Strafgesetzbuch: Mit Erläuterungen und Nebengesetzen [41. Aufl. Reprint 2019] 9783111391120, 9783111028606


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German Pages 726 [804] Year 1956

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Abkürzungen
Systematische Vorbemerkungen zum Allgemeinen Teil des Strafrechts
Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich
Einleitende Bestimmungen
Erster Teil. Von der Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Übertretungen im allgemeinen
Erster Abschnitt. Strafen
Abschnitt 1a. Maßregeln der Sicherung und Besserung Torbemerkungen
Zweiter Abschnitt. Versuch
Dritter Abschnitt. Teilnahme Vorbemerkungen
Vierter Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern
Fünfter Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen Vorbemerkungen
Zweiter Teil. Von den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Übertretungen und deren Bestrafung
Erster Abschnitt. Hochverrat
Zweiter Abschnitt. Staatsgefährdung
Dritter Abschnitt. Landesverrat
Vierter Abschnitt. Handlungen gegen ausländische Staaten
Fünfter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in Beziehung an! die Ausübung staatsbürgerlicher Hechte
Sechster Abschnitt. Widerstand gegen die Staatsgewalt
Siebenter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung
Achter Abschnitt. Münzverbrechen und Münzvergehen
Neunter Abschnitt. Falsche uneidliche Aussage und Meineid
Zehnter Abschnitt. Falsche Anschuldigung
Zwölfter Abschnitt. Straftaten gegen den Personenstand, die Ehe und die Familie
Dreizehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit
Vierzehnter Abschnitt. Beleidigung
Fünfzehnter Abschnitt. Zweikampf
Sechzehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider das Leben
Siebzehnter Abschnitt. Körperverletzung
Achtzehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die persönliche Freiheit
Neunzehnter Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung
Zwanzigster Abschnitt. Raub und Erpressung
Einundzwanzigster Abschnitt. Begünstigung und Hehlerei
Zweiundzwanzigster Abschnitt. Betrug und Untreue
Dreiundzwanzigster Abschnitt. Urkundenfälschung
Vierundzwanzigster Abschnitt. Bankerott
Sechsundzwanzigster Abschnitt. Sachbeschädigung
Siebenundzwanzigster Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen
Achtundzwanzigster Abschnitt. Verbrechen und Vergehen im Amte
Neunundzwanzigster Abschnitt. Übertretungen
Nebengesetze
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Strafgesetzbuch: Mit Erläuterungen und Nebengesetzen [41. Aufl. Reprint 2019]
 9783111391120, 9783111028606

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1 Slg

JU G U T T E N T A G

SAMMLUNG

Kohlrausch-Lange

Strafgesetzbuch mit Erläuterungen und Nebengesetzen

41. A u f l a g e v ö l l i g n e u b e a r b e i t e t von Dr. Sichard Lange Professor des Strafrechts an der Universität Köln

B E R L I N 1956

WALTER

DE

GRUYTER&CO.

vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung— J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp.

Archiv-Nr. 21 1 002 Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin SW29 Alle Rechte, einschließlich des Rechtes der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vorbehalten

Yorwort Das Strafgesetzbuch hat in der Zeit von 1951 —1953 starke Veränderungen erfahren. Umfangreiche Novellen, die diesen Jahren das Gepräge gesetzgeberischer Unruhe gaben, haben den Strafschutz erweitert und wesentliche Tendenzen der Gesamterneuerung vorweggenommen, namentlich in dem reineren Ausdruck des Schuldgrundsatzes in § 56 und in der bedingten Strafaussetzung und Strafentlassung als Mitteln richterlicher Rechtsfindung. Auch die Stellung des Strafrechts im Rechtssystem hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Im Grundgesetz und im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten findet die früher fast grenzenlose Freiheit im kriminalpolitischen wie auch im dogmatischen Bereich feste Schranken, aber auch sichere Richtlinien. Der Rechtsprechung durch kritische Stellungnahme zu dienen, war von jeher das eigentlichste Anliegen dieses Buches, seitdem es über eine Textausgabe hinauswuchs. Die begrüßenswerte Aufgeschlossenheit, die die neue Strafrechtspraxis unter der Führung des Bundesgerichtshofes für die theoretischen Grundlagen der Rechtsanwendung zeigt, erfordert es zugleich, an den wichtigsten Punkten eingehender als früher auf den wissenschaftlichen Streitstand einzugehen. Es liegt in der Natur der Sache und an dem Zwang zur äußersten Kürze, daß die Meinungsverschiedenheiten stärker hervortreten als die Übereinstimmungen. Drei neue Aufgaben stellten sich so dieser Auflage: den neu geschaffenen Gesetzeszustand zu erläutern, die wesentlichste Nachkriegspraxis kritisch darzustellen und die Brücke zu den sichtbaren Grundtendenzen des künftigen Strafrechts zu schlagen. Unter diesen Umständen war eine vollständige Durcharbeitung unvermeidlich. Um so mehr Wert wurde darauf gelegt, Erkenntnisse und Mahnungen Kohlrauschs unangetastet zu lassen, mit denen er, wie etwa bei der Begrenzung der Wahlfeststellung oder der Sinngebung der Eidesdelikte, der neuen Rechtsprechung die Richtung gewiesen hat. Besondere Aufmerksamkeit ist — neben den Grundsatzfragen der Strafe und ihrer Aussetzung, der Schuld und der Täterschaft — den Staatsdelikten, den Verkehrsdelikten und der neuesten Entwicklung bei den Vermögensdelikten gewidmet worden. Erste Aufgabe eines Kommentars ist es, Rechtsprechung und Schrifttum redlich wiederzugeben. Die angegebenen Gründe machten es indessen nötig, darüber hinaus Stellung zu beziehen und wenigstens die allgemeinsten Umrisse eines Systems vorauszuschicken.

IV

Vorwort

So weitgehend aber neuen Lagen Rechnung zu tragen war, so gilt doch nach wie vor: in fast allen Grundfragen weiß sich der Bearbeiter E d u a r d K o h l r a u s c h verbunden und zu Dank verpflichtet. F ü r wertvolle Hilfe bei der Vorbereitung des Materials und bei den Korrekturen danke ich Herrn Landgerichtsrat Dr. Günter W a r d a und Herrn Gerichtsreferendar Dr. Egon S c h n e i d e r . Die Neubearbeitung des Besonderen Teils von M a u r a c h s vorzüglichem Lehrbuch konnte leider nur noch f ü r einige Partien verwertet werden. Rechtsprechung und Schrifttum sind bis Ende März 1956 berücksichtigt. K ö l n / B e r l i n , im April 1956

Lange

Inhalt Seite

Vorwort Abkürzungen

III IX

Systematische Vorbemerkungen zum Allgemeinen Teil des Strafrechts I. Verbrechen II. Tatbestand III. Rechtswidrigkeit IV. Schuld V. Besondere Erscheinungsformen des Verbrechens VI. Positive Strafbarkeit VII. Bedingungen der Verfolgbarkeit Schrifttum Einführungsgesetz z. StGB v. 31. 5. 1870

1 2 10 18 21 21 22 22 24

Strafgesetzbuch Einleitende Bestimmungen §§ 1—12

25

E r s t e r Teil Von der Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Übertretungen im allgemeinen Erster Abschnit. Strafen §§ 13—42 51 l a . Abschnitt. Maßregeln der Sicherung und Besserung §§ 42 a—42 n . . . . 1 1 0 Zweiter Abschnitt. Versuch §§ 43—46 130 Dritter Abschnitt. Teilnahme §§47— 50 143 Vierter Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern §§51-72 174 Fünfter Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen §§ 7 3 - 7 9 222 Zweiter Teil Von den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Übertretungen und deren Bestrafung Erster Abschnitt. Hochverrat §§80—87 Zweiter Abschnitt. Staatsgefährdung §§88— 98 Dritter Abschnitt. Landesverrat §§ 99—101

235 244 265

VI

Inhaltsverzeichnis Seite

Vierter Abschnitt. Handlungen gegen ausländische Staaten §§ 102 — 104 . . 272 Fünfter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte §§ 105— 109a 274 Sechster Abschnitt. Widerstand gegen die Staatsgewalt §§110—122 b . . . 281 Siebenter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung §§123-145 d 295 Achter Abschnitt. Münzverbreehen und Münzvergehen §§ 146—152 . . . . 324 Neunter Abschnitt. Falsche uneidliche Aussage und Meineid §§ 153 — 163 . . 328 Zehnter Abschnitt. Falsche Anschuldigung §§ 164—165 352 Elfter Abschnitt. Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen §§ 166 — 168 356 Zwölfter Abschnitt. Straftaten gegen den Personenstand, die Ehe und die Familie §§ 169-172 359 Dreizehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit §§ 173-184 b 366 Vierzehnter Abschnitt. Beleidigung §§185 — 200 397 Fünfzehnter Abschnitt. Zweikampf §§ 201—210a 415 Sechzehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider das Leben §§ 211—222 418 Siebzehnter Abschnitt. Körperverletzung §§223—233 442 Achtzehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die persönliche Freiheit §§ 2 3 4 - 2 4 1 a 458 Neunzehnter Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung §§ 242 — 248 c . . . 472 Zwanzigster Abschnitt. Raub und Erpressung §§ 249—256 492 Einundzwanzigster Abschnitt. Begünstigung und Hehlerei §§ 257—262 . . . 502 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Betrug und Untreue §§ 263 —266 515 Dreiundzwanzigster Abschnitt. Urkundenfälschung §§ 267—281 537 Vierundzwanzigster Abschnitt. Bankerott. — R e i c h s k o n k u r s o r d n u n g §§239-244 552 Fünfundzwanzigster Abschnitt. Strafbarer Eigennutz und Verletzung fremder Geheimnisse §§284—302e 554 Sechsundzwanzigster Abschnitt. Sachbeschädigung §§ 303—305 572 Siebenundzwanzigster Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen § § 3 0 6 - 330 c 575 Achtundzwanzigster Abschnitt. Verbrechen und Vergehen im Amte §§ 331—359 608 Neunundzwanzigster Abschnitt. Übertretungen §§ 360—370 641 Nebengesetze (meist im Auszug) 1. Pressgesetz. Vom 7. 5.1874 2. Sprengstoffgesetz. Vom 9. 6. 1884 3. Auswanderungsgesetz. (Mädchenhandel.) Vom 9. 6.1897

658 659 660

Inhaltsverzeichnis

Vil Seite

4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.

Börsengesetz. Vom 8. (27.) 5.1908 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Vom 7. 6.1909 Verordnung betr. Steuerstreik. Vom 15. 9.1923 Gaststättengesetz. Vom 28. 4.1930 Tierschutzgesetz. Vom 24. 11. 1933 Depotgesetz. Vom 4. 2.1937 Gesetz über Titel, Orden usw. Vom 1. 7. 1937 Gesetz über Kinderarbeit. Vom 30. 4.1938 Gesetz über akademische Grade. Vom 7. 6.1939 Verordnung gegen Bestechung und Geheimnisverrat nichtbeamteter Personen. Vom 23. 5.1943 Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. Vom 23. 7.1953 . . Jugendgerichtsgesetz. Vom 4. 8. 1953 Wirtschaftsstrafgesetz. Vom 9. 7.1954 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. Vom 25. 3. 1952 Bürgerliches Gesetzbuch (Auszug)

661 661 662 663 663 664 665 665 666 666 667 671 678 681 683

Nebengesetze im Text Erbgesundheitsgesetz v. 14. 7. 33 § 14 Straßenverkehrsordnung v. 24. 8. 53 §§ 1, 49 Gesetz über den Verkehr mit unedlen Metallen v. 23. 7. 1923/28. 6. 1929 § 17 Gesetz über den Verkehr mit Edelmetallen vom 29. 6. 1926 § 4 Konkursordnung v. 17. 5. 1898, §§239 — 244 Straßenverkehrszulassungsordnung v. 24. 8. 1953 § 1 S. 1 Sachregister

431 441 472 472 552 586 685

Abkürzungen (vgl. auch das Schrifttum S. 22) A. od. Anm. a. A. a. a. 0. a. F. AG od. AGer. AV BayObLG BayObLGSt. BBG b. E. BGBl. BGH BGHSt. BGHZ. BJM BverfG BVerwG DAR DJ DJZ DR DRiZ DRspr. DRZ DStR DRPfl. E Entw. Er., Frank GA GBG GG GnO GS GSSt. herrsch. A.

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Anmerkung anderer Ansicht am angeführten Ort alte Fassung Amtsgericht Allgemeine Verfügung Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Strafsachen Bundesbeamtengesetz 1953 bedingte Entlassung Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen desgl. in Zivilsachen Bundesj ustizminister Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Deutsches Autorecht (herausgeg. vom ADAC) Deutsche Justiz Deutsche Juristenzeitung Deutsches Recht (früher: Juristische Wochenschrift) Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechtsprechung Deutsche Rechts-Zeitschrift; in älteren Zitaten = Deutsche Richterzeitung Deutsches Strafrecht Deutsche Rechtspflege Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen oder: Entwurf Entwurf eines neuen StGB Reinhard Frank, Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 18. Aufl., 1931 Goltdammers Archiv für Strafrecht (bis 1953 nach Bänden, seitdem nach Jahrgängen zit.) Ges. zur Bek. der Geschlechtskrankheiten Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland Gnadenordnnng Gerichtssaal Großer Senat des Reichsgerichts für Strafsachen herrschende Ansicht

X

Abkürzungen

HESt. HRR JGG JMB1. JMB1. NRW JR JZ JW KE KG od. KGer. KO KRG Krim. Abh. LG od. LGer. LK

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OLG Olshausen ORA OWG Plen. Entsch. R RdK Recht RG od. RGer. RGBl. RGes. RJM RKG SchlHA Schwarz

Höchstrichterliche Entscheidungen in Strafsachen Höchstrichterliche Rechtsprechung Jugendgerichtsgesetz Justizministerialblatt Justizministerialblatt Nordrhein-Westfalen Juristische Rundschau Juristenzeitung Juristische Wochenschrift Kommissionsentwurf von 1913 Kammergericht Konkursordnung Kontrollratsgesetz Kriminalistische Abhandlungen Landgericht Leipziger Kommentar zum StGB von Nagler, Mezger, Jagusch u. a., 7. Aufl. v. Liszt-Schmidt, Lehrbuch des deutschen Strafrechts, 25. Aufl., Allg. Teil, 26. Aufl. Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofes Leipziger Zeitschrift Monatsschrift f ü r deutsches Recht Monatsschrift für Kriminalbiologie (seit 1953: Kriminologie) und Strafrechtsreform Niedersächsische Rechtspflege neue Passung Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift Oberbundesanwalt Oberstes Gericht der Sowj. Bes. Zone Oberster Gerichtshof f ü r die Britische Zone Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes f ü r die Britische Zone in Strafsachen Oberlandesgericht Olshausen, Kommentar zum StGB, 11. u. 12. Aufl. Oberreichsanwalt Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Entscheidungen der Vereinigten Strafsenate Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen Das Recht des Kraftfahrers Das Recht, Monatsbeilage zur Deutschen Justiz Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichsgesetz Reichsjustizminister Entscheidungen des Reichskriegsgerichts Schleswig-Holsteinsche Anzeigen Schwarz, Strafgesetzbuch

Abkürzungen SchwZStr. SJZ StPO Str. Abh. StrK StÄG SzB TB Thür. VE VO VRS WiStG ZAk.

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XI

Schweizerische Zeitschrift f ü r Strafrecht Süddeutsche Juristenzeitung Strafprozeßordnung Strafrechtliche Abhandlungen Strafkammer Strafrechtsänderungsgesetz Strafaussetzung zur Bewährung Tatbestand StGB in der Passung des Thüringischen Anwendungsgesetzes v. 1. 11.45 Vorentwurf 1909 Verordnung Verkehrsrechts-Sammlung Wirtschaftsstrafgesetz Zeitschrift der Akademie f ü r deutsches Recht Zeitschrift f ü r die gesamte Strafrechtswissenschaft

Zitierweise Sind Band oder Jahrgang fett gedruckt, so steht dort ein Gerichtsurteil; anderen, falls ein Aufsatz oder eine Anmerkung zu einem Gerichtsurteil. Ohne weiteren Zu. satz weist die fett gedruckte Ziffer auf ein Urteil des Reichsgerichts.

Systematische Vorbemerkungen zum Allgemeinen Teil des Strafrechts I. Verbrechen — (i. w. S. gleich „Straftat"; enger § 1) — ist Unrecht, das dem Täter als strafbare Pflichtwidrigkeit zugerechnet wird. BGHSt. 2 364 (368): Das Verbrechen muß nicht zuletzt als Pflichtverletzung gewertet und darf nicht einseitig in der Verletzung eines Einzelinteresses gesehen werden. — Strafgrund ist die persönliche S c h u l d . Anlaß, die Schuldfrage aufzuwerfen, ist die Rechtswidrigkeit: das Nicht-sein-sollende eines derartigen Verhaltens; die Frage der R e c h t s w i d r i g k e i t (III) also vor der des Verschuldens (IV) zu prüfen, und zwar unter strenger Bindung an die gesetzlichen T a t b e s t ä n d e (II). Beisp.: Erste Frage: Hat A den B im Sinne der §§ 211 oder 212 getötet? Wenn ja: zweite Frage: hatte er einen Rechtfertigungsgrund, z. B. Notwehr ? Wenn nein: dritte Frage: ist diese nicht gerechtfertigte Tötung ihm zur Schuld zuzurechnen oder hatte er z. B. den Entschuldigungsgrund des Notstandes? Eine vierte Frage: ob alle Verbrechen positiv mit Strafe bedroht und verfolgbar sind, ist ausnahmsweise zu verneinen z. B. bei Diebstahl unter Ehegatten (§247 Abs. 2) oder bei verjährten Taten. An der Notwendigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld zu unterscheiden, ändert nichts, daß bereits zur Tatbestandsmäßigkeit und zur Rechtswidrigkeit „subjektive" Momente gehören, d. h. Vorgänge im Innenleben des Täters. Z. B. können äußerlich gleiche Handlungen ärztliche Untersuchung oder „Unzucht" sein. Ist die Handlung der Willensrichtung entsprechend Unzucht, so ist immer noch die Frage der rechtlichen Schuldzurechnung offen. Jeder Untersuchung, ob ein gegebener Sachverhalt eine strafbare Handlung darstellt, ist die obige D r e i t e i l u n g — Tatbestandsmäßigkeit — Rechtswidrigkeit — Schuld — in d e r a n g e g e b e n e n R e i h e n f o l g e der Fragen zugrunde zu legen. Die Frage nach einem strafrechtlichen „Verschulden" ist gegenstandslos, wenn der Täter so handeln durfte; und die Frage wiederum, ob er dies durfte, ist gegenstandslos, wenn überhaupt kein strafgesetzlicher T a t b e s t a n d verwirklicht ist. Eine Neugruppierung des Verbrechenssystems unternehmen die Grundrisse undLehrbücher von G r a f D o h n a , aufdemBoden der finalenHandlungslehre W e l z e l , v . W e b e r , M a u r a c h sowie B u s c h , Moderne Wand1

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

2

Systematische Vorbemerkungen II

hingen der Verbrechenslehre (1949), N i e s e , Finalität usw., 1951; mit kritischem Abstand G a l l a s , Zum gegenwärtigen Stand der L. v. V., ZStW 67, l f f . ; N o w a k o w s k i , Zu Welzels Lehre von der Fahrlässigkeit, J Z 58, 335ff., 388ff. Übersicht bei E n g i s c h , Entwicklung usw., ZStW 66, 239ff. Am bisherigen Systemaufbau halten demgegenüber fest Mezg e r StB, S a u e r , Allg. StrRLehre, W e g n e r , Allg. Teil, S p e n d e l , Grundfragen, Rittler-Festschr. 39, i. allg. auch H. M a y e r , StrR. Dazu näher in Anm. I I zu § 59. Vgl. insbesondere zur Handlungslehre die in ZStW 63, 456ff.; 65, 54 zu Nr. 1, 2, 3 besprochenen Schriften sowie M e z g e r , Die Handlung im Strafrecht, Rittler-Festschr. 119; M a i h o f e r , Handlungsbegriff, 1953, dazu L a n g - H i n r i c h s e n , J R 54, 88; S c h m i d h ä u s e r , Willkürlichkeit und Finalität, ZStW 66, 27; derselbe, Gesinnungsmerkmale im Strafrecht, 1958; desgl. H a r d w i g , ZStW 68, 14; zur Tatbestandslehre: M e z g e r , Wandlungen, N J W 53, 2; H. M a y e r , Bestimmtheit usw., JZ 53, 105; S a u e r , Die beiden Tatbestandsbegriffe, Mezger-Festschr. 1954, 117; S c h w e i k e r t , Die Wandlungen der Tatbestandslehre seit Beling, Freiburger Abh. Bd. 9, 1957; W ü r t e n b e r g e r , Die geistige Situation der deutschen Strafrechtswissenschaft, 1957; S a u e r , Tatbestand, Unrecht, Irrtum und Beweis, ZStW 69, 1; E n g i s c h , Die normativen TB-Elemente, Mezger-Festschr. 127; d e r s e l b e , Subj. Tatbestands- und Unrechtselemente, Rittler-Festschr. 165; M a i h o f e r , Der Unrechts Vorwurf, ebendort 141; K u n e r t , Die normativen Merkmale der strafr. Tatbestände, 1958. II. A. In den Tatbeständen trifft das Strafgesetzbuch eine Auswahl aus dem Bereich des Unrechts (unten III), und zwar darf um der Rechtssicherheit willen nur im Rahmen dieser festumrissenen Unrechtstypen gestraft werden (§ 2); Umgehung des Gesetzes nur, falls dies ausdrücklich bestimmt ist, wie im Steuerrecht. Eine positivrechtliche Betrachtung hat daher von den Tatbeständen auszugehen, obwohl sie die Rechtswidrigkeit einer Handlung nicht begründen, sondern bereits voraussetzen. Darüber unten zu I I I . Daß die — außerstrafrechtliche — Unrechtserklärung den Tatbeständen vorausliegt, wird heute vor allem im N e b e n s t r a f r e c h t deutlich. Vgl. §§ I, 2 WiStG 1954, die sich auf die Strafsanktion für anderswo ausgesprochene wirtschaftsregelnde Normen beschränken. Zwischen dem Verbot, also der Rechtswidrigkeitserklärung, und der strafrechtlichen (oder Ordnungs-)Sanktion ist übrigens hier ein weiteres formales Element eingeschaltet. So heißt es z. B. an der in § 1 Nr. 7 WiStG zit. Stelle: „Wer den . . . Vorschriften zuwiderhandelt, . . . . b e g e h t , sofern die Vorschrift ausdrücklich auf die Straf- und Bußgeldbestimmungen dieses Gesetzes verweist, eine Zuwiderhandlung im Sinne d e s . . . Wirtschaftsstrafgesetzes." Entsprechend ist § 2 WiStG selbst formuliert. Ähnlich schon §§396, 401a, 402, 430 RAO. Im klassischen Strafrecht ist diese vierfache Stufenfolge von Rechts-

Systematische Vorbemerkungen II

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Widrigkeitserklärung, Abstempelung als strafrechtlich relevantem Unrechtstyp, dessen Beschreibung und Sanktion heute kaum noch erkennbar. Vgl. aber noch §175 PreußStGB: „Wer einen Menschen mit Überlegung tötet, . . . . b e g e h t e i n e n Mord und wird mit dem Tode bestraft." § 185 StGB wiederum beschränkt sich auf den Unwertausdruck „Beleidigung" und verzichtet auf eine Handlungsbeschreibung; denn z. B. Bescholtenheit kann einer an sich beleidigenden Kundgebung der Mißachtung den Charakter der Beleidigung nehmen (E 75 182). Wiederum andere Tatbestände umschreiben zwar ein Verhalten, aber mit wertenden Begriffen, z. B. „mißhandeln" in §§ 223ff., „Steuerhinterziehung" in § 396 RAO, die Steuerunehrlichkeit voraussetzt (E 60 97 und ständig, RFinH 31 70). Stets aber hat die Vertypung des Unrechts eine Doppelfunktion: einerseits die, besonders schwere und unerträgliche Rechtsbrüche aus der Masse der unerlaubten Handlungen herauszuheben, andererseits die, der staatlichen Strafgewalt eindeutige, feste und unüberschreitbare Grenzen zu setzen (Art. 103 Abs. 2 GG, § 2 StGB: Garantie der Rechtssicherheit).

Die Tatbestände beschreiben bestimmte H a n d l u n g e n als sozial erhebliches Verhalten. Ausnahmsweise gibt es auch Tatbestände ohne Handlung, die unmittelbar asoziale Existenzformen, wie den Zuhälter, Landstreicher, Arbeitsscheuen, §§ 181a, 361 Nr. 3, 5 erfassen oder die bloße Nichterfüllung von Pflichten als „Zuwiderhandlungen" ahnden, z. B. im Wirtschaftsrecht, vgl. JZ 56, 76 Anm. 35 sowie unten IV 4). I n der Regel aber knüpft die Strafdrohung an umschriebenes Einzelverhalten an. B. Handlung ist „ein aus Überlegungen und Entschlüssen entsprungenes, von einem natürlichen Willen geleitetes Verhalten" (BGHSt. 3 289), das durch die Aufnahme in die gesetzlichen Tatbestände als typisches U n r e c h t von besonderer Schwere gestempelt wird, wie „töten", „mißhandeln", „beleidigen". Doch dienen innerhalb der gesetzlichen Deliktsgruppen (Tötungs-, Eigentumsdelikte usw.) einzelne Tatbestände nicht der Unrechts-, sondern der Schuldtypisierung; auch innerhalb des gleichen Tatbestandes können beide Arten von Merkmalen vorkommen. Gegenüber dem Totschlag sind der Mord ein typisierter Schuldsteigerungsgrund, §§ 213, 216, 217 typisierte Schuldminderungsgründe. Näheres dort. Über diese Funktion der Tatbestände vgl. J R 49, 165, aber auch schon Goldschmidt, Frank-Festg. I 462f. Zustimmend Mezger, N J W 53, 2, Gallas, ZStW 67, 29, Engisch, GA lf55, 166; vgl. auch Hardwig, ZStW 68, 14. Die negative Wertung der Handlung knüpft in der Regel daran an, daß das Verhalten in tatbestandsmäßiger Weise als W i l l e n s b e t ä t i g u n g auf einen E r f o l g , d. i. eine Veränderung in der Außenwelt, gerichtet ist und ihn herbeiführt. Aber die auf den deliktischen Erfolg gerichtete Willensbetätigung kann auch — als V e r s u c h s handlung — für sich allein relevant sein oder umgekehrt die Erfolgsl»

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Systematische Vorbemerkungen II

Verursachung ohne darauf gerichteten Willen —• als f a h r l ä s s i g e Handlung. Grund: im ersten Fall erwartet der Täter den Erfolg, im zweiten die Rechtsordnung vom Täter die Vermeidung des Erfolges. Dort kommt es nicht darauf an, ob der Erfolg erreichbar war, hier nicht darauf, ob der Täter überhaupt einen Willen betätigte. Schließlich kann ein Verhalten deshalb negativ gewertet werden, weil die Rechtsordnung einen bestimmten Erfolg und eine darauf gerichtete Willensbetätigung erwartet und in beidem enttäuscht wird: ein Hausbesitzer vergißt, bei Glätte vor seiner Tür zu streuen; jemand erfährt einen Mordplan und kommt nicht auf den Gedanken, die Polizei oder den Bedrohten zu benachrichtigen. Mit dem Erfordernis der — wirklichen oder erwarteten — W i l l e n s betätigung wird der Handlungsbegriff auf ein f i n a l e s Element bezogen. Vgl. hierzu vor allem Welzel § 11 I : Der Vorsatz gehöre zur Tatbestandshandlung und sei damit ein essentielles Unrechtselement. Daraus folgt aber nicht, daß dieses Merkmal n u r unter Handlungs- oder Unrechtsgesichtspunkten bedeutsam sei. So seit den letzten Auflagen seines Lehrbuchs auch Welzel § 22 A I. Vgl. unten Anm. I I zu § 59, ferner ZStW 63, 477ff., 504ff., 65, 59. — Finalität ist nicht gleich Vorsatz. Bei diesem muß zum ontologischen immer noch ein normatives Element treten. Beispiel § 84, dessen Handlung final, z. T. mit überschießender Innentendenz erfüllt („zum Zwecke . . .") und der dennoch ein Fahrlässigkeitsdelikt ist. Vgl. unten zu IV 4 b) sowie Nowakowsld J Z 58, 335ff., 338ff. mit Lit. Ang. I. Kausalzusammenhang ist Bestandteil der Tatbestandsmäßigkeit dann, wenn der Tatbestand außer der Willensbetätigung auch den Eintritt eines Erfolges voraussetzt. Die herrschende Lehre nimmt KZ an, wenn die Willensbetätigung eine nicht wegdenkbare Bedingung des Erfolgs ist; einerlei ob eine mehr oder weniger entfernte, ob eine mehr oder weniger wirksame, ob eine allein oder nur mit anderen Bedingungen zusammen wirksame, ob der Erfolg objektiv vorhersehbar war oder „zufällig" eintrat: sog. B e d i n g u n g s - o d e r Ä q u i v a l e n z t h e o r i e (E 56 348, 57 285, 63 211, 66 184, 67 69, 69 44, 70 257, 76 86), gegenüber den Theorien der adäquaten Verursachung. Ebenso Braunschweig SJZ 49 130 (Anm. Spendel) und jetzt der BGH: BGHSt. 1 332 = J Z 51 787 (Anm. Engisch) zu § 226 unter ausdrücklicher Ablehnung der Adäquanztheorie (s. u.). Ursache und Folge sind dabei nicht mechanisch-naturwissenschaftlich, sondern in ihrer rechtlichen Bedeutung aufeinander zu beziehen: ursächlich ist ein verkehrswidriges Verhalten nur, wenn so gut wie sicher ist, daß es bei verkehrsgerechtem Verhalten nicht zu dem Erfolg gekommen wäre (auch bei Einhalten des gebotenen Seitenabstandes wäre der überholte, stark angetrunkene Radfahrer mit hoher Wahrscheinlichkeit überfahren worden). So BGHSt. 11 1 ( = JZ 58 280

Systematische Vorbemerkungen II

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m. zust. Anm. Mezger). Gegenstück BGH VRS 10 359 (Kausalität pflichtwidriger Unterlassung wirksamen Bremsens). — Fahrlässige Verursachung ist, wie Baumann DAR 55, 210 mit Recht betont, nicht gleich Verursachung plus Fahrlässigkeit. Ebensowenig reicht Unfallbeteiligung plus Vorschriftswidrigkeit aus. Vgl. außer BGHSt. 11 1 noch Köln DAR 65 198 (Fahren ohne Führerschein), Celle DAR 56 16 (vorschriftswidriges Schlußlicht), Hamm JMB1. NRW 56 92 (zu schnelles Fahren). Dagegen Karlsruhe N J W 58 430. — Eine U n t e r b r e c h u n g des KZ bei schuldhaftem (vorsätzlichem oder fahrlässigem) Einwirken eines anderen auf den tatbestandsmäßigen Erfolg erkannte schon das RG (entgegen vereinzelten früheren Entscheidungen) nicht mehr an. Vgl. unten IV sowie E 56 348, 58 366, 61 318, 64 316 u. 370, 67 17, 69 44; H R R 41 789. Ebenso jetzt BGH bei Daliinger MDR 56 526 (betr. Gnadenschuß eines Dritten); hierzu Schönke-Schröder 8 S. 24. — Die notwendige Korrektur des Einzelfalls sieht die Bedingungstheorie in dem Erfordernis des (subjektiven) Verschuldens. Vgl. jetzt § 56 mit Anm. — Abweichend sieht die sog. A d ä q u a n z t h e o r i e (begründet von v. Kries) nur die Willensbetätigung als Ursache an, die g e n e r e l l , e r f a h r u n g s g e m ä ß g e e i g n e t ist, den Erfolg herbeizuführen. Damit wird ein für die T a t b e s t a n d s m ä ß i g k e i t der Handlung, namentlich für ihre objektive Finalität, beachtlicher Gesichtspunkt auf das Kausalgebiet verschoben. Für sie Maurach 2 160ff., Henkel in Anm. zu Stuttgart N J W 56 1451. Richtiger insoweit die R e l e v a n z theorie Mezgers (Lb. S. 116, 122, StB I 69, LK Einl.); sie ist der Sache nach in BGHSt. 11 1 (s. o.) anerkannt. Vgl. auch den nächsten Abs. Kritisch zur herrschenden Lehre Engisch (a. a. O. und: Kausalität usw. 1931; Vom Weltbild des Juristen 1950, 110); H.Mayer, StR S. 126; Nagler L K 7 Einl. Anhang (mit Übersicht). Aus dem gleichen Grunde sind die älteren i n d i v i d u a l i s i e r e n d e n Kausaltheorien (Ursache sei nur die w i r k s a m s t e Bedingung oder die, die das Ü b e r g e w i c h t zum Erfolge herstelle) abzulehnen. So ausdrücklich E 69 47, BGHSt. 4 76. Ursache ist auch, was nur den Erfolg beschleunigt, der ohnehin eingetreten wäre: E 22 325, 69 321, 70 258, Rspr. 10 270, OGH J R 50 404. Der ursächliche Zusammenhang wird weder durch Mitverschulden des Verletzten (E 6 250, 22 174, 77 18, DR 40 2061) noch durch seine besondere Anfälligkeit ( E 5 30: Augenleiden, 54 349: Bluter) in Frage gestellt, auch nicht dadurch, daß sich ein Dritter bewußt einschaltet (E 61 319: fahrl. Tötung durch Beziehenlassen einer feuergefährdeten Wohnung, in der Menschen bei Brandstiftung umkamen; 64 318). Anders, wenn es bewirkt, daß der Erfolg überhaupt nicht auf das Verhalten des Täters zurückzuführen ist (RG D R 40 2061, E 77 18 betr. Verhalten des Opfers) oder aber wenn auch das verkehrsgerechte Verhalten des verkehrswidrig Überholenden mit

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Systematische Vorbemerkungen II

an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den gleichen Erfolg herbeigeführt haben würde (BGHSt. 11 1, s. o.); im Überholen lag kein unrechtstypisches, grundsätzlich verpöntes Verhalten, sondern ein grundsätzlich erlaubtes, aber an Ordnungsregeln gebundenes. Deshalb waren hier nicht Handlung und Unterlassung, sondern ordnungsmäßiges und ordnungswidriges Handeln zu vergleichen; so besonders deutlich Karlsruhe N J W 58 430 mit Nachweisungen. — Von der Kausalfeststellung scharf zu scheiden ist: 1. die Frage, ob der Eingriff eines Dritten dem Handelnden die T a t h e r r s c h a f t aus der Hand nimmt (der als Opfer eines Giftmordanschlags Ausersehene erkennt das Gift und begeht damit Selbstmord); dazu Notwendige Teilnahme (Abh. des Berl. Kriminst. 1940) S. 61; 2. die Frage, ob die S c h u l d durch Eigenverschulden des Verletzten ausnahmsweise berührt wird (E 57 172, vgl. §59 IV 3 b ) . — D i e abgelehnten individualisierenden Kausaltheorien arbeiten überdies statt mit dem Gedanken der conditio sine qua non mit der naturwissenschaftlichen Kategorie der causa efficiens, was methodisch bedenklich ist und das Problem der Unterlassung unlösbar macht. Vgl. aber Nagler a. a. O.: „nur die im sozialen Zusammenhang ausschlaggebende" Bedingung sei Ursache. II. Auch eine Unterlassung kann sozial erhebliches Verhalten sein. 1.Zu unterscheiden e c h t e und u n e c h t e U. Echte, wenn ein gebotenes Tun unterlassen, ein erwünschter Erfolg nicht herbeigeführt wird, wie z. B. die Anzeige eines Verbrechensvorhabens in § 138; ferner z. B. §§ 116, 123 (sich nicht entfernen), 143, 330 c. Unechte, wenn sie nur eine besondere Erscheinungsform der v e r b o t s w i d r i g e n Begehung ist, z. B . die Mutter tötet ihr Kind, indem sie ihm nichts zu essen gibt. 2. Auch Unterlassungen können f i n a l , zielbewußt auf die Herbeiführung eines verbotenen bzw. Nichtherbeiführung eines gebotenen Erfolges gerichtet, oder b l o ß k a u s a l sein. Kausal sind die unechten UDelikte, wenn der Unterlassende den Erfolg abwenden konnte. Das RG formuliert, indem es statt der nichtwegdenkbaren Erfolgsbedingung (oben Vorbemerkung I I B I) die hinzudenkbare setzt: „Eine U ist nur dann ursächlich, wenn die unterlassene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne daß zugleich der Erfolg wegfiele": E 63 392, 75 50. Zu beachten ist aber, daß hier nicht ein wirkliches, sondern ein unterstelltes Geschehen auf seine erfolgabwendende Bedeutung zu prüfen ist. Daraus folgt, daß — anders als bei Prüfung der Kausalität positiven Tuns — ein W a h r s c h e i n l i c h k e i t s u r t e i l genügen muß, d. h. wie Maurach 2 465 treffend bemerkt, mit den Maßstäben der Adäquanztheorie gearbeitet wird. Schönke-Schröder 8 Vorb. VI 3 sprechen von bloßer Quasi-Kausalität, einer Gleichstellung nicht im Ontologischen, sondern nur im Normativen (mit Hinweis u. a. auf Gallas ZStW 67, 8ff.).

Systematische Vorbemerkungen II

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Die Frage: „wäre der Tod des Kranken vermieden worden, wenn der Arzt eine Seruminjektion gemacht hätte?" kann höchstens „mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" bejaht werden. E 51127, 58 130, 74 350, 75 50, 324 mit Anm. Mezger in ZAk. 42 29 und Anm. Kallfelz in DR 41 2235; E 75 372 mit Anm. Würtenberger in ZAk. 42, 167. Nach BGH bei Daliinger MDR 56 144 (vgl. auch MDR 53 20) sind dabei alle konkreten Umstände zu berücksichtigen; eine „der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechende Wahrscheinlichkeit" (so gelegentlich E 75 328) genüge nicht. Vgl. hierzu Mezger, Lehrbuch 130—150, StB I § 28 II, der ebenfalls auf die Kausalität der erwarteten Handlung abstellt, und andererseits Eb. Schmidt, Arzt im Strafrecht S. 85, dessen Auffassung der unechten Unterlassungsdelikte als „Nichtabwendung des Erfolges" {ebenso Welzel § 27 I I 1 a ß) eine schärfere Unterscheidung von den echten ermöglicht. — Auch bei aktivem Tun hängt die Kausalität u. U. von einem Wahrscheinlichkeitsurteil ab, vgl. oben zu I (BGHSt. 11 1). 3. T a t b e s t a n d s m ä ß i g e s U n r e c h t ist eine unechte Unterlassung dann, wenn die Passivität der Aktivität gleichgesetzt wird. Von bestimmten Personen erwartet die Rechtsordnung (arg. § 3 Abs. 3: „hätte handeln sollen", ausdrücklich § 14 Entw. 1959) die Abwendung drohender Rechtsgutsverletzungen. Wenn sie solche Personen besonders zur Abwendung drohender Erfolge verpflichtet und im Vertrauen darauf weitere Sicherungen unterläßt, wird sie durch die Nichtabwendung des Erfolges beeinträchtigt. Zur Tatbestandsmäßigkeit der Handlung tritt hier die Täterschaftsmäßigkeit des Handelnden (über diesen Begriff vgl. Lange, Notw. Teilnahme, 15ff.). Ebenso Welzel § 27 I (seit 5. Aufl.). Das Tatbestandsproblem erkannte als erster Nagler GS 111 S. l f f . —• Kritisch H. Mayer, SJZ 47, 12ff., MatStRRef. I 275 sowie Grünwald, ZStW 70, 412 (de lege fer.); vgl. auch unten zu e). Die Gleichstellung geschieht entweder a) im Tatbestande selbst, z. B. §§ 121, 221, 223b, 315, 357, 361 Nr. 9 StGB, oder b) im s o n s t i g e n G e s e t z e s r e c h t , insbes. dem Familienrecht und im öffentlichen Recht. Z. B. Personensorgepflicht der Eltern: E 66 73, 143; 69 283; 70 82, 390; 71193; BGHSt. 2 153; über die Pflichten der Polizei J W 39 543 mit Anm. Mittelbach, oder c) auf Grund b e s o n d e r e r P f l i c h t e n ü b e r n a h m e . Z. B. wer einen Hilflosen in Pflege nimmt, muß für ihn sorgen und begeht andernfalls rechtswidrige Körperverletzung. Das Kindermädchen achtet nicht auf das Kind, so daß dieses zu Schaden kommt. Hierzu E 10 100, 38 123, 46 25, 71 193, 74 353. Strafgrund ist in diesen Fällen nicht der Vertragsbruch als solcher, sondern die durch ihn geschaffene Gefahrlage. E 17 261. Eine solche kann aber auch unabhängig von einer Vereinbarung entstehen aus

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Systematische Vorbemerkungen II

d) v o r a n g e g a n g e n e m T u n (Bedenken gegen diesen Satz bei Welzel 6 182f.). Z. B. Mitnahme eines Ungeübten auf eine gefährliche Bergbesteigung, oder: jemand hat einen anderen versehentlich eingeschlossen und befreit ihn nicht, nachdem er es bemerkt hat. Der Strafgrund folgt hier unmittelbar aus dem an die Spitze gestellten Satz. Wer — schuldhaft oder nicht: E 70 227, Hamm HESt. 2 243, BGHSt. 4 20 — die Gefahrlage geschaffen hat, von dem wird erwartet, daß er den drohenden Erfolg abwendet; wenn nicht, haftet er für ihn (anders bei rechtmäßigen Handlungen, vgl. BGHSt. 3 203 gegen E 51 12; bedenklich Hamm VRS 57 45; wer aus Höflichkeit einen anderen über die Fahrbahn geleite, übernehme damit eine Rechtspflicht zur Erfolgsabwendung). Zudem befindet er sich regelmäßig in der Schlüsselstellung, von der aus die Verletzung abgewendet werden kann. Hierzu E 24 339, 46 343, 51 9, 57 197, 58 130, 244, 60 77, 63 392, 64 372, 68 99, 69 321, 70 151, 73 52. Ebenso BGH N J W 53 1838, 54 1047. Einschränkend jedoch in MDR 56 271 (Dallinger): der Grundsatz könne, uneingeschränkt angewandt, die Verantwortlichkeit unerträglich ausdehnen. Ob dem Täter im Einzelfall z u g e m u t e t werden konnte, den Erfolg abzuwenden, und ob er sich dieser Pflicht bewußt gewesen sei, müsse daher sorgfältig geprüft werden. Konkrete Beurteilung fordert auch Henkel, Recht und Individualität, 1958, 64f. Zur Frage der Zumutbarkeit vgl. auch unten § 330c Anm. IV 2. — Mehrfach wurde Beihilfe zum Meineid, begangen durch Unterlassung, in Fällen angenommen, wo jemand durch eigenes Verhalten (z. B. durch wahrheitswidrige Parteibehauptung oder -bestreitung in einem Ehescheidungs- oder einem Unterhaltsprozeß) die Gefahr bewirkt habe, daß auch ein Zeuge in diesem Sinne falsch aussagen werde, wodurch er verpflichtet sei, den Zeugenmeineid zu verhindern: E 72 23, 75 271; DR 43 577. Einschränkend auch hier jetzt BGH im Anschluß an Maurach: eine inadäquate Gefahr muß herbeigeführt sein; ähnlich Köln N J W 57 34. Darüber unten § 154 Anm. VII. e) S o z i a l e S o n d e r s t e l l u n g , z. B. enge Lebensgemeinschaft, natürliche Blutsbande (uneheliche Vaterschaft), Familienautorität, Stellung als Haushaltungsvorstand oder eine sonstige persönliche Nähe oder Überlegenheitssituation soll nach der Rspr. ebenfalls für bestimmte Personen eine Garantenhaftung begründen. Hier unmittelbarer Rückgriff des StrR auf s o z i o l o g i s c h e Tatsachen und Wertungen, nicht nur Sanktionierung der positiven Rechtsordnung. E 64 316, 66 72, 69 321, 70 151, 74 47, 155, 189, 309, 354 (Anm. Boldt in DR 41, 195). Ebenso grundsätzlich BGHSt. 2 153, N J W 63 591, 55 1038 (ehel. Lebensgemeinschaft; nicht bei tats.

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Trennung: BGHSt. 6 322). Soweit der BGH hier letztlich wieder auf positives Recht zurückgreift (BGHSt. 2 153: § 1353 BGB), ist ihm zu folgen, ebenso betr. unehel. Verwandtschaft aus den Gründen der Anm.VI zu § 52 und oben zu d). Abgesehen davon aber fehlt der Rspr. die rechtliche Grundlage. Zwar würde hier Gewohnheitsrecht genügen und Analogie zulässig sein, da es sich nicht um Erweiterung der Tatbestände handelt (H. Mayer § 17 I I I hält beides auch hier für unzulässig). Aber gewohnheitsrechtlich läßt sich allenfalls der Satz zu d) begründen, den auch Entw. 1959 in § 14 Abs. 2 aufgenommen hat. Gegen E 72 374 (betr. Haushaltungsvorstand) bereits Kohlrausch ZAk. 39, 246. Die Pflichten werden moralisch oder auch nur soziologisch begründet; aber nur R e c h t s pflichten sind tragfähige Grundlagen. So auch Nowakowski J Z 58, 381. Daß die Rspr. zu weit geht, zeigt BGHSt. 2 152, wo die Haftung für Unterlassung weiter geht als die für aktives Tun (zutr. Schönke-Schröder IV vor § 211 und die dort. Zit.). Bedenklich auch KG J R 56 150, insoweit Rechtspflicht zur Verhinderung einer Unglücksfahrt aus Bekanntschaft- und Vertrauensverhältnis mit hergeleitet wird, und Bremen N J W 57 72 betr. Ehemann, der die Aufnahme eines seiner Frau gehörenden Hundes duldet (dazu treffend Schröder in Sch.-Schr. 8 31: „Eine Art Sippenhaftung"). — Aus den zahlreichen Entscheidungen betr. Fahrlässigkeit des A r z t e s durch Unterlassung sei besonders hervorgehoben E 74 350 (Anm. Engisch in ZAk. 41, 129; Mezger in DR 41, 150; bes. Schmidt in MoKriBi. 42, 85). — Vgl. ferner Niethammer DRZ 46, 13. N i c h t genügen diejenigen Strafgesetze, die e c h t e Unterlassungsverbrechen normieren, um die aus ihnen folgenden Pflichten z u r K o n s t r u k t i o n a u c h e i n e s u n e c h t e n U V zu benutzen. Beispiel: Die Verabsäumung einer durch § 138 gebotenen Anzeigepflicht oder einer durch § 330c gebotenen Hilfepflicht genügt f ü r s i c h a l l e i n noch nicht, um den Unterlassenden etwa wegen M o r d e s usw. zu strafen. Bedenklich E 71 187, 75 164. Zutr. E 73 53, BGHSt. 3 67, J R 56 347. Bei fehlender Z u m u t b a r k e i t der Erfolgsabwendung zessiert die Pflicht: E 58 98,227,72 19, 73 57, BGHSt. 4 23. Näheres dazu oben zu d). Aus dem neueren Schrifttum: S c h a f f s t e i n in Festschrift für Gleispach (1936). — D r o s t in Gerichtssaal 109 (1937) l f f . — N i e t h a m m e r in ZStW 57, 431. — N a g l e r in GS 111, l f f . — D a h m in ZStW 59, 133ff. — G r a f D o h n a in DStrR 39, 142. — G e o r g a k i s , Hilfspflicht und Erfolgsabwendungspflicht, 1938. — R o e d e r in DStrR 41, 105 u. 152. — V o g t ZStW 63, 287. — W e l z e l N J W 53, 327 (betr. § 330c). — Z i m m e r m a n n N J W 52, 1321. — M e i s t e r MDR 53, 649. — G r ü n w a l d ZStW 70, 412. — Zur K o n k u r r e n z zwischen echten und un-

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Systematische Vorbemerkungen II

echten Unterlassungsdelikten vgl. S c h ö n k e - S c h r ö d e r Vorb. IV 1 h (S. 31) einerseits, M a u r a c h 483 andererseits, zu den T e i l n a h m e p r o b l e m e n G a l l a s J Z 52,372 und dagegen S c h ö n k e - S c h r ö d e r Vorb. VI 6. C. Aufbau der Tatbestände. Sie werden i n h a l t l i c h in erster Linie charakterisiert durch das verletzte I I e c h t s g u t (Leben, Gesundheit, Ehre, Eigentum, Funktionieren der Rechtspflege, der Verwaltung), ferner durch das A n g r i f f s m i t t e l (Täuschung, Drohung, Gewalt), durch besondere E i g e n s c h a f t e n d e s T ä t e r s (Mann, Beamter, Arzt), durch M o t i v e u n d G e s i n n u n g s m e r k m a l e (aus Habgier, gewissenlos). Besonderheiten im A u f b a u zeigen die z u s a m m e n g e s e t z t e n Delikte (§249), die z w e i a k t i g e n (§277), die v e r k ü m m e r t z w e i a k t i g e n (§ 242), die D a u e r d e l i k t e (Freiheitsberaubung des § 239 wird begangen, solange die Einsperrung dauert), Z u s t ä n d s d e l i k t e (Bigamie, § 171, schafft einen rechtswidrigen Zustand, ist aber mit der Eheschließung vollendet; entspr. § 169, Nürnberg MDR 51119). Allgemein sind der Form nach objektive, kognitive, subjektive und normative TBMerkmale zu unterscheiden; zu letzteren vgl. BGHSt. 3 255, aber auch unten § 59 Anm. V 2, 4 b sowie neuerdings Kunert, Die norm. Merkmale, 1958. Die subj. Merkmale können mit dem Motiv oder der Gesinnung die S c h u l d typisieren (z.B. in §211, s.o. I I B ) oder aber das U n r e c h t : dies, wenn z . B . die Zueignungsabsicht in § 242, die Absicht, das Falschgeld oder die falsche Urkunde in den Verkehr zu bringen (§§ 146, 267) schon das Delikt vollendet, die Rechtsgutsgefährdung schon die volle Schwere der Rechtsfolgen auslöst. Grundlegend — neben Hegler ZStW 36, 19ff. — Mezger GS 89, 207ff., Vom Sinn der strafr. Tatbestände 1926, neuerdings StB I § 32. Bei den abgewandelten Tatbeständen, verschärften ( q u a l i f i z i e r t e n ) und gemilderten ( p r i v i l e g i e r t e n ) , wird ein Grundtatbestand durch Hinzufügung weiterer Tatbestandsmerkmale erweitert und danach milder oder strenger gestraft. Die qualifizierten und privilegierten Tatbestände folgen den Regeln des Grundtatbestandes. Anders bei einer nicht nur quantitativen, sondern qualitativen Änderung des Tatbestandes, insbes. bei Abwandlung oder Erweiterung des Rechtsguts oder Abschichtung besonderer Tätergruppen, wodurch ein delictum sui generis mit eigenen Regeln entsteht. Z. B. ist § 265 nicht nur Vermögensdelikt, sondern gemeingefährliches Verbrechen, daher del. s. g. gegenüber § 263. — Ob das eine oder das andere, ist vielfach zweifelhaft, praktisch aber äußerst bedeutsam. Vgl. im einzelnen etwa zu §§ 175a, 216, 217, 229, 248a, 252, 264a, 370 Nr. 5, und zur ganzen Frage Nagler-Mezger LK Einl. Anh. 3 I I sowie die Kontroverse Hillebrand N J W 56, 1268 gegen Schneider N J W 56, 702. — Q u a l i f i z i e r u n g e n erfolgen bei besonderer „Absieht" (z. B. § 225), bei Gewerbs- oder Gewohnheitsmäßigkeit (z. B. § 260), bei besonderer Gefährlichkeit des Mittels oder der Begehungsart

Systematische Vorbemerkungen II

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(z. B. §§ 223a, 243), bei besonderen Eigenschaften des verletzten Rechtsguts (z. B. § 223b), besonders häufig bei Eintritt eines schwereren Erfolgs, insbesondere von Todesfolge (z. B. §§ 118, 178, 221 Abs. 3, 224, 226, 229 Abs. 2, 239 Abs. 3, 306ff.). Bei den letzteren — „durch einen schwereren Erfolg qualifizierten Verbrechen" — war bezüglich dieses Erfolgseintritts adäquate Kausalität (oben B 1) zu fordern, solange hier das Korrektiv eines subjektiven, auf den Enderfolg bezogenen Verschuldens nicht gegeben zu sein brauchte. Das RG freilich neigte auch hier zur Bed.-Theorie: E 44 137, 61 375, 63 6. Vgl. aber LG Heidelberg SJZ 48 207 (Anm. Engisch). Braunschweig SJZ 49 130 hielt an der Bed.-Th. fest (zust. Anm. Spendel). OGH SJZ 49 357 ließ die Frage dahingestellt. Lösung der Frage durch den Gesetzgeber im § 56, fortentwickelt in § 22 Entw. 1959. Kritisch zu dieser Lösung Schweikert, ZStW 70, 394. Eine Mischung von schwererem Erfolg und Verschulden als Strafschärfungsgrund in § 225 und SprStG § 5 Abs. 3. Neuerdings wurde immer häufiger an einen Grundtatbestand (z. B. Betrug: §263 1) ein strengerer Strafrahmen angefügt (z.B. § 263 IV), ohne daß dies vom Hinzutreten neuer Tatbestandsmerkmale abhängig gemacht wurde. Entsprechend auch mildere Strafrahmen. Über die Herkunft dieser Erscheinung aus den Entwürfen und die hier zu beachtenden Verschiedenheiten vgl. MDR 48, 310ff., Mat zur StrReform 1 76 ff. und unten § 1 Anm. V, ferner Gutzke N J W 56, 580. An solchen mehr oder weniger unbenannten Straferhöhungs- und Strafminderungsgründen (an die sich erhebliche Zweifelsfragen angeknüpft haben, vgl. bes. zu § 1) kennen die neueren Strafgesetze u. a. die folgenden; 1. „Besonders schwere Fälle": St. §§49b, 89, 90, 90a, 91, 92, lOOd, 102, 107, 108, 109b und e, 114, 129 (mit Beispielen), 138, 140, 142, 212, 218, 223b, 240, 241a, 253, 263, 266, 281, 292, 293 (diese beiden mit Beispielen), 302d, 315, 315a, 316a, 316b, 317, 353b, 353c. — Börsengesetz § 95. — Depotgesetz § 34. — GmbH-Ges. § 81a II. —- Genossenschaftsges. § 146. — Aktienges. §§ 294, 296, 298. — Lebensmitteiges. § 11 III. — Jugendschutzges. § 24 II, III. 2. „Schwere Fälle": StGB §§ 153, 267, 348. 3. „Minder schwere Fälle": StGB §§ 218 III, 315 II. 4. „Besonders leichte Fälle": StGB § 175 II. Die immer häufigere Anwendung dieser Gesetzestechnik bedeutete eine weitgehende R e s i g n a t i o n d e s G e s e t z g e b e r s in der Bewertung der Delikte und eine Übertragung der Verantwortung für richtige Bewertung auf den Richter; hiermit natürlich auch die Erschwerung einer tunlichst g l e i c h m ä ß i g e n Bewertung. Die Grenze zwischen Gesetz und Richter verschob sich damit wesentlich. Schrifttum: Vgl. zu § 1.

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Systematische Vorbemerkungen III

D. Zu jeder Tat gehört ein Täter. Probleme liegen hier insbes. nach zwei Richtungen: 1. Täterschaft und Teilnahme. Täter ist, wer die tatbestandsmäßige Handlung selber oder dadurch begeht, daß er ganz oder teilweise andere f ü r sich handeln läßt (unmittelbare, mittelbare, Mittäterschaft). Neben diese primäre Erscheinungsform des Verbrechens t r i t t die sekundäre der Teilnahme (Anstiftung und Beihilfe). Denn abgesehen von den Fällen der p e r s ö n l i c h e n Tatausführung kann jemand in strafwürdiger Weise eine Tat herbeiführen oder fördern, o h n e Täter zu sein; sei es, daß er nicht Täter sein k a n n , weil die N a t u r der Sache es nicht zuläßt (Meineid, Geschlechtsakt) oder weil ihm bei den sog. Sonderdelikten die Täterqualität als Beamter usw. fehlt — sei es, daß er nicht Täter sein w i l l : er rät oder hilft einem anderen zu dessen Tat, ohne sie sich zu eigen zu machen. Näheres vor und zu §§ 47ff. 2. Das Tatstrafrecht wird in neuerer Zeit in steigendem Maße durch ein Täterstrafrecht ergänzt. Hier k n ü p f t das Gesetz nicht an ein einzelnes Geschehnis, sondern an das Vorliegen einer asozialen oder aktiv antisozialen Existenzform an; k r i m i n o l o g i s c h e T ä t e r t y p e n des gefährlichen Gewohnheitsverbrechers (§ 20a), ausbeuterischen Zuhälters (§ 181a), Bettlers, Landstreichers, Arbeitsscheuen, Müßiggängers des § 361 Nrn. 3—5. Näheres bei diesen Bestimmungen.

m. 1. Die Rechtswidrigkeit einer Handlung liegt formell darin, daß sie gegen rechtliche Gebote oder Verbote verstößt. Diese finden sich in der gesamten Rechtsordnung, aber gerade nicht im Strafrecht, das Arielmehr die anderweit aufgestellten Normen nur sanktioniert. Das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse von Bindings Normenlehre. Der Sinn der strafrechtlichen Unrechtstypisierung ist es, aus dem Gesamtbereich des Unrechts den Kern herauszuheben, der als besonders schwere Verletzung der Rechtsidee und Störung der Rechtsordnung zu werten ist. Vgl. oben I I A sowie § 3 I I : „strafwürdiges Unrecht". Daß das Unrecht schon vorstrafrechtlich bestimmt ist, zeigt sich darin, daß die Strafe meist nur verstärkend zu anderen Sanktionen (Schadensersatzpflicht, Rechtsverlusten aller Art) hinzutritt. Aber auch da, wo sie ausnahmsweise die einzige ausdrückliche Sanktion bildet, ist der sie begründende Tatbestand des Strafrechts nicht die Quelle des Unrechtsurteils der Rechtsordnung. Inzest und widernatürliche Unzucht etwa sind (gegen Mezger Lb. S. 184) schon außerhalb des StGB und vor ihm rechtlich verboten. Das Verbot und die Vernichtbarkeit der blutschänderischen Ehe sind ein sicheres arg. a fortiori dafür, daß erst recht blutschänderischer Verkehr außerhalb der Ehe rechtlich verboten ist. Und die famüienrechtliche und disziplinarrechtliche Relevanz homosexueller Betätigung ist unabhängig von ihrer strafrechtlichen Sanktion. Die Eigenart, daß es Unrecht im Rechtssinne nicht

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begründet, sondern von seinem Bestände ausgeht, teilt das Strafrecht jetzt mit dem milderen Sanktionenrecht der Ordnungsbußen. Der strafrechtlich relevante Ausschnitt aus dem Unrechtsbereich bestimmt sich in erster Linie nach dem Rang und der besonderen Schutzbedürftigkeit der R e c h t s g ü t e r — das zeigt der Aufbau des Besonderen Teils —, innerhalb dieses Rahmens aber auch nach der Intensität und dem Stadium des A n g r i f f s . Meist knüpft es erst an die geschehene Verletzung an, oft aber auch schon an ihre G e f ä h r d u n g , sei es allgemein durch Bestrafimg des V e r s u c h s , sei es durch Aufstellung von b e s o n d e r e n G e f ä h r d u n g s t a t b e s t ä n d e n wie im 27. Abschnitt, sei es durch kombinierende Heraushebung von Verhaltensweisen, die über ihren unmittelbaren Verletzungseffekt hinaus g e f ä h r l i c h e T e n d e n z e n in sich tragen: die Absicht, die weggenommene Sache dem Berechtigten dauernd zu entziehen in § 242, die etaatsgefährdende Absicht in § 94, die Körperverletzimg durch gefährliche Mittel, die schweren Folgen als unwiderlegliches Indiz der besonderen Gefährlichkeit der Handlung in §§ 178, 224, 226 usw., die geschlechtliche Tendenz in §§ 174ff„ die eine sonst geringfügige, wenn auch ordnungswidrige Berührung als f ü r das Rechtsgut der geschlechtlichen Integrität des Berührten gefährliche Handlung kennzeichnet (selbst wenn die Beweggründe letzten Endes erzieherischer Natur gewesen sein sollten: der Zweck heiligt nicht die Mittel, vgl. BGH in MDR 55 17). Diese Ausformung und Differenzierung des strafrechtlich relevanten Unrechtsausschnitts gestaltet aber nur dessen Quantität, nicht seine Qualität. Der Gegenstand bleibt insoweit der gleiche wie der der verwaltungs- oder zivilrechtlichen Sanktionen. D a s B e s o n d e r e der s t r a f r e c h t l i c h e n B e w e r t u n g z e i g t sich e r s t in d e r S c h u l d f r a g e , die als weitere selbständige zu der des Unrechts hinzutritt. Man kann deshalb nicht innerhalb des Unrechtsbegriffs Erfolgs- und Aktunrecht unter ganz verschiedenen Wertmaßstäben (Rechtsgutsverletzung hier, Abfall von den Grundwerten rechtlicher Gesinnung dort) einander gegenüberstellen. Schon die Gleichsetzung von vorsätzlichem Handeln ( = Aktunrecht) und Finalität ist ungenau. Der Vorsatz ist nicht Element, sondern nur Voraussetzung des Unrechts, insofern erst eine zielgerichtete Einstellung des Handelnden typischerweise das Rechtsgut unter Unrechtsgesichtspunkten besonders gefährdet. Maßstab bleibt entscheidend die objektive Richtung der Handlung auf die Rechtsgutsverletzung (objektive Finalität). Näheres unten Anm. I 2 zu § 88. Auch unter dem Begriff des „personalen Unrechts" birgt sich in Wahrheit sehr Verschiedenes: täterschaftliche Merkmale, die nicht das Unrecht der Handlung, sondern die Täterqualität des Handelnden betreffen, Schuldmerkmale wie Motiv- und Gesinnungselemente in § 211 und schließlich subj. Unrechtselemente, deren überschießende Innentendenz den Angriff besonders gefährlich erscheinen läßt (über ihren Charakter oben I I C). Den Sinn des Unrechtsbegriffs als Rechtsgutsverletzung oder -gefährdung lassen alle diese Gruppen unberührt. Doch ist „Rechtsgut" nicht materialistisch, sondern als Unverletzlichkeit von Leben, Gesundheit, Vermögen, Freiheit, Ehre usw. zu verstehen. Nicht das verletzte Einzelinteresse ist entscheidend, vgl. BGHSt. 2 368 (oben zu I) betr. Betrug bei ungittl. Geschäften. Rechtsgutsverletzung ist deshalb nicht gleich Sozialschädlichkeit, Rechtsgüterschutz nicht gleich Zweckmoment (so aber Gallas GA 1957, 318). Im Begriff des Rechtsguts selbst liegt das sozialethische Wertmoment. Dieses muß jedoch — darin unterscheidet sich die r e c h t l i c h e von der s i t t l i c h e n Wertung — auf ein soziales Interesse b e z o g e n sein. Wo ein solches Interesse fehlt oder

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zweifelhaft ist, wie bei der Homosexualität oder der Sodomie, wird auch die Strafbarkeit fragwürdig. Von solchen Grenzfällen her läßt sich deshalb eine zentrale These, dem „Wesen des strafbaren Unrechts" werde nur eine „personale", u. U. vom Rechtsgüterschutz ganz absehende Unrechtsauffassung gerecht, nicht stichhaltig begründen (gegen Gallas a. a. 0.). Wo aber ein solches Interesse vorhanden und verletzt oder gefährdet ist, gehört das Urteil über die „sozialethische Verwerflichkeit" der Handlung grundsätzlich zur S c h u l d . Die Auffassung des Verbrechens als Pflichtverletzung, auf die Gallas jetzt zurückgreift, führte in den 30er Jahren folgerichtig dazu, die Unterscheidung von R e c h t s w i d r i g k e i t und S c h u l d zu verwischen. Gegen, solche Konfundierung Maurach AT 192 und besonders nachdrücklich Würtenberger, Geistige Situation, 47ff., 51, 55, 57, der S. 65ff. zutr. auch auf ihre rechtspolitische Bedenklichkeit hinweist, mit weiteren Nachweisungen. Sodann verunklart jene Auffassung den Gegensatz von K r i m i n a l s t r a f t a t und O r d n u n g s w i d r i g k e i t . Auch für ihn bedeutet der Rechtsgutsbegriff den Angelpunkt (so im Anschluß an Trops und Erik Wolf jetzt Lang-Hinrichsen GA 1957, 226). Weiterhin führt sie zu einer Gefährdung des T a t b e s t a n d s p r i n z i p s und damit der Rechtsstaatlichkeit. Das zeigt sich bei den neuesten Begründungsversuchen für die Strafbarkeit des a b s o l u t u n t a u g l i c h e n Vers u c h s , jener Randerscheinung des Unrechts, die von der hier abgelehnten Lehre in den Mittelpunkt gerückt wird, vgl. BGHSt. 11 324 = JZ 58 669 (Anm. Lange), aber auch bei der Begründung und Anwendung verschiedener S i t t l i c h k e i t s d e l i k t e (hierzu und zum personalen Unrechtsbegriff überhaupt Jäger, Strafgesetzgebung und Rechtsgüterschutz bei Sittlichkeitsdelikten, Beitr. zur Sexualforschung 12. H., 1957 S. 23ff., 29ff., 41 ff.). Schließlich gefährdet sie die E i n h e i t d e r R e c h t s o r d n u n g . Dazu eingehend und treffend Bindokat, Mehrerlei Unrecht ? JZ 58, 553ff. — Annäherung an den Begriff des „personalen Unrechts" in BGHZ (GrSen.) 24 21 ( = NJW 57 785 2 ): Körperverletzung im Straßen- oder Eisenbahnverkehr bei verkehrsrichtigem Verhalten i. S. der §§ 823, 831 BGB nicht rechtswidrig. Hiergegen Bindokat a. a. O. Unterschiede in den Funktionen des Strafrechts und des Zivilrechts betonen in diesem Zusammenhang besonders Wieacker JZ 57, 535, Stoll J Z 58, 137 (mit weiteren Nachweisungen) und allgemein Niese J Z 56, 457 ff. Daraus, daß das Strafrecht Sanktionsrecht f ü r anderweit aufgestellte Normen ist, folgt aber keineswegs notwendig, daß seine einzelnen Begriffe a k z e s s o r i s c h , z. B. im Vermögensstrafrecht ausnahmslos dem BGB zu entlehnen wären. Vielmehr hat der strafrechtliche Begriff unter Umständen immittelbar auf die materiellen Rechtswerte (unten zu 2) zurückzugreifen, wenn diese etwa im Bürgerlichen Recht mit Rücksicht auf das dort vorherrschende Verkehrsinteresse modifiziert sind (Beispiele unten § 253 Anm. VHIb), 263 Anm.V, auch § 52 Anm. VI). Weitere Beispiele in BGHSt. 11 103. Die Rechtsnormen sind als rechtliche Wertung in der Regel deklaratorisch, wenn auch auswählend und formend, nicht konstitutiv: sie knüpfen an die vorgefundenen, im Gemeinschaftsleben wirkenden Werte an wie die Unverletzlichkeit von Leben und Gesundheit. Zu diesen Grundwerten gehört die persönliche Freiheit, auch als grundsätzlich freie Entfaltung der Persönlichkeit, GG Art. 2. Soweit aber die Normen nicht den traditionellen Bestand der Rechtsgüter sichern, sondern in die überkommene Freiheitssphäre eingreifen, bedarf schon ihre Geltung besonderer Legitimation. Das Recht, das sonst die Konturen sozialer Wirklichkeit und Wertung

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nur nachzieht und seine Hauptaufgabe in der Schlichtung und Entscheidung von Wertkonflikten sieht, greift hier schöpferisch und gestaltend, fordernd und unterdrückend in das bis dahin schlechthin und grundsätzlich auch weiterhin normale soziale Verhalten ein. Es schneidet aus dem Freiheitsbereich strafrechtliche Exklaven heraus, oft nur vorübergehend und notgedrungen, als notwendiges Übel, aus besonderen Zwangslagen, wie sie in Krisenzeiten z. B. zu Eingriffen in die grundsätzlich freie Wirtschaft nötigen. Bezeichnenderweise handelt es sich hier vielfach um Zeitgesetze i. S. des § 2 Abs. 3, d. h. solche, die „eine nur als vorübergehend gedachte Regelung für wechselnde Zeitverhältnisse nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit treffen wollen" (BGH NJW 52 72). Auch das Sanktionsrecht trägt dieser Grundverschiedenheit derjenigen Verhaltensweisen, die von Hause aus deliktischer Natur sind, und derer, die grundsätzlich erlaubt und nur kraft positiven Gebots oder Verbots widerrechtlich geworden sind, Rechnung. Durch die Schaffung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, dessen Kerngedanken schon das Wirtschaftsstrafgesetz enthält, hat der Gesetzgeber die Sanktion durch S t r a f e grundsätzlich auf Handlungen beschränkt, die gegen sozialethisch fundierte Normen verstoßen, materiell wertwidrig sind. Sie allein sind nach dem ü b e r k o m m e n e n Sinn der Strafe, nach ihrem Wesen als sozialethisch deklassierendem Tadel und ihren F o l g e n für den gesamten sozialen, u. U. auch rechtlichen Status strafbar und straffähig, sie allein verdienen Strafe, nur ihnen gegenüber ist die Strafe legitimiert. Die Strafbedürftigkeit allein ist noch keine Legitimation, sondern war nur im Notstand der Rechtsordnung unentbehrlich, solange es keine anderen geeigneten Sanktionsmittel gab. So früher weitgehend die Verwaltungsstrafen: Jellinek, Verwaltungsrecht, § 15 V. Der Zweck des OWG ist, allgemein die Möglichkeit, damit aber auch die Garantie dafür zu schaffen, daß bloße Zuwiderhandlungen gegen nur positiv-rechtliches, formal geschaffenes Sollen mit der Nicht-Strafe der Ordnungsbuße belegt und damit die Einhaltung der Ordnungszwecke ohne sozialethischen Tadel gewährleistet wird. Vgl. Gossrau GA 1956, 334 darüber, daß die Nebengesetze i. allg. auf dieser Linie abgrenzen, insbes. für Kriminalunrecht k o n k r e t e R e c h t s g u t s g e f ä h r d u n g verlangen. Zwischen den strafbaren Handlungen und den Ordnungswidrigkeiten liegen die „ S t r a f t a t e n " des § 1 Abs. 3 OWG, § 3 WiStG, die als Verwaltungss t r a f recht der Rechtsfolge nach zum Kriminalstrafrecht gehören, deren Struktur aber auf den Ordnungswidrigkeiten aufbaut. Näheres hierzu JZ 56, 73, insbes. 75 ff. 2. Materiell rechtswidrig ist eine Handlung (oder in den Fällen oben I I D 2 eine Existenzform), wenn sie wegen ihrer Sozialschädlichkeit und Sittenwidrigkeit mit dem rechtlich geordneten Zusammenleben in unerträglichem Widerspruch steht. Strafbar ist nur tatbestandsmäßiges und in diesem Sinne formelles Unrecht (oben zu II). Aber die materielle Begriffsbestimmung bleibt in mehrfacher Hinsicht bedeutsam: a) als A u s l e g u n g s m a ß s t a b der Tatbestände. So ausdrücklich in §§ 193, 226a, 240 n. F., 253 n. F. StGB. Über die Unzulänglichkeit formaler Maßstäbe zutr. Pfalz D E Z 47 235 (betr. § 240). Aber auch z. B. für folgende Fragen: Liegt der Betrieb eines gefährlichen Gewerbes, eine gewagte Spekulation mit anvertrautem fremdem Geld, die Ausübung gewisser Sportarten noch innerhalb der Sphäre der sozialen Adäquität,

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des erlaubten Risikos? Ergeben sich aus gefährdendem Tun, aus enger Lebensgemeinschaft, aus natürlichen Blutsbanden Rechtspflichten zur Abwendung anderen drohender Gefahren (s.o.IIBII3d.) ? Ist eine medizinisch gebotene kunstgerechte Operation, die tief in die körperliche Integrität des Patienten eingreift, eine Körperverletzung ? Ist es eine Fälschung, wenn man eine Urkunde im Einverständnis mit einem anderen mit dessen Namen unterschreibt ? b) Wenn die Handlung tatbestandsmäßig, also ihrem Typ nach Unrecht ist, kann sie dennoch in Ausnahmesituationen durch einen besonderen Unrechtsauschließungsgrund gerechtfertigt sein. Derartige Gründe sind teils im Gesetz vertypt, teils seinen Grundgedanken zu entnehmen. So kann im Einzelfall das Interesse der Rechtsordnung am Rechtsgüterschutz infolge Einwilligung des Verletzten entfallen, z. B. bei Eingriffen in die private Vermögenssphäre. Für Körperverletzung Sonderregelung in § 226 a. Grenze der Verfügungsmacht des Verletzten in §216. Ob und inwieweit die Einwilligung des Verletzten r e c h t l i c h b e a c h t l i c h ist, bestimmt sich entscheidend nach dem Zweck der einzelnen Tatbestände: BGH NJW 56 311 betr. § 174 Ziff. 1. Danach u. U. Motive oder Gesinnung maßgeblich. Näheres Vorb. I I 3 vor § 51. Oder verschiedene rechtliche Interessen kollidieren, und die Rechtsordnung gewährt dem Handelnden ein N o t r e c h t : so ausdrücklich in §§ 53, 193 StGB, 228, 229, 859, 904, BGB, 127 StPO usw. Kollisionsfälle können sich ferner bei Ausübung einer Amtspflicht oder eines Züchtigungsrechts ergeben. Vgl. Vorbem. I I vor § 51. Stets ist hier der oben angegebene materielle Maßstab anzulegen. E 73 258: Unabänderliche letzte Grenze für die Erlaubtheit einer Züchtigung ist das Sittengesetz. So namentlich auch beim sog. übergesetzlichen Notstand, in dem ein höherwertiges Rechtsgut nur auf Kosten eines minderen erhalten werden kann. Hauptfall der Praxis: das keimende Leben wird geopfert, um das Leben der Schwangeren zu retten. E 61 242, 62 137 haben dies mit dem Grundsatz der Güter- und Pflichtenabwägung gerechtfertigt. Zu Unrecht einschränkend BGHSt. 3 7 = J Z 53 46; dagegen J Z 53, 9 ff. In der Lit. ist man z. T. auf naturrechtlicher Grundlage noch weitergegangen und hat die Verfolgung eines anerkannten Zwecks mit einem angemessenen Mittel allgemein für gerechtfertigt erklärt (Zwecktheorie, Graf Dohna, über frühere Vertreter Nagler L K 364 ff., J Z 53, 9ff. Vgl. L.-Schmidt S. 206ff., Eb. Schmidt ZStW 49, 370, der aber (S. 377ff.) zutr. darauf hinweist, daß das Erfordernis der Angemessenheit des Mittels u. U. die Rechtfertigung durch Güterabwägung einschränkt; anders Nagler L K 366/7, insofern er die Güterabwägung gegenüber der Zwecktheorie für grundsätzlich selbständig erklärt. — Mezger, StB I § 48 erklärt die Güterabwägung für das übergeordnete Prinzip, sein Maßstab versagt aber bei

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Gleichwertigkeit der Rechtsgüter (vgl. auch unten § 54 Anm. I a. E.). Aber nicht nur bei Schwangerschaftsunterbrechungen kommen „übergesetzliche" Rechtfertigungsgründe in Betracht; vgl. z. B. betr. ärztl. Eingriff gegen Willen E 74 353; betr. fr. § 34 StVO H R R 40 38; auch ZAk. 41 131 (Anm. Engisch). Vgl. ferner E 20 190; dazu, nicht voll überzeugend, Meister MDR 47, 47. Über die Möglichkeit des ü. N. bei Verstößen gegen die Wirtschaftsbestimmungen E 77 113 = DR 44 21 (Anm. Lange), Kiel N J W 47 231, Köln N J W 53 1844 (betr. Preistreiberei) ; vgl. auch BayObLG N J W 53 1563 (betr. Jagdrecht). Auch und gerade bei rechtlich nicht geordneten Verhältnissen kann der ü. N. eingreifen. A. A. OGHSt 1 321; dagegen mit Recht Welzel und Eb. Schmidt (s. u. zu c). Vgl. dieselben auch zu der vom ü. N. zu unterscheidenden Konstellation, daß nicht die Verletzung verschiedener ungleichwertiger Rechtsgüter, sondern verschiedener Träger desselben Rechtsgutes droht (z. B. ein Mensch kann in gemeinsamer Berg- oder Seenot nur unter Opferung eines anderen gerettet werden). Diese Fälle liegen, wie Schmidt S J Z 49, 565 nachweist, sehr verschieden. Stets aber hängt die Rechtfertigung des Handelns von den sittlichen Maßstäben unserer Kultur, nicht von seinem Nutzeffekt ab. Deshalb kommt es hierfür (gegen Schmidt a.a.O.) auf die Beweggründe des Täters und die von ihm verfolgten Zwecke u . U . ebenso an, wie bei der Pflichtenabwägung im ü. N. (vgl. 61 242, 62 137). Die Rechtswidrigkeit oder Strafbarkeit ist nicht dadurch ausgeschlossen, daß auch der unmittelbar Verletzte selber gegen das Sitten- oder Strafgesetz verstoßen hat. Vgl. hierzu E 44 230, 242, 65 3, 70 7, 73 157, H R R 40 320. Z u s a m m e n f a s s e n d i s t zu s a g e n : Ebenso wie die Erklärung zum Unrecht findet auch dessen Ausschluß grundsätzlich außerhalb des Strafrechts statt. Die Gründe hierfür fügen sich darum auch nicht zu einem inhaltlich geschlossenen System zusammen. Wohl aber bilden sie ein Wertgefüge, und zwar unter folgenden Gesichtspunkten: a) gegenüber der formellen tatbestandlichen Rechtswidrigkeit greifen sie auf materielle Wertgesichtspunkte zurück, auch da, wo sie gesetzlich ausgebildet sind (vgl. z. B. § 193, den bish. § 13 RlrzteO, „geboten" in § 63 Abs. 1); ß) ihr Wirkungsgrad ist verschieden: bald g e b i e t e n sie tatbestandsmäßiges Handeln (Amtspflichten), bald r e c h t f e r t i g e n sie es i. S. der Billigung (Notrechte), bald e r l a u b e n sie es (Glücksspiele, soweit zugelassen), bald machen sie es nur zu einem u n v e r b o t e n e n (gewisse Einwilligungsfälle, s. u. I I 3 vor § 51); y) ihre Funktion ist verschieden: bald rechtfertigen sie ein Verhalten p o s i t i v , wie die Notrechte, bald schließt ihr Fehlen n e g a t i v die unter anderem Gesichtspunkt (etwa der Güterabwägung) nahegelegte Rechtfertigung aus. So insbes. die Einwilligung des § 226 a, aber auch die Zweck-Mitteltheorie, deren wesentliche Bedeutung und übergreifendes Prinzip gerade darin liegen, daß n u r ein nach unseren Kulturanschauungen „angemessenes" Mittel gewählt werden darf, mag der Zweck 2

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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noch so berechtigt sein. Güterabwägung ist hierfür zwar ein sehr wesentliches, aber nicht das einzige und nicht das entscheidende Kriterium. Wo Recht gegen Unrecht sich behauptet, bedarf es ihrer überhaupt nicht (§ 53). Und wo von der Sache, auf die man einwirkt, Gefahr droht (§ 228 BGB), ist der Maßstab reziprok dem sonstiger Noteingriffe (§ 904). I n dem richtigen Gefühl, daß es auf die Güterabwägung allein nicht entscheidend ankommen kann, h a t die Praxis seit E 62 137 sie durch das zusätzliche Erfordernis der Pflichtenabwägung modifiziert, damit aber zwei Kriterien vermengt. Richtig ist, daß das Handeln „ z u r " Rettung des höherwertigen Rechtsguts geschehen muß. Denn ebenso wie f ü r die spezifische Unrechtsqualität der vorsätzlichen Delikte der zielgerichtete Wille Voraussetzung ist, weil er typischerweise der Handlung die gefährliche objektive Richtung auf den Erfolg verleiht, das Handeln f ü r seine Herbeiführung adäquat macht, ebenso ist der auf Rettung des höherwertigen Rechtsguts gerichtete Wille regelmäßig Voraussetzung dafür, daß die Handlung auch objektiv dieses Ziel erreicht. Es ist reiner Zufall, wenn eine ohne Rettungswillen vorgenommene Abtreibungshandlung einmal das höhere Rechtsgut erhält, wie im Falle BGHSt. 2 242, in dem die Abtreiberin nicht wußte, daß die Schwangere das Kind nicht ohne akute Lebensgefahr h ä t t e austragen können. Insoweit entspricht das subjektive Rechtfertigungserfordernis n u r dem der Tatbestandshandlung eigenen objektiv-finalen, generalisierenden Moment der Adäquität f ü r den Eintritt des Erfolges. Das gilt f ü r a l l e Unrechtsausschlußgründe. Unrichtig aber ist es, „pflichtgemäßes" Verhalten bei vorliegender Rettungsabsicht deshalb zu verneinen, weil z. B. der Arzt die Unterlagen f ü r seine Diagnose nicht sorgfältig genug erarbeitet habe; so indessen BGHSt. 3 7, dazu eingehend J Z 53, 9 ff. Von einem Versehen in dieser Hinsicht bleibt das subjektive Moment des Handelns zur Rettung des Lebens unberührt. Fahrlässige Schwangerschaftsunterbrechung in vorsätzliches Abtreibungsverbrechen umzudeuten, läßt sich durch keine — noch so naheliegende — Strafbedürfniserwägung rechtfertigen.

c) Wenn der Inhaber der Rechtsmacht m a t e r i e l l e s U n r e c h t formell g e s t a t t e t oder g e b i e t e t (z. B. befohlene Massentötungen von Geisteskranken in Anstalten, dazu BGH NJW 53 513, vgl. BGHZ 3 106, BGHSt. 2 251) oder materiell rechtmäßige Handlungen, nämlich solche, die sich innerhalb des nach unseren Kulturanschauungen verbürgten Minimums der unveräußerlichen und unantastbaren persönlichen Freiheit halten, bei Strafe verbietet, entsteht ein K o n f l i k t z w i s c h e n „ges e t z l i c h e m U n r e c h t " und „ ü b e r g e s e t z l i c h e m R e c h t " (Radbruch SJZ 46, 105). Gesetzlich anerkannt und im Sinne der materialen Gerechtigkeit entschieden ist dieser Konflikt in §§ 234a, 241a StGB sowie im Ges. über innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen v. 2. 5. 52. Vgl. ferner BGHSt. 1 399, 2 334 betr. Verbindlichkeit der allg. völkerrechtlichen Grundsätze (Art. 25 GG), dazu Jescheck JZ 53, 149, ZStW 66, 193, BVerfG E 1 14 (Südweststaat-Urteil) = JZ 51 728: „Das BVerfG erkennt die Existenz überpositiven, auch den Verfassungsgesetzgeber bindenden Rechts an." — Vor dem GG: KG in DRZ 47 199 (Anm. Lange), Frankfurt SJZ 47 627 (Anm. Radbruch) sowie OGHSt. 1 321 = SJZ 49 347 (Anm. Eb. Schmidt 559) = MDR 49 370 (Anm. Welzel), dazu unten Vorbem. III vor § 51 betr. Anstaltstötungen, bei denen jedoch be-

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beits die positivrechtliche Grundlage brüchig war; Dresden J R 47 121 (bei Beurteilung der R W heutige Auffassung zugrunde zu legen); Stuttgart SJZ 46 237 (der Richter habe das Recht, Rechts- und VerwaltungsVOen. wegen groben Verstoßes gegen die Gesetze der Moral für nichtig zu erklären (betr. Gewährung von Sonderzulagen), nicht unbedenklich; Pfalz DRZ 47 236: zu prüfen, ob das Rechtsbewußtsein mit den ewigen und allgemeinen Rechtsgrundsätzen, wie sie in den Rechten aller Kulturvölker ihren Niederschlag gefunden haben, vereinbar bzw. nicht in Widerspruch; Stuttgart S J Z 47 204 (Anm. Küster); weiteres Material aus der Rspr. s. DRZ 48, 155ff., 185ff., S J Z 48, 302ff. Zusammenfassender Überblick jetzt in BGH N J W 53 513 und bei Jescheck GA1954, 326. Vgl. auch Vorbem. I B 2h vor § 47. — Darüber, daß der materielle Unrechtscharakter eines Strafurteils in der UnVerhältnismäßigkeit von Tat und Strafhöhe oder Strafart liegen kann, BGHSt. 3 118 mit Nachw., BGH LM Nr. 2 zu § 3; vgl. ferner BGHSt. 2 234 betr. behördliche „Aktion", 9 302, 305 betr. widerrechtliche Tötung durch Mißbrauch gerichtlichen Verfahrens zur Vernichtung politischer Gregner. d) Die R e c h t s q u a l i t ä t und damit die G ü l t i g k e i t und Verbindlichkeit kann geschriebenen Geboten oder Verboten und ihren Sanktionen aus diesen Gründen fehlen. Über die heutige Rechtslage und die anzulegenden Maßstäbe BGHSt. 2 238ff., wo von einem auch für den Staat unantastbaren Kernbereich des Rechts ausgegangen und die Grenze zwischen Recht und Willkür nicht zuletzt auch nach der Zielsetzung von Gesetzen gezogen wird. „Anordnungen, die die Gerechtigkeit nicht einmal anstreben . . . schaffen kein Recht". Zu diesem Moment vgl. schon DRZ 48, 187, S J Z 48, 656, J R 50, 615. — Nach der Bereinigung des StGB und der meisten Nebengesetze beschränkt sich die Gültigkeitsfrage heute im wesentlichen auf die Verfassungswidrigkeit. Vgl. betr. §§ 3ff. Vorbem. I vor § 3, betr. § 175 BVerfG N J W 57 865, ferner unten §§ 49a Anm. I I I , 170d Anm. II, 330c Anm. I (Bedenken aus Art. 103 Abs. 2 GG). Lehrreich BayVerfGH v. 6. 11. 54 (dazu Diller J Z 57, 18) über rechtsstaatswidrige Best, des bay. Forstges. von 1896, ferner BayVerfG H E 3 I I 109, 4 I I 90 und besonders 194 (betr. Gesetzesbestimmtheit). — Grundsätzlich ungeklärt ist noch immer die Fortgeltung gewisser P o l i z e i v e r o r d n u n g e n mit Strafdrohungen aus derZeit von 1933 bis 1945. Neben die Bedenken aus Art. 2, 3,103 Abs. 2 GG, die die inhaltliche Rechtsqualität betreffen, treten staats- und verwaltungsrechtliche sowie die sich aus dem OWG ergebenden, das grundsätzlich die Kriminalstrafe im Verwaltungsrecht abgeschafft hat. Zu diesen Fragen vgl. N J W 54, 98 betr. BGHSt. 5 12. Diese Entsch. bejahte die Geltung einzelner Teile der PolVO v. 29. 9. 41 betr. Heilmittelwerbung, nahm aber z. B . nicht zu einem Analogiegebot in § 11 S. 2 VO Stellung; sie ist inzwischen durch GBG vom 23. 7. 53 überholt, dessen §§ 21/27 verbotene Werbung als 2*

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bloße Ordnungswidrigkeiten bestimmen. BGHSt. 8 360 (gegen OLG Braunschweig) sah noch rechtsstaatliche Bedenken (377) und ließ die Hauptfragen offen. Rein positivistisch BGH N J W 57 1201 (gegen das KG). BGHSt. 11 85 (gegen OLG Karlsruhe) geht auf die Grundsatzfragen nicht mehr ein. Schon der fortdauernde Widerstand der Oberlandesgerichte zeigt aber, wie notwendig deren Klärung ist. BayObLG 55 212 beschränkt sich auf § 5 I I e der VO. Aus dem Schrifttum: K e r n , Grade der Rechtswidrigkeit, ZStW 64, 255. — S t r a t e n w e r t h , Prinzipien der Rechtfertigung, ZStW 6 8 , 4 1 . — D e r s e l b e , Verantwortung und Gehorsam, 1958.—Zimmerm a n n , Gefahrengemeinschaft, MDR 54, 147. — L a n g e , (Unrechtsbegriff bei den Zuwiderhandlungen) J Z 56, 73, 519; J Z 57, 233. — Zum Problem des,gesetzlichen Unrechts" insbes.: R a d b r u c h , Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht, SJZ 46, 105ff. — G e i l e r , Legalität und Legitimität, Die Gegenwart 1947. — R o e m e r , Von den Grenzen und Antinomien des Rechts. SJZ 46, 9. — Wiederaufbau des Rechts. SJZ 47, 93. — Naturrecht vor 150 Jahren und heute, in Kiesselbach-Festschrift S. 157ff. — C o i n g , Die obersten Grundsätze des Rechts. 1947. — Zur strafr. Haftung der Richter für die Anwendung naturrechtswidriger Gesetze. SJZ 47, 61 ff. — Karl S c h m i d , Unteilbarkeit der Rechtsordnung. DRZ 47, 205. — Eb. S c h m i d t , Justitia fundamentum regnorum. Fünf Vorträge. 1947. — Zur Problematik von Recht und Justiz in der Gegenwart, in Kiesselbach-Festschrift. S. 177ff. — v. W e b e r , Die Pflichtenkollision im Strafrecht, ebenda S. 233 ff. — Die strafrechtliche Verantwortlichkeit für Handeln auf Befehl. MDR 48, S. 34ff. — M e i s t e r , Die Widerspruchslosigkeit der Rechtsordnung. MDR. 47, 47. — A r n d t , Die Krise des Rechts (Die Wandlung I I I . Jg., H. 5). — F i g g e , Zur Verantwortlichkeit des Richters, SJZ 47, 179ff. — W. G. B e c k e r , Der richterliche Widerstand. SJZ 47, 480ff. — L a n g e , KRG 10 in Theorie und Praxis. DRZ 48, 155ff. — KRG 10 und deutsches Recht, DRZ 48, 185ff. — Zum Denunziantenproblem, SJZ 48, 302ff. — K e r n , Die Grenzen der naturrechtlichen Rechtserneuerung MDR 49, 137. — W ü r t e n b e r g e r , Zur Rechtswidrigkeit der Kriegsverbrechen, Mezger-Festg. 1954, 193. — E v e r s , Der Richter und das unsittliche Gesetz, 1956. — E n g i s c h , Einführung in das juristische Denken, 1956, S. 163ff., 167ff. — N o l l , Übergesetzliche Milderungsgründe aus vermindertem Unrecht, ZStW 68, 181. IV. Schuldhaft ist eine Handlung dann, wenn sie nicht nur objektiv rechtswidrig ist (d. h. der Regel nach verboten und auch im Einzelfall nicht gerechtfertigt), sondern auch persönlich vorwerf bar ist, dem Täter

Systematische Vorbemerkungen IV

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zur Schuld zugerechnet werden kann; das ist der Fall, wenn v o n d e r Person des T ä t e r s rechtmäßiges Handeln gefordert werden k o n n t e ; d. h. wenn für ihn die Möglichkeit bestand, a) das Unrecht seiner Tat einzusehen und b) nach dieser Einsicht zu handeln. Diese Möglichkeit kann 1. bei dem betr. Täter überhaupt fehlen, sie kann auch 2. aus Gründen des Einzelfalls ausgeschlossen sein. Hieraus ergeben sich die bei der Schuldfrage entstehenden Probleme, ihr Zusammenhang und ihre Systematik. Die Schuld kann ausgeschlossen sein: 1. weil der Täter wegen Geisteskrankheit usw. nicht durch Rechtsnormen bestimmbar ist, weil er schuld unfähig, „unzurechnungsfähig" ist (§ 51); sei es daß ihm aus jenen Gründen a) die Fähigkeit fehlt, sein Tun mit den Anforderungen der Umwelt zu vergleichen; oder daß ihm b) die Fähigkeit fehlt, sein Triebleben diesen Anforderungen anzupassen. Oder 2. w e i l d i e N o r m im Einzelfall n i c h t a l s R e g u l a t i v i n B e t r a c h t k o m m e n k a n n ; weil also zwar der Täter schuldfähig, die Tat aber nicht schuldhaft begangen war; der Täter zurechnungsfähig, die Tat aber nicht zurechenbar war. Zurechenbar ist die Tat unter einer doppelten Voraussetzung: a) Wenn der Täter durch bestimmte innere Beziehungen mit ihr verbunden war oder man solche Beziehungen erwarten konnte. Diese Beziehungen sind vom Gesetz in den Schuldtypen des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit festgelegt. Wußte und wollte der Täter, was er tat, so hat er vorsätzlich, wußte und wollte er dies nicht, so hat er fahrlässig gehandelt, wenn er es erkennen und den konkreten Erfolg hätte vermeiden können und müssen. Ist auch dies nicht der Fall, so fehlt die Basis für einen strafrechtlichen Schuldvorwurf, selbst wenn er 'sich anderweit pflichtwidrig verhalten hat. Näheres Anm. zu § 59. Darüber, daß auch der Vorsatz ein echtes Schuldmoment, ein zur Finalität hinzutretendes normatives Stigma enthält, vgl. oben I I B S. 4 sowie für die Zuwiderhandlungen des Nebenstrafrechts JZ 56, 73ff., 519ff.; 57, 233ff., LangHinrichsen GA 1957, 225ff. b) Wenn der vorsätzlich oder fahrlässig handelnde Täter die Möglichkeit hatte, das Unrecht seiner Tat zu erkennen. Auch wenn er wußte und wollte, was er tat, kann er doch in einem unvermeidbaren und darum seine Schuld ausschließenden Irrtum angenommen haben, sein Tun sei erlaubt (Einzelgründe BGHSt. 2 197). Der Irrtum entschuldigt nicht,

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Systematische Vorbemerkungen IV

wenn der Täter ihn bei gehöriger Gewissensanspannung (BGHSt. 2 201) und bei Einsatz aller seiner geistigen Erkenntniskräfte (BGH 4 5) hätte überwinden können. 3. Auch wenn die zu 1 und 2 a und b umschriebenen Voraussetzungen des inneren Tatbestandes gegeben sind, also der Täter weiß und will, was er tut und sich über die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens im klaren ist, kann doch der damit indizierte Schuldvorwurf ausnahmsweise durch einen Entschuldigungsgrund ausgeschlossen werden, ebenso wie das durch die äußere Tatbestandsmäßigkeit indizierte Unrechtsurteil ausnahmsweise durch Rechtfertigungsgründe ausgeschlossen werden kann (oben I I I 2). Solche Entschuldigungsgründe erkennt das Gesetz ausschließlich in §§ 52, 53 Abs. 3, 54 an. Unter ihren Voraussetzungen mutet es — eine Konzession an die menschliche Schwäche — dem Täter nicht zu, normgemäß zu handeln. Nicht unbedenklich die Erwägungen in BGHSt. (GrSen.) 6 58 (zu E 66 397), die diese feste Grenze in Frage ziehen. Die gesetzliche Regelung des Schuldbegriffs ist, von der Zurechnungsfähigkeit abgesehen, lückenhaft. Das StGB bestimmt Vorsatz und Fahrlässigkeit positiv überhaupt nicht, negativ nur insoweit, als § 59 den Irrtum über Tatumstände regelt, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören und deren Unkenntnis daher den Vorsatz ausschließt. Am Bewußtsein der Rechtswidrigkeit fehlt es besonders häufig bei Verstößen gegen Bestimmungen des Nebenstrafrechts. Deswegen haben hier das Steuerrecht (§ 395 RAO) und neuerdings das Wirtschaftsstrafrecht (§ 6 WiStG 1954) sowie außerhalb des Kriminalstrafrechts § 12 OWG Sonderregelungen über den Rechtswidrigkeitsirrtum getroffen. Wichtiger, aber regelmäßig übersehen ist, daß vielen Einzeltatbeständen dieser Gesetze für ihren Bereich auch eine positive Bestimmung von Vorsatz und Fahrlässigkeit zu entnehmen ist. Darüber zu 4. 4. Streitfragen a) Umstritten ist, ob das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit zum Vorsatz gehört (so Entw. 1925 § 13, Entw. 1936 § 17) oder ob die bloße Möglichkeit dieses Bewußtseins genügt. Im letzteren Fall muß ein selbständiges Schuldelement gebildet werden, da dann keine aktuelle innere Beziehung zwischen Täter und Tat, sondern nur noch die richterliche Erwartung einer solchen Beziehung vorausgesetzt wird und der Vorsatz sich auf das Wissen und Wollen der Tat beschränkt (so § 17 Entw. 1927). Neuerdings werden die beiden Standpunkte mit wenig treffender Terminologie als Vorsatztheorie und Schuldtheorie bezeichnet (so auch BGHSt. 2 194). Die zweite Auffassung ist seit BGHSt. (GrS) 2 194 in der Praxis herrschend. In der Tat ist von ihr auszugehen (oben 2 a, b). Sonst müßten die abgestumpftesten Gewohnheitsverbrecher, die sich keine Gedanken über Recht und Unrecht machen, und die fanatisiertesten

Systematische Vorbemerkungen IV

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politischen Verbrecher, die ihr Verhalten als pflichtgemäß ansehen, für schuldlos erklärt werden. Weitere Gründe in BGHSt. 2 194ff. Zudem würde, wenn man aktuelles Bewußtsein der Rechtswidrigkeit forderte, der Maßstab des Gesetzes verlassen. Denn für die Zurechnungsfähigkeit verlangt §51 lediglich die F ä h i g k e i t , das Unerlaubte der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Das muß auch für die Zur e c h e n b a r k e i t der Tat gelten. b) Nicht aber lassen sich die Grundsätze der sog. Schuldtheorie auch auf die Zuwiderhandlungen des Nebenstrafrechts anwenden, das durch Blankettvorschriften und Überwiegen der Gebotsbestimmungen, überhaupt durch einen a n d e r e n U n r e c h t s b e g r i f f gekennzeichnet ist. Während bei den Delikten des StGB das Unrecht typischerweise in der H a n d l u n g des Tötens, Vergewaltigens, Raubens usw. selbst liegt, ist das äußere Verhalten bei Zuwiderhandlungen gegen Verwaltungsvorschriften, auch soweit sie Straftaten sind, regelmäßig nicht schon an sich unerlaubt, sondern wird es erst als Z u w i d e r h a n d l u n g gegen ein p o s i t i v e s G e b o t o d e r V e r b o t . Dort wird das Handeln verboten, weil es von Hause aus Unrecht ist. Hier wird ein an sich erlaubtes Verhalten lediglich als Zuwiderhandlung gegen ein Verbot zum Unrecht gestempelt. Deshalb kann das Bewußtsein und der Wille, eine Wohnung zu vermieten (BGHSt. 9 358), einen Weg zu befahren (BayObLG 55 207, BGHSt. 11 10), nicht schon den „Vorsatz" ausmachen. Das wäre Begriffsjurisprudenz. Denn die Handlung ist hier gar kein Unrechtsindiz. Primäre Grundlage der Zurechnung zum Vorsatz ist hier das Bewußtsein, entgegen verwaltungsmäßiger Regelung zu vermieten oder zu fahren. BGHSt. 9 358 (dazu J Z 57, 233) erkennt dies nicht an, beschränkt sich aber ausdrücklich auf den konkreten Fall. Der Gegensatz von kriminellem und Verwaltungsunrecht ist seit dem OWG grundlegend für die Unterscheidung von Kriminalstrafrecht und Recht der Ordnungswidrigkeiten, aber auch von strafbaren Handlungen des StGB einerseits, Zuwiderhandlungen des Wirtschaftsstrafrechts und des sonstigen Nebenstrafrechts andererseits. Der Täter muß hier die Tatsache und den Bereich der verwaltungsmäßigen Regelung und damit das Gebot oder Verbot positiv kennen. Sonst weiß er nicht, was er tut. Das Unrecht existiert anderenfalls für ihn überhaupt nicht. Dementsprechend wird in den Einzeltatbeständen dieser Gesetze die verschuldete Verbotsunkenntnis als vorsatzausschließende Verbotsfahrlässigkeit behandelt. Ebenso schon § 395 Abs. 2 RAbgO (Text unten § 59 Anm. I I 2), der durch dasÄndGes. 1956 unberührt gebheben ist. Hier ist insofern entgegen BGHSt. 2 194, 4 1 die sog. Vorsatztheorie vom Gesetz eindeutig zugrunde gelegt. Allerdings deuten §§ 6 WStG, 12 OWG auf den Standpunkt der Schuldtheorie hin. Sie können aber angesichts der entgegenstehenden klaren Regelung in den Einzeltatbeständen nur insoweit zur

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Systematische Vorbemerkungen V, VI

Anwendung kommen, als der Täter trotz erkannter Verbotswidrigkeit seines Verhaltens dennoch glaubt, etwa aus übergesetzlichem Notstand oder weil er das Verbot für verfassungswidrig hält, so handeln zu dürfen. Näheres JZ 56, 73ff„ 519ff., J Z 57, 233ff. Zustimmend Schönke-Schröder § 59 VIII, Mezger LK § 59 I. S. a. unten § 2 Anm. I I I A 5, § 25 Anm. I I zu Ziff. 2, § 59 Anm. V 3 d). — Bei den sog. M i s c h t a t b e s t ä n d e n des § 3 Nr. 1 WiStG muß der Vorsatz die zusätzlichen Merkmale umfassen, die die Zuwiderhandlung zu einer Straftat machen: LangHinrichsen GA 1957, 225. Anders aber BGHSt. 11 263. Hier werden die normativen Tatbestandselemente der Nr. 1 für eine bloße „Richtlinie" erklärt, mit der bedenklichen Wendung, der R i c h t e r solle den Unrechtscharakter gewisser Tatbestände bestimmen (S. 265). Dazu unten § 59 Anm. V 3 b. Das Reichsgericht hatte ohne Anhalt am Gesetz und in der Lehre den sachlichen Gegensatz zwischen den klassischen Delikten, die ihr Unrecht in sich selbst tragen, und den Blankettgesetzen als typischem Ausdruck der nur positiv strafbaren Zuwiderhandlungen, deren Rechtswidrigkeit erst durch das gesetzliche Verbot oder Gebot begründet wird, bei der Behandlung des Rechtswidrigkeitsirrtums sinngemäß, wenn auch formalistisch zum Ausdruck gebracht. Bei jenen setzte es die Möglichkeit des Unrechtsbewußtseins stets voraus, bei diesen verlangte es Verbotskenntnis. Seltsamerweise hat genau in dem gleichen Augenblick, in dem jener in der Natur der Sache begründete und in den meisten Rechtsordnungen anerkannte Gegensatz durch das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten zur verpflichtenden gesetzlichen Grundlage geworden ist, der Bundesgerichtshof die nunmehr zwingend geforderte Differenzierung in der entscheidenden Schuldfrage aufgegeben. Einzelheiten § 59 Anm. IV 5, V 3d, VI. Schrifttum: Vgl. vor § 59. Y. Besondere Erscheinungsformen des Verbrechens sind: 1. Versuch. Darüber Anm. vor und zu §§ 43ff. 2. Teilnahme. Darüber Anm. vor und zu §§ 47ff. sowie oben I I D 1. 3. Mehrheit der Handlungen oder ihrer Bewertung. Darüber Anm. vor und zu §§ 73 ff. sowie oben I I C. Tl. Positive Strafbarkeit. Das Gesetz fordert in einigen Fällen, daß über die Tatbestandshandlung hinaus objektive Bedingungen der Strafbarkeit (A) vorliegen. In einigen anderen Fällen schließt es aus Gründen in der Person des Täters, deren Berücksichtigung meist jenseits der Strafrechts-

Systematische Vorbemerkungen VII

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zwecke ihren Ursprung hat, trotz vollen Deliktcharakters der Handlung deren Strafbarkeit aus (B). Schließlich macht das Prozeßrecht in einer Reihe von Fällen die Verfolgung von bestimmten Voraussetzungen abhängig (VII). A. Bedingungen der Strafbarkeit. G r u n d s ä t z l i c h e r Unterschied von Tatbestandsmerkmalen: Die B. d. Str. brauchen n i c h t v o n V o r s a t z u n d F a h r l ä s s i g k e i t u m f a ß t zu sein, und sie haben n i c h t s m i t O r t u n d Z e i t der Verbrechensvollendung zu tun. Fehlt eine Bed. der Strafb., so ist nicht einzustellen (wie untenVII),sondern f r e i z u s p r e c h e n . — „Bedingungen der Strafbarkeit" sind im wesentlichen als Indizien für die Gefährlichkeit oder Strafbedürftigkeit der tatbestandsmäßigen Handlung zu erklären. Sie finden sich z. B. in §§ 143; 186 (Nichterweislichkeit, str.); KO §§ 239ff. (Zahlungseinstellung oder Konkurseröffnung: E 45 88 gegen ältere Entscheidungen). — Eine eigenartige Bedingung der Strafbarkeit in § 330 a: Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung. Vgl. dort. Unrichtig OLG Dresden, J W 39 1500: begangen sei das Vergehen des § 330a mit Begehung der Rauschtat. Schrifttum: B e m m a n n , Zur Frage der objektiven Bedingungen der Strafbarkeit. Gött. rechtsw. Studien Heft 20, 1957. — S c h w e i k e r t , Riskantes Verhalten, ZStW 70, 394. B. Persönliche Strafausschließungsgründe berühren weder die Rechtswidrigkeit noch die Schuld der tatbestandsmäßigen Handlung. N o t w e h r gegen solche Taten also gestattet, T e i l n a h m e an ihnen strafbar. Bei ihrem Vorhandensein ist f r e i z u s p r e c h e n . — Vgl. StGB § 4 6 (Rücktritt vom Versuch und tätige Reue, genau genommen Strafa u f h e b u n g s g r ü n d e : E 56 149 und 210, str.); § 199 (Aufrechnung von Beleidigungen); § 247 II. — Gemeinsam ist diesen Gründen, daß sie außerhalb des Verbrechensbegriffs liegen. Mißverständlich daher OGHSt. 1 321, 337 (hierzu oben I I I 2c, aber auch Peters J R 49, 496, Reinicke MDR 50, 77).

vn. Bedingungen der Verfolgbarkeit. Sie sind lediglich Prozeß Voraussetzungen und an sich im Strafprozeßrecht geregelt. Dazu §§ 61 ff. (Strafantrag) ; 67— 69 (Nicht-Verjährung); 172 (Scheidung der E h e : E 22 135, str.); 238 (Nichtigerklärung der Ehe); J G G § 1 (Alter über 14 J a h r e n : E 57 206; E 61 265 berührt diese Frage nicht). A u c h A m n e s t i e und N i e d e r s c h l a g u n g (Abolition) hindern nur die Verfolgung (E 55 231), B e g n a d i g u n g sogar nur die Strafvollstreckung. — Fehlt eine BdV, so ist nicht freizusprechen, sondern das Verfahren e i n z u s t e l l e n ; in der Hauptverhandlung durch Urteil (StPO § 260), außerhalb durch Beschluß.

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Schrifttum

Erläuterungswerke: L e i p z i g e r K o m m e n t a r , begr. von Ebermayer, Lobe, Rosenberg, 7. Aufl. 1953 von N a g l e r , Jagusch, Mezger gem. mit Rohde, A. Schäfer, Werner, Ziegler. 8. Aufl. 1957/58. Schönke-Schröder, 8. Aufl. 1957. (Dalcke-)Fuhrmann-Schäfer, Strafrecht und Strafverfahren, 36. Aufl. 1955. Schwarz, Kurzkommentar, 21. Aufl. 1958. — Die beiden letzgenannten mit zahlreichen Nebengesetzen. Dreher-Maaßen, 3. Aufl. 1959. F r a n k , StGB, 18. Aufl. (1931). — Ergänzungsband hierzu von E. Schäfer und v. D o h n a n y i (1936). Der Kommentar von Frank gibt noch heute wertvolle Anregungen. Anm.auch in: L i n d e n m a i e r - M ö h r i n g , Nachschlagewerk des BGH. Systematische Darstellungen: v. L i s z t , Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, bearbeitet von Eb. Schmidt, 25. Aufl. (1927). — Allg. Teü in 26. Aufl. (1932). B i n d i n g , Lehrbuch, Bes. Teil, 3Bände, teilweise 2. Aufl. (1902ff.). In vielen Teilen nach wie vor wertvoll. V . H i p p e l , Deutsches Strafrecht, l.Band, Allg. Grundlagen und Geschichte (1925); 2. Band, Allgemeiner Teü (1930). Graf zu Dohna, Aufbau der Verbrechenslehre, 2. Aufl. 1941. v. W e b e r , Grundriß des deutschen Strafrechts, 2. Aufl. 1948. Mezger, Strafrecht, ein Lehrbuch, 3. Aufl. (1949, nur Allg. Teil). —• Strafrecht, Ein Studienbuch, Allg. T. 8. Aufl. 1958. Bes. T. 6. Aufl. 1958. Hellmuth M a y e r , Strafrecht. Allg. Teil 1953. W e l z e l , Das deutsche Strafrecht, 6. Aufl. 1958. W e g n e r , Strafrecht, Allg. Teil 1951. Maurach, Deutsches Strafrecht, Ein Lehrbuch. Allg. Teil 2. Aufl. 1958, Bes. Teil 2. Aufl. 1956. Sauer, Allg. StrRLehre, 3. Aufl. 1955. — System des Strafrechts. Besonderer Teil. 1954. Zeitschriften Der Gerichtssaal, seit 1849 (angeführt: GS). A r c h i v f ü r S t r a f r e c h t , seit 1853 und neu seit 1953; häufig angeführt als „Goltdammers Archiv"; 1934 bis 1944 als Deutsches Strafrecht (angeführt: GA bzw. DStR). Z e i t s c h r i f t f ü r die gesamte S t r a f r e c h t s w i s s e n s c h a f t seit 1881 und wieder seit 1951 (angeführt: ZStW). M o n a t s s c h r i f t f ü r K r i m i n a l p s y c h o l o g i e (ab 1937: Kriminalbiologie, jetzt: K r i m i n o l o g i e ) und S t r a f r e c h t s r e f o r m , seit 1904 und wieder seit 1953 (angeführt: MoKrim).

Einführungsgesetz Vom 31. Mai 1870 (BGBl. 195) § 1. Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund (das Deutsche Reich) tritt im ganzen Umfange des Bundesgebietes mit dem 1. Januar 1871 in Kraft. Zum Reichsgesetz wurde das StGB erklärt durch Ges. v. 15. 5. 1871. § 2 . Mit diesem Tage tritt das Bundes- (Reichs-) und Landesstrafrecht, insoweit dasselbe Materien betrifft, welche Gegenstand des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund (das Deutsche Reich) sind, außer Kraft. In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften des Bundes- (Reichs-) und Landesstrafrechts, namentlich über strafbare Verletzungen der Preßpolizei-, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei-, [Jagd-], Forst- und Feldpolizeigesetze und über den Holz- (Forst-) Diebstahl. I. Die §§ 2ff. regelten das Verhältnis von Reichsrecht und Landesrecht nach den Reichsverfassungen von 1871 und 1919. Nach ihnen war das Reich „zuständig f ü r die Gesetzgebung über Strafrecht". Nur soweit es hiervon keinen Gebrauch gemacht hatte, waren auch die Einzelstaaten (seit 1919 „Länder") zuständig, StrGesetze zu erlassen. Beispiel: Die „Materie" der Sittlichkeitsverbrechen ist reichsrechtlich abschließend geregelt. Landesgesetze gegen den Konkubinat waren ungültig, wenn dieser seiner „Unsittlichkeit" wegen unter Str. gestellt war; nicht aber, wenn „Störung der öffentlichen Ordnung" entscheidend war, denn die „öffentliche Ordn u n g " war keine reichsrechtlich geregelte „Materie". So E 33 273. — Betr. § 270 PrStGB (Abhalten vom Bieten) E 27 106, 37 130. — Vgl. jetzt allgemein Art. 72, 74 Nr. 1 GG. II. Die besonderen Vorschriften blieben also ausdrücklich in K r a f t (und haben sich l a n d e s r e c h t l i c h weiter entwickelt), obwohl sie an sich „Materien" betreffen, die reichsrechtlich geregelt sind; z. B. betrifft der Forstdiebstahl die Materie des Diebstahls, ist aber trotzdem landesrechtlich unter Strafe gestellt, in Preußen durch das Ges. betr. Forstdiebstahl v. 15. April 1878. § 5. In landesgesetzlichen Vorschriften über Materien, welche nicht Gegenstand des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich sind, darf nur Gefängnis bis zu zwei Jahren, Haft, Geldstrafe, Einziehung einzelner Gegenstände und die Entziehung öffentlicher Ämter angedroht werden. § 6. Vom 1. Januar 1871 (1872) ab darf nur auf die im Strafgesetzbuche für den Norddeutschen Bund (das Deutsche Reich) enthaltenen Strafarten erkannt werden. Wenn in Landesgesetzen anstatt der Gefängnis- oder Geldstrafe Forst- oder Gemeindearbeit angedroht oder nachgelassen ist, so behält es hierbei sein Bewenden. Maßregeln, die nicht „Strafen" sind, kann das Landesrecht dagegen anwenden; vgl. Vorbem. vor § 13.

Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich Vom 15. Mai 1871 in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 1953 (BGBl. I 1083)

Einleitende Bestimmungen Dreiteilung der strafbaren Handlungen

§1 (1) Eine mit Zuchthaus oder mit Einschließung von mehr als fünf Jahren bedrohte Handlung ist ein Verbrechen. (2) Eine mit Einschließung bis zu fünf Jahren, mit Gefängnis oder mit Geldstrafe von mehr als einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Geldstrafe schlechthin bedrohte Handlung ist ein Vergehen. (3) Eine mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark bedrohte Handlung ist eine Übertretung. Schrifttum: N i e t h a m m e r in DRZ 47, 100. — E n g i s c h in SJZ 46, 232. — Derselbe: Die neuere Rechtspr. zur Trichotomie der Straftaten, SJZ 48, 660. — L a n g e , Probleme des § 1 StGB, in MDR 48, 310. Mat. z. StRRef. I 76ff. — N ü s e , Zur Frage der Dreiteilung der Straftaten nach § 1 StGB, J R 49, 5. — M a u r a c h , J Z 53, 279. — D r e h e r , Zur Systematik allg. Strafschärfungsgründe, GA1953,129. — ö u t z k e , Die Behandlung bes. schw. Fälle, insbes. bei Übertretungen, N J W 56, 580. — S c h r ö d e r , Gesetzliche und richterliche Strafzumessung, Mezger-Festschr. 415ff. Neufassung durch das 3. StÄG. I. Ein gemeinsames Wort f ü r alle strafbaren Handlungen, mindestens f ü r Verbrechen und Vergehen, hat sich noch nicht durchgesetzt. „ V e r b r e c h e n " , obwohl viel so verwendet, paßt nicht f ü r leichtere Fälle; ist auch, da gleichzeitig Artbegriff, ungeeignet zum Gattungsbegriff. — „ D e l i k t " , früher gleichfalls viel gebraucht, •weicht vor dem Wunsch, zu verdeutschen, allmählich zurück; ist auch mehrfach anderweit festgelegt (röm. delictum gegenüber maleficium, crimen; oder wissenschaftlich: Delikt gleich schuldhafte Normübertretung, Verbrechen gleich strafbares Delikt). — Neuerdings bürgerte sich das Wort „ S t r a f t a t " ein, auch beim RG. und in neueren Gesetzen, z. B. StGB §§ 3,211 (Neufassungen!). — Das Gesetz gebraucht auch die zusammenfassenden Wendungen „ s t r a f b a r e H a n d l u n g " ( = tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung), z.B. §§51—54,59. 190, 257; „ e i n e mit S t r a f e b e d r o h t e H a n d l u n g " ( = tatbestandsmäßige und rechtswidrige Handlung) in §§ 42 b, 48, 49, 330 a. Die Abgrenzung ist nicht immer einfach, zumal in den Gesetzen keineswegs immer dem gleichen Wort der gleiche Sinn entspricht. Vgl. Vorbem. I I I A 3 vor I I I . Abschnitt und § 86 Anm. II.

Einleitende Bestimmungen § 1

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II. Praktische Bedeutung hat die Dreiteilung heute als technisches Mittel zur Vereinfachung der Gesetzessprache durch Zusammenfassung von Gruppen. Hier reicht sie so weit und greift so tief, daß die Grenzen der drei Tatgruppen eindeutig klargestellt werden müssen. Vgl. StGB §§ 6, 20a, 25, 27 a, insbes. § 27 b, 29, 40, 42 c, 421, 43, 49, 49a, 49b, 67, 74, 138, 143, 151, 241, 257; StPO §§ 112 I I , 113, 153ff., 200 I I , 201, 233, 266 II, 374, 407, 413, 429e, 433; StRegisterVO § 3 II. III. Rückblick und Augblick. Einen tieferen Sinn hatte die Dreiteilung in der Zeit, in der das neuere Strafrecht wurzelt (vor und nach 1800). Sie entstammt dem Naturrechtsdenken des 18. Jahrhunderts (a. A. Welzel JZ 51, 754) und hat verschiedene gedankliche Wurzeln, die mannigfach miteinander verflochten sind und von denen schwer auszumachen ist, welche die primäre, die die anderen bedingende ist. a) Ein Gedanke ging dahin, daß echtes kriminelles Unrecht eine Verletzimg von „Rechten" enthalten müsse, und daß hierbei zwischen „angeborenen" (z. B. Leben) und „erworbenen" Rechten (z. B. Eigentum) unterschieden werden müsse; daß diesen Rechtsverletzungen gegenüberzustellen sei die bloße Zuwiderhandlung gegen Ge- und Verbote, b) Teils in Verbindung hiermit (zum anderen Teil freilich aus selbständigen politischen Beweggründen) entstand der Gedanke, daß über Verletzung angeborener Rechte ungelehrte Richter urteilen könnten und sollten, daß dagegen Verletzungen erworbener Rechte nur der Kenner des Gesetzes zutreffend beurteilen könne; während bei bloßen Ungehorsamsfällen ein Polizei- oder Friedensrichter die Gesetzesfolge aussprechen möge, c) Die sich herausbildende Unterscheidung von entehrenden und nichtentehrenden Strafen deckte sich hiermit teilweise. Das Ergebnis des 18. Jahrhunderts war im wesentlichen folgendes: 1. V e r l e t z u n g a n g e b o r e n e r R e c h t e , z. B. Mord, aber auch schwere politische Untaten: crime, Verbrechen; entehrendes Zuchthaus; Volksrichter, cour d'assises, Geschworenengerichte. — 2. V e r l e t z u n g e r w o r b e n e r R e c h t e , z. B. Diebstahl délit, Vergehen; Gefängnis, sühnend, aber nicht grundsätzlich entehrend; Juristengericht, tribunal correctionel, Strafkammer. — 3. B l o ß e r U n g e h o r s a m , z. B. unerlaubtes Schießen, zu schnell fahren, nicht begriffsnotwendig verbunden mit Verletzung von Rechten, u. U. mit der Gefährdung solcher: contravention, Übertretung; Haft, Denkzettel ohne Sühnecharakter und ohne Ehrminderung; Juge de paix, Friedensrichter, Polizeirichter, in Deutschland später Schöffengerichte. — So Frankreich 1791, 1810; Bayern 1813; dann vielfach im In- und Ausland. Nach 1800 Entwertung der Dreiteilung. Zunächst durch die geistige und politische Umstellung vom Naturrecht auf Gesetzespositivismus : bestraft wurde nicht mehr die Verletzung von Rechten, sondern von Gesetzen ; und ein Unterschied von angeborenen und erworbenen Rechten wurde nicht mehr anerkannt. Der Wert der Dreiteilung lag im wesentlichen nur noch darin, daß sie die Gerichtszuständigkeiten erkennen ließ, im übrigen waren a u s A r t u n t e r s c h i e d e n G r a d u n t e r s c h i e d e geworden. Bald verschwand auch dieser Formalwert, da aus Zweckmäßigkeitsgründen die Gerichtszuständigkeiten sich nach unten verschoben, d. h. immer mehr Verbrechen vor die Strafkammern, Vergehen vor den Einzelrichter kamen. Trotz Verflüchtigung des Grundgedankens und Entwertung der Dreiteilung und trotz zunehmender Kritik an ihr wurde sie (unter dem Einfluß der aus dem Gebiet des Code Pénal stammenden rheinpreußischen Juristen) in das Preuß. StGB. v. 1851 übernommen, von da in das RStGB. Seitdem aber hat sie sich eingebürgert. Auch im Volksbewußtsein ist der Unterschied von Verbrechen und Vergehen lebendig (so mit Recht KG in DRZ 47 162 = J R 47 98). Wie der französische Entw. 1934 und das Schweizer StGB von 1937 (1942) halten auch die deutschen Entwürfe bis 1933 an ihr fest. Ebenso die Große Strafrechtskommission 1955 (mit der Maßgabe, daß die Übertretungen teils Vergehen, grundsätzlich aber Ordnungswidrigkeiten werden sollen, vgl. Bericht Dreher ZStW 66, 577 ff. sowie § 13 Entw. 59).

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Das ist um so bemerkenswerter, als die Entw. mit ihren zahlreichen und weitgespannten Strafänderungsgründen zugleich eine Entwicklung anbahnten, die sich nach 1933, aber auch noch nach 1945 (vgl. insbes. die Abschn. 2 und 3 des Bes. Teils) vielfach übersteigerte: die starke Verlagerung der Entscheidimg über die Strafhöhe vom Gesetzgeber auf den Richter. Die neuen Strafgesetze seit 1933 u m g r e n z t e n zwar die T a t b e s t ä n d e . Aber die S c h w e r e ihres Unrechtsgehalts zu bestimmen, überließen sie weitgehend dem R i c h t e r , dem sie Strafrahmen von äußersten Spannweiten zur Verfügung stellten, und zwar meist ohne konkrete Anweisungen f ü r seine strafzumessende Tätigkeit. Eine gesetzliche Strafdrohung, die f ü r die gleiche Tatbestandsverwirklichung leichte Gefängnis- oder gar Geldstrafe bis zu schwerster Zuchthausstrafe androht (vgl. Vorbem. I I C vor § 1), bedeutet ohne solche Anweisung einen Verzicht des Gesetzgebers darauf, diesen Tat-Typ einzustufen. Dies soll im Einzelfall der Richter tun. Aber damit hat § 1 nichts zu tun, denn dieser geht von der generell angedrohten, nicht von der individuell verwirkten Strafe aus (vgl. Anm. IV). E r wollte T y p e n einstufen; der Richter sollte nur entscheiden, welchem T y p die Tat entsprach. IV. Aus dieser Standpunktsverschiebung, aus der weitgehenden Verlagerung der wertenden Tätigkeit vom Gesetzgeber auf den Richter einerseits, der Beibehaltung des gegenteilig orientierten § 1 mit seinen weittragenden Folgerungen (Anm. I I ) andererseits, waren im Bereich der neuen Strafgesetze Schwierigkeiten entstanden, deren annähernde Lösung in den Vorauflagen nach folgender Richtung gesucht wurde: Nicht sei möglich der Übergang von der a b s t r a k t e n zu einer wirklich k o n k r e t e n Betrachtung, d. h. von dem Grundsatz, die Einstufung der Straftaten nach der gesetzlich a n g e d r o h t e n Strafe vorzunehmen, zu dem Grundsatz, dies nach Maßgabe der im Einzelfall v e r w i r k t e n Strafe zu tun. E s würde, wenn die Verwirrung nicht hoffnungslos werden soll, zur Voraussetzung haben müssen, daß der § 1 m i t allen seinen Konsequenzen geändert würde. Möglich sei nur, innerhalb jener weitgespannten Tatbestände abgestufte W e r t g r u p p e n zu bilden, soweit das Gesetz dies irgend ermögliche. Beispiel aus den „besonders schweren Fällen": Nicht zwar dürfe und könne f ü r die Einstufung als Verbrechen oder als Vergehen maßgebend sein, ob der Einzelfall endgültig mit Zuchthaus oder mit Gefängnis gestraft werde; denn eine Einstufung müsse schon v o r B e g i n n des Verfahrens erfolgen (z. B. wegen Zuständigkeit, Verjährung usw.). Wohl aber sei maßgebend, ob bei solcher Prognose der Fall i n d i e G r u p p e der „besonders schweren", grundsätzlich mit Zuchthaus „bedrohten" Fälle gehöre, oder aber in die Gruppe der einfachen, die grundsätzlich mit Gefängnis bedroht seien. Nicht also Übergang zu einer konkreten, sondern zu einer „konkreteren" Betrachtung. V. Allerdings müssen die „besonders schweren Fälle" und ähnliche Gruppen, die den Herd der konstruktiven Schwierigkeiten bildeten, dem System der Dreiteilung eingeordnet werden, nicht umgekehrt. Dies ergibt ihre Struktur ebenso wie ihre Geschichte. Vgl. Vorb. A IV 2d vor § 13. Zu unterscheiden sind 1. die „unbenannten" besonders schweren Fälle, die auf die Entwürfe vor 1933 zurückgehen und dort bestimmt waren als Fälle, in denen „der verbrecherische Wille des Täters ungewöhnlich stark und verwerflich und die T a t wegen der besonderen Umstände ihrer Begehung oder wegen ihrer verschuldeten Folgen besonders strafwürdig ist" (§ 77 I I E 1927);

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2. die „benannten", die zwischen 1933 und 1945 in §§ 263 IV, 266 II, 292 I I , 293 I I StGB sowie in § 294 I I I Aktien-Ges., 95 I I Börsen-Ges., 81 a I I GmbH-Ges., 146 I I Genossenschafts-Ges. und 34 I I Depot-Ges. eingeführt wurden. 3. Die Streichung der Beispiele in §§ 263IV, 266 I I und die Einführung weiterer, meist „unbenannter" Fälle durch die Änderungsgesetze von 1953 und 1951. I m Gegensatz zu der ersten Gruppe begnügte sich die zweite mit objektiv o d e r subjektiv schweren Fällen und f ü h r t e diese nicht abschließend, sondern nur beispielsweise auf. Sie band also den Richter weit weniger als bei richtiger Auslegung die „unbenannten", die in Wahrheit den vor die Klammer gezogenen Inhalt des § 77 I I E 27 bargen. An diesen und nicht an jenen hat sich daher die heutige, durch die Streichungen in §§ 263, 266 freier gewordene Auslegung wieder zu orientieren, und zwar folgerichtig auch insofern, als sie ohne Einfluß auf die Qualifikation sind; so ausdrücklich die Entwürfe, vgl. § 11 I I I E 27. Im Ergebnis ist daher dem RG zuzustimmen, das hier eine Änderung der Deliktsklasse verneint. Vgl. insbes. E 69 168, ferner E 59 127, 60 145, 68 391, 69 49, 340, 71 104. Der BGH schließt sich an: BGHSt 2 181, 3 47 (auch f ü r Übertretungen; ebenso BayObLG MDR 52 566, Braunschweig GA1956 56). — De lege ferenda vgl. die Beschlüsse der Großen Strafrechtskommission ZStW 67,82 ff. (Bericht Dreher) sowie Mat. I 80, 83, wo dargelegt ist, daß diese Wertgruppenbildung etwas Neues, Drittes zwischen Strafzumessungsgründen einerseits, Vertatbestandlichung andererseits darstellt. VI. Übersicht. Folgende Ansichten werden in dieser Streitfrage vertreten: 1. Abstrahierend: Die schlechthin höchste Strafmöglichkeit entscheidet, gleichviel ob der Straferhöhungsgrund benannt oder unbenannt ist. So Gerland, 2. Aufl. S. 90 Note 4, der ORA zu E 60 115. J e d e r Betrugsfall wäre hiernach durch § 263IV zum Verbrechen geworden. 2. Generalisierend: Der ordentliche Strafrahmen ist maßgebend auch f ü r die Qualifikation besonders schwerer Fälle usw. Diesen Standpunkt teilt der Text mit dem RG, dem BGH — dazu Gutzke N J W 56, 580 — und der herrschenden Lehre. 3. Spezialisierend: So Engisch, SJZ 46 S. 232, Wertgruppen bildend. Grundsätzlich ebenso schon Kohlrausch in den Voraufl.; vgl. oben zu IV.: Soweit ein Fall in concreto der schwereren oder leichteren Gruppe unterfällt, wird er zum Verbrechen usw. Doch will Kohlrausch nur den „benannten" Fällen der §§ 292 I I usw., Engisch allen Strafänderungsgründen diese Wirkung beilegen. Vgl. dens. SJZ 48, 660, Idee der Konkretisierung (1953) 51. Ebenso jetzt Schönke-Schröder I I 3 unter Hinweis auf § 94 (dazu vgl. Anm. dort). 4. Differenzierend innerhalb der „benannten" Fälle: Mezger, Grundriß 2. Aufl. S. 63 (anders StBI § 103 III), OIsh.-Nieth. § 1, 8d, die in §§ 292 I I usw. die Beispiele als strafändernd behandeln wollten, den durch sie erläuterten Allgemeinbegriff dagegen nicht. BGHSt. 8 168 betr. § 129 Abs. 2, die ebenso unterschied, ist durch BGHSt. 11 233 aufgegeben. 5. Konkretisierend: Nicht die angedrohte, sondern die im Einzelfall verwirkte Strafe ist maßgebend. So früher Schönke, §111 1 — aufgegeben seit der 4. Aufl. — und — f ü r die VRStVO, die eine Sonderregel vorsah — Frankfurt SJZ 46 231, anders aber in SJZ 48 638 betr. § 218. Ferner KG DRZ 47 99 (Niethammer), 162.

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Die Auffassung zu 1. wird durch das Gesetz selbst widerlegt, das in §§ 142, 153, 218 II, 240, 267, 281, 348, 353b u. c usw. den Versuch auch bei Vorliegen besonders schwerer Fälle ausdrücklich mit Strafe bedroht. Nach der hier vertretenen Auffassung ist allerdings versuchte Untreue auch in schweren Fällen nicht strafbar. Aber der Vorwurf, daß dies angesichts der Strafbarkeit der versuchten Veruntreuung (§ 246) unbefriedigend sei (so Kohlrausch hier in den früherenAufl.), richtet sich in Wahrheit gegen den Grundtatbestand; seine Berechtigung ist im übrigen umstritten (Niethammer, DRZ 47, 100). — Zu 3. ist die Unterscheidimg zwischen „tatbestandlichen" und persönlichen Strafänderungsgründen innerhalb dieser Fallgruppe nicht durchführbar, wie Engisch nachgewiesen hat. Alle Versuche, etwa „mildernde Umstände" von „minder schweren Fällen" abzugrenzen, sind gescheitert (Nagler, LK 6. Aufl. S. 172). Gesteht man aber mit Engisch a l l e n Strafänderungsgründen Bedeutung für die Zuordnung nach § 1 zu, so läuft dies auf die Auffassung zu 5. hinaus. Dies ist weder mit dem Wort und dem Sinn des § 1 — „bedroht", nicht „verwirkt" — noch mit der Struktur der Entwürfe vereinbar und führt praktisch zu größter Unsicherheit (Niethammer, DRZ 47,100). — Die Auffassung zu 4. ist logischen Einwänden ausgesetzt, da sie das Beispiel anders behandeln will als den Grundbegriff, dem es angehört, und deshalb auch mit Recht von BGHSt. 11 233 aufgegeben. N u r t e i l w e i s e r e c h t s ä h n l i c h ist die Gegenüberstellung von sog. abstrakten und konkreten Maßstäben in § 2 Abs. 2, bei der wahldeutigen Tatsachenfeststellung und in § 73. Vergleiche können hier mehr irreführen als fördern. — 1. Daß es in den beiden ersten Fallgruppen darauf ankommt, welches der Gesetze im E i n z e l f a l l die mildeste Beurteilung zuläßt, ist nicht nur sachgemäß, sondern selbstverständlich. So deshalb immer die Rechtspr. zu § 2: E 33 190 bis 71 42, 75 210, ebenso BGH J R 68 109 ( = LM Nr. 2 zu § 200). Entspr. f ü r die Wahlfeststellung E 68 626, BGHSt. 1 276. Für § 1 folgt hieraus nichts. — 2. § 73 fordert, wie § 1, einen „abstrakten" Maßstab: „androht", i. Gegs. zu § 74: „verwirkt". Daran konnte und wollte auch das RG nichts ändern. Es hatte aber für § 73 die Abstraktheit überspannt, indem es nach Einführung der „besonders schweren Fälle" einen Einheitsstrafrahmen annahm, also z. B. annahm, bei „Betrug" reiche nunmehr der StrRahmen von 3 RM Geldstrafe bis zu 10 Jahren Zuchthaus. Um die absurden Folgen abzubiegen, die sich f ü r § 73 hieraus ergaben, hatte der GSStr. aus § 73 den vernünftigen Satz herausgelesen, bei Tateinheit dürfe das Mindestmaß des milderen Gesetzes nicht unterschritten werden. Die Frage: „abstrakte oder konkrete Betrachtung?" hatte er unentschieden gelassen (E 73 148). Weiter waren dann E 75 191 und DR 41 1659 gegangen, die sich freilich auf den GSStr. zu Unrecht beriefen. Für § 1 jedenfalls ist die Parallele zu § 73 unergiebig. Daß der StrRahmen f ü r Betrug von 3 RM bis 10 Jahr. Zuchth. reiche, ist für § 1 auch vom RG nicht behauptet worden. Es würde bedeutet haben, daß seit Einführung der „bes. schw. Fälle" j e d e r Betrug ein V e r b r e c h e n sei! VII. Der ordentliche Strafrahmen, nicht die verwirkte Strafe, auch nicht die Ausnahmegruppe, ist hiernach f ü r die Zuordnung nach § 1 maßgebend. So ausdrücklich auch § 11 I I I E 27. In einzelnen Fällen stehen Verbrechens- und Vergehensstrafrahmen nebeneinander. So in §§ 94 (vgl. dort Anm. II), 142, 174 n. F., 224, 226, 8 Sprengstoff-Ges. Hier ist jeder Strafrahmen in seinem Bereich maßgebend. Das folgt aus ihrer vom RG stets anerkannten Gleichwertigkeit. Vgl. E 75 240. Anders BGHSt. 2 394,

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Braunschweig DRZ 48 106, und durchweg früher das RG: E 39 160, 52 344, 74 287 ohne Begr., E 42 397 unter Bezugnahme auf die Motive, die jedoch dieses Problem noch nicht kannten. Lediglich in den Fällen der §§ 185, 186, in denen das System des § 1 durch die Einfügung der Haftstrafe in den Reichstagsverhandlungen bewußt durchbrochen wurde (Schütze in GoltdA 20, 362), ist durchgängig ein Vergehen anzunehmen. Dagegen liegt in allen anderen hier genannten Fällen echte Zwitterbildung zwischen Verbrechen und Vergehen bzw. Vergehen und Übertretung vor. Die Frage, ob in solchen Fällen bei Anwendung des Vergehensstrafrahmens der V e r s u c h strafbar ist, entscheidet sich nach der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers im Einzelfall. A. A. insoweit BGHSt. 2 396, weil damit auf die im Einzelfall verwirkte Strafe abgestellt werde; es handelt sich aber darum, welcher unter zwei gleichwertigen Regelstrafrahmen generell auf Handlungen von solcher Schwere zutrifft, KG in DRZ 47 99 und 162. § 43 I I StGB steht der hier vertretenen Meinung nicht entgegen. Denn diese Bestimmung meint nur den Fall, daß ein Vergehen selbständiger Deliktstyp ist; der Fall des doppelten Strafrahmens kam im Jahre 1871 noch nicht vor, soweit Versuchsfragen in Betracht standen. VIII. Tatbestandsänderungen. Wo das Gesetz nicht nur Sondergruppen innerhalb einzelner Tatbestände bildet, denen wegen ihrer mangelnden Bestimmtheit oder wegen ihrer bloß exemplifikativen Methode keine tatbestandliche Qualität zukommt, sondern die D e l i k t s t y p i z i t ä t ändert, sei es in objektiven oder subjektiven Merkmalen, sei es innerhalb einer Bestimmung oder durch Schaffung einer neuen, da ändert sich mit dem Strafrahmen auch die Zuordnung nach § 1. So in § 243 gegenüber § 242, in §§ 224 bis 226 gegenüber 223. So machen aber auch die schweren Folgen in §§ 221 IV, 321 II, 340 I I oder eine besondere Absicht in §§ 94, 235 III, 313 II, 356 I I aus Vergehen Verbrechen oder umgekehrt. Ebenso die Gewerbsmäßigkeit, z. B. § 260, aber auch der Rückfall (über seinen strukturellen Gegensatz zu dem Täterstrafrecht des § 20 a vgl. Bockelmann, Studien 1 S. 11 ff., 27, aber auch Dreher GA 1953, 129). Nulla poena sine lege, Rückwirkungsverbot

§2 (1) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (2) Die Strafe bestimmt sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. Bei Verschiedenheit der Gesetze von der Zeit der begangenen Handlung bis zu deren Aburteilung ist das mildeste Gesetz anzuwenden. (3) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit erlassen ist, ist auf die während seiner Geltung begangenen Straftaten auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. (4) Über Maßregeln der Sicherung und Besserung ist nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt. Schrifttum über Analogie, Gewohnheitsrecht, Auslegung: B i n d i n g , Hdb. §§4, 46, 47; v. W e b e r , ZStW Bd. 56 S. 653ff. (beide zur Geschichte). — H. M a y e r , 3

K o h l r a n s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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Das Analogieverbot im gegenwärtigen deutschen Strafrecht, SJZ 47, 12 ff. — S c h ö n k e , Auslegung, Analogie und Gewohnheitsrecht im StrR, MDR 47, 85. — S c h ö n k e - S c h r ö d e r , Komm, zu §2 (rechts vergl.). — G e r m a n n , Analogieverbot usw. SchwZStR 61, 119; Methodische Grundfragen, 1946. — S a x , Das strafrechtliche Analogieverbot, 1953. — E n g i s c h , Einführung in das juristische Denken, 1956, 63ff. 85ff., 134ff. — B e n d e r , Zur Methode usw. JZ 57, 593. Übersieht: Zu Abs. 1: Anm. I — I I I (Analogie, Gewohnheitsrecht, Auslegung); zu Abs. 2—4: Anm. IV—X (Rückwirkung). I. Analogieverbot. Abs. 1 stellt mit Verfassungskraft (Art. 103 Abs. 2 GG) drei Regeln auf: N u r e i n G e s e t z (jetzt im f o r m e l l e n Sinne, vgl. Bonner Komm. I I 3c) zu Art. 103 GG, LK Art. 103 Anm. l d (S. 50), H. Mayer S. 85; a. A. Schönke-Schröder I I I 3) kann eine Handlung zum V e r b r e c h e n machen (nulluni crimen sine lege), und n u r e i n G e s e t z kann eine S t r a f e hierfür bestimmen (nulla poena sine lege). Drittens muß die Strafbarkeit der Tat und nach heute einhelliger Auffassung auch die Strafe (vgl. NJW 53, 1162) b e s t i m m t sein. Darin liegen drei Verbote: a) Ausschluß g e w o h n h e i t s r e c h t l i c h e r Rechtsbildung im Strafrecht; b) Verbot entsprechender (sog. „ a n a l o g e r " ) Anwendung eines Strafgesetzes auf rechtsähnliche Fälle. (Zu b: a. M. insbes. Binding, Hdb. §§ 46,47, der aber hierbei unter Analogie wohl nur sinngemäße Auslegung verstanden hat, nicht entsprechende Anwendung auf Fälle, die durch den Wortlaut überhaupt nicht mehr gedeckt waren. Kritisch zum Analogieverbot ferner Germann sowie Sax a. a. 0.). c) Verbot a b s o l u t u n b e s t i m m t e r Strafdrohungen. A. A. früher RG: E 56 318, dagegen Frank I und Lange, MatStRRef. I 70ff., Wegner S. 375ff. mit Nachweisen. Analogie z u g u n s t e n des Täters bleibt möglich und ist u. U. geboten. So grundsätzlich E 56 168. So wurde die Verfolgung der Untreue von Angehörigen analog den §§ 247, 263 V von einem Antrag abhängig gemacht in E 70 205, 71 323, 75 242 (jetzt legalisiert in § 266 Abs. 3). Der Rechtfertigungsgrund des übergesetzlichen Notstandes (Syst. Vorbem. III) ist durch Rechtsanalogie aus einer Reihe von Einzelbestimmungen zu gewinnen. Aber auch die A u s d e h n u n g des § 73 auf gleichartige IdKonk. (vgl. vor und zu § 73) durch E 2 257 ist unbedenklich, da sie keine neue Strafbarkeit begründet. BGHSt. 6 133 faßt zutr. das Analogieverbot negativ: Strafbarkeit oder Strafdrohung so nicht begründbar. Für P r o z e ß v o r a u s s e t z u n g e n , wie Antragserfordernisse, gilt § 2 oder ein sonstiges Analogieverbot nicht. II. Der Ausschluß des Gewohnheitsrechts betrifft ebenfalls nur die Strafbegründung. Es gilt im Strafrecht unmittelbar, soweit es d e r o g i e r e n d e Wirkung ausübt, wie gelegentlich in Nebenstrafgesetzen, oder soweit es zur Strafmilderung oder -ausschließung führt. Vgl. Köln NJW 51 974. So, wenn man die Bildung der Begriffe des Fortsetzungszusammenhangs oder des übergesetzlichen Notstandes zum Gewohnheitsrecht rechnet (Schönke-Schröder, § 2 IV). Mittelbar, soweit das Strafrecht auf gewohnheitsrechtliche Bildungen in anderen Rechtsgebieten zurückgreift. E 46 111. Insoweit kann es auch zur Erweiterung der Strafbarkeit führen. So bei den Vorfragen über Rechtspflicht zum Reden oder Handeln beim Betrüge (unten zu § 263) oder die Rechtspflicht zur Abwendung des Erfolges bei den unechten Unterlassungsdelikten (Gerland, 129 N 3; L.-Schm., § 32 I I I N 17). Vgl. ferner BGHSt. 11

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241 über gewohnheitsrechtliche Züchtigungsbefugnis des Volksschullehrers, die durch Verwaltungsanordnungen nicht aufgehoben werden kann. III. Schärfer als in jedem anderen Rechtsgebiet ist daher die Rechtsanwendung auf die Auslegung des Gesetzes beschränkt. Auslegung ist dabei im weitesten Sinne zu verstehen. Sie umfaßt die — analytische — I n t e r p r e t a t i o n d e r E i n z e l b e g r i f f e (z. B. der „Wegnahme" in § 242), die — synthetische — K o n s t r u k t i o n der Rechtssätze (z. B. den logischen und teleologischen Sinngehalt des § 243, vgl. dort Anm. I) und die den Rechtszusammenhang als Ganzes einbeziehende S y s t e m a t i k (z. B. Vorb. I vor § 242 und vor § 263 betr. Eigentums- und Vermögensdelikte; BGHSt. 2 194 über Tatbestands- und Verbotsirrtum). Vgl. Radbruch, Vorschule der Rechtsphilosophie 1947, 9ff. Für die Auslegung war immer und ist auch heute auf Sinn u n d Zweck des Gesetzes zurückzugehen. E 62 372, BGHSt. 6 396 und 10 196f. Denn der Wortlaut eines Gesetzes ist selten eindeutig. Beispiele: Was ein „Mensch" i. S. der Strafgesetze ist (bis wann die Tötung eines Neugeborenen unter § 218, von wann ab sie unter § 211 fällt); was eine „Sache" i. S. der §§ 242ff. ist (ob auch Gas, Luft, Energien, Forderungen „gestohlen" oder „unterschlagen" werden können); was eine „Urkunde" i. S. der §§ 267 ff. ist (ob nur Schriftstücke, ob nur beweisbestimmte) — diese und unzählige ähnliche Fragen von größter Tragweite lassen sich aus dem Wortlaut der Gesetze nicht beantworten. Darüber hinaus ergeben sich aus dem jeweiligen Sinn und Zweckzusammenhang oftmals unterschiedliche Bedeutungen. So BGHSt. 5 87 (betr. „Verletzter"), 6 107 (betr. „Gebäude"), 9 144 (betr. „Absicht"), 11366 (betr. „Bier"). Jede juristische Auslegung ist teleologisch, wobei Telos nicht als sozialer Nützlichkeitseffekt, sondern als Wertgesichtspunkt zu verstehen ist. Auszugehen ist daher von den Zielen der Auslegung, sodann sind ihre Mittel und Arten festzustellen. Im einzelnen: A. Die Ziele der Auslegung: 1. In erster Linie hat sie der G e r e c h t i g k e i t s i d e e zu entsprechen, wie sie in der Wertwelt unserer Kulturgemeinschaft gebildet und im Einklang damit in den Rechtsüberzeugungen unseres Volkes lebendig ist. Treffend Pfalz, DRZ 47 236 (betr. § 240, vgl. Syst. Vorbem. I I I 2 c) und Engisch a. a. O. 77. 2. Daneben ist die Auslegung am Wert der R e c h t s s i c h e r h e i t , insbes. am Ordnungszweck des Rechtes zu orientieren. Auch das Ziel zu 1. kann nur in diesem Rahmen angestrebt werden. Das folgt unmittelbar aus dem Grundsatz der Ges e t z e s b e s t i m m t h e i t . Vom Gesetz bewußt gezogene feste Grenzen, z. B. des Schutzalters bei gewissen Sittlichkeitsdelikten, sind daher zu beachten, auch wenn die ratio legis specialis zu ihrer Über- oder Unterschreitung im Einzelfall drängt. Beim übergesetzlichen Notstand (System. Vorbem. III) darf die Zwecktheorie wegen ihrer Unbestimmtheit nicht ohne nähere Bestimmungsgründe verwendet werden. Aus den §§ 52, 53 III, 54 die allgemeine Schuldvoraussetzung der Zumutbarkeit herzuleiten, würde zu völliger Subjektivierung des richterlichen Urteils führen und damit die Sicherheit der Rechtsanwendung vernichten. Vgl. aber BGHSt. 6 58 (dazu Syst. Vorbem. IV 3). Wo das Gesetz selbst das hiernach erforderliche Minimum der Bestimmtheit unterschreitet, kann sogar die Anwendbarkeit in Zweifel gezogen werden. Vgl. 3*

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Welzel, §621114 zu § 170 d „sittliches Wohl", H.Mayer, MatStrRRef. I 267 ff. betr. §§ 170d, 240, 253, 330o und die oben Syst. Vorb. I I I (S. 19) zit. Entsch. des BayVerfGH. 3. Andererseits gibt das Strafrecht a u ß e r r e c h t l i c h e n G e g e n i n t e r e s s e n Raum. Der Rechtswert ist das Wertgefüge im Gefüge der Werte (Bauch). Er kann nicht losgelöst von den übrigen Kulturwerten verwirklicht werden. Dem trägt das StGB Rechnung, wenn es den Ehegatten- und Aszendentendiebstahl für straflos erklärt, weil ihre Strafverfolgung mehr Schaden als Nutzen stiften würde. Aus ähnlichen Gründen ist auch f ü r die Auslegung der Sittlichkeitsdelikte zu beachten, daß der Gesetzgeber eine begründete Scheu hat, allzu tief in die Intimitäten des Familienlebens einzudringen. Die Auslegung des allzu weitgefaßten § 266 hat zu berücksichtigen, daß der redliche Unternehmergeist nicht gelähmt werden darf, wie überhaupt die Freiheitssphäre der wirtschaftlichen Betätigung und der persönlichen Initiative zu respektieren ist: Art 1 und 2 GG. 4. Im Rahmen dieser allgemeinen Wertgesichtspunkte ist die r a t i o legis der auszulegenden E i n z e l b e s t i m m u n g zu ermitteln, in erster Linie also deren spezieller Schutzzweck. Er erhellt vor allem aus dem zu schützenden R e c h t s g u t , vgl. E 37 2 und das Material bei Schwinge, Teleologische Begriffsbildung 1930, 34. N u r auf das Rechtsgut stellt Mezger StB I I § 3 ab. Aber dessen Bestimmung ist auch bei den geläufigsten Delikten nicht immer einfach. Diebstahl: Eigentum, Besitz ? Erpressung: Vermögen, Freiheit ? Abtreibung: keimendes Leben, Volkskraft, Gesundheit der Frau ? Daneben ist eine Fülle anderer Momente zu beachten, z. B. gesteigerte oder geminderte Verwerflichkeit oder Gefährlichkeit der Handlung oder Schutzwürdigkeit des Objekts (Mord, Totschlag, Kindestötung, gemeiner, schwerer, leichter Diebstahl), die Erfassung bestimmter Gesinnungsmomente (böswillig, gewissenlos) oder kriminologischer Tätertypen (Zuhälter). Aus der Korrespondenz der Begriffe Verbrechen und Strafe folgt, daß auch die Strafhöhe bedeutsame Anhaltspunkte f ü r die Auslegung der Norm liefert. Vgl. Hamm SJZ 48, 613, Hessen HESt. 1 154, auch BGH JZ 52 484 (dazu oben Syst. Vorbem. I, Schönke-Schröder VI 2b) und Germann, Meth. Grundfr. 78 ff. 5. Aber nicht nur die Einzelinterpretation und Konstruktion, auch die S y s t e m a t i k ist teleologisch zu orientieren. Verfehlt ist es z. B., die Regel des sogenannten Verbotsirrtums (BGHSt. 2 194) unterschiedslos auf vorsätzliches Töten oder Mißhandeln einerseits, „vorsätzliches" Parken oder Kartoffelanbauen andererseits zu beziehen und damit den elementaren Wertgegensatz der beiden Gruppen zu ignorieren, der überdies durch das OWG ausdrücklich zur teleologischen Basis unseres gesamten Sanktionensystems erklärt worden ist. Näheres in Syst. Vorb. IV 4b und § 59 Anm. V 3 d. 6. V e r f a s s u n g s k o n f o r m zu sein, wird neuerdings der Auslegung als weiteres Ziel gesetzt. So namentlich die Verfassungsgerichte: BVerfGE 2 282, 7 205 ( = JZ 58 120, Fall Lüth-Harlan), BayVerfGE 5 I I 53, 54, Hess VGH Slg. 4 133. Ferner Wintrich, Festg. für Laforet (1952) 243, 249, Nipperdey, Grundrechte I I 23, 24 und DVB1. 58, 445, Bachof JZ 56, 273. In Mat. StrafRReform I 69ff. wurde bereits die verfassungsmäßige Bindung des S t r a f g e s e t z g e b e r s an den Gleichheitsgrundsatz, den Rechtsstaatsgedanken und die Gewaltenteilung des GG dargelegt. Gleiches gilt erst recht für die A n w e n d u n g des Strafrechts. Dazu eingehend unten Vorb. AI vor § 13.

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Ungeklärt war aber bisher das Verhältnis zum Gesetzeszweck. Das Lüth-Urteil stellt das Postulat der Verfassungskonformität ohne Einschränkung auf. Hingegen bemerkte BVerfGE 2 282: „Daß dabei (sc. bei der verfassungsmäßigen Auslegung des Gesetzes) nicht der Gesetzeszweck außer aucht gelassen werden darf, versteht sich von selbst (vgl. BayVerfGH, DÖV 52 373)"; ähnlich Nipperdey a . a . O . : „verfassungskonforme Auslegung der Gesetze, natürlich unter Beachtung des Gesetzeszwecks". Vgl. jetzt aber BVerfG in NJW 58 1227 (unten zu c). In Wahrheit handelt es sich nicht, wie es hiernach scheinen könnte, um voneinander unabhängige Größen. Di© Verfassungsgrundwerte, denen die Auslegung entsprechen muß, sind gegenüber den oben zu 1—3 entwickelten allgemeinen Zwecken nicht ein aliud, sondern prägen sie nur schärfer aus. a) Für die zu 1 und 2 genannten Ziele ist dies ohne weiteres ersichtlich. Vgl. BVerfGE 7 92: „Zur Rechtsstaatlichkeit gehört nicht nur die Voraussehbarkeit, sondern auch die Rechtssicherheit und die materielle Richtigkeit oder Gerechtigkeit." Ähnlich BVerfGE 3 237 und 253, 7 205. Diese Materialisierung des Rechtsstaatsbegriffs forderte bereits „Der Rechtsstaat als Zentralbegriff der neuesten Strafrechtsentwicklung" (J. C. B. Mohr, 1952). b) „In erster Linie sind die Grundrechte dazu bestimmt, die Freiheitsrechte des einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt zu sichern; sie sind Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat." So BVerfGE 7 204 ( = J Z 58 120). Ihr Akzent liegt demnach auf der Garantie der außerrechtlichen Gegeninteressen (oben zu 3). Vgl. für das Recht auf körperliche Unversehrtheit BGHSt. 11 113, für das Strafverfahren Eb. Schmidt, Lehrkomm. I 146 Nr. 279. c) Darüber hinaus erklärt BVerfGE 7 205f.: „Der Rechtsgehalt der Grundrechte als objektiver Normen entfaltet sich im Privatrecht durch das Medium der dieses Rechtsgebiet unmittelbar beherrschenden Vorschriften". Diese auch das Strafrecht treffende Mediatiaierung der großen Kodifikationen geht auf ihre Eigenfunktion als Aufbau und Ausgestaltung fest umrissener Ordnungsbereiche, die in zunehmendem Maße formal bestimmt werden müssen, auf das Eigengewicht ihrer Tradition und die Bedeutung ihrer konkreten Wertentscheidungen nicht ein. Die von Max Weber (Wirtschaft und Gesellschaft, 1922, S. 16 ff.) gezeigten vielfachen Bestimmungsgründe sozialen Verhaltens und damit auch rechtlicher Gestaltung können nicht auf einen einzigen, den der Wertrationalität, reduziert, die Fülle jener Gesichtspunkte darf nicht unter Bezugnahme auf sehr abstrakte und allgemeine Grundsätze beiseite geschoben werden. Sonst droht die Gefahr einer Rückbildung des Rechts zu Sitten- und Schurkenparagraphen und der Zerstörung seines Ordnungswertes durch Subjektivierung und Politisierung. Methodologisch müssen ferner die großen Wertdeklarationen des GG von der konstitutiven und — namentlich im Sanktionsrecht — sozialerzieherischen Funktion der Einzelgesetze unterschieden werden, in Zusammenhang damit die begrenzende, mehr negative Funktion einer höchsten kritischen Instanz von der Vorstellung, mit ihr zugleich im Besitz gebrauchsfertiger oder doch entwicklungsfähiger positiver Ordnungsnormen zu sein, die als Einzelregelung höheren Ranges ipso iure Bestehendes verdrängten. In der Naturrechtslehre ist dies längst bekannt. Die großen Kodifikationen sind aus allen diesen Gründen nicht einfach Ausführungsgesetze zum Grundgesetz. Ihre Einzelnormen können von ihm in Grenzen gewiesen oder erstreckt (BVerfGE 2 336 zu § 172 StPO a. F.), jedoch grundsätzlich nicht „inhaltlich ausgerichtet" werden (so aber BVerfG a. a. 0.). Erheblich zurückhaltender

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jetzt BVerfG in N J W 58 1227 (S. 1435 Anm. Stern mit Nachweisungen): „Keinesfalls darf . . . eine . . . verfassungskonforme Auslegung das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen P u n k t e verfehlen oder verfälschen." Damit wird die Eigenständigkeit der Gesetze beachtet, auf deren Bedeutung auch Dürig (Festschr. f. Nawiasky, 1956, S. 157ff., 164, 176f,; DÖV 58, 196) f ü r das Zivilrecht hingewiesen hat. B. Die Mittel der Auslegung. 1. Der L e b e n s s p r a c h g e b r a u c h gibt nur einen ungefähren Anhalt. Seine Bedeutung liegt vor allem im N e g a t i v e n : die Auslegung darf nicht sprachwidrig sein. Positiv verbindlich aber ist er nicht ohne weiteres. So versteht man unter „ W a f f e " im Leben die typische Kampfwaffe. Das Gesetz aber beschränkt den Begriff hierauf nur in einigen Fällen, z. B. §§ 127, 201. I n § 223 a versteht es ihn in einem weiteren Sinne, bei §§ 123, 243 u. a. ist die Frage bestritten. Und während f ü r den Lebenssprachgebrauch „gefährliches Werkzeug" der Oberbegriff zu „ W a f f e " ist, spricht § 223 a gerade umgekehrt von „Waffe, insbesondere . . . gefährlichem Werkzeug". Vgl. RG in D J 38 518. Lehrreich f ü r die Problematik GrSen. in BGHSt. 1 158 betr. ..umschlossener R a u m " gegen R G (st. Rspr.), ferner BGHSt. 11 306 (308) betr. ,,Krankheit". 2. Der G e s e t z e s s p r a c h g e b r a u c h , wenn auch verbindlicher als der des Lebens, beseitigt ebenfalls nicht alle Zweifel. „Besitz" h a t im bürgerlichen Recht und im Strafrecht sehr verschiedene Bedeutung. Unter „Krankheit" verstehen die einzelnen Gesetze je nach ihren speziellen Zwecken sehr Verschiedenes; Übersicht in BGHSt. 11 304. „ K i n d " ist nach dem J G G und dem StGB im allgemeinen eine noch nicht vierzehnjährige Person. I n § 239 a I I wird dagegen auch der Minderjährige unter 18 Jahren als Kind bezeichnet. Zweifelhaft ist die Grenze in § 170d. Vgl. Anm. dort und Braunschweig, HESt. 1 48. Betr. „Gegenstand" vgl. § 90 BGB einerseits, § 40 StGB und Anm. I I dort andererseits. Weitere Beispiele oben vor A. 3. Die A b s i c h t d e s G e s e t z g e b e r s . Über dem Wort steht der Sinn; freilich fängt, nach dem Wort eines großen Künstlers unserer Zeit, auch die Sünde gegen den Geist immer mit der Sünde gegen den Buchstaben an. Die Feststellung der Motive des Gesetzgebers, insbes. aus der Entstehungsgeschichte, f ü h r t unmittelbar an das Telos des Gesetzes heran. Aber auch ihre Verbindlichkeit ist in jedem einzelnen Falle zu prüfen. „Das Gesetz ist nicht toter Buchstabe, sondern lebendig sich entwickelnder Geist": BGHSt. 10 159, vgl. auch 1 1. Das Leben geht weiter, die tatsächlichen oder Wertgrundlagen können sich entscheidend verändert haben. E s gibt lebendige und abgestorbene Traditionen. Verfehlt war es z. B., daß sich das RG bei der Ablehnung des Elektrizitätsdiebstahls auf den Sachbegriff des römischen Rechts berief, dem die Elektrotechnik unbekannt war. Gerade in solchen Fällen, in denen die historischen Absichten des Gesetzes nicht mehr tragen, werden wir auf ein weiteres Auslegungsmittel verwiesen: 4. den S y s t e m z u s a m m e n h a n g . Zunächst ist hier die L e g a l o r d n u n g zugrunde zu legen. So erhellt der Sinn des § 330a als „gemeingefährlicher Rausch" aus der Stellung im 27. Abschnitt. Sehr starkes Gewicht legt BGHSt. S 241, 245 (betr. § 132) auf die Legalordnung. Aber auch sie kann täuschen, so beim Hausfriedensbruch des § 123, der kein Vergehen gegen die öffentliche Ordnung ist und nur aus technischen Gründen an der

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Spitze des 7. Abschnitts steht. Die Auslegung muß daher in die Tiefe des i n n e r e n S i n n z u s a m m e n h a n g s gehen, das Gesetz als objektives, im ganzen der Rechtsordnung funktionierendes Sinngebilde erschließen, die immanente Ordnung des Gesetzes u. U. gegen die äußere Legalordnung, das, was das Gesetz vernünftigerweise nur bezwecken kann, u. U. gegen den historischen Willen des Gesetzgebers durchsetzen. Dieser Gegensatz zwischen o b j e k t i v e r und s u b j e k t i v e r Auslegungsmethode entfällt weitgehend da, wo der Gesetzgeber selbst durch Reformbestrebungen und Entwürfe oder durch Verfassungsbestimmungen der Auslegung eine neue Richtung weist. BGHSt. 1 166 verwertet die Entwürfe 1927 und 1930. Aber auch abgesehen davon ist der Widerspruch insofern nur ein scheinbarer, als der Wille des Gesetzgebers, richtig verstanden, gar nicht anders aufgefaßt werden kann, als daß das Gesetz bei späterer Anwendung veränderten Lebensverhältnissen und -Wertungen zu entsprechen habe. — Wertvolle Vertiefung des Problems bei Engisch, Einf., 85—105, mit zahlr. Nachweisungen. — Zwischen zivilrechtlicher, mehr subjektiv, und strafrechtlicher, mehr objektiv orientierter Auslegung unterscheidet Mezger ZStW 59, 572 Anm. 36. Vermittelnd DOG NJW 1950 651 (dazu Eb. Schmidt MDR 50, 625, Mattem DRZ 50, 247). Entschieden objektivistisch BVerfGE 1 299, NJW 52 737, BGHSt. 1 76, 316. Vermittelnd BGHSt. 6 133 (betr. fahrlässige Tat bei § 330), 11 366 (betr. „Bier"). Vgl. auch Hamburg GA 1958 248. Subjektiv OGHSt. 3 48, Koblenz NJW 50 278, Düsseldorf NJW 50 279, Bremen NJW 50 280 (dagegen Schmidt-Leichner NJW 50, 278, 624, Dünnebier DRZ 50, 426). Zur BGHRspr. weiteres Material in kritischer Sichtung bei Jescheck GA 1954, 324. C. Die Arten der Auslegung sind die gleichen wie in den übrigen Rechtsgebieten. 1. Die e r k l ä r e n d e Auslegung stellt mehrdeutige Begriffe fest (z. B. „Nachtzeit" in § 243 Nr. 7: die Zeit zwischen Abend- und Morgendämmerung oder die ortsübliche Zeit der Nachtruhe ?) und bestimmt den näheren Inhalt normativer Begriffe (z. B. „wichtiges Glied" in §224: Daumen, Ringfinger?). Doch ist sie nicht auf die Klärung von Einzelbegriffen beschränkt (vgl. den Anfang dieser Anm.). 2. Die b e r i c h t i g e n d e Auslegung stellt den Sinn des Gesetzes gegenüber dessen zu engem oder zu weitem Ausdruck her (z. B. Rücktrittsmöglichkeit nach § 46 f ü r Teilnehmer über den Wortlaut „Täter" hinaus, E 59 412; E 13 257 legt Einkriechen zutr. als „Einsteigen" i. S. d. § 243 aus). Sie geht also davon aus, daß das Gesetz etwas anderes als das Erklärte wolle, setzt einen error in faciendo voraus. Einen unrichtigen Willen des Gesetzes (error in iudicando) feststellen und korrigieren zu wollen, hieße dagegen im kritischen Fall der ausdehnenden Rechtsanwendung über den Gesetzesinhalt hinausgehen und Analogie treiben. Über deren Grenzen oben zu I. So konnte der Gedanke, die durch Mißbrauch von Automaten begangene Leistungsersehleichung zu strafen, im Jahre 1870 gar nicht gefaßt werden; ihn durfte daher der Richter nicht in das Gesetz hineinbringen. Richtig E 68 65. Beispiel extensiver Auslegung in BGHSt. 6 394 (zust. Niese JZ 57, 660) zu § 42 m (dort Anm. V I ) . Auf der Grenze BGHSt. 10 96f. (GrSen): „Entziehung" einer nicht bestehenden „Fahrerlaubnis" und BGHSt. 10 46 (51f.): § 98 II i. V. m. § 86 I I I bei Organisationsdelikten in Kannvorschrift umgedeutet, weil viele Härtefälle. Dem hätte aber der Gnadenweg eher entsprochen. Daß SBZ-Angehörige nicht unter § lOOd Abs. 2 fallen, entnimmt zutr. BGHSt. 10 46 (47) entgegen dem Wortlaut u. a. dem System des Gesetzes. Mit Recht verneint BGHSt. 11 199 (abl. Anm. Härtung in JZ 58, 443) aus der ratio legis des § 315a I Nr. 2 (vgl. dort Anm. IV) die

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„Gemeingefahr", wenn ausschließlich die individualisierten Autoinsassen gefährdet waren; ebenso treffend BGHSt. 11 148, wenn nur der Wagen des Täters in Gefahr war. — M o t i v i r r t ü m e r des Gesetzgebers gegenüber seinem erklärten Willen unbeachtlich: BGHSt. 1 79, 11 53, DOG N J W 50 652; kaum vereinbar damit BGHSt. 10 51 (s. o.). — BGHSt. 9 310 (318) betr. entspr. Anw. des § 129 Abs. 4 auf § 129a und § 90a versagt sich zu Unrecht dem Antrag des GenBundAnw., der die heute fast unpraktische Vorschrift kriminalpolitisch aktiviert haben würde. Vgl. § 153 c StPO, der sich mit „Beiträgen" zur Abwendung der Gefahr begnügt, sowie BGHSt. 11324 ( = J Z 58 669, Anm. Lange), die bei §46 das kriminalpolitische Bedürfnis u n d das Gebot der Gerechtigkeit über das Gesetzeswort stellt. IV. Der Grundsatz der Nichtrückwirkung der Strafgesetze beherrscht das strafrechtliche Denken seit dem Beginn des 19. J a h r h . Feuerbach h a t ihm die klassische Formulierung gegeben. Zu semer Strafrechtstheorie gehört der Satz als integrierender Bestandteil, da die positive Strafdrohung nur abschrecken kann, wenn sie dem Täter vor der Tat bekannt war. Über die doppelte geschichtliche Wurzel des Satzes in staatsrechtlichen und strafrechtlichen Erwägungen und über seine Bedingtheit vgl. Binding, Hdb. § 4. V. Gesetz ist hier d e r g e s a m t e m a t e r i e l l r e c h t l i c h e R e c h t s z u s t a n d , s o w e i t er d i e N o r m e n d e s S t r a f r e c h t s b e r ü h r t . Nicht nur das formelle Gesetz, auch Rechtsverordnungen und — derogierendes — Gewohnheitsrecht. Aber nicht jede Rechtsänderung außerhalb des Strafrechts wirkt auf dessen Normen ein. Das Außerkurssetzen von Banknoten betrifft nicht das Verbot, Geld zu fälschen. Die Aufhebung einer verkehrsregelnden Anordnung läßt die hinter § 49 StVO stehende Blankettnorm unberührt, daß Verkehrsvorschriften bei Strafe zu befolgen sind. Beide Male bleibt der tatbestandsmäßige. Unrechtsgehalt bestehen. Dort liegt er in der Verletzung eines materiellen Rechtsguts (Vorb. I vor § 146). Hier im Ungehorsam gegen den Gesetzesbefehl, während die Rechtsgutsverletzung oder -gefährdung Motiv, aber nicht Inhalt der Norm ist. Zutr. H a m m N J W 54 1735: „Der gesetzliche Straftatbestand (§3 1 StVO) — daß die durch amtliche Verkehrszeichen getroffenen Anordnungen zu befolgen sind — wird von der Aufhebung oder Änderung der betr. Anordnung nicht berührt." Wegen dieses spezifischen Unrechtscharakters der B l a n k e t t v o r s c h r i f t e n ist im Ergebnis der Rspr. des RG (E 31 225; 46 307; 49 410; 59 125) zuzustimmen. BGHSt. 6 30 (40) widerspricht ihr trotz abweichenden Ergebnisses nicht, BGHSt. 7 295 macht sie sich, strenger als E 77 175, zu eigen und erstreckt sie auf Verbote mit Erlaubnisvorbehalt (im Devisenrecht). Mit Recht; denn auch hier macht bereits der Verstoß gegen das Verbot als solcher den Unrechtscharakter aus, nicht erst die materielle Rechtsgutsverletzung oder -gefährdung. — Die Motive der Gesetzesänderung (Wandel der Rechtsauffassung oder Änderung der tatsächlichen Verhältnisse), auf die das RG abstellte, sind freilich f ü r sich allein nicht entscheidend. Die Undurchführbarkeit und Problematik dieser Unterscheidung zeigt aus heutiger Sicht drastisch BGHSt. 6 30, wonach die Abschaffung der Geschwindigkeitsbegrenzung Ausdruck einer geläuterten Rechtsauffassung sein soll. Erst wenn sich Wandlungen der einen oder der anderen Art in einer Änderung der Gebots- oder Verbotsnorm oder ihrer Sanktion selbst niederschlagen (z. B. Beschränkung auf vorsätzliche Zuwiderhandlungen oder Umwandlung in Ordnungswidrigkeiten), ist das Gesetz i. S. des § 2 Abs. 2 und nicht nur sein tatsächlicher Anwendungsbereich geändert. Die Gegenmeinung (BGHSt. 6 32), wonach

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schlechterdings jede außerstrafrechtliche Gesetzesänderung, von Zeitgesetzen abgesehen, zu berücksichtigen ist, müßte folgerichtig den Falschmünzer freisprechen, wenn die Banknote der gefälschten Art zwischen Tat und Urteil außer Kurs gesetzt wird. Vgl. unten Anm. VII. Der Grundsatz der Nichtrückwirkung gilt als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auch für die Umwandlung von Straftaten in Ordnungswidrigkeiten und für das Verhältnis von Ordnungswidrigkeiten untereinander (soweit hier nicht Sondervorschriften wie § 104 WiStG 1949/52, vgl. dazu BGH NJW 52 72, und § 15 WiStG 1954, vgl. Dalcke-Schäfer Anm. 2, vorhegen). BayObLG GA 1953 180, SchlHA 58 233. Dagegen gilt er n i c h t für V e r f a h r e n s r e c h t (beim Übergang vom Straf- zum Bußgeldverfahren ist daher Einstellung geboten): Köln NJW 63 1156. (Materiellrechtlich gesehen ist die Bewertung als OWi. Milderung gegenüber der als strafb. Hdlg., Celle GA 1953 184, a. A. Köln NJW 53 1156. Darüber Anm. VII). VI. Tatzeit: „Eine Straftat ist zu der Zeit begangen, zu der der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln sollen. Wann der Erfolg eintritt, ist nicht maßgebend, sofern im Gesetz nichts anderes bestimmt ist" (so Entw. 36). Vgl. auch E 44 277, 57 193. Für Teilnahme gilt der Zeitpunkt ihrer eigenen Tätigkeit. — Wird während einer „fortgesetzten Straftat" (Vorbem. I I 1 vor § 73) das Gesetz geändert, so dürfen die vorher begangenen Einzelhandlungen in den Fortsetzungszusammenhang nicht einbezogen werden, soweit sie, für sich betrachtet, zur Begehungszeit unverboten waren (E 62 1). Anders, wenn das neue Recht keinen neuen Tatbestand schafft, sondern nur die Strafdrohung erweitert (E 68 338 betr. § 20a). Vgl. hierzu auch E 71 64, 92 und Recht 40 1806. VII. Ausnahme: Rückwirkung des milderen Gesetzes. Es würde der materiellen Gerechtigkeit widersprechen, eine Tat nach dem Gesetz der Tatzeit abzuurteilen, wenn die Auffassungen über Recht und Unrecht oder über die Schwere einer Tat sich inzwischen gewandelt haben. Indem die Ausnahme des Abs. 2 aus diesem Grunde das Prinzip der Nichtrückwirkung durchbricht, beweist sie, daß dieses seinerseits in Erwägungen der Rechtssicherheit, nicht unbedingt der Gerechtigkeit wurzelt. Das ist von Bedeutung, weil die Rechtssicherheit Ausnahmen zuläßt, die Gerechtigkeit nicht. Näheres in DRZ 48, 155 ff. Zu vergleichen ist der gesamte Rechtszustand zur Zeit der Aburteilung mit dem der Tatzeit; also auch Berücksichtigung von strafausschließenden und strafmildernden Umständen. Streitig, ob auch a u ß e r s t r a f r e c h t l i c h e R e c h t s ä n d e r u n g e n (z. B. Einführung von Pfändungsbeschränkungen gegenüber § 137, Einschränkung des Vermieterpfandrechts gegenüber § 289) zu berücksichtigen sind. Das RG hat dies i. allg. nur dann angenommen, wenn hierin eine g r u n d s ä t z l i c h e Ä n d e r u n g d e r A u f f a s s u n g lag, d a ß s o l c h e s H a n d e l n v e r b o t e n u n d s t r a f w ü r d i g sei, nicht aber, wenn nur t a t s ä c h l i c h e U m s t ä n d e o d e r B e d ü r f n i s s e sich geändert haben (E 33 184, 55 12; DR 42 1781; ebenso noch BGH VRS 5 355 [zu § 2a Abs. 2 a. F.]: Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzung f ü r Autos wirkt nicht zurück, da keine Änderung der Rechtsanschauung). Dagegen BGHSt. 6 32 (zurn. F.): auf die Beweggründe komme es nicht an. Aber die entscheidende Frage heißt: Ist eine Normenänderung eingetreten ? Falschmünzerei bleibt strafbar, auch wenn die gefälschte Banknotenart inzwischen außer Geltung gesetzt wurde. Mit dem A n g r i f f s o b j e k t ist nicht das R e c h t s g u t und sein Schutzbedürfnis entfallen. Zutr. Hamm N J W 54 1735 (bei nachträgl. Entfernung eines Verkehrszeichens nicht § 2 Abs. 2). Auch kann der

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Gesetzgeber denselben Zweck mit anderen Mitteln verfolgen wollen, vgl. den obigen Fall BGH VRS 5 355. A n d e r s aber BGHSt. 6 34 f ü r die gleiche Fallgestaltung: die Rechtsauffassung habe sich geändert. Vgl. oben Anm. V. Entsprechend dem Doppelcharakter der Strafe als gerechter Vergeltung und als Verbrechensbekämpfung ist aber der mildere Rechtszustand auch dann zugrunde zu legen, wenn sich zwar die Auffassungen über die Strafbarkeit eines Verhaltens nicht grundsätzlich gewandelt haben, das geschützte Interesse indessen völlig weggefallen ist. Auch wenn Fahnenflucht in abstracto nach wie vor als strafwürdig gilt, war jedenfalls ihre nachträgliche Bestrafung nach Wegfall der Wehrpflicht und der Armee überhaupt angesichts der praktischen Zwecke des Strafrechts nicht zu rechtfertigen. Ähnlich Frank V. 1 schon f ü r die Zeit nach dem ersten Weltkriege; a. A. damals E 47 414; 55 125. Unzulässig ist es, auf dieselbe Tat t e i l w e i s e das alte und teilweise das neue Recht anzuwenden (E 74 132). — Wegen S t r a f a n t r a g vgl. Anm. I I zu § 61. Mildestes Gesetz: Hier ist der gesamte Rechtszustand einschließlich der Verfahrensvoraussetzungen zu vergleichen (Änderung von Verjährungsfristen, vgl. E 77 221, BGH GA 1954 22, Antragserfordernis). — Ordnungsbuße ist milder als Strafe, Celle GA1953 182, Geldstrafe milder als Freiheitsstrafe, E 57 198. Denn das Wesen der Strafe liegt in der Mißbilligung und ihren Graden, nicht in der Übelszufügung, die bei der milderen Sanktion oft empfindlicher ist. Deshalb ist bei gleicher Höhe die ausgesetzte Strafe milder als die zu vollziehende, Hamm N J W 55 1000, selbst bei noch so empfindlichen Auflagen und langer Bewährungszeit. Und deshalb verstößt auch die Ersetzung einer kürzeren Freiheitsstrafe ohne SzB durch eine längere mit SzB gegen das Verbot der Schleehterstellung (so mit Recht Oldenburg MDR 55 436). Vgl. Vorbem. I I 9 vor § 23. — Entscheidend der Vergleich der Einzeltatbestände, nicht der Gesetze im ganzen: RG J W 36 49, Bremen GA 1954 157 (betr. § 49 StVO n. u. a. F.). Zeit der Aburteilung (früher: Entscheidung) umfaßt, trotz des irreführenden Ausdruckswechsels, auch die R e v i s i o n s i n s t a n z . Das wird in § 354a StPO vorausgesetzt. BGH N J W 53 1800, 54 40 (bedenklich: „kann" S. 39) und ständig (Nachweise beiMaaßen MDR 54,3). A.A.Celle GA1953 185 (mit an sich zutr. Hinweis auf den neuen Wortlaut). Maßgebend ist das in concreto mildere Gesetz: E 33190 (betr. Bankerott), 61 135, 64 363, 71 42, 75 210 (dazu Bockelmann D R 41, 2182), BGH J R 53 109. VEfl. Zwischengesetze, nach denen die Tat milder angesehen oder straflos gelassen war, bleiben außer Betracht. Früher streitig. IX. Zeitgesetze. Zum Begriff E 74 300; BGH N J W 52 72 (mit Übersicht über den Streitstand in Rspr. und Lehre): „nicht nur bei kalendermäßiger Begrenzung, sondern auch wenn ein Ges. nach seinem Inhalt eine nur als vorübergehend gedachte Regelung f ü r wechselnde Zeitverhältnisse nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit treffen will". BGHSt. 6 37 betont, daß dies e r k e n n b a r sein muß (verneint f ü r die frühere Geschwindigkeitsgrenze im Straßenverkehr). Ferner erforderlich, daß ein Gesetz ohne formelle Befristung v o n v o r n h e r e i n nur f ü r die Dauer der außergewöhnlichen Verhältnisse gelten soll, derentwegen es erlassen wurde. Vgl. von früheren Äußerungen Drost MDR 49, 454 betr. Wirtschaftsstrafrecht, aber auch Hessen (Kassel) MDR 49 58 (Anm. v. Weber). Zeitgesetze wirken nach (auch hier von Nichtrückwirkung des milderen RZustandes zu sprechen, ist üblich, aber un-

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richtig). I m e i n z e l n e n : BGHSt. 6 37 (s.o.): § 9 Abs. 1 StVOa.F. k e i n Zeitgesetz; ebenso Oldenburg NdsRpfl. 54 134 für l a n d w i r t s c h . Preisregelungen seit 1933; dagegen Preisvorschr. f ü r Gebraucht- und Textilwaren Zeitgesetze: BGH NJW 52 72. Die DekartellisierungsMRVO Nr. 78 ist kein Zeitgesetz: SchlHA 58 233. — Der ursprüngliche Charakter als Zeitgesetz kann durch Perpetuierung entfallen: BGHSt. 6 39 im Anschluß an H. Mayer. X. Maßregeln sind keine Strafen. So §§ 42 a bis 42 m, sowie alle, die nicht eine begangene Straftat sühnen, sondern der Begehung weiterer vorbeugen sollen. Vgl. Vorbem. B vor § 13. Für die ohne Rücksicht auf das Eigentum des Täters zulässige „Einziehung" (§ 40 Anm. I) schon ebenso E 67 215. Rückwirkung f ü r die Voraussetzungen der unbestimmten Strafe in § 2 StGB Thür. Fassung, weil insoweit das Präventionsmoment überwiegt. Wahlfeststellung [2b. Steht fest, daß jemand gegen eines von mehreren Strafgesetzen verstoßen hat, ist aber eine Tatfeststellung nur wahlweise möglich, so ist der Täter aus dem mildesten Gesetz zu bestrafen.]

Aus dem Schrifttum vor 1935: O e t k e r , 3. Band des Handbuchs des Strafprozesses von Glaser, 1907, S. 275-311. - Z e i l e r , ZStW 40, 168; 42, 665; 43, 596. — M a n n h e i m , ZStW 44, 440. — G r ü n h u t , MoKrim. Psych. 1934, 327. N ü s e , Das Problem der Zulässigkeit von Alternativ-Schuldfeststellungen (Strafr. Abh. Nr. 324, 1933; dort weitere Literatur, bes. beachtlich Rumpf und Zeiler). - Seit 1935: E. S c h ä f e r , „Nachtrag zu Frank StGB", S. 191ff. - N i e t h a m m e r , Nachtrag zu Olshausen, StGB, 1936. — O e t k e r , Gerichtssaal, Bd. 106, S. 401 ff. - Ders., ZAk. 36, 217. - G r a f D o h n a , ZStW, Bd. 55, S. 576. - Zeil e r , JW 38, 149 und DStrR 1942,65. - N i e d e r r e u t h e r , D J 38, 634. - Seit 1945: S c h a f f s t e i n , Die neuen Voraussetzungen der Wahlfeststellung, NJW 52, 725. — H e i n i t z , Die Grenzen der zulässigen Wahlfeststellung, JZ 52, 102. I. Das Problem. — Es gibt Fälle, in denen der Richter einen Sachverhalt nicht restlos, aber doch so weit klären kann, daß er zu der Überzeugung kommt: strafbar hat sich der Täter gemacht; es fragt sich nur, unter welchem Gesichtspunkt. Die Wahlfeststellung will verhindern, daß der Richter hier entweder freisprechen muß oder nur mit einer unehrlichen „tatsächlichen Feststellung" wegen einer der möglichen Taten schuldig sprechen kann. Im wichtigsten und unbedenklichsten Fall — Diebstahl oder Hehlerei ? — ließ die PlenEntsch. E 68 257 eine Wahlfeststellung zu. Der durch Ges. v. 28. 6. 35 eingefügte § 2b (s. o.), der die W F allgemein zuließ, ist durch KRG 11 aufgehoben worden. Auf die Gefahr der V e r d a c h t s s t r a f e , die sich aus der abstrakten Fassung des § 2b ergab, hatte Kohlrausch in den Vorauf1. hingewiesen und folgende einschränkende, jetzt durch BGHSt. 1 328 im Wortlaut übernommene V o r a u s s e t z u n g e n verlangt: 1. Unmöglichkeit eindeutiger Feststellung. Das Gericht hat von Amts wegen alles zu tun, was zur Erforschimg der Wahrheit notwendig ist, so der Grundsatz des § 244 StPO. Weiterer Aufklärung darf nicht durch Berufung auf die Möglichkeit der W F ausgewichen werden. J W 39 221 (für § 2b). 2. Unmöglichkeit, strafloses Verhalten anzunehmen. Oldenburg NdsRpfl. 50 44, München D J 1936 1499. Feststehen muß also zunächst ein b e s t i m m t e s V e r h a l t e n . Gegenstand richterlicher Feststellung sind n i c h t m e h r e r e m ö g l i c h e Verhaltensweisen (denn auch zusammengenommen ergeben mehrere Verdachtfeststellungen noch keine Schuldfeststellung), sondern ein w i r k l i c h e s Verhalten. Einzel-

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heiten dürfen (wie immer) dahingestellt bleiben. Während dies aber früher nur bei solchen Einzelheiten geschah, die für die Identifizierung der Tat und für ihre strafrechtliche Beurteilung belanglos waren, gestattete die WF dies nun auch für solche Einzelheiten, die zwar nicht f ü r die Strafbarkeit überhaupt, wohl aber f ü r die Strafbarkeit unter einem bestimmten strafrechtlichen Gesichtspunkt maßgebend sind. Gegenstand der Verurteilung ist hier ein Gesamtverhalten. Die verschiedenen unterstellten Möglichkeiten mü ssen ein Bestandteil dieses einheitlichen Verhaltens sein. Welche von ihnen der Wirklichkeit entspricht, b l e i b t d a h i n g e s t e l l t , w e n n u n d s o w e i t dies f ü r d i e k r i m i n e l l e B e u r t e i l u n g d i e s e s G e s a m t Verhaltens u n w e s e n t l i c h ist. Die strafrechtliche Beurteilung erfolgt dann unter Unterstellung der am wenigsten belastenden Möglichkeit. So ist die Zulassung einer Wahlfeststellung, wenn diese eine wirkliche Schuldfeststellung sein soll, Zulassung einer P e r s ö n l i c h k e i t s f e s t s t e l l u n g ; nicht ein Tattyp, sondern ein Tätertyp wird festgestellt und hierauf die Strafe gegründet. Nur so sind Wahlfeststellungen zu rechtfertigen. — Schaffstein NJW 52, 726 meint, daß es hier auf k r i m i n o l o g i s c h e Tätertypen nicht ankommen könne. Das ist richtig, vgl. schon unten zu 3 betr. §§ 249/253ff. Gemeint ist aber ein p e r s o n a ler Tätertyp: das Persönlichkeitsbild, wie es sich als F o l g e des einen oder anderen Spruchs darstellt, der damit gegebene personale Status. (Nicht zu verwechseln mit dem „normativen" Tätertyp Dahms und Mezgers, der die U n r e c h t s b e g r ü n d u n g betraf. Hier handelt es sich um die Unrechtsfolgen.) Gutes Beispiel bei Niethammer: Keine WF zwischen Diebstahl und Sachbeschädigung, obwohl gleiches Rechtsgut verletzt. Hier gibt auch Schaffstein die Notwendigkeit zu, den personalen Rechtsfolgen Rechnung zu tragen. Abstrahiert man hiervon, so ist der Einwand, daß W F zu Verdachtstrafen führen — trotz Zeiler — nicht zu widerlegen. Für die Zulässigkeit der W F folgt daraus eine sinngemäße Einschränkung, nämlich: 3. Rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit der möglichen Verhaltensweisen. Es geht nicht an, ohne solche Vergleichbarkeit das wirkliche Verhalten dahingestellt zu lassen und trotzdem aus einem bestimmten Gesichtspunkt zu strafen. — Beispiele: Eine Frau hat an einer anderen gegen Bezahlung einen Eingriff vorgenommen, den sie ihr gegenüber als Abtreibungshandlung ausgab, der aber erfolglos blieb. Ob sie einen ernsten Eingriff beabsichtigt hatte, läßt sich nicht feststellen. Vollendeter Betrug oder versuchte Abtreibung ? — Ein Mädchen erzählt, mit ihrem Vater geschlechtlich verkehrt zu haben. Dieser bestreitet es, feststellen läßt es sich nicht. Blutschande oder Verleumdung ? — In beiden Fällen darf die Alternative, obwohl logisch zwingend, n i c h t ausreichen, auf Grund einer wahldeutigen Feststellung e i n d e u t i g zu v e r u r t e i l e n . Daß jene Frau eine „Betrügerin" sei, dieses Mädchen eine „Verleumderin" oder gar — falls sie es „öffentlich" erzählt hätte und damit aus § 173 als der dann milderen Vorschrift zu bestrafen wäre — eine „Blutschänderin", wären ungerechte V e r d ä c h t i g u n g e n ihrer Persönlichkeit. Leider haben E 69 369 (Anm. Schaffstein in J W 36, 195) und E 71 44 Wahlfeststellung von vollendetem Betrug und versuchter Abtreibung zugelassen. Anders jetzt GrSen BGHSt. 9 390, 393. — Auch v o r s ä t z l i c h e und f a h r l ä s s i g e Schuld sind rechtsethisch nicht vergleichbar, nicht ein Plus und Minus. Vgl. schon Zeile ZStW 53, 252, ferner Heinitz JZ 52, 102; ebenso GrSen BGHSt. 9 390, 393 (gegen BGHSt. 4 340), A. A. Peters GA 1958, 104.

