65, 68, 70, 74, 75, 79, 81, 84, 87, 88, 90, 93, 95, 96, 113, 116, 121, 135, 138, 139, 140, 141, 143, 176, 186, 189, 192, 194, 206, 207, 210, 211, 214, 218, 220, 237, 239 Mitwissende 46, 111 Mobilia und Immobilia 294 Mobilität 48 Moderation 368 Monopol 37, 56, 59, 72, 284, 286, 303, 368 Monopolverdacht 56 Montangeschäft (-unternehmen) 46, 159, 284 Montanwesen 39, 40 Mühe 58, 73, 108, 120, 208, 381 Münzfälschung 325 Muskatblüte 39 Muskatnuss 39 N Nachfolgefragen 16, 19, 21, 25, 321, 357, 363 Nachfolgekontinuität 359 Nachfolgevertrag 91 Nachlassverfügung 316, 318 Nachreden 250, 252, 293 Nachwuchs 25, 26, 41, 162, 323, 324, 327, 334, 335 Nahrung/Nahrungsmittel 35, 58, 304 Namensgeber (-gebung) 45, 166, 272, 295 Naturaldarlehen 56 necessitas 344 Nelken 37, 381, 383

445

Register Netzwerk 14, 28, 29, 48, 49, 65, 83, 339, 374 Netzwerkbildung 28 Neugründung 243, 253, 343, 380 Neukonstituierung 31, 364, 379 Niederlassung 46, 47, 51, 60, 66, 67, 68, 39, 71, 80, 84, 88, 92, 93, 94, 100, 101, 105, 113, 119, 147, 157, 163, 175, 196, 199, 201, 211, 212, 213, 215, 218, 235, 237, 245, 246, 271, 275, 328, 329, 357, 368, 370 Nötigung 261, 265 Norm 23, 54, 55, 56, 58, 59, 61, 63, 64, 328, 351, 377 Normverletzung 54, 61 Notar 53, 219, 274 Notariat 118 Notariatsinstrument 165, 166, 234 notdorfft/noturfft 91, 93, 99, 100, 102, 152, 154, 155, 176, 179, 181, 190, 214, 215, 249, 291, 311, 344 nutz und notturfft 91 Nutzen 60, 64, 78, 118, 135, 153, 154, 190, 191, 196, 212, 215, 217, 250, 251, 258, 269, 271, 296, 315, 333, 343, 344, 381 Nutzen und Wohlfahrt 215, 271 Nutzen, gemeine (beste) 64, 151, 268, 343 Nutznießung 169, 170 O Obergericht 369 oberkayt 111, 112, 117, 233,279 Obmann 207, 210, 226, 228, 230, 231, 233, 316, 350 Oligarchisierung 29 Organisationsstruktur 36, 42, 45, 153, 155, 301 P pallem 95, 115, 239 pallenzeichen 239, 240, 241 Papierherstellung 39 Papiermühle 39 particular parditen 220, 235 Partita (partida/partiten) 90, 105, 109, 236, 383 Pastellhandel 218, 235, 237, 383 Patriziat 28, 77, 78, 158, 160, 161, 152, 308, 339 Pelze 277 Personalfragen 45, 357, 358, 370

Personengesellschaften 13, 341 Pfeffer 39, 203 Pfefferhandel 66, 71, 203, 283, 325, 383 Pfennigmeister 141 pfennwart/pfenwart 262, 383 Pferdezucht 101 Pflichtteil 277, 317, 319 piper, s. Pfeffer Post 42 Postmeisterei 42 Präambel 150, 151, 280, 288, 295, 301, 343, 344 Predigt 35 Predigtliteratur 56 Preis, gerechter (pretium iustum) 52, 58 Preis, ungerechter 56, 59, 325 Preisabsprachen 56 Preisfestlegung 82 prelegat 168 Prinzipal 16, 45, 87, 163, 174, 176, 177, 179, 187, 226, 235, 241, 301, 302, 337 Privatvermögen 51, 247, 320 Privileg, kaiserliches (1464) 51 pro rata 183, 204, 247, 293, 333, 356 Produzent 39 Professionalisierung 17, 25, 48, 327, 332, 338, 373, 376, 380 Profit 28, 55, 56, 72 Profitstreben 56 Prokura (procura) 88, 90, 120, 121, 122, 123, 144, 145, 160, 310 Prokurator 81, 88, 129, 137, 242 protestatio 133, 139, 141, 208 Protokoll 17, 244, 358, 368 Provision 83, 233 Prozessakten 17, 32 Prüfung, extern 32 Prüfung, intern 96, 201, 204, 249, 250, 256, 258, 262, 267 Publizitätspflicht 52 Pulner 101 pulschafft 352 Q Qualifizierungsprozess 327 Quecksilber 59, 284, 286, 303, 325 Quecksilberkauf 43 Quecksilbermonopol 284, 286 Quittung (quitanz/quittanz) 86, 133, 144, 176, 183, 193, 234, 235, 236, 237, 251, 218, 229, 238