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4. Ein Stutenverhältnis (BGHSt. 11100 betr. §§ 176, 177) zwischen der tatsächlichen oder rechtlichen Würdigung mehrerer möglicher Geschehensweisen schließt W F aus; hier ist nur aus dem Grundtatbestand oder dem sonst weniger weitgehenden Tatbestand zu verurteilen (in dubio pro reo). Unter den genannten Voraussetzungen ist auch heute W F zulässig und u. U. geboten. Die Rspr. wendet sie durchweg im Rahmen der und unter Berufung auf die Plenar-Entsch. E 68 257 a n : BGH seit 1 127, 276, 304, 327, N J W 52114, ständig, aber schon Celle HESt. 1 3 ( = DRZ 47 67) mit eingehendem Rückblick, Freiburg HESt. 1 1 0 ( = DRZ 47 65), gestützt auf Niethammer DRZ 46, 11, Kassel N J W 48 696. Vgl. auch Schönke-Schröder I I 3. Z u l ä s s i g e Fälle von Wahlfeststellungen sind z. B.: Diebstahl oder Hehlerei, BGHSt. 1 304, N J W 52 114, Hamm SJZ 50 54 (dagegen Heinitz J Z 52, 103); Diebstahl oder gewerbsmäßige Hehlerei (grundsätzlich): BGH N J W 57 1933; Möglichkeiten des §243; Unterschlagung oder Untreue; Unterschlagung oder Diebstahl, Braunschweig J Z 51235; Raub oder Erpressung (BGHSt. 5 280); Steuerhinterziehung und -hehlerei (BGHSt. 4 129). Nach BayObLG N J W 58 560 (vgl. auch BGH N J W 57 933) zwischen Diebstahl und schwerer Amtsunterschlagung; angesichts der Entwicklung der uneigentl. Amtsdel. zu Qualifikationsfällen des Grunddelikts vertretbar. I m Allg. T e i l läßt die Rspr. W F zwischen Mittäterschaft und mittelb. Täterschaft (BGH MDR 51179) sowie zwischen Täterschaft und Anstiftung zu (BGHSt. 1 127), ferner zwischen einheitlicher und fortges. Tat (Hamburg N J W 55 920). Wegen Vors. u. Fahrl. vgl. oben zu 3. A b g e l e h n t wird W F zwischen Vollrausch und Rauschtat von BGHSt. (GrSen) 9 390, auch schon BGHSt. 1 2 7 5 und 327. Vgl. hiergegen unten § 330a Anm. V I I I 2 . 5. Eine Erweiterung war schon gegenüber dem Wortlaut des § 2 b insofern sinngemäß und imbedenklich, als Gleichheit der übertretenen Gesetze einer W F nicht entgegenzustehen braucht, z. B. bei zwei entgegengesetzten Eiden über die gleiche Tatsache, Vorsatz beiderseits vorausgesetzt, oder wenn nur eine der beiden Aussagen eidlich: BGH J R 57 302. „ M e h r h e i t " der Strafgesetze bedeutetet nicht Verschiedenheit. So jetzt BGHSt. 2 351, Braunschweig N J W 52 38, wie schon E 72 342. Bedenken bei Heinitz a. a. O. Zuzugeben ist, daß hier reine T a t s a c h e n alternativität vorliegt; vgl. Schönke J Z 51, 236, Dreher-Maaßen zu [ § 2 b ] . Aber das ist f ü r a l l e Fälle der W F Voraussetzung (bis auf die Schuldalternative Vorsatz oder Fahrlässigkeit). Entscheidend ist die Einheit des B e w e r t u n g s m a ß s t a b e s . § 264 StPO steht nicht entgegen (dazu J W 34 1916, 36 519, E 58 116, 66 138, 70 213). II. Mildestes Strafgesetz ist das, welches die mildeste Gesamtbeurteilung zuläßt. Nach E 70 281 ist hierbei „nicht, wie in § 73, von den Strafdrohungen auszugehen, sondern festzustellen, welche Strafe im gegebenen Fall angemessen wäre, wenn zweifelsfrei eindeutig die eine Handlung, und welche Strafe, wenn zweifelsfrei eindeutig die andere Handlung nachgewiesen wäre". Vgl. auch E 69 369 sowie Schaffstein in J W 36, 195; Bruns in DStrR 36, 278. III. Prozessuale Behandlung: Alternative Anklage und alternativer Eröffnungsbeschluß sind zulässig; Zuständigkeit nach der schwereren Straftat; Urteil: „Der Angekl. wird wegen Hehlerei zu Strafe verurteilt." Begründung, warum eindeu-

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tige Feststellung (Hehlerei oder aber Diebstahl) unmöglich: der frühere § 267 b Abs. 2 StPO ist dem Grundgedanken nach auch heute noch anwendbar. BGHSt. 1 302 stellt die Passung der Formel in das Ermessen des Gerichts; vgl. aber auch Neustadt NJW 58 1443, Hamburg MDR 60 57. IV. Rückfallbegründung streitig. Eine andere Lösung, als die eindeutige Urteilsformel maßgebend sein zu lassen, ist schwer möglich. Sie kann aber zur Ungerechtigkeit führen. Gleiche Bedenken betr. S t r a f r e g i s t e r , K r i m i n a l s t a t i s t i k , A m n e s t i e f r a g e n . Auch Zeiler, der Vorkämpfer für die Zulassung der WP, sah eine Lösung nur in einer Änderung des damaligen § 2 b. Geltungsbereich des deutsehen Strafrechts Vorbemerkungen zu §§3—7 Aus dem neueren Schrifttum: 1. Internationales Strafrecht. A. W e g n e r , Über den Geltungsbereich usw., Frank-Festg. I 98. — D r o s t , Prinzipienwandel im internat. StrR, ZAk. 1937, 392. — M a u r a c h , Treupflicht und Schutzgedanke im internat. StrR, DStR 38, 1. — v. W e b e r , Die Strafbarkeit der zur Umgehung des Gesetzes im Ausland begangenen Tat, GS 114, 267. — D e r s e l b e , Internationales Luftstrafrecht, Rittler-Festschr. 1957, 111. — H ä r t u n g , RVerwBl. 40, 631. — S c h r ö d e r , Die Teilnahme im internationalen Strafrecht, ZStW 61, 57. — L a n g e , Die grundsätzliche Bedeutung der neuen Bestimmungen über den Geltungsbereich des Strafrechts, DStR 41, 6. — Mezger, ebenso, DStR 41, 18. — H. M a y e r , Völkerrecht und internationales Strafrecht, JZ 52, 609. — O e h l e r , Die Grenzen des aktiven Personalitätsprinzips usw., Mezger-Festg. 83. — S c h ö n k e , Gegenwartsfragen des int. StrR, ebenda 105. 2. Interlokales Strafrecht. v. W e b e r , Das interlokale Strafrecht, DStR 40, 182 und Festschr. f. Kohlrausch 1944. — K ü m m e r l e i n , Fragen des Interterritorialen Strafrechts und Strafverfahrensrechts nach der Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich, DStR 38, 280. — Middel, Interlokaler Geltungsbereich des deutschen Strafrechts, DR 40, 1498. — J u n g , Fragen des strafrechtlichen Geltungsbereichs, DJ 41, 597. — S a t t e r , Zur Frage des interlokalen Strafrechts, DRWiss. 41, 247. — S c h r ö d e r , Der Geltungsbereich der Teilstrafrechte im Deutschen Reich, DR 42, 1115. — R i t t l e r , Die Abgrenzung der Geltungsgebiete usw., ZStW 62, 65ff. — W e n g l e r , Deutschland als Rechtsbegriff, Festschr. f. Nawiasky 1956, 49ff. — M a t t i l , Zur Problematik des interlokalen Strafrechts, GA 1958, 142. I. Das Geltungsgebiet des deutschen Strafrechts muß gegenüber dem des Auslandsrechts abgegrenzt werden. Die Regeln, nach denen dies geschieht, nennt man vielfach (ungenau) internationales Strafrecht. Über ihre streitige Rechtsnatur vgl. DStrR 41, 6ff. Neuerdings München J R 51 506: Voraussetzung für die Strafverfolgung, daneben sachlich-rechtlicher Charakter. Sie haben Antwort zu geben auf folgende Fragen: wo — v o n wem — gegen wen muß eine Tat begangen sein, damit deutsches StrR auf sie anwendbar ist ? Grundsätzlich sind vier Antworten denkbar: a) Der T e r r i t o r i a l g r u n d s a t z antwortet: im Inland; b) der P e r s o n a l g r u n d s a t z : von einem Inländer; c) der S c h u t z g r u n d s a t z : gegen einen Inländer.

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d) Der U n i v e r a a l g r u n d s a t z (Grundsatz der Weltrechtspflege) sieht von jeder Beziehung der Tat, des Täters und des Angegriffenen zu einer bestimmten Rechtsordnung ab. Er geht davon aus, daß Verbrechensbekämpfung eine internationale, jeden Staat gleichermaßen angehende Aufgabe ist. Jeder Staat könne nach eigenem Recht jeden Verbrecher aburteilen, dessen er habhaft 'werde. Diesem Ausgangspunkt entspringt ferner e) der G r u n d s a t z d e r s t e l l v e r t r e t e n d e n S t r a f r e c h t s p f l e g e in Fällen, in denen eine zunächst erwartete Bestrafung durch das Ausland nicht stattfindet. Keiner dieser Grundsätze ist rein durchführbar. Jeder würde allseitige Anerkennung und namentlich eine Übereinstimmung über die Schutzwürdigkeit der angegriffenen Interessen wie über die Strafwürdigkeit der Taten voraussetzen, die nicht vorhanden ist und nicht vorhanden sein kann. Damit nicht Doppelverfolgungen und andererseits Lücken in der Strafverfolgung entstehen, müssen die Grundsätze kombiniert werden. Die N e u f a s s u n g der §§ 3 bis 7 durch Gesetz v. 6. 5. 40 ist nicht typisch nationalsozialistisch, vgl. BGH NJW 51 769, BGHSt. 2 160. Völkerrechtliche Bedenken äußert H. Mayer § 14 III, JZ 52, 609; hiergegen Dreher J Z 53, 423. Zwar kamen der Personalgrundsatz und der Schutzgrundsatz nationalsozialistischem Denken entgegen, aber sie entstammen ihm nicht. Sie wurden seit Jahrzehnten ernsthaft erwogen und sind in viele Gesetze des Inlands und des Auslands aufgenommen worden. Unmittelbares Vorbild war das österr. StGB von 1803. Der Personalgrundsatz, der auf das früheste deutsche Mittelalter zurückgeht, war neuerdings anerkannt u. a. in Österreich, Griechenland, Rumänien, Italien (schon 1889), Schweden, den Niederlanden, Ungarn, Bulgarien, in Rußland (sowohl 1903 wie 1926); in der Schweiz galt er schon früher in vielen Kantonen, er gilt jetzt in dem Schweizer Strafgesetzbuch von 1937, Art. 6. In Prankreich gilt erseitdemGes. v. 27. 6. 1866 für Verbrechen und Vergehen. Die inländische Strafbarkeit ist in den meisten dieser Fälle unabhängig davon, daß die Auslandstat am Tatort strafbar war. — In Deutschland galt der Personalgrundsatz in Hessen 1841, Sachsen 1855, Bayern 1861. Der VE 1909 hatte ihn in reiner Form übernehmen wollen, also sogar ohne die Voraussetzung der Strafbarkeit am Tatort. Spätere Entwürfe hatten ihn wieder abgeschwächt. Auch der S c h u t z g e d a n k e ist alt. Er begegnet in verschiedenen Abstufungen, teils indem alle Rechtsgüter von Inländern gegen Auslandstaten geschützt werden, teils auch nur Rechtsgüter des Staates (also bei Hoch- und Landesverrat). Vielfach ist die Strafdrohung auf Inländer beschränkt, häufig aber auch auf jeden Täter ausgedehnt. Der Schutzgedanke (auch Realprinzip genannt oder passiver Personalgrundsatz) war anerkannt in Bayern 1861, Württemberg 1839, Thüringen 1852, teilweise auch in Sachsen, Braunschweig und Hamburg. Im Ausland u. a. in Dänemark, Italien (1889), Argentinien, weitgehend auch in Frankreich nach dem Ges. v. 27. 6. 1866: Code d'instr. crim. Art. 7 I. In der Schweiz hatten schon mehrere Kantonalstrafgesetze ihn anerkannt, in weitester Fassung ist er dann in das Schweizer Strafgesetzbuch von 1937 aufgenommen worden. Die Neufassung des Strafgesetzbuchs von 1940 geht zurück auf den Vorentwurf von 1909. Personalgrundsatz und Schutzgrundsatz hängen zusammen. Wenn ein Inländer verpflichtet ist, im Ausland nach Inlandsrecht zu leben, dann kann er auch im Ausland von dem Staat, dem er angehört, Strafschutz erwarten. Und wer im Aus-

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land durch den eigenen Staat geschützt wird, muß auch im Ausland die rechtlichen Pflichten, die dieser Staat seinen Angehörigen auferlegt, anerkennen. Völkerrecht steht weder dem Personal- noch dem Schutzgrundsatz entgegen; a. A. H. Mayer a. a. 0 . Daß die Auslandstat des Deutschen auch vom Ausland bestraft werden darf, folgt schon aus dem überall anerkannten Territorialgrundsatz. Dagegen sind weitere Grundsätze des internationalen Strafrechts in unserem Recht nicht allgemein anerkannt. Dies gilt, wie hier schon in den Vorauflagen betont wurde, namentlich von dem sog. Umgehungsgrundsatz, d. i. der Gleichstellung einer zu Umgehungszwecken im Ausland begangenen Tat mit der Inlandstat. Das ist ein Satz von unübersehbaren Konsequenzen, der dem deutschen Recht als Grundsatz fremd ist. Für seine Anerkennung im interlokalen StR neuerdings Schwarz Vorbem. 5 B vor § 3. II. Die Neufassung durch VO v. 6. 5. 40 f ü g t die oben zu I a) —e) aufgeführten Grundsätze wie folgt ineinander: 1. D e r P e r s o n a l g r u n d s a t z steht an der Spitze. Der Deutsche lebt f ü r deutsche Beurteilung nach deutschem Strafrecht, auch im Ausland: § 3 I. Lex ossibus inhaeret! — Die „Strafbarkeit" nach Auslandsrecht ist ersetzt durch „Strafwürdigkeit" der Auslandstat: § 3 II. 2. Der T e r r i t o r i a l g r u n d s a t z ist daneben nicht aufgegeben. Er ist f ü r einen souveränen Staat selbstverständlich: § 4 I. 3. Personal- und Territorialgrundsatz werden ergänzt durch den gegen früher erheblich erweiterten S c h u t z g r u n d s a t z : § 4 I I Z. 2 und I I I Z. 1, 2, 5 u. 6. 4. Sie werden ferner ergänzt durch den gleichfalls erweiterten U n i v e r s a l g r u n d s a t z : § 4 I I I Z. 3, 4, 7, 8 u. 9. 5. Der Gedanke der s t e l l v e r t r e t e n d e n Strafjustiz (bisher § 4 Z. 3) bleibt unerläßlich in den Fällen des § 4 II. III. Interlokales Strafrecht nennt man neuerdings die Grundsätze, nach denen bei Rechtsverschiedenheit innerhalb Deutschlands die Geltungsgebiete der verschiedenen Strafrechte abzugrenzen sind. Das Gesetz regelt diese Materie nicht. Lediglich in der Thür. Passung wurde (§ 10 n. F.) bestimmt: „Die innerhalb Deutschlands begangenen Straftaten sind nach dem Recht des Tatorts oder, wenn die T a t nach dem am Wohnsitz des Täters geltenden Recht schwerer strafbar ist, nach diesem zu strafen. Übertretungen werden nur nach dem Recht des Tatorts verfolgt." A. Der Begriff des Interiokalen Strafrechts ist sehr umstritten. 1. I n n e r h a l b des Geltungsbereichs des Bundesstrafrechts kann unterschiedliches L a n d e s s t r a f r e c h t bestehen (Bayern, Hessen, vgl. BGHSt. 11 366 betr. den Bierstreit), oder B u n d e s s t r a f r e c h t gem. Art. 125 GG nur partiell gelten. 2. Unterschiedliches inländisches Strafrecht besteht a u ß e r h a l b d e s G e l t u n g s b e r e i c h s des Bundesstrafrechts. Zu 1. wurden die Abgrenzungsfragen des Landesstrafrechts von der Rspr. früher (unter dem Territ. Pr.) nach Analogie der §§ 3—6 a. F. behandelt; bestr. schon von F r a n k (keine Analogie zuungunsten!) und noch grundsätzlicher jetzt von H. Mayer S. 90f., Maurach, S. 95. Beide wollen Territorialprinzip anwenden, nur unter dieser

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Voraussetzung Aburteilung in einem anderen Lande, falls Gerichtsstand gegeben, zulassen und diese durch die m i l d e r e lex f o r i begrenzen, da der fremde landesrechtliche Zustand nicht positiv angewendet werden dürfe. I n t e r l o k a l e s S t r a f r e c h t im eigentlichen Sinne gibt es nach beiden nur noch, wenn verschiedenes älteres Recht als Bundesrecht nach Art. 125 GG weitergilt. Nur also, wenn innerhalb eines e i n h e i t l i c h e n R e c h t s g e b i e t s lokal verschiedenes Strafrecht herrscht, wollen Maurach und H. Mayer von interlokalem Strafrecht sprechen. Im Ergebnis übereinstimmend erklären Dreher-Maaßen § 3 Anm. 6: Soweit die Teilgebiete nicht einer gemeinsamen übergeordneten Regierungs- und Gesetzgebungsgewalt unterstehen, werden statt Tatortsrecht die Regeln der §§ 3 ff. entsprechend anzuwenden sein. Läßt man aber f ü r den Begriff und die Regeln des Interlokalen Strafrechta nur den Bereich des partiellen Bundesstrafrechts nach Art. 125 übrig, so hebt man ihn praktisch auf, wie der Fall des Bay. Ges. über die Selbstbefreiung von Gefangenen vom 26. 10. 46, BGHSt. 4 396 (I. ZivSen.) zeigt. Das Ges. ist für grundgesetzwidrig erklärt worden mit der Begründung, daß der einheitliche Bundesgesetzgeber in dem einheitlichen Rechtskreis der BR innerhalb der von ihm abschließend geregelten Materie der Strafdrohungen gegen Gefangenenbefreiung die schlichte Selbstbefreiung eines Gefangenen in dem einen Teil der BR grundlegend anders als in dem übrigen Teil dieses räumlich und sachlich einheitlichen Rechtsgebiets behandele. Damit verstoße er gegen den Gleichheitsgrundsatz. Diese Begründung wird alle ähnlichen Fälle in gleicher Weise treffen, soweit es sich nicht um Materien außerhalb des StGB handelt. Für solche ist aber heute das OWG da. 2. Demgegenüber ist mit BGHSt. 7 54 gerade im Hinblick auf das Verhältnis zur SBZ von „interlokalem (innerdeutschem) Strafrecht" in dem weiteren Sinne zu sprechen, daß die Tathandlungen mehrere deutsche Rechtsgebiete betreffen. Erst damit wird das Kernproblem des Interlokalen Strafrechts erfaßt, worauf die Gegenmeinung bewußt verzichtet. Vgl. Mayer: „Auf einem besonderen Blatt steht das Verhältnis der SBZ zur BR." Maurach: „Es steht auf halbem Wege zwischen internat. und interlokalem StrR." Worauf es ankommt ist, Rechtsverschiedenheiten i n n e r h a l b D e u t s c h l a n d s zu regeln. I n l a n d — A u s l a n d ist der beherrschende Gegensatz zum internat. Strafrecht. B. Als Grundsätze des Interlokalen Strafrechts kommen in Betracht: 1. das Recht des G e r i c h t s o r t e s , 2. der H e i m a t des Täters, 3. des T a t o r t s . 1. Das R e c h t d e s G e r i c h t s o r t e s hat den großen praktischen Vorzug, dem anwendenden Richter geläufig zu sein. Aber es wäre widersinnig, wenn der Angeklagte wegen derselben Tat in X. nach dem einen, in Y. nach einem anderen Rechtszustand abgeurteilt werden müßte. Für die lex fori daher nur Satter, DRWiss. 41, 427, und Rittler, ZStW. Bd. 62,65; letzterer mit dem beachtlichen Hinweis, daß durch Anweisung an die Staatsanwaltschaft, etwa stets beim Gericht des Tatorts Anklage zu erheben, die Willkür ausgeschaltet werden könnte. Indessen bedürfte eine solche Entscheidung doch wohl einer Stütze am Gesetz. In der Rspr. nur vereinzelt: OGHSt. 2 339 (mit grundsätzlich abzulehnender Analogie zum Internat. StrR). 2. Die Anwendung des H e i m a t r e c h t e s (nach der herrschenden Meinung ist hierfür der Wohnsitz des Täters, nach anderen seine frühere Staatsangehörigkeit

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KohlrauBoh-Iange, StGB, 42. Aufl.

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maßgebend; vgl. z. B. Beitzke und Wengler in ZAk. 40, 353) wird durch die Einführung des Personalgrundsatzes im Internationalen Strafrecht scheinbar nahegelegt. So insbesondere Middel, DR 40, 1498. Aber die Gundsätze des Int. StrR haben es mit ganz anderen Fragen zu tun. Und auch nach Klärung der Frage, was unter dem Heimatrecht zu verstehen ist, bliebe hier eine Quelle praktischer Zweifel und Schwierigkeiten. Deshalb mit Recht ablehnend E 74 219. 3. Schon früher wurde deshalb hier der Standpunkt vertreten und begründet, daß vom materiellen Recht des Tatortes auszugehen ist, einerlei, welches Gericht den Fall aburteilt. Am Tatort liegt der Schwerpunkt des Verbrechens. So wie die Rechtsordnung — in ihrem Anspruch auf unverbrüchliche Geltung wie in dem einzelnen Rechtsgut — getroffen worden ist, muß sie wiederhergestellt werden. Ebenso die ständige Rspr. des RG: E 74 219, 75 104, 76 97,201, und des BGH: NJW 62 384, 1146, BGHSt. 7 55, 11366 (Bier-Urteil), aber auch das BVerfG: NJW 52 1129, ebenso Stuttgart JZ 64 577; stets vorbehaltlich der Einschränkung durch den ordre public, s. u. Aber die Grundsätze des interlokalen Strafrechts bedürfen ebenso der Kombination wie die des internationalen. Es gibt Fälle, in denen das Strafbedürfnis unabweisbar über das Tatortsrecht hinausgeht: so, wenn die Tat nicht am Tatort, wohl aber nach Heimatrecht strafbar ist. Dann verlagert sich der Schwerpunkt des Verbrechens beim Inländer auf das Recht, das er von Hause aus mit sich trägt. Das galt z. B. zwischen 1938 und 1945 für den reichsdeutschen Gewohnheitsverbrecher, der in Österreich straffällig wurde, wo das GewVerbGes. nicht eingeführt war. Die Zufälligkeit oder gar die bewußte Verlegung des Tatorts darf nicht dazu führen, daß der Unrechtsgehalt, der in dem Verstoß gegen dieses Recht liegt, unter den Tisch fällt. Hier ist deshalb das Heimatrecht ergänzend heranzuziehen. Ebenso Thüringen § 10 (s. o.). Auch heute darf nicht durch grundsätzliche Ausschaltung des Heimatrechtes ein Anreiz f ü r die Zuwanderung von Verbrechern geschaffen werden. Diese Mitberücksichtigung des Heimatrechts ist jedoch im Verhältnis zur sowjetisch besetzten Zone durch den Grundsatz beschränkt, daß das Gesetz oder seine Anwendung rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht widersprechen darf (BGH a. a. 0.); vgl. auch oben Syst. Vorbem. I I I 2c, d), sog. ordre public. Dazu noch BGH GA 1955 178 (Meineid vor sowjetzonalem Gericht), LMNr. 3 (Abtreibung in Thüringen). Auch f ü r A u s l a n d s t a t e n v o n I n l ä n d e r n ist aus dem gleichen Grunde das Heimatrecht heranzuziehen. Bei A u s l a n d s t a t e n v o n A u s l ä n d e r n ist mangels anderweiter Anknüpfungsmöglichkeit auf die lex fori zurückzugreifen. Bei D i s t a n z d e l i k t e n (X. schreibt einen beleidigenden Brief an Y.) wollte der VI. Senat in E 75 104 allein das Strafrecht anwenden, das am Handlungsort, dem „Tatort im engsten Sinne" gilt. Nur wenn das Recht des Handlungsortes die Tat nicht mit Strafe bedroht, wohl aber das Recht des Erfolgsortes, soll dieses maßgebend sein. Ebenso HRR 41 1069. Nach dem dem § 3 Abs. 3 zugrunde liegenden Gedanken (darüber vgl. dort) ist aber das strengste Recht anzuwenden, da sonst der Unrechtsgehalt der Tat nicht voll erfaßt wird; von großer praktischer Bedeutung ist dabei, daß zur Schuld die Möglichkeit des Bewußtsoins der Rechtswidrigkeit gehört, namentlich dann, wenn am Handlungsort die Tat straflos ist. Der V. Senat wollte jedenfalls dann, wenn sich d i e T ä t i g k e i t in verschiedenen deutschen Rechts-

Vorbemerkungen zu §§ 3—7

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gebieten abspielt, das strengste Gesetz anwenden: E 75 385 = ZAk. 42 91 mit Anm. Bruns. Für das strengere Recht Mezger DR 40,1527, Schäfer D J 40, 1182 und ZAk. 41, 213 (zu E 75 104), v. Weber DStrR 40,182, Schönke-Schröder Einf. V2; für das mildere Kümmerlein in DStrR 40, 292. Aus denselben Gründen ist auch bei f o r t g e s e t z t e r oder m e h r a k t i g e r Tätigkeit in verschiedenen inländischen Rechtsgebieten jeweils das strengste Recht anzuwenden. Ebenso bei T a t m e h r h e i t . Für die T e i l n a h m e folgt das gleiche aus den bei dem Internat. Strafr. behandelten Gründen; vgl. zu § 3 Abs. 3 und E 75 385, Recht 48 2031, DR 43 890 (Bruns). IV. Inland. Der B e g r i f f i s t s t r e i t i g . § 8 a. F. gab eine Legaldefinition des Auslandes: jedes nicht zum Reich gehörige G e b i e t , aus dem sich durch Umkehrschluß das Inland ergab. Gegen diese scheinbar selbstverständliche und deshalb 1940 gestrichene Territorialauffassung aber z. B. Liszt § 22: Inland im strafrechtlichen Sinne ist das einheitliche Geltungsgebiet der Strafrechtssätze, Liazt-Schmidt: das Gebiet, in dem kraft deutschen Hoheitsrechta deutsche Strafrechtssätze gelten. In dieser Frage lag schon damals die noch grundsätzlichere: ob der Inlandsbegriff spezifisch strafrechtlich oder, wie F r a n k es wollte, nach Staats- und Völkerrecht zu bestimmen sei. Zunächst war sie nur praktisch für die Konsulargerichtsbezirke, die nach Liszt Inland, nach Frank Ausland waren; nach 1919 für das Saargebiet. Nach dem Ges. über vorübergehende Rechtspflegemaßnahmen im Hinblick auf das Saargebiet vom 10. 3. 22 (RGBl. I 241) fanden die §§ 4—7 StGB (nur) e n t s p r e c h e n d e Anwendung, eine Bestätigung des territorialen Inlandsbegriffs. Ebenso ist auch heute im Bereich des internationalen wie des interlokalen Strafrechts Inland im t e r r i t o r i a l e n Sinne und nicht nach dem Gebiet im Sinne des Gebietens, der Gerichtsherrschaft abzugrenzen. Inland ist danach im staatsrechtlichen Sinne zu verstehen. Maßgebend der Raum vom 31. 12. 37. Vgl. BGHSt. 8 170. Kritisch Wengler a. a. O. 53ff., 64ff„ 73ff., 87ff. Gleichgültig ist demgegenüber grundsätzlich, auch für die Abgrenzung des Interlokalen zum Internat. StR, ob innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichs der Bundesgesetzgebung und im letzteren Falle, ob unter deutscher oder ausländischer Gerichtsbarkeit z. Z. stehend. Auch im Landesverratsrecht fassen wir diese beiden Bereiche als „fremde" Regierungen zusammen. Danach fallen unter das Interlokale Strafrecht nicht nur dieSBZ,sondern auch das S a a r l a n d (vgl. jetzt dessen Ges. Nr. 518 v. 9. 7. 56 § 2 Nr. 2, abgedr. unten Anh. Nr. 19), sowie die Gebiete hinter der O d e r - N e i ß e - L i n i e , solange hier nicht völkerrechtlich gültige Gebiets Veränderungen vorgenommen worden sind. So mit Recht BGHSt. 8 170. Das R e c h t s h i l f e g e s . v. 2. 5. 53 gilt nach Creifelds J R 53, 205 zwar für die Saar, nicht aber für die Ostgebiete, „weil dort z. Z. keine deutschen Gerichte und Behörden bestehen". Darauf kann es für die R e c h t s h i l f e ankommen (wozu hier nicht Stellung zu nehmen ist), nicht aber für die Abgrenzimg des innerdeutschen Strafrechtsbereichs, der eben n i c h t mit der deutschen Gerichtsbarkeit zu identifizieren ist. Kohlrausch hat 1940, als umgekehrt wie heute das Geltungsgebiet über das Territorium hinausging, mit Schärfe auf den Primat des Territoriums hingewiesen und das Ausgehen vom Geltungsgebiet als petitio principii bezeichnet. 4*

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Einleitende Bestimmungen § 3

Daß die SBZ Inland ist, stellt BGHSt. 5 364 klar. Es gibt nur eine einheitliche deutsche Staatsangehörigkeit, also nur e i n e n Begriff des „Deutschen"; BGHSt. 6 317, aber unter Ablehnung der zonalen formlosen mündlichen Einbürgerung (Zweck des § 16 I RuStAGes. und ordre public verletzt). Vgl. ferner LM Nr. 3 (betr. Abtreibungen in Thüringen) sowie BGH GA 1965 178 (betr. Meineid vor dem zonalen Obersten Gericht). Geltung

für

Deutsche

§3 (1) Das deutsche Strafrecht gilt für die Tat eines deutschen Staatsangehörigen, einerlei, ob er sie im Inland oder im Ausland begeht. (2) Für eine im Ausland begangene Tat, die nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist, gilt das deutsche Strafrecht nicht, wenn die Tat wegen der besonderen Verhältnisse am Tatort kein strafwürdiges Unrecht ist. (3) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln sollen, oder an dem der Erfolg eingetreten ist oder eintreten sollte. N e u e s t e F a s s u n g durch 3. StÄG. Zu Abs. I. 1. Pcrsonalgrundsatz. Grundsätzliches in Vorbem. I; zur Judikatur s. noch Hamburg JZ 51 305. 2. Tat. Zweifelhaft ist, ob auch p o l i t i s c h e Delikte „Taten" im Sinne des § 3 sind. Daß Hoch- und Landesverrat gegen ausländische Staaten in den §§ 80ff. nicht mitgemeint sind, ergibt sich aus dem Wortlaut der Tatbestände und aus §§ 102 ff. Aber auch fürWiderstand,Meuterei und andereVergehen gegen die Staatsverwaltung muß das gleiche gelten. Anders jedoch die alte preußische Praxis sowie E 8 53; wie hier E 14 124 (bestr., vgl. LK S. 649 Vorbem. vor § 110). Delikte gegen die Rechtspflege eines fremden Kulturstaates (z. B. Meineid vor einem italienischen Gericht) sind hingegen als „Taten" eines Deutschen im Ausland anzusehen; falsche Anschuldigung auch wegen ihres Doppelcharakters, s. u. § 164 Anm. IV. Grundsätzlich ebenso LM Nr. 2 zu § 3 mit Übersicht. Entscheidend ist, ob uns die Handlung ihrer N a t u r nach als Verbrechen erscheint, ob ein Rechtswert gemeinsames Kulturgut ist oder nur Bestandteil einer p o s i t i v e n fremden O r d n u n g . Näheres DStrR 41, 7ff.; Mezger DStR S. 22ff. Zu Abs. II. Ausnahmen. Die strenge Durchführung des Personalgrundsatzes würde zu Härten führen; denn der Deutsche muß sich im Ausland gewissen dort herrschenden Verhältnissen anpassen. Abs. 2 schafft daher die Möglichkeit, diese Besonderheiten zu berücksichtigen; allerdings nur dann, wenn die Tat am ausländischen Tatort nicht mit Strafe bedroht ist, eine (anscheinend aus § 4 Ziff. 3 a.F. übernommene) Einschränkung, die der Personalgrundsatz keineswegs fordert. Auf Grund der besonderen ausländischen Verhältnisse kann schon der Sinn des T a t b e s t a n d e s als typischen Unrechts entfallen. Da hier die t a t s ä c h l i c h e n Voraussetzungen unserer Strafdrohung nicht gegeben sind, würde es ihrem Sinn nicht entsprechen, sie anzuwenden. Wenn dagegen am Tatort die gleichen Tatsachen nur strafrechtlich anders geweitet werden, so steht dies im allgemeinen einer Bestrafung der Auslandstat nicht

Einleitende Bestimmungen § 4

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entgegen. Denn ob ein Handeln als U n r e c h t zu werten ist,darüber müssen deutsche Maßstäbe entscheiden (ebenso jetzt BGHSt. 8 349, 357). Wenn etwa mannmännliche Unzucht oder Abteibung (HRR 40 1141) am Tatort straflos sind, so hindert das die Bestrafung des Deutschen nicht. Anders (gegen früh. Aufl.), wenn z. B. ein Deutscher im Ausland gewerbsmäßig spielt. Denn § 285 ist im wesentlichen Polizeidelikt zum Schutz der inländischen Ordnung, kein delictum per se; vgl. Anm. zu §§ 284ff. Zu beachten ist aber, daß das Gesetz s t r a f w ü r d i g e s Unrecht fordert. Wenn sich ein deutscher Kaufmann im Auslande, um wettbewerbsfähig zu bleiben, den am Ort herrschenden Anschauungen über Versprechungen, Kreditunterlagen u. dgl. anpaßt, kann er nicht wegen Betruges verantwortlich gemacht werden, auch wenn dieser nach den deutschen Maßstäben vorläge. Sein Handeln ist entschuldigt, zum mindesten überschreitet es nicht die Schwelle der Strafwürdigkeit; vgl. im einzelnen Mezger, DStrR 41, 21. Zu Abs. III. Die Legaldefinition vom Ort der Handlung oder Unterlassung entspricht der schon bisher herrschenden Ansicht. Vgl. E 23 156, 48 60, 60 423. Aus der hier für die T ä t e r s c h a f t gegebenen Regel folgt die gleiche f ü r die T e i l n a h m e (a. A. Härtung RVerwBl. 40, 631ff., nach dem die Prägen für die Teilnehmer offengeblieben sind, u. E 74 59, die die Entscheidung aus Akzessorietätsfragen ableiten will; vgl. aber dazu jetzt §49a n. F.). Die Regel des Abs. 3 führt unmittelbar auf die für alle Erscheinungsformen geltende Wesensbestimmimg des Verbrechens zurück. Wenn ein Ausländer im Ausland Beihilfe f ü r eine Inlandstat leistet, verursacht er eine im Inland eintretende Rechtsgutsverletzung und ist deshalb strafbar. Aber das Verbrechen ist neben der Verletzung des einzelnen Rechtsguts auch unerträgliches Beispiel einer Auflehnung gegen die Rechtsordnung in ihrer Gesamtheit, vgl. Syst. Vorbem. I. Als solches berührt es die inländische Rechtsordnung auch dann, wenn die schädlichen Polgen ausschließlich das Ausland treffen. Auch ein Ausländer, der im Inland Beihilfe zur Auslandstat eines Ausländers leistet, ist daher strafbar. Nach der Regel des § 3 Abs. 3 ist Anstiftung überall da begangen, wo die Verleitung unternommen, wo sie wirksam geworden und wo der Tatentschluß verwirklicht worden ist; Beihilfe da, wo die fördernde Handlung erfolgt und wo der Erfolg eintritt. Im Ergebnis ebenso die Rspr.: E 57 145, 75 386 betr. Mittäterschaft; E 67 138 betr. mittelbare Täterschaft; E 25 426 betr. Anstiftung; E 11 20, 20 169, J W 36 2655, E 74 59 betr. Beihilfe. Betr. Teilnahme an Zolldelikten vgl. BGHSt. 4 333 Zutr. Schröder ZStW 61, 129. Betr. Portsetzungszusammenhang vgl. HRR 39 480. Geltung für

Aualänder

§

4

(1) Das deutsche Strafrecht gilt auch für Taten, die ein Ausländer im Inland begeht. (2) Für eine von einem Ausländer im Ausland begangene Straftat gilt das deutsche Strafrecht, wenn sie durch das Recht des Tatorts mit Strafe bedroht oder der Tatort keiner Strafgewalt unterworfen ist und wenn 1. der Täter die deutsche Staatsangehörigkeit nach der Tat erworben hat oder

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Einleitende Bestimmungen § 4 2. die Straftat gegen das deutsche Volk oder gegen einen deutschen Staatsangehörigen gerichtet ist oder

3. der Täter im Inland betroffen und nicht ausgeliefert wird, obwohl die Auslieferung nach der Art der Straftat zulässig wäre. (3) Unabhängig von dem Recht des Tatorts gilt das deutsche Strafrecht für folgende Straftaten, die ein Ausländer im Ausland begeht: 1. Straftaten, die er als Träger eines deutschen staatlichen Amtes oder als Soldat der Bundeswehr oder die er gegen Träger eines solchen Amtes oder gegen einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung ihres Dienstes oder in Beziehung auf ihren Dienst begeht; 2. hoch- oder landesrerräterische Handlungen gegen die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder und Verbrechen des Verfassungsverrats; 3. Sprengstoffverbrechen; 4. Kinderhandel und Frauenhandel; 5. Verrat eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses eines deutschen Betriebes ; 6. Meineid in einem Verfahren, das bei einem deutschen Gericht oder einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen deutschen Stelle anhängig ist; 7. Münzverbrechen und Münzvergehen; 8. unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln; 9. Handel mit unzüchtigen Veröffentlichungen. Abs. 3 Nr. 1 ist durch 3. StÄG neu gefaßt. Zu Abs. I. Territorialgrundsatz. Bei Inlandstaten von D e u t s c h e n gleiches zu sagen, ist, da jetzt der Personalgrundsatz im Vordergrund steht, nicht mehr notwendig. Zu Abs. H. Stellvertretende Strafrechtspflege. Bedingte Strafbarkeit: 1. Neubürger werden nicht ausgeliefert (Art. 16 Abs. 2 S. 1 GG). An Stelle der verwirkten Auslandsbestrafung tritt daher die Bestrafung im Inland, und zwar nach deutschem Recht (anders früher, soweit das Auslandsrecht milder war, vgl. § 4 II Ziff. 3 Abs. 2 a. F.). — F l ü c h t l i n g e stehen nach Art. 116 GG und den Flüchtlingsgesetzen Inländern gleich: München NJW 51 285, Karlsruhe MDR 51 118 (Herlan), BGHSt. 11 63. — 2. S c h u t z des deutschen Volkes oder des einzelnen Deutschen, falls die zunächst erwartete Auslandsbestrafung versagt. — 3. Die Auslieferung kann daran scheitern, daß mit dem betr. Staat kein Auslieferungsvertrag geschlossen ist; oder daß dieser ein Auslieferungsersuchen nicht gestellt hat; oder daß die Auslieferung tatsächlich unmöglich ist,z. B.wegen Krieges. In solchen Fällen muß die Möglichkeit geschaffen werden, zu strafen. Vorausgesetzt ist in allen Fällen die Strafbarkeit im Ausland, gleichgültig unter welchem Gesichtspunkt: RG HRR 39 1550, D J 40 515, auch ob Strafantrag gestellt: BGH NJW 54 1086.

Einleitende Bestimmungen §§ 5, 6, 7

55

Auch in den Fällen, in denen der Tatort keiner Strafgewalt unterworfen ist (Schiffbrüchige auf hoher See, Polarexpedition), liegt stellvertretende Strafjustiz vor. Nur setzt sich das deutsche Strafrecht hier nicht an die Stelle eines bestimmten Auslandsstrafrechts, sondern es tritt f ü r den Gedanken des Rechtes schlechthin ein; in den Fällen der Ziff. 2 auch hier in Verbindung mit dem Schutzgrundsatz. Zu Abg. III. Schutzgrundsatz und Weltrechtsgrundsatz. I m Gegensatz zum Abs. I I ist hier die Bestrafung der Auslandstat des Ausländers nicht bedingt durch die Strafbarkeit am Tatort. Früher war es nur so bei Hoch- und Landesverrat, bei Amts- und bei Gelddelikten. Ihnen entsprechen die jetzigen Nr. 1, 2 und 7. Hinzukommen seit 1940 in Erweiterung des S c h u t z g r u n d s a t z e s : Nr. 5 (entsprechend §20a UnlWettbGesetz in der Fassung v. 9 . 3 . 3 2 , abgedruckt Anhang Nr. 5); Nr. 6: hier kommt es nicht darauf an, ob die den Eid abnehmende, sondern ob diejenige Behörde eine deutsche ist, bei der das Verfahren anhängig ist; z. B. Meineid vor einem ausländischen Gericht, das von einem deutschen Gericht um Rechtshilfe ersucht ist. — Der U n i v e r s a l g r u n d s a t z (bisher nur bei Gelddelikten, jetzt Nr. 7) ist erweitert um die Nr. 3, zwecks internationaler Bekämpfung von Terrorakten; um die Nr. 4 (vgl. Anhang Nr. 3); um die Nr. 8, die dem internationalen Opiumabkommen v. 23. 1. 12 u. 19. 2. 25, und um die Nr. 9, die internationalen Abkommen v. 4. 5. 10 u. v. 12. 9. 23 entspricht. Schiffe,

Luftfahrzeuge

§5 Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig von dem Recht des Tatorts, für Taten, die auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug begangen werden. F ü r deutsche S c h i f f e (nicht nur Kriegs- und Staatsschiffe) entspricht die Bestimmung dem anerkannten Recht. Vgl. Mettgenberg ZStW 52, 802, D J 40, 641. Nicht nur auf hoher See, sondern auch in fremden Küstengewässern sind sie, was den Geltungsbereich des deutschen Strafrechts betrifft, Inland. Für P r i v a t l u f t f a h r z e u g e über fremdem Staatsgebiet war die Frage völkerrechtlich streitig. Vgl. Ztschr. f. Luftr. 1952, 84. Übertretungen § 6 Im Ausland begangene Übertretungen sind nur dann zu bestrafen, wenn dies durch besondere Gesetze oder durch Verträge angeordnet ist. Ob eine Übertretung vorliegt, ist nach deutschem Recht zu beurteilen. E 18 299. •— Vereinbarungen der Justizverwaltungen genügen nicht: LG Coburg N J W 55 1408 (betr. Österreich). Anrechnung

§7 Eine im Ausland vollzogene Strafe ist, wenn wegen derselben Handlung im Inland abermals eine Verurteilung erfolgt, auf die zu erkennende Strafe in Anrechnung zu bringen.

Einleitende Bestimmungen § 11

56

I. Über die Grundsätze der Anrechnung vgl. E 35 41. II. Über die Wirkungen einer Bestrafung durch Besatzungsgerichte Hamburg MDR 49 54. Entspr. Anwendung geboten, BGH LM Nr. 2 (Werner), Bamberg HESt. 1185; nur strafmildernd berücksichtigen will BayObLG NJW 53 682 (vgl. auch 50 358). Kern JW1920, 652 wendet § 73 an; hiergegen Bremen NJW50 918. — Verbrauch der Strafklage jedoch, soweit nur Besatzungsinteressen verletzt: Frankfurt HESt. 3 49. III. Die Verurteilung muß wegen derselben Tat i. S. d. § 264 StPO erfolgen, gleichviel unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt (vgl. schon oben zu § 4 Abs. 2). BGH NJW 53 1522, LM Nr. 1, BayObLG NJW 51 370 (vgl. hier auch darüber, daß das Strafübel den Täter wirklich getroffen haben muß, also nicht bei einer von Dritten bezahlten Geldstrafe, bei Erlaß oder Vollstreckungsverjährung). § 8 aufgehoben. Vgl. Vorb. IV vor § 3. § 9 hatte gelautet: „Ein Deutscher darf einer ausländischen Regierung zur Verfolgung oder Bestrafung nicht überliefert werden." Aufgehoben durch KRG Nr 11. Jetzt folgt die Nichtauslieferung Deutscher aus Art. 16 Abs. 2 GG. § 10 betraf Anwendbarkeit der allgemeinen Strafgesetze auf Militärpersonen; aufgehoben durch KRG Nr. 11. Indemnität

der Parlamentsmitglieder

der Länder

Mitglieder eines Gesetzgebunggorgans eines zur Bundesrepublik Deutschland gehörigen Landes dürfen zu keiner Zeit wegen ihrer Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die sie in der Körperschaft oder einem ihrer Ausschüsse getan haben, außerhalb der Körperschaft zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen. Schrifttum: B o c k e l m a n n , Die Unverfolgbarkeit der Abgeordneten usw., 1950. — H e r l a n , Die Immunität der Abg., J R 51, 325. — Ders., Neues zum Immunitätsrecht, MDR 51, 82. I. Neu gefaßt durch 3. StrRÄndGes. II. Die vorl. Stelle betrifft die materiellrechtliche Indemnität im Gegensatz zur p r o z e s s u a l e n I m m u n i t ä t (vgl. für Bundestagsabgeordnete entspr. Art. 46 GG mit Art. 47). Sie schafft einen p e r s ö n l i c h e n S t r a f a u s s c h l i e ß u n g s g r u n d , bei dem s t r a f b a r e T e i l n a h m e D r i t t e r m ö g l i c h bleibt, z. B. böswilliger Informanten. Anders und zu weitgehend will § 100 I I I einen Rechtfertigungsgrund in einem Sondergebiet konstruieren, mit unerträglichen Folgen der Straflosigkeit außenstehender Teilnehmer. Vgl. dort Anm. III. III. Ob außer den Landtagen (in den Hansestädten: Bürgerschaften) noch andere Gesetzgebungsorgane in Betracht kommen, ist nach dem jeweiligen Landesverfassungsrecht zu entscheiden. IV. Zur Praxis der Immunität vgl. Schleswig MDR 51 56 (Anm. Herlan) sowie f ü r den Bundestag Koch. Bundesanz. Nr. 214 v. 3. 11. 51 S. 9.

Einleitende Bestimmungen § 12

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Indemnität der Parlamentsberichte §12 Wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Sitzungen der in § 11 bezeichneten Gesetzgebnngsorgane oder ihrer Ausschüsse bleiben ron jeder Verantwortlichkeit frei. I. Neu gefaßt durch 3. StrRÄndGes. II. Wahrheitsgetreu ist nicht wortgetreu, sondern s i n n g e t r e u , und zwar nicht nur für Einzelheiten, sondern — bei nur teilweiser Wiedergabe — auch für den Gesamtvorgang. III. Rechtfertigungsgrund, vgl. Braunschweig NJW 53 516 (auch betr. Irrtumsfragen). Keine strafbare Teilnahme denkbar; anders bei § 11, s. dort Anm. II. IV. Für Berichte über öffentliche Bundestagssitzungen entspr. Art. 42 Abs. 3 GG. — Auf Gesetzgebungsorgane außerhalb der BR nicht: BGH NJW 54 1252

E r s t e r Teil

Von der Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Übertretungen im allgemeinen Erster A b s c h n i t t Strafen Aus dem neueren Schrifttum: N a g l e r , Die Strafe, 1. Hälfte, 1918; Mezger, Strafzumessung im Entwurf, ZStW 51, 855; v. H e n t i g , Die Strafe, 1932 und 1954 (kriminalpsychologisch); G a l l a s , Krimmalpolitik und Strafrechtssystematik (Abh. des Krim. Inst. Berlin), 1931; E x n e r , Studien über die Strafzumessungspraxis der deutschen Gerichte, 1931. — Sinnwandel in der neuesten Entwicklung der Strafe, in: Probleme der Strafrechtserneuerung, Festschrift für Kohlrausch, 1944, S. 24ff.; L a n g e , Strafe und Erziehung im Jugendstrafrecht, ebendort s. 44ff. — Täterschuld und Todesstrafe, ZStW62,175ff.; K l u g , Die zentrale Bedeutung des Schutzgedankens für den Zweck der Strafe, 1938; K l e e , Die Krise der Sühnetheorie, DStR 1942 S. 68ff.; D r e h e r , Über die gerechte Strafe, 1947. - SJZ. 47, 562. B u c h w a l d , Zur Frage der richterlichen Strafzumessung, JR48,143; Eb. S c h m i d t . Probleme staatlichen Strafens in der Gegenwart, SJZ 46,204; A r n d t , Das Strafmaß, SJZ 46, 30; W i m m e r , Schutzbedürfnis, Schutzwürdigkeit, Strafwürdigkeit, DRZ 48,116; H e i n r i c h , Zuchthaus und Gefängnis oder Einheitsstrafe? NJ47, 29; P f a n d e r , Der zentrale Begriff „Strafe", SchwZStR 61, 173ff.; B o c k e l m a n n , Strafe und Erziehung (in Festschr. f. Gierke 1950 S. 27 ff.). — Zur Reform des Strafensystems, JZ 51, 494; v . W e b e r , Die Sonderstrafe, DRiZ 51, 153; B l a u , Nochmals: Die Sonderstrafe, JR53, 323; F r e y , H e i n i t z , Zum Ausbau des Strafensystems, ZStW 65, 3ff., 26ff.; H e i n i t z , Der Strafprozeß bei der richterlichen Strafzumessung, ArchRWiPhilos. 27,259; Strafzumessung und Persönlichkeit, ZStW 63,57ff.; H a l l , Die Freiheitsstrafe als kriminalpolitisches Problem, ZStW66,77ff.; Sicherungsverwahrung und Sicherungsstrafe, ZStW 70, 41; S c h r ö d e r , Gesetzliche und richterliche Strafzumessung, Festschrift f. Mezger 1954, 415ff.; Gutachten zur Strafrechtsreform von Mezger und Eb. S c h m i d t (Strafzweck und Strafzumessungsregeln), W ü r t e n b e r g e r und S i e v e r t s (Unbestimmte Verurteilung), L a n g e (Systematik der Strafdrohungen); D r e h e r , Bericht über die 1. Arbeitstagung der Gr. Strafr. Komm., ZStW 66, 568ff.; L a n g e , Grundfragen der deutschen Strafrechtsreform, SchweizZfStrR 1955, 373ff.; S p e n d e l , Zur Lehre vom Strafmaß 1954; K o f f k a , Welche Strafzumessungsregeln ergeben sich aus dem geltenden StGB? J R 55, 322; B r u n s , Zum gegenwärtigen Stand der Strafzumessungslehre, NJW 56, 241 ff.; J a g u s c h , Die Praxis der Strafzumessung (aus LK) 1956; D r e h e r , Doppelverwertung von Strafbemessungsumständen, JZ 57, 155ff.; L a n g - H i n r i c h s e n , Zur Frage der Zurechnung von Folgen der Straftat bei der Strafzumessung, GA 1957, 1 ff.; v. W e b e r , Die richterliche Strafzumessung, 1957 (C. F. Müller); S a u e r , Probleme der richterlichen Strafzumessung, GA 1957, 129; N o w a k o w s k i , Freiheit, Schuld, Vergeltung, Rittler-Festschr. 1957, 55; Mergen ebendort S. 21; K i e l w e i n S. 95 über moderne (internat.) Kriminalpolitik.

Vorbemerkungen vor § 13

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Zum Entwurf: Vom k r i m i n a l p o l i t i s c h e n Standpunkt aus: Eb. S c h m i d t ZStW 69, 359; H e i n i t z ZStW 70, 1; vom k r i m i n o l o g i s c h e n Standpunkt: L e f e r e n z ZStW 70, 41; vom d o g m a t i s c h e n : Sax ZStW 69, 412. Zur Strafbarkeit von juristischen Personen vgl. die Lit. unten zu D. Vorbemerkungen Übersicht: A. Die S t r a f e : I. Bindungen durch das GG. — II. Strafzwecke im StGB. — III. Sühneidee und Schutzgedanke. — IV. Richterliche Strafzumessung. — V. Strafensystem. — B. Die M a ß r e g e l n des StGB. — C. Das J u g e n d s t r a f r e c h t . — D. J u r i s t i s c h e P e r s o n e n . — E. O r d n u n g s w i d r i g k e i t e n . Über Wesen und Zweck der Strafe Klarheit zu gewinnen, ist den Menschen ein Bedürfnis, seitdem sie über sich selber nachdenken, also „philosophieren". Außerhalb der Aufgabe dieses Buchs liegt ein Überblick über die Strafrechtstheorien, deren Wechsel den Wandlungen der Rechts-, Staats- und allgemeinen Weltanschauung parallel geht. Unerläßlich ist aber, den S t a n d p u n k t des g e l t e n d e n R e c h t s zu erkennen. A. Die Strafe ist das klassische und zentrale, aber nicht mehr das einzige Mittel des Strafrechts. Sie ist entsprechend ihrem besonderen Sinn und Zweck von den Maßregeln und den sonstigen Hilfsmitteln des modernen Strafrechts abzugrenzen. Die speziellen Strafzwecke können daher nur im Rahmen der Strafrechtszwecke überhaupt und diese wiederum wegen der Einheit der Rechtsordnung nur im Einklang mit deren allgemeinen Zwecken bestimmt werden. I. In erster Linie sind daher die Richtlinien und Bindungen des Grundgesetzes zu beachten. Es setzt in Art. 1 die Würde des Menschen als Grundwert der Rechtsordnung und als unüberschreitbare Grenze der Staatsmacht. Das ist für das Strafrecht und seine Durchsetzung als schärfsten Ausdruck dieser Macht besonders bedeutsam und hat in Bestimmungen wie § 136 a StPO bereits seinen Niederschlag gefunden. Menschenwürde ist ohne Freiheit und damit — was immer übersehen wird — ohne Verantwortlichkeit nicht denkbar. Ihr entspricht allein die Bewertung des Handelns nach verbindlichen, absoluten Ideen als dem tragenden Grunde des Menschseins (im Gegensatz zur bloßen Beurteilung unter sozialen Zweckgesichtspunkten). Solche Ideen positiviert das GG in Gestalt der materiellen Gerechtigkeit als Kern des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 in der Auslegung des BVerfG, JZ 54 32) und des Rechtsstaats (Art. 20, 28 usw.) Näheres hierzu in „Der Rechtsstaat als Zentralbegriff der modernen Strafrechtsentwicklung", Tübingen 1952. Aber auch die strenge Gewaltentrennung des GG wirkt sich bestimmend auf das Strafrecht aus. Sind absolut imbestimmte oder unbegrenzte Strafen zulässig ? Dazu oben § 2 Anm. I. Darf dem Richter in besonders schweren Fällen die Strafbestimmung völlig vom Gesetzgeber überlassen werden ? Zu diesen Fragen vgl. die „Systematik der Strafdrohungen" in Gutachten der Strafrechtslehrer zur Strafrechtsform. — Über Grenzen des Gleichheitssatzes bei der Strafzumessung vgl. BGHSt. 1 184. Auch die Einzelbestimmungen des GG in Art. 102 (Todesstrafe), Art. 103 (nulla poena sine lege; ne bis in idem), Art. 104 (habeas corpus) geben die gleiche allgemeine Richtung an. Alle diese Grundsätze sind nicht, wie in der Weimarer Verf., nur formal und programmatisch, also nur theoretisch verpflichtend, sondern material von den angegebenen Werten her bestimmt; und sie sind aktuelles Recht. Ein Verstoß gegen

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Vorbemerkungen vor § 13

sie macht das Strafgesetz und seine Zweckbestimmung ungültig; ihre Einhaltung wird durch Normenkontrolle gesichert, Art. 100 GG. Vgl. oben § 2 Anm. I I I A 6. II. Das Strafgesetzbuch enthält sich bewußt einer ausdrücklichen Feststellung bestimmter Strafzwecke (so die Motive, vgl. E 58 106). Anders voraussichtlich das künftige Recht: ZStW 66, 571. 1. Wohl aber appellieren e i n z e l n e w e i t t r a g e n d e G e s e t z e an den Strafzweck oder setzen ihn voraus. So unter anderem: a) § 23 Abs. 3 Ziff. 1 nötigt den Richter zu der Frage, „wann das öffentliche Interesse die Vollstreckung der Strafe erfordert" (s. u. § 23 Anm. III, Vorbem. I I ; — b) § 27 b zu der Frage, ob „der Strafzweck durch eine Geldstrafe erreicht werden kann". — c) §§ 5, 17 JGG „wann Jugendstrafe erforderlich ist" — nach BGH J R 54 149 muß gem. § 17 I I Generalprävention außer Betracht bleiben —, mit der wichtigen Maßgabe der „schädlichen Neigungen" und der „Schwere der Schuld"; vgl. auch §19 JGG (unbestimmte Strafe). — d) Nach §23 „kann" das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen die Strafvollstreckung aussetzen, nach § 26 den Verurteilten bedingt entlassen, nach § 51 Abs. 2 bei verminderter Zurechnungsfähigkeit die Strafe, nach § 106 JGG bei Heranwachsenden das allgemeine Strafrecht mildern. In allen diesen Fällen muß der Richter nach dem Willen des Gesetzes von einer bestimmten Vorstellung über Sinn und Zweck der Strafe ausgehen und ist an sie gebunden. Niemals handelt es sich um sein Belieben (so früher Dalcke zu §106 JGG) oder um freies Ermessen. So mit Recht auch BGHSt. 7 28 (gegen E 71 179, 74 217) f ü r § 51 II. Näheres an den angegebenen Stellen. 2. Auch das S y s t e m des Strafrechts nötigt zur Klärung der Strafzwecke. a) Das J u g e n d s t r a f r e c h t hat man seit 1923 und mehr noch seit 1953 unter dem Gesichtspunkt des hier überwiegenden speziellen Erziehungszwecks aus dem allgemeinen Strafrecht herausgenommen. Die Nahtstelle beider Gebiete sind heute die §§ 105, 106 JGG. Vgl. unten zu C. b) Dem Strafensystem ist ein S y s t e m v o n M a ß r e g e l n mit dem ausgesprochenen und ausschließlichen Zweck der Sicherung oder Besserung angeschlossen worden. Auch in ihrem Bereich aber wird vor und neben ihnen Strafe verhängt und vollzogen. Diese muß also zum mindesten a u c h andere Zwecke verfolgen und einen anderen Sinn haben. Und außerhalb des Bereichs der Zweispurigkeit muß offenbar die Strafe alle durch die Tatsache jenes Systems anerkannten Strafrechtszwecke „einspurig" mitübernehmen, soweit das überhaupt mit ihrem Wesen vereinbar ist. So für den spezifischen Erziehungszweck des Jugendstrafrechts ausdrücklich § 19 JGG. c) Das S t r a f e n s y s t e m des StGB selbst ist sowohl nach der Schwere und Dauer des Strafübels wie nach dem Grade der Mißbilligung gestaffelt. Das letztere Kriterium ist unerläßlich; die Übelsvollziehung dagegen jetzt nicht mehr: §§ 23—26. Auch hieraus ist auf das Wesen der Strafe zu schließen. Es muß in der s p e z i f i s c h e n s o z i a l e t h i s c h e n M i ß b i l l i g u n g liegen, nicht im Übelscharakter, den der Vollzug der Strafe ohnehin mit anderen Tatfolgen teilt. Vgl. Vorbem. u. Anm. zu §§ 23ff. sowie § 18 Anm. III. d) Ansätze zum T ä t e r s t r a f r e e h t . Straferhöhung und Strafbegründung knüpfen neuerdings nicht mehr ausschließlieh an Umstände der Einzeltat, sondern

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in gewissen Fällen an das Sein, die Existenzform des Täters unmittelbar a n : beim gefährlichen Gewohnheitsverbrecher des § 20 a, beim ausbeuterischen Zuhälter des § 181a. Sind damit entscheidende Wertgesichtspunkte der Strafe verändert? Darüber unten zu § 20a und § 181a. Der Zusammenhalt aller dieser positiven Bestimmungen zeigt, daß das Gesetz nicht nur dem Namen, sondern auch der Sache nach an der Idee der Strafe festhält, wie sie im Rechtsbewußtsein von je her lebt. Dazu gehören: Gerechte V e r g e l t u n g des schuldhaften Rechtsbruchs und Befriedigung des Sühnebedürfnissos, durch deren Wirkung auf die Allgemeinheit oder durch Abschreckung Kriminellbereiter zugleich Verhütung weiterer Verbrechen ( G e n e r a l p r ä v e n t i o n ) und schließlich zweckmäßige, sei es erzieherische, bessernde, abschreckende oder sichernde Einwirkung auf den straffällig Gewordenen ( S p e z i a l p r ä v e n t i o n ) . Der zuletzt genannte Zweck, ursprünglich hinter dem Vergeltungsgedanken weit zurücktretend, ist durch alle großen Novellen seit dem Ende des ersten Weltkrieges immer stärker betont worden. Das in einem jeden echten Strafrecht unauflösliche Wert- und Zweckgefüge der Strafe ist damit aber nicht aufgehoben, kann es auch nicht sein. Denn: III. Sfihneidee und Schutzgedanke sind die beiden Komponenten einer jeden „Strafe". Jedes echte Strafurteil muß auf beiden beruhen. So auch schon der Art. 104 der Carolina von 1532 (Art. 105 ihrer Vorläuferin, der Bambergensis). Mit gesundem Rechtsinstinkt sagt Johann v. Schwarzenberg: Der Richter habe die Strafen zu verordnen und zu verhängen „ a u s L i e b d e r G e r e c h t i g k e i t u n d u m g e m e i n e s N u t z w i l l e n " (vgl. dazu Radbruch in Schweizer ZfStrR 55, 1941, S. 113ff.sowie in Arch. f. Rechts- und Sozialphilosophie 35, 1942, S. 143ff.). Es ist das Verhältnis von Gerechtigkeit auf der einen, Zweckmäßigkeit auf der anderen Seite; von Schuld und Sühne auf der einen, Gefährlichkeit und Anpassung bzw. Gesellschaftsschutz auf der anderen Seite. I m Strafbegriff liegt wie im Schuldbegriff das logisch nicht lösbare, aber dem Menschen ewig aufgegebene Problem von Sollen und Können, von Freiheit und Notwendigkeit. Das sind „antinomische Spannungen", deren kriminalpolitische Entscheidung heute nur im Rahmen der verbindlichen Grundordnung gesucht werden kann (oben zu I). „ G e r e c h t " muß die Strafe i m m e r sein. Ihre Zweckmäßigkeit kann hiermit vereinbar, sie kann aber nicht ein Ersatz f ü r Gerechtigkeit sein. Das ist auch de lege ferenda die Meinung der Strafrechtskommission, vgl. den Bericht von Dreher ZStW 66, 572. 1. Nur innerhalb des in der Wert weit unserer Kultur unauf hebbaren S p a n n u n g s v e r h ä l t n i s s e s v o n G e r e c h t i g k e i t u n d Z w e c k m ä ß i g k e i t — das letzten Endes Ausdruck der Spannung zwischen Individualität und sozialer Funktion im Bilde des Menschen selbst ist — sind unter den Sinngebungen und Zwecksetzungen der Strafe als Sühne, Vergeltung, Allgemeinabschreckung, Abschreckung des Täters, Besserung, Erziehung und Sicherung A k z e n t v e r s c h i e b u n g e n zulässig. Was der eine Strafzweck gebietet, muß mit dem anderen wenigstens vereinbar sein. Inwieweit eine Synthese in Gestalt etwa der Generalprävention durch Vergeltung oder der spezialpräventiv gefaßten Sühneidee, also ein Ineinander der Strafzwecke das Nebeneinander zu ersetzen hat, ist hier nicht näher auszuführen. Akzentverlagerungen werden bald durch neue geistige Strömungen, bald durch praktische Bedürfnisse ausgelöst, ergreifen bald das gesamte Gebiet des Strafrechts, bald nur einzelne Teile davon.

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So war die nach Kriegsende erfolgte rückwirkende Einführung der Todesstrafe f ü r bestimmte politische Delikte in Ländern, die diese Strafe sonst abgeschafft hatten, aus einem elementaren Vergeltungs- und Sühnebedürfnis zu erklären, ebenso das K R G Nr. 10. Vgl. ferner z. B. § 4 der Württ. VO vom 16. 5. 47, wonach Verbrechen oder Vergehen, die in der nationalsozialistischen Zeit aus politischen Gründen nicht bestraft wurden, zu verfolgen sind, „wenn die Grundsätze der Gerechtigkeit, insbesondere die Gleichheit aller vor dem Gesetz, die nachträgliche Sühne verlangen"; entspr. Art. 1 des Ahndungsges. (US-Zone), dazu Frankfurt, SJZ 48 272. I m Wirtschaftsstrafrecht andererseits machten sich in der Notzeit starke generalpräventive Strömungen geltend. Vgl. etwa die Wirtschaftsstraf-VO der Sowjet. BesZone v. 23. 9. 48 (ZentrVOBl. S. 439) oder die in J R 47 62 wiedergegebene Weisung der Berliner Alliierten Kommandantur sowie aus der Rechtspr. Gera N J W 48 317. Im Jugendstrafrecht wiederum geht die Tendenz dahin, die Strafe möglichst weitgehend durch — spezialpräventive — Erziehungsmaßregeln zu verdrängen. In der Hitlerzeit war zunächst der Sühnegedanke betont, später aber in der Praxis durch einen immer rücksichtsloser gehandhabten „Schutz"-Zweck verdrängt worden. Für diese Entwicklung besonders charakteristisch die zweimalige Umgestaltung des § 48 der Strafvollzugsordnung in den Jahren 1934 und 1940 (vom Besserungs- zum Sühnezweck und von diesem zum Sicherungszweck) sowie das Ges. v. 4. 9. 41, in dem „Schutz des Volkes oder gerechte Sühne" als bloß alternative Voraussetzungen der Strafe verlangt wurden, unter bewußter Voranstellung des ersteren, derart, daß selbst die Todesstrafe, auch wenn sie „nicht verdient" war, als „sichernde Maßnahme" verhängt wurde. So E 77 27 und 105. Dazu Niethammer, DRZ 46 13, aber auch Dahm und Exner in Festschr. f. Kohlrausch S. 1 und 24. 2. Die Strafzwecke können sich im Einzelfall wohl decken. Oft aber kollidieren sie miteinander. So wenn ein vermindert Zurechnungsfähiger zugleich besonders gefährlich ist (§ 51 Abs. 2 i. V. m. §20a), vgl. BGH LM § 20a Nr. 3. Oder wenn die Häufung von Fällen bestimmter Taten, etwa von Verkehrsdelikten, auch in einem leichten Fall exemplarische Strafe nahelegt. Diese antinomischen Spannungen erkennt das Gesetz neuerdings selbst ausdrücklich an, wenn es auch da, wo Strafaussetzung zur Bewährung oder bedingte Strafentlassung spezialpräventiv geboten sind, sie dennoch nicht zwingend, sondern nur als möglich vorsieht und das „öffentliche Interesse" u. U. die Aussetzung verhindern läßt. Eine gewisse Annäherung der Strafzwecke aneinander ergibt sich aus den Tendenzen der neueren Strafrechtsentwicklung und den Wandlungen der Strafrechtszwecke. I m einzelnen: a) Maßstab gerechter Vergeltung und Sühne ist im Rahmen der Rechtsgüterordnung nicht mehr in erster Linie die Größe des Erfolges, sondern die Schwere der Schuld: arg. § 56. Ausdrücklich so § 2 Entn. 1959. b) Die zweckmäßige Einwirkung auf den einzelnen Täter muß so weit das Ziel sein, wie mit der Geltung der Rechtsordnung einerseits und dem Gedanken einer vom Täter selbst anzuerkennenden Sühne f ü r Schuld andererseits vereinbar ist, arg. §§ 23ff., 27b. c) Die allgemeine Verbrechensvorbeugung ist nicht in erster Linie durch abschreckende Härte, sondern durch Befriedigung des Rechtsgefühls der Allgemeinheit, soweit es anerkannt werden kann, zu erstreben. Soweit die Gegensätze unaufhebbar bleiben, ist von dem oben entwickelten Ausgangspunkt hier folgendes zu erwägen:

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3. Für eine grundsätzliche Gleichrangigkeit von Vergeltung, General- uncl Spezialprävention spricht seit dem 3. StrRÄndGes. die gegensinnige Bedeutung des „kann" in §§ 23, 26 einerseits, § 51 Abs. 2 andererseits. Dort bedeutet es, daß Erfordernisse der Vergeltung oder der Generalprävention die an sich gegebene spezialpräventive Indikation f ü r eine Strafaussetzung ausschalten können, hier umgekehrt, daß spezialpräventive Notwendigkeiten die unter dem Gesichtspunkt gerechter Vergeltung nahegelegte Strafmilderung hindern. Zu § 51 Abs. 2 betont BGHSt. 7 28 den Grundsatz der S c h u l d a n g e m e s s e n h e i t der Strafe. Vgl. unten IV 7 und § 51 Anm. X I . 4. Doch läßt sich die Frage nach dem Strafzweck abstrakt überhaupt nicht beantworten. Vielmehr ist zu unterscheiden: a) Wo die Strafe alle Zwecke des Stralrechts zu wahren hat, weil sie einzige Reaktion ist, muß sie Besserungs- und Sicherungszweck stärker betonen als da, wo ihr diese Aufgaben durch Maßregeln oder andere Straftatfolgen abgenommen werden. b) Die Straf rechtszwecke entwickeln und wandeln sich. In dem völlig übersehenen Hinweis darauf (an Hand des § 27 b) liegt die bleibende Bedeutung der RGSt. 58 106 (109), unten zu IV 7, nicht in der vermeintlichen endgültigen Festlegung einer Rangordnung. Diese wollte der Gesetzgeber gerade verhüten, indem er die Strafzwecke der immer erneuten Bemühung von Wissenschaft und Praxis überantwortete. Der allzu oft zitierte Satz von Kohlrausch etwa: um Generalprävention brauche man sich nicht zu sorgen, gilt nur f ü r ruhige Zeiten mit ausgeglichenen Wertungen. In krisenhaften Zeiten liegt hier die Hauptsorge, aber auch bei radikalem Wandel der Lebensverhältnisse: Verkehrsdelikte infolge Motorisierung. c) Für Gesetzgeber, Richter, Vollzugsbeamte stellt sich die konkrete Aufgabe, den Strafrechtszwecken gerecht zu werden, ganz verschieden dar. Das Gesetz muß in der Typenbildung den generalisierenden Zwecken der Vergeltung und Generalprävention in erster Linie Rechnung tragen; in einem Rechtsstaat ist zudem grundsätzlich die verwirklichte oder angestrebte bestimmte Tat alleinige Richtschnur (vgl. die Zurückdrängung der Persönlichkeitswürdigung in BGHSt. 3 330). Der Richter muß Tat und Täter würdigen, wird aber in steigendem Maße auf den Täter hingewiesen: §§ 20a, 23ff., 27b, 51 II StGB, 105ff. JGG. Für den modernen Vollzug ist die Persönlichkeit des Täters Richtschnur, die Tat Grenze. Daher sind die Grundsätze über den Vollzugszweck (s. o. und in §§ 90, 91 JGG) keineswegs identisch mit den Gesamtzwecken des Strafrechts. So auch E 59 51. Und die Strafbemessungsregeln sind nicht einfach eine Anwendung der generalisierenden Maßstäbe des Gesetzes auf den Einzelfall. Näheres s. u. zu IV. d) Die Grundbegriffe „Tat und Schuld", in denen RG 58 109 und ihm folgend BGHSt. 3 179 gegensätzliche Gesichtspunkte f ü r die Strafzumessung sehen, sind zu abstrakt gefaßt. T a t : nicht schlechthin die Folgen, wie der BGH annimmt, sondern nur die verschuldeten dürfen hier ins Gewicht fallen (jetzt auch arg. § 56). So die Entwürfe nach dem VE 1909, z. B. § 62 Entw. 1959, die heute schon als Ausdruck des Schuldstrafrechts verbindlich sind. Vgl. auch Art. 43 SchwStGB. — S c h u l d : hier ist zwischen tatbestandsgebundener, dem Unrecht entsprechender und freier („böswillig", „gewissenlos") zu unterscheiden, ferner zwischen akuter Tat- und chronischer Täterschuld. Die Beschränkung der Tatfolgen auf die ver-

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schuldeten einerseits und die regelmäßige Unrechtsbezogenheit der Schuld andererseits ebnen den nach B G H grundlegenden Gegensatz weitgehend ein. e) Auch bei den einzelnen Deliktsgruppen sind die Strafrechtszwecke ganz verschieden betont. Bei Hoch- und Landesverrat überwiegt die Generalprävention. Bei Mord und Totschlag der Gedanke der Sühne und Vergeltung. Bei Diebstahl kommt es weit mehr auf Spezialprävention an. Diese Differenzierungen überschneiden sich mit den vorangehenden. Vgl. im einzelnen Sauer, Kriminalsoziologie, wenn auch seinen Typenbildungen nicht immer gefolgt werden kann. IV. F ü r richterliche Strafzumessung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens enthält das StGB — anders das JGG in § 18 Abs. 2 und der E n t w . 1959 in §§ 62 ff. — keine allgemeinen Vorschriften. Der Richter wird hier meist auf die allgemeinen Strafzwecke verwiesen; so auch die früheren Aufl. 1. Näheres Zusehen zeigt jedoch, und die neueste Entwicklung des Strafrechts zwingt in verstärktem Maße dazu, auch hier zu differenzieren. Vgl. schon oben I I I 4c. Die Problematik wird im Wandel der Entwürfe sichtbar. Nach R a d b r u c h sind die gesetzlichen Strafdrohungen nach der Schwere der Taten abgestuft, die Strafbemessung dagegen ist nach der Art der Verbrecherpersönlichkeit differenziert. Bern, zum Entw. 22, dessen § 67 dieser Forderung entspricht: maßgebend ist, inwieweit die T a t auf einer verwerflichen Gesinnung oder Willensrichtung des TäterB oder aber auf Ursachen beruht, die ihm nicht zum Vorwurf gereichen; hauptsächlich: Beweggründe, Einsichtsfähigkeit, Vorleben, persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse und Verhalten nach der Tat. Dem folgt der AE 25. Die Fassung der Reichsratsausschüsse, der Entw. 27 und 30 sowie jetzt § 62 Entw. 1959 folgen, greift dagegen auch auf die F o l g e n d e r T a t zurück (so VorE 1909), freilich nur auf die verschuldeten. Von dieser nach den Entw. noch offenen E n t scheidung hängt es ab, ob die richterliche Strafzumessung rein täter- oder auch tatbezogen ist, ob ihre Zwecke mit denen der gesetzlichen Strafdrohungen identisch (so die herrschende Meinung) oder ihnen komplementär sind (letztere, indem sie der vorwiegend generalpräventiven Aufgabe der gesetzlichen Strafdrohungen die spezialpräventive Resozialisierungsaufgabe hinzufügen; in letzterem Sinne Dreher N J W 51, 245 sowie — im Anschluß an ältere Äußerungen von Kohlrausch — Eb. Schmidt MatStrR ftef. 17ff.). — Der Schlüssel zu dieser Frage ist de lege lata allein im Gedanken des Schuldstrafrechts zu finden. Dieser schließt zunächst (arg. § 56) alle u n v e r s c h u l d e t e n Folgen der T a t aus. Freilich sollen dem Täter nach BGHSt. (GrSen) 10 259 ( = J Z 58 173 mit abl. Anm. Heinitz, vgl. auch Lang-Hinrichsen GA 1957, 1) eine schuldhaft herbeigeführte Gefahrenlage und die aus ihr erwachsenen Schadensfolgen strafschärfend zugerechnet werden dürfen, diese auch dann, wenn sie im besonderen nicht vorauszusehen waren. Das läuft aber auf eine Haftung f ü r das versari in re illicita hinaus. Und diese ist mit der T a t b e s t a n d s m ä ß i g k e i t der Schuldzurechnung, die jetzt BGHSt. 1» 35 (entgegen BGHSt. 3 342) anerkennt, nicht vereinbar. Vgl. Anm. IV a zu § 59. Für die v e r s c h u l d e t e n Folgen einzustehen aber ist in dem Sinne geboten, daß besonders schwere Folgen dann auch besonders schwer ins Gewicht der Strafzumessung fallen müssen. Hierzu gehört die konkrete Gefahr einer infizierenden Wirkung der Tat, wenn sich der Täter ihrer bewußt sein konnte und daher mußte; vgl. unten zu 5. Unter dieser Voraussetzung sind also auch generalpräventive Erwägungen heranzuziehen, wie etwa die Häufung bestimmter Straftaten. Zutr.

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Schultz MDR 51, 660. Und den verschuldeten Folgen muß, wie ebenfalls die neueste Strafrechtsentwicklung zeigt (§§ 43 n. F., 49a, 56, 315a, 330a), die verschuldete Gefährdung gleichstehen. Das ist besonders für Verkehrsdelikte wichtig. Bei der Entscheidung über die SzB sind diese Gesichtspunkte schon hervorgetreten (s. u. § 23 Anm. III). 2. Zweifelsfälle. Was zur richterlichen Strafzumessung gehört, muß entschieden werden, weil die Strafzwecke für Gesetzgeber und Richter verschieden betont sind (s. o. I I I 4 c) und weil prozessual für die Zumessung besondere Regeln gelten. Vgl. ferner unten zu 3. a) Die Anrechnung der Untersuchungshaft gehört „der Sache nach" zur StZum. So E 59 232, Bremen NJW 51 286, OGHSt 2 219, BGHSt 1 105, 106 (gegen E 66 353, Braunschweig Nds.Rpfl. 51 110); auch Hamm SJZ 49 138, dazu Sachs 104ff. Ebenso Würtenberger JZ 52, 545 mit Hinweis auf den Übelcharakter auch derUHaft, was allerdings nicht entscheiden dürfte. Im Ergebnis ist dem — gegen Binding, M. E. Mayer u. a. — zuzustimmen, da die Strafe heute nicht mehr ausschließlich nach der Tatschuld, sondern auch nach dem Verhalten vor und nach der Tat, also auch im Verfahren, zu bemessen ist. b) Dagegen wird die Besonderheit der Strafaussetzung zur Bewährung nicht erfaßt, wenn man in ihr nur eine Strafzumessungsregel sieht. Denn in der Strafvollstreckung ist der Verurteilte trotz aller erzieherischen Bemühungen doch duldendes Objekt, an dem der Ausgleich der verletzten Rechtsordnung vollzogen wird. Die SzB dagegen sucht ihn zu einem Subjekt des Strafrechtsverhältnisses zu machen, zu einem aktiv Mitwirkenden, der jenen Ausgleich durch Erfüllung gesteigerter sozialethischer Pflichten und Leistungen selbst vollzieht. Sie will damit jenen autonomen Ansatz der Sühne ermöglichen, auf den namentlich Eb. Schmidt als wesentliche Strafkomponente hingewiesen hat (s. u. § 24 Anm. III). Hierfür aber fehlt regelmäßig die Voraussetzung, wenn sich der schuldige Täter etwa durch hartnäckiges Leugnen dem Recht verschließt. Derartiges Verhalten muß daher bei der SzB anders, in der Regel schwerer, ins Gewicht fallen als bei der sozialethisch anspruchsloseren Strafzumessung. Vgl. § 23 Anm. V 1. c) Das gilt entsprechend von der gleiche Ziele wie die SzB verfolgenden bedingten Entlassung. Darüber § 23 Vorbem. III und § 26 Anm. II, bes. BGHSt. 6 215 betr. b. E. und Strafzwecke. d) Die bes. schweren Fälle gehen, wie sich aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, auf § 77 Entw. 1927 zurück, der auch auf die besonderen Tatumstände und -Folgen abstellt (s. o. § 1 Anm. V 1). Und ihr Gegenstück, die minder schweren Fälle, grenzen BGHSt. 4 8, 230 selbst dadurch von den mildernden Umständen ab, daß sie die Persönlichkeit des Täters ausscheiden, soweit sie nicht für die Feststellung der Einzeltatschuld heranzuziehen ist. Darin liegt ein innerer Widerspruch, Denn bei der Strafzumessung kommt es auf die u n e i n g e s c h r ä n k t e Persönlichkeitswürdigung entscheidend an. Allerdings ist auch der Gegenmeinung nicht zuzustimmen, nach der hier Tatbestandsbildungen vorliegen (Maurach JZ 53, 278). Es handelt sich um Prägungen eigener Art, die noch den Verbrechensbegriff differenzierend weiterbilden (etwa durch Typisierung bestimmter Angriffsmittel wie in § 292), dabei jedoch im Gegensatz zu den notwendig abschließenden Tatbestandsmerkmalen exemplikativ vorgehen, oder die — in den nicht benannten 5

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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Fällen — den Richter nur allgemein auf seine Grundmerkmale Tat und Schuld und ihre kumulative Steigerung festlegen. Die praktische Folge ist, daß rein in der Person des Täters liegende Gründe — etwa ein starkes Sicherungsbedürfnis ihm gegenüber, ohne daß aber die Voraussetzungen der §§ 20 a, 42 e vorlägen — für sich allein nicht zur Annahme eines besonders schweren Falles führen dürfen, wie auch umgekehrt dieser nicht aus solchen Gründen verneint werden kann, selbst wenn sie zur Strafmilderung drängen. Ebenso für den letzteren Fall, allerdings mit formaler Begründung, BGH St. 5 211 (gegen Koblenz JZ 53 278 mit zust. Anm. Maurach; vgl. dazu auch oben § 1 Anm. V3, MatStRRef. S. 82). Als Strafzumessungsgründe kämen derartige Momente dagegen sogar primär in Betracht. BGHSt. 2 181, 183 spricht denn auch richtiger von S t r a f b e s t i m m u n g s g r ü n d e n (ohne sie allerdings von jenen abzuheben). e) Die minder schweren Fälle — sie, nicht die mildernden Umstände sind das Gegenstück zu den bes. schweren Fällen, wenn sie sich überhaupt von jenen unterscheiden lassen — werden von BGHSt. 4 8 und 230 unter Berufung auf die Motive dahin charakterisiert, daß hier die Persönlichkeit des Täters hinter der Würdigung der Folgen und der Gefährlichkeit des verbrecherischen Willens zurücktreten müsse. Dann aber sind auch sie keine echten, nämlich individualisierenden Strafzumessungsgründe, sondern noch typisierende gesetzliche Strafbestimmungsgründe. Der Richter hat dann wie der Gesetzgeber, der ihm hier eine echte legislatorische Aufgabe überbürdet hat, die generalisierenden Strafzwecke zu betonen. Der BGH hat a. a. 0 . S. 9 - 1 1 und S. 232 die Quadratur des Zirkels versucht, indem er den unbezweifelbaren historischen Willen des Gesetzgebers, zwei verschiedene Fallgruppen zu schaffen, nach wie vor für verbindlich hält und doch die Persönlichkeit des Täters auch f ü r die Bestimmung des minder schweren Falles in vollem Umfange heranziehen will. Damit ist der Sache nach die Unterscheidung gefallen. Denn: f) Die mildernden Umstände sind echte Strafbemessungsgründe. Hierfür sind nach st. Rspr. alle Umstände, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, heranzuziehen und zu würdigen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen und sie begleiten oder ihr vorausgehen oder nachfolgen: BGHSt. 4 9 im Anschluß an RGSt. 48 308, 310; 59 237. Noch darüber hinaus führt es freilich, daß der BGH „auch Umstände, die mit der Tat und der Schuld keinen Zusammenhang haben", also nicht unter jene Wertung fallen, berücksichtigt wissen will, wenn hieraus gefolgert wird, der Strafzweck könne auch durch eine mildere Strafe erreicht werden. Hierzu unten zu IV 4. Kaum vereinbar auch mit BGH J R 54 389, s. u. zu IV 8. — Neuordnung des ganzen Systems in §§ 84 ff. Entw, 1959. g) Der vermeidbare Verbotsirrtum ist auf der Grundlage von BGHSt. 2 194 (GrSen.) ebenfalls Strafzumessungsgrund. Hier fehlt nicht nur die ges. Bestimmung der Strafe, sondern auch die ihrer Voraussetzung: der Schuld. Vgl. aber § 59 V 3e sowie Jagusch LK IV 7 a vor § 13. h) Auch die Eigenschaft als gefährlicher Gewohnheitsverbrecher ist ein Strafzumessungsgrund, BGHSt. 4 226. Darüber unten IV 5 und § 20 a Anm. III. 3. Zwischen generalisierender Bestimmung der Strafrahmen und ihrer typischen Voraussetzungen durch den Gesetzgeber einerseits, individualisierender Zumessung der Strafe im Einzelfall durch den Richter andererseits besteht nach alledem ein methodischer Gegensatz. Er entspricht der sachlich durchaus verschiedenen Be-

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deutung der einzelnen Strafzwecke f ü r den tatorientierten Gesetzgeber und den Richter, der den Täter vor Augen h a t ; darüber oben I I I 4c). Die schon rechtsstaatlich so bedenkliche Technik der unbenannten bes. schweren Fälle zeigt hier ihre weitere Problematik als Verletzung der G e w a l t e n t e i l u n g . Und zwar nicht nur instanzmäßig, sondern auch methodisch. Der Richter muß hier nicht nur an Stelle des Gesetzgebers, sondern als Gesetzgeber werten. Gleich zwei fremde Aufgaben sind ihm überbürdet: um die Strafänderung generalisierend bestimmen zu können, muß er ihre Voraussetzungen, die Modifikation der jeweiligen Deliktsart, typisieren. Dazu jetzt grundsätzlich das Gutachten des BGH in N J W 54 347, Leitsatz b) betr. „Richterrecht". 4. Selbst im hiernach verbleibenden Bereich der echten Strafzumessung aber kann der Richter nicht einfach die summarischen Strafzwecke in Kleingeld umwechseln. E r muß die Strafe u. U. praeter oder sogar contra verbum legis bemessen, nämlich ausgleichend berücksichtigenswerten Gesichtspunkten gerecht werden, die in der gesetzlichen Typik nicht in Erscheinung treten, durch einen Fehler des Gesetzes oder seiner Anwendung unter den Tisch gefallen sind oder sich erst durch den Wandel der Wert- oder Wirklichkeitswelt ergeben oder verstärkt haben. Dies alles freilich stets nur im Rahmen eines immanenten sachlichen Ausgleichs: um individualisierend den generellen Gesamtwertungen des Gesetzes bei lokalen Unstimmigkeiten am besten gerecht werden zu können, oder auch im Sinne eines m e t h o d i s c h e n Ausgleichs. So BGHSt. 1 131, 308: Die Weite eines Strafrahmens findet ihr Gegengewicht in verpflichtenden Grundsätzen der Strafbemessung. — Nicht etwa darf der Richter generell seine eigenen Wertungen an die Stelle der gesetzlichen setzen, etwa z. B. durch prinzipielle Verhängung der Mindeststrafe bei Fällen des § 175. BGHSt. 1 136 kommt allerdings einer generellen Gesetzeskorrektur gleich und überschreitet damit die richterlichen Möglichkeiten (betr. obere Strafgrenze bei §49a). Vgl. dort Anm. II. So mußten bis zum 3. StrRÄndGes. die offensichtlichen Unstimmigkeiten in den Strafrahmen der Tötungsdelikte möglichst im Wege der Strafzumessung ausgeglichen werden, BGHSt. 1 239. Ferner BGHSt. 3 178: „Solange sich der Gesetzgeber nicht zu einschneidenden Maßnahmen gegen angetrunkene und andere leichtfertige Kraftfahrer entschließt, . . . werden die Gerichte sie nachdrücklich anwenden müssen" (sc. Grundsätze über Straferschwerungsgründe). Unzuträglichkeiten ergeben sich namentlich dann, wenn ein Novellengesetzgeber ganz andere, später wieder verlassene Anschauungen von den Strafgründen, -zwecken und -höhen verfolgte als der ursprüngliche. So etwa in den jetzt noch nicht bereinigten Fällen der §§ 153 einerseits, 156 andererseits, und § 218 Abs. 3. Dazu N J W 53, 1161, aber auchMaaßen MDR 54, 4f. Soweit sich die durch § 56 entstandenen Unstimmigkeiten zwischen den Strafrahmen der §§ 222/226, 221 III/217, 222/224/226/229 II/251 nicht konstruktiv beseitigen lassen, wird es ebenfalls richterlichen Ausgleichs im Einzelfalle bedürfen. — Mit dem Grundsatz des § 50 Abs. 1 und seiner Ausprägung bei den uneigentlichen Amtsdelikten ist die volle Akzessorietät bei den eigentlichen Amtsdelikten unvereinbar. Auch dieser Fehler des Gesetzes ist de lege lata nur bei der Strafzumessung zu berichtigen (vgl. jedoch auch den Konstruktionsversuch von Mezger Lb. S. 452). Auch daß der Anstifter u. U. schlechter wegkommt, wenn der Angestiftete untätig bleibt (§ 49 a), sollte durch Strafzumessung ausgeglichen werden: so die (aufgegebene) BGHSt. 1 131. Dazu Niese J Z 53, 175. Allgemein läßt sich auf dem Boden der limitierten Akzessorietät 5*

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der Gedanke dogmatisch nicht zum Ausdruck bringen, daß der Anstifter den Angestifteten in Schuld und Strafe geführt hat (vgl. schon RGSt. 15 314). Das muß die Strafzumessung, etwa wenn der Haupttäter unbescholten war, ergänzen. — Vgl. auch BGHSt. 1 137 (Angestiftetsein als Strafmilderungsgrund); grundsätzlich hierzu meine Notw.Teiln. S. 29ff., 46ff. — Verstöße gegen das Besatzungsrecht können bei der Täterwürdigung Strafzumessungsgrund sein: BGH MDR 54 528. — Häufung von Strafmilderungsgründen (§§ 51 II, 55 II): vgl. unten zu 9. — Beim Fortsetzungszusammenhang verlangt die Praxis Gesamtvorsatz. Dazu BGH J R 53 430: Wenn der zunächst widerstrebende Beteiligte, der von Fall zu Fall verführt werden muß und deshalb sittlich in der Regel höher steht, höher bestraft werden muß als der mit Gesamtvorsatz und damit „fortgesetzt" handelnde Teilnehmer, so muß es dem Tatrichter überlassen bleiben, bei der Festsetzung der Strafe einen gerechten Ausgleich zu schaffen. 5. Die Strafzumessung ändert also gegenüber den gesetzlichen Strafdrohungen nicht nur die Akzente der Strafzwecke, sondern u. U. auch die des Verbrechensbegriffs. Sie ist auf die Gesamtheit der Strafrechtszwecke zu beziehen. Daraus folgt, daß der Richter in diesem weiteren Rahmen auch Umstände außerhalb der eigentlichen Strafzwecke und jenseits von Tat und Schuld zu berücksichtigen hat. Z. B. der Täter ist nach der Tat durch einen schweren Unfall aktionsunfähig geworden. Dies gilt namentlich auch da, wo die verschuldete Gefährlichkeit des g e f ä h r l i c h e n G e w o h n h e i t s v e r b r e c h e r s als solche einen gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Strafschärfungsgrund bildet (hier wie andererseits bei den mildernden Umständen kommt es auf den tatsächlichen Charakter als individualisierenden Strafzumessungsgrund an, nicht auf die formelle Frage, ob der Gesetzgeber die individualisierenden Momente schon angibt oder, wie bisher bei der allgemeinen Strafzumessung, dem Richter keine Richtlinien gibt). Mit Recht hat BGHSt. 4 226 in der — individualisierenden — Täterwertung das für § 20 a Maßgebliche gesehen und ihn deshalb wie die mildernden Fälle zu den S o n d e r s t r a f r a h m e n gerechnet (im Gegensatz zu den S o n d e r t a t b e s t ä n d e n ) . Über die innerhalb dieser Gruppe zu machenden weiteren Unterschiede s. o. 2d—f. 6. Als Ergebnis läßt sich feststellen: Bei der Strafzumessung steht der Resozialisierungszweck im Vordergrund, soweit er im Einzelfall überhaupt in Betracht kommt. Aber der Richter hat nicht nur „am Täter eine Aufgabe zu lösen", sondern auch an der Allgemeinheit. Er hat die sittenbildende und -erhaltende Kraft des Strafrechts zu bewähren. Hierzu gehört im Strafrecht wie in jedem anderen Rechtsgebiet, daß er den Anschauungen der rechtschaffen Denkenden entspricht. Strafrecht wird nicht in der Retorte gemacht. Wenn er diese Aufgabe ignoriert, zerstört er die Rechtsordnung, statt sie zu verwirklichen. Dann kann er auch nicht einmal die erste lösen. Denn die bloße Behandlung eines Menschen als Individuum verfehlt das Wesen einer wirklichen R e s o z i a l i s i e r u n g . Diese muß im Raum des R e c h t e s stattfinden. Sie bedeutet ein Zurückführen des Täters zu den von ihm verfehlten G e m e i n s c h a f t s w e r t e n , wie sie im Volk lebendig sind. Eine brauchbare Richtlinie geben heute schon die §§ 62 ff. des Entw. 1959. Die Rücksichtnahme auf die „verschuldeten Folgen", denen die verschuldete Gefährdung gleichstehen muß, ist unerläßlich. Sie fordert nicht nur die Bewährung der Rechtsidee, sondern auch die Generalprävention. Konnte freilich der Täter die verheerenden Auswirkungen gerade seiner Tat auf die Allgemeinheit

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nicht erkennen — seine Tat war die erste dieser Art, machte erst später Schule — so darf an ihm kein „Exempel statuiert" werden. Vgl. oben zu IV 1. 7. Die Praxis neigt offenbar gegenüber der Lehre mehr zur Berücksichtigung der Generalprävention (so Schultz MDR 51, 660). Sie hat sich vor Einseitigkeiten gehütet, aber z. T. mit einem unklaren Nebeneinander der Strafzweeke begnügt und insbes. die Aufgaben des Richters und des Gesetzgebers nicht differenziert (s. o. zu I I I 4c, IV 1). Vgl. etwa RGSt. 61 417, J W 81 1613 und ihm folgend Hamburg HESt. 2 229, aber auch BayObLG N J W 51 245, Hamm SJZ 50 844 und N J W 52 799. Ebenso BGH NJW 51 770. Neuerdings unter ausdrücklicher Berufung auf die grundlegende E 58 106, 109 sodann BGHSt. 3 179: Entscheidend Bedeutung der Tat für die Rechtsordnung und der Grad der Schuld. Aber das ist fast synonym, da es ohnehin nur auf die verschuldeten Folgen ankommen kann und andererseits die Schuld im Kern nach wie vor tatgebunden ist. Die Formel kann zudem leicht zu einem einseitigen Vergeltungsdenken verleiten. Das eigentliche Problem: die Spannung zwischen Vergeltung und Präventionszwecken, nimmt der BGH trotz seines Vorbildes nicht wieder auf. Das RG hatte es a. a. O. in die bekannte Formel gefaßt, daß maßgebend meist der Zweck der Sühne und Vergeltung, daneben meist auch noch der Abschreckungszweck sei, während Besserung und Sicherung dahinter zurückträten. Entscheidend und bisher immer übersehen ist jedoch, daß es damit keine endgültige Rangordnung der Strafzwecke aufstellen, sondern nur den Ausgangspunkt einer Weiterentwicklung kennzeichnen wollte, auf deren ersten Anstoß, den § 27b, es selbst bereits nachdrücklich hinweist und die inzwischen namentlich in den §§ 23 ff. wesentliche weitere Etappen erreicht hat. S. o. I I I 4b und IV 2b. BGHSt. 6 215 stellt Erziehung und Besserung der Sühne und Abschreckung abwägend gegenüber (betr. § 26). Mehr negativ ist die Umschreibimg in BGHSt. 2 90: einseitige Überbetonung des Sicherungszwecks auf Kosten des Schuldgedankens und der Gerechtigkeit macht § 20 Abs. 2 RJGG — also eine g e s e t z l i c h e S t r a f b e s t i m m u n g — ungültig. Den Vergeltungsgedanken („gewollte Übelszufügung'') betonen BGHSt. 3 268, 4 332, 5 130 368, den Sühnezweck BGHSt. 5 334, das Sühnebedürfnis BGHSt. 6 87, Schuldangemessenheit mit Ermessensspielraum für andere Strafzwecke, insbes. Generalprävention BGHSt. 7 28 (betr. § 51 Abs. 2) und 89 (mit Beispiel). Im übrigen betont die Nachkriegspraxis meist nur allgemein, daß grundsätzlich alle Strafzweeke bei der Zumessung zu berücksichtigen sind, wenn auch nicht im Sinne notwendiger Gleichberechtigung (Oldenburg JBlOld. 47 Sp. 79; Kassel SJZ 47 560). Einschränkung der Generalprävention bei Braunschweig NJW 58 1738: die Verhältnisse und Umstände, aus denen die Tat erwuchs, müssen ähnlich bei anderen möglichen Tätern gegeben sein. In dieser Formel bleibt aber der wertvolle Gedanken der „Generalprävention durch Vergeltung" (Hellmuth Mayer § 5) unberücksichtigt. 8. Einzeltragen. Das L e u g n e n des Angekl. darf — ebenso wie andererseits das G e s t ä n d n i s — nicht etwa als Strafe bzw. Belohnung für Prozeßverhalten, sondern nur dann für die Zumessung ins Gewicht fallen, wenn sich daraus Schlüsse ziehen lassen, wie der Täter zu seiner Tat steht, als Anhalt für das Maß der Schuld und den Grad der Gefährlichkeit. BGHSt. 1 103 und 105. Vgl. auch BGHSt. 1 342; weitere Angaben bei W ü r t e n b e r g e r JZ 52, 546. 38, 207. Aus demselben Grunde darf Berufung auf Rechtf.- oder Entschuld.Gründe in der Regel nicht als einsichtsloser Starrsinn gewertet werden: BGHSt. 3 199. — Bei F a h r l ä s s i g k e i t s t a t e n

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darf m a n g e l n d e E i n s i c h t grundsätzlich n i c h t zu Strafschärfung führen: BGH N J W 52 434, Düsseldorf VRS 6 465; einschränkend Köln N J W 53 876, vgl. aber auch GA 58 251. — Vgl. ferner E 44 254 (die in einem früheren Verfahren ergangene Freisprechung oder Verurteilung kann, selbst entgegen den damaligen Feststellungen, als Strafzumessungsgrund verwertet werden). — E 57 379, 59, 251 und 423, 70 220, BGH J R 58 386: ein gesetzliches T a t b e s t a n d s m e r k m a l darf nicht außer zur Feststellung der Tatbestandsverwirklichung n o c h m a l s als strafschärfendes Moment herangezogen werden; kritisch dazu Dreher J Z 57, 155. E 69 147: die Übertretung eines wegen Subsidiarität ausscheidenden Strafgesetzes kann innerhalb des Strafrahmens des primären Strafgesetzes als straferhöhend in Betracht kommen. Ebenso wohl bei Idealkonkurrenz E 60 287 (§ 5 I I StrTilgG hindert nicht, eine getilgte Strafe nach freiem Ermessen bei der Strafzumessung als Straferhöhungsgrund zu verwerten). — Die sittliche Verwahrlosung des Opfers eines SittlVerbrechens sei grundsätzlich strafmildernd zu berücksichtigen: J W 39 752. — A l l g e m e i n über die strafrichterliche Beurteilung einer Person aus ihrem V o r l e b e n heraus vgl. noch J W 38 3157: Bisherige gute Führung und Unbestraftheit rechtfertige die Annahme mildernder Umstände dann nicht, wenn sie wegen der geordneten und unbeschwerten Verhältnisse, aus denen der Täter stammte, „kein besonderes Verdienst bedeute". — Eingehende Darstellung auch der Rechtsprechung bei Peters, Die kriminalpolit. Stellung d. StrRichters (1932). — S e l b s t v e r s c h u l d e t e R a u s c h z u s t ä n d e sind regelmäßig, also nicht grundsätzlich, als Strafmilderungsgrund ausgeschlossen. Jagusch L K S. 100, BGH (unten X I 3 zu §51). — M i t w i r k e n d e s V e r s c h u l d e n des Verletzten bei Fahrl. stärker berücksichtigt als sonst. BGHSt. 2 188; 3 219. K e i n G e s i n n u n g s s t r a f r e c h t ! BGH J R 54 389 betr. Verhalten nach der Tat. — G e t i l g t e V o r s t r a f e wegen Mordes: BGHSt. 6 243. — P r o z e s s u a l : F ü r die Strafzumessungstatsachen gilt nicht der Anklagegrundsatz. B G H N J W 51 770. Sie müssen aber einwandfrei erwiesen sein: BGHSt. 151. R e v i s i b e l sind nur die Grundsätze, nicht auch die Tatsachen der Zumessung. Dazu v. Weber MDR 49, 389, Würtenberger J Z 52, 547 und Eb. Schmidt MatStrRRef. 9. Der BGH hält sich hier zurück: zust. Jagusch L K S. 92, auf dessen eingehende Ausf. S. 91—111 auch sonst zu verweisen ist. 9. Bei Zusammentreffen von Minderungsgründen, die auf d e m s e l b e n Grundgedankenberuhen, nur e i n e Strafmilderung: BGHSt 5 283 ( = LMj§ 51 I I Nr. 4, Anm. Frankel) betr. §§5111/5511. A n d e r s , wenn mild. Umst., § 44 u. § 51 I I zusammentreffen: BayObLG N J W 51 284, OGHSt. 2 389,393. - Begegnen mindernde Gründe e r s c h w e r e n d e n , so gilt das zu §51 I I Anm. X I 2 Gesagte (betr. § 20a). Ferner BayObLG a. a. O.: Durch § 51 I I Anrechnung besonderer Roheit nicht ausgeschlossen. V. Die Strafen des geltenden Rechtes werden in diesem Abschnitt des StGB nicht erschöpfend behandelt. W e i t e r e s. in §§40,335. Auch von den unten Vorbem. B genannten „Maßregeln" werden einige gelegentlich als „Strafen" aufgefaßt; so vor allem von H . M a y e r StrR § 64. Innerhalb der echten Strafen sind zu unterscheiden: H a u p t - u n d N e b e n s t r a f e n . Auch § 76 n. F. geht v o n diesem Unterschied aus. NStr. nennt man solche, die n u r in Verbindung mit einer H S t r . verhängt werden können; trotzdem sind es aber echte „Strafen" (i. Gegensatz zu „Maßregeln"). B e i s p i e l : Geldstrafe ist

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HStr., denn sie kann auch allein verhängt werden; dagegen ist Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte Nebenstrafe. B. Die Maßregeln des geltenden Rechts. — Über ihren grundsätzlichen Unterschied von den „Strafen" vgl. Vorbem. vor Abschn. I a . Er ist bedeutsam u. a. f ü r § 2 I gegenüber 2 IV, für die §§ 3 bis 7, 60, 70, 73 f., EinfG § 5, StPO § 263; ferner für Begnadigung, Amnestie und Niederschlagung, die nur „Strafen" treffen (vgl. Gnadenordnung v. 6. 2. 35 in D J 35, 203, wo der § 3 die Unterscheidung zugrunde gelegt hat). Für Idealkonkurrenz, früher ein wichtiges Anwendungsgebiet, hat die Unterscheidung durch GSSt. in E 73 148 an Bedeutimg verloren — leider freilich nicht dadurch, daß der GSSt. sich über das Wesen von „Strafen" und „Maßregeln" ausspricht, sondern dadurch, daß er „Nebenstrafen" für den Bereich des § 73 den „Maßregeln" gleichsetzt: Anm. I I I Abs. 3 zu § 73. Zu den „Maßregeln" i. e. S., die „Sicherung und Besserung" bezwecken, treten im folgenden noch solche der G e n u g t u u n g ; ferner die Erziehungsmaßregeln lind Z u c h t m i t t e l des Jugendstrafrechts. Ob es sich bei den Verbrechensfolgen des geltenden Rechts um eine » Strafe" oder eine andere Maßnahme handelt, ist, soweit das Gesetz es nicht ausdrücklich sagt, nach den in Vorbem. A angestellten Erwägungen zu entscheiden; d. h. danach, ob die Verbrechensfolge angedroht ist als S ü h n e für eine Tat (daß sie auch „zweckmäßige" Nebenwirkungen hat, steht nicht im Wege); oder aber n u r a n l ä ß l i c h einer StrTat, aber ihrem Wesen und Hauptzweck nach im Hinblick auf andere Wirkungen. Danach sind NichtStrafen: 1. Die im Abschnitt l a angedrohten „Maßregeln" i. e. S. Sie treten „ n e b e n " eine Strafe. Ausnahme § 42 b im Falle von § 51 I und § 55 I : sie kann der Strafrichter auch a n l ä ß l i c h einer straflosen Tatbestandsverwirklichung durch einen Unzurechnungsfähigen anordnen, also verbunden mit Freisprechung. Zweifelhaft ist, ob in § 7 JGG auch die Entziehung der Fahrerlaubnis an Bestrafung gebunden ist (Celle Ss. 695/53). Dazu unten § 42m Anm V, BGHSt. 6 394. 2. Zulässigkeit von Polizeiaufsicht (§ 38) muß entgegen E. 17 193, 32 439 als V o r b e u g u n g s m a ß n a h m e , mindestens a u c h als solche angesehen werden. Bei IdKonk. könnte sie also — auch ohne E 73 148 — dem milderen Gesetz entnommen werden. 3. Einziehung. Wenn sie nur gegenüber dem Eigentum des Täters zulässig ist, so ist sie Strafe. Anderenfalls (z. B. bei Wilderei) vorbeugende Maßnahme. Näheres zu § 40. 4. Unbrauchbarmachung nach § 41 ist unabhängig vom Tätereigentum. Deshalb nimmt E 14 161 an, daß Bie keinen Strafcharakter hat. Nach E 17 311 hat sie eine Doppelnatur. Näheres zu § 41. 5. Aberkennung der Eidesfähigkeit (§ 161) ist nach E 60 285 vorbeugende Maßnahme, nicht Strafe. 6. Veröffentlichung des Strafurteils: StGB §§ 165, 200; UnlWettbG § 23 I u. I I ; LebMittG § 15 u. a. In der Rechtspr. des RG begegnen drei Ansichten: 1. Nach E 6 180 (PlenEntsch.) enthält §200 nur eine Strafe; Genugtuung sei Nebenwirkung; ähnlich E 53 290. — 2. In E 73 24 nimmt der erste und in DR 39 364 der zweite Senat eine Doppelnatur an. — 3. In D J 37 1227 (Anm. K. Schäfer) und D J 39 1687 nimmt der dritte Senat nur Genugtuung an. — Richtig dürft©

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•ein, zu u n t e r s c h e i d e n : die VeröffBefugnis hat in §§ 200, 165 und UWG § 23 I I eine Doppelnatur; dagegen ist sie in UWG § 23 I und LebMittG § 15 nur Strafe. Begnadigung und Amnestie treffen sie also nur, wenn sie gemäß UWG § 23 I oder LebMittG § 15 verhängt ist. Für Idealkonkurrenz war die Frage besonders bedeutsam. Sie ist hier durch E 73 148 (GSSt.) gegenstandslos geworden, ohne freilich grundsätzlich entschieden zu sein. Weiteres Material bei Jagusch LK 7 S. 89f. 7. Buße (§§ 188, 231) ist nur Genugtuung für den Verletzten, nie Strafe. E 55 188; 60 12, früher streitig. 8. Verfallserklärung (§ 335) ist Strafe: HRR 40 196. C. Jugendstrafrecht. 1. Die Strate ist auch hier nachdrückliche sozialethische Mißbilligung: „Strafmakel", vgl. §§ 94ff. JGG, aber der Besserungszweck, hier zum Erziehungszweck gesteigert, tritt in den Vordergrund (§§ 5, 18ff. JGG). Darum erforderlichenfalls relativ u n b e s t i m m t e Strafe: § 19 JGG; darüber Heinen MDR 54, 264. Im gleichen Sinne die S t r a f b e m e s s u n g s r e g e l des § 18 Abs. 2. Vgl. aber auch § 17 Abs. 2: „Schwere der Schuld". Nach BGHSt. 10 233 muß der Jugendrichter, auch wenn das Rechtsgefühl der Allgemeinheit S ü h n e durch Vollstreckung verlangt, prüfen, ob die E r z i e h u n g besser durch Strafaussetzung erreichbar. 2. Die Erziehungsmaßregeln der §§ 9ff. JGG sind keine Strafen. Soweit sie ausreichend sind — ausreichend freilich auch vom Standpunkt der Gemeinschaft — ist von Strafe abzusehen (§ 5 Abs. 3 JGG). 3. Auch die Zuchtmittel der §§ 13 ff. JGG sind keine Strafen: § 13 Abs. 3: Insbes. auch nicht der Jugendarrest. Indessen führt E 75 282 mit Recht aus: „Das ändert grundsätzlich nichts daran, daß auch mit der Verhängung von JA dem Sühnebedürfnis der Allgemeinheit wegen einer StrTat genügt werden soll; der JA soll da, wo er verhängt wird, die Aufgaben erfüllen, die sonst der Strafe zukämen, an deren Stelle er im einzelnen Falle tritt; er soll also ebenfalls sühnend, erziehend, abschreckend wirken." Gewisse spezifische „ S t r a f ' - W i r k u n g e n sind ihm aber genommen. Er begründet keinen „Rückfall" und wird nicht im Strafregister eingetragen. Vgl. außerdem Anm. VI zu § 60. — S. u. im Anh. Nr. 15. D. Bestraft werden kann nnr der Mensch, die natürliche Person, nicht auch die juristische Person oder andere Personenverbände als solche. Societas delinquere non potest. So die deutsche Rechtsauffassung und im Einklang damit die kontinentale überhaupt; anders die englische und mehr noch die nordamerikanische. Hierzu L a n g e , Zur Strafbarkeit von Personenverbänden, JZ 52, 261; H e i n i t z , Empfiehlt es sich, die Strafbarkeit der juristischen Person vorzusehen ? Gutachten zum 40. Dt. Juristentag 1953; J e s c h e c k , Die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Personenverbände, ZStW 65 (1953), 210ff., vgl. auch B l a u J R 53, 325, MDR 54, 466, Rud. S c h m i t t , Strafrechtliche Maßnahmen gegen Verbände, 1959. Im einzelnen: 1. Ein Ansatz zur Bestrafung von Personenverbänden als solchen — § 393 RAO — wurde zunächst von der Rspr. des RG, sodann von der Novellengesetzgebung zur RAO jeder praktischen Bedeutung entkleidet. Vgl. E 16 123; 28 105; 83 264 mit grundsätzlicher Begr.; dazu und zum Ges. vom 5. 7. 39 Lange a. a. O. S. 262ff. 2. In unvereinbarem Widerspruch hierzu sieht das Besatzungsrecht insbes. in den alliierten Devisengesetzen die Strafbarkeit auch von Personenvereinigungen vor:

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Art. 5 Ziff. 7 Ges. 14, Art. VIII, X a Ges. 53 der AllOberKomm. Diese Bestimmungen sind wegen Verstoßes gegen den ordre public des deutschen Rechts für deutsche Gerichte grundsätzlich unanwendbar, wenn auch nicht gänzlich ungültig. Näheres in J Z 52, 263f. Ebenso LG Berlin J R 53 345, a n d e r s aber die dieses Urteil aufhebende Entsch. des BGH Bd. 5 28ff.: solche Bestrafung passe zwar nicht zu dem deutschen sozialethischen Schuld- und Strafbegriff, aber auch bei uns h a f t e die jur. Person für Geldstrafen und Kosten gem. §§ 416, 417 RAO und sei die Geldstrafe ein g e e i g n e t e s M i t t e l , ihr die Vorteile der Tat wieder abzunehmen, wie das Bußgeld bei Ordnungswidrigkeiten (so OLG Freiburg DevRdsch. 1952, 91, KG DevRdsch. 1952 175). Dieser Schluß erscheint grundsätzlich unzulässig. Dagegen wie hier auch Heinitz J R 5 4 , 6 7 , Schneider N J W 5 4 , 1637. Ebenso aber auch BGH in J R 5 4 190. Positive Geltung bejahen auch Laumann DevRdsch. 52,49, Pingel J Z 52, 549 und die dort Zit. Die herrsch. Mg. aber teilt den hier vertretenen Standpunkt. Zum älteren Schrifttum vgl. J Z 52, 261 und 264. Neuerdings vgl. außer Heinitz und Jescheck und den dort Zit. Schönke-Schröder Vorbem. IV 1 vor § 47, Mezger, StB I 46, ferner die Referate von Engisch und Härtung auf dem 40. Dt. Juristentag sowie Bruns, J Z 54, 12, Siegert N J W 53, 528, fast alle auch de lege ferenda. Insoweit erwägt jedoch v. Weber Sonderstrafen (DRiZ 51, 155 und J Z 53, 294ff.), Härtung a. a. O. Maßregeln, Eb. Schmidt Ordnungsbußen, wie es schon den §§ 23, 24 WiStG 1949 entsprach (Haertel-JoelSchm. WiStG S. 31ff.). Vor allem wird der Ausbau der Haftung, den der BGH ungenügend von der Bestrafung unterscheidet, zu prüfen sein. Vgl. Verh. des 40. Dt. JurTages S. 65ff. Schon de lege lata nehmen bloße Haftung an: Langen. Komm. z. DevGes. Art. V I I I Anm. 5, Gurski, Dt. Devisenrecht 1950 S. 59 Hocke, DevRdsch. 1951 S. 11 sowie die AV 2/50 I I (4); dazu Pingel a. a. O. Anm. 14. — Bedenkliche Folgerungen aus BGHSt. 5 28: J R 54 387 (abl. Anm. Seewald) betr. § 19 OWG. Vgl. unten § 40 Anm. I. E. Ordnungswidrigkeiten sind von Straftaten wegen ihres mangelnden kriminellen Gehalts qualitativ unterschieden (h. M., vgl. Eb. Schmidt, Mat S t R Ref. 17; über Folgerungen Lange GA 1953,3 ff., bestr. aber z. B. von H. Mayer StR S. 71). Über die Geldbuße des OWG vgl. Hamm N J W 53 274 im Anschl. an Rotberg: „Verwaltungsmittel, um dem Gebot oder Verbot Achtung zu verschaffen." Daher gelten für ihre Bemessung nicht ohne weiteres die Grundsätze der Strafbemessung, wohl aber die übergreifenden Grundsätze der Gerechtigkeit, Rechtssicherheit, Ökonomie der Mittel, Verhältnismäßigkeit usw. Gemer N J W 52, 523 legt die Motive dahin aus, daß hier ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters nur von dem objektiven Unrechtsgehalt auszugehen sei. Dem kann nicht gefolgt werden; ebensowenig dem K G in J R 53 345, das Anwendbarkeit des § 54 StGB verneint. Denn die Trennung beider Gebiete ging gerade vom Schuldgrundsatz aus (ist S t r a f e verdient ?). Der aber ist in beiden Fällen außer acht gelassen. Auch Jagusch L K S. 100 betont, daß die Schuld wesensgleich sei. Todesstrafe § 13 [Die Todesstrafe ist durch Enthauptung zu vollstrecken]. G e s t r i c h e n durch Art. I Ziff. l b des 3. StrafrechtsÄndGes. gem. Art. 102 GG. — Zur Geschichte und Gesetzgebung vgl. K o h l r a u s c h HWBdKrim. I I 795; D ü s i n g , Abschaffung der Todesstrafe, 1962; D r e h e r , Für und wider die Todesstrafe, ZStW 70, 543.

Strafen §§ 14, 15, 16

74 Zuchthausstrafe

§14 (1) Die Zuchthausstrafe ist eine lebenslange oder eine zeitige. (2) Der Höchstbetrag der zeitigen Zuchthausstrale ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestbetrag ein Jahr. (3) Wo das Gesetz die Zuchthausstrafe nicht ausdrücklich als eine lebenslange androht, ist dieselbe eine zeitige. I. Unzulässig bei Jugendlichen JGG §§ 17ff. — Für Heranwachsende vgl. §§ 105, 106 JGG. II. Lebenslang gem. §§ 80, 89, lOOd, 178, 211 (ausschließlich), 212, 229, 251, 307, 312,315, 316a, 324 StGB, 5 SprengstGes. Strafgrund ist abgesehen von schwersten politischen und Verkehrsdelikten stets die Tötung eines Menschen, diese aber auf ganz verschiedener Schuldstufe (§ 56). III. Die Höchstgrenze des Abs. 2 gilt auch bei Realkonkurrenz und Bildung einer Gesamtstrafe (§ 74 Abs. 3, § 79). Z. über 15 Jahre im Fall der Anm. III zu § 79: E 4 54, ferner im Fall des § 29 Abs. 1. IV. Umrechnung kürzerer „Versuchs"-Str. in Gef.: §441112. V. Ehrenfolgen treten teils von R e c h t s wegen ein (§31), teils kann auf sie erkannt werden (§§ 32ff.). E h r v e r l u s t ist vorgeschrieben bei jeder Verurteilung gem. §§ 161 Abs. 1, 181 Abs. 2, 302d und e. VI. Rechtsverwirkungen im Beamtenrecht, Familienrecht (§1676 BGB), Jagdrecht. §15 (1) Die zur Zuchthausstrafe Verurteilten sind in der Strafanstalt zu den eingeführten Arbeiten anzuhalten. (2) Sie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt, insbesondere zu öffentlichen oder von einer Staatsbehörde beaufsichtigten Arbeiten verwendet werden. Diese Art der Beschäftigung ist nur dann zulässig, wenn die Gefangenen dabei von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden. D. h. sie m ü s s e n beschäftigt werden, und sie haben keinen Ansprach darauf, daß die Arbeit ihren Fähigkeiten oder Verhältnissen angemessen ist (anders § 16 II). Vgl. jedoch AV in DJ 38,887 und 39,918. — Für A u ß e n a r b e i t i s t ihre Zustimmung nicht nötig (anders § 16 III). — Über E i n z e l h a f t § 22. Gefängnisstrafe

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(1) Der Höchstbetrag der Gefängnisstrafe ist fünf Jahre, ihr Mindestbetrag ein Tag.

Strafen §§ 17, 18

75

(2) Die zur Gefängnisstrafe Verurteilten können in einer Gefangenenanstalt auf eine ihren Fälligkeiten und Verhältnissen angemessene Weise beschäftigt werden; auf ihr Verlangen sind sie in dieser Weise zu beschäftigen. (3) Eine Beschäftigung außerhalb der Anstalt (§ 15) ist nur mit ihrer Zustimmung zulässig. I. Ehrenfolgen k ö n n e n mit ihr verbunden werden: §§ 32ff. Betr. E h r v e r l u s t vgl. aber auch § 14 Anm. V. — Verurteilung zu mindestens 1 Jahr Gef. wegen Vorsatztat beendigt das B e a m t e n v e r h ä l t n i s : §43 BBG. Vgl. §§85, 98, 101 StGB. Ferner § 1676 BGB. II. Höchstbetrag bei Realkonkurrenz; 10 Jahre (§ 74 Abs. 3, § 75, § 79; Höchstmaß der J u g e n d s t r a f e 5, bei schweren Verbrechen Jugendlicher 10 Jahre, JGG § 18; für Heranwachsende 10 bzw. 15 Jahre, vgl. §§ 105 Abs. 2, 106 JGG). Mindestbetrag bei Jugendlichen sechs Monate. Jugendstrafe und Gefängnis sind zwei ihrem Wesen nach verschiedene Strafübel, die auch nicht eine Gesamtstrafe bilden können: BGHSt. 8 349 ( = LM Nr. 2 zu § 108 JGG m. Anm. Arndt); 10 100. III. Strafvollzug: vgl. Vollzugsordnung Nr. 3 (betr. Erstbestrafte); JGG § 17,82ff. Einschließung

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(1) Der Höchstbetrag der Einschließung ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestbetrag ein Tag. (2) Die Strafe der Einschließung besteht in Freiheitsentziehung mit Beaufsichtigung der Beschäftigung und Lebensweise der Gefangenen. Sie wird in besonderen Anstalten oder in besonderen Abteilungen von Anstalten vollzogen. I. Neufassung durch das 3. StrRÄndGes., das allgemein die frühere „Festungshaft" durch „Einschließung" ersetzte. Der Name stammt aus dem Entw. 1922. Sachliche Änderungen sind der Wegfall der lebenslangen Dauer und die Rückkehr zu den früheren, 1933 verengten Voraussetzungen in § 20. Das Anwendungsgebiet ist sehr klein: §§ 105, 106, 201ff„ 345 StGB, § 21 PreßGes. Haft § 1 8 (1) Der Höchstbetrag der Haft ist sechs Wochen, ihr Mindestbetrag ein Tag. (2) Die Strafe der Haft besteht in einfacher Freiheitsentziehung. I. Angedroht bei Übertretungen: §§ 360ff„ und einzelnen Vergehen: §§ 185, 186. II. Bei Realkonkurrenz: Höchstbetrag 3 Monate (§ 77 II, § 78 II, § 79). III. Arbeitszwang nur bei §§ 362, 361 Ziff. 3—8 (geschärfte Haft). — Einzelhaft nur mit Zustimmung des Gefangenen (§ 22). Vgl. aber auch zu IV. Nach Jagusch LK § 18 I I I wird die geschärfte Haft durch den Arbeitszwang „praktisch zum kurzzeitigen Gefängnis". Das Wesen der Strafe liegt aber in ihrem Charakter als Mißbilligung und deren Grad, der hier qualitativ nicht verändert wird. IV. Vollzug in Haftanstalten. Vgl. hierzu und über Arbeitszwang Vollzugsordnung Nr. 67/162; ferner Nr. 163 betr. W o c h e n e n d v o l l z u g !

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Strafen §§ 19, 20, 20 a

Bemessung der Strafen § 1 9 (1) Bei Freiheitsstrafen wird der Tag zu vierundzwanzig Stunden, die Woche zu sieben Tagen, der Monat und das Jahr nach der Kalenderzeit gerechnet. (2) Die Dauer einer Zuchthausstrafe darf nur nach Tollen Monaten, die Dauer einer anderen Freiheitsstrafe nur nach vollen Tagen bemessen werden. I. Über Tageszeit der Entlassung Bremen N J W 51 84. Vgl. auch StPO § 450 (Anrechnung von Untersuchungshaft), §461 (Anrechnung vonKrankenanstaltszeit). II. Zu Abs. 2: Zuchthaus nicht auf „Bruchteile eines Monats": E 43 320. Auch nicht bei Ermäßigung (§§44, 49, 51, 157, 158): E 60 289, 69 30, 74 249, H R R 39 54, 40 321; and. Jena H R R 37 130. — Ausnahmen bei Umwandlung (§29 Abs. 1, 2); E 4 161, 31 107 und bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 74, 79: E 8 26; 31107). — N a c h v o l l e n T a g e n : vgl. E 46 303. — Gilt nicht f ü r die auf die erkannte Strafe anzurechnende Untersuchungshaft (§60): E 41 318. — Ein halber Monat beträgt nach BGHSt. 7 322 nicht 14, sondern 15 Tage (anders RG J W 38 3103). Wahl zwischen Zuchthaus und

Einschließung § 2 0

Wo das Gesetz die Wahl zwischen Zuchthaus und Einschließung gestattet, darf auf Zuchthaus nur dann erkannt werden, wenn festgestellt wird, daß die strafbare Handlung einer ehrlosen Gesinnung entsprungen ist. I. Neufassung durch das 3. StrRÄndGes.; im wesentlichen Rückkehr zu der bis zum Ges. v. 26. 5. 33 gültigen Fassung. II. Wahl zwischen Z. und E. in StGB §§ 105, 106; zwischen Gef. und E. in StGB § 345 I I ; PreßG § 21. III. Gesinnung ist im Gegensatz zum Motiv eine k o n s t a n t e Willensrichtung und Stellungnahme zu den sittlichen Werten. IV. Ehrlos bedeutet hier nicht nur Mangel an Ehrgefühl, sondern eine Ges., die jemand der sittlichen Achtung unwürdig macht. Näheres zu diesem Unterschied von „innerer" und „äußerer" Ehre in Vorbem. I I zu §§ 185ff. Strafe gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher

§ 20a (1) Hat jemand, der schon zweimal rechtskräftig verurteilt worden ist, durch eine neue vorsätzliche Tat eine Freiheitsstrafe verwirkt und ergibt die Gesamtwürdigung der Taten, daß er ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher ist, so ist, soweit die neue Tat nicht mit schwererer Strafe bedroht ist, auf Zuchthaus

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bis zu fünt Jahren und, wenn die neue Tat auch ohne diese Strafschärfung ein Verbrechen wäre, auf Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren zu erkennen. Die Strafschärfung setzt voraus, daß die beiden früheren Verurteilungen wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens ergangen sind und in jeder von ihnen auf Todesstrafe, Zuchthaus oder Gefängnis von mindestens sechs Monaten erkannt worden ist. (2) Hat jemand mindestens drei vorsätzliche Taten begangen und ergibt die Gesamtwürdigung der Taten, daß er ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher ist, so kann das Gericht bei jeder abzuurteilenden Einzeltat die Strafe ebenso verschärfen, auch wenn die übrigen im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. (3) Eine frühere Verurteilung kommt nicht in Betracht, wenn zwischen dem Eintritt ihrer Rechtskraft und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind. Eine frühere Tat, die noch nicht rechtskräftig abgeurteilt ist, kommt nicht in Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der der Täter eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird. (4) Eine ausländische Verurteilung steht einer inländischen gleich, wenn die geahndete Tat auch nach deutschem Recht ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen wäre. I. Vorgeschichte. — VE 09, § 89 (Begr. 356ff. mit rechtsvergl. Material); K E 13 § 121; E 19, § 120 (Denkschr. S. 105f.); AE 25, § 77 (Begr. S. 54ff.); E 27, § 78 (Begr. S. 58ff., dazu Anlage I S. 70—86: rechtsvergl. Material von M i t t e r m a i e r ) . — Einführung durch Gewohnheitsverbrecherges. v. 24. 11. 33. Schrifttum: Vor § 13. Ferner: B o c k e l m a n n , Studien zum Täterstrafrecht I und I I (1939,1940). - E x n e r ZStW 53, 629. - L a n g e ZStW 62, 175. — Kriminalpolitisch: K o h l r a u s c h und G r a f D o h n a ZStW44,33. - D r e h e r ZStW 65, 481. — Mezger ZStW66,172. — S c h r ö d e r ZStW66,180. — W ü r t e n b e r g e r MatStR Ref. 8 9 . — S i e v e r t s Mat. 107. — Kriminalistisch: S c h n e 11 (Krim. Abh. H. 22), M ö 1 ler (Krim. Abh. H. 38), L ö t z (Krim. Abh. H. 41), S c h w a a b (Krim. Abh. H. 43). — E x n e r , Kriminologie 1949, 289ff. — Seelig, Kriminologie 1952, 40ff. - F r e y , Der frühkriminelle Rückfallsverbrecher 1951. — S e e l i g - W e i n d l e r , Die Typen der Kriminellen 1949. — S a u e r , Kriminologie 1950. II. Inhalt. — 1. Der § 20a ist die eine Seite des dualistischen Systems, mit dem das Gewohnheitsverbrechertum bekämpft wird. Die andere ist § 42e. Z u r S ü h n e schwererer S c h u l d : strengere S t r a f e ; zum Schutz der ö f f e n t l i c h e n S i c h e r h e i t : S i c h e r u n g s v e r w a h r u n g . Diese Trennung will die StrRKomm. beibehalten: ZStW 66, 575. Das dualistische System wird, vom Standpunkt des Tatstrafrechts betrachtet, allerdings dadurch durchbrochen, daß auch § 20a voraussetzt, daß der Täter „ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher ist", daß also die S c h u l d auch nach einer T a t - P r o g n o s e bemessen wird. Aber die Gefährlichkeit muß v e r s c h u l d e t sein: die Tatschuld wird zur T ä t e r s c h u l d erweitert. Vgl. dazu unten IV 2b. Um eine Rettung des „Tatschuld"-Gedankens bemüht sich E 68 385: § 20a betreffe nicht

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die Schuld-, sondern nur die Straffrage. Hierüber unten I I I zu 4. Nur auf den ersten Blick erscheint die Verbindung von Strafschärfung (§ 20a) und Sicherungsverwahrung (§ 42e) als eine sinnlose Häufung des „einspurigen" Systems, bei dem eine schwere und langdauernde Strafe die Sicherungsfunktion mitübernimmt, und dea „zweispurigen", bei dem dies durch Maßregeln n e b e n der — adäquat vergeltenden — Strafe geschieht. Vgl. Vorbem. I I vor § 42 a. 2. In Wahrheit lassen sich die Aufgaben von § 20a und § 42e sinnvoll abgrenzen. Die Strafschärfung des § 20a dient der Sühne. Sicherungsaufgaben übernimmt sie daneben nur ausnahmsweise, etwa wenn der alternde Täter nach Verbüßung einer langen Zuchthausstrafe nicht mehr gefährlich werden kann und deshalb nicht in Sicherungsverwahrung genommen wird. In der Regel wird dagegen der Sicherungszweck durch die Maßregel des § 42 e erfüllt. Während aber sonst mit der Strafe eine Einzelverfehlung vergolten wird und nur in den Strafzumessungsgründen dem persönlichen Unwert Rechnung getragen werden kann, hat hier der Täter seinen Persönlichkeitsverfall insgesamt zu sühnen. In der Häufung von Strafschärfung und Sicherungsverwahrung liegt also ein Dualismus von — vergeltender — Täterstrafe und Maßregel. Die Schuld als Voraussetzung der geschärften Strafe des § 20 a ist nicht so sehr Tatschuld als vielmehr Lebensführungs-, Charakterschuld und damit Täterschuld. Mit diesem zuerst von Mezger (ZStW57, 688ff., Grundriß 1. Aufl. 72ff„ 132ff., 142f.) entwickelten, jetzt auch von BGHSt. 2 209 anerkannten Gedanken steht es nicht in Widerspruch, wenn verlangt wird, daß der Täter innerhalb der Grenzen menschlichen Vermögens auch mit Belastungen seiner Persönlichkeit fertig wird, für deren Entstehung er nichts kann (ererbte Anlagen, durch krankhafte Veränderungen herausgebildeter oder sonst unverschuldet erworbener Hang, E 69 129, J W 38 2731, H R R 39 187, DR 40 1277 [Anm. Mezger], aber auch D R 42 889). „Du kannst, denn du sollst!" Zu beachten ist indessen gerade für solche Fälle, daß im Bereich des Abs. 2 der Täter im Urteil zwar als gefährlicher Gewohnheitsverbrecher charakterisiert, daß aber von einer Strafschärfung abgesehen werden kann. Vgl. E 70 129 sowie Vorbem. I I I zu Abschn. l a und Anm. I I zu § 59. — BGHSt. 1 99 fordert „Verhältnismäßigkeit" und „Angemessenheit" des Vorgehens gem. §§ 20a, 42e, s. u. IV 2 vor a). Im Bereich des Abs. 1 ist der Richter freilich auch in Fällen, in denen klar ist, daß der Täter einer unverschuldeten Belastung nicht Herr werden kann, zur Strafschärfung gezwungen. Die Praxis sucht hier gelegentlich auf prozessualem Wege auszuweichen, indem sie besondere Anforderungen an den Schuldnachweis stellt. Vgl. H R R 41 726 betr. unverschuldete Notlage und bes. E 73 277 betr. Erscheinungen des Rückbildungsalters nach einwandfreiem Leben. Näheres unten IV 2 a. Man denke aber auch an Fälle von Gehirnverletzungen u. dgl. im Kriegseinsatz mit der Folge charakterlicher Veränderungen. Hier dem Rechtsempfinden wie dem Schutzzweck gemäß zu entscheiden: keine Strafschärfung, aber erforderlichenfalls Sicherungsverwahrung, wäre nur möglich, wenn auch Abs. 1 fakultativ gefaßt wäre. Aus dem Begriff der Täterschuld folgt, daß persönlichkeitsfremde Taten für § 20a auszuscheiden haben. Grundlage des Schuld-Vorwurfs ist bei § 20a eine P e r s ö n l i c h k e i t s b e u r t e i l u n g , für die die Einzeltaten lediglich als Material, als S y m p t o m e , und nur, soweit sie symptomatisch sind, in Betracht kommen

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(E 70 214; HRR 40 34; BGHSt. 5 350: „symptomatischer Ausfluß eines verbrecherischen Hanges", vgl. BGHSt. 1 99). Der Täter wird dafür schärfer bestraft, daß er sich zu einer sozialen Gefahr entwickelt hat, obwohl er etwas anderes aus sich hätte machen können. Seine Gefährlichkeit ist zunächst etwas objektiv Unerträgliches, ein U n r e c h t s m o m e n t ; zum Schuldmoment wird sie erst da, wo dem Täter ihre Entstehung oder ihre mangelnde Beherrschung vorgeworfen werden kann. Diese Vorwerfbarkeit wird freilich vom Gesetz präsumiert: unwiderlegbar in Abs. 1, widerlegbar („kann") in Abs. 2. Der „Freiheit" beim Tatentschluß entspricht hier die „Freiheit" der Persönlichkeitsgestaltung als Rechtfertigung des Schuldvorwurfs. Wie im Bettler oder Zuhälter die asoziale, so wird hier die aktiv antisoziale Persönlichkeit als solche typisiert und — wegen ihres Gesinnungsverfalls, nicht als kriminologisches Phänomen — bestraft. Ebensowenig wie dort eine Rechtsgutverletzung zum Tatbestande gehört, ist sie hier der Grund der Strafverschärfung (E 68 385 [390]). Auf die Geringfügigkeit der Beute etwa kommt es nicht an (DJ 38 1995). Dieses „ T ä t e r s t r a f r e c h t " baut auf der kriminologischen Substanz eines Hanges zum Verbrechen und dessen Beurteilung als vorwerfbar auf. Es ist zu unterscheiden von der verschärften Erfassung des verbrecherischen Willens bei der Einzeltat (bloße Kann-Milderung bei Versuch und Beihilfe), die bisweilen ebenfalls so genannt wird (z. B. Dreher JZ 53, 425). 3. Die Sicherungsverwahrung wird hingegen nicht f ü r eine vorwerfbare persönliche Entwicklung und Einstellung nebst ihren schon eingetretenen oder zu erwartenden Auswirkungen, sondern z w e c k s Verhütimg k ü n f t i g e n S c h a d e n s verhängt, und zwar auf Grund einer sozialethisch wertfreien Persönlichkeitsp r o g n o s e . Hier kommt es also auf das Schuldmoment (oben zu 2) nicht an. Zum Stichtag der beiden Prognosen treffend E 72 356: für § 20a ist die Persönlichkeit des Täters im Zeitpunkt der H a u p t v e r h a n d l u n g zugrunde zu legen, für § 42e sein Zustand und die äußeren Umstände bei E n t l a s s u n g a u s d e r S t r a f h a f t . Ebenso D J 39 269 u. 1616. Wichtigste praktische Folge: ist der Täter z. Z. der Hauptverhandlung gef. Gewohnheitsverbr. i. S. des § 20a, aber voraussichtlich nach Strafverbüßung nicht mehr gefährlich, so muß bzw. kann die Strafe geschärft werden, es kann aber keine Sicherungsverwahrung angeordnet werden (HRR 39 337). Auch ein noch unreifer Mensch, bei dem begründete Aussicht auf künftige Besserung die SV erübrigt, kann g e g e n w ä r t i g gef. GewVerbr. sein: H R R 40 33. Vgl. auch H R R 40 323. 4. Echte Steigerung der Tatschuld dagegen a) in „besonders schweren Fällen", soweit die besondere Schwere der inneren Tatseite entnommen wird (vgl. Vorbem. H C vor und Anm. V u. VI zu § 1); b) nach der Auffassung des Gesetzgebers (darüber Bockelmann a . a . O . S. 11 ff.) überwiegend in den vier Rückfallbestimmungen: Diebstahl (§ 244), Raub (§ 250, 5), Hehlerei (§ 261), Betrug (§ 264), die neben § 20a weitergelten. Vgl. HRR 40 322 betr. Verhältnis zu § 20a. — Über Gewerbs- und Gewohnheitsmäßigkeit vgl. Vorbem. I I B 3 vor § 73, Schafheutie JW34, 1662 sowie DR 42 171 o. Gr.: hierfür sei es ohne Bedeutung, ob der Täter ein Gewohnheitsverbrecher sei oder nicht. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangt die eingehende Darstellung von Bockelmann a. a. O. I I S. 145ff.; vgl. jetzt auch Niethammer bei Olsh. § 20a Anm. A 2a u. c: „Das schulderfüllte Wesen des Täters wird mit verschärfter Strafe vergolten."

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III. Systematik. — 1. § 20a begründet n i c h t e i n e n s e l b s t ä n d i g e n T a t b e s t a n d . Unmöglich deshalb IdKonk. mit dem verletzten einzelnen StrGesetz (z. B. § 242). — 2. § 20a enthält aber auch den Einzelgesetzen gegenüber k e i n e s e l b s t ä n d i g e S t r a f d r o h u n g . Er erweitert nur die für die Tat aufgestellte Strafdrohung nach oben hin. Ist diese an sich schon höher als die des § 20a, so bleibt es bei dieser Höchstgrenze des Einzelgesetzes (z. B. § 244); nur ist zutreffendenfalls außerdem festzustellen, daß der Täter ein gef. GewVerbr. ist, und damit die Grundlage für die Anwendbarkeit von § 42 e zu schaffen. Vgl. E 68 349, 364. Aus einem V e r g e h e n wird, da nicht die Schwere der T a t gesteigert ist, k e i n V e r b r e c h e n . Ebenso E 74 65 (zust. Anm. Nagler in ZAk. 40, 163, Mezger DR 40, 634); anders amtl. Begr. zu § 5a StPO sowie die bei Schönke-Schröder § 20a I X Angeführten. Daher keine Strafbarkeit des Versuchs, wenn dieser nicht ohnehin strafbar: E 70 289, 72 401. Wie hier jetzt eingehend BGHSt. 4 226 (abl. Dreher GA 1953, 129, Engisch JZ 1954, 45). — 3. Ebensowenig schafft §20a ein bes. T a t b e s t a n d s m e r k m a l ; der Täter braucht also auch nicht zu wissen (§ 59), daß er ein gef. GewVerbr. ist (E 68 389). Die Rückfallsvoraussetzungen dagegen muß er kennen (E 54 274). Hier wird der Unterschied von Tat- und Täterschuld (oben zu II) deutlich. Vgl. dazu Mezger, Grundriß S. 163, aber auch Bockelmann a. a. O. II, 141. — 4. Nach E 68 385 soll eine auf die Anordnung von Sicherungsverwahrung beschränkte R e v i s i o n notwendig auch die Strafschärfung gemäß § 20 a umfassen. Ebenso J W 38 2889 und DJ 39 270 (anders J W 36 3458 für den Fall, daß die Strafschärfung irrtümlich unterblieben ist). In der R e g e l wird die Anfechtung der SV auch die Voraussetzungen des § 20a ergreifen; d e n k b a r aber ist eine Beschränkung auf die SV durchaus, z. B. wenn ausschließlich Verkennung von Umständen behauptet wird, die die z. Z. bestehende Gefährlichkeit für die Zukunft beseitigen. W e n n die Revision die Voraussetzungen des § 20a angreift, umfaßt sie — entgegen E 68 385 (388), BGH MDR 52 532, Jagusch LK I 2 die Schuld-, nicht nur die Straffrage. Denn die Verurteilung aus § 20a ändert den I n h a l t des Schuldvorwurfs (oben I I 2), während die Strafschärfung entfallen kann (§ 20a Abs. II). Vgl. E 73 81: bei i n n e r e m Z u s a m m e n h a n g zwischen Ablehnung der SV und Strafhöhe ergreift die Rev. notwendig den ges. Strafausspruch. IV. Voraussetzungen: 1. Mindestens drei vorsätzliche Straftaten. Dabei ist nach Abs. 1 und Abs. 2 zu unterscheiden (aus welchem Abs. verurteilt wird, ist festzustellen und zu begründen: Recht 35 3226; Abs. 2 ist gegenüber Abs. 1 subsidiär: DR 40 682, D J 42 187). Ein f a h r l ä s s i g e s Vergehen gegen § 330a ist auch dann keine vors. Tat i. S. des § 20a, wenn die im Rausch verübte Handlung mit sog. „natürlichem Vorsatz" ausgeführt wurde. „Das befremdende Ergebnis einer solchen Gleichstellung wäre, daß gewissermaßen der verbrecherische Hang für sich allein, ohne eine bewußte Betätigung durch eine zurechenbare Handlung, zur Rechtfertigung der oft über das Lebensschicksal entscheidenden Sicherungsverwahrung dienen könnte." DR 41 852. Nach Jagusch LK I I I 2 (gegen E 73 180) scheidet für § 20a auch ein v o r s ä t z l i c h e s Vrg. gegen § 330a aus, weil im § 330a die Schuld anderer Art als sonst sei. — Die Taten müssen v e r f o l g b a r sein, wenn Abg. 2 in Betracht kommen soll: BGHSt. 1 386 betr. fehlenden Strafantrag; arg. § 67 Abs. 5 (Verjährung). a) Abs. 1: Ist der Täter bereits zweimal verurteilt, und zwar wegen Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens zu je mindestens 6 Mon. Gefängnis, und ist

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die „neue" eine vorsätzliche Tat (Teilnahme oder Versuch genügen: E 68 169), durch die (im Einzelfall) eine Freiheitsstrafe verwirkt ist, so ist Strafverschärfung bindend vorgeschrieben. Die dem 2. Urteil zugrunde liegende Tat muß nach Rechtskraft des 1. Urteils (BGHSt. 7 178), die „neue" nach Rechtskraft der früheren Urteile begangen sein. Verbüßt braucht noch keine zu sein (E 68 216). Auch die neue Tat muß ein Verbrechen oder vors. Vergehen sein: E 73 321. K e i n e Verurteilung in diesem Sinne ist die Anordnung der Unterbringung gem. §42b: D J 39 479. — Über R ü c k f a l l v e r j ä h r u n g vgl. Abs. 3 und unten Anm. VI. — Die S p e r r v o r s c h r i f t e n haben auf die Voraussetzungen des § 20a keinen Einfluß gehabt (OGH in DRZ 49 207 und die dort Zitierten). Gesamtstrafenentscheidungen. — Hier gelten nur sie, nicht die Einzelverurteilungen, als Verurteilungen i. S. des § 20a: E 68 149; J W 34 3130; H R R 35 712. Diese Regelung kann für den Täter sowohl günstig wie ungünstig sein. Günstig: denn es zählt als eine Tat, was an sich u. U. mehrere Taten i. S. von § 20a wären (hier freilioh § 20a I I anwendbar). Ungünstig: denn, es genügt, daß die Gesamtstrafe das Mindestmaß von § 20 a I erreicht (für die Einzelstrafen ist dies nicht nötig, wenn nur auf eine von ihnen wegen eines vorsätzlichen V. od. V. erkannt ist). — Auch bei n a c h t r ä g l i c h e r Gesamtstrafenbildung (§ 79) rechnet nur die Gesamtstrafe als Verurteilung (E 68 149); freilich mit einer Einschränkung: ob nach einer Verurteilung eine „neue" Tat begangen ist, richtet sich nach der Einzelverurteilung (wenn sie die in § 20a vorausgesetzte Höhe hatte), nicht nach dem Gesamtstrafenentscheid; d. h. sie muß nach derjenigen rechtskräftigen Verurteilung begangen sein, die den Kreis der in die Gesamtstrafe aufzunehmenden Straftaten bestimmt. Vgl. E 68 428, HRR 35 712; Recht 35 3540; J W 39 619. - A. M. bzgl. der Reihenfolge der Taten und der Gesamtstrafenentsch. Rietzsch in: Dringende Fragen der SV S. 41 ff. b) Abs. 2: Fehlt zweimalige Vorbestrafung, so ist Strafschärfung nicht vorgeschrieben, aber nach Abs. 2 zulässig, wenn nur außer der abzuurteilenden noch zwei weitere Vorsatztaten (ausschl. Übertretungen) „begangen" sind. S. aber DR 43 1033. Reihenfolge hier gleichgültig. E 68 223. Die Taten dürfen nicht verjährt sein: E 75 382, DR 42 217. Eine nicht angeklagte, erst in der Hauptverhandlung neu festgestellte Tat kann für Abs. 2 mit zugrunde gelegt werden. E 75 381, DR 42 217. Gewerbsmäßig begangene Handlungen zählen seit GSSt. in E 72 164 als Einzeltaten (Vorbehalte in E 72 401). Eine fortgesetzte Handlung zählte E 68 297 i. S. des Abs. 2 nur als eine Tat. Bedenken hiergegen schon in D J 38 1137 und DR 42 1321. Anders sodann DR 43 889 (dazu Schmidt-Leichner 882), E 77 24 u. 98, KG J R 50 405 sowie Düsseldorf SJZ 50 284. Es wird darauf ankommen, ob man unter einer Fortsetzungstat lediglich die Einzelakte einer natürlichen Handlungseinheit versteht oder auch die bloße juristische Zusammenfassung einer Mehrheit von Handlungen. Im zweiten Falle zählt jede Einzelhandlung als eine Tat; denn § 20a Abs. 2 verlangt nicht mehrere „selbständige" Handlungen. Teilw. abw. die früh. Aufl., ferner Hafner in J W 34, 2690, Nagler in ZAk. 39, 371, Kohlrausch in ZAk. 38, 473. Rückkehr zu E 68 297 bei Hessen (Kassel) SJZ 49 570 und jetzt in BGHSt. 1 313 (zust. Eb. Schmidt J Z 51, 757); folgerichtig vom Standpunkt des einheitl. Vorsatzes, den die Praxis verlangt (unten Vorbem. I I B l c vor § 73). 6

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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Abs. 2 ist auch dann anwendbar, wenn (nur) eine der Taten schon abgeurteilt war; oder wenn zwar zwei Verurteilungen vorliegen, diese aber nicht die Voraussetzungen von Abs. 1 erfüllen (z. B. zu einer Gesamtstrafe zusammengezogen werden: E 68 330; J W 35 281). Auch wenn auf die Höchststrafe erkannt ist, muß § 20a geprüft werden (§42e!). D J 38 1158. 2. GesamtWürdigung dieser drei (oder auch noch weiterer) Taten muß ergeben, daß der Täter ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher ist. Den hierzu vom RG in E 68 149, 156 ; 70 214 entwickelten Grundsätzen tritt BGHSt. 194 bei; jedoch müssen Taten von erheblicher Schwere begangen oder zu erwarten sein, so daß die harten Rechtsfolgen der §§ 20a, 42 e im Verhältnis zu dem veranlassenden Vorgang als angemessene Antwort empfunden werden. a) Gewohnheitsverbrecher ist der Täter nicht schon, weil er jene Taten begangen hat. Der Rückfall muß ein Kennzeichen sein für einen eingewurzelten H a n g z u m V e r b r e c h e n , der den Täter trotz Aussicht auf Bestrafung immer wieder rückfällig werden läßt; „Unwiderstehlichkeit" des Hanges ist freilich nach DStrR 41 168 nicht erforderlich. Die Tatsache des Rückfalls allein genügt nicht als Beweis für solchen inneren Hang. Im übrigen einerlei, ob der Hang angeboren oder ob er erworben ist (die Begriffsbestimmungen für „gewohnheitsmäßige Begehung", Vorbem. II. B3, c vor § 73 sowie oben I I a . E, passen hier nicht); ob er auf Haltlosigkeit, Willensschwäche, Verleitbarkeit (E 72 259, D J 39 869) oder auf einer positiv antisozialen Einstellung oder einem Trieb zu bestimmten Verbrechen beruht. Ebenso BGH (MDR 51403) betr. Willensschwäche; hierbei jedoch § 20a gegen § 51 Abs. 2 sorgfältig abzuwägen. E 69 131: Entstehungsursache gleichgültig; über Taten aus Not: HRR 39 118, vor allem aber H R R 41 726: bei unverschuldeter Notlage als Triebfeder sei nähere Peststellung erforderlich, ob der Täter nicht gewillt war, die Notlage in ehrlicher Weise zu überwinden, vielmehr aus Schwäche oder Mißachtung der Rechtsordnung immer wieder dem Anreiz zur strafbaren Betätigung nachgegeben hat; Willensschwäche aus Trunksucht: E 73 44, unten Anm. l c zu § 42c; Roheitsverbrechen: J W 38 2467; „Not, Alkohol oder Haß": HRR 39 650; besondere Gelegenheit oder Notlage dann, wenn „andere andere Auswege finden": E 72 295; Celle HannRpfl. 46 120 u. 130: „Das Wesen des GewVerbr. kann sich gerade dahin ausprägen, daß er Versuchungen, die in der Notlage an ihn herantreten, leichter nachgibt als andere." — Erscheinungen des Rückbildungsalters (Sittl. Verbr.): E 73 276; nach DR 42 889 ist jedoch die Frage, ob ein hierauf beruhender Hang den Täter zum gef. Gewohnheitsverbr. macht, nur mit äußerster Vorsicht und nach sorgfältigster Prüfung zu bejahen, wenn der Täter bis dahin ein völlig einwandfreies Leben geführt hatte. Darüber oben 112. Volltrunkenheit: E 73 177 (s. bes. 181); einerlei, ob es sich um gleich- oder verschieden gerichtete Straftaten handelt (bei letzteren aber bes. eingehender Nachweis des verbrecherischen Hanges erforderlich, E 68 156, J W 3 5 932, E 70 215 betr. Paßvergehen eines Rückfalldiebes, E 73 276 betr. Hang zu Sittlichkeitsverbr. und Diebstählen, E 75 343); einerlei, ob es sich um sog. Berufsverbrecher handelt, deren ganze Existenz auf Verbr. aufgebaut ist, oder nicht. — Gegensätze: Gelegenheitsverbrecher, dessen Tat seinem Wesen fremd ist und sich aus äußeren Zufällen oder Umwelteinflüssen erklärt (DR 39 18491, 43 481); K o n f l i k t s v e r b r e c h e r , der zu der ihm wesensfremden Tat in innerem Widerstreit mit sich selbst kommt und bei dem auch bei mehrfacher Straffälligkeit jede einzelne Tat, von seiner seelischen Veranlagung auB

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betrachtet, den Charakter des Einmaligen hat (DR 39 1979®); A u g e n b l i c k s e r r e g u n g (DR 43 137). b) Der Gewohnheitsverbrecher muß „gefährlich" sein. Für wen oder was, sagt das Ges. nicht (Entw. 13 u. 19: „gewerbs- und gewohnheitsmäßiger, für die Rechtssicherheit gefährlicher Verbrecher"; Entw. 25 und 27: „für die öffentl. Sicherheit gefährlicher Gewohnheitsverbrecher"). Da der Hang zum Kriminellwerden schon im Begriff „Gewohnheitsverbrecher" liegt und eine Unterscheidung unter den Rechtsgütem nicht angängig ist, kann „gefährlich" nur eine graduelle Steigerung bedeuten: es muß W i e d e r h o l u n g s w a h r s c h e i n l i c h k e i t bestehen und eine e r h e b l i c h e Verletzung der Rechtsordnung zu befürchten sein. E 68 155, 271; E 72 295, 356; H R R 39 1551; E 73 303 (305). Nach E 68 98 genügt freilich auch eingewurzelter Hang zu kleinen Betrügereien (Zechprellereien). Ebenso D J 38 1156. Geringfügigkeit der Beute schließt Gefährlichkeit nicht aus: D J 38 1995. Auch kleinere Diebstähle können den Rechtsfrieden erheblich gefährden, insbes. wenn unter den Vorauss. des § 243 begangen: J W 39 87 (zutr. Hinweis auf die täterstrafrechtlichen Einschläge des § 243!). Bedenken hiergegen bei Schönke-Schröder IV 2b; Jagusch L K I I 2 b sowie Bruns JZ54, 730ff.; einschränkend jetzt auch BGHSt. 1101; MDR 54 528; s. u. zu c). - „Gefährlich" kann auch sein, wer nicht aus starker Willenskraft heraus handelt, sondern wessen verbrecherischer Hang auf ererbter oder erworbener Willensschwäche oder auf leichter Beeinflußbarkeit beruht (E 72 259, DJ 40 1221). Die Feststellung, daß der Täter ein „gefährlicher Verbrecher" sei, reicht nicht aus: H R R 39 387. — Prüfung, ob §§ 20a, 42e anwendbar, auch ohne Antrag der StA, D J 41 87, § 267 VI StPO ist zu beachten. Subjektive Auffassung des Gefährlichkeitsbegriffs bei Bockelmann a. a. O. II, 56; Niethammer § 20a Anm. 7 c. Danach ist Gef. der Neigung zum Verbrechen gleichzusetzen. Wie hier Schönke-Schröder § 20a IV 2b. Vgl. auch Sauer, Krim. 316ff. Die Feststellung, der Abzuurteilende sei ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher, erfordert eine Beurteilung der Persönlichkeit, wie sie sich im Zeitpunkt des Urteils darstellt (E 72 356 und ständig; BGHSt. 1 100; vgl. oben zu II). Daß der Täter einmal (zur Zeit der Tat) ein solcher w a r , begründet keine Strafschärfung nach § 20a, sondern ist als Strafzumessungsgrund (Tatsühne, Generalprävention!) innerhalb des ordentlichen Strafrahmens der Einzeltat zu berücksichtigen. Denn d i e s e Strafzwecke werden durch den Wegfall der Gefährlichkeit nicht berührt, während für § 20 a dem Täter auch die von seinem Willen unabhängige Veränderung seiner persönlichen Eigenschaften zugute kommt, ebenso wie er gegebenenfalls durch sie belastet wird (oben Anm. I I 2). Zwar liegt der Grund für die Täterstrafe darin, daß den Täter eine Lebensführungsschuld trifft. Aber Voraussetzung f ü r deren Ahndung ist das gegenwärtige Vorliegen („ist") des objektiven „Täterunrechts" (oben I I 2 a. E.). Auch bedarf die Vergeltung der Täterschuld, wie das Merkmal „gefährlich" zeigt, kriminalpolitischer Rechtfertigung. Daher entfallen ihre Voraussetzungen, wenn die Strafschärfung „zwecklos" wäre. Die Gefährlichkeit muß also z u r Z e i t des U r t e i l s vorliegen. Der Fassadenkletterer, der blind und lahm geschossen wurde, ist nicht mehr gefährlich. Wie hier: E. Schäfer in Frank-Nachtrag S. 71, Mezger StB I §103111, Schönke-Schröder IV 2d, Jagusch LK I I 4. c) Diese Feststellung eines „Gewohnheitsverbrechers" muß sich aus der GesamtWürdigung jener Taten ergeben: BGHSt. 5 143. Sie müssen schon einzeln sympto6«

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matisch sein (E 68 156 und 174; J W 84 2913; 35 932; BGHSt. 4 226, 229); dazu z. B.: der geringe zeitliche Abstand zwischen ihnen, bei einheitlichem Entschluß aber sehr sorgf. zu prüfen: BGHSt. 3 169; Schnelligkeit des Bückfalls in der Regel gravierend; Schwere der Vortaten (doch sind mit Zuchthaus Vorbestrafte nicht häufiger rückfällig als die mit Gef. Vorbestr., Exner D J 43, 379); ihre Gleichartigkeit; das Fehlen oder die Geringfügigkeit besonderer Beweggründe; enge Verbindung mit der Verbrecherwelt. Frühkriminalität (besonders aufschlußreich! Frey a . a . O . ) ; Spezialisierung; systematischer Tatortswechsel; Arbeitsscheu (BGHSt. 1 94, 100; dazu Seelig a.a.O. S. 180: wichtigster Typ des gef. Gew.Verbr.!). Hier überall zeigt sich, daß Gesamtwürdigung des T ä t e r s Voraussetzung der seiner Taten ist. Auch Herkunft, Familien- und Erziehungsverhältnisse, Verhalten in der Schule, Schulschwänzen, Trunk, Spiel, Müßiggang, Intelligenzstufe und Charaktertyp. Z u s a m m e n f a s s e n d BGH MDR 54 528: Die Gesamtwürdigung der Taten muß ein gleichgeartetes Verhältnis zum Wesen des Täters aufzeigen; dazu kurze Darstellung des Sachverhalts erforderlich. Aus dieser Würdigung muß sich ein zur Charaktereigenschaft, zum Wesenszug gewordener verbrecherischer Hang ergeben. Aus ihm müssen auch die neuen Handlungen hervorgegangen sein; er muß schließlich den Täter mit bestimmter Wahrscheinlichkeit auch künftig zu Straftaten von erheblicher Schwere treiben, die den Rechtsfrieden empfindlich stören werden. — Vgl. aber auch BGHSt. 5 140,143 und dazu unten § 42 b Anm. I I 2. Sind mehrere Taten zu einer Gesamtstrafe zusammengezogen, so sind alle für die Gesamtwürdigung heranzuziehen (E 68 358), sofern nicht schon eine von ihnen eine solche i. S. von § 20a I war (E 69 25). — In den U r t e i l s g r ü n d e n ist anzugeben, woraus der Schluß gezogen ist: StPO § 267 VI. Die Vortaten müssen nach Art, Umfang und Beweggrund näher gewürdigt werden; Bezugnahme auf den Akteninhalt unzulässig: D J 39 521. Die Prüfung und Gesamtwürdigung der früheren Straftaten gibt nicht die Möglichkeit, nunmehr neue Feststellungen über die Begehung der früheren strafbaren Handlung zu treffen, die auch Ä n d e r u n g e n des Sachverhalts der früheren Urteile bewirken könnten. Nur V e r v o l l s t ä n d i g u n g der früheren Feststellungen etwa hinsichtlich der äußeren Verhältnisse oder der Beweggründe ist zulässig: Beisp. J W 38 165. Die AV des RJM v. 3. 3. 38 betont, daß, wenn etwa in den früheren Strafverfahren die Angabe des Täters, er habe in N o t gehandelt, ohne nähere Prüfung als unwiderlegt hingenommen worden sei, nachträglich dieser Angabe näher nachzugehen sein werde. Vgl. hier auch D J 38 1157. — Da die Einzeltaten nur Symptome der Täterschuld sind (oben II), können sie durch neue Vorfälle in ein anderes Licht gerückt werden. Zulässig daher, bei neuer Verurteilung Taten zur Begründung eines Hanges heranzuziehen, bei denen dies früher rechtskräftig verneint wurde. HRR 39 1060. X. Mildernde Umstände können trotz „Gefährlichkeit" zugebilligt werden (E 70 129); bei Abs. 1 aber nur innerhalb des Strafrahmens des § 20a (E 71 15). Nach DJ 39 521 ist die Zubilligung mildernder Umstände bei Abs. 1 überhaupt ausgeschlossen. — Über Strafbemessung bei Versuch einerseits, im Falle des § 51 Abs. 2 andererseits J W 38 2891, zu letzterem Falle ferner BGH NJW 57 1932 und unten § 51 Anm. XI 2. — Vgl. auch BGHSt. 5 312 betr. geistesschwachen gef. Gew.Verbr.

Strafen §§ 21, 22 — Vorbemerkungen vor §§ 2 3 = 2 6

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VI. Rückfall Verjährung in Abs. 3. Als Indiz der Gefährlichkeit sind aber auch die verjährten Taten zu bewerten: E 69 11. Satz 1 gilt f ü r alle Fälle des Abs. 1 und f ü r Abs. 2, soweit hier abgeurteilte Taten in Betracht kommen: E 68 331. — Die Verwahrung im Konzentrationslager ist auch dann keine Anstaltsverwahrung auf beh. Anordn. i. S. d. § 20a I I I 3, wenn die Unterbringung nach gerichtlicher Anordnung der Sicherungsverwahrung erfolgte: BGHSt. 7 160 gegen BGHSt. 2 11. — Vgl. noch BGHSt. 1 245 (betr. § 245). VII. Ausländische Verurteilungen: auch Urteile von Besatzungsgerichten: BGH N J W 52 151; 54 1087; BGHSt. 5 370 (betr. §§ 244, 23 I I I Nr. 2, 3). Strafumwandlung

§ 21 Achtmonatige Zuchthausstrafe ist einer einjährigen Gefängnisstrafe, achtmonatige Gefängnisstrafe einer einjährigen Einschließung gleichzuachten. I. Anwendungsfälle in §§ 44 I I I , 49 II, 51 I I , aber auch in §§ 2 I I , 74, 79, 111 I I , 257 1 2 ; § 460 StPO. N i c h t dagegen bei Anrechnung von U.-Haft: E 15 143; 29 76. II. Grundgedanken. Die größere Schwere der Zuchthausstrafe liegt in ihrem entehrenden Charakter, ursprünglich auch im Vollzug. Daher keine Schlechterstellung, wenn 1 J a h r 9 Monate Gef. an Stelle von 1 J a h r 3 Monaten Zuchthaus: BGH N J W 52 516 = BGHSt. 2 96; dazu Kohlhaas N J W 52,492 und Beh N J W 52, 730, der das Vollzugsübel f ü r das Wesen der Strafe erklärt. Hierzu oben Vorbem. A II 2c vor § 13. Über die unterschiedliche Angleichung im Vollzug von Z. u. Gef. Kohlhaas a. a. O. — Keine entspr. Anw. im Verhältnis von Gefängniszur Haftstrafe: Hamm N J W 57 1889. III. Für nachträgliche Umwandlung (§ 79) vgl. Köln GA. 49 316. IV. Mehrere Zuchthausstrafen unter 1 J . (§ 44) müssen v o r Gesamtstrafenbildung einzeln umgewandelt werden: E 55 97; BGH MDR 52 530. Einzelhaft § 2 2 (1) Die Zuchthaus- und Gefängnisstrafe können sowohl für die ganze Dauer wie für einen Teil der erkannten Strafzeit in der Weise in Einzelhaft vollzogen werden, daß der Gefangene unausgesetzt von anderen Gefangenen gesondert gehalten wird. (2) Die Einzelhaft darf ohne Zustimmung des Gefangenen die Dauer von drei Jahren nicht übersteigen. Bei Einschließung und H a f t ist Einzelhaft gegen den Willen des Gefangenen unzulässig. Vorbemerkungen vor §§ 23—26 Schrifttum: v. L i s z t , Bedingte Verurteilung und bedingte Begnadigung, VD AllgT. I I I , l f f . ; M i t t e r m a i e r , Die vorläufige Entlassung, VD AllgT. IV, 507; v. H i p p e l , GS 43,99. — Dt. Strafrecht I 361 ff.; L o r e n z , Die bed. Verurteilung

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Vorbemerkungen vor §§ 23—25

und Entlassung, J R 4 9 , 393; D. v. C a e m m e r e r , Probation, 1952; M i t t e l b a c h , Vorläufige Entlassung, J R 5 2 , 194; G r ü n h u t , Bedingte Verurteilung, ZStW 64, 127; S i m s o n , Bedingte Verurteilung, ZStW64,140; Bedingte Freilassung ZStW 67, 48; Eb. S c h m i d t , Eröffnungsansprache, ZStW64, 4; E g n e r , SzB und Gnadenrecht, N J W 53, 1859; B e c k e r , Bewährungshilfe, N J W 53, 1093 und ZfStrafvollzug 54, 37; W a h l , Neue Wege der Kriminalpolitik, Bewährungshilfe 54, 11; zum 3. ÄndGes.: C ü p p e r s N J W 5 2 , 993 (Bern, zum Entwurf); L a c k n e r J Z 53, 428; M a a ß e n M D R 54, l ; N ü s e , J R 53,277; L a n g e NJW53,1161. - Prozessual: D a l i i n g e r J Z 53, 452; C o s t a , MDR 53, 577; K e r n , GoltdArch. 1953, 44; J a g u s c h , Über die Strafaussetzung zur Bewährung, JZ 53, 688. — Vorbem. und Anm. zu §§ 23ff. in L K ; V r i j , Zum Problem der Strafaussetzung, ZStW 66, 218; M e i s t e r , Mängel der neuen §§ 23ff. StGB, DRiZ 53,218. - Bed.Entl. bei mehreren Straftaten, MDR 54, 403; F l e i s c h m a n n , Beschränkte Auskunft (zu § 25 I 2), J Z 54, 147; P e n t z , Formelle Fragen bei der SzB, N J W 54, 141; R o e s e n , Das öffentliche Interesse bei der SzB, N J W 54, 866; die vor § 13 aufgeführten Schriften von F r e y und H e i n i t z ; Verhandlungen des 39. Dt. Juristentages, TeilC Strafr.Abt., Stuttgart 1951, insbes. S. 22—25, 115 (Referat L a n g e und Beschlüsse); G r e t h l e i n , DRiZ 54, 212: Strafaussetzung bei Gesamtstrafen; E c k e l s , N J W 54, 1672: eben dazu. M i t t e l b a c h , J R 55, 5: Die Strafaussetzung zur Bewährung durch den Richter. — D e r s e l b e , Die bedingte Entlassung, J R 56, 165. — H e n n k e , Aus der Rspr. zu § 23 StGB, DRiZ 55, 3. B r u n s , Die SzB. Ein Rückblick auf Rspr. und Lehre, GA 1956, 193. — M a r t i n , Aus der BGH-Rspr., DAR 56, 67. — S c h a l s c h a , 10 Mon. Gef. und § 23, DRiZ 56, 11. Desgl. B i e d e r m a n n , DRiZ 56, 175. — P r e i s e r , Zwei Grundfragen der SzB, N J W 56, 1221. — D e r s e l b e , Das öffentliche Interesse an der Strafvollstreckung, N J W 56, 1009. — H e l l m e r , Die SzB und das Verbot der Schlechterstellung, J Z 56, 714. I. Die Rechtsnatur der Strafaussetzung zur Bewährung (SzB). Vorauszuschicken ist, daß die gesetzliche Klammerdefinition insofern ungenau und irreführend ist, als sie die Aussetzung der Vollstreckung mit der Aussetzung der Strafe gleichzusetzen scheint. Das Wesentliche der Strafe: ihre Verhängung, wird aber gerade nicht ausgesetzt. — Im einzelnen: 1. Durch die §§ 23ff. wird die SzB als Institution des Strafrechts eingeführt (im Gegensatz zu der bisherigen g n a d e n w e i s e n Bewährung). Dies ist als das eigentliche Anliegen der Neuregelung nahezu unstreitig und liegt auch der Rspr. des BGH zugrunde. So in N J W 64 39 18 : „Klarer Gesetzeswille". A.A. Meister, der die §§ 23 ff. dem Gnadenrecht zurechnet, weil sie in ihm ihre Vorläufer hätten (DRiZ 53 218). Nachwirkungen solcher Gedankengänge auch bei Düsseldorf J Z 54 249: die §§23 und 26 seien Ausnahmebestimmungen gegenüber dem bisherigen Gnadenrecht und daher als solche eng auszulegen. Diese Änderung des materiellen Strafrechts ist zugleich eine Milderung: BGH N J W 54 39 15 > le . (Streitig ist auch innerhalb des BGH, ob diese noch in der Rev.Inst. berücksichtigt werden m u ß ; darüber oben § 2 Anm. VII). — Geldbeträge als Auflagen sind jedoch nicht an die Höchstgrenzen der Geldstrafe gebunden: Stuttgart N J W 54 52222 betr. Übertretungen; vgl. unten Anm. I I 8. Die Neugestaltung der SzB wirkt sich praktisch vor allem in der Revisibilität ihrer Grundsätze aus, an die sie weit stärker als das Gnadenrecht gebunden ist.

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und zwar schon durch ihre Eingliederung in das Strafrecht als solche, nicht nur wegen der Versagungsgründe des § 23 Abs. 3 (über diese BGH NJW 54 3916). Allerdings ist der Begriff der Gnade selbst umstritten. Nach den einen ist sie etwas ganz anderes als das Kecht (so namentlich Grewe, Gnade und Recht 1936), nach den anderen eine Art Billigkeitsrecht, der Niederschlag der Billigkeitselemente im Recht (so etwa Engisch, Die Idee der Konkretisierung usw., Abh. d. Heidelberger Akademie 1954). 2. Positiv besteht folgende Rechtslage: Die Gnadenordnung vom 6. 2. 35 (DJ S. 203), soweit sie bisher fortgalt, und die neuen l a n d e s r e c h t l i c h e n Gnadenordnungen wie z. B. Bayern (24. 7. 47/20. 7. 49) und Nordrhein-Westfalen (1. 1. 52) — weitere Regelungen s. bei Wahl, Gnadenrecht der BR Deutschland, 1954 S. 79ff. — sind in den von §§ 23 ff. nicht erfaßten Bereichen, z. B. der Geldstrafe, weiter uneingeschränkt anwendbar. Vgl. auch BGHSt. 6 163 betr. Teilaussetzung von Freiheitsstrafen und dazu unten § 23 Anm. VII. Im übrigen ist aber jetzt davon auszugehen, daß SzB in einem Falle, in dem sie das Strafrecht bewußt versagt, grundsätzlich nicht im gleichen Atemzuge gnadenweise gewährt werden darf. Das Verhältnis von Recht und Gnade ist — jedenfalls im freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat, dessen eigentliches Wesen durch den Vorrang der Rechtsidee vor der Staatsmacht bestimmt wird — im Sinne der Einordnung der Gnade in das Recht zu verstehen. Nur wo sie als Ausfluß der Staatsallmacht dem Recht übergeordnet ist, wie im absoluten Fürstenstaat oder in der modernen Diktatur oder Oligarchie, kann auch da, wo das Recht einen Sachverhalt erschöpfend und abschließend geregelt hat, Gnade für, d. h. an Stelle von Recht ergehen, wenn und weil es der Träger der Macht, der an rechtliche Grundsätze nicht gebunden ist, so will. Bei uns ist bezeichnender- und notwendigerweise das Institut der Gnade gerade umgekehrt „verrechtlicht", an Normen und rationale Zwecke gebunden worden. So bestimmt § 3 (Richtlinien) der GnO von Nordrhein-Westfalen — die auf Beratungen der Justizminister-Konferenz von 1951 beruht —: „Gnadenentscheidungen sollen den Zwecken der Strafe, insbesondere dem Erziehungsgedanken Rechnung tragen und die persönlichen Verhältnisse des Verurteilten berücksichtigen. Dabei ist auf die Wiedereingliederung des Verurteilten in die soziale Gemeinschaft Bedacht zu nehmen." Dazu Becker NJW 52,923. Hiernach sind im Bereich der §§ 23—26 nur noch in ganz besonderen Ausnahmefällen gnadenweise SzB oder bE denkbar; so etwa, wenn erst nachträglich Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die entscheidend f ü r eine SzB sprechen, arg. § 57 I I JGG; vgl. auch Egner N J W 53, 1859. Abgesehen davon ist aber, wenn die SzB wegen ungünstiger Prognose gem. § 23 Abs. 2 versagt wird, für ihre gnadenweise Gewährung kein Raum mehr. Denn auch bisher schon war hier die „Gnade" in Wahrheit ein Stück KriminalPolitik. Nur wo die SzB trotz günstiger Prognose mit Rücksicht auf einen der generalisierenden Strafzwecke versagt wurde (§ 23 I I I Nr. 1), kann in ganz besonders gelagerten Fällen noch Raum für gnadenweise Gewährung sein, die dann „für Recht" ergeht. Aber auch hier wird in erster Linie bloße Teilaussetzung angezeigt sein. Ähnlich Meister DRiZ53,218, aber von anderem Ausgangspunkt aus (s. o.)_ Die nach dem 3. StRÄndGes. in Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz getroffenen Übergangsregelungen lassen für eine sachgemäße Differenzierung Raum, ohne jedoch das Verhältnis grundsätzlich zu klären. Vgl. über die besonderen Schwierigkeiten bei der Schaffung des § 26 Lackner JZ 53, 432

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und über praktische Folgerungen aus dem Verhältnis Recht-Gnade unten Anm. I I I zu § 23 (betr. Roesen). 3. Die Neuregelung beruht auf dem Grundgedanken der Wesensverschiedenheit von Recht und Gnade. So namentlich Jagusch LK Anm. 1 zu § 23. Sie ist nach dem Gesagten aber auch vom e n t g e g e n g e s e t z t e n Ausgangspunkt her begründet. Der Sinn der §§ 23 ff. ist die Normierung, Zuordnung, Bindung, Klärung, Vereinheitlichung eines Gebiets, das bisher einer weniger grundsätzlich gebundenen und uneinheitlichen Handhabung überlassen war. Sachlich wird der Funktionswandel von der Gnade zum Recht durch die Neuordnung weithin eher festgestellt als vollzogen. Sie legalisiert die in Gesetzgebung und Praxis des Gnadenwegs bereits angebahnte „langsame Entwicklung zu einem echten Rechtsinstitut, das im Grunde mit dem Wesen der Gnade nichts mehr gemein hatte, und die seit langem, zuletzt mit besonderem Nachdruck auf dem 39. Dt. Juristentag, erhobenen Forderungen der Wissenschaft." So die Amtl. Begr. BTD Nr. 3713 S. 26. In diesem Sinne aber auch schon v. Liszt a. a. 0 . S. 62. Für die V o r a u s s e t z u n g e n der SzB bedeutet hiernach die neue Regelung keinen Umbruch. Sie zieht vielmehr die Summe der bisherigen Erfahrungen. Mit ihrem wesentlichen Ziel stimmen zudem die Ansätze zu einem allgemeinen Gnadenrecht der Länder bereits überein (s. o. § 3 GnO Nordrh.-Westf.). Darum werden künftig beide Rechtszweige namentlich an Hand der jetzt von den Obergerichten zu §§ 23ff. zu entwickelnden Grundsätze in Fühlung bleiben können, so daß ihre formelle Trennung nicht zu allzugroßen Ungleichheiten führt. Hierbei darf allerdings niemals übersehen werden, daß die SzB bei der kriminalpolitischen Hauptgruppe der für sie in Betracht Kommenden nicht, wie ursprünglich die Gnade, eine bloße V e r g ü n s t i g u n g sein darf, sondern als w i r k s a m e r u n d n a c h h a l t i g e r E i n g r i f f in ihre Lebensführung ausgestaltet werden muß (s. u. zu I I 6 und 8). Die Entwicklung geht unaufhaltsam dahin, Gestaltung und Handhabung des Gnadenrechts in das Wert- und Zweckgefüge des Strafrechts einzubeziehen. Kennzeichnend und vorbildlich die §§ 27, 28 der GnO von NordrheinWestfalen betr. Richtlinien, Auflagen und Bedingungen f ü r die bed. Strafaussetzung (s. u. § 24 Anm. I I I l a . E). Der kriminalpolitische. Grundgedanke der SzB ist nach BGHSt. 8 182, die Vollstreckung kurzfristiger Freiheitsstrafen möglichst zu vermeiden, weil sie die Wiedereingliederung erschwert und die Gefahr krimineller Ansteckung mit sich bringt. IL Streit herrscht über die genauere Bestimmung des neuen Strafrechtsinstituts. 1. Als Strafe, und zwar als e i g e n s t ä n d i g e S t r a f a r t , hat bereits v. Liszt (a. a. O. S. 89) die damals sog. bedingte Verurteilung bestimmt. Der Strafinhalt liege in der Urteilsfällung, die eine Mißbilligung der Tat und — in Gestalt des Schwebezustandes — auch ein Übel enthalte. Ebenso Lorenz J R 49, 398; Nüse J R 5 2 , 424; Maaßen MDR54, 2; mit Vorbehalt (nur systematisch, hier aber mit der Konsequenz eines exakten Einbaus in das Strafensystem) Jagusch JZ 53, 688. Ohne eine solche kategoriale Festlegung sieht der BGH in ihr ein „neuartiges Strafmittel": NJW 54 39, BGHSt. 10 289; so schon das Referat des 39. JurTages, zust. auch Reh NJW54, 484. — Über Folgerungen vgl. BGHSt. 7 180: nachtr. Gesamtstrafbildung mit Vollzugsstrafe möglich, weil das Strafensystem unberührt bleibt. Anders noch Hamm MDR 54 374, weil SzB s e l b s t ä n d i g e Strafart sei. Näheres unten § 23 Anm. VII, VIII und § 79 Anm. II.

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2. Als Maßregel bestimmt sie Eb. Schmidt: L.-Schm. 26. Aufl. S. 450 als sichernde, ZStW64, 8 als bessernde. Das der Strafe wesentliche Übel werde hier gerade vermieden. Dem Wesen und der kriminalpolitischen Funktion nach sieht Jagusch J Z 5 4 , 6 8 8 die SzB als Erziehungsmaßregel a n ; vgl. aber auch oben zu 1. 3. Als Rechtseinrichtung besonderer Art erklärt Grau (Das kommende Strafrecht, 1934,177ff.) die bed. Verurteilung; sie stehe zwischen Strafen und Maßregeln. 4. Eine Verbindung von Strafe und Maßregel sieht Dreher (ZStW 65, 481ff.) in der SzB: „spezifische Koppelung". 5. Als Verzicht aul Strafe kennzeichnet Schröder N J W 52, 9 die bed. Verurteilung; ebenso — ergänzend zu dem Gesichtspunkt der Maßregel — Eb. Schmidt in L.-Schm. a. a. O. 6. Differenzierend faßt Lackner J Z 53,431 die SzB: als V e r g ü n s t i g u n g (grundsätzlich auflagenfrei) f ü r Gestrauchelte, als e r n s t e M a ß n a h m e , ein kriminalpolitisches M i t t e l e i g e n e r A r t , mit fühlbaren Eingriffen f ü r die Hauptgruppe der kriminell Bereiten. Ahnlich unterscheiden Welzel in Prot, der Strafrechtskommission ZStW67,102 und BGHSt. 6 138. Erst diese Unterscheidung gibt den kriminalpolitischen Schlüssel f ü r die Handhabung der SzB. 7. Eine Regelung der Strafzumessung sehen in der SzB Daliinger JZ 53,435, Gronau SchlHA53,42, Egner NJW53,1859 und die OLG« Braunschweig: N J W 53 1762; Oldenburg: N J W 54 1091; Schleswig: SchlHA 53 293 (bei der Abgrenzung gegen das Prozeßrecht). 8. Am besten gerecht wird man dem Wesen und der Funktion der Verurteilung unter SzB, wenn man sie als neue Strafweise auffaßt. So jetzt der Sache nach auch BGHSt. 7 180 (184), s. o. zu 1. Sie ist ein Modus des Bestrafens, keine neue Speeles der Strafe, aber doch auch mehr und anderes als bloße Zumessungsregelung. Diese bleibt im Bereich der bisherigen Anwendungsform der Strafe (Verhängung + Vollzug). Hier handelt es sich um eine neuartige Anwendung des Strafmittels zur Erreichung der Strafrechtszwecke. Bei der Bestrafung unter SzB kommt der primäre und eigentliche Sinn der Strafe: der Ausspruch der öffentlichen Mißbilligung der Tat (vgl. Amtl. Begr. a. a. O. S. 26 und oben IV 2 b) vor § 13) voll zum Ausdruck. Das hat schon v. Liszt — s. o. zu 1 — betont. Auf das — sekundäre — Vollzugsübel wird bedingt verzichtet; dafür wird die Mißbilligung mit einer P f l i c h t e n s t e i g e r u n g — gute Führung, regelmäßig aber Auflagen — verbunden. Hier tritt der berechtigte Kern der Stockschen These zutage, der jedoch die Strafe zu unrecht a l l g e m e i n als Pflichtensteigerung auffassen wollte. In der Fülle und Elastizität der richterlichen Eingriffsmöglichkeit, die zugleich den verschiedenen Tätergruppen gerecht werden kann (oben zu 6), liegt die eigentliche kriminalpolitische Chance der neuen Institution. Vom Boden der Auffassung, daß die Strafe wesentlich Übelszufügung sei, h a t Peters, Kriminalpolitische Stellung des Strafrichters, die elastischere Ausgestaltung der Urteilsfolgen als Kriterium der bed. Verurteilung bezeichnet. In ähnlichem Sinn spricht Maaßen vom „ambulanten Vollzug" (MDR54, 2), Hellmer von einer Umwandlung der Vollstreckungsart, mit der Folgerung, daß SzB keine Milderung sei (JZ 56, 714). Grundsätzlicher und schärfer aber wird man in §§ 23 ff. den Ausdruck dafür zu sehen haben, daß beute Mißbilligung, nicht materielle Übelszufügung der Strafe wesentlich sind, und daß die Auflagen nicht Umgestaltung und Modernisierung des Vollzugs sind, sondern ihn durch etwas sinnhaft anderes, näm-

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lieh etwas Positives und darum Besseres ersetzen sollen. Darum ist z. B. ein Geldbetrag als Auflage nicht an die Höchstgrenzen der Geldstrafe gebunden. Ebenso Stuttgart NJW 54 52222 (für Übertretungen). Der Akzent und der eigentliche Sinn der neuen Strafweise liegt darin, zunächst die Realisierung der Strafe gerade nicht in der erzwungenen Hemmung der negativen Persönlichkeitskräfte durch Freiheitsentziehung zu suchen, sondern in der Verpflichtung zur Steigerung und Aktivierung der positiven. Die Möglichkeit der Strafvollstreckung ist dabei nicht als Drohung vorbehalten — nach Möglichkeit soll ja eine freie sittliche Leistung erbracht werden — sondern als bloße Alternative: zeigt sich, daß der Verurteilte den Anforderungen nicht gewachsen, nicht fähig oder nicht willig ist, genügend positive soziale Kräfte in sich zu aktivieren, so muß die Strafe eben in der alten Weise realisiert werden. Ähnliche Gedankengänge bei Vrij a. a. 0. aus der Sicht des christlichen Existentialismus; vgl. etwa zum Freiheitsgedanken S. 222 ff., zur Abgrenzung vom Vollzug S. 230. Diese Auffassung stellt zugleich klar, daß der Erfolg dieses gesetzgeberischen „Versuchs" (Maaßen MDR 54, 2) und damit der Ansatz zu einem völligen Umdenken im Strafrecht mit jener Aktivierung der positiven Kräfte steht und fällt. „ D a s G e r i c h t m a c h t d e m V e r u r t e i l t e n f ü r die D a u e r d e r B e w ä h r u n g s z e i t A u f l a g e n " ist der Kernsatz der neuen Strafweise; sehr bedauerlich deshalb die de lege ferenda vorgesehene Abschwächung in eine Kann-Vorschrift (ZStW 67, 256ff.). Die Auflagen dürfen, falls erforderlich, im Rahmen der Gesetze bis an die Grenze eines „einschneidenden, unzumutbaren Eingriffs in die Lebensführung" gehen (arg. §§ 305a, 453 Abs. 3 StPO). „Einschneidend" und „unzumutbar" ist dabei kumulativ zu verstehen (NJW53, 1163). Denn einschneidend m ü s s e n sie oft sein. 9. Die p r a k t i s c h e n F o l g e n und Unterschiede der umstrittenen Zuordnung ergeben Bich zunächst aus der gesetzlichen Gegenüberstellung von Strafen und Maßregeln. Die Verurteilung unter SzB ist und bleibt echte Verurteilung zur Strafe. Für die Frage der Rückwirkung gilt Abs. 2, nicht Abs. 4 des § 2 (über die gerade hier strittig gewordene Frage der „Aburteilung" vgl. oben zu § 2 Anm. VII). Die Bestimmungen der §§ 23—25 sind zwar im Verhältnis zur jeweils in Betracht stehenden Freiheitsstrafe stets das mildere Gesetz (ebendort Anm. VII; a. A. Hellmer JZ56,714). Sie dürfen jedoch nicht als Ausdruck einer allgemeinen Tendenz zur Milde mißverstanden werden (hiervor warnt schon Lackner JZ53,430), insbes. nicht als milde Strafbemessungs- oder Vollzugsregelung. Die Entscheidung über die SzB kann der Richter sinnvoll erst treffen, wenn die schuldangemessene gerechte Strafe ohne Rücksicht auf sie unter Heranziehung aller Strafzwecke gefunden ist: so BGH NJW 54 40, während Jagusch JZ 53,688, von seinem kriminalpolitischen Standpunkt aus folgerichtig, für möglich hält, daß die Strafe unter dem Gesichtspunkt der SzB vielleicht von vornherein etwas höher angesetzt wird. Dagegen ausdrücklich BGH J R 54 228. Darüber, daß umgekehrt jetzt die Praxis entgegen dem Willen des Gesetzgebers von den bisher üblichen Strafen unter die Grenze von neun Monaten herabzugleiten beginnt, vgl. Maaßen MDR 54,4. Auch für die Prüfung, ob SzB gem. § 23 Abs. 3 Nr. 1 zu versagen ist, weil das öffentliche Interesse die Vollstreckung der Strafe erfordert, sind alle Strafzwecke heranzuziehen. S. u. § 23 Anm. III. A. A. auch hier Jagusch Vorbem. 5 und Anm. 2 zu § 23 sowie Roesen, der insoweit wegen der behaupteten Verwandtschaft der SzB mit der Gnade (im Sinne der Maßgeblichkeit der letzteren) alle Strafzwecke außer dem der Resozialisierung ausschalten will (NJW54,866). — Da sie das System der Freiheits-

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strafen nicht berührt (BGHSt. 7 184), ist die SzB in eine Gesamtstrafe einzubeziehen, vgl. oben Vorbem. I I 1 und unten § 23 Anm. VIII. — Ihr Widerruf ist ref. in peius: Hamm N J W 55 1000. Näheres § 2 Anm. VII. — Wie bei der Strafzumessung (vgl. Vorbem. A I V 8 vor § 13) dürfen straf begründende Umstände nicht nochmals bei der Frage der SzB herangezogen werden: BGH J R 58 386. III. F ü r die bedingte Entlassung i. S. des neuen § 26 (b. E.) gilt das zu I Ausgeführte sinngemäß in vollem Umfange. Grundsätzlich ebenso Lackner a. a. O. S. 432; einen scharfen Gegensatz in den Zwecken der SzB und der b. E. sieht dagegen Reh N J W 54, 484: Die SzB verfolge dieselben Strafzwecke wie die Vollzugsstrafe, die b. E. korrigiere die richterliche Strafzumessung. Die besonderen und gegenüber der SzB schwierigeren Probleme der b. E. betont Simson ZStW 67, 69; vgl. unten § 26 Anm. I. 1. Auch hier handelt es sich um ein Institut des S t r a f r e c h t s , nicht des G n a d e n rechts, was sich der Sache nach (durch Generalisierung, Bindung an Normen und kriminalpolitische Zielsetzung) schon in der Gesetzgebung und der Praxis der bisher geltenden Gnadenordnungen gezeigt hatte. Vgl. hierüber und über die rechtspolitischen Gegensätze, die wegen der befürchteten „Aushöhlung" des Gnadenrechts der Länder an dieser Stelle den Entwurf gefährdeten, Lackner J Z 53, 432. 2. Auch hier handelt es sich nicht um eine neue, rein krimmalpolitisch zweckbedingte Maßregel, sondern um eine Neugestaltung der S t r a f e . Meist sieht man in der b. E. eine Neuregelung der S t r a f z u m e s s u n g . So namentlich Lackner a. a. 0 . , dem sich Grunau a. a. 0 . S. 42ff. und Reh anschließen: mit der zunehmenden Bedeutung des Besserungszwecks der Strafe spiele f ü r die Zumessung die Frage des zur Resozialisierung erforderlichen Zeitraums eine wichtige Rolle. Statt der oft unmöglichen Prognose ermögliche § 26 die nachträgliche Anpassung. Dem ist sicher — auch im Sinne der authentischen Gesetzesinterpretation — zuzustimmen. Aber der Gedanke einer nachträglichen Korrektur des Vollzugsübels bringt doch nur eine, die negative Seite der neuen Regelung zum Ausdruck. Der wesentlichere Sinn und das dringendere kriminalpolitische Anliegen der b. E. liegt wiederum wie bei der SzB in der Verpflichtung zur Aktivierung der positiven Persönlich keitekräfte. Die farblose Verweisung des § 26 Abs. 3 auf §§ 24ff. läßt das nicht klar genug hervortreten. I n Wahrheit ist der Gedanke hier noch viel schärfer ausgeprägt. Denn § 26 verlangt die eigene Z u s t i m m u n g des Verurteilten zur b. E., der damit so freiwillig, wie das in dieser Lage möglich ist, die Realisierung eines Strafteils durch aktive soziale Pflichtensteigerung s t a t t durch passive Duldung des weiteren Vollzugs auf sich nimmt. Auch darin, daß er sich der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt — das ist gerade hier wohl die praktisch wichtigste Auflage — liegt eine solche positive Mitarbeit, die m a n wohl mit mehr Recht als das Absitzen der Strafe eine Sühne nennen kann. Mit dem Gedanken bloßer Korrektur der Strafzumessung ist weder das Erfordernis der Zustimmung des Verurteilten noch das Anknüpfen des Straferlasses an eine Bedingung noch die ganz generelle Fassung des Gesetzes („der zu zeitiger Freiheitsstrafe Verurteilte") zu erklären. Kriminalpolitisch kann er leicht zu der grundfalschen Folgerung führen, es handle sich einfach darum, den Verurteilten vorzeitig laufen zu lassen. Auch hier ist vielmehr eine neue Strafweise in dem oben zu I a. E. dargelegten Sinne eingeführt worden. Nur ist sie hier mit der bisherigen kombiniert: zwei Drittel, mindestens aber drei Monate der Strafe müssen verbüßt werden. Sinnvoll

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ist diese Verbindung nur, wenn der Vollzug nicht auf die Hemmung der negativen Persönlichkeitskräfte beschränkt wird, sondern bemüht ist, die Möglichkeit zur Entfaltung der positiven offen zu halten und zu stärken, die in der Freiheit zunächst einmal bewährt werden müssen. Auch der Erziehungsstrafvollzug gewinnt von daher einen neuen und genaueren Sinn. Vor der Schwelle der selbstverantwortlichen Freiheit ist die Zwischenstufe der Bewährungszeit eingezogen. Auf diese ist der erste Schritt hinzulenken, da jene f ü r den Gefangenen oft zu hoch ist, wenn sie übergangslos vor ihm liegt. Damit ist der alten Einsicht Rechnung getragen, daß Erziehung immer nur Ermöglichung der Selbsterziehung sein kann. Strafaussetzung

zur Beinahrung § 2 3

(1) Das Gericht kann die Vollstreckung einer Gefängnis- oder Einschließungsstrafe von nicht mehr als neun Monaten oder einer Haftstrafe aussetzen, damit der Verurteilte durch gute Führung während einer Bewährungszeit Straferlaß erlangen kann (Strafaussetzung zur Bewährung). (2) Strafaussetzung zur Bewährung wird nur angeordnet, wenn die Persönlichkeit des Verurteilten und sein Vorleben in Verbindung mit seinem Verhalten nach der Tat oder einer günstigen Veränderung seiner Lebensumstände erwarten lassen, daß er unter der Einwirkung der Aussetzung in Zukunft ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben führen wird. (8) Strafaussetzung zur Bewährung darf nicht angeordnet werden, wenn 1. das öffentliche Interesse die Vollstreckung der Strafe erfordert, oder 2. während der letzten fünf Jahre vor Begehung der Straftat die Vollstreckung einer gegen den Verurteilten im Inland erkannten Freiheitsstrafe zur Bewährung oder im Gnadenwege ausgesetzt oder 3. der Verurteilte innerhalb dieses Zeitraumes im Inland zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als sechs Monaten verurteilt worden ist. (4) In den Fällen des Absatzes 3 Nr. 2 und 3 wird in die Frist die Zeit nicht eingerechnet, in der der Täter eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird. I. D e r Aufbau d e r B e s t i m m u n g erschließt sich nur bei einer zusammenfassenden Betrachtung der Abs. 1, 2 und 3 Nr. 1. Ihr Leitgedanke und Ausgangspunkt ist, die Möglichkeit der Resozialisierung i. S. des Abs. 2 wahrzunehmen. S y s t e m a t i s c h wirkt deshalb der Aufbau paradox. Er läßt die durch die Rücksicht auf die anderen Strafzwecke gebotene externe Begrenzung auf höchstens neun Monate in Abs. 1 als Freigabe der SzB (das Gericht kann aussetzen) und die spezialpräventive Indikation in Abs. 2 als Einschränkung erscheinen (SzB wird nur angeordnet, wenn), also die Bremse als Antrieb und umgekehrt (ebenso §§ 20,21 JGG). Der Sinn ist: Wenn sich erwarten läßt, daß der Täter unter der Einwirkung der Aussetzung in Zukunft ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben führen wird, kann das Gericht aussetzen, jedoch nur im Strafbereich bis zu neun Monaten. Der

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Schweizer Art. 41 drückt dies klarer aus. M e t h o d i s c h stellt aber unsere gesetzliche Fassung zweierlei sicher: 1. der Richter hat zunächst, ohne Rücksicht auf die Frage, ob SzB in Betracht kommt, die schuldangemessene gerechte Strafe unter Zugrundelegung aller Strafzwecke zu ermitteln. So BGH N J W 54 40. A. A. insoweit Jagusch, s. o. Vorbem. I. Und 2.: er darf die SzB nicht, wie es früher zum Schaden des Instituts geschah, als etwas Negatives, als Verzicht auf den Strafvollzug auffassen, sondern, ist zu einer Prognose als positiver Grundvoraussetzung genötigt. In diesem Sinne ist auch die Reihenfolge beider Prüfungen vorgezeichnet, wie sie der BGH a. a. 0 . verlangt. Daß bei der Feststellung der Strafhöhe wie sonst alle Strafzwecke ins Gewicht fallen, ergibt sich auch daraus, daß Abs. 1 nur die M ö g l i c h k e i t der Aussetzung vorsieht, nicht zu ihr zwingt: „kann". Käme es schon hier nur auf die Spezialprävention an, so wäre — bei positiver Prognose nach Abs. 2 — nur obligatorische Aussetzung sinnvoll; ein unnötiges Übel darf ja nicht verhängt werden. Und auch die Begrenzung auf neun Monate Gefängnis wäre dann nicht zu verstehen. Schon der Zusammenhalt von Abs. 1 und 2 ergibt danach, daß das Institut der SzB nicht einen Umsturz der Strafrechtszwecke bedeutet, sondern dem Richter zu ihrer Erfüllung ein neuartiges Mittel bietet. Erst recht folgt dies aus Abs. 3 Nr. 1, die trotz bestehender spezialpräventiver Indikation und trotz Innehaltung der Grenzen des Abs. 1 die SzB ausschließt, wenn die Rücksicht auf andere Strafzwecke überwiegt. Näheres unten Anm. I I I (gegen Jagusch und Roesen). Ebenso BGHSt. 6 128, N J W 54 1453, Braunschweig NJW 55 879. II. Die K a n n - B e s t i m m u n g des Abs. 1 darf angesichts der Rechtsnatur des Instituts (oben Vorbem. I 1) nicht im Sinne freien richterlichen Ermessens verstanden werden: 1. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, so darf der Richter die SzB n i c h t w i l l k ü r l i c h oder aus Gründen, die m i t i h r e m Z w e c k u n v e r e i n b a r sind, ablehnen. So schon für den insoweit gleichlautenden Schweizer Art. 41 die ständige Praxis des SchwBG: Germann, Anm. zu Art. 41. Nach BGHSt. 6 68 besteht da, wo der Sachverhalt es nahelegt, nach OLG Köln NJW 541091 allgemein, eine materiellrechtliche Prüfungspflicht, ob die Voraussetzungen der §§ 23ff. vorliegen, unabhängig davon, daß § 267 Abs. 3 S. 3 StPO Begründungszwang des Urteils nur vorsieht, wenn ein Antrag auf SzB gestellt war. Doch ist nach BGHSt. 6 168 stillschweigende Ablehnung der SzB möglich, wenn kein Antrag und ihre Gewährung nicht nahelag. Vgl. auch BGHSt. 6 68 und Bremen NJW 54 613 über Umdeutung von Anträgen auf Freispruch oder Geldstrafe in solche auf SzB sowie BGH MDR 54 496 und v. Weber MDR 49, 389; Müller, Mittelbach DRiZ 54, 215 über das allgemeine Verhältnis von formellem Begründungszwang und sachlichrechtlicher Strafzweckermittlungspflicht. Das richterliche Ermessen ist also an die allgemeinen Strafzwecke (oben Vorbem. vor § 13) und an die Sonderzwecke der SzB gebunden. 2. Diese S o n d e r z w e c k e müssen sich aber im R a h m e n jener a l l g e m e i n e n S t r a f z w e c k e halten. Auch das liegt in dem „kann". Wie oben Anm. I gezeigt, wäre andernfalls nur eine obligatorische Aussetzung sinnvoll, wenn die Prognose günstig ist. Das Gesetz geht aber, wie Lackner JZ53.430 zutr. bemerkt, keineswegs von der Vorstellung aus, daß alle Fälle, die sich im Rahmen des Abs. 1 halten, für eine SzB geeignet sind. Die Problematik läßt sich mit der der Kannbestimmung in § 51 Abs. 2 vergleichen. Dort drängt aber die verminderte Schuldfähigkeit zur

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obligatorischen Strafmilderung, und die Abschwächung zur Kannregel nimmt auf die spezialpräventiven Notwendigkeiten Rücksicht. Hier ist es umgekehrt. Das wird durch Abs. 3 S. 1, der mit Abs. 1 zusammengehalten werden muß, noch unterstrichen, gilt aber auch ohnedies, wie das „ k a n n " in § 26 zeigt, der auf § 23 I I I 1 nicht Bezug nimmt. Vgl. ferner Anm. I I I zu § 24, wo das gleiche Problem auftaucht, sowie § 106 JGG. Der Vergleich mit der Regelung der Schuldfähigkeit schärft zugleich den Blick d a f ü r , daß der Gedanke der Empfänglichkeit des Täters f ü r eine bestimmte Strafweise nicht die auf Freiheit und Verantwortlichkeit beruhende Schuldidee aushöhlen darf. Über die Vereinigung beider Gedanken in der SzB vgl. unten Anm. I I I ; allgemein zu diesen Fragen Würtenberger J Z 54, 213; Lange, Schweizer ZStR 70 (1955), 373 ff. III. Ob das öffentliche Interesse (zum Begriff: Preiser N J W 56,1009) die Vollstreckung der Strafe erfordert, ist ebenfalls unter dem übergreifenden Gesichtspunkt zu prüfen, daß dem Resozialisierungsziel des Instituts im Rahmen der allgemeinen Strafrechtszwecke nach Möglichkeit Rechnung zu tragen ist. Die Bestimmung ist kein Fremdkörper innerhalb der SzB, sondern drückt nur schärfer aus, was sich aus der Kannregel des Abs. 1 ergibt und ohnehin von selbst verstände, wenn man nicht inder SzB s t a t t eines neuartigen S t r a f m i t t e l s einen Umsturz der Strafrechtsz w e c k e sieht (darüber oben Vorbem.I und A n m . I und I I 2). A.A. Jagusch L K § 23 Anm. 2b): hier trete anscheinend dem Schuldstandpunkt ein sachfremder Gesichtsp u n k t der übersteigerten Allgemeinabschreckung entgegen, der wieder beseitigt werden sollte. Aber Abs. 3 Nr. 1 will mit dem Wertgefüge der Strafrechtszwecke gerade auch den Schuldgrundsat". wahren, der bei Beschränkung auf die Prognose des Abs. 2 unter den Tisch fiele. Und auch die generalprävenierende Rücksicht auf billigenswertes Rechtsempfinden und Rechts verlangen der Allgemeinheit oder — in äu Bersten Fällen — auf die Notwendigkeit der Allgemeinabschreckung ist unverzichtbar, solange man an der Idee des Strafrechts selbst festhält. Die Antinomie der Strafrechtszwecke wird bei günstiger Prognose besonders fühlbar. Verfehlt wäre es, sie durch die SzB f ü r deren Bereich als aufgehoben zu betrachten. Die Gerechtigkeit ist unteilbar. Suspendiert man sie an einer Stelle, so zerbricht man sie gani. Was kriminalpolitisch falsch ist, kann nicht gerecht sein. Aber daraus folgt nicht, daß, was unter e i n e m kriminalpolitischen Gesichtspunkt indiziert ist, ohne Rücksicht auf alles übrige damit gerechtfertigt wäre. — Ebenso BGHSt. 6 125 unter Hinweis auf Generalprävention und Sühne (Verkehrsdelikt), KG VRS 8 266 (die Forderung nach gerechter Vergeltung kann das öff. Interesse begründen), ferner BGH GA 1955 211, Celle N J W 55 33, 1450, Köln N J W 5 5 802, BGH N J W 55 996 (betont, daß nur schwerwiegende, demE i n z e l f a l l entnommene Gründe, nicht schon die Abschreckung anderer von ähnlichen Taten maßgebend sein dürfen), BGH N J W 55 30: auch Umstände, die in der Person des Täters liegen. Betr. Verhalten nach der T a t : Stuttgart N J W 54 1418. öff. I n t . an nachdrücklicher Warnung von Berufsgenossen des Täters: B G H VRS 14 182 betr. Straßenbahnschaffner. Soweit Allgemeinabschreckung zu berücksichtigen, ist die Z e i t d e r E n t s c h e i d u n g maßgebend: BGH N J W 56 919. Schon im Ausgangspunkt abzulehnen ist auch die Meinung, die SzB sei dem Gnadenrecht verwandt, man dürfe daher auch grundsätzlich in Abs. 3 keinen Gesichtspunkt hineintragen, der gnadenrechtsfremd sei, wie Sühne oder Generalprävention (so Roesen N J W 54,866). E s liegt vielmehr umgekehrt: mit der Um-

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Wandlung der SzB in ein Strafrechtsinstitut ist sie in das Gefüge der Strafrechtszweeke einbezogen worden (wie übrigens gerade das Gnadenrecht in NRW, auf das Roesen abhebt, in § 3 GnO selbst schon ausdrücklich vorschrieb, daß Gnadenentscheidungen den Zwecken der Strafe . . . Rechnung tragen sollten; genaueres oben Vorbem. 11). Alle Versuche, bestimmte Strafrechtszwecke auszuschalten, scheitern hiernach nicht nur an dem in Abs. 3 S. 1 und den Motiven klar zum Ausdruck kommenden Gesetzeswillen, sondern auch an der Natur der Sache des Strafrechts selber. Aber die Spezialprävention wurde als Leitgedanke der SzB, Vergeltung und Generalprävention nur als ihre externe Begrenzung festgestellt (oben zu I). Man könnte konstruktiv die Stellung des Abs. 3 Nr. 1 als Ausnahme von der Regel der Abs. 1, 2 auffassen. So BGH N J W 54 1087. Das wäre natürlich nicht so zu verstehen, als ob bei Strafen bis zu neun Monaten Gefängnis die SzB die Regel wäre, sondern: bei eindeutiger spezialpräventiver Indikation gerade f ü r die Einwirkung mittels SzB ist die Gegenindikation die Ausnahme. Aber auch dies darf nicht formal verstanden werden. Mit Recht betont die Amtl. Begr.: „Jede schematische Anwendung, auch nur bei denen, die zum ersten Male straffällig werden, muß zu einer folgenschweren Beeinträchtigung der generalprävenierenden Wirkung der Gesetze und damit zu einer Erschütterung der Strafrechtspflege schlechthin führen." Wesensgemäßer als durch ein Regel-Ausnahmeverhältnis erfaßt man den Willen des Gesetzes als eine im Bereich der SzB erfolgte A k z e n t v e r l a g e r u n g der Strafrechtszwecke. Dem sucht die an die Spitze dieser Anm. gestellte Formel Rechnung zu tragen. Der BGH hat, der amtl. Begr. folgend, alle Strafrechtszwecke im Rahmen des Abs. 3 f ü r berücksichtigenswert erklärt; dazu gehöre in „besonderen Fällen" auch die Genugtuung für den Verletzten (JZ 54 450). Da auch sonst spezifische Strafrechtsmittel diesem Zweck dienen, wird man dem hier folgen dürfen. Kohlrausch, Mitt. JKV. N. F. Bd. 3,1928, S. 15/16 und ihm folgend Eb. Schmidt MatStRRef. IS. 16 wollen diesen Gesichtspunkt überhaupt nicht berücksichtigen. Dem ist nicht zuzustimmen. In der Regel wird aber ein bloßer Nebenzweck des Strafrechts für sich allein nicht genügen, um den Hauptzweck der Spezialprävention zurückzudrängen. Man wird in solchen Fällen zu prüfen haben, ob darüber hinaus ein Hauptzweck, etwa die generalprävenierende Befriedigung des Rechtsgefühls der Allgemeinheit, die Vollstreckung verlangt. In diesem Sinne schon früher E 65 229, J W 37 3021. Im Ergebnis hat der BGH a. a. O. die Versagung der SzB beanstandet. Nur wenn die abschreckende Wirkung der Strafe auf die Allgemeinheit oder bestimmte Bevölkerungskreise t a t s ä c h l i c h beeinträchtigt werden könnte (also bei konkreter Gefährdung), darf aus diesem Grunde die SzB gem. Nr. 1 versagt werden; so Braunschweig NJW 54 849, betr. uneidliche Falschaussage. Immer muß dargelegt werden, weshalb das öff. Interesse die Vollstreckung gerade im besonderen Einzelfall erfordert. Dabei kann aus Gründen der Abschreckung die Häufung von V e r k e h r s d e l i k t e n ausschlaggebend berücksichtigt werden (Braunschweig NJW 54 486). Zutr. Oldenburg NJW 54 109120: auch hier allseitige Würdigung von Tat und Täter unter Abwägung aller Strafzwecke. Anders aber Celle G. A 19 54 123 (nur Tat) und für b. E., die grundsätzlich die gleichen Ziele verfolgt wie die SzB (oben Vorbem. III) Bremen MDR 54 118: das Interesse der Allgemeinheit könne wegen der Art der Straftat ( S i t t l i c h k e i t s v e r b r e c h e n ) die volle Verbüßung trotz guter Prognose erfordern. Dem kann aus den hier entwickelten Gründen nicht zugestimmt werden, „öffentliches Interesse" an der Vollstreckung

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besteht, wenn bei SzB keine schuldangemessene und daher g e r e c h t e staatliche Reaktion gegeben ist. Das kann nicht ohne Würdigung des Täters geprüft werden. Vgl. BGH N J W 5 5 3018, BGHSt. 6 298 (betr. Sittlichkeitsverbr.) und oben zu Anm. I I . Auch die Allgemeinabschreckung kann nur in diesem Rahmen verfolgt werden. Doch ist es nach BGH VRS 7 46 kein Rechtsfehlei, wenn bei fahrl. Töt u n g (hier: bei Verkehrsdelikt) öff. Interesse an der S trat vollste, grundsätzlich bejaht wird; bei s c h w e r e n V e r k e h r s u n f ä l l e n ist StrVollstr. regelmäßig Anliegen der Allgemeinheit (BGH VerkMitt. 54 5, nur Leits.). Darüber, daß SzB die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht ausschließt, vgl. unten § 42 m Anm. II. — Andererseits will Bremen NJW 55 513 u. U. auch bei Verkehrsdelikten in Trunkenheitsfällen SzB zulassen. — Weitere Rspr. unten Anm. V 2. IV. Die Frage nach dem künftigen Verhalten des Verurteilten u n t e r d e r E i n w i r k u n g d e r S z B — Abs. 2 — ist der tragende Gesichtspunkt der Bestimmung: so OLG Braunschweig NJW 54 484 im Anschluß an Lackner JZ 53, 430 und Schwarz §23 Anm. 1 b, ohne aber als entscheidenden Gesichtspunkt hervorzuheben, daß sich die günstige Prognose g e r a d e a u f d i e E i n w i r k u n g d e r S z B g r ü n d e n muß. Das OLG meint zutr., die Frage dürfe nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Milderung oder Verschärfung der Strafe gesehen werden. Das widerlegt die von ihm früher vertretene These, es handle sich bei der SzB nur um eine Sache der Strafzumessung (NJW 53 1762; dazu oben Vorbem. I 8, 9 vor § 23). — Ebenso BGHSt. 6 138: Die SzB will in erster Linie den Rückfall des Täters verhindern und erstrebt seine Angleichung an das soziale Leben. Sie stellt daher folgerichtig auf die P e r s o n des T ä t e r s ab; SzB deshalb auch für einen Ausländer mit Wohnsitz im Ausland möglich, soweit nicht Auflagen und deren Überwachung erforderlich. Andererseits kann die Ablehnung der SzB auch auf krankhafte Eigenschaften des Täters gestützt werden: BGHSt. 10 287. — „ I n Z u k u n f t " bezieht sich nicht nur auf die Bewährungszeit, sondern auch auf die weitere Zukunft: BGH J R 54 227. Auch auf Veränderung der Lebensumstände durch behördliche Maßnahmen: BGHSt. 8 182, 186 mit Übersicht über die Zwecke der SzB. Die damit in den Vordergrund gerückte Spezialprävention darf das Gefüge der Strafrechtszwecke nicht durchbrechen; darüber oben Anm. I. Aber sie nötigt dazu, bei der Prüfung der SzB stets auf die besondere Lagerung des Einzelfalles einzugehen. Daher: V. Kein Schema! 1. Bestimmte Verhaltensweisen des Täters dürfen nicht ein für allemal zum Ausschluß der SzB führen. BGHSt. 5 238 = NJW 54 359: daß der Täter den S c h a d e n n i c h t w i e d e r g u t g e m a c h t h a t , kann allein ihre Ablehnung nicht rechtfertigen — § 2 4 1 Nr. 1 läßt die Wiedergutmachung als A u f l a g e zu — .sondern nur, wenn sich im Einzelfall darin ein C h a r a k t e r m a n g e l des Täters zeigt, der in Verbindung mit seinem Vorleben und seinem sonstigen Verhalten nach der Tat seine Rückkehr in geordnete Verhältnisse nicht erwarten läßt. Zustimmend Küster JZ 54, 520. Ebenso Braunschweig NJW 54 484, das ferner ausführt, auch fehlende Reue, mangelnde Gesinnung für ein geordnetes Zusammenleben und das Fehlen eines wirtschaftlichen Anlasses zur Tat erschöpften die zu prüfenden Voraussetzungen nicht. In solchem Fall wird man aber wohl kaum eine Einwirkung der SzB i. S. des Abs. 2 erwarten dürfen. Auch bei dem l e u g n e n d e n S c h u l d i g e n wird es in der Regel an der erforderlichen Bereitschaft zum Einsetzen seiner positiven Kräfte

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fehlen, da er sich „dem Recht verschließt" (Küster a. a. O.). Doch ist auch hier von Fall zu Fall das Motiv zu prüfen. — Pol. Ü b e r z e u g u n g s t ä t e r : BGHSt. 7 9: SzB darf n i c h t schlechthin von G e s i n n u n g s w a n d e l abhängig gemacht werden. Zurückhaltender BGHSt. 6 192. — Vgl. oben Vorbem. A I V 2 b vor § 13. 2. Unzulässig ist ferner, bestimmte Straftateil ein für allemal von der SzB auszuschließen, BGHSt. 6126. Auch dies folgt aus dem spezialpräventiven Leitgedanken des Instituts, der in jedem Einzelfalle zu individualisierender Betrachtung nötigt, um der jeweils besonderen und einzigartigen Lage des Täters gerecht zu werden. Zum gleichen Ergebnis kommt BGHSt. 6298 betr. S i t t l i c h k e i t s v e r b r e c h e n , mit der Begr., daß es ein Ermessensfehler und daher eine Gesetzesverletzung sei, wenn sich der Richter für gebunden halte, wo ihn das Gesetz freistelle. Er weist mit Recht darauf hin, daß auch die Kannmilderung des § 51 I I nicht generell — etwa bei Rauschtaten — ausgeschlossen werden dürfe (NJW 53 1760). Doch ist bei U n z u c h t m i t K i n d e r n (§ 176 Abs. 1 Nr. 3) der besondere Schutzzweck zu berücksichtigen, der vor allem bei willensschwachen Tätern i. allg. die Verwahrung mittels Strafvollzuges indiziert: BGH J R 64 227. — Kein grundsätzlicher Ausschluß der SzB bei A b t r e i b u n g , insbes. nicht unter einseitiger Betonung der Allgemeinabschreckung: Oldenburg NJW 54 1091. Auch nicht bei V e r k e h r s d e l i k t e n : Braunschweig NJW 54 486, s. o. Anm. III, wo weitere Nachweisungen. Auch die Schweizer Praxis läßt den Ausschluß bestimmter Deliktskategorien nicht zu, vgl. Germann zu Art. 41 und — betr. Verkehrsdelikte — Peters, Kriminalpol. Stellung des StrRichters. 3. Daß der Täter unbestraft ist, oder eine sonstige nur negative Feststellung darf umgekehrt niemals für sich allein zur SzB führen. Es bedarf stets der Darlegung, daß sich hieraus eine positive Prognose ergibt. Auch in dieser Richtung ist jedes Schema verhängnisvoll. Die amtl. Begr. und Auslegung warnen eindringlich davor (oben Anm. III, vgl. vor allem auch Lackner JZ 63, 430), aber anscheinend ohne Erfolg. Schon Maaßen MDR 53, 4 läßt Besorgnis über die Entwicklung der Praxis durchblicken. Und die Gründe der viel zu weitgehenden Anwendung des § 26 StGB, über die Grunau SchlHA54, 42ff. berichtet, treffen offenbar auch für die Praxis zu §§ 23ff. zu. — Die a b a r t i g e T r i e b r i c h t u n g des Täters ist bei § 176 Abs. 1 Nr. 3 schon im Strafrahmen berücksichtigt und kann deshalb nicht zur Milderung und SzB führen: BGH J R 54 227. 4. Weitere Gesichtspunkte: SzB darf nicht wegen zu erwartender G n a d e n e r w e i s e oder b. E. versagt werden: BGH LM Nr. 24. — Bei der Prüfung der Z u k u n f t s a u s s i c h t e n auch behördliches Eingreifen zu berücksichtigen: BGHSt. 8 182 betr. vormundschaftsger. Maßn. gegenüber verkuppelter Tochter. VI. Unvollkommenheiten der gesetzlichen Regelung lassen sich auch von der hier versuchten Zuordnung aus nicht übersehen. Über einzelne Mängel Meister a. a. O. Die G r e n z e v o n n e u n M o n a t e n ist zugegebenermaßen ein Kompromiß zwischen general- und spezialpräventiven Erwägungen (Maaßen MDR 54,4). Um die — hier und da wieder drohende — uferlose Anwendung zu verhindern, und weil die Regelung einen ersten vorläufigen Schritt in neues Land darstellt, sind gewisse starre Voraussetzungen eingebaut worden, vgl. Maaßen a. a. 0 . S. 2, Lackner JZ 53, 430. 7

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB. 42. Aufl.

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Strafen § 28

VII. Einzelfragen. SzB für einen S t r a f t e i l , für die in der Praxis ein starkes Bedürfnis zu bestehen scheint, ist deshalb aus doppeltem Grunde de lege lata nicht zugelassen: sie würde das Anwendungsgebiet der SzB übermäßig ausdehnen und andererseits auch die Fälle der kriminalpolitisch unerwünschten kurzen Freiheitsstrafen vermehren. So BGHSt. 6 163, der in gegebenem Falle solcher Art auf den Gnadenweg verweist. Dazu Vorbem. I 2 vor § 23. —• Wenn nur teilweise Vollstr. beabsichtigt, ist Ablehnung der SzB besonders zu begr.: BGHSt. 8 182. —SzB auch dann, wenn infolge Anr. v. U n t e r s H a f t ein Strafrest unter neun Monaten verbleibt: BGHSt. 6 391 gegen 5 377. — Nachträgliche G e s a m t s t r a f b i l d u n g mit nicht ausgesetzter Strafe möglich: BGHSt. 7 180. Vgl. ferner Celle NJW 57 1644 und unten § 74 Anm. I I sowie § 79 Anm. II. Zu Abs. 2: vgl. oben Anm. IV. Zu Abs. 3 Nr. 1: Vgl. grundsätzlich oben Anm. III—V. Ferner Braunschweig N J W 54 363: eine formelhafte Wiederholung des Gesetzeswortlauts ist keine ausreichende Begründung für die Bejahung des öffentlichen Interesses an der Strafvollstreckung. — Das öffentliche Interesse kann durch Sicherungsmaßregel (Entziehung der Fahrerlaubnis) entfallen: Stuttgart NJW 54 612. Zu Abs. 3 Nr. 2: SzB darfauch dann nicht bewilligt werden, wenn die während der letzten fünf Jahre bewilligte BewFrist abgelaufen und die Strafe erlassen ist: Hamburg N J W 54 484, Bay ObLG JZ 54 550. — Auch dann nicht, wenn die Vorstrafe nach dem Gnadenbescheide a m n e s t i e r t worden ist: BGHSt 6 69. (Dort wird der Fall jedoch unter Ziff. 3 gezogen.) — Eine frühere Strafe, deren Vollstr. im Gnadenwege ausgesetzt war, steht einer SzB nicht entgegen, wenn sie g e t i l g t o d e r t i l g u n g s r e i f ist (doch kann sie bei Abs. 2 berücksichtigt werden): BGH St. 7 58. — Die Aussetzung einer früheren Strafe durch ein B e s a t z u n g s g e r i c h t steht der SzB nicht entgegen: BGH NJW 54 10871*. Wie bei § 244 ist „ I n l a n d " nicht räumlich zu verstehen. — Bei Dauerdelikten (Unterhaltsentziehung) kommt es nicht auf ihren Beginn, sondern auf ihre Beendigung an: Hamm NJW 57 1937. — Die frühere Aussetzung einer Entsch. nach § 27 JGG steht der SzB hier nicht gleich: BGHSt. 9 160. — Die frühere Aussetzung muß der Täter bei der neuen Tat gekannt haben: BGHSt. 9 370. — Die Vorschrift setzt voraus, daß die Vorstrafe g a n z ausgesetzt war: BGHSt. 10 182 mit Nachw. Zu Abs. 3 Nr. 3: Jagusch LK Anm. 2b erklärt es im Verhältnis zu Nr. 2 f ü r ungereimt, daß frühere Freiheitsstrafen bis zu 6 Monaten o h n e SzB der Aussetzung nicht im Wege stehen. Aber nur im Fall der Nr. 2 steht die ungünstige Prognose gerade für die SzB fest. — Beachtlich — auch wegen § 25 I I 2 — andererseits die Bedenken gegen unterschiedslose Anrechnung von Fahrlässigkeitsvorstrafen bei Meister DRiZ 53, 218; von Bagatellstrafen bei Pentz NJW 54, 142. VI Ii. Prozessuales. Über materiellrechtliche Prüfungspflicht und Begründungszwang bzgl. SzB vgl. oben Anm. I I 1. — Über Berücksichtigung der §§ 23ff. in der Revisionsinstanz §2 Anm. VII. — Über das Verfahren bei n a c h t r ä g l i c h e r Ges a m t s t r a f b i l d u n g gem. § 460 StPO Oldenburg NJW 54 89222: zunächst GesStr. zu bilden, dann über deren Aussetzung zu entscheiden. Mit der Einbeziehung in die Gesamtstrafe entfällt die SzB: BGH NJW 55 758 (bei mehr als 9 Mon.). — SzB grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Aber keine Rückverweisung, wenn Gründe Vorliegen oder Fehlen ihrer Voraussetzungen deutlich ergeben: BGH NJW 58 1838; 54 39 15 ' 16 , J R 55 186. — Die Dauer der Bewährungsfrist ist in dem in § 24 vorgesehenen B e s c h l u ß auszusprechen: BGH NJW 54 52221; a. A. Schleswig

Strafen § 24

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SchlHA 54 20, Hamm JMB1. NRW 54 84 und die bisherige Praxis. Dazu Pentz NJW 54, 141. — Das Verbot der reformatio in peius bezieht sich nur auf die Strafe, nicht auf die Bewährungsauflage: Stuttgart NJW 54 6II 22 . Das verhängte Strafmaß darf aber auch bei gleichzeitiger Aussetzung nicht erhöht werden. A. A. Jagusch JZ 53, 690 (von gegensätzlicher Grundauffassung aus, vgl. oben Vorbem. II 2 vor § 23). Vgl. aber auch Hamm NJW 55 1000 (ref. in peius bei Widerruf der SzB) und dazu oben Vorbem. II 9 a. E. Andererseits ist auch die Ersetzung einer kürzeren Freiheitsstrafe ohne SzB durch eine längere mit SzB ref. i. p.: Oldenburg MDR 55 436. — Ablehnung der SzB im Hinblick auf beabsichtigte Teilaussetzung der Vollstreckung bei kurzfristiger Strafe bes. eingehend zu begr., BGH NJW 55 996. — Bloße Wahrscheinlichkeit eines Gnadenerweises oder einer b. E. rechtfertigt nicht Versagung der SzB: LM Nr.24. — Zur richterl. Aufklärungspflicht betr. Abs.3 Ziff.2: BGH GA 1955 269. — Formelhafte Wiederholung des Gesetzes genügt nicht zur Ablehnung: KG GA 1955 219. Auflagen und Bewährungszeit §24 (1) Das Gericht macht dem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Aullagen. Insbesondere kann es ihm auferlegen, 1. den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, 2. Weisungen zu befolgen, die sich auf Aufenthaltsort, Ausbildung, Arbeit oder Freizeit beziehen, 3. sich einer ärztlichen Behandlung oder einer Entziehungskur zu unterziehen, 4. Unterhaltspflichten nachzukommen, 5. einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu zahlen oder 6. sich der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers zu unterstellen. (2) Von der Anordnung von Auflagen kann abgesehen werden, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte auch ohne sie ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben führen, vor allem den durch die Tat verursachten Schaden nach Kräften wiedergutmachen wird. Der Verurteilte darf durch eine Auflage nicht daran gehindert werden, für ihn günstigere Möglichkeiten der Ausbildung oder Arbeit wahrzunehmen. (3) Entscheidungen nach den Absätzen 1 und 2 kann das Gericht auch nachträglich treffen, ändern oder aufheben. (4) Die Bewährungszeit beträgt mindestens zwei und höchstens fünf Jahre. Sie beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Strafaussetzung. Sie kann nachträglich bis auf das Mindestmaß verkürzt oder vor ihrem Ablauf bis auf das Höchstmaß verlängert werden. Während der Bewährungszeit ruht die Verjährung der Strafvollstreckung. 7»

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Strafen § 24

Schrifttum: W ü r t e n b e r g e r , MDR 55, 9: Über die Rechtsnatur usw.— H ä n d e l , J R 55, 377: Die Anwendung des § 24 I 5 in der Praxis. I. „Das Gerieht macht dem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Auflagen." Dieser Satz ist während der Entwurfsberatungen bewußt an die Spitze gestellt worden. Damit war zweierlei beabsichtigt: Einmal sollte grundsätzlich die völlige kriminalpolitische Abkehr von der Auffassung der SzB als eines bloßen Strafverzichts zum Ausdruck kommen. Statt dieses negativen Gedankens beherrscht das neue Institut ein im doppelten Sinne positiver: die Führung des Verurteilten durch nachhaltige Pflichtensteigerung, und der Ansatz bei seinen positiven sozialen Fähigkeiten, die Aktivierung seiner eigenen Initiative und Spontaneität, die durch die Auflagen nur den Anstoß erhalten sollen. Vgl. oben Vorbem. I I 8 vor § 23. Und ferner stellt der Aufbau und die Ausdrucksweise des Gesetzes ( „ m a c h t Auflagen" in Abs.l S. 1; „ k a n n abgesehen werden" in Abs. 2 S. 1) ein Verhältnis von Regel und Ausnahme auf. Dies entspricht der kriminologischen Lagerung der verschiedenen Tätergruppen, die durch die SzB differenzierend erfaßt werden sollen: oben Vorbem. I I 6 und 8 vor § 23. Mit Recht betont Jagusch LK Anm. 2, daß auch die Mehrzahl der nur in geringerem Umfange Gestrauchelten erfahrungsgemäß eine feste Hand während der BewZeit braucht und daß Auflagen und insbesondere Bewährungshilfe das Kernstück der neuen Einrichtung bilden, von deren Erfolg f ü r die SzB alles abhängt. IL Bewährungszeit. Ihre Frist beginnt mit Rechtskraft der nach StPO § 260 Abs. 4 n. F. im Urteilsspruch zum Ausdruck zu bringenden Entscheidung über die SzB. Die Dauer ist in dem gem. Abs. 4 vorgesehenen Beschluß auszusprechen: so BGH NJW 54 52221. Näheres oben § 23 Anm. VIII. III. Auflagen. 1. In ihrer Wahl ist der Richter grundsätzlich frei. In ganz anderem Maße als dies im Strafvollzug möglich ist, kann er daher die neue Strafweise individualisierend gestalten. Die Resozialisierung durch Auflagen ist aber nicht so zu verstehen, daß dem Täter die Verantwortlichkeit für seine Tat zugunsten einer zweckmäßigen Behandlung erspart wird, vielmehr so, daß er gerade zu ihr hingeführt wird (Spezialprävention durch Sühne, vgl. dazu namentlich Eb. Schmidt, Gesch. Strafrechtspflege 2 S. 219, 291, zust. Wegner, Strafrecht, Allg. Teil S. 34). Dies zeigt namentlich die an erster Stelle genannte Wiedergutmachung des Schadens, die zugleich generalprävenierende Bedeutung hat und tatbezogen ist. Es handelt sich nicht um wertfreie und auch nicht unbedingt um rein täterbezogene Maßnahmen (vgl. oben Vorbem. I I 2, 8 vor § 23). Die Bewertung besteht hier aber nicht in einer Abwertung, sondern in einer Erprobung, Infragestellung und Prüfung des sozialen Wertes des Täters. Daß auch hier das Wertgefüge des Strafrechts nicht gesprengt wird, zeigt sich darin, daß, auch wenn die Prognose schon ohne Auflagen günstig ist, der Richter von ihnen nur absehen „kann", während er bei einseitig spezialpräventiver Orientierung der SzB dann von ihnen absehen m ü ß t e . Es liegt wie bei § 23 Abs. 1 und § 26 Abs. 1, vgl. Anm. und Vorbem. dazu. Sehr aufschlußreich § 28 Nr. 1 der Gnadenordnung von Nordrh.-Westf.: „Sie (die Auflagen und Bedingungen bei bed. Strafauss.) haben den Zweck, dem Verurteilten das Unrecht seiner Tat und die sich daraus ergebende Verpflichtung, einen etwa eingetretenen Schaden freiwillig nach besten Kräften gutzumachen, zum Bewußtsein zu bringen." Dahinter darf das neue S t r a f r e c h t gewiß nicht zurückgehen.

Strafen § 24 a

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2. Die G r e n z e der möglichen Auflagen wird durch das GG und näher durch die §§ 305a, 453 StPO angegeben: keine gesetzwidrigen Anordnungen, keine „einschneidenden, unzumutbaren Eingriffe in die Lebensführung". Dazu oben Vorbem. II 8 und Bremen GA 1957 415 (Auflage, den Tatort zu verlassen und zu den Eltern zurückzukehren: zulässig). — N i c h t werden G e l d a u f l a g e n durch die gesetzliche Höchstgrenze der entspr. Geldstrafe beschränkt, Stuttgart NJW 54 52222, s.o. a. a. O. •— Die H ö h e einer Geldbuße unterfällt nicht dem Verbot der Schlechterstellung: BayObLGSt. 1956 253. — DerStaat ist keine g e m e i n n ü t z i g e E i n r i c h t u n g i. S. der Nr. 5 (vgl. BTD Nr. 3713 S. 6, 60/61: der ursprüngliche Zusatz: „oder der Staatskasse" wurde gestrichen, um jeden Anschein einer Geldstrafe zu vermeiden). Daher Auflage, die Verfahrenskosten zu zahlen, nicht zulässig: BGHSt. 9 365, vgl. auch Schneble, DRiZ 55,162, ferner Hamm MDR 54 245: wohl aber der Caritasverband. Auch die Trinkerfürsorge: Stuttgart NJW 54 522. — Auflage, einen b e s t i m m t e n B e r u f während der Bewährungszeit n i c h t a u s z u ü b e n , zulässig : BGHSt. 9 258 (gegen Hamm NJW 54 34). Dazu unten 3 b). 3. Im einzelnen: a) Zill. 1: W i e d e r g u t m a c h u n g ohne Bindung an Zivilurteil. Auch nur teilweise, auch ideelle. Vgl. Dilcher NJW 56, 1346, gegen diesen Pentz NJW 56, 1867. Allgemein zu Nr. 1 ferner Kübler JZ 55, 222, Hellmer NJW 56, 979. b) Ziif. 2: W e i s u n g e n . Hier die Grenze der §§ 305a, 453 StPO bes. zu beachten. — Aufl., einen best. B e r u f n i c h t a u s z u ü b e n , zul.: BGHSt. 9 258 (oben zu 2). Auch hier aber nur Resozialisierung, nicht Sicherung zulässiger Zweck, woraus Peters JZ 57, 65, Schönke-Schröder Anm. II 3 b) grundsätzliche Bedenken gegen solche Aufl. ableiten. Man wird auf den Einzelfall abstellen müssen. c) Ziff. 3: Ä r z t l i c h e B e h a n d l u n g . Hier ist insbes. an psychiatrischer Beh. zu denken. — E n t z i e h u n g s k u r : Auch Anstaltskur zulässig. Kein Gegenschluß aus § 42c, da dieser auch Besserungsmaßregel. — Bedenken gegen p s y c h o t h e r a p e u t i s c h e Behandlung als Bew.Aufl. bei Dührssen, Psychogene Erkrankungen, 1954, 170; kritisch dazu wiederum Demski NJW 58, 2100. d) Ziff. 4: U n t e r h a l t s p f l i c h t e n . Auch hier freie Stellung des Strafrichters, vgl. oben zu a) und § 170b Anm. III. e) Ziff. 5: G e m e i n n ü t z i g e E i n r i c h t u n g hier n i c h t der Staat, s. o. zu 2. A. A. Händel J R 55, 377. f) Ziff. 6: B e w ä h r u n g s h e l f e r . Zur Rechtsnatur Würtenberger MDR 55, 9 ff. Überwachung durch die Gerichte, nicht die StA (§ 24a): Köln J R 57 71. IV. Die Überwachung der Auflagen ist Sache des für den Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Verurteilten zuständigen Amtsrichters, nicht der StA: BGHSt. 10 288.

Bewahrungshelfer

§ 24a

Der Bewährungshelfer (§ 24 Abs. 1 Nr. 6) wird von dem Gericht bestellt. Er überwacht nach dessen Anweisungen während der Bewährungszeit die Lebensführung des Verurteilten und die Erfüllung der Auflagen.

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Strafen § 25

Schrifttum: W ü r t e n b e r g e r , Über die Rechtsnatur der Bewährungshilfe im StrR, MDR 55, 9. Näheres regeln die Landesgesetze (Art. 5 StÄG v. 4. 8. 53), z. B. Berliner Ges. v. 13. 5. 54, GVB1. S. 285, Nordrh.-Westf. Ges. v. 17. 5. 55, GVB1. S. 107. Er kann haupt- oder ehrenamtlich tätig sein. Dazu Zimmermann ZBIJugR 55,276,Pelle ZB1. 55,233. Ohne Rücksicht auf seine organisatorische Eingliederung untersteht er sachlich nur dem Richter. Köln J R 57 71. Er ist Bewährungshelfer, Betreuer, nicht nur Überwacher. Im einzelnen vgl. Potrykus ZBIJugR 55 S. 42 über die Bewährungshilfe in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, S. 110 über Berlin, S. 164 über Schleswig-Holstein (dazu auch Bohne S. 205) und Baden-Württemberg, S. 224 über Nordrhein-Westfalen. Widerruf der Strafaussetzung §25 (1) Hat der Verurteilte sich bewährt, so wird die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen. Das Gericht kann anordnen, daß über die Verurteilung nur noch beschränkt Auskunft erteilt wird. (2) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn 1. Umstände bekannt werden, die bei Würdigung des Wesens der Aussetzung zu Ihrer Versagung geführt hätten, 2. der Verurteilte wegen eines innerhalb der Bewährungszeit begangenen Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens im Inland zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird, 8. er den Bewährungsauflagen gröblich zuwiderhandelt oder 4. sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war. (3) Leistungen, die der Verurteilte auf Grund von Auflagen erbracht hat, werden nicht zurückerstattet. Schrifttum: S c h n e b l e , SchlHA 55, 327: Zum Widerruf usw. — S c h u l z e , Die Anwendung von § 25 StGB, NJW 57, 772. I. Nur die Strafvollstreckung, nicht die Verurteilung zu Strafe ist bedingt. Das ist der Unterschied zur echten bedingten Verurteilung, die im Falle der Bewährung entfällt. Aber der wichtige S. 2 gestattet dem Richter, die s c h ä d l i c h e n F e r n w i r k u n g e n der Bestrafung und damit das schwerste Hindernis der Resozialisierung wenigstens zum Teil aufzuheben. Daß man nicht soweit gegangen ist wie Art. 41 Nr. 4 SchwStGB, der die völlige Löschung der Strafe verfügen läßt, wird im Hinblick auf die Wendung zum Täterstrafrecht gebilligt werden müssen. In der Praxis genügt aber § 25 I S. 2 für sich allein nicht, vgl. Fleischmann JZ 54, 147. — De r Erlaß der Strafe erfolgt durch unanfechtbaren B e s c h l u ß des Gerichts. IL Der Widerruf wird in Anlehnung an die Schweizer Regelung teils an feste Tatbestände gebunden (Nr. 2), teils der Würdigung durch den Richter überlassen (Nr. 1, 4), teils werden objektive und normative Elemente gemischt (Nr. 3). Die

Strafen § 25

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Schweizer Novelle von 1950 hat die ursprünglich automatische Verbindung von Neubestrafung und Widerruf gelockert (Art. 41 n. F.). •— Auf g n a d e n w e i s e gewährte SzB bezieht sich § 25 nicht: Köln MDR 56 627. — Widerruf, wenn nur der Angekl. das Rechtsmittel eingelegt hatte, verstößt gegen V e r s c h l e c h t e r u n g s v e r b o t , Hamm NJW 55 1000, Köln MDR 56 759, selbst wenn neue ungünstige Umstände zutage treten. — Im einzelnen: Zilf. 1 geht vom „Wesen der Aussetzung" aus. Hierzu oben Vorbem. I, II 8 und Anm. zu § 23. Auch wenn die T a t nachträglich in einem anderen Lichte erscheint, kann die Stelle zutreffen. Zilf. 2 löst den automatischen Widerruf nur bei Verurteilung wegen vorsätzlicher Taten aus. In der Tat indizieren nur solche eine Einstellung des Täters, die den kriminalpolitischen Ansatz der SzB gegenstandslos machen (darüber oben Vorbem. I I zu § 23). — Die gleiche Indizfunktion hat aber auch § 23 Abs. 3 Ziff. 3; auch diese sollte daher bei Fahrlässigkeitstaten nicht automatisch die SzB ausschließen. Darüber oben §23 Anm. VII. — Die Stelle zeigt deutlich, daß der Gesetzgeber den Vorsatz als echtes Schuldelement — hier mit täterschaftsmäßigem Einschlag ansieht. Sie widerlegt die Übertreibungen der finalen Handlungslehre. Schärfer noch spricht der Schweizer Text nicht von „vorsätzlichem Vergehen.", sondern davon, daß „der Täter vorsätzlich" ein Verbr. oder Verg. begeht. Eine andere Frage ist, ob der in vermeidbarem Verbotsirrtum vorsätzlich Handelnde „auf den Kern gesehen" nur wegen Rechtsfahrlässigkeit verurteilt ist (so Jagusch L K A n m . 2, vgl. dazu JZ 56, 73 ff.) und deshalb nicht unter die Widerrufsklausel fällt. Die entscheidende Vorfrage ist innerhalb des Schuldbegriffs zu klären, zu dem der Vorsatz unlöslich gehört. Zill. 3 ist im Rahmen der Täterwürdigung, also symptomatisch, zu verstehen. „Gröblieh" daher nicht als objektiv schwere Zuwiderhandlung, sondern als eine solche, die in krasser Weise eindeutig zeigt, daß der Täter nicht fähig und willens ist, den ihm gezeigten Weg der Resozialisierung zu gehen. — Zweckmäßiger Hinweis für die Kontrolle der Auflagenerfüllung bei Pentz NJW 54, 142. — Widerruf, wenn der Verurteilte flüchtig ist: Celle NJW 56 642. Ziff. 4 bestätigt als zusammenfassende Generalklausel, daß es sich in allen Fällen um — teils gebundene, teils wie hier freie — Würdigung von Symptomen für das Fehlen der in § 23 vorausgesetzten Einstellung des Täters handelt. Auch andere als die in Ziff. 2 genannten Verurteilungen können nach Ziff. 4 den Widerruf begründen; so zutr. Schneble a. a. O. HL Zu Abs. 8. Daß Leistungen nicht zurückerstattet werden, die der Täter auf Grund von Auflagen erbracht hatte, bestätigt die oben vertretene Auffassung des SzB als echten Strafmittels i. S. einer besonderen Strafweise. Die erbrachte Leistung gehört zu dem Sühneansatz, der dann schließlich scheiterte. Handelte es sich nur um eine rein zweckbedingte Maßregel, so wäre folgerichtig bei Zweckverfehlung die Leistung zurückzuerstatten.

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Strafen § 26 §26

Bedingte Entlassung (1) Das Gericht kann den zu zeitiger Freiheitsstrafe Verurteilten mit seiner Zustimmung bedingt entlassen, wenn dieser zwei Drittel der Strafe, mindestens jedoch drei Monate, verbüßt hat und erwartet werden kann, daß er in Zukunft ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben führen wird. (2) Die Bewährungszeit darf die Dauer des Strafrestes auch im Falle einer nachträglichen Verkürzung nicht unterschreiten. (3) Im übrigen gelten die Vorschriften der §§ 24, 24a und des § 25 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sinngemäß. Schrifttum vgl. Vorbem. vor §§ 23—26. I. Über das Wesen und die Aufgaben der bedingten Entlassung (b. E.) s. Vorbem. I I I vor und Anm. I zu § 23, insbes. darüber, daß sie keinesfalls bloß negativ als Laufenlassen und als nachträgliche Korrektur des richterliehen Urteils verstanden werden darf. Gegen die letztere Auffassung unter eingehender Erörterung der Strafzwecke auch BGHSt. 6 215, aber ohne Erörterung des spezifischen kriminalpolitischen Anliegens der b. E. Treffend Köln MDR 58 263: bei der Entsch. nach § 26 ist tunlichst die strafpolitische Linie der Verurteilung einzuhalten; dazu Köln NJW 5fi 71, Neustadt NJW 56 70. Wie die SzB setzt die b. E. — im Gegensatz zur Strafvollstreckung — nicht bei der H e m m u n g der a s o z i a l e n , sondern bei der A k t i v i e r u n g der s o z i a l e n Persönlichkeitskomponenten an. Auch f ü r ihren kriminalpolitischen Erfolg kommt daher alles darauf an, den Schwerpunkt in die Führung durch Auflagen zu legen. In erster Linie kommt hier die Bewährungshilfe in Betracht. Die Gegenmeinung (vgl. etwa Reh NJW 54,484), die die b. E. als einen Akt des V o l l z u g e s und zugleich als eine Korrektur der richterlichen Strafzumessung auffaßt, leidet an einem inneren Widerspruch. Denn was vollzogen wird, wird eben nicht korrigiert und umgekehrt. Diese Auffassung, die in der b. E. etwas „ganz anderes" als in der SzB sieht, auch den Auflagen hier und dort eine ganz verschiedene Bedeutung gibt (so Reh a. a. O.), zerreißt die vom Gesetz gewollte und in der Verweisung des Abs. 3 zum Ausdruck gebrachte Wesensgleichheit der beiden Institute. Der Gedanke der Urteilskorrektur, den auch BGHSt. 6 215 und KG J R 55 272 aus anderen Gründen scharf ablehnen, zerstört die kriminalpolitische Stoßkraft der b. E., indem er den Blick von dem eigentlichen Anliegen: der Führung durch Auflagen, insbes. durch Bewährungshilfe, ablenkt. Die b.E. erhält das Wesentliche des Urteils, den Ausspruch der staatlichen Mißbilligung, durchaus und will auch seine Verwirklichung nicht auflösen, sondern erfüllen: besser und sicherer als durch Vollzug in den für sie geeigneten Fällen. Sie kann daher auch einem bereits auf freiem Fuße Befindlichen bewilligt werden; so mit Recht München NJW 56 1210 und KG J R 56 229 gegen Düsseldorf NJW 54 485. K r i m i n a l p o l i t i s c h hat sie, wie Simson ZStW 67,48ff., 68 mit Recht betont, eine D o p p e l f u n k t i o n : einerseits Anpassung der Reaktion an die Besonderheit des e i n z e l n e n , andererseits Schutz der Gesells c h a f t vor den Gefahren unvermittelter Entlassung; k r i m i n o l o g i s c h entsprechen dem v e r s c h i e d e n e T ä t e r g r u p p e n (S. 50ff.). Wertvolle grundsätzliche Bern, auch bei Dreher J R 55, 30 (jedoch mit m. E. zu scharfer Betonung der Urteilskorrektur).

Strafen § 26

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Die positive kriminalpolitische Zielsetzung, die Notwendigkeit einer solchen Prognose und die sich daraus ergebende scharfe Auswahl der hierfür geeigneten Fälle ist um so wichtiger, als das Nebeneinander mit dem Gnadenverfahren viele Gerichte schon jetzt offenbar zu einer f ü r das Institut verhängnisvollen Tendenz zur Milde geführt hat. Mehrfach ist die b. E. als eine Art Belohnung für gute Führung in der Straf haft ausgesprochen worden. Vgl. über solche Erfahrungen Gronau SchlHA 54, 42ff. Es ist Pflicht der Behörden, alles zu tun, damit eine an sich der Person des Verurteilten nach mögliche b. E. nicht wegen mangelnder Arbeit oder Unterkunft versagt werden muß: Bremen NJW 65 514 (vgl. auch BGHSt. 8 182 betr. SzB). — Daß der Verurteilte noch immer seine Unschuld behauptet, schließt b. E. nicht aus: Hamm NJW 55 34. — B.E. und Strafzumessung: KG GA 1954 344, Neustadt N J W 56 70. II. Das Gericht kann bei günstiger Prognose nach Strafverbüßung von zwei Dritteln, mindestens aber drei Monaten, bedingt entlassen. Bei dieser Prüfung sind wiederum sämtliche Strafzwecke zu b e r ü c k s i c h t i g e n ; es liegt wie bei dem „kann" des § 23 Abs. 1 (Dreher J R 55, 31 stellt f ü r § 26 stärker auf den Einzelfall ab). Vgl. die Rspr. § 23Anm. I I sowie Braunschweig NJW 54 1819, LG Bonn JMB1.NRW 54108 betr. Versagung derb. E. bei schwerwiegenden Verkehrsdelikten. Bremen MDR 54 118 will wegen der Art der Straftat (Sittlichkeitsverbrechen) trotz festgestellter günstiger Prognose generell die b. E. ablehnen. Dagegen Köln NJW 54 1297. Ebenso aber Gronau a. a. O. S. 44: es sei z. B. bei Meineid möglich, wegen des hier vorherrschenden Strafzwecks der Generalprävention b. E. stets abzulehnen. Es widerspricht indessen dem Wert- und Zweckgefüge des Strafrechts, einseitig auf einen bestimmten Zweck abzustellen. Die Bremer Entscheidung trägt sich, wenn man die besondere Schwere des Einzelfalles zugrunde legt und auf Verallgemeinerung verzichtet. Auch der Gegenstandpunkt, die Generalprävention könne einer b. E. in aller Regel nicht entgegengehalten werden (so Braunschweig MDR 54 245; dagegen Oldenburg NJW 54 1297), ist einseitig. Unabhängig von der Prognose (arg.: „kann") ist zu prüfen, ob die generalisierenden Strafzwecke die volle Vollstreckung verlangen. Abwägend BGHSt. 6 215. Neuerdings Annäherung der Standpunkte bei den OLGen. Vgl. KG J R 55 30: Tatschwere, Sühnegedanke zu berücksichtigen, jedoch darf dadurch die Prognose nicht außer Sicht kommen; dazu Anm. Dreher mit Übersicht (s. o. Anm. I a. E.). Vgl. oben § 23 Anm. III. Auch Braunschweig NJW 54 1819 hatte schon den Sühnegedanken berücksichtigt. Besonderheit des Falles darzulegen, wenn trotz günstiger Prognose b. E. wegen des Sühneged. versagt wird und umgekehrt: Köln NJW 5671. Steht bei der Verurteilung ein bestimmter Strafzweck im Vordergrunde, so gilt dies auch für die Entsch. nach § 26, vgl. oben zu I. III. Die Auflagen, die Abs. 3 vorsieht, haben hier den gleichen Sinn und die gleiche überragende Bedeutung wie bei SzB. A. A. Reh a. a. 0 . : bei §§ 23, 24 haben sie durchaus Strafcharakter, hier bei §26 sollen sie dem Verurteilten helfen, sich wieder einzugliedern, und ihn vor Rückfällen schützen. Aber das ist das Ziel b e i d e r Institute, die eben den Resozialisierungszweck unter Wahrung des Strafcharakters anstreben, wie oben Anm. I gezeigt. In der ersten Zeit sind die Gerichte dem immer wieder betonten Gesetzeswillen, den Verurteilten nicht einfach laufen zu lassen, sondern ihn zu führen, vielfach nicht gerecht geworden. Granau berichtet z. B. Anfang 1954 f ü r Neumünster,

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Strafen § 27

echte Auflagen seien bis dahin n u r in etwa 5 % der b. E.en gemacht worden. Da die hier im Vordergrund stehende Bewährungshilfe noch nicht lange wirken konnte — § 24a ist erst am 1.1. 54 in K r a f t getreten — läßt sich ein abschließendes Urteil noch nicht abgeben. IV. Zwei Drittel der S t r a f e , mindestens drei Monate müssen verbüßt sein; hieraus folgt allerdings nicht, daß die Strafe mindestens 4 Monate und 15 Tage betragen müßte (Köln MDR 59 57 mit jetzt zust. Anm. Dreher). Der Verurteilte muß den Ernst und den Schock der Inhaftierung und sollte grundsätzlich auch den erzieherischen Ansatz des Strafvollzuges kennengelernt haben. Erst dann läßt sich die notwendige Prognose f ü r die b. E . mit ausreichender Sicherheit stellen. Alles das gilt in der Regel nicht, wenn nur angerechnete Untersuchungshaft „verb ü ß t " ist. Reh N J W 54, 484. A u s g e s c h l o s s e n ist aber b. E. auch dann nicht: Köln N J W 54 205 und ihm folgend BGHSt. 6 215 mit dem Hinweis, daß bei der niedrigen Grenze von drei Monaten eine Resozialisierung durch den Vollzug ohnehin vielfach entfällt. Dagegen Reh N J W 54, 484, Grunau J Z 54, 230. Gegen M i t berücksichtigung angerechneter UntersHaft (Schleswig SchlHA 54 189) bestehen keine Bedenken. Vermittelnd auch Maaßen MDR 54, 4. Vgl. Oldenburg J Z 54 646 (auch bei Strafunterbrechung). — Über b. E. bei m e h r e r e n Strafen Meister MDR 54,403, Köln MDR 56 628 (b. E. f ü r jede gesondert zu pr.). Wiederholter Antrag zulässig: Oldenburg J Z 55 23. V. Zu Abs. 3. Auch nach Widerruf gem. §§ 25 II, 26 III kommt b. E . f ü r den Strafrest nach Verbüßung von 2 / 3 der urspr. Strafe, mind. aber 3 Mon., noch in Betracht. Doch streng zu prüfen: Bremen MDR 58 263. Geldstrafe

§ 27 (1) Die Geldstrafe ist in Deutsche Mark festzusetzen. (2) Sie beträgt 1. bei Verbrechen und Vergehen, soweit nicht höhere Beträge oder Geldstrafe in unbeschränkter Höhe angedroht sind oder werden, mindestens fünf Deutsche Mark und höchstens zehntausend Deutsche Mark; 2. bei Übertretungen mindestens drei Deutsche Mark, soweit nicht ein höherer Mindestbetrag angedroht ist oder wird, und höchstens einhundertfünfzig Deutsche Mark. (3) Die Vorschriften des Abs. 2 über Höchstbeträge gelten nicht, soweit die angedrohte Strafe in dem Mehrfachen, dem Einfachen oder dem Bruchteil eines bestimmten Betrags besteht. Ist dieser nicht auf Deutsche Mark gestellt, so ist er für die Festsetzung der Geldstrafe in Deutsche Mark umzurechnen. I. Mildeste Strafe, auch gegenüber der SzB des § 23, da Strafübel sekundär gegenüber dem Grad der Mißbilligung. Stets Hauptstrafe, auch wenn neben Freiheitsstrafe: E 73 192. öffentliche Strafe, E 76 279, also keine Aufrechnung: Braunschweig N J W 51 246. — Wertersatz ist im allg. keine Geldstrafe (E 22 104), wohl

Strafen §§ 27 a, 27 b

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aber im Falle des § 401 Abs. 2 RAO, BGHSt. 6 258, 304; 7 78. Bei Zusammentreffen von Ersatzfreiheitsstrafen aus Geldstrafe und aus Wertersatzstrafe gilt § 78 Abs. 2, nicht § 29 Abs. 2: BGHSt. 7 291. II. Über die durch die Währungsumstellungen entstandenen Fragen vgl. Brandstetter NJW 48, 675. Für Übergangsfälle vgl. München SJZ 49 136. § 2 kann hier nicht herangezogen werden. III. Die Mindestgrenze gilt auch bei Versuch: E 18 125. IV. Zu Abs. III. Im Steuerstrafrecht sind die Multiplarstrafen durch Ges. v. 5. 7. 39 beseitigt worden: darüber JZ 52, 267. V. In unbegrenzter Höhe angedroht in §§ 85, 98, 101, § 396 RAO und sonst im Nebenstrafrecht. Vgl. dazu § 85 Anm. VI. Zur Reform der GStr., die heute in weit mehr als der Hälfte aller Verurteilungen verhängt wird, vgl. Kommissionsbericht ZStW 67, 91 ff. (Einführung von Tagesbußen), Würtenberger ZStW 64, 17. Daß aber die Geldstrafe nicht allein „sozial", sondern vor allem nach der Schwere der T a t zu bemessen ist, betont mit Recht Hamm VRS 11 216 (betr. 3000 DM Geldstrafe wegen fahrl. Verkehrsgefährdung). VII. Gegen Jugendliehe nicht anwendbar, daher auch nicht als Wertersatz gem. § 401 Abs. 2 RAO, BGHSt. 6 258, vgl. oben Anm. I.

§ 27 a Bei einem Verbrechen oder Vergehen, das aui Gewinnsucht beruht, kann die Geldstrafe auf einhunderttausend Deutsche Mark erhöht und auf eine solche Geldstrafe neben Freiheitsstrafe auch in denjenigen Fällen erkannt werden, in denen das Gesetz eine Geldstrafe nicht androht. I. Gewinnsucht: „Steigerung des Erwerbssinnes auf ein ungewöhnliches, ungesundes, sittlich anstößiges Maß": E 60 306,389; 73 336; BGHSt. 1388,3 31. Regelmäßig, aber nicht notwendig dauernde Eigenschaft. Nicht nur bei Vermögensdelikten: E 73 235 u. 334; 75 335. Vgl. unten bei §§ 133 und 169: gewinnsüchtige Absicht. Dazu BGHSt. 1 388: besonders mißbilligtes inneres Verhalten als Strafzumessungsgrund. Vgl. aber BGH N J W 62 34: § 27 c Abs. 1 auch hier zu berücksichtigen. — Die Erhöhung ist auch in den Fällen des § 27 III zulässig. II. Prozessual gehört „Gewinnsucht" zur Schuldfrage: BGH MDR 52 532.

§ 27b Ist für ein Vergehen oder eine Übertretung, für die an sich eine Geldstrafe überhaupt nicht oder nur neben Freiheitsstrafe zulässig ist, Freiheitsstrafe von weniger als drei Monaten verwirkt, so ist an Stelle der Freiheitsstrafe auf Geldstrafe (§§ 27, 27 a) zu erkennen, wenn der Strafzweck durch eine Geldstrafe erreicht werden kann.

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Strafen § 27 b

I. Der frühere Abs. 2: „Die Vorschriften des Militärstrafgesetzbuchs bleiben Tinberührt" ist durch das 3. StrRÄndGes. gestrichen. Er kennzeichnete den Vorrang der Generalprävention im MilStrR. IL Die durch Ges. v. 21. 12. 21 eingeführte Vorschrift ist ein Ergebnis des K a m p f e s der Strafrechtsreformer gegen d i e k u r z e F r e i h e i t s s t r a f e . „Sie ist wertlos, ja schädlich; sie schreckt nicht ab, sie bessert nicht, sie verdirbt" (v. Liszt Aufe. u. Vortr. I 513ff.). Vgl. E 65 230. — Seitdem hat man erkannt, daß die kurze Freiheitsstrafe noch unentbehrlich ist und daß es nur darum gehen kann, ihre unerwünschten Begleit- und Folgeerscheinungen zu beseitigen. Ein Mittel hierfür ist die SzB (dazu oben Vorb. I, I I vor § 23 und BGHSt. 8 182). Vgl. de lege fer. ZStW 67, 81 (Kommissionsbericht). — Im J u g e n d s t r a f r e c h t ist die kurze Freiheitsstrafe jetzt aus den gleichen Gründen durch den J u g e n d a r r e s t ersetzt. III. Nicht Verbrechen: E 60 168. Durch Zubilligung mildernder Umstände wird ein Verbrechen nicht zum Vergehen, Umwandlung bleibt also unzulässig. Anm. V zu § 1 sowie H R R 39 388. Der „bes. schwere Fall" ändert ebenfalls die Deliktsgruppe nicht. E 60 117, BGHSt. 2 181, 3 47. IV. Die verwirkte Freiheitsstrafe muß im Urteil ausgesprochen und als an sich geboten begründet werden. E 63 300, H R R 41 453 (unzulässig, von vornherein die Geldstrafe ins Auge zu fassen). Sie ist aber bloß E r s a t z s t r a f e : E 59 22 und kann daher spezifische Rechtsfolgen der primären Freiheitsstrafe nicht herbeiführen: so E 72 108 betr. Arbeitshaus. V. Der Stralzweck wird z. B. nicht erreicht, wenn ein anderer die Geldstrafe zahlen würde (E 65 308). — Teilweise Erreichung des Zwecks genügt nicht: DR 43 138. — § 27 b darf nicht lediglich aus Gründen der allgemeinen Abschreckung ausgeschlossen werden. BGH VRS 5 452 (3 StR 124/53). Vgl. schon RG J W 30 909. Auch bestimmte Deliktsarten dürfen nicht ausgenommen werden: E 68 227 (Devisenvergehen); 71 47 (Amtsvergehen); JW 36 1909; 37 2695, Celle VRS 9 350 (fahrl. Tötung); DR 43138, 44150. DerTon liegt hier, wie bei der SzB, auf der Spezialprävention, die jedoch mit den übrigen Strafzwecken vereinbar bleiben muß. Vgl. §23 Anm. III. A. A. Jagusch LK l d : auch hier sei Sühnegedanke herrschend, die übrigen nur Nebenzwecke. Aber die grundsätzliche E 58109 betont gerade bei §27 die Gewichtsverlagerung der Strafrechtszwecke. Allerdings auch hier Bedeutung für die verletzte Rechtsordnung zu berücks.: Köln JMB1. NRW 53 258. Aber von § 27 b darf nicht deshalb abgesehen werden, weil der Täter eine schuldangemessene Geldstrafe nicht zahlen könne. So im Anschluß an E 65 229 ( = J W 31 2431 Anm. Radbruch), 77 137: BGH MDR 51 657. Für § 27bist die Spezialprävention Richtschnur, der sonstige Strafzweck Schranke, s. Vorbem. A I V 2b vor § 13. Für die mildernden Umstände gilt dies nicht; hier überwiegt der Gesichtspunkt geminderter Schuld. Daher auch bei Verneinung von m. U. § 27 b zu pr. Im Erg. ebenso E 58 107; GA 69 175; DRZ 24 321; Bremen N J W 53 394; Hamburg N J W 53 1807. A. A. Frank I 2. Bei Milderung nach § 157 kein Raum mehr für § 27b: Schleswig NJW 56 1569. VI. Mußvorschrift, deren Anwendbarkeit im Urteil a u s d r ü c k l i c h zu erörtern ist, StPO § 267 I I I n. F. Frankfurt HESt. 3 66, Bremen N J W 53 394. Anders BGH 1 StR 172/51 und LM Nr. 1 zu § 27b. Bedenklich! Vgl. JZ 53, 14. Strenger war der 2. u. 3. Sen. in MDR 51 657, wie dieser Köln NJW 52 197.

Strafen § 27 c

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VII. Bei Gesamtstrafe über 3 Monaten ist § 27b zu pr., soweit Einsatzstrafen darunter liegen, E 59 22, J W 30 922, Oldenburg NdsRpfl. 54 35. — § 27b auch bei Verbüßung durch Unters.-Haft zu pr.: BGH MDR 51 657.

§ 27 c (1) Bei der Bemessung einer Geldstrafe sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters zu berücksichtigen. (2) Die Geldstrafe soll das Entgelt, das der Täter für die Tat empfangen, und den Gewinn, den er aus der Tat gezogen hat, übersteigen. (3) Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so darf es überschritten werden. I. Wirtschaftliche Verhältnisse umfassend zu verstehen: BGH NJW 52 34. IL § 27 c gilt gemäß § 355 RAbgO auch für Steuergesetze, E 66 93. Richtlinien des FinMin. über die Bemessung von Steuerstrafen aber für Gerichte unverbindlich: BGH MDR 52 530. III. Schon das erkennende Gericht hat die wirtschaftlichen Verhältnisse zu prüfen und nötigenfalls aufzuklären. HRR 37 1131; MDR 52 530. § 27 c enthält nicht alle Strafzumessungsgründe: E 76 301; BGH MDR 53 146 (Wiedergutmachung). IV. Abs. 1 gilt auch in den Fällen des Abs. 2 und 3 sowie für § 27a: E 60 391; H R R 41 212; BGH N J W 52 34. V. Abs. 2 gilt auch bei Fahrlässigkeit: E 66 93. — Sollvorschrift, bei deren Anwendung der zwingende Abs. 1 einzuhalten ist: E 66 91; RG H R R 41 212; BGH MDR 52 530; 54 529. - Betr. Gewinn Celle MDR 54 54. VI. Abs. 3 bezieht sich nach BGHSt. 3 259 nur auf Abs. 2; auf Abs. 1 nicht anwendbar. Ebenso KG in H R R 39 862; OLG Königsberg in H R R 38 1067. Anders RG in E 77 137 und D J 44 765. - Eingehend hierzu Härtung SJZ 50 102, Dreher MDR 52 182, MatStRRef. 70f. Die Auslegung des BGH führt namentlich bei Übertretungen die Gefahr herbei, daß aus unzulässigen Erwägungen statt auf Geld- auf Freiheitsstrafe erkannt wird. Zudem ist Abs. 1 die Grundregel pro et contra (oben Anm. III). Ihrem spezialpräventiven Zweck ist im R a h m e n d e r G e r e c h t i g k e i t , die gleiche Fühlbarkeit fordert (so das künftig vorgesehene Tagesbußensystem, vgl. oben § 27 Anm. VI), zu entsprechen. Rechtsstaatliche Bedenken (so BGHSt. 3 261) bestehen bei dieser Maßgabe nicht. Vgl. auch die unbegrenzte Geldstrafe in den neuen §§ 85, 98,101, oben § 27 V. Daher ist jetzt im Ergebnis dem RG und Düsseldorf MDR 52 180 gegen den BGH beizutreten, und zwar auch für Übertretungen (folger. BGHSt. 3 261). Als die Gesetze rücksichtslos Zweckstrafen vorschrieben, war in den Voraufl. einschränkende Auslegung geboten. Die neue Ordnung der Strafzwecke und ihre Garantie (Vorbem. A I I vor § 13) ist eine neue Auslegungsbasis. VII. H e r a b s e t z u n g durch das Revisionsgericht: Celle N J W 53 1685.

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Strafen §§ 28—29 § 2 8

(1) Ist dem Verurteilten nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, daß er die Geldstrafe sofort zahlt, so hat ihm das Gericht eine Frist zu bewilligen oder ihm zu gestatten, die Strafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen. (2) Das Gericht kann diese Vergünstigung auch nach dem Urteil bewilligen. Es kann seine Entschließungen nachträglich ändern. Leistet der Verurteilte die Teilzahlungen nicht rechtzeitig, oder bessern sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich, so kann das Gericht die Vergünstigung widerrufen. (B) Auf die nach Abs. 2 zu treffenden Entscheidungen findet § 462 der Strafprozeßordnung Anwendung. I. Abs. 1 Mußvorschrift. — Die „Zumutbarkeit" hat bei der Zumessungsfrage noch außer Betracht zu bleiben. Für die Bemessung der Strafhöhe gelten nur die §§ 27b, 27c. Vgl. E 64 207. - Von Amts wegen zu prüfen: Bremen NJW 54 522. II. Frist- oder Ratenbewilligung im Urteil (E 60 16; 64 207. Vgl. auch 76 302). Gnadenweg unbenommen. Vgl. dazu Vorbem. I vor § 23. III. Nach dem Urteil kann: (Abs. 2) Dann gemäß StPO § 462. IV. Verfallklausel im Urteil unstatthaft. KG J W 30 665.

§ 28a (1) Soweit die Geldstrafe nicht gezahlt wird, ist sie beizutreiben. (2) Der Versuch, die Geldstrafe beizutreiben, kann unterbleiben, wenn mit Sicherheit Torauszusehen ist, daß sie aus dem beweglichen Vermögen des Verurteilten nicht beigetrieben werden kann. Nach den Vorschriften über die Vollstreckung von Zivilurteilen: StPO § 463. Vgl. jedoch AV in DJ 37, 1760. Verwaltungsvorschriften: A V i n D J 37, 840; DJ 40, 1085.

§ 28b

(1) Die Vollstreckungsbehörde kann dem Verurteilten uneinbringliche Geldstrafe durch freie Arbeit zu tilgen.

gestatten,

eine

(2) Das Nähere regelt die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit dies nicht geschieht, sind die obersten Landesbehörden ermächtigt, das Nähere zu regeln. Bundesrechtliche Regelungen stehen noch aus und sind auch nicht zu erwarten, (vgl. Dreher-Maaßen zu §28b), so daß die Bestimmung praktisch bedeutungslos ist. § 2 9 (1) An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt bei Verbrechen und Vergehen Gefängnis oder, wenn neben der Geldstrafe auf Zuchthaus erkannt

Strafen § 29

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wird, Zuchthaus, bei Übertretungen Halt. Auch bei Vergehen kann die Geldstrafe in Haft umgewandelt werden, wenn Geldstrafe allein oder an erster Stelle oder wahlweise neben Haft angedroht ist. (2) Die Dauer der Ersatzstrafe ist mindestens ein Tag und bei Gefängnis und Zuchthaus höchstens ein Jahr, bei Haft höchstens sechs Wochen. Ist neben der Geldstrafe wahlweise Freiheitsstrafe von geringerer Höhe angedroht, so darf die Ersatzstrafe deren Höchstmaß nicht übersteigen. Die Ersatzstrafe darf nur nach vollen Tagen bemessen werden. (3) Im übrigen richtet sich das Maß der Ersatzstrafe nach freiem Ermessen des Gerichts. (4) In den Fällen des § 27 b ist Ersatzstrafe die verwirkte Freiheitsstrafe. (5) Der Verurteilte kann die Vollstreckung der Ersatzstrafe jederzeit dadurch abwenden, daß er den noch zu zahlenden Betrag der Geldstrafe entrichtet. (6) Kann die Geldstrafe ohne Verschulden des Verurteilten nicht eingebracht werden, so kann das Gericht anordnen, daß die Vollstreckung der Ersatzstrafe unterbleibt. § 462 der Strafprozeßordnung findet Anwendung. I. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist schon im Urteil auszusprechen und festzusetzen. Ist dies unterblieben, dann gemäß StPO § 459 nachträglich. — Festsetzung einer EFrStr. auch dann erforderlich, wenn Geldstrafe durch Untersuchungshaft für getilgt erklärt wird: so jetzt (gegen E 68 333, 68 1) HRR 38 1441, DR 39 233, E 73 177. — Bei teilweiser Nichtbeitreibbarkeit: E 11 132, 54 24, Hamburg HESt. 1 31 (quotenmäßige Umwandlung). II. Die Strafvorschrift, der die Strafe zu entnehmen ist, muß also im zweiten Fall des Abs. 1 S. 1 wegen derselben Handlung Zuchthaus und zugleich Geldstrafe androhen. Vgl. E 62 125, 67 99, BGH MDR 52 657; aber auch RG DR 44 722 (betr. § 73). — Zu S. 2: Bei Beleidigung ist zu erörtern, ob Haft als EFrStr. ausreicht: Celle NdsRpfl. 53 230. — Bei Gesamtzuchthausstrafen E 62 126, 186; 67 99, J W 38 2467: Ersatzfreiheitsstrafe bleibt gegebenenfalls Gefängnis. Dagegen E 77 326, 328: Zuchthaus. Der älteren Rspr. folgen der 3. u. 5. Sen. des BGH (s. Dreher JZ 54,542), der neueren der 1. in BGHSt. 3 41. Aber der Umwandlungszweck des § 74 I I (s. dort) trifft hier nicht zu. Der Zweck der Ersatzstrafe ist nur, den Ernst der Strafdrohung zu sichern. III. Zu Abs. 2: Für jede E i n z e l t a t , E 56 68, 58 384. Jedoch darf die Ersatzstrafe nicht die wahlweise angedrohte g e r i n g e r e ges. H ö c h s t s t r a f e überschreiten: E 11 132. Vgl. ferner Abs. 4. Für G e s a m t s t r a f e n vgl. §78, dazu E 38 1, 51 176. § 78 Abs. 2, nicht § 29 Abs. 2 gilt auch für Freiheitsstrafen, die an die Stelle von Wertersatzstrafen treten, wenn sie mit Ersatzfreiheitsstrafen aus Geldstrafe zusammentreffen. BGHSt. 7 291. Vgl. § 27 Anm. I. IV. Zu Abs. 3: „Freies" Ermessen bedeutet lediglich Befreiung von starren Regeln, nicht dagegen von den Strafzwecken. Z. B. dürfen günstige wirtschaftliche Verhältnisse des Täters nicht zu einer höheren Ersatzfreiheitsstrafe führen (vgl. Köln NJW 53 1726 Lts.). — Revisionsgrund, wenn die Gründe nicht erkennen

112

Strafen §§ 80—82

lassen, daß sieh der Richter der Wahlmöglichkeit bewußt gewesen ist: Celle VRS 7 454. V. Urteilsformel. Die Angabe des Umrechnungssatzes genügt: Hamburg HESt. 1 239 gegen E 60 245. VI. Zu Abs. 6. Widerruflicher Strafaufschub, nicht Strafverzicht (ebenso Schönke-Schröder IV 2, Jagusch L K 10). Eng auszulegen. Bloße Zahlungsunfähigkeit genügt nicht: Hamm J Z 51 518 (Härtung). Maßnahmen der Strafvollstreckung, nicht des Gnadenrechts: LG Kassel N J W 54 325 mit abl. Anm. Leise; a. A. auch Jagusch a. a. 0 . — Beschlüsse über Anträge gem. Abs. 6 sind beschränkter mat. Rechtskraft fähig: BayObLG N J W 55 1644. § 3 0 In den Nachlaß kann eine Geldstrafe nur dann vollstreckt werden, trenn das Urteil bei Lebzeiten des Verurteilten rechtskräftig geworden war. I. Schrifttum: W e b e r , Die Vollstreckung von Vermögensstrafen in den Nachlaß (1900). II. Der Tod des Täters ist ein persönlicher Strafaufhebungsgrund. Die Vollstreckbarkeit in den Nachlaß widerspricht der heutigen Auffassung der Geldstrafe (oben § 27 Anm. I, vgl. Schönke-Schröder I, L K 1). Rechtsverwirkungen

bei Zuchthausstrafe § 3 1

(1) Die Verurteilung zur Zuchthausstrafe hat die dauernde Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter von Rechts wegen zur Folge. (2) Unter öffentlichen Ämtern im Sinne dieses Strafgesetzes sind die Anwaltschaft und das Notariat sowie der Geschworenen- und Schöffendienst mitbegriffen. I. öffentliche Ämter: Diejenigen Stellungen, vermöge deren jemand als Organ der Staatsgewalt erscheint: „durch die Übertragung von Dienstverrichtungen, die aus der Staatsgewalt abzuleiten sind und staatlichen Zwecken dienen": E 62 26; vgl. auch E 36 434, 39 204. Auch Gemeindevertretung: OVG Münster DVB1. 51420. II. Von Rechts wegen: Ohne daß darauf besonders zu erkennen wäre. Gegensatz: §§32 ff. Aberkennung a)

der bürgerlichen

Ehrenrechte

Voraussetzungen § 3 2

(1) Neben der Zuchthausstrafe kann auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden, neben der Gefängnisstrafe nur, wenn die Dauer der erkannten Strafe drei Monate erreicht und entweder das Gesetz den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte ausdrücklich zuläßt oder

Strafen § 33

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die Gefängnisstrafe wegen Annahme mildernder Umstände an Stelle von Zuchthausstrafe ausgesprochen wird. (2) Die Dauer dieses Verlustes beträgt bei zeitiger Zuchthausstrafe mindestens zwei und höchstens zehn Jahre, bei Gefängnisstrafe mindestens ein Jahr und höchstens fünf Jahre. I. Kann. Aber nicht nur bei ehrlosem Handeln, arg. § 161: BGHSt. 5 198 (Fall blinden Gehorsams). I n den Fällen der §§ 154 und 155 (161), 181, 302d und e m u ß auf Verlust erkannt werden: Zulässig auch gegen Ausländer: BGH N J W 52 234. Bei J u g e n d l i c h e n ist nicht auf Verlust zu erkennen, § 6 J G G ; bei H e r a n w a c h s e n d e n nie obligatorisch, § 106 Abs. 2 JGG. Über die Zulässigkeit bei Versuch, Beihilfe, Zusammentreffen strafbarer Handlungen s. §§ 45, 49, 73, 74, 76. — Da bei allen „Verbrechen" Aberkennung der Ehrenrechte „zulässig" ist, kann darauf auch bei V e r s u c h und bei B e i h i l f e erkannt werden, falls nach § 44 IV Zuchthaus in Gefängnis (von mindestens drei Monaten) umgerechnet wird. E 60 126. Prüfungs- und Erörterungspflicht, wenn Aberkennung nahelag: BGH LM Nr. 2 zu §267 I I I StPO. Begründungszwang: H R R 37 602. — Über die geplante Abschaffung der Ehrenstrafen als solcher vgl. Bericht ZStW 67, 229 ff. II. An Stelle. Nicht aber, wenn die ordentliche Strafe wahlweise Zuchthaus o d e r Gefängnis ist: E 25 408, 70 220. Auch nicht bei minder schweren Fällen (§ 218 Abs. 3): BGHSt. 4 230. III. Bei lebenslangem Zuchthaus dauernder Ehrverlust: Bechtspr. 9 175. Zeitiger hier nicht zulässig: BGHSt. 5 207. — Die Grenze bei zeitiger Zuchthausstrafe gilt auch bei Gesamtstrafe: E 68 176. b) Wirkungen der Aberkennung

(dauernd) § 3 3

Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte bewirkt den dauernden Verlust der aus öffentlichen Wahlen für den Verurteilten hervorgegangenen Rechte, ingleichen den dauernden Verlust der öffentlichen Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. I. Ergänzend insbes.: PreßG § 8; GVG § 175; BGB § 1781; HGB § 81; ZPO § 1032; GewO §§ 53, 93a, 106, 126; StrTiG § 3; § 34 der l.AVO v.19. 5. 38 zum Personenstandsges. v. 3 . 1 1 . 3 7 ; §2237 BGB; §§ 48ff. BBG. II. öffentliche Wahlen: Wahlen in öffentlichen Angelegenheiten. Vgl. § 108d. E 22 337; 41121; 64 303. Auch in kirchlichen A„ soweit öff.-r. Korporation, GA 54 292. HI. Öffentliche Ämter: Vgl. § 31 Abs. 2 und Anm. I. IV. Zu den öffentlichen Würden gehören auch die akademischen Grade, soweit unter staatlicher Anerkennung verliehen, z. B. der Doktorgrad, auch Ehrenbürgerrechte. — A u s l ä n d i s c h e Ämter, Würden, Titel usw. werden hiervon nicht betroffen, L K 3; Schönke-Schröder I I 3. A. A. Frank § 34 I I 2. Die Statusminderung muß hier auf dem Verwaltungswege erfolgen. V. Vollstreckung gem. § 41 StrafvollstreckungsO. 8

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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Strafen §§ 34—36

c) Wirkungen der Aberkennung (vorübergehend) § 34 Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte bewirkt ferner die Unfähigkeit, während der im Urteile bestimmten Zeit 1. öffentliche Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen zu erlangen; 2. in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden oder andere politische Rechte auszuüben; 3. Zeuge bei Aufnahme von Urkunden zu sein; 4. Vormund, Gegenvormund, Pfleger, Beistand der Mutter oder Mitglied eines Familienrats zu sein, es sei denn, daß es sich um Verwandte absteigender Linie handele und das "Vormundschaftsgericht oder der Familienrat die Genehmigung erteile. I. Öffentliche Ämter: Vgl. § 31 Anm. I ; Würden: § 33 Anm. IV. — öffentliche Angelegenheiten: wie in § 31 zu verstehen, E 41 128. II. Die Nr. 3 ist jetzt gegenstandslos, da die Gültigkeit der Urkunde von dem Besitz der bürgerliehen Ehrenrechte nicht mehr abhängt. Vgl. FGG § 173: „soll". Entsprechendes gilt für Nr. 4; vgl. BGB §§ 1781, 1897 sowie E 45 309. Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter § 3 5 (1) Neben einer Gefängnisstrafe, mit welcher die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte überhaupt hätte verbunden werden können, kann auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren erkannt werden. (2) Die Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter hat den dauernden Verlust der bekleideten Ämter von Hechts wegen zur Folge. I. § 35 ermöglicht es, unter den Voraussetzungen des § 32 (E 30 159) statt aller nur bestimmte Ehrenrechte abzuerkennen. Die Amtsunfähigkeit des § 35 tritt also s t a t t , nicht neben der Aberkennung der b. E. ein: E 21 264. Sie ist Nebenstrafe und unterliegt als solche den allg. Strafzwecken: BGH MDR 56 9 (Dallinger). II. Zu unterscheiden hiervon: Amtsunfähigkeit als Nebenstrafe in §§ 85, 98, 101, 128, 358; nach §§ 128, 358 auch neben geringerer Gefängnisstrafe zulässig. Hauptgrund hier Unzuverlässigkeit, nicht Ehrenminderung. HI. Gegen Jugendliche darf nicht auf Amtsunfähigkeit erkannt werden: § 6 JGG. d) Berechnung der Frist §36 (1) Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte und der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter wird mit der Rechtskraft des Urteils wirksam.

Strafen § 38

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Ihre Dauer wird von dem Tage ab berechnet, an dem die Freiheitsstrafe, neben der die Aberkennung ausgesprochen wurde, verbüßt, verjährt oder erlassen ist. Ist neben der Strafe eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung angeordnet worden, so wird die Frist erst von dem Tage ab berechnet, an dem auch die Maßregel erledigt ist. (2) Ist nach Ablauf einer Probezeit dem Verurteilten die Strafe ganz oder teilweise erlassen worden oder eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung erledigt, so wird die Probezeit auf die Frist angerechnet. I. Neufassung durch G v. 24. November 1933 Art. III Nr. 2. Neu ist Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2. Der letztere ist eine Legalisierung der bisher bestr. E 63 177. II. Der Sinn des § 36 ist, daß die Strafzeit der Frist der §§ 32ff. h i n z u g e r e c h n e t wird: E 67 96. H a u p t s t r a f e maßgebend: E 68 181. Bei m e h r f a c h e m Ehrverlust laufen die Fristen s e l b s t ä n d i g : RG JW 37 2643. Auch bei selbständiger Nebenstrafe, etwa nach § 98, Fristberechnung gem. § 36 I 2: BGHSt. 8 66. § 37 betraf Ehrverlust bei Auslandsstrafe. Er ist durch die VO v. 6. Mai 1940 (vgl. zu §§ 3ff.) gestrichen worden. Polizeiaufsicht §38 (1) Neben einer Freiheitsstrafe kann in den durch das Gesetz vorgesehenen Fällen auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. (2) Die höhere Landespolizeibehörde erhält durch ein solches Erkenntnis die Befugnis, nach Anhörung der Gefängnisverwaltung den Verurteilten auf die Zeit von höchstens fünf Jahren unter Polizeiaufsicht zu stellen. (3) Diese Zeit wird von dem Tage berechnet, an welchem die Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist. I. Wesen. Nach E 17 193 ist die Polizeiaufsicht „ S t r a f e " . Richtiger wohl die in Lpz. Komm, zu § 38 angeführte nicht veröffentlichte Entsch. des RG v. 2. II. 28, 11 J 121/26, wonach es sich um eine p o l i z e i l i c h e V o r b e u g u n g s m a ß r e g e l handelt. Vgl. auch vor § 13. II. Vom Gesetz vorgesehen in §§ 85, 98,101,115 II, 116 II, 122, 125 II, 146, 147, 180, 181a, 184, 248, 256, 262, 325; aber nicht neben Gef. bei mild. Umst., wenn nur neben Zuchth. vorgesehen: E 38 215 u. 353. Siehe hinsichtlich Versuch § 45, dazu E 11 158; 16 400, aber auch LK 3a; Beihilfe § 49; Jugendliche JGG § 6. Realkonkurrenz § 76 (unzulässig). Schon die E i n s a t z s t r a f e muß ggfalls (z. B. bei § 248) auf Zuchthaus lauten: E 11 158; 38 353. III. Höhere Landespolizeibehörde: die LPB des Bezirks bzw. Landes, in dem der Verurteilte Wohnsitz oder Aufenthalt hat oder nach Verbüßung der Strafe nimmt. Vgl. AV in DJ 37, 1800. IV. Anhörung der Gef.Verw. obligatorisch, außer in den Fällen mangelnder Vollstreckung infolge Verjährung oder Begnadigung.

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Strafen §§ 39, 40

Wirkungen der Polizeiaufsicht

§39 Die Polizeiaufsicht hat folgende Wirkungen: 1. dem Verurteilten kann der Aufenthalt an einzelnen bestimmten Orten von der höheren Landespolizeibehörde untersagt werden; 2. . . ( w e g g e f a l l e n ) 3. Haussuchungen unterliegen keiner Beschränkung hinsichtlich der Zeit, zu welcher sie stattfinden dürfen. I. Zuwiderhandlung gegen die auferlegten Beschränkungen nach § 361, 1 strafbar. II. Bestimmte Orte: Ortschaften oder Räumlichkeiten. III. Nr. 2 betraf Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Vgl. jetzt Ausl.-PolVO v. 22. 8. 38. IV. Wegen Haussuchung und Untersuchungshaft vgl. StPO §§ 103—106, 113. [39 a war durch Art. I Ziff. 4 d. Ges. v. 26. 5. 1933 (RGBl. I 295) eingefügt, wurde aber durch Art. 3 Ziff. 3 d. Ges. v. 24. 11. 1933 (RGBl. I 995] wieder gestrichen.] Einziehung der producta und instrumenta sceleris

§ 40 (1) Gegenstände, welche durch ein vorsätzliches Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht, oder welche zur Begehung eines vorsätzlichen Verbrechens oder Vergehens gebraucht oder bestimmt sind, können, sofern sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören, eingezogen werden. (2) Die Einziehung ist im Urteile auszusprechen. I. Bechtsnatur — ob Strafe, ob Sicherungsmaßnahme — wichtig f ü r Rückwirkung, Begnadigung und Amnestie sowie bei Verjährung. In diesen Fällen ist sie als Strafe unzulässig (E 50 386, 392, 63 124; vgl. auch E 75 252), als Maßnahme dagegen zulässig (E 67 215, H R R 42 46). Für Idealkonkurrenz ist die Frage seit GSSt. in E 73 148 bedeutungslos (Anm. I I I zu § 73). — Nach herrschender Ansicht ist die Einziehung 1. Strafe, wenn nach der betr. Bestimmung nur Eigentum des Täters eingezogen werden kann (über den Fall des Eigentumsvorbehalts vgl. BGHSt. 8 70). Und zwar N e b e n s t r a f e , d. h. alle Strafzwecke sind abzuwägen (BGHSt. 10 338); ferner: nur zulässig, wenn der Eigentümer wegen der Tat auch zu einer Hauptstrafe verurteilt ist; es sei denn, daß seine Verurteilung i. S. des § 42 „nicht ausführbar" ist. So BGHSt. 2 337 für § 40. — Dagegen 2. Sicherungsmaßnahme in den §§ 86, 98, 101, 152, 284b Satz 2, 295, 296a, 360, 367, 369; E 46 131, 53 124, 67 215. Vgl. ferner E 69 388; Freiburg DRZ 49 140, Köln SJZ 50 218. — 3. In der neueren Gesetzgebung zeichnet sich ein Z w i s c h e n g e b i e t zwischen beiden Gruppen ab: (entschädigungslose) Einziehung gegenüber einem Dritten nur, wenn er in v o r w e r f b a r e r W e i s e entweder mit der Tat selbst in V e r b i n d u n g steht oder aus ihr G e w i n n gezogen hat. Vgl. §§ 86, 98 II, 101 I I StGB, § 19 OWG; dazu BGH

Strafen § 40

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NJW641129. Das wird zur Auslegung der umstrittenen Fälle z. B. des § 414 RAO heranzuziehen sein (vgl. z. B. Härtung NJW 49, 765.) — Für die verwandte Entziehung des Jagdscheins gem. § 62 I I RJagdGes. (jetzt: § 40 BJG) E 75 262: sie habe, jedenfalls vorwiegend und im wesentlichen, die B e d e u t u n g einer Nebenstrafe, bis zu einem gewissen Grade aber auch die W i r k u n g einer Maßregel der Sicherung. — Ist die Sache veräußert, so tritt nicht etwa der Erlös an ihre Stelle. E 66 85, 67 204. Vgl. Schönke-Schröder § 40 I I I 2. — Wegen Einziehung nach RAbgO und Devisengesetz vgl. E 69 388, 74 96; BGHSt. 4 344; nach Wirtschaftsstrafrecht BGH J R 54 387 (abl. Anm. Seewald). — Zur Einz. im Zoll- und Verbrauchssteuerrecht Fuchs GA 1954, 43ff., 77ff. — Über Beschlagnahme von Gegenständen, die der Einziehung unterliegen, vgl. StPO §§98 ff. Dazu BGHSt. 8 46 (betr. Notverkauf gem. § 101a StPO). — Härten gegenüber E i n z i e h u n g s i n t e r e s s e n t e n in BGH MDR 53 270 u. 373 (dazu Dallinger 270; vgl. Zeidler N J W 54, 1148, Creifelds J R 55, 403, auch de lege fer.). IL Gegenstände: Körperliche Sachen; nicht Rechte. E 57 232. BGHSt. 2 337 betr. Miteigentumsanteil. Anders Köln NJW 51 612, vgl. Dallinger MDR 51, 657. Wohl aber Forderungen im Devisenstrafverfahren (WiStG 1952 §39, OWG §§ 17ff.): BGHSt. 9 184. Einziehung eines „Wertes" in § 335. — Surrogate: 5§ 86 1 2, 98 II, 101 II. III. Nicht einziehungsfähig das strafbar Erworbene (die gestohlene, geschmuggelte Sache; das durch Betrug Erlangte, das gehortete Geld. E 25 165,48 33, 54 223, 70 92, 75 334 ( = ZAK42 79 m. Anm. Schönke); aber auch E 75 336. Nicht der nach Entzug des Führerscheins benutzte Kraftwagen: BGHSt. 10 28 wie schon Frankfurt NJW 54 652, Karlsruhe VRS 9 459 (abl. Hoffmann-Walldorf S. 1147); das für die Rauschtat gebrauchte Werkzeug: Braunschweig NJW 54 1052. Die Handlungsobjekte: Nachweise bei Frankfurt a. a. O. Vgl. auch StPO § 111. IV. Zur Begehung gebraucht sind auch die Hilfsmittel, mit denen der Täter die Beute der Straftat v o m T a t o r t f o r t g e s c h a f f t hat: E 12 305, 73 104 und 106; BGH NJW 52 892. Auch der zur F a h r e r f l u c h t benutzte Wagen: BGHSt. 10 338. Desgl. der nur zur V o r b e r e i t u n g benutzte: BGHSt. 8 205, 212ff. unter Aufgabe von E 59 250; vgl. zu Anm. V. V. Mindestens bei einem Versuch mußte nach RG der Gegenstand benutzt worden sein. E 44 141, 67 12, 68 42. Nach E 27 243, 36 147, 49 210 auch bei straflosem Versuch, weil auch hier „zur Begehung bestimmt"; rechtsstaatlich nicht vertretbar. Vgl. LK I I 1, Schönke-Schröder II. BGHSt. 8 205 (212), zweifelnd noch NJW 55 1327, läßt Benutzung bei Vorbereitung genügen, w e n n es zum strafbaren Versuch kommt (gegen E 59 250). VI. Kann. Daher Urteilsformel „war . . . einzuziehen" fehlerhaft: BGH MDR 51 657 (betr. § 39 WiStG). - Obligatorische Einziehung in den §§ 152, 245a III, 284b, 295, 296 a und in vielen Nebengesetzen. VII. Eigentum des Täters oder Teilnehmers. Von dieser Voraussetzung sehen ab: §§ 86, 98 Abs. 2, 101 Abs. 2 (bei politischen Delikten, dazu BGHSt. 8 165), 152 (Falschgeld und Falschmünzerwerkzeug), 245a (Diebeswerkzeug), 284b (Spielgeld und Spieleinrichtungen), 295, 296a (Wilderergerät usw.), 360, 367: hier überall können (u. U. müssen) auch Sachen eingezogen werden, die einem anderen gehören. — Maßgebend für die Eigentumsfrage ist die Z e i t d e s U r t e i l s : E 67 204,

118

Strafen § 4 1

H R R 86, 156; im Fall des §42, wenn der Täter vor dem Urteil gestorben, Eigentum bis zu seinem Tode: E 53 181. — Hehler kein Teilnehmer, so Hamm J Z 52 39; Bedenken in Anm. Härtung. VIII. Die Rechtswirkung ist streitig. Von der Annahme aus, daß Eigentum zur Zeit des Urteils erforderlich ist, ist Eigentumsübergang auf den Fiskus mit Rechtskraft des Urteils, zurückbezogen auf den Tag der Urteilsfällung, anzunehmen. Nicht hierher gehören StPO § 463 und ZPO §§ 265, 325 (str.). - Vgl. hierzu E 21 54, 53 183, 66 87 (wie hier). IX. Prozessuales. V e r b o t d e r S c h l e c h t e r s t e l l u n g , soweit überwiegend Strafcharakter: E 67 215 mit Übersicht; BGHSt. 5 168 (178). Unbrauchbarmachung § 4 1 (1) Wenn der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar ist, so ist im Urteile auszusprechen, daß alle Exemplare sowie die zu ihrer Herstellung bestimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen sind. (2) Diese Vorschrift bezieht sich jedoch nur auf die im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befindlichen und auf die öffentlich ausgelegten oder öffentlich angebotenen Exemplare. (3) Ist nur ein Teil der Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar, so ist, insofern eine Ausscheidung möglich ist, auszusprechen, daß nur die strafbaren Stellen und derjenige Teil der Platten und Formen, auf welchem sich diese Stellen befinden, unbrauchbar zu machen sind. I. Rechtsnatur: Nicht Strafe, sondern polizeiliche Sicherungsmaßregel, da sie auch Unbeteiligte trifft. E 67 215 (218); BGH MDR 53 721, BGHSt. 5 178. Vgl. Anm. zu § 40 und Vorbem. vor § 13. E 14 161 gegen 17 311. — Verbindung der Maßregeln §§ 40 und 41: E 17 311, 36 145. Alternative aber in §§ 86, 98, 101. II. Strafbarer Inhalt. Voraussetzung der U. ist Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit des I n h a l t s , also der Gedankenäußerung. Über Einzelheiten E 66 147. Die Verletzung preß- oder gewerberechtlicher Formvorschriften genügt nicht: E 15 118. Unrichtig LG München N J W 53 716 (abl. Anm. Schmidt-Leichner). Verschulden nicht erforderlich: E 36 145, 61 293. Auch die Tatbestände von fahrl. Straftaten kommen hier in Betracht, auch Übertretungen. Daß mit der Herstellung eine Straftat begangen ist (z. B. nach Preßgesetz §§ 6—19), kann zwar ihre vorläufige Beschlagnahme (nach § 98 StPO oder § 23 PreßG), nicht aber ihre Unbrauchbarmachung begründen. Bloße strafbare H e r s t e l l u n g genügt ausnahmsweise z. B. nach §§ 42ff. LitUrhG v. 19. 6. Ol (Fassung v. 22. 5. 10). III. Schrift usw. nicht auf Erzeugnisse der Druckerpresse beschränkt (E 38 345, 47 223, 404: Grammophonplatten; dagegen 46 390). IV. Urteilsausspruch auch in den Fällen der §§ 199 und 233. Die einzuziehenden Gegenstände sind einzeln aufzuführen: RG J W 35 949; E 70 341; BGH MDR 54 529.

Strafen § 42

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V. Zu Abs. 2 : öffentlich ausgelegt oder angeboten, wenn einem n i c h t ges c h l o s s e n e n K r e i s zugänglich gemacht; gleichgültig, ob Kenntnisnahme. Verteilung von Flugblättern an Straßenpassanten. B G H M D B 53 721. Oder an ö f f e n t l i c h e m O r t . Vgl. E 73 90. S. a. § 110 Anm. 1. — Besitz: nach herrschender Ansicht auch mittelbarer Besitz. VI. Zu Abs. 3 vgl. PreßG § 14 und die Urheberrechtsgesetze. Dazu E 4 29, 87; J W 03 209 betr. Ausscheidbarkeit. Objektives Verfahren § 4 2 Ist in den Fällen der §§ 40 und 41 die Verfolgung oder die Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so können die daselbst vorgeschriebenen Maßnahmen selbständig erkannt werden. I. Vgl. § 152; StPO §§ 4 3 0 - 4 3 2 ; PreßG § 14. — Nicht „Strafprozeß", sondern selbständiges Verfahren, E 44 279, 50 391, daher auch bei verjährten, amnestierten Taten zulässig, nicht jedoch bei fehlendem Strafantrag (E 11 119); bestr. Da § 42 am Wesen der Einz. und U. nichts ändert (E 53 126, ebenfalls bestr.), ist aber gegebenenfalls auf die Strafhatur der Einz. (oben § 40 Anm. I) Bedacht zu nehmen; vgl. unten zu I I . Alle Voraussetzungen entweder des § 4 0 oder des § 4 1 müssen gegeben sein: i. F . des § 40 Eigentum dessen, der vorsätzlich und rechtswidrig als Täter oder Teilnehmer s t r a f b a r sein würde, falls seine „Verurteilung a u s f ü h r b a r " wäre, andernfalls kein Übergang in das objektive Verfahren möglich: E 66 419, B G H MDR 63 721; i . P . des §41 „Strafbarkeit des Inhalts", über welche Voraussetzung freilich Streit herrscht (E 30 194, 38 100, 53 81, 57 3 begnügen sich mit objektiver Tatbestandsverwirklichung, soweit die Maßregel nicht „Strafe" sei; ebenso jetzt B G H MDR 53 721 [ohne Einschränkung]). II. Verfolgung oder Verurteilung nicht ausführbar: D. h. die Tat ist an sich „strafbar" (Anm. I), die Verfolgung aber kann aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen (E 44 279) nicht bis zur Verurteilung durchgeführt werden, z. B . wegen Todes (E 74 41: auch dann, wenn Einz. Nebenstrafe, insoweit aber durchgreifende Bedenken bei Jagusch L K I I 2a), Unerreichbarkeit, Verhandlungsunfähigkeit des Schuldigen, Amnestie (E 69 367), Verjährung (E 44 315); vgl. aber auch hier L K I I 2 a . In jedem Stadium des Verf. nachzuprüfen: Hamm N J W 53 1683. III. Ist die Maßregel obligatorisch vorgeschrieben (§ 40 Anm. VT, § 41), so bleibt sie es auch hier. Vgl. E 28 122 und 66 434, BGHSt. 2 32. IV. Die Maßnahmen der §§ 40, 41 können auch nebeneinander durchgeführt werden. Vgl. oben § 41 Anm. I und E 36 145.

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Maßregeln der Sicherung und Besserung Vorbemerkungen Absohnitt l a

Maßregeln der Sicherung und Besserung Torbemerkungen I. Entstehung. Der Abschnitt ist, zusammen mit den §§ 20a und 245a, eingefügt durch das RGes. v. 24.11. 33 „gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherun? und Besserung" (RGBl. I 995). Zur Vorgeschichte s. 39/40. Aufl., zum künftigen Recht ZStW 66, 572, Bundesanz. Nr. 42 v. 29. 2. 56, Röhl JZ 55, 145. Schrifttum s. vor § 13, 20 a und den einzelnen Best, dieses Abschnitts. II. Zweck. Die „Maßregeln" sollen nicht, wie die Strafe, begangenes Unrecht sühnen, sondern anläßlich solchen Unrechts einen in der Zukunft liegenden Zweck verfolgen, nämlich einerseits die A l l g e m e i n h e i t s c h ü t z e n (Heil- und Pflegeanstalt und Verwahrungsanstalt: „wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert"; Untersagung der Berufsausübung: „um die Allgemeinheit vor weiterer Gefährdung zu schützen"; Entziehung der Fahrerlaubnis); andererseits den Täter in die Volksgemeinschaft w i e d e r e i n g l i e d e r n (Trinkerheilanstalt, Entziehungsanstalt, Arbeitshaus: um ihn „an ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben zu gewöhnen"). Aber: auch mit der Sicherungsmaßregel können im Einzelfalle Besserungszwecke verfolgt werden (E 73154) betr.Sicherungsverwahrung,untenAnm. I vor 1 zu §42e und umgekehrt (Arbeitshaus, unten Anm. I I zu § 42d). Betr. Heil- oder Pflegeanstalt vgl. unten §42bAnm. A l l 3a. E. — K e i n e a l l g e m e i n e A b s t u f u n g n a c h R a n g o d e r S c h w e r e , unten § 42n Anm. I; vgl. insbes. BGHSt. 5 312 betr. § 42b und e, im Anschluß an Bruns ZStW60,490, Rietzsch D J 38,189; aber auch E 73 47, 101 betr. Vorrang des § 42 c vor § 42 e. III. System. Dem StGB liegt das System eines strengen Dualismus zugrunde: „Strafen" und „Maßregeln" haben, mindestens ideell, eine verschiedene Bedeutung: Sühne begangenen Unrechts auf der einen, Verhütung von Gefahren auf der anderen Seite. Die Strafe ist stets auch wertend in die Vergangenheit, die Maßregel ausschließlich zweckbedingt in die Zukunft gerichtet. Entfällt der Präventionszweck nachträglich, so entfällt auch sie: § 42f Abs. 4, § 42 1 Abs. 4, § 42m Abs. 4. Strafe und Maßregel können sich deshalb nicht ohne weiteres gegenseitig ersetzen. Auch die Reihenfolge des Vollzugs ist bei SichVerw. und ArbHaus durch diesen Gegensatz bestimmt: zuerst ist die Strafe zu vollziehen. Die Maßregel braucht nicht, wie die Strafe, ihrer Schwere nach der begangenen Tat zu entsprechen; denn sie wird nicht „ f ü r " die Tat verhängt, sondern durch diese nur ausgelöst. Wohl aber muß sie „dem Täter", d. h. dem kriminologischen Befund seiner Persönlichkeit entsprechen. Vgl. die in Vorbem. A II, IV 5 vor § 13 behandelte Kontroverse. Bei Zweifeln, welche Maßregel erforderlich sei, gilt nicht der Satz: in dubio pro reo (unten Anm. I zu § 42 n). Die Anordnung einer Maßregel ist im Gegensatz zur Bestrafung grundsätzlich rechtsethisch wertfrei; die Anordnung der Unterbringung gem. § 42b ist keine Verurteilung i. S. des § 20a (DJ 39 479). Vgl. aber auch E 72 353. Der Dualismus ist heute gelockert. 1. Im J u g e n d s t r a f r e c h t herrscht das e i n s p u r i g e System, indem die unbestimmte Strafe alle Strafrechtszwecke übernimmt (Vorb. C vor § 13). — 2. In den neuen §§ 23ff. einerseits, § 42f andererseits hat die Rspr. Ansätze einer g e g e n s e i t i g e n V e r t r e t u n g von Strafe und Maßregel geschaffen; näheres unten § 42f Anm. II. (Das auf diesem Prinzip des „Vikariierens" aufgebaute Schweizer Recht hat sich seinerseits weitgehend zu einer Er-

Maßregeln der Sicherung und Besserung Vorbemerkungen

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Setzung der Strafe durch die Maßregel entwickelt, so Frey, Reform, 1951.) — 3. P r o z e s s u a l wird die Lockerung einerseits durch § 456b StPO gefördert, der bei §§ 42 b und c den Vollzug der Maßr. vor dem der Str. gestattet, andererseits durch die Schwierigkeiten, zu denen hier der strenge Dualismus der §§ 20 a, 42 e f ü h r t : BGH MDR 54 149, dazu Daliinger a. a. 0 . unter Hinweis auf Erbs Anm. V zu § 358 StPO. — 4. Der V o l l z u g der Strafe ist jetzt bewußt auf den Erziehungszweck abgestellt. Auch darin liegt eine Annäherung an die Einspurigkeit. Bei alledem handelt es sich aber stets nur um die Frage der sachgemäßesten M i t t e l , nicht des Strafrechtszwecks. Dieser wird erst dann durch ein „einspuriges" System in Frage gestellt, wenn die spezifischen Aufgaben der Strafe (zu vergelten, zu sühnen) und die Orientierung am obersten Wert der Gerechtigkeit aufgegeben werden zugunsten einer wertfreien Bekämpfung sozialer Gefährlichkeit (Sowjetstrafrecht, ital. Entw. Ferri 1922, neue südamerik. Strafgesetzbücher und die Richtung der défense sociale, darüber Scharff ZStW 66, 490 ff). IV. Nioht an das eigentliche T a t strafrecht, sondern an die Ansätze des StGB zum Tätergtrafrecht knüpft der Dualismus an. Andernfalls wäre die Einheit des Strafrechts gesprengt, da dann (Tat-)Strafe und Maßregel ganz verschiedene Gegenstände hätten. Die Maßregeln richten sich gegen Antisoziale, Asoziale, Anomale und Süchtige; sollen sie die Strafe e r g ä n z e n , so muß schon diese die „schädlichen Leute" als solche erfaßt und charakterisiert haben. Im einzelnen: §§ 42 b nnd c setzen nicht Taten von bestimmter Art und Schwere, sondern Persönlichkeitstsrpen voraus, etwa den gefährlichen Psychopathen oder den Gewohnheitstrinker. Beispiel: D J 88 1424 (vgl. § 42b Anm. B 1 3 a. E.). Sehr aufschlußreich auch E 78 177 (181): Die Bestrafung der Volltrunkenheit will nicht nur die einzelne Rechtsverletzung, sondern auch — vom Gelegenheitstrinker abgesehen — die gefährliche Persönlichkeit des Rauschtäters als solche erfassen. In der Rauschtat kann die innere Wesensart des Täters und damit auch sein Hang zum Verbrechen (§20a) zum Ausdruck kommen. Vgl. unten Anm. I I I zu §330a. — Die in § 42 d aufgeführten Übertretungen erfassen nicht Taten, sondern die Tätertypen des Landstreichers, Bettlers, Müßiggängers, Arbeitsscheuen, der Dirne und des Strichjungen; früher kamen auch Zuhälter (vgl. dazu jetzt E 78 183) und Spieler ins Arbeitshaus, womit die Reihe der Tätertypen asozialer Prägung vollständig wäre. — Darüber, daß § 42 e wesentlich nicht auf Einzeltaten, sondern auf den aktiven Antisozialen abstellt, oben I I zu § 20a. — Bei § 42 1 erscheint als tragender Gedanke nicht so sehr die einzelne Rechtsgutsverletzung als das Versagen des Täters in einer besonderen Pflichtenstellung (objektiv-täterschaftliche Elemente, vgl. Welzel in ZStW 58, 522). So treffen die Maßregeln regelmäßig mit ausgesprochenen Täterstrafen zusammen, Strafen also, die jenseits der Einzeltatschuld oder über sie hinaus, dem Grunde oder der Höhe nach durch eine Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Täters bestimmt oder zum mindesten durch eine solche charakterisiert werden (letzteres bei § 42e i. V. mit § 20a Abs. 2, falls die Strafe nicht geschärft wird). Die Zweispurigkeit ist damit nicht aufgehoben, vielmehr zu einer „Dreispurigkeit" erweitert. Denn: beim Tatstrafrecht liegt der Schwerpunkt der richterlichen Beurteilung in der Vergangenheit, beim Täterstrafrecht in der Gegenwart, bei den Maßregeln in der Zukunft.

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Maßregeln der Sicherung und Besserung §§ 42 a, 42 b

V. Gegen Jugendliche dürfen die Maßregeln des la-Abschnitts, mit Ausnahme der Unterbringung gem. § 42 b und des Entzugs der Fahrerlaubnis gem. § 42 m, nicht verhängt werden: § 7 JGG. — Für Heranwachsende ist, auch wenn das allg. Strafrecht anzuwenden ist, die SichVerw. niemals obligatorisch: § 106 Abs. 2 JGG. VI. Die Rückt allbestimmungen f ü r Diebstahl, Raub, Hehlerei und Betrug sind unberührt. Hinzugekommen ist f ü r Täter, die dem Verbrechen verfallen sind, die allgemeine Bestimmung des § 20 a; ihre Anwendung ist Voraussetzung der Sicherungsverwahrung. VII. Verfahrensrecht: Einstweilige Unterbringung (StPO §§126a, 207); notwendige Verteidigung f ü r §§ 42b, e, 1 (§ 140); Vorermittlungen (§ 160); nicht in Abwesenheit zu verhängen (§233); Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts (§265); nicht im Privatklageverfahren (§384); nicht durch Strafbefehl (§407); Inhalt und Begründung des Urteils (§§ 260, 267). — Verbot der Schlechterstellung auch f ü r Maßr. außer §§ 42b, c: § 358 StPO (sonderbare Folge in E 69 14); vgl. Bruns, SM und Verschlechterungsverbot J Z 54, 730. Anders jedoch BGHSt. 5 168 betr. Einziehung des Führerscheins, weil pol. Vollzugsmaßnahme. Dazu oben § 40 Anm. IX. B e i d e r A b u r t e i l u n g der Straftat kann die Entscheidung über eine Nebenfolge („Maßregel" usw.) n i c h t v o r b e h a l t e n werden: E 68 383, BGHSt. 5 350. — Revisionsbeschränkung auf Maßregel: BGHSt. 7 101 (unten § 42e Anm. II 1). — Wiederaufnahmegründe (§§359, 363, 371). — Besonderes S i c h e r u n g s v e r f a h r e n gegen Zurechnungsunfähige bei Nichtdurchführung des Strafverfahrens sowie nachträgliches Sicherungsverfahren wegen Auslandstaten (StPO §§429aff.). Übersicht

§ 42a

Maßregeln der Sicherung und Besserung sind: 1. die Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt, 2. die Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt, 3. die Unterbringung in einem Arbeitshaus, 4. die Sicherungsverwahrung, [5. betraf die Entmannung gefährlicher Sittlichkeitsverbrecher, gestrichen durch K R G Nr. 11.] 6. die Untersagung der Berufsausübung, 7. die Entziehung der Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen. Schrifttum: E x n e r , Erfahrungen mit den Maßregeln der S. u.B., die eine Freiheitsbeschränkung beinhalten (Ges. f. Dt. StrR 1939) und die dort ang. Lit. 1. Heil- und Pflegeanstalt

§ 42b

(1) Hat jemand eine mit Strafe bedrohte Handlung im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit (§ 51 Abs. 1, § 55 Abs. 1) oder der verminderten

Maßregeln der Sicherung und Besserung § 42 b

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Zurechnungsfähigkeit (§ 51 Abs. 2, § 55 Abs. 2) begangen, so ordnet das Gericht seine Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt an, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert. Dies gilt nicht bei Übertretungen. (2) Bei vermindert Zurechnungsfähigen tritt die Unterbringung neben die Strafe. Voraussetzungen, unter denen die gerichtliche Anordnung getroffen werden m u ß , die dann ihrerseits auch für die Unterbringungsbehörde b i n d e n d ist: A. Sachliche: I. Eine bestimmte Tat. 1. Es muß feststehen, daß der Unterzubringende sie begangen hat. 2. Die Tat muß eine „mit Strafe bedrohte Handlung" (ausgen. Übertretungen) sein, d. h. sämtliche Merkmale einer solchen an sich tragen: Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und die psychischen Voraussetzungen; mit Ausnahme eben der vollen Zurechnungsfähigkeit. Mit dieser entfällt die Grundlage für den sonst aus dem inneren Tatbestand abzuleitenden Schuldvorwurf. Als S c h u l d t y p e n dürfen Vorsatz und Fahrlässigkeit daher nicht gefordert werden. Aber h a n d e l n , und zwar „vorsätzlich" (i. S. von wollen und voraussehen) oder „fahrlässig" (i. S. von vorhersehenkönnen) kann auch ein Geisteskranker; und daß er so gehandelt habe, muß feststehen. Denn daß der Täter seinen Willen in Richtung auf einen bestimmten Erfolg (final) betätigt hat, bzw. daß der Erfolg für ihn vermeidbar gewesen ist, gehört zu den Merkmalen der Handlung und ihrer Tatbestandsmäßigkeit, ebenso die subjektiven Unrechtselemente einer bestimmten Absicht oder Tendenz. J W 85 532 u. 2368 (§ 308 ?, § 309 ?, § 368 Nr. 6 ?); DRZ 35 Nr. 363; E 71 218; H R R 38 850. Die Beurteilung von Vorstellungsausfällen innerhalb eines tatbestandsmäßigen Verhaltens ist hier ebenfalls am Handlungs-, nicht am Schuldbegriff zu orientieren. Da das Gesetz den gefährlichen Geisteskranken unschädlich machen will, der krankheitsbedingte Irrtum aber gerade die Gefährlichkeit anzeigt, so kann sein Vorliegen § 42 b nicht ausschließen. E 73 314; BGHSt. 3 287, 10 335 (mit Nachw.). Anders der verständliche Irrtum: er widerlegt den durch die Handlung nahegelegten Schluß auf die Gefährlichkeit des Kranken. — Die Handlung muß r e c h t s w i d r i g sein: steht dem Unzurechnungsfähigen § 193 zur Seite, so entfällt § 42b. H R R 38 40. — Die gleiche Frage nach dem i n n e r e n T a t b e s t a n d bei der Tat eines Unzurechnungsfähigen entsteht bei § 42 m; vgl. dort Anm. I I I , und bei § 330 a; vgl. dort Anm. VI sowie I I 2 c zu § 59. — Kein sachlicher Unterschied ist es, wenn RG hier den „Vorsatz" leugnet und von „natürlichem Tatwillen" spricht (HRR 40 35 u. 177). Zweifelhaft ist, ob bei A n t r a g s d e l i k t e n die Zulässigkeit der Maßregel von der Antragstellung abhängig ist. In E 71 218 und 321 bejahte der 3. Senat dieses Erfordernis, während der 1. Senat in J W 37 2373 der gegenteiligen Ansicht zuneigte. Der Auffassung des 3. Senats in Verbindung mit seiner weiten Auslegung des „Antrages" (Anregung einer irgendwie gearteten Unterbringung genügt nach E 71 321 den Erfordernissen des Strafantrages) dürfte zuzustimmen sein, zumal die öffentliche Sicherheit die Unterbringung in derartigen Fällen in aller Regel nicht fordern wird; vgl. unten zu I I 4. Vgl. hierzu E 73 155 (mit Hinweis auf § 15 PrPol.VerwGes.); dagegen jetzt aber BGHSt. 5 140 (s. u. zu I I 4 sowie § 61 Anm. IV).

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3. Unzurechnungsfähigkeit bzw. verminderte Zurechnungsfähigkeit müssen f e s t s t e h e n . Bei Zweifel, ob etwa Simulant, ist zwar § 51 I I anwendbar, nicht aber § 42b. Vgl. E 70 127, auch BGHSt. 5 267 (dazu unten B I 3). II. Erforderlichkeit lür die öffentliche Sicherheit. Vgl. E 69 12; HRR 35 759; Recht 35 4730; E 71 216. - D. h.: 1. Es müssen von dem Täter weitere Straftaten zu erwarten sein. Nur bestimmte ernstliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, nicht bloße Wiederholungsmöglichkeit genügt: E 73 303, DR 43 233. Vgl. §42e Anm. I 2. — Bei Unberechenbarkeit ist Unterbringung geboten: H R R 40 177. — Mit Recht einschränkend aber Tübingen DRZ 49 210. U. keineswegs schon deshalb gerechtfertigt, weil Handlungen gegen die Rechtsordnung zu erwarten. 2. Innerer Zusammenhans zwischen der Straftat und der Allgemeingefahr. Die Handlung selber braucht nicht besonders gefährlich oder schädlich gewesen zu sein; aber für die Zukunft muß eine Gefahr f ü r die allgemeine Rechtssicherheit von diesem Täter drohen. BGH N J W 54 1734 (betont symptomatische Bedeutung der Tat). Dabei ist das g e s a m t e Verhalten des Täters zu berücksichtigen, auch länger zurückliegende strafbare Handlungen; die Grundsätze von § 20a I I I sind hier nicht maßgebend. E 68 351, 69 12, 150, 242, J W 38 167. Ebenso BGHSt. 5 140, 143: Entscheidend für die Gefährlichkeit in der Regel die G e i s t e s k r a n k h e i t und die sich aus ihr ergebende Prognose, n i c h t die beg. T a t (dort § 185, aber gef. Taten im Verfolgungswahn zu besorgen). Bei vorübergehender G e i s t e s s t ö r u n g eines an sich Gesunden, z. B. eines A l k o h o l s ü c h t i g e n § 42b nur, wenn die Sucht ihrerseits auf geistiger Erkrankung beruht: E 73 44, 179; BGH JZ 51 695. Vgl. aber auch BGHSt. 7 35: bei Alkoholsucht und gleichzeitiger Disposition zu krankhaftem Rausch § 42b zulässig. Ebenso mit Recht BGHSt. 10 57 bei pathologischem Rausch eines schweren Psychopathen, auch wenn dessen Veranlagung an sich keinen Krankheitswert hat; BGHSt. 10 353 bei nicht geistesgestörtem, aber haltlosem Rauschgiftsüchtigem, auch wenn z. Z. der Entsch. durch lange Haft entwöhnt (im Anschluß an BGHSt. 7 35, NJW 57 429). 3. Die Allgemeingefahr darf nicht anders zn beseitigen sein. Gerade d i e s e Maßregel muß vielmehr nötig erscheinen. So genügt bei Rauschtaten nicht, daß der Rausch die Zurechnungsfähigkeit ausschloß. Er muß auf krankhafter Veranlagung beruhen. Andernfalls ist Trinkerheilanstalt u. U. angezeigt. E 73 44. — Zu prüfen ist namentlich auch, ob nicht schon die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers Wiederholung der Straftaten verhindern würde (so H R R 38 40 betr. beleidigende Eingaben, ähnlich BGH NJW 51 572, 724 u. 969). Im Falle des § 51 Abs. I I SV, wenn nur diese ausreicht: E 72 151. Durch freiwilligen Eintritt in Heil- oder Pflegeanstalt wird Anordnung der Unterbringung nicht in allen Fällen entbehrlich: vgl. einerseits J W 38 166, andererseits E 76 134, BGHSt. 12 50 (53): Unterbringung durch Vater oder Vormund, die sie jederzeit wieder aufheben können, reicht schon deshalb nicht aus. Auch nicht durch Unterbringung nach dem Bayerischen Verwahrungsges. v. 30. 4. 52: BGHSt. 7 61 (betr. Verf. nach §§ 429 äff. StPO), da es z. T. gegenüber dem Bundesrecht nur hilfsweise in Betracht kommt. Wohl aber durch rechtskräftige U. nach dem nordrh.-westf. Unterbringungsges. v. 16. 10. 56, das solche Einschränkungen nicht kennt: BGHSt. 12 50. — Elterliche Überwachung, pol. Maßnahmen zu pr.: BGH MDR 51 403, KG N J W 53 195. Ambulante psychotherapeutische Behandlung eines schwachsinnigen Triebverbrechers? Be-

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denklich Stuttgart JZ 51 53, zust. Anm. Bader, dazu Celle S J Z 50 510 (Anm. Sieverts) einerseits, Freiburg DRZ 49 117 = HESt. 1 243 andererseits betr. Vorrang des Heil- oder Sicherungsbedürfnisses. Jetzt BGHSt. 5 313 (gegen Freiburg, vgl. unten § 4 2 e Anm. 12). 4. Die bloße Belästigung Dritter und die Störung des Lebenskreises eines einzelnen sind noch kein hinreichender Grund für die Unterbringung: J W 87 2373 (betr. § 164); H R R 39 40, aber auch BGH bei LM Nr. 3. Gelegentliche kleine Diebstähle, bei denen der Täter infolge seiner Auffälligkeit regelmäßig alsbald entdeckt wird, genügen nicht: BGH N J W 55 837. Die Gefahr künftiger Angriffe auf die Ehre anderer reicht nur in besonderen Ausnahmefällen aus: H R R 37 1679. Vgl. jedoch andererseits E 71 321 sowie J W 38 2331 und 2732 betr. falsche Anschuldigungen und verleumderische Redereien, die das Vertrauen auf die Rechtspflege erschütterten; ebenso H R R 40 114. Anders der Fall BGHSt. 5140 (s. o. zu 12). — Vgl. auch hier Tübingen DRZ 49 210 (oben zu 1). B. Formelle: I. In einem ordentlichen Strafverfahren muß, wenn es zum Hauptverfahren kommt, 1. bei einem v e r m i n d e r t Z u r e c h n u n g s f ä h i g e n Verurteilung zu Strafe (§ 51 II) wegen der begangenen Handlung erfolgen (E 69 262 und J W 35 2732), kritisch dazu Gruhle MoKrim. StRRef. 53, 9. Nach BGHSt. 11 319 U. aber auch zulässig, wenn dem Strafausspruch nur das Verbot der ref. in peius entgegensteht. 2. bei einem Z u r e c h n u n g s u n f ä h i g e n Freisprechung erfolgen aus dem Grunde der Unzurechnungsfähigkeit; nicht etwa, weil es nicht feststehe, ob er die Tat begangen habe; oder weil er in Notwehr oder in einem schuldausschließenden verständlichen Irrtum (dazu oben A 1 2) gehandelt habe : hier würde nötigenfalls Unterbringung durch die Verwaltungsbehörde möglich sein. 3. Für das Strafverfahren vgl. GVG §§24, 25 (Einzelrichter!), StPO § § 8 0 - 8 1 (dazu BGHSt. 8 76), 126aff.,140 I Nr. 3, 149, 246a,456a, b, 463a. Besteht Anlaß, § 42b zu prüfen, so ist Verteidiger zu bestellen: BGHSt. 4 320, und gem. § 246a S. 1 StPO Arzt zu vernehmen, der den Betroffenen vorher gem. § 246 a S. 2 zu untersuchen h a t : BGHSt. 9 1 ( = LM Nr. 2 zu § 246a StPO m. Anm. Jagusch). — Mehrfache Anordnung möglich : BayObLG J R 54 150. Auch wenn Ankl. u. EröffnBeschl. nur § 42 e anführen, ist gem. § 246 a StPO Arzt zuzuziehen, wenn zweifelhaft, ob SV oder Unterbringung. H R R 39 1211. Wenn die Unterbringung gegen einen Unzurechnungsfähigen an Stelle von Strafe ausgesprochen ist, kann die Revision auf die Anordnung der U. beschränkt werden, obwohl diese sachlichrechtlich mit der Schuldfrage untrennbar verbunden ist: BGHSt. 5 267 (3. Sen.) gegen 1. Sen. N J W 51 450, unter Hinweis auf die bedenklichen Folgen aus § 358 II StPO, falls sich volle Verantwortlichkeit ergibt; dazu oben Vorbem. VII (zu E 69 14). Über den früheren Streitstand vgl. E 71 265 mit H R R 38 907. Wenn auf Grund besonderer Hemmungslosigkeit des Täters § 51 Abs. II angewendet wird, die Anordnung gem. § 42b aber unterbleibt, bedarf es der Nachprüfung, warum die öff. Sicherheit diese nicht erfordert ( D J 38 1424). Hier tritt zutage, daß die T ä t e r t y p i s i e r u n g durch den Schuldspruch den Ansatz für die Maßregel bildet.

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Maßregeln der Sicherung und Besserung § 42 C

4. Auch bei Jugendlichen zulässig, § 7 JGG. Hier aber Erforderlichkeit besonders sorgfältig zu pr.: J Z 51 344. Für das Sicherungsverfahren (Anm. II) gegen Heranwachsende allein Jugendschöffengericht zuständig: LG Waldshut N J W 56 1488 (zust. Anm. Potrykus). II. Im Falle der Z u r e c h n u n g s u n f ä h i g k e i t besonderes Sicherungsverfahren möglich: StPO §§ 429a—429e. Das heißt: entweder sieht die Staatsanwaltschaft von einer Anklage ab und stellt statt ihrer den Antrag auf gerichtliche Anordnung der Unterbringung; oder sie stellt diesen Antrag, nachdem auf Anklageerhebung die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen Zurechnungsunfähigkeit abgelehnt ist (StPO §§ 203, 204). Voraussetzung auch des „Sicherungsverfahrens" ist aber hinreichender Tatverdacht. III. Heil- oder Pflegeanstalt. Die Anordnung ist f ü r das Gericht unteilbar. Auswahl der geeigneten Anstaltsart und der Anstalt ist Sache der Vollstreckung: D J 38 1796. 2. Trinkerheilanstalt

und

Entziehungsanstalt

§ 42c Wird jemand, der gewohnheitsmäßig im Übermaß geistige Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich nimmt, wegen eines Verbrechens oder Vergehens, das er im Rausch begangen hat oder das mit einer solchen Gewöhnung in ursächlichem Z u s a m m e n h a n g steht, oder wegen Volltrunkenheit (§ 330 a) zu einer Strafe verurteilt und ist seine Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt erforderlich, u m ihn an ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben zu gewöhnen, so ordnet das Gericht neben der Strafe die Unterbringung a n . Voraussetzungen gerichtlicher Anordnung: I. Tatbegehung a) entweder irgendeines Verbrechens oder Vergehens im Bausch; vgl. E 74 218 betr. § 175; b) oder eines solchen, das mit einer Gewöhnung an ein Übermaß geistiger Getränke oder anderer berauschender Mittel in ursächlichem Zusammenhang steht (z. B. auch Diebstahl, um Schnaps kaufen zu können; Rezeptfälschung, um Morphium zu erhalten); vgl. H R R 34 1491 (Diebstahl von Rezeptformularen); bei Z e c h p r e l l e r e i genaue Feststellungen erforderlich: BGHSt 3 339, s . u . zu I I I ; c) oder des Delikts der „Volltrunkenheit" (§ 330a). Wenn aber in diesem Falle nicht der Persönlichkeitstyp des Trinkers, dessen Taten ihre Ursache ausschließlich im Alkoholgenuß finden, sondern der des gefährlichen Gewohnheitsverbrechers vorliegt, dessen Hang durch den Alkoholgenuß lediglich ausgelöst wird, dann § 42 e: DStR 39 211; D J 38 1878; 40 1221; u. U. auch bei infolge von Trunksucht Willensschwachen (HRR 39 585; E 73 44). II. Verurteilung zu Strafe wegen I a oder b oder c. Sonach ist, wenn der Rausch die Zurechnungsfähigkeit ausschloß, nur § 42 b anwendbar, während bei vermin-

Maßregeln der Sicherung und Besserung § 42 d

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derter Zurechnungsfähigkeit das Gericht u. U. die Wahl hat zwischen § 42 b, § 42 c und § 42 e. Hierbei wird, wenn der Erziehungszweck des § 42 c erreichbar erscheint, die „Erforderlichkeit" einer Heilanstalts- oder Sicherungsverwahrung zu verneinen sein. Häufung aber gem. § 42n möglich. E 73 47. Vgl. ferner D J 39 519. Neben der Strafe: diese braucht jedoch nicht vollstreckt zu werden (§23). De lege fer. vgl. Bundesanz. Nr. 42 v. 29. 2. 56. III. Krankhafter Hang zu g e i s t i g e n G e t r ä n k e n o d e r a n d e r e n b e r a u s c h e n d e n M i t t e l n , wie Kokain, Opium, Morphium. Der Täter braucht jedoch kein Trinker im üblichen Sinne zu sein: E 74 217 (218). „Gewohnheitsmäßig im Übermaß" trinkt, wer auf Grund eines krankhaften Hanges immer wieder geistige Getränke in solchen Mengen genießt, daß er in einen Rauschzustand gerät oder seine Gesundheit oder Leistungsfähigkeit leidet; wer mehr trinkt, als er vertragen, nicht, wer mehr trinkt, als er bezahlen kann: BGHSt. 3 339 betr. Zechpreller. — Betr. k r i m i n e l l e n Hang s. o. I a. E. IV. Erforderlichkeit der Zwangsunterbringung zwecks Gewöhnung an ein g e s e t z m ä ß iges u n d g e o r d n e t e s L e b e n . Andere Mittel (z. B. längerer Strafvollzug, zuverlässige Familienfürsorge oder freiwilliger Eintritt in eine Anstalt oder in einen der nach L K II 3 sehr bewährten Enthaltsamkeitsvereine) müssen hierzu nach gerichtlicher Überzeugung unzulänglich erscheinen. Bedenklich: Recht 35 3232, wonach Unterbringung auch, wenn Besserung nicht mehr zu erwarten. Richtig dagegen E 73 47, H R R 36 303; dann gegebenenfalls § 42e. Die U. gem. §42c hat aber, w e n n indiziert, den Vorrang vor der SV: E 73 47, 101. — Die D a u e r kann das Gericht nicht begrenzen: H R R 36 1684. — Bestimmte Rückfallswahrscheinlichkeit erforderlich: D R 43 233. 3. Arbeitshaus

§ 42 d (1) Wird jemand nach § 361 Nr. 3 bis 6, 6 a bis 8 zu Haftstrafe verurteilt, so ordnet das Gericht neben der Strafe seine Unterbringung in einem Arbeitshaus an, wenn sie erforderlich ist, um ihn zur Arbeit anzuhalten und an ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben zu gewöhnen. (2) Dasselbe gilt, wenn jemand, der gewohnheitsmäßig zum Erwerbe Unzucht treibt, nach § 361 Nr. 6 zu Haftstrafe verurteilt wird. (3) Wegen Betteins ist die Anordnung nur zulässig, wenn der Täter aus Arbeitsscheu oder Liederlichkeit oder gewerbsmäßig gebettelt hat. (4) Arbeitsunfähige, deren Unterbringung in einem Arbeitshaus angeordnet ist, können in einem Asyl untergebracht werden. Aus dem Schrifttum: Der nicht seßhafte Mensch ( S a m m e l w e r k , herausgeg. v. Bayer. Landesverband f. Wanderdienst) 1938. — B r u s i s , MoKrimBiol. 38, 513. — H ä c k e l , D J 36, 1724. — S e e l i g , Das Arbeitshaus im Lande Österreich, 1938. — G ö b b e l s , Die Asozialen 1947. — T r e s s , Die Asozialenfrage, Bl. f. Gefängniskunde, 72, 163. I. Das Arbeitshaus sollte ursprünglich der Bekämpfung von Bettel, Landstreicherei und Arbeitsscheu dienen. Durch Ges. v. 25. 6.1900 ausgedehnt auf Zu-

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Maßregeln der Sicherung und Besserung §§ 4 2 e

hälter (§ 181a); durch Ges. v. 23. 12. 1919 auf Glücksspieler (§ 285a), in beiden Fällen neben Gefängnis (§ 285a). Für diese beiden Gruppen, für die es ungeeignet ist, durch § 42 d wieder beseitigt. Vgl. dazu E 72 107. § 42d will gemeinlästige Asoziale (im Unterschied von den gemeingefährlichen aktiv Antisozialen der §§ 20a, 42e) erfassen. Doch ist gem. § 42n für den Fall, daß der Besserungsversuch nach § 4 2 d fehlschlägt, neben AH gegebenenfalls die Anordnung von SV zulässig: E 68 358; 74 5. II. Die Hervorhebung des Besserungszweckes steht der Unterbringung zwecks S i c h e r u n g nicht entgegen. Der im Arbeitshaus Untergebrachte dürfe nicht deshalb entlassen werden, weil ea aussichtslos sei, ihn an Arbeit und Ordnung zu gewöhnen. So LG Berlin und Cottbus in D J 36 1694f. Zutr. dazu Rietzsch: die erste Unterbringung im Arbeitshaus verfolge vorwiegend den Zweck der Besserung und sei daher befristet; wenn aber eine zweite Unterbringung erforderlich werde, der Verurteilte sich also als unverbesserlicher Asozialer erweise, trete der Sicherungszweck in den Vordergrund. Ebenso Düsseldorf S J Z 50 294. DI. Verurteilung zu H aftstraf e. Nicht im Falle des § 27 b ; andererseits aber auch, wenn bei Tateinheit mit § 361 Verurteilung zu Gefängnis oder Zuchthaus aus einem anderen, s t r e n g e r e n Gesetz erfolgt; der Grundsatz der Exklusivität des strengsten Gesetzes (darüber A zu § 73) gilt nicht für Maßregeln: D J 38 1150; E 72 107. IV. Zu Abs. II. Sich anbieten zur Unz. genügt: E 72 107. V. Zu Abs. III: Bettel also nur in Fällen, die den Täter als Asozialen erweisen; betteln allein aus Arbeitslosigkeit oder unverschuldeter Not, wenn auch wiederholt, genügt nicht. J W 35 524; H R R 85 760, Hamm N J W 51 372. Die R e v i s i o n ist hier auf die Anordnung der Unterbringung beschränkbar, da § 4 2 d Abs. 3 von besonderen Voraussetzungen abhängig, die den Tatbestand des Betteins unberührt lassen: E 72 224 (1. Sen.) gegen J W 35 524 (2. Sen.), ebenso Hamm N J W 51 372. VI. Zu Abs. IV: Zu beachten ist, daß Arbeitsunfähigkeit im Sinne eines Ausfalles für die Arbeitsvermittlung der Unterbringung im Arbeitshaus nicht entgegensteht, wenn der Täter noch leichtere Arbeiten verrichten kann: D J 37 510. Der Stralrichter kann Unterbringung im Asyl nicht anordnen; er kann den Täter nur der Fürsorgebehörde überweisen. 4. Sicherungsverwahrung

§42e

Wird jemand nach § 20 a als ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher verurteilt, so ordnet das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert. Schrifttum: Vgl. zu § 20a, § 42d und vor § 13. Ferner: B r u n s ZStW 60, 474. S e i b e r t , Gewohnheitsverbrecher und Sicherungsverwahrung, DRiZ 55, 137. — R ö h l , Fragen und Fragwürdigkeit der Sicherungsverwahrung, J Z 55, 145. — B r ü c k n e r D R i Z 5 5 , 2 9 1 : SV der 1945 Entlassenen. — R u d o l p h , DRiZ 56, 176: Zum Vollzug und zur b. Z. — S t a t i s t i s c h : S c h m i d t , D J 3 8 , 1 9 2 ; W a h l DRiZ 51,97. — K r i m i n o l o g i s c h : W e b e r Bl. f. GefKde. 68, 430; H e i n k e e b e n d . 7 3 , 2 1 ; S a u e r Krim. 318—439. — P r o z e s s u a l : H e n n k e GA 1956, 41: Rechtsmittelbeschränkung bei Anordnung der SV (betr.: „erforderlich").

Maßregeln der Sicherung und Besserung § 42 e

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I. Diese regelmäßig am schärfsten einschneidende Sicherungsmaßnahme, die aber namentlich bei dem kriminologisch wichtigsten Typ der Haltlosen und Willensschwachen zugleich der Besserung dient, E 73 154, vgl. unten § 42 f Anm. I I , h a t folgende Voraussetzungen: 1. Verurteilung als getährlicher Gewohnheitsverbrecher. D . h . : Die Voraussetzungen des § 20a müssen vorgelegen haben und festgestellt worden sein; vgl. die dort. Anm. Daß die Strafe im gegeb. Fall dem §20a entnommen war, ist nicht nötig. Auch wenn die Schärfung nach § 20a Abs. 1 versehentlich unterblieben ist oder nach Abs. 2 eine Schärfung nicht notwendig war, ist §42e anwendbar. So E 68 295 und 385, 70 129, D J 38 1879. — I s t der Täter als gef. Gewohnheitsverbr. verurteilt, so kann SV auch nach R K r a f t bei der Gesamtstrafbildung angeordnet werden: E 73 366. — SV darf nicht unter Vorbehalt späterer erneuter Prüfung ihrer Notwendigkeit angeordnet werden: BGHSt. 5 350. — Unzulässig, zuerst die Vorauss. der SV zu prüfen und dann erst die Höhe der Gesamtstrafe festzusetzen: BGH MDR 54 149 ( D a l i i n g e r ) . Dazu oben Vorbem. I I I vor § 4 2 a . - Betr. Antragsdelikte vgl. § 61 Anm. IV. 2. Erforderlichkeit der Verwahrung für die öffentliche Sicherheit. Die Frage der Erforderlichkeit ist nicht auf den Zeitpunkt der Tatbegehung abzustellen, auch nicht (dies der entscheidende Unterschied von § 20a) auf den der Aburteilung, sondern den der s p ä t e r e n E n t l a s s u n g aus der Strafanstalt. Die öffentliche Sicherheit muß dann bedroht erscheinen und andere Mittel, die erforderliche Sicherheit zu gewährleisten, dürfen f ü r diesen Zeitpunkt nicht ersichtlich sein. Sonst ist zwar Strafschärfung zulässig oder geboten, nicht jedoch Sicherungsverwahrung. Vgl. H R R 39 387, D R 40 790 und oben Anm. I I zu § 20 a a. E. sowie BGH N J W 63 1559 = J Z 53 673. E 68 149 (157): „Es muß ein solches Maß von Gefahr von dem Verurteilten ausgehen, daß dadurch der Bestand der die öffentliche Sicherheit gewährleistenden Rechtsordnung unmittelbar bedroht und eine wirksame Abhilfe f ü r die Zukunft im Interesse seiner Aufrechterhaltung geboten und auf andere Weise als durch die Sicherungsverwahrung nicht zu erreichen ist." Ebenso jetzt BGHSt. 1 99 (a. a. E . dieser Anm.). E 72 285 verlangt eingehende Würdigung, ob der Täter mit Wahrscheinlichkeit neue erhebliche Taten begehen werde, welcher Einfluß von der Strafverbüßung auf ihn zu erwarten sei und ob die Umgebung, in die er sodann zurückkehre, neuen Straftaten entgegenwirken werde. Deshalb ist z. B. einem Antrag auf Vernehmung des Strafanstaltsbeamten über g u t e F ü h r u n g des Angekl. stattzugeben (JW 34 3200), ist eine in Aussicht stehende H e i r a t zu berücksichtigen (E 68 174). Zur Abgrenzung von der kleinen Hangkriminalität vgl. ob.en Anm. I zu § 42d sowie E 73 321 (betr. Übertretungen). Als „ a n d e r e s M i t t e l " , die erforderliche Sicherheit zu gewährleisten, ist nicht durch neue Straftaten bedingte erneute Bestrafung anzusehen: H R R 35 Nr. 1345. — E 68 358 nimmt eine Gefährdung der öff. Sicherheit u. U. auch dann an, wenn der Verurteilte sich z. Z. noch in einer Arbeitsanstalt befindet. Ebenso D J 38 1156. — Über Polizeiaufsicht: H R R 39 650. — Aussicht auf polizeiliche Sicherungsmaßnahme genügt nicht zur Ablehnung der SV: H R R 40 36, auch nicht pol. Vorbeugungsmaßregel (Überwachung): H R R 41 566. Anders aber jetzt BGH N J W 51 203. — Über das Verhältnis der SV zur pol. Vorbeugungshaft vgl. D S t R 41 167. — Auswanderungsabsicht schließt SV nicht aus: H R R 39 652. — Daß der Täter 9

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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als A u s l ä n d e r ausgewiesen werden kann, steht der Anordnung nicht entgegen: J W 39 87, DR 89 116, H R R 40 178 u. 179. - Durch B e r u f s v e r b o t kann SV entbehrlich werden: D J 38 1796. Auch durch H e i l a n s t a l t : E 72 358. — Nach DR 40 362, 43 747 ist bei jungen Tätern besonders vorsichtige Prüfung geboten. — Blindenanstalt: DR 43575. —,,Bedingte" Möglichkeit der Besserung genügt nicht: E 74219 ( = D R 40 1277 Anm. Mezger). — Erwartungen unbestimmter Art reichen nicht aus: H R R 42 230. Daher auch nicht Bereitwilligkeit eines gef. Sittlichkeitsverbrechers, sich entmannen zu lassen: BGHSt. 166. — Bei geistesschwachem, triebhaftem und willensschwachem gef. Gew.Verbr. (§§ 20a, 51 II), der weder heilbar noch pflegebedürftig ist, unter Berücks. der Persönlichkeit SV statt § 42b möglich: BGHSt. 5 313 gegen Freiburg DRZ 49 117. Ebenso schon E 73 103, Celle S J Z 50 510 (Anm. Sieverts). Hier ist die für die richtige Handhabung der SV entscheidende Differenzierung nach biologischen, insbes. psychologischen Tätertypen angebahnt (bedeutsam vor allem für die Scheidung der Unverbesserlichen von den Besserungsfähigen !). Die spätere Rechtspr. des RG zeigte nicht nur eine Tendenz zu übermäßiger Strenge, die mit den heute maßgeblichen Grundsätzen (Vorbem. vor § 13) nicht zu vereinbaren ist, sondern behandelte auch kumulative Voraussetzungen des Gesetzes in unzulässiger Weise als alternative (wie hier Jagusch LK II 2a). So E 73 303 (305) (mit Übersicht über die Entwicklung der Rechtspr.): Schon das Merkmal der „Gefährlichkeit" des Gew.Verbr. erfordere es, eine bestimmte ernstliche Gefährdung der öff. Sicherheit festzustellen. Daher sei die Erforderlichkeit der SV nur bei Besserungswahrscheinlichkeit zu verneinen; anders bei § 42b. Vgl. dort Anm. II 1. Noch E 72 295 hatte Wahrscheinlichkeit neuer Straftaten für die Verhängung der SV vorausgesetzt. E 73 154 zit. diese Entsch. dafür, daß von der SV nur bei Besserungswahrscheinlichkeit a b g e s e h e n werden dürfe. — BGHSt. 1 66, eingehender 94, 99, knüpft an die ältere Rspr. (E 68 149, 156; 70 214) an und betont, daß es sich um begangene wie zu erwartende Taten von erheblicher Schwere handeln muß. BGH JZ 53 673, ausdrücklich gegen E 72 356, 73 305: keine Vermutung für Fortbestand der Gefährlichkeit nach Strafverbüßung. BGH MDR 56 143 (Dali.): Voraussage, mehrjährige Zuchthausstrafe werde einen eben erst Herangewachsenen weder abschrecken noch bessern, nur ganz ausnahmsweise zu rechtfertigen. II. Prozessuales: 1. Mehrlache Anordnung ist zulässig; wenn z . B . in einer anderen Sache rechtskräftig auf SichVer. erkannt ist und dann ein neues Str.Verf. Anlaß zu neuer Anordnung gibt. — 2. Die Revision kann u. U. wirksam auf die Anordnung der SV beschränkt werden, wenn kein untrennbarer Zusammenhang mit der verhängten Strafe: BGHSt. 7 101 = J Z 55 384 (Würtenberger). III. Verhältnis der Sicherungsverwahrung zu anderen Maßregeln: vgl. Anm. zu § 42n. Insbes. Verb, von § 42e mit § 42b; E 72 151, aber auch 358 (zur Wahl zwischen ihnen BGHSt 5 313, oben I 2); mit § 42c dort Anm. Ic); mit § 42d dort Anm. I; betr. § 421 D J 38 1796. — Über bedingte Entlassung vgl. zu § 42 f. IV. Bei Heranwachsenden kann der Richter auch bei Anwendung des allg. Strafr. von SV absehen: § 106 Abs. 2 JGG. V. Vollzug der SV: Richtlinien J R 51, 702 ( = DRiZ 51, 144).

Maßregeln der Sicherung und Besserung § 42 i

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Zu 1 bis 4: Dauer der Unterbringung, Entlassung

§42f (1) Die Unterbringung dauert so lange, wie ihr Zweck es erfordert. (2) Die Unterbringung in einer Trinkerbeilanstalt oder einer Entziehungsanstalt darf nicht länger als zwei Jahre dauern. 3) Die Dauer der Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt und der Sicherungsyerwahrung ist an keine Frist gebunden. Die erste Unterbringung in einem Arbeitshaus oder einem Asyl darf nicht länger als zwei Jahre, die wiederholte nicht länger als Tier Jahre dauern. Bei diesen Maßregeln hat das Gericht jeweils vor dem Ablauf bestimmter Fristen zu entscheiden, ob der Zweck der Unterbringung erreicht ist. Die Frist beträgt bei der Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt und der Sicherungsverwahrung drei Jahre und bei der Unterbringung in einem Arbeitshaus oder einem Asyl sechs Monate. Ergibt sich bei der Prüfung, daß der Zweck der Unterbringung erreicht ist, so hat das Gericht die Entlassung des Untergebrachten anzuordnen. (4) Das Gericht kann auch während des Laufs der in den Abs. 2 und 3 genannten Fristen jederzeit prüfen, ob der Zweck der Unterbringung erreicht ist. Wenn das Gericht dies bejaht, so hat es die Entlassung des Untergebrachten anzuordnen. (5) Die Fristen laufen vom Beginn des Vollzugs an. Lehnt das Gericht die Entlassung des Untergebrachten ab, so beginnt mit dieser Entscheidung der Lauf der im Abs. 3 genannten Fristen von neuem. Aus dem Schrifttum: M a y r , MoKrimBi. 37, 84. — S p e c h t ebend. 38, 329. — E x n e r ZStW 55, 235. — Neufassung durch 3. StÄG. I. Allgemeines. Wenn der Zweck erreicht ist — d. h. bei §§ 42b und e die öffentliche Sicherheit nicht mehr gefährdet erscheint, bei §§ 42 c und d zu erwarten ist, der Untergebrachte werde nun imstande sein, ein „gesetzmäßiges und geordnetes Leben" zu führen —, so ist der Untergebrachte zu entlassen. Nagler und Jagusch weisen (LK I) auf die Parallelen zur unbestimmten Strafe hin; für diese ist jedoch der umfassendere Strafzweck maßgebend, vgl. Vorbem. A vor § 13 sowie andererseits § 42g. Das Vollstreckungsgericht k a n n jederzeit (Abs. 4; ausdrückliche Festsetzung der Nachprüfungspflicht im Urteil ist irreführend) und m u ß in gewissen Fristen (Abs. 3) prüfen, ob der Zweck erreicht ist. Es kann also auch eine Unterbringung baldigst wieder aufheben, wenn sich auf Grund der Anstaltsbeobachtung oder aus anderen Gründen ergeben sollte, daß das erkennende Gericht, dem die gleichen Erkenntnisquellen nicht zur Verfügung standen, die Unterbringung objektiv zu Unrecht angenommen hat. Vgl. Hamm, JMB1 NRW 55 285. Eine nicht überschreitbare a b s o l u t e Höchstgrenze bestimmt das Gesetz überdies bei der Unterbringung in einer Trinkerheil- oder Entziehungsanstalt und bei der Unterbringung in einem Arbeitshaus oder Asyl. Hier hat spätestens nach 2 bzw. 4 Jahren Entlassung zu erfolgen, auch wenn der Zweck („Gewöhnung" usw.) nicht erreicht ist. 9»

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Maßregeln der Sicherung und Besserung § 42 g

Bei zweifelhafter Prognose ist die Entlassung unzulässig: der Satz in dubio pro reo gilt hier nicht. Vgl. AV in D J 38, 323. Ebenso jetzt Köln NJW 55 682. II. Für Sicherungsverwahrung insbes. gilt: in erster Linie bezweckt sie den Schutz der Allgemeinheit vor einsichtslosen unverbesserlichen Verbrechern (DJ 38 1879). Bei haltlosen und willensschwachen Persönlichkeiten aber kommt sie auch als Besserungsmaßregel in Betracht (E 73 154). Dann ist besonders sorgfältige Prüfung geboten. Köln NJW 55 682: Gute Führung und geänderte Einstellung zu seinen Taten genügen bei haltlosem Hangverbrecher nicht. Zu prüfen ist, ob sich in der Person des U. Wesentliches geändert hat und in welche Lebensumstände er kommen würde. — Schon v o r B e g i n n der SV Prüfung zulässig, ob ihr Vollzug überhaupt erforderlich: München NJW 49 598, Köln NJW 53 1196; allerdings keine Anordnung unter Vorbehalt: BGHSt. 5 350, s. o. I 2 zu § 42e. Dies ist folgerichtig auch für §§ 42b (i. F. des § 51 II), 42c, d zuzulassen (z. B. bei erfolgreicher Lazarettbehandlung oder erzieherischer Beeinflussung in der Strafhaft oder bei sonstigem Abklingen der Gefährlichkeitsursache in dieser Zeit); zweifelhafte Prognose genügt auch in diesem Stadium nicht (s. o. zu I a. E.). Wie hier vom Vollzug der Maßregel abzusehen ist, soweit ihr Grund schon durch die Strafe miterreicht (oder sonst gegenstandslos geworden) ist, so gibt umgekehrt § 23 jetzt die Möglichkeit, den Strafvollzug durch den einer Maßregel zu ersetzen. „In dem Maße, in dem die neben der Strafe erkannte Sicherungsmaßnahme den Schutz der Allgemeinheit gegenüber dem einzelnen Rechtsbrecher zu gewährleisten imstande ist, kann das öffentliche Interesse an einer Vollstreckung der Freiheitsstrafe entfallen": so Stuttgart NJW 54 612 für § 42m; gleiches muß aber grundsätzlich auch für §§ 42 c, d und 1 gelten. Damit wird es schon de lege lata weitgehend möglich, die starre Zweispurigkeit zugunsten der gegenseitigen Ersetzung von Strafe und Maßregel aufzulockern. In Zusammenhang mit den neuen §§ 23ff. gewinnt § 456b StPO, der für §§ 42b und c den Vollzug v o r der Strafe gestattet, besondere Bedeutung. — § 26 auch bei Anordnung der SV nicht ausgeschlossen. Doch muß dann zugleich nach § 42 f Entscheidung über Nichtvollzug der SV getroffen werden. Neustadt NJW 56 70. Zu 1 bis 4: Nachträgliche

Unterbringung

§ 42 g (1) Sind seit der Rechtskraft des Urteils drei Jahre verstrichen, ohne daß mit dem Vollzug der Unterbringung begonnen worden ist, so darf sie nur noch vollzogen werden, wenn das Gericht es anordnet. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn der Zweck der Maßregel die nachträgliche Unterbringung erfordert. (2) In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der der Unterzubringende eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird. Zweck d e r V o r s c h r i f t : Weil hier nicht begangenes Unrecht, das nicht ungeschehen zu machen ist, gesühnt werden soll, sondern weil ein Zweck verfolgt wird, der nach Ablauf einer längeren Zeit gegenstandslos geworden sein könnte, soll nach drei Jahren oder später nochmals geprüft werden, ob der Vollzug noch e rferderlich ist. Jener Zweifel soll aber nur dann entstehen dürfen, wenn der Unter-

Maßregeln der Sicherung und Besserung §§ 42 h, 42 i

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zubringende die Zwischenzeit — einerlei warum, sei es auch als Flüchtiger — in der Freiheit zugebracht hat; denn nur dann läßt sich beurteilen, ob er ohne Schaden f ü r andere frei bleiben darf.

Zu 1 bis 4: Entlassung als bedingte Aussetzung

§ 42h (1) Die Entlassung des Untergebrachten gilt nur als bedingte Aussetzung der Unterbringung. Das Gericht kann dem Untergebrachten bei der Entlassung besondere Pflichten auferlegen und solche Anordnungen auch nachträglich treffen oder ändern. Zeigt der Entlassene durch sein Verhalten in der Freiheit, daß der Zweck der Maßregel seine erneute Unterbringung erfordert, und ist die Vollstreckung der Maßregel noch nicht verjährt, so widerruft das Gericht die Entlassung. (2) Die Dauer der Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt und der erstmaligen Unterbringung in einem Arbeitshaus oder einem Asyl darf auch im Falle des Widerrufs insgesamt die gesetzliche Höchstdauer der Maßregel nicht überschreiten. I. Regel ist die gesetzliche Dauer, Ausnahme die Entlassung. Sie erfolgt, wenn der „Zweck" der Maßregel erreicht ist. Solange dies zweifelhaft, ist sie unzulässig: Köln N J W 55 682, Celle N J W 58 33. II. Besondere Pflichten z. B. die Auflage, sich nach der Entlassung zunächst in ein Übergangsheim aufnehmen zu lassen. III. J e d e E n t l a s s u n g i s t widerruflich. Jedoch — anders als in §§ 25 Abs. 2 Nr. 3, 26 Abs. 1 — nicht schon bei Pflichtverstoß (Abs. 1 S. 2) als solchem, sondern nur wenn er eine Gefährdung der öff. Sicherheit begründet; Zweifel an der Erforderlichkeit erneuter Unterbringung kommen dem Entlassenen zugute: Celle N J W 58 33, Schleswig N J W 58 1791. Anders vor der Entl.! Vgl. Anm. I. Eine Grenze setzt dem Widerrufsrecht die Verjährung (§ 67 Abs. 5) sowie § 42 h Abs. 2; hier führt das Wort „erstmaligen" jetzt irre (vgl. § 42f Abs. 3 S. 2).

Zu 1 bis 4: Arbeitszwang und, angemessene

Beschäftigung

§42i (1) Die im Arbeitshaus oder in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten sind in der Anstalt zu den eingeführten Arbeiten anzuhalten. Sie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt verwendet werden, müssen jedoch dabei von freien Arbeitern getrennt gehalten werden.

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Maßregeln der Sicherung und Besserung §§ 42 k, 421

(2) Die in einer Heil- oder Pflegeanstalt, einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt Untergebrachten können innerhalb oder außerhalb der Anstalt auf eine ihren Fähigkeiten und Verhältnissen angemessene Weise beschäftigt werden.

§ 42k (Entmannung) aufgehoben. 6. Untersagung der

Berufsausübung

§421

(1) Wird Jemand wegen eines Verbrechens oder Vergehens, das er unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der ihm kraft seines Berufs oder Gewerbes obliegenden Pflichten begangen hat, zu Freiheitsstrafe Ton mindestens drei Monaten verurteilt, so kann ihm das Gericht zugleich auf die Dauer von mindestens einem und höchstens fünf Jahren die Ausübung des Berufes, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagen, wenn dies erforderlich ist, um die Allgemeinheit vor weiterer Gefährdung zu schützen. (2) Solange die Untersagung wirksam ist, darf der Verurteilte den Beruf, das Gewerbe oder den Gewerbezweig auch nicht für einen anderen ausüben oder durch eine yon seinen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen. (3) § 36 Abs. 1 gilt entsprechend. Wird die Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder einer neben der Strafe erkannten, mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Sicherung und Besserung bedingt ausgesetzt, so wird die Probezeit auf die Frist angerechnet. (4) Das Gericht kann die Untersagung der Berufsausübung wieder aufheben, wenn der Zweck der Maßregel ihre Fortdauer nicht mehr erforderlich erscheinen läßt. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, nachdem die Maßregel ein Jahr gedauert hat. Sie gilt nnr als bedingte Aussetzung der Untersagung und kann bis zum Ablauf der im Urteil für ihre Dauer festgesetzten Zeit widerrufen werden; die Dauer der Untersagung darf auch im Falle des Widerrufs insgesamt die im Urteil für ihre Dauer festgesetzte Zeit nicht überschreiten. I. Zu den zahlreichen, in anderen Gesetzen gegebenen Möglichkeiten, aus gewerbepolizeilichen oder ähnlichen Gründen einen Betrieb zu schließen oder die Ausübung eines bestimmten Berufs zu untersagen (z. B. GewO §§ 33a, 35, 35b, 59a, 148; lehrreich RVerwGer. in ZAk. 42 109 m. Anm. Bewer betr. Abtreibung eines Arztes), gibt § 42 1 eine gleiche Möglichkeit aus kriminalpolitischer Veranlassung. Als Voraussetzung genügt nicht, daß eine a l l g e m e i n e Pflicht im Betriebe eines Gewerbes verletzt ist. § 42 f ermächtigt den Strafrichter nicht schlechthin, einen Berufsstand von unzuverlässigen Elementen zu säubern, BGH MDR 06 143 (Dali.). Vielmehr muß entweder eine solche Pflichtverletzung „ u n t e r M i ß b r a u c h " des Berufs oder Gewerbes begangen (z. B. unsittliche Handlungen des Arztes in Ausübung seiner Praxis) oder eine S o n d e r p f l i c h t des Berufs- oder Gewerbetreibenden gröblich verletzt worden sein (z. B. Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht).

Maßregeln der Sicherung und Besserung § 421

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II. Die Tat muß „Ausfluß der Berufstätigkeif' gewesen sein (E 68 398); es genügt nicht, daß die Berufsausübung bloß die Möglichkeit für sie bot. Ebenso BGH MDR 52 146: § 42 1 nicht bei unz. Hdlgen eines Süßwarenhändlers an Kindern (anders bei § 42m, vgl. dort); Gewerbeerlaubnis oder ihr Fehlen gleichgültig. Sehr weitgehend freilich H R R 35 1096. Mitarbeit der Ehefrau oder des Kindes im Geschäft des Ehemannes oder Vaters ist Berufsausübung i. S. des § 421. Hamm DRZ 48 315. m . Der untersagte Beruf ist im Urteil genau zu bezeichnen. U. U. freilich, falls nötig, Untersagung „jedweden Handelsgewerbes" zulässig (E 71 69). IV. Das Verbot wird wirksam mit Rechtskraft des Urteils. Eine Wiederaufhebung ist nur im Gnadenwege möglich. Strafbestimmung für Zuwiderhandlung: § 145 c. Vgl. J W 38 3290. V. Die Erforderlichkeit ist bei der einschneidenden Wirkung dieser Maßregel besonders s o r g f ä l t i g zu p r ü f e n , H R R 37 1473, u n d zu b e g r ü n d e n , Börker DRiZ 56,34; ebenso BGH MDR 52 146; dieser betont jedoch, daß die Gerichte § 42 1 viel zu wenig ausschöpfen. — Bei Beruf, der besonders große Zuverlässigkeit verlangt (Spediteur, Prachtfuhren) strenger Maßstab: BGH MDR 53 19. Bei Verbot der Ausübung eines Berufs sind inhaltliche B e s c h r ä n k u n g e n zulässig. H R R 37 1473. — Verbot, weibliche Lehrlinge zu halten, statt Gewerbeverbot: BGH MDR 54 529. Erforderlichkeit ist t a t b e s t a n d s m ä ß i g e , duroh Wiederaufnahme nachprüfbare Voraussetzung der Anordnung: Naumburg J W 38 2470. — Bei B e a m t e n stehen dienststrafrechtliche Maßnahmen der Anordnung nicht entgegen (ein staatlicher Lehrer kann vielleicht später als Privatlehrer tätig werden), H R R 39 188. —• Eine an sich glaubwürdige Erklärung über f r e i w i l l i g e Berufsaufgabe hinderte das Verbot nicht (JW 39 220; in dieser Allgemeinheit zu weitgehend). — Auch nicht gleiches Verbot durch VerwBehörde: DR 43 73 (ebenfalls). Entscheidend muß stets sein, ob in concreto der Täter es in der Hand behält, den Beruf wieder aufzunehmen, und dann die Allgemeinheit aktuell gefährdet wäre. — SV und Berufsverbot: D J 38 1796. — Maßgeblich f ü r die Erforderlichkeit der Zeitpunkt der Entlassung aus der Strafhaft: E 74 54; BGH MDR 52 146. — Bei SzB wird ohne Rücksicht auf deren etwaigen Widerruf die Probezeit auf die Frist des § 42 1 angerechnet: Hamburg N J W 56 921. VI. Abs. IV angefügt durch G v. 28. 6. 35, Art. 12. Er entspricht dem Gedanken, daß es sich nicht um eine Strafe, sondern um eine „Maßregel der S u. B " handelt. Freilich genügt der Wegfall des Zwecks allein nicht. Hinzukommen muß Ablauf von mindestens einem Jahr. Überdies hat Abs. IV die Fassung einer „Kann"Vorschrift. Anders § 42 f I I I a. E. Zuständig ist das Gericht erster Instanz als Vollstreckungsgericht: StPO § 463a I I I i. Vbdg. mit § 462 I. Aufhebung gilt nur als bedingte Aussetzung: dies entspricht § 42h, freilich mit dem Unterschied, der sich hier aus der gesetzlichen Höchstdauer (Abs. 1: 5 Jahre) ergibt.