446

Register

R racolta/recolta 82, 383 Ragionenbuch 53, 54, 383 Rapport 89 Ratenzahlung (s.a. Tranchen) 128 Ratsbuch 31, 32 Ratsentscheidungen 207, 243 Ratsgericht 230, 238, 242, 280, 350, 369 Ratsherr 1075, 75, 207, 217, 218, 244, 256, 268, 369, 370 Ratsprotokoll (s. a. Protokoll) 237, 268, 279 Ratsunterhändler 367 Rechenbuch 330, 332, 333 Rechenirrtum 144 Rechenmeister 235, 330, 332, 336, 337, 338 Rechenmodus 333 Rechenmünze 235 Rechenschaft(-sbericht) 48, 87, 88, 127, 128, 145, 294, 357 Rechenunterricht 332 Rechnungsabschluss 51, 255, 296, 321, 346, 356, 358, 374 Rechnungsbuch 34, 265 Rechnungsfragment 34, 203 Rechnungslegung 16, 45, 48, 68, 84, 92, 100, 129, 150, 152, 153, 187, 202, 210, 221, 246, 258, 273, 296, 298, 308, 321, 342, 346, 348, 349, 355, 356, 357, 375, 378 Rechnungslegung, außerordentlich 152, 153 Rechnungsmänner 244 Rechnungsposten 105, 130, 141, 383 Rechnungsprüfung 244, 262, 256 Rechnungswesen 195, 332 Recht, Gemeines 52 Rechtsätze 238 Rechtsbuch 162 Rechtsfindung 369 Rechtsgutachten 238 Rechtsweg 141, 206, 227, 263 Regierer 14, 26, 31, 45, 46, 47, 59, 60, 70, 73, 74, 75, 76, 77, 79, 80, 81, 83, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 97, 98, 99, 100, 103, 107, 113, 114, 116, 117, 121, 124, 128, 131, 133, 137, 138, 139, 140, 142, 147, 154, 158, 166, 184, 185, 186, 188, 190, 192, 199, 204, 207, 211, 269, 271, 272, 322, 324, 325, 326, 327, 331, 336, 346, 347, 348, 351, 352, 355, 356, 357, 359, 363, 364, 370, 378, 384 Regiment 63, 73, 276, 283, 336

Register 53, 54, 88, 89, 93, 118, 141, 145, 167, 177, 198, 250, 251, 256, 258, 262, 264, 333, 383 Registrierpflicht 53 Reichensteuer 161 Reichsacht 172 Reichskammergericht 32, 158, 207, 210, 242, 285, 368, 370, 371 Reichskammergerichtsakten 32, 242 Reisen 46, 58, 59, 67, 71, 78, 91, 179, 180, 189, 194, 197, 198, 199, 200, 202, 204, 217, 271, 272, 294, 349, 356, 357 Rentenpapiere 73, 90, 146 Rentmeisteramt 146, 192, 383 Rentmeisterbriefe 72, 146, 192, 383 Renuntiationsklausel 144, 239, 240 Replik 136, 208, 242 Repräsentation/Repräsentant 31, 59, 115, 238, 351 Revision 204 Ricordanz Risiko 72, 235, 322, 331, 383 Risikogeschäft 286 Rohstoff 66, 381 Rohstofflieferanten 39, 83 Rückerstattung 124, 141 Ruf, gute 97 Ruffianer 106, 108, 110, 384 Rufschädigung 293, 294 Ruhmsucht 62 Rüstung 39 S Sacherbe 361 Sack 87, 203, 381 Safran 39, 67, 75, 82, 83, 87, 94, 95, 101, 104, 115, 125, 136, 141, 142, 155, 160, 197, 213, 325, 368, 381, 384 Safranballen 155, 381 Safrangeschäft 67, 83, 84, 87, 103, 104, 106, 108, 144, 198 Safranhandel 28, 66, 71, 72, 82, 83, 101, 176, 212, 237, 325, 381 Safranlieferung 94 Safranmärkte 83 Safranverlust 107, 130 Saigerhandel 71, 72 Saigerhütte 75 Salz 39 Salzmonopol 37 Salzpartida 224