136 Entziehung

Maßregeln der Sicherung u n d Besserung § 4 2 m der

Fahrerlaubnis

§ 42 m (1) Wird jemand wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung, die er bei oder in Zusammenhang mit der Führung eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der dem Führer eines Kraftfahrzeugs obliegenden Pflichten begangen hat, zu einer Strafe verurteilt oder lediglich wegen Zurechnungsunfähigkeit freigesprochen, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, w e n n er sich durch die Tat als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Gegenüber dem Inhaber eines ausländischen Fahrausweises ist die Entziehung nur zulässig, wenn die mit Strafe bedrohte Handlung einen Verstoß gegen Verkehrsvorschriften enthält. (2) Wird die Fahrerlaubnis entzogen, so ist ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein im Urteil einzuziehen. In ausländischen Fahrausweisen ist die Entziehung zu vermerken. (3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Das Gericht bestimmt i m Urteil eine Frist, vor deren Ablauf die Verwaltungsbehörde keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf. Die Frist beträgt mindestens sechs Monate und höchstens fünf Jahre. Sie wird von dem Tage ab berechnet, an dem das Urteil rechtskräftig geworden ist. Das Gericht kann die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis auch für immer untersagen. (4) Erseheint die Maßregel nicht mehr erforderlich, u m die Allgemeinheit vor Gefährdung zu schützen, kann das Gericht die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nachträglich durch Beschluß gestatten. Schrifttum: Allgemein: L a o k n e r M D R 53, 73; 54, 28; H ä r t u n g DRiZ 53, 120; ders. J Z 54, 135; S c h m i d t - L e i c h n e r N J W 53, 1849; B r u n s GA 1954, 161. Insbes.zu § l l l a S t P O : D e i n h a r d t N J W 5 3 , 8 9 1 ; L a c k n e r N J W 53,1172; B r ü g g e m a n n J Z 54, 24. Beschränkte E d F ? H ä n d e l N J W 54, 139. Bei Jugendlichen? P e n t z N J W 54, 337; L a c k n e r N J W 54, 629. — R o h l i n g , D A R 56, 313. — Zur R s p r . : J a g u s c h , D A R 5 5 , 97. — G u e l d e , R d K 5 5 , 101. — S c h n e t z , R d K 5 5 , 131. — K o h l h a a s R d K 55, 113, 129. — M a r t i n D A R 55, 73 u n d 56, 66. — K r u m m e D A R 56, 263. — B u s c h D R i Z 56, 125. — Rechtsvergl.: F r e y ZStW 65, 6ff. Vgl. ferner — auch f ü r die Motive — A r n d t - G u e l d e G z.Sich. d. Straßenverkehrs, M ü l l e r u n d F l o e g e l - H a r t u n g , Straßenverkehrsrecht. I. Eingefügt d u r c h das Ges. zur Sicherung des S t r a ß e n v e r k e h r s v. 19. 12. 52 (BGBl. I 832), das im S t G B gleichzeitig die T a t b e s t ä n d e der Verkehrsgefährdung (§§ 315a, 316 Abs. 2) neu schuf u n d den des S t r a ß e n r a u b e s mittels Autofallen in § 316a neu f a ß t e (früher Ges. v. 22. 6. 38). II. Die E d F ist Maßregel der S u. B m i t ganz überwiegendem, aber nicht ausschließlichem Sicherungszweck; dazu Braunschweig V R S 14 356. Nach K G V R S 8 266 Besserungszweck vor allem bei Unfallflucht. Keine S ü h n e : B G H V R S 11 425. Keine Nebenstrafe (vgl. aber H ä r t u n g DRiZ 54, 28: „ N e b e n s t r a f w i r k u n g " ) , auch keine Sonderstrafe (v. Weber D R i Z 51, 153 de lege fer.). I m J u g S t r R befristetes F a h r v e r b o t u n d Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins als Weisung zulässig (§ 10 JGG), da E d F an den Sicherungszweck nicht gebunden ( a . A . P e n t z N J W 54,

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337); vgl. ferner BGHSt. 6 397. Über Verhältnis der Maßregel zu den Strafzwecken insbes. bei SzB Stuttgart N J W 54 611, Köln MDR 56 118: SzB schließt E d F nicht aus, ebenso Celle N J W 56 1648, KG VRS 11 277. Einschränkend BGH DAR 56 67 (Martin): die Gründe beider Maßnahmen dürfen einander nicht widersprechen. •— BGHSt. 5 168: Einziehung des Führerscheins ist keine selbständige Sicherungsmaßregel, sondern eine bloße Vollzugsmaßnahme polizeilicher Art (daher Verbot der Schlechterstellung nicht anwendbar). — Über E d F durch die V e r w a l t u n g s b e h ö r d e , über V e r k e h r s s ü n d e r k a r t e i und über B i n d u n g der Behörde an Gerichtsentscheide BVerwG N J W 56 357 Nr. 25 und 358 Nr. 26. — Entziehung als Anordnung einer selbständigen Sperrfrist zulässig, wenn noch keine Fahrerlaubnis bestand: GrSen in BGHSt. 10 94 (ähnlich schon BGHSt. 6 398). Dazu oben § 2 Anm. I I I C 2. Abi. Härtung in Floegel-Hartung 11 , 1288 und in VerkMitt. 56, 37, ebendort S. 51 auch Müller. Das kriminell Wertfreie und nur sozial Zweckhafte der Maßregel wird hier — wie in § 42 b — durch die Anknüpfung an eine „mit Strafe bedrohte Handlung" (unten Anm. III) oder einen Freispruch mangels Schuldfähigkeit verdeutlicht. Mißverständlich, weil zu eng, daher BGHSt. 6 185 Grundlage der E d F sei „das mangelnde Verantwortungsbewußtsein", ein „Unwerturteil über die Tat und den Täter". Die mangelnde Eignung kann sich f ü r § 42m ebensogut wie aus sittlichen auch aus geistigen oder körperlichen Gründen ergeben. Vgl. § 2 StVZO sowie z. B. AG Gießen N J W 54 612 (abl. Anm. Booß) betr. Heuschnupfen. III. Erste Voraussetzung: Mit Strafe bedrohte Handlung: hier sowohl „strafbare" (tatbestandsmäßig-rechtswidrige und schuldhafte), die zur Strafe führte, wie tatbestandsmäßig-rechtswidrige Handlung eines wegen Zurechnungsunfähigkeit Freigesprochenen. In der zweiten Bedeutung ebenso wie in §§ 42b, 330a (vgl. dort), während in §§ 48, 49 Schuld auch aus anderen Gründen als Zurechnungsunfähigkeit (Tatbestands- oder Verbotsirrtum, Entschuldigungsgründe) gefehlt haben kann, ohne daß der Begriff entfiele. Vgl. Vorbem. I I I vor § 47. War der Täter am Steuer nicht einmal mehr handlungsfähig (mechanische Reflexbewegungen; dazu oben A I 2 zu § 42b), so ist vors, oder fahrl. actio libera in causa und § 330a zu prüfen; dazu dort Anm. VI. Auch Übertretungen. Hier ist, wie Jagusch LK 3 mit Recht betont, das Schutzbedürfnis des Verkehrs sogar besonders stark (vgl. Straßenverkehrsges. und StVZO). Vgl. Hamm JMB1. N R W 54 45 u. 141. IV. Zweite Voraussetzung: Diese Handlung muß bei oder in Zusammenhang mit der Führung eines Kfz. oder unter Verletzung der dem Führer eines solchen obliegenden Pflichten begangen sein. K f z. auch F a h r r a d m i t H i l f s m o t o r : BayObLG VRS 7 454, Stuttgart N J W 56 1081. A. A. Kohlhaas N J W 55, 562, vgl. Dreher-Maaßen Anm. 2 b. a) bei der Führung schon dann, wenn das Fahrzeug in Betrieb gesetzt ist (ruhestörender Lärm durch unnötiges Laufenlassen des Motors im Stand, Jagusch a. a. O. S. 205; Müller StrVerkR. zu § 2 KFG). Anfahren, auch wenn der Motor noch nicht läuft: Oldenburg VRS 9 27. b) in Zusammenhang mit ihr: weiter als „unter Mißbrauch" in § 42 1 (vgl. dort), umschließt aber diesen Begriff. BGHSt. 5 179: Das Gesetz will über den eigentlichen Verkehrssicherungszweck hinaus den Mißbrauch von Kfz. durch verantwortungslose Kraftfahrer auch dann verhindern, wenn dieser Mißbrauch sich nur gegen andere Rechtsgüter nachteilig auswirkt (betr. reisenden Betrüger). Ebenso

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JZ 54 541 (Anm. Dreher) = J R 54 307 (Anm. Härtung) betr. Sittlichkeitsverbrecher. Diese Auslegung ergibt sich zwingend schon durch Umkehrschluß aus Abs. 1 S. 2. Folgerichtig (insbes. seit BGHSt. 10 94) § 42 m auch auf den Teilnehmer der Diebesfahrt anwendbar, der den Wagen nicht selbst gelenkt hat: BGHSt. 10 333 ( = JZ 58 130 m. abl. Anm. Härtung). Erfaßt werden soll nach dem ersichtlichen Gesetzeszweck jeder, der sieh der durch die Motorisierung des Verkehrs geschaffenen spezifischen Möglichkeiten zu kriminellen Zwecken bedient. Wo allerdings der Wagen nicht das M i t t e l , sondern das O b j e k t der Handlung ist (der Täter verschafft sich betrügerisch dessen Besitz), trifft dieser Gedanke nichtzu (gegen BGHSt. 5179 NJW 54163 zutr. insoweit Anm. Schmidt-Leichner und Härtung JZ 54,139, Vorbehalte auch bei Dreher JZ 54, 542). Auch Handlungen, die nur b e i G e l e g e n h e i t der Führung eines Kfz. begangen sind, scheiden aus (Beleidigung eines Mitfahrers). c) unter Verletzung der dem Führer eines Kfz. obliegenden sonstigen Pflichten, z. B. beim Parken oder unfreiwilligen Halten. V. Dritte Voraussetzung: Wegen dieser Tat — die im Schuldspruch nicht notwendig als Verkehrsverstoß zu erscheinen braucht, BGHSt. 7 312, 6 25 —• muß der Täter entweder zu einer Strafe verurteilt oder lediglich wegen Zurechnungsunfähigkeit freigesprochen sein. 1. Zu Strafe verurteilt. Bei Jugendlichen und im Fall des § 105 JGG bei Heranwachsenden geschieht das nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 JGG. In diesen Altersgruppen aber liegt weit über solche Fälle hinaus einer der Schwerpunkte gemeingefährlichen Mißbrauchs von Kfz., wie auch § 7 JGG erkennen läßt. Der Zweck des § 42 m würde daher entscheidend verfehlt, wenn die EdF nicht auch neben Zuchtmitteln oder Erziehungsmaßregeln zulässig wäre. Lackner NJW 54, 629 weist darauf hin, daß bei Jugendlichen auch die Unterbringung gem. § 42 b nur an die Verhängung von Zuchtmitteln geknüpft sei (arg. § 5 Abs. 3 JGG). Es fragt sich aber, ob dies nicht nur den Fall des § 8 Abs. 2 JGG (Z. neben Strafe) betrifft. Weiter führt die Überlegung, daß § 42 m auch an den Freispruch wegen Unzurechnungsfähigkeit anknüpft. Dazu aber rechnet i. S. der Schuldunfähigkeit nicht nur § 51, sondern auch die Verneinung der Verantwortlichkeit gem. § 3 JGG, s. u. zu 2. Ist aber in diesem Falle die EdF unmittelbar gesetzlich vorgeschrieben, so folgt daraus ein sicheres arg. amaiori für den Fall, daß der Jugendliche verantwortlich ist. Ebenso BGHSt. 6 394 (zust. Niese JZ 57, 660), weil der Jugendarrest seinen Zwecken nach der Strafe gleichstehe. Dazu oben § 2 Anm. I I I C 2. Unabhängig davon läßt sich in vielen Fällen des Jugendstrafrechts auch durch Weisungen der gleiche Erfolg erreichen (oben Anm. II). — Zur Strafe verurteilt — SzB steht nicht entgegen, umgekehrt kann die EdF u. U. den Vollzug entbehrlich machen, darüber Stuttgart NJW 54 611. 2. Wegen Zurechnungsunfähigkeit freigesprochen. Hier ist nicht etwa, was naheläge, in erster Linie an den volltrunkenen Fahrer zu denken. Der wird regelmäßig nach §§ 330a, 315a Nr. 2 oder aus a. 1. i. c. bestraft. Gemeint sind vielmehr alle, die objektiv wegen ihrer geistigen Unzulänglichkeit die Allgemeinheit ge-

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fährden, wenn sie am Steuer sitzen, und dies durch eine Tat bewiesen haben. Gleichgültig ist die Ursache (krankhafte Entwicklung: § 51; mangelnde Entwicklung: § 3 JGG mit wichtiger Folgerung s. o. zu 1). Dem Mißbrauch des gesteigerten Aktionsradius bei der ersten Alternative entspricht hier die Unfähigkeit, ihn zu beherrschen. — EdF setzt hier den positiven N a c h w e i s der Zurechnungsfähigkeit voraus: Hamm NJW 56 560 (Anm. Schmitt S. 1043). VI. Vierte Voraussetzung: Durch die Tat muß sich der Täter als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen haben. Die Tat ist also unerläßliches S y m p t o m für eine mangelnde Eigenschaft des Täters. Aus ihr muß sich der Eignungsmangel in erster Linie und unmittelbar ergeben, Düsseldorf MDR 58 621. Sie kann u. U. wegen ihrer Schwere und besonderen Verantwortungslosigkeit allein genügen (Stuttgart NJW 54 1657). Daneben sind aber regelmäßig die Persönlichkeit des Täters, seine bisherige Fahrweise, einschlägige Vorstrafen und sonstige Umstände, die auf mangelndes Verantwortungsbewußtsein im Verkehr schließen lassen, heranzuziehen: BGHSt. 5 168, 175 und 7 165ff. (zust. Martin DAR 46, 66); doch genüge einmaliges Versagen im Verkehr, das für sich allein noch keinen sicheren Schluß auf fahrtechnische oder charakterliche UnZuverlässigkeit zuläßt, nicht; der Richter könne im Einzelfall auf Grund eines zuverlässig gewonnenen Persönlichkeitsbildes den Eignungsmangel verneinen, auch wenn ihn die Tat nahelegt. Im wesentlichen ebenso Braunschweig NJW 58 1882; Schleswig GA 1953 127; Düsseldorf NJW 54 175. N i c h t einschlägige Vorstrafen sind in aller Regel nicht heranzuziehen, BayObLG in VkBl. 58 35 (vgl. auch Jagusch DAR 55, 97). Fahren in trunkenem Zustand kann an sich schon den Täter als ungeeignet erweisen, auch bei sonst gutem Ruf und geringem Schaden. So mit völlig zutr. grunds. Begr. Karlsruhe JZ 54 48 (zust. Anm. Härtung), unter der Voraussetzung, daß der Fahrer bei über 2°/00 Blutalkoholgehalt völlig fahruntüchtig ist. Ob dies auch schon bei l,5°/ 00 mit Sicherheit anzunehmen ist (so 3. Sen. in BGHSt. 5 168, ebenso der 2. u.4. Sen. nach Härtung JZ 54 137), wird medizinisch (JZ 54, 59 und 138) und in der Rspr. noch umstritten. BGH 5. Sen. in JZ 54 137 Anm. 3, Köln MDR 53 756 und Düsseldorf NJW 54 165 lassen Gegenindikationen zu. Es hieße aber, den vordringlichen Sicherungszweck, zu dem auch die Praktikabilität der Anwendung für die unteren Gerichte gehört, verfehlen, wollte man gegebenfalls statistisch erhärtete Regeln, die eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit ergeben, nur wegen theoretischer, im Sozialleben praktisch nicht vorkommender Ausnahmemöglichkeiten verwerfen. Unrichtig wäre auch, aus einem für die Strafzumessung verwertbaren relativ vorsichtigen Verhalten des betrunkenen Fahrers (Köln NJW 54 165 betr. einen Fall von 2°/00 Blutalkoholgehalt) die mangelnde Eignung i. S. des § 42 m in Frage zu stellen. Vgl. § 315a Anm. I I (zu Nr. 2). Streitig ist, ob die mangelnde Eignung als solche zur EdF führen muß oder nur ein — widerlegbares — Indiz dafür ist, daß die Einziehung erforderlich ist, um die Allgemeinheit vor Gefährdung zu schützen. Daß dieser Schutzzweck die ratio des § 42 m ist, ergibt sich aus Abs. 4, ferner, daß der Gesetzgeber selbst die Möglichkeit berücksichtigt wissen will, daß die Tat ihre Symptombedeutung nachträglich verliert. Aus der Natur der Sache (der Täter wird nachträglich gelähmt, erblindet) ergibt sich diese Möglichkeit ohnehin. Zutr. stellt deshalb BGHSt. 7 175 auf den Zeitpunkt der U r t e i l s f i n d u n g , nicht der Tat ab. Der Maßregelcharakter legt es nahe, noch einen Schritt weiterzugehen und auf eine Zukunftsprognose abzu-

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stellen. So bei der Sicherungsverwahrung E 72 356 (im Gegensatz zu § 20a, vgl. dort Anm. I I 3); ähnlich bei § 42b. Aber f ü r § 42m liegt es anders. Hier sind nicht regelmäßig schwere, langdauernde, persönlichkeitsändernde Strafen verbüßt, wenn derTäter sich wieder ans Steuer setzen kann. Man kann daher, wie Dreher J Z 54, 542 zutr. meint, mit der durch die T a t erwiesenen mangelnden gegenwärtigen Eignung die künftige Gefährlichkeit schlechthin als gegeben ansehen. Hierin liegt die Rechtfertigung und wohl auch der Grund dafür, daß, wie Dreher a. a. 0 . , Lackner MDR 53, 74 nachweisen, die sonst bei den Maßregeln gebrauchte Klausel „wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert" bewußt weggelassen worden ist. Der Annahme einer unwiderleglichen gesetzlichen Vermutimg (BGHSt. 5 174) bedarf es deshalb nicht (preisgegeben in 7 172). Der ungeeignete Fahrer i s t gegenwärtig gefährlich, und damit auch zukünftig, da hier eine Zäsur wie bei § 42 e fehlt. Anders der 1. Sen. in J Z 54 541, N J W 54 1536; dagegen Karlsruhe N J W 54 1945. VII. Liegen diese vier Voraussetzungen vor, so muß der Richter die F E entziehen. Die Berücksichtigung b e s o n d e r e r w i r t s c h a f t l i c h e r H ä r t e n f ü r den Täter muß dahinter zurücktreten, wenn hier auch besonders eingehende Prüfung erforderlich: BGH DAR 55 79 (Martin), R d K 55 114 (Kohlhaas), VerkMitt. 55 11 (Boos), DAR 56 161, H a m m DAR 56 162 und JMB1. N R W 56 83, Schleswig VerkMitt. 55 67, Stuttgart VerkMitt. 55 67, Celle DAR 56 248. — M i t v e r s c h u l d e n a n d e r e r zu berücksichtigen, vgl. BGH bei Martin DAR 56 67. — Die l e b e n s l a n g e Entziehung bedarf auch bei schwerster T a t (fahrl. Tötung) besonderer Begr.: BGHSt. 5 177. Nach Braunschweig VRS 14 356 sind bei der Entsch. hierüber die vorauss. Wirkung der Bestrafung und einer zeitigen Entziehung mit zu berücksichtigen. — Betr. a u s l ä n d i s c h e n Fahrausweis BGHSt. 7 307. VIII. Einzelfragen. Beschränkte E d F (bestimmte Klassen von Fahrzeugen, Jahres- oder Tageszeiten) erklärt BGHSt. 6 183 mit Bruns a. a. O. 178 f ü r unzulässig. Aber die Eignung selbst ist gestaffelt (Führerscheinklassen). So kann auch ihr Mangel erkennbar differenziert werden, wofür ein starkes Bedürfnis besteht. Vgl. Celle N J W 54 1170 betr. Trecker und Motorpflug; problematischer AG Gießen N J W 54 612 (abl. Anm. Booß) betr. Heuschnupfen. Der Standpunkt des BGH kann leicht dazu führen, daß die E d F in Fällen wie dem Celler als unnötig existenzvernichtend überhaupt unterbleibt. Wie hier Händel N J W 54,139, Härtung J Z 54,137 und die bei Bruns a. a. 0.177 aufgef. Entsch. Vgl. ferner § 107 Abs. 1S. 3 E n t w . 1959.—Prozessuales: U r t e i l s f o r m e l : V g l . B G H N J W 5 4 1 1 6 7 . — S e l b s t ä n d i g e A n f e c h t u n g der E d F möglich: BGH DAR 55 80(Martin).—Anfechtung des S t r af m a ß e s ergreift not wendig auch die E d F : H a m m N J W 55 194, F r a n k f u r t N J W 55 1331 (Anm. Härtung). I m wesentlichen ebenso BGHSt. 10 3 7 9 . — E d F durch Gericht auch nach gem. §§ 4 StVG, 15b StVZO erfolgter Entziehung durch VerwBehörde noch möglich und geboten: BGH N J W 53 1719 mit Übersicht. — Die Dauer einer v o r l ä u f i g e n E n t z i e h u n g gem. § l i l a StPO kann f ü r die endgültige berücksichtigt werden und u . U . sie entbehrlich machen; eine förmliche Anrechnung analog § 60 ist jedoch nicht möglich: B G H J Z 54 164 (zust. Härtung S. 139); vgl. auch Karlsruhe N J W 54 164. — Betr. a u s l . F ü h r e r s c h e i n (Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2), vgl. Jagusch L K 7c BGHSt. 10 94. — Doppelte Sperrfristverhängung zul.: H a m m N J W 54 1944, BGHSt. 6 398 = GA 19 55 119 (Anm. Bruns). IX. Zu Abs. 4 vgl. Weigelt in D A R 55, 106. — Ein Beschluß nach Abs. 4 setzt voraus, daß der Angekl. neue Tatsachen vorbringt, die eine andere Beurteilung

Maßregeln der Sicherung u n d Besserung § 4 2 n

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seiner Persönlichkeit rechtfertigen: H a m m N J W 55 514. Auch Verhalten im Strafvollzug, Lauf einer Bewährungsfrist u. dgl. mitzuberücksichtigen: Köln D A R 56 192. Zu 1 bis 7: Verbindung der

Maßregeln

§ 42 n Maßregeln der Sicherung und Besserung k ö n n e n nebeneinander angeordnet werden. Vgl. die A n m . zu den einzelnen Maßregeln sowie die Yorbem. zu diesem Abs c h n i t t ; Schrifttum: B r u n s , ZStW 60, 474ff.; D e r s . J Z 54 730ff. (insbes. zu den Prozeßfragen). I. Allgemeines über das Verhältnis der einzelnen Maßregeln zueinander: Eine g r u n d s ä t z l i c h e A b s t u f u n g der Maßregeln nach der Schwere k e n n t das Gesetz n i c h t ; es k o m m t immer auf die besonderen U m s t ä n d e a n : J W 39 619 b e t r . E n t m . Vgl. aber auch D J 39 1043: SV oder Heilanstalt dürfen nicht angeordnet werden, wenn Trinkerheilanstalt oder Berufsverbot genügen; Gebot der Gerechtigkeit, niemand mit härteren Maßregeln als erforderlich zu belegen. Entscheidend ist in erster Linie, welche Maßregel den b e s t e n S c h u t z f ü r die Allgemeinheit gewährleistet, daneben, welche im Einzelfall a m zweckmäßigsten, geeignetsten ist, erst dann, welche den Angekl. weniger beschwert (E 72 151; D J 39 1043). Der Satz in dubio pro reo gilt insoweit n i c h t : E 70 128. Freiburg D R Z 49 117 b e t o n t zwar grundsätzlich mit Recht, daß kein schwereres Übel auferlegt werden darf, als die G e r e c h t i g k e i t u n d der Schutz der Allgemeinheit es erfordert. — Aber innerhalb der w i c h t i g s t e n Maßregeln gibt es keine allgemeine A b s t u f u n g des Ranges oder der Schwere. So B G H S t . 5 312 (zust. Dallinger M D R 54, 333, B r u n s a. a. 0 . ) im Anschluß a n E 73 47, 102: zwischen § 4 2 b u n d e je nach Eignung im Einzelfall zu entscheiden (gegen Freiburg a. a. 0 . u n d die ältere R s p r . des RG). Vgl. Vorbem. I vor § 4 2 a . — Liegen die Voraussetzungen mehrerer Maßregeln vor, so bestehen also drei Möglichkeiten: 1. N u r e i n e M a ß r e g e l v e r s p r i c h t v o l l e n E r f o l g , die andere n u r ungenügenden: hier ist n u r die erstere anzuordnen, denn die anderen sind d a n n nicht „erforderlich". Vgl. E 68 232, 69 134, 150, 153; J W 34 2425. 2. K e i n e d e r m e h r e r e n M a ß r e g e l n r e i c h t f ü r s i c h a l l e i n a u s : d a n n sind sie nebeneinander anzuordnen. Über die Reihenfolge entscheidet der Vollzug. Vgl. die E n t s c h . zu 1, bes. E 69 135; dazu S t P O § 458. Ferner oben § 4 2 d A n m . I . 3. J e d e M a ß r e g e l w ü r d e f ü r s i c h a l l e i n g e n ü g e n . Hier ist zunächst die Maßregel, deren Anordnung zwingend vorgeschrieben ist, derjenigen vorzuziehen, deren Anordnung im richterlichen Ermessen steht. Sind beide zwingend vorgeschrieben, so entscheidet richterliches Ermessen nach der Gestaltung des Einzelfalls. II. Einzelfälle 1. K o n k u r r e n z v o n § 4 2 b m i t e i n e r a n d e r e n M a ß r e g e l . Sie wird bei vermind. Zurechnungsf. (§ 51 I I ) wichtig. Vgl. die Darstellung der wechselvollen Entwicklung in B G H S t . 5 313 (oben zu I) u n d den f r ü h . A u f l . 2. Über K o n k u r r e n z v o n § 42c m i t § 42e vgl. oben I c zu § 42c.

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Versuch. Vorbemerkungen

3. K o n k u r r e n z v o n § 42e u n d § 421: Berufsverbot kann SVu. U entbehrlich machen (DJ 38 1796). 4. G e s a m t s t r a f e n . Anordnung gem. §42d bleibt unberührt, auch wenn neben einer Strafe ausgesprochen, die später in eine Gesamtstrafe einbezogen wird, neben der auf SV erkannt wird: E 74 4.

Zweiter Abschnitt

Versuch Schrifttum: H. M a y e r , Zur Abgrenzung des Versuchs von der Vorher. Hdlg., SJZ 49, 172. — B o c k e l m a n n , zur gleichen Abgrenzung J Z 54, 468 und 55,193 (betr. Rspr. des BGH), NJW 55, 1417 (betr. Rücktritt). — S c h n e i d e r , Der abergläubische Versuch, GA 1955, 265. — H e i n i t z , Streitfragen der Versuchslehre, J R 56, 248. — S a l m , Das versuchte Verbrechen, 1957. — W a i b l i n g e r , Subjektivismus und Objektivismus in der neueren Lehre und Rspr. vom Versuch, ZStW 69, 189. — M a i h o f e r , Der Versuch der Unterlassung, GA 1958, 289. Vorbemerkungen Inhalt: I. Versuch und Vollendung. — I I . Versuch und Vorbereitung. — III. Untauglicher Versuch. — IV. Mangel am Tatbestand. — V. Wahnverbrechen. — VI. Untauglichkeit des Subjekts. — VII. Erfolgsqualifizierung. — VIII. Selbständige Bestrafung. I. Vollendung und Versuch. Eine Straftat ist vollendet, wenn der g e s e t z l i c h e T a t b e s t a n d verwirklicht ist. Einerlei, ob der Täter seinen etwa darüber hinausgehenden Zweck erreicht hat (E 58 278). Unrichtig insoweit München SJZ 49 202 (Vollendung des schw. Diebstahls erst nach Erbrechen des Behältnisses); dagegen auch Anm. Schoetensack ibid. Einerlei auch, ob das zu schützende R e c h t s g u t verletzt ist: z. B. ist Münzfälschung (§ 146) schon mit der Fälschung vollendet, Attestfälschung (§277) erst mit dem Gebrauchmachen; Diebstahl schon mit der Wegnahme, Unterschlagung erst mit der Zueignung. Von der mit der vollen TBVerwirklichung eingetretenen V o l l e n d u n g muß u. U. die Beendigung der StrTat unterschieden werden. Beispiele: Bei Betrug oder Untreue wirkt die Vermögensschädigung weiter, ähnlich bei Steuerhinterziehung, bei Diebstahl die Besitzbefestigung, bei Brandstiftung die Zerstörung. Wichtig wegen V e r j ä h r u n g (E 62 418 sowie A . I I I u. VI zu § 67). Ferner wegen B e i h i l f e : sie ist noch möglich, nachdem der Täter Strafe wegen Vollendung verwirkt hat; wer die Flucht des Diebes deckt, begeht, solange der Besitzverlust nicht endgültig, nicht Begünstigung, sondern Beihilfe, obwohl der Diebstahl „vollendet" ist. Wegen A m n e s t i e E 71 64. Wegen § 138 dort A. IV. Zum ganzen Problem Mezger J W 38, 493 (betr. § 263). II. Straflos sind danach bloße Vorbereitungshandlungen ( A u s n a h m e n u n t e n zu VIII). 1. Grundsätze der Unterscheidung: „Es muß mit einer der die wesentlichen Begriffsmerkmale der Straftat bildenden Handlungen b e g o n n e n sein. Danach scheidet als Versuchshandlung alles, was die Ausführung der T a t nur e r m ö g l i c h e n o d e r

Versuch. Vorbemerkungen

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e r l e i c h t e r n soll, aus, insbes. die bloße Beschaffung und Bereitstellung der dazu erforderlichen Mittel und Werkzeuge": E 53 336. Versuch erfordert, daß „das, w a s verwirklicht vorliegt, zu einer T a t b e s t a n d s h a n d l u n g gehört und bereits eine G e f ä h r d u n g des durch die T a t zu verletzenden Rechtsguts bedeutet": E 59 386. W a n n eine Tat vollendet, versucht oder erst vorbereitet wurde, läßt sich nur i m Hinblick auf einen bestimmten gesetzlichen Tatbestand ermitteln: BGHSt. 9 62 (63) wie 6 98 unter Hinweis auf Maurach § 41 C. Ebenso Heinitz J R 56, 248. 2. Im einzelnen: Beim M e i n e i d ist nach E 54 117, BGHSt. 1 243, 4 176 (überholt durch GrSen BGHSt. 8 301) die falsche Aussage nur Vorbereitungshandlung, weil erst das Schwören Tathandlung. Hier fallen die Maßstäbe des am formellen Tatbestand orientierten und des materiellen Verbrechensbegriffes auseinander, da Rechtsgutsgefährdung regelmäßig schon gegeben; vgl. unten a. E. Ebenso betonen E 41 343 bei der kupplerischen und BGHSt. 6 98 bei der ausbeuterischen Z u h ä l t e r e i die Tatbestandshandlung als Grenze; vgl. aber BGHSt. 1 115 betr. K u p p e l e i v e r s u c h . — Die Grenze ist deutlich beim D i e b s t a h l , bei dem zur Vollendung Bruch fremden Gewahrsams gehört, zum „Anfang der Ausführung" also Lockerung des Gewahrsams genügend, aber auch erforderlich ist. Das RG hat in folgenden Fällen strafbaren Versuch angenommen: E 53 217: Täter hatte den Hofhund losgekettet und draußen angebunden, um nachts darauf ungestört stehlen zu können; ähnlich E 55 191: Bestechung des Pförtners. Diebstahlsversuch beim Eindringen in ein befriedetss Besitztum (ohne daß ein Fall des § 243 vorliegt) dann, wenn der Täter es auf eine bestimmte Sache abgesehen hat und ohne neuen Willensentschluß „nur noch die Hand auszustrecken braucht, um sie an sich zu nehmen": E 5 1 1 8 2 ; auch 43 322, 47 25, 53 336. E 54 254: Hinaufschleichen auf den Dachboden bis vor die unversperrte Kammer, aus der der Täter bestimmte Sachen wegnehmen wollte. — Oder mit Einbruchswerkzeug vor die verschlossene Bodentür. Hanseat. OLG in DR 41 1452: Miete eines Zimmers in der Absicht, dort zu stehlen, als Diebstahlsversuch. — Versuchter B e t r u g mit dem Beginn des Täuschens: E 28 144. Eine auf Täuschung „abzielende" Handlung lassen E 51 341, 54 35, 64 130 sowie, sehr weitgehend, D J 38 596 genügen. Bedenklich auch Celle Hann. R p f l . 46 121 (vgl. DRZ 47 135). Nach BGH N J W 52 430, GA 1956 355 ist der Bereich der Vorher. Hdlg. überschritten, wenn nicht nur Täuschungsmittel bereitgestellt, sondern schon Gedankenäußerung in Richtung auf den zu Täuschenden. — Bei z w e i a k t i g e n Delikten genügt der Anfang des ersten Aktes, z. B. früher bei der U r k u n d e n f ä l s c h u n g der des Fälschens: E 56 204. — Zum neuen § 267 vgl. Kiel HESt. 2 47 (zust. H. Mayer S J Z 49, 179). — Anfang des Feilhaltens (LebMittGes § 4 Nr. 2) durch Aufbewahrung im Kühlschrank: BGHSt. 12 54. 3. Wenn Vorbereitungshandlungen zur Bildung eines qualifizierten T B dienen, werden sie zu einem „Anfang der Ausführung". Beisp. § 243: „einschleichen", Anfang des Eindrückens einer Fensterscheibe, Aufspringen auf Güterzug zwecks Transportdiebstahl sind versuchte schwere Diebstähle: E 43 332, 54 35, 328. Ebenso versuchter R a u b mit Beginn der Gewaltanwendung: E 62 422; dieser kann schon in dem Einschließen des zu Beraubenden liegen: 69 327. Konstruktiv abw. Schoetensack S J Z 49, 202. Wenn umgekehrt die qualifizierende Handlung der Grundhandlung f o l g t , wie in § 154 oder § 252, so beginnt das erschwerte Delikt erst mit dem Schwören, Gewaltanwenden; vgl. Welzel § 23 I I I ß .

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Versuch in mittelbarer Täterschaft kann bei g u t g l ä u b i g e m Tatmittler in der Einwirkung auf diesen liegen, wenn Rechtsgut bereits gefährdet und Schaden sich unmittelbar anschließen k a n n : BGHSt. 4 270 im Anschluß an RG (st. Rspr.) und BGHSt. 2 380. Bei d o l o s e m , die Folgen übersehendem Mittler dagegen erst, wenn dieser zu handeln beginnt. Vgl. Jagusch L K I I 1 f. 4. Wenn die Tatbestandshandlung im wesentlichen nur durch ein e i n z i g e s T ä t i g k e i t s w o r t bestimmt ist —• Beispiele: „töten" (§§211, 212), „zueignen" (§ 246) „in Brand setzen" (§§ 306ff.) —, leistet gute Dienste die Formel von F r a n k : „Ein A. d. A. ist in allen Tätigkeitsakten zu finden, die vermöge ihrer notwendigen Zusammengehörigkeit mit der Tatbestandshandlung f ü r d i e n a t ü r l i c h e A u f f a s s u n g a l s d e r e n B e s t a n d t e i l e e r s c h e i n e n " (§ 43 I I , 2, b). Zu beachten ist, daß sie ausschließlich am formellen Verbrechensbegriff orientiert ist. Das RG h a t sie wörtlich übernommen (z. B. E 51 341, 54 35, 59, 157, 66 142, 68 329). Hierzu H . Mayer, Zur Abgrenzung usw. in SJZ 49, 172 ff. Das Ergreifen der geladenen Pistole in der Tasche mit Tötungsabsicht ist nicht straflose Vorbereitung, sondern strafbarer Versuch: E 68 336 und 339. Ähnlich E 74 6 betr. Devisenschmuggel. 5. Zuletzt h a t das RG die Grenze zwischen der straflosen Vorbereitung und dem strafbaren Versuch immer mehr subjektiviert (a. A. Wegner 223ff. Heinitz J R 56, 248 10 ; vgl. auch H . Mayer S. 285; kritisch Maurach § 4 1 1 B 2 b). Es stellte zwar auf die „natürliche Auffassung" ab, aber vom G e s a m t p l a n d e s T ä t e r s aus. Naoh diesem Gesamtplan muß der Täter die Handlung in der Absicht begehen, unmittelbar (E 55 1, 66 142), in ununterbrochenem Zusammenhang damit (E 53 218) ein Tatbestandsmerkmal zu verwirklichen (E 51342, 66142). „ E s muß eine Tätigkeit entfaltet worden sein, die nach dem ihr zugrunde liegenden G e s a m t p l a n d e s H a n d e l n d e n dazu geeignet war, in ihrem regelmäßigen Verlauf" (E 54 36) den Tatbestand zu verwirklichen. So h a t E 59 157 Mordversuch schon in der Betäubung des Opfers mit Morphium gesehen, da der Angekl. „sich außerstande fühlte, sich an dem nichtbetäubten Kinde zu vergreifen", die Betäubung also „nach dem Plan des Angekl. untrennbar" zur Tötung gehörte, obwohl diese „erst am anderen Morgen erfolgen konnte und sollte". Die Wendung zu einer s u b j e k t i v e n Abgrenzung zeigt sich besonders deutlich in E 66 141 betr. Brandstiftung: J e nach dem „Gesamtplan" des Täters kann die gleiche Handlung strafbarer Versuch oder Vorbereitung sein. Sehr weitgehend H R R 40 1051: Sammlung von Devisen und ihre Verbergung in einem Versteck, um sie in diesem demnächst ins Ausland zu bringen; D R 39 363: Ermöglichung der Reise eines Minderjährigen als Versuch aus § 175a Nr. 3. Über die restlose Subjektivierung der Versuchsgrenze bei Sittl.-Verbr. vgl. E 52 184, 54 224, 67 170, 69 140, 327, 71 47. Dazu Braunschweig N J W 47 109. 6. Auch die N a c h k r i e g s - R s p r . neigte auf bestimmten Gebieten zur Subjektivierung. So insbesondere beim Versuch verbotenen Tauschhandels: Reise aufs Land mit Tauschwaren sieht LG Oldenburg D R Z 47 34 als Schulfall f ü r V o r b e r e i t u n g s h a n d l u n g an; ebenso Werner ebendort, S. 17; OLG Bamberg D R Z 47 381, dem H . Mayer a . a . O . 179 beitritt. Als V e r s u c h dagegen LG Osnabrück JB1. Oldbg. 46 59 Buchwald D R Z 47, 182 unter Hinweis auf den kriminalpolitischen Zweck des Wirtschaftsstrafrechts; Kassel H E S t . 1 8 (ausführliche Übersicht): bei Gefährdung der Volkswirtschaft müsse Ausf. handlung anders abgegrenzt werden als bei Angriffen gegen Rechtsgüter einzelner. Dies ist als Grundsatz abzulehnen. Richtig ist aber, daß die Ge-

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fährdung hier in concreto früher eintreten kann als etwa bei einem Angriff auf verteidigtes Eigentum. Denn die andere Seite kommt dem Tauschhändler entgegen. Vgl. auch Braunschweig MDR 47 35: Verbringung der schwarz zu schlachtenden K u h an den Schlachtort. 7. Der BGH folgt dem RG (E 51 342, 54 254, 69 329), auch bzgl. des „Gesamtplans", betont aber, wie Dreher-Maaßen zutr. bemerken, den Gefährdungsgedanken stärker: so BGHSt. 2 380 betr. Bereitlegen des Einbruchsgeräts am Tatort. Vgl. ferner BGHSt. 1 116: Einwirkung auf die zu Verkuppelnden; BGH N J W 52 514 (abl. Anm. Mezger): Auflauern, auch wenn das Opfer nicht am beabs. Tatort erscheint oder (BGHSt. 8 38) wenn es erst nach dem Weggang des Täters erscheint; MDR 51 144: Aufforderung an das Opfer als Versuch des § 176 I Nr. 3; MDR 52 16: Annäherung an das niederzuschlagende Opfer; BGH MDR 58 12 (Dallinger): körperliche Berührung beim Taschendiebstahl; MDR 52 272: Ergreifen und Durchladen des Revolvers, im Anschluß an E 68 336, aber nicht an E 77 1, 162; ebendort Entsch. betr. § 249, vgl. auch MDR 52 243. BGHSt. 3 129: rechtswidr. Todesurteil im Kriege (§ 211). Nach BGHSt. 4 270 im Anschluß an E 59 1, 66 141, 77 172 Einwirkung auf den gutgl. Tatmittler (bestr.). Während aber hier noch notw. Zugehörigkeit der Hdlg. zur TBVerwirklichung verlangt wird, gibt BGHSt. 4 334 (betr. Schmuggelversuch) ausdrücklich das Erfordernis der TBVerwirkl. preis und erklärt unmittelbare Rechtsgutsgefährdung für genügend. Das ist — über die zit. N J W 52 514, BGHSt. 2 380, 3 279 hinaus — der entscheidende, vom Gefährdungsgedanken aus folgerichtige Schritt vom formellen zum materiellen Deliktsbegriff in der Versuchslehre. Vgl. aber auch BGHSt. 4 176 (oben Abs. 1 dieser Anm.), die allerdings durch BGH GrSen. N J W 56 191 überholt ist, sowie BGHSt. 6 98 (betr. § 181a, dort Anm. V); beide halten an formalobjektiver Abgrenzung fest. So mit Recht Bockelmann J Z 55, 193; zutr. auch gegen BGHSt. 6 302, wo umgekehrt der Gefährlichkeitsbegriff völlig verflüchtigt und bis zum Gesinnungsstrafrecht subjektiviert wird (betr. § 176 I Nr. 3, vgl. dort Anm. VI). Bedenklich auch BGH JZ 57 226: Versuch des § 316 a schon durch Besteigen der Taxe. Vgl. dort Anm. I I I . III. Objektive Tauglichkeit der Handlang, den Erfolg herbeizuführen, ist dem strafbaren Versuch nicht wesentlich. Streitig aber ist, ob, wo und wie innerhalb des untauglichen Versuchs eine Grenze zu ziehen ist. Hier stehen sich subjektive und objektive Maßstäbe gegenüber. 1. Nach der subjektiven Theorie des Reichsgerichts ist grundsätzlich jeder untaugliche Versuch strafbar; einerlei, ob die Untauglichkeit im Objekt oder im Mittel begründet; einerlei auch, ob sie eine absolute oder nur eine im Einzelfall begründete, relative, ist; wenn nur der Täter sein Tun für tauglich gehalten hat. Die B e g r ü n d u n g hatte das RG nicht dem Gedanken eines „Willens"-Strafrechts entnommen, sondern der Kausalitätslehre Buris von der Gleichwertigkeit aller Bedingungen (Vorb. I I B I vor § 1): Beim ausgebliebenen Erfolg könne ebensowenig wie beim eingetretenen zwischen mehr und minder wichtigen Bedingungen unterschieden werden. O b j e k t i v sei eine nicht zur Vollendung gelangte Tat n i e m a l s gefährlich; s u b j e k t i v der Täterwille aber s t e t s . Grundlegend E 1439 (Plen-Entsch. betr. untaugliche Abtreibungsmittel mit einseitiger Darlegung der Entstehungsgeschichte; dazu eing. Maurach §41 H I B 3c). Ebenso E 34 217, 47 65, 68 53. Einschränkend E 33 321 (Sympathiemittel, Totbeten usw. seien „in rechtlicher Beziehung überhaupt nicht als Mittel" anzusehen). Dazu Schneider a. a. 0 . 10

Kohlrausch-Lange,

StGB, 42. Aufl.

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Die subj. Lehre des R G macht sich der BGH zu eigen; so ausdr. BGHSt. 2 76. Ebenso BGHSt. 1 16 u. 3 255 betr. Eidesverletzung vor unzust. Stellen, 4 200 betr. Diebesfalle, ohne diese Fälle als „Mangel am Tatbestand" herauszuheben (s. u. zu IV a. E. und V). 2. Die objektive Theorie, in der Wissenschaft lange Zeit herrschend, sieht demgegenüber in der G e f ä h r l i c h k e i t der Handlung für das angegriffene Rechtsgut das entscheidende Kriterium. Sie hat viele Spielarten. Eine ältere Auffassung fragt: war die Handlung, vom Standpunkt des Richters aus (ex post) absolut oder nur relativ untauglich, den Erfolg herbeizuführen ? Im ersten Falle straflos, im zweiten strafbar. Eine jüngere Ansicht fragt: war die Handlung vom Standpunkt eines einsichtigen Menschen (oder: des Täters) zur Zeit der Tat (ex ante) erfolgversprechend ? Beispiel: der Täter stellt Gift bereit, ein Dritter ersetzt es durch ein harmloses Pulver, das nun der Täter eingibt. Nach der älteren Theorie straflos, nach der neueren strafbar. Das Verdienst dieser Theorie ist es, die objektive Gefährlichkeit der mißlungenen Handlung und damit einen der objektiven Verletzung bei der gelungenen Handlung korrespondierenden Begriff eingeführt zu haben. Die Leugnung des Gefahrbegriffs durch v. Buri und das RG ist damit als unzulänglich erwiesen, der Versuch von einem Fremdkörper aus dem Bereich des Gesinnungsstrafrechts wieder zum echten Bestandteil des Systems gemacht. Der Fehler dieser Theorie ist es, daß sie den Gefährlichkeitsgedanken nur auf die Tat, nicht auch auf den Täter bezogen hat und daher Handlungen, die unstreitig strafbedürftig sind, nicht erfassen kann. Tat und Täter bilden eine unlösbare Sinneinheit. Der Gefährlichkeitsgedanke muß daher mit dem richtigen Kern der subjektiven Theorie: der Erfassung des verbrecherischen Willens als tatgestaltenden oder über die Einzeltat hinaus relevanten Faktors verbunden werden. Praktisch war die obj. Theorie schon auf dem Wege dahin. In dem obigen Giftmordbeispiel etwa kann angesichts der objektiven Harmlosigkeit der Handlung die Strafbarkeit nur aus der Gefährlichkeit des Täters für das angegriffene Rechtsgut hergeleitet werden. Hieraus ergibt sich die 3. Vereinigungstheorie. Strafbarer Versuch liegt vor, wenn die Handlung für das angegriffene Rechtsgut gefährlich war oder sonst den Täter als gefährlichen Angreifer dieses Rechtsguts erweist. Dies folgt weiterhin aus systematischen Gründen, nämlich a) dem S t r a f z w e c k . Bestraft wird die Handlungsschuld, nicht der Taterfolg (arg. § 56); und nicht nur zur Tat-Vergeltung, sondern oft auch, weil der Täter durch die Rechtsgutsverletzung oder -gefährdung als gefährlich erwiesen ist und spezialpräventiv auf ihn eingewirkt werden muß. Daneben ist generalpräventiv der Eindruck nach außen zu berücksichtigen (Horn, v. Bar, Mezger StB I 210f). b) dem V e r b r e c h e n s b e g r i f f . Das Verbrechen ist niemals nur Angriff auf das einzelne Objekt, sondern stets auch auf den im Rechtsgut verkörperten Rechtswert. c) dem T ä t e r b e g r i f f . Denn Täterschaft ist Tatherrschaft. Diese fehlt bei abergläubischen oder törichten Versuchen von vornherein, da hier nicht der Wille des Täters, sondern nur ein Wunsch in Erscheinung tritt.

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d) der S t r u k t u r d e r T a t b e s t ä n d e . Neben der Rechtsgutverletzung ist die Gefährlichkeit des Täters spezifisches Aufbauelement z. B. in den §§123 II, 223a, 243 Nr. 5 - 7 , 244, 250. Erst recht gehören hierher §§ 20a, 181a oder strafbare Vorbereitungshandlungen gefährlicher Personen wie § 245 a. e) der K a n n - M i l d e r u n g des § 44. Sie ist von der objektiven Theorie aus nicht zu erklären. Denn die bloße Gefährdung des Rechtsguts ist immer ein Minus gegenüber der Verletzung; dem entspräche allein die Muß-Milderung. Allerdings sind Grund und Maßstab der Milderung streitig, vgl. § 44 Anm. I. f) allgemein dem Grundsatz des S c h u l d s t r a f r e c h t s , dessen ausnahmslose Beachtung jetzt § 56 fordert; vgl. oben zu a). Die hier vertretene Auffassung kam in § 43 I I I Thür. Fassg. des StGB zum Ausdruck: „Hat der Versuch eine ernsthafte Gefahr für das angegriffene Rechtsgut nicht herbeigeführt und läßt er auch nicht auf eine Gefährlichkeit des Täters schließen, so kann der Richter von Strafe absehen." Auch der E n t w u r f 1959 § 27 Abs. 3 setzt, indem er bei grobem Unverstand des Täters von Strafe abzusehen gestattet, den Maßstab der personalen Gefährlichkeit voraus. 4. In den hauptsächlichsten Streitfragen der Versuchslehre ergibt sich von hier aus ein — vielfach zu vermissender — einheitlicher Maßstab: a) Für die Abgrenzung von V e r s u c h u n d V o r b e r e i t u n g ist der Gesamtplan des Täters mit heranzuziehen. Sein Wille ist ein objektiv gestaltender Faktor des Geschehens. Die nach außen harmlos erscheinende Handlung kann unmittelbar das Ausholen zum Angriff sein, z. B. das Stichwort, das den Raubüberfall auslösen soll. Vgl. Kassel HESt. 1 8. b) Der a b s o l u t u n t a u g l i c h e V e r s u c h ist strafbar, nicht aber der abergläubische oder schlechthin törichte (Totbeten, Abtreibungs-„Versuch" mit Brombeerblättertee). Solches Verhalten mag auf Bösartigkeit oder Skrupellosigkeit schließen lassen, ist aber keine Täterhandlung, die jemand als g e f ä h r l i c h e n Angreifer des Rechtsguts erweist. Vgl. Schweiz Art. 23 I I : Handelt der Täter aus Unverstand, so kann der Richter von einer Bestrafung Umgang nehmen. c) Niemals genügt die bloße Manifestation einer bösen G e s i n n u n g , wie sie in der entferntesten Vorbereitungshandlung oder im abergläubischsten Versuch liegen kann. Hier zeigt sich der spezifisch rechtliche Maßstab des Gefährlichkeitsbegriffs gegenüber dem bloß sozialethischen Unwerturteil. Vgl. unten zu e). d) Der m a t e r i e l l e Verbrechensbegriff (Verbr. = Rechtsgutsverletzung) ist entscheidend. Der u n t a u g l . Vers, muß den Täter als gefährlichen Angreifer eines bestimmten Rechtsguts erweisen. Und Versuch, nicht nur Vorber., liegt vor, wenn das Rechtsgut gefährdet ist (oben zu I I a . E.) bzw. wenn die Handlung bei Unterstellung ihre vom Täter angenommene Tauglichkeit (er wußte nicht, daß seine Frau die Pistole heimlich wieder entladen hatte) das Rechtsgut unmittelbar gefährden würde. Damit ist der Widerspruch, den Bockelmann JZ 54, 468 in der Rspr. zu beiden Fragen sieht, praktisch lösbar. Denn beide Merkmale bedingen einander und verweisen aufeinander. e) Stets muß die — konkrete oder generelle — G e f ä h r l i c h k e i t f ü r ein bes t i m m t e s Rechtsgut Bezugspunkt und Maßstab bleiben. Sonst wird im Versuchsbereich der Verbrechensbegriff gesprengt und seiner rechtsstaatlichen Garantiefunktion beraubt. Bedenklich daher BGHSt. 11 271: „Beim untauglichen Versuch 10«

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kommt es nicht auf die Gefährdung eines bestimmten gegenwärtigen Rechtsguts an, weil schon die allgemeine Auflehung gegen die rechtlich geschützte Ordnung gefährlich ist (vgl. Jagusch L K 8 I I 2 zu § 43, Maurach § 43 I I I B 3 c, 4 und C, S. 442 bis 444; BGHSt. 4 199; 4 254; 10 388, 390)." Bei diesem Rückgriff auf den Bindingschen Unbotmäßigkeitsgedanken wird zudem das Rechtsgut mit dem konkreten Angriffsobjekt vermengt, das allerdings nicht gefährdet zu sein braucht. Näheres in Anm. Lange zu BGH J Z 58 669 = BGHSt. 11 324. Gegen polizeistaatliche Tendenzen im Versuchsbereich treffend Spendel, Rittler-Festschr. 1957, 44ff. I m wesentlichen übereinstimmend: S c h ö n k e - S c h r ö d e r I 2 c zu §43 „Kombination obj. und subj. Gesichtspunkte"; dort und DRZ 47 75 rechtsvergl. Hinweise; v. W e b e r Grdr. insbes. 75 u. 79; M e z g e r StB § 79: „gemischt obj.-subj."; zur Entsteh.-Gesch. vgl. §76, W a i b l i n g e r ZStW 69, 216ff. F ü r die s u b j . Th. J a g u s c h §4311, O l s h . - N i e t h . , Vorbem. 3 b vor § 4 3 : „Rspr. unerschütterlich". Auch H . M a y e r nimmt gewohnheitsrechtliche Geltung der subj. Th. an (S. 288); dagegen Mezger a. a. O. F ü r das RG auch W e g n e r 223ff., dazu ZStW 65, 57; M a u r a c h § 41 I I I B 4 (soweit untaugl. Vers.). — F ü r die obj. Th. neuerd. S p e n d e l ZStW 65, 519, Rittler-Festschr. 1957, 44. IV. Auch irrige Annahme eines nicht vorhandenen Tatbestandsmerkmals begründet Versuch. So RG mit gleicher Begr. wie zu I I I 1. Eine in der Wissenschaft verbreitete Lehre, z. B. Dohna und Frank, neuerdings Sauer, Allg. StrRLehre § 17, nimmt hier weder tauglichen noch untauglichen Versuch, vielmehr „ M a n g e l a m T a t b e s t a n d " an, der, unabhängig von der Streitfrage unter I I I , straflos sei. Tatsächlich fehlt in diesen Fällen, abweichend von den typischen Versuchshandlungen, etwas anderes als der Erfolg zur Deliktsvollendung; auch ist nur ihnen ein Irrtum des Täters wesentlich. Denn nicht seine Handlung, sondern seine Vorstellung geht hier fehl. Z. B. der Täter ergreift in der Absicht, einen fremden wertvollen Mantel aus der Garderobe mitzunehmen, versehentlich seinen eigenen. Die rein obj. Th. mußte eine solche Handlung als in concreto ungefährlich für straflos erklären. Nach der hier vertretenen Auffassung bleibt der Sinn der Versuchsbestrafung von jener konstruktiven Besonderheit unberührt. Vgl. oben zu I I I und die dort Genannten. Aus der Rechtspr. des RG vgl. E 8 351 (betr. Beweiserheblichkeit einer Urkunde), E 10 11, 11 72, 38 423, 42 92, 50 35, 66 44 (Betrugsversuch, da der Täter in zivilrechtlichem Irrtum annahm, der Getäuschte werde geschädigt bzw. der erstrebte Vermögensvorteil sei rechtswidrig). E 18 82 (Betrugsversuch gegen eine nicht existierende Person). E 34 217, 47 65 (Abtreibungsversuch einer Frau, die sich irrrig f ü r schwanger hielt), E 39 316 (Versuch § 176 Nr. 3 wegen der irrigen Annahme, das Kind sei unter 14 Jahren). E 47 189 (Versuch der Blutschande, da der Täter das Mädchen irrig f ü r seine Tochter hielt). E 55 138 (Versuch der Konterbande, da der Täter die gekaufte Ware irrig für Schmugglerware hielt). E 56 316, 66 199, 68 53 (V. d. Steuerhinterziehung, selbst wenn eine Steuerpflicht nur in der Meinung des Täters bestand). E 60 215 (Versuch aus § 271, wenn der Täter die Urkunde irrig f ü r eine öffentliche hielt). E 64 130 (versuchte Hehlerei, falls der Täter die Vortat aus rechtsirriger Auffassung des Versuchsbegriffs f ü r strafbaren Versuch hielt, während sie straflose Vorbereitung war). Versuchter Meineid, wenn der Täter irrig glaubt, einen gültigen Eid zu leisten: in E 65 206 hielt er die den objektiv falschen Eid abnehmende Person irrig f ü r eine hierzu zuständige Behörde (gegen Strafbarkeit hier OGH in SJZ 49 708

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m. Anm. Mezger) ; in E 67 331 hielt der Täter die an sich unzulässige Berufung auf einen früher geleisteten Eid f ü r einen gültigen Eid. Nach E 70 199 begeht v e r s u c h t e V e r f ü h r u n g (§ 175a Nr. 3), wer einen zur Unzucht Bereiten zur Unzucht veranlaßt, falls er dessen Bereitschaft nicht kennt. Der BGH folgt auch hier dem R G : BGHSt. 1 16, 3 255, 4 200, 7 58 (betr. vermeintliche Urkunden) ; s. o. I I I Abs. 2 und unten zu V (betr. Umkehrung der Irrtumslehre). Das gleiche gilt, f ü r die Verkennung eines rechtfertigenden Umstandes, wenn z. B. der Wegnehmende nicht wußte, daß der Eigentümer einverstanden, der Schläger nicht, daß er angegriffen war. Denn ebensowenig wie der Mangel am t a t bestandlichen Unrechtskern berührt der Mangel an der objektiven Unrechtsqualität überhaupt die Beweiskraft der Handlung dafür, daß der Täter ein gefährlicher Angreifer des Rechtsguts Eigentum bzw. Leben ist (oben III). Da die Handlung keinen objektiven Unrechtseffekt erzielt hat, ist hier andererseits kein v o l l e n d e t e s Delikt (so aber BGHSt. 2 114, 5 247 und — von ihrem Standpunkt folgerichtig — Niese, Finalität, 17, Maurach 244). Zutr. Jagusch L K I I 2 c , Schönke-Schröder § 43 I I I 6. Diese entscheiden a. a. O. I I I 2 mit Recht ebenso, wenn der Täter Qualifikationsmerkmale irrig angenommen hat. Hier gelten die gleichen Erwägungen. V. Straflos ist das Wahnvcrbrechcn, wo der Täter ein gar n i c h t v o r h a n d e n e s S t r a f g e s e t z zu übertreten meinte. Zur Abgrenzung dieser von den Fällen unter IV verwertete RG seine (zunächst f ü r § 59 aufgestellte) Irrtumslehre in der Umkehrung: die irrige Annahme, den tatbestandsmäßigen Erfolg herbeizuführen, ebenso wie irrige Annahme eines Tatbestandsmerkmals, wenn auch auf außerstrafrechtlichem Rechtsirrtum beruhend, begründe strafbaren Versuch; dagegen sei irrige Annahme der Strafbarkeit der in tatsächlicher Hinsicht richtig beurteilten Tat strafloses Wahnverbrechen oder Putativdelikt (E 42 92, 47 189, 55 138, 66 126). Entsprechend jetzt BGHSt. 3 255. Danach begründet die irrige A n n a h m e von Umständen, deren V e r k e n n u n g e i n e n vorsatzausschließenden T a t b e s t a n d s i r r t u m bedeuten würde, einen strafbaren M a n g e l a m T a t b e s t a n d . Hielt dagegen der Täter ein strafloses Tun, dessen Umstände er richtig erkannte, irrig f ü r verboten (lesbische Liebe, Gebrauchsdiebstahl abges. von den Fällen der §§ 248 b oder 290, Geschlechtsverkehr zwischen Onkel und Nichte), so kann dieser „ W a h n " die Strafbarkeit ebensowenig begründen wie im umgekehrten Falle der Verbotsirrtum bei Kenntnis der tatbestandsmäßigen Umstände den Vorsatz ausschlösse. In Grenzfällen (BGHSt. 3 253 ff. gegen 1 13 betr. „zuständiges Gericht", vgl. auch Oldenburg N J W 61 973 und Jagusch L K § 43 Anm. I I 2 f. !) ist danach zu fragen, ob im umgekehrten Falle Tatbestands- oder Verbotsirrtum vorliegen würde (darüber unten § 59 Anm. V). Die Versuchslehre hängt hier automatisch von der Schuldlehre ab. Man wird dem folgen können, jedoch in dem Bewußtsein, daß beide Lehren gegenüber der Rspr. des RG durchgreifend gewandelt sind (zust. Hardwig GA 1957, 172). An Stelle der formellen psychologischen Schuldformen ist das normative, materielle Element der Vorwerfbarkeit als Kern der Schuld anerkannt, an Stelle der formellen (kausalen) Begründung f ü r die Strafbarkeit des untaugl. Versuchs ebenfalls eine materielle: die Gefährlichkeit (s. o. Anm. I I I . a. E.). — Gegen den Umkehrschluß aus § 59 grundsätzlich Spendel ZStW 69, 441.

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Versuch. Vorbemerkungen

VI. Untauglichkeit des Subjekts bildet nach herrschender und richtiger Ansicht kein Sonderproblem, sondern begründet entweder Wahnverbrechen oder untauglichen Versuch. Grundsätzlich anders Niethammer § 43 Anm. 6a bei Olsh., der hier stets strafbaren Versuch annimmt. Aber der Übergang zu den übrigen Fällen ist fließend, wie BGH 8 263 zeigt („Verkehrsflucht" eines nur vermeintlich Verpflichteten als Wahnverbrechen). Anders auch Bruns, Der untaugliche Täter im Strafrecht, 1955, Hardwig, Der Versuch bei untauglichem Subjekt GA 1957, 170, Schönke-Schröder § 43 I I I 3. Im wesentlichen wie hier: Welzel § 23 V, Salm a. a. O. 83 ff., im Ergebnis auch Hardwig a. a. 0 . a) Ein Wahnverbrechen — straflos also — ist es, wenn jemand ein S o n d e r v e r b r e c h e n zu begehen vermeint, indem er sich irrig zu dem Personenkreis rechnet, an d e n a l l e i n V e r b o t o d e r G e b o t sich h i e r r i c h t e n . Solche Sonderverbrechen (delicta propria) sind z. B. die echten Beamtenverbrechen (Vorbem. I vor § 331), die der Rechtsanwälte usw. (§§ 300, 352, 356), der Ärzte und Apotheker (§ 300), des „verantwortlichen Redakteurs" (PreßG §§ 20f.). Als Täter kann sich hier nur der Träger solcher Sonderpflichten strafbar machen; die Untauglichkeit anderer ist hier eine a b s o l u t e ; sie können unter k e i n e n Umständen ein solches Sonderverbrechen begehen. Die irrige Annahme, eine Pflicht zu haben, kann die Pflicht nicht ersetzen. Solche Annahme kann auch nicht wegen Versuchs strafbar machen, denn auch die Versuchsstrafe setzt die Pflicht voraus (a. A. Maurach § 41 I I I C 2). — Beispiel: Ein bei einer Staatsbehörde ohne besondere Verpflichtung Bediensteter, der für eine Pflichtverletzung ein Geschenk fordert oder annimmt, kann nicht dadurch, daß er sich irrig für einen „Beamten" hält, wegen versuchten Verbrechens des § 332 strafbar werden. — Vgl. Schleswig SchlHA 49 297 betr. einen von völlig unzuständiger Stelle „ernannten" Pseudobeamten: kein Versuch des § 348. Auf die Art des Irrtums k o m m t es, wenn ein Wahn verbrechen in Frage steht, n i c h t an. Keinerlei Irrtum kann einen, der nicht Normadressat ist, zu einem solchen machen; weder die irrige Annahme, eine Strafnorm bestehe, noch die irrige Annahme, eine bestehende Strafnorm beziehe sich auf ihn; aber auch nicht die irrige Annahme eines Sachverhalts, der, falls er bestünde, für ihn eine Sonderpflicht begründete. — Beispiel: Wer irrig gegen § 332 zu verstoßen glaubt, ist nicht nur dann straflos, wenn er den Beamtenbegriff zu weit ausgelegt hat, sondern auch dann, wenn er als Beamter entlassen war, aber von seiner Entlassung keine Kenntnis erhalten hatte. b) Untauglicher Versuch dagegen liegt vor, wenn die S t r a f v o r s c h r i f t sich g r u n d s ä t z l i c h an a l l e wendet, aber der S t r a f t a t b e s t a n d eine besondere Beziehung des Täters zu dem Tatobjekt oder zu anderen Tatumständen fordert, die im Einzelfall fehlte, vom Täter aber irrig angenommen wurde; z. B. ein Verwandtschafts- oder ein Abhängigkeitsverhältnis bestimmter Art (§§ 173, 174). Die „Untauglichkeit des Subjekts" ist hier nicht, wie unter a, eine absolute, sondern eine r e l a t i v e , bedingt durch die Tatbestandsgestaltung. Vielfach ist für diese Fälle bezeichnend, daß die Untauglichkeit des Subjekts in eine solche des Objekts umgedacht werden kann. — Beispiele: Strafbarer Versuch der Blutschande, wenn der Mann irrig annahm, die von seiner Frau geborene Tochter sei von ihm gezeugt; strafloses Wahnverbrechen dagegen, wenn er annahm, der Beischlaf mit einer leiblichen Nichte sei strafbar (E 47 189). Als Zeuge vereidigter Beschuldigter:

Versuch § 43

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BGHSt. 10 8 (nach Welzel § 76 I I 1 Wahndelikt, ebenso schon Bamberg NJW49 876 unter Hinweis auf E 57 54). VII. Bei den durch einen verschuldeten schwereren Erfolg qualifizierten Straftaten (Vorbem. I I vor § 1) entnimmt die Rspr., wenn der schwerere Erfolg schon durch eine Versuchshandlung herbeigeführt wurde, auch die Versuchsstrafe dem höheren Strafrahmen. E 62 422: Raubversuch mit Todesfolge, § 251, ohne daß es zu einer Wegnahme der Sache kommt; 69 332: Notzuchtsversuch mit Todesfolge §178; BGHSt. 7 37: Brandstiftung mit Todesfolge (gegen E 40 321). Teilweise anders E 9 67, 40 325,61 179. Nagler-Jagusch LK 7 §43 Anm III. B 8f., ebenso Maurach § 41 I I 3, wollen innerhalb dieser Gruppe unterscheiden. Wie BGH: Mezger StB I 204. Vgl. zu dieser Frage § 56 Anm. IV 1 und 6. Till. Versuchs- und Torbereitungshandlungen sind vielfach unter eine besondere Strafe gestellt; z. B. §§ 49a, 49b, 81, lOOe, 107b, 129, 151, 159, 229, 234a, 245a, 265 sowie Nebengesetze, z. B. Sprengstoffgesetz. Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, daß sie hiermit zu Sonderverbrechen (delicta sui generis, eigenständige Verbrechen) erklärt sind, deren „Versuch" nun wiederum strafbar sei. So auch E 58 392 betr. § 49b (auch für die n. F. zutr.). Anders aber E 59 1 betr. § 229; vgl. dort Anm. I. — Über „Unternehmen" vgl. zu § 87 sowie Anm. IV zu § 46. Vorsätzliche und fahrlässige VorberHdlgen. bestraften §§ 3, 13 WiStrGes. 49/52. Begriff

§43 (1) Wer den Entschluß, ein Verbrechen oder Vergehen zu verüben, durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung dieses Terbrechens oder Vergehens enthalten, betätigt hat, ist, wenn das beabsichtigte Terbrechen oder Vergehen nicht zur Tollendung gekommen ist, wegen Tersuches zu bestrafen. (2) Der Tersuch eines Tergehens wird jedoch nur in den Fällen bestraft, in welchen das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt. I. Objektiver Tatbestand: „Handlungen, welche einen A n f a n g d e r A u s f ü h r u n g e n t h a l t e n . " In den Fällen des sog. Mangels am Tatbestande (oben Vorbem. zu IV): „ n a c h M e i n u n g d e s T ä t e r s enthalten". Der Ausdruck soll die Grenze zu den grundsätzlich straflosen Torbereitungshandlungen ziehen (oben Vorbem. II, VIII), ist also zu verstehen i. S. von „ b e r e i t s Anf. d. Ausf."; über die Fragen des untauglichen Versuchs (oben III—VI) sagt er nichts aus (vgl. Engisch, Einh. d. RechtsO S. 91). Diese überließen die Motive des StGB der Wissenschaft und Praxis (S. 53). II. Subjektiver Tatbestand: „Entschluß"! Die Vollendung muß „beabsichtigt" sein. Soll es absichtsgemäß beim Versuch bleiben, straflos (ähnlich E 58 392). — Entschluß und Absicht sind hier aber nichts anderes als Vorsatz. Es genügt also auch hier E v e n t u a l v o r s a t z in dem Sinne, daß das W i s s e n u m T a t u m s t ä n d e b e d i n g t sein kann; Beisp. Meineidsversuch, wenn Täter objektiv richtig aussagt, mit der Möglichkeit rechnet, daß die Aussage falsch ist, aber auf alle Fälle so aussagen will (E 61 159). A. A. Lampe NJW 58, 332; zutr. Remy NJW 58, 700. — N i c h t aber kann das W o l l e n b e d i n g t sein. Versuchsvorsatz fehlt also, wenn der Täter den endgültigen Entschluß, ob er die Tat durchführen will, von dem

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Versuch § 44

Eintritt oder Nichteintritt eines Ereignisses abhängig machen will: E 68 341, 70 203, 71 53; hiergegen Less GA 1956, 33, der zwischen Unschlüssigkeit und festem, aber bedingtem Entschluß unterscheidet, sowie Waiblinger ZStW 69, 189, 209, SchönkeSchröder § 43 I l a . — F a h r l ä s s i g e r Versuch — i. S. der Tatfahrlässigkeit — ist undenkbar. Vgl. jedoch Vorbem. V I I I a. E . sowie J Z 56, 74 Anm. 8. III. Zweifelsfreier Nachweis der Nichtvollendung ist zur Annahme des Versuchs nicht nötig: E 41 352. IV. Vergehensversuch strafbar z. B. in §§ 9 0 - 9 3 , lOOd, 104, 107, 107a, 108, 108a, 120, 148, 150, 160, 169, 218, 240, 241a, 242, 246, 248b, c, 253, 263, 289, 303—305, 350, 352. Mit dem straflosen Versuch eines Vergehens kann jedoch eine vollendete Straftat ideell konkurrieren (§ 73), die dann strafbar bleibt; vgl. § 46 Anm. V. Strafbarkeit des A n s t i f t u n g s v e r s u c h s trotz Straflosigkeit des Tatversuchs bei §§ 153, 156: § 159. Nach Dreher-Maaßen zu § 159 aus kriminalpolitischen GründeD. — Versuch einer Ü b e r t r e t u n g ist straflos. Strafminderung

§ 44 (1) Das versuchte Verbrechen oder Vergehen kann milder bestraft werden als das vollendete. (2) Ist das vollendete Verbrechen mit lebenslangem Zuchthaus bedroht, so kann auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren erkannt werden. (8) In den übrigen Fällen kann die Strafe bis auf ein Viertel des Mindestbetrages der auf das vollendete Verbrechen oder Vergehen angedrohten Freiheits- und Geldstrafe ermäßigt werden. Ist hiernach Zuchthausstrafe unter einem Jahre verwirkt, so ist dieselbe nach Maßgabe des § 21 in Gefängnis zu verwandeln. I. Die Neufassung des Abs. 1 durch VO v. 29. 5. 43, an Stelle der ursprüngl. Muß-Milderung, bringt wie § 50 Abs. 1 n. F. und der neue § 56 den Gedanken des Schuldstrafrechts zum Ausdruck. Dazu BGHSt. 7 28 (30), LM Nr. 4 zu § 45, Börker J Z 56, 477, Dreher J Z 56, 682, J Z 57, 156, z. T. voneinander abw. Der schuldhafte Wille ist das Entscheidende, nicht der Erfolg. Auch bei dessen Ausbleiben daher bei voller Schuld volle Strafe möglich. Doch kann das Mißlingen Schlüsse auf geringere Stärke des verbr. Willens zulassen und namentlich generalpräventiv ins Gegengewicht fallen (ebenso Hamm N J W 58 561). Solche und andere etwaige Milderungsgründe muß der Richter erkennbar erwägen (BGH MDR 51 403, aber auch 657). Unzulässig die Erwägung, das Ausbleiben des Erfolges sei nicht das Verdienst des Täters gewesen: Hamm N J W 58 1694. Auch Vorstrafen scheiden f ü r die Milderungsfrage aus: Hamm N J W 58 561 (bei einschlägigen V. nicht unbedenklich). Andererseits auch mildernde Umstände nicht heranzuziehen (so mit Recht Dreher JZ 57, 156). Sofern das Gericht die Strafe überhaupt mildern will, ist nach BGHSt. 1 115 unmittelbar vom Versuchsstrafrahmen auszugehen, nicht von einer hypothetischen Strafe für die vollendete Tat (dazu Hülle in Lind.-Möhr. § 180 Nr. 1; vgl. schon E 59 155, OGHSt. 1 194, BayObLG N J W 51 284). Vgl. dazu aber jetzt BGHSt. 7 28, 30, Börker a. a. O. Über die Bedeutung der Stelle für den Versuchsbegriff s. o. Vorbem. III a. E.

Versuch §§ 45,46

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II. Unter den Mindestbetrag der Strafart darf die Strafe nicht hinabgehen: E 18 125. Ausnahme im Falle des Abs. 3 S. 2. — Ein Viertel eines Monats sind acht Tage: E 5 442, die Hälfte 15 Tage: BGHSt. 7 322 im Anschluß an E 43 320 und 46 303. — Der Strafrahmen des § 20a gilt auch für die versuchte Straftat: BGH NJW 56 1078. Nebenstrafen

§45 Wenn neben der Strafe des vollendeten Verbrechens oder Vergehens die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte zulässig oder geboten ist, oder auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden kann, so gilt gleiches bei der Versuchsstrafe. Keine ausschließende Regelung für andere Nebenfolgen! BGHSt. 1156. Zweck und Absicht des Gesetzes jeweils maßgebend. E 13 76. Seit der Neufassung des § 44 Abs. 1 nach BGHSt. 1 156 Aberk. der Eidesfähigkeit bei Versuch jedenfalls dann zulässig, wenn die Strafe nicht gemildert wird.

Rücktritt

vom Versuch und tätige

Reue

§46 Der Versuch als solcher bleibt straflos, wenn der Täter 1. die Ausführung der beabsichtigten Handlung aufgegeben bat, ohne daß er an dieser Ausführung durch Umstände gehindert worden ist, welche von seinem Willen unabhängig waren, oder 2. zu einer Zeit, zu welcher die Handlung noch nicht entdeckt war, den Eintritt des zur Vollendung des Verbrechens oder Vergehens gehörigen Erfolges durch eigene Tätigkeit abgewendet hat. Schrifttum: Vgl. vor § 43. Ferner: S c h r ö d e r , Die Freiwilligkeit des Rücktritts vom Versuch, MDR 56, 321. — T r a u b , Die Subjektivierung des § 46 in der neuesten Rspr. des BGH, NJW 56, 1183. I. Grundgedanken: Der §46 trägt zwei Gedanken Rechnung: In erster Linie, daß es erwünscht ist, „dem Täter eine goldene Brücke zum Rückzug zu bauen" (E 73 60), indem man für NichtVollendung Straflosigkeit des Versuchs in Aussicht stellt; daneben, daß freiwillige Nichtvollendung für eine geringere Nachhaltigkeit des Verbrecherwillens spricht. Die Minderung des Schuldvorwurfs betont BGHSt. 6 85 (betr. § 49 a III, IV). Einseitig in diesem Sinne BGHSt. 9 48, 52. Aber die Degradierung der Rücktrittsbandlung zum bloßen nachträglichen Indiz geringerer Willensstärke entspricht kaum dem Willen und der Struktur des Gesetzes. Der BGH meint, daß sich der Täter im allg. durch die Rücktrittsprämie nicht bestimmen lasse. Aber dem Täter steht leibhaftig als Zäsur seines Handelns vor Augen, daß da, wo der Angriff auf das Rechtsgut noch nicht in dessen konkrete und materielle Verletzung übergegangen ist, die letzte Möglichkeit zur Umkehr hegt. Das sollte gerade im Zeichen des m a t e r i e l l e n Verbrechensbegriffs, zu dem sich

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Versuch § 46

der BGH im Versuchsbereich sonst bekennt (oben Vorb. I I a. E. vor § 43) ins Gewicht fallen. Bedenken gegen BGHSt. 9 48 bei Maurach § 41 V B 1; zu A 1 gibt auch er beiden Grundgedanken Raum; ebenso übrigens u. a. das amerikanische Recht, worauf Heinitz J R 56, 248 hinweist (mit weiterer hist. u. vergi. Übersicht). Einschränkend Schröder MDR 56, 321 und Anm. 1 1 zu § 46. Wechselnd Welzel (unten Anm. VII 1). Bei den zahlreichen neuen Bestimmungen, die über § 46 hinaus tätige Reue prämiieren, ist der kriminalpolitische Zweck des Gesetzes unbestreitbar. Vgl. über diese Stellen unten Anm. VII 2a), über ihre Auslegung BGHSt. 9 318, dazu oben § 2 Anm. I I I C 2. II. Der § 46 gibt keinen Schuld-, sondern nur einen persönlichen Strafausschließungsgrund (a. A. Schönke-Schröder § 46 IV vor 1: Schuldtilgungsgrund). Der T e i l n e h m e r muß, um straflos zu werden, sich dies s e l b e r verdienen. Vgl. E 16 347, 39 37, 56 149 (betr. Beeidigung nach StPO § 60 Nr. 2, die trotz Rücktritt unzulässig bleibt), 57 272, 59 413, 71 319, 72 350. Betr. Mittäter und Teilnehmer s. auch Anm. VI. III. Nr. 1 regelt den Rücktritt vom nichtbeendeten, Nr. 2 die tätige Reue gegenüber dem beendeten V e r s u c h . Über tätige Reue nach formeller V e r b r e c h e n s v o l l e n d u n g vgl. §§ 49b I I I , 129 IV, 129a II, 139 III, IV, 158 (über dessen Verhältnis zu § 46 BGHSt. 4 173), 163, 310, 316a; ferner §§ 410, 411 RAO und hierzu Mattern NJW 51, 937; über das Verhältnis von § 46 zu § 410 RAO vgl. E 56 385, 62 362 gegen E 57 313 sowie Bauerle, Betriebsberater 53, 28. Ob Rücktritt oder tätige Reue in Betracht kommen, richtet sich während des gesamten Handlungsablaufs (BGHSt. 4 181) nach der V o r s t e l l u n g d e s T ä t e r s ; ersterer, wenn der Täter seine Tätigkeit noch nicht als abgeschlossen angesehen, letztere, wenn er sie, obwohl der Erfolg noch aussteht, für beendet gehalten hat. Vgl. E 38 402, 43 137, 45 183, 68 82 und 306, BGH GA 1956 89, MDR 53 722 (Dallinger). Zur Straflosigkeit führt bei ersterem das Unterlassen des Weiterhandelns, bei letzterem nur positives Tun (ernstlich gewolltes: E 68 381). Beides aber muß freiwillig sein (Anm. VII). — Die Tätervorstellung entscheidet auch darüber, ob mehrere Teilakte eine natürliche Einheit bilden, so daß der Rücktritt vom versuchten letzten das Ganze erfaßt : BGHSt. 10 129 einerseits, MDR 56 394 (Daliinger) andererseits. IV. Versuchs- oder Vorbereitungshandlungen unter besonderer Strafdrohung. Diese Fragen sind sehr umstr., vgl. Schönke-Schröder § 43 I 4, § 46 I 3, aber auoh BGHSt. 6 85 (unten zu 2). Die Lit., z. B. Koch, StrafeAbh. 398, und auch der Standpunkt der früh. Aufl. sind durch die Novellen der letzten Jahre vielfach überholt. Zu unterscheiden sind: 1. Unternehmenstatbestände (§§ 80, 81, 89,105,114,122, 316a, 357, 360 Ziff. 5). Hier sind abweichend von § 44 die S t r a f f o l g e n für Versuch und Vollendung generell gleich. Nicht aber ist Versuch und damit Rücktritt b e g r i f f l i c h ausgeschlossen, wie Dreher-Maaßen § 43 Anm. 5, Maurach § 4 1 1 C 2a und V D 2 meinen. § 87, der für alle diese Fälle gilt und in den Allg. Teil gehört (so zutr. Dr.-M.), stellt gerade umgekehrt fest, daß Unternehmen Versuch ist. Versuch des Versuchs ist Versuch bis an die Grenze der Vorbereitung, die § 81 markiert. Nach allg. Regeln

Versuch § 46

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greift daher § 46 ein, soweit nicht Sonderbestimmungen vorgehen, wie § 82 für §§ 80, 81, 89, wo starke kriminalpolitische Gegeninteressen vorliegen können. (Bemerkenswert ist in § 82 die Verschärfung gegenüber Art. 143 IV GG; auch § 410 RAO ist nach vorübergehender Milderung wieder verschärft worden, über die Grunde vgl. Mattern a. a. 0.). 2. Vorbereitungshandlungen. §§ 4 9 a I I I , I V (vgl. § 90III!), 82i. V. m. 81 u. 89II, 159, 204, sehen bei Rücktritt und tätiger Reue Strafbefreiung vor, und zwar mit Ausnahme der §§ 82, 316 a obligatorisch. Mit Recht entnimmt daher BGHSt. 6 85 aus §§49a, b und 90 analog die Rücktrittsmöglichkeit f ü r die unqualifizierte Vorbereitungshandlung des § 234a I I I unter Hinweis auf das Mißverhältnis gegenüber der Rücktrittsprämie bei Versuch und bei g e m e i n s c h a f t l i c h e r Verbrechensvorbereitung, das sonst entstünde. Das gleiche muß für andere Fälle einfacher Vorbereitung gelten. 3. Für Sondertatbestände, die der Sache nach Versuch oder Vorbereitung eines anderen Delikts darstellen, aber durch eigene Merkmale charakterisiert und damit verselbständigt sind, wie §§ 49b (RG J W 33 2337, E 69 168), 129, 129a, 151 (E 65 203), 229 (E 69 1), 265 (Mezger StB I I 184), 316a (vgl.BGSt. 5 280) güt folgendes: Der Versuch ist strafbar, soweit Verbrechen (zweifelnd für § 265 Mezger a. a. O.). Rücktritt insoweit gem. § 46. Aber auch nach formeller Vollendung erkennt der Gesetzgeber jetzt in §§ 129, 129a, 139, 316a wie früher schon in §§ 49b und 201—3 (204) Strafbefreiung durch Rücktritt an. Damit entfällt vollends der Einwand, daß hier b e g r i f f l i c h kein Rücktritt möglich sei, und Analogie ist bei kriminalpolitischer Indikation (vgl. z. B. Frank IV zu § 229,1 zu § 265) u n d Rechtsähnlichkeit gegebenenfalls möglich, wenn auch de lege lata kein solcher Fall ersichtlich ist. Vgl. Tübingen DRZ 49 43. V. Die in dem Geschehenen enthaltene ideell konkurrierende (z. B. § 229 gegenüber §211) oder begrifflich enthaltene (z.B. §223 gegenüber §211) Tat bleibt strafbar. E 15 12, 23 225, 40 430. — Zum Rücktritt vom Versuch eines e r f o l g s q u a l i f i z i e r t e n Delikts vgl. Schneider J Z 56, 751. VI. Täter: an sich hier alle Mitwirkenden umfassend, also auch Teilnehmer (Anstifter, Gehilfen). Aber der Teilnehmer muß sich s e l b e r Straflosigkeit verschaffen. Dazu genügt nicht, daß er sich von der Tat lossagt. Er muß vielmehr die kausale Bedeutung seiner bisherigen Mitwirkung beseitigen, seinen Tatbeitrag zurücknehmen; der Anstifter z. B. die Anstiftung mit Erfolg widerrufen, mag dann auch der Angestiftete die Tat auf Grund anderer Einflüsse vornehmen. Oder der Gehilfe muß die von ihm gelieferten Werkzeuge vor Gebrauch zurücknehmen, mag dann auch die Tat mit anderen Werkzeugen ausgeführt werden. Vgl. E 55 105, 59 412. Eingehend BGH NJW 56 30. — Auch der Rücktritt des M i t t ä t e r s nützt nur diesem (E 16 347), und nur, falls durch ihn auch die Tat der übrigen verhindert wird (E 54 177). VII. Freiwilligkeit sowohl des Rücktritts wie der tätigen Reue ist wesentlich und bedeutet mehr als „rechtzeitig" in § 158: BGHSt. 4 175. Das Gesetz bestimmt sie in beiden Fällen des § 46 negativ. Dabei streitig, wieweit objektiv oder subjektiv zu bestimmen (das RG bestimmte mit Recht subjektiv, d. h. vom Standpunkt des Täters aus, E 68 82, 70 1, ebenso BGHSt. 4 56 - dazu Oehler JZ 53, 561 - und MDR 51 118); und: wieweit es sich handelt um die z w i n g e n d e Natur der Beweggründe zum Rücktritt oder aber um ihren s i t t l i c h e n W e r t ; das RG entwickelte

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sich ersichtlich von der ersten, angeblich nicht durchführbaren, zur zweiten Ansicht. E s verengte damit unzulässig die entscheidende Fragestellung: ob die von seinem Willen unabhängigen Umstände, so wie sie sich dem Täter darstellten und auf ihn wirkten, ihm praktisch noch eine Wahl ließen oder nicht. Wie hier Heinitz a. a. O. 249, Schröder a. a. O. 323. Vgl. dazu ferner Graf Dohna in ZStW 59, 541 sowie andererseits (im Anschluß an E 71 242) Henkel in J W 37, 2375 und Bockelmann in D R 42, 429 im Anschluß an E 75 393 sowie in N J W 55, 1417. Hierzu treffend Maurach § 41 V B 1 : Das Strafrecht h a t Kriminalpolitik und nicht Seelsorge zu betreiben. I m einzelnen: 1. Der Rücktritt muß unabhängig erfolgen von der Annahme äußerer Hinderungsgründe. Mag auch die Durchführung objektiv unmöglich sein, wenn nur der T ä t e r an die Möglichkeit glaubte. E 68 82. F r a n k : „Freiwillig, wenn der Täter sich sagt: ich will nicht, selbst wenn ich könnte; unfreiwillig, wenn der Täter sich sagt: ich kann nicht, selbst wenn ich wollte." Daher straf befreiender Rücktritt nach Nr. 1 auch bei u n t a u g l i c h e m Versuch möglich: E 68 82. Freiwilligkeit auch bei Furcht vor Entdeckung oder Strafe. Unfreiwilligkeit aber bei Furcht vor Hinderung der Vollendung: BGH MDR 53 19 (Abtreibungsversuch wegen vorgeschrittener Schwangerschaft nicht durchgeführt); MDR 54 334 (Einschaltung der Straßenbeleuchtung verhindert Raubversuch). Nach E 65 149 auch bei Furcht vor Entdeckung dann, wenn der Täter „vernünftigerweise die Gefahr einer Entdeckung gar nicht auf sich nehmen konnte und durfte", also „nicht ernstlich bei seinem E n t schluß beharren konnte, selbst wenn er es gewollt h ä t t e " . Wenn Vorstellung der Aussichtslosigkeit und Furcht vor Strafe nebeneinander wirken, unfreiwillig: E 57 316, BGH MDR 51 369. Übersicht über die ältere Rspr. bei Hamburg N J W 53 956. Beim Diebstahl nahm E 55 66 Freiwilligkeit des Rücktritts an, wenn der Wert des Wegzunehmenden den Erwartungen nicht entsprach; Unfreiwilligkeit, wenn der Dieb nichts oder doch nicht das Gewünschte findet. Richtiger E 70 1: unfreiwillig in beiden Fällen. I m wesentlichen ebenso jetzt BGHSt. 4 59: es kommt auf Plan und Zwecksetzung des Täters an. — Zuletzt wurde R G strenger. So hielt E 68 238 es f ü r zulässig, auch bei bloß „innerer Hemmung" Freiwilligkeit des Rücktritts zu verneinen (den Angekl. h a t t e „beim Anblick des Erfolges seines ersten Schlages ein derartiger Schrecken erfaßt, daß er den Mut verlor, sich noch Sachen seines Opfers anzueignen": strafbarer Raubversuch). Anders BGH MDR 52 530 (Totschläger kommt beim Anblick des blutüberströmten Opfers zur Besinnung und veranlaßt R e t t u n g : freiwillig); wie RG jetzt aber wieder in MDR 58 12 (Dallinger). I n H R R 39 1434 wurde Freiwilligkeit des Rücktritts von versuchter Notzucht deshalb verneint, weil er auf die Drohung der Angegriffenen hin erfolgte, sie werde es der Frau des Täters sagen. Die Rechtspr. des RG entwickelte sich in der Richtung auf eine e t h i s c h e B e w e r t u n g des Motivs zum Rücktritt. Berechtigte Bedenken hiergegen bei Maurach § 41 V B 1 ; treffend früher Welzel § 24 I : damit werde die kriminalpolitische Zielsetzung aufgegeben; anders jedoch seit 5. Aufl. : die kriminalpolitische Begründung sei lebensfremd. Mit den sittlichen Distinktionen des R G brach BGHSt. 7 296 (gegen E 75 393; Anm. Jescheck in MDR 55, 562) betr. § 177: der Täter hatte von seinem Opfer abgelassen, als es ihm freiwillige Hingabe versprach. Entscheidend ist, ob der Täter Herr seiner Entschlüsse bleibt und die Ausführung noch f ü r möglich hält; gleichgültig, ob Anstoß zum Rücktritt von außen kommt und Motiv nicht billigenswert. Rückkehr zur Rspr. des R G aber in BGHSt. 9 48 (hierzu eing. Traub N J W 56, 1183, vgl. aber auch oben I) : unfreiwillig, wenn sich

Versuch § 46

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die Gefahr baldiger Entdeckung und Bestrafung dem Täter so aufgedrängt habe, daß er sie vernünftigerweise nicht auf sich nehmen konnte. Dies wird nur allgemein damit begründet, daß ein solcher Versuch gefährlich und strafwürdig bleibe. Der zugrunde liegende Fall versuchter Notzucht, bei dem es zu einer im einzelnen abgesprochenen Einigung zwischen Täter und Opfer kam, erscheint indessen nicht als Prototyp der Strafbedürftigkeit. 2. a) Bei tätiger Reue (eingebürgerter, aber viel zu enger Ausdruck, vgl. etwa E 61 117, auch 37 404, 47 74, 54 326, 56 66) ist Freiwilligkeit anzunehmen, wenn „die Handlung noch nicht entdeckt war". Die bloße F u r c h t vor Entdeckung schließt also die Straflosigkeit nur aus, wenn sie auch zu der Furcht führt, der Erfolg werde von anderer Seite verhindert werden; ähnlich E 65 149 für „Rücktritt". „Entdeckt" ist die beendete Versuchshandlung, wenn von ihr jemand Kenntnis genommen hat, von dem erwartet werden muß, daß er den Erfolgseintritt verhindern wird. Daß der Täter ihm zuvorkommt, ist kein Grund, ihn durch Straflosigkeit zu belohnen. Einzelfälle in E 38 402, 47 75, 62 303, 66 61, 71 242 (Anm. Henkel J W 37, 2375), BGH MDR 52 530. — Bei einem von vornherein untauglichen Versuch entschied RG ständig, Nr. 2 (anders bei Nr. 1) sei unanwendbar, da hier das Ausbleiben des Erfolges nicht auf der Tätigkeit des Täters beruht: E 68 306. Aber der Sinn der Versuchsstrafe als Erfassung des gefährlichen Willens (oben Vorbem. I I I vor § 43) muß entsprechend auch zu einer Berücksichtigung des guten Willens führen. Dieser Grundgedanke hat zudem in §§ 49a Abs. 4, 82 S. 2, 90 Abs. 3, 129 Abs. 4 S. 2, 129a Abs. 2, § 316a Abs. 2 S. 2 durchgängig auch gesetzlichen Ausdruck gefunden, so daß er auf den gleich liegenden Fall des untaugl. Versuchs ebenfalls angewendet werden muß. So jetzt auch BGH J Z 58 669 (Anm. Lange) = BGHSt. 11 324. Der hier sichtbare Umbruch im Grundgedanken geht aber noch tiefer. Aus Beweisgründen (Lobe, Frank I I I 2) hat das Gesetz in § 46 Nr. 2 die Entdeckung zur unwiderleglichen und ausschließlichen Präsumtion der Unfreiwilligkeit erhoben. In den neuen Sonderregelungen der tätigen Reue hat jedoch der Gesetzgeber diese Objektivierung von Strafaufhebungsgründen aufgegeben und unmittelbar auf die Freiwilligkeit abgestellt: §§ 49a, 82,129,129a, 316a (die gleiche Subjektivierung in § 157 n. F.). So ist daher nach allg. Grundsätzen jetzt auch § 46 Nr. 2 auszulegen: tätige Reue macht den Täter straffrei, auch wenn die Tat ohne sein Wissen entdeckt war. A. A. E 3 93, Frank I I I 2 a. E.; im Erg. wie hier Henkel J W 37, 2377, Jagusch L K I I I 2 b , Maurach §41 VC. Die umgekehrte Folgerung: Strafbarkeit bei irriger Annahme der Entdeckung, verbietet der Satz nullum crimen sine lege. A. A. insoweit Jagusch und Maurach a. a. O. — Lehrreich die vielfachen Wandlungen des § 410 RAO in dieser Frage. Abs. 2 jetzt: „wußte oder damit rechnen mußte, daß die Tat entdeckt". Vgl. oben Anm. I I I (Mattern a. a. O.). Die dogmatische und die kriminalpolitische Entwicklung gehen hier Hand in Hand. Das Problem muß als Ganzes gesehen werden: der Ausbau der Rücktrittsmöglichkeiten ist das notwendige Gegengewicht zu der unaufhaltsamen Materialisierung des Versuchsbegriffs (zu dieser oben Vorb. I I a. E. vor § 43). Vgl. auch Maurach § 41 I B 2c zur kriminalpol. Frage. b) Entdeckung nicht schon mit entstandenem Verdacht; aber auch nicht Aufdeckung aller Einzelheiten der VerÜbung erforderlich. E 3 93. — Wenn der Täter, um den Erfolg abzuwenden, anderen von der Tat Kenntnis gibt, so ist diese damit

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nicht „entdeckt", § 46 also anwendbar. Vgl. z. B. E 1 375. — Gehört die Kenntnisnahme von der Tat zum Tatbestande selbst (z. B. bei Erpressung), so ist § 46 unanwendbar. E 26 77. A. A. Sehönke-Schröder § 46 I I I 4. Vgl. auch oben zu a). VIII. Endgültig muß der Täter die Ausführung (Ziff. 1) aufgegeben haben. Also ist §46 n i c h t anwendbar, wenn der Täter nur eine bestimmte A u s f ü h r u n g s weise seines im übrigen unverändert auf den erstrebten Erfolg gerichteten Tuns aufgibt: E 72 349 mit (insoweit zustimmender) Anm. Nübell in J W 38, 3102. Dagegen Mezger StB I § 81 I I I 1, Maurach § 41 V B 2, Heinitz a. a. O. 252. Ebenso aber Braunschweig NJW 47 109, betr. Unterl. und jetzt BGHSt. 7 297, NJW 57 190. Wie hier auch Jagusch LK § 46 I I 2. Dritter A b s c h n i t t Teilnahme Vorbemerkungen Inhalt: I. T ä t e r . A. Unmittelbarer Täter. B. Mittelbarer Täter. C. Mittäter. — II. T e i l n e h m e r . — III. A k z e s s o r i e t ä t . A. Die Haupttat als Straftat. B. Die Haupttat als begangene Tat. C. Handlungs-Einheit und -Mehrheit. D. Begehungsart und Begehungszeit. — IV. N o t w e n d i g e T e i l n a h m e . — V. S e l b s t ä n d i g e T e i l n a h m e t a t e n . — VI. K o n k u r r e n z f r a g e n . Das Schrifttum ist zu § 50, auf dessen Fragen es sich konzentriert hat, wiedergegeben. Ferner: P i o t e t , Systematik der Verbrechenselemente und Teilnahmelehre, ZStW 69,14. — Less, Der Unrechtscharakter der Anstiftung, ZStW 69,43. — T r ö n d l e , Teilnahme an unvors. Haupttat, GA 1956, 129. — E s s e r , Die Bedeutung des Schuldteilnahmebegriffs, GA 1958, 321. I. T ä t e r . — Die Feststellung, wer „Täter" ist, ist Voraussetzung für die weiteren Fragen einerseits nach Rechtswidrigkeit und Schuld dieser „Täter"Handlung, andrerseits nach der „Teilnahme" anderer, die etwas voraussetzt, an dem „teilgenommen" wird. Das StGB sagt nicht, wer Täter ist; nur wer Teilnehmer, d. h. Anstifter oder Gehilfe sei. Trotzdem muß der Täterbegriff p r i m ä r festgestellt werden; denn Teilnehmer ist nur, wer nicht Täter ist. So ausdrücklich §§ 48, 49 Thür. Fassg.: „Wer, ohne selbst Täter zu sein . . .". Abzulehnen daher trotz sonstiger Übereinstimmung (s. u. zu 1) der „sekundäre" Täterbegriff Bockelmanns (Verh. v. T. u. T. 49 Anm. 106, GA 195, 204 Anm. 57; dazu ZStW 63,504, Sax MDR 54, 69 Anm. 31). Mißverständlich BGHSt. 3 5: mittelb. Täterschaft, „es sei denn, daß die Merkmale der Anst. oder Beih. gegeben wären". Täter kommt von Tat. Täter ist, wer dem Tatbestand entsprechend handelt. Die Handlung der einzelnen Delikte in ihrer jeweiligen Typik und Besonderheit ist daher der Grund und die Grenze des Täterbegriff. In aller Regel kommt es hiernach nicht darauf an, ob der Täter selbst Hand anlegt oder sich eines Tatmittlers bedient. Grundsätzlich gilt vielmehr: Täter ist, wer eine Straftat selbst oder dadurch ausführt, daß er einen anderen für sich handeln läßt. Zu beachten ist jedoch: 1. Allgemein gehört zur Täterhandlung als tatbestandsmäßiger Handlung bei den hier allein problematischen Vorsatzdelikten mehr als bloße vorsätzliche Ver-

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ursachung. Die Zeugung des Mörders ist noch keine Tötungshandlung. Der Täter muß den Erfolg h e r b e i g e f ü h r t , das Geschehen in der Hand gehabt, beherrscht und gelenkt haben. Dazu gehört vor allem die objektive Geeignetheit ( A d ä q u a n z ) seiner Veranstaltungen für den Erfolg, aber auch sein zielbewußter (finaler) Handlungswille. Die Sachlage muß für ihn beherrschbar sein und er muß die Tatherrschaft ergreifen. Und die Tat muß sein e i g e n e s W e r k , er muß das S u b j e k t der Handlung sein. Herbeiführung eines Selbstmordes ist noch kein Mord. Dies ist bereits in Mod. Täterbegriff (1935) S. 34ff., 43ff., 59ff. entwickelt worden. Weitgehend ebenso jetzt Gallas MatStRRef. I, 121 ff., 132ff. und betr. die Adäquanz (objektive Finalität) Engisch in Festschr. Kohlrausch S. 174ff. sowie Maihofer ZStW 70, 169ff. Welzel nennt die in Mod. Täterbegriff begründete Täterlehre, die Kohlrausch übernommen hat, immer noch (Lb. § 15 I I 4b) irrigerweise „subjektiv"; vgl. dagegen dens. ZStW 58, 494, 540£f. Wieso sie zu einem reinen Gesinnungsstrafrecht führen soll (so Welzel Lb. a. a. O.), bleibt unverständlich. Treffende Charakterisierung der neuen, auch von Mezger LK 251, Bockelmann a. a. 0 . 49 vertretenen Lehre bei Maurach § 49 I I C als „materiell objektiv". Vgl. unten § 47 Anm. I. Zu ihr neigt jetzt auch wohl BGHSt. 8 393 (zust. Eb. Schmidt JZ 56, 569) und NJW 58 836. Allerdings ist die Rspr. noch in einem Übergangsstadium. Dies wird deutlich in einer Formulierung wie: das eigenhändige Erschlagen des Opfers sei „ein besonders wichtiger T a t b e i t r a g " (BGHSt. 8 398). Hierzu ZStW 68, 645. Vgl. ferner Niese JZ 57, 662, Dahs ZStW 1957 Sonderheft für Athen S. 74; zur Entwicklung der Rspr. des BGH allgemein: Kalthoener NJW 56, 1662. Über ihre Grundlagen vgl. noch Notw. Teilnahme S. 60ff und unten § 88 Anm. I 2.. Auch das künftige Strafgesetzbuch dürfte ähnlichen Gedankengängen folgen, vgl. ZStW 67, 446ff., 572ff. Gegen die Definition des Täterbegriffs in § 28 Entw. 1956 wendet sich Sax ZStW 69, 433, weil sie das Kriterium der Tatherrschaft gefährde 2. Bei e i n z e l n e n Tatbeständen ergibt die N a t u r d e r S a c h e , daß ihre Handlung ganz oder teilweise nur eigenhändig begangen werden kann. So z.B. Blutschande, Schändung (§176 Nr. 2) und — bez. des eigentlichen Geschlechtsaktes — Notzucht, dazu BGHSt. 6 226; überhaupt alle sog. Fleischesverbrechen. Ferner die reinen Tätigkeitsdelikte (Binding: Der Deserteur muß mit [auf] eigenen Beinen entlaufen). Daß Meineid (das Schwören) eine höchstpersönliche Handlung ist, zeigt § 160, der sonst überflüssig wäre. 3. Eine Reihe von Delikten charakterisiert nicht nur die Handlung, sondern darüber hinaus den H a n d e l n d e n durch konstante Merkmale, die, an eine biologische, soziale oder sonstige Sonderstellung anknüpfend, die Täterschaft auf den hier herausgegriffenen Kreis beschränken. Z. B. Mann in § 175, Beamter in §§ 331 ff., Arzt, Anwalt in § 300 (streitig im Steuer-, Zoll- und Devisenstrafrecht, vgl. E 65 409 gegen E 62 319; E 66 304, 68 411 u. 424, BGH NJW 52 945, BGHSt. 4 38 [dazu Stäglich NJW 54, 1431]). Vgl. ferner § 90a (Gründer, Rädelsführer, Hintermann). Zu beachten ist, daß dieser gesetzliche Täterkreis oft enger ist als der jener, die das sachliche Rechtsgut überhaupt verletzen können (vgl. z. B. § 336 mit § 334). Auch Staffelung der Sondergruppen kommt vor (VO gegen Bestechung usw. Nichtbeamteter; § 121 im Verh. zu § 347, dazu BGHSt. 6 310). Zur Tatbestandsmäßigkeit i. e. Sinne als Typisierung der abstrakten rechtswidrigen Handlung tritt damit als weitere Voraussetzung die T ä t e r s c h a f t s m ä ß i g k e i t . Die primäre Strafbarkeit wird auf die beschränkt, die Tatherrschaft in besonderem

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Grade, oft exklusiv besitzen oder in deren Person die Handlung besonders gefährlich erscheint. (Umgekehrt bildet das Gesetz auch täterschaftliche Gegentypen da, wo bei gleicher oder korrespondierender Handlung nur ein Partner verantwortlich gemacht wird, der andere aber wegen seines persönlichen Status oder seiner besonderen Lage straffrei bleibt, sog. notwendige Teilnahme, unten Anm. IV und Lange, N. T„ S. 63ff.) 4. Bei der Frage nach der Täterschaft ist danach stets auf der Grundlage der besonderen tatbestandlichen Handlungs- und Tätertypik zu prüfen, ob der Handelnde die Tatherrschaft gehabt und ausgeübt hat, oben zu 1. Gegen diesen Begriff Baumann J Z 58, 230, der jedoch seinerseits auf den Willen zur Tatherrschaft abhebt (im Anschluß a n das unveröff. Urteil des BGH 1 S t R 196 vom 29. 5. 53, zit. bei Dreher-Maaßen). Bei Täterqualifikationen gehören auch diese zur Tatherrschaft (s. o. zu 2, 3 und J Z 53, 12, ebenso Gallas MatStrRReform I 130, ZStW 1957 Athener Sonderheft S. 28). Denn nur der Innenseiter kann in den Fällen oben zu 2 tatbestandsmäßig handeln, nur er beherrscht in der Gruppe oben zu 3 den Amtsbetrieb usw. Abw. Welzel, § 15 II 3, der diese Elemente neben die finale Tatherrschaft stellt. In der Regel kommt es hierfür auf persönliche Ausführung nicht an. Grundsätzlich g i l t : Täter ist, wer eine Straftat selbst oder dadurch ausführt, daß er einen anderen für sich handeln läßt (so auch Thür. Fassg. u. § 4 Entw. 1936). Ausnahmen aber in den Fällen zu 2. Und in den Fällen zu 3 muß der Täter dem Kreise der Innenstehenden angehören, gleichviel, ob er selbst Hand anlegt oder nicht ( D J 39 227 betr. unrichtige Buchführung gem. § 351). Vgl. BGHSt. 3 5 : „Wer den Erfolg des gesetzlichen Straftatbestandes verursacht, ist Täter, soweit nicht besondere Vorschriften oder die besondere Eigenart des Tatbestandes entgegenstehen. Das gilt auch, wenn er den Erfolg durch das Handeln eines anderen herbeiführt, es sei denn, daß die Merkmale der Anstiftung oder der Beihilfe gegeben wären." Mißverständlich ist hier freilich, daß lediglich Kausalität (und nicht auch Adäquanz und Finalität) des Handelns verlangt werden und der Täterbegriff dem der Teilnahmeformen sekundär erscheint. Schärfere Betonung der Tatherrschaft trotz Bindung an die subj. Theorie (s. u. I I 3) bei BGH J R 55 304, 305, BGHSt. 8 393 und N J W 58 836 (vgl. oben zu 1). 5. Nach dem Tatbild unterscheiden wir unmittelbare und mittelbare Täterschaft und Mittäterschaft. A. Unmittelbarer Täter ist, wer eine Straftat selbst ausführt. Wer in seiner Person den Tatbestand bewußt voll verwirklicht, hat mit der darin liegenden Tatherrschaft auch den Täterwillen. Eine eigene Tat kann man nicht „als fremde" begehen wollen, auch wenn man sie im Interesse eines anderen tut oder unter dessen Einfluß steht. Anders nur da, wo eigener Wille und Entscheidungsfreiheit des Ausführenden durch übermächtige Faktoren wie militärische Vorgesetztenverhältnisse weitgehend ausgeschaltet sind; dem trug § 47 MilStG Rechnung, indem er den ausführenden Untergebenen lediglich als Gehilfen ansah. Vgl. BGH (nicht veröff. Urt.) bei Dallinger MDR 5 1 144, 273 sowie BGH N J W 54 1374 (leider mit der unrichtigen Verallgemeinerung, daß Tatherrschaft und Maß eigener Tatverwirklichung nur „wichtige Anhaltspunkte", entscheidend jedoch die Willensrichtung sei). Dazu oben 1 1 a. E. Abzulehnen daher E 74 84. Die B hatte auf Veranlassung und im Interesse ihrer Schwester A deren uneheliches Kind in der Badewanne ertränkt. Das LG

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hatte beide wegen vorsätzlicher Tötung in Mittäterschaft verurteilt. Das RG beanstandete nicht, daß die A als Täterin angesehen wurde. Bei der B aber vermißte es die Prüfung ihres Täterwillens. Nur dann sei die B Täterin, wenn sie „die Ausführungshandlung mit Täterwillen unternommen, d. h. die Tat als e i g e n e g e w o l l t hat"; dagegen sei sie „bloß Gehilfin, wenn sie lediglich eine fremde Tat als fremde hat unterstützen wollen". Das Urteil, über dessen besondere Motive Härtung JZ 54, 430 berichtet, stieß auf nahezu einhelligen Widerspruch: vgl. Klee in ZAk., 40, 188; Graf Dohna in DStrR 40,120; dies Buch seit der 35. Aufl.; Niethammer bei Olsh. 12 Vorbem.21 I I vor § 47, Anm. 2 zu § 49; von früher vgl. Lange, Der moderne Täterbegriff, 1935, S. 47; Welzel mehrfach, z.B. ZStW58, 541 und SJZ 47, 645ff., Lb. § 15; Kohlrausch in Bumke-Festschr. 1939, S. 45; Dahm, Tätertyp, 1940 S. 55 (mit beachtlichen Vorbehalten für Gesinnungs- und Absichtsdelikte, wie Betrug, Erpressung; vgl. f ü r solche auch H R R 37 131). Für das RG v. Weber Grdr. S. 67 (jedoch zurückhaltend); ferner Rietzsch in D J 43, 311 und neuerdings Salm, Das versuchte Verbrechen S. 59. Die neuere Rspr. folgt durchweg der hier vertretenen Auffassung. Vgl. Frankfurt SJZ 47 630 (ausführlich; mit Anm. Radbruch, der hierin zu Unrecht eine Inkonsequenz zu sehen scheint); Gera SJZ 47 674 (abl. Welzel Sp. 645ff.; vgl. dazu DRZ 48, 189; ferner W. in MDR 49, 373); Köln NJW 48 148; Braunschweig NJW 48 193; Bremen NJW 48 315 = MDR 48 29; Celle HESt. 1 12; Kiel DRZ 47 134. Zurückhaltend zunächst der BGH: MDR 51 144 u. 273 (Daliinger). Ausdrücklich gegen E 74 84 aber erst BGHSt. 8 393: Wer mit eigener Hand einen Menschen tötet, ist grundsätzlich auch dann Täter, wenn er es unter dem Einfluß und in Gegenwart eines anderen und in dessen Interesse tut. Allerdings wird das Erschlagen nur als „besonders wichtiger T a t b e i t r a g " gewertet. Dazu oben 11. B. Mittelbare Täterschaft. — 1. Ihr Wesen. Mittelbarer Täter ist, wer eine Tat dadurch ausführt, daß er einen anderen für sich handeln läßt. Diesen anderen nennt man vielfach das „Werkzeug" des mittelbaren Täters. Das Wort ist aber geeignet, die Fälle zu verdunkeln, in denen auch der Benutzte strafrechtlich verantwortlich ist. Gerade auf die Einbeziehung auch solcher Fälle kommt es jetzt an. Besser spricht man etwa vom „Tatmittler". Auf die Qualifikation des Mittlers abzustellen, widerspräche dem Grundsatz des § 50 I, wonach bei Beteiligung mehrerer jeder ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld strafbar ist. Das hier für die Schuld Gesagte gilt erst recht für den objektiven Tatanteil. Jeder ist von seinem eigenen Standpunkt aus zu beurteilen. Wie Binding von der Mittäterschaft gesagt hat, daß für jeden Mittäter die anderen nur seine Gehilfen sind, — ebenso E 66 240, BGH NJW 51 410 —, so sind für jeden Veranlasser, der in eigener Sache handelt, die von ihm Benutzten seine Werkzeuge, ob sie ihrerseits als Täter verantwortlich sind oder nicht. Wie es Täter neben dem Täter gibt, so auch Täter hinter dem Täter. Beispiel: Celle MDR 49 187 (abl. Rutkowsky NJW 52, 606). Grundsätzlich zust. v. Weber MDR 52, 266 N. 20. Wie hier Frankfurt SJZ 47 630, Less JZ 51, 530, Sax MDR 54, 69. Vgl. Lange, Täterbegriff S. 52 Anm. 4. Den „Täter hinter dem Täter" erkennen neuerdings ferner an: SchönkeSchröder IV 2b) vor § 47, Nowakowski JZ 56, 549 (unter Subsumtion als Mittäter), Dreher-Maaßen 2h vor §47; vgl. auch Maurach §48 I I A 2a und I I D 3. A.A. Welzel SJZ 47, 650, Gallas MatStrR Ref. 1149. 11

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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2. Fälle mittelbarer Täterschaft. Wer, ohne selbst Hand anzulegen, die Sachlage, hier also vor allem das Handeln des Mittlers, beherrschen kann und will und ggfalls. zu dem besonderen Täterkreise gehört (oben I 2, 3), ist m. T., insbes. bei a) B e s t i m m u n g e i n e s U n z u r e c h n u n g s f ä h i g e n , und zwar (str.) einerlei, ob der Bestimmende die Unz. des anderen kannte; ebenso eines K i n d e s und eines S t r a f u n r e i f e n zwischen 14 und 18 Jahren. Voraussetzung ist nach der Rspr., daß der Bestimmende die Tat als eigene wollte. Vgl. E 57 274. Ist dies nicht der Fall, so ist er jetzt als Anstifter strafbar: §§ 48, 50 n. F. Dazu E 61 265 (für § 4 JGG 1923). — Handelt der unmittelbar Tätigwerdende nicht tatbestandsmäßig und rechtswidrig, dann kommt n u r m. T. in Frage. Beisp.: Eltern peinigen ihr Kind, bis es, was sie beabsichtigt hatten, schließlich ins Wasser geht: Mord. Vgl. Lange, Mod. Täterbegriff S. 32ff. (Fall Hoefeld). b) N ö t i g u n g eines anderen zur Begehung einer nach § 52 straflosen Tat. E 31 395, 64 30. c) Bestimmung eines anderen zu einer tatbestandmäßigen und rechtswidrigen Handlung, der aber wegen I r r t u m s straflos bleibt. BGH MDR 54 399 betr. Diebstahl mittels gutgl. Dritten. d) Bestimmung eines anderen, der zwar vorsätzlich, aber ohne die im gegebenen Fall erforderliche „ A b s i c h t " handelt. Beispiel: A bestimmt den B, für A eine Sache zu stehlen. A ist wegen Diebstahls in m. T., B wegen Beihilfe strafbar. Anstiftung kommt nicht in Frage, auch nach dem neuen § 48 nicht, da B, dem die Zueignungsabsicht fehlt, nicht subjektiv tatbestandsmäßig handelt. Daß B ein sog. „ a b s i c h t s l o s e s d o l o s e s W e r k z e u g " ist, steht der Annahme von m. T. jetzt keinesfalls mehr im Wege; früher war es streitig. Vgl. E 57 274. Anders Maurach, §48 I I A 2a. e) Bestimmung zu einem S o n d e r d e l i k t , das nur in der Person des Bestimmenden, nicht aber in der des Bestimmten bei Strafe verboten ist; z. B. ein Beamter läßt durch einen Nichtbeamten eine Falschbeurkundung (§ 348) vornehmen. E 28 109, 41 61, 44 69. Von einem abweichenden Täterbegriff aus hält Piotet ZStW 69, 38 mittelbare Täterschaft des extraneus für möglich. Schönke-Schröder Anm. IV 2 e vor § 47 meinen, der Begriff der Tatherrschaft als Kriterium der Täterschaft versage beim bösgläubigen extraneus (sog. q u a l i f i k a t i o n s l o s e s d o l o s e s W e r k zeug), weil auch dieser sie besitze. Vgl. dazu aber oben 14. f) Bestimmung eines anderen, der vorsätzlich den TB verwirklicht, indessen so, daß der B e s t i m m e n d e a u c h e i g e n e n T ä t e r w i l l e n hat, Tatherrschaft, animus auctoris. Schulfall: E 74 84, s. Vorbem. I A, wo dem Urteil zwar insofern nicht gefolgt werden konnte, als die B nur als Gehilfin betrachtet wurde, wohl aber insofern, als die A als mittelbare Täterin angesehen wurde. (Ähnlich H R R 37 131 betr. Betrug, mit eingehenden Erwägungen. Bei Absichts- und Gesinnungsdelikten diskutabel; vgl. Dahm a. a. 0.) Vgl. ferner E 31 80, 44 69, 57 274 und oben zu 1. Die Tatherrschaft des Bestimmenden hängt hier von seiner Willensrichtung ab. g) Bestimmung eines anderen, der nur ( t a t - ) f a h r l ä s s i g handelt. Anstiftung kommt hier nicht in Betracht, da der Anstiftung nach neuem wie altem Recht — trotz Lockerung der Abhängigkeit — die Erregung eines „Entschlusses zur T a t " wesentlich ist (d. h. nicht nur zu einer für den Erfolg k a u s a l e n Handlung, sondern zu einer fi n a 1 e n , auf den Erfolg abzielenden, wenn auch nicht notwendig zur Schuld zurechenbaren Handlung). Bei Bestimmung zu einer Fahrlässigkeitstat fehlt es

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hieran nach altem wie nach neuem Recht, so daß hier nur m. T. in Frage kommt. Anders jedoch bei R e c h t s fahrlässigkeit, vgl. unten § 48 V a. E. Vgl. auch E 39 298. h) Bestimmung eines anderen, der für seine Person n i c h t r e c h t s w i d r i g handelt, weil er rechtlich verpflichtet ist, der Aufforderung nachzukommen. Vgl. für m i l i t ä r i s c h e B e f e h l s v e r h ä l t n i s s e §§22, 32, 33, 34 WStG v. 30.3.57. Befiehlt der Vorgesetzte eine Übertretung, so ist der Befehl verbindlich. Der ausführende Soldat ist Täter, der Befehlende als Anstifter zu bestrafen. Der Befehl, ein Verbrechen oder Vergehen zu verüben, ist dagegen unverbindlich. Der Vorgesetzte ist (mittelbarer) Täter gem. § 33 oder § 34, der Soldat nur unter den Voraussetzungen des § 5 WStG zu bestrafen. Ungenau Welzel § 15 I I 2 c oc, da § 33 WStG nicht bei Übertretungen gilt. Zum früheren Rechtszustand beim rechtswidrigen, aber verbindlichen Befehl vgl. Stuttgart SJZ 47 204, dazu Küster 208ff.; v. WeberMDR 48, 34ff.; Wegner AllgT S. 205. Zur Problemlage bei „naturrechts"widrigen Gesetzen, soweit sie nach § 1 GVG als bindend für den Richter angesehen werden, vgl. Syst. Vorb. I I I 2 c. Wichtig vor allem für das Problem der politischen Denunzianten. Vgl. BGHSt. 3 6 (mit Übersicht) zum Fall des bösgläubigen Denunzianten, der gutgläubige und daher rechtmäßige behördl. Ermittlungen veranlaßt. Anders liegt es nach BGHSt. 3111. Vgl. dazu Bamberg SJZ 50 207 (Anm. Lange). — Auch der Fall des Prozeßbetruges (§ 263 Anm. IV 2) gehört hierher; oder der Fall, daß der Tatmittler berechtigte Interessen wahrnimmt (§ 193). — Stets aber muß das Geschehene als Ganzes eine „Tat", also ein tatbestandsmäßiges Unrecht darstellen. Das ist z. B. nicht der Fall, wenn der sadistisch veranlagte Nachbar den Vater eines unartigen Jungen zu einer erzieherisch gebotenen Tracht Prügel veranlaßt (Beispiel von Welzel, der hier aber entgegengesetzt entscheidet, SJZ 47, 648, vgl. dazu DRZ 48, 189 N 40). — Vgl. ferner den Fall BGH LM § 3 Nr. 2 (der einem anderen Kulturkreis angehörende Tatmittler handelt von seinem Standpunkt aus gesetzmäßig, dennoch rechtswidrige m. T.). 3. Die Schuld des mittelbaren Täters ist an sich nach den gleichen Grundsätzen festzustellen, wie die eines unmittelbaren Täters. Sie b e d a r f b e s o n d e r s s o r g f ä l t i g e r P r ü f u n g ! Der mittelbare Täter handelt nur dann vorsätzlich (bzw. fahrlässig), wenn er die Tatbestandsverwirklichung durch den anderen (als von ihm veranlaßt) gewollt oder vorhergesehen oder doch bewußt in Kauf genommen (bzw. als möglich vorhergesehen oder pflichtwidrig nicht vorhergesehen hat). E 69 285 u. 302: „Der m. T. muß eine Vorstellung von den wesentlichen Merkmalen der Tat haben" (ein Betrugsfall; RG verlangt mit Recht, daß der m. T. „die Einzelheiten des Vertragsabschlusses", den der unmittelbare Täter vollzog, kannte). 4. Über die Unmöglichkeit mittelbarer Begehung bei den sog. eigenhändigen Verbrechen vgl. oben I 2. C. Die Mittäterschaft ist die einzige Form der Täterschaft, die das Gesetz ausdrücklich regelt. Sie ist eine Verbindung unmittelbarer und mittelbarer Tatausführung. Über ihr Verhältnis zur mittelbaren Täterschaft vgl. oben zu B 1, über ihr Wesen und ihre Abgrenzung von der Beihilfe unten § 47 Anm. I. II. Bei der Teilnahme unterscheidet das Gesetz die Formen der Anstiftung und Beihilfe, während die Mittäterschaft ungeachtet der Überschrift des 3. Abschn. der Täterschaft angehört. (Anders und weiter der strafprozessuale Begriff der Beteiligung: BGHSt. 1 363, 4 255, 371, BayObLG GA 1953 156). Ii»

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1. Über den Inhalt der Teilnehmerhandlung sagen die §§ 48, 49, daß der Anstifter einen anderen zu der von diesem mit Strafe bedrohten Handlung bestimmt, der Gehilfe dem anderen Hilfe geleistet haben muß. Damit wird die Teilnahme von der Handlung eines anderen, des Täters, abhängig gemacht. Wie muß diese qualifiziert sein ? Der Wortlaut des § 50, der allgemeine Sprachgebrauch des Gesetzes und die Motive der in Erfüllung einer alten Reformforderung ergangenen Novelle vom 29. 5. 43 ergeben, daß die Strafbarkeit des Teilnehmers von der Schuld des Täters unabhängig gemacht werden sollte. Dies wird allerdings bei Irrtum des Haupttäters bestritten, weil „bestimmen" in § 48 die Hervorrufung des Tatentschlusses bedeute. Die Frage ist danach: Muß der Anstifter den Entschluß zur Handlung, zur Tat, oder darüber hinaus zur deliktischen Handlung, zur Übeltat im Täter hervorgerufen haben ? 2. Nur im Strafgrund der Teilnahme kann die Antwort gefunden werden. Hier stehen sich zwei Auffassungen gegenüber. Nach der einen wird der Teilnehmer deshalb gestraft, weil er den Täter in Schuld und Strafe geführt hat (so f ü r das neue Recht namentlich H. Mayer § 49 I I ; abwägend Maurach § 50 I I I D ; Übersicht bei Esser GA 1958, 321; er verweist — wie jetzt auch H . Mayer, Rittler-Festschr. 1957, 256 — den Korruptionsgedanken zutr. in die Strafzumessung). Nach der anderen deshalb, weil er dazu mitwirkte, daß eine mit Strafe bedrohte Handlung verübt werde. So die h. M. und insbes. die Rspr.: schon E 5 228, 15 316, neuerdings bes. BGHSt. 4 355: „Die Verursachung eines rechtswidrigen Verhaltens macht das Wesen der Anstiftung aus." Vgl. unten § 49a Anm. IV 2. Allein diese Auffassung entspricht dem Zweck und dem Wortsinn der Neufassung. §§ 48, 49 n. F. sollen, und zwar ohne Einschränkung, gerade auch dann die Strafbarkeit des Teilnehmers sichern, wenn er die Unrechtshandlung eines anderen vorsätzlich herbeiführte, o h n e den Täter selbst schuldig werden zu lassen. Und § 50 verbietet es, dem Teilnehmer die erhöhte Schuld zuzurechnen, die er beim Täter hervorgerufen hat, wenn sie nicht auch bei ihm selbst vorliegt. H. Mayer § 51 I I 1 c wollte folgerichtig den Anstifter regelmäßig härter strafen als den Täter, weil jener nicht nur verursache, sondern auch verleite; beachtliche Neugestaltung seiner Lehre jetzt aber in Rittler-Festschr. 254ff. — LK § 259 Anm. 6 begründet Strafbarkeit des Vortäters, der seinen Hehler anstiftet, damit, daß er „die rechtstreue Gesinnung eines anderen verdirbt". Gegen diese Meinung, die nur f ü r die ganz anders struktuierten Aufforderungsdelikte zuträfe (vgl. § 111 Anm. I), mit Recht BayObLG J R 58 429 (zust. Anm. Mittelbach); dazu unten § 259 Anm. VII. Strafbar ist also der Teilnehmer, weil und soweit er vorsätzlich die tatbestandsmäßig-rechtswidrige Rechtsguts Verletzung eines anderen (oder einen Anfang von deren Ausführung) verursacht oder gefördert hat. Im Wesen der Teilnahme liegt es, daß die täterbezogenen Unrechtselemente zu i h r e m Unrechtscharakter nicht gehören (hiergegen H. Mayer a. a. 0 . 261). Innerhalb der Teilnahmeformen ist nach der geringeren oder stärkeren Rechtsgutsverletzung zu scheiden: BGHSt. 1 242, 305, 6 311. Das Handeln des Teilnehmers ist bloße vorsätzliche Verursachung, nicht eignet ihm volle Tatherrschaft, da er das Handeln des Täters zwar anstößt oder fördert, aber nicht in der Hand hat. Die Tat ist aus dem gleichen Grunde nicht sein eigenes Werk, auch subjektiv will er nicht in eigener Angelegenheit handeln. Das, was an den Deliktstypen zur Schuld und zur Tätertypisierung gehört, betrifft nicht den Strafgrund der Teilnahme. Dieser liegt allein

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in vorsätzlicher Verursachung oder Förderung der tatbestandsmäßig-rechtswidrigen Handlung eines anderen in ihrer Eigenschaft als Rechtsgutsverletzung. Daher kann der Nichtbeamte als Teilnehmer an einem reinen Amtsdelikt strafbar sein, weil er durch seine Veranlassung oder Unterstützung der Tat des Beamten das Interesse am einwandfreien Arbeiten der Behörden angegriffen hat. Die besonderen persönlichen Eigenschaften oder Verhältnisse dagegen, die die Täterhandlung des Beamten darüber hinaus als Verletzung seiner ureigenen Pflichten kennzeichnen, werden ihm nicht zugerechnet (§ 50 II). Dieser Gedanke ist de lege lata ausdrücklich nur für straferhöhende und -mindernde Umstände dieser Art ausgesprochen. Vgl. BGHSt. 6 308 betr. § 347; dazu oben I 3. Es ist aber allgemein anerkannt, daß dies auch dann mindestens in der Strafzumessung berücksichtigt werden muß, wenn solche besonderen persönlichen Eigenschaften oder Verhältnisse die Strafbarkeit sogar erst begründen. Denn hier liegt das Schwergewicht des deliktischen Unwertgehalts offensichtlich noch mehr auf der spezifischen Täterschaftsmäßigkeit (s. o. I 3). Das gilt für reine Amtsdelikte, z. B. Rechtsbeugung, ebenso wie für eigenhändige Delikte, die z. B. die Eigenschaft als Zeuge (Meineid) oder als Aszendent (§ 173) oder als Mann (§ 175) voraussetzen. Hier überall ist Anstiftung und Beihilfe Außenstehender möglich und strafbar, aber die grundsätzliche Gleichbestrafung der ersteren (§ 48 II) mit der Täterschaft muß aus den dargelegten Gründen so weit wie möglich korrigiert werden. Das folgt zudem daraus, daß wenigstens in einigen Fällen die mindere Strafbarkeit des Außenstehenden, der, obwohl Veranlasser, doch nicht Täter sein kann, anerkannt ist: so in §§ 160, 271, 333. Der letztere Fall ist besonders aufschlußreich. Die hier zum Sonderdelikt erhobene Anstiftung zur schweren Bestechung führt zur Verletzung der Amtspflicht und stört damit die äußere Funktion des Behördenapparates. Wo dagegen keine konkrete Rechtsgutsverletzung oder -Gefährdung angestrebt, sondern wie bei § 331 nur das sozialethische, rein tätersohaftliche Moment der pflichtgemäßen Motivation tangiert wird, ist Teilnahme zwar denkbar und hier sogar notwendig, aber nicht strafbar. Vgl. E 42 382, Frank § 331 V. Die genannten drei Stellen bestätigen ferner das schon aus dem allgemeinen Strafgrund der Teilnahme gewonnene Ergebnis, daß für den Teilnehmer die Haupttat nur unter dem Gesichtspunkt der R e c h t s g u t s v e r l e t z u n g unter Ausschluß der spezifisch täterschaftlichen Momente zugrunde zu legen ist. Danach wird seine Strafbarkeit durch einen Irrtum des Täters ebensowenig wie durch dessen Unzurechnungsfähigkeit berührt, wenn nicht — was Auslegungsfrage ist — beim einzelnen Deliktstyp die Rechtsgutsverletzung selber an bewußt deliktisches Verhalten des Täters gebunden ist. Wenn z. B. X die ihrer nahen Verwandtschaft nicht bewußten A und B bösgläubig zum Geschlechtsverkehr miteinander bestimmt, so ist er strafbarer Anstifter zu einer durch § 173 mit Strafe bedrohten Handlung, wenn der Zweck des Verbots nur oder auch die Verhinderung der Inzucht ist. Wer den geisteskranken oder irregeführten Richter zu einem objektiv falschen Urteil bestimmt hat, ist Anstifter der in § 336 mit Strafe bedrohten Handlung, wenn deren Unrechtscharakter als Rechtsgutsverletzung darin besteht, daß durch Verletzung des Rechts die Rechtsstellung der Partei verbessert oder verschlechtert wird. (Vgl. E 57 33). Anders wäre nur unter der Annahme zu entscheiden, daß wie bei § 331 auch bei § 336 ausschließlich ein täterschaftliches Element (die pflichtwidrige Einstellung) und nicht auch der objektive Niederschlag der Schädigung der Rechtspflege den Grund der Strafbarkeit darstellte (Mezger L K § 50 5e meint, die Hand-

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lung des § 336 sei „final"; aber das bleibt sie als Zu- oder Aberkennung eines Rechts auch bei Täuschung des Richters, vgl. unten § 48 V a. E.); entspr. für § 173, wenn hier nur die unsittliche Geschwisterliebe usw. als solche Strafgrund wäre. So H. Mayer § 50 I I I 2 a : Blutschande bestehe nicht in dem Geschlechtsverkehr von Blutsverwandten als solchen, sondern in der Verletzung der geistig-sittlichen Familienbande. Aber selbst da, wo solche ethischen Momente schon das Wesen der Tat (nicht nur die Schuld des Täters) in besonders starkem Maße auszumachen scheinen, wie beim Eid als — ursprünglich jedenfalls — bedingter Selbstverfluchung, genügt die Schädigung der Rechtspflege als Rechtsgutsverletzung zur Bestrafung des Urhebers (§ 160). Daß daneben auch nach der Limitierung der Teilnahme die volle und durch § 159 noch erweiterte Strafe für den Anstifter im Fall bewußten Falschschwörens bestehen geblieben ist, gehört zu den noch nicht bereinigten Unstimmigkeiten, deren Beseitigung durch die Reform sicher ist. Unter prinzipieller Zurückführung der Anstiftung auf ihr Wesen als „entfernte Urheberschaft", „Verursachung eines rechtswidrigen Verhaltens" hatte deshalb mit Recht der 4. Sen. des BGH entschieden, daß, wer einen Arzt durch Irreführung zur objektiv unbefugten Offenbarung eines Berufsgeheimnisses bestimmt, wegen Anstiftung strafbar ist: BGHSt. 4 355 im Anschluß an den Standpunkt der Kommentare. Ebenso BGHSt. 5 47. Gegen diese Urteile BGHSt. 9 370 mit abweichender, von Schönke-Schröder Vorbem. I X 3 vor § 47 treffend kritisierter Auffassung vom Wesen der Teilnahme. Wie hier Mezger J Z 54, 312, abl. Welzel J Z 53, 762 unter Berufung auf Entsch. aus dem alten Rechtszustand, wo nach h. M. der Täter allerdings die „Rechtsverletzung" als solche mit „Tatbestandsdolus" verübt haben mußte (E 23 176), Maurach (der die Novelle von 1943 überhaupt verwirft) § 48 I B , I I A, Bindokat N J W 54, 865, Börker J R 53, 166, Niese J Z 55, 324. Ebenso für Beihilfe zur Haupttat eines Gutgläubigen BGHSt. 6 47 (abl. Anm. Welzel J Z 54,127). Eingehend zu diesen Fragen Sax MDR 54, 68 ff. Grundsätzlich wie hier auch Schönke-Schröder Vorbem. I X vor § 47, Engisch, Die Idee der Konkretisierung 1953, 120. Für Maurach a.a.O. und H. Mayer §§ 49, 50, die das Wesen der Anstiftung in der Korruption, der Verführung des Täters sehen und demgemäß die Novelle von 1943 für grundsätzlich verfehlt halten, ist die Ablehnung der hier gezogenen Schlüsse folgerichtig, kaum aber bei Welzel, der Lb. § 16 ganz im Sinne der Novelle die Abhängigkeit derTeilnahme auf eine tatbestandsmäßig-rechtswidrige Haupttat beschränkt, dann aber — ungeachtet der eigenen finalen Handlungslehre — beim Haupttäter nicht nur Handlungsentschluß, sondern deliktischen Vorsatz verlangt. Der mehrdeutige Begriff des „personalen Unrechts" (vgl. Syst. Vorbem. I I I 1) läßt hier verkennen, daß Elemente der Täterschaftsmäßigkeit eben bei der Teilnahme nicht vorausgesetzt werden können. § 50 zeigt aber bereits, daß ihr Unrecht nur „Erfolgsunrecht", nicht „Aktunrecht" sein kann. Näheres Notw. Teiln. S. 54ff., 98, wo bereits ausgeführt ist, daß zur Täterschaft in den kritischen Fällen der Sonderdelikte usw. mehr als Tatbestandsverwirklichung gehört, und eben darum die Teilnahme die typischen Fälle vorsätzlicher Verursachung oder Förderung von Rechtsgutsverletzungen jenseits der Täterschaftsmäßigkeit erfassen muß. — Bokkelmann will sich ebenfalls auf den Boden der Novelle stellen, bringt aber ihre Absichten weitgehend zu Fall, indem er Vorsatz plus Unrechtsbewußtsein beim Haupttäter verlangt (darüber ZStW 63, 501ff. und Mezger L K § 50 Anm. 5d a. E.). Seine Polemik GA 1954, 205 ff. geht auf die Kernfrage, den Strafgrund der Teilnahme,

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nicht ein und übersieht, daß Vorsatz hier nur als Handlungselement, d. h. als Bewußtsein des Haupttäters von seiner Veränderung der Außenwelt, nicht aber als Schuldelement, nämlich als Erkenntnis der sozialen und rechtlichen Tragweite des eigenen Verhaltens, in Betracht steht. Bemerkenswert demgegenüber der Hinweis Maurachs 1 (§ 53 I I I D la), daß in BGHSt. 4 355 wie in den übrigen strittigen Fällen (BGHSt. 1 47, 2 171, 255, NJW 52 945) der schuldlose Haupttäter vorsätzlich gehandelt hat und sich nur über das Verbot irrte. Vgl. dazu ZStW 63, 503 und unten § 48 Anm. V. 3. Die Rechtsprechung hat den zu 2. entwickelten S t r a f g r u n d der Teilnahme schon früher (E 15 314) und besonders neuerdings vertreten (BGHSt. 4 355; 5 47; anders 9 370, s. o.). Als Kriterium der A b g r e n z u n g von Täterschaft und Teilnahme hat sie hingegen geglaubt, ein rein s u b j e k t i v e s Moment zugrunde legen zu müssen, weil sie objektiv die tatbestandsmäßige Handlung lediglich als vorsätzliche Erfolgsverursachung ansah und sich unter diesem Gesichtspunkt allerdings Täterschaft und Teilnahme nicht unterscheiden lassen. Wie in der Versuchslehre erscheint es auch hier als Verlegenheitslösung, daß danach nur übrig bleibe, darauf abzustellen, ob der Handelnde die Tat als eigene oder als fremde gewollt, animo auctoris oder animo socii gehandelt habe; als Indiz hierfür wird — ungeachtet der Tatsache, daß das Gesetz selbst z. B. in §§ 253, 263 hier keinen Unterschied macht — das eigene Interesse des Täters gewertet, z. B. BGHSt. 6 229. So das RG in ständiger Rspr. seit E 2 162 und 3 182, ebenso aber auch der OGH (1 55, 311, 365) und der BGH: NJW51 410, 52 945, BGHSt.3 350, anders aber BGHSt.8 393. Über z. T. besonders weitgehende, aber nicht veröffentlichte Urteile Daliinger MDR 51, 144 und 273. Der inzwischen erfolgte Ausbau der Tatbestandslehre dahin, daß nur ein a d ä q u a t e s , d. h. objektiv das Geschehen beherrschendes und steuerndes, und f i n a l e s , d. h. subjektiv vom Gestaltungswillen getragenes Verhalten eine tatbestandsmäßige Handlung ist, sollte der gegenwärtigen Rspr. den notwendigen objektiven Unterbau für eine Revision jenes einseitig subjektiven Standpunktes geben (deutliche Ansätze hierzu in BGHSt. 2 156 betr. Beihilfe zum Selbstmord: „Unterordnung unter fremden Täterwillen angesichts der Sachherrschaft des Verpflichteten unbeachtlich" und besonders in BGHSt. 8 393 (dazu oben I vor und zu A). Rückläufig dagegen BGH NJW 54 1374 (oben I A). Der weitere Gesichtspunkt, daß Täter und Tat in einem Subjekt-Objekt-Verhältnis stehen, die T a t daher die e i g e n e des Täters sein muß, bleibt davon unberührt (s.o. zu 11). III. Akzessorietät. Teilnahme setzt eine Haupttat (HT) voraus, an der „teilgenommen" wird. Insofern ist sie „akzessorisch". Zweifelhaft ist nur der G r a d ihrer Abhängigkeit. Nach zwei Richtungen: A. Wie weit muß die HT die Merkmale einer S t r a f t a t haben 1 B. Wie weit muß sie wirklich b e g a n g e n sein ? Nach beiden Richtungen hat die Neufassung von 1943 eingegriffen; zwar nicht im Sinne einer Aufhebung, aber einer L o c k e r u n g der Akzessorietät. A. Wie weit muß die HT eine Straitat sein 1 1. Man kann sich damit begnügen, daß die HT t a t b e s t a n d s m ä ß i g und r e c h t s w i d r i g sei; oder fordern, daß sie auch dem Haupttäter z u r S c h u l d zur e c h e n b a r sei. Wer letzteres nicht fordert, begnügt sich mit sog. l i m i t i e r t e r A k z e s s o r i e t ä t , mit Teilabhängigkeit. Wer auch Schuld des Haupttäters voraussetzt, fordert sog. e x t r e m e A k z e s s o r i e t ä t , Vollabhängigkeit.

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2. Das in § 50 n. F. ausgesprochene Ziel der Neufassung war: jeden. Beteiligten „nach seiner Schuld" strafen zu können, „ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen". Zu diesem Zweck wurde die Akzessorietät der Teilnahme auf d a s v o n d e r P e r s o n d e s T ä t e r s u n a b h ä n g i g e U n r e c h t der Haupttat beschränkt: man ließ f ü r diese eine „mit Strafe bedrohte" Handlung genügen, während bis dahin eine „strafbare", also auch schuldhafte Haupttat Voraussetzung war. Dem hat die Auslegung zu entsprechen. 3. Was ist „eine mit Strafe bedrohte Handlung" '?

Der Ausdruck kommt bereits in §§ 42b, 330a vor, aber in anderem Sinne. Die §§ 42b, 330a haben mit Teilnahme anderer nichts zu tun. Ihr Zweck ist vielmehr: dort, wo der StrRichter zur Bekämpfung der Gemeingefährlichen eingeschaltet ist, seine Aufgabe nicht an übertriebenen Tatschuld-Voraussetzungen scheitern zu lassen, andrerseits aber, da es sich immerhin um „Straf"-Recht handelt, mit dem Grundsatz: „keine Str. ohne Schuld" nur so weit zu brechen, als jener Zweck es verlangt. Deshalb können zwar der krankheitsbedingte und der rauschbedingte Irrtum die Annahme einer „m. Str. bedr. Hdlg." nicht hindern, wohl aber schließt ein verständlicher Irrtum (dem also in der bestimmten Lage auch ein Zurechnungsfähiger erlegen wäre) eine solche Annahme aus. Hat ein sinnlos Betrunkener w e g e n s e i n e s R a u s c h e s irrig geglaubt, ein anderer greife ihn an, so würde man den § 330a gerade f ü r die Fälle ausschalten, für die er gemünzt war, wenn man hier wegen Putativnotwehr die Annahme einer „m. Str. bedr. Hdlg." verneinen würde. Hätte dagegen a u c h ein N ü c h t e r n e r einen rechtswidrigen Angriff angenommen, dann kann der Betrunkene nicht schlechter gestellt werden, es sei denn, daß man ohne weitere Voraussetzung den Rausch als solchen strafen will, was aber der Absicht des Gesetzes ersichtlich zuwiderlaufen würde; denn dann hätte man den komplizierten § 330a nicht nötig gehabt. Entsprechendes gilt für §42b, wenn der Glaube, Notwehr üben zu müssen, das eine Mal aus krankhaftem Verfolgungswahn, das andere Mal aus der konkreten Lage folgt. Wenn also als Regel anzunehmen ist, daß eine „m. Str. bedr. Hdlg." zwar tatbestandsmäßig und rechtswidrig, aber nicht schuldhaft sein muß, so liegt hier bei §§ 42b u. 330a das Problem nicht (worin es meistens gesehen wird) in der Unbeachtlichkeit des rausch- bzw. krankheitsbedingten Irrtums, sondern in der B e a c h t l i c h k e i t des v e r s t ä n d l i c h e n I r r t u m s . Anders bei §§ 48, 49. Hier i r g e n d e i n e n Irrtum des Haupttäters dem Teilnehmer, der seinerseits n i c h t irrte, zugute kommen zu lassen, würde d e r e n Zweck zuwiderlaufen. Nur dem jeweiligen Gesetzeszweck entnommene Auslegungen können jener Wendung ihren Sinn geben. Vgl. über eine solche teleologische Auslegung auch die Erläuterungen zu §§ 42b und 330a sowie E 73 11 betr. § 330a, neuerdings Maurach, Schuld usw. 94ff.; Bockelmann, Verh. v. Tätersch. u. T. 14. Neuerdings begegnet der Ausdruck auch in §§ 85, 86. Vgl. § 86 Anm. I I ; ferner betr. „äußerer Tatbestand" in § 84 dort Anm. II. Für die §§ 48, 49 ist das Ergebnis: Eine mit „Strafe bedrohte Handlung" i. S. der §§ 48, 49 n. F. ist — weiter als in den §§ 42b und 330a — jede nicht durch einen Rechtfertigungsgrund gedeckte Willensbetätigung, die den objektiven TB eines Strafgesetzes verwirklicht. 4. Schwierigkeiten bleiben.

Sie sind nicht den „Teilnahme"-Fragen eigentümlich, sondern betreffen die A b g r e n z u n g eines ä u ß e r e n ( o b j e k t i v e n ) u n d eines i n n e r e n ( s u b j e k t i v e n )

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T a t b e s t a n d e s ü b e r h a u p t ; also die Grenzbegriffe der normativen Tatbestandsmerkmale, der subjektiven Unrechtselemente, des Begriffs der Willenshandlung (naturalistisch oder final?), namentlich des sog. n a t ü r l i c h e n V o r s a t z e s und seines Verhältnisses zur Schuld. Das „ W i s s e n u n d W o l l e n des E r f o l g e s " kann auch bei jemand, der aus einem der §§ 51 bis 54 oder aus JGG § 3 freizusprechen ist, vorliegen. Gehört jener natürliche Vorsatz zu den begriffswesentlichen Voraussetzungen einer W i l l e n s h a n d l u n g , so daß sein Fehlen eine strafbare Teilnahme ausschließt, oder aber zum i n n e r e n TB, so daß sein Fehlen die Strafbarkeit des Teilnehmers nicht berührt ? Der sog. natürliche Vorsatz ist ein Essentiale der „Willenshandlung", wenn man diese (was wohl geboten ist und eine schwierige Vorfrage darstellt) „final" faßt. Vgl. zu diesem Begriff BGHSt. 3 287. Aber auch dann noch bleibt die Frage, wieweit der (gewollte) Erfolg k o n k r e t i s i e r t gedacht werden muß. Ist der (ohne Täterwillen handelnde, also als mittelbarer Täter nicht in Betracht kommende) Gehilfe schon strafbar, wenn der Täter willentlich schoß ? Oder nur, wenn der Täter den vor ihm befindlichen individuellen G e g e n s t a n d t r e f f e n wollte, auch wenn er den Menschen für einen Baumstumpf hielt? Oder gar nur dann, wenn er „einen M e n s c h e n t ö t e n wollte", aber aus einem der §§ 51, 52, 54, 59 oder JGG § 3 freigesprochen werden muß (etwa wegen Putativnotwehr) ? Diese Grenzschwierigkeiten müssen als unvermeidliche Folgen der Limitierung der Akzessorietät ins Auge gefaßt werden. Das Maß der Erfolgs-Konkretisierung wird sich in der Rechtspr. konsolidieren müssen, der hier eine beträchtliche Mehraufgabe erwächst. Neuerdings hat Bockelmann a.a.O. die dogmatischen Fragen wesentlich vertieft. Indessen sein Ergebnis, wonach strafbare Teilnahme beim Haupttäter Vorsatz und Verbotskenntnis voraussetzte, reißt erhebliche Lücken in die Strafbarkeit strafwürdiger Fälle und hebt die vom Gesetzgeber mit der Limitierung der Akzessorietät angestrebten Wirkungen weitgehend wieder auf. Grundsätzlich dürfen über das Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme nicht konstruktive Erwägungen innerhalb der §§ 47 ff. entscheiden, sondern die primäre Ableitung der Täterschaft aus dem Verbrechens- und Tatbegriff und die komplementäre Funktion der Teilnehmerbestrafung unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden Rechtsgüterschutzes. Darum muß es genügen, daß der Veranlasser den Ausführenden zu einem finalen, den Lebensvorgang als solchen bewußt hervorrufenden Verhalten bestimmt, ohne Rücksicht darauf, ob der Täter außer dem „natürlichen" auch den „bösen" Vorsatz hat oder auch nur „rechtsfahrlässig" handelt. Zum Tat-, nicht zum ÜbeltatEntschluß muß der Angestiftete bestimmt worden sein (anders nur vom Standpunkt der Schuldteilnahmetheorie aus, oben I I 2 und unten § 48 Anm. III). Aus diesem Grunde hat der wissende extraneus zur Rechtsbeugung und zur Blutschande angestiftet, wenn der Richter zur Fällung eines Urteils veranlaßt wird, dessen sachliche Unrichtigkeit ihm verborgen bleibt, oder wenn ein Mann und ein Mädchen zum Beischlaf miteinander veranlaßt werden, die nicht ahnen, daß sie Geschwister sind. Das in einigen Fällen mögliche Ausweichen in anderweite Unrechtsgesichtspunkte (Kuppelei im zweiten Beispiel) umgeht das Problem statt es zu lösen. Schon die K a n t o r o w i c z s c h e Abwandlung des Beispiels (Bestimmung des gutgläubigen Geschwisterpaares zur blutschänderischen Eheschließung) verstellt diesen Ausweg. Und der Angriff auf die Rechtspflege im ersten Fall läßt sich durch § 263 (Prozeßbetrug) überhaupt nicht erfassen, abgesehen davon, daß dieser allenfalls bei Zivilprozessen in Betracht käme. — Wenn der Steuerberater A dem Steuerpflichtigen B

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wissentlich unrichtige Auskunft über seine Steuerpflicht gibt, so daß B sein steuerpflichtiges Einkommen gutgläubig zu niedrig angibt, so ist B straflos oder höchstens wegen „Fahrlässigkeit" strafbar, sei es nach § 59, sei es nach RAbgO § 395. A ist wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar. Entspr. f ü r Devisenstraftat E 73 263. Dazu unten § 48 Anm. V. B. Wieweit muß jene Haupttat wirklich begangen sein? Grundsätzlich muß sie als eine „mit Strafe bedrohte Handlung" in d i e E r s c h e i n u n g g e t r e t e n , also als vollendete oder (soweit Versuch strafbar) versuchte Straftat b e g a n g e n sein. Ausnahmen: 1. §§ 49a, 159, wo die erfolglose Anstiftung zu Verbrechen und einzelnen Vergehen bestraft wird. Vgl. § 49 a Anm. I I , § 159 Anm. II. 2. Überall da, wo eine Handlung wegen ihres Bezugs auf eine mögliche oder vermeintliche H T vom Gesetz zu einer e i g e n s t ä n d i g e n Straftat (delictum sui generis) gemaoht ist, ebenfalls: z. B. in § 111 I I . C. Einheit und Mehrheit der Tcilnahmehandlungen (§ 73 oder § 74) richtet sich nicht akzessorisch nach Einheit oder Mehrheit der Haupttaten, sondern nach der der Anstiftungs- bzw. Beihilfehandlungen. Wird durch „eine" Willensbetätigung zu mehreren selbständigen H a u p t t a t e n angestiftet, so ist auf diese § 74 anzuwenden, auf die Anstiftung aber nicht. So schon früher E 70 26, 334, 349 unter Preisgabe früherer Urteile und, was die Begr. übersieht, in Übereinstimmung mit der im Schrifttum schon damals überwiegenden Ansicht; hierzu Kohlrausch in ZStW 56, 178. — Mehrere Teilnahmehandlungen können in Eortsetzungszusammenhang stehen, auch bei selbständigen H a u p t t a t e n mehrerer Personen: E 74 59. D. Begehungsort der Teilnahmehandlung ist nach E 67 138, 74 55 „ a u c h " der Ort der HT. Hier ist also sowohl akzessorische wie selbständige Beurteilung zulässig, was dem praktischen Bedürfnis wie auch dem § 3 I I I entspricht. Die Neufassung der §§ 48, 49 steht dem nicht entgegen. Über Teilnahme im internat. S t r R vgl.SchröderinZStW61,57. — Auch die Begehungszeit (wichtig wegen Amnestieund Verjährung) ist jetzt nach dem Abschluß der Teilnahmehandlung zu beurteilen; auch bei Teilnahme durch Unterlassung; anders noch E 59 6, 66 362. E. Begünstigung und Hehlerei sind Sonderdelikte, nicht, wie die Teilnahme, Erscheinungsformen des Verbrechens. Ihr Strafgrund liegt nicht nur in der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes, sondern darüber hinaus in der S t r a f v e r e i t e l u n g (§ 257) bzw. der K o l l u s i o n mit dem Vortäter (§ 259). Bei diesem sind daher subjektive Beziehungen zur T a t vorauszusetzen; daher kann wohl BGHSt. 1 50 (Schuldunfähigkeit des Vortäters), aber nicht B G H bei LM 2 a zu § 50 gefolgt werden, der den gesamten inneren Tatbestand beim Vortäter f ü r entbehrlich erklärt. Vgl. dagegen BGHSt. 4 76 ( = J Z 53 637, Niese, = J R 53 186, Welzel). Es handelt sich nicht um einen bloßen Spezialfall des Akzessorietätsproblems (insoweit abw. Sax MDR 54, 65). Vgl. zu §§ 257, 259. Über die Beihilfe, die „ k r a f t unwiderleglicher Vermutung" (§ 257 Abs. 3) in der Z u s a g e der Begünstigung liegt, BGHSt. 4 134, 6 23. Folgerungen f ü r die Einziehung gem. § 40: H a m m J Z 52 39 (Anm. Härtung). F. Ausschluß der Strafbarkeit wegen Teilnahme bei § 90 a (arg. § 129 a): BGHSt. 6 160 und bei § 331 (arg. § 333): E 42 382. § 331 i. V. m. § 333 sind zugleich ein

Teilnahme. Vorbemerkungen

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Fall notw. Teilnahme, darüber unten zu IV. Aber auch §§ 160, 271 sind Sonderregelungen der Teilnahme von Außenseitern (oben I 3, I I 2). IV. Notwendige Teilnahme (hierzu Lange, Notw. Teiln., 1940, Olsh.-Nieth. Vorbem. 26 vor § 47, H. Mayer, Rittler-Festschr. 1957, 260ff., Börker J R 56, 286). 1. Wenn die Verwirklichung eines Straftatbestandes begriffsnotwendig Beteiligung mehrerer voraussetzt, aber nur bestimmte Beteiligte unter Strafe gestellt sind, so folgt daraus die Straflosigkeit der anderen, und zwar zunächst unmittelbar, soweit sie über jenes begriffsnotwendige Verhalten nicht hinausgehen. Danach sind der Trinker in einer nicht genehmigten Schankwirtschaft (E 70 233), der mehr als den festgesetzten Höchstpreis zahlende Käufer (E 70 347) nicht wegen Beihilfe strafbar, wenn das Gesetz nur den Wirt bzw. Verkäufer straft. Wenn dagegen jener Trinker noch weitere Zechgenossen herbeiholt, oder wenn der Käufer über das Anbieten oder Gewähren des Höchstpreises hinaus die strafbare Handlung veranlaßt, z. B. den widerstrebenden Verkäufer durch Bitten bestimmt, sollen sie nach RG wegen Beihilfe bzw. Anstiftung strafbar sein. Das ist im ersten Beispiel richtig, weil hier andere Verstöße des Wirts gefördert werden, an denen der Gast nicht „notwendig Beteiligter" ist. Im zweiten dagegen unrichtig. Denn der notwendig Beteiligte ist regelmäßig deshalb straflos, weil er sieh dem anderen gegenüber in einer notstandsähnlichen Unterlegenheitssituation befindet, oder weil erst eine besondere Pflichten- oder Schlüsselstellung, die er nicht innehat, die Strafwürdigkeit begründet. Das gilt aber auch f ü r Handlungen, die seinen eigenen Tatbeitrag vorbereiten oder sonst fördern. In dem obigen Beispiel wird der Anstoß stets vom Käufer ausgehen. Seine vom Gesetz gewollte Straflosigkeit wurde daher durch die Rechtspr. des RG praktisch vereitelt. — Zu eng deshalb auch E 71 114. Danach ist die Partei, der ein Rechtsanwalt verräterisch i. S. des § 356 dient, (nur dann) nicht wegen Teilnahme strafbar, wenn sie weiter nichts tut, als daß sie die verräterischen Dienste annimmt. — Zu Unrecht strafen ferner E 61 31 den Gefangenen, der seinen Befreier, E 60 346 und BGHSt. 5 75 (dem Mayer a. a. O. 261 zustimmt) den Begünstigten, der seinen Begünstiger zur Tat veranlaßt hat, wegen Anstiftung zur Fremdbegünstigung. In Wahrheit liegt mittelbare Selbstbefreiung und -begünstigung vor. Die Straflosigkeit ergibt sich für § 257 schlagend aus Abs. 3, denn bei vorangegangener Zusage des Begünstigers kann der Begünstigte ex lege nicht wegen Anstiftung zu der ihm selbst geleisteten Beihilfe bestraft werden. Darüber hinaus folgt sie aber allgemein aus dem obigen Grundgedanken. Denn die Konzession an den Selbsterhaltungstrieb muß sich sinngemäß auf alle der Selbstbefreiung oder -begünstigung dienenden Handlungen erstrecken, soweit dabei nicht über die Befreiung oder Begünstigung hinaus delinquiert wird. — Die bloße Annahme der Zahlungsmittel fällt unter den Begriff der notwendigen Teilnahme und ist daher nicht nach § 11 DevGes. strafbar: RGer. in „Das Recht" 41 Nr. 297. — Eingehend zur notw. Teiln. in §218 Abs. 1 Fall 2: BGHSt. 1139; zustimmend Börker J R 56, 286. 2. Erst recht ist der straflos, zu dessen Schutz ein Strafgesetz dient; z. B. der Bewucherte; der unsittlich Mißbrauchte nach § 174 Nr. 1—3; der Arbeitnehmer, der die Arbeitszeit überschreitet (BayObLG J R 58 387 zu § 3 ArbZeitO). Strafbar ist er freilich, wenn sein Verhalten einen Sondertatbestand erfüllt. So ist der Mann, an dem sich jemand gemäß § 175a vergeht, zwar nicht wegen Beihilfe hierzu, aber aus § 175 strafbar. — Nicht ist nach herrschender Rechtspr. straflos, wer jemand an-

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gestiftet hat, ihm Gelegenheit zur Unzucht zu verschaffen; er soll wegen A n s t i f t u n g z u r K u p p e l e i strafbar sein (E 23 69, 25 369, BGHSt. 10 386). Auch hierzu gilt aber das oben Gesagte. Vgl. auch § 235 m. Anm. V. Selbständig strafbar: Verabredung bestimmter Verbrechen (sog. „ K o m p l o t t " , ohne Ausführung nur ausnahmsweise strafbar) z. B. SprStG § 6. — Ebenso die Verbindung (Vereinigung) zu unbestimmten Verbrechen (sog. „Bande"), z.B. § 243 Ziff. 6, SprStG § 6. — Ferner die selbständig strafbaren Aufforderungen, vgl. das Register. VI. Konkurrenzfragen. — 1. Von v e r s c h i e d e n e n A r t e n d e r T e i l n a h m e d e r s e l b e n P e r s o n geht die geringere in der umfassenderen auf. Denn eine Person kann wegen Beteiligung an einer Tat nur von einem Gesichtspunkt aus bestraft werden. Beihilfe geht auf in der Anstiftung (E 53 189, 62 74; anders E 48 206 bei Teilnahme am sog. fortgesetzten Delikt); Anstiftung und Beihilfe in der Mittäterschaft (E 36 25) oder Täterschaft (E 59 26). Bedenklich BGHSt. 8 294, wogegen zutr. BGHSt. 9 121 (betr. Mitt. und Anst. bei Gefangenenmeuterei, vgl. § 122 Anm. V). Genau genommen liegt im letzteren Fall nur Vorbereitung der eigenen Tat vor, bei der man überhaupt nicht Teilnehmer sein kann. Vgl. auch oben zu IV 1 und unten § 48 Anm. IX. — Der H e l f e r d e s G e h i l f e n ist aber selbst Gehilfe. B e i h i l f e z u r A n s t i f t u n g ist regelmäßig Beihilfe zur Haupttat (E 14 318, 23 300). A n s t i f t u n g z u r B e i h i l f e ebenso (E 59 396). In den letzteren Fällen kann die Beihilfe in „Mittäterschaft" begangen sein; f ü r die Bestrafung ist dann f ü r alle „Mittäter" § 49 maßgebend. — Für e r f o l g l o s e Anstiftung gem. § 49a vgl. dort Anm. VI. — Jener Grundsatz, daß die geringere Beteiligung in der umfassenderen aufgeht, gilt aber nur beim Zusammentreffen verschiedener Arten der Beteiligung an d e r s e l b e n Tat. — Über Teilnahmefragen bei § 218 vgl. dort und BGHSt. 1 139, 249, 3 228. — Darüber, ob und wann der Anstifter als H e h l e r strafbar sein kann, vgl. zu I I I E und zu § 259 Anm. VII. — Bei IdKonk. können Mittäterschaft und Teilnahme nebeneinanderstehen: BGH 1 182 zit. nach N J W 52 963, s. unten § 49 Anm. VI zu c. 2. Wegen Einheit und Mehrheit der Teilnahmehandlungen vgl. Vorbem. III C. Mittäterschaft

§ 4 7 Wenn mehrere eine strafbare Handlung gemeinschaftlich ausführen, so wird jeder als Täter bestraft. I. Das Wesen der Mittäterschaft besteht in der T a t - u n d W i l l e n s g e m e i n s c h a f t mehrerer bei Begehung einer Straftat. Liegt sie vor, so ist jeder „als Täter" auch dann anzusehen und strafbar, wenn sein Tatbeitrag nicht den ganzen Tatbestand umfaßt. (Fehlt das Bewußtsein der Gemeinschaftlichkeit, so spricht man von N e b e n t ä t e r s c h a f t , für die Sonderregeln nicht bestehen, unten zu III.) — S t r e i t i g ist, wieweit jene Willensgemeinschaft g e n ü g t , insbes. um d i e MT g e g e n d i e B e i h i l f e a b z u g r e n z e n . Hier stehen sich zwei Auffassungen gegenüber. 1. Objektive Theorien: a) m a t e r i e l l o b j e k t i v . Ursprünglich: MT sei nur, wer eine „ U r s a c h e " zum Erfolg setze; wer eine bloße „Bedingung" setze, sei nur Gehilfe. H e u t e nicht mehr als Kausaltheorie gefaßt (über die Gründe s. o. Syst.

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Vorbem. I I B I), sondern: wer von mehreren Beteiligten die T a t h e r r s c h a f t ergreift, ist Mittäter (oder mittelb. Täter), wer sie den anderen überläßt Gehilfe. Darüber Vorb. 1 1 , I I 2, 3; treffende Beispiele bei Maurach § 49 I I 2. b) f o r m e l l o b j e k t i v (so noch Gallas DRZ 50, 68): MT sei nur, wer die Tat mit „ a u s f ü h r e " ; wer (i. S. des § 43) nur eine Vorbereitungshandlung vornehme, sei bloßer Gehilfe. 2. Subjektive Theorie: F ü r den MT sei erforderlich und genügend, daß der Gemeinschaftswille auch ein T ä t e r w i l l e gewesen sei; der MT wolle die T a t „als eigene", der Gehilfe wolle nur „eine fremde Tat unterstützen" (animus auctoris — animus socii). Gleichgültig dagegen sei, ob der einzelne eine „Ausführungshandlung" vornehme: auch wer nurSchmiere stehe, könne „Mittäter" eines Einbruchdiebstahls sein. — Die G r e n z e z w i s c h e n M i t t ä t e r s c h a f t u n d B e i h i l f e kann aber nicht endgültig gezogen werden, ohne daß zunächst das W e s e n d e r T ä t e r s c h a f t geklärt wird. Hierüber Vorbem. I u . II. I m gleichen Sinne die „final-objektive" Abgrenzung bei Gallas Mat StRRef. I, 136f., vgl. ferner Hardwig GA 1954, 353. Über MT u.Beihilfe bei ders.Tat Hoffmann N J W 52, 963, dazu unten § 49 VI c. Die subj. Theorie bringt den richtigen Grundgedanken zum Ausdruck, daß der Wille ein gestaltender Faktor des Geschehens ist, daß von ihm die Tatherrschaft abhängt. Aber diese muß wirklich vorhanden sein, der Handelnde muß die K r ä f t e des Mitwirkenden vor seinen eigenen Wagen gespannt, seinen Absichten (die nicht unbedingt Eigen i n t e r e s s e n sein müssen) dienstbar gemacht haben. Entscheidend ist nicht schon die Frage, ob er die Tat als eigene gewollt hat, sondern erst die, ob sie ihm auf Grund des von seinem Willen getragenen Tatbeitrags als eigene z u g e r e c h n e t werden kann. Der Wille darf nicht nur eine leere Anmaßung oder eine Fiktion sein. Ebensowenig wie eine Handlung wegen des durch sie gezeigten bösen Willens als Versuch s t r a f b a r ist, wenn die Tatherrschaft fehlt (oben vor § 43 I I I zu Ziff. 3), wird sie durch den b l o ß e n animus auctoris zur Mittäterhandlung. I n der Praxis e r s e t z t die formelhafte Wendung, der Handelnde habe die T a t als eigene gewollt, nur zu oft den oben geforderten objektiven Nachweis. Vgl. z. B. H R R 37 1196, E 71 365, B G H MDR 53 272 (Dallinger). Hiergegen jetzt treffend BGHSt. 8 393. Außerdem sind bei eigenhändigen und Sonderdelikten der Zurechnung zur Täterschaft o b j e k t i v e Grenzen gesetzt. Darüber Vorbem. I 2, 3 zu diesem Abschnitt. Über die Herrschaft der subj. Th. in Rspr. u. Lit. der S c h w e i z vgl. Schönke D R Z 47, 75. Die Praxis des RG h a t stets die subjektive Theorie vertreten. Ebenso OGHSt. 1 12, 306 und B G H N J W 51 410. - Die neuere Rechtspr. faßte E 66 240 dahin zusammen: „Zur Annahme der M ist erforderlich und ausreichend, daß jeder Beteiligte den ganzen Erfolg einer Straftat als eigenen verursachen will, aber auf Grund eines gemeinschaftlichen Entschlusses und mit vereinten K r ä f t e n ; daß also jeder seine eigene Tätigkeit als mittelbarer Täter durch die Handlungen des oder der Genossen vervollständigen und auch diese sich zurechnen lassen will" (so auch E 58 279, 63 101, 71 24 und B G H N J W 51 410). Jeder Mittäter muß hiernach zwar — mit jener inneren Einstellung zur T a t — in irgendeiner Weise zur Ausf ü h r u n g mitwirken (es genügt geistige Mitwirkung, Stärkung des Täterwillens, z.B. durch Ratschläge, so auch E 55 13, 67 392). E s reicht aber aus, daß er dies durch die unmittelbare Tätigkeit des oder der Genossen t u t , während er seine persönliche Tätigkeit auf Handlungen beschränkt, die sich äußerlich als Vorbereitungs- oder

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Beihilfehandlungen darstellen (ebenso E 54 116, 247; 56 329, 63 101, 67 392); es ist nicht erforderlich, daß jeder Tatgenosse ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht (so auch E 58 279, B G H N J W 51 120, 410, MDR 58 271). - Vgl. ferner E 54 271: gemeinschaftlicher Diebstahl durch eine plündernde Volksmenge. E 59 101: Betrug in Mittäterschaft, auch wenn jeder den Vorteil eines anderen erstrebt. E 66 304, 68 411: Mittäterschaft des Steuerberaters oder eines anderen nicht Steuerpflichtigen bei der Steuerhinterziehung. Dazu Vorbem. I 3. — Mittäter kann nur sein, wer den Tatbestand in eigener Person verwirklichen kann: BGHSt. 2 320, 6 250 (Besitz bei §§ 246, 252); hier handelt es sich freilich nicht um eine echte Täterqualität i. S. der Vorbem. I 3. Vgl. ferner OLG München in D J 38 378: Mittäter bei Schwarzfahrt des Mitfahrers. — Seltsam dagegen E 71 364: gemeinsamer Mißbrauch einer geisteskranken Frau zum Beischlaf (obwohl „nach dem Plan der beiden Männer nur einer den B ausführen soll"), falls „der eine Teilnehmer den B e i s c h l a f d e s a n d e r e n a l s e i g e n e T a t gewollt h a t " ! Dagegen BGHSt. 6 228. Richtig ist es, bei den sog. eigenhändigen, insbes. den Fleischesverbrechen (vgl. Vorbem. I 2) den nicht selbst Handelnden immer nur als Anstifter bzw. Gehilfen anzusehen. Denn Mittäterschaften sind wechselseitig mittelbare Täterschaften, und solche sind bei eigenhändigen Verbrechen nicht möglich. — Lehrreich, aber nicht überzeugend E 70 293 (hier war wegen gemeinschaftlichen vollendeten Mordes zu strafen). Vgl. ferner D R 44 657 und D R 43 290 Anm. Mezger. Bei z w e i a k t i g e n Straftaten genügt es demgemäß, daß einer den einen, der andere den anderen Akt begeht (z. B. einer das Attest fälscht, der andere es gebraucht, § 277), wenn dies von Anbeginn in gegenseitigem Einverständnis geschah (so f ü r § 267 a. F. E 58 279, 68 254). Vgl. auch E 71 353 betr. Notzuchtshandlungen. — Bei A b s i c h t s d e l i k t e n kann MT nur sein, wer die geforderte Absicht h a t : Köln JMB1. N R W 54 27 betr. § 242. - S u k z e s s i v e MT bis zur Beendigung der T a t möglich: OGHSt. 2 210. Nach BGHSt. 2 346 sind dem Hinzutretenden auch die früheren Teilakte zuzurechnen (anders RG). Zust. Niese N J W 52, 1146, Martin N J W 53, 283. — Mittäterschaft durch einverständliche U n t e r l a s s u n g : E 66 74. — Zum R ü c k t r i t t eines MT: BGH N J W 51 410. II. Als Ausführungshandlung genügt nach dem zu I Gesagten eine Tätigkeit, die, falls allein vorgenommen, nur eine straflose Vorbereitungshandlung sein würde. Voraussetzung ist, daß der Handelnde Tatherrschaft, Täterqualität, Täterwillen und die etwaige besondere Täterabsicht hat. Danach kann der durch die Ausführungshandlung Verletzte Mittäter sein: BGHSt. 11 268; Näheres s. u. § 48 Anm. V I I sowie § 211 Anm. V I I I 8. III. Beim Vorhandensein von Schuldausschließungsgründen bei dem einen Täter, z . B . §51, ist nach der herrsch. Auff. MT ausgeschlossen (E 40 21); der andere kann hier aber mittelbarer Täter sein (E 63 101). Folgerichtiger erklärt Gallas Mat I 136f. auch bei schuldlosem Vorsatz eines Mithandelnden den anderen als MT. — Bei Schuldminderungs- oder Erhöhungsgründen gilt § 50: E 72 375 betr. §§212, 217 (krit. Anm. Kohlrausch ZAkDR 39, 245); D R 44 147: ein MT aus § 211, der andere aus § 212 strafbar. — Bei bloßen Strafausschließungsgründen ist Mittäterschaft möglich (E 19 192). Streitig ist, ob MT bei F a h r l ä s s i g k e i t s taten möglich: d a f ü r Schönke-Schröder V, soweit Bewußtsein der Gemeinschaftlichkeit vorhanden. Dem ist schon im Hinblick auf Fälle der Rechtsfahrlässigkeit (unten §59 Anm. V 3d) zuzustimmen. Sonst sog. Nebentäterschaft: E 68 256,

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BGHSt. 4 21. — MT bei erfolgsqualif. Delikten: OehlerGA 1954, 37. - Ü b e r M T bei Amtsdelikt vgl. z. B. E 39 193. - I n §§ 119, 123 Abs. 3, §§ 223a, 293 ist gemeinschaftliche Ausführung i. S. von Mittäterschaft straferhöhender Umstand. E 17 414, 19 192 fordern auch hier allseitige Schuld. Bewußtes Zusammenwirken m u ß aber nach der ratio legis genügen. Anstiftung

§ 4 8 ( 1 ) Als Anstifter wird bestraft, wer einen anderen zu der von demselben begangenen mit Strafe bedrohten Handlung durch Geschenke oder "Versprechen, durch Drohung, durch Mißbrauch des Ansehens oder der Gewalt, durch absichtliche Herbeiführung oder Beförderung eines Irrtums oder durch andere Mittel vorsätzlich bestimmt hat. ( 2 ) Die Strafe des Anstifters ist nach demjenigen Gesetze festzusetzen, welches auf die Handlung Anwendung findet, zu welcher er wissentlich angestiftet hat. I. Neufassung des § 48, alten Reformplänen entsprechend, durch VO v. 29. 5. 43: „mit Strafe bedrohten" s t a t t : „ s t r a f b a r e n " Handlung. Hierin liegt eine L o c k e r u n g d e r A b h ä n g i g k e i t v o n d e r H a u p t t a t ; vgl. Vorbem. I I I vor § 47. Dieser klare Gesetzeswille ist f ü r die Auslegung maßgeblich. I h m gegenüber kann nicht auf ein vorgefaßtes „Wesen" der Anstiftung verwiesen werden. Aus der „ N a t u r der Sache" folgt eine Einschränkung f ü r die T ä t e r s c h a f t , da diese an die N a t u r der t a t bestandsmäßigen Handlung gebunden ist. Gerade deshalb aber war es ein unabweisliches rechtspolitisches Anliegen, durch einen weiten Teilnahmebegriff alle strafwürdigen Fälle zu erfassen. II. Über die Abgrenzung der Anstiftung gegen die mittelbare Täterschaft vgl. Vorbem. I B vor §47. I n beiden Fällen: psychische Verursachung. Daher auch Wahlfeststellung möglich (wie zwischen Täterschaft und A. überhaupt: BGHSt. 1127). Anders nach der Schuldteilnahmetheorie (H. Mayer 319: „ E r [der Anstifter] bewirkt die verbrecherische T a t u n d er verführt den Täter"). Unterscheidung: wer als Herr des Geschehens eine eigene Tat durch einen anderen ausführen läßt, ist mittelbarer Täter; wer letzten Endes nur e i n e f r e m d e T a t a n r e g e n w i l l oder wer nicht T ä t e r s e i n k a n n (Vorbem. I), ist Anstifter. Ebenso f ü r die Abgrenzung von Anstiftung und Mittäterschaft OGHSt. 1 306. III. Anstiftung zum Versuch. — Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden: 1. Die H a u p t t a t kommt g e g e n den Willen des Anstifters nicht über den Versuch hinaus. Hier ist die Anstiftung unstreitig s t r a f b a r , falls der Versuch der H T strafbar. E 38 248. — 2. Die H a u p t t a t soll m i t dem Willen des Anstifters beim Versuch bleiben; so bes. Fälle des Lockspitzels, des a g e n t p r o v o c a t e u r . Hier ist die Strafbarkeit der Anstiftung streitig. Herrsch. A. verneint (Frank, Mezger, Schönke, E 15 315, BGHZ 8 85f.). Die Probleme des ag. prov. führen in die Grundfragen der Anstifterstrafe überhaupt hinein. Wird der Anstifter bestraft, weil er einen anderen in Schuld und Strafe geführt h a t ? So die ältere, insbes. die kanonischrechtliche Auffassung, neuerdings z. B. H. Mayer 323, 336 (folger., s. o. zu I I ) , Stratenwerth MDR 53, 717 (folger., wenn man das Unrecht im „ A k t " , nicht in der Rechtsgutsverletzung sieht); anscheinend auch der OGH in SJZ 49 350 (vgl.

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dazu Jagusch SJZ 49, 329); abwägend Maurach § 51 I I B 3, § 50 I I I D 2; vgl. auch unten § 50 Anm. I sowie J R 49, 167 ff. Oder weil er schuldhaft die Verwirklichung einer Rechtsgutsverletzung durch einen anderen verursacht hat ? Nach der Neufassung, die eine Schuld des H a u p t t ä t e r s nicht mehr voraussetzt, ist der zweiten Auffassung zu folgen. So auch schon E 15 315; anders J W 36, 1375. Ebenso die meisten: Mezger L K § 48 Anm. 2d, Welzel § 16 I I 3. Näheres Notw. Teiln. S. 36£f. — Versuchte (erfolglose) A., bei der es nicht einmal zum Versuch der H a u p t t a t kommt, ist in §§ 49a, 159 strafbar (Vorbem. I I I B vor diesem Abschn. und Anm. IV zu § 49a). IV. „Mit Strafe bedrohte Handlung": die rechtswidrige Verwirklichung eines äußeren Straftatbestandes durch eine zweckbeherrschte (finale) Willenshandlung. Oder genauer: die rechtswidrige Verwirklichung eines ä u ß e r e n StrTB, der aber als i n n e r e r S t r T B nur ein natürlicher Vorsatz (Wollen des Erfolgs), nicht aber Zurechenbarkeit zur „Schuld" zu entsprechen braucht. Näheres in Vorbem. III A vor § 47 und in Anm. I I zu § 59. Daraus folgt insbes.: V. Fahrlässigkeit^ -Taten kann man zwar veranlassen, also psychisch verursachen, aber, soweit Tatfahrlässigkeit in Frage steht, nicht zu ihnen anstiften. Denn hier kann zwar der Entschluß zu i r g e n d e i n e r (finalen) Willenshandlung erregt werden, z.B. zu schießen, auch: einen bestimmten Gegenstand zu treffen. Würde aber in dem anderen der Wille erregt, in jenem Gegenstand „einen Menschen zu töten", dann wäre die H T eine „vorsätzliche". — Anders aber, wenn der „Vorsatz" des H a u p t t ä t e r s kein „schuldhafter", sondern nur ein „natürlicher" Vorsatz war und seine Schuld in fahrlässiger Verkennung der R e c h t s l a g e besteht, während der äußere E r f o l g bewußt verwirklicht wird. So nahmen E 73 1 (6) u. 263 betr. § 71 I I (damals § 44 II) Devisengesetz v. 12. 12. 38 (damals v. 4. 2. 35), obwohl das Gesetz „wegen Fahrlässigkeit" straft, „Vorsatz" an, der aber milder bestraft werde, weshalb Anstiftung möglich sei; hierzu E 72 84. Auch in zahlreichen anderen Nebengesetzen straft das Ges. „vorsätzliches" (finales) Handeln als „fahrlässiges", nämlich als R e c h t s f a h r l ä s s i g k e i t ; vgl. dazu Syst. Vorbem. IV 4b, §59 Anm. IV 5, J Z 56, 73 sowie Vorbem. I I I A 4 vor § 47. Hier überall ist Anstiftung denkbar und strafbar. Vgl. ferner BGHSt. 6 247 betr. „Handel treiben". VI. Bestimmen: den Entschluß zu einer Handlung hervorrufen, durch die ungerechtfertigt in tatbestandsmäßiger Weise ein Rechtsgut verletzt wird: H a m m H E S t . 2 10, BGHSt. 4 355. Näheres Vorbem. I I u. I I I A 4. Ein ohnedies zum Handeln Entschlossener (omnimodo facturus) kann nicht mehr bestimmt werden (E 13 121, 59 26). Wer seinen Tatentschluß von der Zubilligung eines Vorteils abhängig macht, ist noch nicht endgültig entschlossen. A. noch möglich: LG Göttingen NdsRpfl. 52 191. — Über A in M i t t ä t e r s c h a f t vgl. E 53 189 und unten zu I X ; auch mehrere voneinander unabhängige Einwirkungen sind möglich (E 14 92). — Widerruf kann die A nur straflos machen, wenn der Angestiftete die T a t daraufhin unterläßt oder der Anstifter sie verhindert (E 56 210). Mittel: Aufzählung nur beispielshalber; jedes motiverregende Mittel genügt. Überredung: E 53 189: Wunsch: E 36 402; Drohung, falls ernsthaft, geeignet, die Entschlußfreiheit zu beeinträchtigen: E 34 15, 39 266 (darüber hinaus § 52). Mit Irrtümern sind nach heute herrschender Auffassung nur solche gemeint, die den (natürlichen) Handlungsvorsatz des Haupttäters nicht ausschließen, insbes. Motivirrtümer: E 71 98. Wahlfeststellung, auch ohne § 2b, zulässig: E 59 239.

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VII. Vorsatz des Anstifters: Bewußtsein, daß und wozu er den Willen des Täters bestimmt. Er muß eine bestimmte Tat und einen bestimmten Täter im Auge haben, erstere freilich nur in ihren strafrechtlich wesentlichen Hauptmerkmalen, Ort, Zeit und Art der Ausführung kann und braucht er im einzelnen nicht zu kennen (E 34 327). So jetzt auch eingehend OGHSt. 2 32. Über diesen Unterschied vom Tätervorsatz vgl. Lange, Notw. Teiln. 61 zu Anm. 3 und die dort Zit. — Der A muß aber diejenigen Momente der Haupttat kennen, die deren Strafbarkeit begründen. Ein die Haupttat betreffender Irrtum des Anstifters schließt den Anstiftervorsatz insoweit aus, als er (vgl. § 59) den Tätervorsatz ausschließen würde; ein beim Täter unwesentlicher error in objecto ist also auch nicht geeignet, die Anstiftung zu dieser Tat straflos zu machen: N will den X erschießen, verwechselt aber den Y mit dem X und erschießt den Y. N ist strafbar wegen vorsätzlicher Tötung. Wenn A ihn angestiftet hat, ist auch er strafbar. — Über den eigentümlichen Irrtumsfall BGHSt. 11 268 (Tatbeteiligter schießt auf Komplicen als vermeintlichen Verfolger) Schröder J R 58, 427. — Die zum Tatbestand erforderliche „Absicht" (z. B. „sich" die weggenommene Sache zuzueignen) braucht der Anstifter nicht zu haben (E 56 171). — Fahrlässige „Anstiftung" ist (im Sinne fahrlässiger Erregung des Entschlusses zur Haupttat) zwar denkbar, aber strafbar nur als fahrlässige (mittelbare) Täterschaft. Die S c h u l d eines solchen Täters wäre sorgfältig zu prüfen (vgl. Vorbem. I B 2 a. E. und 3 vor § 47)! — Über mittelb. Anst. Nürnberg N J W 49 874. VIII. Anwendbares Gesetz: Das Gesetz der Haupttat (evtl. in Vbdg. mit § 43). Innerhalb des dort gegebenen Strafrahmens kann aber die Strafe für den Anstifter höher oder geringer bemessen werden, als die für den Täter. — Diese Akzessorietät des Strafrahmens wird jedoch durch § 50 eingeschränkt, vgl. dort. Ein Exzeß des Angestifteten belastet also den Anstifter nicht. BGHSt. 2 225. Anstiftung zur Körperverletzung wird auch dann nur nach §§ 223 ff. gestraft, wenn der Angestiftete „infolge" der Anstiftung vorsätzlich tötet (Anm. V). — H a t in Fällen wie §§ 178, 224, 226 der Anstifter die schweren Folgen fahrlässig oder überhaupt nicht vorausgesehen, so ist er nur gem. §§ 177, 223ff. i.V. m. §§ 48, 50 (und gegebenenfalls als Täter des § 222) strafbar. Denn nur insoweit hat er vorsätzlich die Rechtsgutsverletzung durch einen anderen verursacht. Die (unter sich abw.) Gegenm. (Oehler GA1954, 37 f., Schönke-Schröder §56V, Ziege N J W 54, 179) träfen nur auf vors. Gefährdungsdelikte oder vom Standpunkt der Schuldteilnahmetheorie aus zu; unten § 56 Anm. IV 4. — H a t der Veranlasser, aber nicht der Ausführende den schweren Erfolg herbeiführen wollen, so ist jener mittelbarer Täter gem. §§ 211 ff., 225, nicht Anstifter, da dann bei ihm die Tatherrschaft Hegt. IX. Zusammentreffen: a) Mit anderen Beteiligten: A zur A ist A zur Haupttat. — Bei A zur Beihilfe ist die Strafe des Anstifters nach § 49 zu bemessen (E 59 396); aber A zur Beihilfe bei der eigenen Tat geht in der Täterschaft auf (E 56 58); richtiger: sie i s t eigene Täterhandlung oder deren Vorbereitung. — Wegen Beihilfe zur A vgl. § 49 Anm. VI. — b) Mit anderen Teilnahmeformen und Täterschaft: Beihilfe geht in A auf. I m übrigen vgl. Vorbem. VI vor § 47. — c) Anstiftung zu mehreren Straftaten eines oder mehrerer Täter ist, wenn nur durch eine Handlung vorgenommen, nur eine A. So mit Recht E 70 26, 390; anders früher E 4 95, 5 227, 38 26, wo aus der akzessorischen Natur der A. der Schluß gezogen wurde, der Anstifter habe die Strafe mehrmals verwirkt und es sei auf ihn § 74 anzuwenden. 12

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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Teilnahme § 49

Zweifelnd noch E 57 352. — d) Ob mehrere Anstiftungen im Fortsetzungszusammenhang begangen sind, ist nach den allgemeinen Regeln des FZ zu beurteilen (Vorbem. I I B, 1 vor § 73): E 70 349, 385; für A mehrerer zu gleichen Meineiden macht E 70 331 eine Ausnahme wegen der Natur des Meineids. Über diese vgl. aber jetzt BGH (GrSen.) B G H S t . 8 3 0 1 . — e) Anstiftungen seitens mehrerer können in einem der Mittäterschaft entsprechenden Verhältnis begangen werden: E 7123; aber auch in dem der Über- und Unterordnung: BGH MDR 63 400 (Daliinger). Beihilfe

§ 4 9 ( 1 ) Als Gehilfe wird bestraft, wer dem Täter zur Begehung einer als Verbrechen oder Vergehen mit Strafe bedrohten Handlung durch Hat oder Tat wissentlich Hilfe geleistet hat. ( 2 ) Die Strafe des Gehilfen ist nach demjenigen Gesetz festzusetzen, welches auf die Handlung Anwendung findet, zu welcher er wissentlich Hilfe geleistet hat, kann jedoch nach den über die Bestrafung des Versuchs aufgestellten Grundsätzen ermäßigt werden. I. Zur Neufassung des Abs. I vgl. § 48 Anm. I. Die Abschwächung der früheren Muß-Milderung zu einer Kann-Milderung in Abs. 2 entspricht dem Grundsatz des Schuldstrafrechts (vgl. § 59 Anm. II). — Beihilfe zum eigenen Vorteil im Steuerrecht wie Täterschaft strafbar: § 398 RAO. II. Beihilfe ist vorsätzliche Hilfeleistung zur Begehung einer als Verbrechen oder Vergehen mit Strafe bedrohten Handlung. 1. Den Unterschied von der Mittäterschaft sah das RG in dem Willen, eine fremde Tat zu fördern, gegenüber dem Willen, sie als eigene zu begehen (vgl. Anm. I zu § 47 und unten Anm. IV). Wie RG OGHSt. 1 12 und BGHSt. 3 350, N J W 51 410; anders aber BGHSt. 8 393. Dazu Vorbem. H 3. — Ergänzend § 257 I I I ; Grund: Zusage späterer Begünstigung wirkt zunächst als psychische Beihilfe. Dazu BGHSt. 8 390. 2. Mit Strafe bedrohte Handlung. Hierzu Vorbem. I I I A vor § 47 und Anm. IV zu § 48. Vgl. Beyer DRiZ 52, 133. — Strafbare Beihilfe auch möglich zu einer Handlung, die beim Haupttäter sog. s t r a f l o s e N a c h t a t ist. Beispiel: Haupttat Unterschlagung, Nachtat Betrug; Gehilfe zum Betrug kann strafbar sein: E 67 344. III. Mittel können R a t oder T a t sein; physische und intellektuelle B. OGHSt. 3 2. — a) R a t : auch Bestärkung und Befestigung eines Entschlusses (E 27 157; 28 287, BGH N J W 51451; aber „Hervorrufung" des Entschlusses wäre Anstiftung); falsche Auskunft eines Rechtsanwalts über die Straflosigkeit einer geplanten Handlung (E 37 321). Aber keine Beihilfe, wenn der Rat unbefolgt bleibt (E 38 156). — b) T a t : jede taugliche Förderung. Auch durch pflichtwidrige Unterlassung, falls diese „Ursache oder Mitursache des Geschehenen" (unten zu 2). 1. Hilfeleisten heißt förderlich sein. Das RG begnügte sich mit einer Förderung der H a n d l u n g des Haupttäters, verlangte dagegen ursächlichen Zusammenhang mit dem E r f o l g n i c h t . So E 58 113: der „Gehilfe" lieferte Werkzeug, die Tat wurde aber ohne dieses ausgeführt; RG strafte aus § 49. Ebenso E 67 93; 75 113;

Teilnahme § 4 9

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OGHSt. 1 330, 2 44; auch Stuttgart H E S t . 1 26; Freiburg J Z 51 85. Vgl. aber auch B G H MDR 54 335, unten Anm. IV. Wer indessen die H a n d l u n g gefördert h a t , ist (gerade i. S. der reiehsgeriohtl. Bedingungstheorie) auch f ü r deren E r f o l g kausal geworden. Und umgekehrt: K a n n die Tätigkeit des Gehilfen weggedacht werden, ohne daß der E r f o l g der H a u p t t a t entfiele, dann fehlt jener Tätigkeit auch der ursächl. Zusammenhang mit der H a n d l u n g des Täters. I n Fällen solcher Art ist ea zwar möglich, daß das Bemühen zu „helfen" den E n t s c h l u ß zur Tat stärkte: dann ist psychische Beihilfe anzunehmen. Ist aber nicht einmal dieses der Fall, dann ist solche nicht-kausale Beihilfe nur Versuch der Beihilfe, und dieser ist nach § 49 nicht strafbar. So auch die weitaus überwiegende Ansicht im Schrifttum; z.B. Mezger L K § 4 9 Anm. 2; Niethammer in Olsh. 12 Anm. 2; Bockelmann in D B 41, 987 (klärender Überblick); Dahm in D R 41, 1993; Schönke-Schröder § 49 I I I 1; a. A. v. Weber in Anm. zu Freiburg J Z 51 85. — Die Neufassung des § 49 a von 1943 hatte die nicht-kausale B geregelt, der Abs. I I I die Rechtspr. f ü r „Verbrechen" sanktioniert, wonach sie f ü r „Vergehen" wohl aufgegeben werden mußte. Die Aufhebung der letzteren Bestimmung durch das 3. StrRÄndG h a t diese Klärung des Gesetzeswillens nicht berührt. 2. Auch durch Unterlassung kann B begangen werden. Beispiel: Der A unterläßt es, die B an der Tötung ihres Kindes zu hindern. Strafbare Beihilfe ist hier bei dem anzunehmen, der sowohl die M ö g l i c h k e i t wie die P f l i c h t hatte, einzugreifen und die H T zu hindern oder doch zu erschweren. BGH N J W 51 204 betr. Beih. zum Versicherungsbetrug bei Rechtspflicht aus § 62 W G . Die Frage nach der M ö g l i c h k e i t ist die auf Unterlassung umgestellte (Vorbem. I I vor § 1) Frage nach der K a u s a l i t ä t . Anders als bei B durch Tun verlangt hier das RG meist Kausalität f ü r den Erfolg. So wird in E 72 373 mit Recht die Feststellung vermißt, daß das Kind beim Eingreifen des Angekl. am Leben geblieben wäre. Ebenso B G H N J W 53 1838. — Über die neuerdings viel erörterte Frage, wieweit eine Pflicht besteht, der falschen Aussage eines Zeugen entgegenzutreten, widrigenfalls hierin strafbare B zum Meineid bzw. zur Falschaussage, begangen durch Unterlassung, liege, vgl. E 72 20, 74 283, 75 221 (Anm. Dahm in D R 41, 1993), D R 40 2234,43 748; BGHSt. 1 22; 2129; 318; 4178,218, 327; vgl. § 154 Anm. V I I ; H a m m H E S t . 2 242; LG Göttingen N J W 54 731. Dazu Bockelmann N J W 54, 698 unter Hinweis auf die seit BGHSt. 2 129 einsetzende Wandlung der Rspr. Die älteren Entsch. sind z.T. sehr anfechtbar. Eine allgemeine Pflicht besteht hier nicht; insbes. auch nicht f ü r einen Beschuldigten im StrVerfahren. Wieweit eine Zivilprozeßpartei aus § 138 ZPO dazu verpflichtet ist, h a t RG nicht entschieden. Die Frage ist wohl zu verneinen. I n der Pflicht, die Wahrheit zu sagen, liegt noch nicht ohne weiteres die Pflicht, fremde Unwahrheit zu verhindern. Aus bes. Umständen aber (Sorge- und Erziehungsrecht) kann sie sich ergeben. — B durch U auf Grund vorheriger Herbeiführung der Gefahrlage: OGHSt. 2 63. — Beihilfe zur Selbsttötung d. U.: BGHSt. 2 150; dazu Dreher MDR 52, 711; Gallas J Z 52, 370; Meister GA 1953, 166 sowie unten § 211 Anm. V. 3. Ob die H a u p t t a t zur Zeit der Beihilfe schon begonnen war, ist belanglos (E 52 202, 58 113, 67 193). BGHSt. 1 251, 2 345 betr. Vorbereitungsfolgen. Erforderlich aber, daß sie noch nicht abgeschlossen ist; deshalb begeht der Erwerber einer dem Veräußerer nicht gehörigen Sache nicht Hehlerei, sondern B zur Unterschlagung: E 45 253, 57 42. Abgeschlossen war die H a u p t t a t aber noch nicht notwendig in dem Zeitpunkt, in dem sie einen Tatbestand verwirklicht h a t und somit 12*

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als „vollendete" T a t s t r a f b a r war. B r a n d s t i f t u n g z . B . ist früher „rechtlich volle n d e t " (Anm. I I zu § 306), als „tatsächlich beendet", Beihilfe also möglich, auch wenn das H a u s schon b r e n n t : E 71 194 (abw. Gallas in ZAk. 37, 438; ähnliche F r a g e i n A I V zu § 138); B G H S t . 2 345. — Wegen Begehungsort vgl. Vorbem. I I I D vor § 47. — Exzeß des Täters belastet den Gehilfen nicht. Vgl. § 48 V I I I sowie B G H S t . 1 1 6 6 : n u r Beihilfe z u m Betrüge, wenn H a u p t t a t eine auf Täuschung beruhende erpresserische Drohung, die der n u r die I r r e f ü h r u n g Unterstützende nicht kennt. IV. Vorsatz des Gehilfen: Bewußtsein u n d Wille, eine fremde als Verbr. oder Verg. s t r a f b a r e H a n d l u n g zu fördern. E 56 168, B G H S t . 3 65, 4 66. — I m w e s e n t l i c h e n m u ß sich die H T m i t der v o m Gehilfen vorgestellten decken ( R a u b u n d Erpressung unterscheiden sich hierfür u. U. n u r unwesentlich). Vgl. hierzu E 59 245, 65 348, 66 6, 67 344, H a m b u r g J R 53 27. — K e i n e s t r a f b a r e Beihilfe, wenn der Gehilfe die H T f ü r unvollendbar hielt (E 17 377); wenn er n u r scheinbar half, in W a h r h e i t b e w u ß t Untaugliches t a t (E 60 23); also nicht, wenn der „Gehilfe" d a s Mittel selbst f ü r untauglich hält. B G H M D R 54 335 (Dallinger). Beihilfe zum Versuch in d i e s e m Sinne also straflos. Anders, wenn sie gegen den Willen des Gehilfen Versuch blieb, entsprechend A n m . I I I zu § 48 betr. Anstiftung z u m Versuch. — Fahrlässige B ist denkbar, aber nicht s t r a f b a r ; vgl. jedoch Pingel J Z 52, 550 N. 19 betr. DevisenstrR. V. Kann-Ermäßigung der Strafe nach § 44. Vgl. oben A n m . I. VI. Zusammentreffen: a) m i t a n d e r e n B e t e i l i g t e n : B z u r Anstiftung u n d B zur B ist B zur H a u p t t a t (E 59 396, H a m b u r g J R 53 27); letzterenfalls deshalb n u r einmalige Herabsetzung nach § 44; b) m i t a n d e r e n T e i l n a h m e f o r m e n : vgl. Vorbem. V I 1 vor § 47; c) Mittäterschaft in I d K o n k . m i t B : B G H , zitiert bei H o f f m a n n , N J W 52 963. Der Täter h a t t e mit einem Beamten zusammen P o s t p a k e t e gestohlen u n d d a m i t zugleich dessen P a k e t u n t e r d r ü c k u n g (§ 354), bei der er aus Rechtsgründen nicht T ä t e r sein konnte, gefördert, d) die Fragen des F o r t s e t z u n g s z u s a m m e n h a n g s u n d der K o n k u r r e n z (§§ 73, 74) sind grundsätzlich nach der A r t der Gehilfentätigkeit, nicht nach der H a u p t t a t zu beurteilen (E 56 326; freilich auch E 57 353). Vgl. auch hier Vorbem. V I vor § 47.

Versuch der Anstiftung,

strafbare

Verbrechensvorbereitung

§ 49a (1) W e r einen a n d e r e n z u b e s t i m m e n v e r s u c h t , eine als Verbrechen m i S t r a f e b e d r o h t e H a n d l u n g z u begehen, wird n a c h den f ü r den Versuch des Verbrechens geltenden V o r s c h r i f t e n ( § § 44, 45) b e s t r a f t . (2) E b e n s o wird b e s t r a f t , w e r eine als Verbrechen m i t S t r a f e b e d r o h t e H a n d l u n g verabredet, das Anerbieten eines a n d e r e n a n n i m m t , eine solche H a n d l u n g z u begehen, oder sich z u e i n e m Verbrechen bereit e r k l ä r t . (3) N a c h diesen Vorschriften wird n i c h t b e s t r a f t , wer a u s freien S t ü c k e n

Teilnahme § 49 a

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1. eine als Verbrechen mit Strafe bedrohte Handlung verhindert, nachdem er einen anderen zu dieser Handlung zu bestimmen versucht oder das Anerbieten eines anderen hierzu angenommen hat, 2. nach der Verabredung einer als Verbrechen mit Strafe bedrohten Handlung seine Tätigkeit aufgibt und die Handlung verhindert, 3. seine Erklärung widerruft, durch die er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hat. (4) Unterbleibt die Tat ohne sein Zutun oder wird sie unabhängig von seinem vorausgegangenen Verhalten begangen, so genfigt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Begehung zu verhindern. Schrifttum: Meister, Zweifelsfragen zur versuchten Anstiftung, MDR 56, 16. — D r e h e r , Grundsätze und Probleme des § 49a, GA 1954, 11. — B ö r k e r , Zur Bedeutung bes. pers. Eig. oder Verh. bei der vers. Anst., J R 56, 286. I. Entstehung und Zweck. Der sog. Duchesne-Paragraph wurde durch Ges. v. 26. 2.1876 eingeführt. Ein Belgier namens D. hatte sich während des Kulturkampfes erboten, Bismarck zu ermorden. § 49a entsprach der darauf von Deutschland verlangten Erweiterung des belgischen Strafrechts durch Ges. v. 7. 7. 1875. Die ratio war also nicht ein allgemeines Bedürfnis, die erfolglose Anstiftung zu strafen, sondern der Schutz exponierter politischer Persönlichkeiten, wie jetzt etwa § 83. Auch die Aufforderung zu todeswürdigen Verbrechen wurde nur mit Gef. bedroht. Dieser Linie folgten die Entwürfe bis 1930. Scharf kritisch schon damals Coenders RG-Festg. V 277f. Eingehend jetzt Dreher GA 1954, l l f f . Die allg. Fassung des alten § 49 a ermöglichte es aber der VO vom 29. 5. 43, ihm einen anderen Gedanken zu unterschieben: die allgemeine Einbeziehung von Handlungen, die erfolglos auf eine Teilnahme am Verbrechen abzielten, in die Verbrechensstrafe. Damit lebte der — in der a. F. nur kasuistisch vorgebildete — Gedanke einer nur auf Willen und Gesinnung abgestellten Strafe wieder auf, der sich im Gemeinen StrR durchgesetzt hatte (vgl. noch den 1943 vorbildl. § 9 des östStGB), im 19. Jahrh. aber durch den anderen zurückgedrängt worden war, daß Strafe die greifbare und bestimmte Verletzung oder Gefährdung eines Rechtsguts voraussetze. Das 3. StrRÄndGes. hat 1953 diesen Einbruch in das Tatstrafrecht nicht grundsätzlich, sondern nur für die erfolglose Beihilfe beseitigt. BGHSt. 4 254 stellt folgerichtig auch die absolut untaugliche Vorbereitungshandlung im Rahmen des § 49a unter die Täterstrafe: „Die Vorschrift beruht auf dem Gedanken, daß der verbrecherische Wille auch schon in bestimmt gearteten Handlungen deutlich sichtbar werden kann, die noch nicht zu den Versuchshandlungen zu rechnen sind." Das gilt auch nach der n. F. Vgl. aber unter IV 1. — Die Große Strafrechtskommission ist sich der Problematik des § 49a durchaus bewußt geworden: ZStW 67, 608ff., 68, 78ff. II. Systematik. Beim alten § 49 a gaben Entstehung und eigener Strafrahmen begründeten Anlaß, ihn als selbst. Delikt aufzufassen. So Binding: „Angriff auf die gesetzestreue Gesinnung", ähnlich Liszt. Demgemäß erschien er in allen Entwürfen bis 1930 im Bes. Teil. Über die praktischen Folgen Frank I; insbes.: agent provoc. strafbar, wenn Sonderdelikt. Diese noch von H. Mayer 341 vertretene und von BGHSt. 1 135 erwogene Auffassung ist angesichts des § 90 III und der n. F. von

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Teilnahme 49 a

1953 nicht mehr zu halten, wenn auch Abs. 2 (der Rest des alten § 49a) noch „Vorbereitungshandlungen eigener Art" (Dreher J Z 53, 425) enthält. Die durch § 90 I I I gebotene Auslegung als allgemeine Erscheinungsform des Verbrechens bringt aber einen unheilbaren Bruch in das System. § 49 a ist nicht etwa die Konsequenz einer auch im übrigen dem StGB zugrunde hegenden „schuldstrafrenhtlichen Grundidee" (so anscheinend Dreher a.a.O.), sondern er durchbricht als Ausdruck polizeilichen Geistes den Gedanken der Tatschuld, nämlich der schuldhaften Verwirklichung einer tatbestandsmäßigen Handlung. Beim Versuch als der unmittelbar auf Tatbestandsverwirklichung abzielenden für das Rechtsgut gefährlichen Handlung bleibt dieser Gedanke gewahrt (oben Vorbem. I I vor § 43). In § 49a führt seine Verflüchtigung dazu, daß generell „eine das geschützte Rechtsgut geringer gefährdende Vorbereitungshandlung" (BGHSt. 1 135) in den Straffolgen der „stärkeren Gefährdung" gleichgestellt wird, wobei jene überdies bloßen animus socii, diese animus auctoris voraussetzt (der in BGHSt. 1 309 angedeutete Gedanke g r ö ß e r e r Gefährlichkeit, weil der Auffordernde die von ihm in Bewegung gesetzten Kräfte nicht mehr in der Hand habe, kann nicht überzeugen). BGHSt. 6 213: „bestraft wird nach den für den V e r s u c h des v o r b e r e i t e t e n Verbrechens geltenden Vorschriften" enthüllt den inneren Widerspruch. — Der Hinweis auf Art. 24 I I SchweizStGB rettet nicht, da dieser auf der Schuldteilnahmetheorie beruht (Schweizer BGH 1947 IV 244). - BGHSt. 8 261 (262) spricht offen aus, daß das 3. StÄG die erfolglose Anstiftung noch weitergehend als die Fassung von 1943 straft (s. u. IV 1). — In der unklaren Begründung von BGHSt. 9131, 134 (s. u. Anm. IV 6 und VI) zeigt sich die Unsicherheit über den Grundgedanken. III. Die Geltung auch der Neufassung wird damit fragwürdig, weil wesentlich Ungleiches sachlich gleich behandelt und der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG in der Auslegung des BVerfG (JZ 5432) nicht beachtet ist. Bedenken insoweit auch bei Dreher. Das oben zu I festgestellte Übergewicht des Gesinnungsmoments verletzt ferner den Grundsatz rechtsstaatlicher Tatbestandsbestimmtheit (Art. 103 Abs. 2 GG). Der anerkennenswerte Versuch in BGHSt. 1 136 und 308, den willensstrafrechtlichen Grundgedanken bei der richterlichen Strafzumessung generell zu korrigieren, übersteigt die Grenzen richterlichen Könnens, denn er verletzt den Grundsatz der Gewaltenteilung (oben Vorbem. IV 4 vor § 13). BGHSt. 1 59 und 307 gehen auf die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht ein, denen der BGH hier auch sonst, soweit ersichtlich, niemals auf den Grund gegangen ist. Bezeichnend für die Problematik des § 49a ist auch, daß BGHSt. 1 309 mit der m a n g e l n d e n Tatherrschaft des Auffordernden die Versuchsstrafe rechtfertigen will, in vollem Gegensatz zur sonstigen Versuchs- und Teilnahmelehre. S. o. zu I I a. E. und Vorbem. I vor § 47. — Die hier Anm. I — I I I erhobenen Bedenken teilt Salm, Das versuchte Verbrechen S. 69, weil sich in § 49a das vom Gesetzgeber auf die Spitze getriebene Willensprinzip überschlage. IV. Versuchte Anstiftung (Abs. 1). 1. Versuch: auch der absolut untaugliche, E 66 126, BGHSt. 4 254. Richtigerweise aber nicht der Mangel am Tatbestand (arg. § 159: e r f o l g l o s e Anstiftung). Vgl. dort Anm. I I a . E. Erfolg ist die Veränderung in der Außenwelt: so besonders deutlich § 46 Nr. 2. Aus welchem Grunde die A. nicht bestimmend wirkte (der andere entschloß sich nicht oder führte seinen Entschluß nicht aus oder war — E 37 172 — schon entschlossen) ist gleich. E 72 375. Nach BGHSt. 8 261 (262) braucht seit dem 3.

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StÄG der (schriftliche) Anstiftungsversuch den Empfänger nicht einmal erreicht zu haben. Dazu oben I, II. 2. Anstiftung setzt animus socii voraus. § 90 I I I legt den Schluß nahe, daß j e d e erfolglose Bestimmung eines anderen bloße Vorbereitungshandlung ist. Animo auctoris begangen, wäre sie demnach nicht strafbar! Dieses unerträgliche Ergebnis läßt sich zwar durch die Erwägung abschwächen, daß der mittelbare Täter das Steuer der eigenen Angelegenheit fester in der H a n d h a t und deshalb die Einwirkung auf die Mittelsperson u. U. schon Versuch ist (BGHSt. 4 270, vgl. Vorbem. I vor § 43). Aber BGHSt. 4 18 sieht in der erfolglosen Bitte der Schwangeren an den Arzt, ihr „zu helfen", mit Recht bloße Vorher, des eigenen Delikts gem. § 218 I, 2. Fall und lehnt es zutr. ab, hier §49a i. V.m. §218 Abs.3 etwa deshalb anzuwenden, weil das Gesetz die Vorber. Hdlgen., die auf Beteiligung eines Dritten an einem geplanten Verbr. abzielen, ernster beurteile als selbständig betriebene (so Maurach, auch Dreher GA1954,17, 20.). Dieser Gedanke stünde m i t dem Strafgrund der Teilnehmer in Widerspruch: „Nicht weil sie Schuld daran tragen, daß ein anderer sich strafbar macht, sondern weil sie dazu mitwirken, daß eine der gefährlichen Handlungen, welche als solche im Teil I I des StGB mit Strafe bedroht sind, verübt werde" (E 15 316, ebenso BGHSt. 4 355 [358]). 3. Verbrechen: eine Tat, die so, wie sie der Anstiftende vorsah, in der Person des Täters ein Verbr. i. S. des § 1 gewesen wäre. E 23 353, B G H N J W 51 666. Das folgt aus der Akzessorietät der Teilnahme. F ü r strafschärfende oder -mildernde pers. Eigen sch. oder Verhältnisse greift aber auch f ü r § 49 a die Regel des § 50 ein. So BGHSt. 4 17, anders E 32 267, 60 88. Teüw. abw. f r ü h . Aufl. BGHSt. 6 308 will auf den Außenseiter, der einen Beamten erfolglos zur Gefangenenbefreiung anzustiften versucht, § 347 i.V. m. § 49 a und § 50 anwenden. Aber der Verbrechenscharakter der H a u p t t a t ist täter-, nicht tatgebunden, und die Schuld des Anstifters entspricht nur dem Vergehenscharakter des § 121. BGHSt. 4 17 betr. erfolglose Auff. zur Abtreibung durch die Schwangere lehnt dagegen § 49a i.V. m. § 218 I I I mit Recht ab, schon weil sie hier nur ihre eigene Tat vorbereitet. F ü r den umgekehrten Fall in BGHSt. 3 228 gilt das Entsprechende. § 218 I und I I I differieren nicht tat-, sondern täterschaftsmäßig. BGHSt. 1139. Gegen BGHSt. 3 228, 4 17: Niese JZ 53, 549 ; 55, 324; Dreher N J W 53, 313, GA 54, 20. Dafür Maurach § 53 I I B 2a, Börker J R 56, 286, der auch BGHSt. 6 308 zustimmt. Kritisch Jescheck GA 1954, 332. Vgl. oben zu 2. Bei A u s l a n d s t a t entscheidet die Qualifikation nach d e u t s c h e m Recht: E 37 46. 4. Bei einzelnen Vergehen entspr. Anw. des §49a: §§90111, 159 (über dessen große praktische Bedeutung vgl. Dreher GA 1954, 13 Anm. 9). Ebenso der Sache nach § 111 II. Bei § 156 ist danach der Versuch straflos, Vorbereitung animo socii aber über § 159 strafbar! Das ist ein Widerspruch nicht nur in sich, sondern auch zu der Regel, daß sonst bei Vergehen erfolglose Einwirkung auf das Werkzeug als versuchte mittelb. Täterschaft in Betracht kommt (BGHSt. 4 270), bei bloßem animus socii aber straflos bleibt (dazu Dreher GA 54, 17, Maurach § 53 I I B 2b). 5. Mit Strafe bedroht: die vorgesehene Tat muß in der Person des H a u p t t ä t e r s tatbestandsmäßiges Unrecht sein. Bei gutgläubigem Tatmittler wird allerdings der Bestimmende regelmäßig mittelb. Täter sein, vgl. aber auch oben Vorbem. I 2, 3 vor § 47.

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Teilnahme § 49 a

6. Daraus, daß es sich um Teilnahme und nicht um ein Sonderdelikt handelt, (BGHSt. 6 308, 312, unklar aber BGHSt. 9 131, 134, s. u. Anm. VI), folgt weiter, daß die Bestimmung des anderen ernstlich gewollt sein muß (E 60 23, 63 199) und daß sie ihm andererseits nicht zugegangen zu sein braucht (anders fr. E 26 81), er sie auch nicht verstanden haben muß (E 47 230). Noch weiter geht BGHSt. 8 261 (s. o. zu 1). V. Andere Vorbereitungshandlungen (Abs. 2). Das f ü r die erfolglose Anstiftung Gesagte gilt grundsätzlich auch hier, vgl. insbes. oben zu II und zu IV 6. Im einzelnen: 1. Verabredung ist eine auf die Ausführung eines bestimmten Verbrechens gerichtete Willenseinigung, der Sache nach Vorbereitung der Mittäterschaft (E 59 378) und als Erscheinungsform des Verbrechens rückfallbegründend (BGHSt. 2 360). Vgl. Dreher GA 54, 14. Ein bestimmtes verbr. Unternehmen muß verabredet sein, doch braucht z. B. die Person des Opfers nicht festzustehen. Köln N J W 51 621 betr. Autospringer auf der Lauer, BayObLG N J W 541257 betr. geplanten Überfall auf Tankwarte oder Autofahrer. Zu eng Hamburg MDR 48 368 (Anm. Kuhn). Daß eine „Einigung" zustande gekommen sein muß, es andererseits aber belanglos ist, von wem die Initiative ausgeht, unterscheidet sie von den übrigen Fällen. Vgl. E 55 87. Daß jeder an der Ausführung persönlich teilnehmen will, ist nicht nötig; aber daß es jedem Ernst damit ist, daß die T a t wirklich ausgeführt werde, und daß er irgendeinen Tatbeitrag liefern will. Deshalb ist nicht nur der Lockspitzel, sondern auch sein Mitkomplottant straflos. Vgl. E 58 329, 59 376. — V. auch als absolut untaugl. Vorbereitungshdlg. s t r a f b a r : BGHSt. 4 254 betr. fehlendes Angriffsobjekt. — E s ist nur „ e i n e " Verabredung, auch wenn mehrere Verbrechen begangen werden sollen; selbst wenn die Ausdehnung des Planes erst allmählich erfolgt. E 69 164. 2. Das Sich-Bereit-Erklären (also auch das Sich-Erbieten, unten zu 3) muß ernst gemeint (E 1 338, 63 199) und braucht nicht zugegangen zu sein (ebenso Maurach a. a. O. I I C 2 a, a. A. Dreher-Maaßen Anm. 4). 3. Die Annahme des Anerbietens setzte nach RG beiderseits Ernstlichkeit voraus: „die Gefährlichkeit der Annahme ist durch die des Erbietens bedingt" (E 57 243). A. A. Mezger L K 253, Maurach a. a. 0 . zu b) und jetzt auch BGHSt. 10 388: entscheidend sei, daß der das — nicht ernstlich gemeinte — Anerbieten Annehmende seinen Entschluß durch die a l l g e m e i n den Rechtsfrieden gefährdende Vorbereitungshandlung erkennbar gemacht habe. Aber damit wird die Tatbestandsmäßigkeit in einer bei § 49 a besonders bedenklichen Weise verflüchtigt, vgl. oben Vorbem. III 4 e vor § 43. Auch mit der Auslegung des Abs. 1 ist das Urteil unvereinbar (oben IV 6), zumal dieser dem Abs. 2 vorgeht (BayObLG N J W 56 1000, s. u.). Gegen BGHSt. 10 388 zutr. auch Blei N J W 58, 30. VI. Subsidiarität gegenüber der erfolgreichen Anstiftung (unten Vorbem. III 2 vor § 73) war in der a. E. ausdrücklich bestimmt und folgt jetzt zwingend aus der gesetzlichen Konstruktion der Stelle als versuchter Teilnahme und Vorber.Hdlg. (§ 90 III). BGHSt. 1 131 begründet die S. zutr. formell: Vorber. gegenüber Versuch und Vollendung, und materiell: geringere Rechtsgutsgefährdung. Ebenso BGHSt. 8 38. Über BGHSt. 1 309 oben zu I I a. E. Wenn der Anzustiftende gar nichts tut, kommt freilich der Bestimmende u. U. schlechter weg als wenn er weniger t u t als er sollte (BGHSt. 1 131: einfachen statt Straßenraubes). Aber das spricht nicht gegen die

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Subsidiarität, sondern gegen die unrichtige Gleichstellung der Straffolgen des § 49 a mit denen des § 44 (oben III). Mit Recht lehnten es daher BGHSt. 1 131, 4 19, 6 311, 8 38 ab, auf diesem Fehler durch Annahme von Idealkonkurrenz zwischen versuchter und vollendeter Anstiftung weiterzubauen. Anders aber BGHSt. 9 131, 134 (zust. Armin Kaufmann JZ 56, 607) mit der unklaren Begr., § 49a sei eine selbständig strafbare Vorbereitungshandlung, die Haupttat werde „vorbereitet" (die Anführungszeichen stellen den Begriff wieder in Frage). In BGHSt. 1 241 hatte der zum Meineid Aufgeforderte uneidlich falsch ausgesagt. IdKonk. zw. §§ 153/48 und 154/49 a folgte, wie BGHSt. 5 45 unterstreicht hier lediglich daraus, daß nach der bish. Rspr. der Meineid gegenüber der Falschaussage eine Straftat eigener Art war; anders jetzt BGHSt. (GrSen.) 8 301. In BGHSt. 1 305 ist IdKonk. zw. Nötigung und Aufforderung zum Morde aus dem gleichen Grunde selbstverständlich, ebenso in BGHSt. 6 308 §§ 333 u. 347/49 a i. V. m. § 73. Diese Fälle, in denen jeweils v e r s c h i e d e n e Rechtsgüter verletzt waren, berühren die Subsidiaritätsfrage überhaupt nicht, die nur innerhalb der Erscheinungsformen des g l e i c h e n Delikts, hier aber auch für die privilegierten oder qualifizierten Fälle auftaucht. Allgemein für IdKonk., bei Zusammentreffen des § 49a mit §48 Dreher GA 1954,20 und JZ 53,425, obwohl er die gleiche Strafwürdigkeit von § 49 a und § 43 in Frage stellt, Maurach § 53 I I D 2, obwohl er § 49 a für echte Teilnahme erklärt, und Welzel § 16 II 7. Die versuchte Bestimmung des Abs. 1 verdrängt die (subsidiäre) Verabredung des Abs. 2: BayObLG NJW 56 1000. Allg. zum Verhältnis beider Absätze zueinander Blei NJW 58, 30. Über das Verhältnis des § 49 a zu § 218 IV vgl. BGHSt. 3 228, 4 17 sowie unten § 218 Anm. VII. VII. Tätige Reue in Abs. 3, 4 weitergehend als nach § 46 Nr. 2 prämiiert; über die allg. Bedeutung dieser Stelle vgl. §46 Anm. VII2a. Wie inAbs. 1,2 der betätigte böse Wille zur Strafbarkeit genügt, so genügt in Abs. 4 der betätigte gute Wille zur Straflosigkeit. Ebenso jetzt BGHSt. 1 309. Für den nichtbeendeten Anstiftungsversuch und die ihm gleichstehenden Handlungen des Abs. 2 ist § 46 Nr. 1 analog heranzuziehen (so schon Schröder MDR 49, 714, Dreher GA 1954, 19). Praktisch bedeutsam vor allem Abs. 4 (zutr. Maurach § 53 I I E 2 b). Tätige Reue durch Unterlassung möglich: BGHSt. 4 200 (der zum Meineid Aufgeforderte wird nicht als Zeuge benannt); BGH verweist auf Abs. 4, sieht jedoch in Widerspruch dazu in der Nichtbenennung eine Verhinderung der Tat, von der Abs. 3 handelt. Vgl. ferner E 38 225 (Benachrichtigung der Polizei oder Warnung des Opfers), E 56 210, 70 225 (Umstimmen des Angestifteten), Tübingen DRZ 49 44 (unfreiwillig, wenn Tat unabhängig vom Willen des Täters unmöglich wird ?). — Auf Vorbereitung einer Verschleppung (§ 234a Abs. 3) ist § 49a Abs. 3 u. 4 entspr. anzuwenden: BGHSt. 6 85 unten. Hinweis auf §§ 49b Abs. 3, 82 u. 90 Abs. 3. Die Entsch. betont neben dem Gedanken der „goldenen Brücke" (s. o. § 46 Anm. I) die Minderung des Schuldvorwurfs. Vgl. zu dieser Grundfrage § 46 Anm. I und IV 2.

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Teilnahme § 49 b

Verbindung und Verabredung zur Tötung

§ 49b (1) Wer an einer Verbindung teilnimmt, die Verbrechen wider das Leben bezweckt oder als Mittel für andere Zwecke in Aussicht nimmt, oder wer eine solche Verbindung unterstützt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren. (3) Nach diesen Vorschriften wird nicht bestraft, wer der Behörde oder dem Bedrohten so rechtzeitig Nachricht gibt, daß ein in Verfolgung der Bestrebungen der Verbindung beabsichtigtes Verbrechen wider das Leben verhindert werden kann. I. Entstehung: 1. StGEntw. 1927, § 176, mit der Überschrift „Feme". — 2. Übernahme in das Republikschutzgesetz v. 26. 3. 30. — 3. Übernahme in das StGB als § 49 b durch VO v. 29. 12. 32, durch die das RepSchG außer K r a f t gesetzt wurde. — 4. Die VO. v. 29. 5. 43 strich hinter „Verbindung" die Worte: „oder Verabredung", da durch § 49a neu geregelt; vgl. dort Anm. V 1 u. E 24 328. II. Selbständiger Tatbestand. Rechtsgut die öff. Ordnung. E 69 168, RG J W 33 2337 (Anm. Wegner). Versuch straflos: E 58 394. Vgl. Niese DRiZ 52, 24. III. Verbindung ist ein Zusammenschluß mehrerer f ü r eine gewisse Dauer, um gemeinsam und in Unterordnung unter einen Gesamtwillen in bestimmter Richtung f ü r bestimmte Zwecke tätig zu werden. Die Teilnahme, die freiwillig sein muß, besteht in der Unterordnung unter den Gesamtwillen und in der Bereitschaft, an seiner Ausführung mitzuwirken. Vgl. E 13 277, 24 328, ferner unten § 90 a Anm. IV, 129 Anm. I. IV. Unterstützung (nur gegenüber Verbindungen strafbar) besteht in der, wenn auch nur einmaligen, Förderung ihres Zustandekommens oder Bestehens. Mit etwaiger späterer Mitgliedschaft oder Mittätigkeit kein Fortsetzungszusammenhang (entspr. E 67 139 u. 177). V. Bestrafung wegen Tötung oder Tötungsversuchs, die in Verfolgung der V begangen werden, bewirkt, daß die Strafbarkeit wegen der Teilnahme oder Unterstützung in ihr aufgeht, wenn sich in der Tötung der Zweck der V erschöpft; anders, wenn sie deren Zweck nur teilweise verwirklicht. Vgl. E 59 377, J W 33 2337. VI. Zu Abs. I I : Besonders schwere Fälle. D i e Formel ist an dieser Stelle aus § 176 Abs.2 Entw. 1927 entnommen (Anm. I), also hier jedenfalls i. S. des § 77 I I Entw. 27 auszulegen. Vgl. oben § 1 Anm. V. Ferner E 69 169 (B. s. F. bei einzelnen Teilnehmern). VII. Zu Abs. I I I : Sonderbestimmung f ü r die tätige Reue gegenüber §§46,49a I I I , aber nur betr. § 49b selbst. Bzgl. „Nachricht" vgl. E 59 118. Tatsächliche Verhinderung steht der Nachricht arg. a fortiori gleich. Vgl. § 46 Anm.VII 2 a.

Teilnahme § 50

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Einstehen für eigene Schuld § 5 0 ( 1 ) Sind mehrere an einer Tat beteiligt, so ist jeder ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld strafbar. ( 2 ) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Eigenschaften oder Verhältnisse die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt dies nnr für den Täter oder Teilnehmer, bei dem sie vorliegen. Schrifttum: R e d s l o b , Die persönlichen Eigenschaften und Verhältnisse usw. 1909 (StrAbh. Heft 97). — K o h l r a u s c h , Täterschuld und Teilnehmerschuld, Bumke-Festschrift (1939). — L a n g e , Die notwendige Teilnahme (1940), S. 52ff. — v. d. L ü h e , Probleme um § 50 StGB (1940) (Hamburger Diss.). — M e z g e r in LK, 7. Aufl. — N i e t h a m m e r , Sinn und Wirkung des § 50, DRZ 46, 167ff. — L a n g e , Die Schuld des Teilnehmers usw., J R 49, 165ff. — D a h m , Über das Verh. v. T. u. T., N J W 4 9 , 809ff. — B o c k e l m a n n , desgl., 1949. - D e r s e l b e , GA 1954, 193. v. W e b e r , Teiln. an Mord und Totschlag, MDR 52, 265. — H a r d w i g , § 50 und die Bereinigung des StGB, GA 1954,65 ff. — B ö r k e r , Zur Abhängigkeit derTeilnahme JR53,166. — D e r s e l b e , Zur Bedeutung bes. pers. E. oder V. bei § 49a, J R 56, 286. — S a x , Der Begriff der „strafbaren Hdlg." usw., MDR 54, 65ff. — H e i n i t z und O e h l e r in Berliner Festschr. zum 41. Dt. Juristentag 1955. I. Entstehung und Grundgedanke. Das PreußStGB kannte, wie heute noch der code pénal, keine dem § 50 entsprechende Bestimmung. Bis zur Novelle vom 29. 5. 43 bestand nur der jetzige Abs. 2. Die gen. VO. verschärfte seine Fassung, indem sie das Wort „besondere" einfügte, bezog die strafausschließenden E. u. V. ein und stellte in Abs. 1 eine Grundregel voran, die weit über die Teilnahmelehre hinaus Bedeutung hat (Mezger LK Anm. 2 : „Eckstein in der Lehre vom Verbrechen", BGHSt. 1 50: „Ausdruck eines großen allgemeinen Rechtsgrundsatzes", daher z. B. auch f ü r § 259 anwendbar; BGHSt. 4 357: Eine Einschränkung der allgemeinen Norm des § 50 Abs. 1 kann nicht aus dem Begriff der Anstiftung hergeleitet werden). § 50 kann daher nicht durch Wortanalyse allein verstanden werden, andererseits auch nicht durch einfachen Rückgriff auf das in ihm enthaltene Prinzip der materiellen Gerechtigkeit. Binding Grdr. 5 S. 130 erklärte die Nichtberücksichtigung des Fehlens straferhöhender Eigenschaften bei Teilnahme an Tötungsdelikten f ü r „den schreiendsten Widerspruch zu den Anforderungen materieller Gerechtigkeit", OGHSt. 1, 103f. f ü r „ein Gebot der Gerechtigkeit", Kohlrausch in der 38. Aufl. dieses Buches hielt nur sie f ü r „innerlich gerechtfertigt", nicht aber die entsprechende Behandlung strafmindernder Umstände. Die genauen Grenzen der Bestimmung können vielmehr nur im Rahmen des Verbrechensbegriffs und der jeweiligen Struktur der einzelnen Tatbestände gezogen werden. Ihr Grundgedanke und damit ihre richtunggebende Bedeutung für die Teilnahmelehre steht aber insoweit fest, als sie in Erfüllung eines alten Reformanliegens die Abhängigkeit der Teilnahme auf das Erfordernis des objektiven Tatunrechts in der Handlung des Haupttäters beschränken wollte. Der Gedanke der Schuldteilnahmetheorie, daß die schwerere Schuld des einen den anderen mitbelaste, auch wenn sie in seiner Person nicht vorliege (vgl. oben Vorbem. I I 2 vor § 47 und J R 49.

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Teilnahme § 50

167) ist hierdurch gesetzlich von der Wesensbestimmung der Teilnahme ausgeschlossen und auf Strafzumessungserwägungen verwiesen (oben Vorbem. IV 4 vor § 13); damit aber auch der Gedanke, zum Wesen der Teilnahme, insbes. der Anstiftung, gehöre eine Bestimmung zur Übeltat als solcher (ein Gedanke, der ohnehin beim Gehilfen nicht durchführbar ist); dazu Vorbem. I I vor § 47. Vom Standpunkt der hier abgelehnten Theorie aus ist der Gedanke des § 50 seinerseits „unhaltbar"; so schon Schütze Lb. 1874 §44 N. 12. Prinzipielle Kritik auch bei Maurach § 53 I I I D. Folgerichtige Aushöhlung seines Inhalts bei Kohlrausch, 38. Aufl. § 50 scheidet das Unrecht der Tat von der Schuld des Täters. Nur das erstere ist akzessorisch zu behandeln, also dem Teilnehmer ohne Rücksicht darauf, ob seine Voraussetzungen bei ihm selbst vorliegen, zuzurechnen. Zu ihm gehört in erster Linie die objektiv eingetretene Rechtsgutsverletzung, aber auch die (alleinige oder hinzutretende) Rechtsgutsgefährdung, die in der Richtung der Handlung auf dessen Verletzung liegt, wie beim Versuch, bei den Absichtsdelikten, sei es in Fällen wie den §§ 242 und 263 oder in Fällen wie § 94, wo die der Handlung innewohnende objektive Tendenz ein anderes Rechtsgut als das bereits verletzte gefährdet. Uber die bisher durch den Erfolg qualifizierten Delikte, deren sachgemäße Auffassung als Gefährdungsdelikte angesichts des § 56 nicht mehr möglich erscheint, vgl. oben § 48 zu Anm. VIEL Man darf aber nicht, wie dies regelmäßig geschieht, das Unrecht der Tat mit ihrer Tatbestandsmäßigkeit gleichsetzen. Denn der Tatbestand typisiert nicht nur Unrecht, sondern an vielen Stellen auch Schuld (z. B. „niedere Beweggründe" in § 211). Und neben die Tattypik tritt die Tätertypisierung, auch sie entscheidend unter dem Gesichtspunkt gesteigerter Schuld. So ist beim gefährlichen Gewohnheitsverbrecher die verschuldete Gefährlichkeit, ebenso aber auch bei Rückfälligkeit oder Gewerbs- und Gewohnheitsmäßigkeit diese Neigung oder Einstellung keine Eigenschaft der einzelnen Tat, sondern des Täters. Beim Beamten enthält die besondere Amtspflichtverletzung ein höchstpersönliches, unübertragbares Schuldmoment. Bisweilen ergibt erst die Auslegung eines Begriffes, daß er neben dem Unrecht der Tat auch die Schuld des Täters besonders charakterisiert. So verlangt der Begriff der Steuerhinterziehung in § 396 RAO über die bewußte Steuerverkürzung hinaus eine hinterhältige, listige Täuschung der Behörde: E 60 97; 70 10; 71 217; BGHSt. 2 340. Ob tat- oder tätergebundene Merkmale vorliegen, ist jeweils im Einzelfalle zu prüfen. Vgl. z. B. BGHSt. 6 261,262,8 70,208 betr. Gewerbsmäßigkeit einerseits, Bandenmäßigkeit andererseits. Nicht entscheidend ist, ob ein del. sui generis gebildet worden ist. Dies kann in einer Modifikation des tatgebundenen Unrechts, es kann aber auch in der Rücksicht auf eine besondere Lage des Täters seinen entscheidenden Grund haben, wie z. B. in § 248a (a. A. Maurach § 53 I I I B 2a; wie hier die meisten, auch E 72 373; 74 86; OGHSt. 8 115). Innerhalb des einheitlichen Grundgedankens der Bestimmung, die Abhängigkeit der Teilnahme auf das tatgebundene Unrecht der Haupttat zu beschränken, ist Abs. 1 die weit über die Teilnahmelehre hinausreichende Grundregel, während Abs. 2 die entscheidende Trennungslinie zwischen Tat- und Täterelementen präzisiert. Treffend BGHSt. 8 205, 209: „Der Abs. 2 des § 50 kann nicht ohne Rücksicht auf den leitenden Grundsatz des Abs. 1 ausgelegt werden. Die Vorschrift

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bildet eine Einheit und regelt die Anwendung des Schuldgrundsatzes bei der Tatbeteiligung mehrerer." Die neuerdings vertretene Meinung (Welzel § 16, V ; Maurach § 5 3 I I I B ) , wonach Abs. 2 in erster Linie und ohne Rücksicht auf Abs. 1 zu prüfen sei, weil Tatbestandsfragen in der Verbrechenskonstruktion den Schuldfragen vorgingen, übersieht, daß hier die Frage gerade die ist: was am gesetzlichen Tatbestand die Tat und was den Täter, was das Unrecht der T a t und was die Schuld des Täters typisiert. Wie hier v. Weber M D R 52, 265. — Ob sich die täterschaftlichen Elemente (wie Beamteneigenschaft u. dgl.) als „personales Unrecht" (Welzel) erfassen lassen, kann hier auf sich beruhen, da auch sie jedenfalls nicht akzessorisch zu behandeln sind. Die im folgenden zu behandelnde Lücke des § 50 darf nicht systematischer Richtpunkt sein (a. A. Hardwig GA 1954, 65ff.). Der Sinn des § 50: die Akzessorietät auf das tatgebundene Unrecht zu beschränken und den einen nicht für die größere Schuld des anderen büßen zu lassen, trifft in ganz besonderem Maße auf die echten Sonderdelikte zu, bei denen der Außenseiter weder das Rechtsgut in eigener Person verletzen noch sich der spezifischen Pflichtverletzung schuldig machen kann, die den Amts- oder sonstigen Pflichtenträger trifft. I m Gemeinen Recht und noch in einzelnen Partikularrechten des 19. Jahrh. waren darum, obwohl es keinen § 50 gab, außenstehende Teilnehmer an reinen Amtsdelikten straffrei. Mit sehr beachtlichen Gründen tritt hierfür de lege lata H. Mayer § 51 I 5 a) ein. Doch wird man wohl der herrschenden Lehre folgen müssen, die die Teilnahme an echten Amtsdelikten mangels Berücksichtigung in § 50 Abs. 2 akzessorisch behandelt. Das Gesetz ist hier grob fehlerhaft. Über die Folgen vgl. etwa B G H S t . 5 7 6 : „Wer eine strafb. Hdlg. begangen hat und einen Beamten, der ihn strafr. verfolgen müßte, bestimmt, dies zu unterlassen, entgeht der Strafe wegen Anstiftung zum Verbrechen nach § 346 nicht deshalb, weil sein Verhalten seiner eigenen Begünstigung dient." Vgl. hierzu aber auch oben Vorbem. I V vor § 47 und unten zu § 346. I I . Schuld. — Das Wort kam im S t G B a. F . kaum vor. I n der Theorie wurde es gebräuchlich als Oberbegriff für die beiden „Schuld"-Arten Vorsatz und Fahrlässigkeit. So noch jetzt Braunschweig M D R 48 182 (abl. Anm. F i g g e ) . Daß es, wenn man unter Vorsatz nur Wissen und Wollen des Erfolges versteht, m e h r bedeuten muß, darüber vgl. Anm. I I zu § 59. So nun auch § 50 I . Die Überschrift „Einstehen für eigene Schuld" ist dem amtlichen R G B l , entnommen. Zur Schuld gehört alles, was den Vorwurf gegen den Täter begründet und gestaltet. Das sind zunächst die die T a t begleitenden psychischen Vorgänge, darüber hinaus aber vielfach besondere persönliche Umstände. Auf diese geht das Ges. in Abs. 2 besonders ein. Die Auslegung dieser Stelle hat daher lediglich den Grundsatz des Abs. 1 zu entfalten. I I I . Besondere persönliche Eigenschaften und Verhältnisse. Persönliche: Gegensatz solche, die den ä u ß e r e n T a t b e s t a n d als U n r e c h t s t v p berühren. So ist in vielen Fällen für das Schuldurteil von Bedeutung, ob der Täter aus niedrigen (§ 211) oder achtenswerten (§ 216) oder doch verständlichen (§§ 213, 217^ Motiven gehandelt hat und daher sein Handeln als Symptom einer bestimmten Gesinnung, also einer persönlichen Eigenschaft erscheint. Näheres in J R 49, 165ff. Besonders deutlich ist das größere oder geringere Schuldgewicht — bei gleicher Rechtsgutverletzung — j e nachdem welche innere Einstellung der Täter hatte, in der Neu-

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Strafausschließungs- und Milderungsgründe. Vorbemerkungen

fassung des Mordtatbestandes erkennbar. Hier zeigt sich zugleich, daß „Schuld" nicht nur im ethisierenden Sinne gefaßt werden darf, sondern auch Gefährlichkeitsmomente mit begreift: Wer vor Anwendung gemeingefährlicher Mittel nicht zurückschreckt, um einen Menschen zu töten, ist eben darum schwerer schuldig, selbst wenn seine Beweggründe verständlich sind. Wer gewohnheits- oder gewerbsmäßig handelt, wer rückfällig, gefährlicher Gewohnheitsverbrecher ist. dessen Schuld ist als verschuldete Gefährlichkeit gesteigert. Aber auch in besonderen persönlichen Verhältnissen etwa zum Angriffsobjekt oder zum verletzten Rechtsgut kann die Modalität der Schuld liegen. So beim Beamten, bei dem, dem eine Sache anvertraut worden ist, bei dem Sohn, der den Vater erschlägt. Nicht die Wortauslegung des Begriffs „Dauer", sondern der dem Prinzip des Abs. 1 entsprechende Grundgedanke der Schuldsteigerung oder -minderung ist daher für die Auslegung der vom Gesetz aufgestellton drei Gruppen maßgeblich. Diese sind: 1. Strafschärfungsgründe: G e w e r b s m ä ß i g k e i t §§ 260, 292, 293, 302d, 175a Nr. 4 erste und zweite Alternative, vgl. hierzu E 25 266, 26 3 betr. Hehlerei, 61 268 betr. Wilderei, 71 72 betr. Homosexualität. N i c h t dagegen B a n d e n m ä ß i g k e i t , die dieTat als bes. gefährlich kennzeichnet: BGHSt. 6 262 (gegen 4 35) für Schmuggel und Bandendiebstahl. — R ü c k f a l l , E 54 274, BGH MDR 52 407. — Gemeingefährlichkeit des § 20a, E 68 385, 392. — B e a m t e n e i g e n s c h a f t bei den unechten, gemischten Beamtendelikten, z. B. Amtsunterschlagung; E 63 31, 68 90, 75 289; BGHSt. 6 308 betr. Gefangenenbefreieung. Daß die Beamteneigenschaft des Haupttäters bei den e c h t e n Beamtendelikten die Strafbarkeit des Teilnehmers begründen soll, ist eine unerfreuliche, aber bei dem Schweigen des Gesetzes kaum zu vermeidende Folgerung. Vgl. Anm. I a. E. Richtiger § 32 Abs. 1 S. 2 Entw. 1930 und Thür. § 50 Abs. 2, die Strafmilderung vorsehen, wenn ein strafbegründender Umstand bei dem Teilnehmer nicht vorliegt. Heute schon allgemein bei Strafzumessung zu berücksichtigen! — Folgerichtig hat E 72 326 auch die Unterschlagung einer a n v e r t r a u t e n Sache (§ 246, 2. Fall) nach § 50 behandelt. Ebenso BGH inLMNr. lzu §351 (zust. Anm. Jagusch) betr. „in amtl. Eigenschaft empfangen". — 2. Strafmilderungsgründe: verminderte Zurechnungsfähigkeit, § 51 II. Jugendliches Alter, JGG §§3, 105, 106. Kindestötung § 217: E 2 153, 72 373. — Über die bei den Tötungsdelikten entstehenden Sonderfragen vgl. Anm. X I zu §§211, 212. — 3. Strafausschließungsgründe. Einbezogen durch VO v. 29. 5. 43. Hierher gehören alle in der Person des Täters begründeten Umstände, die der Annahme einer strafbaren Handlung entgegenstehen, also alle in den §§ 51 bis 59 sowie in § 1 JGG begründeten. Auf die Beurteilung des Teilnehmers wirken sie nicht zurück; er bleibt strafbar. Daß gleiches für solche Umstände gilt, die den inneren TB beim Täter unberührt lassen und nur die Möglichkeit, seine Person zu strafen, betreffen (z. B. Exterritorialität), ist selbstverständlich.

Vierter Abschnitt Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern Vorbemerkungen Der 4. Abschnitt regelt v e r s c h i e d e n a r t i g e Gründe, die nur das miteinander gemein haben, daß sie l e t z t e n E n d e s dazu führen, daß ein tatbestandsmäßiges Verhalten nicht (oder milder) bestraft wird. Die Verschiedenartigkeit der Gründe

Strafausschließungs- und Milderungsgründe. Vorbemerkungen

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hat wichtige praktische Folgen, besonders im Falle ihrer Kollision sowie f ü r Täterschaft und Teilnahme. Übersicht in Syst. Vorbem. I I I , IV. I. Eine „Handlung" im Rechtssinn (Syst. Vorbem. I I B) fehlt in den Fällen der „Bewußtlosigkeit" des § 51 a. F. und der „unwiderstehlichen Gewalt" des § 52 (E 31 395, wo freilich weder zwischen beiden Fällen des § 52 noch zwischen fehlender „Handlung" und fehlender „Schuld" unterschieden wird). II. Gründe, die die Rechtswidrigkeit ausschließen, also die Tat g e b i e t e n oder e r l a u b e n , sind: 1. Die Verpflichtung des Täters zum Handeln (insbes. bei Vollzugsbeamten). Näheres hierzu s. o. Syst. Vorb. I I I u n d unten § 113 Anm. I I I , ferner E 72 312, Frankfurt N J W 50 L20 (abl. Anm. Cüppers). Auch die im folg. zu 2 behandelten Amtsrechte sind vielfach zugleich Verpflichtungen. 2. Die Notrechte, insbes. die Notwehr § 53; ferner BGB §§ 228, 229, 904 u. a. (zu diesen Stratenwerth ZStW 56, 54ff. und, betr. § 860 BGB, Köln JMB1. N R W 56 180); Züchtigungsrecht (vgl. aber BGHSt. 6 263); Recht der Vollzugsbeamten zum Waffengebrauch; gegenüber dem f l i e h e n d e n T ä t e r nicht bei offensichtlich geringfügigen Verfehlungen, vgl. E 65395, Schlüter D J 40, 38, Gallas DRZ 49, 43; nach §55 PolVerwGes. 1931 und seinen AusfBest, nur bei Verbrechen; vgl. jetzt vor allem die landesrechtlichen Bestimmungen, z. B. § 4 hess. G v. 11. 11. 50, § 3 brem. G v. 19. 2. 54, und den Entw. eines Ges. über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öff. Gewalt durch Bundesvollzugsbeamte (UZwG) von 1954; Recht zur Festnahme und Verhaftung (§ 127 StPO) u. v. a. Näheres in System. Vorbem. I I I , insbes. auch zum sog. übergesetzlichen Notstand. — Zur Verbindlichkeit des rechtswidrigen m i l i t ä r i s c h e n B e f e h l s vgl. jetzt § 11 Soldatenges., §§ 5, 22 WehrStG, dazu Arndt GA 1957, 46, ferner unten § 109b Abs. 5 und dazu Anm. IX, X. — Zum früheren Rechtszustand vgl. v.Weber, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit für Handeln auf Befehl 1948 (Recht und Zeit H. 6); ders. MDR 48, 34 und das übrige Syst. Vorbem. I I I aufgeführte Schrifttum, ferner LG Hagen MDR 48 89. Die Begr. zu § 4 Entw. UZwG unterscheidet zutr. zwischen der Bindung des Beamten gem. § 56 Abs. 2 BBG, der schärferen des Vollzugsbeamten gem. § 4 Entw. UZwG und der noch strengeren des militärischen Untergebenen. — An rechtmäßigen Handlungen ist „Teilnahme" straflos; „Notwehr" gegen sie nicht erlaubt. Kiel SJZ 47 323 (abl. Anm. Arndt) bejaht dies mit Recht auch für eine solche pflicht- und ordnungsmäßige Exekutivhandlung (Festnahme eines Deserteurs) während des letzten Krieges. Der Gegenstandpunkt würde zur Anarchie führen. Vgl. auch unten § 52 I u. § 54 VII. Zum Widerstandsrecht vgl. BVerfG N J W 56 1393 ( = BVerfGE 5 87): nur als Notrecht zur B e w a h r u n g o d e r W i e d e r h e r s t e l l u n g der Rechtsordnung gegen o f f e n k u n d i g e s Unrecht als l e t z t e s M i t t e l zulässig. Vgl. Weinkauff, Über das Widerstandsrecht, Tübingen, Mohr 1956, Winterfeld, Grundlagen und Grenzen des Widerstandsrechts, N J W 56, 1417. N i c h t ist die Rechtsw. ausgeschlossen, wenn der Täter die Lage, die an sich die Tat rechtfertigen würde, selber absichtlich hcrbeigeiührt hat, um die Tat ungestraft begehen zu können; z. B. den „rechtswidrigen Angriff" provoziert hat, um dann unter Berufung auf Notwehr den Angreifer verletzen zu können. Grund der Strafbarkeit ist, daß hier der Z e i t p u n k t , in dem die schuldhafte rechtswidrige Handlung (die Tötung, Körperverletzung usw.) begangen wird, der ist, in dem mit

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Tatwillen dolos der „ R e c h t f e r t i g u n g s g r u n d " g e s c h a f f e n wird. Ahnlich der actio l i b e r a in causa (Anm.III zu § 51) liegt hier eine actio i l l i c i t a in causa vor, d. h. eine im Zeitpunkt des Tuns (z. B. der Verletzung) gerechtfertigt scheinende, letzten Endes aber (in causa also) rechtswidrige Handlung. 3. Die Einwilligung des Verletzten. Aua dem Schrifttum: H o n i g , die Einw. d. Verl., 1919. — T r a e g e r , Die Einw. usw. im zuk. Strafrecht GS 94, 112. — Z i t e l m a n n , ArchZivPr. 99, l f f . — S c h l o s k y , DStR 43,19. - S c h r e y , StrAbh. H. 248. — Eb. S c h m i d t , JZ 54,369. - H ä r t u n g , NJW 54, 122. - G e e r d s , GA 1954,262. - N o l l Z S t W 6 8 , 181.

Zu unterscheiden ist: a) Schon t a t b e s t a n d s m ä ß i g e s Handeln entfällt bei Einverständnis des Betroffenen in Fällen wie §§ 123, 176 Nr. 1, 177 1. Fall, 236, 242, 253. Wer mit Willen des Berechtigten ein Haus betritt oder eine Sache nimmt, dringt nicht ein, nimmt nicht weg. Zweifelhaft bei Freiheitsberaubung: nach Mezger Lb. S. 217 ist die TBM, nach StuB I I § 18, 2 die RW ausgeschlossen, und bei Beleidigung: Mezger StB I I § 35 I I I schließt die TBM, Schönke-Schröder § 185 I I I die RW aus; richtigerweise ist bei Verletzung des Ehrgefühls das erstere, bei Rufgefährdung das letztere anzunehmen, vgl. Vorb. VI vor § 185. Hier überall entsteht infolge des Verhaltens des Betroffenen von vornherein nicht die Lage, an die das Unrechtsurteil anknüpfen konnte. Dieses Verhalten ist rein tatsächlich festzustellen, natürlicher Wille genügt, auch ein erschlichenes Einverständnis steht z. B. dem Begriff des „Wegnehmens" entgegen; die Erschleichung ist nach § 263 oder § 265a strafbar. Zutr. Geerds a. a. O. 265 ff., gegen den jedoch die Möglichkeit strafbaren Versuchs zu bejahen ist, wenn der Täter das Einverständnis nicht kannte. b) Liegt das im Tatbestand umschriebene Handeln vor, so kann die Einwilligung des Berechtigten den U n r e c h t s c h a r a k t e r der Tat ausschließen: in dem Rahmen, der sich aus positiver Regelung oder aus dem Charakter des angegriffenen Rechtsguts ergibt. Dieser Funktion entsprechend muß hier die Einwilligung auch die sozialethische und rechtliche Tragweite der Handlung umfassen und von dieser Einsicht getragen sein. Ist sie erschlichen, so umfaßt sie die Tragweite nicht, ist sie erzwungen, so wird sie nicht von dieser Einsicht getragen. Da es sich um eine Preisgabe von Rechtswerten handelt und nicht um Übertragung subjektiver Rechte, sind die hierfür im Verkehrsinteresse aufgestellten Grundsätze des BGB über (bloße) Anfechtbarkeit und über Rückwirkung hier gegenstandslos; ebenso seine festen Altersgrenzen für Geschäftsfähigkeit. E 41 394, 71 349, BGHSt. 5 362. Jedoch darf — auch wegen § 105, 106 JGG — die volle Reife nicht mehr — wie von RG, z. B. in E 72 400, 75 180 unterstellt — jedenfalls mit 18 Jahren ohne weiteres deshalb angenommen werden, weil dann der Einwilligende seinerseits voll verantwortlich gemacht werde. Ob die Einwilligung in vollem Verständnis ihres sozialen Sinnes erfolgte, ist vielmehr nach den Umständen des Falles zu prüfen und kann bei derselben Person zur gleichen Zeit z. B. für geschlechtliche oder Vermögenspreisgabe verschieden liegen. Bei Preisgabe wirtschaftlicher Werte wird allerdings im allg. von den Grenzziehungen des BGB über die Verfügungsfähigkeit ausgegangen werden können, jedoch unter Ausschaltung der nur im Verkehrsinterease getroffenen Typisierungen. Rechtsgeschäftliche Qualität der Einw. fordern

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hier Frank S. 149, Welzel § 14 VII, Mezger Lb. S. 210 (sog. Erklärungstheorie); anders aber in LK 10 b) aa) vor § 51 (Willensrichtungstheorie), vgl. auch Liszt-Schm. Lb. S. 218. — Darüber, daß bei juristischen Personen (GmbH) für bestimmte Dispositionen die Gläubiger die einwilligungsfähigen Träger des maßgeblichen Interesses sind, vgl. BGHSt. 9 203. Preisgabe der G e s c h l e c h t s e h r e erklärt die Rsp. i. allg. bei Jugendlichen bis zu 16 Jahren für unbeachtüch: E 41 392, 60 34, 71 349, 74 224 (abl. Gallas ZAkDR 41, 21) einerseits, J W 38 1879, DR 39 233 betr. 16 j. mit geschl. Erfahrungen andererseits. Vgl. dazu den vorigen Abs. (insbes. wegen §§ 105, 106 JGG). Bei welchen Deliktsarten die Einwilligung das Unrecht ausschließen kann, ist der gesamten Rechtsordnung zu entnehmen. Bei V e r m ö g e n s d e l i k t e n ergibt sich ihre grundsätzliche Beachtlichkeit schon aus der Vertragsfreiheit, ihre Grenze markieren die §§ 302a ff., die Einwilligung des Verletzten begrifflich voraussetzen. Das Strafgesetz gibt nur Einzelregelungen. Negativ ergibt sich für T ö t u n g s d e l i k t e aus § 216, daß Einwilligung hier für den Ausschluß der RW unbeachtlich ist. BGHSt. 4 88, 93 stellt dies auch für § 222 fest, verneint jedoch unter besonderen Voraussetzungen die Pflichtwidrigkeit, s. a. E 57 172; RG JW 25 2250 und jetzt BayObLG NJW 57 1245. Für K ö r p e r v e r l e t z u n g e n erkennt § 226a bei Einwilligung Ausschluß der Rechtswidrigkeit an, wenn nicht die Tat trotz der EW gegen die guten Sitten verstößt. Hier b e g r ü n d e t die EW also den Ausschluß der RW nicht, sondern ihr Fehlen hindert ihn, auch wenn das Handeln gut gemeint und zweckgerecht ist (z. B. bei einer Bluttransfusion). In dieser Bestimmung — über deren Einzelheiten unten Anm. zu § 226 a — wird heute fast durchweg ein allgemeiner Rechtssatz gesehen (Maurach S. 269, H. Mayer S. 166/67, Schönke-Schröder I I I 6 vor § 51). BGHSt. 6 234 und besonders KG J R 54 428 erstrecken ihn auch auf fahrl. KVerl., letzteres mit der Begr., daß hier in das Risiko eingewilligt werde (nicht berücksichtigt von Hamm JMB1NRW 51 196). Zu dieser Frage vgl. Eb.Schmidt und Härtung a. a. O. sowie unten § 226 a Anm. III. Eine w i r k s a m e Einwilligung des Patienteji setzt voraus, daß er Wesen, Bedeutung und Tragweite des ärztlichen Eingriffs erkannt hat. Dabei ist nicht der innere, sondern der erklärte Wille des Patienten maßgebend: BGHZ NJW 56 1106. - Zu dem Fall BGHSt. 11111, in dem sich während der Operation ein weitergehender als der ursprünglich vorgesehene Eingriff als notwendig erwies, vgl. unten § 223 Anm. I I I B 2. Entspr. Anwendimg des § 226a wird bei B e l e i d i g u n g (abw.H. Mayer S. 167, Haefliger SchwZStR 67, 99 einerseits, Traeger S. 126ff., Honig 134, 136ff. andererseits) und F r e i h e i t s b e r a u b u n g , soweit nicht hier richtigerweise schon die TBM auszuschließen ist (oben zu a), ferner bei G e h e i m n i s v e r l e t z u n g (§§ 299, 300) gefordert. Sie kommt vor allem für die S a c h b e s c h ä d i g u n g des § 303, nicht aber des § 304 in Betracht. Bei Deliktsarten, die sich (auch) unmittelbar gegen Rechtsgüter der Allgemeinheit richten, ist die Einw. des privaten Betroffenen insoweit gegenstandslos, z. B. bei falscher Anschuldigung, BGHSt. 5 66, 67, bei der jedoch die Veröffentlichungsbefugnis verwirkt ist, BGHSt. 5 66, 69. Ebenso bei Körperverletzung oder Frei13

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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heitsberaubung im Amt und bei der gemeinschädlichen Sachbeschädigung des § 304. Arbeitszeitüberschreitung ist, auch wenn sie auf Wunsch der Belegschaft geschieht, strafbar: Hamburg BB 56 818. Bestr. bei Ehebruch je nach dessen Grundauffassung. Nach Traeger 129ff., Honig 133ff., L.-Schm. 573, Frank Anm. IV zu § 172, LK § 172 Anm. I I I beachtlich, nach BG (st. Rspr., z. B. 14 205, 25 119, GA 41 386, 54 305, die jedoch alle nach altem Eherecht ergangen), Maurach 361, Mezger Lb. 217, Sauer 119, Schönke-Schröder § 172 II, Welzel 85 u. 347 unbeachtlich. Nach H. Mayer 167 ist hier wie bei Einwilligung in unzüchtige Zumutungen der materielle Bechtsschutz, nach anderen der Strafverfolgungsanspruch verwirkt. Das zuständige Staatsorgan kann allerdings bei Delikten gegen die Allgemeinheit u. U. mit rechtfertigender Wirkung einwilligen, z. B. in die Mitteilung eines militärischen oder diplomatischen Geheimnisses, aber nur im Rahmen der Güterund Pflichtenabwägung, die dann der eigentliche tragende Grund des Unrechtsausschlusses ist. Zu diesem übergesetzlichen Notstand, der unmittelbar auf die materielle RW und deren Ausschluß zurückgreift, vgl. oben Syst. Vorbem. III. III. Die Schuld ist (trotz „rechtswidriger" Handlung) ausgeschlossen a) wenn der Täter n i c h t z u r e c h n u n g s f ä h i g war (§§ 51, 55 StGB., §§ 1, 3 JGG), b) wenn ihm sein Handeln infolge I r r t u m s (§ 59) nicht zum Vorsatz oder zur Fahrlässigkeit zuzurechnen ist, c) wenn es ihm (z. B. infolge Irrtums über den Umfang seiner Steuerpflicht) n i c h t m ö g l i c h w a r , zu e r k e n n e n , d a ß er U n r e c h t b e g i n g , d) wenn er trotz vorsätzlichen Handelns und Möglichkeit der Unrechtserkenntnis durch Notstand (§54), Nötigungsstand (§52), Notwehrexzeß (§53 Abs. 3) e n t s c h u l d i g t ist. — A n d e r e E n t s c h u l d i g u n g s g r ü n d e als die zu d) genannten s i n d g e s e t z l i c h n i c h t a n e r k a n n t ; sie anzunehmen wäre gesetzwidrig. Insbesondere kann daraus, daß jene Entschuldigungsgründe auf dem Gedanken der Unzumutbarkeit beruhen, nicht der Schluß gezogen werden, daß Zuinutbarkeit eine a l l g e m e i n e Schuldvoraussetzung sei. Die Nichtzumutbarkeit rechtmäßigen Verhaltens betrifft bei Vorsatz nur eine der Erwägungen, aus denen der G e s e t z g e b e r bestimmte Schuldausschließungsgründe anerkannt hat; sie ist nur ratio legis, aber n i c h t v o m R i c h t e r praeter legem oder gar contra legem zu beachten. Anders bei F a h r l ä s s i g k e i t : hier gehört sie zum Begriff. Ausdrücklich ebenso auch E 66 398 sowie Maurach § 44 I I C 2 a. Anders Welzel § 22 I I 4. — Eine gewisse Hinneigung zu dem Gedanken, daß „Zumutbarkeit" auch für den Vorsatz u. U. Schuldvoraussetzung, findet sich in E 56 168, 58 97, 60 101 sowie in H R R 39, 1063, ohne jedoch die obigen, in Bechtspr. und Lit. herrschenden Grundsätze in Frage zu stellen. So jetzt auch Mezger StB I § 75 gegen Lb. 370 bis 74. A. A. Eb. Schmidt in Lb. § 42 (in Anlehnung an Freudenthal und Goldschmidt), sowie in SJZ 49, 569 unter weiterer Ausdehnung des Gedankens der Unzumutbarkeit. Aber in dem dort behandelten Fall von Ärzten, die an Anstaltstötungen mitwirkten, um möglichst viele Menschenleben zu retten, handelt es sich nicht um Zumutbarkeitsprobleme, sondern um die Frage des Verbotsirrtums: die Meinung, so handeln zu dürfen und zu sollen. So jetzt auch Maurach § 33 I I C; a. A. Jagusch LK § 54 Anm. 10 (S. 426). Weitere Nachw. oben Syst. Vorbem. III 2 c) und unten zu § 59 II. — Bedenklich das obiter dictum BGHSt. (GrSen.) 6 58, wonach die Frage der übergesetzlichen Entschuldigung offen bleibe. IY. Über Bedingungen der Stratbarkelt und über persönliche StrafausschlieBungsgründe vgl. Syst. Vorbem. VI.

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V. Die Verfolgbarkeit (trotz „schuldhafter und rechtswidriger" Handlung) ist nach dem 4. Abschnitt ausgeschlossen bei f e h l e n d e m S t r a f a n t r a g (§§61—65) und bei V e r f o l g u n g s v e r j ä h r u n g (§§67—69). VI. Die Vollstreckbarkeit der Strafe ist ausgeschlossen bei V o l l s t r e c k u n g s v e r j ä h r u n g (§§70—72).

Fehlende oder verminderte

Zurechnungsfähigkeit

§ 5 1 (1) Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Täter zur Zeit der Tat wegen Bewußtseinsstörung, wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche unfähig ist, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. (2) War die Fähigkeit, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, zur Zeit der Tat aus einem dieser Gründe erheblich vermindert, so kann die Strafe nach den Vorschriften über die Bestrafung des Versuchs gemildert werden. Aus dem Schrifttum: K. S c h n e i d e r , Die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit, 3. Aufl. 1956. — Derselbe, Die psyohopathischen Persönlichkeiten, 1950. — J . H. S c h u l t z , Grundfragen der Neurosenlehre, 1955. — Mezger, Probleme der strafrechtlichen Zurechnungsfähigkeit (Vortrag BayAkWiss. 1949). — Derselbe, Das Verstehen als Grundlage der Zur., 1951. — K r e t s c h m e r und H i r s c h m a n n sowie M e z g e r - G r u h l e - T u m l i r z in: Krim. biol. Gegenwartsfragen, Enke 1953. — W ü r t e n b e r g e r , Zur Problematik der strafr. ZF, JZ 54, 209. — H ü l l e , Beurteilung der ZF durch den Tatrichter, JZ 52, 296. - K o h l h a a s , SJZ 49, 878; L i n d e n b e r g , J R 50, 393; v. W i n t e r f e l d , NJW 51, 781: Hirnverletzte im Strafrecht. H a d a m i k , Zur Problematik der Affektverbrechen, MoKrim. 1953 H. 1. — B r e s s e r , Der Psychologe und § 51 StGB, NJW 58, 248; vgl. ebenda S. 245 W i t t e r zum Begriff der Neurose. — R a u c h , U n d e u t s c h , G r u h l e , I l l c h m a n n - C h r i s t , E h r h a r d t bei P o n s o l d Lb. der ger. Medizin, 2. Aufl. 1957. — E h r h a r d t , P l o o g , S t u t t e , Psychiatrie und Gesellschaft, 1958 (dort insbes. S t u m p f l , Kriminologie und Psychiatrie). — H a n d b u c h der Neurosenlehre und Psychotherapie, Herausg. F r a n k l , v. G e b s a t t e l , S c h u l t z (im Erscheinen). — D r e h e r , Verbotsirrtum und § 51, GA 1957, 97. — S p e n d e l , § 51 Abs. 2 und das Problem der Strafzumessung, NJW 56, 775. - Zu §§ 23, 24 Entw. 1956: L e f e r e n z , Der Entw. des Allg. T. eines StGB in kriminologischer Sicht, ZStW 70, 25. — R a u c h , Schuldfähigkeit nach dem Entwurf zum StGB, NJW 58, 2089. I. Neufassung durch Ges. v. 24. 11. 33. Die Neuerungen sind: 1. Ersetzung der Bewußtlosigkeit durch Bewußtseinsstörung; 2. Hinzufügung der Geistesschwäche; 3. Ersetzung des Ausschlusses der freien Willensbestimmung durch die Unfähigkeit, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln; 4. Anerkennung eines Zustandes verminderter Zurechnungsfähigkeit (unten XI). Die frühere Fassung (Ausschluß der freien Willensbestimmung) hatte die Neigung begünstigt, das philosophische Freiheitsproblem, d. h. ob der menschliche Willensakt überhaupt ursächlich bedingt sei (Determinismus) oder nicht (Indeter13«

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minismus), im Strafrecht zu diskutieren und die Anerkennung des Strafrechts von der Bejahung des Indeterminismus abhängig zu machen; oder umgekehrt: im § 51 eine gesetzliche Anerkennimg des Indeterminismus zu sehen. Beides war ein Mißverständnis; die erste Ansicht würde Lebenstatsachen, die zweite würde Denkgesetze leugnen. Erforderlich und genügend war und ist die Fähigkeit, im Einzelfall V e r n u n f t e r w ä g u n g e n d e n n a t ü r l i c h e n T r i e b e n e n t g e g e n z u s e t z e n . Vgl. auch E 57 76, 63 46. Zur Anwendung von § 5 1 1 ist erforderlich und genügend, daß der Täter aus einem der genannten drei Gründe geistig blind dafür ist, daß ein geordnetes Gemeinschaftsleben Anforderungen an wechselseitige Rücksichtnahme stellen muß; oder daß ihm die Fähigkeit fehlt, sein Tun zu diesem Geflecht von Bindungen innerlich in Beziehung zu setzen; also die Fähigkeit, Recht und Unrecht überhaupt zu unterscheiden und zur Richtschnur des Tims zu nehmen. Näheres Anm. I I I der 41. Aufl. II. Zurechnungsfähigkeit des Täters ist Voraussetzung für die Zurechenbarkeit der Tat; also Schuldlähigkeit. — Irreführend ist es, den Unzurechnungsfähigen h a n d l u n g s u n f ä h i g zu nennen; so aber früher Binding, v. Hippel, E 40 21 (25), 56 209 (211). Handeln (d. h. durch einen bewußten Willensakt tätig werden) kann auch er. Im natürlichen Sinn kann er auch v o r s ä t z l i c h handeln, z. B. mit Wissen und Willen einen Menschen töten, verletzen, beleidigen, oder Brand legen uws. BGH in LM § 42b Nr. 5 (Anm. Martin). Betr. planmäßiges Handeln BGHSt. 1 384. Sein vorsätzliches Tun kann auch s t r a f r e c h t l i c h e r h e b l i c h sein. So setzen die §§42b, 330 a geradezu eine Handlung eines Unzurechnungsfähigen, die in jenem natürlichen Sinne vorsätzlich oder fahrlässig vorgenommen wurde, voraus. Indessen kann der Unzurechnungsfähige n i c h t s c h u l d h a f t handeln. Sein Tun kann ihm nicht vorgeworfen, nicht zur Schuld zugerechnet werden. Über den Schuldbegriff vgl. Anm. I I zu § 59. III. Actio libera in causa dagegen ist strafbar. Man versteht darunter eine zwar bei der Ausführung „unfreie", doch in causa „freie" Handlung; das heißt: die von einem Zurechnungsfähigen gesetzte Bedingung für sein in unzurechnungsfähigem Zustand vorgenommenes tatbestandsmäßiges Tun (z. B. der Kraftfahrer ist eingeschlafen oder hat sich sinnlos betrunken und überfährt dann einen Menschen). Die Frage nach v o r s ä t z l i c h e r o d e r f a h r l ä s s i g e r Erfolgsverursachung ist auf das e r s t e B e d i n g u n g s e t z e n abzustellen. (Beispiel: ein sinnlos betrunkener Kraftfahrer überfährt und tötet einen Menschen. Fahrlässige Tötung, wenn er b e i m T r i n k e n vorhersehen konnte, daß er nicht mehr sicher werde fahren können u n d dadurch M e n s c h e n l e b e n gefährde.) Vorsatz wird hier selten sein, immerhin genügt Eventualvorsatz. Fahrl. häufig. Dazu Hamm NJW 66 274 (betr. §§ 315a, 316). Vgl. auch E 22 413, 60 29. Über das Verhältnis der a. 1. i. c. zu § 330a vgl. E 73 182 und unten zu § 330 a. IV. Bewußtseinsstörung: Schon unter „Bewußtlosigkeit" hatte die Rechtspr. auch Trübungen des Bewußtseins gerechnet (Ohnmacht, Schlaftrunkenheit, Hypnose). Nicht nur krankhafte Störungen: BGHSt. 11 20, ebenso Maurach § 36 I I B 1 b, Undeutsch bei Ponsold S. 130; dagegen Bresser NJW 58, 248, 249. Auch Rauschzustände (E 5 338, 63 46, 64 553, 67 149), einerlei ob verschuldete. „ S i n n l o s " (hierzu kritisch BayObLG N J W 53 1523) braucht also die Trunkenheit nicht zu sein, um die Z. auszuschließen. BGHSt. 1 384: Planmäßiges Handeln schließt rauschbedingte Zurechnungsunf. nicht aus; auch nicht „inselförmiges" Er-

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innerungsvermögen (BGH MDR 58 596). Über Verantwortlichkeit angetrunkener oder betrunkener Verkehrsteilnehmer vgl. BGH VRS 11 283, KG VRS 11 281, 14 288, Hamm VRS 10 356. Über abnorm schnelle Alkoholwirkung BGH MDR 54 530. Vgl. auch J W 38 2270 u. 2947. Freilich gerade hier actio libera in causa möglich. Vgl. ferner § 330a mit Anm. — Betr. S c h o c k w i r k u n g eines Unfalls: LG Frankfurt VRS 4 363. H R R 39 1063 nimmt an, daß „ e r h e b l i c h e Ü b e r m ü d u n g " eines Lokomotivführers infolge übernormaler dienstlicher Inanspruchnahme (14 y2 Stunden), „die Fähigkeit, den Willen zu beherrschen, herabsetzen und sogar ausschließen kann", so daß die Zurechnungsfähigkeit i. S. des § 51 ausgeschlossen sein könne. Besonders schwere u n v e r s c h u l d e t e Z o r n a u f w a l l u n g , „Affektsturm", kann ZF ausschließen oder mindern: BGHSt. 3 199, 7 325, MDR 53146, OGHSt. 3 23, 82 und — in erneuter Auseinandersetzung mit Gegenmeinungen — BGHSt. 11 20. Natürlich gilt das psychologisch auch für verschuldete. Aber für diese hat man ebenso wie für moral insanity, für a. 1. i. c. (oben III) und für Trunkenheit (gem. § 330a) einzustehen. BGHSt. 11 20 läßt diese Frage nach wie vor offen. V. Krankhafte Störung weiter als Geisteskrankheit: auch: vorübergehende pathologische Zustände, z. B. Fieberdelirien; dagegen die mangelnde Fähigkeit zur Bildung ethischer Vorstellungen (sog. moralisches Irresein) nur, wenn auf geistiger Krankheit beruhend: E 15 97. Zur strafr. Behandlung von H i r n v e r l e t z t e n s. o. Schrifttum und BGH MDR 52 274. Auch ein R a u s c h z u s t a n d kann auf krankhafter Veranlagung beruhen und braucht dann nicht bis zu einer „Bewußtseinsstörung" geführt zu haben (E 6346). Nervlich bedingte Labilität erfordert schon bei Blutalkoholgehalt von l,52°/ 00 Prüfung der Zurechnungsf.: KG VRS 12 352. Alkoholintoleranz nach Kriegsgefangenschaft: BGH in VRS 5 529. — Betr. k r a n k h a f t e A l t e r s s c h w ä c h e bei Unzucht mit Kindern: HRR 39 56 u. 187. — D a s R G e r . ging z u l e t z t i m m e r w e i t e r . Nach E 73 121 kann auch ein Rauschzustand eines gegen das Rauschgift krankhaft Empfindlichen unter § 51 fallen, da er, obwohl keine Geisteskrankheit, „vorübergehend die Geistestätigkeit i. S. des § 51 entscheidend zu beeinträchtigen vermag". Unter Berufung hierauf KG in HESt. 117 betr. Störung nicht der Denktätigkeit, sondern des Willens-, Gefühls- oder Trieblebens (§51 bei krankhafter Steigerung des Sexualtriebs). — Betr. „ e r h e b l i c h e Ü b e r m ü d u n g " vgl. Anm. IV. - Betr. K l e p t o m a n i e BGH MDR 53 401, dazu Hirschmann a . a . O . 25ff., Maurach 345. — G l e i c h g e s c h l e c h t l i c h e V e r a n l a g u n g kann krankhaft i. S. des § 51 sein; jedoch nicht, wenn Nichtzügelung des Triebes überwiegend auf Charaktermangel oder sittlicher Schwäche beruht: BGH GA 1957 409. - Zur P s y c h o p a t h i e Anm. VII. VI. Geistesschwäche. Auch sie ist eine „krankhafte Störung" der Geistestätigkeit, so daß die Hervorhebung eigentlich überflüssig war. Sie unterscheidet sich nur dem Grade nach von den Geisteskrankheiten i. e. S. Es kann sich bei ihr um eine Störung der Denkfähigkeit — dieses ist der Hauptfall —, aber auch des Willens-, Gefühls- oder Trieblebens handeln. E 73 121. Diese muß einen erheblichen Grad erreichen, da gerade hier grundsätzlich Beherrschbarkeit zu fordern ist (unten zuX). VII. Das gilt insbes. von der Psychopathie; dazu K. Schneider a. a. 0., MezgerGruhle-Tumlirz a. a. O. und unten X I 1 , 3, femer BGH MDR 53 146/7, wo die Psychopathie als krankhafte Störung der Geistestätigkeit neben die Psychosen gestellt wird (E 73 121 schien sie zur Geisteschwäche zu rechnen). Der Krankheitsbegriff ist

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hier freilich, auch abgesehen von der Ursache, ein anderer als bei der Psychose, die einen die ursprüngliche Persönlichkeit verändernden und zerstörenden Prozeß bedeutet, während sich bei der Psychopathie die ursprüngliche Veranlagung dieses Menschen auswirkt. Vgl. die von K. Schneider entwickelten 10 Typen des Psychopathen (hyperthymische, depressive, selbstunsichere, fanatische, geltungssüchtige, stimmungslabile, explosible, willenlose, gemütlose, asthenische). Kretschmer nimmt jedoch Übergänge zu den Psychosen an. Zur Kritik am Psychopathiebegriff und zum Begriff der Neurose (als erworbener seelischer Störung) vgl. S t u m p f l , Handbuch, Lief. 2, lff., W. K r e t s c h m e r ebendort 44ff. mit eing. Nachw. — Zur Problematik des Schuldbegriffs bei Psychopathen Brauneck MoKrim. 1958, 129, 135. Der Entw. 1956 versucht in §§ 23, 24 den Psychopathien und der Neurose mit dem Begriff der „auf schwerer, angeborener oder erworbener Abartigkeit beruhenden seelischen Störung" gerecht zu werden. Beachtliche Kritik bei Leferenz ZStW 70, 25, Rauch N J W 58, 2089. Die in der Entwurfsfassung liegende Gefahr, daß Charaktermängel zu Exkulpationsgründen werden, hat bereits de lege lata BGH GA 1957 409, N J W 58 2123 bekämpfen müssen; vgl. dort die divergierenden Gutachten. VIII. Infolge eines der in Anm. IV—VII entwickelten Gründe muß der Täter entweder unfähig sein, das Unerlaubte der Tat einzusehen (intellektuelles Moment) oder nach dieser Einsieht zu handeln (voluntatives Moment). Liegt einer jener Gründe vor, so muß der Richter beides prüfen: E 73 121. — Über das Verhältnis der intellektuellen Alternative zum Verbotsirrtum Dreher GA 1957, 97: insoweit sei § 51 Abs. 1 als bloßer Unterfall des Verbotsirrtums überflüssig geworden, Abs. 2 dahin korrigiert, daß auch ein vorwerfbarer Verbotsirrtum, der auf nur leicht verminderter Zurechnungsfähigkeit beruht, zur Strafmilderung führen könne. I X . Unerlaubt ist rechtefreier als: „das Unrecht" oder gar: „das Ungesetzliche" seiner Tat. Die Fähigkeit r e c h t l i c h e r Beurteilung des eigenen Tuns ist nicht vorausgesetzt. Vgl. hierzu E 64 353, 68 171, freilich auch JGG § 3. Über das Verhältnis dieser Best, zu § 51 vgl. Hamburg HESt. 1 1 8 : auch wenn die Entwicklungsreife bejaht wird, ist die Feststellung einer verm. Zurechnungsfähigkeit gem. § 51 I I möglich. Vgl. auch OGHSt. 2 73. X. Auf einem der drei Gründe des Abs. I muß die (verminderte) Z beruhen, wenn sie die Schuld ausschließen bzw. zur Strafmilderung und andererseits erforderlichenfalls zur Einweisung gemäß § 42 b Anlaß geben soll. So ausdrücklich jetzt BGH MDR 55 16. Der Grundgedanke des § 51, den die Rspr. bei Zornaffekten und Alkoholeinfluß differenzierend anwendet, ist, daß nur s c h i c k s a l h a f t e Unbeherrschbarkeit des eigenen Handelns die Schuld ausschließt. Für akut v e r s c h u l d e t e n Verlust der Selbstkontrolle und für deren bloße Minderung hat (im letzteren Fall bis zur Grenze des Abs. 2) jeder einzustehen. Bloße Willensschwäche (HRR 37 765) oder eine übermäßig starke Triebrichtung genügt an sich nicht, auch nicht bei Verschüttungsfolgen nach Bombenangriff, BGH MDR 55 16. Vgl. die in Anm. V und V I I angeführten Entsch. sowie § 59 Anm. I I 2 h) über den in § 51 steckenden Gegenschluß für andere Gründe mangelnder Fähigkeit, sich nach Normen zu richten. XI. Die Anerkennung einer Zwischenstufe verminderter Zureehnungslähigkeit durch das Ges. v. 24. 11. 33 ist das Ergebnis jahrzehntelanger Erfahrungen und

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Erwägungen. Die deutschen StG-Entwürfe haben eine solche Zwischenstufe von Anfang an vorgeschlagen. Heute wird sie überwiegend kritisch betrachtet, vgl. Seelig. Festg. f. Mezger, S. 226 und Lit. vor § 51. Mehrfach gewechselt hat die Stellung namentlich zu folgenden Fragen: 1. Soll eine vermind. Z nur in Fällen chronischer, habitueller (konstitutionell bedingter), oder aber nur in Fällen vorübergehender, akuter Minderung der Z, oder aber in beiden Fällen anerkannt werden ? § 51 I I antwortet: in a l l e n F ä l l e n . Vgl. OGHSt. 1 370 betr. „Kurzschlußhandlung" einer Psychopathin; auch BGH N J W 53 1760 (kein Ausschluß bei bestimmten Taten); LM Nr. 7 (wohl aber, wenn abartiger Trieb nur aus Charaktermangel oder sittl. Schwäche nicht gezügelt). 2. Soll die StrMilderung vorgeschrieben oder nur zugelassen werden? Obligatorische Milderung wurde gefordert vom Standpunkt strenger Willensfreiheit und Tatstrafe (vermindertes Können = geringere Schuld). Kann-Milderung dagegen wurde gefordert vom Standpunkt der Persönlichkeitszurechnung aus. § 51 I I steht auf dem Standpunkt der K a n n m i l d e r u n g . Das bedeutet, daß der Richter alle Strafzwecke abzuwägen hat, nach BGHSt. 7 28 (5. Sen.) jedoch — gegen E 71 179, 74 217 — nur im Rahmen der s c h u l d a n g e m e s s e n e n Strafe. Hauptsächlich in der verschiedenen S t r a f e m p f ä n g l i c h k e i t sah derselbe Senat in MDR 53 147 den Grund der bloßen Kann-Milderung. Dazu kritisch Maurach 347, 354 (§ 36 I I C und I I I B lb). Vgl. Vorbem. II l d , III 2, 4 c, IV 7, 9 vor § 13. Gegen BGHSt. 7 28 Schneidewin JZ 55, 505, gegen diesen Spendel NJW 56, 755. — Verh. zu §20a: BGHSt. 3 169, MDR 51 403, NJW 57 1932. Die Mindeststrafe von 1 Jahr Zuchthaus kann danach unterschritten werden (im Anschluß an E 72 326). 3. Soll der selbstverschuldete Rausch ausgenommen werden? § 51 I I verneint; Milderung also auch hier nicht s c h l e c h t h i n ausgeschlossen. Vgl. aber Vorbem. IV 8 vor § 13 und oben zu IV und X sowie BGH MDR 51 657, OGHSt. 2 324, und für V e r k e h r s d e l i k t e BGH NJW 53 1760 und VRS 5 283, KG in VRS 7 103 (hier mit Recht besonders streng). Voraussetzung ist bei alledem die Ergänzung der „Strafen" durch Maßregeln der Sicherung, Besserung und Heilung. Denn der geringeren Tatschuld entspricht namentlich bei Psychopathen (oben Anm. VII), für die Abs. 2 besonders in Betracht kommt, oft eine größere Gefährlichkeit, dem schwächeren Sühnebedürfnis oft ein stärkeres Sicherungsbedürfnis. So wird die Strafmilderung zwar die Regel bleiben müssen und können. Aber „nach der ärztlichen Erfahrung ist es verfehlt, Psychopathen d u r c h w e g milder zu behandeln als Gesunde; der geistig minderwertige Mensch muß sich bemühen, seine gemeinschaftsgefährlichen Anlagen durch besondere Anstrengungen auszugleichen; eine strenge Strafe kann geeignet sein, ihn auf diese Notwendigkeit besonders eindringlich hinzuweisen". So DR 42 329 (mit Anm. Dahm). Das gilt auch heute noch. Vgl. BGH MDR 53 146. Ähnlich schon vorher E 74 217 (mit Anm. Mezger in DR 401277). Eingehend zu den sich kreuzenden Grundgedanken des Abs. 2: Mezger Rechtsblindheit, in Kohlrausch-Festg. 1944 S. 194ff., Heinitz ZStW 63, 57 ff. Vgl. aber auch oben zu 2. XII. Prozessuales. Bei zweifelhafter Z ist freizusprechen (E 21131 und öfter). Ist es zweifelhaft, ob die Z vermindert war oder ob verminderte Z nur vorgetäuscht wurde, so ist § 51 I I anzuwenden. So im Ergebnis auch E 70 127, 73 44. — Durch ein gem. § 5 1 1 f r e i s p r e c h e n d e s Urteil ist der Angekl. beschwert, weil es seinen bürgerlichen Tod bedeuten kann: KG in DRZ 48 255 (Anm. Gallas), Tübingen

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NJW531444. Anders noch E 6912, Celle HESt.2227. - Nach E69110, 76127 betr. die Frage der verminderten Zurechnungsfähigkeit nur die S t r a f - , nicht die Schuldfrage. Zweifelnd OGHSt. 1191; vgl. dort auch betr. Verfahren bei Festsetzung der gemilderten Strafe. — Zum Verfahren gegen H i r n v e r l e t z t e vgl. BGH MDR 52 274. — Zu § 51 Abs. 2 wird häufig bei A l k o h o l g e n u ß zwar der Einsichts-, fehlerhafterweise aber nicht der H e m m u n g s v e r l u s t geprüft: BGH MDR 52 16. Ebenso bei s e n i l e n S i t t l i c h k e i t s v e r b r e c h e r n . - E 73 121.

Nötigungsstand

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(1) Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Täter durch unwiderstehliche Gewalt oder durch eine Drohung, welche mit einer gegenwärtigen, auf andere Weise nicht abwendbaren Gefahr für l e i b oder Leben seiner selbst oder eines Angehörigen verbunden war, zu der Handlung genötigt worden ist. (2) Als Angehörige im Sinne dieses Strafgesetzes sind anzusehen Verwandte und Verschwägerte auf- und absteigender Linie, Adoptiv- und Pflegeeltern und -kinder, Ehegatten und deren Geschwister, Geschwister und deren Ehegatten, und Verlobte. Neufassung des Abs. 2 durch Gep. v. 4. 8. 53, das der allg. Meinung über das Angehörigkeitsverhältnis durch Einfügung der Worte „und deren Geschwister" Rechnung trug. Schrifttum: vgl. vor § 54. Ferner: B l e i , N J W 54, 586, zum strafr. Gewaltbegriff. I. Grundsätzliches. — § 52 regelt einen S o n d e r f a l l d e s N o t s t a n d s neben dem allgemeinen des § 54. Zur Abgrenzung: OGHSt. 2 393. Auch v e r s c h u l d e t e r Nötigungsstand kann entschuldigen (wenn auch nach strengerem Maßstab, OGHSt. 2 228). Insofern ist § 54 enger. Beide erklären unter näher beschriebenen Voraussetzungen den für straflos, der aus einer Notlage keinen anderen Ausweg sieht als die Begehung einer an sich strafbaren Handlung. Das Besondere des § 52 gegenüber § 54 liegt dariD, daß die Notlage von einem anderen z w e c k s B e g e h u n g der Handlung geschaffen, diese also a b g e n ö t i g t wurde. Gemeinsam ist beiden Bestimmungen der Grundgedanke, daß die Notlage so beschaffen gewesen sein muß, daß die Unterlassung jener an sich strafbaren Handlung nicht zumutbar war. Dieser Gedanke muß die Auslegung beherrschen. Aus ihm folgt: 1. Die nach §§ 52, 54 straflosen Handlungen sind zwar e n t s c h u l d i g t , bleiben aber rechtswidrig, der Betroffene darf sich also wehren. (Anders § 53, wo nicht ein Recht verletzt, sondern Unrecht abgewehrt wird, was Gegenwehr nicht gestattet.) So E 64 30 u. a. — 2. Es genügt nicht, daß der Täter der Gewalt oder Drohung tatsächlich wich, daß also zwischen diesem und seiner rechtswidrigen Handlung ursächlicher Zusammenhang bestand; Voraussetzung ist vielmehr, daß ein Standhalten n i c h t z u m u t b a r , daß die Gewalt unwiderstehlich, die angedrohte Gefahr unabwendbar war; relative Begriffe, die nur vom Grundgedanken der Nichtzumutbarkeit aus abgegrenzt werden können. J e schwerer aber die Verletzung wiegt, um so strenger ist die Zumutung: BGHSt. 1 391. Näheres hierzu in Anm. I I . — 3. Zu der psychologischen Unzumut-

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barkeit muß kommen, daß der Täter nicht r e c h t l i c h v e r p f l i c h t e t war, die Not zu bestehen, das angedrohte Übel also auf sich zu nehmen. Wird jemand mit Strafanzeige wegen einer früheren (einerlei, ob wirklich begangenen) Straftat bedroht, falls er nicht jetzt falsch schwöre, so ist er, wenn er dies tut, strafbar. So E 55 340, wo zwar Untersuchungshaft u. U. als Gefahr für die Gesundheit (also für Leib oder Leben) angesehen, die Berufung auf § 52 aber deshalb abgelehnt wird, weil man unter den gesetzlichen Voraussetzungen UHaft zu dulden verpflichtet sei. Dazu BGH LM Nr. 8 (Martin): Vollziehung gerichtlicher H a f t (z. B. nach § 70 Abs. 2 StPO) im Rechtsstaat höchstens ausnahmsweise, etwa bei Kränklichen, Gefahr für Leib oder Leben. — Jene drei Voraussetzungen sind unerläßlich; ohne sie führt die Berufung auf § 52 zu einer Aufweichimg rechtlichen „Sollens". Anders freilich zu 3. dann, wenn keine normale Rechtsfolge, sondern Willkür drohte: so mit Recht Gera HESt. 119 betr. Gefahr, wegen Abhörens ausländischer Sender in ein Konzentrationslager verbracht zu werden. Hier greift § 52 ein. Der Maßstab der Zumutbarkeit muß hier die Persönlichkeit von Nötiger und Genötigtem berücksichtigen: E 64 32, Jagusch L K Anm. 1 und 3a, SchönkeSchröder I I 2. Auch Maurach, der betont, daß in der Regel der Grad der zumutbaren Gefahren für alle Menschen gleich zu bemessen ist (S.313), sieht in § 52 einen der wenigen Fälle einer mehr individualisierenden Betrachtung (S. 317, vgl. auch S. 290). II. Gewalt ist Kraftentfaltung zur Überwindung eines geleisteten oder erwarteten Widerstandes. Doch ist nicht die Aufwendung erheblicher körperlicher Energie erforderlich, BGHSt. 1 146. Nach BGHSt. 8 103 (betr. Massen- und Generalstreik, zu § 80, aber im Einklang mit der allgem. Entwicklung des Gewaltbegriffs) kommt 63 nicht auf die k ö r p e r l i c h e Kraftentfaltung, sondern auf die Zwangs Wirkung an. Vgl. auch BGH MDR 55 145 (zu §240): Zufahren auf im Wege Stehende. Gewalt kann hier nur in ihrer s e e l i s c h e n Wirkung (vis compulsiva) gemeint sein, also als Willensvergewaltigung. Beisp.: Jemand wird gemartert, eingesperrt o. dgl., bis er eine fremde (weder ihm noch dem Nötigenden gehörige) Sache herausgibt; oder bis er ein Staatsgeheimnis verrät. — N i c h t gehört unter §52 unwiderstehliche k ö r p e r l i c h e Einwirkung als solche (vis absoluta); ein durch sie abgenötigtes Verhalten ist keine „Handlung" mehr; der Finger wird gewaltsam an den Abzug der Schußwaffe gedrückt: oder bei Unterlassungsverbrechen: das geforderte Tun wird mit überlegener Körperkraft verhindert. In diesen Fällen fehlt es bereits an der Tatbestandsmäßigkeit (bei Begehungsverbrechen am Handeln, bei Unterlassungsverbrechen an der Möglichkeit zu handeln); ein „ E n t Bchuldigung3grund" wäre hier gegenstandslos. Ebenso bei W i l l e n s a u s s c h a l t u n g durch Narkotika, vgl. hierzu unter I I I sowie Maurach S. 33; Blei a. a. O. Unwiderstehlich ist zwar bei unmittelbarer körperlicher Gewalt ein eindeutiger Begriff; nicht aber bei seelischer Gewalt, die die rechtswidrige Handlung nur mittelbar erzwingen soll. Hier kommt es nicht nur auf den Widerstand an, den einer leisten k a n n , sondern auch auf den, den er leisten soll. Diese Pflicht aber ist verschieden sowohl nach ihrer Art und Herkunft wie nach der Wichtigkeit des verletzten Rechtsguts. Nur die wechselseitige Inbeziehungsetzung von „können" und „sollen", von Widerstandskraft und Pflicht, zeigt, was im Einzelfall z u m u t b a r ist. Entsprechendes gilt f ü r „Drohung": Anm. I I I . Wiederum also kommt man gar nicht aus ohne den so selten richtig verstandenen „praktischen Satz": „Du kannst.

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denn du sollst!" — Über Ehebruch im Nötigungsstand vgl. OGHSt. 1 222 = DRZ 49 137 (Anm. Beitzke). DI. Drohung ist Inaussichtstellen eines durch den Ankündigenden zu bewirkenden Übels. (Gegensatz: bloße W a r n u n g vor Übelszufügung von dritter Seite.) Von der Gewalt unterscheidet sie sich dadurch, daß diese das Übel schon zufügt; vgl. E 64 116. Darum ist die — auch nicht gewaltsame — Betäubung Gewalt, so BGHSt. 1146 (für § 249) gegen RG. Die Drohung bewirkt zwar nicht, aber sie enthüllt (das Gesetz drückt sich hier schlecht aus) eine Gefahr, d. h. die Möglichkeit, daß das Übel eintritt. Der Übelseintritt selber liegt in der Zukunft; die „Gefahr" aber muß gegenwärtig sein, d. h. die M ö g l i c h k e i t , daß das Übel eintritt, falls nicht jetzt die es abwendende rechtswidrige Handlung begangen wird. Die Gefahr kann auch eine D a u e r g e f a h r sein, d. h. eine irgendwann zu verwirklichende. Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 52 ist, daß die (rechtswidrige) A b w e h r h a n d l u n g j e t z t vorgenommen werden muß. Vgl. hierzu E 66 98, 222,397: Zougenmeineide wurden auf Grund von § 52 für straflos erklärt, weil die Angabe der Wahrheit eine Dauergefahr für Leib oder Leben zur Folge gehabt hätte. Zurückhaltender BGHSt. 5 373 (mit Übersicht) für den Fall, daß die Gefahr nicht so dringend ist, daß sie alsbald in einen Schaden umschlagen kann; vgl. aber auch S. 375 betr. wirksame und endgültige Abwendung. Weiteres in Anm. IV. — Die Gefahr muß Leib oder Leben betreffen, worin zum Ausdruck kommen soll, daß nur s c h w e r e innere Konflikte entschuldigen. Es kommt freilich nur unvollkommen zum Ausdruck, denn die Drohung mit leichter Körperverletzung genügt an sich, die mit s c h w e r e r Brandstiftung nie. („Wenn der Verbrocher vom Bauern Verbergung durch Drohung, ihm den Hof anzubrennen, erzwingt, wird der Bauer wegen Begünstigung bestraft!" Lobe in Lpz. Komm.) Um so mehr muß Verhältnismäßigkeit zwischen der Schwere der angedrohten Gefahr und der abgenötigten Straftat gefordert werden. Die Drohung mit einer leichten Körperverletzung kann keinen Totschlag entschuldigen. Das in Anm. I I über die Unwiderstehlichkeit der Gewalt Gesagte gilt sinngemäß auch für Drohungen. Durch blinden Gehorsam (SS-Eid) kann sich niemand von seiner strafr. Verantwortlichkeit befreien: BGHSt. 2 251. Über sog. Euthanasiefälle OGHSt. 1 321, dazu Eb. Schmidt SJZ 49, 559, Welzel MDR 49, 371, Härtung NJW 50,151, Peters J R 50, 742. Über Kameradenmißhandlung im Gefangenenlager BGH NJW 51 769. Vgl. auch Oehler J R 51, 489. IV. Bei anderweitiger Abwendbarkeit der Gefahr erkennt § 52 den inneren Konflikt nicht an; z. B. bei Möglichkeit, zu fliehen oder sich zu wehren oder eine minder schwere StrTat zu begehen (z. B. in den Meineidsfallen der Anm. I I I : Begehung einer nur mit Ordnungsstrafe bedrohten Zeugnisverweigerung, es sei denn, daß diese die gleiche Gefahr heraufbeschworen hätte wie eine wahre Aussage). Vgl. BGH MDR 56 395 (Dallinger) betr. zum Spitzeldienst genötigten Bewohner der SBZ: zu fragen ist, welche Auswege dem Täter nach den gesamten Umständen zugemutet werden konnten. V. Abgenötigt durch Gewalt oder Drohung muß die rechtswidrige Handlung sein. Bloßer ursächlicher Zusammenhang genügt nicht. Erst recht nicht, daß die Gefahr objektiv bestand: BGHSt. 3 271. Vgl. Anm. I. Der Täter muß sich einem die Tat von ihm fordernden W i l l e n g e b e u g t haben. OGHSt. 1 313. Es genügt nicht, daß er nur gereizt war (E 61 309). — Irrige Annahme einer solchen Gefahrenlage steht andererseits, da § 52 „Entsehuldigungs"-Grund, ihrem Vorhandensein

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gleich, vgl. §54 Anm. I ; a.A. Maurach S. 318: Realgrund des Notstands sei die objektiv bestehende Gefahr. Für die Auffassung des Textes spricht § 157 n. F. (vgl. dort Anm. I und III). Sie schließt, falls entschuldbar, auch Fahrlässigkeit aus: E 64 30, 66 227. Ebenso jetzt BGHSt. 5 374, 375 betr. Meineid im (vermeintlichen) Nötigungsnotstand; doch ist § 163 hier nicht heranzuziehen. Denn weder ein Tatbestandsnoch ein Verbotsirrtum stehen in Frage, sondern nur die Zumutbarkeit. Hierbei ist zu beachten, daß § 52 Unverschuldetheit des Nötigungsstandes nicht voraussetzt (oben zu I), andererseits aber, daß die Zumutbarkeit wie die Schuld überhaupt vom Sollen her mitbestimmt werden (oben zu II). Wenn jemand glaubt, etwas, wie er weiß, Verbotenes tun zu müssen, ist ihm Anspannung seiner geistigen und seelischen Kräfte zuzumuten, ehe er sich dazu entschließt. Maurach S. 382f. will die Regeln des Verbotsirrtums analog anwenden. Das entspricht dem § 41 Entw. 1959, der jedoch die im Text verlangten strengeren Voraussetzungen enthält. Vgl. Auch BayObLG DAR 56 15, Hamm N J W 58 271 (betr. § 54) zur Entschuldbarkeit •des Irrtums. TL Zu Abs. 2: 1. Verwandtschaft und Schwägerschaft können für das StGB, f ü r das Abs. 2 allgemein gilt (JW 35 3467), s e l b s t ä n d i g umgrenzt werden. EBGB Art. 33 hat f ü r beide Begriffe die Bindung an das bürgerliche Recht aufgegeben. Maßgebend muß der Sinn der jeweiligen Strafbestimmung sein. Allgemein ist anzunehmen, daß auch uneheliche Abstammung trotz BGB § 1589 II Verwandtschaft begründet (E 34 421, 77 60. Betr. Schwägerschaft E 60 247). 2. Pflegeeltern: Vgl. E 58 61, 68 365, 70 324. 3. Verlobte i. S. des Gesetzes sind die, die sich ernsthaft die Ehe versprochen haben (ein Heiratsschwindler ist nicht „verlobt": BGHSt. 3 215, vgl. Bruns MDR 53, 458), und deren' Verehelichung kein rechtliches Hindernis im Wege steht (ein noch Verheirateter kann sich nicht „verloben", auch wenn die Trennung seiner Ehe möglich ist: E 61 270; anders für den Fall begründet eingeleiteter Scheidung LG Duisburg N J W 50 714). — Kein Verlöbnis mehr, wenn ein Verlobter, ohne es dem anderen erkennbar zu machen, seinen Entschluß, den anderen zu heiraten, aufgibt: E 75 290 gegen E 71 154. A. A. Schönke-Schröder § 52 Anm. VII 8.

Notwehr § 5 3 (1) Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn die Handlung durch Notwehr geboten war. (2) Notwehr ist diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden. (3) Die Überschreitung der Notwehr ist nicht strafbar, wenn der Täter in Bestürzung, Furcht oder Schrecken über die Grenzen der Verteidigung hinausgegangen ist. I. Notwehr ist rechtmäßig, nicht bloß entschuldigt, denn hier steht nicht (wie beim Notstand) Recht gegen Recht, sondern R e c h t g e g e n U n r e c h t , nämlich

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gegen einen „rechtswidrigen" Angriff. Das Recht d a r f sich ohne Abwägung der einander gegenüberstehenden Rechtsgüter (s. jedoch zu II) gegen das Unrecht behaupten, wenn, gemäß § 53, zwei Voraussetzungen vorliegen: a) daß W e h r geb o t e n ist (Abs. 1 u. Anm. II); b) daß das nach Art und Maß des Angriffs z u r A b w e h r E r f o r d e r l i c h e nicht überschritten wird (Abs. 2 u. Anm. III, IV, VI, VII). — Daß solche Notwehr „nicht rechtswidrig" ist, erkennt BGB § 227 ausdrücklich an. — Aus ihrer Rechtmäßigkeit folgt die Rechtswidrigkeit der Gegenwehr: „ N o t w e h r " gegen N o t w e h r g i b t es n i c h t . E 67 337. — Anders beim Notstand, wo gerechtfertigte und bloß entschuldigte Fälle unterschieden werden müssen: vgl. § 54 Anm. I. IL Geboten war die N. nicht, wo das Recht durch andere, nicht verletzende Mittel gewahrt werden konnte, z. B. durch Anrufung der Obrigkeit; also auch nicht, wenn man ohne eigenes Opfer an berechtigten Interessen und ohne sich dadurch etwas zu vergeben, dem Angriffsich entziehen konnte: E 32 391, 54 196, J W 37 1786 (Anm. Mezger) = ZAk. 37 342 (Anm. Boldt). Aber auch nicht bei Vernichtung eines Menschenlebens zum Schutze eines geringwertigen Vermögensgegenstandes: Stuttgart DRZ 49 42 (Anm. Gallas). Denn auch ein gebilligter Zweck darf nur mit a n g e m e s s e n e n Mitteln verfolgt werden; auch der positive, formelle RfGrund des § 53 findet seinen Grund und seine Grenze in diesem übergreifenden materiellen Prinzip (vgl. Syst. Vorbem. I I I und Vorbem. I I vor § 51). Schaffstein MDR 52, 132 und Henkel, Recht und Individualität, S. 67, weisen auf den Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs hin, ebenso BayObLG NJW 54 1377 und BGH NJW 56 920; dieser kommt aber in strengem Sinn nur bei fehlendem Verteidigungswillen in Betracht (unten zu VI). — Von der G ü t e r a b w ä g u n g ist die Frage des Gebotenseins ebenso zu trennen wie von bloß s u b j . A n s c h a u u n g e n des Angegriffenen: Braunschweig NJW 58 997. Geboten ist danach N n i c h t 1. zur Verteidigung ganz u n b e d e u t e n d e r I n t e r e s s e n (Unfugabwehr), 2. bei Angriffen von K i n d e r n u. ä. F., wo Ausweichen geboten, 3. wenn D r i t t e in unangemessener Weise gefährdet würden (Schuß auf den fliehenden Dieb in belebter Straße), 4. als N o t h i l f e , wenn der Angegriffene diese Abwehr selbst n i c h t will; so regelmäßig der Staat (unten IX). Vgl. aber auch BGHSt. 5 248 (Sünderin-Fall). Die Hilfe darf nicht zur Bevormundung werden. Bedenken bei Schönke-Schröder I I 1 c), 5. bei v e r s c h u l d e t e m Angriff, sofern Ausweichen möglich: Braunschweig NdsRpfl. 53 166. Hier also nur subsidiär, während Bie sonst primär zulässig ist. Vgl. unten V a. E. Begeht der Täter nach Abwehr des Angriffs weitere Verletzungen, so sind diese rechtswidrig; bilden sie mit der Abwehr eine einheitliche Handlung, so ist diese strafbar, da „eine" Handlung nur entweder rechtmäßig oder rechtswidrig sein kann. Im Ergebnis ebenso E 60 404. Noll ZStW 68, 185 nimmt hier einen übergesetzlichen Milderungsgrund aus vermindertem Unrecht an. III. Angriff ist Gefährdung eines Rechtsguts durch positives bewußtes Verhalten eines Menschen; nicht schon durch passiven Widerstand (wenn Mieter nach Vertragsablauf nicht auszieht oder Schuldner nicht zahlt, so kommt nicht N, sondern Selbsthilfe in Frage: E 19 298). Keine N also gegen echte, wohl aber gegen unechte U n t e r l a s s u n g s d e l i k t e . E 48 215: Eingehen eines Liebesverhältnisses noch kein rw. Angriff gegen ein anderweites Verlöbnis. Verschweigen der am Hochrerrat Mitbeteiligten noch kein Angriff gegen den Staat: OGHSt. 3 121. Sehr weit-

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gehend OGH in SJZ 49 357 (zust. Jagusch LK Anm. 2 a): „jedes menschliche Tun, das ein fremdes Rechtsgut o b j e k t i v verletzt oder gefährdet". Also auch der ansteckend Kranke, der sich ahnungslos unter Menschen begibt ? IV. Gegenwärtig ist der Angriff, wenn mit ihm die Gefahr einer Verletzung so unmittelbar verbunden ist, daß er, soll es nicht zu spät sein, j e t z t a b g e w e h r t w e r d e n m u ß . Vgl. BGH J R 52 415. Er bleibt gegenwärtig, solange eine Verletzung oder ihre Vergrößerung möglich bleibt; bei Dauerverbrechen, z. B. Freiheitsberaubung, solange der rechtswidrige Zustand aufrechterhalten wird. — N i c h t „gegenwärtig" ist sowohl der zukünftige wie der beendete Angriff. 1. Der zukünftige Angriff, d. h. einer, der noch nicht begonnen hat und noch durch andere Mittel unmöglich oder unschädlich gemacht werden kann, z. B. durch Anrufen der Polizei. Zutreffend haben aber E 53 132,67 339 Gegenwärtigkeit des Angriffs angenommen, wo ein Förster mehreren zum Angriff nur bereiten, aber noch nicht zum Angriff übergegangenen Wilderern gegenüberstand: was beim Förster Angriff schien, war Verteidigung gegen einen Angriff, dessen Beginn bereits die Gefahr einer nicht mehr abwendbaren Verletzung bedeutete. Selbstgeschosse zum Schutz eines Grundstücks sind nur dann erlaubt, wenn sie erst bei einem Angriff losgehen köDnen und sollen. Auch dann muß aber Maß gehalten werden. Vgl. Braunschweig MDR 47 205 (keine N bei tödlich wirkender elektrischer Selbstschutzanlage gegen Obstdiebe) und Anm. I I , VII. — Gleichfalls n i c h t „gegenwärtig" ist 2. der beendete Angriff, d. h. einer, bei dem entweder das angegriffene Rechtsgut endgültig verletzt worden ist (eine nachherige Tracht Prügel ist keine Notwehr mehr, sie ist keine Verteidigung, sondern Vergeltung) oder bei dem die Gefahr seiner Verletzung behoben worden ist. Wenn aber der rechtswidrige Angriff eine strafbare Handlung darstellt, ist mit deren formeller „Vollendung" der Angriff gegen das Rechtsgut nicht immer „beendet". Da« Notwehrrecht ist nicht zur Vereitelung von Straftaten, sondern zum Schutz von Rechtsgütern gegeben. So gestattet E 55 82, auf fliehende Diebe zu schießen, solange Besitzverlust nicht endgültig. Andererseits E 64 101: Der Angekl. hatte spioniert und wollte offensichtlich auch weiter spionieren. Aber an dem Ort, wo, und zu der Zeit, als er getötet wurde, war das erste ein beendeter, das zweite ein erst in der Zukunft bevorstehender Angriff, Notwehr also nicht gegeben. Vgl. auch H R R 39 715. V. Rechtswidrig kann nur der Mensch handeln, auf dessen Tun die Normen des Rechts sich beziehen; auch Geisteskranke. Nicht aber T i e r e (E 34 295, 86 230, bestr.; hier ist nur BGB § 228 anwendbar mit der unerträglichen Folge, daß die „Rechtswidrigkeit" nur bei Verhältnismäßigkeit von Schaden und Gefahr ausgeschlossen ist). Wird ein Tier von einem Menschen auf einen anderen g e h e t z t , so ist N natürlich zulässig. — „Rechtswidrig" greift auch an, wer einen Straftatbestand ohne V o r s a t z o d e r F a h r l ä s s i g k e i t verwirklicht, oder wem ein persönlicher Strafausschließungsgrund zur Seite steht; auch wer nur eine unerlaubt© Handlung, z. B. fahrl. Sachbeschädigung oder Besitzstörung begeht; vgl. aber oben zu I I I . — Unzulässig ist N gegen eine berechtigte Festnahme, auch gegen die zwecks Festnahme unternommene Verfolgung: E 54 196; nach Braunschweig MDR 51 629 auch gegen nur anfechtbare Verwaltungsakte (in dieser Allgemeinheit bedenklich, vgl. den Fall BayObLG N J W 54 1377). — Als actio illieita in causa ist N unzulässig, wenn jemand einen anderen zum Angriff g e r e i z t hatte, um dann „sich verteidigen" zu können: Das Reizen ist hier rechtswidrig gesetzte Bedingung

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zum Enderfolg, rechtswidriges und schuldhaftes Töten, Verletzen od. dgl. Vgl. BGH MDR 54 335 und Vorbem. I I vor § 51. Davon zu unterscheiden ist die bloß verschuldete, z. B. provozierte Abwehrlage; hier mit Celle Hann. Rpfl. 47 15 die Notwehr auszuschließen, ist bedenklich. Vgl. auch Kiel Schi. HA 48 110, das nur ein beschränktes Notwehrrecht gegen den provozierten Angriff zuläßt ( = HESt. 2 206). Dazu oben Anm. I I a. E. VI. Verteidigung: Abwehr und Gegenangriff sowie dessen Androhung: E 32 391. — Nach E 58 27 folgt aus dem „Begriff" der Verteidigung, daß eine m i ß l u n g e n e , statt des Angreifers einen Dritten treffende Abwehrhandlung nicht durch § 53 gerechtfertigt (sondern nur gegebenenfalls entschuldigt) ist. Anders E 21 168 für den Fall, daß die — g e l u n g e n e — Abwehr unvermeidlich Rechtsgüter Dritter in Mitleidenschaft zieht. Nur scheinbar besteht zwischen beiden Entscheidungen ein Widerspruch, wie ihn frühere Voraufl. (ebenso Frank I I zu § 53) annahmen. Auch zwischen Rechtsgütern einzelner Dritter und solchen der Allgemeinheit besteht hier kein Unterschied in der Wertung (so aber Frank a. a. O.). Trägt der Angreifer einen fremden Rock, so kann dies die Rechtfertigung der im übrigen gebotenen Abwehr nicht in Frage stellen. Im Falle E 58 27 aber war die Verletzung der Frau, die ihren angreifenden Mann zurückhielt, nicht nur nicht geboten und erforderlich, sondern sie entfesselte geradezu den Angreifer. — Zur Verteidigung gehört nach E 54 196, 60 262 der Abwehrwille. Denn nur dann ist die o b j e k t i v e Richtung und Begrenzung der Hdlg. auf Abwehr, in der Wegner, Allg. T. S. 121 mit Recht das entscheidende Kriterium sieht, generell gewährleistet (vgl. Syst. Vorbem. III 2 by). Keine Notwehr also, wenn man verletzen wollte und hierdurch, ohne es zu wissen, einen Angriff abwehrte. — Ob den Verteidiger n e b e n dem Abwehrwillen noch andere Motive leiteten, berührt die Tatsache, daß er in Notwehr handelte, nicht: E 60 261. — Keine Berufung auf N, wenn zwei zum Raufen Entschlossene sich gegenübertreten. E 72 183. VII. Erforderlichkeit der N. ist o b j e k t i v , jedoch ex ante betrachtet, an Art und Stärke des Angriffs zu messen. BGH GA 1956 49: Von mehreren möglichen Verteidigungsarten muß der Verteidiger diejenige auswählen, die dem Angreifer den geringsten Schaden zufügt. Hierbei braucht er aber Beschädigungen seines Eigentums und eigene körperliche Verletzung nicht in Kauf zu nehmen. So schon RG H R R 1939 792. Vgl. ferner den Fall MDR 47 205 (oben zu IV). Die Auffassung des Angegriffenen kann nur für Abs. 3 in Betracht kommen (E 54 196, 55 167). Von Abwägung der beiderseitigen W e r t e , wie in BGB §§ 228, 904, hängt die Erforderlichkeit nicht ab (E 55 82; eingehend Schaffstein MDR 52, 132). Doch ist bes. sorgfältig zu prüfen, ob tätl. Abwehr gegen Verbalinjurien erforderlich: BGHSt. 3 217.— Ein I r r t u m über die Erforderlichkeit schließt nach § 59 die Schuld aus (E 54 196). Nach BGHSt. 3 194 (unten zu X) ist er Tatbestandsirrtum. Vin. Alle Güter sind wehrfähig, nicht nur Leib oder Leben, auch Vermögen, Ehre E 29 240 (LG Heidelberg SJZ 48 209 m. Anm. Engisch), Hausrecht (OGH in SJZ 49 357), Sittlichkeit E 48 215. Hier gelten die allgemeinen Grenzen der Nothilfe. Verhältnismäßigkeit nicht gefordert. Einschränkend Jagusch LK Anm. 2c: nicht notwehrfähig sei die öffentliche Ordnung, weil Notwehr stets einen bestimmten persönlichen Rechtsträger voraussetze. Vgl. ferner Anm. II. IX. Notfailte. Für sie gelten grundsätzlich die gleichen Regeln wie für die Notwehr. E 63 215 nimmt auch N zugunsten juristischer Personen an (z. B. gegen

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einen diebischen Angriff auf das Vermögen einer Aktiengesellschaft oder Gemeinde) und folgert daraus, „daß es auch ein Nilecht des einzelnen Staatsbürgers gegenüber rechtswidrigen Angriffen a u f d i e L e b e n s i n t e r e s s e n des Staats gibt. E 56 268 (Kapp-Putsch) hatte die Frage noch offengelassen. Doch ist solche Nothilfe regelmäßig nicht geboten (oben II). Über ihre Grenzen zutr. BGHSt. 5 247, 248, 249. X. Notwehrexzeß. An sich strafbar, soweit schuldhaft. Die „Schuld" wird hier aber in weiteren Grenzen ausgeschlossen als sonst bei Bestürzung, Furcht oder Schrecken; insoweit nämlich auch Fahrlässigkeit bezüglich der im Exzeß verursachten Verletzungen straflos ist (E 56 33). Andererseits wird der hier zugrundeliegende Gedanke der Nichtzumutbarkeit rechtmäßigen Verhaltens durch die Beschränkung auf die im Gesetz genannten Motive formalisiert. Auch z. B. der Exzeß aus Zorn könnte im Einzelfall Entschuldigung verdienen. „Die Zurechnung, diese feinste Aufgabe des Richters, wird durch eine grobe Regel mattgesetzt" (M. E. Mayer). BGHSt. 3 194 ( = J Z 52, 596, Anm. Welzel, LM § 51 I I Nr. 2, Anm. Geier) läßt mitwirkenden Zorn gelten, auch bei erwartetem Angriff. BayObLG 1 362 schließt b e w u ß t e n Exzeß nicht aus, ebenso Oldenburg NdsRpfl. 51 211. Abw. neuerdings Schönke-Schröder VI, der in Abs. 3 nur eine Beweisregel (Ausschluß der Fahrlässigkeit) sieht, und Jagusch LK Anm. 7b, der einen persönlichen Strafausschließungsgrund annimmt, weil Abs. 3 nur auf ein Durchschnitts-, nicht auf ein individualisierendes Schuldurteil abstelle. — Entschuldigung nach § 53 I I I aber nur bei wirklicher, nicht bei vermeintlicher (Putativ-) Notwehr (E 21 189, 54 36). Auch zeitliche Grenzüberschreitung (der Angriff war z. B. schon abgeschlossen) ist nicht mit Bestürzung, Furcht oder Schrecken entschuldbar (E 62 76). Ebenso ist bei an sich rechtswidrigen Verletzungen Dritter die Frage des Verschuldens nach den allgemeinen Grundsätzen von Vorsatz und Fahrlässigkeit, nicht nach § 53 III, zu beurteilen (E 58 27). XI. Putativnotwehr nennt man den Fall, wo die Handlung durch N nicht geboten w a r , aber dem Handelnden geboten zu sein s c h i e n . Sie betrifft den i n n e r e n TB, eine Schuld- oder Zurechnungsfrage; § 53 hat mit ihr nichts zu tun, auch nicht Abs. 3. Zwei Fälle zu unterscheiden: a) Der Täter irrte über die Grenzen, die das R e c h t der Notwehr zieht (Verbotsirrtum), b) Der Täter irrte über die S a c h l a g e , er nahm z. B. irrig an, er sei angegriffen. Hier ist Vorsatz ausgeschlossen (Anm. V 1 zu § 59); Fahrlässigkeit aber strafbar (z. B. fahrt. Tötung oder Körperverletzung), wenn jener Irrtum auf Fahrlässigkeit beruhte. Vgl. BGHSt. 2 194, J Z 52 596 (abl. Anm. Welzel).

Notstand §54 Eine strafbare Handlang ist nicht vorhanden, wenn die Handlung außer dem Falle der Notwehr in einem unverschuldeten, auf andere Welse nicht zu beseitigenden Notstande zur Bettung aus einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben des Täters oder eines Angehörigen begangen worden ist. Schrifttum: G o l d s c h m i d t , Der Notstand, ein Schuldproblem, 1913 (Ost. ZfStR). — H e n k e l , Der Notstand, 1932; Zumutbarkeit usw. Festg. f. Mezger, 1954.

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— B o c k e l m a n n , Hegels Notstandslehre, 1935 (Abh. des Beri. Krim. Inst.). — M a u r a c h , Kritik der NLehre, 1935. — v. W e b e r , Pflichtenkollision, Festg. f. Kiesselbach, 1947. — W e l z e l , Zum Notstandsproblem, ZStW 63, 47. — O e h l e r , Die Achtung vor dem Leben, J R 51, 489. — G a l l a s , Pflichtenkollision, Festg. f. Mezger, 1954. 1. Notstand ist 1. positivrechtlich geregelt durch § 54 StGB und §§ 228, 904 BGB. Die letzteren rechtfertigen die Tat, aber nur Eingriffe in Sachgüter bei W a h r u n g ü b e r w i e g e n d e r I n t e r e s s e n , was mit Güterabwägung nicht zusammenfällt (beachte deren Verschiedenheit in § 228 und § 904 BGB). § 54 dagegen entschuldigt sie nur mit Rücksicht auf den S e l b s t e r h a l t u n g s t r i e b (dem das Gesetz den Drang, die Familie zu retten, gleichstellt). § 54 erkennt also an, daß es Notlagen gibt, in denen zwar Recht gegen Recht steht (anders bei der Notwehr des § 53), in denen aber mit der motivierenden Kraft des Gesetzes nicht mehr gerechnet werden kann, Rechthandeln nicht mehr zumutbar ist. Vgl. auch Anm. I zu § 52: Nötigungsstand als Spezialfall des Notstandes. Rechtsähnliche Fälle mit minderer Wirkung: unten zu 2. — Auch das RGer. erkannte zuletzt an, daß § 54 nur einen Entschuldigungsgrund regslt, weil in solchen Lagen normgemäßes Verhalten nicht zumutbar ist (E 60 88, 61 249, 64 30, 66 222, 72 246). Aus diesem Grundgedanken weitere Folgen zu ziehen als die von den §§ 52, 54 gezogenen ist unzulässig. Vgl. oben Vorbem. I I I vor § 51. — Aus dem Grundgedanken folgt die s i n n g e m ä ß e B e g r e n z u n g des § 54: Anm. VII. — Da die Notstandstat des § 54 nicht rechtmäßig ist, ist N o t w e h r gegen sie möglich; dagegen nicht in den Fällen der §§ 228, 904 BGB. — Irrige Annahme des Täters, die tatsächlichen Notstands Voraussetzungen lägen vor, ist vom Standpunkt des Entschuldigungsgrundes aus unmittelbar ebenso zu behandeln, als wenn sie vorlägen; denn der dem § 54 zugrunde liegende Gedanke der Nichtzumutbarkeit trifft beim sog. Putativnotstand in gleicher Weise zu wie beim echten Notstand (vgl. auch E 57 268, 59 69, 66 227). „Nicht der Notstand ist in Wahrheit Entschuldigungsgrund, sondern die Annahme des Notstandes" (Radbruch). Daher kommt bei tatirriger Annahme eines Notstandes weder Tatbestandsirrtum noch Verbotsirrtum in Betracht. Vgl. aber auch § 52 Anm. V a. E. darüber, daß dem Irrenden Gewissensanspannung zuzumuten ist. — Über Putativnotstand bei fahrl. Verkehrsübertretung (§§ 2, 71 StVZO) vgl. Hamm NJW 58 271, das Verbotsirrtum annimmt. 2. „Notstandsähnliche" Lagen in §§ 157, 217, 248a, 264a berücksichtigt; vgl. auch §§ 257 II, 313 I I sowie § 67 I I Personenstandsgesetz. 3. In dem (vom RGer. so genannten) „übergesetzlichen" N o t s t a n d wird eine Tat bereits dadurch gerechtfertigt, daß sie — als einziger Ausweg — ein höherwertiges Rechtsgut auf Kosten eines minderen zu retten strebt. Vgl.Syst. Vorbem.IH und Vorbem. I I vor § 51. Hier bedarf es keiner Entschuldigung nach § 54. So die h. M. Jagusch LK 1 1 C, IV zieht §54 auch f ü r die Interessenkollision heran: „sinngemäße Erstreckung". Aber diese sprengt alle Grenzen der Auslegung. Der „neue Anfang" war unumgänglich. Auf die Maurachsche Lehre (§§ 32 ff.), daß § 54 zwar nicht die RW, aber auch nicht erst die Schuld, sondern bereits die von M. sog. Tatverantwortung ausschließe, kann hier nur hingewiesen werden. Vgl. ZStW 63, 492ff., 68, 208. Maurach zustimmend Jagusch LK § 54 Anm. 1, grundsätzlich auch Eb. Schmidt JZ 56,

Strafausschließungs- und Milderungsgründe § 54

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190, Heinitz J R 57, 79. Ablehnend Schönke-Schröder Vorb. 1 1 c. Vgl. zu diesen Fragen ferner Maihofer, Rittler-Festsohr. 141 ff., Nowakowski ebendort 71 f. 4. Hiernach ist auch die Strafbarkeit der Teilnahme zu beurteilen. Bei richtig entschiedener Güter- und Pflichtenkollision ist sie nicht rechtswidrig, gleichviel ob außerdem die Situation des § 54 vorliegt oder nicht. Bei unrichtig entschiedener, bei der nur dem Gefährdeten nicht zuzumuten ist, dem übermächtigen Motiv der Selbsterhaltung zu widerstehen, ist Teilnahme strafbar, da jeder nach seiner eigenen Schuld zu beurteilen ist (Grundsatz des § 50, s. dort). Bei Gleichwertigkeit der Güter (Leben gegen Leben) kann nicht die „Wahl des kleineren Übels" (Welzel MDR 49, 374ff., Maurach S. 311) entscheiden — jedenfalls nicht im Sinne des quantitativen Nutzeffekts —, sondern die Angemessenheit des Mittels nach Maßgabe der Kulturwerte. Daher dürfen z.B. die Matrosen äußerstenfalls die Männer niederschlagen, die sich vor den Frauen und Kindern in die Rettungsboote drängen. Den auf dem Brett des Karneades Kämpfenden dagegen darf kein Nichtangehöriger unterstützen, indem er etwa vom Ufer aus auf dessen Gegner schießt. Anders natürlich bei eigener Notstandslage des Teilnehmers. Vgl. zur allgemeinen Frage Eb. Schmidt SJZ 49,565, der mit Recht auch hier die Zwecktheorie heranzieht. II. Notstand und Nötigungsstand, Verhältnis beider: Anm. I zu §52. III. Unverschuldet ist der N, wenn die N o t l a g e , d. h. der Umstand, daß Rettung aus einerGefahr nur durch Eingriff in fremde Rechte möglich ist, nicht p f l i c h t w i d r i g herbeigeführt ist. Daß bloß die G e f a h r , nicht auch die Notwendigkeit, sich auf Kosten Dritter zu retten, verschuldet war, nimmt also dem in Not Geratenen noch nicht das Recht, sich auf § 54 zu berufen (anders wohl E 72 246 ?). — Das „Verschulden" ist aber hier, so wenig wie sonst, schon damit gegeben, daß die Notlage v o r a u s g e s e h e n o d e r v o r a u s s e h b a r war; es muß die P f l i c h t bestehen, sie zu v e r m e i d e n : E 36 334 (Eintritt lebensgefährdender Schwangerschaft ist bei Eheleuten, selbst wenn voraussehbar, nicht notwendig verschuldet); E 54 338, 72 19 (verschuldeter N angenommen, wo die Zwangslage durch eine pflichtwidrige Handlung herbeigeführt, wenn auch nicht voraussehbar war). — Im Falle der „ N o t h i l f e " muß das Verschulden den Helfer (Angehörigen), nicht den in Not Befindlichen treffen, damit die bei der Rettung begangene Verletzung fremder Rechte strafbar sei. So jetzt auch Köln NJW 53 116; a. A. Schönke-Schröder I I I 3. IV. Gefahr ist ein Zustand, der jederzeit in Verletzung übergehen kann. Ihre Quelle ist für § 54 einerlei, wenn es sich nur nicht um Fälle der §§ 52, 53 handelt. E 60 318. Behördliches Verhalten als Gefahrenquelle: E 41214, 59 69, Neustadt N J W 51 852 (s. u. V, VII). BayObLG DAR 56 15: Wer vom Unfallort wegfährt (§ 142), ist durch Notstand nur insoweit entschuldigt als er sich dadurch aus dem Bereich einer Gefahr brachte. Wer glaubte, er dürfe sich unangenehmen Auseinandersetzungen entziehen, befindet sich im Verbotsirrtum. V. Gegenwärtig ist die Gefahr, wenn „befürchtet werden muß, ein Eingreifen werde, wenn es nicht sofort geschehe, zu spät kommen": E 59 69 (Dauerzustand der Gefahr, ein Haus werde einstürzen, gegenüber dem Unvermögen, ein anderes als dies von der Behörde angewiesene Unterkommen zu erlangen, ließ das Inbrandsetzen des Hauses straflos erscheinen); E 36 334 (wenn eine Entbindung Lebensgefahr bedeutet, ist schon während der Schwangerschaft die Gefahr eine gegenwärtige, falls die Lage alsbaldige Maßnahmen fordert); sehr weitgehend E 60 318 (die Befürchtung, daß „jeden Augenblick" mit neuen Wutanfällen und deren Ii

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lebensgefährlichen Folgen zu rechnen sei, führte zur Tötung des Wüterichs, deren Entschuldigung mit Notstand das RGer. billigte). Hiergegen ausdrücklich Celle HannRpfl. 47 15. Vgl. auch E 43 342, 59 69 sowie Anm. I I I zu § 52. VI. Rettung auf Kosten eines fremden Rechtsguts. Bei verschiedenen Rettungsmöglichkeiten muß das f ü r den anderen kleinere Übel gewählt werden, E 66 227, nicht die f ü r den Täter einfachste Lösung, BGH N J W 52 111. — Zur Rettung muß gehandelt werden, daher keine Entschuldigung, wenn der Täter die Gefahr nicht kannte; umgekehrt ist Putativnotstand echter Notstand (oben I I a . E.). VII. Eine Rechtspflicht, die Not zu bestehen, schließt die Anwendung des § 54 aus. Dies folgt daraus, daß (vgl. auch Anm. I) § 54 Fälle entschuldigen will, wo bei Berücksichtigung des Selbsterhaltungstriebes oder des Fürsorgestrebens f ü r Angehörige ein normgemäßes Verhalten n i c h t z u m u t b a r ist. Besteht die b e r u f l i c h e A u f g a b e aber gerade darin, eine bestimmte Tätigkeit unter Einsatz von Leib und Leben auszuführen, so kann sich der Verpflichtete dieser Aufgabe nicht mit der Begründung entziehen, es sei ihm nicht zuzumuten, sich dieser Gefahr auszusetzen. So E 72 246, auch E 66 222. — Polizeibeamte, Wächter, berufliche Bergführer können sich gegenüber einer im Rahmen ihrer Tätigkeit üblichen Gefahr nicht auf Notstand berufen. Erst recht nicht Soldaten (§ 6 WehrStG v. 30. 3. 57) oder Seeleute (hierzu SeemOrdng. §§ 34, 41). — Betr. Richter in der Hitlerzeit vgl. Schrifttum zu Syst. Vorbem. I I I . — Über die Berufspflicht hinaus setzt jede rechtsethisch begründete Pflicht, deren Erfüllung normalerweise mit Gefahr verbunden ist, der Berufung auf Notstand Grenzen. Vgl. E 36 334 (die mit einer Entbindung n o r m a l e r w e i s e verbundene Gefahr); 54338 (diePflicht,eine verwirkte Strafe auf sich zu nehmen); 7219: die Gefahr, wegen einer Straftat angezeigt zu werden, begründet keinen Notstand; Kiel SJZ 47323 betr. Fahnenflucht (abl.Anm.Arndt); dazu Vorbem.II vor §51. Zutreffend andererseits E 41 214 (N, wo sich aus einer behördlichen Anordnung gesetzwidrige oder unbeabsichtigte Mißstände herausbildeten). — Notstand kann auch vorliegen, wenn die Gefahr dem ganzen Volke gleichmäßig droht, daher auch N bei Verstoß gegen B e w i r t s c h a f t u n g s n o r m e n jedenfalls dann, wenn die Entstehung von erhebliehen oder tödlichen Erkrankungen unmittelbar zu befürchten ist: Kiel SJZ 47 674 (Anm. v. Weber, der hier und MDR 47, 78 zwischen Dauergefahr und akuter Gefahr f ü r Leib und Leben unterscheidet); vgl. auch Neustadt N J W 51 852 a.E., aber auch Maurach S. 313, nach dem Sozialnot für alle Rechtsgenossen die Heraufsetzung der Grenzen des Zumutbaren bedeutet.

Taubstummheil § 5 5 (1) Ein Taubstummer ist nicht strafbar, wenn er in der geistigen Entwicklung zurückgeblieben und deshalb unfähig ist, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. (2) War die Fähigkeit, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, zur Zeit der Tat aus diesem Grunde erheblich vermindert, so kann die Strafe nach den Vorschriften über die Bestrafung des Versuches gemildert werden.

Strafausschließungs- und Milderungsgründe § 58

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Die Taubstummheit muß entweder angeboren oder doch so früh eingetreten sein, daß sie als Entwicklungshemmung noch wirken kann. E 57 239. Kausalität zwischen körperlichen Gebrechen und geistig-seelischer Fehlentwicklung erforderlich: E 76 394. - Vgl. Anm. zu § 51.

Verschuldung

bei überschweren

Folgen

§56 Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge der Tat eine höhere Strafe, so trifft diese den Täter nur, wenn er die Folge wenigstens fahrlässig herbeigeführt hat. Schrifttum: E n g i s c h , Kausalität, 1931. — B o l d t , Pflichtwidrige Gefährdung im StrR, ZStW 55, 44. — O e h l e r , Das erfolgsqualifizierte Delikt und die Teilnahme an ihm, GA 1954, 33. — Derselbe, das e. D. als Gefährdungsdelikt, ZStW 69, 503. - Ziege, Die Bedeutung des § 56 für Anst. u. Beih., NJW 54, 179. H a n a c k und S a s s e , Zur Anwendung des § 56 auf den Teilnehmer, DRiZ 54, 216. — S c h n e i d e r , Die durch eine verschuldete Folge qualifizierten Delikte, ungedr. Kölner Diss. 1954. — Derselbe, § 56 StGB und die Strafrechtsreform, J R 55, 414; Zur Anwendung des § 56, JZ 56, 750. - T r a u b , Zur Bedeutung des Wortes „wenigstens" in §56, NJW 57, 370. — S c h r ö d e r , Konkurrenzprobleme bei den erfolgsqualifizierten Delikten, NJW 56, 1737. — B a u m a n n , Kritische Gedanken zur Beseitigung der e. D., ZStW 70, 227. I. Eingefügt durch 3. StRÄndGes. im Anschluß an sämtliche Entw., um bei den durch einen überschweren Erfolg qualifizierten Delikten (§§ 118, 178, 206, 221 III, 224, 226, 229 II, 239 II, III, 251, 307 Nr. 1, 309, 312, 314, 321 II, 324, 326, 327 II, 328 II, 340 II) die Härte zu beseitigen, daß dem Täter der lediglich i. S. der Bedingungstheorie (Syst. Vorbem. II B I) verursachte Erfolg mit schwersten Straffolgen zugerechnet wurde (so R G ständig und noch BGHSt. 1 332, dagegen Engisch JZ 51, 787, Maurach Bes. T. 1. Aufl. 73; Bedenken auch in OGHSt. 1 273, 367). Vorläufer der jetzigen Regelung in § 5 III SprengstGes. Die Theorie versuchte — teils durch das Erfordernis eines adäquaten Kausalzusammenhangs, teils auf dem jetzt legalisierten Wege — der „Erfolgshaftung" zu steuern. II. Die Geschichte der sog. erfolgsqualifizierten Delikte (vgl. Oehler ZStW 69, 504ff.) zeigt jedoch, daß sie nicht einfach Erfolgshaftungen waren, sondern jedenfalls ursprünglich an ältere Formen der Schuld (dol. indirectus, versari in illicito) anknüpften; Reste des versari-Gedankens noch heute bei der strengeren Haftung für verschuldeten Not- und Nötigungszustand, vgl. zu §§ 52, 54, bei Unterlassung nach vorausgegangenem gefährdendem Tun (Syst. Vorbem. II B II 3d) bei § 330 a (ZStW 59, 574, vgl. weiter Boldt ZStW 55, 44ff.). Dahinter stand der Gedanke, daß gewisse verbotene Handlungen typischerweise erhöhte G e f ä h r d u n g e n mit sich bringen. Eingehend hierzu Schneider (Diss.) S. 20ff. — De lege ferenda vgl. den Bericht von Dreher ZStW 68, 72 ff. III. Vorsätzliche Gefährdung (in §§ 309, 314 u. ä. objektiv pflichtwidrige Gef.) ist als der eigentliche Unrechtskern der hier fraglichen Deliktsgruppe festzuhalten. Grundsätzlich zust. Oehler ZStW 69, 503ff., vgl. aber auch S. 518; anders Schönke14*

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Schröder V: die Strafe des e. D. sei eine Gesamtstrafe für eine vorsätzliche Tat und eine darin enthaltene Fahrlässigkeitstat. Der Eintritt des Erfolges bildet zwar wie bei den Fahrlässigkeitsdelikten den Grund der Strafbarkeit, aber nur extern, weil erst die besondere Folgenschwere das gesteigerte Strafbedürfnis auslöst. Der Gesetzgeber hat insoweit die einzelnen Unrechtstatbestände nicht modifiziert, da er lediglich die Schuldvoraussetzungen straffen wollte. Mit der namentlich von Engisch (Kausalität S. 41ff., 51ff.) begründeten Verweisung der obj. Fahrlässigkeitsmerkmale in die BW (darüber unten Anm. IV 4 zu § 59) gelangt man aber sogar auf dem Wege der Wortauslegung des § 56 dazu, die Fahrlässigkeit als Verletzung der obj. erforderlichen Sorgfalt mit der Adäquanz, d. h. Wahrscheinlichkeit der Erfolgsherbeiführung in den hier typischen Lagen, damit aber der vorsätzlichen Gefährdung, grundsätzlich gleichzusetzen. Fahrlässigkeit bedeutet dann jedenfalls hier nicht nur schuldhafte V e r u r s a c h u n g eines tatbestandsmäßigen Erfolges, sondern zunächst dessen tatbestandsmäßige, d. h. aber generell und nach dem Wissen des Täters vorhersehbare H e r b e i f ü h r u n g . Wie sehr das Problem auch auf der Unrechtsseite liegt, zeigt — bewußt oder unbewußt — diese sprachliche Abweichung des § 56 von der bloßen „Verursachung" in §§ 222, 230 usw.; sie weist auf die hier zu fordernde generelle Beherrschbarkeit des Kausalverlaufs hin. Ob dem Täter aus seinem gefährdenden Verhalten nach seiner persönlichen Unzulänglichkeit (Können) ein Vorwurf zu machen und ihm dessen Unterlassung zuzumuten war (Sollen), ist eine zweite und dritte Frage. Die tatbestandliche Qualität des Verhaltens ist aber nicht nur von dessen Vorwerfbarkeit, sondern auch von der Kausalfrage zu scheiden. So außer Engisch treffend Maurach § 18 I I C, I I I 2d): in E 5 202 wird mit Recht Kausalität bejaht, wenn der Bewohner in das vom Täter angezündete Haus zurückläuft, um Sachen zu retten, und hierbei zu Tode kommt, der Tatbestand des § 307 Nr. 1 aber mangels Adäquanz dieser Folge verneint, der KZ als unerheblich behandelt. Übereinst. Oehler ZStW 69, 514: Die Gefahr kann nur eine solche sein, die der Besonderheit des Grunddelikts entspricht. Lehrreich auch E 29 218 und der von Exner (Frank-Festg. I 584) mitgeteilte Fall, dazu Engisch 41, 65. Der Tatbestand, als Ausdruck seiner Garantiefunktion, ist im StrR der Sitz des Adäquanzgedankens, nicht die Kausalität, bei der die Zurechnung praktisch ins Uferlose führt; vgl. z. B. BGHZ 3 261. IV. Die Streitfragen, die schon überreichlich entstanden sind, lassen sich durch diese Unterscheidung der einzelnen VerbrMerkmale sachgemäß lösen. 1. Die Folge der T a t muß i. S. des tatbestandsmäßigen Handelns als Willensverwirklichung, nicht des Gesamtverhaltens des Täters verstanden werden. E 44 137: § 226 nicht, wenn der Täter mit dem Gewehr stoßen wollte, dies aber versehentlich entlud; BGH MDR 54 150 (mit Übersicht) und OGHSt. 2 335: Fall des Opfers als unbeabsichtigte Verletzung nicht tatbestandsmäßige Todesursache (a. A. insoweit Maurach § 17 I C 2). Schießt A auf B und verletzt ihn nur ganz leicht am Arm, so ist, wenn nun B unerwartet stirbt (Bluterkrankheit, Blutvergiftung), nicht zu fragen, ob „Schießen" den Todeserfolg in generell vorhersehbarerWeise heraufbeschwört, sondern diese konkrete TBVerwirklichung (so mit Recht Engisch S. 71). Ebenso E 64 143: Töten „im" Zweikampf nicht, wenn vernachlässigte leichte Duellwunde später zur tödlichen Blutvergiftung führt. Der Täter muß die Handlung, in der das Gesetz die typische Gefährdung sieht, vorgenommen, nicht nur unternommen haben, so die Gewaltanwendung in § 251 (E 62 422), in § 178 (E 69 332),

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die Inbrandsetzung in §§ 307, 309 (E 40 321; anders zu Unrecht BGHSt. 7 37). Zutr. Maurach a. a. 0 . 2. § 56 ist auf die Fälle beschränkt, in denen der Erfolg die Strafbarkeit n u r q u a l i f i z i e r t , aber nicht wie in §§ 143, 210, 227 I (dazu BGH MDR 54 371), 330a (BGHSt. 6 89) erst b e g r ü n d e t . Das wird a l s Inkonsequenz viel getadelt, vgl. Arndt (nach Dreher J Z 53, 426), Oehler, Maurach S. 331, Baumaim ZStW 70, 243. Man kann diese Kritik nicht durch einen Standpunktwechsel ausschalten (so Dreher a. a. 0.). Auch die erfolgsqual. Del. sind schon als Einschränkungen der vollen Haftung konstruiert worden (Berolzheimer System V 96ff.). Nach der angels. Schuldauffassung sind sie es in der Tat. Bei beiden Gruppen muß vielmehr jeweils die Handlungskausalität auf ihren tatbestandsgemäßen Kern als typische u n d verschuldete Gefährdung zurückgeführt werden (s. zu § 143 Anm. III). 3. Handlungen Z u r e c h n u n g s u n f ä h i g e r nötigen ebenfalls zu der hier durchgeführten Unterscheidung; vgl. dazu Maurach § 35 V Ac (betr. erfolgsqual. Rauschtat). Besonders auch im Hinblick auf die 4. T e i l n a h m e . Sieht man in den fraglichen Delikten nur die Aufstockung einer Fahrlässigkeits- auf eine Vorsatzschuld (deren Verschmelzung zu einer einheitlichen Schuldform heute nicht mehr möglich ist, vgl. Schneider, Diss.), so entstehen unlösbare Widersprüche, wie namentlich Oehler GA 1954, 33ff., Z S t W 69, 517 und Schneider (Diss.) gezeigt haben. Übereinst, auch Mezger L K Anm. 3b. Geht man aber von dem Unrechtstatbestand der vorsätzlichen Gefährdung aus, so liegt auf der Hand, daß die Teilnehmer nur, aber auch stets aus §§ 224, 226 usw. zu strafen sind, wenn sie — mindestens dolo ev. — wußten und wollten, d a ß die Verletzung derart beigebracht werde, daß dabei Schlimmes passieren konnte. So der Sache nach auch B G H MDR 55 143 (Übersicht). Andernfalls ist § 50 unmittelbar oder entsprechend heranzuziehen, sofern nicht überhaupt Exzeß vorliegt. Nach Oehler ZStW 69, 518 genügt es, wenn der Teilnehmer das Grunddelikt kannte, es in seinen Willen aufgenommen hatte und wußte oder sich pflichtwidrig nicht vorstellte, daß damit eine besondere tatbestandliche Gefahr verbunden war. Betr. M i t t ä t e r s c h a f t vgl. Schneider J Z 56, 750. 5. Auch die K o n k u r r e n z f r a g e n sind so zu klären. Man ist nicht zu der — sonst abgelehnten — Konstruktion eines fahrl. Fortsetzungszusammenhangs genötigt. § 226 konkurriert — als folgenschwere vorsätzliche Lebensgefährdung durch Körperverletzung — ideell mit der fahrlässigen Tötung des § 222, § 178 entspr. (Daß die Mindeststrafe nach § 178 zehn Jahre Zuchthaus beträgt, wenn der Tod der F r a u nur fahrlässig verschuldet ist, dagegen nach § 212 nur fünf Jahre, wenn der Täter, ohne Mörder zu sein, vorsätzlich getötet hat, ist eine durch das 3. StÄGes. entstandene Unstimmigkeit der Strafrahmen.) A. A. BGHSt. 8 54 (Konsumtion des § 222). Wie hier Arndt LM § 56 Nr. 5 und eingehend Oehler ZStW 69, 519ff. A. A. Schröder N J W 56, 1737, Schönke-Schröder V von seinem abw. Ausgangspunkt her (oben I I I ) : IdKonk. nur bei den von ihm sog. unechten, durch bestimmte Begleitumstände charakterisierten e. D., daher zust. zu BGHSt. 9 135 (IdKonk. von § 211 und § 251), hierzu unten Anm. V. 6. Bloßer V e r s u c h des Vordelikts reicht als Grundlage des qualifizierten nicht ohne weiteres aus (gegen BGHSt 7 37). Darüber oben zu I I I , IV 1.

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7. P r o z e s s u a l ist zu beachten, daß aus der vorsätzlichen Verursachung einer Verletzung nicht auf Fahrlässigkeit bezgl. des weiteren Erfolges geschlossen werden darf. Das wäre ein Rückfall in den versari-Gedanken. — Über die Schwierigkeiten, die sich bei späterem Eintritt oder Wegfall der schweren Folgen ergeben, vgl. Radbruch VD A I I , 241, Peters Strafprozeß S. 532, Kern StProz. S. 180f., Eb. Schmidt Lehrkomm, der StPO I 269. - Hinweis auf § 56 (gem. § 265 StPO) nicht erforderlich: BGH NJW. 56 1246 - Vgl. zu den Prozeßfragen auch Schneider J Z 56, 752. V. „Wenigstens" fahrlässig ist ein Ausdruck, der leicht irreführen kann, da § 56 in aller Regel n i c h t in Betracht kommt, wenn der schwere Erfolg m e h r als fahrlässig verschuldet ist; dann nur die reinen Verletzungsdelikte wie §§ 211, 212. Anders aber z. B. bei § 224, insofern die mit bedingtem Vorsatz herbeigeführte schwere Folge für die „Absicht" des § 225 nach h. M. nicht ausreicht. Vgl. Dreher J Z 53, 426 sowie jetzt BGHSt. 9 135, 137, betr. Raub mit bes. schwerer, vorsätzlich herbeigeführter Folge; zust. dazu Jescheck GA 1958, 5, Arndt LM Nr. 5, Traub a. a. 0 . 370, Schröder N J W 56, 1737; abl. Maurach 330, Schneider 752. VI. Nur die Schuldseite der erfolgsqualifizierten Delikte konnte und wollte § 56 regeln. Ihre Qualität als tatbestandsmäßige Handlungen richtet sich über das oben zu II—IV Gesagte hinaus nach der jeweiligen Besonderheit des betreffenden Delikts. Vgl. dort. §§ 57, 58 aufgehoben, vgl. jetzt § 3 JGG. Schuld und Irrtum, § 5 9 (1) Wenn jemand bei Begehung einer strafbaren Handlung das Vorhandensein von Tatumständen nicht kannte, welche zum gesetzlichen Tatbestand gehören oder die Strafbarkeit erhöhen, so sind ihm diese Umstände nicht zuzurechnen. (2) Bei der Bestrafung fahrlässig begangener Handlungen gilt diese Bestimmung nur insoweit, als die Unkenntnis selbst nicht durch Fahrlässigkeit verschuldet ist. Inhalt: I. Der § 59. — II. Schuld. — I I I . Vorsatz. — IV. Fahrlässigkeit. — IV a. Ausschließlichkeit der Schuldtypen. — V. Irrtum. — VI. Sonderbehandlungen des Irrtums. — VII. Straferhöhende Umstände. Aus dem Schrifttum) K o h l r a u s c h , Irrtum und Schuldbegriff 1903. — F r a n k , Über den Aufbau des Schuldbegriffs, 1907. — E x n e r , Das Wesen der Fahrlässigkeit, 1910. — F r e u d e n t h a l , Schuld und Vorwurf, 1922. — Erik W o l f , Strafrechtliche Schuldlehre I 1928. — G o l d s c h m i d t , Normativer Schuldbegriff, FrankFestg. 1930. — E n g i s c h , Untersuchungen über Vorsatz und Fahrlässigkeit, 1930. — K a n t o r o w i c z , Tat und Schuld 1933. — M e z g e r , Rechtsirrtum und Rechtsblindheit, Festschrift für Kohlrausch 1944, 180ff. — W e g n e r , Über Irrtum, Festschrift für Raape 1948, 401. — M a u r a c h , Schuld und Verantwortung 1948. — P e t e r s , Der Jugendliche und die Autorität des Gesetzes, Festschrift für Rosenberg 1949, 215ff. — S c h r ö d e r , Aufbau und Grenzen des Vorsatzbegriffes, Festschrift

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für Sauer 1949, 207. — Ders., Die Irrtumsrspr. des BGH, ZStW 65,178. — Welzel, Vom irrenden Gewissen 1951. — Ders., Zum Verbotsirrtum in MDR 52, 584; NJW 52, 564; JZ 53, 266; 54, 276; ZStW 67, 196. — Ders., Die finale Handlungslehre und die fahrlässigen Handlungen, JZ 56, 316. — Ders., Der Verbotsirrtum im Nebenstrafrecht, JZ 56, 238. — Salm, Zur Rspr. des BGH über den strafbefreienden Irrtum, ZStW 69, 522. •— W a r d a , Die Abgrenzung von Tatbestands- und Verbotsirrtum bei Blankettstrafgesetzen, Neue Kölner Rechtswiss. Abh. Heft 5, 1955. — Arthur K a u f m a n n , Das Unrechtsbewußtsein. 1949. — L a n g - H i n r i c h s e n , Tatbestandslehre und Verbotsirrtum J R 52, 184, 302, 356. — Ders., Zur Frage der Schuld bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, GA 1957, 225. — N o w a k o w s k i , Rechtsfeindlichkeit usw. ZStW 65, 379. — H. M a y e r , Der BGH über das BewdR, MDR 52, 392. — L a n g e , Der Strafgesetzgeber und die Schuldlehre, JZ 56, 73. — Ders., Die Magna Charta der anständigen Leute, JZ 56, 519.—• Ders., Nur eine Ordnungswidrigkeit ? JZ 57,233. — B o l d t , Zur Struktur der Fahrlässigkeitsdelikte, ZStW 68, 335. — D r e h e r , Verbotsirrtum und §51. GA 1957, 97. — H a r d w i g , Sachverhaltsirrtum und Pflichtirrtum. GA 1956, 369. — Arthur K a u f m a n n , Tatbestand, Rechtfertigungsgründe und Irrtum, JZ 56, 353 und 393.—Maihofer, Zur Systematik der Fahrlässigkeit, ZStW 70, 159. — N o w a k o w s k i , Zu Welzels Lehre von der Fahrlässigkeit, JZ 58, 335. — S c h m i d h ä u s e r , Zum Begriff der bewußten Fahrlässigkeit, GA 1957, 305. — Ders., Der Begriff des bedingten Vorsatzes in der n. Rspr. des BGH und in § 16 KommEntw. 1958, GA 1958, 161. — S c h n e i d e r , Über die Behandlung des alternativen Vorsatzes, GA 1956, 257. — S c h r ö d e r , Verbotsirrtum, Zurechnungsfähigkeit und actio libera in causa, GA 1957, 297. — Ders. Rechtswidrigkeit und Irrtum bei Zueignungs- und Bereicherungsdelikten, DRiZ 56, 69. — Wimm er, Das Zufallsproblem beim fahrlässigen Verletzungsdelikt NJW 58, 521. — Ders., Die Fahrlässigkeit beim Verletzungsdelikt, ZStW 70, 196. — K o h l h a a s , Der Irrtum über persönliche Strafausschließungsgründe, ZStW 70, 217. — S t r a t e n w e r t h , Dolus eventualis und bewußte Fahrlässigkeit, ZStW Bd. 71 (im Erscheinen). — E n g i s c h , Tatbestandsirrtum und Verbotsirrtum bei Rechtfertigungsgründen, ZStW 70, 566. — B r a u n e c k , Zum Schuldstrafrecht des Entw., MoKrim. 59, 129. — H o h e n l e i t n e r , Schuld als Werturteil, Rittler-Festschr. 1957, 185. — K ü c h e n h o f f , Individueller Normenirrtum? Ebendort 195. — B i n d e r , Psychiatrische Probleme usw., SchwZStR 74 (1959), 52. I. Inhalt den § 59. — Er enthält die wichtigste Regel des StGB zur Frage des V e r s c h u l d e n s . Aber er regelt nur eine Einzelfrage: was muß der Täter gewußt und gewollt haben, damit ihm die Tat zur Schuld zugerechnet werden kann ? Und auch diese nur in negativer Form: ein I r r t u m worüber schließt den Vorsatz (und, falls unverschuldet, auch die Fahrlässigkeit) aus? — G e s e t z l i c h n i c h t g e r e g e l t sind die Fragen nach der Bestimmtheit jenes Wissens und der Intensität jenes Wollens, d. h. die Fragen der Schuldtypen und -stufen: Vorsatz, Fahrlässigkeit; die Frage, ob jeder Vorsatz Schuld ist; und die Vorfrage zu alle dem: wieweit setzt überhaupt Strafe Schuld voraus ? Daß der Vorsatz nicht zur Schuld, sondern zum Unrecht gehöre, ist eine ungenaue Folgerung aus der richtigen Erkenntnis, daß das menschliche Handeln final ist. Nicht das W o l l e n des Erfolges, sondern die daraus typischer-, keineswegs aber notwendigerweise entstehende o b j e k t i v e R i c h t u n g d e r H a n d l u n g auf den Erfolg gehört in einem Tatstrafrecht zu ihrem Unrechtsgehalt, dem Eigengesetzlich-

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keit und Eigenbedeutung gegenüber dem anstoßenden Willen zukommt. Zutr. Engisch, Festg. f. Kohlrausch S. 170ff. Differenzierend auch Gallas ZStW 67 32 ff. Entsprechendes gilt für die Aufhebung des Unrechtscharakters: Syst. Vorbem. I I I 2 b y. II. Strafe setzt Schuld voraus; d. h. nicht nur ein auf einem Willensakt beruhendes äußeres Tun, sondern auch eine bestimmte innere Einstellung. Aus dieser muß dem Täter ein Vorwurf gemacht werden können. Die hier vielfach herangezogenen moraltheologischen oder ethischen Maßstäbe haben die Diskussion vertieft und das Verantwortungsgefühl geschärft. Dogmatisch können sie indessen nicht unmittelbar verbindlich sein, ebensowenig die wechselnden geschichtlichen Standpunkte etwa zu der Frage, ob und inwieweit ein Verbotsirrtum zu berücksichtigen ist. Für die Antwort auf die Fragen, ob überhaupt Schuld möglich ist (Leugnung der Vorwerfbarkeit durch die positivistische Schule wie durch Vertreter der Existenzphilosophie) und welche Maßstäbe und Anforderungen hier gelten, ist vielmehr die aus dem Gesetzeszusammenhang — nicht etwa aus § 59 allein — zu erschließende positivrechtliche Entscheidung zwischen den zahlreichen möglichen Standpunkten zugrunde zu legen. Schon deshalb ist Schuld immer auch vom Sollen, nicht nur vom individuellen Können her zu bestimmen; andernfalls würde das Strafrecht seinen erzieherischen Sinn verlieren. Ob die Entscheidung des Gesetzgebers dem für uns richtigen Recht entspricht, ist eine andere Frage. § 51 geht ungeachtet des philosophischen Streites um die Möglichkeit freier Willensbestimmung davon aus, daß der normale Mensch im allgemeinen einen Spielraum der Selbstbestimmung seines Handelns besitzt. Schon hiermit setzt unser Strafrecht die Möglichkeit eines Schuldvorwurfs voraus. Auf der anderen Seite stellen die neuen Verfassungen, insbes. das Bonner Grundgesetz, mit der Anerkennung unmittelbar geltender Menschenrechte und Grundrechte auch die Staatsmacht unter die Gesetze sittlicher Verantwortung. Der Staat bindet sich selbst an die geltenden Kulturwerte als letztem Maßstab und verzichtet auf die selbstherrliche Festsetzung von Geboten und Verboten über die Grenze des vernünftigerweise Zumutbaren hinaus. Der rechtliche Schuldbegriff kann hiernach nicht mehr in der Feststellung eines objektiven sozialen Mankos gefunden werden, wie es die positivistische Schule meinte (darüber Erik Wolf, Schuldlehre I 16ff„ 51ff., v. Weber 107ff.), sondern ist sozial-ethisch zu begründen. Aus drei Gründen aber fällt er mit dem ethischen Unwerturteil nicht einfach zusammen. Einmal muß das Recht, wie es seinem Wesen entspricht, auch hier einen generalisierenden Durchschnittsmaßstab anlegen. Sodann ist der Schuldbegriff von dem der G e f ä h r l i c h k e i t nicht völlig zu lösen (über die entsprechende Strukturverschlingung im Straf begriff vgl. Vorbem. A I I I vor § 13). Und drittens knüpft er an die Tat, regelmäßig also an den E r f o l g an. Das gilt bei allen Fahrlässigkeitsdelikten: die gröbste Unvorsichtigkeit wird nur bestraft, wenn sie Unheil anrichtet. Aber auch die Bewertung der Vorsatztaten geht von ihrem Erfolge aus. § 56 bestätigt dies, indem er nur Zufallshaftung ausschließt. Und das erfolglos versuchte Delikt wird milder als das folgenschwere bestraft. Ein Einzelfall vorsätzlich oder fahrlässig gefährdenden Verhaltens, das nur bestraft wird, wenn etwas passiert, in § 330a. Von den in Syst. Vorbem. IV vor § 1 und Vorbem. III vor § 51 festgestellten vier Voraussetzungen des rechtlichen Schuldvorwurfs: Zurechnungsfähigkeit, Zurechenbarkeit zu Vorsatz und Fahrlässigkeit, Erkennbarkeit des Unrechts und Zumutbarkeit sind heute nur noch die erste und die letzte im ganzen unumstritten (vgl. jedoch Maurach §§ 32 ff., der die Zumutbarkeit zur Tatverantwortung zählt). Streitig ist dagegen 1. ob der Vorsatz zur Schuld gehört, 2. ob und inwieweit das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit zu verlangen ist.

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1. Mit der Behauptung, daß der Vorsatz ausschließlich Handlungs- (neuerdings: Unrechts-)Element sei, wird der Schuldbegriff entleert, des psychischen Kerns, an den der Vorwurf anknüpfen muß, der der „Verbotsmaterie" des Tatbestandes (Welzel) entsprechenden „Schuldmaterie" beraubt. Daß der final gefaßte Handlungsbegriff hierzu nötige, ist nicht ersichtlich. Denn es handelt sich hier nicht um reale Aufbauelemente, die an bestimmter Stelle des Systems verbraucht würden, sondern um verschiedene Aspekte ein und desselben psychischen Sachverhalts. Die Vertreter der hier bekämpften Auffassung sehen sich genötigt, den Irrtum zu einem Unrechtsausschließungsgrund zu erklären (so ausdrücklich v. Weber, Aufbau S. 23, Busch, Moderne Wandlungen der Verbrechenslehre S. 9). Bedenken gegen die Eliminierung des Vorsatzes aus dem Schuldbegriff insbes. bei Mezger LK § 59 I I 7, der auf die Doppelbedeutung des Wortes „Vorsatz" hinweist, Engisch a. a. 0., Bockelmann, Über das Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme 1949 (hierzu und hiergegen als Hauptvertreter der finalen Handlungslehre Welzel, Recht und Staat, Heft 146, 1951), Schröder, Pestschrift für Sauer S. 207 ff., ZStW 65, 178, LangHinrichsen a. a. 0 . Vgl. ferner oben I. — Eine Doppelfunktion des Vorsatzes erkennt jetzt auch Welzel an: § 19 I I 3, § 22 I 1; vgl. schon ZStW 65, 59. 2. Besonders lebhaft umstritten ist die Frage, ob der Täter nicht nur wissen mußte, was er tat, sondern auch, d a ß er dies nicht tun durfte. Die Frage wird vielfach dahin gestellt: gehört zur Schuld das B e w u ß t s e i n der R e c h t s w i d r i g k e i t ? Das RG. verneinte sie seit jeher, da der § 59 nur einen Irrtum beachte, der einen Tatumstand betreffe, welcher zum gesetzlichen Tatbestand gehöre. Hierzu eingehend Wegner StrR 156ff„ vgl. auch Radbruch SJZ 47, 634, v. Weber S. 124, H. Mayer, § 39, Winnefeld DRZ 47, 365, die von verschiedenen Standpunkten aus die Rspr. des RG deuten, verteidigen und im wesentlichen für fortgeltend erklären. Nach g e l t e n d e m R e c h t ist indessen sicher, daß die Schuld sich n i c h t in der wissentlichen und willentlichen Tatbegehung e r s c h ö p f t . Denn: Wichtige neuere Gesetze berücksichtigen es, wenn der Täter infolge einer Verkennung der Rechtslage sein Verhalten für erlaubt hielt. In gleicher Weise wie den Tatbestandsirrtum des § 59 StGB regelt diesen Irrtum der § 395 RAO: (1) Straffrei bleibt, wer in unverschuldetem Irrtum über das Bestehen oder die Anwendbarkeit steuerrechtlicher Vorschriften die Tat für erlaubt gehalten hat. (2) Wer aus Mangel an der Sorgfalt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen persönlichen Verhältnissen fähig war, die Tat für erlaubt gehalten hat, wird wegen Fahrlässigkeit bestraft. In anderer Weise (darüber BGHSt. 2 194, 204ff., unten V 1, 2, 3d, VI) berücksichtigen § 6 WiStG und § 12 OWG (Anhang Nr. 16, 17) das fehlende Bewußtsein der Rechtswidrigkeit. Aber auch das StGB selbst gibt Hinweise in gleicher Richtung: a) Wenn nach § 51 unzurechnungsfähig ist, wer (aus den dort angegebenen Gründen) unfähig ist, das U n e r l a u b t e der Tat einzusehen, so hat das nur dann einen Sinn, wenn auch für die Zurechenbarkeit der Einzeltat vorausgesetzt wird, daß sich diese Fähigkeit irgendwie ausgewirkt hat oder mindestens auswirken konnte; daß der Täter also nicht nur wußte, was er t a t , sondern auch wußte oder mindestens wissen konnte und mußte, daß er dies nicht tun d u r f t e . — Daß die Frage, ob der Mensch überhaupt schuldfähig sein und Strafe verdienen kann, keine psychiatrisohe (sondern eine rechtliche) Frage ist, betont BGHSt. 8 122.

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b) Entsprechendes gilt für § 3 JGG. c) Die §§ 42b und 330a setzen voraus, daß ein Unzurechnungsfähiger „eine mit Strafe bedrohte Handlung" begangen hat. Hierzu gehört nicht nur die Verwirklichung des äußeren Tatbestandes, sondern auch ein n a t ü r l i c h e r V o r s a t z in dem Sinne, daß der Täter wußte, was er tat, daß er z. B. einen Menschen tötete. „Vorsätzlich" in diesem Sinne kann auch der Unzurechnungsfähige handeln. Vgl. BGH St, 3 287 betr. § 263. Vorwerfbare Schuld muß also mehr sein. Was zum Tatvorsatz hinzukommen muß, kann nur eine i n n e r e B e z i e h u n g z u m U n r e c h t s g e h a l t der Tat sein. d) Ähnlich die §§ 52, 54. Auch hier weiß der Täter, was er tut. Sein „vorsätzliches Tun" wird ihm aber nicht vorgeworfen, nicht zur Schuld zugerechnet. Hier fehlt zwar u. U. nicht das Bewußtsein, daß dies Tun i. d. Regel rechtswidrig ist, aber die Möglichkeit, daß dies Bewußtsein von dem Tun abhielt. Auch hier also ist Schuld mehr als Vorsatz. e) Auch in den §§ 48, 49 n. F. liegt die Notwendigkeit, zwischen schuldhaftem und natürlichem Vorsatz zu unterscheiden: Vorbem. I I I A 4 vor § 47. f) § 59 ist k e i n G e g e n g r u n d . Mag auch die „Rechtswidrigkeit" des Tuns kein z. gesetzl. TB gehörender Tatumstand sein, so steht doch andrerseits § 59 einer solchen Forderung nicht entgegen. Denn er will nicht die Schuldvoraussetzungen erschöpfend regeln, sondern nur eine, den Tatvorsatz, und auch diese nur in negativer Form. g) Daß „Bewußtsein der Rechtsw." dort zu fordern sei, wo das W o r t „ r e c h t s w i d r i g " o. ä. im g e s e t z l i c h e n T B stehe (z. B. §§123, 246, 299, 303, 356), und daß hieraus folge, daß es in anderen Fällen nicht vorauszusetzen sei, wird zwar immer wieder behauptet, aber ungeprüft und ist nicht richtig. Auch das RGer., auf das man sich zu beziehen pflegt, behandelte diese Fälle grundsätzlich nicht anders als andere: ausdrückliche Gleichstellung z. B. in E 58 247, 62 296. Auch E 26 265 spricht nicht zwingend für Aufrechterhaltung jener Legende. h) Eine wesentliche Einschränkung ist allerdings zu machen und wird seit der bahnbrechenden BGH(GrS)St. 2 194 (ergänzt durch BGHSt. 4 1) immer mehr anerkannt: für die volle Schuld genügt es, daß der Täter, der wußte, was er tat, bei gehöriger A n s p a n n u n g seines Gewissens und seiner E r k e n n t n i s k r ä f t e wissen m u ß t e und k o n n t e , daß er es nicht tun durfte. Dieser Maßstab (den Neustadt MDR 59 58 für unrichtig erklärt) ist anders und strenger als der der Sorgfaltspflicht bei Fahrlässigkeit: BGHSt. 4 236. Denn ein gewisser Grundstock von rechtlichen und sozialethischen Vorstellungen muß und darf bei jedem, an den sich die Normen wenden, vorausgesetzt werden. Zudem darf man nicht das Bew. des g e s e t z l i c h e n V e r b o t e n s e i n s fordern („Unkenntnis des Gesetzes schützt vor Strafe nicht"), sondern muß sich a u c h mit dem Bew. des Täters begnügen, daß seine Tat m a t e r i e l l „Unrecht" ist. „Parallelwertung in der Laiensphäre" (Mezger) reicht als Voraussetzung hierfür aus; so der Sache nach BGHSt. 2 202. (Irreführenderweise wird dieser Ausdruck meist zur Bestimmung des V o r s a t z e s verwendet, so BGHSt. 3 255; dort handelt es sich aber nur um das, was der Täter w i s s e n muß. Richtig jetzt BGH JZ 57 549, 551: „Kenntnis nach Laienart".) Der Ausdruck „ V e r b o t s i r r t u m " ist irreführend, vgl. unten Anm. V (vor 1), gegen ihn auch Hardwig GA 1956, 371. Das Bew. der RW muß in b e s t i m m t e r R i c h t u n g , im

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Hinblick auf die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts vorliegen. Das Bewußtsein eines versari in re illicita genügt nicht. Gegen die unrichtigen Entsch. BGH NJW 52 671 und BGHSt. 3 342, wo Bew. d. RW bei Blutschande bejaht wurde, weü sich der Täter je denfalls seines damit zugleich begangenen Ehebruchs bewußt gewesen sei, jetzt BGHSt. 10 35. Abi. schon Warda NJW 53, 1052, Bindokat JZ 53, 748, Zimmermann NJW 54,908; vgl. Hamm JMB1NRW 55 285. — Wer die Vorstellung hat. möglicherweise Unrecht zu tun, und diese Möglichkeit in seinen Willen aufnimmt, hat da» Unrechtsbewußtsein: BGH J R 52 285. Ist eine Frage unter den Gerichten strittig, so soll nach Köln MDR 54 374 im allg. das Risiko tragen, wer die günstigere Meinung für sich in Anspruch nimmt. Das ist als Regel ebenso bedenklich wie andererseits BGHSt. 4 3 (dazu Welzel JZ 53, 266), die der unsubstantiierten Berufung auf Verfassungswidrigkeit einer Norm gefährlich weiten Spielraum gibt (gegen BGH auch Bindokat a. a. O.). Vgl. auch Mezger LK S. 462; Bedeutung von Rechtsauskünften: BGHSt. 5 118. Das Gesetz fordert nur die allgemeine Fähigkeit, das Unerlaubte der Handlung zu erkennen und sich an dieser Erkenntnis zu orientieren (Mezger, Rechtsblindheit usw. S. 187: „Rechtsunfähigkeit", wenn dieses Vermögen fehlt). Diese Fähigkeit wird beim normalen Erwachsenen prinzipiell vorausgesetzt, ihre Ausnahmen werden in den §§ 51, 55 StGB, § 3 JGG auf bestimmte biologische Tatbestände und deren seelische Folgen beschränkt. Vgl. § 51 Anm. IV, X. Bedenklich daher BGH J R 54 188 (Schändung einer Frau durch geistig beschränkte, aber voll zurechnungsfähige Täter im Bewußtsein, daß sie „geisteskrank" und geschlechtlich leicht zugänglich war: unvermeidbarer Verbotsirrtum ?). Auch bei u n w i d e r s t e h l i c h e m Hang zum Verbrechen wird der gefährliche Gewohnheitsverbrecher bestraft. Und den Fall der Rechtsblindheit oder moral insanity hat bereits M. E. Mayer, Allg. T. S. 211 mit Recht bei § 51 behandelt, und zwar — im Anschluß an E 15 97 — als einen vom Gesetz nicht berücksichtigten Fall der Unzurechnungsfähigkeit. (Der Rechtsblinde befindet sich nicht etwa in einem Rechtsirrtum; denn er legt den Sachverhalt überhaupt nicht auf die Waage des Rechts, sondern entscheidet ausschließlich nach außerrechtlichen Erwägungen.) Aus welchem Grunde die Fähigkeit, gut und böse in normaler Weise zu unterscheiden, fehlt oder verlorengegangen ist, ob etwa der Täter von Hause aus ein Fanatiker oder ob er ein Opfer der Verhetzung war, kann die Schuld nur der Höhe, nicht aber dem Grunde nach beeinflussen. Da die Legitimation zum Schuldvorwurf in der Rechtsidee und nicht in einem staatlichen Strafanspruch liegt, kann nicht eingewendet werden, daß der Staat, der es fertig bringt „den Armen (sittlich) schuldig werden zu lassen", jedes Recht verloren habe, ihm einen rechtlichen Schuldvorwurf zu machen (so aber Eb. Schmidt SJZ 49, 596). Ebenso wird die Zumutbarkeit in §§ 52, 54 nicht nur vom persönlichen Können, sondern auch vom Sollen her bestimmt, vgl. § 52 Anm. II, V. Wer zur vollen Schuld das aktuelle Bewußtsein der RW fordert, weil nur dann der Täter sich habe am Recht orientieren können, verläßt damit den in allen Stadien der gesetzlichen Schuldregelung erkennbaren Maßstab. Er übersieht aber auch ein immanentes Strukturelement jeglicher Schuld, die niemals nur in bewußtem Normenwiderspruch, sondern stets auch in der Unterlassung der Aktivierung der eigenen geistigen und seelischen Gegenkräfte besteht. i) Aber auch für den Rechtschaffenen fehlt die Möglichkeit, das Unerlaubte der Tat als solches zu erkennen, da, wo im Umkreis sozialadäquaten oder jedenfalls bis dahin unbeanstandeten Handelns unvermittelt pönalisiert wird. Die typische Form solcher Strafgesetze ist die des B l a n k e t t s : weil die Strafdrohung hier nicht

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das Unrecht als Verstoß gegen die allgemein anerkannte Kulturnorm voraussetzen kann, muß sie sich auf eine anderwärts ausgesprochene oder erst in Zukunft erfolgende rein positivistische Normierung beziehen. Logisches und zeitliches Verhältnis von Unrecht und Verbot kehren sich um. Verboten wird hier nicht, was schon vorher Unrecht war, sondern das Verbot selbst erst macht das Handeln zum Unrecht. Dies gilt besonders für das Devisen-, Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht. Darum ist für diese Fälle gesetzlich anerkannt, daß die Möglichkeit, die Handlung als unerlaubt zu erkennen, nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden darf. Von der Kenntnis oder Erkennbarkeit des p o s i t i v e n G e s e t z e s hängt hier die Schuld ab. Viele dieser Fälle grenzen an bloße Ordnungswidrigkeit. Vgl. unten IV 5, V 3 d, VI. k) Für das Gebiet des allgemeinen Strafrechts gilt dies alles grundsätzlich nicht. Hier liegen die Normen, in ihren allgemeinen Umrissen jedem erkennbar: „du sollst nicht töten, nicht stehlen" usw. schon im vorrechtlichen Baum, vor dem positivrechtlichen Verbot. Entscheidend ist hier die Erkennbarkeit der m a t e r i e l l e n RW (Syst. Vorbem. III). Dies gilt gerade auch dann, wenn ein Staat — etwa ein totalitäres Regime — in evidenter Mißachtung dieser Grundsubstanz der Rechtsidee tatbestandliches Handeln positiv erlaubt oder gebietet (Massentötungen, Rechtsbeugung). Nur da, wo ein vernünftig und human Denkender, ein Gewissenhafter, nicht ein Gewissenloser, in der Absicht, zu retten, was zu retten war, notgedrungen um den Preis einer entfernten Mitwirkung handelt (vgl. OGH in MDR 49 373) liegt es anders. Er konnte sein Handeln für erlaubt, materiell richtig halten. Hier liegt ein Irrtum des Gewissens, wenn man solchen gegen K a n t für möglich hält, ein unrichtig entschiedener Kollisionsfall vor (Welzel a.a.O., dazu DRZ 50, 118). Dies gilt, soweit hier nicht schon Rechtfertigungsgründe in Betracht kommen, allgemein für die Opferung einzelner zugunsten anderer Mitgefährdeter, insbes. in Gefahrengemeinschaft (wo § 54 oft nicht ausreicht). Wer in solchen Lagen annimmt, entgegen dem Tötungsverbot so handeln zu dürfen, weil das Gebot, möglichst viele andere, sonst Verlorene zu retten, die stärkere Pflicht begründe, der hat sein Handeln für erlaubt im Sinne des richtigen Rechtes gehalten. Sein etwaiger Irrtum kann nach dem Grundgedanken der genannten Einzelbestimmungen entschuldbar sein. 1) Das gleiche gilt für alle anderen Fälle der rechtsirrigen Annahme eines Bechtfertigungs- oder Verpflichtungsgrundes. Wer ein Notrecht annimmt, unter Voraussetzungen, die im positiven Becht nicht anerkannt sind, bei denen man aber vernünftigerweise daran denken könnte, dessen Irrtum ist eher entschuldbar als z. B. der des Gläubigers, wenn er meint, er dürfe den Schuldner mißhandeln oder mit kompromittierenden Enthüllungen bedrohen, um zu seinem Gelde zu kommen, überhaupt, er dürfe „zum Becht durch Unrecht gehen", oder wenn jemand glaubt, den als Landesverräter Verdächtigen im Wege der „Feme" beseitigen zu dürfen (vgl. E 63 215, 64 101) oder den Fahnenflüchtigen ohne jedes Verfahren erschießen lassen zu dürfen (Stuttgart IIESt. 1 24 = SJZ 47, 204 m. Anm. Küster), oder wenn jemand den offensichtlich unmenschlichen Charakter seines Handelns (OGH in MDB 49 307) oder die offensichtliche Rechtswidrigkeit eines mil. Befehls (Freiburg JZ 51 85, Anm. v. Weber) verkannte. Die Evidenz des Widerspruchs mit der Vernunft und der Humanität ist als einschränkender Maßstab erforderlich, da das Becht auch an die ethische Einsichtsfähigkeit nur Durchschnittsanforderungen richten darf. Hieraus ergeben sich Grund und Grenze des materiellen Schuldvorwurfs, darüber hinaus die systematische Einheit der Schuldfähigkeit, der Zumutbarkeit und des beachtlichen Verbotsirrtums, wie sie auch

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BGHSt. 2 200£f. bewußt erstrebt. Die positivrechtlich gebundenen (§§ 51, 52, 54, 55, 59 StGB, § 6 WiStG 1954 usw.) und die „freien" Bestandteile dea Schuldbegriffs (wie Zumutbarkeit, Bewußtsein der Rechtswidrigkeit) dürfen nicht auseinanderfalten. Zu beachten ist jedoch, daß Zumutbarkeit schon für das tatbestandsmäßige Unrecht konstitutiv sein kann: § 330c, unechte Unterlassungsdelikte (dazu Syst. Vorbem. I I und BGH J R 54 269 mit Anm. Heinitz). Auch hier ist die generelle Normgrenze und die persönliche Vorwerfbarkeit ihrer Überschreitung zu unterscheiden. III. Vorsatz bedeutet (da nach dem zuvor Ausgeführten die Möglichkeit der Unrechtserkenntnis eine selbständige Schuldvoraussetzung darstellt), daß der Täter die Tat mit Wissen und Wollen begangen hat. Und zwar muß sich W. u. W. auf eine in ihren wesentlichen Merkmalen b e s t i m m t e Tat beziehen. Zum Teilnehmervorsatz BGH MDR 55 143 und oben Anm. VII zu § 48. 1. Eine die Feststellung vorsätzlicher Tatbegehung begründende Willensbeziehung ist in folgenden drei Fällen anzunehmen: a) Absicht: wenn es dem Täter d a r a u f a n k a m , den im Gesetz bezeichneten Erfolg herbeizuführen — was aber nicht nur dann der Fall ist, wenn dieser Erfolg Endzweck, sondern auch, wenn er notwendiges Mittel zum Zweck ist. In diesen Fällen der „Absicht" ist der Wahrscheinlichkeitsgrad des Erfolgseintritts nicht entscheidend (z. B. Schuß auf 500 m, um zu töten), wenn nur der Erfolgseintritt des Handelns generell berechenbar war (andernfalls hat der Täter gehofft, gewünscht, nicht gewollt). Vgl. Braunschweig NJW 57 600. Doch wird der Begriff entsprechend den unterschiedlichen gesetzgeberischen Zwecken nicht überall in gleichem Sinne gebraucht: BGHSt. 4 107, 108 (zu § 257) mit Übersicht, 9 142, 144ff. (zu § 94, wo nach BGH bestimmter Vorsatz genügt; str., vgl. unten § 94 Anm. I). b) Direkter Vorsatz: wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung als n o t w e n d i g e F o l g e oder Begleiterscheinung seines Tuns vorhersah; hier (anders als bei Absicht) ohne Rücksicht darauf, ob es ihm hierauf „ankam". c) Eventueller oder bedingter Vorsatz: wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung „zwar nur für m ö g l i c h hält, jedoch für den Fall der Verwirklichung m i t i h r e i n v e r s t a n d e n ist". So RG häufig, z . B . 33 4, 59 2, 65 192 u. 263; oder eventuelles „ B i l l i g e n " des Erfolgs (E 66 261). RGer. in J W 3 8 741: wo das RG gelegentlich vom „ I n k a u f n e h m e n " des Erfolgs gesprochen habe, sei „dies ausdrücklich nur unter der V o r a u s s e t z u n g d e s E i n v e r s t ä n d n i s s e s des Täters mit der von ihm als möglich erkannten Folge seiner Handlung und deren innerer Billigung geschehen: E 59 2, 67 424". Ebenso Kiel HESt. 2 206, BGH MDR 51 145, 52 16 unter Hinweis auf E 76 115, 72 43 einerseits, E 59 2, 77 228 andererseits. — Inkaufnehmen genügt nach Mezger StB I 135, Schönke-Schröder § 59 IV 2. Ebenso nach BGHSt. 7 363 = NJW 55 1688 „sich Abfinden mit dem an sieh unerwünschten Erfolg"; ber. Bedenken bei OBA und Engisch in Anm. a. a. 0., vgl. auch Schmidhäuser GA 1958, 161. Jedenfalls muß jenes Einverständnis oder Inkaufnehmen selbständig neben dem „für möglich halten" festgestellt, es darf nicht aus ihm gefolgert werden. U n z u r e i c h e n d wäre die Begr.: „Der Täter hat den Erfolg für möglich gehalten, a l s o ihn für den Fall seines Eintritts gebilligt oder in Kauf genommen." So betr. Kuppelei eingehend D J 37 466. Ebenso jetzt Braunschweig HESt. 2 205.

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Der W i l l e zum H a n d e l n muß immer u n b e d i n g t sein: Hamburg J R 51 87. Nur die V o r s t e l l u n g vom E r f o l g e ist bedingt, d. h. mit einer bloßen Möglichkeit verknüpft. Zutr. Welzel § 13 I 2b. Vgl. oben § 43 Anm. II. 2. Zum Wissen von dem, was man tut, gehört die Bedeutungskenntnis, das Wissen von dem sozialen S i n n der Handlung und der sonstigen einzelnen Tatumstände (streng zu scheiden von dem U n w e r t urteil der Rechtsordnung über den Vorgang als Ganzes; über das Bewußtsein des Täters hiervon ist oben zu I I 2 h zu vergl.). Vorsätzlich handelt nicht schon, wer die einzelnen Teiltatsachen kennt, sondern erst, wer das geistige Band ihres Sinnzusammenhanges z. B. als „fremde" Sachen, „pflichtwidrigen" Rechtsbeistand, „zuständige" Behörde, „beweiserhebliches" Schriftstück sieht. Es handelt sich um Einsichten (nicht um Wertungen, irrig BGHSt. 3 255), die jedoch nur im s o z i a l e n Sinne vorliegen müssen: daß die Sache anderen „gehört", daß die Interessen der vertretenen Parteien kollidieren, daß diese Stelle für diese Eidesabnahme in Betracht kommt, nicht im juristischtechnischen Sinne der richtigen Subsumtion (zutr. Welzel § 13 I 4). Zum Wissen vom sozialen Sinnzusammenhang, in dem die Handlung steht, gehört naturgemäß auch, daß man das Verhalten seiner Partner oder Gegner versteht und z. B. nicht etwa eine scherzhafte Gebärde als Angriff mißdeutet. Näheres unten zu V. — Bei u n e c h t e n U n t e r l a s s u n g s d e l i k t e n fällt der die Handlungspflicht umfassende Vorsatz praktisch vielfach mit dem Bewußtsein, Unrecht zu tun, zusammen, vgl. Gallas J Z 52, 373, dem Celle GA 1958 152 folgt. Börker J R 56, 87 unterscheidet, grundsätzlich zutreffend, zwischen den Umständen, die eine Garantenstellung begründen, und der sich daraus ergebenden Rechtspflicht. Vgl. auch Hardwig GA 1956, 369, 371. IV. Fahrlässigkeit. Strafbar nur, wenn ausdrücklich bestimmt oder mit Sicherheit aus Gesetzeswillen und -zweck zu schließen; so (für § 330) BGHSt. 6 131. Strenger BGHSt. 11 228: Fahrl. Ordnungswidrigkeit nur erfaßt, wenn dies a u s d r ü c k l i c h durch das Gesetz bestimmt ist (über den Wortlaut des § 11 Abs. 1 OWG hinaus). Dies muß auch für die Übertretungen des StGB gelten, soweit sie nur gegen Anordnungen verstoßen. Vgl. vor § 360. — Hier pflegt man zunächst zwei Fälle zu unterscheiden, je nach der Rolle, die das Bewußtsein von dem möglichen Erfolgseintritt bei dem Täter gespielt hat: 1. Bewußte F. Sie liegt vor, wenn der Täter den Erfolg (bzw. die Tatbestandsverwirklichung) für m ö g l i c h h ä l t und p f l i c h t w i d r i g d a r a u f v e r t r a u t , daß er nicht eintreten werde. 2. Unbewußte F. Sie liegt vor, wenn der Täter an eine solche Möglichkeit nicht denkt, wenn dies aber darauf beruht, daß er die S o r g f a l t a u ß e r a c h t l ä ß t , zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet und fähig ist. 3. Diese Zweiteilung ist aber praktisch selten verwertbar und läßt auch das w e s e n t l i c h e , das beiden F.-Formen gemeinsam ist, nicht genügend hervortreten. Dieses ist, daß in a l l e n Fahrlässigkeitsfällen zwei Momente zusammentreffen müssen: Voraussieht bzw. Voranssehbarkeit des Erfolgs einerseits und Pflichtwidrigkeit des Tuns andrerseits. Vgl. auch E 67 19 u. H R R 37 1621. Im einzelnen: a) Voraussicht bzw. Voranssehbarkeit des Erfolgs. Bloßes pflichtwidriges Verhalten (versari in illicito) als objektive Ursache eines tatbestandmäßigen Erfolgs

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genügt nicht. E 48 321, 50 417: „Die Pflichtversäumnis gelangt erst dadurch, daß sie trotz der V o r h e r s e h b a r k e i t d e s s c h ä d l i c h e n E r f o l g e s begangen wird, zur schuldbegründenden Wirkung, und die Vorhersehbarkeit muß sich auf den E r f o l g d e r j e n i g e n Handlung oder Unterlassung erstrecken, in der die Pflichtwidrigkeit in Erscheinung t r i t t " . — E 59 341; die Nichtbefolgung polizeilicher Vorschriften durch einen Kraftfahrer begründet, wenn ein Mensch getötet oder verletzt wird, noch nicht ohne weiteres Fahrlässigkeit bezügl. des eingetretenen E r f o l g s . Ebenso E 71 182, 76 1, BGHSt. 4 1 8 6 : Vorschriften in verschiedenem Maße B e w e i s a n z e i c h e n f ü r Vorhersehbarkeit. — E 56 349: baupolizeiliche Vorschriften waren unbeachtet gebheben, eine Mauer stürzte ein, Menschen wurden getötet. Aber „es genügt nicht, daß das den Erfolg verursachende V e r h a l t e n irgendwie schuldhaft war; vielmehr mußten die Angekl. bei Anwendung pflichtmäßiger Sorgfalt den E r f o l g als mögliche Folge ihres Verhaltens vorhersehen". — Ebenso E 65 158, 71182, wo betont wird (S. 187), daß u. U. umgekehrt die B e o b a c h t u n g der Vorschriften nicht genügt, um F. a u s z u s c h l i e ß e n ; 74 195, 76 1 u. a. — Es genügt auch nicht die Voraussicht, daß bloß günstigere Bedingungen f ü r den Erfolg geschaffen werden; erforderlich ist die Voraussicht k o n k r e t e r M ö g l i c h k e i t d e s E r f o l g s (E 41119), wenn auch nicht in allen Einzelheiten (E 19 51, 34 91). — J W 23 380 verurteilt mit Recht aus § 230, nicht aus § 222, weil der Täter den t ö d l i c h e n Erfolg nicht voraussehen konnte. — Nach Stuttgart N J W 66 1451 (abl. Anm. Henkel) soll Tod als Unfallfolge auch dann voraussehbar sein, wenn er infolge besonderer Disposition des Verletzten zur Thrombosebildung eintrat. Richtig demgegenüber Köln N J W 56, 1848: bei ungewöhnlichem Kausalverlauf muß der Erfolg so, wie er eingetreten ist, vorhersehbar gewesen sein. — Weiteres vgl. Anm. I I zu §222. 1 War der Erfolg nicht vorausgesehen, so muß er doch v o r a u s s e h b a r und die N i c h t v o r a u s s i c h t p f l i c h t w i d r i g gewesen sein. Und zwar bei Beginn oder Fortsetzung der Tätigkeit. Vgl. E 50 37, 59 355: Gesundbeterfälle; E 64 263, 271, *

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Strafausschließungs- und Milderungsgründe § 70

IL Vorfrage: Vgl. § 164 Abs. 6, §§ 170, 171 Abs. 3, §§ 172, 191 (185 bis 187, 189, 190), 238 (236, 231). III. Die Verjährung ruht nur für denjenigen, für den ein solcher Hinderungsgrund besteht. — Nur im inländischen Rechte begründete Hindernisse der Strafverfolgung bewirken ein Ruhen der V.: E 40 402, aber auch BGHSt. 1 84, 2 54 (oben zu I). Strafvollstreckungsverjährung

§70 (1) Die Vollstreckung rechtskräftig erkannter Strafen verjährt, wenn 1. auf lebenslanges Zuchthaus erkannt ist, in dreißig Jahren; 2. auf Zuchthaus oder Einschließung von mehr als zehn Jahren erkannt ist, in zwanzig Jahren; 3. auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder auf Einschließung von fünf bis zu zehn Jahren oder Gefängnis Ton mehr als fünf Jahren erkannt ist, in fünfzehn Jahren; 4. auf Einschließung oder Gefängnis Ton zwei bis zu fünf Jahren erkannt ist, in zehn Jahren; 5. auf Einschließung oder Gefängnis bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe von mehr als einhundertfünfzig Deutsche Mark erkannt ist, in fünf Jahren; 6. auf Haft oder Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark erkannt ist, in zwei Jahren. (2) Die Vollstreckung einer rechtskräftig angeordneten Maßregel der Sicherung und Besserung verjährt in zehn Jahren. Ist die Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt oder erstmalig die Unterbringung in einem Arbeitshaus angeordnet, so beträgt die Frist fünf Jahre. (3) Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem das Urteil rechtskräftig geworden ist. I. Wesen wie bei der Verfolgungsverj. umstritten. Während aber dort Beweisschwierigkeiten entscheidend mitsprachen, ist hier der Wegfall der Strafzwecke ausschlaggebend; daher verdient hier die mat.-rechtl. Auffassung (Nagler und Jagusch LK § 7011) den Vorzug. II. Strafen: auch der Nebenstrafen. — Über Buße vgl. zu §188 Anm. I sowie E 44 296 (bestr.). Die im Einzelfall verwirkte Strafe ist entscheidend. IH. Für StrBcfehl StPO §410. Entsprechend Strafverfügung (§413 StPO); vgl. ferner § 460 StPO betr. Gesamtstrafenbeschluß; dazu E 60 206. IV. Die VollstrVerj. ruht während der Bewährungszeit der SzB und der b. E.: §§ 24 Abs. 4 S. 4, 26 Abs. 3; JGG § 22 Abs. 2.

Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen. Vorbemerkungen

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Einheitlichkeit der Vollstreckungsverjährung § 7 1 Ist auf Freiheitsstrafe und Geldstrafe zugleich oder neben einer Strafe an! eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung erkannt, so verjährt die Tollstreckung der einen Strafe oder Maßregel nicht früher als die der anderen. Der Sinn der Best, ist, die VollstrVerjFristen bei ein und derselben Tat einheitlich zu gestalten. K G GA Bd. 56 341. Auf Tatmehrheit nicht anwendbar, auch nicht „sinngemäß". Der Zeitablauf wirkt zerstörend (oben § 70 zu I), auch wenn z. B. die eine Strafe nicht vollzogen werden kann, weil der Täter die andere absitzt. So auch Dreher-Maaßen § 71. A. A. Schönke-Schröder und die dort Zit. — „Ruhen" der VollsteVerj. nur in den Fällen der Anm. I V zu § 70. § 71 dagegen sistiert keinen Fristablauf, sondern bestimmt ihre Dauer (str.).

Unterbrechung der Vollstreckungsverjährung § 7 2 (1) Jede auf Vollstreckung der Strafe oder Maßregel gerichtete Handlung derjenigen Behörde, welcher die Vollstreckung obliegt, sowie die zum Zwecke der Vollstreckung erfolgende Festnahme des Verurteilten unterbricht die Verjährung. (2) Nach der Unterbrechung der Vollstreckung der Strafe oder Maßregel beginnt eine neue Verjährung. I. Vollstreckungsbehörde in erster Linie die Staatsanwaltschaft (§ 451 Abs. 1 StPO); u.U. der Amtsrichter (§451 Abs. 3 StPO), in Jugendsachen der Jugendrichter (§ 82 JGG); nach § 459 R A O das Finanzamt. II. Auf Vollstreckung gerichtete Handlung: vgl. § 68 Anm. I I entspr.

Fünfter Abschnitt Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen Vorbemerkungen Inhalt: I. Die Grundbegriffe. — II. Einheit und Mehrheit der Handlungen. — A. Natürliche Handlungseinheit. — B. Rechtliche Handlungseinheit: 1. fortgesetztes Verbrechen, 2. Dauerverbrechen, 3. Sammelverbrechen. — III. Verletzung mehrerer Gesetze. Ausnahmen: 1. Speziellere Gesetze, 2. subsidiäre Gesetze, 3. straflose Nachtat, 4. straflose Vortat. Schrifttum: H o n i g , Studien zur juristischen und natürlichen Handlungseinheit, 1925. — H ä r t u n g , Tateinheit und künstliche Verbrechenseinheiten in der neueren Rspr. des RG, SJZ 50, 326. — Eb. S c h m i d t , Zum Begriff der Sammelstraftat, JZ 52, 136. — S c h u b a t h , Fortges. Verbr. u. RG, J R 51, 341. — N o w a k o w s k i ,

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Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen. Vorbemerkungen

Fortges. Verbr. und gleichartige Verbrechensmenge, 1950. — P r e i s e r , Aufspaltung der Sammelstraftat, ZStW 58, 743. — S c h l o s k y , Tateinheit usw. ZStW 61, 245. — K o h l r a u s c h , Sammelstraftat, ZAkDR 38, 473. — H i r s c h b e r g , Gesetzeskonkurrenz, ZStW 53, 34. — H o n i g , Straflose Vor- und Nachtat, 1927. — Graf z u D o h n a , Grenzen der Idealkonkurrenz, ZStW 61,131. — B a u m g a r t e n , IdKonk., Frank-Festg. I I 188. — D r e c h s l e r , Die mitbestrafte Tat, 1936. S c h w e l i n g , Die Bemessung der Gesamtstrafe, GA 1955, 289. — D r e h e r , Doppelverwertung von Strafbemessungsumständen, J Z 57, 155. — B a u m a n n , Straflose Nachtat und Gesetzeskonkurrenz, MDR 59, 10. — H e l l m e r , Das Zusammentreffen von natürlicher Handlungs- und rechtlicher Tateinheit bei Verletzung höchstpersönlicher Interessen. GA 1956, 65. — K l u g , Zum Begriff der Gesetzeskonkurrenz, ZStW 68, 399. — K o c h , Zur fortgesetzten Fahrlässigkeitstat, N J W 56, 1267. — L o h m e y e r , Dauervergehen im Steuerrecht, N J W 56, 1545.

I. Die Grundbegriffe § 73 regelt die sog. Idealkonkurrenz: Verletzung mehrerer Gesetze durch eine Handlung; § 74 die sog. Realkonkurrenz: Verletzung mehrerer Gesetze durch mehrere Handlungen. Entspr. Anwendung im Bußgeldverfahren: Oldenburg N J W 53 1845; BayObLG N J W 51 493. Das RGer. verdeutschte zuletzt I d K in Tateinheit, R K in Tatmehrheit. Hiermit blieb aber gerade das Wesentliche ungesagt. Denn daß z. B. bei Vergewaltigung der eigenen Tochter eine „Tateinheit" vorliegt, ist selbstverständlich. Nicht aber, daß hier zwei Gesetze verletzt sind, „konkurrieren". Deshalb ist die Bezeichnung „Konkurrenz" oft unentbehrlich, um die unter die §§ 73, 74 fallenden Fälle von denen unterscheiden zu können, wo (einerlei ob durch eine oder durch mehrere selbständige Handlungen) nur scheinbar mehrere Gesetze verletzt sind, in Wahrheit aber eines das andere ausschließt, verdrängt, aufzehrt. Üblich ist es, bei nur scheinbarer Verletzung mehrerer Gesetze durch eine Handlung von „Gesetzeskonkurrenz" zu sprechen; aber irreführend; denn gerade eine „Konkurrenz" liegt hier (z. B. wenn das speziellere Gesetz das allgemeine ausschließt) n i c h t vor (a. A. Hirschberg ZStW 53, 34). Das RGer. sprach hier zuletzt von „Gesetzeseinheit", was das Gegenteil besagt und richtiger ist. Es empfiehlt sich, nach wie vor einerseits von Konkurrenz, andrerseits von Konsumtion zu sprechen. (Deutsche Worte, etwa „Zusammentreffen" und „Ausschluß", haben sich noch nicht eingebürgert.) Was konkurriert, zusammentrifft, oder aber konsumiert, aufgezehrt wird, sind R e c h t s s ä t z e , G e s e t z e . Ob in einer und derselben H a n d l u n g oder in mehreren H a n d l u n g e n , ist eine zweite Frage. Das Gesetz gebraucht das Wort „ H a n d l u n g " leider zweideutigen der Abschnittsüberschrift als Normübertretung, in den §§ 73, 74 als Tun. Es handelt sich also um folgende Fragen, die auch im Einzelfall in dieser Reihenfolge gestellt und beantwortet werden müssen: 1. W a n n ist eine, wann sind mehrere H a n d l u n g e n vorgekommen ? 2. W a n n sind — sei es durch eine, sei es durch mehrere Handlungen — mehrere G e s e t z e (bzw. ein Gesetz mehrmals) verletzt, so daß diese dann konkurrieren; und wann nur ein Gesetz, so daß andere nur scheinbar verletzt sind, also nicht konkurrieren, sondern konsumiert werden.

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II. Einheit und Mehrheit der Handlungen A. Natürliche Handlungseinheit liegt jedenfalls vor bei Einheit des Willensakts (a. A. Eb. Schmidt a. a. O. für Massentötungen). Hierzu reichen aber Einheitlichkeit des Ziels und Einmaligkeit des Entschlusses nicht ohne weiteres aus. Erforderlich ist „ein solcher unmittelbarer Zusammenhang, daß sich das gesamte Tätigwerden an sich (objektiv) auch für einen Dritten als e i n einheitliches zusammengehöriges Tun bei natürlicher Beobachtungsweise erkennbar macht" (E 44 223, 58 113, 59 318). Ebenso BGHSt. 10 231 (Diebstahlshandlungen in mehreren Wohnungen eines Hauses); BGHSt. 10 129 (Totschlag durch Erschlagen und unmittelbar anschließend durch Erwürgen versucht). Über den Fall mehrerer Schüsse bei einer Tötung BGH GA 1958 109, dazu Peters ebendort 97 ff. — Vgl. auch § 73 Anm. I. Bei mehreren Willensbetätigungen müssen diese „wenigstens teilweise derart zusammenfallen, daß mindestens ein Teil der einheitlichen Handlung zur Herstellung des Tatbestandes beider Vergehen mitgewirkt hat" (E 56 58 und 329). BGHSt 1 20; 6 81: bei fortges. Hdlg. ein Einzelakt. Einheitlichkeit des Zielea oder des Willens genügt nicht: E 58 116, 60 242, 7140, 74 359. Abweichend lediglich E 75 119; es genüge, daß die eine Tat die andere ermöglichen oder erleichtern solle; vgl. auch Celle SJZ 47 272: Diebstahl als „unerläßliche" Vorher. Hdlg. des Beiseiteschaffens gem. § 1 KWVO, daher „natürliche Handlungseinheit". Berechtigte Bedenken dortselbst in Anm. Less. Vgl. auch E 32 137 (Hausfriedensbruch und Beischlafserschleichung als zwei selbständige Handlungen); 52 287, 54 288, 66 347 (Hausfriedensbruch und Nötigung bzw. Totschlag desgleichen, auch wenn der erstere bei Vornahme der Nötigungshandlung oder des Totschlags noch nicht beendet war); 59 387 (wer drei Personen, für die er zu sorgen hat, zu retten unterläßt, kann nur einmal aus § 221 in Verbindung mit §73 bestraft werden). Wenig überzeugend: E 68 216 (es handelte sich um fahrlässige Tötung und Fahrerflucht, begangen in einem rechtswidrig gebrauchten Kraftwagen; auf die drei Straftaten sei §73 anwendbar, wenn die Fahrlässigkeit darin bestand, daß der Angekl. angetrunken und übermüdet war, als er sich ans Steuer setzte; dagegen § 74, wenn nur spätere Unvorsichtigkeit den Unfall verschuldete); H R R 39 391 (drei Schüsse aus einheitlichem Entschluß, in einer bestimmten Gegend wen immer zu verletzen, bilden nur „eine" Körperverletzung; nicht verwechseln mit fortgesetztem Verbrechen!). Natürliche Handlungseinheit aber auch in g e s e t z l i c h geprägten Begriffen wie „Gefährdung des Wohls" (§170d, dazu BGHSt 8 92), „Mißhandeln" (§ 223), „Quälen" (§ 223b), „Nachstellen" (§ 292). Auch sonst wertet die Lebensauffassung, der das Gesetz nur folgt, Einzelakte als Einheit, wenn sie räumlich und zeitlich zusammenhängen und gleichartig sind. Vgl. E 74 375; 76 140. Nach BGHSt. 4 219 (vgl. auch E 51 203, 666) entscheidet das äußere Erscheinungsbild, auch bei Unterbrechung des Handlungsvorsatzes. B. Als rechtliche Handlungseinheit werden außerdem folgende Fälle zusammengefaßt, die sowohl tatsächlich wie rechtlich verschieden liegen: 1. Das fortgesetzte Verbrechen. Es ist gegeben, wenn E i n z e l h a n d l u n g e n von einer gewissen t a t s ä c h l i c h e n u n d r e c h t l i c h e n G l e i c h a r t i g k e i t (näheres unten a und b) von vornherein von dem V o r s a t z des E n d - u n d G e s a m t e r f o l g s (unten c) getragen sind. Beisp.: Ein z. Z. unbewohntes Haus wird in mehreren Nächten ausgeplündert, da eine Nacht nicht ausreicht. Die Fortsetzungstat erscheint schon n a t ü r l i c h e r Betrachtung, der die rechtliche sich lediglich an-

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schließt, als Einheitstat, der gegenüber die Einzelakte ihre Selbständigkeit verlieren (E 56 54 u. öfter). Das schließt nicht aus, daß ein Einzelakt eine vollendete S t r a f t a t darstellen kann, falls es zu einer Portsetzung nicht kommt. — Die Neigung der Strafbehörden, den Bereich des Fortsetzungszusammenhangs ü b e r G e b ü h r a u s z u d e h n e n , ist begreiflich, aber bedenklich. Begreiflich, weil die Kleinarbeit, die mit der Feststellung vieler ähnlicher Taten des gleichen Täters verbunden ist, überflüssig erscheint, wenn wegen der zweifellos begangenen Taten das Strafergebnis ohnehin festzustehen scheint. B e d e n k l i c h erstens, weil die Möglichkeit, eine G e s a m t s t r a f e gemäß § 7 4 zu bilden, u . U . nicht ausgenutzt werden k a n n ; zweitens, weil m i t dem Urteil auch die nicht festgestellten Einzeltaten a l s r e c h t s k r ä f t i g a b g e u r t e i l t g e l t e n (StPO § 2 6 4 1 ) ; drittens, weil bei Annahme e. Einheitstat § 20a I I u. s o m i t a u c h § 42e u n a n w e n d b a r sind (BGHSt. 1 316), viertens andererseits, weil Verjährung, Amnestie, ein älteres milderes Strafgesetz (vgl. E 2 337) u. U. über Gebühr ausgeschlossen werden. Mit Recht spricht Nagler L K S. 549 in diesem Zusammenhange von einem Zweckwandel des Begriffs. Der Neigung der Instanzgerichte, den Begriff des Portsetzungszusammenhangs zu überspannen, ist das RGer. stets entgegengetreten. Vgl. E 66 236, 68 297, 70 243, 72 164, 211 u. bes. 73 164. Ebenso fordert jetzt BGHSt. 1 315; 2 167 im strengen Sinne Vorstellung des Gesamterfolges f ü r den Gesamtvorsatz; daher besonders zurückhaltend bei SittlDel.: LM Nr. 1 vor § 73. — Andere suchten umgekehrt zu helfen, indem sie den Grundsatz der R K r a f t l o c k e r n wollen: OLG München in D J 38 724; OLG Stuttgart in D J 39 1698; OLG Dresden in D J 40 271; Niederreuther in D J 38,1757; Schwarz in ZAk. 38,540; Nagler in ZAk. 39,351,371 ff., 401 ff. Indessen ob und wieweit man den Grundsatz der Rechtskraft lockern will, ist eine rechtspolitische Frage, die nur der G e s e t z g e b e r beantworten kann. Konservativ: RGer. in D S t r R 39 355. Die Ansicht darüber, unter welchen Voraussetzungen ein fortges. Verbr. anzunehmen ist, gehen grundsätzlich auseinander. I m S c h r i f t t u m wird namentlich das Erfordernis eines G e s a m t v o r s a t z e s (unten c) vielfach in Abrede gestellt, da dies eine sachwidrige Milde gegenüber dem intensiveren verbrecherischen Willen sei, und neuerdings bloßer Fortsetzungsvorsatz verlangt, bei dem sich ein Akt aus dem anderen ergibt, vgl. Schönke-Schröder I I I 2 vor § 73; Mezger S t B I 254; Maurach § 54 B I b bb, cc (S. 582). Die Rspr.,die dies ausdrücklich ablehnt (BGH N J W 53 1112), will im Strafmaß ausgleichen, vgl. BGHSt. 1 131, J R 53 430, dazu oben Vorb. IV 4 vor § 13. — Nach der Rechtspr. ist ein fortgesetztes Verbr. nur anzunehmen, wenn folgende Voraussetzungen zusammentreffen: a) Gleichartigkeit und Eontinuierliclikeit der Einzelakte, d. h. grundsätzlich Erfüllung desselben Tatbestands. E. 67 64. Vgl. E 39 220 (Fortsetzungszusammenhang bei mehreren Akten versuchter Abtreibung); 49 202 (bei Patentverletzung trotz Verschiedenheit der Ausführungsform); 55 129 (bei Beleidigung). Dagegen z. B. a b g e l e h n t in E 17 103 (Landesverrat, Bestechung, Beseitigung von Schriftstücken) ; 58 228 (Diebstahl gegen den Lebenden und anschließende Unterschlagung von Nachlaßsachen); 61 199 (Anstiftung zum Meineid und ein vom Anstifter selber mit demselben Ziel geleisteter Meineid); 67 169 (Meineid und falsche eidesstattliche Versicherung), BGHSt. 1380; 2 233 (Meineid und uneidl. falsche Aussage, überholt durch BGHSt. 8 301). Abgelehnt ferner in E 70 385 bei Zuwiderhandlung gegen verschiedene Tatbestände des Devisengesetzes. D J 39 307 (kein FortsZus., trotz einheitlichen Vorsatzes, bei Darlehensschwindel, Zechprellerei u. a. ? Tatfrage,

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wieweit die Einzelakte objektiv ähnlich sind und zusammenhängen); H R R 39 1318 (große zeitliche Abstände zwischen den Einzelakten machen den einheitlichen Vorsatz unwahrscheinlich und stehen auch der Annahme eines zusammenhängenden Tuns entgegen). b) Gleichartigkeit des verletzten Rechtsguts und Möglichkeit, es in größerem oder geringerem Umfang, also auch in quantitativen Abschnitten, zu verletzen: z. B. „Vermögen", auch wenn es mehreren gehört. Bei höchstpersönlichen Rechtsgütern aber, wie Leben, Freiheit, Ehre, Sittlichkeit, ist „Gleichheit" des RGuts zu fordern. Vgl. E 43 134, 44 232, 53 274, 57 140, 163, 352, 64 279. Werden also durch mehrere Willensbetätigungen mehrere Menschen bestohlen, so k a n n „eine fortgesetzte" Handlung vorliegen; werden aber durch mehrere Willensbetätigungen mehrere getötet oder beleidigt, sind s t e t s mehrere Handlungen anzunehmen. (Bei Beleidigung ist E 75 207 der Annahme von FortsZus. trotz Verschiedenheit der RGüter geneigter.) Stets Handlungsmehrheit bei (wenn auch gleichartigen) S i t t l i c h k e i t s v e r b r e c h e n gegen mehrere Personen: E 70 145, 70 243 (Großer Senat), 70 282, 72 257; bei Abtreibung an mehreren Frauen: Kiel HESt. 2 13. Ebenso kein FortsZus. bei B e s t e c h u n g mehrerer Beamter (E. 72 174, 77 191) oder Anstiftung verschiedener Personen zum M e i n e i d (E 70 334) trotz Einheit des „Staatsamts" oder der „Rechtspflege". — E r p r e s s u n g richtet sich zwar gegen das Vermögen, aber auch „gegen die Freiheit, also ein höchstpersönl. R G u t " ; folglich k e i n FortsZus., wenn durch mehrere Handlungen gegen mehrere Personen verübt: BGH N J W 54 483. Ebensowenig bei Aussageerpressung gegen mehrere Personen: LM Nr. 7 vor § 73. — K e i n FortsZus. bei mehreren Bestechungen gegenüber verschiedenen Beamten, wenn auch mit gleichem Endzweck. E 72 174. — Nicht überzeugend die Annahme fortgesetzter Z u h ä l t e r e i bez. der Dirnen, die regelmäßig in einer bestimmten Gaststätte verkehren (JW 39 752); auch nicht zu ersehen, ob ausbeuterische oder kupplerische Z vorlag; erstere wäre Dauerverbrechen, wo bei einer Dirne für FortsZus. kein Raum, bei mehreren Dirnen aber FortsZus. abzulehnen wäre. Bei K u p p e l e i hält D R 39 1507 FortsZus. u. U. f ü r möglich. c) Einheitlichkeit des Vorsatzes. Hier kämpfte das RGer. bis zuletzt gegen die erstinstanzlichen Gerichte. Es genügt nicht ein Entschluß, künftig bei sich bietender Gelegenheit beliebig oft Straftaten gleicher Art zu begehen; d e r V o r s a t z m u ß v o n v o r n h e r e i n d e n G e s a m t e r f o l g u m f a s s e n (E 44 392, 61 200, 66 47, 70 51 sowie 75 207 über den „Gesamtvorsatz" eines „Schamverletzers"; bei großen zeitlichen Zwischenräumen bes. eingehend zu prüfen und zu begründen) und einheitlichen Inhalt haben. Lockerer freilich wieder H R R 40 472 betr. Betrug. Zurückhaltend auch Kiel SchlHA 46 249. Streng dagegen wieder BGHSt. 1 315, 2 167. — Kein Fortsetzungszusammenhang zwischen Beihilfe- und Täterhandlungen, denn Beihilfevorsatz und Tätervorsatz schließen sich aus: E 67 139, 177, BGH LM Nr. 2 zu § 331 StPO. — Wegen Unvereinbarkeit der inneren Tatbestände auch kein FortsZus. möglich von B e l e i d i g u n g u n d V e r l e u m d u n g . H R R 38 186. — Bei Z w e i f e l , ob einheitlicher Vorsatz, §74: Bamberg HESt. 1 258, Hamm N J W 53 1724, Braunschweig N J W 54 973. Bedenklich! d) Einheitsvorsatz sei undenkbar bei lahrlässigen Straftaten: so BGHSt. 5 376 gegen OGHSt. 1 343 (wie OGH jedoch Koch N J W 56, 1267, vgl. auch Lohmeyer N J W 56, 1546); ebenso zwischen vors, und fahrl. Tatakten: Köln N J W 53 676

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betr. StVO; hier entweder Tatmehrheit (§ 74) oder Dauerdelikt (E 59 287: Steuergefährdung) oder natürliche Handlungseinheit (DJ 39 1284: leichtfertige falsche Anschuldigung). Dagegen erkennt bei teils vorsätzlichem, teils (entspr. § 59 II) fahrlässigem Falscheid Celle J R 58 388 (zust. Anm. Schröder) FZ an. Wie Schröder zutr. bemerkt, ist „Vorsatz" hier nur Handlungswille. Dieser kann aber auch bei (rechts-) fahrlässigem Tun vorliegen. Insoweit also jedenfalls fahrl. Fortsetzungsdelikte anzuerkennen. In diesem Sinne auch Lohmeyer a. a. 0 . ; allgemein bejahend Maurach § 54 I I I B 2a aa, Jagusch LK Vorb. B I I I 2f aa vor § 73, Welzel 6 § 28, 4 b ß (S. 192); a. A. Schönke-Schröder Vorb. I I I 2 c vor § 73. — Weiterbegehung der strafb. Hdlg. nach Urteilsfällung kann im FortsZus. mit den vorhergehenden Teilhandlungen stehen, ist aber prozessual als neue Handlung zu würdigen und kann bestraft werden. E 66 47, 49 353, 58 44, auch wenn keine Rechtskraft: Frankfurt N J W 54 1130. e) Für Teilnehmer sind die Voraussetzungen des Fortsetzungszusammenhangs s e l b s t ä n d i g zu beurteilen; sie können vorliegen, obwohl die Haupttaten mehrere selbständige sind; und umgekehrt können die mehreren Teilnahme- (Beihilfe-) Akte zu einer Fortsetzungstat selbständige Handlungen darstellen. So RGer. früher schon gelegentlich; jetzt seit E 70 349 (als Folge von E 70 26) grundsätzlich: es ist „zulässig, mehrere Hilfeleistungen zu verschiedenen Taten mehrerer Täter oder desselben Täters als eine fortgesetzte Handlung zu betrachten". — Fortsetzungstaten können auch in Mittäterschaft begangen werden: E 67 392. Aber nicht in Täterschaft und Teilnahme: E67130,139, BGHLM Nr. 2 zu § 331 StPO. Betr. §§ 47/49a: BGH N J W 54 1209 = LM Nr. 35 zu § 73. f) Über Prozeßfragen vgl. BGHSt. 6 92 (gegen 3 165), 122 (Verbrauch der Strafklage; auch durch Strafbefehl), N J W 54 1375 (Ausscheiden leichterer Teilakte), Bremen N J W 51 85 (Wegfall von Teilakten betr. Straf-, nicht Schuldfrage; ferner oben zu c). g) Bei Erreichung der Strafmündigkeitsgrenze während einer fortges. Hdlg. gilt § 32 JGG entspr. — Entsprechen die Teilakte teils einer leichteren, teils einer schwereren Form des gleichen Tatbestandes, so gilt die schwerere Strafdrohung (E 67 188). 2. Das Dauerverbrechen, d. h. die auf einheitlicher Willensbetätigung beruhende Aufrechterhaltung eines Straftatbestandes, bildet mit dem ersten Akt zusammen eine Handlungseinheit (z. B. Freiheitsberaubung; Fahnenflucht E 38 417; Weiterwirkenlassen einer beleidigenden Äußerung E 57 193). Auch dauernde Unterlassungen können eine einheitliche Straftat bilden; wichtig wegen Berechnung der Verjährung: Anm. VI zu §67. ÜberdieNatur eines Dauerverbrechens vgl. insbes.E 7668 (betr. Steuergefährdung) mit Vorentscheidungen. Keine Handlungseinheit durch Zusammentreffen selbständiger Hdlgen mit Dauerstraftat: LM Nr. 21 zu § 73. 3. Zum Eollektivrerbrcchen (Sammelstraftat) rechnet man das gewerbsmäßige, das geschäftsmäßige und das gewohnheitsmäßige Verbrechen. a) Gewerbsmäßig begangen nennt man ein Verbrechen, wenn es mit dem Willen begangen ist, es zu wiederholen und sich aus der wiederholten Begehung eine ständige Einnahmequelle zu verschaffen. — Die Gewerbsmäßigkeit ist teils S t r a f s c h ä r f u n g s g r u n d (§§260, 292 I I I , 293 I I I , 302d sowie § 175a Nr. 4 ausschl. des „sich anbieten"); teils wirkt sie s t r a f b e g r ü n d e n d (§§ 285, 302e, aus § 175a

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Nr. 4 das „sich anbieten", § 361 Nr. 6a bis c; dazu die gewerbsmäßige Unzucht der Frau als Voraussetzung für Bestrafung des Zuhälters). Die Rechtspr. nahm bis 1938 an, daß die auf dem gleichen Erwerbswillen beruhenden Taten unselbständige Teile einer „Sammelstraftat" seien, daß hier „der Betrieb" gestraft werde: E 61 148 und öfter. Dies privilegierte geradezu die gewerbsmäßigen Straftaten. Denn: 1. es hinderte an Bildung einer Gesamtstrafe nach § 74; 2. Gewerbsmäßigkeit wurde ein Grund nicht für, sondern gegen Sicherungsverwahrung i. F. des § 20a I I : „drei Taten" (vgl. E 68 297); 3. sie stand der strafrechtlichen Verfolgung von Fällen entgegen, die von derselben Erwerbsabsicht getragen, aber nicht mit abgeurteilt waren: „die Tat" galt nach StPO §264 als rechtskräftig erledigt. — Abhilfe war denkbar durch Lockerung des RRraftGrundsatzes (so OLG München in DJ 38 724) und durch andere Auslegung des Wortes „Taten" in § 20a II. Das RGer. ging mit Recht den umgekehrten Weg: den der Aufspaltung der Sammelstraltat. Den Anfang machte der GSSt. in E 72 164 (Anm. Kohlrausch in ZAk. 38.473; über die Motive Härtung SJZ 50, 332). Eine A b t r e i b u n g verliere dadurch, daß sie gewerbsmäßig begangen werde (§ 218 IV a. F.), nicht die Eigenschaft einer selbständigen Handlung. Obwohl das Urteil ausdrücklich auf § 218 IV beschränkt und nur mit dessen Wortlaut begründet war, folgten die Einzelsenate, indem sie sich auf den GSSt. beriefen: E 72 257 betr. § 175a Nr. 4; E 72 285 betr. § 260; ebenso BGH: LM Nr.3 zu § 260; E 72 313 betr.Ges. über unbefugte Rechtsberatung; E 72 397 betr. Rennwett- und LotGes.; E 72 401 betr. § 292; E 73 216 betr. §§ 302d und 302 e. - Wie E 72 164 jetzt Kiel NJW 47 195, BGHSt. 1 41. - Der Rechtspr. ist nicht nur aus Zweckmäßigkeitsgründen, sondern auch grundsätzlich beizutreten. Die Absicht, solche Taten zu wiederholen und zur Erwerbsquelle zu machen, läßt d e n T ä t e r in besonders ungünstigem Licht erscheinen, nimmt der Einzeltat aber nicht ihre psychologische und rechtsethische Eigenständigkeit. Als T a t bleibt sie selbständig; der innere TB aber macht sie schwerer strafbar, wie z. B. eine besondere A b s i c h t bei den §§ 235 III, 307 Nr. 2. Dies unterscheidet das gewerbsmäßige Verbr. vom fortges. Verbr. Bei diesem schafft ein einheitlicher Tatvorsatz eine Tateinheit. Bei dem gewerbsmäßigen Verbr. dagegen treten zu den einzelnen Tatvorsätzen qualifizierende (Absichts-) Merkmale, die den Täter belasten. Der v e r f a h r e n s r e c h t l i c h erwünschten Folge, die sich aus der neuen Rechtspr. für die Rechtskraft ergibt, stehen „unvermeidliche weniger erwünschte Folgen" (so DR 39 712) gegenüber betr. Verjährung, Einbeziehung neuer erst in der HVhdlg. auftauchender Verbrechensfälle u. a. Hierzu auch ZAk. 39 351 (mit Anm. Nagler), H R R 38 1320, DJ 39 53. Gegen das RGer. Schwarz in ZAk. 38, 539 ff. und in DStrR 39, 92ff.; Nagler in ZAk. 39, 371 ff. und 401 ff. sowie LK 6 S. 538; Preiser in ZStW Bd. 58, 743ff., v. Weber Grdr. S. 99, Busch, Wandlungen S. 34. b) Das geschäftsmäßige, begangen in Wiederholungsbereitschaft, aber ohne Erstrebung eines Vermögensvorteils; vgl. § 144; ferner ZPO § 157, RAbgO §§ 88, 200, 238, 409. c) Das gewohnheitsmäßige, entsprungen aus einem durch wiederholte Begehung erworbenen — nicht etwa aus bloßer Energielosigkeit entstandenen: H R R 38 489 - Hang, vgl. §§ 150, 180, 181a, 260, 284, 302d und e und E 32 394, 59 142; gew o h n h e i t s m ä ß i g z u m Z w e c k e d e s E r w e r b s : § 361 Nr. 6a—c, hier wohl nichts anderes bedeutend, als „gewerbsmäßig Unzucht treiben"; so auch § 181 a.

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Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen. Vorbemerkungen

In den Fällen a bis o g e n ü g t eine e i n z e l n e strafbare Handlung, aus der die Gewerba-, Geschäfts-, Gewohnheitsmäßigkeit ersichtlich ist: E 12 388. — Daß mehrere „ S a m m e l s t r a f t a t e n " im F o r t s Z u s . begangen werden, ist möglich: E 58 326, 58 10. d) Bei Konkarsstraftaten nimmt RGer. Zusammenfassung aller nach KO strafbarer Handlungen zu einer Sammelstraftat an, soweit sie sich auf die gleiche Masse beziehen und entweder alle vor oder alle nach Konkurseröffnung begangen wurden. So schon Rechtspr. 5 52, aufrechterhalten in J W 88 171. Vgl. J W 38 2735, D J 38 1560. Diese Zusammenfassung entbehrt des Grundes und unterliegt wegen RKraft und wegen Unanwendbarkeit des § 74 Bedenken. 4. „Massenverbrechen" als rechtl. Handlungseinheit war im deutschen Strafrecht bibhcr nicht anerkannt: BGHSt. 1221 (anders OGHSt/1342, 2134,BayObLG 1118, vgl. auch Hamburg N J W 531684 betr. Massenvergehen durch Schriftenverbreitung). S. jetzt aber § 220 a. III. Ausschluß (Konsumtion) Hier ist zu unterscheiden: 1. Das speziellere G e s e t z geht dem allgemeineren vor, z. B. § 249 dem § 255 ( E 55 239, vgl. aberLM § 73 Nr. 17); § 181 a dem § 180 (E 41 340); § 243, 2 dem § 123 (E 40 430, richtiger wohl straflose Vortat, unten 4); § 117 dem §241 (E 54 206); § 240 dem § 241 (E 54 288). Grundsätzliches in E 47 388. BGHSt. 1 155, 2 37, 4 191 betonen das logische Verhältnis solcher Tatbestände zueinander. 2. Ein Gesetz, das nur subsidiär gelten will, tritt hinter das primäre zurück; z. B. § 49 a (vgl. dort Anm. VI) hinter Anstiftung und besonderen „Aufforderungs"Tatbeständen, wie §§ HOff., 159; 207; § 265a hinter § 263; allgem. die Gefährdungsnorm hinter Verletzungsnorm, z . B . §§221, 229 hinter §§211, 212, vgl. BGHSt. 4 116, 5 193. Versuch hinter Vollendung (aber nicht Versuch der qualifizierten hinter Vollendung der einfachen Straftat, E 53 284, 58 211, BGHSt. 10 230, N J W 52 1184); Beihilfe hinter Anstiftung; Teilnahme und Täterschaft bei derselben Tat sind schon begrifflich unvereinbar. Ob m e h r e r e S t r a f e r h ö h u n g s g r ü n d e konkurrieren können oder ob hier stets der leichtere durch den schwereren konsumiert wird, hängt davon ab, ob die Straferhöhungsgründe in der gleichen Richtung gestaffelt sind (z. B. § 226 als Steigerung von § 224) oder ob sie Verschiedenartiges treffen (z. B. § 226 gegenüber § 223b). Im ersten Falle ist Konsumtion, im zweiten Konkurrenz anzunehmen. Deshalb ist auch zwischen den verschiedenen Schärfungsgründen des § 243 IdKonk. — durch entspr. Anw. des § 73 — möglich und E 70 360 (betr. §§ 223b/226) abzulehnen; begründete Kritik von Mezger in J W 37, 627. — Die höhere Mindeststrafe des verdrängten Gesetzes bleibt verbindlich: BGHSt. 1 156. Bedenken hiergegen bei Köln N J W 53 1762. E i n z e l f r a g e n : BGHSt. 3 68 betr. unterlassene Hilfeleistung und Beihilfe durch Unterlassung; 2 17 betr. actio 1. i. c. und § 330a; 6 25 (Dünnebier GA 54, 271) betr. Verkehrsbest.; 1 152 betr. §§ 176 I Nr. 1, 177. 3. Straflose Nachtat nennt man ein Verhalten, das zwar an sich den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, das aber durch die Bestrafung eines vorhergehenden Verhaltens als m i t b e s t r a f t anzusehen ist. Nicht jede „Nachtat" ist „straflos"!

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Sie ist es nur dann, wenn sie, ohne ein neues Rechtsgut zu schädigen (s. unten), nur in der Verwirklichung derjenigen „Absicht - ' bestand, von der die erste Tat, dem gesetzlichen Tatbestand entsprechend, beherrscht sein mußte. Deshalb iat der Dieb, der die gestohlene, der Betrüger, der die durch Betrug erlangte Sache verwertet, nicht deswegen außerdem wegen Unterschlagung strafbar. Denn die Absicht solcher Verwertung war (beim Diebstahl: als Absicht rechtswidriger Zueignung; bei Betrug: als Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen) Voraussetzung der Bestrafung wegen Diebstahls bzw. Betrugs. Vgl. E 39 239, 62 61, 67 76, H R R 37 63; auch 35 64 (nachträgliche Sachbeschäd.). Straflose Nachtat erst recht, wenn ein Unterschlagender nachträglich verfügt. E 49 16. Straflos ist eine solche Nachtat aber nur, wenn der durch die Straftat angerichtete S c h a d e n mit dem durch die erste Tat verursachten zusammenfällt, BGHSt. 5 297. Sie ist strafbar, wenn sie den Schaden erweitert (E 64 281) oder wenn durch sie ein anderes Rechtsgut verletzt wird als durch die Vortat; z. B. Diebstahl u n d Betrug, wenn der Dieb den Käufer der gestohlenen Sache dadurch schädigt, daß er deren vitiöse Herkunft ihm verschweigt; oder Fälschung einer gestohlenen Urkunde E 60 371; oder Vortat Betrug, Nachtat Amtsunterschlagung, E 61 37. Betrug gegen Erblasser u n d d a n n gegen Erben: H R R 38 351. D i e N a c h t a t i s t a b e r (obwohl nicht selbständig strafbar) n i c h t s t r a f r e c h t l i c h b e d e u t u n g s l o s . Zunächst darf sie bei der Strafbemessung f ü r die Vortat berücksichtigt werden (E 62 61). Außerdem ist sie tatbestandsmäßig und ist nur deshalb nicht selbständig strafbar, weil sie durch die Bestrafung der Vortat ala mitbestraft erscheint; folglich ist s t r a f b a r e B e i h i l f e an einer sog. straflosen Nachtat möglich (ähnlich E 67 76). 4. Die als M i t t e l zu einer Straftat begangene Handlung ist straflose Vortat, falls sie zu deren g e s e t z l i c h e n Merkmalen gehört (z. B. § 240 zu § 249) oder doch als ein dem r e g e l m ä ß i g e n Hergang entsprechendes Mittel erscheint (z. B. § 123 Abs. 1, nicht aber Abs. 2, als typisches Mittel zu § 243 Ziff. 2). Vgl. E 24 269, 40 430, 47 27, 56 335, 58 2, 59 321. Ob die Nachtat oder die Vortat „straflos" bleibt, bestimmt sich nicht aus bloß logischen Erwägungen, sondern nach dem Schwerpunkt der Tat. Zweifelhaft bei UrkFälschg., dazu SaxMDR 51, 587; bei Hehlerei, vgl. Jescheck GA 55, 104 (freilich jetzt GrSen. BGHSt. 7134). In allen Fällen der Konsumtion übt die Mindeststrafe des verdrängten Gesetzes eine Sperrwirkung aus: sie darf nicht unterschritten werden. So BGHSt. 1 153, 10 312. Bedenken hiergegen bei Maurach § 55 I B 4, Mezger § 99, 2d. Idealkonkurrenz § 7 3 Wenn eine und dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze verletzt, so kommt nur dasjenige Gesetz, welches die schwerste Strafe, und bei ungleichen Strafarten dasjenige Gesetz, welches die schwerste Strafart androht, zur Anwendung. I. Über Handlnngseinhcit vgl. Vorbem. I I A . Nach Bremen J R 53 388 (gegen E 76 144) auch ungleichartige Einzelakte. — Einheitl. Hdlg. auch bei höchstpers. Rechtsgütern: BGHSt. 1 20, BGH LM Nr. 8 zu § 177. - Auf „fortges. Verbr." ist § 73 nicht anwendbar, da bei Verletzung mehrerer Gesetze FortsZus. nicht in Be-

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tracht kommt: Vorbem. I I B l . — Vgl. BGHSt. 1 67, 2 246, 3 165, 6 92, LM Nr. 21 zu § 73, Bremen JZ 51, 20 (Anm. Eb. Schmidt): die minderschwere (fortges.) Hdlg. hat nicht die Kraft, die an sich selbst. Hdlgen zu einer Tateinheit zusammenzuschließen (z. B. Raub und Morde). — Unanwendbar auch auf zwei StrTaten, von denen die eine durch Tun, die andere durch Unterlassung begangen ist, z. B. verbotenes Führen einer Schußwaffe und fahrlässige, durch Nichtentladung verursachte Tötung: E 68 315, H R R 42 38. II. § 73 setzt Gesetzesmehrheit voraus, d. h„ daß mehrere Gesetze (oder das gleiche mehrfach) durch eine Handlung verletzt sind. Vgl. Vorbem. I I I darüber, daß die Verletzung mehrerer Gesetze oft nur eine s c h e i n b a r e ist, § 73 insoweit also nicht in Betracht kommt. — Die g l e i c h a r t i g e Idealkonkurrenz (ein Schuß verletzt mehrere) wird zwar ausdrücklich von § 73 nicht betroffen; aber eine andere Lösung als eine dem § 73 entsprechende (d. h . nur einmalige Anwendung des verletzten Gesetzes) kommt nicht in Präge. III. Absorptionsprinzip: Grundsatz von der Ausschließlichkeit des strengeren Gesetzes. Zwei aus ihm von RG (noch in E 70 357, 71 105, 72 117) abgeleitete Folgerungen waren unerfreulich. 1. Nebenstrafen, die nur nach dem milderen Gesetz zulässig oder geboten waren, durften nicht verhängt werden. Beisp.: die Publikationsbefugnis des § 200 fiel fort, wenn öffentliche Beleidigung mit Körperverletzung zusammentraf. So schon PlenBeschl. in E 6 180, wo die Konsequenz für „höchst bedenklich", aber für unausweichlich erklärt wird. — 2. Auch das Strafmindestmaß war dem Gesetz zu entnehmen, das das strengere Höchstmaß hatte, denn „ n u r " dieses „kommt zur Anwendung". Hatte also das im Höchstmaß strengere Gesetz ein milderes Mindestmaß (also einen nicht nur nach oben, sondern auch nach unten weiteren Strafrahmen) als das mit ihm ideal konkurrierende Gesetz, so konnte es dem Täter zum Vorteil gereichen, daß er außer dem milderen auch noch das strengere Gesetz übertreten hatte. Mit dieser früheren Rechtspr. brach der Besch!, des GSSt. in E 73 148, übernommen von BGHSt. 1156. Zu 1 stellt er den Satz auf, daß bei IdKonk. (Tateinheit) auch auf die Nebenstrafen erkannt werden muß (bzw. kann), die nach dem milderen Gesetz geboten (bzw. zulässig) sind. Nach E 76 190 ist dies sinngemäß auf Geldstrafen anzuwenden, auch wenn sie Hauptstrafen sind (Anm. Bockelmann in ZAk. 41, 293). Leider ist hierbei die Grenze zwischen „Nebenstrafen" einerseits, „Maßregeln" usw. andererseits einer grundsätzlichen Erörterung nicht unterzogen worden. Denn viele jener sog. Nebenstrafen sind überhaupt keine „Strafen". — Zu 2 stellte der GSSt. den Satz auf: „Verletzt eine und dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze (§ 73), so müssen das Mindestmaß und die Strafart des milderen Gesetzes eingehalten werden, wenn nach dem strengeren Gesetz eine geringere Strafe oder eine leichtere Strafart zulässig ist." „Eine dem Rechtsgefühl und dem Schutzbedürfnis der Allgemeinheit genügende Lösung kann nur dadurch gefunden werden.'' Dem ist sicherlich zuzustimmen. Nicht so ganz der auf das Wort „ n u r " in § 73 gestützten Verbalbegründung. Es genügt, daß es absurd wäre und deshalb nicht Gesetzesinhalt sein k a n n , daß Begehung einer schwereren Straftat zur Milderung der Strafe führe. Daß der Besehl. verschieden ausgelegt wurde, ist begreiflich. Auch innerhalb der Kreise des RGer. gingen die Meinungen auseinander. Vgl. einerseits Härtung in DR 39,1484; 40,50; S JZ 50,326; andererseits Schwarz in ZAk. 39,672. Die Einzel-

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senate sind dem großen Senat im Ergebnis gefolgt. In den Begründungen stimmen sie nicht überein. Vgl. 2. Senat in H R R 40 324; 3. Senat in D J 89 1639; 4. Senat in DR 39 1849. Ferner E 75 14 (schwer verständlich); 75 19 (Anm. Mezger in D R 41, 921). — Wie der GrSen. entscheiden in den drei Fragen der Zulässigkeit von Nebenstrafen des milderen Gesetzes, des Strafmindestmaßes und der nur konkreten Berücksichtigung der „besonders schweren Fälle" usw. jetzt Hamburg in HESt. 1 30; Oldenburg JB1. Old. 46 125; Gera N J 47 191 (Anm. Weiss); Düsseldorf HESt. 1 262. Desgl. BGH seit BGHSt. 1 156. —Ebenso wie das idealkonkurrierende mildere Gesetz bei der Strafzumessung im g a n z e n straferschwerend berücksichtigt werden kann, so auch in e i n z e l n e n M e r k m a l e n , die das strengere Gesetz nicht enthält: Köln MDR 56 374. IV. Die Strafarten stufen sich gemäß §21 ab: Zuchthaus, Gefängnis, Einschließung, Haft, Geldstrafe. V. Anwenden heißt nach herrsch. A. nur: aus diesem Gesetz strafen. — Zu v e r u r t e i l e n ist jedoch wegen a l l e r in Tateinheit begangenen Straftaten, z. B. „wegen Betrugs und schwerer Urkundenfälschung". Auch das nicht „angewandte" Gesetz kann also z. B. R ü c k f a l l begründen: E 18 193, 27 86. — Das Vorhandensein besonderer Strafbarkeitsmerkmale der milderen Bestimmung kann straferhöhend wirken: E 60 423, H R R 39 471, Hamburg J R 51 86. VI. Die Einheit der Handlung führt zum Verbrauch der Straf klage für alle in dieser Einheit enthaltenen Teilhandlungen (ne bis in idem, StPO § 264). Bei Amnestie jedoch gesonderte Betrachtung. E 67 225. Vgl. E 3 385, 25 27. VII. Besatzungsrecht und deutsches Recht. Nur das deutsche Recht anzuwenden: BGHSt. 5 1 (betr. AHKG 14). llealkonhurrenz

§ 7 4 (1) Gegen denjenigen, welcher durch mehrere selbständige Handlungen mehrere Verbrechen oder Vergehen oder dasselbe Verbrechen oder Vergehen mehrmals begangen und dadurch mehrere zeitige Freiheitsstrafen verwirkt hat, ist auf eine Gesamtstrafe zu erkennen, welche in einer Erhöhung der verwirkten schwersten Strafe besteht. (2) Bei dem Zusammentreffen ungleichartiger Freiheitsstrafen tritt diese Erhöhung bei der ihrer Art nach schwersten Strafe ein. (3) Das Maß der Gesamtstrafe darf den Betrag der verwirkten Einzelstrafen nicht erreichen und fünfzehnjähriges Zuchthaus, zehnjähriges Gefängnis oder fünfzehnjährige Einschließung nicht übersteigen. I. § 74 stellt das Asperationsprinzip auf (Verschärfung der im Einzelfall verwirkten schwersten Strafe). Anders § 73, doch hat die Rspr. den Unterschied verwischt, vgl. dort Anm. V a. E. und Köln N J W 53 1684. — Es gilt nicht für lebenslange Freiheitsstrafe (E 54 290) und Geldstrafe (§ 78). Betr. Haft vgl. § 77, betr. Ehrenstrafe § 76. II. Gesamtstrafe: so zu bilden, daß für jede selbständige Handlung die Einzelstrafe ausgeworfen und sodann die schwerste Strafe (Einsatzstrafe) unter Be-

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rücksichtigung des Abs. 3 angemessen erhöht wird. Vgl. E 4 53,44 302 sowie 77 152: Die Gesamtstrafe ist die Strafe fiir alle abgeurteilten Handlungen. So der Sache nach auch Bremen HESt. 2 233 und NJW 52 1069, Köln NJW 53 275. Gegen diese BGHSt. 8 205, 211, dazu mit Recht kritisch Dreher JZ 57, 157; aus den Grenzen des prozessualen Begründungszwanges (§ 267 Abs. 3 StPO), auf die der BGH hier verweist, läßt sich für das Wesen der Gesamtstrafe nichts ableiten. Richtig BGHSt. 7 180, 182 (für § 79): Bei Bildung der Gesamtstrafe, durch die die Einz.elstrafen ihre selbständige Bedeutung verlieren, hat das Gericht die Taten nach Art und Schwere sowie nach der Persönlichkeit des Täters zu würdigen. Für § 74 gilt nichts anderes. Treffend Frankfurt NJW 56 1290: Die Bestimmungen der §§ 74, 79 kennen als erkannte Strafe überhaupt nur die Gesamtstrafe. Doch sind die Einzelstrafen nicht nur Rechnungsgrößen, auch ihre Zumessung ist zu begr. LM § 74 Nr. 4. — Zur Ermessensfrage BGHSt. 5 57 einerseits, Köln NJW 53 1684 andererseits. Nach dem Gesagten ist dem OLG zuzustimmen. — Die Einzelstrafe darf nicht unter ihren gesetzlichen Mindestbetrag hinabgehen (Rechtspr. 1 102), jedoch ist bei Umwandlung von Gefängnis in Zuchthaus eine Zuchthausstrafe unter einem Monat zulässig. Vgl. § 19 Anm. II. — Das Urteil braucht eine ausdrückliche Umwandlung der milderen Einzelstrafen in die schwerere Strafart nicht vorzunehmen. Doch muß das Maß der Gesamtstrafe klarstellen, daß der Betrag der Einzelstrafen (die daher in den Urteilsgründen ersichtlich zu machen sind: E 2 235) nicht erreicht ist (s. Abs. 3): E 36 88. — Bei Anwendung von § 27 b ist § 74 unanwendbar: E 59 21. Keine Einbeziehung von Besatzungsstrafen: LM Nr. 1 zu § 335. — Zur Gesamtstrafbildung, wenn im ersten Rechtszuge eine Strafe ausgesetzt war, vgl. Celle NJW 57 1644. III. Selbständige Hdlg. im Gegensatz zur natürlichen HdlgsEinheit (im einzelnen oben II A vor und I zu § 73) und zur Fortsetzungstat (oben I I B 1 vor § 73). Für Dauerdelikte vgl. Köln NJW 58 838. — Sehr formal BGHSt. 9 247: gesetzwidriger Handwerksbetrieb und Unterlassung von dessen Anzeige seien zwei selbst. Hdlgen. § 74 geht nicht vom Normativen, sondern vom Realen aus. IV. Schwerste Strafe. Bei Freiheitsstrafen gleicher Art entscheidet die Dauer. Bezüglich ungleichartiger Strafen vgl. Abs. 2. K e i n e Gesamtstrafbildung mit Jugendstrafe: BGHSt. 8 349, 10 100, vgl. oben § 16 Anm. II. V. Prozessuales: Wenn in der R e v i s i o n s i n s t a n z nur die Feststellungen e i n z e l n e r H a n d l u n g e n a u f g e h o b e n werden, so bleiben die übrigen Feststellungen in Kraft, falls nicht anzunehmen ist, daß schon die Bemessung der Einzelstrafen durch die vorliegende Tatmehrheit beeinflußt wurde (E 25 297, eingehend begründete Plenarentscheidung). — Betr. Amnestie vgl. LM Nr. 3 zu § 74. — Fehlt Einsatzstrafe, so Aufhebung der GesStr.: BGHSt. 4 346. — Ermessensmißbrauch bei der GesStrafbildg.: BGHSt. 5 57. — §75 (1) Trifft Einschließung nur mit Gefängnis zusammen, so ist auf jede dieser Strafarten gesondert zu erkennen. (2) Ist Einschließung oder Gefängnis mehrfach verwirkt, so ist hinsichtlich der mehreren Strafen gleicher Art so zu verfahren, als wenn dieselben allein verwirkt wären.

Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen §§ 76, 77, 78, 70

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(3) Die Gesamtdaaer der Strafen darf in diesen Fällen fünfzehn Jahre nicht übersteigen. Die Sonderbehandlung der Einschließung beruht auf ihrem nicht entehrenden Charakter. §76 Neben der Gesamtstrafe müssen oder können Nebenstrafen nnd Nebenfolgen verhängt und Maßregeln der Sicherung und Besserung angeordnet werden, wenn das auch nur wegen einer der Gesetzes Verletzungen vorgeschrieben oder zugelassen ist. I. Neufassung nach G v. 24.11. 33 Art. 3 Nr. 11 und G v. 23. 3. 34 § 7 Nr. 5 II. Die hier bezeichneten Straftatfolgen sind neben der Gesamtstrafe, nicht neben den Einzelstrafen zu erkennen: E 36 88, 75 212. — Bei Aufhebung einer GesStr. muß nicht stets SV aufgehoben werden: RG DJ 36 1813. Betr. Ehrverlust vgl. E 74 5. Vgl. ferner § 32 Anm. I. §77 (1) erstere (2) jedoch

Trifft Haft mit einer anderen Freiheitsstrafe zusammen, so ist auf die gesondert zu erkennen. Auf eine mehrfach verwirkte Haft ist ihrem Gesamtbetrage • nach, nicht über die Dauer von drei Monaten zu erkennen.

§ 77 gilt auch bei den Vergehen der §§ 185, 186. §78 (1) Sind mehrere Geldstrafen verwirkt, so ist auf jede gesondert zu erkennen. (2) Das gleiche gilt von den Freiheitsstrafen, die an die Stelle uneinbringlicher Geldstrafen treten. Ihre Gesamtdauer darf zwei Jahre nicht übersteigen; die Gesamtdauer mehrerer zusammentreffender Haftstrafen darf drei Monate nicht übersteigen. I. Neu gefaßt durch G v. 27. 4. 23 und 6. 2. 24. II. Abs. 1 (Kumulationsprinzip) gilt auch im Falle des § 27b. E 59 21. — Jede einzelne Geldstrafe ist im Urteilstenor zu nennen: RG DJ 34 1407. III. Zu Abs. 2 (abgeschwächtes Kumulationsprinzip, vgl. S. 2): An Stelle jeder einzelnen Geldstrafe ist gesondert für den Fall der Uneinbringlichkeit Freiheitsstrafe zu setzen: E 38 1. § 29 Abs. 2 S. 1 zu beachten: HRR 37 1678. §79 Die Vorschriften der §§ 74 bis 78 finden auch Anwendung, wenn, bevor eine erkannte Strafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist, die Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung erfolgt, welche vor der früheren Verurteilung begangen war. 17

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen § 79

I. Voraussetzungen. § 79 setzt voraus, daß eine Person z u n ä c h s t eine Straftat begangen hat, d a n n wegen einer anderen Straftat verurteilt wird (dazu BGHSt. 4 366) und h i e r a u f wegen der erstgenannten verurteilt werden soll. Auch hier sollen die strafmildernden Vorschriften der §§ 74—78 zur Anwendung kommen, da die mehreren selbständigen Handlungen zwar nicht einheitlich abgeurteilt w e r d e n , aber doch einheitlich abgeurteilt werden k o n n t e n . E 59 168. Auch wenn das erste Urteil erst bei Bildung der Gesamtstrafe rechtskräftig war: Frankfurt N J W 56 1567. — Der spätere Richter ist an die Schuldfeststellung und Strafbemessung des früheren Richters gebunden; nicht aber an die von diesem verhängten N e b e n s t r a f e n u n d N e b e n f o l g e n , auf die er neben der Gesamtstrafe n e u zu erkennen hat (E 73 366, 75 212). Gleiches muß, da § 79 den § 76 in Bezug nimmt, für die „Maßregeln der Sicherung und Besserung" gelten (zweifelnd 39 1505 mit ablehn. Anm. Schwinge). — Vgl. auch StPO §§ 460, 462. — Über Bildung dieser Gesamtstrafe vgl. E 44 302, 46 179. — Unterlassung begr. die R e v i s i o n : E 64 413, BGHSt. 3 278 (gegen BGHSt. 2 388) u. NJW 53 389; vgl. Henssler S. 452. So jetzt eingehend auch GrSen. in BGHSt. 12 1. — Zutr. auch BGHSt. 9 190 betr. Gesetzesverletzung durch Einbeziehung derselben Einzelstrafe in zwei verschiedene Gesamtstrafen (ne bis in idem!). —• Zum B e g r ü n d u n g s z w a n g vgl. oben §74 Anm. I I (zu und gegen BGHSt. 8 205). II. Eine im Gnadenwege erlassene, eine vollstreckte und eine nicht mehr vollstreckbare Strafe sollen nicht nochmals erörtert und nachträglich ermäßigt werden (E 32 7, BGH NJW 53 187921, BGHSt. 2 230). — Über Strafaussetzung zur Bewährung ist dagegen neu zu entscheiden: BGHSt. 7 180,182 (vgl. oben § 74 Anm. I I und Vorbem. I I 1 vor § 23). — Hat die Vollstreckung begonnen, so ist der verbüßte Teil auf die Gesamtstrafe anzurechnen (E 46 179). III. Treffen Handlungen, die vor einer früheren Verurteilung begangen sind, mit mehreren nachher begangenen zusammen, so sind zwei Gesamtstrafen zu bilden (gemäß §§ 74 und 79), von denen j e d e evtl. bis zu 15 Jahren Zuchthaus betragen darf (vgl. § 74 Abs. 3): E 4 53, vgl. BGHSt. 8 203, 204. IV. Eine nach der Verkündung (wenn auch vor Rechtskraft) des früheren Urteils begangene T a t kann der Rechtswohltat des §74 nicht mehr teilhaftig werden, sondern ist selbständig mit der ihr gebührenden Strafe zu belegen. Anders, wenn sie in die Berufungsverhandlung noch mit einbezogen werden kann: hier ist § 74 ohne weiteres anwendbar. Vgl. E 3 213, 53 145, 60 382. — § 79 auch anwendbar, wenn die Straftat vor m e h r e r e n früheren E i n z e l Verurteilungen begangen war, für welche die gebotene Gesamtstrafe nicht gebildet wurde. Hier kann das zuletzt erkennende Gericht auf Grund der früheren und der neuen Entscheidungen eine Gesamtstrafe bilden; §§460, 462 StPO stehen nicht entgegen: E 15 29. — Vgl. zu diesen Fragen Beyer DRZ 49, 176. V. Vorher begangen: Also nicht, § 79, wenn ein sog. fortgesetztes Verbrechen (Vorbem. I I B 1 vor § 73) oder eine mehraktige Straftat (wie § 147 2. Fall) erst nach einer früheren Verurteilung zum tatbestandmäßigen Abschluß gekommen ist. E 59 168. — Die frühere Verurteilung ist das letzte auf Strafe erkennende Urteil des Tatrichters: BGH NJW 54 1853. Dazu Hamm NJW 54 324. — Vorauss. ist ihre Rechtskraft: LM Nr. 1 zu GG Art. 103.

Zweiter Teil

Von den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Übertretungen und deren Bestrafung Vorbemerkung Zum Auibau des Besonderen Teils vgl. Würtenberger, Das System der Rechtsgüterordnung, Strafr. Abh. Nr. 326, und Oehler, Wurzel, Wandel und Wert der strafr. Legalordnung, 1950, ferner oben Syst. Vorbem. I I C, I I I 1 und § 2 Anm. I I I B 4. Schrifttum zu Abschn. 1—3: l . Z u m geltenden Recht, a) A l l g e m e i n e s , H o c h v e r rat und Staatsgefährdung. D r e h e r , JZ 53, 426: Das dritte Strafrechtsänderungsgesetz. — N ü s e , J R 53, 278: Zum dritten Strafrechtsänderungsgesetz. — H e n n k e , ZStW 66, 390: Zur Abgrenzung der strafbaren Vorbereitungshandlung beim Hochverrat. — D e r s e l b e , GA 1954, 140: Der Begriff „verfassungsmäßige Ordnung" im StGB und im GG. — R u h r m a n n , N J W 54, 1512: Rechtsfragen zur Staatsgefährdung. — Derselbe, N J W 56, 1817: KPD-Verbotsurteil des BVerfG und Staatsschutzrechtspr. des BGH. — S c h n e i d e w i n , J R 54, 241: Zur Auslegung der Begriffe Verfassungsverrat und Landesverrat. — B a u e r , JZ 53, 651: Politischer Streik und Strafrecht. — v. W e b e r , JZ 53, 297: Zum SRP-Urteil. — E c h t e r h ö l t e r , J Z 53, 656: Zur Problematik des Art. 18 GG. — W i l l m s , N J W 57, 565: Die Organisationsdelikte. b) L a n d e s v e r r a t M i t t e l b a c h , J R 53, 288: Das Staatsgeheimnis und sein Verrat. — A r n d t , ZStW 66, 41: Die landesverräterische Geheimnisverletzung. — S a u e r , DRiZ 54,113: Landesverratsprozeß um den falschen „ G e n e r a l v e r t r a g " . — S c h n e i d e w i n , J R 54, 241 (s. o.). 2. Zum früheren A r t . 143 GG u n d d e n E n t w ü r f e n zum Strafrechtsänd.Ges. v. 30. 8. 51: H. M a y e r , SJZ 50, 247. - K e r n , N J W 50, 405. - D e r s e l b e , N J W 50, 667. — S c h m i d , DRZ 50, 337. — v. W e b e r und B a d e r , Referate auf dem 38. Deutschen Juristentage. — O e h l e r , J R 50, 513. 3. Z u m 1. StÄG: v. W e b e r , MDR 51, 517 u. 641. — S c h a f h e u t i e und D a l l i n g e r , J Z 51, 609ff. — K ü s t e r , J Z 51, 659. — S c h m i d t - L e i c h n e r , N J W 51, 857. 4. Z u m ä l t e r e n R e c h t vgl. die Lit. zu den älteren Fassungen, aber auch die Begr. zu den Entwürfen, insbes. zu Entw. 1927. Ferner vor allem: v. W e b e r , Die Verbrechen gegen den Staat in der Rechtsprechung des Reichsgerichts, RG-Festgabe V, 173ff. (1929). - G r a f zu D o h n a , Der Hochverrat im Strafrecht der Zukunft. Frank-Festgabe I I 229 (1931). — v a n C a l k e r , Der Landesverrat. Rechtspolitische 17»

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Hochverrat § 80

Bemerkungen zum Entwurf von 1929. Frank-Festgabe II, 245. — H. M a y e r , Die Staatsverbrechen in der Reichstagsvorlage, GS 98, 32. 5. V e r g l e i c h e n d : S c h ö n k e , Strafrechtlicher Staatsschutz im ausländischen Recht, NJW 50, 281. Vorbemerkung Zur Systematik der Abschnitte 1—3 vgl. Vorbem. II vor 88.

Erster A b s c h n i t t

Hochverrat Angriff auf Verfassung oder Gebiet

§80 (1) Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt 1. die auf dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland oder der Verfassung eines ihrer Länder beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, 2. das Bundesgebiet einem fremden Staate einzuverleiben oder einen Teil des Bundesgebietes loszureißen, 3. das Gebiet eines Landes ganz oder teilweise einem anderen Lande der Bundesrepublik einzuverleiben oder einen Teil eines Landes von diesem loszureißen, wird wegen Hochverrats, wenn sich das Unternehmen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen das Bundesgebiet (Nr. 1, 2) richtet, mit lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren, wenn sich das Unternehmen gegen das Gebiet eines Landes (Nr. 3) richtet, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann bei Taten nach Absatz 1 Nr. 1 oder 2 auf Zuchthaus, bei Taten nach Absatz 1 Nr. 3 auf Gefängnis nicht unter sechs Monaten erkannt werden. I. System Die Bestimmung hält am überlieferten Begriff des Hochverrats als Angriffs auf die rechtlichen Grundlagen des Staates fest; vgl. jedoch zur gegenwärtigen Problematik der Abgrenzung vom Landesverrat Vorbem. vor § 88 und § 99 sowie Anm. zu §§ 100a und 100d. Sie unterscheidet, wie herkömmlich, Verfassung- und Gebietshochverrat. § 83 fügt dem als drittes den Schutz des Staatsoberhauptes gegen hochverräterische Anschläge und Zwang hinzu. Die letzten Entwürfe vor 1933 hatten alle drei Schutzobjekte unter gleicher Strafdrohving in einer Bestimmung zusammengefaßt (§ 86). Ebenso noch Art. 143 GG. H. Unternehmen ist nach § 87 Vollendung und Versuch.

Hochverrat § 80

261

Die sowjetzonale Justiz umfaßt mit diesem Begriff auch Vorbereitungshandlungen (Ostberliner K G in N J 51 428 mit Anm. Benjamin, OGE 3 18). m . Gewalt: § 52 Anm. I I . Dazu B G H S t . 8 102: Der Massen- und Generalstreik kann Gewalt i. S. d. § 80 Abs. 1 Nr. 1 sein. Nicht körperliche Kraftentfaltung, sondern Zwangswirkung entscheidend. Vgl. dazu S a x in Arbeitsrechtl. Praxis Nr. 1 zu § 80, dens. N J W 53, 368, Bauer J Z 53, 652 Anm. 37, Niese, Streik und Strafrecht S. 26. IV. Drohung: § 52 Anm. I I I , aber auch § 83 Anm. I I I . V. Die verfassungsmäßige Ordnung muß auf dem G r u n d g e s e t z beruhen. Die auf den Länderverfassungen beruhende v. 0 . ist dem nicht, wie es nach dem Gesetzeswortlaut scheinen möchte, unbedingt, sondern nur mit der Maßgabe des Art. 28 GG gleichgestellt: soweit sie den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes entspricht. Diese Bindung an die Grundnormen des GG setzt der „normativen K r a f t des Faktischen" Grenzen und ist offenbar bewußt enger als der Entwurf 1950 § 87. Dieser sprach allgemein von „verfassungsmäßiger Ordnung", und seine Amtl. Begründung bezeichnete es als belanglos, ob die geschützten Grundlagen des staatlichen Lebens im GG oder in den Landesverfassungen geregelt seien oder ihre Gültigkeit aus anderen Rechtsgrundlagen herleiteten. Wie Schafheutie a . a . O . S. 610 formuliert, will die einschränkende Neufassung die Wertneutralität vermeiden, die dem früheren Hochverratsrecht eigentümlich war. Die grundlegende Wandlung de3 Begriffs wird deutlich bei einem Vergleich mit der früheren Praxis des R G , die v. Weber, RG.Festgabe Bd. V S. 180, zutr. dahin zusammenfaßte, daß die Verfassung in ihrem Sinne nicht als Norm, sondern als Sein getroffen werde. Vgl. ebendort über die praktischen Auswirkungen dieser Auffassung. I m einzelnen versteht die Amtl. Begr. zum Entwurf 1950, die insoweit noch zu verwerten ist, unter verfassungsmäßiger Ordnung die G r u n d l a g e n d e s s t a a t l i c h e n Z u s a m m e n l e b e n s , also in erster Linie die freiheitliche demokratische G r u n d o r d n u n g i. S. des Art. 18 GG, die grundlegenden politischen S t a a t s e i n r i c h t u n g e n und ihr ordnungsmäßiges F u n k t i o n i e r e n wie auch die Aufrechterhaltung des Systems von mindestens zwei politischen P a r t e i e n (S. 33). Wie viele Fragen dabei noch offenbleiben, zeigt Graf zu Dohna a.a.O. S. 230ff., mag auch manches an seinen Ausführungen zeitbedingt sein. Zum Begriff neuerdings Hennke GA 1 9 5 4 , 1 4 0 : in Abschn. 1 und 2 verschieden; ebenso Ruhrmann N J W 54, 1512: keine Beschränkung auf die Verfassungsgrundsätze des § 88. Aus der Rspr.: Versuch, die B u n d e s r e g i e r u n g mit Gewalt zum R ü c k t r i t t zu zwingen, ist Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung i. S. d. § 80, wenn Beseitigimg oder Umgestaltung d e s O r g a n s s e l b s t angestrebt: B G H S t . 6 352. — Angriff auf Entscheidungsfreiheit des P a r l a m e n t s in einer bestimmten Gesetzgebungsaufgabe noch nicht (wohl aber § 105); nur wenn vollständige, sei es auch nur vorübergehende Ausschaltung des P . a l s E i n r i c h t u n g erstrebt: B G H 6 S t R 42/54 v. 5 . 5 . 5 4 . — Allgemeine „Änderung" nur, wenn Angriff gegen Einrichtungen, die die G r u n d l a g e d e s p o l i t i s c h e n S t a a t s l e b e n s bilden, als solche: B G H S t . 6 352, vgl. auch S. 337—339. — Nötigung oder Hinderung einer P e r s o n bei Ausübung ihrer verfassungsmäßigen Befugnisse für sich allein auch dann noch nicht,

262

Hochverrat § 81

wenn an höchster Stelle stehender Träger der staatlichen Gewalt, abgesehen vom BPräs., § 83: GHSt. 6 352. VI. Das Bundesgebiet i. S. dieses Abschn. umfaßt Berlin (zutr. v. Mangoldt, GG Art. 23 Anm. 2), darüber hinaus aber das Gebiet der Grenzen vom 31. 12. 37. Die Bundesrepublik ist kein westdeutscher Teilstaat. Vorbereitung

§81 (1) Wer ein bestimmtes hochverräterisches Unternehmen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen das Bundesgebiet (§ 80 Abs. 1 Nr. 1, 2) vorbereitet, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Gefängnis nicht unter einem Jahr erkannt werden. (2) Wer ein bestimmtes hochverräterisches Unternehmen gegen das Gebiet eines Landes ( § 8 0 Abs. 1 Nr. 3) vorbereitet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. I. Vorbereitung eines bestimmten hochverr. Unternehmens wird jetzt ohne die frühere Unterscheidung einfacher und qualifizierter Fälle (§ 83 I I und I I I Fassg. v. 1934) bestraft. Die Bestimmung, die der Reg.-Entw. 1950 mit Rücksicht auf §49a StGB und den damals geplanten allg. Tatbestand der Verfassungsstörung für entbehrlich hielt, ist auf Initiative des Bundesrats wieder aufgenommen worden. Sie bezieht sich nicht auf den hochverräterischen Zwang des § 83. — Zum Begriff der V vgl. Vorbem. I I u. I I I vor § 43. Hennke ZStW 66, 390 betont, daß fördernde Handlung, nicht nur Planung, und Gefährdung des Rechtsguts vorliegen müssen. Im einzelnen: auch geistige oder seelische Beeinflussung der Bevölkerung: LM N r . l . — Massen- und Generalstreik: BGHSt. 8 102. — „Aktionen" und ihre Polgen: BGHSt. 6 340. II. Ein bestimmtes Unternehmen muß vorbereitet sein. Damit wird die frühere Rechtsprechung (E 5 60,16 165, 41 138; weitere Nachweise bei v. Weber RG-Pestg. V 180ff.) legalisiert. Vgl. auch Entw. 1930 § 88 d: „Als Hochverrat im Sinne der §§ 87 bis 88 c gilt nur ein bestimmtes, in seinem Ziel und Plan erkennbares hochverräterisches Unternehmen." BGHSt. 7 11 legt die z e i t l i c h e Bestimmtheit wegen des ergänzenden Strafschutzes der §§ 88 ff. enger aus als RG; vgl. schon BGHSt. 6 341. Berechtigte Bedenken beiDreher-MaassenAnm. 1. Die §§ 88 ff. ersetzen schon wegen ihres engeren Rechtsguts die §§ 80, 81 nicht. — Angriffsgegenstand und - z i e l , nicht dagegen Einzelheiten des Plans müssen festliegen: BGH LM Nr. 1 unter Berufung auf die vorstehend zit. RGEen. — Art. 21 I I GG hindert nicht, den Angehörigen einer nicht verbotenen Partei aus § 81 zu verurteilen: BGHSt. 6 336, vgl. auch Köln N J W 54 973. — N i c h t bestimmtes Unternehmen: ggfalls §93. Köln NJW 64 1259. — Art. 21 I I GG verlangt nicht wie § 81 ein konkretes Unternehmen. BVerfgE 5 85 (141, 142) = NJW 56 1393 (KPD-Urteil). DI. Versuch der Vorbereitung begrifflich ausgeschlossen: Hennke ZStW66, 398 Arndt ibid. 72 ff.

Hochverrat § 82

263

IV. Konkurrenzen: Bei Vorher, durch Einfuhr von Schriften Tateinheit mit § 93: LM Nr. 1. — § 81 ist lex spec. gegenüber § 49a: Köln NJW 54 1259, vgl. oben Anm. I. A.A. Schönke-Schröder Anm. VI. V. Verjährung gem. PreßG auch bei geplantem Hochverrat und Staatsgefährdung durch die Presse: Köln NJW 64 1259 (aber nur, soweit letztere nicht tatbestandsmäßig). Tätige

Reue

§82 Das Gericht kann die in den §§ 80, 81 angedrohte Mindeststrafe unterschreiten, auf die nächstmildere Strafart erkennen oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter aus freien Stücken seine Tätigkeit aufgibt und den Erfolg abwendet. Unterbleibt der Erfolg ohne Zutun des Täters, so genügt sein ernstliches Bemühen, den Erfolg abzuwenden. I. Tätige Reue. Ihre besondere Prämiierung bei Hochverrat ist Tradition; teils aus den hier noch näher als sonst liegenden kriminalpolitischen Erwägungen (vgl. § 46 Anm. I), teils aus konstruktiven Gründen, da § 46 bei Unternehmen und Vorbereitungshandlungen nicht ohne weiteres eingreift. Aber deren Umfang hat ständig gewechselt. § 82 I I I Fassg. v. 1934 sah nur für das hochverr. Komplott eine Sonderregelung vor. Art. 143 Abs. 4 GG ordnete für das ganze Gebiet des Hochverrats bei Rücktritt oder tätiger Reue den Wegfall der Strafe an. Demgegenüber verlangt § 82 primär (vgl. jedoch auch S. 2) Aufgabe der Tätigkeit u n d Abwendung des Erfolges und gewährt nur fakultativ Strafmilderung oder Absehen von Strafe. Man wollte nicht die „Hemmungen, überhaupt zur Tat zu schreiten", zu stark mindern (Schafheutie S. 611). Andererseits folgt daraus, daß das Gesetz auf den Gesamterfolg abstellt, die Möglichkeit straf befr. Rücktritts auch dann noch, wenn der Täter seine eigene Tätigkeit schon abgeschlossen hatte (ebenso Jagusch LK Anm. 1 aus zutr. kriminalpolitischen Gründen). Der Wortlaut „Aufgabe" der Tätigkeit ist zu eng. Denn da die Taten der §§ 80, 81 in jedem Fall schon formell vollendet sind, kommt nur tätige Reue, nicht Rücktritt in Betracht. II. Aus freien Stücken: Vgl. § 46 Anm. VII. III. Zu Satz 2: Vgl. § 46 Anm. VII 2 darüber, daß es sich hier wie in § 49 a Abs. 4 S. 2 um ein sinnvolles Korrelat zur subjektiven Versuchstheorie handelt. Diese Tendenz des Gesetzgebers sollte nunmehr auch die frühere unbefriedigende Rechtsprechung zur tätigen Reue bei absolut untauglichem Versuch trotz des Wortlauts des § 46 Nr. 2 als überholt erscheinen lassen. IV. Die Qualifikation der Taten der §§ 80, 81 Abs. 1 als Verbrechen wird auch bei Übergang zu einer milderen Strafart nicht berührt. Es liegt ebenso wie im Verhältnis der Versuchs- zur Vollendungsstrafe im Falle des § 44 Abs. I I I S. 2. V. Keine entsprechende Anwendung auf § 90 a: BGHSt. 9 310. VI. Absehen von Strafe. Der Schuldspruch bleibt hier unberührt. Zum systematischen Ort des A. v. Str. vgl. v. Weber MDR 56, 705, de lege fer. Lange, MatStrRRef. I 79 f. — Vgl. unten § 90 Anm. V.

264

Hochverrat § § 83, 84

Angriff auf den Bundespräsidenten

und seine

Befugnisse

§ 8 3 (1) Wer einen Angriff auf Leib oder Leben des Bundespräsidenten begeht, wird wegen hochverräterischen Anschlags mit Zuchthaus bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist. (2) Wegen hochverräterischen Zwanges wird ebenso bestraft, wer den Bundespräsidenten seiner verfassungsmäßigen Befugnisse beraubt oder mit Gewalt oder durch rechtswidrige Drohung nötigt oder hindert, seine verfassungsmäßigen Befugnisse überhaupt oder in einem bestimmten Sinne auszuüben. I. System. Wegen des Verhältnisses der Bestimmung zu § 80 vgl. dort Anm. I. — Abs. 1 erweitert und verschärft f ü r das Staatsoberhaupt den Schutz von Leib und Leben. Daß der Täter politische Zwecke verfolgt habe, ist nicht erforderlich. Das gilt auch f ü r den erhöhten Ehrenschutz des Bundespräsidenten durch § 95 Abs. 1 u n d Abs. 3, Fall 1. Den Zusammenhang mit dem Hochverrat stellt in § 83 Abs. 1 die unausbleibliche Rückwirkung eines solchen Anschlags auf die verfassungsmäßige Ordnung dar; in diesem Sinne spricht das Gesetz mit Recht von einem „hochverräterischen Anschlag". — Der hochverräterische Zwang des Abs. 2 setzt dagegen voraus, daß der Täter persönlich politische Zwecke verfolgt oder als Werkzeug anderer zur Durchsetzung eines solchen Zieles handelt, mag er selbst — etwa als bestochener Fahrer — auch von rein privaten Motiven geleitet sein. II. Zu Abs. I: 1. Angriff: Ausholen zum Schlag genügt. E 41 181: Angriff auch, wenn der Täter auf den Körper des Angegriffenen weder einwirken will noch kann, wie bei Schrotschuß auf 80 Schritt. Der Begriff umfaßt jede in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper zielende Einwirkung ohne Rücksicht auf den Erfolg; so auch E 7 301; 28 32ff.; 59 265. Bloße Schreckschüsse sind dagegen nicht ein Angriff auf den Leib, sondern auf die Willensfreiheit. Vgl. zu diesem Begriff allgemein auch die Lit. zu § 113 sowie zu § 94 a. F. (eingef. durch VO vom 19. 12. 32). 2. Subsidiaritätsklausel namentlich f ü r Tötungs- und schwere Körperverletzungsdelikte bedeutsam. III. Zu Abs. II vgl. als Vorbild Art. 143 Abs. 1 GG. Die „gefährliche" ist jedoch durch die „rechtswidrige" Drohung ersetzt. Darin liegt eine erhebliche Erweiterung. — Zur „Rechtswidrigkeit" der Drohung vgl. § 240 Anm. I I , aber auch die in N J W 49, 697 f ü r § 253 entwickelten, f ü r das Tatbestandsprinzip allgemein geltenden Bedenken gegen einen so unbestimmten Begriff. Diese Fragen gewinnen durch die Strafbarkeit des Versuchs — auch des untauglichen — bei § 83 besondere Bedeutung. — Betr. „Gewalt" und „Drohung" vgl. § 240 Anm. I I I , IV. Für „Nötigung" und „Hinderung" vgl. §§ 105 bis 107. Fahrlässige

Gefährdungskandlungen

§ 84 Wer 1. Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen, deren Inhalt den äußeren Tatbestand der §§ 80, 81 oder 83 erfüllt, herausgibt, herstellt, verbreitet oder zum Zwecke der Verbreitung vorrätig hält,

Hochverrat § 84

265

2. Äußerungen oder Darstellungen solchen Inhalts durch Film, Funk oder sonst durch technische Vervielfältigung verbreitet, obwohl er deren hochverräterischen Inhalt hätte erkennen müssen, wird mit Gefängnis bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist. I. Vorläufer in der VO vom 28. 2. 33 (RG J W 1933 2913 begründet sie mit Beweisschwierigkeiten f ü r den Vorsatz des Verbreitern) und in § 85 Fassg. v. 1934. VgL Herlan MDR 55, 17. Der RegEntw. 1950 dehnte den ursprünglich auf Druckschriften beschränkten Tatbestand auf Schallplatten usw. aus, die jetzige Fassung geht noch erheblich weiter, indem sie auch nicht mechanisch vervielfältigte Schriften erfaßt. Kritisch hierzu v. Weber MDR 51, 518. Andererseits ist die besondere Verschärfimg der Fahrlässigkeitshaftung, die aus § 85 a. F. herausgelesen werden konnte, durch Streichung der Worte „bei sorgfältiger Prüfung der Schrift" gefallen (dazu Begr. des RegEntw. S. 34). — Vgl. auch § 93. II. Den äußeren Tatbestand des Hochverrats (§§ 80, 81, 83) muß die Schrift usw. erfüllen. Das finale Handlungsmoment des Unternehmens und der Vorbereitimg wird nicht gefordert (vgl. v. Weber a. a. 0.). Das ist um so bemerkenswerter, als die Novelle sonst in weitem Umfange mit einem „subjektiven Unrechtselement" (Schafheutie S. 612), nämlich bestimmter Absichten des Täters arbeitet (z. B. in §§ 90, 92, 94, 95), und zeigt, daß d i e s e Stelle das fahrlässige Umgehen mit objektiv gefährlichem Material auch dann erfassen will, wenn es außerhalb jedes Zusammenhangs mit einer „Aktion" steht. Also nicht nur in Fällen wie dem der BGHSt. 7 11. Zutr. BGHSt. 6 298: „fahrlässige Beeinträchtigung der Staatssicherheit". Weil hier nicht Absichten, sondern Gefährdung Tat- und Schuldgrundlage ist, kann die Verfassungsfeindlichkeit einer Schrift auch nicht aus den Absichten ihrer Verbreiter gefolgert werden, sondern muß aus ihrem Inhalt selbst begründet sein: so BGHSt. 7 12, 8 247. Im einzelnen: Schriften: auch handgeschriebene Einzelschriften, s. o. zu I. Herstellen: jedes Mitwirken bei der Anfertigung. Vgl. E 41 207. Auch wer seinen Namen unter das Flugblatt setzen läßt, ist H.: BGH 6 StR 63/54 v. 1. 9. 54. Verbreiten: schon bei Weitergabe an eine Einzelperson, die sie ihrerseits weitergeben soll: E 16 245, 30 224. Nicht notwendig Übergabe der Schrift; auch z.B. Vorlesen. Zutr. Jagusch L K Anm. 2a gegen E 15 118. Vorrätig halten: auch hier genügt Einzelstück, E 62 396; der Ausdruck meint Bereitschaft zum Verbreiten und bezieht sich nicht auf Mengen. Vgl. E 42 209, 47 227, BGH 6 StR 218/54 v. 24. 11. 54 ( = besitzen). Zum Zweck der Verbreitung: darüber E 64 351. III. Die fahrlässige Verkennung der hochverräterischen Tendenz der verbreiteten Schriften usw. ist der Gegenstand des Schuldvorwurfs. Für den G r a d der Fahrl. gilt nichts Besonderes (anders § 85 a. F.). BGH 2 StR 431/53 v. 24. 2. 54 (Herlan MDR 55, 17): nur die allgemeine Sorgfaltspflicht. In der Regel notwendig und zumutbar, daß der Verbreiter die Druckschrift selbst liest, wenn deren Umfang nur unbedeutend. Sonst muß er sich anderweit zuverlässige Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen. Angaben eines Unbekannten genügen dazu nicht. Ergänzend die

Hochverrat § 85

266

Nachweise bei Herlan a. a. 0 . : die in Veröffentlichungen der KPD enthaltenen Angriffe überschreiten erfahrungsgemäß häufig die Grenze des Erlaubten. Verbreiter hat sie daher vor der Verteilung selbst zu prüfen. — Im Gegensatz zu den üblichen, auf Verursachungszusammenhängen beruhenden Fahrlässigkeitsfällen handelt es sich hier aber nicht um Nichtvoraussicht eines Erfolges, sondern um Verkennung eines gegenwärtigen, begleitenden Umstandes. Wie bei §§ 163, 345 I I und ähnlichen Fällen macht sich der Täter p f l i c h t w i d r i g e r G e f ä h r d u n g schuldig. Näheres hierzu beiBoldt ZStW 55, 44ff.; vgl. auch (für §330a) Lange ZStW 59, 574ff. sowie allgemein JZ 56, 74 zu Anm. 10, auch oben Syst. Vorb. I I B. — Die Bezeichnung „fahrlässiger Hochverrat" (so Amtl. Begr. zum RegEntw. S. 34) ist in sich widerspruchsvoll. Aber auch von „fahrlässiger Verbreitung" (Schafheutie S. 610) spricht man besser nicht. Denn Tat- und Bedeutungskenntnis der Handlung als „Verbreiten" setzt die Bestimmung voraus. Deshalb ist insoweit Vorsatz gegeben. Die Fahrlässigkeit bezieht sich nicht auf den Vorgang, sondern nur auf den sozialen Sinn der Handlung. IV. Konkurrenzen. Tateinheit mit § 93: dazu BGHSt. 8 249 (dann nur § 93 anwendbar). — § 97 schließt den § 84 aus: BGHSt. 6 297 gegen Köln N J W 54 973. Vgl. oben Anm. I, I I zu J W 33 2913 und BGHSt. 7 11 darüber, daß hier oft Fälle nicht erweislichen Vorsatzes vorliegen. — § 21 Abs. 1 PreßG wird konsumiert: BGH 2 StR 431/53 v. 24. 2. 54 wie E 41 52, 59 183. V. Verjährung: Die f ü r Pressestraftaten geltende Frist läuft bei Vorrätighalten nicht: BGHSt. 8 245 wie E 32 69, 38 71, 61 19, 63 322, HRR 30 1581. Anders, sobald Verbreitung erfolgt: BGH 6 StR 18/54 v. 2. 7. 54 wie E 38 71. Nebenstrafen

und

-Folgen

§85 Wegen der in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlungen kann erkannt werden neben den Strafen aus den §§ 80, 81 Abs. 1 und 83 auf Geldstrafe von unbegrenzter Höhe; neben den Strafen aus den § § 8 1 Abs. 2 und 84 auf Geldstrafe; neben einer wegen einer vorsätzlichen Tat verhängten Gefängnisstrafe von mindestens drei Monaten für die Dauer von einem bis zu fünf Jahren auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter und den Verlust des Wahl- und Stimmrechts und der Wählbarkeit sowie auf den Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte; neben jeder wegen einer vorsätzlichen Tat verhängten Freiheitsstrafe auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht. Anmerkung. Die Bestimmung entspricht dem § 86 Fassg. v. 1934, der erstmals im StGB Geldstrafe von unbegrenzter Höhe vorsah. Die damals weiter vorgesehene, noch im RegEntw. 1950 beibehaltene Möglichkeit der Einziehung des Vermögens von Urhebern oder Rädelsführern ist dagegen auf Vorschlag des Bundesrats ge-

Hochverrat § 86

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fallen. Der BR machte Bedenken geltend, weil jede Strafe und Nebenstrafe schuldangemessen sein müsse; als prophylaktische Maßnahme in der Hand des Richters sei sie angreifbar; zudem könne sie als Sippenhaftung mißdeutet werden. Diese Motive bestätigen, was sich aus allgemeinen Grundsätzen ohnehin ergibt: daß die „Grenzenlosigkeit" der Geldstrafe nur eine scheinbare ist. Denn die durch die Strafzwecke gesetzten Schranken dürfen auch hier nicht durchbrochen, über die verdiente Strafe darf niemals etwa aus Gründen der Staatsräson hinausgegangen werden. Vgl. Gutachten zur StrRRef. S. 70. Einziehung und Unbrauchbarmachung §86 (1) Gegenstände, die durch eine in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohte Handlung hervorgebracht oder zu ihrer Begehung gebraucht oder bestimmt sind, können eingezogen oder unbrauchbar gemacht werden. Den Gegenständen stehen Vermögenswerte gleich, die an ihre Stelle getreten sind. (2) Gehörten die Gegenstände zur Zeit der Tat weder dem Täter noch einem Teilnehmer, so ist dem Eigentümer angemessene Entschädigung aus der Staatskasse zu gewähren, es sei denn, daß er sich im Zusammenhang mit der Tat auf andere Weise strafbar gemacht hat. (3) Hat der Täter für die Begehung einer in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlung ein Entgelt empfangen, so ist das Entgelt oder ein ihm entsprechender Geldbetrag einzuziehen. (4) Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf die Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden. I. Die Bestimmung entspricht dem § 86 a Passg. v. 1934. Die Einziehung ist hier Sicherungsmaßnahme, BGHSt. 6 62 (einschränkend Creifelds J R 55, 405), nicht wie in §§ 40, 42 Nebenstrafe oder Strafe, da sie unabhängig davon verhängt werden kann, ob der Eigentümer Täter oder Teilnehmer ist. Vgl. Vorbem. B 3 vor § 13 und Anm. I zu § 40. Doch ist auf Vorschlag des BR nach dem Vorbild des § 52 I I I Entw. 1930 angemessene Entschädigung f ü r den unschuldigen Betroffenen angeordnet und andererseits die Einziehungsmöglichkeit auf Surrogate erstreckt worden (vgl. § 52 I S. 1 Entw. 1930). — Es genügt, daß mit einem T e i l einer Schrift eine m. Str. bedr. Hdlg. beg.: BGH NJW 55 1846 = BGHSt. 8 165. II. Mit Strafe bedroht i. S. des § 86 ist eine Handlung dann, wenn sie tatbestandsmäßiges Unrecht gemäß §§ 80— 84 ist. Vgl. BGH NJW 55 71: mindestens äußerer Tatbestand. Darüber hinaus Merkmale des inneren, wenn erst sie die Rechtswidrigkeit begründen: BGH 6 StR 76/55 v. 5. 10. 55. — Auch wenn eine zur Strafverfolgung erforderliche Ermächtigung (§ 97 II) nicht vorliegt: BGH NJW 56 311. — Auch wenn verjährt: BGHSt. 6 62, dann auf E und U im Strafverfahren selbständig zu erkennen. — Auch bei Amnestie, falls nicht besonders ausgeschlossen: E 67 215. III. Gegenstände: nur körperliche Sachen, nicht Rechte: E 52 201. IV. Abs. 3 ist im Gegensatz zu Abs. 1 und 4 Mußvorschrift, wird aber von BGHSt. 10 46 (51) aus Billigkeits- und kriminalpolitischen Gründen bei den

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Staatsgefährdung. Vorbemerkungen

sog. Organisationsdelikten des §90a und der §§128, 129 i.V.m. §94 „als Kannvorschrift angewendet". Dazu oben § 2 Anm. I I I C 2. V. Prozessuales. Betr. Selbständigkeit der E und U vgl. BGHSt. 6 62 sowie 6 StR 65/55 v. 26. 10. 55: kann trotz Aufhebung des Schuldspruchs bestehen bleiben, da abtrennbarer Teil des Strafausspruchs. Dem ist aus den Gründen der Anm. I I zuzustimmen. — Bei besonders umfangreichem Material reicht Sammelbezeichnung aus: BGHSt. 9 88 ( = .TR 56 350 m. Anm. Dünnebier).

Begriff des Unternehmens § 8 7 Unternehmen im Sinne des Strafgesetzbuchs ist die Vollendung und der Versuch. I. Entspricht der früheren Fassung. II. Der Begriff des Unternehmens findet sich außer in diesem Abschnitt noch in §§ 89, 105, 114, 122, 316a, 357, 360 Nr. 5. Nichts zu t u n hat mit ihm das „bewaffnete Unternehmen" des § 100 d. III. Rechtsfolgen der Gleichstellung von Versuch und Vollendung: 1. K e i n e S t r a f m i l d e r u n g bei Erfolglosigkeit der Handlung. 2. K e i n R ü c k t r i t t und keine tätige Reue, soweit nicht § 82 eingreift. 3. Keine Strafbarkeit der V o r b e r e i t u n g s h a n d l u n g . Anders insoweit die sowjetzonale Rechtspr.: Ostberliner KG in N J 51, 428 mit Anm. Benjamin, wonach der Begriff des Unternehmens auch Vorbereitungshandlungen umfasse. Ebenso jetzt OGE 3 18 (Richtlinie des Plenums). 4. V e r s u c h des Unternehmens nicht strafbar, soweit dies nicht besonders angeordnet; vgl. § 81 mit Anm.

Zweiter A b s c h n i t t

Staatsgefährdung Vorbemerkungen I. Motive: Um Form, Inhalt und Grenzen der Bestimmungen dieses Abschnittes, der im Gegensatz zu der konservativen Haltung des Gesetzgebers bei den klassischen Delikten des Hoch- und Landesverrats grundsätzliche Neuerungen bringt, ist besonders schwer gerungen worden. Die RegVorlage sah hierfür noch keinen besonderen Abschnitt vor, sondern faßte „Hochverrat und Verfassungsstörung" in einem Abschnitt zusammen. Den Kern der letzteren bildete § 90 I des Entw. Danach wurde „wegen Verfassungsstörung mit Gefängnis bestraft, wer eine Handlung vornimmt, die darauf gerichtet ist, die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder auf verfassungswidrige Weise zu ändern oder zu stören". Diese Bestimmung war dem — ebenfalls hart umkämpften — neuen Art. 275 Schweizer StGB nachgebildet. Die Amtl. Begr. des RegEntw. 1950 f ü h r t zu § 90 Entw. aus:

Staatsgefährdung. Vorbemerkungen

269

„Ähnliche Erwägungen haben die Schweiz veranlaßt, ein Bundesgesetz betreffend Abänderung des Schweizerischen Strafgesetzbuchs einzubringen, dessen Art. 275 der § 90 des vorliegenden Entwurfs im wesentlichen nachgebildet ist. Zu seiner Begründung wurde in der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über eine Teilrevision des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 20. Juni 1949 u. a. ausgeführt: ,Eine moderne Revolution wird nicht mehr durch einen Barrikadenkampf und die gewaltsame Vertreibung der Regierung oder des Parlaments eingeleitet, sondern nach einem sorgfältig ausgearbeiteten Plan, wenn nötig unter ausländischer Leitung, vorbereitet, insbesondere durch Unterbringung kommunistischer oder nationalsozialistischer Gesinnungsgenossen in die wirtschaftlichen und politischen Schlüsselstellungen, durch Zersetzung des Staates mittels Angriffen auf Regierung, Polizei oder Militär, Propaganda, Schulung von Eliten, Schaffung von Betriebsausschüssen, Aktionskommitees, Bewaffnung einzelner Gruppen.' Weiter wird in der erwähnten schweizerischen Botschaft dargelegt, daß bei Fassung der einschlägigen Vorschrift eine scharfe Grenze zwischen der in einer freiheitlichen Demokratie unerläßlichen Meinungsfreiheit und der Vornahme staatsgefährlicher Handlungen gezogen worden sei. Von einer Aufzählung einzelner Angriffshandlungen im Gesetzestext wurde in Übereinstimmung mit dem entsprechenden schweizerischen Entwurf abgesehen. Bei einer Aufzählung einzelner Angriffshandlungen müßte nämlich stets eine Lücke bleiben, da sich immer neue Wege zur Aushöhlung eines demokratischen Staates finden werden (vgl. die erwähnte schweizerische Botschaft auf S. 15). Gleichwohl zählt diese schweizerische Botschaft eine Reihe von Einzelfällen auf, die auch hier wiedergegeben werden sollen: ,Ausbildung und Betätigung revolutionärer Aktionskomitees, Ausarbeiten von Plänen für einen Umsturz, Erteilen von Weisungen, Bereitstellen von Geld, Waffen oder anderer Hilfsmittel, Unterdrucksetzen der Staatsbehörden durch ungesetzliche Mittel wie Sabotage, wilde Streiks.' Man könne ergänzend auch noch an die Aufstellung von Listen über Gleichgesinnte oder Gegner denken sowie an die Gefährdung der lebenswichtigen Versorgung der Bevölkerung oder der öffentlichen Sicherheit." Der damit umrissene Kreis der abzuwehrenden Gefahren und der ihnen entsprechenden Schutzbestimmimg des Gesetzes ist der Sache nach in der Weiterentwicklung der Bestimmungen beibehalten worden. Aus rechtsstaatlichen Gründen glaubte jedoch namentlich der BR den Richter stärker binden zu sollen als es die wiedergegebene Generalklausel erlaubt hätte. Weiter wollte man ihm die Notwendigkeit ersparen, den f ü r ein Tatbestandsmerkmal allzu kompakten Begriff der „verfassungsmäßigen Ordnimg" auslegen zu müssen. Das hätte überdies zu rechtspolitisch höchst unerwünschten Abweichungen von der Auslegung dieses Verfassungsbegriffs durch das Bundesverfassungsgericht führen können. Bei der begrifflichen Ausformung der hiernach notwendig gewordenen Kasuistik zeigte sich zweierlei: einmal, daß Hoch- und Landesverrat infolge der realen Entwicklung, insbesondere der unlöslichen Verquickung von innen- und außenpolitischen Kampftaktiken auf bestimmten Seiten, nicht mehr mit der gleichen Schärfe wie früher unterschieden werden können; zum anderen, daß — mit Ausnahme der §§90 a, 96Nr. 1 — ein quantitativer Unterschied zwischen dem umfassendenAngriffsobjekt des Hochverrrats und dem der Staatsgefährdung entstand. — Das letztere umfaßt nur noch einzelne — freilich alle grundlegenden — Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung. Nachweise oben § 80 Anm. V.

270

Staatsgefährdung. Vorbemerkungen

Dem entsprach es, die Staatsgefährdung als besonderen Abschnitt abzugrenzen und diesen zwischen Hoch- und Landesverrat zu stellen. Mangels einer amtlichen Begründung seien hier die wichtigsten Ausführungen des Berichterstatters Dr. Wahl im Bundestag als Ausdruck der Erwägungen des Gesetzgebers wiedergebenen (umfassender Abdruck auch in DRiZ 1951 S. 180ff.): „Ich habe über den Abschnitt . S t a a t s g e f ä h r d u n g ' , der zwischen den Abschnitten ,Hoch v e r r a t ' u n d .Landesverrat' steht, zu berichten. Hier war etwas Neues zu schaffen, weil die Erfahrungen der jüngsten deutschen Geschichte und die Staatsumwälzungen in den Satellitenstaaten gezeigt haben, daß das Begehungsmittel zu dem Verbrechen, die demokratische Grundordnung zu beseitigen, heute nicht mehr unbedingt die Gewalt und die Drohung mit der Gewalt sein muß. Wie in den äußeren Beziehungen der Staaten h a t sich neben dem Heißen Krieg der K a l t e K r i e g a u c h i m I n n e r n entwickelt. Die Kernfrage, die sich ein demokratisches Staatswesen dabei vorzulegen h a t , wenn es den kalten Krieg mit strafrechtlichen Mitteln bekämpfen will, die Frage nämlich, ob man zur V e r t e i d i g u n g d e r d e m o k r a t i s c h e n F r e i h e i t e n diese demokratischen Freiheiten einschränken und teilweise außer K r a f t setzen darf, ist bereits vom Gesetzgeber des Grundgesetzes bejaht worden. Die Mitglieder des Parlamentarischen R a t s waren sich darüber klar, daß das demokratische Staatswesen es sich nicht leisten kann, seine freiheitlichen Grundsätze so weit zu treiben, daß diese Freiheiten straflos dazu benutzt werden dürfen, den Umsturz vorzubereiten. An vielen Stellen des Grundgesetzes kommt diese Grundauffassung klar zum Durchbruch, und an diese Grundauffassung fühlte sich der Rechtsausschuß von Anfang an gebunden. E r hat sie auch von Anfang an geteilt. Aber es tauchte sofort die Frage auf, wie die Aufgabe rechtstechnisch zu bewältigen sei, die radikalen Umsturzpläne und ihre neuzeitlichen Methoden t a t bestandsmäßig zu umschreiben, um an diese Tatbestände die Strafdrohung zu knüpfen . . , Der Ausweg, der gefunden worden ist, l ä u f t im wesentlichen darauf hinaus, daß der Einzelne, der einen Beitrag zu dieser revolutionären Entwicklung liefert, dann wegen eines Deliktes der Staatsgefährdung bestraft wird, wenn er diesen Beitrag in der Absicht liefert, die Staatsumwälzung herbeizuführen. Der subjektive Tatbestand spielt bei diesen Straftatbeständen eine hervorragende Rolle; aber ohne die Einschaltung dieser subjektiven Elemente wäre die dem Gesetzgeber gestellte Aufgabe überhaupt unlösbar gewesen. Dabei war sich der Ausschuß völlig darüber einig, daß diese v e r b r e c h e r i s c h e A b s i c h t wirklich das tragende Motiv f ü r die Handlungsweise des Täters sein müsse und daß hier das Bewußtsein, daß sein aus anderen Motiven geführter politischer Kampf unter Umständen eine Staatsgefährdung zur Folge haben könne oder müsse, keinesfalls zur Bestrafung ausreiche. . . Diese Bedeutung der staatsfeindlichen Absicht ist auch das rechtstechnische Mittel, um die Staatsfeinde von der v e r f a s s u n g s m ä ß i g e n O p p o s i t i o n abzugrenzen. Endlich ist daraufhinzuweisen, daß die Situation der Gegenwart H o c h v e r r a t u n d L a n d e s v e r r a t in stärkerer Weise zusammengeführt hat, als dies noch vor 30 oder 40 Jahren vorstellbar gewesen wäre. Innenpolitik und Außenpolitik sind in ihren Zielsetzungen einander näher gerückt als je. Wenn wir z. B. f ü r Deutschland die Einheit in Freiheit anstreben, so ist in dieser Verbindung des außenpolitischen Ziels mit innenpolitischen Forderungen die gleiche Tendenz zu spüren^ wie wenn der Umsturz nicht nur auf eine Abschaffung der demokratischen Freiheit, sondern auch auf die Herstellung einer Botmäßigkeit des deutschen Staates gegenüber einer fremden Macht gerichtet ist. Demgemäß finden Sie unter dem Begriff der Staatsgefährdung sowohl den Angriff auf den Bestand der Bundesrepublik als auch den Angriff auf ihre verfassungsmäßige Ordnung."

Staatsgefährdung. Vorbemerkungen

271

Kritisch zu den Grundgedanken dieses Abschnitts und seinen praktischen Auswirkungen äußert sich das in JZ 51, 659 wiedergegebene Votum des Rechtsausschusses des Bundesrats (Berichterstatter Küster). Es hebt hervor: Die abstrakte Fassung der Tatbestände bedrohe Freund und Feind des Rechtsstaates gleichermaßen; sie erfasse auch Modifikationen der Verfassung etwa nach dem Muster der Schweiz oder der USA. Andererseits lasse sie die Möglichkeit zu, unter formaler Aufrechterhaltung der in § 88 aufgezählten Rechte und Rechtseinrichtungen durch Einschüchterung Terror auszuüben. Das zentrale Aushöhlungsmittel, das Erregen von Furcht, sei nicht erfaßt. Die Verschiedenheit der Schutzobjekte: verfassungsmäßige Ordnung, Bestand der Bundesrepublik und einzelne ihrer Verfassungsgrundsätze, führe zu bedenklichen Lücken. Richtiger sei eine Erweiterung der Hochverratsbestimmungen, für die ein konkreter Gesetzesvorschlag gemacht wird. Hierzu und insbes. gegen die Erfassung des gewaltlosen Terrors durch eine Generalbestimmung Schafheutie JZ 51, 620. II. System: Grundsätzlich zu den Tatbeständen dieses Abschnittes BGHSt. 7 226: ihr Zweck ist, Zersetzungsversuche zu bekämpfen, gewaltlose, schleichende im Gegensatz zu den gewaltsamen Umsturzversuchen des 1. Abschnitts (daher auch keine Beschränkung auf b e s t i m m t e Unternehmen wie in § 81). Hier liegt in der Tat der entscheidende Gegensatz zu den klassischen Hochverratsdelikten, nicht in der überzüchteten Unterscheidung zwischen den Schutzgütern der verfassungsmäßigen Ordnung in § 80 einerseits, § 90 a andererseits, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und den Verfassungsgrundsätzen des § 88, um die sich BGH a. a. 0. S. 227 bemühen muß. Erst recht nicht in den immer neuen Variationen der „Absicht" und der „Bestrebungen" (§§ 90, 92, 94, anders § 90a, wieder anders § 91, abermals anders § 93 und nochmals anders §§ 95 — 97, insgesamt anders als hochverräterische Absichten und Bestrebungen). Die Fülle der Absichtsdelikte in diesem Abschnitt entspringt dem erklärten Willen des Gesetzgebers (s. o.), damit rechtstechnisch Umsturzbestrebungen von solchen legaler Opposition zu scheiden. Sie geben diesem Abschnitt das Gepräge (wenn auch zu ihnen nicht die Fälle o b j e k t i v gefährlicher Handlungstendenzen wie in §§ 90a, 93 gerechnet werden dürfen, vgl. § 88 Anm. I 2). Angesichts dessen ist die Überschrift „Staatsgefährdimg", die auch die übliche Auffassung der Einzeldelikte im Schrifttum beeinflußt hat, irreführend. Sie deutet auf einen Gegensatz Verletzung-—Gefährdung (etwa zwischen Abschnitt 1 und 2) hin, der gar nicht besteht, vor allem aber auf ein dem Gefährdungsbegriff eigenes objektives Element, das gerade hier wie nirgend sonst zurückgedrängt ist. Die §§ 90, 90a, 91, selbst 92 sind ganz oder überwiegend „an sich strafrechtlich neutral" (Schneidewin JR 54, 241) und gewinnen ihre Relevanz überhaupt oder wie § 94 ihr spezifisch staatsdeliktisches Gepräge erst durch die s t a a t s f e i n d l i c h e Absicht. Dabei betont die Rspr. mit vollem Recht, daß diese feindliche Absicht keine s t a a t s g e f ä h r d e n d e zu sein braucht: Eignung der Handlung, den Bestand des Staates zu erschüttern, wird nirgends verlangt. Auf der anderen Seite enthält der Abschnitt „Landesverrat" heute außer wenigen Verrats- und Absichtsdelikten (§§100, lOOd, lOOf) vorwiegend konkrete oder auch abstrakte Staatsgefährdungsdelikte, die weder Verratsvorsatz noch staatsfeindliche Absicht voraussetzen, insbes. §§ 100a, 100b, 100c Abs. 1, 100c Abs. 2, lOOe. Aus dem Hochverratsabschnitt gehören hierher § 83 Abs. 1 und der wichtige § 84, der Sache nach aber auch die Erstreckung von Einziehung und Unbrauchbarmachung auf alle objektiv gefährlichen Gegenstände in § 86. Zudem be-

Staatsgefährdung § 88

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stätigt die Praxis jeden Tag aufs neue, was schon der Gesetzgeber klar erkannte (s. o.): daß Hoch- und Landesverrat heute wie noch nie zusammengewachsen sind. Das gilt ganz besonders auch für die primär nach innen gerichteten Tatbestände des 2. Abschnitts und die primär nach außen gerichteten Staatsgefährdungstatbestände des 3. Abschnitts. Der entscheidende sachliche und systematische Gegensatz ist nach alledem der zwischen objektiv betonten, oft nur fahrlässigen oder vorsätzlich-fahrlässigen Gefährdungsdelikten einerseits, subjektiv betonten, durch Umsturz- oder Verratsabsicht gekennzeichneten Angriffsdelikten andererseits. Dieser Gegensatz zieht sich quer durch alle drei Abschnitte, aber mit genau umgekehrter Betonung als es die Überschriften erwarten lassen: der Abschnitt „ S t a a t s g e f ä h r d u n g " ist die Domäne der durch Umsturzabsicht gekennzeichneten Delikte, der Abschnitt „Land e s v e r r a t " die Domäne der S t a a t s g e f ä h r d u n g e n ohne staatsfeindliche Absicht. Die Divergenz erklärt sich daraus, daß der Gesetzgeber 1951 auf den überkommenen Grundlagen aufbauen mußte, diese aber durch das heutige politische Weltbild und die Entwicklung der Umsturzmethoden im Begriff sind, grundstürzender Wandlung unterworfen zu werden.

Begriffsbestimmungen § 8 8 (1) I m Sinne dieses Abschnitts Ist eine Handlung auf die Beeinträchtigung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland gerichtet, trenn sie darauf hinzielt, die Bundesrepublik Deutschland ganz oder teilweise unter fremde B o t mäßigkeit zu bringen, ihre Selbständigkeit sonst zu beseitigen oder einen Teil des Bundesgebietes loszulösen. Als Beeinträchtigung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland im Sinne dieses Abschnitts gilt nicht die Teilnahme an einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung, auf die die Bundesrepublik Deutschland Hoheitsrechte überträgt oder zu deren Gunsten sie Hoheitsrechte beschränkt. (2) Verfassungsgrundsätze im Sinne dieses Abschnitts sind 1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, 3. das Recht auf die verfassungsmäßige Bildung und Ausübung parlamentarischen Opposition, 4. die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung, 5. die Unabhängigkeit der Gerichte, 6. der Ausschluß Jeder Gewalt- und Willkürherrschaft.

einer

Staatsgefährdung § 88

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1. Zu Abs. 1: 1. Staatsgefährdende Handlung. Der Gegenstand dieser Legaldefinition entspricht dem des Gebietshochverrats des § 80 Nr. 2. „Im Sinne dieses Abschnitts" ist jedoch nach dem in Vorbem. II vor § 88 Ausgeführten nicht völlig gleichbedeutend mit „im Sinne der Hochverratsbestimmungen". Während beim Verfassungshochverrat der Schutz gegen Gewalt oder Drohung mit Gewalt i. S. der §§ 80ff. umfassender ist, wie die Kasuistik des § 88 Abs. 2 im Vergleich mit § 80 Nr. 1 zeigt, findet sich in § 80 Nr. 2 nichts, was den Handlungen entspricht, die i. S. des § 88 darauf hinzielen, die Bundesrepublik Deutschland ganz oder teilweise unter f r e m d e B o t m ä ß i g k e i t zu bringen. Der Schutz gegen die gewaltlose Revolution geht also hier weiter. Zum mindesten ist es zweifelhaft, ob der gewaltsame Versuch, das Bundesgebiet in einen Satellitenstaat zu verwandeln, als Versuch der Einverleibung i. S. des § 80 Nr. 2 angesehen werden kann. v. Weber, der (MDR 51, 521) diese Unstimmigkeit feststellt, meint, daß der Gesetzgeber statt des von ihm gewählten Weges den § 80 Nr. 2 hätte erweitern sollen. In der Tat sollte jene Lücke schleunigst ausgefüllt werden. Aber keinesfalls dürfte darum der Schutz gegen Staatsgefährdung wieder eingeschränkt werden. Denn gerade mit der „gewaltlosen" Errichtung eines Satellitenstaates hat der Gesetzgeber die Hauptgefahr dieses Bereichs erfaßt. 2. Die Handlung muß auf die Beeinträchtigung des Bestandes der BR hinzielen, ihr muß objektiv diese Tendenz innewohnen, sie muß eine Gefährdung nach dieser Richtung bedeuten, sie muß hierauf gerichtet sein. Das ist n i c h t gleichbedeutend mit den s u b j e k t i v e n A b s i c h t e n der Handelnden, denen gerade im politischen Bereich das Gesetz des Handelns etwa durch die Eigenkraft ausgelöster Massenbewegungen leicht aus der Hand gleiten kann. Zu dem Gegensatz von objektiver und subjektiver Finalität vgl. grundsätzlich Engisch Festg. f. Kohlrausch 1944 S. 141 ff., 163: „objektive Bezweckbarkeit", 179: „die typischen Zwecke und Bezweckbarkeiten und nicht die tatsächlichen persönlichen Zwecke . . . . bestimmen den Handlungsbegriff", früher schon v. Lilienthal ZStW 20, 440ff.: „der der Handlung innewohnende reale Zweck", ebenso Sauer, Grundlagen 346/47: „die Handlung ist objektiv auszulegen; der ihr immanente Zweck ist zu erforschen", zustimmend Eb. Schmidt ZStW 49, 393, 397; vgl. weiter JZ 53, 11 zu Anm. 17 u. 18; im gleichen Sinne Wegner Allg. T. S. 121. Diese gerade hier u. U. höchst realen Gegensätze zwischen subjektiven Absichten und objektiven Handlungsrichtungen verkennt z. B. auch der Berichterstatter des BT (vgl. oben Vorbem. vor § 88), wenn er die Absicht im engsten Sinne des „tragenden Motivs" ganz allgemein als unrechtsbegründenden Faktor der Staatsgefährdung (im Gegensatz zur legalen Opposition) hinstellt. Demgegenüber ist der Wortlaut des Gesetzes klar objektiv gefaßt, wie denn auch „Staatsgefährdung" gar nicht anders verstanden werden kann. Dieser Wille des Gesetzes ist maßgebend. Die Absicht als Motiv ist zwar überdies in den meisten Fällen dieses Abschn. erfordert. Aber z. B. n i c h t beim Verfassungsverrat des § 89, wie Schneidewin J R 54, 241 ff. gegen LK Anm. 5 trefflich nachweist. Gegen S a t z 2 hat die kritische Stellungnahme des BRAusschusses (JZ 51, 659) eingewandt, er hebe den Begriff der Beeinträchtigung des Bestandes auf, da sich jede derartige Unternehmung als B e t e i l i g u n g D e u t s c h l a n d s a n z w i s c h e n s t a a t l i c h e n E i n r i c h t u n g e n tarnen werde. Indessen ist auch dies verboten, wenn es mit den Mitteln etwa des § 89 (des Mißbrauchs oder der Anmaßung von Hoheitsbefugnissen) oder des § 92 usw. geschieht. Außerdem ließe sich gegebenen18

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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Staatsgefährdung § 88

falls wohl leicht feststellen, ob die gemäß Art. 24,59GG allein berufenen Organe einschließlich der verfassungsmäßigen Opposition einem solchen Unternehmen fernstehen oder nicht. Aus der Rspr.: Die „Volksbefragung gegen die Remilitarisierung" ist Angriff gegen die verfassungsmäßige Ordnung: Schleswig Sehl HA 53 56. — Die Bestrebungen der SED und der sowjetischen Regierung sind darauf gerichtet, die BR in den Herrschaftsbereich des Kommunismus einzugliedern und die in ihr geltende Staatsform völlig umzukehren: LG Bamberg NJW 63 675 (Leitsatz). II. Zu Abs. 2: Schutzgüter. Der Berichterstatter des Bundestages hat den hier umrissenen Schutzbereich dahin präzisiert, daß Ziff. 1 den V o l k s s t a a t , Ziffern 2 und 5 den R e c h t s s t a a t sicherten (ausdrücklich anders insoweit aber BGHSt. 7 227), während die Ziffern 3 und 4 den Schutz des P a r l a m e n t s bezweckten. Im einzelnen muß für die Absichten des Gesetzgebers und die Auslegung der hier verwendeten Begriffe, die dem GG entlehnt sind, auf die verfassungsrechtliche Literatur verwiesen werden. Für die Motive des Gesetzgebers vgl. insbes. die Auseinandersetzung zwischen dem Votum des Rechtsausschusses des BR und den Referenten des BJustMin. (JZ 51, 659 und 609ff.). S. ferner noch Schneider JZ 51, 660 sowie oben die Vorbem. vor § 88. An Stelle der Ziff. 6 war noch in zweiter Lesung als dritter Absatz des § 88 vorgesehen: der Schutz der Grundrechte gegen eine Beeinträchtigung durch Gewalt, durch Erregung von Schrecken oder durch Einschüchterung mit ungesetzlichen Maßnahmen und der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft. Nur der letzte Teil hiervon ist als Ziff. 6 des Abs. 2 erhalten geblieben. Die Streichung des Restes wurde damit begründet, daß der Schutz der Grundrechte schon durch Ziff. 2 gewährleistet sei (so Dr. Wahl), aber auch damit, daß er zu einer uferlosen Ausdehnung des strafrechtlichen Schutzes auch zugunsten von Personen führen würde, die die Grundrechte mißbrauchen (so der Abg. Dr. Arndt in der 160. Sitzung; vgl. auch Schafheutie S. 620). Auch den Begriff der Gewalt- und Willkürherrschaft wollte Arndt a. a. O. im engen und strengen Sinne so verstanden wissen, wie er von der Rechtsprechung des OGHBrZ entwickelt worden sei; es müsse sich also um das handeln, was man kurz gesagt als das Regime der Konzentrationslager bezeichnen könne. Die Gerichte hätten ausschließlich rechtlich zu prüfen, ob der Täter eine Unordnung anstrebe, in der die Unmenschlichkeit zum System und zur Struktur gehöre. Vgl. jetzt BGHSt. 8 163. Kritisch über die Brauchbarkeit dieses Begriffs Küster JZ 51, 659: „Eselsbrücke". — Der Berichterstatter des Bundestages wies daraufhin, daß der Begriff deshalb aufgenommen worden sei, weil bei einem primitiven Anhänger einer Umsturzbewegung vielleicht nicht der Nachweis gelinge, daß einer der im zweiten Abs. genannten Verfassungsgrundsätze von ihm erfaßt und bekämpft werde; er habe aber das Bewußtsein, das jetzige System ablösen zu helfen und an der Aufrichtung einer Staatsform mitzuwirken, in der die rechtsstaatlichen Garantien abgeschafft und durch die Willkürentscheidungen sogenannter starker Männer ersetzt würden. Übereinstimmend Schafheutie JZ 51, 614. — Vgl. auch Anm. zu § 234 a.

S t a a t s g e f ä h r d u n g § 89 Verfassungsverrat

und Vorbereitung

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dazu § 8 9

(1) Wer es unternimmt, durch Mißbrauch oder A n m a ß u n g von Hoheitsbefugnissen 1. den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder 2. einen der in § 88 bezeichneten Yerfassungsgrundsätze zu beseitigen oder a u er Geltung zu setzen, wird wegen Verfassungsverrats mit Zuchthaus bestraft. In besonders schweren Fällen k a n n auf lebenslanges Zuchthaus erkannt werden. (2) Wer ein bestimmtes Unternehmen des Verfassungsverrats vorbereitet, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so k a n n auf Gefängnis nicht unter sechs Monaten erkannt werden. ( 3 ) Die Vorschrift des § 82 über die tätige Reue gilt entsprechend. I. Den Staatsstreich von oben will nach dem Ausdruck des Berichterstatters des BT, D r . Wahl, der § 89 pönalisieren. Das t r i f f t freilich im strengen Sinne n u r auf den M i ß b r a u c h bestehender, nicht auf die A n m a ß u n g nicht bestehender Hoheitsbefugnisse zu. II. Zu „Mißbrauch" vgl. § 266; auch §§ 174, 175, 175a, 176, 177 StGB. III. Zu „Anmaßung" vgl. § 132 S t G B m i t Anm. IV. Hoheitsbefugnisse stehen im Gegensatz zu rein fiskalischen Tätigkeiten. D e r Personenkreis ist nicht auf Regierungsmitglieder beschränkt. V. Beseitigung der Verfassungsgrundsätze des § 88 I I bedeutet ihre f o r m e l l e Abschaffung. VI. Außer Geltung gesetzt sind die Grundsätze des § 88 I I , wenn ihre Anwend u n g f a k t i s c h unmöglich gemacht wird. Einzelverletzung eines dieser Sätze „beseitigt" ihn weder noch „ s e t z t " sie ihn „außer Geltung". Der Bestand im ganzen m u ß angetastet sein. VII. Vorsatz. Dol. ev. genügt. Zu Unrecht fordert L K Anm. 7 auch hier Absicht im technischen Sinn. Dagegen z u t r . Schneidewin J R 51,241. Näheres oben § 88 Anm. 1 2 . VIII. Besonders schwere Fälle. An nicht weniger als neun Stellen verwendet die Novelle diesen Begriff (§§ 89, 90, 90a, 91, 92, lOOd, 129, 316a, 317), stets — m i t A u s n a h m e einer Gleichstellung m i t R ä d e l s f ü h r e r n oder H i n t e r m ä n n e r n in § 129 — Undefiniert. D a m i t wird das praktische Schwergewicht der Entscheidung ü b e r generelle Wertungsfragen bei allen diesen Fällen in einer m i t Rechtssicherheit, Rechtsbestimmtheit u n d Gewaltenteilung schwer vereinbaren Weise v o m Gesetzgeber auf den Richter überwälzt, noch dazu m i t Kannklausel. Die Novelle läßt es offen, ob sie diese Fälle als völlig u n b e n a n n t e gemeint h a t oder ob sie mit ihnen auf die allgemeine Formel der E n t w ü r f e vor 1933, z. B. § 77 E n t w . 1927 u n d 1930, oder aber auf die Formel der §§ 263 I V , 266 I I Fassg. v. 1933 zurückgreifen will. I m ersten Fall h ä t t e der Richter, der sich durch die Neufassung des § 267 I I I S t P O schärfer als f r ü h e r vor das Problem der Strafzumessung gestellt sieht, ü b e r h a u p t keinen Anhalt. I m zweiten Falle h ä t t e er d e n bes. schw. Fall n u r anzunehmen, wenn „ d e r verbrecherische Wille des Täters ungewöhnlich 18*

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stark und verwerflich u n d die Tat wegen der besonderen Umstände ihrer Begehung oder wegen ihrer verschuldeten Folgen besonders strafwürdig ist". Im drittenhätte er wiederum Ermessensfreiheit, jedoch gesetzliche Beispiele, nach denen es genügt, daß entweder die Tat objektiv besonders folgenschwer war o d e r der Täter subjektiv besonders arglistig gehandelt hat. Hinter diesen Fragen steht zunächst die weitere, ob es sich um tatbestandliche Qualifizierungs- oder um bloße Strafzumessungsgründe handelt, und die jeweils danach verschiedene systematische und praktische Bedeutung dieser Fallgruppe. Vgl. E 69 169 sowie — zur Schuldfrage — E 68 391, dazu BGHSt 2 181, 393, auch f ü r die Frage, ob sich bei Wechsel der Strafart in bes. schw. Fällen die Qualifikation als Vergehen ändert (neuerdings praktisch f ü r §§ 90, 90a, 91, lOOd, 129). Schließlich das zukünftig auch hier bedeutsame Problem der Revisibilität; auch darüber E 69 169, 68 391. Vgl. zu alledem Syst. Vorbem. I I C, § 1 Anm. II, V, VI und die zu § 1 angeführte Lit. sowie unten § 94 mit Anm. Der einzige Anhalt in den Motiven findet sich S. 31 der Amtl. Begr. des RegEntw.: der bes. schwere Fall ändere nichts an der Zugehörigkeit der Straftat zur Gruppe der Vergehen. Das entspricht der ausdrücklichen Regel des § 11 Abs. 3 Entw. 1927 und 1930. Diese, aber auch die Formel des §77 (s. oben), sind in derTat als maßgeblich der Auslegung zugrunde zu legen; nähere Begr. hierfür in MDR 48, 310ff. Als das Bewußtsein, daß man mit den Auflockerungen der Tatbestände auch die Rückbindungen an den Allg. Teil aus den Entwürfen mitübernommen habe, noch nicht verblaßt war, hat Frank zu § 210a, der ersten Bestimmung des StGB, die einen „besonders schweren Fall" vorsah, ohne weiteres an jene Formel angeknüpft. Angesichts der außerordentlichen praktischen Bedeutung der Frage (z. B. für §§ 20 a, 43, 49, 49 a, 138, 257 StGB, §§ 112, 153, 266 StPO) sollte sie bei der in Aussicht genommenen Bereinigung des StGB geregelt werden. IX. Betr. bestimmtes Unternehmen vgl. § 81 Anm. II. X. Betr. tätige Reue (der Ausdruck des Gesetzes ist nach verschiedenen Richtungen zu eng) vgl. Anm zu § 82. Staatsfeindliche

Sabotage

§90 (1) Wer in der Absicht, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben oder eine solche Bestrebung zu iördern, 1. eine Eisenbahn, die Post oder dem öffentlichen Verkehr dienende Unternehmen oder Anlagen, 2. eine öffentlichen Zwecken dienende Fernmeldeanlage, 3. eine der öffentlichen Versorgung mit Wasser, Licht, Wärme oder Kraft dienende Anlage oder einen für die Versorgung der Bevölkerung lebenswichtigen Betrieb oder 4. der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienende Dienststellen, Einrichtungen, Anlagen oder Gegenstände

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durch Aussperrung, Streik, Störmaßnahmen oder sonstige Handlungen, die nicht nach den §§ 816b, 817 strafbar sind, ganz oder teilweise außer Tätigkeit setzt oder den bestimmungsmäßigen Zwecken entzieht, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Die Vorschriften des § 49 a über die Bestrafung der erfolglosen Anstiftung und anderer Vorbereitungshandlungen bei Verbrechen gelten entsprechend. (4) In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden. (5) Bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Beteiligung an einer solchen Tat von untergeordneter Bedeutung ist, kann von Strafe abgesehen werden. I. Die Absicht, sich gegen den Bestand der Bundesrepublik oder gegen die Verfassungsgrundsätze des § 88 Abs. 2 zu wenden, wird in den Motiven selbst als ein „subjektives Unrechtselement" gekennzeichnet. Bei allen Bedenken gegen eine weitgehende theoretische Festlegung durch den Gesetzgeber selbst (vgl. namentlich auch § 100 Abs. 3) wird man in der Sache dieser Begriffsdeutung zu folgen haben. Das schließt die weitere Funktion dieser Absicht als spezifisches Schuldmoment nicht aus. Der bedingte Vorsatz reicht bei diesen Fällen insoweit nicht aus. Vgl. hierzu die Vorbem. vor diesem Abschnitt, dort insbes. Wahl und Schafheutie a. a. O., aber auch § 88 Anm. 12. Betr. beseitigen vgl. § 89 Anm. V, betr. „außer Geltung setzen" § 89 Anm. VI, betr. „untergraben" BGHSt. 4 291: jede Tätigkeit, die auf Beseitigung, Änderung oder Erschütterung einesZustandes gerichtet ist (Bedenken bei v.Weber JZ 54,198). Die Mittel können an sich gesetzmäßig sein, RG JW1924 1777 Nr. 6. Betr. „fördern" vgl. zwei Absätze tiefer. Wie hier ist auch in den übrigen Tatbeständen dieses Abschnitts erforderlich, daß sich die Absicht des Täters gegen die in § 88 definierten s p e z i e l l e n S c h u t z o b j e k t e richtet. Nur in den §§ 90a und 96 Abs. 1, 2 genügt der a l l g e m e i n e h o c h v e r r ä t e r i s c h e Vorsatz, und zwar einschließlich des dolus eventualis, daß sich die Tätigkeit der Vereinigung (§ 90 a) bzw. die beschimpfende Äußerung (§96) gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet. Die Kritik von Küster J Z 51, 659, daß — von diesen beiden Fällen abgesehen — die „Aktivisten der Verängstigung" noch nicht bestraft werden können, wenn ihnen die Absicht nachgewiesen wird, die verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, besteht daher begrifflich zu Recht. Praktisch wird sich aber wohl kaum ein strafwürdiger Fall denken lassen, in dem die Absicht nicht auch speziell gegen die Schutzgüter des § 88 Abs. 1 und 2 gerichtet wäre — ganz abgesehen davon, daß dieser Strafschutz in dem praktisch wichtigsten Fall, wie zu § 88 I Anm. I gezeigt, sogar über den des Gebietshochverrats hinausgeht und sich ferner nicht auf die Abwehr der Vorbereitung eines b e s t i m m t e n hochverräterischen Unternehmens beschränkt (vgl. Schafheutie S. 618). Dagegen könnte die Gleichstellung der „Absicht, eine solche Bestrebung zu fördern" mit dem Hauptfall zu dem folgenschweren Mißverständnis Veranlassung geben, als enthielte sie eine Sonderregelung der Beihilfe und damit den Ausschluß des § 49 StGB für diese Fälle. Damit würde der angestrebte Strafschutz praktisch vereitelt.

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Staatsgefährdung § 90

Denn für den Gehilfen der in § 90 bezeichneten Handlungen wird sehr häufig nicht die Verwirklichung des politischen Zieles „tragendes Motiv" sein, sondern etwa persönliche Rachsucht, die Aussicht auf eine Bestechungssumme oder dgl. — kurz alles, was unter den Begriff des absichtslosen dolosen Werkzeugs fällt (Vorbem. I B 2 d vor § 47 und Anm. I I I 2 c zu § 242). Wer sich in finanziellen Schwierigkeiten oder in den Händen von Erpressern weiß, wird zu solchen Handlungen u. U. sogar dann beitragen, wenn er ihre politischen Ziele für seine Person schärfstens ablehnt. Bedingter Vorsatz einer solchen Förderung muß nach allgemeinen Vorschriften genügen. Selbst bei Anstiftungsfällen kann es so liegen. Die hier behandelte Stelle läßt die Bestrafung des absichtslosen dolosen Teilnehmers nach §§ 48, 49 unberührt. Sie hat nur den Sinn, im Strafmaß diejenigen „Hauptgehilfen" dem Täter gleichzustellen, die sich die politische Absicht zu eigen gemacht haben, innerhalb der sie tragenden Gruppe aber sich anderen unterordnen. Diese umfassen danach den sozialen Sinn der Gesamtaktion mit ihrem Wissen und Wollen aufs Intensivste, beschränken sich aber final in ihrer Tatherrschaft selbst. I I . Die Handlung besteht in der Lahmlegung der in den Ziffern 1 — 4 gekennzeichneten lebenswichtigen Betriebe (über deren Begriff vgl. Anm. zu § 316 b) durch Aussperrung, Streik, Störmaßnahmen oder sonstige nicht schon durch die neuen Sabotagebestimmungen der §§ 316 b, 317 erfaßten Verhaltensweisen. „Handlung" ist gerade hier unter Einschluß pflichtwidriger Unterlassung zu verstehen. Das Verhalten muß von der zu I gekennzeichneten Absicht oder — bei Teilnahme — von dem Bewußtsein der Förderung solcher Absicht getragen sein. Über das Verhältnis zu §§ 316b, 317 vgl. dort. I I I . Erfolglose Teilnahme an dem Vergehen des Abs. 1 wird — wie sonst nur bei Verbrechen — bestraft. Hierauf, nicht auf eine Sonderregelung der Teilnahme als solcher, bezieht sich das „entsprechend" des Abs. 3. Vgl. Anm. I . Mit der Wendung „erfolglose Anstiftung oder andere Vorbereitungshandlungen" entscheidet der auch sonst theoretisch bekenntnisfreudige Gesetzgeber eine alte, auch unter der Neufassung des § 49 a nicht ganz erledigte Streitfrage im Sinne der herrschenden Lehre (vgl. § 49 a Anm. I I ) gegen Binding und Liszt, die selbständige Delikte annahmen. Über die zahlreichen praktischen Folgen der Streitfrage vgl. Frank § 4 9 a (a. F . ) Anm. I . — Die doppelte Legaldefinition der Handlung des § 4 9 a Abs. 1 durch § 90 Abs. 3 als 1) e r f o l g l o s e A. und 2) V o r b e r e i t u n g s handlung schließt 1) aus, auch noch den Mangel am Tatbestand unter § 49 a zu ziehen (so aber BGH) und zeigt 2) die Verletzung des sachlichen Gleichheitssatzes (Art. 2 GG). Näheres § 4 9 a Anm. I I , § 159 Anm. I I . Ungeachtet der Definition zu 2) erklärt B G H S t . 6 389, der versuchten Anstiftung gem. § 49 a komme das rechtliche Gewicht eines V e r s u c h s des Verbrechens zu. Zu den rechtspolitischen Bedenken gegen § 49 a vgl. ferner Schwarz N J W 50, 124. IV. Besonders schwere Fälle: Vgl. § 89 Anm. V I I I . V. Absehen von Strafe bei objektiv und subjektiv besonders leichten Fällen ist fakultiv vorgesehen. Da die T a t ohnehin nur Vergehen ist, fragt man sich vergeblich, weshalb es über § 153 StPO hinaus gerade hier einer solchen Bestimmung bedurfte. Sie schwächt die an dieser Stelle so wichtige generalpräventive Wirkung des Gesetzes empfindlich ab. Und sie erschwert die ohnehin fast unmögliche Grenzziehung zu den mildernden Umständen, den minder schweren Fällen (darüber oben

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§ 1 Anm. VI 5) und den besonders leichten Fällen (§ 175 StGB; § 76 Entw. 1927 und 1930) noch mehr. Auch kriminalpolitisch — etwa als Anreiz, den eigenen Tatbeitrag klein zu halten — ist die Vorschrift nicht angebracht. Die Bezugnahme des Abs. 3 auf § 49 a schafft ohnehin schon eine über § 82 hinausgehende Prämie für den Schwankenden. — Vgl. oben § 82 Anm. VI zum systematischen Ort des A. v. Str. VI. Prozessual vgl. den neuen § 153 a StPO.

Verfassungsfeindliche Vereinigungen

§ 90 a (1) Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, oder wer die Bestrebungen einer solchen Vereinigung als Bädeisführer oder Hintermann fördert, wird mit Gefängnis bestraft. (2) In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden. Daneben kann Polizeiaufsicht zugelassen werden. (8) Ist die Vereinigung eine politische Partei im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes, so darf die Tat erst verfolgt werden, nachdem das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, daß die Partei verfassungswidrig ist. I. Schutzobjekt ist hier, im Kerntatbestand dieses Abschnitts (BGHSt. 7 226), und in § 96 Nr. 1, anders als bei den übrigen Delikten des Abschnitts, die verfassungsmäßige Ordnung als Ganzes. Vgl. § 90 Anm. I, Vorbem. vor § 88 und Anm. zu § 88, ferner Ruhrmann NJW 54, 1512, Hennke GA 1954, 140, Lüttger GA 1958, 181 ff. und 225ff. Grundsätzlich BGHSt. 7 226ff., 9 286 (auch zur Entstehungsgeschichte; vgl. schon Vorbem. vor § 88 a. E.). Danach ist verf. Ordnung gleich der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Art. 18, 21 GG. Der Strafschutz des § 90 a ist gegenüber dem des § 80 wesentlich eingeschränkt, geht aber andererseits über die Grundsätze des § 88 Abs. 2 hinaus. — Daß durch BVerfG eine Partei gem. Art. 21 I I GG f ü r verfassungswidrig erklärt wird, erübrigt f ü r § 90 a nicht die Feststellung der Tatsachen, aus denen sich dies ergibt: BGHSt. 7 104. — Weiteres Schutzobjekt ist der Gedanke der Völkerverständigung. Die Bestimmung zieht die strafrechtliche Folgerung aus Art. 9 Abs. 2 GG, der bisher eine lex imperfecta war. Dieser Zusammenhang und insbesondere die Klausel des Abs. 3 wird dem Gericht die oben in Vorbem. I vor § 88 als Möglichkeit erörterte Kollision mit Entscheidungen der obersten Gerichte außerhalb der Strafjustiz ersparen. Die Organisation legaler Reformtendenzen wird nicht erfaßt: Schafheutle S 619. Eingehend Abg. Wahl, 160. Sitzg. Drucks, des BT, S. 6483 f. II. Täter sind nur Gründer, Rädelsführer und Hintermänner. BGHSt. 7 223. 1. Gründer ist, wer bei dem ursprünglichen Gründungsakt führend und richtungweisend mitgewirkt hat: BGH NJW 54 1254. 2. Rädeisführer: vgl. unten § 115 Anm. VI und E 60 331. BGHSt. 6 130 (wie OGHSt. 1 289): wer auf eine nicht ganz unwesentliche Zahl von Angehörigen oder Freunden der Vereinigung einen bestimmenden Einfluß ausübt oder sich sonst in

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besonders maßgebender Weise f ü r sie betätigt. Einsatz, nicht nur Funktionärsstellung erforderlich (betr. Kreissekretär der P D J ) . Vgl. aber auch BGHSt. 8 102, Celle NdsRpfl. 52 120 betr. FDJ-Funktionäre und -Mitglieder. Ferner BGHSt. 7 279 (unten zu 3). 3. Der Hintermann ist im Gegensatz zum Rädelsführer nicht Mitglied der Vereinigung, trägt aber geistig oder wirtschaftlich Wesentliches zu ihrer Tätigkeit bei. I m Gegensatz zum Gründer steht er hinter der schon bestehenden Vereinigung. Vgl. Amtl. Begr. zum RegEntw. S. 43 (dort f ü r § 129 des Entw.). BGHSt. 7 279: ala Rädelsführer oder Hintermann ist strafbar, wer die Vereinigung in Kenntnis ihrer verfassungsfeindlichen Zwecksetzung oder Tätigkeit wesentlich fördert. Diese vorwiegend negative Begriffsbestimmung gibt zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von der Teilnahme Anlaß, wie v. Weber MDR 51, 521 bemerkt. Vgl. auch die ähnlichen Fragen bei der „Förderungsabsicht" des § 90 und dort Anm. I . HI. Vereinigung. Dieser Ausdruck ist hier und in dem sachlich benachbarten, § 129 n. F., nicht aber in § 49b und § 128, an die Stelle der „Verbindung" getreten, an der noch die Fassung des RegEntw. 1950 festgehalten hatte. Nach der Amtl. Begr. zum Entw. S. 43 scheint hier nur der Schweizer Sprachgebrauch abgefärbt zu haben (Art. 275 t e r ), ohne daß eine sachliche Änderung beabsichtigt war. Auch die grundlegende E 13 273 f ü h r t nicht weiter. Sie setzt (S. 273) beide Begriffe gleich, während sie (S. 277) f ü r „Verbindung" zusätzlich das Merkmal der Unterordnung nennt. Aber damals bestand kein Anlaß, beide Begriffe gleichrangig in Beziehung zueinander zu setzen. Vereinigung ist nach BGHSt. 7 223 (wo die übliche Begriffsbestimmung, insbes. das Merkmal des gemeinsamen Zwecks, als zu eng bezeichnet wird) jeder nicht n u r vorübergehende freiwillige Zusammenschluß mehrerer Personen, gleichviel ob öffentlich oder (noch) geheim tätig, ob nach außen oder nur auf die Mitglieder wirkend, ob die Ziele von den einzelnen Mitgliedern erkannt oder nicht. Zur Verfassungswidrigkeit einer Vereinigung oder Partei vgl. Lüttger GA 1958, 225. Zweckrichtung gegen die v. O. usw. ist objektiv zu verstehen; nicht etwa im Sinne der Absicht aller Mitglieder: BGHSt. 7 223ff., vgl. § 88 Anm. I 2 sowie § 93 Anm. I I I zu BGHSt. 6 319. — „Gegen" die v. 0 . bedeutet nicht, daß Zweck oder Tätigkeit auf deren B e s e i t i g u n g gerichtet sein müssen; auch Richtung auf Untergrabung, Zersetzung, in Frage stellen der Geltung genügt: BGHSt. 7 228, 9 285. Nach BGHSt. 9 101 (betr. ehem. NSDAP-Kreisleiter) soll es schon genügen, wenn die Mitglieder in ihrer überkommenen Ablehnung der Demokratie bestärkt werden (zu weitgehend). IV. Der innere Tatbestand erfordert Vorsatz. Dol. ev. genügt. BGHSt. 7104, 108, 109. I m Falle des Abs. 3 genügt es nicht, festzustellen, daß dem Täter die E n t scheidung des BVerfG gem. Art. 21 I I GG bekannt war, vielmehr muß er die T a t sachen und Bestrebungen kennen, auf denen die Richtung gegen die v. O. beruht. BGHSt. 7 109. Vgl. Lüttger a. a. O. 236 mit weiteren Nachw. Staatsgefährdende Absicht hier nicht erforderlich. — Betr. Überzeugungstäter vgl. BGHSt. 8 163. — Betr. § 1051 Nr. 2 JGG vgl. BGHSt. 8 90. V. Teilnahme wegen der bewußten Beschränkung auf den Täterkreis der Anm. I I und im Hinblick auf § 129 a nicht strafbar. So BGHSt. 6 160; vgl. Schafheutie

Staatsgefährdung § 91

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JZ 51, 619. A. A. Ruhrmann NJW 54, 1514. Die Frage ist kriminalpolitisch zu entscheiden; eine unzulässige Umgehung des Gesetzes, wie BGH a.a.O. meint, wäre die Bestrafung des Teilnehmers nicht. VI. Besonders schwere Fälle. Vgl. § 89 Anm. VIII und unten Anm. VIII. Nur bei diesen ist nach BGHSt. 6 182 Polizeiaufsicht zulässig. VII. Abs. 8 ist umstritten. Kritisch Willms NJW 57, 565, Ruhrmann NJW 57, 1897, verteidigend Lüttger GA1958,181 (mit weiteren Nachw.). Der Abs. schafft eine Prozeßvoraussetzung, umKollisionen zu vermeiden. Dazu BGHSt. 6 321,11 233; vgl. oben Anm. I, insbes. zu BGHSt. 7 104. Infolgedessen verfassungsfeindliche Parteitätigkeit auch, soweit sie vor dem Parteiverbot lag, verfolgbar: BGHSt. 11 233. Die F D J ist keine pol. Partei, Celle NdsRpfl. 52 120; vgl. § 93 Anm. V. VHI. Verhältnis zu anderen Vorschriften. Hier kommen insbes. die Bestimmungen gegen Hochverrat, die übrigen Vorschriften gegen Staatsgefährdung und die §§ 128, 129, 129 a n. F. in Betracht, ferner die Teilnahmevorschriften, vor allem § 49 b. Tateinheit mit § 128 möglich. Vgl. BGHSt. 8 191 (auch mit §§ 129, 94). — § 82 nicht entspr. anwendbar: BGHSt. 9 410. Das Verhältnis zu § 129 ist indessen nicht ganz klar, da zum mindesten unter den Voraussetzungen des § 129 a auch die Förderung einer f ü r verboten erklärten Vereinigung die Beteiligung an einer auf eine strafbare Handlung gerichteten Tätigkeit ist. § 90 a ist dann wohl — bei gleicher Strafdrohung — lex specialis. § 129 wird vielfach für die einfachen Mitglieder in Betracht kommen (s. o. Anm. V). Vor allem aber wird hier regelmäßig das reine Ungehorsamsdelikt des § 129a vorliegen, wenn dessen objektive Voraussetzungen gegeben und bekannt sind. Zu den Strafandrohungen f ü r die besonders schweren Fälle des § 49 b Abs. 2 stehen die gleichen der §§90a Abs. 2, 129 Abs. 2 in keinem rechten Verhältnis. Denn der Grundtatbestand des § 49 b ist mit der Mindeststrafe von drei Monaten Gefängnis als der weitaus schwerere gegenüber den Grundtatbeständen der §§ 90a, 129 (Gefängnis schlechthin) ausgezeichnet, wie es dem Deliktscharakter entspricht. Staatsfeindliche

Zersetzung

§ 9 1 (1) Wer auf Angehörige einer Behörde, der Bundeswehr oder eines öffentlichen Sicherheitsorgans in der Absicht einwirkt, die pflichtmäßige Bereitschaft zum Schutze des Bestandes oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder der verfassungsmäßigen Ordnung des Bundes oder eines Landes zu untergraben, und dadurch Bestrebungen dient, die gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder gegen einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze gerichtet sind, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden. Neufassung durch 4. StÄG. Der jetzige Text enthält zwei Neuerungen. Die erste, die in der Nennung der Bundeswehrangehörigen unter den Schutzobjekten besteht, hat nach richtiger Meinung rein deklaratorischen Charakter. Denn daß die Bundeswehr ein „öffentliches Sicherheitsorgan" ist, sollte nicht zweifelhaft sein.

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Staatsgefährdung § 92

Der zweite Z u s a t z : „ . . . u n d dadurch Bestrebungen d i e n t . . ." soll, wie Laokner J Z 57, 406 mitteilt, verhindern, daß auch solche Staatsbürger getroffen werden, die sich aus lauteren Motiven, vor allem aus Gewissensgründen, dem A u f b a u von S t r e i t k r ä f t e n widersetzen u n d dies propagieren. Aber d e m rechtsstaatlichen Bedürfnis war ohnehin dadurch genügt, daß die pflichtmäßige Bereitschaft des Soldaten ihre Grenze an seinem R e c h t der Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen h a t , auf das er sich jederzeit berufen k a n n (so der B J u s t M i n . in BdAnz. 1957 Nr. 28 S. 11) u n d daher entsprechende P r o p a g a n d a schon bisher nicht s t r a f b a r war. Andererseits: wer auf die p f l i e h t m ä ß i g e Bereitschaft zersetzend einwirkt — sei es auch als Überzeugungstäter — wird regelmäßig das Bewußtsein haben müssen, daß er d a m i t staatsfeindlichen Bestrebungen dient. D a ß er sich mit diesen identifiziere, ist keinesfalls notwendig, d a ß er sie innerlich oder auch ausdrücklich ablehnt, ä n d e r t a m Vorsatz des „Dienens", f ü r den dol. ev. genügt (ebenso Lackner a. a. 0 . ) , nichts. Vgl. § 109f. Anm. III. I . Schlitzobjekt ist hier die L o y a l i t ä t der Angehörigen v o n Behörden, der Bundeswehr, der Polizei, des Grenzschutzes u n d anderer Sicherheitsorgane, und ihre E i n s a t z b e r e i t s c h a f t . I h r e Sicherung gegen Einwirkungen von a u ß e n ist das Gegenstück zum Schutz gegen ihren Mißbrauch (§ 89, 1. Fall). II. Einwirken ist jede Tätigkeit, die darauf abzielt, den bezeichneten Personenkreis zu beeinflussen, B G H S t . 4 291 = J Z 54 198 (Anm. v. Weber). D a ß dies gelingt oder gelingen k o n n t e , ist n i c h t erforderlich. N e h m e n aber die B e a m t e n n i c h t einmal K e n n t n i s , so n u r Versuch (Abs. 2). Auch eine bloße W a r n u n g k a n n Einwirkung sein: 6 S t R 8/54 v. 31. 3. 54. Vgl. dagegen § 114 Anm. I I I . Verteidigen im Verfahren als T ä t e r : B G H S t . 9 20 ( = J Z 56 375 m. A n m . Arndt). III. Untergrabungsabsicht hier straf begründend. Betr. Untergraben vgl. B G H S t . 4 291 (oben § 9 0 Anm. I). U.-Absicht nicht = staatsgefährdende Absicht, aber auch nicht schon die, eine b e s t i m m t e Behörde „lahmzulegen" (so v. Weber a . a . O . ) , sondern n u r , ihre p f l i c h t g e m ä ß e Einsatzbereitschaft zu untergraben, also ihren G e i s t zu zersetzen, n i c h t : auf ihre Tätigkeit durch Kritik hemmend oder umges t a l t e n d einzuwirken. B G H S t . 6 64 ( = J Z 54 611 A n m . v. Weber): Hinwirken auf eine bestimmte pflichtwidrige Einzelhandlung eines Behördenangehörigen n u r d a n n , wenn dessen P f l i c h t g e f ü h l s c h l e c h t h i n erschüttert werden soll. — L G Bamberg N J W 53 675: Bedrohung v o n Bundesgrenzschutzbeamten m i t Zwangsarbeit u n d Deportation f ü r den F a l l eines politischen Umsturzes. — B G H S t . 4 291: D r u c k auf Gerichtssitzung durch Sprechchöre auf der Straße. — Weitere Beispiele bei R u h r m a n n N J W 54, 1515. — D e m immittelbaren Schutz der einzelnen Behördenangehörigen dient § 91 n i c h t : B G H J R 54 388 (beiläufig). IV. Verhältnis zu §§ 80, 81, 89: Subsidiarität. V. Besonders schwere Fälle: vgl. § 89 A n m . V I I I . Staatsfeindlicher

Nachrichtendienst

§ 9 2 (1) W e r in der Absicht, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, einen der in § SS bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer

Staatsgefährdung § 93

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Geltung zu setzen oder zu untergraben oder eine solche Bestrebung zu fördern, für eine Dienststelle, eine Partei oder eine andere Vereinigung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, für eine verbotene Vereinigung oder für einen ihrer Mittelsmänner über Verwaltungen, Dienststellen, Betriebe, Anlagen, Einrichtungen, Vereinigungen oder Personen, die sich im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes befinden, Nachrichten sammelt oder zu diesem Zwecke einen Nachrichtendienst betreibt, für eine solche Tätigkeit anwirbt oder sie unterstützt, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden. I. Staatsfeindliche politische Nachrichtendienste als Hauptmittel der Vorbereitung eines Umsturzes sind Gegenstand dieser Strafdrohung. Die Bestimmung folgt Schweizer Vorbild (Art. 272 n. F., der seinerseits auf das „Spitzelgesetz" vom 21. 6. 35 zurückgeht, auch Art. 273, 274). Angesichts der besonderen Gefahrlage der Bundesrepublik wird hier außer der sonst in diesem Abschnitt geforderten Absicht (§ 90 Anm. I) auch die der Beeinträchtigung der Staatssicherheit f ü r tatbestandsmäßig erklärt. Zu den hiernach strafbaren Handlungen gehört insbesondere das Anlegen weißer, grauer oder schwarzer Listen (über Anhänger, Rückversicherer, Gegner der Umsturzbewegung). Ergänzend § 241a. II. Absicht: vgl. § 94 Anm. I a. E., ferner Jescheck J Z 57, 360. III. Versuch des Nachrichtensammelns kann u. U. schon im Antritt einer Reise zur Erfüllung eines nachrichtendienstlichen Auftrags liegen; jedenfalls aber versuchte Unterstützung: BGH N J W 58 2025. IV. Besonders schwere Fälle: vgl. § 89 Anm. VIII. V. Teilnahme nach allgemeinen Regeln. Gehilfe also, wer ohne eigene tatbestandsmäßige Absicht den Nachrichtendienst in Kenntnis der Absicht seiner Organisatoren unterstützt. Vgl. § 90 Anm. I. VI. Straflos nach § 92 bleiben Nachrichtendienste f ü r Dienststellen, Parteien oder andere Vereinigungen innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Gesetzes, wenn nicht die Vereinigung verboten ist. Hier wird jedoch u. U. der faktische Zusammenhang mit Organisationen außerhalb dieses Bereichs in Betracht zu ziehen sein. Förderung feindlicher Propaganda § 9 3 (1) Wer Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen, durch deren Inhalt Bestrebungen herbeigeführt oder gefördert werden sollen, die darauf gerichtet sind, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder zur Unterdrückung der demokratischen Freiheit einen der in

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Staatsgefährdung § 93

§ 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben, 1. herstellt, vervielfältigt oder verbreitet oder 2. zur Verbreitung oder Vervielfältigung vorrätig hält, bezieht oder in den räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes einführt, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. 1. Neufassung durch das 3. StÄG, das den Strafschutz erheblich erweiterte. II. Zum Gegenstand der Tat vgl. Anm. zu § 84, insbes. betr. Schriften usw. und über das Erfordernis, daß die staatsgefährdenden Bestrebungen durch den I n h a l t der Schriften herbeigeführt oder gefördert werden sollen (dazu vor allem BGHSt. 8 247). Über § 90 hinaus wird die Absicht gefordert, Grundsätze des § 88 „zur Unterdrückung der demokratischen Freiheit" zu beseitigen. Über die Gründe dieser Einschränkung Dreher J Z 53, 426. III. Äußerer Tatbestand. 1. Die Handlung. Betr. herstellen, verbreiten, vorrätig halten vgl. § 84 Anm. II. Herstellen und vervielfältigen braucht nicht zur Verbreitung zu erfolgen. Betr. Einführen vgl. E 48 32, 49 209, 59 170, BGHSt. 9 351 (auch zur Öffnungsbefugnis der Zollbeamten). 2. Zum äußeren Tatbestand gehört hier wie in § 90 a, daß staatsfeindliche Bestrebungen außerhalb der Person des Täters bestehen, während die meisten Bestimmungen dieses Abschnitts, wie §§ 90, 94 oder 97, an Bolche Bestrebungen in seiner Person anknüpfen: BGHSt. 6 319. Vgl. Vorbem. I I vor und Anm. I 2 zu § 88. IV. Innerer Tatbestand: Vorsatz, der Kenntnis und Billigung der verfassungsfeindlichen Ziele der Schrift umfaßt. Dol. ev. genügt. Staatsfeindliche Absicht nicht erforderlich. BGHSt. 6 319, s. o. zu I I I 2. V. Als Prozeßvoraussetzung fordert BGHSt. 6 321, wenn der Täter Funktionär einer politischen Partei ist, die Peststellung des BVerfG, daß die Partei verfassungswidrig sei. Das folge aus dem Geiste des Art. 21 GG. Es liege wie bei § 90a Abs. 3, der den Art. 21 nur deklariere. Unter der Voraussetzung, daß sich die Tätigkeit von Mitgliedern und Anhängern einer Partei darin erschöpfe, sich f ü r die Verwirklichung der Ziele ihrer Partei mit allgemein erlaubten Mitteln einzusetzen, könnten deshalb solche Personen vorher aus § 93 nicht verfolgt werden. Es gehöre zum Wesen einer politischen Partei, durch Rede und Schrift nicht nur auf ihre Anhänger und Mitglieder einzuwirken, sondern auch neue Anhänger f ü r ihre Ziele zu gewinnen. Indessen ist notorisch, daß jene Voraussetzung keineswegs auf alle bestehenden Parteien zutrifft, vor allem aber, daß es Vereinigungen gibt, die ihrem Wesen nach unter der Form einer politischen Partei in der Hauptsache Agentenzentralen darstellen und mit ihren Schriften nicht oder nicht in erster Linie auf ihre Anhänger einwirken oder neue Mitglieder gewinnen, sondern unmittelbar den Bestand der Bundesrepublik beeinträchtigen und zur Unterdrückung der demokratischen Freiheit alle Verfassungsgrundsätze beseitigen wollen. Aus doppeltem Grunde entfällt daher der vermeintliche rechtliche Zwang, den Verfassungsfeinden das trojanische Pferd zu erhalten. Im übrigen ist § 90 a Abs. 3 prozeßrechtlicher und konstitutiver Natur. Er bestimmt, daß in der Frage, ob das Bestehen einer Vereinigung als solches schon verfassungswidrig ist, der Strafrichter nicht dem Verfassungsrichter vorgreifen darf.

Staatsgefährdung § 94

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Dieser Gedanke läßt sich auf § 93 nicht übertragen. Denn hier ist Strafgrund nicht die hervorgehobene Zugehörigkeit zu einer problematischen Vereinigung, sondern die Bedrohung der freiheitlichen Demokratie durch staatsfeindliche Propaganda. Das Rechtsgut ist unmittelbar material gefaßt. — Wie hier Seiffert DÖV 56, 5 ; a. A. Lüttger GA 1958, 240 mit Nachw. Art. 21 GG, der politische, aber keine strafrechtlichen Garantien enthält, steht erst recht nicht entgegen. Der Grundsatz der Gewerbefreiheit hindert nicht, die Unzucht zu bestrafen, die in einem Massagesalon betrieben wird, auch wenn die Schließung dieses Salons der Polizei und nicht dem Strafrichter zusteht. Der Umfang der Immunität und Indemnität schließlich ist in der Verfassung erschöpfend bestimmt, und zwar stets ausdrücklich. VI. Betr. Verjährung gilt das in § 84 Anm. V Gesagte entsprechend. Staatsfeindliche

Absicht als

Strafschärfungsgrund § 9 4

(1) Wird eine Tat, die nach den Vorschriften über Angriffe gegen die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte (§§ 106 bis 10S d), Sabotage (§§ 109 e Abs. 1 bis 4), Widerstand gegen die Staatsgewalt (§§ 110 bis 122b), Angriffe gegen die öffentliche Ordnung (§§ 123 bis 139), Störung des Gottesdienstes (§ 167), Körperverletzung ( § § 223 bis 229), Vorbereitung einer Verschleppung, Freiheitsberaubung, Nötigung, Bedrohung oder politische Verdächtigung (§§ 234a Abs. 3, 239 bis 241a), Begünstigung (§§ 257, 257 a), Urkundenfälschung (§§ 267 bis 275, 281), Sachbeschädigung (§§ 303 bis 305), gemeingefährliche Handlungen (§§ 308, 311, 315, 315a Abs. 1 Nr. 1, 316 b, 317, 321, 324) oder Verletzung der Amtspflicht ( § § 332 bis 336, 340 bis 355, 357) strafbar ist, in der Absicht begangen, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben oder eine solche Bestrebung zu fördern, so kann, soweit die Tat nicht mit schwererer Strafe bedroht ist, auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder auf Gefängnis und, wenn die Tat auch ohne diese Strafschärfung ein Verbrechen wäre, auf Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren erkanut werden. (2) Wird eine Tat nach den in Absatz 1 bezeichneten Vorschriften nur auf Antrag verfolgt, so entfällt unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 das Erfordernis des Strafantrags. I. Die in § 90 Anm. I gekennzeichnete Absicht tritt hier besonders deutlich als subjektives Unrechtselement in Erscheinung. Denn hier ist sie nicht, wie etwa in

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Staatsgefährdung § 94

den §§ 90, 92, die geradlinige subjektive Verlängerung der Richtung, in der die objektive Handlung typischerweise verläuft. Hier wird vielmehr die sonst gegen ganz andere Rechtsgüter z. T. höchstpersönlicher Art gerichtete Deliktstypizität atypisch in eine ganz neue Richtung umgebogen. Die Mißachtung der Freiheitssphäre des Einzelnen durch den politischen Fanatismus konnte kaum schärfer gekennzeichnet werden als durch die unbestreitbare Notwendigkeit einer derartigen Abwehrvorschrift, die quer durch die bisherige Legalordnung läuft. Es handelt sich nicht etwa nur um eine Strafzumessungsregel, sondern um eine tiefgehende Qualifizierung, ja Umwandlung des Unrechtsgehalts; zu vergleichen sind von bisherigen Bestimmungen allenfalls Einzelfälle wie §§ 124 oder 265 (vgl. Anm. dort); jetzt auch § 95 Abs. 3, Fall 2, § 96 Abs. 3. — § 50 Abs. 2 ist anzuwenden. Zustimmend Schönke-Schröder Anm. I. — Nach BGHSt. 9 142 ( = JZ 56 694 mit zust. Anm. Bockelmann) ist Absicht hier der bestimmte, auf die Beeinträchtigung des Bestandes der Bundesrepublik oder auf ein anderes der in § 94 genannten verfassungsfeindlichen Ziele gerichtete Wille. Ablehnend Arndt JZ 57, 206. Vgl. ZStW 68, 643. Kritisch zu § 94: Willms NJW 57, 565. Als verfassungswidrig i. S. des § 94 darf der Strafrichter die Absicht, von der sich der Täter hat leiten lassen, auch dann beurteilen, wenn er den Zielen seiner Partei dienen wollte, gleichgültig ob diese vom BVerfGer. für verfassungswidrig erklärt ist oder nicht und ob die strafbegründenden Tatsachen auch gem. Art. 21 GG erheblich wären: BGHSt. 6 172. II. Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder Gefängnis — das ist die mindeste Steigerung des Strafrahmens, sofern nicht die Tat ohnehin ein Verbrechen ist. Hier stehen zwei o r d e n t l i c h e S t r a f r a h m e n n e b e n e i n a n d e r , nicht wie bei den mildernden Umständen, den besonders leichten und den besonders schweren Fällen der Regelstrafrahmen und die Ausnahme. Die schon in jenen Fällen für verbindlich erklärte Regel des § 11 Abs. 3 der Entw. 1927 und 1930 lautet: „Ob eine Tat ein Verbrechen oder ein Vergehen ist, richtet sich nach der ordentlichen Strafe." Das bedeutet, daß hier zwei gleichberechtigte Wertgruppen gebildet sind und die Tat je nach ihrem Schweregrad in concreto als Verbrechen oder Vergehen der einen oder anderen angehört. Näheres hierüber in MDR 48, 313 ff. und zu § 1 Anm. VII. Der Wortlaut des § 94 steht dieser Auslegung nicht entgegen, zumal dieser Fall kaum bedacht zu sein scheint. A. A. v. Weber MDR 51, 644/5, Schönke-Schröder I I I , LK Anm. 2; ständige Rspr., dazu Willms a. a. 0. (die staatsgefährdende Absicht mache die Tat s t e t s zum Verbrechen). Dem steht aber entgegen, daß hier der Gesetzgeber durch das „kann" die entscheidende Wertung dem Richter und damit der konkreten Fallbeurteilung überträgt (im Gegensatz zur sonstigen generalisierenden Methode bei den bes. schweren Fällen). Wie hier Dreher-Maassen. BGHSt. 4 226 steht nicht entgegen, da hier gerade erst die Besonderheit der Einzeltat, nicht schon der Typ entscheidet. III. „Kann" gibt dem Richter aus den zu I I entwickelten Gründen bewußt Ermessensfreiheit (über deren Grenzen vgl. Gutachten zur StrRReform S. 69 ff.). Die weittragenden Folgen der Qualifizierung als Verbrechen (Versuchsbestrafung, Eingreifen des § 49 a usw., vgl. § 1 Anm. II) sollen nur eintreten, wenn die staatsfeindliche und damit verbrecherische Absicht der Tat das Gepräge gibt. Vgl. § 129 Anm. I I I 3, BGHSt. 8 168.

Staatsgefährdung § 95

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IV. Keine Prozeßvoraussetzung wie bei § 90 a Abs. 3: BGHSt. 6 172, s. o. Anm. I Abs. 2. Anders BGHSt. 6 318 für § 93; dagegen dort Anm. V. V. Zusammentreffen mit § 97: Dann ist dieser nicht anwendbar, weil subsidiär. BGHSt. 8 192 (wohl aber Tateinheit, wenn §§ 90 a, 128, 129 zugleich mit § 94 verwirkt). § 94 i. V. mit § 129 Abs. 2 („bestimmter Straferschwerungsgrund", der die Tat zum Verbrechen macht, E 60 116, 69 53) schließen die Anwendung von § 94 i. V. m. § 129a aus. BGHSt. 8 168 ( = MDR 56 50 m. Anm. Kleinknecht). Vorbemerkung zu §§ 95—97 I. System der §§ 95—97. Die hier zusammengefaßten Bestimmungen bilden miteinander und mit dem neuen § 187 a eine Zweckeinheit zum Schutze des Staates, seiner höchsten Organe und seiner Symbole gegen schwere und planmäßige Herabwürdigung. Während aber der Reg.-Entw. seine entsprechenden Bestimmungen in einen besonderen Abschnitt verwiesen hatte und damit ihren Selbstzweck zu betonen schien, bringt das Gesetz durch ihre Einfügung unter den größeren Gesichtspunkt der „Staatsgefährdung" zum Ausdruck, daß deren Abwehr und nicht der Schutz des unmittelbar angegriffenen speziellen Objekts Grund und damit auch Grenze der Strafbarkeit ist. Mit Recht bemerkt v. Weber, daß diese Systematik es nahelegt, die Materie über die Ebene der persönlichen Reibungen und parteipolitischen Zänkereien hinauszuheben (MDR 51, 522). Eingehend über die Abgrenzung von erlaubter Kritik Abg. Wahl, 160. Sitzg. Drucks. S. 6484. II. Die Tathandlungen sind, abgesehen von einzelnen Fällen des § 96 Abs. 2, Äußerungsdelikte. Sie sind gegenüber dem allgemeinen Ehrenschutz der §§ 185 ff. qualifiziert nicht nur durch die besondere Schutzwürdigkeit des Angriffsobjekts, sondern auch durch die besondere kriminelle Intensität des Ausdrucks oder der aus ihm sprechenden Gesinnung oder des mit der Äußerung verfolgten Planes sowie durch die erhöhte Gefährlichkeit der Ausdrucksmittel oder der begleitenden Umstände. Zutr. insoweit LG Bremen MDR 51 757; vgl. aber auch BGHSt. 3 348, 7 110 darüber, daß auch dem U m f a n g nach der Strafschutz weiter geht als in §§ 185,186, 187 und daß t a t s ä c h l i c h e S t a a t s g e f ä h r d u n g n i c h t e r f o r d e r l i c h ist (zu § 96, aber auch für §§ 95, 97 gültig).

Verunglimpfung

des

Bundespräsidenten

§95 (1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen den Bundespräsidenten verunglimpft oder dazu auffordert, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann das Gericht die Mindeststrafe unterschreiten, wenn nicht die Voraussetzungen der Strafschärfung nach § 187 a erfüllt sind. (3) Ist die Tat eine Verleumdung oder ist sie in der Absicht begangen, Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen

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Staatsgefährdung § 96

einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu fördern, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten. (4) Die Tat wird nur mit Ermächtigung des Bundespräsidenten verfolgt. I. Verunglimpfen: § 189 Änm. I. Der Begriff umfaßt Formalbeleidigungen und Tatsachenbehauptungen. E r geht weiter als das „Beschimpfen" des § 96. Vgl. LG Bamberg N J W 53 675, auch darüber, daß geringfügige Kundgebungen der Mißachtung ausscheiden. II. Auffordern: Vgl. § 110 Anm. VII, ferner E 47 413 (auch durch schlüssiges Verhalten). III. Öffentlich wie in § 110, vgl. dort. IV. Versammlung: § 106a Anm. I I I 2a. V. Schriften usw. vgl. § 84 Anm. II. VI. Staatsgefährdende Absicht: § 88 Abs. 1, 2 mit Anm. VII. Ermächtigung nicht rücknehmbar, arg. e contr. § 104a S. 2, vgl. E 33 65. Staatsbeschimpfung

§96 (1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen 1. die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft oder böswillig verächtlich macht, 2. ihre Farben, ihre Flagge, ihr Wappen oder ihre Hymne verunglimpft oder dazu auffordert, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer eine öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ein von einer Behörde öffentlich angebrachtes Zeichen der Hoheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder entfernt, zerstört, beschädigt oder unkenntlich macht oder wer beschimpfenden Unfug daran verübt. Der Versuch ist strafbar. (3) Hat der Täter eine der in den Absätzen 1 und 2 genannten Taten in der Absicht begangen, Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen einen der in § 8$ bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu fördern, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. I. Schutzobjekt sind in Abs. 1 Nr. 1 die BR und ihre Länder — Berlin ist durch Art. 6 des G v. 30. 8. 51 gleichgestellt — in ihrer konkreten Gestalt als freiheitliche repräsentative Demokratien, nicht als Staaten schlechthin: BGHSt. 6 324; in Nr. 2 ihre Symbole. Vgl. über die deutschen Flaggen BGBl. 1950, 205, über das Bundeswappen usw. BGBl. 1950, 26. In Abs. 2 die Achtung vor der öffentlich — auch privat — gezeigten Flagge und vor den staatlichen Hoheitszeichen: Zeichen, die nach dem Willen der Staatsbehörden dazu bestimmt sind oder verwendet werden, die Staatsgewalt öffentlich zum Ausdruck zu bringen und kundzutun, daß Träger oder Gegenstand ihr untersteht: E 63 287, Braunschweig N J W 52 518, 53 875 (betr. Kokarde an Dienstmütze). Über Amtsschilder der Bundesbehörden BGBl. 1951, 927.

Staatsgefährdung § 96

289

II. Die Handlungen des Abs. I. 1. Beschimpfen oder böswilliges Verächtlichmachen der B R oder eines ihrer Länder oder ihrer v. Ordnung. a) Beschimpfen: durch F o r m oder I n h a l t besonders verletzende Äußerungen der Mißachtung (E 61 308), wobei das b e s o n d e r s Verletzende entweder äußerlich in der R o h e i t d e s A u s d r u c k s oder inhaltlich in dem V o r w u r f e i n e s s c h i m p f l i c h e n V e r h a l t e n s zu sehen ist (E 57 185); P e r s ö n l i c h k e i t des Täters und T a t u m s t ä n d e sind heranzuziehen. So BGHSt. 7 110 (betr. „Unrechtsstaat"); auch darüber, daß in d e r R e g i e r u n g m i t t e l b a r d e r S t a a t beschimpft werden kann (wie RG J W 1936 904) und umgekehrt: T a t f r a g e , wie auch BGHSt. 11 11 betont. b) Böswillig verächtlich machen. Jede, auch bloß wertende Äußerung, durch die die B R oder ein Land als der Achtung der Staatsbürger unwert oder unwürdig hingestellt wird: BGHSt. 3 346 („Coca-Cola-Bude"), 7 110 („Unrechtsstaat"). Erheblich weiterer Begriff als der des Beschimpfens; Angleichung im Unrechtsfrichtiger: im Schuld-) Gehalt durch zusätzliches Erfordernis der Böswilligkeit (BGHSt. 7 111); über diesen Begriff vgl. § 170a Anm. I , ; nach BayObLG N J W 53 874 „aus verwerflichen Beweggründen". Darüber, daß eine tatsächliche Gefährdung der verfassungsmäßigen Ordnung und eine konkrete Eignung der Äußerung hierfür nicht erforderlich ist, vgl BGHSt. 3 348 und Vorbem. vor § 95. 2. Verunglimpfen der Syinb ile (oben Anm. I, § 95 Anm. I). 3. Auffordern zu einer Handlung gem. 1. oder 2. Vgl. § 110 Anm. VII, E 47 413 (betr. schlüssiges Verhalten). 4. Öffentlich (§110 Anm. I) oder in gleichgestellter Weise muß die Handlung zu 1 - 3 begangen sein. Vgl. Braunschweig N J W 53 875. - BGH 6 St. 21/55 v. 27. 7. 55: „Schwarz-rot-gelb" auf offener Postkarte. III. Zu Abs. 2: Betr. Flagge und Hoheitszeichen vgl. Anm. I, betr. öffentliches Zeigen oder Anbringen zutr. Braunschweig N J W 63 875: hier w e i t e r als in Abs. 1; es genügt, daß unbestimmt viele das Zeichen wahrnehmen k ö n n t e n . Enger BGH 2 StR 88/53 v. 3 . 9 . 5 3 : „sichtbar" f ü r größeren unverbundenen Personenkreis. Die Handlung: Betr. Zerstören, Beschädigen und das hiervon schon mitumfaßte Unkenntlichmachen vgl. § 303 Anm. II, I I I . Entfernen ist jede durch räumliche Veränderung bewirkte Beeinträchtigung des Sinngehalts; z. B. auch Setzen auf Halb- oder Vollmast. Die Umkehrung der Farben kann Unkenntlichmachen, nach den Umständen aber auch b e s c h i m p f e n d e r U n f u g sein. Über diesen Braungchweig N J W 63 875: in roher Form am Gegenstand selbst Mißachtung ausdrücken. BGH 2 StR 88/53 v. 3. 9. 53: rechtswidriges Absägen des Mastes, an dem die Fahne hängt. IV. Verschärfung des Strafschutzes bei staatsfeindlicher Absicht, Abs. 3. V. Einheitliche Handlung, wenn die Begehungsformen des Abs. 2 zusammentreffen: 2 StR 88/53 v. 3. 9. 53.

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K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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Staatsgefährdung § 97

Verunglimpfung von Staatsorganen §97 (1) Wer in der Absicht, Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen einen der in § $8 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu fördern, öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen ein Gesetzgebungsorgan, die Regierung oder das Verfassungsgericht des Bundes oder eines Landes insgesamt oder in einem ihrer Mitglieder als verfassungsmäßiges Organ in einer das Ansehen des Staates gefährdenden Weise verunglimpft oder dazu auffordert, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist. (2) Die Tat wird nur mit Ermächtigung des betroffenen Staatsorgans oder Mitglieds verfolgt. 1. Zweck der Bestimmung nicht Ehrenschutz als solcher, sondern die in der Verunglimpfung usw. liegende S t a a t s g e f ä h r d u n g zu ahnden: „als verfassungsmäßiges Organ". Vgl. BGHSt. 6 160. II. Schutzobjekt gem. GG und Länderverfassungen zu bestimmen; betr. Gesetzgebungsorgan vgl. oben § 11 Anm. III. III. Handlung: Vgl. zu „Verunglimpfen" LG Bamberg NJW 53 675 („Mittelstellung zwischen einfacher Beleidigung und Beschimpfung") sowie oben § 95 Anm. I — I I I ; betr. Auffordern, öffentlich: § 96 Anm. 112—4; betr. Schriften usw. § 84 Anm. II. Annahme verunglimpfender Schriften mit dem Willen zur Weitergabe: BGHSt. 8 165. Zum Anwendungsbereich des § 20 RPresseGes. BGH GA 1955 366 (Herlan). IV. Konkretes Gefährdungsdelikt: ein auffälliger und innerlich nicht begründeter Gegensatz zu §§ 95, 96, vgl. § 96 Anm. I I l b ) a. E. und BGHSt. 3 34S. V. Innerer Tatbestand. 1. Bedingter Vorsatz (der Täter hat z. B. die Schrift nicht gelesen, rechnet aber mit verunglimpfendem Inhalt und billigt ihn) genügt: BGH 6 StR 34/54, Beschl. v. 9. 4. 54; 6 StR 178/54 v. 30. 6. 54. 2. Absicht, die erkannte Staatsgef. zu fördern, muß hinzutreten. Dazu Ruhrmann N J W 54, 1513. VI. Subsidiär, z.B. gegenüber § 187a Abs. 2, BGHSt. 4 338; BGHSt. 6 160 (Tateinheit mit § 187 a Abs. 1 möglich) steht nicht entgegen, zeigt aber die Unzulänglichkeit einer nur auf Quantitäten der Strafe abhebenden Subsidiaritätsklausel. Vgl. oben Anm. I. — § 94 i. V. mit einem der dort genannten Tatbestände schließt § 97 aus: BGHSt. 8 191. — Bei tateinheitlichen Zusammentreffen mit § 84 nur § 97: BGHSt. 6 297; vgl. Köln NJW 54 973 (nicht Konsumtion). VII. Ermächtigung liegt in unbeschränktem Strafantrag, E 33 66, BGH 6 StR 34/54, Beschl. v. 9. 4. 54, Hamm GA 1953 28 (zust. Anm. Grützner), BGH 6 StR 159/54 v. 30. 6. 54; einschränkend BGH MDR 54 754 (nicht ohne weiteres). — Selbst. Einziehung gem. §§ 98, 86 II ohne Erm. zulässig: BGHSt. 8 299.

Landesverrat. Vorbemerkung

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NebenMrajen und Nebenfolgen, § 9 8 (1) Wegen der in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlungen kann erkannt werden neben der Strafe aus § 89 auf Geldstrafe von unbegrenzter Höhe; neben den Strafen aus den § § 9 0 bis 97 auf Geldstrafe; neben einer Gefängnisstrafe von mindestens drei Monaten für die Dauer von einem bis zu fünf Jahren auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter und den Verlust des Wahl- und Stimmrechts und der Wählbarkeit sowie auf den Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte; neben jeder Freiheitsstrafe aus den §§ 89 bis 94 auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht. (2) § 86 gilt entsprechend. I. Vgl. grundsätzlich Anm. zu §§ 85, 86. II. Betr. Verlust der Wählbarkeit vgl. BGHSt. 8 68. III. Betr. Einziehung vgl. BGHSt. 8 165, aber auch BGHSt. 10 46 (51), wonach bei Organisationsdelikten nur fakultativ. Näheres § 86 Anm. IV. IV. Betr. Polizeiaufsicht vgl. BGHSt. 6 1S2: bei § 9 0 a nur neben Zuchthaus.

Dritter Abschnitt

Landesverrat Vorbemerkung Die Bestimmungen dieses Abschnitts knüpfen in weitestem Umfange an das frühere Recht an, das seinerseits auf die Entwürfe aus der Zeit vor 1933 zurückgegriffen hatte. Grundsätzlich bedeutsame Abweichungen finden sich, abgesehen von der durchgängigen Ermäßigung der Strafdrohungen und der Anpassung an neue Kampfmittel, vor allem in folgenden Richtungen: Die dem Schutz der Landesverteidigung dienenden früheren §§ 92a—f sind als damals gegenstandslos nicht wieder aufgenommen worden, ebenfalls die §§ 91a und b) a. F . über Kriegsverrat. Das Staatsinteresse muß gegenwärtig nicht nur gegen ausländische, sondern gegen fremde Regierungen schlechthin, d. h. auch solche, die auf deutschem Boden, aber außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Gesetzes tatsächliche Macht ausüben, gewahrt werden. Die überlieferte Begriffsbestimmung des LV als Angriffs auf die äußere Sicherheit und Machtstellung des Staates ist damit zu eng geworden; vgl. § 80 Anm. I, § 99 Anm. I I I . Zur Systematik des Abschnitts vgl. Vorbem. II vor § 88. Schutzprinzip: KG N J W 56 1570. 19»

292 Begriff des Staatsgeheimnisses

Landesverrat § 99 und des

Verrats

§99 (1) Staatsgeheimnisse im Sinne dieses Abschnittes sind Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, insbesondere Schritten, Zeichnungen, Modelle oder Formeln, oder Nachrichten darüber, deren Geheimhaltung vor einer fremden Begierung für das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder erforderlich ist. (2) Verrat im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer vorsätzlich ein Staatsgeheimnis an einen Unbefugten gelangen läßt oder es öffentlich bekanntmacht und dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet. I. Staatsgeheimnis: Relative Unbekanntheit der Tatsache (die auch eine innere sein kann, Arndt ZStW 66, 44, z. B. die Verratsbereitschaft einer Person BGHSt. 6 385) und Wille zur Geheimhaltung bei den maßgeblichen Instanzen entscheidend; amtlicher Geheimvermerk oder sein Fehlen nur Indiz: Köln MDR 53 374. Nachrichten, Erkenntnisse auch z. B. private Erfindungen, auch unbekannte Kombination bekannter Einzeltatsachen: RG DRiZ 24 391. Relativ: Geheimnis auch die nur im Ausland unbekannte Tatsache: E 10 421, Köln MDR 53 374. — Vgl. zum Begriff Arndt ZStW 66,41,Mittelbach JR53,288. Die „Zweifelsfrage, ob ein grundgesetzwidriger Zustand oder eine grundgesetzwidrige Bestrebung der Regierung ein echtes Staatsgeheimnis i. S. d. § 100 sein kann . . . tritt für § 100a nicht a u f " : BGHSt. 10 163. — Einzelheiten über Straßenabschnitt als StG: BGHSt. 7 234. II. Für das Wohl der BR oder eines ihrer Länder auch dann geheimhaltungsbedürftig, wenn sich z. B. Nato-Geheimnis auf Verteidigungsmaßnahmen der BR bezieht: StE 8/55 v. 22. 6. 55, vgl. auch BGHSt. 6 333 (deutschen Organen anvertraute gemeinsame Geheimnisse). Auch durch das Inkrafttreten der Pariser Verträge am 5. 5. 55 hat sich hieran nichts geändert: BayObLG NJW 67 1327. III. Fremde Regierung auch die obersten Funktionäre der SBZ. Mitteilungen an deren Dienste über geheime Vorgänge des Verfassungsschutzes regelmäßig auch dann Verrat i. S. des § 99, wenn sie nur Bekämpfung des i n n e r e n Feindes betreffen: StE 19/54 v. 25. 1. 55. — Vgl. Wengler, Deutschland als Rechtsbegriff (oben Lit. von § 3). IV. Verrat: Bekanntgeben oder Gelangenlassen (des Gegenstandes, nicht notw. der Kenntnis) an einem Unbefugten (BayObLG GA 1955 213: Bote des Verräters als Gehilfe, auch ohne Kenntnis vom Inhalt). V. Konkrete Gefährdung gem. Abs. 2 erforderlich, während Abs. 1 nur die abstrakte „Landesverratsfähigkeit" des Gegenstandes voraussetzt (so zutr. Schneidewin J R 54, 244). Die Bestimmung entspricht mit den in der Vorbem. erörterten Maßgaben und einigen technischen Verbesserungen dem früheren § 88. Doch muß jetzt nach Abs. 2 das Staatswohl tatsächlich gefährdet sein, während früher ein dahingehender Vorsatz des Täters genügte. Fehlt Gefährdungsvorsatz, so § 100 c Abs. 1 oder 2 zu prüfen. VI. Tateinheit mit den Strafschutzbestimmungen des TruppenVertrages in den Fällen der Anm. 11, BayObLG NJW 57 1327.

Landesverrat § 100

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Landesverrat

§100 (1) Wer ein Staatsgeheimnis verrät, wird wegen Landesverrats mit Zuchthaus bestraft. (2) Wer sich ein Staatsgeheimnis verschafft, um es zu verraten, wird wegen Ausspähung von Staatsgeheimnissen mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. (3) Ein Abgeordneter des Bundestages, der nach gewissenhafter Prüfung der Sach- und Rechtslage und nach sorgfältiger Abwägung der widerstreitenden Interessen sich für verpflichtet hält, einen Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes oder eines Landes im Bundestag oder in einem seiner Ausschüsse zu rügen, und dadurch ein Staatsgeheimnis öffentlich bekanntmacht, handelt nicht rechtswidrig, wenn er mit der Rüge beabsichtigt, einen Bruch des Grundgesetzes oder der Verfassung eines Landes abzuwehren. I. Abs. 1 entspricht, von der Strafdrohung abgesehen, dem früheren § 89 Abs. 1. „Verrat" und „Staatsgeheimnis" sind in § 99 gesetzlich definiert. Vgl. dort Anm. I. II. Abs. 2. Die Ausspähung von Staatsgeheimnissen, um sie zu verraten, entspricht dem früheren § 90. Sie ist verselbständigte Vorbereitung des Landesverrats; Versuch strafbar: BGHSt. 6 386 (aus Entstehung und Zweck folgernd); a. A. Arndt ZStW 66, 67, 72 ff. — Dolus subsequens hier nicht erfaßt. — Zum Begriff der Ausspähung eingehend Arndt ZStW 66, 65 ff. — Über Irrtumsfragen Welzel J Z 55, 144. III. Abs. 3 ist erst in dritter Lesung eingefügt worden. Er will f ü r Bundestagsabgeordnete einen Rechtfertigungsgrund schaffen, und zwar aus einem Komplex subjektiver Momente: gewissenhafte Prüfung, sorgfältige Abwägung, die Meinung, zum Handeln verpflichtet zu sein, die Absicht, einen Verfassungsbruch abzuwehren, müssen zusammen vorliegen, um unter den objektiven Maßgaben dieser Stelle eine Handlung zu „rechtfertigen", die die öffentliche Bekanntmachung eines Staatsgeheimnisses bedeutet oder zur Folge hat. Man wollte mit dieser schon in ihrer rechtlichen Struktur ungewöhnlichen Bestimmung verhindern, daß wie früher (E 62 65) Veröffentlichungen über „illegale Zustände" schlechthin als versuchter Landesverrat qualifiziert würden. Da praktisch der Anwendungsbereich dieser Bestimmung bereits durch die Immunität bzw. Indemnität des Art. 46 Abs. 1 GG gedeckt ist, erhebt sich zunächst nur theoretisch die Frage, ob sie über den persönlichen Strafausschließungsgrund des GG hinaus das Verhalten des Abgeordneten materiell rechtfertigen kann (mit Folgen allenfalls f ü r Notwehr, Teilnahme usw.). Berechtigte Bedenken hiergegen bei v. Weber MDR 51, 519, der auch über die früheren gesetzgeberischen Bestrebungen in dieser Frage berichtet. Mit der objektiven Unrechtsbegründung (und entsprechend = Ausschließung), auf die unser Strafrecht gegründet ist, ist § 100 Abs. 3 unvereinbar. Er paßt nur — als Korrelat — zu einem uns fremden Gesinnungsstrafrecht. Vgl. ferner Arndt ZStW 66, 69, SchmidtLeichner N J W 51, 861, Welzel Lb. 4. Aufl. S. 359/60, J Z 55, 144 (für einschränkende Auslegung). Der Antragsteller im Bundestag hatte auf eine Begründung verzichtet, weil die Formulierung zweifelsfrei sei (Bundestagsdrucksachen 160. Sitzg. S. 6484). IV. Konsumtion des Abs. 2 durch Abs. 1 und des § 100 e durch § 100, entspr. bei Anstiftungsversuch: BGHSt. 6 388—91, LM Nr. 2 zu § lOOe.