Register Sanktion 85, 350 352, 354, 359, 361 Schadlosbrief 208, 297 Schafwollhandel 101 schandt oder laster 294 Scheidung 306 Scheinbürgschaft 124 Scheitern 367 Schiedsgericht 350, 365, 370 Schiedsleute 365, 370, 371 Schiedsmann 226, 232, 265, 268 Schiedsspruch 134, 370, 382 Schiedsrichter (s. a. Urteiler) 370, 382 Schiedsverfahren 134, 370, 379 Schiedsvertrag (Kompromiss, richtung) 134, 280, 281, 282, 367, 368, 370, 382 Schlichtung 276, 350, 364, 365, 366 Schmalkaldischer Krieg 75 Schmelzen 165 schmutzige Geschäft 57, 163 Schreibstube 246, 257, 258, 260, 261, 262, 263, 264 Schriftsätze, juristische 355, 362 Schriftverkehr 41, 224, 225 schub jar und tag 250 Schuldbuch 171, 179, 188, 196, 246, 259, 260, 263, 331, 337 Schulden, „böse“ 315, 331 Schuldennachlass 114 Schuldgefängnis 51 Schuldhaft 59, 172, 277, 322 Schuldner 53, 72, 73, 100, 235, 236, 304 schuldtprief 177 Schuldverschreibungen 208, 214, 263, 268 Schürfrechte 59 Schwager 140, 150, 157, 161, 164, 174, 176, 202, 218, 228, 255, 280, 312, 314, Schwiegersohn 14, 16, 46, 49, 59, 157, Schwurhand 151 Seide 39, 67, 305 Seidenhandel 71 Seidenhändler 67 Sekretbuch 311 Selbstzeugniss 55, 174 Seniorgesellschafter 154, 155 Senioratsprinzip 162 Silber 39, 160, 259 Silberbergbau, tiroler 159, 160, 171 Silberbergwerk, Erzgebirge 71 Silberhandel 157 Silberkauf 156, 157, 161 Sitzungsperioden 243 Sitzungsraum 189

447 Sitzungszimmer 261 societas 43, 207, 355 Solidarhaftung 51, 52 Solidität, ökonomische 79 Sondergeschäft 322 Sonderlegat 168 Sonderrecht 52 Sorge 32, 96, 113, 114, 117, 131, 132, 263, 293, 298 Sorgfalt 58, 172, 322 Spekulationen 274, 325 Spesen(ausgaben) 158, 183, 253, 321, 325, 384 Spezereien 198, 259, 286 Spielgewinne 88, 131 Spielschulden 59 Spielsucht 163, 286 Spielvergnügung 88, 302, 342, 351 Sprachlehrbuch 34, 333, 334, 335 Staatsbankrotten 73, 74 Staatsräson74 Stabiliät 21, 49, 159, 303, 339, 340 Stadtdiener 155 Stadtgericht 93, 97, 123, 137, 138, 139, 140, 142, 143, 147, 208, 210, 306, 369, 370, 371 Stafettenbote 42 Stammkapital 345, 347 Statut 52, 162 Sterblichkeitsrate 323 Steueranschlag 180, 203, 258 Steuerberatung 354 Steuerbuch 155, 172 Steuerliste 156 Steuerpauschale 161 Steuerschuld 150 Stimmrecht 48, 197, 200, 201, 215, 358, 363 Stolz 32, 126, 130 Strafmandat 282 Strategiepapiere 355, 362 Streit Streitaustrag, gesellschaftsintern 204 Streitaustrag, gerichtlich 17, 24, 147, 148, 232, 291, 362, 365, 369, 372 Streitaustrag, schiedsgerichtlich 17, 24, 25, 380, 353, 370, 373, 374, 378 stumpf 101, 384 Substitution 120 Supplikation 85, 86, 88, 90, 118, 113, 114, 116, 118, 136, 137, 147, 278