294 Staatsgefährdende

Landesverrat § 100 a Fälschung

§ 100a (1) Wer durch Fälschung oder Verfälschung Schriften, Zeichnungen oder andere Gegenstände, die im Falle der Echtheit Staatsgeheimnisse wären, herstellt, um sie in einer das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdenden Weise zu verwenden, wird mit Zuchthaus bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer Tatsachen, Gegenstände oder Nachrichten darüber, die falsch, verfälscht oder unwahr sind, aber im Falle der Echtheit oder Wahrheit Staatsgeheimnisse wären, vorsätzlich als echt oder wahr an einen Unbefugten gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet. (3) Wer Gegenstände, die falsch oder verfälscht sind, aber im Falle der Echtheit Staatsgeheimnisse wären, sich verschafft, um sie in einer das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdenden Weise zu verwenden, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. (4) Falschen, verfälschten oder unwahren Tatsachen, Gegenständen oder Nachrichten darüber (Absätze 2 und 3) stehen Staatsgeheimnisse gleich, die der Täter irrtümlich für falsch, verfälscht oder unwahr hält. Das Fälschungsdelikt des § 100a ist dem früheren § 90a nachgebildet, jedoch mit Änderungen, die den eigentlichen Schutzzweck schärfer herausheben und den nur scheinbaren Zusammenhang mit den Verratsdelikten lösen. An Stelle des „Verrats", also des hier in Wahrheit gegenstandslosen Angriffs auf ein Geheimhaltungsinteresse, ist die Gefährdung des Staatswohls getreten, die in Gestalt der Reaktion des irregeführten In- oder Auslandes zu gewärtigen ist. Daß der Täter diese Gefährdung beabsichtigt, darf nach dem Zweck der Bestimmung ebensowenig verlangt werden wie etwa, daß er es gerade auf die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils in § 263 abgesehen habe. Hier wie dort genügt insoweit bedingter Vorsatz. Mit Recht betont Schafheutie S. 671, daß durch derartige Fälschungen ungleich schwererer innen- und außenpolitischer Schade angerichtet werden kann als durch den Verrat echter Staatsgeheimnisse. Mit Recht legt deshalb BGHSt. 10 163 (Fall John) den Begriff in § 100 a weit aus, vgl. § 99 Anm. I. Zu eng erscheint die Formulierung v.Webers MDR 51, 520, der durch die Tat nur ein außenpolitisches Interesse verletzt sieht und auf die Gefahr völkerrechtlicher Zwangsmaßnahmen abstellt. Zu weit dürfte andererseits die Erwägung gehen, daß man den Halbsatz. „die im Falle der Echtheit Staatsgeheimnisse wären" streichen könne. Denn nur Gegenstände von dieser — scheinbaren — Bedeutung können typischerweise den Grad von Staatsgefährdung auslösen, der die Zuchthausstrafen der Stelle rechtfertigt. — Auch die f a h r l ä s s i g e Gefährdung unter Strafe zu stellen, ist de lege ferenda folgerichtig und entspricht einem erheblichen praktischen Bedürfiiis. Vgl. Sauer, DRiZ 54, 113: Landesverratsprozeß um den falschen „Generalvertrag". § 100 c greift nicht ein, vgl. dort Anm. IV. Hier wie im ganzen Abschnitt ist der S c h u t z auf die einzelnen L ä n d e r ausgedehnt. Im Gegensatz zur alten Fassung genügt in Abs. 3, daß der Täter nur mit b e d i n g t e m V o r s a t z die Gegenstände für falsch oder verfälscht hält.

Landesverrat §§ 100b, 100c

t

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Mit solchem Eventualvorsatz ist nicht mshr wie früher der Eventualvorsatz des Landesverrats begrifflich verkoppelt (s. o.). Wahlfest Stellungen zwischen § 100 und § 100 a sind aber nach wie vor zulässig. — Abs. 4 löst ein bei §§ 217, 248 a usw. gleichfalls bestehendes Irrtumsproblem in einem grundsätzlich auch für jene Stellen geltenden Sinne. Daß der Irrtum hier nicht zur Strafminderung gegenüber § 100 führt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

Staatsgefährdende

Beweismittelbeeinträchtigung

§ 100b (1) Wer ein Beweismittel über eine Tatsache, die für die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland oder einem ihrer Länder einerseits und einem fremden Staate, einem Gebiet außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung andererseits von Bedeutung ist, fälscht, verfälscht, vernichtet, beschädigt, beseitigt, unterdrückt oder sonst in seiner Verwendbarkeit beeinträchtigt und dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. Die Bestimmung entspricht unter Anpassung an die gegenwärtigen Verhältnisse und mit technischen Verbesserungen dem früheren § 90 h. Auch hier handelt es sich, wie in §§ 100a und o, um — außenpolitische — S t a a t s g e f ä h r d u n g . Daher nicht einmal bedingterSchädigung3-, sondern nurGefährdung3vorsatz erforderlieh. Betr. Fälschen usw. vgl. §§ 267, 274 mit Anm., betr. vernichten usw. § 303 mit Anm. Staatsgefährdende

Geheimnisverletzung

§ 100 c (1) Wer vorsätzlich ein Staatsgeheimnis an einen Unbefugten gelangen läßt oder es öffentlich bekanntmacht und dadurch fahrlässig das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Wer fahrlässig ein Staatsgeheimnis, das ihm kraft seines Amtes oder seiner dienstlichen Stellung oder eines von einer Dienststelle erteilten Auftrages zugänglich war, an einen Unbefugten gelangen läßt und dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. Die Tat wird nur mit Ermächtigung der Regierung des Bundes oder des Landes verfolgt, dessen Wohl gefährdet worden ist. I. Die Bestimmung ist ein Gefährdungstatbestand wie §§ 100 a, b im Gegensatz zu den echten Verratsdelikten („fahrlässigen Verrat" gibt es nicht). Sie entspricht in Abs. 1 im wesentlichen dem früheren § 90 d, in Abs. 2 dem früheren § 90 e.

296

Landesverrat § 100 d

II. Für die Struktur der Handlung des Abs. 1 gilt Ähnliches wie Anm. III zu § 84 ausgeführt (pflichtwidrige Gefährdung). III. Abs. 2 ist reines Fahrlässigkeitsdelikt eines Geheimnisträgers. Auch für die Gefährdung genügt diese Schuldform. IV. Für Gegenstand, Vorgang und Folgen der Handlung vgl. Anm. zu § 99, betr. „zugänglich" § 353 b. Vorausgesetzt ist in § 100c stets ein echtes Staatsgeheimnis. Über die Lücken in § 100a betr. Fahrlässigkeitstaten vgl. dort. V. Tateinheit des Abs. 1 mit § lOOe möglich: BGHSt. 8 243.

Landesverrätische Beziehungen

§ 100 d

(1) Wer in der Absicht, einen Krieg, ein bewaffnetes Unternehmen oder Zwangsmaßregeln gegen die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder herbeizuführen oder zu fördern, zu einer Regierung, einer Partei, einer anderen Vereinigung oder einer Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes oder zu einer Person, die für eine solche Regierung, Partei, Vereinigung oder Einrichtung tätig ist, Beziehungen aufnimmt oder unterhält, wird mit Zuchthaus bestraft. (2) Handelt der Täter in der Absicht, sonstige Maßnahmen oder Bestrebungen einer Regierung, einer Partei, einer anderen Vereinigung oder einer Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes herbeizuführen oder zu fördern, die darauf gerichtet sind, den Bestand (§ 88 Abs. 1) oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben, so ist die Strafe Gefängnis. Der Versuch ist strafbar. (8) Wer in der Absicht, eine der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Maßnahmen oder Bestrebungen herbeizuführen oder zu fördern, unwahre oder gröblich entstellte Behauptungen tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, wird mit Gefängnis bestraft. Der Versuch ist strafbar. (4) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 kann auf lebenslange» Zuchthaus, in besonders schweren Fällen der Absätze 2 und 3 auf Zuchthaus erkannt werden. I. Die Bestimmung entspricht in Abs. 1 im wesentlichen dem früheren § 91, läßt jedoch in ihren Abweichungen und namentlich in Abs. 2 erkennen, wie hier außen- und innenpolitische Abwehr entsprechend der Verquickung der Einwirkungen ineinander übergreifen müssen. Weiteres Vorbild war die Schweizer Reformarbeit (vgl. Amtl. Begr. des RegEntw. S. 36). Die Fassimg des § lOOd stellt sicher, daß auch Beziehungen zu einem auf eigene Faust handelnden Agenten getroffen werden. Der Täter kann sich also nicht darauf berufen, er habe nicht gewußt, daß der Agent f ü r eine fremde Organisation arbeite. Vgl. E 55 268.

Landesverrat § 100 e

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II. Absicht: Hier wie in § 94 (dazu BGHSt. 9 142) braucht die Vorstellung des verfassungswidrigen Erfolges nicht der alleinige Beweggrund zu sein: BGHSt. 10 163 (Fall John), ebenso 11 171 (Fall Agartz). III. Zu Abs. 2 nimmt BGHSt. 10 46 mit Recht, der Entstehungsgeschichte und •dem Gesetzeszweck folgend, Personen, die weder dauernd in der BR leben noch zu ihr in einem besonderen Schutz- oder Treueverhältnis stehen, von der Täterschaft aus. IV. Abs. 3 enthält eine angesichts der heutigen Propagandamethoden besonders wichtige Ergänzung des Strafschutzes. Unter „gröblicher Entstellung" ist eine dem wesentlichen Inhalt nach in besonders schroffem und auffälligem Gegensatz zu den Tatsachen stehende Darstellung zu verstehen. Vgl. § 263 Anm. I I 3. Zu beachten ist aber wie bei § 90 (vgl. dort Anm. I a. E.), daß die Bestrafung der absichtslosen dolosen Teilnehmer von Abs. 3 unberührt bleibt. V. Besonders schwere Fälle. Vgl. § 89 Anm. VIII. StaatsgefährdendeBeziehungen §

100e

(1) Wer zu einer Regierung, einer Partei, einer anderen Vereinigung oder «iner Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes «der zu einer Person, die für eine solche Regierung, Partei, Vereinigung oder Einrichtung tätig ist, Beziehungen aufnimmt oder unterhält, welche die Mitteilung von Staatsgeheimnissen oder eine der in § 100 d Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen zum Gegenstand haben, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer für eine Regierung, eine Partei, eine andere Vereinigung oder eine Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes tätig ist und Beziehungen der in Absatz 1 bezeichneten Art zu einem anderen aufnimmt oder unterhält. I. Gefährdungstatbestand, und zwar abstrakter. Die Beziehungen brauchen die Mitteilung echter Staatsgeheimnisse nur ä u ß e r l i c h betrachtet zum Gegenstand zu haben, BayObLG N J W 53 1074, Köln MDR 54 438 mit der zutr. Folgerung, daß Verratsvorsatz f ü r die Schuldfrage unbeachtlich ist. Getroffen wird jede Beziehung, die ihrer N a t u r nach auf die Erlangung von Staatsgeheimnissen gerichtet ist, Köln a. a. O. Deshalb auch der Fall, daß es nur dem Beziehungspartner auf die Erlangung solcher Geheimnisse ankommt und der Täter dies erkennt: BGHSt. 6 333. §100e ist ein s e l b s t ä n d i g e r und a l l g e m e i n e r Gefährdungstatbestand, nicht auf Vorbereitungshandlungen zum Landesverrat und zur landesverräterischen Konspiration beschränkt: BGHSt. 6 346 (zu eng hier früh. Aufl.). Die Stelle entspricht im wesentlichen dem früheren § 90c. Vorläufer schon im Spionageges. v. 1914. Vgl. aber auch Anm. zu § 100 d. —- Verkannt wird der Gefährdungsgedanke von Neustadt MDR 58 538, das entgegen BGHSt. 6 349 Treuepflicht des Täters gegenüber der BR verlangt. Dagegen zutreffend Jagusch MDR 58, 829. Gegen diesen: Ohr MDR 59, 8. Anders bei § lOOd Abs. 2, vgl. dort Anm. III zu BGHSt. 10 46. II. Auch Scheinbeziehungen erfüllen hiernach den Tatbestand. So RG ständig (E 50 423), BGHSt. 6 333 und die oben in Abs. 1 zit. Entsch. BGHSt. 6 348 will

Landesverrat §§ lOOf, 101

298

hiervon u. U. für die A u f n a h m e solcher Beziehungen eine Ausnahme machen, falls konkrete Gefährdung fehlt. Dann entfällt aber nicht der Tatbestand, sondern nur ggfalls die Schuld (hier § 54, evtl. entschuldbarer Verbotsirrtum). Auch übergesetzlicher Notstand ist möglich: StE 5/55 v. 10. 5. 55. Vgl. StE 17/54 v. 6. 12. 54: Bewohner der SBZ, dem vom SSD mit Internierung gedroht wird, falls er sich nicht als Agent verpflichtet, ist in der Zone an Leib und Leben gefährdet ( § 5 4 ) . — StE 17/54 v. 1 6 . 1 2 . 5 4 : Der SSD-Agent, der sich von vornherein in Kontakt mit westlichen Dienststellen hält, handelt jedenfalls nicht bewußt rechtswidrig. III. Mitarbeiter und Angehörige eines fremden Nachrichtendienstes sind grundsätzlich nach Abs. 1, nicht Abs. 2 zu strafen: BGHSt. 6 349. Strafbar auch, wenn sie im Bundesgebiet als „Abwehrleute" arbeiten: KG N J W 57 684. IV. Konsumtion durch § 100 Abs. 1, 2, auch bei dolus subsequens: BGHSt. 6 333, 385; vgl. aber auch § 100 Anm. II. — Tateinheit mit § 241a: StE 15/55 v. 29. 7. 55. Pflichtwidrige

Führung von

Staatsgeschäften

§ lOOf (1) Ein Beauftragter der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder, der ein Staatsgeschäft mit einer fremden Regierung, einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung vorsätzlich zum Nachteil seines Auftraggebers führt, wird mit Zuchthaus bestraft. ( 2 ) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. I. Die landesverräterische Untreue des § lOOf entspricht dem alten § 90g. Vorläufer § 90 Entw. 1927, § 92 Abs. 1 Nr. 3 Fassg. vor 1934. Vgl. E 65 430: kein Vorsatz, wenn der Beauftragte um größerer Vorteile willen Nachteile in Kauf nimmt. II. Die m i l d e r n d e n U m s t ä n d e (vgl. Vorbem. A I V 2 f v o r § 13) sind an die Stelle des früheren Abs. 2 getreten, der einen objektiv leichteren Fall voraussetzte. III. Tateinheit mit §§ 266, 353 a möglich. IV. Anzeigepflicht gem. § 138. Nebenstrajen und -Folgen

§101

(1) Wegen der in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlungen kann erkannt werden neben den Strafen aus den §§ 100 bis 100 b, 100 d Abs. 1 und § 100 f auf Geldstrafe von unbegrenzter Höhe; neben den Strafen aus den §§ 100 c, 100 d Abs. 2 und 3 und § 100 e auf Geldstrafe; neben einer wegen einer vorsätzlichen Tat verhängten Gefängnisstrafe von mindestens drei Monaten

Handlungen gegen ausländische Staaten. Vorbemerkung § 102

299

für die Dauer Ton einem bis zu fünl Jahren auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter und den Verlust des Wahl- und Stimmrechts und der Wählbarkeit sowie auf den Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte; neben jeder Freiheitsstrafe aus den §§ 100 bis 100 b, 100 d, 100 e auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht. (2) § 86 güt entsprechend. Vgl. Anmerkungen zu §§ 85, 86.

Vierter Abschnitt

Handlungen gegen ausländische Staaten Vorbemerkung Zweck des Abschnitts ist der Schutz der Beziehungen zu ausländischen Staaten. Deren wesentlichste Interessen werden als Angriffsobjekte mittelbar mitumfaßt. Idealkonkurrenz mit den Bestimmungen, die sich nur auf inländische Rechtsgüter beziehen, grundsätzlich möglich, soweit nicht wie in § 102 Subsidiarität eingreift. Objektive Strafbarkeitsbedingungen sind das Bestehen diplomatischer Beziehungen und die Verbürgung der Gegenseitigkeit. Prozeßvoraussetzungen Strafverlangen der ausländischen und Ermächtigimg der Bundesregierung: § 104a.

Anschlag gegen ausländische Staatsmänner

§102 Wer einen Angriff auf Leib oder Leben eines ausländischen Staatsoberhauptes, eines Mitgliedes einer ausländischen Regierung oder eines im Bundesgebiet beglaubigten Leiters einer ausländischen diplomatischen Vertretung begeht, während sich der Angegriffene in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält, wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist. I. Zweck der Bestimmung ist, aus den Gründen der Vorbemerkung die Person des ausländischen Staatsoberhauptes oder Staatsmannes zu schützen, der sich in amtlicher Eigenschaft im Inlande (also auch z. B. in der SBZ) aufhält, aber nicht in dieser Eigenschaft oder überhaupt aus politischen Gründen angegriffen zu sein braucht. II. Angriff: vgl. § 83 Anm. I I . III. Subsidiäre Bestimmung. Nach § 102 a. F. war sachgemäßer Tateinheit möglich: E 69 56 mit Anm. Mettgenberg DStR 35 86.

300

Handlungen gegen ausländische Staaten §§ 103, 104, 104 a

Beleidigung ausländischer Staatsmänner §103 Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt oder wer mit Beziehung auf ihre Stellung ein Mitglied einer ausländischen Regierung, das sich in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält, oder einen im Bundesgebiet beglaubigten Leiter einer ausländischen diplomatischen Vertretung beleidigt, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren, im Falle der verleumderischen Beleidigung mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. I. Der Zweck ist, aus den Gründen der Vorbem. ausländischen Staatsmännern Ehrenschutz zu geben, und zwar Staatsoberhäuptern uneingeschränkt, Regierungsmitgliedern und Missionschefs nur in Beziehung auf ihre amtliche Stellung, ersteren ferner nur bei Inlandstaten. II. Tatbestandsmäßig sind alle Arten der Beleidigung: §§ 185 — 187, letzterenfalls mit erhöhter Strafe (Satz 2). §§ 187 a, 189 entfallen (str.). III. Spezialgesetz gegenüber § 185—187. Diese greifen wieder ein, wenn eine Bedingung der Strafbarkeit oder eine Prozeßvoraussetzung nach § 104 a fehlt. Verletzung ausländischer Flaggen und Hoheitszeichen §104 (1) Wer eine auf Grund von Rechtsvorschriften oder nach anerkanntem Brauch öffentlich gezeigte Flagge eines ausländischen Staates oder wer ein Hoheitszeichen eines solchen Staates, das von einer anerkannten Vertretung dieses Staates öffentlich angebracht worden ist, entfernt, zerstört, beschädigt oder unkenntlich macht oder wer beschimpfenden Unfug daran verübt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. I. Über den Zweck der Bestimmung vgl. Vorbem. II. Gegenstand der Handlung Flagge und Hoheitszeichen. Vgl. Anm. I zu § 96. III. Zur Handlung vgl. § 96 Anm. III. Verfahrensvoraussetzungen §

104a

Die Vergehen dieses Abschnittes werden nur verfolgt, wenn die Bundesrepublik zu dem anderen Staat diplomatische Beziehungen unterhält, die Gegenseitigkeit verbürgt ist und auch zur Zeit der Tat verbürgt war, ein Strafverlangen der ausländischen Regierung vorliegt und die Bundesregierung die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt. Die Ermächtigung kann zurückgenommen werden. I. Objektive Bedingungen der Strafbarkeit sind Unterhaltung diplomatischer Beziehungen und die Verbürgung der Gegenseitigkeit (teilweise auch als Prozeßvoraussetzungen aufgefaßt; über den Unterschied vgl. Svst. Vorbem. VI, VII).

Beeinträchtigung staatsbürgerlicher Rechte § 105

301

II. Prozeßvoraussetzungen sind Strafverlangen der ausländischen und Ermächtigung der Bundesregierung. Die Ermächtigung ist kein Strafantrag; über das Verhältnis beider Institute vgl. § 97 Anm. VII. Nebenslrajen und Nebenfolgen §

104b

(1) Im Falle des § 102 gelten die Vorschriften der § § 8 5 und 86 entsprechend mit der Maßgabe, daß neben den Strafen auf Geldstrafe erkannt werden kann. (2) In den Fällen der §§ 103 und 104 ist die Vorschrift des § 200 über die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung entsprechend anzuwenden, wenn die Tat öffentlich oder in einer Versammlung begangen worden ist. An die Stelle des Beleidigten tritt der Staatsanwalt. Vgl. Anm. zu §§ 85, 86. Geldstrafe in unbegrenzter Höhe hier nicht zulässig> auch keine Vermögensbeschlagnahme nach § 433 StPO.

Fünfter Abschnitt

Verbrechen und Vergehen in Beziehung an! die Ausübung staatsbürgerlicher Hechte Vorbemerkung Strafschärfung bei staatsfeindlicher Absicht gem. § 94 in den Fällen der §§ 106 - 108b. Parlamentsnötigung §105 (1) Wer es unternimmt, ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes auseinander zu sprengen, zur Fassung oder Unterlassung von Beschlüssen zu nötigen oder Mitglieder aus ihnen gewaltsam zu entfernen, wird mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren oder mit Einschließung von gleicher Dauer bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Einschließung nicht unter einem Jahre ein. 1. Neufassung durch 3. StÄG. II. Gesetzgebungsorgan. Vgl. § 11 Anm. I I I , § 97 Anm. II. Geschützt sind sinngemäß auch Ausschüsse und Kommissionen (a. A. Frank I). Nicht: kommunale Organe. III. Die Handlung. 1. Auseinandergesprengt ist das Organ, wenn es durch das Auseinandertreiben beschlußunfähig wird. Sonst Fall 3 oder § 106. 2. Nötigung zur Fassung oder Unterlassung von Beschlüssen ohne die Beschränkung der §§ 106, 108, 240 auf Gewalt und qualifizierte Drohung, E 58 78,

302

Beeinträchtigung staatsbürgerlicher Rechte §§ 106, 106 a

also z. B. auch durch Streik (zutr. Niese, Streik und Strafrecht 1954, 110ff.; a. A. Sax N J W 53, 368); vgl. § 80 Anm. V 2 zu 6 StR 42/54. 3. Gewaltsame Entfernung von Mitgliedern. Drohung mit Gewalt genügend (zutr. LK Anm. 3 b, a. A. Dreher-Maassen 2). IV. Das „Unternehmen" umfaßt auch hier wie in § 87 Vollendung und Versuch. E 42 266. Rücktritt gem. § 46 nicht möglich, a. A. Frank II. V. Rechtswidrig auch die Sprengung einer ihre Zuständigkeit überschreitenden Versammlung, solange diese sich nicht außerhalb der Verfassung gestellt hat. Dagegen nicht die Entfernung eines ausgeschlossenen Mitglieds: E 47 276. VI. Konkurrenzen. Verhältnis zu § 80, vgl. dort Anm. V 2 zu 6 StR 42/54. — Lex spec. gegenüber § 240. — Mit § 106 IdKonk. möglich. Hinderung von Mitgliedern

§106

(1) Wer ein Mitglied einer der vorbezeichneten Versammlungen durch G«walt oder durch Bedrohung mit einer strafbaren Handlung verhindert, sich an den Ort der Versammlung zu begeben oder zu stimmen, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Einschließung von gleicher Dauer bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Einschließung bis zu zwei Jahren ein. I. Die Stelle schützt das einzelne Parlamentsmitglied als solches, § 105 das Gesetzgebungsorgan als Ganzes (vgl. dort Anm. II, III). II. Zu stimmen umfaßt auch die freie Entschließung, in einem b e s t i m m t e n S i n n e zu stimmen (bestr.). Denn nicht in der Tatsache, sondern in der Richtung der Stimmabgabe liegt beim einzelnen Mitglied mehr noch als beim ganzen Parlament das eigentliche Schutzobjekt. Dagegen fällt Nötigung z u r Stimmabgabe nur unter § 240 (anders bei Wahlen, §§ 108, 108 d). III. Idealkonkurrenz mit § 105 möglich.

Bannkreisverletzungen

§ 106a

(1) Wer innerhalb des befriedeten Bannkreises um das Gebäude eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes sowie des Bundesverfassungsgerichts an öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel oder Aufzügen teilnimmt und dadurch vorsätzlich Vorschriften verletzt, die über den Bannkreis erlassen worden sind, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Wer zu Versammlungen oder Aufzügen auffordert, die unter Verletzung der in Absatz 1 genannten Vorschriften innerhalb eines befriedeten Bannkreises stattfinden sollen, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. I. Eingefügt durch 1. StÄG v. 30. 8. 51, durch 3. StÄG auf das BVerfG erweitert. Über Vorläufer vgl. § 106 b Anm. I.

Beeinträchtigung staatsbürgerlicher Rechte § 106 b

303

II. Zweck der Stelle ist, die Gesetzgebungsorgane (vgl. § 11 Anm. III) und das BVerfG vor Einschüchterungs- und sonstigen Beeinflussungsversuchen zu schützen. I m Gegensatz zu den konkreten Verletzungsdelikten der §§ 105, 106 ist § 106a ein abstraktes Gefährdungsdelikt in Form eines Biankettgesetzes. Ausfüllung durch das Verbot des § 16 Abs. 1 Versammlungsges. vom 24. 7. 63 (BGBl. I 684), dessen Abs. 2 wiederum ein Blankett f ü r die Bestimmung von Bannmeilen enthält (dazu Bannmeilenges. v. 6. 8. 55, BGBl. I, 504). HI. Handlang: 1.Teilnahme wie bei §§124,125, vgl. dort. Auffälligerweise straft § 26 Versamml. Ges. Veranstalter und Leiter nach dem gleichen Strafrahmen wie bloße Teilnehmer, während Auffordernde gem. § 106 a Abs. 2 strenger bedroht werden. — 2. An öff. Versammlungen unter freiem Himmel oder Aufzügen, a) „Versammlung" ist eine nicht allzu klein an Zahl bemessene, äußerlich irgendwie vereinigte Personenmehrheit, deren innere Vereinigung auf gemeinsamen bewußten Zwecken und Zielen, also auf gemeinsamem Willen beruht: E 21 73, 29 165. Nicht: künstlerische oder wissenschaftliche Vorträge: E 38 184. Über die erforderliche Zahl vgl. Köln JMB1. N R W 52 14, auch betr. Öffentlichkeit und „unter freiem Himmel" (hierzu noch PrOVG GA 52 410). b) Aufzug ist eine Menschenmenge (wie zu a), die sich in der Öffentlichkeit auf eine Weise fortbewegt, die geeignet ist, die öff. Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen: E 44 372. — 3. Bannkreisbestimmungen müssen durch die Teilnahme verletzt sein (normatives Handlungselement). Dazu oben Anm. II. IV. Vorsatz zu I I I 1 — 3 erforderlich. Unkenntnis des Verbots, auch verschuldete, schließt ihn aus. Näheres J Z 56, 74. Doch genügt dol. ev., der bei Kenntnis des Versammlungszweckes und der Bannmeile regelmäßig vorliegen wird. V. Aufforderung gem. Abs. 2. Zum B e g r i f f vgl. § 96 Anm. I I 3, § 110 Anm. VTI. Über Unstimmigkeiten im Strafrahmen oben Anm. I I I 1. Bei ö f f e n t l i c h e n Aufforderungen und sonstiger Qualifikation greift § 23 VersammlGes. mit schärferer Strafdrohung ein. — Zum Vorsatz vgl. oben Anm. IV.

Verletzung des parlamentarischen

Hausrechts

§ 106b (1) Wer vorsätzlich gegen Anordnungen verstößt, die ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder dessen Präsident über das Betreten des Gebäudes des Gesetzgebungsorgans oder des dazu gehörenden Grundstücks oder Uber das Verweilen oder die Sicherheit und Ordnung im Gebäude oder auf dem Grundstück allgemein oder im Einzelfall erläßt, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist. Die Tat wird nur mit Ermächtigung des Präsidenten des Gesetzgebungsorgans verfolgt. (2) Die Strafvorschrift des Absatzes 1 gilt bei Anordnungen eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder seines Präsidenten weder für die Mitglieder des Bundestages noch für die Mitglieder des Bundesrates und der Bundesregierung sowie ihre Beauftragten, bei Anordnungen eines Gesetzgebnngsorgans eines Landes oder seines Präsidenten weder für die Mitglieder der Gesetzgebungs-

304

Beeinträchtigung staatsbürgerlicher Rechte §§ 107, 107 a

Organe dieses Landes noch für die Mitglieder der Landesregierung und ihre Beauftragten. I. Die Bestimmung geht (wie auch § 106 a) mit geringen Abweichungen auf das frühere Gesetz über die Befriedung der Gebäude des Reichstages und der Landtage vom 8. 5. 20 (RGBl. I S . 909) zurück. Vgl. auch Art. 7 Nr. 2 des ÄndGes. v. 30. 8. 51. II. Zweck der Stelle ist erhöhter Schutz des Hausrechts und der Polizeigewalt (vgl. Art. 40 Abs. 2 GG sowie §§ 110, 113ff„ 123f.). III. Ermächtigung: vgl. §97 Anm. VII. Wahlhinderung

§107 (1) Wer mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt eine Wahl oder die Feststellung ihres Ergebnisses verhindert oder stört, wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. I. Neufassung durch 3. StÄG. II. Zweck der Stelle ist, den gesamten Wahlvorgang als Institution zu schützen, vgl. für das alte Recht E 63 387. Der einzelne Wähler als Staatsbürger wird durch § 108 geschützt. Doch kann in der Verhinderung einzelner die des ganzen Vorgangs oder doch dessen Störung liegen. Zum B e g r i f f der Wahlen und Abstimmungen § 109 a. III. Über Gewalt und Drohung vgl. § 52 Anm. II, III, aber auch BGHSt. 8 102, wonach es für den Gewaltbegriff entscheidend nicht auf die Kraftentfaltung, sondern auf die Einwirkung ankommt, und dazu § 80 Anm. III. IV. Über besonders schwere Fälle vgl. § 89 Anm. VIII. Wahlfälschung

§

107a

(1) Wer unbefugt wählt oder sonst ein unrichtiges Ergebnis einer Wahl herbeiführt oder das Ergebnis verfälscht, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer das Ergebnis einer Wahl unrichtig verkündet oder verkünden läßt. (3) Der Versuch ist strafbar. 1. Eingefügt durch das 3. StÄG an Stelle des alten § 108, der empfindliche Lücken aufwies. Darüber die 39. u. 40. Auflage. II. Handlung. 1. Zum Begriff des Wählens vgl. E 20 420, 63 382. 2. Ein unrichtiges Ergebnis der Wahl ist auch dann herbeigeführt, wenn nur die Stimmenzahl, nicht aber das Endergebnis der Wahl unrichtig ist. E 549. Die Handlungen zu 1 und 2 müssen v o r Beendigimg der Wahlhandlungen liegen (E 56 387). Dagegen betrifft 3. die Verfälschung des Wahlergebnisses die Zeit n a c h Abschluß der Stimmabgabe.

Beeinträchtigung staatsbürgerlicher Rechte §§ 107 b, 107 c

305

Aus der Rspr.: Das E r g e b n i s der Wahlhandlung liegt vor, sobald die Wähler ihre Stimme abgegeben haben; nicht erst, wenn es ermittelt, festgestellt oder beurkundet ist (E 20 420, 56 389, 62 6). — R i c h t i g ist das Ergebnis, wenn es dem Willen der Wähler entspricht. U n r i c h t i g , wenn dies nicht der Fall (E 63 382: ein Beisitzer hatte selber den Wahlvorschlag angekreuzt und dann den Wahlzettel dem Wähler eingehändigt). G e f ä l s c h t , wenn unzulässige Wahlmaterialien benutzt werden, die Ausübung der Wahl dem Gesetz nicht entspricht: E 37 233, 297. So bei mehrfacher Stimmabgabe derselben Person unter Benutzung eines fremden Namens: Rechtspr. 7 168; Stimmabgabe durch einen nicht zur Wahl Berechtigten: E 10 60; Ausübung des Wahlrechtes an mehreren Orten (infolge Aufnahme in mehrere Wählerlisten): E 37 233, 297, 380 gegen E 21 414. 4. Unrichtiges Verkünden oder Verkündenlassen des Wahlergebnisses, gleichviel, ob dieses ordnungsgemäß festgestellt war oder nicht. Täter hier nur amtlich Beauftragte (nicht z. B. private Pressemeldungen). Mehrere Tätigkeiten zu 1 bis 4 bilden eine einheitliche Handlung, soweit sie den gleichen Wahlvorgang betreffen. Vgl. den rechtsähnlichen Fall § 96 Anm. V. III. Konkurrenzen. §§ 108, 108a gehen als Spezialgesetze vor. Tateinheit mit Falschbeurkundung und Urkundenfälschung möglich: E 22 282, 56 390. Für das neue Recht Stuttgart N J W 54 486; dagegen Bruns S. 456. Vorbereitung zur Wahlfälschung

§ 107 b Wer 1. seine Eintragung in die Wählerliste (Wahlkartei) durch falsche Angaben erwirkt, 2. einen anderen als Wähler einträgt, ron dem er weiß, daß er keinen Anspruch auf Eintragung hat, 3. die Eintragung eines Wahlberechtigten als Wähler verhindert, obwohl er dessen Wahlberechtigung kennt, 4. sich als Bewerber für eine Wahl aufstellen läßt, obwohl er nicht wählbar ist, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist. I. Eingefügt durch 3. StÄG. II. Subsidiäre Vorschrift, die bestimmte besonders gefährliche Vorbereitungshandlungen der Wahldelikte treffen soll. Verletzung des Wahlgeheimnisses

§ 107c Wer einer dem Schutze des Wahlgeheimnisses dienenden Vorschrift in der Absicht zuwiderhandelt, sich oder einem anderen Kenntnis davon zu verschaffen, wie jemand gewählt hat, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. 20

K o h l r a n s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

306

Beeinträchtigung staatsbürgerlicher Rechte § 108

I. Eingefügt durch 3. StÄG. II. Zweck: Schutz des Wahlgeheimnisses (wie, nicht ob jemand gewählt hat). DI. Form: Blankettvorschrift, ausgefüllt z. B. durch § 34 Wahlgesetz vom 7. 5. 56, §§ 30, 3 5 - 3 7 BundesWahlO vom 15. 7. 53. IV. Vorsätzlicher Verstoß gegen diese Vorschriften ist strafbar, wenn überdies die tatbestandsmäßige Absicht vorliegt. V. Bei staatsfeindlicher Absicht Strafschärfung gemäß § 94. Die hier mögliche Kombination zweier ganz verschiedener Absichten zeigt, daß der Begriff der Absicht nicht ohne weiteres und überall mit dem des Motivs oder des Endzwecks gleichzusetzen ist.

Wählernötigung

§108

(1) Wer mit Gewalt, durch rechtswidrige Drohung mit einem empfindlichen Übel, durch Mißbrauch eines beruflichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses oder durch sonstigen wirtschaftlichen Druck einen anderen nötigt oder hindert, zu wählen oder sein Wahlrecht in einem bestimmten ginne auszuüben, wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft. Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. (2) Der Versuch ist strafbar. I. Eingefügt durch 3. StÄG. Die Stelle entspricht dem alten § 107. II. Zweck: die freie Ausübung des Wahlrechts durch den Staatsbürger zu schützen. Die Wählernötigung ist durch die Besonderheit des Schutzobjekts und der Angriffsmittel aus der allgemeinen Nötigung herausgehoben. Gegenstück § 107, der den Wahlakt als Institution schützt, vgl. dort. III. Handlung: betr. Gewalt und schwere Drohung vgl. Anm. III, IV zu §240,betr. Mißbrauch bestimmter Abhängigkeitsverhältnisse § 175 a Anm. 114. Der sonstige wirtschaftliche Druck wird meist ebenfalls als Drohung wirken, doch richtet sich diese Stelle weniger auf ein damnum emergens als ein lucrum cessans, z. B. Versagen einer an sich in Aussicht stehenden Einstellung als Arbeitnehmer. Ferner braucht dieser Druck nicht in gleichem Maße wie die Drohung mit einem empfindlichen Übel auf eine b e s t i m m t e M a ß n a h m e konkretisiert zu sein; allgemeine Einschüchterung genügt. IV. Der Vorsatz bleibt unberührt, wenn der Täter nicht erkennt, daß derartige Mittel unerlaubt sind: BGHSt. 2 194. V. Besonders schwere Fälle: vgl. § 89 Anm. VIII. VI. Spezialbestimmung gegenüber § 240. Mehrere Handlungen gegen verschiedene Wähler sind selbständige Taten. Denn der einzelne Wähler ist hier geschützt, vgl. oben Anm. II. Das Rechtsgut des § 107 a, das Institut der Wahl als solches hat daneben selbständige Bedeutung. Daher Idealkonkurrenz. Ebenso schon E 63 387. Schönke-Schröder V wollen § 107 a ausschließen.

Beeinträchtigung staatsbürgerlicher Rechte §§ 108a, 108b, 108c

307

Wählertäuschung

§ 108 a (1) Wer durch Täuschung bewirkt, daß jemand bei der Stimmabgabe über den Inhalt seiner Erklärung irrt oder gegen seinen Willen nicht oder ungültig wählt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. I. Eingefügt durch 3. StÄG. Früher nicht strafbar. Ergänzend: § 108d. II. Zweck: den einzelnen als Staatsbürger in der unbeeinflußten Ausübung seines Wahlrechts auch gegen Täuschung zu schützen; dies auch in krassesten Fällen wie dem, daß der Getäuschte nicht einmal erkennt, daß er wählt: BGHSt. 9 338. Ergänzung zum Schutz gegen Gewalt, Drohung usw. in § 108. III. Zur Handlung vgl. § 263, insbes. zur Täuschung Anm. I I , sowie darüber, daß der Täuschende als mittelbarer Täter sein Opfer als Werkzeug benutzt. Doch verlangt § 108a Bewirken des Irrtums. Bloße A u f r e c h t e r h a l t u n g eines schon vorhandenen Irrtums im Gegensatz zu § 263 n i c h t . Der Motivirrtum durch täuschende Propaganda oder Wahlhetze wird nicht erfaßt. IV. Idealkonkurrenz mit § 107 a aus den Gründen der Anm. VI zu § 108. Wahlbestechung

§ 108b (1) Wer einem anderen dafür, daß er nicht oder in einem bestimmten Sinne wähle, Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer dafür, daß er nicht oder in einem bestimmten Sinne wähle, Geschenke oder andere Vorteile fordert, sich versprechen läßt oder annimmt. (3) Das Entgelt oder dessen Wert kann im Urteil eingezogen werden. I. Eingefügt durch 3. StÄG; Erweiterung gegenüber dem alten § 109 auf Vorbereitungshandlungen. II. Die Handlung ist in Abs. 1 aktive, in Abs. 2 passive Bestechung. Ihre Einzelheiten entsprechen denen des § 333 bzw. § 331, vgl. dort. F ü r Bestechung von A b g e o r d n e t e n gilt § 108b nicht: § 108d.

Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte

§ 108c In den Fällen der §§ 107, 107a, 108 und 108b kann neben einer Gefängnisstrafe auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Eingefügt durch 3. StÄG. Voraussetzung ist, daß mindestens drei Monate Gefängnis verhängt sind: § 32 Abs. 1. Bei Jugendlichen unzulässig: § 6 JGG. 20*

308

Vergehen gegen die Landesverteidigung § 109

Geltungsbereich

§ 108(1

Die Vorschriften der §§ 107 bis 108 c gelten für Wahlen zu den Volksvertretungen und für sonstige Wahlen und Abstimmungen des Volkes im Bund, in den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden. Einer Wahl oder Abstimmung steht das Unterschreiben eines Wahiyorschlages oder das Unterschreiben für ein Volksbegehren gleich. Eingefügt (als § 109 a) durch 3. StÄG: Legaldefinition der Begriffe Wahl und Abstimmung, die alte Streitfragen erledigt. Abgeordnetenbestechung auch für Wahlen innerhalb des Parlaments nicht erfaßt. Betr. Abstimmungen E 62 6 (Volksentscheid). A b s c h n i t t 5a

Vergehen gegen die Landesverteidigung Selbstverstümm elung

§ 109*)

(1) Wer sich oder einen anderen mit dessen Einwilligung durch Verstümmelung oder auf andere Weise zur Erfüllung der Wehrpflicht untauglich macht oder machen läßt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Führt der Täter die Untauglichkeit nur zeitweise oder für eine einzelne Art der Verwendung herbei, so ist die Strafe Gefängnis. (3) Der Versuch ist strafbar. I. Wehrpflicht. Vgl. Wehrpflichtgesetz vom 21. 7. 56 (BGBl. 1 S. 651) §§ 1—3, Soldatengesetz vom 19. 3. 56 (BGBl. I S. 114) § 51. Nach §§ 1 und 3 Abs. 2 WehrpflichtG sind wehrpflichtig alle Männer zwischen 18 und 45 Jahren, die Deutsche i. S. des Grundgesetzes sind und entweder ihren ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes (der Bundesrepublik ohne West-Berlin) haben oder ihn zwar außerhalb der deutschen Grenzen vom 31. 12. 37 haben, aber ihren letzten innerdeutschen ständigen Aufenthalt in der B R hatten oder einen Paß oder eine Staatsangehörigkeitsurkunde der B R besitzen oder sich auf andere Weise ihrem Schutz unterstellt haben. Verlegt ein Wehrpflichtiger seinen ständigen Aufenthalt während des Wehrdienstes innerhalb Deutschlands aus der B R hinaus, bo bleibt er während der für diesen Wehrdienst festgesetzten Zeit wehrpflichtig (§ 1 Abs. 3). Für das Ruhen der Wehrpflicht, für Wehrpflicht von Ausländern und Staatenlosen, von Offizieren und Unteroffizieren, von Berufssoldaten und im Verteidigungsfalle gelten besondere Bestimmungen. Auch der zivile Ersatzdienst ist Erfüllung der Wehrpflicht (§§ 3, 25 WehrpflichtGes.). Zur Zeit der Tat braucht der Selbsttäter oder Einwilligende noch nicht wehrpflichtig zu sein (Schäfer-v. Dohnanyi, Frank-Nachtrag S. 200, LK 7. Aufl. § 142 Anm. 2, Schwarz 9. Aufl. § 142 Anm. 1 A). •) Der bisherige § 109 ist jetzt § 108c.

Vergehen gegen die Landesverteidigung § 109

309

II. Durch Verstümmelung oder aul andere Weise muß der (künftig) Wehrpflichtige untauglich gemacht worden sein. Unter Verstümmelung ist das Entfernen oder Zerstören eines Körpergliedes oder -organs zu verstehen (weitergehend Schlayer bei Rittau, MilStGB, 5. Aufl. 1944, § 81 Anm. 1). Vgl. E 33 281: sie hat regelmäßig für das Lehen dauernde Untauglichkeit zur Folge. Auf andere Weise: damit sind andere Mittel zur Erreichung des gleichen Zieles, nämlich der tatsächlichen Untauglichkeit gemeint. Etwa: Herbeiführen von Krankheiten, Lähmungen, wesentlichen geistigen oder seelischen Ausfallerscheinungen oder sonstigen Normabweichungen oder Funktionsstörungen. Nicht unter § 109 gehört der Fall, daß sich jemand r e c h t l i c h vom Wehrdienst ausschließt (t> 10 WehrpflichtGes.;, indem er zu diesem Zweck ein Verbrechen begeht. III. Die Untauglichkeit muß gänzlich und endgültig oder — in den milder bestraften Fällen des Abs. 2 — zeitweise (z. B. während der Dauer einer Wehrübung) oder für eine einzelne Art der Verwendung (z. B. als Luftwaffenpilot) herbeigeführt worden sein. Bloß t e i l w e i s e Untauglichkeit (für einen bestimmten Geländemarsch oder Dienstflug) genügt im Gegensatz zu § 17 Abs. 2 WehrStG nicht. F e s t g e s t e l l t wurde die Untauglichkeit mit bindender Wirkung auch für die Gerichte nach altem Recht durch die Wehrersatzdienststellen, E 44 268. Heute gelten §§ 14ff., 32ff. WehrpflichtGes. IV. Die Einwilligung des zu Verstümmelnden begründet hier die Tatbestandsmäßigkeit der Handlung. Das ist die dritte Fassung der Bestimmung. Der alte § 142 setzte „Verlangen" des Verstümmelten voraus, seine Neufassung durch Ges. v. 28. 6. 35 weder das eine noch das andere. Heute ist die Verstümmelung des nicht Einwilligenden nur nach §§ 223ff., 240 strafbar, regelmäßig also nach Bestimmungen mit erheblich geringerer Mindeststrafe als drei Monaten Gefängnis. Das erscheint zunächst befremdend, da Einwilligung sonst stets zugunsten des Täters wirkt, sei es daß sie den Tatbestand oder die Rechtswidrigkeit ausschließt, sei es daß sie die Schuld mindert (dazu Syst. Vorbem. I I I , Vorb. I I 3 vor § 51, § 226 a Anm.); vergleichbar nur der frühere § 226 b. Aber es rechtfertigt sich hier dadurch, daß die Handlung typischerweise gefährlicher ist, wenn sie im Zusammenwirken mit dem zu Verstümmelnden erfolgt. V. Vorsatz: auch bedingter. Z. B. der Wehrpflichtige verstümmelt sich, um erfolgreicher betteln zu können (Beispiel bei Schäfer-v. Dohnanyi a. a. O.) oder um einen Versicherungsbetrug zu begehen (LK 7 § 142 Anm. 3); er ist sich dabei bewußt und nimmt billigend in Kauf, daß er dadurch dienstuntauglich wird. VI. Täterschaft und Teilnahme. 1. Verstümmelt ein Soldat (nach § 1 Soldatenges.: „wer auf Grund der Wehrpflicht oder freiwilliger Verpflichtung in einem Wehrdienstverhältnis steht") sich selbst oder einen anderen Soldaten, so greift § 17 i. V. mit § 1 Abs. 1 WStG ein, der als Spezialgesetz dem § 109 vorgeht (s. u. zu VII). 2. Wegen Teilnahme an einer solchen Tat ist nach § 17 WStG i. V. mit §§ 48, 49 StGB auch strafbar, wer nicht selbst Soldat ist: § 1 Abs. 3 i. V. mit § 3 WStG. Dies gilt auch dann, wenn sich der Soldat nur t e i l w e i s e , etwa für einen bestimmten Geländemarsch, untauglich macht, die Haupttat also außerhalb des soldatischen Bereichs nicht strafbar wäre (oben Anm. III).

310

Vergehen gegen die Landesverteidigung § 1 0 9 a

3. Läßt sich ein Soldat von einem Nichtsoldaten durch Verstümmelung untauglich machen, so ist jener Täter des § 17 WStG, dieser Täter des § 109 S t G B und nur dies. Das ergibt sich aus dem Vorrang der Täterschaft vor der (unqualifizierten) Teilnahme an dem Sonderdelikt des § 17 WStG, obwohl rein konstruktiv auch diese vorläge (s. o. zu 2). 4. Läßt sich der Täter von einem anderen verstümmeln, so liegt sog. notwendige Teilnahme vor, d. h. die Tat kann in dieser Form nur durch Beteiligung mehrerer ausgeführt werden. Der Einwilligende ist dabei mittelbarer Täter der Selbstverstümmelung mittels eines dolosen Werkzeugs, das seinerseits durch das Gesetz gleichgestellte Täterqualität hat. Hier gibt es also von Gesetzes wegen den Täter hinter dem Täter, eine von der herrschenden Meinung zu Unrecht geleugnete Rechtsfigur (vgl. Vorbem. I B vor § 47, S. 161). Hinter jeder Fremdverstümmelung steht eine — mittelbare — Selbstverstümmelung. VII. Verhältnis zu anderen Bestimmungen. 1. Als Spezialgesetz geht § 17 WStG innerhalb seines Bereichs vor, weil er Sonderdelikt ist (s. o. zu V I 1; vgl. aber auch § 109a Anm. I I I betr. zivilen Ersatzdienst!). Wer als Nichtsoldat dazu beiträgt, einen Soldaten zeitweise oder teilweise untauglich zu machen, ist hiernach mit Gefängnis schlechthin bedroht, während der Soldat bei geringer Schuld (§11 WStG) mit Strafarrest davonkommen kann. Hier ist gegebenenfalls mit § 27 b zu helfen. 2. F e h l t die E i n w i l l i g u n g des Verstümmelten, so kommen §§ 223ff., 240 in Betracht. Dazu oben zu IV.

Wehrpflichtentziehung

durch

Täuschung

§ 109 a*) (1) Wer sich oder einen anderen durch arglistige, auf Täuschung berechnete Machenschaften der Erfüllung der Wehrpflicht dauernd oder zeitweise, ganz oder für eine einzelne Art der Verwendung entzieht, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. I. Die Handlung: arglistige, auf Täuschung berechnete Machenschaften, erfordert mehr als etwa einfaches Belügen eines Militärarztes, um sich vom Wehrdienst zu drücken. Selbst unter der erheblich weitergehenden letzten Fassung des § 83 M ilStGB war die einfache Drückebergerei unter falschem Vorwand bloß disziplinarisch zu ahnden (Rittau, Anm. 3 zu § 83). Was hier für den Soldaten galt, muß erst recht für den Nichtsoldaten gelten. Das gegenüber der einfachen Lüge erforderliche Mehr liegt dabei in einem Doppelten. 1. Machenschaften sind mehr als eine einzelne, punkthafte Willensbetätigung, bedeuten vielmehr ein methodisches, „ b e r e c h n e t e s " G e s a m t v e r h a l t e n (Fall des Hochstaplers Felix Krull). Bis zu einem gewissen Grade vergleichbar ist die Auslegung des „Unzuchttreibens" in § 175, für das die Rechtsprechung ebenfalls „Handlungen von einer gewissen Stärke und Dauer" (BGHSt. 1 293) erfordert. Doch schlägt dort einfach die Quantität in die Qualität um, während die „Machenschaften" final eine Sinneinheit bilden müssen. Zust. Kohlhaas N J W 58, 135. *) Der bisherige § 109a war praktisch kaum bedeutsam. E r ist jetzt § 1 0 8 d .

Vergehen gegen die Landesverteidigung § 109b

311

Soweit der Ausdruck darüber hinaus negativ wertgetränkt ist, bedeutet er soviel wie „arglistig" und umgekehrt: 2. Arglistig sind die Machenschaften, wenn sie eben „ M a c h e n s c h a f t e n " im Sinne u n l a u t e r e n Verhaltens sind. Die in dem Gesamtausdruck liegende Tautologie wird von Dreher JZ 57, 397 zugegeben und damit erklärt, daß man einerseits die einfache Lüge, andererseits Fälle wie den, daß jemand durch heimliche Einnahme von Arzneimitteln künstlich eine Krankheit hervorruft (§ 17 WStG bzw. § 109 StGB), aus dem Tatbestande des § 18 WStG bzw. des § 109a habe ausschalten wollen. „Arglistige Machenschaften" bedeutet hiernach ein aus unlauterer Gesinnung oder doch unlauteren Beweggründen entsprungenes, seiner Art nach besonders verwerfliches berechnetes Gesamtverhalten. Nach Rittau a. a. 0 . : „in gemeiner, raffinierter Weise vorgenommen". Nicht unter die Stelle fallen danach etwa ein Handeln aus Gewissensgründen, selbst wenn planmäßig und zielbewußt, oder Verhaltensweisen, die nicht gerade toleriert, aber üblicherweise nicht allzu tragisch genommen werden: jemand täuscht über seine Tauglichkeit für eine bestimmte Art der Verwendung, um für eine andere Waffengattung einberufen zu werden. Die Auslegung des Begriffs in § 170 StGB ist für § 109 a nicht verwendbar, erst recht nicht die des § 123 BGB, s. u. zu 3. 3. Auf Täuschung berechnet müssen die arglistigen Machenschaften sein; z. B. Vorspiegelung eines Leidens (E 29 218) oder von Notständen: E 46 90. Hierin liegt zunächst nur die Bezeichnung des besonderen Angriffsmittels (in Abgrenzung etwa zur Selbstverstümmelung). Der Begriff ist wie bei § 263 auszulegen, vgl. dort Anm. II sowie — zur Entstehungsgeschichte — E 9 93 ff. Wie der Vergleich mit dem alten § 143 zeigt, liegt nicht schon in dem Täuschungsziel selbst die Arglist (anders f ü r § 123 BGB Enneccerus-Nipperdey § 174 I 2), auch nicht in der Absicht, die Wehrkraft des Volkes zu schädigen. — E i g n u n g zur Täuschung nicht erforderlich. II. Der Wehrpflicht muß der Täter sich oder einen anderen entzogen haben. Vgl. § 109 Anm. I und — über den Ausschluß der nur teilweisen Entziehung — dort Anm. I I I . III. Als Spezialgesetz geht § 18WStG vor, wenn ein Soldat Täter ist und sich oder einen anderen Soldaten dem Wehrdienst entzieht. Jedoch liegt es nicht so, daß jeder Fall der §§ 109, 109a StGB zugleich die Verwirklichung der §§ 17, 18 WStG enthält, wenn der Täter Soldat ist. Denn die Wehrpflicht umfaßt außer dem Wehrdienst auch den zivilen Ersatzdienst (§§ 3, 25 Wehrpflichtges.). § 109a geht insoweit über § 18 WStG hinaus. Umgekehrt geht § 18 WStG weiter, insofern er auch die teilweise Wehrdienstentziehung (oben Anm. II) und die Entziehung vom freiwilligen Wehrdienst umfaßt. Verleitung zum Ungehorsam

§ 109b (1) Wer vorsätzlich einen Soldaten der Bundeswehr verleitet, einen Befehl nicht zu befolgen, und dadurch die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, die Schlagkraft der Truppe, Leib oder Leben eines Menschen oder ihm nicht gehörende Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Gefängnis oder mit Einschließung bis zu fünf Jahren bestraft.

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Vergehen gegen die Landesverteidigung § 109b

(2) Der Versuch ist strafbar. (S) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren. (4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig herbeiführt, wird mit Gefängnis oder Einschließung bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (5) Die Tat ist nicht rechtswidrig, wenn der Befehl nicht verbindlich ist, insbesondere wenn er nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt ist oder die Menschenwürde verletzt oder wenn durch das Befolgen ein Verbrechen oder Vergehen begangen würde. Dies gilt auch, wenn der Täter irrig annimmt, der Befehl sei verbindlich. (6) Begeht ein Soldat der Bundeswehr Anstiftung zum Ungehorsam, so sind die Vorschriften des Wehrstrafgesetzes anzuwenden. I. Soldat: vgl. § 109 Anm. V I 1 (zu § 1 SoldGes.). II. Befehl: nach § 2 Nr. 2 WStG „eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten, die ein militärischer Vorgesetzter einem Untergebenen schriftlich, mündlich oder in anderer Weise, allgemein oder f ü r den Einzelfall und mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt". Vorgesetzter ist nach § 1 Abs. 4 SoldGes., „wer befugt ist, einem Soldaten Befehle zu erteilen". Die Definition des Befehls ist bewußt formal gehalten (über die Gründe hierfür Dreher J Z 57, 395). Sie geht über den früheren „Befehl in Dienstsachen" (§ 92 MilStGB) hinaus und u m f a ß t dienstfremde „Scheinbefehle" (Dietz, Wehrmachtdisziplinarstrafordnung 1943, S. 48, Rittau § 92 MilStGB Anm. 6) und andere unverbindliche und rechtswidrige Befehle. Auch Verleitung zum Ungehorsam gegen solche Anweisungen ist eine „ T a t " , der Abs. 5 lediglich die materielle Rechtswidrigkeit abspricht. Allerdings werden die „schwerwiegenden Folgen" des Abs. 1 in solchen Fällen regelmäßig fehlen. Darüber Anm. IV. III. Nicht befolgt ist der Befehl, wenn er tatsächlich nicht ausgeführt wird. Das ist nicht gleichbedeutend mit Gehorsamsverweigerung, wie sich aus § 20 Abs. 2 WStG (Ausführung nach anfänglicher Verweigerung) ergibt. IV. Die T a t muß die Sicherheit des Bundes gefährden oder andere schwerwiegende Folgen i. S. des § 2 Nr. 3 WStG haben, dessen Legaldefinition in § 109b Abs. 1 wiederkehrt. Im einzelnen: 1. Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland: vgl. die gleichbedeutenden Wendungen in den Tatbeständen der staatsfeindlichen Zersetzung (§ 91, dort Anm. III und vor I zu seiner Neufassung), des staatsfeindlichen Nachrichtendienstes (§ 92, dort Anm. II), der landesverräterischen Beziehungen (§ 100 d Abs. 2, vgl. dort Anm.). 2. Die Schlagkraft der Truppe meint zunächst das reibungslose Funktionieren des B e f e h l s a p p a r a t e s , darüber hinaus aber den G e i s t der Truppe; insoweit entspricht sie der „pflichtgemäßen Bereitschaft eines öffentlichen Sicherheitsorgans" in § 91 (vgl. dort Anm. I I I und vor I zur n. F.). Ea genügt, wenn eine nicht nur ganz unbestimmte Möglichkeit dafür geschaffen wird, daß die volle und sofortige Einsatzbereitschaft und Verwendbarkeit der Truppe auch nur an einer Stelle gestört oder beeinträchtigt wird, R K G v. 13. 8. 43 (bei R i t t a u § 92 Anm. 11).

Vorgehen gegen die Landesverteidigung § 109b

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Doch müssen Tatsachen vorliegen, die über die in j e d e m Ungehorsam liegende Gefahr hinausgehen (RKG 1 182). 8. Gefahr für Leib oder Leben eines Menschen: gleichviel ob er zur Truppe gehört oder nicht (z. B.: durch befehlswidrig nicht bewachte Munition werden spielende Kinder gefährdet). 4. Dem Täter nicht gehörende Sachen von bedeutendem Wert: ebenfalls nicht nur Militärgut. Bei einem Manöver droht etwa erheblicher Flurschaden dadurch, daß befehlswidrig marschiert wird. Auch herrenlose Sachen sind geschützt. V. Verleiten ist die e r f o l g r e i c h e E i n w i r k u n g a u f d e n W i l l e n eines anderen. 1. Auch wo sonst das Gesetz von „Verleiten" spricht, verlangt es, daß der Verleitete die Handlung vornimmt (und nicht, nur versucht hat oder gar nur zu ihr aufgefordert wurde; über und gegen solche Ansichten Frank § 141 Anm. II). Schon im Gesetzeswort setzt § 170 voraus, daß die Ehe auf Grund der Verleitung geschlossen wird, § 179, daß der erschlichene Beischlaf stattfindet. Ebenso grundsätzlich E 5 126 (für § 141 a. F.): „Schon nach dem Sprachgebrauch des gewöhnlichen Lebens bezeichnet das Verleiten zu einer Handlung die wirkliche Herbeiführung dieser Handlung, und zwar in ihrer Totalität." In gleichem Sinne E 12 254 betr. Verleitung zum Falscheid und die Rechtspr. zu § 176 Abs. 1 Nr. 3, Fall 2 und 3; vgl. Anm. IV zu § 176. Entgegen der allgemeinen Meinung (Schwarz, 9. Aufl. zu § 141, Lackner JZ 57, 402) ist danach der Begriff der Verleitung enger als der der Anstiftung. Diese liegt begrifflich ipso iure schon vor, wenn der Angestiftete die Tat nur versucht hat, vorausgesetzt nur, daß die H a u p t t a t schon im Versuchsstadium mit Strafe bedroht ist. Bei der Verleitung ist darüber hinaus erforderlich, daß auch i h r Versuch strafbar ist. Erst durch besondere Bestimmungen wie hier den § 109 b Abs. 2 wird erreicht, was sich bei der Anstiftung bereits aus der allgemeinen Akzessorietätsklausel des § 48 Abs, 2 ergibt. Andererseits erfaßt § 109b Abs. 2 über diese Fälle hinaus auch solche, die sonst nur im Rahmen des § 49 a strafbar wären. Um dies letztere zu erreichen, wurden § 109 b und 109 c als selbständige Tatbestände geschaffen, wie Lackner a. a. 0. S. 403 mitteilt, ferner um die Stationierungsstreitkräfte ungeachtet der Verschiedenheiten der Militärstrafgesetze in gleicher Weise wie die eigene Truppe schützen zu können. Diese Verselbständigung hat aber noch andere Auswirkungen. 2. „Verleiten" bezeichnet in §§ 160, 170, 179 und sonst stets gerade die Talle, in denen der Verleitete gutgläubig, d. h. unvorsätzlich in dem Sinne handelt, daß er die soziale Bedeutung seines Verhaltens verkennt. Vgl. etwa für § 176 schon E 22 33: „Auf seiten des Kindes kann kein Bewußtsein von der Bedeutung des Verhaltens gefordert werden." Ebenso BGHSt. 1 172 (ständig). Daß es in § 109b anders sein sollte, wie Lackner JZ 57,403 meint, ist nicht einzusehen. Nur ganz schwerwiegende Gründe könnten dazu zwingen, einen in sich so widerspruchsvollen Sprachgebrauch des Gesetzes anzunehmen. Solche Gründe sind nicht ersichtlich. Der Hinweis, daß § 160 schon begrifflich nur unvorsätzliches Handeln umfasse, schlägt nicht durch und versagt ohnehin gegenüber §§ 170, 176, 179 usw. Lackner meint ferner, den zu erfassen, der einen Soldaten zu unvorsätzlicher Nichtbefolgung eines Befehls verleite, sei bedenklich, weil es für den Bereich der Teilnahme im Widerspruch zu BGHSt. 9 370 stehe. Aber die Rechtsprechung ist am Gesetz und nicht das Gesetz

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Vergehen gegen die Landesverteidigung § 109b

an der Rechtsprechung zu orientieren. Am wenigsten an einer einzelnen Entscheidung, die noch dazu höchst umstritten ist (gegen sie Mezger StB AUg. T., 7. Aufl. S. 223, La.nge ZStW 68,644, vgl. auch JZ 57,74). Und schließlich läßt sich aus einem Urteil, das sich entscheidend auf eine bestimmte Auffassung vom „Wesen der Anstiftung" stützt, f ü r die Täterhandlung eines selbständigen Delikts überhaupt nichts herleiten, wie schon die §§ llOff. ¡.eigen. Nicht nur der durchgehend einheitliche Gesetzessprachgebrauch, sondern auch zwingende sachliche Gründe fordern demgegenüber die Einbeziehung der Verleitung zu unvorsätzlichem (fahrlässigem oder schuldlosem) Nichtbefolgen eines Befehls. „ B e f e h l " ist ein Rechtsbegriff, nach der üblichen Terminologie ein „normativer" (vgl. BGHSt. 3 123, 255; 4 352), richtiger ein k o g n i t i v e r Begriff. Vgl. dazu im einzelnen § 59 Anm. I I I 2, V 1, 2 und 4b). Verkennt der Soldat dieses Tatbestandsmerkmal in seiner sozialen Bedeutung, so fehlt ihm der Vorsatz. I m IllerProzeß im August 1957 (in den § 109b nicht hineinspielt) wurde z. B. erörtert, ob das Durchschreiten des Flusses „befohlen" oder nur dazu aufgefordert wurde; ob ein Vorgesetzter schon durch sein Erscheinen den Befehl übernommen habe, blieb ungeklärt, weil er sich dessen jedenfalls nicht bewußt gewesen sei. Gerade die gefährlichste und häufigste Art der Verleitung wird nicht die frontale Aufforderung sein, dem als solchem klar erkannten Befehl nicht zu folgen. Sie wird darin bestehen, daß dem Soldaten weisgemacht wird: dies sei gar kein Befehl, die Anweisung erhebe keinen Anspruch auf Gehorsam, der Befehlende habe dem Soldaten nichts zu sagen u. dgl. Zust. Kohlhaas N J W 58, 135. In allen derartigen Fällen ein, ,Verleiten" begrifflich ausschließen hieße, die Waffe des Gesetzes stumpf machen. Dies gilt um so mehr, als die allgemeinen Auffassungen über Rechtmäßigkeit und Verbindlichkeit von Befehlen aus bekannten Gründen verwirrt und uneinheitlich geworden sind. Das Wehrstrafgesetz stellt sie, teilweise unter Übernahme ausländischer Rechtsauffassungen und -gestaltungen, auf eine neue Grundlage, die gewiß klarer und eingehender als die des alten MilStGB, aber doch auch „kompliziert" ist (Dreher J Z 57, 396). Bis diese Grundlage Allgemeingut geworden ist, wird Zeit vergehen. Begrifflich handelt es sich zwar bei einem durch Verleitung hervorgerufenen I r r t u m über die Verbindlichkeit oder Rechtmäßigkeit eines Befehls um einen sog. Verbotsirrtum, der den Vorsatz unberührt läßt. Aber bei der Parallelwertung in der Laiensphäre läßt sich hiervon die Verkennung des Befehlscharakters überhaupt kaum je unterscheiden. Angesichts des Satzes in dubio pro reo wird auch hier vielfach der Vorsatz des Soldaten prozessual nicht festzustellen sein. Die Gegenmeinung würde daher zur Folge haben, daß auch diese Gruppe der Zersetzungsfälle, die an dem heute anfälligsten Punkt angreift, straflos bliebe, soweit nicht zufällig andere Bestimmungen einspringen. Die weitergehenden Erfordernisse des § 91 n. F. werden ihrerseits oft nicht erweislich sein. Über Verleiten durch M i ß b r a u c h e i n e r B e f e h l s b e f u g n i s o d e r D i e n s t s t e l l u n g vgl. §§33, 34 WStG. VI. Versuch sowohl wenn die B e e i n f l u s s u n g wie wenn der U n g e h o r s a m scheitert (§ 19 Abs. 2 WStG). Im einzelnen vgl. oben Anm. V. — Die Sonderregelung des Irrtums im Falle des Abs. 5 S. 2 schließt die sonst naheliegende Annahme eines Mangels am Tatbestand aus (dazu Maurach Allg. T. S. 248, 275, 431, Dreher J Z 57, 396). Näheres unten Anm. I X .

Vergehen gegen die Landesverteidigung § 109 b

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VII. Teilnahme nach allgemeinen Grundsätzen, da § 109 b das Verleiten zum selbständigen Tatbestand erhoben hat. Als Sonderregelung schließt § 109 b seinerseits die Anwendung der §§ 48, 49 i. V. mit §§ 19 und 1 Abs. 3 WStG aus. Soldaten allerdings sind, wenn sie zum Ungehorsam anstiften, gemäß ausdrücklicher Bestimmung des Alis. 6 nach den Vorschriften des WStG, also nach § 19 WStG i. V. mit § 48 StGB (§ 1 Abs. 3 WStG), zu beurteilen. Aber nur, soweit sie Anstiftung „begehen". I m Falle erfolgloser Verleitung greift auch f ü r sie § 109 b Abs. 2 ein, mit der Folge, daß die Tat dann keine militärische Straftat (§ 2 Nr. 1 WStG) und daher z. B. das f ü r diese geltende Strafensystem des § 10 WStG nicht anzuwenden ist. Mit Recht h a t man dies als einen „Schönheitsfehler" (Dreher J Z 57, 397), eine „unerfreuliche Anomalie" (Lackner J Z 57, 403) bezeichnet. VIII. Besonders schwere Fälle. Vgl. 5 89 Anm. V I I I , aber auch Syst. Vorbem. I I C 1, §1 Anm. V und VI sowie Vorbem. IV 2 d) vor §13. Der Fall muß sich objektiv und subjektiv von den „schwerwiegenden Folgen" (oben IV), die Tatbestandsmerkmal sind, deutlich abheben, vgl. die Anm. V zu § 1 zit. Rspr. Die Tat bleibt Vergehen. IX. Die Bechtswidrigkeit ist nach Abs. 5 ausgeschlossen, wenn der Befehl nicht verbindlich ist (im Anschluß an § 22 Abs. 1 WStG), insbesondere wenn er nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt ist oder die Menschenwürde verletzt oder wenn durch das Befolgen ein Verbrechen oder Vergehen begangen würde. Zu beachten ist aber, daß sowohl § 109b Abs. 5 wie § 22 Abs. 1 WStG auf § 11 des Soldatengesetzes zurückgehen. Dieser sagt in Abs. 1 (und das gilt erst recht f ü r seinen Abs. 2): „ U n g e h o r s a m l i e g t n i c h t v o r " , wenn es sich um einen derartigen Befehl handelt. E r schließt also schon den T a t b e s t a n d aus (vgl. die gesetzliche Überschrift „Ungehorsam" des § 19 WStG). Der Ausschluß der Rechtswidrigkeit (oder Tatbestandsmäßigkeit, wenn man § 11 SoldGes. f ü r maßgebend hält) im Falle des objektiv unverbindlichen Befehls „gilt" nach Abs. o S. 2 auch, wenn der Verleitende irrig annimmt, der Befehl sei verbindlich. Man wird annehmen müssen, daß der Gesetzgeber damit nur singulär eine Rechtsfolge anordnen, nicht aber eine umstrittene Grundsatzfrage (darüber oben Anm. VI) allgemein entscheiden wollte. Das ergibt sich auch aus der von Dreher J Z 57, 396 mitgeteilten Entstehungsgeschichte. X. Schuld. 1. Das Gesetz unterscheidet vorsätzliche Verleitung mit vorsätzlicher (Abs. 1) und mit fahrlässiger (Abs. 4) Herbeiführung schwerwiegender Folgen. I n besonders schweren Fällen (oben Anm. VIII) müssen auch die Umstände, die die Tat dazu stempeln, vom Vorsatz umfaßt sein. 2. Verkennt der Täter die Umstände, die eine Anweisung zu einem Befehl an einen Soldaten machen, so greift § 59 ein. Das gleiche gilt aus den § 59 Anm. V I a. E. dargelegten Gründen (vgl. BGHSt. 3 105, 194), wenn der Verleitende Umstände annimmt, unter denen der Soldat den Befehl nicht auszuführen braucht oder nicht ausführen darf und daher keinen Ungehorsam begeht (§11 SoldGes.). D a ß § 22 in Abs. 2 und 3 den § 59 StGB und weitgehend auch die Berücksichtigung des Verbotsirrtums ausschließt, hat rein soldatische Gründe (zutr. Dreher J Z 57, 396). Auf Nichtsoldaten müssen die allgemeinen Grundsätze angewendet werden, da die ratio der Ausnahme auf sie nicht zutrifft. Zweifelnd Lackner J Z 57, 403. Nach

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Vergehen gegen die Landesverteidigung § 109 c

seinem Bericht hat der Rechtsaugschuß des Bundestages die Frage offen gelassen. Einen erkennbaren subjektiven Willen des Gesetzgebers gibt es hier also nicht. Die objektive Logik des Gesetzes aber führt zum gleichen Ergebnis wie es schon die ratio fordert: denn die Absätze 2 und 3 des § 22 WStG sind im Gegensatz zu dein in § 109 b Abs. 5 wörtlich übernommenen Abs. 1 bewußt weggelassen worden. 3. Hält der Täter trotz richtig erkannter Umstände die Anweisung nicht für einen Befehl (oben Anm. II) oder nicht für verbindlich und sein Tun daher für erlaubt, so greifen die Regeln über den V e r b o t s i r r t u m ein (BGHSt. 2 194). 4. Ein Irrtum darüber, ob der Soldat schuldhaft handelte, ist nach dem zu Anm. V Ausgeführten auch dann ohne Bedeutung, wenn er dessen Vorsatz betrifft. XI. Verhältnis zu anderen Vorschriften. 1. Zu § 19 WStG vgl. oben Anm. VII. 2. Im Verhältnis zu § 91 liegt Alternativität vor. Die Tatbestandshandlung des § 109b ist spezieller als das „Einwirken", andererseits geht die „Absicht" des § 91 weit ::r als der Vorsatz. Anzuwenden ist die in concreto strengere Bestimmung. Zum Begriff der Alternativität vgl. Binding Handbuch S. 349; s. a. unten § 180 Anm. VIII. Verleitung und Beihilfe zur

Fahnenflucht

§ 109 c 1) Wer einen Soldaten der Bundeswehr verleitet, eigenmächtig seine Truppe oder Dienststelle zu verlassen oder ihr fernzubleiben, um sich der Verpflichtung zum Wehrdienst dauernd oder für die Zeit eines bewaffneten Einsatzes zu entziehen oder die Beendigung des Wehrdienstverhältnisses zu erreichen, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Wer es einem Soldaten der Bundeswehr erleichtert, mit der in Absatz 1 bezeichneten Absicht eigenmächtig seine Truppe oder Dienststelle zu verlassen oder ihr fernzubleiben, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. (4) Begeht ein Soldat der Bundeswehr Anstiftung oder Beihilfe zur Fahnenflucht, so sind die Vorschriften des Wehrstrafgesetzes anzuwenden. I. Die Fahnenflucht des verleiteten S o l d a t e n wird, je nach seiner A b s i c h t , endgültig oder nur zeitweise der Truppe fernzubleiben, entsprechend den früheren Begriffen von der unerlaubten Entfernung unterschieden (§ 16 WStG im Gegensatz zu dessen § 15). Doch ist diese durch den Begriff der „eigenmächtigen Abwesenheit" ersetzt worden (über die Gründe Dreher J Z 57, 397). Strafbar ist nach § 109 c nur die Verleitung zur Fahnenflucht. Unberührt bleibt jedoch WStG § 15 i. V. mit § 1 Abs. 3. II. Verleitung: oben § 109 b Anm. V. III. Erleichterung der Fahnenflucht: = Beihilfe, § 49. IV. Der Versuch der Verleitung ist strafbar (Abs. 2). Über die Bedeutung dieser Stelle vgl. § 109b Anm. V bis VII. Auch hier ist die Verleitung eines Soldaten durch einen Kameraden, wenn die Fahnenflucht wenigstens unternommen wird, als mili-

Vergehen gegen die Landesverteidigung § 109 d

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tärische Straftat nach § 16 i. V. mit § 1 Abs. 3 WStG zu beurteilen (so ausdrücklich § 109 c Abs. 4). K o m m t es dazu nicht, so greift auch f ü r den Soldaten § 109 c Abs. 2 ein.

Zersetzungspropaganda

gegen die

Bundeswehr

§ 109 d (1) Wer unwahre oder gröblich entstellte Behauptungen tatsächlicher Art, deren Verbreitung geeignet ist, die Tätigkeit der Bundeswehr zu stören, wider besseres Wissen zum Zwecke der Verbreitung aufstellt oder solche Behauptungen in Kenntnis ihrer Unwahrheit verbreitet, um die Bundeswehr in der Erfüllung ihrer Aufgabe der Landesverteidigung zu behindern, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. I. Der Zweck der Bestimmung ist nicht, der Bundeswehr zusätzlichen Ehrenschutz zu geben. Dessen bedarf es nicht, seitdem die Rechtspr. die Beleidigungsfähigkeit von Personengemeinschaften anerkannt hat, unten Vorbem. I I I vor § 185. Sie richtet sich vielmehr gegen die geistige Sabotage der Landesverteidigung. So BJMin. v. Merkatz in BdAnz. 1957 Nr. 28 S. 11 und Nr. 29 S. 3 unter Hinweis auf die beispiellose Agententätigkeit planmäßig aufgebauter und vom Ausland gesteuerter Organisationen und den Fall, daß an junge Wehrpflichtige im ganzen Bundesgebiet gefälschte Freistellungsbescheide versandt wurden. Systematisch gehört daher die Bestimmung in den Zusammenhang des § 91 und der Staatsgefährdung überhaupt. Sie ist ein Spezialfall der Zersetzungsdelikte. Wie für diese Gruppe, zu der auch § 100d Abs. 3 gehört, insgesamt, so ist auch f ü r sie das entscheidende Kriterium die staatsfeindliche Absicht (dazu grundsätzlich Vorbem. vor § 88). Dem speziellen Objekt der Tat entsprechend ist diese hier e n g e r als in § 88ff. umschrieben: „um die Bundeswehr in der Erfüllung ihrer Aufgabe der Landesverteidigung zu behindern'*. I m Gegensatz zu den Tatbeständen der Staatsgefährdung und des Landesverrats, die sich in aller Regel mit der Beschreibung der gegen den Staat zielenden Handlung begnügen und ihre Gefährlichkeit abstrakt als gegeben voraussetzen, verlangt § 109d f ü r die Lügenpropaganda gegen die Bundeswehr aber auch noch, daß sie tatsächlich im Einzelfall „geeignet ist, die Tätigkeit der Bundeswehr zu stören", also den Nachweis konkreter Gefährlichkeit. E r weicht damit von den Grundsätzen des strafrechtlichen Staatsschutzes ab. Vgl. demgegenüber BGHSt. 9 292, wo grundsätzlich betont wird, daß § 90a und die übrigen S t a a t s g e f ä h r d u n g s d e l i k t e die Feststellung einer ernsten Gefährdung n i c h t voraussetzen. BGHSt. 6 342 läßt sogar die Frage, ob zur Vorbereitung des H o c h v e r r a t s eine konkrete Gefährdung der verfassungsmäßigen Ordnung gehört, auf sich beruhen. Anders BayObLG in N J W 57 1327 f ü r § 1001. Durch die Häufung einschränkender objektiver und subjektiver Merkmale (vgl. weiter: „wider besseres Wissen", „zum Zwecke der Verbreitung") ist die praktische Brauchbarkeit dieser wichtigen Bestimmung sehr zweifelhaft geworden. Skeptisch insoweit auch Lackner J Z 57, 403, der jedoch zutreffend auf ihre Überschneidung mit anderen Staatsschutzbestimmungen hinweist (s. dazu oben zu §§ 91, lOOd Abs. 3).

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Vergehen gegen die Landesverteidigung § 109 e

II. Behauptungen tatsächlicher Art im Gegensatz zu reinen Werturteilen. Vgl. dazu § 186 Anm. I, Vorbem. IV 1 vor § 185 und § 263 Anm. II. III. Unwahr oder gröblich entstellt. Der letztere Begriff ist keineswegs neu. Vgl. schon, noch weitergehend, § 131, wo Entstellung schlechthin genügt, ferner § lOOd Abs. 3 (dort Anm. III) und § 263 (dort Anm. I I 3). Unter gröblicher Entstellung ist danach eine dem wesentlichen Inhalt nach in besonders schroffem und auffälligem Gegensatz zu den Tatsachen stehende Darstellung zu verstehen. Die Rechtspr. war schon für die „Unwahrheit" weitgehend zu den gleichen Ergebnissen gelangt, vgl. § 164 Anm. VIII, § 186 Anm. VII. IV. Geeignet, die Tätigkeit der Bundeswehr zu stören, ist die Verbreitung derartiger Behauptungen immer schon dann, wenn auch nur an einer Stelle eine nicht nur ganz unbestimmte Möglichkeit dieser Art entsteht. Vgl. das oben zu § 109 b Anm. IV 2 Ausgeführte entsprechend. V. Die Handlung ist entweder Aufstellen s o l c h e r B e h a u p t u n g e n w i d e r b e s s e r e s W i s s e n zum Zwecke der Verbreitung oder ihr Verbreiten in K e n n t n i s i h r e r U n w a h r h e i t . Beide Male muß—obwohl diese Auslegung sprachlich nicht zwingend ist—nach dem Zweck der Bestimmung ferner die spezialisierte staatsfeindliche Absicht vorliegen: „um die Bundeswehr . . . . zu behindern". Darüber oben Anm. I. Im einzelnen: 1. Aufstellen: als Gegenstand eigenen Wissens hinstellen, sei es auch auf Grund von Schlußfolgerungen (E 67 270). Wider besseres Wissen: trotz bestimmter Kenntnis davon, daß die Behauptung gänzlich oder dem wesentlichen Inhalt nach unwahr ist. Vgl. § 187 Anm. I. Zum Zwecke der Verbreitung muß die Behauptung aufgestellt sein. Darüber das folgende. 2. Verbreiten bedeutet hier im Gegensatz zu § 186 (vgl. dort Anm. III) nicht praktisch dasselbe wie „behaupten", nur mit dem Unterschied, daß die. Tatsache als Gegenstand fremden Wissens ausgegeben wird. Gemeint ist in der ersten Alternative offenbar: einem weiteren Kreise zugänglich machen als dem, gegenüber dem die Behauptung zunächst aufgestellt wurde. Auch im Falle 2 genügt aber Mitteilung an eine einzige Person, wenn diese die Behauptung weitertragen soll oder doch der Täter damit rechnet und es billigt. Vgl. weiterhin § 84 Anm. II, § 184 Anm. IV 1. Kenntnis der Unwahrheit schließt wie „wider besseres Wissen" den dolus eventualis aus. Kenntnis der U. in w e s e n t l i c h e n P u n k t e n genügt, s. o. Anm. III. VI. Versuch strafbar. Bedeutsam namentlich für Fälle, in denen die Verbreitung der Behauptungen objektiv nicht geeignet ist, die Tätigkeit der Bundeswehr zu stören. VII. Idealkonkurrenz in erster Linie mit §§ 91 und 100d Abs. 3, aber auch mit §§ 164 und 186, 187 möglich. Wehrmittelbeschädigung

§ 109 e

(1) Wer vorsätzlich ein Wehrmittel oder eine Einrichtung oder Anlage, die ganz oder vorwiegend der Landesverteidigung oder dem Schutz der Zivilbevölke-

Vergehen gegen die Landesverteidigung § 109 e

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rung gegen Kriegsgefahren dient, unbefugt zerstört, beschädigt, verändert, unbrauchbar macht oder beseitigt und dadurch die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, die Schlagkraft der Truppe oder Menschenleben gefährdet, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer wissentlich einen solchen Gegenstand oder den dafür bestimmten Werkstoff fehlerhaft herstellt oder liefert und dadurch wissentlich die in Absatz 1 bezeichnete Gefahr herbeiführt. (2) Der Versuch ist strafbar. (4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren. (5) Wer die Gefahr in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, in den Fällen des Absatzes 2 nicht wissentlich, aber vorsätzlich oder fahrlässig herbeiführt, wird mit Gefängnis bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist. I. Wehrmittel sind wie nach dem früheren § 143 a, dem die Bestimmung nachgebildet ist, alle Gegenstände, die zur Ausrüstung der Bundeswehr gehören. Auch Einzelteile: Recht 43 2044. Geschützt sind ferner II. Einrichtungen oder Anlagen, d i e . . . der Landesverteidigung oder dem Schutz der Zivilbevölkerung gegen Kriegsgefahren dienen. Hier kommt es also auf die konkrete Funktion an, unabhängig davon, ob die Sache der Bundeswehr gehört (anders die alte Fassung des § 143 a). Anlage ist eine fest und auf die Dauer angelegte Einrichtung. Vgl. §§ 90 und 316b. Nach E 75 216 gehört zu den Einrichtungen jeder Betrieb, in dem Wehrmittel hergestellt werden, und jede dafür bestimmte Maschine. III. Die Handlung des Abs. 1 ist der des § 316b Abs. 1 Nr. 3 nachgebildet. Vgl. dort Anm. III. Wissentlieh fehlerhafte Herstellung oder Lieferung eines Wehrmittels usw. oder des dafür bestimmten Werkstoffs steht nach Abs. 2 gleich. Die Einrichtung oder Anlage braucht hier noch nicht in Betrieb genommen zu sein. IV. Die Handlung des Abs. 1 oder 2 muß die Staatssicherheit, die Schlagkraft der Truppe oder Menschenleben gefährdet haben. Dazu oben § 109b Anm. IV 1 und 2. Gefährdung von Menschenleben umfaßt auch den Fall, daß nur ein bestimmter Einzelner, z. B. ein Testflieger, gefährdet wird. Die Schutzobjekte sind gegenüber dem früheren § 143 a erweitert. V. Schuld. 1. Die Handlung des Abs. 1 ist als v o r s ä t z l i c h e , die des Abs. 2 nur als wiss e n t l i c h e , also unter Ausschluß des dol. ev., strafbar. Leichtfertiges Handeln ist nicht mehr strafbar (anders früher § 143 a Abs. 4). 2. Auch die Gefährdung muß im Falle des Abs. 1 vorsätzlich, in dem des Abs. 2 wissentlich herbeigeführt sein. 3. Ist die Gefährdung (Abs. 1 oder 2) nur fahrlässig oder in den Fällen des Abs. 2 nur mit e i n f a c h e m V o r s a t z herbeigeführt worden, so droht der — gegenüber schwereren Strafdrohungen subsidiäre — Abs. 5 Gefängnisstrafe an. Die V e r s u c h s strafe des Abs. 3 und die Strafschärfung in b e s o n d e r s s c h w e r e n F ä l l e n (Abs. 4, vgl. § 109b Anm. VIII) gelten, wie sich aus der Stellung dieser Absätze ergibt, hier nicht.

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Vergehen gegen die Landesverteidigung § 1 0 9 1

T l . Verhältnis zu anderen Straftaten. Idealkonkurrenz zu §§81, 90, 211 ff., 223ff., 306ff., insbes. 316b ist möglich. Spezialität gegenüber §§ 303—305, soweit nicht die Subsidiaritätsklausel des Abs. 5 eingreift (s. o. V 3).

Wehr feindlicher

Nachrichtendienst

§ 109 f

(1) Wer vorsätzlich für eine Dienststelle, eine Partei oder eine andere Vereinigung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, für eine verbotene Vereinigung oder für einen ihrer Mittelsmänner 1. Nachrichten über Angelegenheiten der Landesverteidigung sammelt, 2. einen Nachrichtendienst betreibt, der Angelegenheiten der Landesverteidigung z u m Gegenstand hat, oder 3. für eine dieser Tätigkeiten anwirbt oder sie unterstützt und dadurch Bestrebungen dient, die gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die Schlagkraft der Truppe gerichtet sind, wird mit Gefängnis bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist. A u s g e n o m m e n ist eine zur Unterrichtung der Öffentlichkeit im R a h m e n der üblichen Presse- oder Funkberichterstattung ausgeübte Tätigkeit. ( 2 ) Der Versuch ist strafbar. I . Die Bestimmung lehnt sich in ihrem A u f b a u und ihren Einzelhegriffen eng a n § 32 (staatsfeindlicher Nachrichtendienst) a n ; vgl. dort. Sie ersetzt jedoch das subjektive Moment der staatsfeindlichen Absicht (dazu Vorbem. I I vor §88) durch ein objektives G e f ä h r d u n g s m o m e n t : d a ß der T ä t e r d u r c h sein H a n d e l n Bestrebungen dient, die gegen die Staatssicherheit oder die Schlagkraft der T r u p p e gerichtet sind. Auch insoweit genügt einfacher Vorsatz. Der praktische H a u p t a n w e n d u n g s f a l l der Stelle ist das Sammeln usw. v o n Nachrichten, die a n sich u n d einzeln n i c h t geheim sind (vgl. A n m . V 1). II. Im einzelnen vgl. betr. Nachrichtendienst § 92 Anm. I, b e t r . Vereinigung § 9 0 a A n m . III, betr. Bestrebungen, die gegen die Staatssicherheit oder die Schlagkraft der Truppe gerichtet sind, § 109b A n m . IV 1 u n d 2 i. V. m i t § 88 Anm. I I 2. III. Der Täter dient diesen Bestrebungen vorsätzlich, wenn er in K e n n t n i s i h r e r Tendenzen handelt oder dolo eventuali m i t ihrem Bestehen u n d ihrer F ö r d e r u n g d u r c h sein Verhalten rechnet. Dies gilt auch, wenn er sie sich nicht zu eigen m a c h t u n d es ihm etwa n u r auf Gelderwerb a n k o m m t oder er n u r unter Druck handelt. IV. „Ausgenommen ist eine zur Unterrichtung der Öffentlichkeit im R a h m e n der üblichen Presse- oder F u n k b e r i c h t e r s t a t t u n g ausgeübte Tätigkeit." Dieser S a t z besagt entweder etwas Selbstverständliches — nämlich d a ß eine solche T ä t i g k e i t kein Nachrichtendienst „ f ü r " eine fremde Organisation ist —• oder etwas Unmögliches: nämlich daß der Presse- oder Funkberiohter auch d a n n straffrei bleiben soll, wenn er im R a h m e n seiner Tätigkeit d e m fremden N a c h r i c h t e n a p p a r a t vorsätzlich dient. Gemeint ist offenbar ein Fall sozialer A d ä q u a n z : das verkehrsübliche P u b l i zieren von offenen Nachrichten soll auch d a n n nicht s t r a f b a r sein, wenn es objektiv

Vergehen gegen die Landesverteidigung § 109 g

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dem fremden Dienst ermöglicht, ihre Sammlung zum Schaden des Landes oder der Truppe zu verwerten. Insoweit aber entfällt die Tatbestandsmäßigkeit (vgl. Lackner JZ 57, 404) oder Rechtswidrigkeit (so neuerdings Welzel § 14 I 3) ohnehin aus allgemeinen vorgegebenen Wertungen und Abwägungen. I n dem Bestreben, diesen Gedanken zu deklarieren, hat das Gesetz ein Berufsprivileg dekretiert, das mit dem Gleichheitssatz schwerlich vereinbar ist. Vgl. auch die bedenklichen Entwicklungen im Rahmen des § 193 (dort Anm. IV 2) sowie § 100 Anm. I I I . Eingehend zur rechtlichen Problematik der modernen Nachrichtenmittel und ihrer Anwendung Bussmann, Gutachten zum 42. Deutschen Juristentage (J. C. B. Mohr, 1957). V. Verhältnis zu anderen Bestimmungen. 1. Die Subsidiaritätsklausel wird vor allem bei Geheimnisverrat Platz greifen (§ 100, aber auch § 100a). § 109f soll, wie Lackner JZ 57, 404 mitteilt, „der Tatsache Rechnung tragen, daß auch das systematische Sammeln und Auswerten o f f e n e r Nachrichten mit Hilfe weitverzweigter Nachrichtendienste die Möglichkeit eröffnet, aus einer Vielzahl mosaikartig zusammengetragener Unterlagen wichtige Staatsgeheimnisse v.u erschließen". Aber auch § lOOe geht als das — über § 101 •— strengere Gesetz dem § 109f i. V. m. § 109i vor, soweit Staatsgeheimnisse in Betracht kommen. 2. Tateinheit ist mit § 92 möglich (vgl. oben Anm. I). Zu beachten ist, daß sich bei § 109 f die Gegenstände, auf die sich die Nachrichten beziehen, anders als bei § 92 nicht im räumlichen Geltungsbereich des Gesetzes zu befinden brauchen. VI. Versuch insbes. auch, wenn der Täter auf einen Abwehragenten stößt. Abbildungen,

Beschreibungen,

Luftaufnahmen

§109g

(1) Wer vorsätzlich von einem Wehrmittel, einer militärischen Einrichtung oder Anlage oder einem militärischen Vorgang eine Abbildung oder Beschreibung anfertigt oder eine solche Abbildung oder Beschreibung an einen anderen gelangen läßt und dadurch wissentlich die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die Schlagkraft der Truppe gefährdet, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Wer vorsätzlich von einem Luftfahrzeug aus eine Lichtbildaufnahme von einem Gebiet oder Gegenstand im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes anfertigt oder eine solche Aufnahme oder eine danach hergestellte Abbildung an einen anderen gelangen läßt und dadurch wissentlich die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die Schlagkraft der Truppe gefährdet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft, soweit nicht die Tat nach Absatz 1 strafbar ist. (3) Der Versuch ist strafbar. (4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Abbildung oder Beschreibung vorsätzlich an einen anderen gelangen läßt und dadurch die Gefahr nicht wissentlich, aber vorsätzlich oder leichtfertig herbeiführt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Die Tat ist jedoch nicht strafbar, wenn der Täter mit Erlaubnis der zuständigen Dienststelle gehandelt hat. 21

Kohlrausch-Lange,

StGB, 42. Aufl.

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Vergehen gegen die Landesverteidigung § 109 h

I. Der Zweek der Bestimmung ist einmal, landesverräterische Handlungen, bei denen der Verratsvorsatz nicht nachgewiesen werden kann, zu erfassen (so Lackner JZ 57, 404), unabhängig davon aber auch, vorsätzliche Gefährdung von Interessen der Landesverteidigung als solche zu bestrafen. II. Die Handlung. 1. Abs. 1: Anfertigung oder Weitergabe von Abbildungen oder Beschreibungen militärischer Gegenstände. Über diese im einzelnen (Wehrmittel, Einrichtung, Anlage) vgl. § 109 e Anm. I, II. Vorgänge z. B. Truppenbewegungen oder Organisationsmaßnahmen. 2. Abs. 2: Anfertigen einer Luftaufnahme eines Gebietes oder Gegenstandes in der BR oder Weitergeben einer solchen Aufnahme oder einer Reproduktion, soweit nicht schon der —• strenger bestrafte —• Fall des Abs. 1 vorliegt. III. In allen Fällen muß die Handlung die Staatssicherheit oder die Schlagkraft der Truppe gefährdet haben. Dazu oben § 109b Anm. IV 1 und 2. Die Strafe ist verschieden, je nachdem der Täter die Gefahr wissentlieh, also mit bestimmtem Vorsatz, oder in der zweiten Alternative des Abs. 1 vorsätzlich oder leichtfertig (vgl. § 164 Anm. XI und XII) herbeiführt, Abs. 4. IV. Der Versuch ist nur in den Fällen der Abs. 1 und 2 strafbar, wie sich aus der Stellung des Abs. 3 ergibt. V. Die Rechtswidrigkeit entfällt im Falle des Abs. 4 (das Gesetz sagt nur: „Die Tat ist nicht strafbar"), wenn der Täter mit Erlaubnis der zuständigen Dienststelle gehandelt hat. Wissentlich gefährdendes Handeln (Abs. 1 oder 2) bleibt auch in solchem Falle strafbar. Über eine so intensive Gefährdung kann die zuständige Dienststelle nicht disponieren. VI. Verhältnis zu anderen Bestimmungen. 1. Subsidiär ist § 109g als Gefährdungsdelikt den Verletzungsdelikten des Abschnittes „Landesverrat", insbes. den §§ 100, 100c, d e. 2. Er geht vor den Ordnungswidrigkeiten des neugefaßten § 33 Luftverkehrsges. (vgl. hierzu, zur Neufassung des § 14 und zur Aufhebung des § 34 Luftverkehrsges. den Art. 6 des 4. StrafrechtsÄndGes.). Nach § 33 LVerkGes. handelt ordnungswidrig, wer ohne Erlaubnis außerhalb des Linienverkehrs eine Luftaufnahme macht oder eine solche Aufnahme oder eine danach hergestellte Zeichnung oder Abbildung in Verkehr bringt. Auffällig ist, daß der sonst gleichgebildete § 109g Abs. 2 „Zeichnungen" neben den „Abbildungen" der Aufnahme nicht nennt. Nach dem neuen Rechtszustand sind Anfertigung und Vertrieb von Luftaufnahmen wesentlich freier gestellt; bisher waren sie allgemein an behördliche Erlaubnis gebunden und Zuwiderhandlungen mit Kriminalstrafe bedroht.

Anwerbung

zum fremden

Wehrdienst

§ 109 h

(1) Wer im Inland oder als Deutscher im Ausland zugunsten einer ausländischen Macht eiaoa Deutschen zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung anwirbt oder ihren Werbern oder dem Wehrdienst

Vergehen gegen die Landesverteidigung § 109 i

323

einer solchen Einrichtung zuführt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. I. Die Bestimmung entspricht wörtlich dem gleichzeitig aufgehobenen § 141. Die Neuordnung stellt den systematischen Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen zum Schutze der Landesverteidigung her. Sie macht darüber hinaus den § 109 i anwendbar. Danach kann neben Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkannt werden, und Einziehung und Unbrauchbarmachung sind schon unter den Voraussetzungen des § 86 zulässig. II. Täter kann bei Inlandstaten auch ein Ausländer, Opfer muß stets ein Deutscher sein, gleich welchen Alters und Geschlechts. III. Die Handlung. 1. Anwerben setzt voraus, daß der Täter, wenn auch nicht notwendig geschäftsmäßig handelnd, für die fremde Macht Verpflichtungen abschließen kann. Wirksamkeit der Verpflichtungen gleichgültig. 2. Den Werbern oder dem Wehrdienst zuführen: Jede Handlung, die diesen Einwirkungsmöglichkeit auf das Opfer verschafft. Auch ohne im Einverständnis mit ihnen zu handeln. Gleichgültig, ob der zu Werbende zu den Werbern gebracht wird oder umgekehrt. III. Zugunsten einer ausländischen Macht muß die Werbung oder Zuführung erfolgen, nicht notwendig in ihrem Auftrage. Es liegt ähnlich wie bei Verträgen zugunsten Dritter. Macht faktisch, nicht notwendig als Staats- und Rechtsorganisation zu verstehen, vgl. Schönke-Schröder I I 1 c; a. A. Werner L. K. Anm. 3. Nebenstrajen

und

Nebenjolgen

§ 109 i

(1) Wegen der in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlungen kann erkannt werden 1. neben Freiheitsstrafe auf Geldstrafe; 2. neben einer Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr aus § 109 e Abs. 1 bis 3 sowie § 109 f für die Dauer von einem bis zu fünf Jahren auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter und den Verlust des Wahl- und Stimmrechts und der Wählbarkeit sowie auf den Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte ; 8. neben einer Freiheitsstrafe aus den in Nummer 2 bezeichneten Vorschriften und aus § 109 e Abs. 4 auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht. (2) § 86 gilt entsprechend. Die Bestimmung ist — mit Einschränkungen — den §§ 85, 98 und 101 nachgebildet; vgl. dort und bei § 86. 21*

324

Widerstand gegen die Staatsgewalt § 110 Sechster Abschnitt Widerstand gegen die Staatsgewalt Vorbemerkung

I. Nur die inländische Staatsgewalt ist geschützt (anders E 8 54). Eingehend wie hier Werner L K vor § 110. Amtshandlungen von Verwaltungsorganen der SBZ jedoch nur, soweit ihnen nicht der Zweck eines Bundesgesetzes oder Berliner Gesetzes oder der ordre public entgegensteht. Vgl. oben Vorb. I I I , IV vor § 3. II. Bei staatsfeindlicher Absicht in allen Fällen dieses Abschnitts Strafschärfung gem. §94.

Aufforderung

zum Ungehorsam, gegen Oeselze

§110 Wer öffentlich vor einer Menschenmenge oder wer durch Verbreitung oder öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von Schritten oder anderen Darstellungen zum Ungehorsam gegen Gesetze oder rechtsgültige Verordnungen oder gegen die von der Obrigkeit innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anordnungen auffordert, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. I. Öffentlichkeit: Ein im StrR viel (s.Register) und verschieden verwendeter Begriff. Zu unterscheiden sind a) Fälle, wo die Ö f f e n t l i c h k e i t g e s c h ü t z t werden soll, d. h. das gestaltlose, individuell und zahlenmäßig undefinierbare Publikum (z. B. §§ 183, 184, 184b, 361 Ziff. 6; über öffentliches Baden vgl. PolVO v. 10. 7. 42, RGBl. 1461), b) Fälle, wo das Wort eine Eigenschaft des a n g e g r i f f e n e n R e c h t s g u t s bezeichnet (z. B. §§ 304, 358, 271, 348 u. v. a.), c) Fälle, wo ein bestimmtes Rechtsgut vor ö f f e n t l i c h e n A n g r i f f e n geschützt werden soll, z. B. §§ 186f., 200. Zu der letztgenannten Gruppe gehören auch §§ 110, 111, 124, 125. Über den Streit betr. § 183 vgl. dort Anm. II. Den Unterschied in §§ 183 und 200 betont DR 41 1838. Wenn E 73 90 darauf aufmerksam macht, daß die Auslegung des Begriffs „öffentlich" in den genannten Fallgruppen nicht notwendig die gleiche zu sein brauche, so ist das an sich richtig. Gerade die Auslegung aber, zu der hier das RG zuletzt bei § 183 kam, trifft auch f ü r §§ llOf. und andere Äußerungsdelikte zu (z.B. §§ 9 5 - 9 7 , betr. § 96 Abs. 2 aber auch Anm. I I I , ferner §§ 186f.): die Aufforderungen müssen f ü r u n b e s t i m m t w i e v i e l e u n d w e l c h e P e r s o n e n wahrnehmbar (hörbar, lesbar) gewesen sein. Dies ist erforderlich, aber auch genügend. Allgemeine Zugänglichkeit des Orts ist nicht vorausgesetzt. Ein Wirtshaus, Autobus usw. genügt. Auch ein D-Zugabteil; nicht aber, wenn der Täter mit der einzigen Zeugin allein war. Nach E 44 132 die Versammlung der Arbeiter einer bestimmten Fabrik. — Zugehörigkeit zum katholischen Teil einer Ortsgemeinde: D R 42 573. — Vgl. auch unten § 115 Anm. I I mit § 116 Anm. I. II. Menschenmenge: Eine im Unterbewußtsein nicht mehr zählbare Anzahl. Sie muß anwesend sein („vor"); dies ist ein Unterschied von § 183, wo Möglichkeit der Anwesenheit genügt.

Widerstand gegen die Staatsgewalt § 111

325

III. Ungehorsam: Gegen „ d a s G e s e t z usw. s c h l e c h t h i n , seine Autorität und bindende Kraft" (E 22 185); „ z u r g r u n d s ä t z l i c h e n A u f l e h n u n g gegen die im Gesetze usw. enthaltenen Grundlagen der Rechtsordnung" (E 54 264; vgl. auch 58 360: Aufforderung zum Generalstreik als Kampfmittel gegen die Regierung) ; Aufforderung zu einer bestimmten einzelnen Tat weder erforderlich noch genügend (hierfür §§ 111, 49a). Weitergehend freilich E 63 326. Auff. zum grundsätzlichen Ungehorsam gegen Vorschr. des Betriebsverfassungsges.: BGHSt. 7 67 (betr. Gebot zur Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern). — Daß der A u f g e f o r d e r t e b e w u ß t gesetzwidrig handeln solle, ist n i c h t nötig. E 69 149. — Unter jener Voraussetzung der Grundsätzlichkeit bezieht sich § 110 aber auch auf b ü r g e r l i c h - r e c h t l i c h e Gesetze: Aufforderung, „nicht nur den einzelnen Vertrag durch Verweigerung der Erfüllung zu brechen, sondern dadurch zugleich dem die Vertragserfüllung gebietenden Gesetze selbst (§§ 242, 611 BGB) die Befolgung zu versagen und somit dem Gesetz als solchem Mißachtimg und Ungehorsam entgegenzusetzen" (E 54 264). A. A. namentlich Frank N. I mit eingehenden Nachweisungen. IV. Verordnungen müssen nach Form und Inhalt rechtsgültig sein: E 34 121 (betr. Streikpostenstehen); vgl. Anm. VI. Aufforderung zu Unregelmäßigkeiten bei Hausschlachtungen: HRR 42 128. - VO v. 15. 9. 23 (RGBl. I 879) betr. Aufforderung zum Steuerstreik usw. (vgl. Anh.). V. Obrigkeit: Organe der Staatsgewalt, die zum Erlasse allgemein verpflichtender Vorschriften berufen sind: Rechtspr. 6 605. N i c h t die polizeilichen Vollzugsorgane: Braunschweig NJW 53 714. VI. Anordnungen: Demnach stehen unter dem Schutz des § 110 nicht nur generelle „Gesetze und Verordnungen", sondern auch „Verfügungen" speziellen Inhalts, sofern sie nur allgemeinere Beachtung zu beanspruchen haben. E 55 8. Vgl. aber auch Anm. V. VII. Aufforderung ist Kundgebimg einer Ansicht an andere mit dem Zwecke, deren Willen zu einem Handeln oder Unterlassen hervorzurufen: E 9 71. (Unterschied vom „Anreizen": E 63 170.) Kenntnisnahme von der Aufforderung nicht erforderlich: E 5 60, 58 198. Vgl. E 47 413 (schlüssiges Verhalten genügt). VIII. Zum Vorsatz (eventueller genügt. E 33 4) gehört das Bewußtsein von der Zuständigkeit der betr. Behörde zum Erlaß der Anordnung; im gleichen Umfang wie bei §§ 153ff., vgl. § 154 Anm. V3. Die frühere Rspr., daß die irrige Annahme, die Behörde sei unzuständig, den Vorsatz nicht ausschließe (so gemäß „Inhalt, Zweck und Bedeutung der Vorschrift des §110", entgegen dem §59: E 40 64, 63 326) ist nicht mehr haltbar; Schönke-SchröderVI erklären dieRechtsgültigkeit der VO und die Zuständigkeit als Bed. der Strafbarkeit. Vgl. § 113 Anm. VI. Allgemeines Bewußtsein der Gesetzwidrigkeit ist dagegen nicht erforderlich: E 59 149. IX. Idealkonkurrenz mit § 111 möglich: E 63 326. Aufforderung zur Begehung strafbarer Handlungen

§111 (1) Wer auf die vorbezeichnete Weise zur Begehung einer strafbaren Handlung auffordert, ist gleich dem Anstifter zu bestrafen, wenn die Aufforde-

326

Widerstand gegen die Staatsgewalt § 113

rung die strafbare Handlung oder einen strafbaren Versuch derselben zur Folge gehabt hat. (2) Dasselbe gilt, w e n n die Aufforderung ohne Erfolg geblieben ist. Die Strafe kann nach den Vorschriften über die Bestrafung des Versuches gemildert werden. Neufassung des Abs. 2 durch 3. StÄG. I. § 111 durchbricht die akzessorische N a t u r der A n s t i f t u n g (vgl. § 48 u n d Vorbem. 47), insofern die öffentliche „ A u f f o r d e r u n g " a n k e i n e b e s t i m m t e P e r s o n gerichtet zu sein (E 8 145), nach Abs. 2 auch k e i n e n E r f o l g zu haben b r a u c h t . Vgl. auch § 49 a ; der Unterschied ist aber — auch gegenüber dieser Bestimmung — grundsätzlicher N a t u r , d a § 111, wie auch § 110, den Angriff auf die gesetzestreue Gesinnung a l s s o l c h e n s t r a f t . Deshalb hier, anders als in §§ 48ff., auch der agent provocateur s t r a f b a r . Vgl. ferner VO v. 15. 9. 23 betr. Aufforderung zum Steuerstreik (im Anhang). — Ähnlich das Schweizer S t r R e c h t : vgl. A r t . 259 m i t Art. 24. II. Zu einer bestimmten (zum Unterschied von § 110: E 39 387, vgl. auch 50 146), nach inländischen Gesetzen, wenn auch n u r nach Landesrecht strafbaren (E 12 161, 23 172) Handlung m u ß der T ä t e r hier aufgefordert haben. D a hier Angriff auf rechtstreue Gesinnung vorausgesetzt wird (vgl. A n m . I), m u ß der Aufgeforderte s c h u l d h a f t handeln. A . A . Schönke-Schröder I I , Dreher-Maaßen 2. III. Aufforderung. Z u m Begriff vgl. Anm. V I I zu § 110. — Ein I r r t u m über die Rechtswidrigkeit derjenigen Handlung, zu der aufgefordert wird, schließt den Vorsatz des § 111 n u r insoweit aus, als er bei dem Aufgeforderten ihn ausschließen würde. E 39 342, 40 300. IV. Die Folgen sind nach den allgemeinen Grundsätzen über Kausalzusammenhang zu beurteilen (E 57 285: nicht nötig, d a ß der T ä t e r die Aufforderung selbst v e r n o m m e n ; es genüge, d a ß sie Folge der durch die Aufforderung hervorgerufenen allgemeinen Aufregung war). V. Die Neufassung des Abs. 2 (Gleichschaltung mit § 49a) beruht auf der irrigen Gleichsetzung dieser Stelle m i t (versuchter) Teilnahme; vgl. Anm. I I . VI. Tateinheit m i t § 115 Abs. 1 u. § 125 Abs. 1: H a m m N J W 51 206. Aufreizung

von

Heeresangehörigen

§ 112. [Aufgehoben durch K R G Nr. 11.]

Widerstand

gegen

Vollstreckungsbeamte

§113

(1) Wer einem Beamten, welcher zur Vollstreckung von Gesetzen, von Befehlen und Anordnungen der Verwaltungsbehörden oder von Urteilen und Verfügungen der Gerichte berufen ist, in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes durch Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt Widerstand leistet, oder wer einen solchen Beamten während der- rechtmäßigen Ausübung seines Amtes tätlich angreift, wird mit Gefängnis von vierzehn Tagen bis zu zwei Jahren bestraft.

Widerstand gegen die Staatsgewalt § 113

327

(2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre oder Geldstrafe ein. (3) Dieselben Strafvorschriften treten ein, wenn die Handlung gegen Personen, welche zur Unterstützung des Beamten zugezogen waren, oder gegen Mannschaften der bewaffneten Macht, oder gegen Mannschaften einer Gemeinde-, Schutz- oder Bürgerwehr in Ausübung des Dienstes begangen wird. I. Zweck. § 113 will nicht nur den Vollzug des Staatswillens, sondern auch den einzelnen Beamten schützen, dieser ist daher Verletzter gem. § 61 Nr. 2 StPO: BGH 5 StR 249/55 v. 5. 7. 55. II. Beamter: vgl. § 359. Abgrenzung bei Braunschweig NdsRpfl. 47 90. — §113 schützt nur den Vollstreckungsbeamten: Dazu gehört aber „jeder Beamte, der im konkreten Talle, wo ihm Widerstand geleistet wird, durch sein Amt zur Vollstreckung des Staatswillens berufen ist" (E 41 85). Deshalb nicht bloß Exekutivbeamte i. e. S. wie Gerichtsvollzieher (E 41 82), Amtsdiener (E 35 210), Gendarmen (E 55 161), sondern auch z. B. Lehrer (E 35 182), Richter in Ausübung der Sitzungspolizei (E 15 277). Dazu Abs. 3. — Vollstreckungsbeamte in Wohnungssachen erst, wenn vereidigt: Hamm HESt. 2 216. Anders Frankfurt N J W 51 852. Drei Gruppen von V o l l s t r e c k u n g s b e a m t e n sind geschützt: „Das unterscheidende Merkmal zwischen der ersten und den beiden anderen ist darin zu finden, daß demjenigen Beamten, der zur Vollstreckung von G e s e t z e n berufen ist, regelmäßig das Recht der eigenen selbständigen Entschließung zur unmittelbaren Verwirklichimg des Gesetzeswillens zusteht, während die Beamten der beiden anderen Gruppen nur im Auftrage anderer Staatsorgane tätig werden, indem sie die Beschlüsse der V e r w a l t u n g s - oder der G e r i c h t s b e h ö r d e n zur Ausführung zu bringen haben" (E 41 85). — Ferner die zugezogenen H i l f s p e r s o n e n (auch Privatpersonen, E 25 253) sowie die Mannschaften des Abs. 3, z. B. Bundeswehr- oder Grenzschutzangehörige. III. In oder während der rechtmäßigen Amtsausübung wird der Vollstreckungsbeamte geschützt. Das setzt voraus: 1. In oder während: Die Amtshandlung muß schon b e g o n n e n haben (E 4 374, 14 259, 41 89) oder als eine auf bereits gefaßtem Entschluß beruhende Maßregel u n m i t t e l b a r b e v o r s t e h e n (E 41 183); andernfalls §114. BayObLGSt. 1 374. — Nicht geschützt ist ein PolBeamter, der unbefugt jemand geschlagen hat: Oldenburg N J W 52 1189. 2. Rechtmäßigkeit der Amtsausübung s e t z t nach der vom BGHSt. 4 161 ff. grundsätzlich und ausdrücklich übernommenen Rspr. des RG v o r a u s : a) S a c h liche Zuständigkeit (E 40 212); b) örtliche. So im allg. RG. Jetzt BGHSt. 4 112 = J Z 58 701 (Anm. Kern): ob hierfür die Bezirkseinteilung maßgeblich ist, hängt von der Art der Amtshandlung ab; nicht z. B. bei Verbrechensverhütung. Nicht über die Landesgrenze hinaus, § 167 GVG: BGHSt. 4 113, anders nur bei Ländervereinbarung oder bei Verfolgungsbeginn im eigenen Lande: Hamm N J W 54 206. — Beamte des Wohnungsamts nur in ihrem Bezirk, Bahnpolizeibeamte nur auf Bahngebiet, BGHSt. 4 112; BayObLG N J W 54 362 (auch wenn zu Hilfsbeamten der StA bestellt, auch bei sonstiger innerdienstlicher Vereinbarung). — Noch schärfer ist die örtliche Begrenzung bei Handlungen von SBZ-Organen. Vgl. Vorbem.

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Widerstand gegen die Staatsgewalt § 113

c) Beobachtung der wesentlichen Formvorschriften (E 24 389 betr. ZPO § 759, ebenso BGHSt. 5 93; Maßnahmen des Gerichtsvollz., die gerade auf Erfüllung des § 759 abzielen, während der Schuldner dies verhindern will, sind aber gedeckt); d) daß die Handlung, wenn sie dem Ermessen anheimgestellt ist, bei pflichtgemäßer Berücksichtigung der dem Beamten im Augenblicke vorliegenden Umstände g e b o t e n e r s c h e i n t ; insoweit gehören zum objektiven Tatbestand subjektive Elemente; ein t a t s ä c h l i c h e r Irrtum des Beamten schließt die Rechtmäßigkeit seiner Amtsübung nur aus, wenn dieser selber auf pflichtwidrigem Verhalten oder Ermessen b e r u h t : Vgl. E 24 219, 35 210, 44 353. Über R e c h t s i r r t u m vgl. E 30 348. Vgl. noch E 26 22 betr. Zolleinnehmer; 38 373, 67 351 betr. Polizeimaßnahmen zwecks Strafverfolgung; 61 297 betr. Pfändung in einer Wohnung, die der GerVollz. irrig f ü r die des Schuldners hielt; K G in J W 37 762 betr. die Vorauss. f ü r die poliz. Verwahrung einer Person; D R 42 1782 betr. angetrunkenen und unzust. Beamten. Wie R G fordert und begnügt sich BGHSt. 4 164 mit „Ordnungsmäßigkeit der Ermessensausübung", e) Soweit der Beamte auf Befehl handelt, genügt dessen Innehaltung, ohne Prüfungspflicht auf Rechtmäßigkeit: BGHSt. 4 162 wie E 55 161, 58 195. Auf die s a c h l i c h e Rechtmäßigkeit der Vollziehungshandlung komme es nicht an, wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien: BGH a. a. O. 164. Aber hier werden Begrenzungen (oben zu a—c) und Begründungen (zu d und e) der Rechtmäßigkeit nebeneinander gestellt. Das bedarf zäherer Stellungnahme. 3. Im einzelnen. a) F ü r Befehlsverhältnisse (Anm. I I Gruppen 2 u. 3) ist wesentlich, daß hier der Vollzugsbeamte nicht auch selber den abstrakten Gesetzeswillen auf den konkreten Fall zu beziehen hat, sondern daß diese Konkretisierung durch eine Mittelsperson zwischen Gesetzeswillen und Vollzugshandlung vorgenommen wird: den Befehlsgeber. Voraussetzung f ü r die Rechtmäßigkeit der Befehlsausführung ist hier die V e r b i n d l i c h k e i t d e s B e f e h l s . E r ist verbindlich, wenn er rechtmäßig ergangen ist. Rechtmäßig ergangen ist er — abgesehen von den in BGHSt. 4 162, 3 362 berührten, oben in Syst. Vorbem. I I I behandelten Fragen der materiellen R W — unter vier Voraussetzungen: a) Der Befehlsgeber muß zur Erteilung und ß) der Befehlsempfänger zur Ausführung solcher Befehle z u s t ä n d i g sein (z. B. der Gerichtsvollzieher ist unzuständig, einen Haftbefehl in Strafsachen zu vollstrecken; der Polizeibeamte ist unzuständig, ein Zivilurteil zu vollstrecken). y) E t w a nötige F o r m v o r s c h r i f t e n müssen erfüllt sein (z. B. Schriftlichkeit des richterlichen Haftbefehls), ö) Der Befehl muß entweder durch die Sachlage o b j e k t i v g e b o t e n , oder doch von dem Befehlsgeber n a c h p f l i c h t g e m ä ß e m E r m e s s e n f ü r o b j e k t i v g e b o t e n g e h a l t e n worden sein. Zum objektiven Tatbestand des § 113 genügt hier also — ebenso wie in den Ermessensfällen beim Vollzugsbeamten, vgl. oben 2 d) — u. U. ein subjektives Element: Der Glaube des Befehlsgebers an die Sachgemäßheit der Befehlserteilung (sein Irrtum über diese läßt aber nur dann die Verbindlichkeit des Befehls unberührt, wenn jener entschuldbar über die sachlichen Voraussetzungen der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des Befehls irrt; irrt er über die f ü r die Befehlserteilung maßgebenden Rechtsgrundsätze, so ist der Befehl unverbindlich). Vgl. hierüber bes. E 59 336 mit der dort zit. Rspr.; ferner E 2 416, 29 200, 40 212, 55 161, 59 404. — E r g e b n i s f ü r § 113: 1. War der Befehl sowohl objektiv sachwidrig wie auf Grund pflichtwidrig unrichtiger Beurteilung der Sachlage erteilt, so war er unverbindlich. Der ihn Aus-

Widerstand gegen die Staatsgewalt § 113

329

führende befindet sich nicht in rechtmäßiger Ausübung, W i d e r s t a n d i s t a l s o e r l a u b t . Ob der den Befehl Ausführende die Rechtswidrigkeit des Befehls erkannte, betrifft nur seine eigene Strafbarkeit, nicht die Strafbarkeit des Widerstandes. — B G H S t . 4 162 erklärt den Vollzugsbeamten im Gebiet p o l i z e i l i c h e r V e r k e h r s s i c h e r u n g durch den Befehl für gerechtfertigt, gleichgültig ob dessen gesetzliche Grundlage (§ 5 StVO) gültig oder ungültig war und ob der Vorgesetzte die Rechtslage verkannt hatte. Das ist, wie B G H zugibt, nicht zu verallgemeinern und gilt nur da, wo der Ordnungszweck und die Notwendigkeit sofortiger eindeutiger Regelung allen anderen Rechtswerten vorgehen wie eben bei der sozialethisch neutralen Verkehrsregelung. — 3 S t R 212/53 v. 9. 7. 53 stellt darauf ab, daß der Polizeibeamten erteilte Befehl nicht offensichtlich rechtswidrig war. Ahnlich B G H S t . 4 165 für den Vollstreckungsbeamten selbst: rechtmäßig, wenn er nicht o f f e n s i c h t l i c h ohne Zuständigkeit oder willkürlich vorgeht oder e r s i c h t l i c h eine Straftat begeht. Betr. Ignorierung des Beschwerderechts Hamm M D R 51 440 (Anm. Stähler). 2. War dagegen der Befehl zwar objektiv sachwidrig, aber auf Grund pflichtgemäßer Beurteilung der Sachlage erteilt, so war er verbindlich (E 38 373, 61 297, 72 305 [311]; E 59 337 ließ diese Trage unentschieden). Der ihn Ausführende befindet sich danach in rechtmäßiger Amtsausübung, W i d e r s t a n d i s t a l s o r e c h t s w i d r i g . Vgl. dazu freilich Anm. V ! b) Vollstreckung eines rechtskräftigen Urteils. I n dem vielumstrittenen F a l l Kiel S J Z 47 323 (Anm. Arndt) betont der Senat, daß der Auftrag des Vollzugs beamten wesentlich weiter geht als die Kraft eines Befehls. — Abgesehen von der formalen Ordnungsmäßigkeit des Vollstreckungsauftrags ist zu prüfen, ob dieser in einem Verfahren ergangen war, das hinsichtlich der prozessualen Garantien wie hinsichtlich der angewendeten materiellen Bestimmungen den Erfordernissen entsprach, die an das Recht eines Kulturstaates gestellt werden müssen. Dies allein und nicht die Frage nach der Normenquelle ist für die formale und materielle Rechtsqualität der Amtsausübung entscheidend. — Kein strafbarer Widerstand gegen Vollstr.-Beamte des Wohnungsamts, wenn Beschlagnahme unzulässigerweise nach R L G statt nach dem Wohnungsges. des K R erfolgt war: L G Göttingen NdsRpfl. 48 89. IV. Die Handlung besteht entweder im Widerstandleisten, sei es durch Gewalt, sei es durch Bedrohung mit Gewalt, oder in tätlichem Angriff. I m einzelnen: 1. Gewalt ist positive Kraftäußerung gegen den Beamten. Betäubungsmittel: E 56 87. Vgl. auch § 52 Anm. I I . Passiver Widerstand, z. B . gegen Verhaftungen, genügt nicht. Als aktive Kraftäußerung faßt aber E 2 411 ein sich gegen den Boden Stemmen auf; Rechtspr. 7 280 ein Anklammern an einen Laternenpfahl. Der Autofahrer, der sich polizeilicher Kontrolle durch Vorbei- oder Davonfahren entzieht: B G H LM Nr. 1 ; 3 S t R 687/53 v. 2. 9. 54. - Vgl. auch D R 42 1756. Ferner Oldenburg NdsRpfl. 53 152: Wegreißen des Fahrrades, das der Bahnbeamte zur Billettkontrolle festhielt. 2. Bedrohung mit Gewalt: hier gilt der allgemeine Begriff der Drohung (Anm. I I I zu § 114). 3. Zum tätlichen Angriff genügt Ausholen zum Schlag: E 41 181, 59 264; er braucht sich nicht gegen die Amtshandlung zu richten. V. Rechtswidrig ist der Widerstand, wenn die Amtsausübung, gegen die er sich richtet, rechtmäßig und kein Rechtfertigungsgrund gegeben ist. Das W i d e r s t a n d s r e c h t des Art. 147 Abs. 1 HessVerf. darf gegenüber einzelnen Verwal-

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Widerstand gegen die Staatsgewalt § 114

tungsakten, z. B. Polizeiverfügungen, innerhalb der rechtsstaatlichen Ordnung n u r auf dem Rechtswege, nicht als Selbsthilfe ausgeübt werden: B G H N J W 53 1639. — Gegen r e c h t s w i d r i g handelnden B e a m t e n N o t w e h r möglich: B G H S t . 4 164. Vgl. oben I I I 3 a zu H a m m MDR 51 440 (Anm. Stähler). VI. Vorsatz: Nach § 59 sollte ein I r r t u m des Widerstand Leistenden über die T a t u m s t ä n d e , die die Rechtmäßigkeit der Amtsübung bedingen, die Strafbarkeit ausschließen. D a s R G folgerte aber die Unbeachtlichkeit dieses I r r t u m s aus der Entstehungsgeschichte u n d d e m Zweck des § 133: E 55 161, 60 342. Die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung wurde damit aus einem T a t b e s t a n d s m e r k m a l in eine Bedingung der S t r a f b a r k e i t umgedeutet. Ebenso E 67 337, 72 301, D R 42 1782, Kiel S J Z 47 325 u n d in aller F o r m B G H S t . 4 163. Vermittelnd Welzel J Z 5 2 , 1 9 Heitzer N J W 52, 729: es handle sich u m einen Verbotsirrtum. — Richtigerweise m u ß m a n unterscheiden. N i m m t der Täter T a t u m s t ä n d e an, bei deren Vorliegen die Amtshandlung Unrecht wäre, so liegt vorsatzausschließende P u t a t i v notwehr vor. E r hält z. B. in West-Berlin den Beamten f ü r einen sowjetzonalen Transportpolizisten. Andernfalls Verbotsirrtum, d a es sich der Sache nach d a n n u m rechtsirrige A n n a h m e eines Gegenrechts (Notwehr, Selbsthilfe usw.) handelt. B G H S t . 4 161 erklärt S. 163, d a ß hier Tatbestands- u n d Verbotsirrtum ü b e r h a u p t nicht, dagegen S. 164, d a ß Verbotsirrtum ausnahmsweise in B e t r a c h t k o m m e ; die E n t s c h . widerspricht zudem der stand. Rspr. über irrige A n n a h m e von rechtfertigenden U m s t ä n d e n (seit BGHSt. 3 105). VII. Die Anwendung des § 113 Abs. 3 ist nicht durch die gleichzeitige Anwendung des § 113 Abs. 1 bedingt, sondern sie k a n n auch in Verbindung z. B. m i t § 117 zulässig sein: E 29 310. VIII. I m Verhältnis zu § 114 ist § 113 (BGH N J W 53 672, vgl. aber auch den Fall der Tateinheit F r a n k f u r t N J W 54 892), im Verhältnis zu § 117 ist letzterer das speziellere Gesetz: E 34 113. Vgl. auch § 114 A n m . V I I I . § 116 A n m . V I I I . § 117 Anm. V I I I . I X . Zur Strafzumessung B G H GA 1955 244. Beamtennötigung

§114 (1) Wer es unternimmt, durch Gewalt oder Drohung eine Behörde, einen Beamten oder einen Soldaten der Bundeswehr zur Vornahme oder Unterlassung einer Amts- oder Diensthandlung zu nötigen, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe ein. (3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren. Neufassung 1. durch 3. S t Ä G : der neu eingefügte Abs. 3 p a ß t die Strafdrohung der der allgemeinen Nötigung an. 2. Durch 4. StÄG sind die Soldaten in den Strafschutz einbezogen worden. I. Unternehmen. Vgl. § 87.

Widerstand gegen die Staatsgewalt § 114

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II. Gewalt: Vgl. § 113 Anm. I V 1. III. Drohung: Vgl. § 52 Anm. I I I . Ankündigung eines vom Drohenden selber zu verwirklichenden Übels; anders bloße Warnung. E 54 236, Frankfurt HESt. 2 233, BGH 5 StR 676/53 v. 2. 2. 54; 6 StR 8/54 v. 31. 3. 54. Anders in § 91, vgl. dort Anm. II. Subjektiv hier: Absicht der Furchterregung zwecks Nötigung: E 34 206. — Die Drohung muß mit einer bestimmten, wenn auch erst für die spätere Zukunft in Aussicht stehenden Amtshandlung in erkennbarem Zusammenhang stehen. Daß das in Aussicht gestellte Übel hypothetisch ist, z. B. einen kommunistischen Umsturz voraussetzt, steht nicht entgegen: BGH 6 StR/54 v. 5. 5. 54. Auch Nachteile, welche allgemeine Interessen (z. B. Streikdrohung) betreffen, kommen in Betracht. Ob das angedrohte Übel eine an sich erlaubte Handlung darstellt, ist einerlei. E 46 106, 55 37. Betr. Ankündigung gegenüber einem Polizisten, den Fall in die Presse zu bringen, vgl. Frankfurt u. a. N J W 53 1362 (Anm. Mezger). IV. Behörde: „Jedes auf gesetzlicher Grundlage in dauerndem, bestimmt geregeltem Bestände geschaffene, in das Gefüge der äußeren Verfassung des Staates als Bestandteil eingegliederte (mittelbare oder unmittelbare) Organ der Staatsgewalt, welches dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität nach eigenem Ermessen zur Herbeiführung der Zwecke des Staates tätig zu sein": E 40 161. Der ideelle, dauernde Träger staatlicher Rechte und Pflichten: E 18 246. Z . B . Industrie- und Handelskammern (E 52 198), Universitätsorgane, insbes. Fakultäten, E 17 208, BGH 5 StR 253/53 v. 15. 12. 53. V. Beamter: Siehe § 359. Im Gegensatz zu § 113 Beamte jeder Art geschützt. — Vgl. ferner ZAk. 37 697 mit Anm. von Stock (betr. Vorsitzenden eines Viehwirtschaftsverbandes) ; bedenklich ObGer. Danzig in Danz. JurZ 38 50, wonach das Absperren des Gaszählers durch den städtischen Einziehungsangestellten Amtshandlung i. S. d. § 114 sein soll. Diese Handlung ist nicht aus der Staatsgewalt abzuleiten. VI. Amtshandlung: Diejenige Handlung eines Beamten, welche innerhalb seiner örtlichen und sachlichen Zuständigkeit gelegen und v e r m ö g e dieser (nicht auf Grund einer jedem Staatsbürger obliegenden Pflicht) vorzunehmen ist: E 18 350. Ob die Amtshandlung rechtmäßig sein würde, ist gleichgültig. E 54 163. DR 42 1757. Die Nötigung, das Amt niederzulegen, rechnet E 5622 nicht hierher, aber die Nötigung, die behördliche Tätigkeit einzustellen. VII. Innerer Tatbestand. Zum Vorsatz E 39 266 : der Täter muß wissen, daß seine Handlung geeignet ist, die amtl. Entschließungsfreiheit zu beeinträchtigen. Im übrigen gilt das zu § 113 Anm. VI Gesagte entsprechend. Hier wie dort kommt es darauf an, ob der Handelnde Tatumstände annimmt, die sein Verhalten (auch nach Maßgabe des § 240 Abs. 2) rechtfertigen würden, oder ob er die erkannten Umstände rechtlich (als Laie) falsch bewertet. Im ersteren Falle Tatbestands-, im letzteren Verbotsirrtum. VIII. Konkurrenzen: § 113 ist im Verhältnis zu § 114 das speziellere Gesetz: E 20 35, BGH N J W 53 672. Vgl. § 113 Anm. VIII. Tateinheit zwischen §§ 113 und 114 ist jedoch möglich, wenn über den Tatbestand des § 113 hinaus Drohungen geäußert werden, die von einem künftigen Vorgehen abhalten sollen (HRR 38 487, Frankfurt N J W 54 892). § 114 schließt die Anwendung von §240 aus: E 31 3; vgl. auch § 116 Anm. V I I I .

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Widerstand gegen die Staatsgewalt § 115

Aufruhr

§115 (1) Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung, bei welcher eine der in den §§ 113 und 114 bezeichneten Handlungen mit vereinten Kräften begangen wird, teilnimmt, wird wegen Aufruhrs mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft. (2) Die Rädelsführer, sowie diejenigen Aufruhrer, welche eine der in den §§ 113 und 114 bezeichneten Handlungen begehen, werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft; auch kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. I. Geschützt wird in § 115 die Staatsautorität als Garant der öffentlichen Sicherheit. Nicht nur gegen p o l i t i s c h e Störungen, vgl. Hamm NJW 51 206 (unten Anm. III). H. Öffentlich ist eine Zusammenrottung nicht schon, weil an öffentlichem Ort stattfindend, sondern erst wenn die M ö g l i c h k e i t e i n e r B e t e i l i g u n g u n b e s t i m m t v i e l e r Personen gegeben war: E 20 298, 54 88. Auch innerhalb eines Gebäudes: BGH 3 StR 212/53 v. 9. 7. 53 wie E 54 88. III. Zusammenrottung ist „das räumliche Zusammentreten einer Mehrheit von Personen zu einem gemeinschaftlichen bedrohlichen oder gewalttätigen Handeln": E 56 281. Vgl. auch E 13 17, 53 305. Die Absicht, den staatsbürgerlichen Frieden zu stören, macht eine Versammlung unfriedlich; sie ist für das „Kommittee junger Friedenskämpfer" gerichtskundig; 2 StR 676/51 v. 5 . 6 . 5 3 mit Nachweisungen. Vgl. aber auch Hamm NJW 51 206: Aufruhr durch Zuschauer einer Sportveranstaltung. IV. Mit vereinten Kräften: Es genügt, daß die Handlungen von einzelnen ausgehen, wenn nur die übrigen sie in ihre Vorstellung und ihren Willen mit aufgenommen haben. RG J W 1933 429 (Anm. E. Wolf). V. Teilnahme: Vgl. § 125 Anm. III. Auch der Anschluß an eine Menge n a c h Ausübung von Gewalttätigkeiten genügt: E 54 85, BGH 2 StR 349/53 v. 24. 2. 54; wer mitmarschiert, kann seine Teilnahme nur durch tatsächliche Trennung beenden (wie E 54 301). VI. Rädelsführer: Die Führer oder Leiter des Aufruhrs, soweit auch selber an der Zusammenrottung beteiligt (E 60 331). Vgl. §§ 90, 125 sowie oben Anm. IV, ferner BGHSt. 6 129. VII. Vorsatz: der Täter muß wissen, daß die Menge friedensstörende Ziele hat und daß er diese durch seinen Anschluß fördert: E 53 47, BGH NJW 54 1694. v m . Idealkonkurrenz von §§ 115 und 125 möglich: E 29 11.

Widerstand gegen die Staatsgewalt §§ 116, 117 Auflauf

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§116

(1) Wird eine auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen versammelte Menschenmenge von dem zuständigen Beamten oder Befehlshaber der bewaffneten Macht aufgefordert, sich zu entfernen, so wird jeder der Versammelten, welcher nach der dritten Aufforderung sich nicht entfernt, wegen Auflaufs mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ist bei einem Auflauf gegen die Beamten oder die bewaffnete Macht mit vereinten Kräften tätlicher Widerstand geleistet oder Gewalt verübt worden, so treten gegen diejenigen, welche an diesen Handlungen teilgenommen haben, die Strafen des Aufruhrs ein. I. öffentlich: wenn zur fraglichen Zeit tatsächlich allgemein zugänglich. E 2113 und 370 (Wirtschaftsgarten), 40 126 (Friedhof), 42 313 (Bahnhofsvorplatz). II. Menschenmenge: Eine nicht mehr im Unterbewußtsein zählbare Anzahl. E 40 76 sagt nur, daß Ungeordnetheit, Unbestimmtheit der Zahl n i c h t zum Begriff gehört. Vgl. § 125 Anm. I. III. Zuständiger Beamter: vgl. § 359 und § 113 Anm. II. IV. Aufforderung an die versammelte Menge. E 13 66. Sie muß erkennen lassen, daß jeder den räumlichen Zusammenhang mit der Menge aufzugeben hat; gleich aus welchen polizeilichen Gründen: BGHSt. 5 245. Sinngemäße Auff.: BGH NJW 54 1694 (E 12 426). V. Sich nicht entfernen: echtes Unterlassungsdelikt (vgl. Syst. Vorbem. II). Jeder einzelne, der stehenbleibt, ist strafbar (E. 12 426), mag er auch die Aufforderung nicht selber gehört, sondern durch andere erfahren haben (E 21 154). Vgl. freilich § 52! VI. Vorsatz entspr. § 115, vgl. dort Anm. VII sowie 4 StR 400/53 v. 26. 11. 53: auf Billigung oder Mißbilligung der durch die anderen begangenen Straftat kommt es nicht an. — Die Rechtmäßigkeit der Aufforderung soll nach BGHSt. 5 245 Bedingung der Strafbarkeit, vom Vorsatz also nicht notwendig umfaßt sein. Vgl. dagegen § 113 Anm. VI. VII. Zu Abs. 2 vgl. § 115 Anm. IV. VIII. Abs. 2 kann mit §§ 113 oder 114 in Idealkonkurrenz stehen. Allgemein ist Tateinheit mit § 125 möglich: BGH 5 StR 402/52 v. 29. 5. 52, Hamm NJW 51 206 (auch mit § 111). Forstwiderstand

§117

(1) Wer einem Forst-, Jagd- oder Fischereibeamten, dem Eigentümer eines Waldes oder eines Fischgewässers, einem Forst- oder Fischereiberechtigten, einem Jagd- oder Fischereiausübungsberechtigten oder einem von diesen bestellten Aufseher in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes oder Rechtes durch Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt Widerstand leistet, oder wer eine dieser Personen während der Ausübung ihres Amtes oder Rechtes tätlich angreift, wird mit Gefängnis von vierzehn Tagen bis zu drei Jahren bestraft.

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Widerstand gegen die Staatsgewalt § 117

(2) Ist der Widerstand oder der Angriff unter Drohung mit Schußwaffen, Äxten oder anderen gefährlichen Werkzeugen erfolgt, oder mit Gewalt an der Person begangen worden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein. (3) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt in den Fällen des Absatz 1 Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre, in den Fällen des Absatz 2 Gefängnisstrafe nicht unter einem Monat ein. I. Vorbild für §§ 1 1 7 - 1 1 9 war PrGes. v. 31. 3. 1837. Geschützt werden (entgegen der Überschrift des 6. Abschnitts) auch P r i v a t p e r s o n e n bei Ausübung ihrer Schutzrechte und -pflichten. — Der Kreis der geschützten Personen ist neu umgrenzt durch G. v. 28. 6. 35, Art. 10. Betr. Jagd: Angleichung an Reichsjagdgesetz v. 3 . 7 . 3 4 (jetzt Bundesjagdges. v. 29.11.52). Betr. Fischerei: Gleichstellung mit Jagdschutz, aber in anderer Ausdrucksweise, da hier noch verschiedenartige Landesgesetze gelten. II. Über J a g d s c h u t z b e r e c h t i g t e vgl. BJagdG §25. Über ihr Recht zum W a f f e n g e b r a u c h : G. v. 26. 2. 35 (RGBl. I 363) und VO v. 7. 3. 35 (RGBl. I 377). - Betr. „Beamte": § 359 und E 48 177. - Zu allem E 72 3 0 5 - 3 1 3 . III. Die „Bestellung" als Aufseher setzt weder Beamteneigenschaft voraus noch schafft sie solche. Im übrigen vgl. Anm. I I . IV. Amts- oder Rechtsausübung: Strafrechtlich geschützt sind nur Handlungen, die dem Schutz von Forst, Jagd oder Fischerei dienen (E 66 340); nicht die Ausübung von Rechten am Wald oder des Jagdrechts selber (E 2 170, 3 14, 20 156, 60 273). Dann aber nicht nur im Forst oder unmittelbar angrenzend, sondern überall, wenn nur örtliche und sachliche Zuständigkeit gegeben ist (E 23 357, 38 373). — Eine F e s t n a h m e , falls sie von einem Forstbeamten oder Waldeigentümer als solchem, wenn auch auf Grund des allgemeinen Rechts des § 127 StPO, vorgenommen wird (E 19 101, 21 10). — H a u s s u c h u n g , falls aus allgemein polizeirechtlichen Gründen gerechtfertigt, sei es präventiv-polizeilich, sei es kraft Handelns als Hilfsorgan der Staatsanwaltschaft. Ebenso B e s c h l a g n a h m e (E 37 32, 39 189). — W e g n a h m e des Gewehres kann durch Notwehr geboten sein (E 35 403, 46 348). — Auch die §§ 229, 858, 859 BGB können Anlaß zu Handlungen werden, die sich als Amts- oder Rechtsausübung darstellen. — Ein Recht zur P r i v a t p f ä n d u n g zum Schutze des Jagdrechts besteht nicht mehr (E 34 154). — Keine Amtsausübung, wenn der Forstbeamte einem Waldarbeiter nur als Arbeitgeber gegenübersteht (E 5 413). V. Rechtmäßig muß die Ausübung stets sein (auch, obschon nicht erwähnt, beim Angriff). Daß ihre objektive Rechtmäßigkeit auch durch p f l i c h t g e m ä ß e s E r m e s s e n des Ausübenden gegeben sein kann, kommt, wie bei § 113, auch hier für die Amtsausübung, nicht aber für die private Rechtsausübung in Betracht. E 72 305 (311). VI. Der Vorsatz des Täters braucht nach der Rspr. die Rechtmäßigkeit der „Amts"-Ausübung hier sowenig zu umfassen, wie bei § 113 (vgl. aber dort Anm. VI), wenn der Täter nur weiß, daß ein Forstbeamter als solcher eine amtliche Tätigkeit ausübt; wohl aber die Rechtmäßigkeit der privaten „Rechts"-Ausübung: E 20 156, 27 70, 38 373. VII. Zur Handlung des Abs. 1 vgl. zunächst § 113 Anm. IV. Zu Abs. 2: 1. „Schußwaffe" — auch ungeladen: E 9 176 — muß das Bedrohungsmittel sein; lediglich mündliche Drohung mit solchem genügt nicht: E 28 314.

Widerstand gegen die Staatsgewalt §§ 118, 119, 120

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2. „Gewalt an der Person" nicht gleichbedeutend mit Gewalt gegen die Person. Unmittelbare Einwirkung nötig; fehlgehender Schuß genügt nicht. E 16 172. VIII. Gegenüber den §§113,114 ist § 117 lex specialis. (Vgl. §113 Anm. VIII). Bei Anwendung des § 113 oder § 117 bleibt § 17 des PrFeldEorstPolG v. 21. 1. 26 außer Betracht: E 38 69. Schwerer

Forstwiderstand

§118

(1) Ist durch den Widerstand oder den Angriff eine Körperverletzung dessen, gegen welchen die Handlung begangen ist, verursacht worden, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein. I. § 118 bezieht sich nur auf § 117: E 23 69. II. Körperverletzung im Sinne des §223: E 11 24 —; sie braucht jedoch nur fahrlässig zu sein, § 56. Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung möglich. HI. Verursachung: dazu jetzt § 56 mit Anm.

Gemeinschaftlicher

Forstwiderstand

§119 Wenn eine der in den §§ 117 und 118 bezeichneten Handlungen von mehreren gemeinschaftlich begangen worden ist, so kann die Strafe bis um die Hälfte des angedrohten Höchstbetrages, die Gefängnisstrafe jedoch nicht über fünf Jahre erhöht werden. I. Gemeinschaftlich im Sinne des § 47. Vgl. E 28 98. Gefangenenbefreiung

§120

(1) Wer einen Gefangenen aus der Gefangenenanstalt oder aus der Gewalt der bewaffneten Macht, des Beamten oder desjenigen, unter dessen Beaufsichtigung, Begleitung oder Bewachung er sich befindet, vorsätzlich befreit oder ihm zur Selbstbefreiung vorsätzlich behilflich ist, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. I. Zweck: die obrigkeitliche Gewalt zu schützen, die sich in der Gefangenhaltung manifestiert: BGH N J W 56 69 wie L K 2. H. Gefangener: eine Person, der in gesetzlich gebilligter Form aus Gründen des öffentlichen Interesses (durch ein Organ der Staatsgewalt, kraft obrigkeitlicher Autorität) die persönliche Freiheit entzogen ist und die sich infolgedessen t a t s ä c h l i c h in der Gewalt der zuständigen Behörde (oder Beamten) befindet: E 12

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Widerstand gegen die Staatsgewalt § 121

162. Der Eingriff der Staatsgewalt muß dem Recht des Staates entspringen, bei der Handhabung der Polizei- und Strafgewalt jemand in Haft zu nehmen: E 39 7, 48 226, 73 347. Durch Festnahme seitens einer Privatperson wird jemand nicht Gefangener, sondern erst mit der Übernahme durch den zuständigen Beamten: E 13 254, 67 299; Untersuchungsgefangene, auch während Unterbringung in einer Krankenanstalt: E 19 330. Auch Jugendarrestanten. N i c h t aber Schularrestanten: E 39 7. Auch nicht Fürsorgezöglinge, da hier mit der Unterbringung Erziehung, nicht Schutz der Allgemeinheit bezweckt werde: E 73 347. Vgl. auch §§ 122a, 122 b und § 257 a sowie die PolVO v. 20. 2. 41 (RGBl. I 104) über den unbefugten Verkehr mit Gefangenen und sonst Verwahrten (gültig, BayObLG MDR 52 120). i n . Beamter: siehe § 359. IV. Äußere Rechtmäßigkeit der Gefangennahme ist n i c h t Voraussetzung der Anwendung des § 120: E 39 189. V. Befreit: d. h. der behördlichen Gewalt durch unberechtigte Einwirkung (Zwang, Drohung, Täuschung; Bitten genügen nicht: E 34 8) entzieht. VI. S e l b s t b e f r e i u n g ist — abgesehen von dem Bay. Ges. v. 28. 10.46 (GVB1. 47 S. 11) und dem Württ.-Bad. Ges. v. 20. 11. 45 § 3 N 4, die inzwischen vom 1. ZivSen. in BGHSt. 4 396 für ungültig erklärt und durch 3. StÄG aufgehoben sind — nur als Meuterei oder gewaltsamer Ausbruch gemäß § 122 strafbar, also auch Anstiftung zur Selbstbefreiung an sich straflos. In § 120 wird die Beihille zur Selbstbefreiung (die auch in intellektueller Hilfeleistung bestehen kann: E 25 65) zum Sondervergehen erklärt, an dem folglich auch strafbare Teilnahme (Anstiftung und Beihilfe) möglich ist; solcher T e i l n a h m e an d e r B e i h i l f e soll sich nach E 57 417, 61 31 auch der G e f a n g e n e s e l b e r schuldig machen können. Dagegen schon Binding Lb. 2, 591, Frank VI, jetzt eingehend Lange, Notw. Teilnahme, 1940, S. 85 ff. Rechtsähnliche Fälle in § 164 und § 257, vgl. dort Anm. VII. Versuch strafbar. Er liegt bei der zweiten Tatbestandshälfte schon im Beginn der Förderung der Selbstbefreiung, sobald Rechtsgut (oben Anm. I) unmittelbar gefährdet: BGH NJW 56 69 unter Hinweis auf BGHSt. 4 334, 6 98; vgl. auch BGHSt. 8 38, 9 62. Vm. Tateinheit mit § 257 möglich, dessen Abs. 2 f ü r § 120 nicht in Betracht kommt: E 57 301. Entweichenlassen

von Gefangenen

§121

(1) Wer vorsätzlich einen Gefangenen, mit dessen Beaufsichtigung oder Begleitung er beauftragt ist, entweichen läßt oder dessen Befreiung befördert, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. (2) Ist die Entweichung durch Fahrlässigkeit befördert worden, so tritt Gefängnisstrafe bis zu drei Monaten oder Geldstrafe ein. I. Wenn von einem Beamten begangen: §347. n . Gefangener: Vgl. § 120 Anm. II. III. Beauftragt kann hier auch eine Privatperson sein: E 7 103; z. B. der Wärter in einer Krankenanstalt, der die Beaufsichtigung dahin gebrachter Gefangener übernimmt: E 19 330.

Widerstand gegen die Staatsgewalt § 122

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IV. Beförderung der Befreiung durch einen Dritten oder der Selbstbefreiung. E 57 75. Entgegen E 61 31 kann der Gefangene auch hier nicht Teilnehmer sein; er ist stets straffreier mittelbarer Täter der Selbstbefreiung. Vgl. oben §120 Anm. VI a. E. V. Fahrlässigkeit. Voraussetzung ist sowohl Schaffung günstigerer Bedingungen f ü r die Entweichung durch Außerachtlassen der erforderlichen Vorsicht, a l s a u c h Vorhersehbarkeit der Entweichung. Auch das fahrlässige Entweichenlassen (sinngemäßer Auslegung): E 9 40 (bestr.). VI. Tateinheit mit § 257: E 7 244. Gefangenenmeuterei

§122

(1) Gefangene, welche sich zusammenrotten und mit vereinten Kräften die Anstaltsbeamten oder die mit der Beaufsichtigung Beauftragten angreifen, denselben Widerstand leisten oder es unternehmen, sie zu Handlungen oder Unterlassungen zu nötigen, werden wegen Meuterei mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft. (2) Gleiche Strafe tritt ein, wenn Gefangene sich zusammenrotten und mit vereinten Kräften einen gewaltsamen Ausbruch unternehmen. (3) Diejenigen Meuterer, welche Gewalttätigkeiten gegen die Anstaltsbeamten oder die mit der Beaufsichtigung Beauftragten verüben, werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft; auch kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. I. Selbstbefreiung an sich straflos. Vgl. oben § 120 Anm. VI; ebendort zur Teilnahme des Gefangenen an seiner Befreiung durch andere. § 122 Abs. 2 macht den Versuch eines g e m e i n s c h a f t l i c h e n Ausbruchs z u m s e l b s t ä n d i g e n (zweiaktigen) Vergehen. II. Gefangene: siehe § 120 Anm. II. Schon wenn nur zwei zusammentreten (BGH 4 StR 818/52 v. 5. 11. 53); nicht aber, wenn davon einer nur zum Schein mitmacht. Hamm JZ 53 342 (zust. Anm. Maurach). III. Zusammenrottung: siehe § 115 Anm. III. Vgl. noch E 3 1, 54 313, 55 67. Betr. Angreifen und Widerstand vgl. § 113 Anm. IV. IV. Zu der „Zusammenrottimg" muß entweder Angriff oder Widerstand oder ein Unternehmen der Nötigung h i n z u k o m m e n . „Unternehmen" umfaßt Vollendung und Versuch i. S. des § 87. Nötigung hier nicht notwendig mit Gewalt oder Drohung. Z. B. genügt Arbeitsverweigerung bei Außenarbeit: BGHSt. 2 121 (wie E 58 76). In Abs. 2 muß mit dem gewaltsamen Ausbruch begonnen worden sein; der Plan ist noch nicht strafbar. — Der „Ausbruch" braucht nicht von dem Willen beherrscht zu sein, sich dauernd der Gefangenschaft zu entziehen (E 41 357). Er muß aber als ein gewaltsamer beabsichtigt sein (Gewalt gegen Sachen genügt: E 55 67, BGH 2 StR 374/51 v. 11. 11. 52; Anwendung falscher Schlüssel ist noch keine Gewalt: E 49 429) und mit vereinten Kräften erfolgen. Hierzu genügt gemeinsame Verabredung nicht (E 50 85, BGH 2 StR 374/51 v. 11. 11. 52). Strafbar ist aber jeder, der z u r M i t w i r k u n g bei d e r b e a b s i c h t i g t e n G e w a l t a n 22

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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Widerstand gegen die Staatsgewalt §§ 122a, 122b

Wendung b e r e i t w a r , mag auch diese selber dann nur von einem einzelnen begangen worden sein. Vgl. dazu E 17 47, 54 313, 58 76 sowie HRR 37 680 ( = J W 37 627), ferner § 115 Anm. IV. V. Täter gem. Abs. 3 ist nur wer s e l b e r Gewalt verübt; nicht etwa alle „Mittäter" der Meuterei (E 69 289, BGHSt. 5 344 mit Nacliw.). Dies gilt auch für Gehilfen: BGHSt. 9 119. Dort S. 121 begründete Bedenken gegen BGHSt. 8 294, wonach gemäß Abs. 3 zu strafen sei, wer als Mittäter einer Meuterei einen Mitmeuterer zu Gewalttätigkeiten anstiftet, auch wenn dies erfolglos bleibt. VI. Gewalttätigkeiten: Körperlicher Zwang g e g e n P e r s o n e n ; unmittelbare wie mittelbare Einwirkung auf den Körper. Seelischer Zwang genügt nicht. E 52 34, 54 88, 55 35. Der Beamte braucht aber die Gewalt nicht als gegen sich gerichtet zu empfinden: BGH NJW 53 350. VH. Rechtliches Zusammentreffen zwischen Mittäterschaft nach Abs. 1 und Anstiftung zu Abs. 3 (München NJW 50 879).

Sicherungsverwahrungsanstalt

und

Arbeitshaus

§ 122a In den Fällen der §§ 120 bis 122 steht einem Gefangenen gleich, wer in Sicherungsverwahrung oder in einem Arbeitshaus untergebracht ist. I. Eingefügt durch G v. 24. 11. 33, Art. 3. Vgl. §§ 42e und 42d, ferner §§ 122b, 257. Gefangener: § 120 Anm. II.

Sonstige behördliche Verwahrung

§ 122b (1) Wer, abgesehen von den Fällen der §§ 120, 121, 122a, vorsätzlich jemand, der auf behördliche Anordnung in einer Anstalt untergebracht ist, aus der Verwahrung befreit oder ihm das Entweichen erleichtert, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag der Behörde ein, welche die Verwahrung bewirkt hat. I. Eingefügt durch G v. 24. 11. 33, Art. 3. II. Unterbringung z. B. in einer Heil- oder Pflegeanstalt, Trinkerheilanstalt, in einem Asyl; auch wer in einer Irrenanstalt auf polizeiliche Anordnung untergebracht wird (bisher zu den Gefangenen i. S. der §§ 120 ff. gerechnet, vgl. E 44 171), ferner Fürsorgezöglinge (vgl. den abgeänderten § 76 des JugwohlfG). Unterbringung durch den (Amts-) Vormund keine V. „auf behördliche Anordnung": BGHSt. 9 262.

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 123

339

Siebenter Abschnitt Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung Vorbemerkungen I. Geschützt sind in diesem Abschnitt im wesentlichen öffentlicher Friede und Sicherheit; als ihr Garant die Staatsautorität, und zwar nur die deutsche. Soweit deren Schutz Selbstzweck wie z. B. in § 134, wird regelmäßig der Vorbehalt der Vorbem. I vor § 110 eingreifen. II. Bei staatsfeindlicher Absicht in allen Fällen dieses Abschn. Strafschärfung gem. §94.

Hausfriedensbruch

§123

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird wegen Hausfriedensbruchs mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. (2) Ist die Handlung von einer mit Waffen versehenen Person oder von mehreren gemeinschaftlich begangen worden, so tritt Geldstrafe oder Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre ein. (3) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. 1. Rcchtsgut hier n i c h t die öff. Ordnung, sondern das H a u s r e c h t , ein Rechtsgut eigener Art. Bestr., ob es dem B e s i t z r e c h t verwandt ist oder dem Recht der persönlichen F r e i h e i t näher steht. Es enthält Elemente von beiden; die Qualifikationsgründe des Abs. 2 sprechen eher für ein Freiheitsdelikt. II. Geschützte Orte. 1. Wohnung: Räume, die dem nicht auf bestimmte Verrichtungen oder Lebenszwecke beschränkten Aufenthalt einer Person freistehen und dienen. Vgl. auch E 12 133, 13 312 (Schiffe, Künstlerwagen). 2. Geschäftsräume. Abgeschlossene Räume, in denen jemand seine regelmäßige Erwerbstätigkeit ausübt. Vgl. E 13 312, 32 371. 3. Befriedetes Besitztum: Eingehegt mit dem erkennbaren Willen, Fremden den Zutritt zu verwehren; Zusammenhang mit Wohnung oder Gebäude nicht nötig: E 11 295, 20 150, 32 371, 35 395. 4. öffentlicher Dienst: Der auf Vorschriften des öffentlichen Rechts beruhende dienstliche Verkehr mit dem Publikum. KG J W 27 1713. Zum öffentlichen Dienst bestimmt ist z. B. der Wahlraum: E 46 406. — Dem öff. Verkehr dienen z. B. Straßenbahnwagen (DR 41 2659 m. Anm. Bruns, E 75 355), Eisenbahnabteile. m . Die Handlung. 22*

340

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 128

1. Widerrechtliches Eindringen: Bewußtes Eintreten gegen den ausdrücklichen oder durch Vorrichtungen sich offenbarenden, aber auch schon gegen den vermuteten Willen des Berechtigten, ohne daß der Eintretende ein besonderes Recht hierzu hat. E 12 132. Vgl. auch E 15 391 (der Vermieter ist nicht schon auf Grund seines Zurückbehaltungsrechts zum Eindringen befugt); 6 14 (die getrennt lebende Ehefrau ist nicht berechtigt, die Wohnung des Mannes gegen dessen Willen zu betreten, es sei denn, um das eheliche Zusammenleben wieder aufzunehmen); LG Hamburg in DR 41 1401 betr. Kontrollbeamten. — Eindringen des ganzen Körpers nicht erforderlich: E 39 440 (Hineinstrecken einer Hand mit Revolver durch eine gewaltsam bewirkte Öffnung). — Das Eindringen ist nicht ohne weiteres schon deshalb widerrechtlich, weil es der verfolgte Zweck ist (E 12 132; 20 150); bedenklich daher insoweit AG Leipzig in D J 38 341 (Benutzung einer öffentl. Fernsprechzelle zu mißbräuchlicher Inanspruchnahme des Apparates). E 68 65 lehnt offenbar in ähnlichem Falle § 123 stillschweigend ab. 2. Unbefugtes Verweilen. Bei ungebührlichem Benehmen in einer öffentlichen Wirtschaft: E 4 322. — Der Ehemann k a n n sich des Hausfriedensbruchs in Räumen schuldig machen, in denen mit seiner Genehmigung die Ehefrau selbständig Wirtschaft betreibt und die nicht zu den ehelichen Wohnräumen gehören: E 35 395. — Der Mieter, der unter Verletzung seiner zivilrechtlichen Räumungsverbindlichkeit in der Wohnung verbleibt und sie trotz Aufforderung nicht verläßt, ist n i c h t strafbar: E 36 322. — Über das Hausrecht dea Mitinhabers einer gemeinschaftlichen Wohnung gegenüber Angehörigen eines anderen Mitinhabers E 72 57. Dieselben Grundsätze gelten, wenn ein Ehegatte gegen den Widerspruch des anderen den Täter zum Verlassen der Ehewohnung aufgefordert hat: Mißbrauch des Hausrechts, wenn Duldung zuzumuten (vgl. BGH NJW 52 975): Hamm NJW 55 761. — E i n e Aufforderung genügt: E 5 109. — Als B e r e c h t i g t e r erscheint auch, wem ein Lokal zu einer Versammlung überlassen ist: E 24 194; aber auch, wer es hierzu überlassen hat: E 61 33. — Der Inhaber des ungestörten unmittelbaren Besitzes: E 57 139. — Gemeinsam Berechtigte: E 72 57. — Zu Unrecht Gekündigter: E 1 398. — In den Wartesälen eines Bahnhofes mit Restaurationsbetrieb: der Bahnhofswirt n u r , wenn ihm die Aufrechterhaltung der Ordnung in den W a r t e r ä u m e n zur Pflicht gemacht ist; allgemein jedoch die Bahnhofspolizeibeamten: E 36 188. — Arbeiter an der Arbeitsstätte nach Arbeitsniederlegung: Hamm JMB1 NRW 52 12 (mit Vorbehalten für Betriebsratsmitglieder). IV. Qualifizierter Hausfriedensbruch (Abs. 2). 1. Waffe hier nicht im technischen Sinn, sondern allgemein gefährliche Werkzeuge umfassend: E 8 44. Vgl. § 243 Z. 5, § 250 Z. 1. — Es genügt, wenn der Täter die Waffe erst nach dem Eindringen in dem Räume selbst vorfindet und ergreift: 12 183. — Der Täter muß sich des Waffenbesitzes bewußt sein: E 8 44. — Nicht auch der Bedrohte: E 28 269. — Hausfriedensbruch mit Waffen begeht daher auch, wer sie verborgen mit sich f ü h r t : E 30 78. Auch wer an sich dienstlich zum Tragen der Waffe berechtigt ist: E 32 402. 2. Gemeinschaftlich: d. h. wenn der Hausfriedensbruch von mehreren Personen als Mittätern begangen worden ist: E 3 7. Betr. „Mittäter" RG auch hier, wie bei § 47, subjektiv: Auch wer, ohne die Räume zu betreten, das widerrechtliche Eindringen anderer mit Täterwillen fördert (z. B. draußen Wache steht), ist aus § 123 I I als Täter strafbar. E 55 60.

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 124

341

V. Zum Vorsatz gehört die Kenntnis aller T a t u m s t ä n d e (§ 59), also auch das Bewußtsein, dem Willen des Berechtigten zuwiderzuhandeln. Eventualvorsatz genügt (nicht aber das Bewußtsein, gegen den „zu vermutenden" Willen des Berechtigten einzutreten; so freilich E 12 132). VI. Über das Verhältnis des § 123 zu anderen während des Hausfriedensbruchs begangenen Straftaten vgl. E 32 137. Ist Hausfriedensbruch Mittel zu einem nach § 243 strafbaren Diebstahl (z. B . als „Einbruch"), so ist jener neben § 243 nicht selbständig strafbar. E 53 279 und Vorbem. I I I 4 vor § 73. Tatmehrheit mit e i n f a c h e m Diebstahl möglich: Hamm JMB1 N R W 54 67. — § 368 Nr. 9 als lex specialis zu beachten; vgl. dort Anm. — Amtsdelikt: § 342. Dazu E 32 402: Idealkonk. mit § 123 Abs. 2. Hiergegen Welzel § 43 I I 2. Schwerer

Hausfriedensbruch

§ 124 Wenn sich eine Menschenmenge öffentlich zusammenrottet und in der Absicht, Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen mit vereinten Kräften zu begehen, in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Bäume, welche zum öffentlichen Dienst bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, so wird jeder, welcher an diesen Handlungen teilnimmt, mit Gefängnis von einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft. I. Geschütztes Rechtsgut ist hier die öffentliche Ordnung. II. Die Handlung: 1. Eine Menschenmenge muß sich öffentlich zusammenrotten, 2. in geschützte Räume widerrechtlich eindringen, 3. dabei Gewalttätigkeiten beabsichtigen. 1. Menschenmenge: Vgl. § 116 Anm. I I , § 125 Anm. I. 2. öffentliche Zusammenrottung: Vgl. § 115 Anm. I I und I I I . Nicht nur ein durch zufälliges Zusammentreten untereinander fremder Personen gebildeter ungeordneter Haufen, sondern auch ein geschlossener militärähnlicher Verband mit organisierter Führung (hier SA-Propagandazug) kann eine Zusammenrottung in diesem Sinne sein, wenn er rechtsfeindlich gesinnt ist (E 60 331). Eine zu einem erlaubten Zweck zusammengekommene Menge wird zu einer widerrechtlichen Z., wenn die Teilnehmer in dem Bewußtsein zusammenbleiben, daß nunmehr Gewalt verübt werde (RG J W 1934 1785; BGH 5 S t R 603/52 v. 27. 11. 52, 3 S t R 382/53 S. 13, 16 v. 3. 12. 53). — Betr. widerrechtlich Eindringen usw. § 123 Anm. I I I 1. 3. Absicht: Anm. I I I , 1 zu § 59. Es genügt, daß ein Teil der Eindringenden diese Absicht hatte und der Täter dies wußte. E 51 422. 4. Gewalttätigkeiten: Vgl. § 122 Anm. VI. Die „Personen" brauchen nicht die Insassen der Wohnung zu sein. E 53 64. — G. gegen Sachen, auch ohne sie zu beschädigen: E 5 377, 30 391. III. Teilnahme: es genügt Mittäterschaft i. S. von Anm. I V 2 zu § 123. IV. Konkurrenzen: Schwerer Raub schließt §124 aus: H R R 38 1207. Tateinheit mit § 125 möglich: E 55 41, B G H 3 S t R 382/53 S. 17 v. 3. 12. 53.

342 Landfriedensbruch

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 125

§125

(1) Wenn sich eine Menschenmenge öffentlich zusammenrottet und mit yereinten Kräften gegen Personen oder Sachen Gewalttätigkeiten begeht, so wird jeder, welcher an dieser Zusammenrottung teilnimmt, wegen Landfriedensbruches mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Die Rädelsführer, sowie diejenigen, welche Gewalttätigkeiten gegen Personen begangen oder Sachen geplündert, vernichtet oder zerstört haben, werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft; auch kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. I. Betr. Menschenmenge vgl. § 116 Anm. II. Sie kann auch durch mehrere einheitlich geleitete kleinere Trupps gebildet werden, wenn diese in räumlichem Zusammenhang stehen, der die Vorstellung einer Menschenmenge als räumlich verbundenes Ganzes zuläßt: E 60 332; BGH 2 StR 15/50 v. 22. 2. 52, 2 StR 614/52 v. 28. 4. 53. II. Die Handlung besteht in öffentlicher Zusammenrottung (§ 115 Anm. I I und III) und Begehung von Gewalttätigkeiten (vgl. § 122 Anm. VI und § 124 Anm. I I 4) „mit vereinten Kräften" (§ 122 Anm. IV). Zu den Gewalttätigkeiten gehört auch das „plündern, vernichten und zerstören" des Abs. 2. E 52 34. III. Teilnehmer nicht im Sinne der §§47ff., sondern jeder, der vorsätzlich der zusammengerotteten Menschenmenge sich anschließt, mit dem Bewußtsein, sie durch seine Teilnahme zu verstärken, und mit Kenntnis ihres strafbaren Zwecks (Neugierde, welches dieser Zweck sei, macht noch nicht strafbar: E 20 403 u. 405). Vgl. E 56 281, 58 207, 60 331. Sehr weitgehend E 53 46 (der Arzt, der einer aufrührerischen Bande seine Dienste zur Verfügung stellte). Ebenso aber BGH NJW 54 1694; selbst bei Mißbilligung der Gewalttätigkeiten: E 55 249. Zum Vorsatz genügt das Bewußtsein, sich in einer zusammengerotteten Menge zu befinden, welche gegen Personen oder Sachen Gewalttätigkeiten begeht, verbunden mit dem Willen, in dieser Menge und als ein T e i l derselben zu bleiben: E 55 248. N i c h t erforderlich sind Absicht der Selbstbegehung von Gewalttätigkeiten (E 20 403) und Teilnahme gerade zur Zeit der Begehung solcher (E 86 174, 54 85). — Nicht ist Teilnehmer, wer in der Menge ihrem gesetzwidrigen Handeln entgegenwirkt: E 54 201, BGH N J W 54 1694. IV. Qualifizierungen des Abs. 2, auf die § 50 Abs. 2 anzuwenden ist: 1. Rädelsführer: Siehe § 115 Anm. VI sowie — sehr weitgehend — Frankfurt HESt. 1 32 (mit lehrreicher Übersicht): Rädelsführer auch der, der, wenn auch innerlich widerstrebend, nach außen hin eine führende Rolle spielt und sich dieses Eindrucks bewußt ist. Ebenso 3 StR 783/53 v. 25. 3. 54. 2. Begehung von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, auch ohne Verletzung oder Beschädigung: E 45 155, 52 34. — Auch wer sich als Mittäter einer Körperverletzung schuldig macht, ohne sie eigenhändig zu setzen: BGHSt. 5 344; vgl. 2 284. 3. Plünderung, Vernichtung, Zerstörung von Sachen; zu letzterer vgl. § 303 Anm. III. Hier ist völliges Unbrauchbarmachen notwendig: E 39 224. — Über P l ü n d e r n vgl. E 52 34: Wegnahme oder Abnötigung in rw. Zueignungsabsicht unterAusnutzungderdurchdenLandfriedens-

Verletzung der öffentlichen Ordnung § § 126, 127

343

bruch geschaffenen Ordnungsstörung. Auch bei Weitergabe: BGHSt. 4 238. Offen läßt BGH 3 StR 783/53 S. 5 v. 25. 3. 54, ob es genügt, wenn der Täter nur wegnimmt oder abnötigt, um einem anderen die Sachherrschaft zu verschaffen (so aber 3 StR 981/51 y. 17. 4. 52). V. Anstiftung oder Beihilfe kann begehen, wer nicht selbst an der Zusammenrottung „teilnimmt" (Anm. III): BGHSt. 2 281 = N J W 52 672. Bedingter Vorsatz genügt. VI. Zur Rechtswidrigkeit vgl. BGH 5 StR 172/54 v. 19. 10. 54: Keine der Streikmaßnahmen, die über die bloße Niederlegung der Arbeit hinaus strafrechtlich geschützte Interessen verletzen, wird durch das sog. Streikrecht gerechtfertigt (vgl. Schröder, Streik und Streikrecht in BB 1953 S. 1017). — Streikposten, die Arbeitswillige umstimmen wollen, handeln nicht rw., BayObLG N J W 55 1806. Eingehend dazu Heinitz J R 56, 3. VII. Idealkonkurrenz von §§ 124, 125 möglich: E 55 41. — IdKonk. mit §§ 211, 212, 250: E 56 247; mit §§ 223 a, 226: E 65 389. - Vgl. § 115 Anm. V H I . - Dagegen ist § 125 gegenüber dem § 360 Ziff. 11 (grober Unfug) das speziellere Gesetz. E 53 257. — Der nach Abs. 1 Schuldige kann an den geplünderten Sachen Hehlerei begehen: E 58 207.

Landzwang

§126

Wer durch Androhung eines gemeingefährlichen Verbrechens den öffentlichen Frieden stört, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft. I. Vgl. Abschnitt 27 des StGB und das SprengstoffG. II. öffentlicher Friede: vgl. E 15 117, auch § 110 Anm. I sowie § 130 Anm. I. III. Störung: Eine Beunruhigung muß tatsächlich eingetreten und der Drohende sich dieser Möglichkeit bewußt gewesen sein: E 7 393.

Bildung bewaffneter Haufen

§127 (1) Wer unbefugterweise einen bewaffneten Haufen bildet oder befehligt oder eine Mannschaft, von der er weiß, daß sie ohne gesetzliche Befugnis gesammelt ist, mit Waffen oder Kriegsbedürfnissen versieht, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. (2) Wer sich einem solchen bewaffneten Haufen anschließt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft. I. Haufen ist eine sich räumlich eng zusammenschließende Menge: E 56 281. — Mannschaft setzt dies nicht voraus, dagegen — anders als der Haufen — eine gewisse Manneszucht und Gliederung. n . Waffen hier nicht wie in § 223 a, sondern typische Kampfwaffen. RG JW 1931 1565.

344

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 128

III. Für Abs. 2 ist es einerlei, ob der sich Anschließende selbst bewaffnet ist: E 30 391. E r muß sich nur eingliedern: E 56 281. Geheimbündelei

§128

(1) Die Teilnahme an einer Verbindung, deren Dasein, Verfassung oder Zweck vor der Staatsregierung geheimgehalten werden soll, oder in welcher gegen unbekannte Obere Gehorsam oder gegen bekannte Obere unbedingter Gehorsam versprochen wird, ist an den Mitgliedern mit Gefängnis bis zu sechs Monaten, an den Stiftern und Vorstehern der Verbindung mit Gefängnis von einem Monat bis zu einem Jahre zu bestrafen. (2) Gegen Beamte kann auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren erkannt werden. I. Zweck: den öffentlichen Frieden vor Beunruhigung durch Geheimbündelei zu bewahren. Staatsfeindlich oder verboten braucht die Verbindung nicht zu sein (2 StR 770/52 v. 19. 6. 53). A. A. über den Strafgrund v. Hippel Lb. S. 375 Anm. 4. Über den weitergehenden Conspiracy-Begriff des angelsächsischen Rechts s. Schönke DRZ 47, 331 ff. —• Zum Begriff des Organisationsverbrechens vgl. Haensel, Das Org.-Verbr., 1948. II. Teilnahme als Mitglied. Nicht im förmlichen Sinne zu verstehen; vielmehr jeder, der seinen Willen dem der Verbindung unterordnet und fortdauernd für ihre Zwecke tätig wird: 6 StR 56/55 v. 5. 10. 55, 6 StR 4/55 v. 30. 3. 55. — Qualifiziert als Stifter, Vorsteher: E 6215. T.bedeutet hier wie in §125 (Anm. III) T ä t e r s c h a f t . Echte Teilnahme (§§ 48,49) an den qualifizierten Begehungsformen möglich (vgl. § 125 Anm. V), Stifter = Gründer i. S. des § 90a (Anm. I I 1). V o r s t e h e r ist, wer sich an der Leitung beteiligt, sei es auch nur in der Weise, daß er auf die Führung einer U n t e r g l i e d e r u n g einen bestimmenden Einfluß ausübt. Diese Voraussetzungen sind nicht bei jedem „Funktionär" gegeben. 6 StR 120/54 v. 2. 6. 54. Der Rädelsführer i. S. des § 90 a ist nicht ohne weiteres auch „Vorsteher" i. S. des § 128. Das ist nur, wer innerhalb der Verbindung entweder selbst mit wesentlichen Weisungsbefugnissen ausgestattet ist oder wer maßgeblichen Einfluß auf das Zustandekommen von Weisungen übergeordneter an untergeordnete Stellen innerhalb der Verbindung ausübt. 6 StR 283/54 v. 8. 12. 54. III. Verbindung: Eine auf Unterordnung der einzelnen unter den Willen der Gesamtheit beruhende, Einwirkung auf öffentliche (nicht notwendig politische), E 41 264, Angeigenheiten bezweckende (streitig) Vereinigung mehrerer auf längere Dauer. E 13273 (mit Entstehungsgeschichte), E 24328. Vgl. § 49 b Anm. III, § 90a Anm.III, auch betr. „Vereinigung". — Darüber, wann ein Teil einer Organisation Verbindung oder Vereinigung ist, vgl. BGHSt. 10 16 (unten § 129 Anm. II). IV. Die Absicht der Geheimhaltung kann sich von selbst und stillschweigend ergeben: E 13 273. Eine geheime Verbindung ist offenkundig die F D J : 2 StR 770/52 v. 19. 6. 53, 6 StR 87/54 v. 24. 3. 54, 6 StR 154/54 v. 7. 4. 54, 6 StR 112/54

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 129

345

v. 5. 5. 54. Jedoch i. S. des § 128 nur insoweit sie sich innerhalb des Bundesgebiets betätigt (6 StR 56/55 v. 5. 10. 55). Entsprechendes muß f ü r die Betätigung in Westberlin gelten. V. Rechtswidrigkeit. Kein „Notwehrrecht" gegenüber einem angeblich gesetzwidrigen Verbot; denn selbst ein solches könnte den Mitgliedern der betroffenen Verbindung kein Recht zur Geheimbündelei geben, da ihnen innerhalb der rechtsstaatlichen Ordnung andere gesetzmäßige Mittel zur Wahrung ihrer Rechte zu Gebote stehen: 6 StR 28/54 v. 5. 5. 54. VI. Spezialgesetz gegenüber § 129 a. Idealkonkurrenz mit § 129 möglich (vgl. oben Anm. I). VII. Zu Abs. II: Die Voraussetzungen der §§ 32, 35 gelten hier nicht. Kriminelle

Vereinigungen

§129

(1) Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, strafbare Handlungen zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, sie sonst unterstützt oder zu ihrer Gründung auffordert, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern oder liegt sonst ein besonders schwerer Fall yor, so kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden. Daneben kann Polizeiaufsicht zugelassen werden. (8) Bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, kann von Strafe abgesehen werden. (4) Nach diesen Vorschriften wird nicht bestraft, wer das Fortbestehen der Vereinigung verhindert oder von ihrem Bestehen einer Behörde so rechtzeitig Anzeige erstattet, daß eine den Zielen der Vereinigung entsprechende Straftat noch verhindert werden kann. Dies gilt auch für den, der sich freiwillig und ernstlich bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, wenn nicht sein Bemühen, sondern ein anderer Umstand dies erreicht. I. Entstehung. § 129 a. F. bestrafte nur die Teilnahme an Verbindungen, die eine illegale Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten bezweckten. Der RegEntw. behielt dies bei, setzte aber — nach dem Vorbild des § 298 Abs. 2 Entw. 1936 — eine dem jetzigen Abs. 1 entsprechende Handlungsweise gleich. Diese ist nunmehr allein stehengeblieben, so daß § 129 unvermerkt einen Sinnwandel durchgemacht hat und nichc mehr in den 7. Abschnitt der Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung, sondern in die Nachbarschaft des § 49 b oder allenfalls des §111 gehört, z. B. Verbrechervereine („Ringvereine", „Sparvereine") trifft. 6 StR 161/54 v. 16. 6. 54 (ebenzo 6 StR 153/54 v. 29. 5. 54) meint allerdings, das in der neuen Fassung geschützte Rechtsgut sei von dem der a. F. nicht wesentlich verschieden. Den gleichen Prozeß der Verallgemeinerung einer ursprünglich politisch zugespitzten Strafnorm hat § 49 b selbst erfahren, vgl. dort Anm. I. Terminologisch und im Strafrahmen ist §129 n . F . auf ihn nicht genau abgestimmt („Vereinigung" und „Verbindung", vgl. § 90a Anm. I I I , § 128 Anm. III).

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Verletzung der öffentlichen Ordnung § 129

IL Vereinigungen (zum Begriff s. Anm. I a. E. und BGHSt. 10 16, wonach V. auch der bis zu einem gewissen Grade selbständige oder mit Sonderaufgaben betraute T e i l einer Organisation), deren Zwecke auf die Begehung strafbarer Handlungen gerichtet sind, z. B. Verbrechervereinigungen, unterscheidet das Ges. von solchen, deren Tätigkeit hierauf gerichtet ist; so die der FDJ, wenn auch nicht ausschließlich (2 StR 170/53 v. 9. 10. 53). Die Begehung strafbarer Handlungen braucht nicht der Endzweck oder der ausschließliche Zweck der V zu sein. Es genügt, daß die strafb. Hdlgen. die Erreichung des Endziels vorbereiten sollen: 6 StR 36/54 v. 5. 5. 54, Abs. 4 spricht von Zielen der Vereinigung. Das sind die, die ihre maßgebenden Führer und Funktionäre verfolgen, 6 StR 58/54 v. 24. 3. 54. Kollektivcharakter der Entscheidungen, Richtungsstreitigkeiten, Anonymität der letztendigen Fremdsteuerung verbieten es auch hier, Zwecke, Ziele, Richtungen mit subjektiver Finalität, also dem Willen einzelner, gleichzusetzen; sie sind im Sinne objektiver Finalität zu bestimmen, als die tatsächliche Resultante der verschiedenen Willensrichtungen und Strebungen. Vgl. auch „Bestrebungen" in §§ 90, 92—97 sowie insbes. „Vereinigung", „Zwecke", „Tätigkeit", „sich richten", „Bestrebungen" in § 90a. Dazu grundsätzlich § 88 Anm. I 2. Strafbare Handlungen. Die der §§ 90a, 128 gehören nicht zu denen, an die § 129 anknüpft, da sie selbst Vereinigungsdelikte sind: BGHSt. 7 6, ebenso scheidet § 81 aus: BGH NJW 64 1253. Denn § 129 meint nur Handlungen, die tatbestandsmäßig nicht mit dem Zusammenschluß und seiner Aufrechterhaltung zusammenfallen, sondern ihm zeitlich und logisch nachfolgen (BGHSt. 7 8). Vgl. im übrigen 6 StR 52/54 (unten I I I 1). Gründer: § 90a Anm. I I 1. Mitglied: § 128 Anm. II. Aufforderung § 110 Anm. VII; jedoch hier nicht notwendig öffentlich. III. Zu Abs. 2. 1. Der Begriff des Bädeisführers ist derselbe wie in § 90 a. Nicht erforderlich ist, daß sich die maßgebliche Beteiligung gerade auf die Begehung der strafbaren Handlungen bezieht. Auch wer die Vereinigung sonst in bedeutsamer Weise unterstützt, kann Rädelsführer sein: BGHStE 1/52 v. 4. 6. 55. Es genügt, wenn sich die Angehörigen der Vereinigung planmäßig gewisser Straftaten schuldig machen und dies dem Willen der maßgebenden Funktionäre entspricht: BGH 6 StR 52/54 v. 2. 6. 54 (auch zu Abs. 1). Vgl. § 90a Anm. I I 2. 2. Hintermann vgl. § 90a Anm. I I 3. 3. Besonders schwere Fälle bleiben nach allg. Regel Vergehen, auch wenn die gesetzlichen Beispiele (Rädelsführer, Hintermann) gegeben sind (BGHSt. 11 233, 240 gegen 8 168) und die Tat in concreto mit Zuchthaus geahndet wird. Vgl. § 1 Anm. VI 4, § 90a Anm. VIII. Über die Bedeutung des „kann" vgl. § 94 Anm. III. IV. Zu Abs. 3 gelten die systematischen und kriminalpolitischen Bedenken wie zu § 90 Abs. 5, vgl. dort Anm. V, solange nicht das Strafzumessungsystem insgesamt geregelt und zu §§ 153, 153 a StPO in gesetzliche Beziehung gebracht worden ist. V. Tätige Reue ist hier nach dem Grundgedanken des § 49a Abs. 4 geregelt; ein neuer Beitrag zur sinnvollen Auslegung der tätigen Reue bei untauglichem Versuch. Weniger weit geht neuerdings die Rücktrittsprämie bei Hochverrat, vgl. zu §82.

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 129 s

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VI. Strafzumessung. Betr. Ü b e r z e u g u n g s t ä t e r vgl. BGHSt. 8 162, betr. Jugendverfehlung BGHSt. 8 90, betr. Strafaussetzung zur Bewährung BGHSt. 7 6 (darf nicht schlechthin von Gesinnungsänderung abhängig gemacht werden). VII. Konkurrenzen. Bei Strafschärfung gem. § 94 ist der gleichzeitig verwirkte §97 nicht anwendbar: BGHSt. 8 191. — § 9 0 a geht als Spezialgesetz vor. — IdKonk. mit § 128 möglich, vgl. dort Anm. V I . Bei tateinh. Zusammentreffen von § 129 Abs. 2 (Rädelsführer oder Hintermann) und § 129 a ist nur § 129 Abs. 2 anwendbar. Das gleiche gilt, wenn § 94 hinzutritt: BGHSt. 8 167. VIII. Polizeiaulsicht gem. Abs. 2 S. 2 nur neben Zuchthaus möglich: N J W 64 1615, vgl. BGHSt. 6 182. Fortführung verbotener Vereinigungen

§ 129a

(1) Hat das Bundesverwaltungsgericht oder das oberste Verwaltungsgericht eines Landes festgestellt, daß eine Vereinigung gemäß Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes verboten ist, so wird jeder, der die Vereinigung fortführt, den organisatorischen Zusammenhalt auf andere Weise weiter aufrechterhält, sich an ihr als Mitglied beteiligt oder sie sonst unterstützt, mit Gefängnis bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist. (2) § 129 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend. (3) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet auf Antrag der Bundesregierung, das oberste Verwaltungsgericht eines Landes auf Antrag der Landesregierung. I. Systematische Stellung. Die Bestimmung erscheint ihrem Standort und ihrer Nummer nach als ein Annex zu § 129 n. F . und wird z. B . von Schafheutie S. 619 als ergänzende Strafnorm zu diesem und zu § 90 a ausgelegt. Systematisch gehört sie aber nur zu letzterem, da § 129 nicht mehr ein spezifisch politisches Delikt umschreibt (dort Anm. I), mögen politische Vereinigungen auch in Zukunft noch einen seiner Hauptanwendungsfälle bilden. II. Das Wesen des § 129 a bestimmt Schafleutle a. a. O. zutr. als vorsätzlichen Ungehorsam gegen die verwaltungsgerichtliche Vorentscheidung gem. Art. 9 Abs. 2 GG. Der Sache nach soll § 129a den Staat und die öffentliche Ordnung vor Angriffen schützen, die von verbotenen Vereinigungen ausgehen: BGHSt. 8 167. Für k r i m i n e l l e Vereinigungen gilt § 129, und zwar meist unter Ausschluß von § 129a (Subsidiarität), BGHSt. 8168. Für P a r t e i e n § 90a Abs. 3, für G r ü n d e r , R ä d e l s f ü h r e r , H i n t e r m ä n n e r sonstiger Vereinigungen § 90a Abs. 1 (vgl. dort). Für F o r t f ü h r u n g v e r b o t e n e r P a r t e i e n §§42, 47 BVerfG, dazu BGH St. 7 104. Der Gesetzestext gibt zu dem Mißverständnis Anlaß, als sei das Verbotensein objektive Bedingung der Strafbarkeit. In Wahrheit ist Verbotskenntnis erforderlich. Ein Irrtum über das Verbot schließt den V o r s a t z aus (vgl. Syst. Vorbem. I V 4 b , J Z 56, 73ff.). Um den Strafschutz an dieser für seine Breitenwirkung ungemein wichtigen Stelle nicht stumpf werden zu lassen, wird daher für sofortige weiteste Verbreitung der allfälligen Entscheidungen gemäß Art. 9 Abs. 2 GG zu sorgen sein.

348

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 130

ID. Zu Abs. 2 vgl. Anm. I V und V zu § 129 sowie Anm. zu § 90a und zu § 90 Abs. 5. Darüber, daß für die Rücktrittsprämie der § 129 Abs. 4 so gut wie bedeutungslos ist, vgl. BGHSt. 9 310 (318). Angesichts der ausgesprochen kriminalpolitischen Zweckbestimmung des § 129 Abs. 4, die heute verfehlt wird, wäre gerade hier eine ebenso freie Auslegung wie in BGHSt. 10 46 (betr. Täterkreis in § 100 d Abs. 2 und bloße Kann-Einziehung gem. § 98 Abs. 2) dem Geist des Gesetzes gemäß. Vgl. oben § 2 Anm. I I I C 2. IV. Konkurrenzens Vgl. Anm. I und § 129 Anm. V I I (BGHSt. 8 167). V. Zum Verfallren des Bundesverwaltungsgerichts vgl. §§ 9 I d , 77, 78 BVerw.GerG v. 23. 9. 52 (BGBl. I 625). Die Verfassungsfeindlichkeit der F D J hat das BVerwG festgestellt (NJW 54 1514).