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Register T

Tagebuch 33, 64, 67, 79, 195, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205, 268, 269, 270, 271, 272, 273, 274, 276, 290, 325, 326 Tanzstatut, Nürnberger 67 tapezereien 169 teiding 266, 384 Teilhaber 13, 21, 23, 39, 47, 52, 67, 68, 73, 112, 251, 287, 300, 347, 355 Testament, s. a. Verfügung, testamentarisch 31, 63, 163, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 171, 307, 316, 317, 318, 319, 359, 360, 361, 370, 374, 375, 378 Testator (Testierer) 31, 164, 168, 317, 318, 359, 360, 370, 378 Textilgewerbe 303 Textilproduktion 39 thailungszettel 220, 235, 237 Todesfall 149, 168, 217, 312, 315, 321, 342, 349, 350, 357, 363 Todesfallklausel 153 Todsünde 56 Tortur120, 256, 262, 263, Tranche 92, 219, 234, 320 Traktat 56, 239, 330 Transport 40, 41, 42, 46, 101, 236, 275 Trennung 47, 51, 69, 70, 79, 169, 170, 174, 175, 186, 201, 202, 205, 206, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 218, 221, 240, 247, 249, 268, 273, 280, 308, 349, 324, 349, 380 Trennungsvertrag 220 Treue 54, 61, 150, 151, 157, 190, 201, 248, 152 Treueversprechen, obligatorisch 91 Trinkfestigkeit 335 Truhe 97, 101, 257, 258, 262, 291, 267 Türkensteuern 157 U Überkreuzheirat, s. Kreuzheirat Überschuldung 125, 174, 286 überschwören 260 übersiebnen 260 Uhr 39, 305, 312, 319 Umgangsform 164, 337 Ungehorsam 31, 118, 125, 142, 145, 166, 299, 359, 361 ungeledigter diener 88, 97

unradt 326 Unschlitthandel 165, 167 Unterhändler 114, 143, 147, 207, 209, 210, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 228, 230, 231, 233, 234, 236, 237, 242, 280, 365, 367 Unternehmenserfolg 24 Unternehmensform 20,24 Unternehmensführung 21, 160, 359 Unternehmensgeschichte, vorindustriell 14, 15, 19, 373 Unternehmensgeschichtsschreibung 22 Unternehmensstrategie 47, 214, 303, 363, 379 Unterredung 191, 255, 284, 368 Unterricht 338 Unterschlagung 60, 245, 254, 257, 267, 325 Urkunde 52, 86, 91, 164, 165, 175, 208, 213, 274, 360, 382 urlaub geben 92, 171, 204, 292, 299 Urteil 32, 65, 86, 142, 368, 369, 370 Urteiler 370, 371 Usancen 50, 269 ußspruch und entschaiden 154, 350 V Verbrüderung 32 Verdächtigung 72, 87, 96, 254 vereerung/vererung/verehrung 47, 137, 178, 181, 183, 191, 384 Verfasstheit, mentale. s. conditio Verflechtung 28, 29 Verfügungen, testamentarische 17, 23, 24, 157, 164, 167, 316, 317, 318, 320, 359, 360, 378 Vergleichsverhandlungen 207, 219 Vergleichsvertrag 90, 143, 144, 145, 207, 208, 223, 225, 236, 244 Vergleichsvorschlag 227 Verhaltenskodex 342 Verhaltensmuster 16 Verhandlungsstrategie 189, 365 Verhör 244, 247, 251, 252, 261, 263, 265, 298 Verhörprotokoll 244, 256 Verkaufsverhandlungen 334 Verlag 39, 75, 310 Verlagsvertrag 304 Verleumdung 141 Verlust (-berechnung/-ermittlung) 324, 349, 354, 358, 363, 375, 379

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Register Verlustaufstellung 356 Verlustverteilung 51, 321, 356 Vermittlergruppe 207, 242, 379 Vermittlung 65, 90, 98, 117, 120, 128, 133, 135, 137, 141, 147, 196, 206, 207, 208, 209, 210, 212, 221, 223, 226, 232, 233, 235, 242, 243, 276, 280, 305, 353, 357, 362, 364, 365, 366, 367, 368, 369, 370, 374, 375, 379, 380 Vermittlungsaufgaben 46 Vermittlungszeit 79 Vermögensaufbau 173 Vermögensaufstellungen 24 Vermögensliste 159 Vermögenssteuer 161, 172, 259, 261 Vermögenswerte 259, 285 verpettsschafft 249, 250 verschreibung 46, 47, 68, 85, 86, 89, 91, 92, 98, 134, 174, 178, 185, 192, 193, 194, 212, 213, 217, 268, 309, 310, 311, 347, 353, 357, 384 Verschwägerung 63 Verschwendung 140, 163, 168, 170, 174, 279, 286, 303, 326, 328, 336, 366, 376, 378 Verschwiegenheitsklausel 291, 299, 301, 303, 342, 352, 353 Verschwiegenheitspflicht 291, 300, 301, 352, 353, 354 Verschwörung 255 Versetzung 17, 380 Versuchungen 26, 91, 163, 351 Vertragsablauf 46 Vertragsabschluss 111, 145 Vertragsartikel 150, 151, 369 Vertragsautonomie 144 Vertragsbindung 200, 343 Vertragsbindung, eidlich 93 Vertragsfälschung 325 Vertragskonstituierung 252 Vertragslaufzeit 92, 176, 177, 183, 185, 186, 191, 271, 274, 342, 354 Vertragstreue 98 Vertrauen 14, 43, 49, 54, 55, 60, 61, 63, 64, 84, 89, 94, 111, 115, 119, 121, 125, 132, 134, 186, 187, 207, 252, 266, 267, 268, 339, 341, 342, 343, 366, 377, 378, 379, 380 Vertrauens (-person/-mann) 94, 117, 134 Vertrauensverlust 200, 207, 279, 325, 343, 377

Verwandtschaft 19, 21, 23, 49, 84, 121, 122, 233, 281, 335, 339, 373 Verwandtschaftsfamilie 19, 23, 373, 377 Verwerfungen, familiäre 32 Verzichtsurkunde 165 verzug 180, 215, 216, 217 Verzugsfall 217 viri boni 17, 365 Vizekönig 80, 81, 88, 90, 99, 104, 112, 117, 118, 119, 120, 125, 126, 127, 128, 129, 147 Vollmacht 47, 120, 155, 168, 208, 349, 350 Vorablegat 168 vorganger 45, 153, 384 Vorteil 44, 57, 79, 161, 184, 200, 223, 227, 247, 249, 252, 253, 254, 258, 259, 270, 278, 279, 340, 343, 344, 366, W Waffen 39 Währungs(-kenntnisse) 95, 203, 236, 327 Walhen 80, 81, 83, 84, 86, 88, 94, 95, 100, 101, 102, 103, 111, 114, 116, 118, 133, 147, 384 Wandsafe 257, 268 Warenbestände 46, 88, 247 Warenhandel 36, 39, 42, 46, 57, 73, 75, 76, 86, 113, 156, 157, 173, 286, 322 Warenpreis 58, 272 Warenprüfung 197 Warenverluste 158 Weberzunft 149 Wechsel (wexell) 37, 40, 42, 84, 86, 94, 95, 105, 113, 133, 146, 295, 338, 351, 383 Wechselbrief 40, 133 Wechselgeschäfte 42, 83, 87 Wechselstuben 40 Wein 71, 259, 280, 338 Widerspenstigkeitsklausel 166, 361 Widerspruch 56, 139, 152, 158, 348, 357 Wirtschaftsdynastien 19 Wirtschaftsethik 16, 17, 58 Wirtschaftsleben 16 Wirtschaftsregionen, europäische 37 Wissenschaftsförderung 48, 327, 376 Wissensmanagement 49, 327, 376 Wissenstransfer 374, 376 Wohlfahrt 60, 190, 215, 271 Wohnrecht 170, 317, 318 Wollgewebe 38

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Register

Wucher 56, 58, 59, 83, 105 Wuchervorwurf 56 Z Zahlungseinstellungen 73, 74 Zahlungsfrist 180, 191, 192, 194, 217 Zahlungssystem 40 Zahlungsverkehr, bargeldlosen 40, 42 Zahlungsverpflichtung 136, 382 zehrung/ zerung 103, 107, 112, 131, 139, 169, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 230, 233, 249, 253, 259,265, 289, 352, 384 Zeuge 93, 98, 143, 244 Zeugenaussagen 32, 158

Zeugenbefragung 244 zima 82, 101, 384 Zinnober 284 Zinsbuch 219, 220 Zinsforderung 303 Zollkosten 101 Zollstätten 239, 241 Zucker 40 Zwang, gerichtlicher 243, 370 Zwangsmaßnahme 90, 123, 147 zwayung 154, 282, 349 Zweijahresrhythmus 346 Zwischenhändler 39 Zwischenurteil 142, 370 Zwölfer 149

v i e rt e l ja h r s c h r i f t f ü r s o z i a l u n d w i rt s c h a f t s g e s c h i c h t e – b e i h e f t e

Herausgegeben von Mark Spoerer, Jörg Baten, Markus A. Denzel, Thomas Ertl, Gerhard Fouquet und Günther Schulz.

Franz Steiner Verlag

ISSN 0341–0846

218. Bastian Walter Informationen, Wissen und Macht Akteure und Techniken städtischer Außenpolitik: Bern, Straßburg und Basel im Kontext der Burgunderkriege (1468–1477) 2012. 352 S. mit 3 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10132-5 219. Philipp Robinson Rössner Deflation – Devaluation – Rebellion Geld im Zeitalter der Reformation 2012. XXXIII, 751 S. mit 39 Abb. und 22 Tab., geb. ISBN 978-3-515-10197-4 220. Michaela Schmölz-Häberlein Kleinstadtgesellschaft(en) Weibliche und männliche Lebenswelten im Emmendingen des 18. Jahrhunderts 2012. 405 S. mit 2 Abb. und 3 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10239-1 221. Veronika Hyden-Hanscho Reisende, Migranten, Kulturmanager Mittlerpersönlichkeiten zwischen Frankreich und dem Wiener Hof 1630–1730 2013. 410 S. mit 20 Abb. und 2 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10367-1 222. Volker Stamm Grundbesitz in einer spätmittel­ alterlichen Marktgemeinde Land und Leute in Gries bei Bozen 2013. 135 S. mit 5 Abb. und 2 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10374-9 223. Hartmut Schleiff / Peter Konecny (Hg.) Staat, Bergbau und Bergakademie Montanexperten im 18. und frühen 19. Jahrhundert 2013. 382 S. mit 13 Abb. und 9 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10364-0 224. Sebastian Freudenberg Trado atque dono Die frühmittelalterliche private Grundherrschaft in Ostfranken im Spiegel der Traditionsurkunden der Klöster Lorsch und Fulda (750 bis 900) 2013. 456 S. mit 101 Abb. und 4 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10471-5

225. Tanja Junggeburth Stollwerck 1839–1932 Unternehmerfamilie und Familienunternehmen 2014. 604 S. mit 92 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10458-6 226. Yaman Kouli Wissen und nach­industrielle Produktion Das Beispiel der gescheiterten Rekonstruktion Niederschlesiens 1936–1956 2014. 319 S. mit 11 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10655-9 227. Rüdiger Gerlach Betriebliche Sozialpolitik im historischen Systemvergleich Das Volkswagenwerk und der VEB Sachsenring von den 1950er bis in die 1980er Jahre 2014. 457 S. mit 28 Abb. und 42 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10664-1 228. Moritz Isenmann (Hg.) Merkantilismus Wiederaufnahme einer Debatte 2014. 289 S. mit 4 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10857-7 229. Günther Schulz (Hg.) Arm und Reich Zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ungleichheit in der Geschichte 2015. 304 S. mit 18 Abb. und 15 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10693-1 230.1 Gerhard Deter Zwischen Gilde und Gewerbe­ freiheit. Bd. 1 Rechtsgeschichte des selbständigen Handwerks im Westfalen des 19. Jahrhunderts (1810–1869) 2015. 395 S., geb. ISBN 978-3-515-10850-8 230.2 Gerhard Deter Zwischen Gilde und Gewerbe­ freiheit. Bd. 2 Rechtsgeschichte des unselbständigen Handwerks im Westfalen des 19. Jahr-

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hundert (1810–1869) 2015. 482 S. mit 2 Abb., geb. ISBN 978-3-515-10911-6 Gabriela Signori (Hg.) Das Schuldbuch des Basler Kaufmanns Ludwig Kilchmann (gest. 1518) 2014. 126 S. mit 6 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10691-7 Petra Schulte / Peter Hesse (Hg.) Reichtum im späten Mittelalter Politische Theorie – Ethische Norm – Soziale Akzeptanz 2015. 254 S. mit 3 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10943-7 Günther Schulz / Reinhold Reith (Hg.) Wirtschaft und Umwelt vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart Auf dem Weg zu Nachhaltigkeit? 2015. 274 S. mit 8 Abb. und 9 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11064-8 Nina Kleinöder Unternehmen und Sicherheit Strukturen, Akteure und Verflechtungsprozesse im betrieblichen Arbeitsschutz der westdeutschen Eisen- und Stahlindustrie nach 1945 2015. 384 S. mit 28 Abb. und 30 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11129-4 Eva Jullien / Michel Pauly (Hg.) Craftsmen and Guilds in the Medie­ val and Early Modern Periods 2016. 316 S. mit 5 Farb-, 5 s/w-Abb. und 20 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11235-2 Christopher Landes Sozialreform in transnationaler Perspektive Die Bedeutung grenzüberschreitender Austausch- und Vernetzungsprozesse für die Armenfürsorge in Deutschland (1880–1914) 2016. 386 S., kt. ISBN 978-3-515-11304-5 Wolfgang König Das Kondom Zur Geschichte der Sexualität vom Kaiserreich bis in die Gegenwart 2016. 233 S., kt. ISBN 978-3-515-11334-2 Janis Witowski Ehering und Eisenkette Lösegeld- und Mitgiftzahlungen im 12. und 13. Jahrhundert 2016. 340 S. mit 2 Abb. und 2 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11374-8

239. Jann Müller Die Wiederbegründung der Industrie­ und Handelskammern in Ostdeutschland im Prozess der Wiedervereinigung 2017. 284 S., kt. ISBN 978-3-515-11565-0 240. Hendrik Ehrhardt Stromkonflikte Selbstverständnis und strategisches Handeln der Stromwirtschaft zwischen Politik, Industrie, Umwelt und Öffentlichkeit (1970–1989) 2017. 317 S. mit 4 Abb. und 4 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11624-4 241. Beat Fumasoli Wirtschaftserfolg zwischen Zufall und Innovativität Oberdeutsche Städte und ihre Exportwirtschaft im Vergleich (1350–1550) 2017. 580 S. mit 15 Abb. und 6 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11803-3 242. Gerhard Fouquet / Sven Rabeler (Hg.) Ökonomische Glaubensfragen Strukturen und Praktiken jüdischen und christlichen Kleinkredits im Spätmittelalter 2018. 162 S. mit 2 Abb. und 8 Tab., kt. ISBN 978-3-515-12225-2 243. Günther Schulz (Hg.) Ordnung und Chaos Trends und Brüche in der Wirtschafts- und Sozialgeschichte 2019. 262 S. mit 21 Abb. und 12 Tab., kt. ISBN 978-3-515-12322-8 244. Günther Schulz / Mark Spoerer (Hg.) Integration und Desintegration Europas Wirtschafts- und sozialhistorische Beiträge 2019. 230 S., mit 16 Abb. und 8 Tab., kt. ISBN 978-3-515-12350-1 245. Sabrina Stockhusen Hinrik Dunkelgud und sein Rechnungsbuch (1479 bis 1517) Lebensformen eines Lübecker Krämers an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert 2019. 472 S., mit 6 Abb. und 7 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11697-8 246. Janina Salden Der Deutsche Sparkassen­ und Giroverband zur Zeit des National­ sozialismus 2019. 385 S., mit 10 Abb., geb. ISBN 978-3-515-12340-2 247. in Vorbereitung 248. in Vorbereitung

Verwandtschaftlich verbundene Handelsgesellschaften waren eine „zentrale Grundkonstante“ und die dominierende Unternehmensform in den oberdeutschen Handelszentren der Frühmoderne des 15. und ‚langen‘ 16. Jahrhunderts – vor allem in Nürnberg und Augsburg. Die familiären Strukturen boten auf der einen Seite besondere Chancen in einem engen und auf Vertrauen basierten gemeinsamen ökonomischen Handeln. Auf der anderen Seite bargen sie Risiken, die den unternehmerischen Erfolg, eventuell sogar den Fortbestand der Gesellschaft durch innerund interfamiliäre Konflikte bedrohen konnten.

ISBN 978-3-515-12574-1

9 783515 125741

Mechthild Isenmann analysiert solche Konfliktsituationen sowie die möglichen Strategien, Mittel und Wege zu ihrer Prävention oder Bewältigung. Eine professionalisierte Ausbildung, die vertragliche Bindung und vor allem die Kommunikation durch Versammlung und Vermittlung stellen sich dabei als besonders effektive, häufig gewählte und positiv besetzte Maßnahmen heraus. Dabei erweist sich die Relevanz des Themas nicht nur für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte, sondern – im interdisziplinären Sinn – auch für die allgemeine Konfliktforschung.

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