Anreizung zum Klassenkampf

§ 130 Wer in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Klassen der Bevölkerung zu Gewalttätigkeiten gegeneinander öffentlich anreizt, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. I. Geschlitzt ist der öffentliche Frieden, und zwar im o b j e k t i v e n Sinne gewährleisteter geordneter Zustände wie im s u b j e k t i v e n des Gefühls der Rechtssicherheit. Vgl. E 15 117, 34 268, 54 26. — öffentlicher Friede. Gegensatz: Gewissensbeunruhigung des einzelnen, E 71 284 (betr. den fr. § 130a). IL Klassen der Bevölkerung: „Eine Mehrheit von Personen, welche wegen gleicher Lebensstellung oder wegen einer Übereinstimmung der Ansichten, Zwecke oder Interessen als verbunden betrachtet werden": so Mot. und E 50 324; z. B. Arbeiter und Unternehmer; Städter und Bauern (E 54 26), Juden und Christen (E 32 352); Einheimische und Flüchtlinge; nicht aber vorübergehende Gruppierungen, wie Streikende und Arbeitswillige (E 35 96). HI. Die Handlung besteht im öffentlichen Anreizen zu Gewalttätigkeiten gegeneinander. 1. Öffentlich: in der Allgemeinheit zugänglicher Weise (z. B . durch Verbreitung von Druckschriften [E 39 87]): E 28 387. Vgl. § 110 Anm. I. 2. Anreizen: E s ist nicht erforderlich, daß zu bestimmten Gewalttätigkeiten angereizt werde: Rechtspr. 8, 109. 3. Gewalttätigkeiten: vgl. § 122 Anm. V I , § 124 Anm. I I 4, § 125 Anm. I V 2. 4. Gegeneinander auch wenn, wie meist, nur einseitig gemeint. IV. Vorsatz, auch eventueller genügt. A b s i c h t der Friedensgefährdung ist nicht verlangt: E 50 324, 54 26.

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 131, 132

349

§ 130 a Kanzelmißbrauch. Durch 3. StÄO gestrichen St aatsverleumdung

§ 131

Wer erdichtete oder entstellte Tatsachen, wissend, daß sie erdichtet oder entstellt sind, öffentlich behauptet oder verbreitet, um dadurch Staatseinrichtungen oder Anordnungen der Obrigkeit verächtlich zu machen, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. I. Geschützt ist auch hier nur die d e u t s c h e Staatsautorität. Vgl. aber § 103, auch § 104. IL Die Tatsachen — vgl. § 186 Anm. I — müssen objektiv geeignet sein, verächtlich zu machen: E 1 161. — Entstellt: vgl. § lOOd Anm. I I I ; doch braucht die E hier nicht „gröblich" zu sein. — öffentlich: § 110 Anm. I ; Behaupten oder Verbreiten: § 186 Anm. III. IQ. Staatseinrichtungen: „Die dauernden Bestandteile der Verfassimg und Verwaltung; die auf die Erfüllung des Staatszwecks hinzielenden, f ü r die Dauer bestimmten organischen Schöpfungen auf irgendeinem Gebiete der staatlichen Tätigkeit." Nicht dagegen: „was der Staat nicht sich selbst schafft, was unabhängig vom Dasein des besonderen Staates als Bestandteil allgemein menschlicher Kulturzustände sich darstellt", wie Ehe, Familie, Privateigentum, die der Staat nur „anerkennt und schützt"; wohl aber z. B. „die Zivilehe". E 22 253. — Staatseinrichtung ist danach auch die jeweilige Staatsform und „Verfassung". Auch Verächtlichmachimg des P a r l a m e n t s (Staatseinrichtung). IV. Anordnungen der Obrigkeit: solche, die das allgemeine Recht oder die öffentliche Ordnung berühren. Anordnungen, die lediglich den inneren Geschäftsverkehr betreffen, gehören nicht hierher: E 23 151. Unterlassungen nur, wenn mit ihnen positive Maßregeln verbunden sind, die durch die Kritik mitgetroffen werden sollen: E 30 263. — R e c h t s g ü l t i g k e i t der Anordnungen nicht erfordert (bestr.). — Betr. O b r i g k e i t vgl. § 110 Anm. V. V. Verächtlich machen: Als aus verwerflichen Motiven hervorgegangen oder zu verwerflichen Zwecken geschehen darstellen: E 1 161. VI. Innerer Tatbestand. 1. Der Täter muß w i s s e n , daß die Tatsachen erdichtet oder entstellt sind; dol. ev. genügt hier nicht. 2. Er muß in der A b s i c h t handeln, verächtlich zu machen; dies muß also Motiv, wenn auch nicht Endzweck sein. VII. Konkurrenzen. IdKonk. mit §§ 187,196,197, wenn mit der Staatsautorität zugleich Personen verletzt. Ferner mit § 100 d Abs. 3. — §§ 95—97 gehen als Spezialdelikte vor. Amtsanmaßung

§132

Wer unbefugt sich mit Ausübung eines öffentlichen Amtes befaßt oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

350

Verletzung der öffentlichen Ordnving § 182

Neufassung durch 3. StÄG (Erhöhung des Strafrahmens gegenüber der ursprünglichen Fassimg). I. Das geschützte Rechtsgut ist nach E 58 176, BGHSt. 3 241, NJW 58 1692 nur die Autorität des Staates und seiner Behörden, nach Hamm NJW 51 245 auch die Privatperson vor Übergriffen (hier greifen aber §§ 242, 249, 253, 263 usw. ein). II. Der § 132 enthält zwei Tatbestände von Angriffen auf die Staatsautorität. Im ersten g e b ä r d e t sich d e r T ä t e r als I n h a b e r e i n e s ö f f e n t l i c h e n A m t e s , das er in Wirklichkeit nicht bekleidet, und nimmt auf Grund dieser Vortäuschung eine Handlung vor, deren Vornahme zum Geschäftsbereich des angemaßten oder eines anderen öffentlichen Amtes gehört. E 68 77. Dies — entgegen E 68 251 (255) — auch dann, wenn Amtshandlung eines anderen vorgetäuscht wird. A. A. Olsh. N 2. Ausdrückliche Erklärung, als Amtsperson zu handeln, ist nicht nötig (JW 38 2130). Beispiel: Ausfertigung gerichtlicher formularmäßiger Zahlungsbefehle ohne Namensunterschrift (E 23 205, vgl. aber auch E 68 77). Stets aber muß der Täter Dritten gegenüber die s t a a t l i c h e A u t o r i t ä t einsetzen; Warenbestellung „im Namen der Behörde" genügt nicht: BGHSt. 12 30. — Dem zweiten TB ist nicht Vortäuschung eines Amtes wesentlich; aber Vornahme einer Handlung, die n u r als Amtshandlung vorgenommen werden darf, mit dem e r k e n n b a r e n W i l l e n , sie a n d i e S t e l l e e i n e r A m t s h a n d l u n g zu s e t z e n . Beispiel: Vornahme einer Verhaftung durch eine Privatperson (E 55 266); ferner E 46 183 (Schütteln der Wahlurne), 66 78, 68 77; DR 41 847. Weder der erste noch der zweite Tatbestand liegt vor bei Versendung von Mahnschreiben, die äußerlich einem gerichtlichen Zahlungsbefehl ähneln. III. öffentliches Amt: dessen Träger Organ der Staatsgewalt ist, E 86 434, RG JW 1938 2130. Auch der Anwalt (nicht: als Strafverteidiger): Celle HESt. 2 234; auch der Notar. IV. Beamte wie Nichtbeamte können Täter und Mittäter sein: E 37 55, 58 173, BGHSt. 3 242. Nicht nach § 132 strafbar ist die pflichtwidrige Vornahme einer Amtshandlung, bei der der Beamte innerhalb der für seine a l l g e m e i n e Befugnis zur Vornahme solcher Handlungen bestimmten Grenze geblieben ist. E 67 227. So etwa bei „Durchsuchung" und „Beschlagnahme" durch einen Kriminalbeamten in fremdem Bezirk, um das „Beschlagnahmte" zu behalten A. A. Hamm NJW 51 245; dagegen aber BGHSt. 3 244: §132 scheidet aus, wenn der Beamte n a c h a u ß e n h i n allgemein oder unter gewissen Einschränkungen an sich f ü r derartige Handlungen zuständig war. Ebenso schon E 76 62. § 132 (zweiter Fall) erst wenn der Beamte die Grenzen seiner Amtsbefugnisse bewußt derart überschreitet, daß „die Überschreitung den Charakter einer in den Kreis eines anderen Amtes einschlagenden Amtshandlung annimmt": BGH NJW 58 2025 mit Nachw. — Über Mitt ä t e r s c h a f t vgl. E 55 226, über Beihilfe E 5 9 81. — Bei beiden Tatbeständen handelt es sich um e i g e n h ä n d i g e Delikte: E 55 266, 59 81, HRR 36 305, OGHSt. 1 304. anders früher E 37 55. V. Unbefugt handelt n i c h t schon, wer sein Amt e r s c h l i c h e n hat (Braunschweig NdsRpfl. 50 127) A. A. Freiburg DRZ 48 66 (Anm. Schönke) betr. falschen Gerichtsreferendar, der mit Dienstgeschäften betraut war. Die Erschleichung des Auftrags sei seinem Mangel „gleichzusetzen". Begr. wegen des Analogieverbots bedenklich! Schönke stellt darauf ab, daß die Erklärung der Nichtigkeit des Auftrags im Innenverhältnis ex tunc wirke. Strafrechtlich kann aber die Rechtswid-

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 132 a

351

rigkeit ebensowenig rückwirkend hergestellt werden wie sie etwa durch Genehmigung einer diebischen Wegnahme gem. § 185 BGB rückwirkend aufgehoben wird. Auch der Hinweis auf die Bindingsche Unterscheidung zwischen „unbefugt" und „rechtswidrig" (Normen I 70) führt nicht weiter. Es kommt darauf an, ob „unbefugt" in materiellem oder in formellem Sinne zu verstehen ist, ebenso wie z. B. die Rechtswidrigkeit der Vollstreckung des durch Prozeßbetrug erschlichenen formell korrekten Urteils. Vgl. zu § 263 und Syst. Vorbem. III. Und diese Frage ist hier in letzterem Sinne zu entscheiden. Amtsanmaßung ist ein Vergehen gegen die staatliche Organisationsgewalt (Binding Lb. I I 508). Solange der Täter tatsächlich einen Bestandteil dieser Organisation bildet, kann er den Tatbestand nicht erfüllen. Vgl. auch E 56 118 (für § 133). VI. Zum Vorsatz gehört hier das Bewußtsein, unbefugt ein Amt auszuüben oder eine Amtsträgern vorbehaltene Handlung vorzunehmen: E 59 297. VII. Beide Tatbestände können in Idealkonkurrenz stehen (E 59 291). A. A. Binding II, 508, Welzel § 73 I, die Spezialität annehmen. IdKonk. mit § 242 (E 54 256) und den zu I genannten übrigen Tatbeständen.

Unbefugtes

Titelführen

und

Uniformtragen

§ 132 a (1) Wer unbefugt 1. inländische oder ausländische Amts- oder Dienstbezeichnungen, Titel oder Würden führt, 2. inländische oder ausländische Uniformen, Amtskleidungen oder Amtsabzeichen trägt oder 3. eine Berufstracht oder ein Berufsabzeichen für Betätigung in der Krankenoder Wohlfahrtspflege trägt, die im Inland staatlich anerkannt oder genehmigt sind, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Den im Absatz 1 Nummern 1 bis 8 genannten Bezeichnungen, Titeln, Würden, Uniformen, Kleidungen, Trachten oder Abzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind. (8) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten auch für Amtsbezeichnungen, Titel, Würden, Amtskleidungen und Amtsabzeichen der Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie für Berufstrachten und Berufsabzeichen der von ihnen anerkannten religiösen Vereinigungen oder religiösen Genossenschaften. I. Eingefügt durch G v. 28. 6. 35, Neufassung durch 3. StÄG, das namentlich Nr. 1 einfügte und zugleich § 6 I a des G über Titel, Orden und Ehrenzeichen v. 1. 7. 37 (RGBl. I 75) aufhob. Für a k a d e m i s c h e G r a d e verbleibt es bei § 5 des Ges. v. 7. 6. 39 (RGBl. I 985), BGHSt. 9 42. — Der frühere § 360 Nr. 8 StGB ist z. T. in § 132a übernommen.

352

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 133

II. Geführt ist eine Amtsbezeichnung, wenn sie der Täter f ü r sich in Anspruch nimmt, sei es auch nur privat, RG DR 39 370, JW 1937 2900, nicht schon wenn er die Anrede nur duldet: E 33 305. Unbefugt: Ob ernste Täuschung beabsichtigt, ist belanglos, öffentl. Aufzug, Vorstellung usw. geben keine Befugnis (E. 61 7). Doch wird hier häufig Verbotsirrtum vorliegen. III. Uniform: Dienstkleidung bestimmter Beamter (Bahn, Post). Nicht von privaten Unternehmungen (Verkehrsgesellschaften, Hotels usw.). IV. Amtskleidung z. B. die Roben der Richter, Talare der Hochschullehrer, Ordensgewänder, vgl. J W 35 960.

Oewahrsamsbruch

§133 (1) Wer eine Urkunde, ein Register, Akten oder einen sonstigen Gegenstand» welche sich zur amtlichen Aufbewahrung an einem dazu bestimmten Orte befinden, oder welche einem Beamten oder einem Dritten amtlich übergeben worden sind, vorsätzlich vernichtet, beiseite schafft oder beschädigt, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Ist die Handlung in gewinnsüchtiger Absicht begangen, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. I. Geschütztes Rechtsgut ist die amtliche Verfügungsgewalt und das Vertrauen auf ihre Zuverlässigkeit (so BGHSt. 5 159 ff. unter Weiterentwicklung von E 72 172). II. Angriffsobjekt sind alle Gegenstände, deren Aufbewahrung den Zwecken der amtlichen Verfügungsgewalt dienen soll: E 33 413, 51416. BGHSt. 3 290 (entwertete Gebührenmarken), Bezugsscheinsvordruck: Celle NdsRpfl. 47 33. — Im einzelnen: Urkunde: Vgl. § 267. Hier aber auch nicht beweiserhebliche: E 63 32. — Auch weggelegte, aber noch aufzubewahrende Akten: E 63 3. — Ein „Register" braucht keine „Urkunde" i. S. des § 133 zu sein (auch nur für den inneren Dienst bestimmte, E. 67 229). — Bezugsscheinvordruck spätestens nach Ausfüllung durch den Berechtigten Urkunde: Celle NdsRpfl. 47 33. III. Aufbewahrung k r a f t amtlichen H o h e i t s r e c h t s ; nicht auf Grund privatrechtlichen Vertrags. Unter jener Voraussetzung kann auch ein Privater in amtlichem Auftrag „amtlichen Aufbewahrungs"-Besitz ausüben ( 50 357). So Gegenstände, die der Reichsbahn (RBahnG v. 30.8.24 §16) oder Bahnpost zur B e f ö r d e r u n g übergeben sind (E 51 226), auch wenn sie auf die Gleise gefallen sind, Hamburg J R 53 27, auch wenn für den babneigenen Gebrauch bestimmt, BGH MDR 52 658, beide betr. Kohlen. Auch Postsendungen bei privater Kleinbahn (E 53 219). Vernichtung abgegebener Wahlzettel bei einer kirchlichen Gemeindewahl (E 56 399). Nicht aber die dem Lokomotivführer zum V e r b r a u c h übergebenen Kohlen (E 51 226) oder die von einem Telegraphenbauamt angeschafften Werkzeuge (E 52 240): in beiden Fällen ist der Besitz nicht Ausübung staatlichen Hoheitsrechts.-— Zum Verbrauch bestimmte Formularblocks bei einer Behörde sind nicht amtlich aufbewahrt (HRR 37 608); ebensowenig Schreibpapier für Gefan-

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 133

353

gene (E 72 172). Allgemein fallen die zum Eigengebrauch und -Verbrauch aufbewahrten Gegenstände nicht unter § 133: BGHSt. 4 236, 241, 5 155, 159; aber auch nicht zum Verbrauch bestimmte Abfälle: BGHSt. 9 64. — Ein „dazu bestimmter Ort" kann auch ein privater Wohnraum sein: E 28 107. — Nach E 28 107 soll die amtliche Aufbewahrung durch Erlöschen der Amtseigenschaft (z. B. Tod oder Amtsenthebung) des aufbewahrenden Beamten nicht aufhören, sondern erst durch anderweitige amtliche Verfügung oder Erfüllung des Aufbewahrungszweckes. Der Beamte kann sich dadurch strafbar machen, daß er sich die Sachen selbst zueignet (E 58 334) oder sie einem Nichtberechtigten übergibt (BGHSt. 5 160; n i c h t bei pflichtwidriger Freigabe an den Berechtigten, S. 161). IV. Amtlich: infolge amtlicher Anordnung zu amtlichen Zwecken übergeben: E 61 226; aber auch: mit Rücksicht auf das Amt von einem Dritten d e m B e a m t e n übergeben: E 43 246. Nicht notwendig zur Aufbewahrung. Zustellungsurkunde in den Händen des Postboten E 33 413. — Briefe in der Sammeltasche des Postboten: E 22 204. V. Beamter: § 359. — Auch dem Beamten selbst übergebene Sachen gehören hierher. E 22 204, vgl. auch E 43 247. VI. Dritter hier im Gegensatz zu „Beamten", nicht zum „Täter": E 12 247; vgl. den Fall in Rechtspr. 10 679. VII. Die Handlung. 1. Vernichten. Vgl. § 125 Anm. IV 3. 2. Beiseiteschaffen: jede unberechtigte Handlung, durch welche eine Sache dem Berechtigten unzugänglich gemacht wird: E 12 247. Gegen dessen Willen; Täuschung genügt nicht: E 56 118. 3. Beschädigen bei Urkunden, Registern und Akten: in Hinsicht auf den gedanklichen Inhalt; z. B. Durchstreichen von Worten (E 19 319). Kein Beschädigen, wenn sachlich ordnungsmäßig, aber persönlich unbefugt Eintragungen gemacht werden (E 67 230); Substanzverletzung nicht erforderlich. VIII. Zum Vorsatz ist nötig das Bewußtsein, die amtliche Aufbewahrung (wenn auch nur zeitweise) aufzuheben: E 23 99, 23 282. IX. Verhältnis zu a n d e r e n S t r a f g e s e t z e n : § 348 Abs. 2 (Beamtendelikt) ist gegenüber §133 lex specialis: E 2 425. Nichtbeamtete Teilnehmer an dem Beamtendelikt: §§ 133/48, 49. HRR 39 792. - Idealkonkurrenz mit § 137 E 54 244, BGHSt. 5 160 mit Übersicht; mit § 370 Ziff. 5: E 50 396, Hamburg J R 53 27; § 133 I I mit 348 I I : E 58 335; mit § 350: GoltdA 68 216; § 133 I I mit § 354: E 54 123, 58 334 (jedoch ist § 354 gegenüber § 133 I lex spec.). X. Zu Abs. 2: Gewinnsüchtige Absicht nach BGHSt. 1 389, wenn die Handlung auf einer ungewöhnlichen, sittlich besonders anstößigen Steigerung des Erwerbssinnes beruht. Weiter früher RG und hier die früh. Aufl. Doch ist dem BGH angesichts der zunehmend erweiterten Auslegung des Abs. 1 zuzustimmen (vgl. S. 390).

23

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

354

Verletzung der öffentlichen Ordnung §§ 134, 138

Beschädigung amtlicher

Bekanntmachungen §134

Wer öffentlich angeschlagene Bekanntmachungen, Verordnungen, Befehle oder Anzeigen von Behörden oder Beamten böswillig abreißt, beschädigt oder verunstaltet, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. I. Geschützt der Ausdruck der Staatsautorität in ihren Verlautbarungen; jedoch nicht wie der Geßlerhut als solcher, sondern kraft i n n e r e r Autorität. Zutr. daher Hamburg MDR 53 247: die amtliche Kundmachung ist in gewissen Grenzen auf Inhalt und Rechtmäßigkeit zu prüfen. IL Kundmachungen jeder Art; auch nur mitteilende oder warnende ohne Nor m Charakter. III. öffentlich angeschlagen: es genügt, daß das Schriftstück an einem dem Publikum zugänglichen Ort in einer Weise befestigt ist, daß es nicht ohne eine besondere Tätigkeit beseitigt werden kann: E 36 183. IV. Betr. Behörde und Beamte: vgl. § 114 Anm. IV, V und § 359. V. Handlung: 1. Abreißen: Keine Gewaltanwendung erforderlich; jede Beseitigung der Befestigung: E 86 183. 2. Beschädigen: Vgl. § 303 Anm. II. 3. Verunstalten z. B. Verhängen mit einem Sack, Dresden J W 1932 959. VI. Böswillig: Wesentlich ein innerer Vorgang, der noch über die Absicht hinausgeht und seinen Ursprung in einer verwerflichen Gesinnung findet: E 72 118 (betr. § 223 b). Also Schuldsteigerung, vgl. Syst. Vorbem. I I B. — Feindliche Einstellung gegen den Staat begründet nach Hamburg MDR 53 247 regelmäßig Böswilligkeit. Vgl. aber Vorbem. I vor § 123. Ferner ist zu bedenken, daß die staatsfeindliche Absicht als solche unter dem Gesichtspunkt erhöhter G e f ä h r l i c h k e i t durch § 94 erfaßt wird (Vorbem. I I vor § 123). Demgegenüber bedarf die V e r w e r f l i c h k e i t der Einstellung des Täters stets besonderer Begründung. § 135, Verletzung inländischer Hoheitszeichen, aufgehoben durch 1. StÄG. Vgl. § 96 II. Siegelbruch §136 Wer unbefugt ein amtliches Siegel, welches von einer Behörde oder einem Beamten angelegt ist, um Sachen zu verschließen, zu bezeichnen oder in Beschlag zu nehmen, vorsätzlich erbricht, ablöst oder beschädigt oder den durch ein solches Siegel bewirkten amtlichen Verschluß aufhebt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. I. Geschützt auch hier (vgl. § 134 Anm. I) ein Ausdruck der Staatsautorität als solcher, jedoch ohne Einschränkung hins. der Rechtmäßigkeit des Staatsaktes (unten Anm. IV). Vgl. auch § 137 Anm. I.

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 137

355

II. Siegel: auch Siegelmarken: E 3 286. Der Fleischbeschauerstempel: E 39 367. Die Bleiplombe eines Feuermelders: E 65 133. Die sog. Gegenprobe bei Beschlagnahme von Lebensmitteln gem. § 6 LebMittG, KG J R 55 474 (Anm. Holthöfer). Die (befestigte, nicht nur hingelegte) Pfandanzeige (BGH 5 StR 533/52 v. 9. 10. 52). III. Behörde, Beamte: vgl. §§ 114, 359. § 136 liegt nicht vor, wenn Einrichtungsgegenstände vom Wohnungsamt beschlagnahmt worden waren: LG Göttingen NdsRpfl. 48 89. IV. Angelegt, um Sachen zu verschließen, zu bezeichnen oder in Beschlag zu nehmen, d . h . in Ausübung amtlicher Befugnisse: E 8 35. — R e c h t m ä ß i g e Amtsausübung im Einzelfalle n i c h t erforderlich: E 34 398, 36 155 (bestr.). — Anlegen ist die mechanische Verbindung des Siegels mit dem Gegenstande: E 61 101. Das lose Hineinlegen der Pfandanzeige in das Möbelstück ist weder Pfändung noch Anlegung: DR 41 847. Angelegt ist das Siegel, auch wenn es nur mit einer Stecknadel befestigt ist: BGH MDR 52 658. V. Die Handlung: 1. Erbrechen bei gewaltsamer Entfernung unter Beschädigung. 2. Ablösen ohne solche. 3. Beschädigung ohne Entfernung. 4. Aufhebung des amtlichen Verschlusses ohne Verletzung des Siegels z. B. durch Einsteigen in den versiegelten Raum; oder durch Fortführen eines Baues: BayObLGSt. 1 300. Siegelverschluß muß aber auch hier bestehen: Hamm JMB1. NRW 53 258. VI. Der Vorsatz muß sich auf den Mangel der Befugnis erstrecken: HRR 38 1564; nicht ganz deutlich KG J R 55 475. Glaubt der Schuldner, nach Befriedigung des Gläubigers das Siegel eigenmächtig lösen zu dürfen, so Verbotsirrtum (oben Anm. I, IV), der aber regelmäßig entschuldigen wird. VII. IdKonk. mit § 137 möglich: E 48 365. Vgl. § 137 Anm. I. Verstrickungsbruch

§137

Wer Sachen, welche durch die zuständigen Behörden oder Beamten gepfändet oder in Beschlag genommen worden sind, vorsätzlich beiseite schafft, zerstört oder in anderer Weise der Verstrickung ganz oder teilweise entzieht, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft. I. System: § 137 schützt die s t a a t l i c h e H e r r s c h a f t s g e w a l t ü b e r e i n e S a c h e (ähnlich also wie § 133; jedoch übt der Staat dort Eigenbesitz, hier eine Art Fremdbesitz aus, und zwar dort nur einen tatsächlichen, hier einen rechtlich begründeten, BGHSt. 5 160). § 136 schützt nur ein ä u ß e r e s S a c h h e r r s c h a f t s z e i c h e n . — Mit § 289 ( P f a n d k e h r u n g ) ist § 137 nur insofern verwandt, als beide Fälle auch Verfügung über e i g e n e Sachen strafen. Verschieden aber sind die Voraussetzungen (hier staatliche Verstrickung, dort fremdes Besitz- oder Gebrauchsrecht) und Zwecke (hier Schutz staatlicher Herrschaft, dort Schutz von Gläubigerrechten). Vgl. E 64 77. — Nach E 24 52, 65 249 ist der B e s i t z w i l l e der öffentlichen Gewalt geschützt; aber ein solcher liegt nicht immer vor (zutr. Schönke-Schröder I). Vgl. auch Stuttgart MDR 51 692: Besitzerlangung nicht notwendig. Vgl. unten Anm. I I 2. 23»

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Verletzung der öffentlichen Ordnung § 137

II. Schutzobjekt: 1. Sache; nicht Forderungen: E 24 40 (PlenEntsch.). Abw. Röther NJW 52, 1403. Also auch nicht Abtretung einer Hypothek (E 24 161; die hier getroffene Entscheidung, daß immerhin Verfügung über den Hypothekenbrief unter den § 137 fallen könne, läßt sich nach BGB §§ 97, 952 und ZPO § 830 nicht aufrechterhalten). Vgl. auch E 41 256, 63 338, wo unterschieden wird zwischen den zu einer Konkursmasse gehörigen Sachen (Geld) und den zu ihr gehörigen Forderungen. 2. An der Sache muß die staatliche Herrschaft durch zuständige Behörden (Anm. IV zu § 114) oder Beamte (§ 359) begründet sein; generelle Z. genügt nach E 28 383, 63 351; durch Pfändung oder Beschlagnahme. Unterschied nicht immer scharf, aber hier wohl belanglos. Beschlagnahme geht insofern weiter, als hier amtl. Besitz nicht notwendig (Stuttgart MDR 51 692, s. o. Anm. I); die Sache wird zur Verfügung der Behörde gestellt, E 65 249. Zu eng Frankfurt SJZ. 49 870 (Anm. H. Mayer). Vgl. z. B. ZPO §§808 ff.;ZwVerstG §§20ff., 148; KO § 6; StPO §§ 94ff. u. a. Es genügt aber nicht eine Erklärung, erforderlich ist Herrschafts- oder (bei der Pfändung) Besitzergreifung, wenn auch nur symbolische, z. B. Kenntlichmachung durch Pfandzeichen. Freilich nehmen E 41 256 und 63 338 sogar betr. den Erlös f ü r ein veräußertes Massestück Beschl. i. S. von § 137 an. Weitergehend auch E 63 347, wonach sogar ein polizeiliches Verfügungsverbot genügen soll. — Ein zivilrechtlicher Verzicht des Pfändungsgläubigers hebt die Verstrickung nicht auf; stillschw. Aufhebung durch Gerichtsvollzieher setzt mindestens voraus, daß er jenen Verzicht kennt: Oldenburg J R 54 33. 3. Rechtmäßigkeit von Pfändung bzw. Beschlagnahme ist erforderlich. BGHSt. 5 160. Das heißt: Vornahme seitens eines zur Pfändung ermächtigten und örtlich zuständigen Beamten, Beobachtung der wesentlichen Förmlichkeiten und der gesetzlich notwendigen Voraussetzungen. Bei der zivilproz. Pfändung z. B. vollstreckbarer Titel, Gewahrsam des Schuldners, Besitzergreifung durch den Gerichtsvollzieher. E 36 135. — Dagegen ist die m a t e r i e l l e R e c h t s b e s t ä n d i g k e i t der Pfändung (Entstehung eines Pfandrechts) nicht Voraussetzung für den durch § 137 gewährten Schutz des Pfändungsaktes, bei der zivilproz. Pfändung also nicht das Bestehen der Forderung oder die Zugehörigkeit der gepfändeten Sache zum Vermögen des Schuldners. E 19 164, 25 109, 26 287. Betr. Verzicht des Gläubigers s. o. zu 2 a. E. III. Handlung: Tatsächliche Erschwerung oder Vereitelung der staatlichen Herrschaftsausübung. — Beiseiteschaffen: Anm. VII 2 zu § 133. Zerstören: Anm. I I I zu § 303. Andere Entziehungshandlung z. B. Täuschung (E 15 205); bloße Zuwiderhandlung gegen ein Veräußerungsverbot genügt nicht (E 51 228). — Mitnahme einer beschlagnahmten Sache bei Umzug in eine andere Wohnung: J W 39 31. — Verarbeiten: DR 43 894. IV. Täter kann jeder sein; nicht nur der Schuldner, sondern z. B. auch der Gerichtsvollzieher: BGHSt. 3 306; auch falls er nur den Gewahrsam, nicht aber die Verstrickung als solche aufhebt. Nicht aber, soweit der generelle Ermessensspielraum innegehalten: BGHSt. 5 157 betr. polizeiliche Beschlagnahme. V. Vorsatz: Erforderlich und genügend ist Kenntnis von zuständiger und formell ordnungsmäßiger Pfändung bzw. Beschlagnahme. Eventualvorsatz genügt. Vgl. E 1 369, 10 431, 14 153, 19 289, 26 309, 41 257, aber auch DR 43 894. Bei Verzicht des Gläubigers (oben I I 2 a. E.) wird aber oft entschuldbarer Verbotsirrtum vorliegen. Vgl. schon E 26 309.

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 138

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VI. Idealkonkurrenz möglich mit §133 (E 28 379, 54 244 bestr.); mit §136 (E. 48 365); mit § 242 (E 2 318); mit § 263 (E 15 205); mit § 288 (E 17 42).

Nichtanzeige von Verbrechen

§138 (1) Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung eines Hochverrates (§§ 80, 81 Abs. 1, § 83), eines Verfassungsverrates (§ 89), eines Landesverrates (§§ 100, 100 a, 100 d Abs. 1, § 100 f), eines Mordes, eines Totschlags, eines Münzverbrechens, eines Raubes, einer räuberischen Erpressung, eines Menschenraubes, einer Verschleppung, einer erpresserischen Eindesentführung, eines Mädchenhandels oder eines gemeingefährlichen Verbrechens zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterläßt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu machen, wird mit Gefängnis bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren. (3) Wer die Anzeige leichtfertig unterläßt, obwohl er von dem verbrecherischen Vorhaben glaubhaft erfahren hat, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. I. Neufassung des fr. § 139 durch das 3. StÄG an Stelle des ersatzlos weggefallenen § 138 a. F. (betr. Verletzung der Dingpflicht). Weitere Anzeigepflicht in § 13 SprengstGes. (Anh. Nr. 2). II. Geschütztes Rechtsgut ist nach h. Mg. nur die R e c h t s p f l e g e ; nach den Entwürfen von 1922—1930 ist dagegen Strafgrund die G e f ä h r d u n g der bedrohten einzelnen Rechtsgüter. Näheres GoltdA 1953, 6ff., auch darüber, wieweit das Delikt polizeilichen Charakter trägt. Durch die Gleichstellung der (formellen) Ausführung mit dem Vorhaben nimmt aber die n. F. auch den Gefährdungsgedanken auf; vgl. Anm. IV, auch Anm. I I I zu E 60 256. — Richtpunkt ist das materielle Rechtsgut, auch wenn formal eine andere Bestimmung im Vordergrund steht. Anzeigepflicht daher z. B. in Fällen schwerster, objektiv und dolo eventuali zur Tötung tendierenden Kindesmißhandlung (vgl. das Material bei Schleyer, MoKrim 41, 65ff.). III. Anzeigepflichtig ist weder der Bedrohte selber — ausgenommen den Fall eines gemeingefährlichen Verbrechens, z. B. Brandstiftung — noch ein an dem Vorhaben in strafbarer Weise Beteiligter (denn die Nichtanzeige ist eine gegenüber aktiver Teilnahme subsidiäre Beteiligungsform). E 3 1, 60 254, 342. — Die bloße Befürchtung, in den V e r d a c h t der Beteiligung zu geraten, entbindet aber nicht. DRZ 35 Nr. 366. Ein nur vorübergehend an der Vorbereitung Beteiligter ist von der Anzeigepflicht befreit, ohne strafbarer Teilnehmer zu sein (E 3 1, 60 254; J W 33 2395, OGHSt. 3 123; a. A. Schönke-Schröder I I I 3 und die dort Zit.). Grund: Anzeigepflicht würde die Aufgabe der verbr. Absicht erschweren. E 73 53 (mit lehrreicher Übersicht) läßt offen, ob hieran festzuhalten ist. — Nur die geplante Tat, nicht der T ä t e r muß angezeigt werden (es sei denn, daß sonst Verhütung nicht möglich), E 60 256: ein Zugeständnis an den Gedanken des

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Verletzung der öffentlichen Ordnung § 138

Schutzes der gefährdeten Rechtsgüter, s. o. II. — Über den Zeitpunkt, zu dem die Unterlassung tatbestandsmäßig wird, vgl. § 139 Anm. VI. Weitere Ausnahmen jetzt in § 139. IV. Vorhaben ist jeder auf Tatbestandsverwirklichung gerichtete, wenn auch in Einzelheiten noch unbestimmte Vorsatz (E 60 254). Die Kenntnis von v o l l e n d e t e n Verbr. verpflichtet im allgemeinen nicht zur Anzeige, es sei denn, daß mit der formellen Tatbestandsverwirklichung das materiell zu schützende Rechtsgut überhaupt noch nicht verletzt ist; wie bei reinen Gefährdungsverbrechen (z. B. § 315). So früher schon E 14 214, 63 105. Die Neufassung legalisiert diese Rspr. („ . . . oder der Ausführung"; . . . „oder der Erfolg noch abgewendet werden kann"). Folgerichtig: Anzeigepflicht bei Vorbereitungshandlungen, die zu Sonderverbrechen gemacht sind; ferner bei der Falschmünzerei des § 146 trotz Erfüllung des objektiven, aber vor Realisierung des subjektiven Tatbestandes. — Kommt es andererseits nicht einmal zum V e r s u c h , so ist das auf den deliktischen Charakter der Nichtanzeige ohne Einfluß; aus Opportunitätsgründen kann aber von Strafe abgesehen werden: § 139 Abs. 1. — Auch Kenntnis von dem Vorhaben eine3 U n z u r e c h n u n g s f ä h i g e n verpflichtet nach dem Präventivzweck der Vorschrift zur Anzeige. V. Glaubhafte Kenntnis: Der Täter muß T a t s a c h e n erfahren haben, aus denen das Vorhaben glaubhaft zu schließen ist; bloße, wenn auch naheliegende V e r m u t u n g e n genügen nicht. E 71 386. — Das Vorhaben muß i h m glaubhaft erschienen sein: GoltdA. 42 394. VI. Verhältnis des echten Unterlassungsdelikts der Nichtanzeige zum unechten der Teilnahme an Mord usw. durch Unterlassung bei Rechtspflicht zum Handeln: Wer lediglich die Anzeigepflicht des § 138 verletzt, kann nicht schon deshalb wegen Beihilfe zum Morde bestraft werden. So E 73 52, mit der Begr., daß § 138 Sondervorschrift sei. Wesentlich ist aber, daß die a l l g e m e i n e Pflicht zur — wenn auch erfolglosen — T ä t i g k e i t nach Grund und Inhalt eine a n d e r e ist als die nur b e s t i m m t e n „Garanten" auferlegte E r f o l g s a b w e n d u n g s p f l i c h t . Vgl. §330c Anm. I I I (Eb. Schmidt, Georgakis). — Deshalb mangels rechtsethischer und psychologischer Vergleichbarkeit (oben zum fr. §2b, BGHSt. 1 275) auch keine W a h l f e s t s t e l l u n g zwischen § 138 und Teilnahme an einem der anzeigepflichtigen Vorhaben. Anders, wenn der Gedanke der Entwürfe Gesetz würde (oben Anm. II). VII. In besonders schweren Fällen ist die Strafschärfung seit dem 3. StÄG zwingend vorgeschrieben. Anders z. B. im § 129 Abs. 2. — Zum Begriff vgl. § 1 Anm. V. Strafrahmen s. u. Anm. VIII. VIII. Leichtfertige Unterlassung der rechtzeitigen Anzeige liegt bei b e s o n d e r s g r o b e r Fahrlässigkeit (E 71 176, vgl. § 164 Anm. XII) hins. der U n t e r l a s s u n g vor. Damit entscheidet die Neufassung eine alte Streitfrage, die aber nur Teilausdruck der tiefergreifenden, noch heute ungelösten Frage nach dem Strafgrund war (Näheres GoltdA 53, 6). IX. Vorsatz. Hierzu gehört zunächst die glaubhafte Kenntnis der Tatumstände, die das Vorhaben und die Möglichkeit, es zu verhüten, betreffen (letzteres ist, trotz des zweifelhaften Wortlauts, nicht bloße Strafbarkeitsbedingung). Wäre durch die Neufassung in Abs. 3 grundsätzlich die Rspr. legalisiert, die die Strafbarkeit der Fahrlässigkeit mit dem p o l i z e i l i c h e n Charakter des Delikts begründet hätte (E 45 394), so müßte zum Vorsatz ferner Erkenntnis der Anzeige-

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pflicht (auf Laienebene) gefordert werden. Fahrlässigkeit bedeutet im Polizeistrafrecht vor allem Verbots- oder Gebots-Fahrlässigkeit. Vgl. Syst. Vorb. IV, JZ 56, 73 ff. Verkennt also der Täter seine Anzeigepflicht, so läge bei reinem Polizeideliktscharakter nur Abs. 3 vor. Mittragender Strafgrund ist aber pflichtwidrige Gefährdung der hervorgehobenen Rechtsgüter (vgl. oben Anm. II). Und diese ist f ü r den Täter einsichtig. In dem Irrtum über das positive Rechtsgebot steckt daher ein durch Gewissensanspannung (BGHSt. 2 194) zu beseitigender Verbotsirrtum. Ausnahmen von der Strafbarkeit der Nichtanzeige

§139 (1) Ist in den Fällen des § 188 die Tat nicht versucht worden, so kann von Strafe abgesehen werden. (2) Ein Geistlicher ist nicht verpflichtet anzuzeigen, was ihm in seiner Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden ist. (3) Wer eine Anzeige unterläßt, die er gegen einen Angehörigen (§ 52) erstatten müßte, ist straffrei, wenn er sich ernstlich bemüht hat, ihn von der Tat abzuhalten oder den Erfolg abzuwenden, es sei denn, daß es sich um einen Mord oder Totschlag handelt. Unter denselben Voraussetzungen ist ein Rechtsanwalt, Verteidiger oder Arzt nicht verpflichtet anzuzeigen, was ihm in dieser Eigenschaft anvertraut worden ist. (4) Straffrei ist, wer die Ausführung oder den Erfolg der Tat anders als durch Anzeige abwendet. Unterbleibt die Ausführung oder der Erfolg der Tat ohne Zutun des zur Anzeige Verpflichteten, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein ernstliches Bemühen, den Erfolg abzuwenden. I. Eingefügt durch 3. StÄG. II. Zweck: elastischere Gestaltung der bei Anwendung der allgemeinen Regeln allzu starren Rechtsfolgen. Nebeneinander stehen hier T a t b e s t a n d s a u s s c h l u ß (Abs. 4), Unrechtsausschluß (Abs. 2,3 Satz 2), Schuldausschluß (Abs. 3 Satz I) und Strafausschluß (Abs. I). III. Im einzelnen: 1. Zu Abs. 1. Daß die T a t n i c h t v e r s u c h t worden ist, läßt an sich den bereits verwirklichten Strafgrund der Nichtanzeige unberührt. Aber es erscheint oft u n b i l l i g , den Unterlassenden zu bestrafen, wenn der, der ein schweres Verbrechen vorhatte, frei ausgeht. Auch besteht in solchen Fällen meist k e i n S t r a f b e d ü r f n i s . Über das Verhältnis des Absehens von Strafe zur Einstellung des Verfahrens gemäß § 1S3 StPO vgl. Mat. StRRef I 79ff. IV. Die Absätze 2, 3 Satz 2 schließen f ü r Geistliche und — unter wesentlich engeren Voraussetzungen — für Anwälte, Verteidiger und Ärzte die Pflicht zur Anzeige und damit das Unrecht der Unterlassung aus. Die Berufspflicht dieser Personengruppen, über ihnen Anvertrautes zu schweigen, bringt sie in Konflikt mit der Pflicht zum Reden nach § 138. Die hier unumgängliche Wertentscheidung trifft § 139 im gleichen Sinne wie §53 StPO; wie dort das Zeugnisverweigerungsrecht entsprechend der Schweigepflicht f ü r den Geistlichen unabdingbar ist, wird er hier unbeschränkt freigestellt. Der Gesetzgeber vertraut, wie Dreher-Maaßen

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Verletzung der öffentlichen Ordnung § 140

bemerken, darauf, daß der Geistliche kraft seiner Berufspflicht alles ihm zur Abwendung Mögliche tun werde. G e h i l f e n der genannten Personen sind nicht in der gleichen Konfliktslage und daher auch nicht gerechtfertigt. V. Angehörige (Abs. 3 Salz 1) bleiben straffrei unter Voraussetzungen, die dem U m f a n g nach die gleichen wie bei Anwälten, Verteidigern, Ärzten, dem Wesen nach aber davon völlig verschieden sind. Denn Rechtswerte stehen hier nicht in Konflikt miteinander, sondern mit dem Trieb, den Angehörigen zu schützen. Der Gesetzgeber mutet es den Angehörigen nicht zu, die Ihren der Strafverfolgung auszuliefern (rechtsähnlich § 157). Die ernstliche Bemühung, den Angehörigen von der Tat abzuhalten oder den Erfolg abzuwenden, verlangt das Gesetz hier als unabdingbare Voraussetzung für die Annahme, daß der Familienerhaltungstrieb und nicht etwa Komplicenschaft maßgebendes M o t i v für die Unterlassung der Anzeige war. Dreher-Maaßen sehen in diesem Fall nur einen persönlichen Strafausschließungsgrund. Aber es liegt hier anders als etwa in § 247, wo kriminalpolitische Gründe den Ausschlag geben. Richtig ist, daß andere als Angehörige (z. B. Freunde, die zum Unterlassen der Anzeige zureden) als Gehilfen nicht durch Abs. 3 gedeckt sind (§ 50). VI. Wer das Verbrechen anders als durch Anzeige abwendet, ist nach Abs. 4 nur „straffrei". Der Sache nach entfällt aber hier schon die tatbestandsmäßige Pflicht zur Anzeige. Die sofortige und persönliche Abwendung des Erfolgs kann unmöglich schwächer wirken als eine Tätigkeit, durch die andere mittelbar dazu instand gesetzt werden. Auch vor dem 3. StÄG hätte sich der Abwendende niemals wegen Nichtanzeige strafbar gemacht. Die frühere Meinung, daß das Gesetz von der Verpflichtung zur sofortigen Anzeige ausgehe (RG J W 1934 38) läßt sich angesichts der jetzt anerkannten Wahlmöglichkeit nicht mehr halten. Die Unterlassung ist erst dann tatbestandsmäßiges Unrecht, wenn Ausführung oder Erfolg nicht mehr abgewendet werden können, gleichviel ob man sie als Rechtspflegeoder Gefährdungsdelikt auffaßt. Es handelt sich in Abs. 4 nicht nur um tätige Reue nach formeller Verbrechensvollendung. Alles Gesagte gilt auch für den gleichgestellten Fall der ernstlichen, aber überflüssigen Bemühung um die Abwendung des ohnehin ausgebliebenen Erfolgs.

Belohnung oder Billigung von Verbrechen

§140

(1) Wer eine der in § 138 Abs. 1 genannten oder eine der in §§ 6 und 6 des Gesetzes gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen mit Strafe bedrohten Handlungen belohnt oder öffentlich billigt, nachdem sie begangen oder ihre Begehung versucht worden Ist, wird, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist, mit Gefängnis bestraft. Daneben bann auf Geldstrafe erkannt werden. (2) In besonders schweren Fällen ist die Freiheitsstrafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren.

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 142

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1. Eingefügt durch 3. StÄG; Vorläufer § 10 SprengstoffGes. II. Zweck: der spezialpräventiven Verbrechensverhütung, der § 138 dient, tritt hier eine generalpräventive zur Seite: die Belohnung oder öffentliche Billigung würde sonst andere zu Verbrechen gleicher Art wie dem begangenen ermutigen. Ähnlich Schönke-Schröder I : Gefährdung der Allgemeinheit durch Schaffung eines psychischen Klimas, in dem neue Delikte dieser Art gedeihen können. III. Der Katalog dieser Verbrechen ist der gleiche wie in § 138, vermehrt um §§ 5, 6 SprengstoffGes. Es muß sich um b e s t i m m t e Taten handeln. Auch wenn die belohnte oder verherrlichte Tat die eines S c h u l d u n f ä h i g e n war („mit Strafe bedroht"). IV. Die Handlung. 1. Belohnung: Vorteil jeder Art, nicht notwendig materieller Natur, unmittelbar oder mittelbar. 2. Billigung: Bekundung der Zustimmung zur T a t , auch wenn der Billigende vom Täter oder seinen Motiven abrückt; öffentlich: vgl. § 110 Anm. I c). V. Subsidiär z. B. gegenüber § 10 Abs. 2 SprengstoffGes. § 141 (Anwerbung zum fremden Wehrdienst) Gestrichen durch Art. 1. Abs. 2 des 4. Strafrechts ÄndG vom 11. Juni 1957; jetzt § 109 h. Verkehrsflucht

§142

(1) Wer sich nach einem Verkehrsunfall der Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs oder der Art seiner Beteiligung an dem Unfall vorsätzlich durch Flucht entzieht, obwohl nach den Umständen in Frage kommt, daß sein Verhalten zur Verursachung des Unfalls heigetragen hat, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Haft und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten oder Zuchthaus. I. Als § 139a e i n g e f ü g t durch VO v. 2. 4. 40 (RGBl. I 606). § 142 seit 3. StÄG. Vgl. Amtl. Begr. in D J 40, 508 und R i e t z s c h in D J 40, 532ff., ferner H ä r t u n g J Z 53, 398, L i e b e r s , RdK 53, 48, S c h m i d h ä u s e r J Z 55, 433, S e i b e r t NJW 55, 1428, M i t t e l b a c h J R 55,390. Eingehend, auch auf die Rspr., neuestens D ü n n e b i e r GA 1957, 33. II. Geschützt ist das öff. und private I n t e r e s s e an a l s b a l d i g e r F e s t s t e l l u n g über Unfallablauf und -Beteiligung; Köln JMB1. NRW 53 258. § 142 bestraft E r s c h w e r u n g d e r S a c h a u f k l ä r u n g d u r c h F l u c h t : BGHSt. 8 263, (wie Jescheck GA 1955, 108); ungeschriebene Voraussetzung sei p a s s i v e F e s t s t e l l u n g s p f l i c h t , deren tragender Grund aber nicht so sehr etwaige Schuld als vielmehr Gefahr des B e w e i s v e r l u s t e s (daher keine Pflicht, wenn Verursacher a l l e i n beteiligt und verletzt). Die Vorschrift bezweckt aber auch die Wahrung der Interessen der Allgemeinheit an der Ausschließung betriebsunsicherer Kraftfahrzeuge und ungeeigneter Personen: KG VRS 3 202, BGH VRS 8 119.

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Verletzung der öffentlichen Ordnung § 142

Zu der „ b e s o n d e r e n V e r k e h r s p f l i c h t " tritt die „ A u s n a h m e von der sonst s t r a f l o s e n S e l b s t b e g ü n s t i g u n g , soweit eine Verkebrsstraftat vorliegt": BGHSt. 5 124 = JZ 54 328 (Anm. Lange). Einschränkend insoweit jedoch BGHSt. 7117: k e i n e M e l d e p f l i c h t , w e n n sich derTäter erlaubterweise vom Unfallort entfernt hatte; und 8 263: keine Wartepflicht bei bloßer Selbstschädigung, da S e l b s t a n z e i g e n i c h t v e r l a n g t wird. Maurach 2 541, Mezger StB 254 sehen in § 142 ein Delikt gegen die Rechtspflege, Welzel6 379 ein gemeingefährliches Delikt. Demgegenüber soll nach Dünnebier a. a. O. 43 die Vorschrift allein dem Vermögensschutz des Geschädigten dienen. Damit, daß man von dem, der vorsätzlich einen anderen überfahre, im Gegensatz zum bloßen Unfallbeteiligten kein Verbleiben am Tatort verlangen könne, widerlege sich der Gedanke des Rechtspflegedeliktes selbst. Aber die Deliktstypisierung greift ihrem Wesen nach die häufigsten und charakteristischsten Fälle heraus: das sind eben auch für die Rechtspflegeinteressen die Unfälle, nicht die gelegentliche Begehung einer Vorsatztat mittels Autos. III. Täter kann j e d e r sein, auch ein Kutscher, Radfahrer, Fußgänger, auch ein Verletzter. Auch der I n s a s s e eines Autos, der den angetrunkenen Fahrer zu einer Fahrt überredet hat und diesen nach dem Unfall nicht zum sofortigen Anhalten veranlaßt: BGH VRS 5 42. Auch der Mitfahrer, der die Aufmerksamkeit des Fahrers abgelenkt hat: BGH 3 StR 432/52 v. 9. 10. 52. Allgemein f ü r Insassen BGH VRS 6 33. Ein am Unfallort zur Unfallzeit am Straßenverkehr Teilnehmender scheidet als Täter nur aus, wenn sein Verhalten für den Verkehrsunfall zweifelsfrei nicht ursächlich gewesen ist. Das trifft nicht zu, wenn gegen ihn ein nicht offensichtlich abwegiger Verdacht der Mitverursachung geäußert worden ist: BayObLGSt. 4 48. IV. Verkehrsunfall ist ein plötzliches Ereignis im öffentlichen Verkehr, das zur Tötung oder Verletzung eines Menschen oder zu einer nicht völlig belanglosen Sachbeschädigung führt: BGHSt. 8 264/65 und ständig. „Plötzlich" darf dabei nicht allzu eng aufgefaßt werden (vgl. E 75 360); nicht notwendig muß der Unfall ungewollt sein: BGH MDR 66 144 wie BGHSt. 6152 (diese zu §330c); a. A. Bruns DR 41, 2660. Eine vorsätzliche Straftat im Verkehr ist dann ein Verkehrsunfall, wenn das schädigende Ereignis mit dem Verkehr und seinen Gefahren zusammenhängt und über die Vorstellung des Täters hinausgeht: Celle VRS 7 305. Ein Zusammenstoß zwischen Verkehrsteilnehmern wird nicht vorausgesetzt: BGH St. 8 265, 9 267. Für die Frage, ob sich der Unfall auf einem öffentlichen Platz ereignet, entscheidet allein, ob der Platz tatsächlich der Allgemeinheit zugänglich ist und vom Publikum benutzt wird: Oldenburg VRS 6 362. V. Die Handlung: Sich durch Flucht der Feststellung . . . entziehen. Flucht ist das räumliche Sich-entfernen vom Unfallort derart, daß der Täter nicht mehr als Beteiligter feststellbar oder erreichbar ist, nicht andere Verdunklungsmaßnahmen des Täters: BGHSt. 4 144, 6 124, 7 117. Der Sache nach ist Flucht die V e r e i t e l u n g o d e r d o c h E r s c h w e r u n g d e r A u f k l ä r u n g s m ö g l i c h k e i t dadurch, daß der Täter nicht am Unfallort bleibt (treffend Dreher-Maassen Anm. 3). Nach der Rspr. ist nicht Flucht die Spurenbeseitigung (BGHSt. 5 130, Hamm DAR 54 43). Sucht ein angetrunkener Beteiligter eine unmittelbar neben der Unfallstelle befindliche Wirtschaft auf, um dort bis zum Eintreffen der Polizei zur Verschleierung seines Blutalkohols weiter Alkohol zu trinken, hält er sich jedoch für die polizeilichen Feststellungen verfügbar und ist beim Eintreffen der Polizei an der Unfallstelle, so soll in diesem Verhalten regelmäßig eine Flucht nicht zu erblicken sein:

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 142

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so Oldenburg NJW 55 192 (zust. Anm. RA Werner) = RdK 54 157 = VRS 7 305. Das ist im Ergebnis äußerst unbefriedigend und mit dem Zweck des § 142 unvereinbar. Denn Hauptgrund f ü r die Erweiterung gegenüber § 22 des KraftfahrzeugGes. von 1909 war, die Art der Beteiligung, hier also den Grad der Alkoholisierung, festzustellen. Da sich der Verkehrsunfall nicht in der Gastwirtschaft abgespielt hat, hat sich der Täter durch das Verlassen des Unfallortes, um weiteren Alkohol zu trinken, dieser Feststellung absichtlieh entzogen. Er hält sich insofern gerade nicht f ü r die polizeilichen Feststellungen zu Verfügung. Darauf, wie weit die Wirtschaft vom Unfallort entfernt ist, kann es nicht ankommen. „Sich durch Flucht entziehen" ist eine f i n a l e Handlung, deren Erfolg die Erschwerung der Sachaufklärung durch Flucht ist (so BGH, vgl. oben Anm. II). Sie kann auch durch unechte Unterlassung begangen werden: BGH VRS 5 42, vgl. oben Anm. III. H a t der Täter völlig die Nerven verloren und in kopfloser Verwirrung gehandelt, so ist die Finalität seines Handelns besonders sorgfältig zu prüfen: RG H R R 42 185, J W 1932 2037. Auch bei Abwesenheit feststellungsbereiter Personen kann sich der Täter der Feststellung durch Flucht entziehen, wenn derartige Personen alsbald zu erwarten sind. Er ist dann verpflichtet, angemessene Zeit am Unfallort zu warten: BGHSt 4 144, 5 124, 7 116, 117. Nach BGHSt. 5 124 besteht, wenn am Unfallort keine Feststellungen mehr möglich sind, keine Rückkehrpflicht des Täters, der sich zunächst erlaubterweise entfernt hatte, sondern eine Meldepflicht bei der Polizei. Darin sieht BGHSt. 7 117 eine unzulässige Ausweitung des Tatbestandes und einen Verstoß gegen „den Grundgedanken' ' des § 2. Ein Flucht verbot dürfe nicht in ein Meldegebot umgestaltet werden. Eine derartige andersartige, weitgehende Pflicht zur eigenen Anzeige sei miserer Rechtsordnung fremd. Beide Entscheidungen können nicht befriedigen. Darüber, daß in BGHSt. 5124 die Berufung auf den Zweck des Gesetzes nicht ausreicht, vgl. J Z 54, 330, Schmidhäuser J Z 55, 433. Beide Entscheidungen gehen, wie die Rspr. des BGH überhaupt — vgl. oben Anm. I I ; anders nur BGH 4 StR 232/55 (bei Seibert NJW 55, 1428 Anm. 11) — davon aus, daß § 142 ein Erfolgs- bzw. Gefährdungsdelikt ist, das gegen ein Verbot verstößt. Dann aber hätte es nahegelegen, die Meldepflicht auf vorausgegangenes Tun als u n e c h t e s U n t e r l a s s u n g s d e l i k t zu gründen, vgl. J Z 54, 330 und Schmidhäuser a.a.O. Letzterer lehnt diese Möglichkeit freilich im Ergebnis ab, indem er § 142 in ein e c h t e s Unterlassungsdelikt umdeutet (ähnlich Welzel § 66 V 2: „verkapptes" echtes U. D.). Aber damit wird Schm. dem Merkmal „sich der Feststellung entziehen" nicht gerecht. Gesetzeswort und -sinn umreißen ein Verbot (Anm. II). Das Ergebnis, zu dem die Umdeutung führt, ist äußerst unbefriedigend und veranlaßt zu dem Ruf nach dem Gesetzgeber (JZ 55, 440). Es ist auch rechtspolitisch nicht überzeugend. In dem Fluchtverbot steckt, wie BGHSt. 5 124 mit Recht bemerkt, eine Ausnahme von der sonstigen Straflosigkeit der Selbstbegünstigung. Wenn der Verpflichtete zur Polizei geht, statt auf die Polizei zu warten, so ist das keine andersartige Pflicht gegenüber dem Fluchtverbot (so aber BGHSt. 7 117), sondern der Sache nach völlig das gleiche. §2 ist nicht verletzt. BGHSt. 5 124 hat den Tatbestand nicht ausgeweitet, sondern dem Täter lediglich eine Wahlmöglichkeit eröffnet, um das, wozu er verpflichtet ist, zweckmäßiger und bequemer zu erreichen. Es liegt wie in § 139 Abs. 4, wo die unmittelbare Abwendung des Erfolgs statt der Anzeige des Vorhabens zur Wahl gestellt wird. Einen

364

Verletzung der öffentlichen Ordnung § 142

Rechtsanspruch darauf, daß ihm die Chance nicht genommen wird, unentdeckt zu bleiben, etwa weil die Polizei nicht rechtzeitig am Unfallort eintrifft, hat der Täter nicht. — Abwägend jetzt BGHSt. 9 267 (269): Nicht entscheidend ist, ob die Warte- und FeststellungspfJicht hier im E r g e b n i s auf eine Selbstbezichtigung hinausläuft, obwohl dies an sich nicht der S i n n der Vorschrift ist. VI. Vorsatz. Bedingter Vorsatz genügt hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale: BGH VRS 5 41 (bestr.). Es genügt, wenn die dem Täter bekannten äußeren Umstände derart sind, daß sie einem verantwortungsbewußten Kraftfahrer nach der allgemeinen Lebenserfahrung die Annahme eines Unfalles aufdrängen: Neustadt VRS 5 601. In der Tat liegt es bei einem Elementarbegriff wie „Unfall" ähnlich wie bei den Anm. IV zu § 154 wiedergegebenen einfachen Wertbegriffen. Daß der Täter meint, er sei von dem Unfallzeugen persönlich erkannt worden, schließt den Fluchtversuch nicht aus: Hamm VRS 5 602. Dies folgt ohne weiteres daraus, daß stets die A r t der Beteiligung festgestellt werden muß. Wer auf dunkler Straße auf einen Gegenstand heftig auffährt, muß sich alsbald über die Ursache Gewißheit verschaffen. BGH NJW 54 728. Die Annahme, es sei nur ein Schaden am eigenen Wagen entstanden, schließt den Vorsatz nicht aus, Celle VRS 7 102, wohl aber die Annahme, es liege weder eine Körperverletzung noch ein Sachschaden vor: Hamm VRS 7 366. Stets ist davon auszugehen, wie sich der Sachverhalt dem Täter nach seinen Wahrnehmungen und Fähigkeiten dargestellt hat. BayObLGSt. 4 48. VII. Versuch. Das Fertigmachen des Wagens zur Fahrt soll nach Köln VRS 6 30 noch kein Anfang der Ausführung sein (zu eng); zutr. dagegen, daß Stillschweigen auf die Frage des Polizeibeamten nach dem Fahrer des Unfallwagens in der Regel nicht als beginnende Betätigung des Fluchtvorsatzes angesehen werden kann. Versuch ( M a n g e l am T a t b e s t a n d ) bei irriger Annahme eines Verkehrsunfalles : BayObLG RdK 53 48. Lag jedoch keine passive Feststellungspflicht vor, weil ausschließlich Selbstverletzung, so ist es strafloses W a h n v e r b r e c h e n , wenn sich der Täter verborgen hält: BGHSt. 8 263 (268). Vorsätzliches Verlassen des Unfallortes ist v o l l e n d e t e Tat, auch wenn der Täter nur einstweilen nicht mehr erreichbar: Hamm VRS 7 191. VIII. Teilnahme. Wer nach einem Unfall die Steuerung des Wagens übernimmt und ihn wegfährt, begeht Beihilfe. KG VRS 6 291. Bloße Billigung des Fluchtplanes genügt nicht zur Beihilfe: BGH VRS 5 279. IX. Besonders schwerer Fall, wenn der Täter bewußt nach schwerem Unfall zwei Menschen ihrem Schicksal überläßt: BGH VRS 5 279. Ein b. s. F. kann in der Wiederholung der Flucht liegen. BGH VRS 5 529. Zum Grundsätzlichen vgl. BGH VRS 5 288, ferner JZ 54, 330. X. Zur Strafzumessung. Das Verhalten nach der Flucht kann strafschärfend berücksichtigt werden: BGH VRS 5 367. Köln VRS 6 31 betont den sehr unterschiedlichen Unrechtsgehalt und den sehr weiten Strafrahmen der Bestimmung. XI. Eonkurrenz. Tateinheit zwischen § 142 und Verstoß gegen §§ 2, 71 StVZO: Braunschweig NJW 54 45 (betr. Fahren in betrunkenem Zustande), ebenso mit §§ 315a Abs. 1 Ziff. 2, 316 Abs.2: Braunschweig NJW54 933, Hamm NJW 64 1498. — Tateinheit zwischen §§ 142 und 330c möglich: E 75 355.

Verletzung der öffentlichen Ordnung §§ 143, 144

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Verletzung der Aufsichtspflicht §143 (1) Wer einen noch nicht Achtzehnjährigen, dessen Beaufsichtigung ihm obliegt, nicht gehörig beaufsichtigt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft, wenn der zu Beaufsichtigende eine als Verbrechen oder Vergehen mit Strafe bedrohte Handlung begeht, die der Aufsichtspflichtige durch gehörige Aufsicht hätte verhindern können. Dies gilt nicht, soweit in sonstigen Vorschriften eine andere Strafe angedroht ist. (2) Aufsichtspflichtig im Sinne dieser Vorschrift ist derjenige, dem die Sorge für die Person des Kindes oder des Jugendlichen obliegt oder dem das Kind oder der Jugendliche zur Erziehung oder Pflege ganz oder Uberwiegend anvertraut ist. (3) Gesetzliche Vorschriften über die Haftbarkeit von Personen für die einen anderen treffenden Geldstrafen oder sonstigen Geldleistungen bleiben unberührt. Schrifttum: B e c k e r , Erziehungspflicht und Strafrecht, NJW 52, 1082. I. Die Bestimmung stammt aus einer VO vom 4. 10. 40. Durch VO vom 6. 11. 43 (RGBl. I 635) wurde sie in das StGB übernommen. Das 3. StÄG hat die Gefängnisstrafdrohung verdoppelt, die Haftstrafe gestrichen und an die Handlung des nicht Beaufsichtigten höhere Anforderungen gestellt. Damit wurden einige frühere Fehler beseitigt (vgl. 40. Aufl.). Die Stelle kommt aber noch immer einer Erfolgshaftung bedenklich nahe (so auch Welzel § 62 I I I 5). Ergänzend §§ 170d, 361 Nr. 9, § 14 Ges. z. Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit v. 4. 12. 51 (BGBl. I 936). II. Echtes Unterlassungsdelikt wie §§ 138, 330 c, aber zugleich relatives Sonderdelikt, anders als dort. Vgl. die in § 330 c Anm. I I I zit. Lit. i n . Mit Strafe bedrohte Handlung: Vgl. §§ 42b, 330a. Daß das Kind sie begeht, ist Bedingung der Strafbarkeit (Syst. Vorbem. VI). Doch wird die Voraussetzung, daß die Handlung durch gehörige Aufsicht hätte verhindert werden können, nicht nur als Kausal-, sondern auch als Fahrlässigkeitserfordernis auszulegen sein. Der Aufsichtspflichtige muß also mindestens die Möglichkeit gehabt haben, vorauszusehen, daß infolge seines Versagens eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen werden könnte. Eine ähnlich einschränkende Auslegung ist auch bei § 330a geboten, vgl. dort. Die Unterlassung wird damit nicht zur fahrlässigen Hilfeleistung bei der Tat des Jugendlichen, auch nicht zur Herbeiführung der Gefahr einer kriminellen Verwahrlosung (Jugendgefährdung), wie Welzel a.a.O. erwägt. Beides wäre zu eng; namentlich soll nicht nur chronischer Jugendkriminalität vorgebeugt werden. IV. Subsidiarität insbes. gegenüber Täterschaft (mittelbarer) oder Teilnahme an der Tat des Jugendlichen; aber auch gegenüber — strengeren oder milderen — Spezialvorschriften, vgl. außer den Anm. I genannten z. B. noch §§ 13, 14 Reichsschulpflichtges. v. 6. 7. 38 (RGBl. I 799). V. Zur Aufsichtspflicht vgl. §§ 1626 II, 1707, 1738, 1765, 1793 BGB. Verleitung zur Auswanderung §144 Wer es sich zum Geschäfte macht, Deutsche unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder wissentlich mit unbegründeten Angaben oder durch andere auf

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Verletzung der öffentlichen Ordnung § 145

Täuschung berechnete Mittel zur Auswanderung zu verleiten, wird mit Gefängnis Ton einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft. I. Auswanderung: Verlassen dea deutschen Gebiets in der Absicht, Wohnsitz im Inland und Staatsangehörigkeit dauernd aufzugeben: E 36 245 (bestr., vgl. Schönke-Schröder I und die dort Zit.). II. Verleiten setzt voraus, daß der Verleitete noch nicht zur Auswanderung entschlossen war; a. A. Frank I. III. Geschäftsmäßigkeit: Vgl. Vorbem. I I B 3b vor § 73. Gefährdung des Schiffsverkehrs

§145

Wer die vom Kaiser zur Verhütung des Zusammenstoßens der Schiffe auf See, über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammenstoße von Schiffen auf See, oder in betreff der Not- und Lotsensignale für Schiffe auf See und auf den Kttstengewässern erlassenen Verordnungen übertritt, wird mit Geldstrafe bestraft. I. Das Wesen der Bestimmung ist bestr. und nicht einheitlich. E 45 395: „Die Vorschriften der Seestraßenordnung stellen sich dar z. T. als polizeiliche Gebote, zum anderen Teile als echte Gefährdungsverbote". Das gilt entsprechend für das Blankettgesetz des § 145. — M a u r a c h § 56 I 2 rechnet die Stelle ungeteilt zu den Gefährdungsdelikten. Vgl. dazu GoltdA 1953, 4 ff. und (für Blankettgesetze allgemein) JZ 56, 73, 75 ff. II. Blankettausfüllende Verordnungen in den drei von § 145 sanktionierten Bereichen: 1. Seestraßenordnung v. 22. 12. 53 (BGBl. I I 603). 2. VO über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammenstoß von Schiffen auf See v. 15. 8.1876 (RGBl. 189) nebst der Ergänzungsverordnung v. 29. 7. 1889 (RGBl. 171). 3. Lotsen-Signalordnung v. 27. 10. 33 (RGBl. I I 909) mit ÄndVO v. 5. 11. 35 (RGBl. I I 749). — VO über die Einrichtung der Positionslaternen und die Abbiendung der Seitenlichter v. 25. 3. 35 (RGBl. I I 344). Ergänzend § 17 Ges. über Fernmeldeanlagen v. 14. 1. 28 (RGBl. I 8) betr. Mißbrauch von Notzeichen der Funkanlagen. III. Vom Kaiser. Ob die nach Art. 179 Abs. 1 Weimarer Verf. auf den Reichspräsidenten übergegangene Ermächtigung jetzt nach Art. 129 Abs. 1 GG bei der Bundesregierung liegt oder gem. Art. 129 Abs. 3 erloschen ist, war im Bundestag zweifelhaft; Dreher-Maaßen weisen auf BTDrucksache Nr. 3713 S. 59, 68 hin. IV. Schiffe, auch offene Fischer- und sonstige Boote, Schleppschiffe. Schleppzüge und geschleppte Schiffe: E 20 372, 27 36. Ebenso Sportsegelboote: Rechtspr. 10 505. V. Vergehen, da Geldstrafe über 150 DM, § 1. Der Sache nach reicht § 145 von Ordnungswidrigkeiten bis zu gemeingefährlichen Handlungen, vgl. die Nachweisungen Anm. I.

Verletzung der öffentlichen Ordnung §§ 145 c, d

367

VI. Wegen der polizeilichen Natur der zugrunde liegenden Vorschrift genügt nach RG Fahrlässigkeit. E 46 394, 49 118. Diese Rspr. ist angesichts des § 11 OWG zu überprüfen (oben Syst. Vorbem. IV); vgl. allerdings BGHSt. 3 47. — Die Fahrl. umfaßt auch die Verbotsfahrlässigkeit. Unkenntnis der Bestimmungen schließt vorsätzliche Übertretung aus. Vgl. Syst. Vorb. IV, J Z 56, 73 ff. § 145 a. Unerlaubte Ausgabe von Inhaberpapieren. Ist durch § 17 des Ges. über den Kapitalverkehr v. 15. 12. 52 (BGBl. I 801) aufgehoben worden; Ersatz: § 13 a. a. 0 . § 145 b. Eingefügt durch G v. 26. 5. 33 Art. I Nr. 11; außer Kraft seit 1. 2. 34 auf Grund des Tierschutzgesetzes v. 24. 11. 33 (RGBl. I S. 987); inhaltlich ersetzt durch § 9 Abs. 1 dieses Gesetzes. Verbotene Berufsausübung

§ 145c

Wer einen Beruf oder ein Gewerbe ausübt oder ausüben läßt, solange ihm dies nach § 421 untersagt ist, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Eingefügt durch G v. 24. 11.33. — Vertragspartner als notwendige Teilnehmer auch dann straflos, wenn sie die Veranlassung zur Ausübung des Berufs gegeben haben (str.). Vortäuschung einer Straftat

§ 145 d Wer einer Dienststelle des Staates wider besseres Wissen die Begehung einer Straftat vortäuscht oder die Dienststelle über die Person eines an einer Straftat Beteiligten zu täuschen sucht, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, soweit die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Schrifttum: R i e t z s c h DStrR 43 97ff.; S c h ö n k e DR 43, 723. — Die Bestimmung ist durch die VO vom 29. 5. 43 eingefügt. Vorbilder schon in früheren Entwürfen, z. B. Entw. 1927, § 192 II. I. Zweck. Durch die Vortäuschung einer Straftat entsteht die Gefahr einer Irreführung und unnützen Beanspruchung von Behörden. Die hierdurch drohende Störung der öffentlichen Ordnung will die Bestimmung verhüten. Damit hebt sie sich von der falschen Anschuldigung des § 164 ab, der die Denunziation eine3 a n d e r e n wesentlich ist, wenngleich auch dort der Mißbrauch des Behördenapparates durch den Denunzianten mit zum Strafgrund gehört. II. Dienststelle des Staates gleich Behörde, vgl. § 114 Anm. IV. III. Wider besseres Wissen. Vgl. § 164 Anm. IX. IV. Vortäuschung einer Straftat. Auch die — bisher als solche straflose — falsche Selbstbezichtigung ist hiernach strafbar. Bedenklich aber Gera (Leitsatz in NJW

368

MünzveTbrechen und Münzvergehen. Vorbemerkungen

47/48 433) betr. Selbstbegünstigung durch Übertreibung einer wirklich begangenen Tat eines anderen. — Auch wenn zugleich Notwehr behauptet: Oldenburg NJW 52 1225. V. Täuschung über die Person des Beteiligten. Im Gegensatz zu dem Falle der Anm. IV ist hier eine wirklich begangene Straftat vorausgesetzt. Z.B.Anzeige gegen Unbekannt bei Kenntnis des wahren Täters, BGHSt. 6 251. Meist wird hier § 257 oder Selbstbegünstigung (oder -bezichtigung) vorliegen. Vgl. LM Nr. 2, Oldenburg MDR 49 308, Köln NJW 53 596, 1843. Berechtigte Bedenken gegen das Oldenburger Urteil, das auch die sonst straflose Selbstbegünstigung strafen will, bei Schönke-Schröder III 3. Vgl. unten § 257 Anm. II. § 145 d umfaßt aber auch Fälle, in denen der Täter ohne Begünstigungsabsicht handelt, etwa lediglich, um die Polizei hinters Licht zu führen. Wird absichtlich ein anderer belastet (der Taschendieb schiebt bei einer Razzia seine Beute einem Passanten in die Tasche, um den Verdacht auf diesen zu lenken), so ist regelmäßig § 164 gegeben (a.M. Rietzsch a.a.O., der § 145 d anwenden will). VI. Vollendet ist die Tat mit der Handlung, durch die der Täter vortäuscht oder zu täuschen sucht, auch wenn es nicht zu einer Irreführung der Behörden gekommen ist. VII. Rechtswidrig ist die Tat dann nicht, wenn der Täter sich durch falsche Selbstbezichtigung von einem auf andere Weise nicht zu beseitigenden Verdacht einer strafbaren Handlung reinigen will (vgl. den Fall, daß ein Beamter aus ähnlichen Motiven ein Disziplinarstrafverfahren gegen sich selbst beantragt), u n d den Umständen nach das damit verfolgte Interesse höherwertig ist (was im allgemeinen nicht der Fall sein wird). Hier läge übergesetzlicher Notstand vor. VIII. Andere Vorschriften mit schwererer Strafdrohung sind namentlich §§ 164 (Hamburg MDR 49 309, Anm. Hünemörder), 257 (LM Nr. 1 zu § 257). Achter Abschnitt Münzverbrechen und Münzvergehen Vorbemerkungen Schrifttum: S c h ö n k e , Zu denGeldfälschungsdel., JZ 51, 268. — Doli, Geldfälschungsdelikte, NJW 52, 289. — B o h n e , der Begriff „Inverkehrbringen" usw., JZ 52, 205. I. Rechtsgut: Das Interesse des Staates an der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Geldverkehrs: E 67 297. Die Münzdelikte sind Spezialfälle der Urkundenfälschung. Angriffsobjekt ist vor allem das Geld: „Jedes vom Staat oder von einer durch ihn dazu ermächtigten Stelle als Wertträger beglaubigte, zum Umlauf im öffentlichen Verkehr bestimmte Zahlungsmittel": E 58 255. II. Tatbestände: 1. Falschmünzerei §146 1; 2. Münzverfälschung §14611; 3. Geldbetrug §1471; 4. Verbreitung von Falschgeld §14711; 5. Einfuhr von Falschgeld §147111; 6. Abschieben von Falschgeld §148; 7. Münzverringerung § 150 I; 8. gewohnheitsmäßiges oder einverständliches Inverkehrbringen verringerten Geldes § 150 I I ; 9. Vorbereitungshandlungen § 151, dazu § 360 Ziffer 4 bis 6 und RGes. über den Schutz des zur Anfertigung von Schuldurkunden des Reichs und der Länder verwendeten Papiers v. 3. 7. 25; 10. Nichtanzeige § 138. — E r g ä n z e n d §§ 275, 276, Ges. v. 8. 7. 50 (BGBl. I 323), v. 15. 12. 52 (BGBl. 801).

Münzverbrechen und Münzvergehen § 146

369

HI. Bei Aaslandstaten gilt sog. Universalprinzip; d. h. es ist einerlei, von wem und wo (§ 4 I I I 7 ) und ob Inlands- oder Auslandsgeld (§ 146) gefälscht worden ist.

Falschmünzerei und Münzverfälschung

§ 146

(1) Wer inländisches oder ausländisches Metallgeld oder Papiergeld nachmacht, um das nachgemachte Geld als echtes zu gebrauchen oder sonst in Verkehr zu bringen, oder wer in gleicher Absicht echtem Gelde durch Veränderung an demselben den Schein eines höheren Werts oder verrufenem Gelde durch Veränderung an demselben das Ansehen eines noch geltenden gibt, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft .: auch ist Polizeiaufsicht zulässig. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein. I. Nachmachen. Metallwert gleichgültig; die Falschstücke können vollwertig sein. Ebenso, ob sie ein tatsächlich vorhandenes Gepräge nachmachen oder nicht. E 58 351. — Ähnlichkeit muß so sein, daß im gewöhnlichen Verkehr Täuschungen möglich. E 6 142, 69 3, B G H N J W 52 311, vgl. Doli a.a.O. Daher verneint BGH MDR 52 563 (Anm. Dreher) vollendete MF., wenn die zur Automatenentleerung (§ 265a) benutzten Stücke im gewöhnlichen Verkehr auf den ersten Blick als plumpe Fälschungen erkennbar. Bedenklich aber, mit dieser Negation Versuch zu begründen! Vgl. Anm. I I . — Allzu hohe Anforderungen sind nicht zu stellen. BGH N J W 54 564: seitengleiche Fälschung von Papiergeld (zusammengeklebte „Blüten"). — Auch Phantasiegeld: E 58351 (bestr., aber zutr.wie §267 bei Zeichnen mit nicht existierendem Namen). II. Verbreitungsabsicht. Die Absicht, das Falschgeld derart aus dem eigenen Gewahrsam zu entlassen, daß ein anderer in die Lage versetzt wird, es weiterzuleiten: E 67 167. Ebenso BGH MDR 52 563, s. o. Anm. I , wo aber eine solche Vorstellung und Absicht zweifelhaft. — Nach E 14 161 genügt auch die Absicht, das Geld im Rechtsverkehr als echtes vorzuzeigen. — Jene „Absicht" fehlt aber, wenn zunächst nur ausprobiert werden soll, ob so eine größere Falschmünzerei durchführbar: E 69 3. Vgl. dann freilich § 151! III. „Der Schein eines höheren Werts wird erweckt, wenn die Münze durch Veränderung eine Beschaffenheit erhält, die den Arglosen im gewöhnlichen Verkehr über ihren Wert zu täuschen imstande i s t " : E 68 69. Breitklopfen eines Zweipfennigstücks, um es in einen Automaten einwerfen zu können, fällt also nicht unter § 146, denn als „Geld" erhält es keinen höheren Wert, auch nicht den Schein eines solchen. IV. Dem verrufenen Gelde steht nicht mehr geltendes gleich. E 55 232. V. Das Verbrechen ist bei tatbestandsmäßiger Absicht mit dem Nachmachen oder Verfälschen vollendet; § 46 dann nicht mehr anwendbar. VI. Zu Abs. 2 : Neben Gefängnisstrafe ist Polizeiaufsicht nicht zulässig: E 38 215. Vgl. auch § 38. VII. IdKonk. mit §§263, 242 möglich: E 60 315, BGH N J W 52 311 Automatenentwendung). 24

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

(betr.

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Münzverbrechen und Münzvergehen §§ 147, 148

Inverkehrbringen fälschen Oeldes

§147

Dieselben Strafbestimmungen finden auf denjenigen Anwendung, welcher das von ihm ohne die yorbezeichnete Absicht nachgemachte oder verfälschte Geld als echtes in Verkehr bringt, sowie auf denjenigen, welcher nachgemachtes oder verfälschtes Geld sich verschafft und solches entweder in Verkehr bringt oder zum Zwecke der Verbreitung aus dem Ausland einführt. Neufassung durch 3. StÄG (Streichung des Wortes „auch" vor „ohne"). I. Drei T a t b e s t ä n d e ! Vgl. Vorbem. I I Nr. 3 — 5. Im einzelnen: II. In Verkehr bringen Vgl. § 146 Anm. II. Durch die (auch hier in denVoraufl. geforderte) Streichung des „auch" vor „ohne" ist der Sinnzusammenhang mit § 146 zerrissen. § 147 war bis dahin bei bewußter Fälschung vorbestrafte Nachtat zu § 146 (wie § 267 Fall 3 zu Fall 1 oder 2). Wichtig für die Erfassung der Beihilfe, die nach der zutr. Rspr. des BGH bis zur Beendigung der Haupttat begangen werden kann (oben §49 Anm.III3). BGHSt. 3 155 hätte daher das Inverkehrbringen durch die Ehefrau des Fälschers noch aus §§ 147/49 bestrafen können und müssen. III. Sich verschaffen: Jede bewußte Inbesitznahme von Falschgeld; auch durch Fund, Diebstahl. Vgl. E 58 412, 59 80, 67 294, J W 37 3301, HRR 39 1376. Auch wenn nicht u n m i t t e l b a r als echt in Verkehr gebracht: Hamburg J R 5 1 506 gegen E 69 8. Bei bloßer Annahme aber Besitzverhältnis oder Verfügungsgewalt erfordert, nicht nur Botenstellung: BGHSt. 3 154 (vgl. aber Anm. II). Auch hier muß das Geld anschließend als echtes in Verkehr gebracht sein (Hamburg J R 51 506, a. A. BGHSt. 1 143, Düsseldorf NJW 50 919 bei Einigkeit von Geber und Nehmer über Unechtheit, z. B. Rückgabe an den Fälscher. Dagegen zutr. Bohne a. a. O. IV. Aug dem Ausland einführen: auch bei Absicht, es in einem dritten Lande zu verbreiten: E 6 442 betr. Durchreise durch Deutschland. Versuch: GA 58 187. V. Vorsatz. Dol. ev. genügt für das Inverkehrbringen: BGH NJW 54 564, ebenso hinsichtlich der Kenntnis der Unechtheit (BGHSt. 2116) und für die 2. Alternative: Köln DRZ 50 453 (Schönke). Die Verbreitungsabsicht braucht beim Sichverschaffen noch nicht zu bestehen. VI. Verausgabung des auf einmal beschafften in Teilbeträgen nur ein Verbrechen: E 1 25. Vorbem. I I A vor § 73. Abschieben falschen Oeldes

§ 148

(1) Wer nachgemachtes oder verfälschtes Geld als echtes empfängt und nach erkannter Unechtheit als echtes in Verkehr bringt, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. I. Die Strafmilderung gegenüber § 147 hat ihren Grund darin, daß der Täter hier einen unverschuldet erlittenen S c h a d e n abwälzen will. Vgl. Hamm DRZ 49 477. Aber auch der Finder, sogar der Dieb gehören hierher (andernfalls wären eie, da § 147 auf sie nicht anwendbar ist, straflos). Vgl. E 67 294. — War der Weiter-

Münzverbrechen und Münzvergehen §§ 149—151

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gebende nicht auch Empfänger des Falschgeldes, so fällt er an sich selbst dann unter die schwerere Strafe des § 147, wenn er es nur aus Gefälligkeit (also ohne „Kippe" zu machen) weitergibt, um den dem Empfänger ohne Schuld entstandenen Schaden abzuwälzen. Hier muß aber A n a l o g i e zur Anwendung des § 148 führen. Schönke-Schröder I I I wollen dies auf Abhängigkeitsverhältnisse, Kassierer u. dgl. beschränken. Auch Beihilfe zur (mittelbaren) Täterschaft ist zu prüfen. Andererseits ist der Täter des § 148 in der Kegel nicht als Gehilfe zu § 147 zu strafen: Hamm DRZ 49 477. II. In Verkehr bringen: Einerlei, ob gegen Gegenleistung (Kaufgeld) oder ohne solche (Geschenk, Almosen). III. IdKonk. mit Betrug möglich. E 54 219, 67 297. Hamm HESt. 2 241. Dem Papiergeld gleichgestellte Wertpapiere §149 Dem Papiergelde werden gleichgeachtet die auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen, Banknoten, Aktien oder deren Stelle vertretende Interimsscheine oder Quittungen sowie die zu diesen Papieren gehörenden Zins-, Gewinnanteils- oder Erneuerungsscheine, welche von einem Staate oder von einer zur Ausgabe solcher Papiere berechtigten Stelle ausgestellt sind. Fassung des 3. StÄG. I. Vgl. § 360 Ziff. 4—6; Anm. I zu § 146. — Verrechnungsanweisungen einer Bank: E 59 31. — Die Stelle bezieht sich nur auf I n h a b e r p a p i e r e (§ 793 BGB). Bei Namenspapieren §§267ff. — Täuschungseignung erforderlich: E 58 413. II. Unbefugte Numerierung noch nicht ausgegebener: E 48 125. Münzverringerung §150 (1) Wer echte, zum Umlauf bestimmte Metallgeldstücke durch Beschneiden, Abfeilen oder auf andere Art verringert und als vollgültig in Verkehr bringt, oder wer solche verringerte Münzen gewohnheitsmäßig oder im Einverständnisse mit dem, welcher sie verringert hat, als vollgültig in Verkehr bringt, wird mit Gefängnis bestraft, neben welchem auf Geldstrafe sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. (2) Der Versuch ist strafbar. Eine Erinnerung an die „Kipper" und „Wipper" von 1621 bis 1623. Vgl. Freytag, Bilder a. d. deutschen Vergangenheit. I I I , Kap. 4. Vorbereitungshandlungen §151 Wer Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder andere zur Anfertigung von Metallgeld, Papiergeld oder dem letzteren gleichgeachteten Papieren dienliche Formen 24*

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zum Zwecke eines Münzverbrechens angeschafft oder angefertigt hat, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. I. Vorbereitungshandlungen zu den §§ 146, 149. Durch deren Versuch oder Vollendung wird § 151 konsumiert. Aber Versuch aus § 146 nur gegeben, wenn Täter über die Vorbereitungshandlungen des § 151 hinausgegangen ist. Vgl. E 55 46, 65 203. II. Auch die vier beispielsweise aufgeführten Werkzeuge müssen «zur Anfertigung dienlich" sein, E 55 46, d. h. ohne weitere Verarbeitung gebrauchsfertig. E 65 203. III. Zum Zwecke: es genügt, daß das Ziel im ganzen ein Münzverbrechen ist, mag auch diese Platte zunächst nur einem Probedruck gelten, der nicht in den Verkehr gebracht werden soll. E 69 305. Vgl. auch Anm. I I zu § 146. Einziehung

§152

Auf die Einziehung des nachgemachten oder verfälschten Geldes sowie der im § 151 bezeichneten Gegenstände ist zu erkennen, auch wenn die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht stattfindet. I. Die Einziehung - vgl. §§ 40, 42; StPO §§ 430-432 - ist hier obligatorisch und vom Eigentum des Täters unabhängig. E 14 161 sieht sogar davon ab, ob der objektive Tatbestand eines Münzdelikts vorliegt (zweifelnd E 44 320). II. Da die Einziehung hier nur polizeiliche Präventivmaßnahme ist (§ 40 Anm. I), wird sie auch durch ein rechtskräftig freisprechendes „Straf'-Urteil nicht präjudiziell. E 14 161. Neunter Abschnitt Falsche uneidliche Aussage und Meineid Vorbemerkungen *) Schrifttum: L i s z t , Falsche Aussage, 1877; B e l i n g in DJZ 1901, 362; S t o o ß in Rechtsvergl. Darst., Bes. Teil, 3, 384ff.; K a d e c k a bei Aschrott-Kohlrausch, Reform DStrR, 1926; E. K o f f k a in ZStW 48, 10ff.; H e g l e r , Eidesreform, 1930; Hellmuth M a y e r in GS Bd. 93, 172; O e t k e r in DJZ 1929,882; K u t t n e r , Die juristische Natur der falschen Beweisaussage; Abh. Berl. Krim. Inst. 1931; S c h r ö d e r , Der Eid als Beweismittel, ZZP 64,216;Peters, Zeugenlüge und Prozeßausgang, 1939; ferner die Vorbem. IV Genannten; W e l z e l , Verhältnis zwischen § 153 und § 154, JZ 54, 227; B o c k e l m a n n , Meineidsbeihilfe durch Unterlassen, NJW 54, 697; K e i d e l , JZ 54, 564, Beeidigung Beteiligter im Verf. der Freiw. Gerichtsbarkeit; K o c h , NJW 53, 1291; K o e h n e , J R 54. 455; O s w a l d , J R 53, 292 betr. eidess t a t t l . V e r s i c h e r u n g . Zum f a h r l ä s s i g e n F a l s c h e i d vgl. M a n n h e i m , Frank-Festg. I I 315; E n g i s c h , ZStW 52 661. — Zum Theorienstreit (obj.-subj.) vgl. Lit. unten vor V. * Abkürzungen in diesem Abschnitt: ME. = Meineid; e. V. = eidesstattliche Versicherung; u. FA. = unbeeidigte Falschaussage.

Meineid. Vorbemerkungen

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I. Neufassung. Der 9. Abschnitt wurde seit 1933 mehrfach geändert: 1. Das Gesetz v. 27. 10. 33 trug in § 153 der Änderung der ZPO Rechnung, nach der die Eideszuschiebung durch die e i d l i c h e P a r t e i v e r n e h m u n g ersetzt wurde. Diese Abhängigkeit des StGB von der ZPO ist selbstverständlich. 2. Die VO v. 29. 5. 43 brachte drei Neuerungen: a) Die Bestrafung der u n e i d l i c h e n F a l s c h a u s s a g e zunächst in einem neuen § 156a. Sie war seit Jahrzehnten gefordert worden, auch in allen deutschen Entwürfen vorgeschlagen. Die trotz allen amtlichen Ermahnungen zur Vorsicht unaufhaltsame Zurückdrängung des Zeugeneides, auch im Strafverfahren, machte die Bestrafung der uneidlichen Falschaussage unerläßlich. Auch das Ausland kennt sie, z. B. Österreich, Italien, Belgien, Norwegen, Schweiz. Grundsätzlich liegt sie in der Richtung der Verweltlichung dieser Materie, d. h. ihrer Entkleidung von religiösem und romantischem Beiwerk und der Hervorhebung ihres Wesens als falscher Beweisaussage vor einer zu einer Entscheidung berufenen Behörde. Der notwendige weitere Schritt auf diesem Wege, die Voraussetzung der Erheblichkeit dieser Aussage, wurde freilich bisher nur in Thür, getan. Vgl. unten § 153 Anm. I. b) Der § 157 wurde vereinfacht, der ihm zugrunde liegende N o t s t a n d s g e d a n k e folgerichtig durchgeführt. c) § 158 n.F. gibt verstärkte Antriebe zu t ä t i g e r Reue. Nicht Widerruf ist nötig, Berichtigung genügt. Und nicht nur Strafmilderung, sogar Straflosigkeit stellt er in Aussicht. Dies sollte der Ermittlung objektiver Wahrheit dienen und lag gleichfalls in der Richtung der Verweltlichung dieser Tatbestände. Andrerseits freilich hat diese Tendenz dazu geführt, die Frist für eine Berücksichtigung tätiger Reue abzukürzen: Die Berichtigung muß noch verwendbar sein; eine Teilanerkennung des richtigen, im übrigen aber noch nicht wieder durchgedrungenen Gedankens, daß Voraussetzung der Strafbarkeit die Erheblichkeit der Aussage ist. 3. Die VO v. 20. 1. 44 brachte fünf Neuerungen: a) Sie vervollständigte die Ü b e r s c h r i f t des Abschnittes. — b) Sie brachte eine s p r a c h l i c h e G l e i c h s c h a l t u n g der objektiven Tatbestände: „falsch aussagen" und „falsch schwören". — c) Sie setzte die beiden Haupttatbestände in die richtige s y s t e m a t i s c h e R e i h e n f o l g e , indem sie das falsche Schwören auf dem falsch Aussagen aufbaute, womit der letzten, zu Unrecht als „herrschend" sich bezeichnenden Rechtsprechung des Reichsgerichts, der objektive Tatbestand bestehe nicht in einem Widerspruch der Aussage mit der Wirklichkeit, sondern mit dem subjektiven Fürwahrhalten seitens des Aussagenden, der Boden vollends entzogen ist. — d) Der Abs. I I des § 154 wurde gestrichen, der letzte Rest der guten alten Auffassung, daß die falsche Beweisaussage nicht nur deshalb bestraft wird, weil sie die Behörde irreführt, sondern auch weil und insoweit sie e i n e n anderen schädigt. — e) Der § 159 wurde den neuen T e i l n a h m e r e g e l n angepaßt: Das erfolglose Unternehmen, einen anderen zu einer falschen Aussage zu verleiten (bis

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Meineid. Vorbemerkungen dahin ein selbständiger Tatbestand, ein delictum sui generis), wurde den allgemeinen Teilnahmeregeln unterstellt, wobei für den Bereich des 9. Abschnitts der § 49 a auf „Vergehen" ausgedehnt wurde.

4. Das 3. StÄG v. 4. 8. 53 beseitigte die Strafbarkeit des Versuchs in §§ 153, 156, strich § 162 und paßte § 159 dem § 49 a, § 163 Abs. 2 dem § 158 an. I I . Das System des Abschnitts ist danach: 1. Uneidliche vorsätzliche Falschaussage: § 153. 2. Beeidigte Falschaussage, a) vorsätzliche („Meineid" i. e. S.): § 154, b) fahrlässige: § 163. 3. Falsche eidesstattliche Versicherung, a) vorsätzliche: § 156, b) fahrlässige: § 163. 4. Erfolglose Anstiftung zu den vorsätzlichen Vergehen dieses Abschn.: § 159. 5. Verleitung zur Falschaussage: § 160. 6. Strafmilderungs- oder -Absehensgründe: § 157 (Aussagenotstand) und § 158 (Berichtigung). III. Strafgrund. — Er hat durch viele Jahrhunderte sich oft verschoben. Im 9. Abschn. mischen sich folgende Grundgedanken: 1. G e f ä h r d u n g der b e h ö r d l i c h e n W a h r h e i t s e r m i t t l u n g durch eine falsche Aussage. Ihr entspricht, daß der vor einer unzuständigen Behörde geleistete ME nicht als vollendete Tat bestraft wird; daß andrerseits nicht nur der falsche Schwur gestraft wird, sondern, vor bestimmten Behörden abgegeben, auch die falsche e. V. und die u. FA. Auch die §§ 160, 163 sind nur zu verstehen, wenn man als Strafgrund die Irreführung der Behörde annimmt. Der alte „falsum"-Gedanke zeigt sich noch jetzt darin, daß der ME. seinen Platz zwischen Geldfälschung und falscher Anschuldigung erhalten hat. Ein Überbleibsel von ihm war auch der durch VO v. 1944 gestrichene § 154 I I (Straferhöhung, wenn ME. in einer Strafsache zum Nachteile eines Angesch, und dieser zu schwerer Strafe verurteilt). Nachdrücklich jetzt GrSen. BGHSt. 8 301 (309): „Die Strafdrohungen aller Eidesdelikte dienen dem Schutze der Rechtspflege." „Der Unrechtsgehalt der falschen Aussage besteht in der Gefährdung der Rechtspflege." — Überkreuzt aber und teilweise verdunkelt wird der Irreführungsgedanke von zwei anderen: 2. V i e l f a c h sind die S t r a f e n b l o ß e L ü g e n s t r a f e n . Das Gesetz setzt nicht voraus, daß die Behörde tatsächlich irregeführt wird oder auch nur werden soll. Das ließe sich noch mit dem Gefährdungsgedanken erklären, s. o. zu 1. Aber es verlangt nicht einmal, daß die Aussage hierzu geeignet, für eine Entscheidung erh e b l i c h war. Das deutsche StrR. steht damit nahezu allein. Diese m o r a l i s i e rende Tendenz (nicht etwa „willensstrafrechtliche", denn sie stammt aus ganz anderen Zeiten und Gedankenrichtungen) hat auch die subjektivistische Übertreibung bei Auslegung des Wortes „falsch" begünstigt (vgl. Vorbem. IV). — Zeugenmeineid durch Schweigen jedoch nur bei Erheblichkeit der verschwiegenen Tat-

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sache, falla nicht ausdrücklich nach ihr gefragt war: BGHSt. 2 92. — Für Beweiserheblichkeit de lege fer. Kuttner a.a.O. 3. Unabhängig davon wird der M i ß b r a u c h b e s o n d e r e r B e t e u e r u n g s f o r m e n bestraft. Hier gesellt sich zu dem realistischen Schutzgedanken der Nr. 1 und dem moralisierenden der Nr. 2 ein aus dem religiösen Bereich stammender dritter. Die Carolina regelte den ME. an anderer Stelle und von anderem Standpunkt aus als die Falschaussage. Seine strenge Behandlung ist zu erklären aus dem i r r a t i o n a l e n Moment, das ihm nach seinem religiösen Ursprung innewohnt. Wer „schwört", ruft eine höhere Macht als Zeugen der Wahrheit an und verflucht sich selbst, wenn er dabei die Unwahrheit spreche. Dieser Gedanke ist in der romantischreaktionären Periode des 19. Jahrh. (seinem 2. Viertel) neu aufgelebt. Nun wurde er mit der Falschaussage verbunden. In jenem gefühlsmäßigen Moment sah man die Gewähr besonderer Glaubwürdigkeit und damit auch den Grund erhöhter Strafbarkeit einer Falschaussage. Der Irreführungsgedanke trat hinter diesem irrationalen, z. T. religiösen Gedanken immer mehr zurück. In § 159 (ebenso in § 49 a) hat er sich völlig verflüchtigt. Nur so ist auch die enorme Spannung zwischen der Strafdrohung des § 159 und der des § 160 zu erklären: dort Zuchthaus, obwohl es zu einer falschen Aussage überhaupt nicht kommt; in § 160 dagegen nur Gef., obwohl der Behörde bewußt eine eidlich bekräftigte Falschaussage zugeleitet wird. Das Gesetz erklärt es f ü r wesentlich strafwürdiger, wenn man einen anderen in die Versuchung führt, wissentlich falsch zu schwören, als wenn man wissentlich die Behörde in die Gefahr bringt, falsch zu entscheiden. Der Rechtsgüterschutz wird hier durch den Sündengedanken überwogen. Seit der grundsätzlichen Klarstellung des geschützten Rechtsguts durch BGH GrSen. (oben zu 1) tritt dieser Anachronismus noch schärfer hervor. Der Fehler liegt jedoch in § 49 a, vgl. dort. IV. „Falsch" ist das den Tatbeständen gemeinsame Merkmal. Der Täter muß „falsch ausgesagt" (§§ 153, 156, 157, 163 II), „falsch geschworen" (§ 154), eine „falsche Angabe gemacht" (§ 158), einen „falschen Eid abgeleistet" haben (§ 160). Entsprechendes gilt für falsche eidesstattliche Versicherungen. Anders aber jetzt Gallas GA 1957, 315ff., 325, der mit einem mehrfach differenzierten Falschheitsbegriff arbeitet (subj. in §§ 153, 154; obj. in § 160; teils sübj., teils obj. in § 163). Darüber, wann diese Voraussetzung gegeben, wann also der obj. TB. erfüllt sei, sind Meinungsverschiedenheiten entstanden. Sie müssen, da sie alle Tatbestände des 9. Abschn. betreffen, hier v o r w e g behandelt werden. 1. Eine objektive und eine subjektive Theorie stehen sich gegenüber. Nach der ersten bezeichnet „falsch" den Widerspruch der Aussage mit dem t a t s ä c h l i c h e n G e s c h e h e n , von dem die Aussage berichtet; nach der zweiten mit der Ü b e r z e u g u n g des A u s s a g e n d e n von diesem Geschehen; oder (Formulierung von Niethammer): nach der obj. Th. den Widerspruch zwischen Wort und Wirklichkeit, nach der subj. Th. zwischen Wort und Wissen. Beispiele: A. Der Z war tatsächlich am 9. Mai in Jena, a) Wenn er aussagt und beschwört: „Ich war am 9. Mai in Jena", so sind nach der obj. Th. Aussage und Schwur richtig. Glaubte er irrig, am 8. Mai dort gewesen zu sein, so wäre das nur versuchter ME., während nach der subj. Th. hier vollendeter vorhegen würde. — b) Wenn dagegen jener Z, der am 9. Mai in Jena war, aussagt und schwört: „Ich war am 8. Mai in Jena", so sind nach der obj. Th. Aussage und Schwur falsch. Die Strafbarkeit des Z hängt hier vom inneren TB ab. Wußte Z, daß er tatsächlich am

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9. Mai in Jena war, so hat er vorsätzlich falsch ausgesagt und falsch geschworen, also einen Meineid begangen. Nahm er irrig an, er sei (wie er sagte) am 8. Mai in Jena gewesen, so fehlt der Vorsatz; u. U. liegt hier fahrlässiger Falscheid vor. Anders nach der subj. Th. Nach ihr kann die Beschwörung der Aussage nicht als „falsch" gelten, wenn der Schwörende davon überzeugt war, er sei am 8. Mai in Jena gewesen (ob schon die „Aussage" „falsch" war, ist eine offene, nach altem Recht aber wegen Straflosigkeit der bloßen Falschaussage belanglose Frage). Nach der subj. Th. fehlt hier also nicht nur der Vorsatz, sondern bereits der TB. Fahrlässiger Falscheid (§ 163) kann nach der subj. Th. nicht in Frage kommen, da der Eid nicht „falsch" war; ganz abgesehen davon, daß man seiner Überzeugving nicht fahrlässig widersprechen kann. — B. Wenn der Schwur sich auf Aussagen über e i g e n e B e w u ß t s e i n s v o r g ä n g e bezieht (eigene Wahrnehmungen, Erinnerungen, Vorstellungen, Überzeugungen), also auch dann, wenn der Schwur die psychologische Quelle und E n t s t e h u n g des Tatsachen-Wissens mit umfaßt, wie z . B . : „Ich habe gesehen, daß A den B geschlagen h a t " ; oder: „Ich weiß nicht, wo die Sache ist" (ZPO § 883); oder: „Nach meinen Aufzeichnungen und nach meiner Erinnerung bin ich davon überzeugt, daß der N nicht bar bezahlt h a t " — dann fallen beide Theorien iusammen. l a l l B ist aber — entgegen Gallas GA 1957, 322 — gegenüber dem Falle A nicht bloß eine „Nuance der Aussage". 2. Die Tragweite der Meinungsverschiedenheit ist grundsätzlich größer als in der praktischen Auswirkung. G r u n d s ä t z l i c h allerdings fordert die Stellungnahme Klarheit über das im 9. Abschn. zu schützende Rechtsgut sowie über die Forderungen des Täterstrafrechts und über die Erfüllbarkeit dieser Forderungen im Rahmen eines an sich nach Tatbeständen ausgerichteten Strafrechts. Die p r a k t i s c h e Auswirkung aber ist nach zwei Richtungen begrenzt. a) N u r f ü r b e s t i m m t e F ä l l e führen obj. und subj. Th. zu verschiedenen Ergebnissen. A u s z u s c h e i d e n sind die Fälle, in denen es zwar ankommt auf den Beweis einer bestimmten äußeren Tatsache und die Auskunftsperson auch über diese Tatsache aussagt, in denen sie gleichzeitig aber auch die Quelle ihres Wissens angibt; sei es ausdrücklich oder dem Sinne nach; sei es über sinnliche Wahrnehmungen (sehen, hören usw.), sei es über die seelischen Faktoren des in der Aussage wiedergegebenen Vorstellungsbildes (sich erinnern, schlußfolgern usw.). Vgl. die Beispiele unter 1 B. Wenn Z aussagt: „Ich habe gesehen, daß A den B geschlagen hat", oder: „Der C hat mich geschlagen, ich habe ihn trotz der Dunkelheit an seiner Stimme erkannt"; oder „Der N hat mir erzählt, der D habe dem E Bestechungsgelder gegeben" — so sind die Aussagen des Z nach b e i d e n Theorien dann „falsch", wenn Z es im 1. Fall nicht gesehen hat (es z. B. von seinem Platz aus gar nicht sehen konnte); oder wenn im 2. Fall der C nachweislich keinen Laut von sich gegeben hat; oder wenn im 3.Fall derNdemZ nichts erzählt hat; mag auch der AdenBbzw.derC den Z geschlagen oder der D den E bestochen haben. So z. B. auch E 37 398, 68 282 (ein Urteil, das zu Unrecht f ü r die subj. Th. angeführt zu werden pflegt). Ebenso BGH in LM § 3 Nr. 2 (falsche Behauptung eigener Wahrnehmungen), dem DreherMaaßen § 153 Nr. 2 subj. Neigungen, LM § 154 Nr. 5, dem Werner ibid. ein Bekenntnis zur subj. Th. nachsagt. Nach b e i d e n Theorien sind hier Aussage und Schwur „falsch"; nach beiden ist also der betr. obj. Tb. des 9. Abschnitts erfüllt. S t r e i t i g können nur Fälle sein, in denen unmittelbar, also ohne Bezugnahme auf die Wissensquelle, ein tatsächliches Geschehen bekundet wird. Meist wird es sich

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bei ihnen um einen Vorgang handeln, an dem der Aussagende persönlich beteiligt war. Vgl. die Beispiele unter 1 A. b) Eine B e s t r a f u n g ist fast durchweg nach beiden Theorien möglich. Denn die o b j . Th. nimmt (soweit sie nicht der heute selten vertretenen Lehre von der Straflosigkeit des „Mangels am Tatbestand" folgt: Vorbem. IV vor § 43) strafbaren V e r s u c h an, der nach § 44 wie die Vollendung gestraft werden kann. Nur das bestreitet sie, daß die fraglichen Fälle begriffliche Vollendung „sind". Bei einer Gruppe freilich sind die Strafmöglichkeiten verschieden: soweit die subj. Th. wegen Zusammenfallens von Wort und Wissen verneint, daß eine Aussage „falsch" sei, muß sie nicht nur, wie auch die obj. Th., Vorsatz verneinen, sondern kann auch nicht wegen Fahrlässigkeit aus § 163 strafen, denn auch eine Fahrlässigkeitsstrafe setzt in erster Linie Tatbestandsmäßigkeit voraus. 3. Für die obj. Th. spricht: a) Sie entspricht demjenigen S t r a f g r u n d , der allen Strafen des 9. Abschn. gemeinsam und absolut wesentlich ist, wenn auch gelegentlich mit anderen Gründen verquickt: daß nämlich die Behördentätigkeit, bes. die RPflege, gegen Irreführung geschützt werden muß (so jetzt grundlegend der GrSen., vgl. oben I I I 1). Dies kommt nur dann in Frage, wenn die Aussage mit der W i r k l i c h k e i t im Widerspruch steht. War ein Widerspruch lediglich beabsichtigt, stimmt die Aussage aber zufällig mit dem wirklichen Geschehen überein, dann mag sie zwar vom Standpunkt einer moralischen Beurteilung aus eine Lüge genannt werden (ein in der Moralphilosophie aller Zeiten viel behandeltes Thema). Auch würde bei einer religiösen Eidesformel der alte Blasphemiegedanke eine Rolle spielen können. Indessen von einer Störung oder auch nur Gefährdung der B e h ö r d e n t ä t i g k e i t kann, wenn das Ausgesagte objektiv richtig ist, keine R e d e sein. Ein solches Wollen ist zwar strafwürdig, wie wenn einer den anderen erschießen will, aber vorbeischießt; indessen, wenn man nicht den ME. außerhalb des ganzen StrRSystems nach eigenem System und Gesetz behandeln will, eine typische Versuchshandlung. b) Nur bei einer obj. Auslegung des Wortes „falsch" können die Tatbestände des 9. Abschn. w i d e r s p r u c h s f r e i ausgelegt werden. — a) In § 160 ist die obj. Auslegung begriffswesentlich und unbestritten. — ß) Für § 163 ist sie, wenn man nicht die Fahrlässigkeitsstrafe auf einige am Rande liegende Fälle beschränken will, unentbehrlich; s.oben 2 b) und Anm. zu § 163. — y) Für § 153 würde die subj. Auslegung zu einem Verzicht auf ein diskutables Schutzobjekt nötigen. Denn hier, wo jedes gefühlsmäßige Moment fehlt, muß mindestens ein Angriff auf die Behörde übrigbleiben, es sei denn, daß man in § 153 ein bloßes Lügenverbot sieht und in der FA. eine strafwürdige Achtungsverletzung. Hier muß die Aussage irgendwie geeignet sein, die Behörde irrezuführen, anderenfalls ist es strafbarer Versuch. So bleibt nur übrig, entweder „falsch" verschieden auszulegen, in § 153 obj., in § 154 subj. (mit dem absurden Ergebnis, daß eine Aussage richtig, ihre Beeidung aber falsch sein kann, und umgekehrt); oder aber für § 154 zu der obj. Auslegung des Wortes zurückzukehren. Für eine jeweils verschiedene Auslegung in §§ 153, 154 einerseits, § 160 und (teilweise) § 163 andererseits jetzt Gallas GA 1957, 325 (oben IV vor 1). Sein subj. Standpunkt bei §§ 153, 154 ergibt sich aus seiner „personalen" Auffassung des Verbrechens (darüber oben Syst. Vorbem. I I I 1 S. 13/14) und seiner Bezugnahme auf das Vorstellungsbild des Aussagenden (darüber unten zu 4).

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e) Gesetze außerhalb des ME.-StrR. sind zwar für dessen Auslegung nicht bindend. Immerhin kann es nachdenklich machen, daß bei Betrug, Urkundenfälschung, Falschbeurkundung, Geldfälschung und falscher Anschuldigung noch nie angeregt wurde, das Wort „falsch" subjektiv auszulegen, obwohl es durchaus denkbar wäre. Besonderer Beachtung wäre hierbei die Frage wert, ob ein Vergleich des ME. mit den Urkundsdelikten zur „Urkundenfälschung" oder aber, richtiger, zur „Falschbeurkundung" führt. Indessen kann hier auf solche Verwandtschaften und auf die gemeinsame Wurzel, den römischen „falsum"-Begriff, ebensowenig eingegangen werden, wie auf das (spätere!) Eindringen irrationaler, d . h . gefühlsmäßiger Momente in den ME.-Gedanken. Vgl. darüber bes. Binding Lehrb. I I 1, S. 108 ff. 4. Für die subj. Th. wurden sprachliche und Gründe der Aussagepsychologie angeführt. — a) Das s p r a c h l i c h e Argument ging dahin, der Zeuge schwöre (entsprechend bei anderen Eiden): er habe nach bestem Wissen ausgesagt. Dieser Schwur sei falsch, wenn der Aussagende selber das Gesagte f ü r falsch halte, möge es auch zufällig richtig sein. So, nach dem Vorgang von Thomsen und Binding: HRR 40 523 und DR 44 722, wo die obj. Th. kurz als „überholt" bezeichnet wird; vielleicht auch E 65 27. Gegen dieses Argument jetzt BGHSt. 7 147. Zu Unrecht wurde (auch vom RGer. selbst) E 68 281 für die subj. Th. in Anspruch genommen. Hier, wie in LM § 3 Nr. 2, § 154 Nr. 5 (Werner), handelte es sich nicht um eine Aussage über einen Vorgang, sondern über das Wissen von einem Vorgang. Mit Recht erklärt das RGer. die Aussage, der Zeuge „habe Kenntnis" von ihm, dann für falsch, wenn er keine Kenntnis hatte, mochte sich auch der Vorgang selber so abgespielt haben. Dem ist selbstverständlich beizutreten. Nicht freilich der Begründung, die das Ergebnis aus den Worten „nach bestem Wissen" herleitet, denn auch ohne sie war die Aussage zweifellos „falsch". Es war ein typischer Fall wie oben 2a, so daß die Entscheidung (wie die in bezug genommene frühere) für die subj. Th. nichts beweist. Diese verwirft sie vielmehr geradezu, indem sie zwischen unmittelbaren Tatsachen-Aussagen einerseits, Wissens-Aussagen andererseits unterscheidet und nur bei letzteren „falsch" subjektiv auslegt, was ja die obj. Th. gleichfalls tut. Dem sprachlichen Argument stehen zwei Einwände entgegen. Der erste ist, daß es s c h o n s p r a c h l i c h n i c h t ü b e r z e u g t . Nicht auf das W i s s e n des S c h w ö r e n d e n weisen die Eidesworte, sondern auf die G ü t e des W i s s e n s . Dabei ist hier der Superlativ, wie so oft, keine Steigerung des Positivs, als ob ein bestes Wissen immer besser sei als ein gutes, sondern seine Relativierung; die Beschränkung eines an sich allgemeinen Werturteils auf einen begrenzten Vergleichskreis. Das beste Wissen ist das nach Lage der Sache beste, ein verhältnismäßig gutes. Die innere Verbindung mit dem Positiv „gut" darf dabei natürlich nicht verschwinden. Der M a ß s t a b aber, den man an das Wissen anlegt, um gutes vom schlechten zu unterscheiden, bleibt der gleiche, auch bei einer Unterscheidung von verhältnismäßig bestem mit weniger gutem Wissen; nur sind die Ansprüche herabgesetzt. Innerhalb der Grenzen des Möglichen bleibt das „beste" eine Steigerung des „guten". Der M a ß s t a b aber für die größere oder geringere G ü t e eines Wissens ist begriffsnotwendig ein o b j e k t i v e r . Er ist dem Gegenstand entnommen, der den I n h a l t des Wissens bildet, nicht aber dem G l a u b e n des Wissenden an die (objektive) Richtigkeit oder Güte seines Wissens. So wenig wie dieser Glaube ein falsches Wissen zu einem guten machen kann, ebensowenig wird umgekehrt ein an sich gutes, also richtiges Wissen dadurch „falsch", daß man selber nicht an seine objektive Richtig-

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keit glaubt. Wer Unrichtiges sagen will, aber zufällig Richtiges sagt, verschweigt nicht besseres Wissen, sondern wird durch einen Zufall davor bewahrt, schlechtes Wissen von sich zu geben. Mit alledem haben jene Eidesworte gar nichts zu tun. Sie tragen vielmehr der Bedingtheit und Begrenztheit allen menschlichen „Wissens" Rechnung und mahnen die Auskunftsperson, so „ g u t " auszusagen, d. h. so nahe an die Wahrheit heranzukommen, wie sie es eben vermag. Auch Niethammer a. a. 0 . , obwohl aus anderen Gründen Subjektivist, stimmt der hier stets vertretenen Ansicht zu, daß jene Eidesworte strafrechtlich belanglos sind. So ist wohl auch E 65 27 zu verstehen, die übrigens der Sache nach schon in E 76 96 und jetzt wohl ausdrücklich von BGHSt. 7 149 aufgegeben ist (ein Druckfehler läßt allerdings offen, ob nicht E 68 278 gemeint ist). Mögen aber auch die Worte: „nach bestem Wissen" doppeldeutig sein, d . h . sprachlich auch eine subj. Auslegung zulassen: daß diese strafrechtlich nicht haltbar ist, zeigt jetzt — dies der zweite Einwand gegen die subj. Th. — der § 153. Hier nämlich fehlen sie. Die Voraussetzung aber, unter der eine A u s s a g e falsch ist, kann keine andere sein als die des falschen S ch w u r s . Denn der Schwur gewinnt Inhalt und Sinn erst durch die Aussage, die er bekräftigt. So die klare frühere Passung (vgl. Vorbem. I 3b), auf die GrS BGHSt. 8 301 (309) mit Recht zurückgreift, indem er den Meineid als erschwerte Falschaussage, als straferhöhendes Merkmal faßt. Es wäre absurd, wenn eine Aussage richtig, ihre Beeidigung aber falsch sein könnte oder umgekehrt. Auch der A u f b a u des 9. Abschn., bes. nachdem die FA. an den Anfang gestellt wurde, ist ersichtlich der, daß grundsätzlich die unbeeidigte FA. mit Gef., die beeidigte mit Zuchthaus bestraft wird — die gleiche Aussage, je nachdem sie beschworen wird oder nicht (hier zeigt sich auch, daß eine Vergleichung mit den Urkundsdelikten nicht zur Urkundenfälschung der §§ 267, 348 I I , sondern zur Falschbeurkundung der §§ 271, 348 I führt). Wer also, wie das RGer., n u r auf die Worte „nach bestem Wissen" die subj. Th. stützt, kann sie nach Einführung des § 153 nicht aufrechterhalten, denn diese an sich schon schwache Stütze besteht nicht mehr. b) Tiefer scheint ein zweites Argument zu gehen, das weniger philologisch als psychologisch unterbaut ist. Vgl. darüber insbes. Niethammer, teilweise auch E 65 27, obwohl dies an der entscheidenden Stelle abbiegt; neuerdings Werner LM § 154 Nr. 5. Das psychologische Argument besagt: Ein Aussagender könne niemals ein vergangenes Geschehen wiedergeben, sondern immer nur das Bild, das er von diesem habe. Folglich könne es auch immer nur auf einen Vergleich von Wort und Wissen ankommen, nicht von Wort und Wirklichkeit. Die Voraussetzung ist zweifellos richtig. Nicht richtig aber ist, daß man infolgedessen zwischen objektiv richtigen und objektiv „falschen" Aussagen nicht unterscheiden k ö n n e ; daß „falsch" immer einen Widerspruch zwischen Wort und Wissen bezeichnen m ü s s e . Das Argument will zuviel beweisen und beweist deshalb nichts. Das ist ja sicher, daß auch vor der scheinbar unmittelbarsten Tatsachenaussage immer ein ausgesprochenes oder stillschweigendes: „soviel ich weiß" steht. Ein unbekannter Vorgang h a t aus Sinneswahrnehmungen Vorstellungen gemacht, aus diesen in Verbindung mit Erinnerungen und Denkvorgängen ein seelisches Bild des Wahrgenommenen geschaffen, und nun erst bewirkt ein ebenso rätselhafter Vorgang die Umsetzimg dieses Bildes in Worte, die in dem Hörer ein gleiches Bild entstehen lassen. Das ist oft genug beschrieben, und es ist Aufgabe der Psychologie, das Rätsel dieser Umwandlung»-

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Meineid. Vorbemerkungen

prozesae zu ergründen. Es ist auch forensisch von größtem Interesse. Denn auf diesem dunklen Wege liegen die Möglichkeiten der Wahrnehmungstäuschungen, der Erinnerungsfälschungen, der Denkfehler usw., von denen Wert und Unwert einer Aussage abhängen. Aber eben weil das immer so ist, weil jede Aussage letzten Endes nur jenes Vorstellungsbild wiedergibt, beweist es f ü r die Kontroverse der obj. und der subj. Th. nichts. Denn ebenso sicher wie die Subjektivität dieses Bildes ist es andrerseits, daß wir täglich einen Unterschied machen zwischen Fällen, in denen ein Bewußtseinsvorgang bekundet wird (ein Wissen usw.), und solchen, in denen eine Aussage immittelbar ein tatsächliches Geschehen zum Gegenstand h a t : vgl. die mehrfachen „Beispiele". Die reale Wirklichkeit dieser Unterscheidimg leugnen hieße: die E n t s t e h u n g e i n e r A u s s a g e m i t i h r e m I n h a l t v e r w e c h s e l n . Ihre Entstehung ist wichtig f ü r ihren Beweiswert. Ihr Inhalt aber ist es, der hier allein interessiert. Nach ihm k a n n man sehr wohl zwischen objektiv richtigen und objektiv „falschen" Aussagen unterscheiden; es fragt sich nur, ob man so unterscheiden will. Dies f ü h r t abermals auf die G r u n d f r a g e , w a r u m man hier überhaupt straft. Will man die Behörde vor Irreführung schützen, dann ist die Unterscheidung wesentlich; will man die persönliche Unwahrhaftigkeit strafen, dann ist sie unwesentlich. So ist auch dies zweite Argument der subj. Th. nicht beweiskräftig. Indem es die Notwendigkeit einer subj. Auslegung des Wortes „falsch" zu begründen versucht und scheint, nimmt es in Wahrheit das zu Begründende als entschieden vorweg. Schrifttum betr. „falsch": Objektivisten: L i s z t - S c h m i d t , §171; M e z g e r , Grundriß 3 219; und in Leipziger Komm, Anm. 2 b zu § 153; F r e i e s l e b e n bei Ophausen n , Anm. 4 zu § 153; F r a n k I I I 2 zu § 153; S c h ö n k e - S c h r ö d e r I I 3 zu §153 und IV zu §154; S c h w a r z , Anm. 2C zu §153; S c h w a r t z , Anm.6 zu § 153; S c h r ö d e r , Unwahrer und unwahrhaftiger Eid, 1939, bes. S. 30. — Subjektivisten: T h o m s e n in GS60,56; 64,219; B i n d i n g , L e h r b . B e s . T . I I I 2 , 1 3 4 ; H . M a y e r i n G S 93,185; G e r l a n d , Lehrbuch 2 ,271; N i e t h a m m e r in DStrR40,161; S c h a f f s t e i n in J W 38,145; W e r n e r LM § 154 Nr. 5; G a l l a s GA 1957, 315ff. (mit Einschränkungen). — Bei manchen ist die Einordnung zweifelhaft, da sie sich schon dann zu der subj. Th. rechnen, wenn sie in denjen. Fällen subj. auslegen, in denen ein „Wissen" oder dergl. beschworen wird; z . B . F r e i e s l e b e n bei Olsh. 12 , Anm. 4 zu § 153, der aber in Wahrheit Objektivist ist. —• Die Entscheidungen des Reichsgerichts sind uneinheitlich. Bis 1944 folgte es der obj. Th. Vgl. E 37 398, 61 160, 68 281 und die drei dort angeführten, nicht veröffentlichten Urteile; ebenso 1. Senat in E 76 96. Mit Recht konnte M e z g e r , Grundr. 3 1943, S. 219 schreiben: Die obj. Th. „entspricht auch der reichsgerichtlichen Praxis. Die Versuche, in ihr neuerdings eine grundsätzliche Schwenkung nachzuweisen, sind nicht gelungen, auch nicht gegenüber E 65 27; im Gegenteil hat sich das RGer. in 76 96 eindeutig zur obj. Betrachtung bekannt". In D R 44 722 freilich erklärte der gleiche 1. Senat diese Rechtspr., ohne auf den Sach- und Streitstand einzugehen, „für überholt". Unter den Vor-Entscheidungen nennt er seine eigene soeben angeführte gegenteilige nicht! Wohl aber vier andere, ältere, von denen indessen E 68 281, wie oben dargetan, die obj. Th. vertritt, während der Standpunkt von E 65 27 (s. auch Mezger) mindestens zweifelhaft ist. Sonach blieb die obj. Th. in Schrifttum und Rechtspr. herrschend. Heute gilt das erst recht. Wenn noch einzelne frühere Urteile des BGH Zweifel offenließen (darüber oben 2a), so ist der obj. Standpunkt klar in LM § 153 Nr. 6,

Meineid. § 153

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BGHSt. 7 147; er liegt auch der Grundsatzentscheidung GrS BGHSt. 8 301 notwendig zugrunde, vgl. oben I I I 1, IV 3, 4a a. E. V. Täter kann nach RG jeder Strafmündige sein. Also auch die nach § 161 oder StPO § 60 oder ZPO § 393 Eidesunfähigen (E 36 278, Plen. Entsch. betr. Eidesunmündige; anders Frankfurt NJW 52 1388 betr. Einsichtslose i. S. d. § 60 Nr. 1 StPO). Bezüglich des E i d e s u n m ü n d i g e n Bedenken hiergegen bei Binding Lb. I I 1, 146, Frank Vorbem. IV vor § 153, ebenso bei Schönke-Schröder V 1 vor § 153, die jedoch wegen der in § 157 Abs. 2 vorausgesetzten Strafmöglichkeit nicht durchgreifen können. Denn danach wäre die Bekräftigung der falschen Aussage mit einem Eide ein Strafausschließungsgrund. — Mittelbare Täterschaft ist ausgeschlossen; Eidesdelikte sind „eigenhändige" (Vorbem. 1 2 vor § 47); Ersatz für m. T.: § 160. Vgl. E 43 293. VI. Forts.Zus.hang, wenn im gleichen Verfahren mehrmals: E 66 36, 356. Auch zwischen § 153 und § 154: so zutr. BGHSt. 8 301 (310) unter Aufgabe der bish. Rspr. Falsche, uneidliche

Aussage

§153

Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich vorsätzlich falsch aussagt, wird mit Gelängnis nicht unter drei Monaten, in schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft. I. Zur Entstehung und Entwicklung vgl. Vorbem. I 2, 3 c, 4. Der § 153 n. F., nach den klärenden Ausführungen in BGHSt. 8 301 (309) der Grundtatbestand dieses Abschnitts, straft die uneidliche Falschaussage, die das RStGB zunächst, dem preußischen von 1851 (das eine wechselvolle Vorgeschichte hatte) folgend, straflos gelassen hatte. In anderen Staaten des Deutschen Bundes war sie vielfach unter Strafe gestellt, z. B. Österreich 1803,1852; Bayern 1813,1861; Sachsen 1838, 1855, 1868. Die deutschen StGEntwürfe seit 1909 (nur nicht 1938) hatten sie gleichfalls strafen wollen. — Auch das A u s l a n d straft sie vielfach, freilich klar auf Grund des bei uns stark verdunkelten Gedankens, daß die Behörde gegen Irreführung geschützt werden muß; und deshalb meist auf Fälle beschränkt, in denen die FA. f ü r eine behördliche Entscheidung e r h e b l i c h war (konkrete Gefährdung) oder doch sein konnte (abstrakte Gefährdung). Thür. § 153 gestattete Milderung oder Absehen von Strafe, wenn die Aussage nur in bedeutungslosen Punkten falsch war, und setzte voraus, daß der Aussagende auf die Strafbarkeit der u. FA. hingewiesen worden war. So auch die Entw. vielfach. Zu einer unabweisbaren N o t w e n d i g k e i t war die Bestrafung der u. FA. geworden infolge der immer weiteren Z u r ü c k d r ä n g u n g d e r E i d e im P r o z e ß . Dieser Abbau des Prozeßeides war die Folge des allgemeinen Bestrebens, die Form der Prozeßführung weitgehend dem Ermessen des Richters zu überlassen. Hinzu kam die Abneigung gegen den Eid; teils gegen ihn überhaupt, teils gegen seine Abnutzung in Bagatellsachen. So wurde die Beeidigung der Zeugen aus einer Regel eine Ausnahme. Dieser Entwicklung gegenüber konnte mit der Bestrafung der u. FA. nicht bis zu einem neuen StGB gewartet werden. So kam es zu § 156a, jetzt

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Meineid § 153

153. Trotz des neuerdings wieder stärkeren Eideszwanges ist dessen Bedeutung erheblich geblieben, wie die umfangreiche J u d i k a t u r zeigt. IL Falsch ist die Aussage — d. h. der äußere od. obj. T B ist erfüllt —, wenn das Gesagte mit dem G e s c h e h e n e n nicht übereinstimmt. So BGH, zuletzt BGHSt. 7 147; vgl. Vorbem. IV a.E. vor § 153. Die subjektive Theorie läßt sich f ü r die unbeeidigte Falschaussage nicht halten. Denn hier bleibt als e i n z i g e s R G u t , dessen Schutz das Gesetz bezweckt, die b e h ö r d l i c h e B e t ä t i g u n g . Diese aber wird nur dann gefährdet, wenn sie wirklich irregeleitet werden konnte, d. h. wenn die Aussage von dem, was wirklich geschehen war, abweicht. — Die i r r i g e M e i n u n g , falsch auszusagen, begründet straflosen Versuch; mehr nicht. III. Zuständige Stelle: Zuständig muß sie sein zur Abnahme von Zeugen- oder Sachverst.-Eid. Auch im Armenrechtsverfahren: P r a n k f u r t N J W 52 902. E s genügt aber nicht, daß die Aussage innerhalb eines Verfahrens gemacht wird, das auch Eide kennt (Zivil- oder Strafverfahren); vielmehr muß gerade die betr. Stelle zur Eidesabnahme zuständig sein. Diese Begrenzung dient zum Schutz des Aussagenden: Eine Wahrheitspflicht mit Strafsanktion besteht nur einer solchen Behörde gegenüber, der auf Grund ihrer Unvoreingenommenheit an sich das Recht anvertraut ist, Auskunftspersonen e i d l i c h zu vernehmen. U n d zwar g e n e r e l l : Hessen MDR 52 311. N i c h t also fällt unter § 153 die Falschaussage vor Staatsanwaltschaft oder Polizei oder einer Verwaltungsbehörde, mag sie auch innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens gemacht sein; auch dann nicht, wenn die betr. Behörde zur Abnahme von eidesstattlichen Erklärungen zuständig war. Ferner nicht: Spruchausschuß des Arbeitsamts, Hamburg N J W 63 476. Niedersächs. Sonderhilfsausschüsse, BGHSt. 6 111. IV. Als Zeuge oder Sachverständiger. Darüber, unter welchen Voraussetzungen solches anzunehmen, vgl. die Prozeßordnungen und andere einschlägige Vorschriften. Unverlangte Auskunft oder formlose Informationen begründen die Anwendbarkeit des § 153 nicht; u. U. ist hier § 145d oder § 164 gegeben. Nicht fällt unter § 153 die Partei im Zivilprozeß. Auch nicht der Beschuldigte im Strafprozeß, d. h. nur der, gegen den das jeweils maßgebende Strafrechtspflege organ das Verfahren betreibt: BGHSt. 10 8 (mit Nachw.). Wohl aber kommen sie als T e i l n e h m e r in Betracht. Darüber § 154 Anm. V I I . V. Aussage — zu unterscheiden von strafrechtlich belangloser Meinungsäußerung — ist Bekundung von Tatsachen oder Wahrnehmungen, BGH GA 1957 272, Schneider GA 1956,338. Sie kann auch s c h r i f t l i c h sein, z. B. ein nur schriftlich erstattetes Sachverständigengutachten. Beim Meineid des § 154 kommt es weniger in Frage, wohl aber z. B. bei der eidesstattlichen Versicherung des § 156. Vgl. ferner § 66 d StPO. — Über Unterlassung vgl. Anm. V zu § 154. VI. Vollendet ist die FA. mit dem Abschluß der Vernehmung, d. h. wenn der Richter zu erkennen gegeben hat, daß er von dem Zeugen keine weitere Auskunft erwartet, der Zeuge, daß er das Gesagte, aber nichts weiteres, bekunden will. BGHSt. 8 301 (306, 310, 314) mit Nachweisungen; vgl. dort auch darüber, daß spätestens mit dem Schluß der Verhandlung im jeweiligen Rechtszug die uneidliche Aussage abgeschlossen ist, sowie zum Zusammentreffen mit § 154. VII. Vorsatz. Anm. V zu § 154 gilt entsprechend, ebenso das in BGHSt. 1 148 Ausgeführte. Dol. ev. genügt.

Meineid § 154

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Vni. Konkurrenzen. IdKonk. mit §§ 164, 187, 257, 263 möglieh. - Verh. zu § 154: 1. Bei späterer Vereidigung im s e l b e n Rechtszug geht § 153 in § 154 auf. 2. Bei Vereid. im z w e i t e n Rechtszug: Realkonk. von § 153 u. § 154 oder fortges. Meineid, ebenso wenn einem Meineid im selben oder nächsten Rechtszuge eino uneidl. PA. folgt. Bei mehreren uneidl. FA. in einem oder mehreren Rechtszügen je nach dem Vorsatz mehrere selbst, oder ein fortges. Verg. gem. § 153: GrS BGHSt. 8 301 - Tateinheit mit § 163: BGHSt. 4 214. IX. Prozessuales. Zum Beweiswert von Blutgruppengutachten BGH N J W 58 1786 (vgl. auch BGHZ N J W 56 1716, LG Bielefeld N J W 58 713). Meineid

§154 (1) Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle vorsätzlich falsch schwört, wird mit Zuchthaus bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten. I. Wesen. Der Meineid ist eine durch die feierliche, zum Teil sakrale Bekräftigung ausgezeichnete, e r s c h w e r t e F o r m d e r v o r s ä t z l i c h e n f a l s c h e n A u s sage. GrS BGHSt. 8 301 (309) unter Aufgabe der bish. Rspr., die eine Straftat eigener Art angenommen hatte. Die neue Entsch. klärt nicht nur das Verhältnis zu § 153, sondern hebt auch den wesentlichen Strafgrund der ganzen Deliktsgruppe heraus. Vgl. schon Welzel J Z 54, 227 und oben Vorbem. I I I 1, IV 3. II. Zuständige Stellen. — Ein G e r i c h t gilt im allgemeinen ohne weiteres als zuständig. Jedoch wegen Unzulässigkeit eidlicher Vernehmung n i c h t : im Verf. der freiw. Gerichtsbarkeit, BGHSt. 5 111; im Hausratsverfahren, BGHSt. 10 272 (gegen BayObLG N J W 52 789, München J Z 52 178); insbes. wenn Beteiligter unzulässigerweise als Zeuge im Aufgebotsverfahren zur Todeserklärung gehört, BGHSt. 12 56. Innerhalb des Gerichts ist nur der mit der Beeidigung in rechtsgültiger Weise betraute Beamte zuständig. Nicht z. B. der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle. S. a. E 62 147, 65 273. Auch nicht der zur Ausbildung beim Gericht beschäftigte Referendar, soweit er nicht zur Wahrnehmung richterlicher Geschäfte berufen ist (E 56 206). — Es genügt die a l l g . Zust. „z. Abnahme v. Eiden" (verneint z. B. in BGHSt. 3 248, dazu Welzel J Z 53, 117); Zust. f. d. Einzelfall nicht nötig. BGHSt. 1 16, 8 239 (wie E 29 343). Auch nicht, daß im Einzelfall alle sachlich- und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind: BGHSt. 3 239, LM Nr. 5, E 76 236, 70 144, 62 147, BGHSt. 10 142 (betr. Ausschluß nach § 22 Nr. 4 StPO) mit eing. Nachw. — A n d e r e zuständige Behörden z. B. die Disziplinargerichte und der Untersuchungsführer (BDO §§ 17, 46, 61, 91 II), Versicherungsämter (RVersichO §§ 1571,1628, 1652, 1665), Finanzämter (RAbgO §§ 182, 184, 186). N i c h t zuständig Staatsanwaltschaft u. Polizei. Auch nicht Entnazifizierungsausschüsse: H a m burg HESt. 1 37 (zust. nur f ü r eidesst. Vers.). III. Schwören. — Die F o r m e l „Ich schwöre" darf nicht fehlen: E 67 33. — Zeugeneid, Sachverst.Eid, Parteivernehmungseid nach den Prozeßordnungen. Beim Offenbarungseid keine Bezugnahme auf frühere Eide zulässig. Bei Verstoß Nichteid, allenfalls Versuch: BGH GA 1958112. —1. Der Zeuge darf erhebliche Tat-

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Meineid § 154

Sachen zur Sache auch ungefragt nicht verschweigen, selbst bei Aussageverweigerungsrecht: BGHSt. 7 127, 1 22, 2 90; dies gilt aber nicht für seine Personalien, da er nach diesen befragt wird (§ 395 Abs. 2 ZPO), auch nicht f ü r seine Eidesfähigkeit: BGHSt. 5 25. Gegebenenfalls Meineid durch Schweigen: BGHSt. 1 2 2 , 2 9 2 . Aber nur innerhalb des Beweisthemas: BGHSt. 1 148, 1 241; vgl. auch E 76 96. Tatsachen stehen allgemein bekannte Rechtsbegriffe und einfache Urteile gleich: Oldenburg NdsRpfl. 50 163. — 2. Beim Sachverständigen fallen die Personalien nicht unter den Eid: E 20 235. ME. des Dolmetschers, der bewußt falsch übersetzt: BGHSt. 4154.—3. Bei der Partei Vernehmung giltdie gleiche Pflicht zur vollständigen Aussage wie beim Zeugen. RG J W 1936 880, E 76 319, vgl. auch E 63 50. Über ME. durch Schweigen vgl. entspr. die zu 1. zit. Entsch. — 4. Beim Offenbarungseid nach ZPO §§ 807, 883 (zur Formenstrenge s. o.). Umfangreiche Rechtspr. üb. d. prozessuale Vorfrage, was unter Eid anzugeben ist: z. B. bestrittene Forderungen, E 60 37; zu treuer Hand abgetretene, E 64 422, 71 228; BGH N J W 52 1023; Ansprüche aus Erbauseinandersetzung, BGHSt. 10 281; Anspruch auf künftige Provision, E 71 300; u. U. auch der Ort, an dem eine Sache ist, E 39 42, 46 140; n i c h t aber, was dem Zugriff des Glaub, entzogen, E 42 424, 68 130, daher auch nicht Unterstützungen, auf die kein Rechtsanspruch: BGH GA1958 86. Kein Meineid, wenn mehr angegeben, als zum Vermögen gehört, z. B. erdichtete Forderungen, E 71 360. Begründete Bedenken von Schaffstein in J W 37, 3214. Nach der Neufassung des § 807 II ZPO liegt ME. vor, vgl. BGHSt. 7 375 und dazu Maurach BT § 75 II B 2, Stein-Jonas-Schönke ZPO § 807 Anm. 31. — Wie RG noch LM Nr. 8 (Jagusch) = BGHSt. 2 74. Zweifelhafte Forderungen sind anzugeben: BGH N J W 53 390 (Schmidt-Leichner). Ebenso Umstände, die f ü r den Konkurs erheblich sind: LM Nr. 22 (Martin) = BGHSt. 3 309 betr. Gemeinschuldner vor dem Konkursrichter. — P e r s o n a l i e n nur, soweit sie die Bestimmung des Trägers pfändbarer Vermögensstücke oder deren Rechtsform berühren und dazu geeignet sind, dem Gläubiger den Zugriff zu erschweren: BGHSt. 11 223 im Anschluß an 8 399 und BayObLG 1956 247. Unter den gleichen Voraussetzungen auch Vereinbarungen über V e r w e n d u n g des Verdienstes: BGHSt. 10 149. — Alle für den Verbleib der Gegenstände wesentlichen Tatsachen: Braunschweig NdsRpfl. 50 25. Auch Eigenbesitz an fremden Sachen: Braunschweig MDR 5152. Auch Anwartschaftsrecht auf Eigentum: BGH N J W 55 638. Nicht am Wortlaut der Eidesformel haften: BGH N J W 52 711; vgl. aber auch den Anfang dieser Anm. — Weitere OffenbEide nach BGB §§260 (hierzu BGHSt. 3 235), 2027, 2028; dazu BGH N J W 51610; ZPO § 883 II; KO § 125; VerglO § 69. Mittelbare Täterschaft ist beim „schwören" undenkbar (eigenhändiges Delikt: Vorbem. I 2 vor §47). Ersatz: §160. — „Schwören" ist meist zwar m ü n d l i c h . Dies ist aber nicht wesentlich; der Sachv. z. B. „schwört" häufig schriftlich. — Yoreid oder Nacheid kein f. d. StrR wesentlicher Unterschied; der Voreid kommt nur noch beim Sachv. i. ZProz. in Frage: ZPO § 410. Sonst nur noch Nacheid. Wichtig wegen Versuch: Anm. VI. IV. Falsch schwören heißt: eine i. S. des § 153 falsche Aussage beschwören. Das Wort „falsch" muß also in § 153 und § 154 die gleiche Bedeutung haben. Über diese Bedeutung — objektiv oder subjektiv ? — vgl. Vorbem. IV vor § 153. Dazu Braunschweig JB1. Braunschw. 47 218: Allgemein anerkannte Werturteile stehen Tatsachen gleich. Eidliche Ableugnung ehewidriger Beziehungen trotz begangenen Ehebruchs daher ME. Ebenso Oldenburg NdsRpfl. 50 163, s. o. zu III 1.

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V. Der Vorsatz (bedingter Vorsatz genügt) muß alle Tatbestandsmerkmale umfassen. E r fehlt, wenn der Aussagende die Wahrheit oder aber den Umfang der Offenbarungspflicht nicht kannte. Also: 1. der Schwörende muß wissen, daß seine Aussage mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Hierbei ist zunächst der obj. Sinn der Aussage zu ermitteln; dann erst, ob sich der Aussagende dieses Sinnes bewußt war: E 67 94; dann endlich das Bewußtsein jener Nichtübereinstimmung. — 2. E r muß wissen, daß das falsch Ausgesagte unter den Eid fällt. Der Vorsatz „falsch zu schwören", fehlt also z. B . , trotz bewußter Unwahrheit, bei Irrtum über den Umfang der Offenbarungspflicht nach §§ 807, 883 ZPO. Vgl. E 27 267, 34 400, 39 42, 46 140, 68 130; BGHSt. 1 148, 3 235, J R 51 501. Nach E 61 429, 60 407 fehlt der Vorsatz, wenn „das mangelnde Bewußtsein der E r h e b l i c h k e i t einer falschen Aussage zu der irrigen Annahme geführt hat, daß sich der Eid auf diese Angabe nicht beziehe; dieser Irrtum betreffe das Prozeßrecht; dagegen sei es ein unbeachtlicher StrRIrrtum, wenn der Aussagende einen unerheblichen Meineid für straflos halte" — eine der ällzu feinen Unterscheidungen der reichsgerichtlichen Irrtumsrechtsprechung, die an den Testamentsfall in E 57 235 erinnert. Doch muß auch heute unterschieden werden (BGHSt. 2 194): im ersten Falle Tatbestandsirrtum, der den Vorsatz ausschließt, im zweiten Falle Verbotsirrtum, der ihn bestehen läßt. — Erforderlich ist das Bewußtsein der Erheblichkeit stets beim ME. durch Verschweigen. Der Zeuge muß das Bewußtsein haben, daß das Verschwiegene zum Gegenstand der eidlichen Vernehmung gehörte und für diesen erheblich war. Nur dann ist Reden Pflicht, Schweigen also Meineid. Schuldhaftes Nichterkennen der Aussagepflicht kann fahrlässigen Falscheid (§ 163) begründen. Vgl. E 7 3 2 1 , 3 9 5 8 , 4 2 103, 57 152, J W 38 2196, D R 39 1066, H R R 39 1439, B G H S t . 4 214 (vgl. aber auch GrSen. BGHSt. 8 301). — 3. Der Schwörende muß wissen, daß die Stelle zur Abnahme von Eiden zuständig ist, d. h. er muß die tatsächliche Lage erkennen und daraus eine „Parallelwertung in der Laiensphäre" herleiten. So (gegen B G H S t . 1 13) B G H S t . 3 248 (253): Zust. ist Tatbestandsmorkmal (anders Welzel J Z 52, 133); vgl. oben § 59 Anm. V 2. - Über V e r b o t s i r r t u m bei mangelndem Bew. d. Rechtswidrigkeit BGHSt. 5 118. VI. Versuch. Bei Nacheid ist „Anfang der Ausführung" der Beginn der Eidesleistung. Bis dahin straflose Vorbereitung. Von da ab § 46 möglich. E 64 117. Vgl. B G H S t . 1 243, 4 126, GrSen. B G H S t . 8 301 (315), 9 131, 134. — Strafbarer Versuch, wenn der Schwörende ein Vermögensstück T erschweigt, von dem er irrig annimmt, es gehöre ihm. Oder: die Zuständigkeit der Polizei oder eines Referendars (E C5 206) oder des Staatsanwalts (E 60 25) irrig annimmt. Zum Nachweis solcher Annahme Hamburg HF.St. 1 3 7 ; vgl. jetzt B G H S t . 3 2.55 (s. o. V 3). Anders — für § 150 — OGH S J Z 49 706 (Anm. Mezger). VII. Teilnahme. — A n s t i f t u n g fällt, wenn der Angestiftete vorsätzlich falsch schwört, unter § 48; wenn er nicht schwört, aber vorsätzlich schwören soll, unter § 49 a ; wenn er unwissentlich fulsch schwört, unter § 160. Sagt der zum Meineid Angestiftete nur uneidlich bewußt falsch aus, so ist der Anstifter wegen erfolgloser Anstiftung zum Meineid in Tateinheit mit .Anstiftung zur vorsätzlichen uneidlichen Falschaussage zu bestrafen: B G H S t . 9 131 (trotz der Grundsatzentsch. B G H S t . 8 301) unter Aufgabe von B G H S t . 1 131, weil sonst eine völlig erfolglose Anstiftung strenger beurteilt werde als eine teilweise erfolgreiche. Das ist zwar vom Ergebnis her, nicht aber logisch einleuchtend. Näheres Z S t W 68, 644 und oben § 49 a 25

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

Meineid § 155

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Anm. VI. — B e i h i l f e kann auch durch U n t e r l a s s u n g begangen werden, wenn eine Pflicht bestand, den Meineid zu verhindern. Die Pflicht kann unmittelbar aus den Beziehungen beider folgen; so E 74 285 betr. Mann und Frau. Aber nur bei wirklicher Lebensgemeinschaft: BGHSt. 6 323. Sie kann auch daraus folgen, daß eine Prozeßpartei oder ein anderer Beteiligter durch ihr eigenes Vorbringen eine unwahre Zeugenaussage veranlaßt hat (E 72 23 mit Anm. Schaffstein in J W 38, 578; E 74 39 mit Anm. Mezger in DR 40, 637; E 74 295, 75 273). Einschränkend BGHSt. 4 327 (betr. Anwalt): besondere, prozeßunangemessene Gefahr der Falschaussage muß begründet worden sein (offenbar im Anschluß an Maurach DStR 44, 1); NJW 53 1399 (betr. Prozeßpartei, die Zeugen zur Aussagenverweigerung riet). Weniger klar BGHSt. 4 218, 3 18, 2 134, 1 22. Darüber hinaus eine Hinderungspflicht der Partei auf ZPO § 138 zu gründen, würde zu weit gehen. Die Pflicht, selber die Wahrheit zu sagen, bedeutet noch nicht die Pflicht, andere v. e. Unwahrheit zurückzuhalten. Zutr. Hamm MDR 48 92 (abl. Anm. Meister). Ausdrücklich ebenso BGHSt. 4 327, 6 323. Treffend Maurach in DStR 44, l f f , SJZ 49, 541. Gegen Überspannungen auch H. Mayer in SJZ 47, 15. Kritisch neuerdings Bockelmann NJW 54, 697 (mit Übersicht über die BGHE), der auf die hier vielfach vorliegende positive Handlung der Partei hinweist und andererseits die Problematik der „Rechtsgutsgefährdung" durch Unterlassung dartut. VIII. Mildernde Umstände: eingehende Abwägung nach Tat und Täter in DR 44 611. Betr. Nebenstrafen und Nebenfolgen gem. § 161 Abs. 1: E 77 223. Über die selbständige Bedeutung des § 154 Abs. 2 neben § 157 vgl. dort Anm. 11 zu BGHSt. 8 186. IX. Konkurrenzen. Über das Verhältnis zu § 153 vgl. dort Anm. VIII, über Teilnahmekonkurrenzen oben Anm. VII. —• Bei Unrichtigkeit einer Aussage in mehreren Punkten nur ein ME.: RG H R R 41 215. — Bei teilweise vorsätzlich, teilweise fahrlässig falschen Angaben n u r ME.: E 60 58. — I d K o n k . mit Betrug: E 75 21 (Anm. Mezger DR 41, 922). — Mit § 239 K O : E 64 42, BGHSt. 11 145. — Mit Steuervergehen: RG J W 1938 2899. — Mit UrkPälschung: E 60 353. X. Wahlfeststellung, wenn nicht zu klären, bei welcher Vernehmung der — sichere - ME. geleistet: BGHSt. 2 352 wie E 72 342 (Schäfer J W 38, 3027), Braunschweig NJW 52 38. BGHSt. 4 341 (§ 163) überholt durch GrSen. BGHSt. 8 301. Eidesgleiche

Beteuerungen

§155

Der Ableistung eines Eides wird gleich geachtet, wenn 1. ein Mitglied einer Religionsgesellschaft, welcher das Gesetz den Gebrauch gewisser Beteuerungsformeln an Stelle des Eides gestattet, eine Erklärung unter der Beteuerungsformel seiner Religionsgesellschaft abgibt; 2. derjenige, welcher als Partei, Zeuge oder Sachverständiger einen Eid geleistet hat, in gleicher Eigenschaft eine Versicherung unter Berufung auf den bereits früher in derselben Angelegenheit geleisteten Eid abgibt, oder ein Sachverständiger, welcher als solcher ein für allemal vereidet ist, eine Versicherung auf den von ihm geleisteten Eid abgibt;

Meineid § 156

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3. ein Beamter eine amtliche Versicherung unter Berufung auf seinen Diensteid abgibt. 1. Dem Eide gleichgestellte Versicherungen. Die Vorschrift ist kein eigener Tatb e s t a n d : R G J W 38 3104 (abw. f r ü h . Aufl.). — I n jeder Beziehung gleich, auch f ü r §§ 159, 160, 161, 163. I m einzelnen: II. Zu Nr. 1 vgl. § 66e StPO, § 484 ZPO. G e s t a t t u n g durch L a n d e s r e c h t , z. B. E 52 63 f ü r preußisches Gebiet, vgl. auch E 46 41. Der Beteuernde b r a u c h t sich n u r als Mitglied der RelGes. zu bezeichnen, es nicht wirklich zu sein: E 75 125 (Anm. Bockelmann D R 41, 1291). III. Zu Nr. 2 : 1 . U n t e r „Angelegenheit" ist nicht die Vernehmung als Zeuge über ein bestimmtes Beweisthema, sondern das bestimmte Verfahren, im bürgerlichen R S t r e i t derselbe Prozeß, zu verstehen. J W 88 2197, E 70 200, H R R 35 395. 2. Berufung auf früheren E i d : Vgl. S t P O §§ 67, 72, 79, ZPO §§ 398, 402, 410, 451, 452. — Aber nur, soweit solche „ B e r u f u n g " grundsätzlich (wenn auch vielleicht nicht im Einzelfall) zulässig. E 30 131, 67 333 (nicht Offenbarungseid). — Die Berufung m u ß stets eine eigene Erklärung des Zeugen oder Sachverst. sein, nicht n u r ein Hinweis des Richters: R G J W 34 2850, H R R 39 1389. — W e n n e i n Zeuge zunächst falsch schwört, d a n n „ u n t e r Berufung auf den f r ü h e r geleisteten E i d " abermals die Unwahrheit sagt, so sind dies zwei selbständige, nach § 74 zu beurteilende Handlungen, falls nicht wegen des von vornherein hierauf gerichteten Vorsatzes Portsetzungszusammenhang anzunehmen ist. So im Ergebnis auch J W 38 3103. Vgl. Mezger L K Anm. 1. IV. Zu Nr. 3: Berufung auf Diensteid, soweit zulässig Versuch. E 67 333.

Falsche Versicherung an Eides Statt

(E 25 99). Anderenfalls

§156

Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung wissentlich falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung wissentlich falsch aussagt, wird mit Gefängnis von einem Monat bis zu drei Jahren bestraft. Die durch VO vom 29. 5. 43 eingeführte S t r a f b a r k e i t des V e r s u c h s ist durch d a s 3. StÄG v. 4. 8. 53 wieder gestrichen worden. Vgl. Vorbem. I 2, 4. I. An Eides Statt oder unter gleichbedeutenden Ausdrücken: E 15 126. II. Allgemeine Zuständigkeit ist vorausgesetzt, nicht konkrete, d. h. daß „die eidesstattliche Versicherung über den Gegenstand, auf den sie sich bezieht, u n d in dem Verfahren, u m das es sich handelt, der Behörde abgegeben werden darf u n d rechtlich nicht völlig wirkungslos ist". So E 73 144, 75 399, B G H 1 16, 2 219, 5 69. A u s d r ü c k l i c h e ges. Zuständigkeit, erklärung nicht erforderlich: B G H S t . 2 2 1 9 m i t Nachw., vgl. N J W 53 994. B e i s p i e l e : Die G e r i c h t e bei „ G l a u b h a f t m a c h u n g e n " im Zivil- u n d Strafprozeß, vgl. H a m m N J W 54 363 betr. W i e d e r a u f n a h m e ; L G in E h e s a c h e n ; AG in Privatklagesachen: D R 43 894; ferner Vormundschaftsgericht (E 36 1); Aufgebotsgericht (E 45 301); die Gerichtskassen als Vollstreckungs25«

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Meineid § 156

behörden in Kostensaohen (E 24 377); der N o t a r betr. Erbscheinerteilung i. d. Fällen d. §§ 2356 I I u. 2368 I I I BGB (hierzu E 74 175, DR 40 1234 m. Anm. Heckmann): vgl. aber E 74 125; F i n a n z a m t im Steuerfestsetzungsverfahren: RAbgO §§ 174, 209; S t a n d e s b e a m t e r betr. Nachweis der Ehefähigkeit: PersStG §5; S e e m a n n s a m t : RVersO § 1754; U n i v e r s i t ä t e n und Fakultäten betr. Autorschaft von Doktor- usw. Arbeiten, jedoch nicht allgemein (E 17 208), der OLGPräs. bei Aufnahme eines Refd. in den Vorber.-Dienst: BayObLGSt. 1956 220. Nicht zulässig (und gegebenenfalls auch strafrechtlich wirkungslos) sind eidesstattliche Versicherungen, wenn voller Prozeßbeweis erforderlich: E 73 144. Aus der Befugnis zur Eidesabnahme folgt nicht ohne weiteres die für e. V.: BGHSt. 5 70. - Während aber E 70 266, 75 399 die „Zuständigkeit" im Falle tatsächlicher Prozeßwirkungen der unzulässigen e. V. bejahten, verneint sie mit Recht BGHSt. 5 72. Der Sache nach wie RG wieder BGHSt. 7 1 (mit einer Begr., der gegenüber die Gefahr betont werden muß, die in der Sanktionierung unzulässiger Prozeßhandlungen liegt). Unzulässig auch e.V. vonseiten eines B e s c h u l d i g t e n im S t r a f v e r f a h r e n : E 57 53, 62 119, 70 266, BayObLG NJW 54 204. Ebenso im S t e u e r s t r a f v e r f a h r e n (Gegensatz Steuerfestsetzungsverf., wo sie gemäß §§ 174, 209 RAbgO zulässig sind): E 73 349. N i c h t zuständig ist das F i n a n z a m t , eine eidesstattl. Versich. entgegenzunehmen, die ein Steuerpflichtiger von sich aus und ohne die Form des § 174 RAbgO abgibt: E 73 349. Der Standpunkt des RGer., jetzt von BGH NJW 53 994 nachdrücklich unterstrichen, s. u., wurde vielfach zu Unrecht angefochten. Vgl. SenPräs. Stutzer und RA Clemens in DStrR 39, 193 ff. sowie Prechtel in DR 40, 492. Neuerdings Koch NJW 53, 1291 betr. Hypothekengewinnabgabe. — N i c h t zuständig ist auch die Staatsanwaltschaft. E 37 209; der Pr. Notar im Falle der E 74 125; eine kassendentistische Vereinigung: Kiel SJZ 48 327; Ärztekammern f ü r Erklärungen über kriminelle Schwangerschaftsursachen: BGHSt. 2 389. Nach 1945 sind namentlich f ü r Unbedenklichkeits- oder Verlustnachweise, aber auch bei statistischen Erhebungen u. dgl. e. V.en von den verschiedensten Behörden in zahllosen Fällen ohne ausreichende Grundlage abgenommen worden. Über die Gefahren dieser Praxis vgl. Bader DRZ 47, 50, vgl. auch Schönke SJZ 48, 299. Klärend und grundlegend jetzt BGH NJW 53 994 mit Übersicht ( = LM Nr. 7 m. Anm. Hülle, wo jedoch der hier vertretene Standpunkt zu Unrecht im Sinne der ausdehnenden Ausl. verstanden wird). G e s e t z l i c h e Grundlagen wurden nur vereinzelt geschaffen. So in Süd-Württemberg—Süd-Baden (allgemein die Amtsgerichte zuständig), in Sachsen-Anhalt durch VO v. 17. 10. 46 (Landespräsident und die von ihm ermächtigten Dienststellen bezüglich politischer Beurteilung); in Hamburg: Hamb. Ges. u. VOB1. 47 69. Das Land Sachsen straft schon die Abgabe einfacher falscher schriftlicher Erklärungen aus Anlaß von Bewerbungen (VO v. 12. 2. 46, GBl. S. 25). Bedenklich und jedenfalls überholt die Begründung von Zuständigkeiten mit Staatsnotstand (Dresden 2 O 17/46) oder der allgemeine Schluß vom Zweck auf das Mittel (Potsdam, zit. in Runderl. der Brand. JustizVerw. v. 26. 3. 46). Jedoch wird man den A n s t e l l u n g s b e h ö r d e n die Befugnis zur Abnahme eidesstattlicher Versicherungen zuzubilligen haben. So schon RG in Goltd. Arch. 74 18, ferner Potsdam N J 47 39, Freiburg DRZ 47 65 v. 24. 10. 46, DRZ 48 67, KG in J R 48 142; Celle NdsRpfl. 47 65; Gera (zit. in NJW 47/48 31); anders Tübingen DRZ 47 267 (lehrreiche Übersicht). Mit Recht aber weist Tübingen a. a. O. daraufhin, daß aus E 38 210, 73 144, wonach eine a u s d r ü c k l i c h e

Meineid § 156

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gesetzliche Ermächtigung nicht erforderlich ist (so jetzt auch BGHSt. 2 219), keine schrankenlose Zuständigkeit herausgelesen werden könne, und lehnt zutreffend ab, daß die Polizeibehörden bei der Ausstellung von Leumundszeugnissen e. V.en fordern dürfen, unter Hinweis auf den bei den Behörden vielfach eingerissenen Mißbrauch, auch da, wo sie eigene Nachforschungen anstellen könnten und sollten, e. V.en zu verlangen. Einen besonders groben Mißbrauch hat das KG in J R 47 119 = DRZ 48 67 zurückgewiesen. Vgl. ferner Freiburg DRZ 47 65 v. 12. 12. 46 betr. Badische Landesstelle f ü r 0 . d. F. — Hamburg HESt. 1 37 betr. Prüfungsausschuß im Entnazifizierungsverfahren deutet einen entscheidenden Gesichtspunkt an: Die Behörde muß selbständig entscheidende, nicht bloß ermittelnde oder sonst hilfsweise Funktionen haben. Ebenso Celle NdsRpfl. 47 65; betr. Abt. Justiz der Provinzialverw. Brandenbg. Gera NJW 47/48 31 Nr. 46. Über die weiteren Voraussetzungen allgemeiner Zuständigkeit, Zulässigkeit und Wirksamkeit der Entgegennahme der e. V. vgl. Schönke a. a. 0. mit wertvollen geschichtlichen Nachweisen. Für engere Auslegung mit Kiel SJZ 48 347, Hessen (Kassel) NJW 49 358 (Anm. Bödicker) auch OGH in SJZ 49 706 (Anm. Mezger); bedenklich weit dagegen Nürnberg ibid. Sp. 708. — Betr. Behörden im Entschädigungsverfahren vgl. BGHSt. 5 69, betr. Flüchtlingsamt Braunschweig NdsRpfl. 54 46. Unstatthafte Versicherungen fallen hiernach nicht unter § 156 (vgl. aber BGHSt. 7 1 und dazu oben Abs. 2). Ebensowenig rechtlich unerhebliche: E 22 267. Belanglos aber, ob derartige Glaubhaftmachung nach den gesetzlichen Vorschriften nötig war: E 23 170, 47 37. III. Abgabe: Auch schriftliche Erklärung und Einreichung der schriftlichen Versicherung durch einen Dritten mit Wissen und Willen des Erklärenden genügen: E 22 267, 67 408 (Einreichung der schriftlichen Erklärung eines Zeugen durch die Partei). Vgl. auch E 32 435. Es genügt, daß das Schriftstück der Behörde zug ä n g l i c h wird (E 49 49), und zwar in Urschrift: E 70 133. — Erst in der Benutzung zum Zwecke einer Beweisführung gegenüber einer Behörde liegt das „Abgeben" der Versicherung: E 47 156. — Darin, daß die schriftl. eidesstattl. Versicherung mit f a l s c h e m N a m e n unterzeichnet wird, liegt zwar UrkFälschung; ein Verstoß gegen § 156 aber nur, wenn auch der I n h a l t falsch ist und der Aussteller dies wußte. Dann IdKonk. (vgl. Anm. V). — Wer einem P r ü f u n g s k a n d i d a t e n , der die Selbständigkeit seiner Arbeit vor der zust. Beh. eidesstattlich versichert, bei der Arbeit h i l f t , ist wegen Beihilfe strafbar: E 75 112 (Anm. Bockelnamn DR 41, 987). IV. Wissentlich: Vgl. §154 Anm. V. Dol. ev. genügt: E 70 267. Unkenntnis der allg. Zuständigkeit ist vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum wie bei § 154, vgl. dort Anm. V 3; BGHSt. 3 255, 5 117 (betr. § 154) gelten entspr. V. Konkurrenzen: IdKonk. mit UrkFälschung E 52 74, 69 119. - Kein Fortsetzungszushg. mit Meineid, da e. V. nicht gleichwertig und regelmäßig nur, wenn Eid ausgeschlossen: E 67 169, die auch gegenüber BGHSt. 8 301 von Bestand. VI. Betr. Nebenfolgen vgl. § 161.

390 Milderungsgründe:

Meineid § 157 1. Eidesnotstand

§157

(1) Hat ein Zeuge oder Sachverständiger sich eines Meineides, einer falschen Versicherung an Eides Statt oder einer falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht, so kann der Richter die Strafe nach pflichtgemäßem Ermessen mildern und im Falle uneidlicher Aussage auch ganz von Strafe absehen, wenn der Täter die Unwahrheit gesagt hat, um von einem Angehörigen oder von sich selbst die Gefahr einer gerichtlichen Bestrafung abzuwenden. (2) Der Richter kann auch dann die Strafe mildern oder ganz von Strafe absehen, wenn ein noch nicht Eidesmündiger uneidlich falsch ausgesagt hat. I. Neufassung durch VO v. 29. 5. 43 gibt dem Notstandsgedanken (Anm. I I ) einen sinngemäßeren Ausdruck als die a. F . , die das objektive Vorliegen einer Gefahr voraussetzte. II. Notstandsgedanke: Sagt der Täter die Wahrheit, so kann er oder ein Angehöriger bestraft werden; sagt er die Unwahrheit, so wird er gleichfalls bestraft; sagt er nichts, so setzt er sich Prozeßstrafen aus. Freilich schließt Ablehnungsrecht den § 157 nicht aus. Vgl. BGHSt. 7 5. — Unabhängig von § 157, also auch neben ihm, können andere Gründe, z. B . Nichtbelehrung über das Auskunftsverweigerungsrecht des § 55 StOP, gem. § 154 Abs. 2 als selbständiger Strafmilderungsgrund berücksichtigt werden: BGHSt. 8 186, 190. III. Drohen muß gerichtliche Bestrafung; behördliche Ordnungsstrafe oder Disziplinarstrafe ( J W 30 2134) genügen nicht. — Die Gefahr braucht nicht nahezuliegen; aber nicht schon jede denkbare Möglichkeit genügt: R G J W 38 657, H R R 26 2297, 39 123, 40 384. Auch wenn der Verdacht nur bestärkt wird (E 75 278) oder aber unberechtigt ist: E 69 41, D R 40 1097. Oder wenn Strafantrag befürchtet wird: E 74 206 (Bruns D R 40, 1418) oder Förderung eines schon laufenden Verfahrens: R G J W 35 2960. — Nicht aber, wenn der Täter fürchtet, auf eine wahre Aussage hin wegen einer anderen Tat angezeigt zu werden: BGHSt. 7 4 fordert wie E 64 104, 73 310 u n m i t t e l b a r e n Zusammenhang zwischen Aussage und drohender Strafverfolgung. — Auch nicht, wenn die wahre Aussage als tätige Reue (E 72 116, Anm. Schaffstein J W 38, 1387) oder als Berichtigung gem. § 158 strafaufhebend wirken würde (so BGHSt. 5 269 für § 153). Das muß dem Täter nach der n. F . aber bewußt sein: Konsequenz des jetzt klaren Grundgedankens, daß es nur auf die Auffassung des Täters ankommt (E 77 222, Hamburg N J W 52 634). — Daß die Gefahr objektiv besteht, ist nicht mehr erforderlich. E s genügt, daß der Täter sie annahm und ihretwegen falsch aussagte („um", entsprechend „zur" in §§53, 54, 193; vgl. D R 44 367). E n d z w e c k oder einziges Motiv braucht die Gefahrabwendung nicht zu sein: BGH N J W 53 1479, B G H S t . 2 379. - Bei Zweifel über das Motiv: §157 (Hamm H E S t . 2 254). Bei Rechtsirrtum : Hamburg N J W 52 634. — Falschaussage über Ehebruch oder Ehewidrigkeit nötigt zur Prüfung des § 157: Köln J M B 1 N R W 53 164. — Meineid, um eine im gleichen Rechtszug gemachte Falschaussage zu verdecken, fällt nicht unter § 157: GrSen. BGHSt. 8 301 (318), BGHSt. 5 269 = LM Nr. 9 (Busch): die Straftat, wegen derer Gefahr der Verfolgung droht, muß abgeschlossen vorausliegen. Folgerichtig entfällt § 157 auch dann, wenn mit der im Meineid aufgegangenen un-

Meineid § 158

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eidlichen Aussage tateinheitlich ein weiterer Tatbestand zusammenfiel: BGHSt. 9 121. Dort auch über die anders gelagerten Fälle fortgesetzter oder selbständiger weiterer Handlungen. — § 49a genügt: J W 38 657. IV. Die uneidliche Falschaussage kann auch ohne die Motive des Abs. 1 milder behandelt werden, wenn der Täter noch nicht 16 Jahre alt oder sonst noch nicht eidesmündig war. Für falsche Versicherung an Eides Statt gilt dies nicht. Diese — wohl zutreffende — Abstufung steht allerdings mit der des Strafmaßes nicht im Einklang. — Die Tragweite des Abs. 2 muß sich mit der des Abs. 1 decken, auch hinsichtlich der Frage, ob ZPO §§ 445 ff. einzubeziehen sind. Siehe hierzu Anm. V. V. Nur Zeugen und Sachverständigen billigt das Gesetz den Notstand zu, und zwar auch dann, wenn sie die Aussage verweigern durften: E 59 61; oder wenn nur ein Teil der Aussage sie in Gefahr gebracht hätte: Schleswig HESt. 2 253. Nicht der P a r t e i im Zivilprozeß E 75 39, BGH NJW 51 809, weil sie dieAussage jederzeit ohne Begründung ablehnen könne, auch nicht beim O f f e n b a r u n g s e i d : E 74 44, BGH NJW 53 390 (abl. Anm. Schmidt-Leichner). VI. Teilnehmer (Anstifter, Gehilfen) genießen keine StrErmäßigung, wenn die StrVerfolgung nur dem Haupttäter droht. BGHSt. 1 23, 3 18, 7 5 wie schon E 61 199, 72 20, 74 44 wollen sie ihnen auch dann versagen, wenn sie ihnen selber droht. Ebenso E 75 37 für die Fälle, in denen die P a r t e i eines Zivilprozesses zu einem Zeugenmeineid anstiftet oder hilft, während in der bes. eingehenden Begr. mindestens für die anderen Fälle die Möglichkeit unbefriedigender Ergebnisse zugegeben wird. Trotzdem hält DR 44 367 und BGHSt. 3 320 = LM Nr. 5 (Neumann) auch für § 157 n. F. an der früheren Rechtspr. für alle Fälle fest. Es sprechen aber nicht nur die Ergebnisse, es spricht auch § 50 a. und n. F. gegen sie. A. A. deshalb Binding, Bes. Teil I I 162, Frank Anm. I, Schaffstein in J W 38, 579, Mezger in ZAk. 40, 134, DR 41, 380, Schönke-Schröder Anm. I I I 1; teilweise freilich unter (unbegründeter) Ausscheidung der Fälle, in denen der Teilnehmer Prozeßpartei oder Angekl. ist. VII. Strafmilderung bis zu 5 DM Geldstrafe. - Neu: „absehen". Vgl. BGHSt. 4 172 betr. Urteilsformel: „Der Angekl. ist der . . . schuldig; von Strafe wird abgesehen". — Mehrere Gründe gem. § 157 können für das Ermessen erheblich sein: BGHSt. 5 371. Für §§ 157, 158 vgl. BGHSt. 4 176. Nichtbelehrung über Zeugnisverweigerungsrecht ist selbständiger Strafmilderungsgrund neben § 157: BGHSt. 8 190. Bei IdKonk. mit Begünstigung, Prozeßbetrug, Beleidigung usw. greift § 157 in deren Bestrafung nicht ein.

Milderungsgründe: 2. Berichtigung

§158 (1) Der Richter kann die Strafe wegen Meineides, falscher Versicherung an Eides Statt oder falscher uneidlicher Aussage nach seinem pflichtgemäßen Ermessen mildern oder von Strafe absehen, wenn der Täter die falsche Angabe rechtzeitig berichtigt. (2) Die Berichtigung ist verspätet, wenn sie bei der Entscheidung nicht mehr verwertet werden kann oder aus der Tat ein Nachteil für einen anderen ent-

Meineid § 159

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standen ist, oder wenn schon gegen den Täter eine Anzeige erstattet oder eine Untersuchung eingeleitet worden ist. (3) Die Berichtigung kann bei der Stelle, der die falsche Angabe gemacht worden istoder die sie im Verfahren zu prüfen hat, sowie bei einem Gericht, einem Staatsanwalt oder einer Polizeibehörde erfolgen. I. Neufassung durch VO v. 29. 5. 43. Die Möglichkeiten, durch t ä t i g e R e u e Strafmilderung und sogar Straflosigkeit zu erwirken, sind vermehrt, um die Wahrheitserforschung sicherzustellen. II. Anwendungsgebiet: alle Aussagen, auch Parteivernehmung, nicht nur „Zeugen" und „Sachverständige". Auch Teilnehmer: BGH NJW 51 727, BGHSt. 4 172, vgl. auch Oldenburg NdsRpfl. 52 60. Auch bei Versuch: BGHSt. 4 172. III. Berichtigen heißt: unter Bezugnahme auf die frühere unrichtige eine neue Erklärung abgeben, durch deren Inhalt jene durch eine richtige ersetzt wird. Doch muß die neue Darstellung v o l l s t ä n d i g der Wahrheit entsprechen: BGHSt. 9 99. Veranlassung steht gleich: Oldenburg a . a . O . Ausdrücklicher „Widerruf" nicht mehr gefordert; wurde aber auch schon nach a.F. weitherzig ausgelegt: E 24 259, 59 87, 61 195. In §163 II ist „Widerruf" wohl versehentlich stehengeblieben. — F r e i w i l l i g k e i t nicht nötig: BGHSt. 4 172, E 58 184, 62 203 (Furcht vor Entdeckung). IV. Rechtzeitig: Abs. II. Die (neue) negativ auf „Verspätung" abgestellte Fassung kann u. U. gleichfalls die Berichtigung erleichtern. Die vier Verspätungsmöglichkeiten können konkurrieren und sich überschneiden. „ E n t s c h e i d u n g " : auch falls noch mit Rechtsmittel anfechtbar, wenn nur Sach-Entscheidung, ebenso Hamm HESt. 2 256, NJW 50 358; bloßer Beweisbeschluß schließt Berichtigung nicht aus; auch nicht Einstellungsverfügung des StA: BGH LM Nr. 3. — „ N a c h t e i l " : N i c h t notwendig „Rechtsnachteil" (a.F.). Auch nicht notwendig Vermögensschaden, sondern z. B. auch Einleitung eines strafr. Ermittlungsverfahrens (E 60 159); eines Aufgebotsverfahren (E 45 301); Einstellung e. Zwangsvollstreckung (Rechtspr. 9 697); Erteilung eines Erbscheins (E 39 225); Erlaß e. Haftbefehls. K a u s a l z u s a m m e n h a n g zw. f. Aussage u. Nachteil nötig: E 45 301. — A n z e i g e : vgl. StPO §158. — U n t e r s u c h u n g : Auch Ermittlungen durch StA od. Pol.: E 21 8, 73 335, freilich auch 67 89. - „ F ü r e i n e n a n d e r e n " : Dies soll nach DR 39 1309 auch „der Staat" insofern sein können, als jede Beeinträchtigung des staatl. StrAnspruchs ein „Nachteil" i. S. des § 158 sei. Dagegen mit Recht SchönkeSchröder IV 2. Der Staat ist nicht Selbstzweck. — Ehescheidungsgründe: Gera HESt. 1 19. — Z e i t p u n k t : Eingang bei der Behörde entscheidet: E 61 125. V. Bei: Abs. 3. Auch diese Erweiterung bezweckt, den Widerruf zu erleichtern. Es genügt irgend „ein" Gericht usw. VI. Strafe: betr. mildern und absehen vgl. Anm. VII zu § 157. VII. Zusammentreffen mit § 157: BGHSt. 4 176. Erfolglose

Anstiftung

§159

Die Vorschriften über die Bestrafung der erfolglosen Anstiftung bei Verbrechen (§ 49 a Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4) gelten entsprechend für die

Meineid § 159

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Fälle der falschen uneidlichen Aussage und der wissentlichen Abgabe einer falschen Versicherung an Eides Statt. I. Entstehung und Inhalt. — Für A n s t i f t u n g galt und gilt, wenn die Haupttafc b e g a n g e n oder in strafbarer Weise versucht ist, § 48. Für e r f o l g l o s e Anstiftung würde schon früher § 49 a gegolten haben, wenn nicht § 159 a. F. diese Fälle besonders, und zwar wesentlich strenger als §49a a. F., geregelt hätte. Über die weltanschaulichen Hintergründe dieser Regelung vgl. Vorbem. III 3 vor § 153. Erst die VO v. 20. 1. 44 hat die Sonderregel des alten § 159 gestrichen; sie hat außerdem den § 49 a auf die vorsätzlichen „Vergehen" des 9. Abschn. ausgedehnt. „Meineid" zu nennen, war überflüssig. Er fällt als „Verbrechen" immittelbar unter § 49 a und ist hier vom 3. StÄG mit Recht gestrichen worden. Durch die Streichung der Worte „oder anderer Vorbereitungshandlungen" ist die frühere Erstreckung auf die Fälle des § 49 a Abs. 2 für die Aussagevergehen beseitigt, während sie für die Vergehen des § 90 Abs. 1, 2 bestehen geblieben ist. — Die neuerliche besondere Nennung von § 49 a Abs. 3, 4 unterstreicht die zunehmende Allgemeinbedeutung dieser Regel; vgl. auch § 316a Abs. 2 und oben § 46 Anm. VII 2. II. Die erfolglos versuchte Anstiftung zu den vorsätzlichen Vergehen des 9. Abschn. deckt sich mit „auffordern" i. S. des alten § 49 a und mit dem „Unternehmen, zu verleiten" (so der alte § 159). Beides bezeichnet den Versuch, den anderen zu einem Aussagevergehen zu bestimmen. Die Rechtspr. zu § 159 a. F. bleibt also wertvoll, ist jedoch gegenstandslos, soweit sie auf der Sonderdeliktsnatur des alten § 159 beruht (s. u. betr. E 73 313). Nach ihr ist es gleichgültig, in welchem Zeitabschnitt und aus welchem Grund der Verleitungsversuch fehlschlägt; es g e n ü g t eine H a n d l u n g , die den V e r l e i t u n g s w i l l e n z e i g t u n d die Verl e i t u n g v e r w i r k l i c h e n soll. Beisp.: Die Einwirkung erreicht den zu Verleitenden nicht (E 59 370); oder zu spät (E 59 272); oder dieser entschließt sich nicht; oder er führt seinen Entschluß nicht aus. In allen diesen Fällen war der Verleiter nach § 159 a. F. und ist er jetzt nach § 49 a strafbar. - Nach E 72 80 war § 159 a. F. auch dann anwendbar, wenn die Straflosigkeit des Verleiteten auf der U n z u s t ä n d i g k e i t der vom Verleiter ins Auge gefaßten Behörde (z. B. der Polizei) beruhte. Anders jetzt seit BGHSt. 3 255, s. u. - E 74 303 wandte den § 159 a. F. auch dann an, wenn der Anzustiftende zu einem Meineid o h n e h i n e n t s c h l o s s e n war, falls nur der Verleiter hiervon nichts wußte. Dies ist jetzt durch den Wortlaut des § 49a sichergestellt. Einwirkung auf eine M i t t e l s p e r s o n , die den Aussagenden zur Straftat bestimmen soll, genügt nach E 59 371; einschränkend 67 191 (streitig). Vgl. die Rspr. zu § 49 a. Die schon dort festzustellende Unstimmigkeit, daß akzessorische Vorbereitungshandlungen bestraft werden, selbständige nicht, ist hier noch stoßender: bei den Aussagevergehen wird seit 3. StÄG auch der V e r s u c h der Täterschaft nicht mehr bestraft, wohl aber ist nach § 159 die V o r b e r e i t u n g s handlung (arg. § 90 Abs. 3) der erfolglosen Anstiftung bis zur Höhe der Vollend u n g bedroht (§44: „kann"). Ein Versuch k r i m i n a l p o l i t i s c h e r Erklärung dieser Widersprüche (Dreher-Maassen Nr. 2) ist mit dem akzessorischen Wesen der Anst., das eben darum n i c h t in der Erschütterung der Rechtsgesinnung Hegt, nicht zu vereinbaren. Enge Auslegung geboten. E 72 80, 73 313 (Versuch wegen irriger Annahme der Zuständigkeit) sind schon wegen BGHSt. 1 16, 3 255 nicht mehr haltbar, wenngleich dort E 72 80 noch zust. angeführt wird (a. A. SchönkeSchröder III); E 73 313 (314) auch deshalb nicht, weil auf die Sonderdeliktsnatur

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Meineid § 160

des alten § 159 aufgebaut. D i e s e trug den jetzt abzulehnenden Gedanken des Angriffs auf die rechtstreue Gesinnung. Vgl. zu dieser Frage Anm. zu § 49 a, insbes. zu der hier naheliegenden Gefahr des Gesinnungsstrafrechts; ferner unten Anm. I I I . Um diese auszuschließen und im Einklang mit dem klaren Wortsinn des Gesetzes zu bleiben, wird man aber noch einen Schritt weitergehen müssen. Erfolglose Anstiftung liegt nur dann vor, wenn zur vollendeten Handlung eben der E r f o l g fehlt. Der von der Rspr. auch hier unbedenklich bestrafte Mangel am Tatbestand ist aber gerade der Fall, daß „der tatsächlich erstrebte E r f o l g . . . e r r e i c h t ist", so die grundlegende E 42 93, nur eben „unter irriger Annahme eines die Strafbarkeit der gewollten und vollendeten Handlung bedingenden Tatbestandsmerkmals". E r ist im Sinne der allgemeinen Versuchsauffassung der Praxis n i c h t „erfolgslos" und deshalb hier auszuschließen. § 159 definiert hiernach den höchst problematischen § 49 a in rechtsstaatlich wie kriminalpolitisch befriedigender Weise, da die Fälle objektiver Gefährdung und nur diese erfaßt werden. III. Falsch muß die Aussage, der Schwur oder die e. V. der anderen sein, auf die der Anstiftende abzielt. Hier wird der Gegensatz der obj. u. der subj. Th. (Vorbem. IV vor § 153) bedeutsam. Wenn der Verleitete zwar obj. richtig, aber subj. gegen seine Überzeugung aussagt, so beginge er nach der subj. Th. eine v o l l e n d e t e StrTat. Für den Verleiter käme dann nicht § 159 (49a) in Frage, sondern, wenn er jenes weiß, § 48. Dies Ergebnis befriedigt so wenig, daß es geradezu einen Beweis gegen die Richtigkeit der subj. Th. darstellt. Der Verleiter k a n n hier die Behörde nicht irreführen und w e i ß dies auch. E r vergeht sich höchstens gegen den Seelenfrieden des Verleiteten! Entsch. in DR 44 722 kann nicht beigetreten werden. — Nach der obj. Th. begeht der Verleiter Anstiftung (§ 48) zum Versuch der betr. StrTat, bleibt aber straflos, da er weiß und will, daß die Haupttat über einen Versuch nicht hinauskommen wird (Anm. I I I zu § 48). IV. Die Strafe richtet sich nach §49a. Die Spannung zwischen den Strafdrohungen des § 159 und des § 160 ist durch die Neuregelung noch größer geworden: hier 1 Tag bis 2 Jahre Gefängnis; dort, wo ein Meineid usw. bloß geleistet werden soll, 6 Monate Gefängnis bis zu 15 Jahre Zuchthaus! Vgl. hierzu Vorbem. I I I 3 vor § 153 und vor § 13. Mit dem Sinn des Aussagedelikts als Gefährdung der Rechtspflege (BGHSt. 8 313) ist dies schlechterdings unvereinbar. Man vergleiche die Fälle, daß der Bestimmende den mangelnden Vorsatz des zu Bestimmenden kennt (§ 160) oder nicht kennt (§§ 159, 49a). V. Nebenstrafen und Nebenfolgen. Ehrverlust zulässig, Aberkennung der Eidesfähigkeit nicht: BGHSt. 1 244. Verleitung zur falschen Aussage

§160

(1) Wer einen anderen zur Ableistung eines falschen Eides verleitet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, und wer einen anderen zur Ableistung einer falschen Versicherung an Eides Statt oder einer falschen uneidlichen Aussage verleitet, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Meineid § 161

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I. § 160 ist Ersatz für die Bestrafung mittelbarer Tätersehalt, die bei Meineid als einem sog. eigenhändigen Delikt (Vorbem. I 2 vor § 47) unmöglich ist. Denn mit einem Schwur ist der Gedanke der Einsetzung der eigenen Person verbunden. Eine konstruktive Ähnlichkeit besteht mit § 271: Der Nichtbeamte kann weder in unmittelbarer noch in mittelbarer Täterschaft ein echtes Beamtendelikt begehen, daher der Sondertatbestand des § 271 mit seiner gegenüber § 348 milden Strafe. Dieser Grundgedanke trifft freilich für die u n b e e i d i g t e Falschaussage n i c h t zu. Hier wäre mittelbare Täterschaft sehr wohl denkbar. Indessen gilt auch insoweit § 160 als Sondertatbestand. Man kann in ihrer Bestrafung nicht über die Fälle hinausgehen, in denen die gleiche unwahre Aussage noch dazu beschworen wird. Das Ergebnis zeigt aber auch hier, daß dem 9. Abschn. ein grundgedankliches Fundament fehlt und daß überholte Vorstellungen über die Teilnahme und das Wesen des Meineides nachwirken. Zutr. Schönke-Schröder § 160 Anm. I ; auch der Anm. § 159 V 3 ist grundsätzlich zuzustimmen. II. „Falsch" kann im Bereich des § 160 nur objektiv aufgefaßt werden, d. h. als Widerspruch zwischen Wort und W i r k l i c h k e i t (Vorbem. I V vor § 153). Denn für den Aussagenden bzw. Schwörenden ist hier sein Glaube an die Übereinstimmung beider begriffswesentlich; trotz dieses Glaubens aber soll die Aussage (beschworen oder an Eides Statt versichert oder unbeschworen) „falsch" sein. Zudem ist S t r a f g r u n d hier nur der I r r e f ü h r u n g s - G e d a n k e . III. Für die Verleitung ist wesentlich, daß sie den Falscheid b e w i r k t hat und daß sie n i c h t a l s A n s t i f t u n g zum Meineid gestraft werden kann. Unwesentlich, warum letzteres nicht möglich: weil z . B . der Verleiter nicht wußte, daß es sich um einen Eid handle (E 34 298); oder weil der Falscheid oder die Falschaussage nur fahrlässig geleistet wurde (in diesem Fall liegt auchnach der Neufassung des §48 eine „mit Strafe bedrohte Handlung" i. S. der §§ 153, 154 nicht vor); oder weil er zwar vorsätzlicher ME war, der Verleiter dies aber nicht wußte. Für Verleitung zum fahrlässigen Falscheid ebenso 25 213, 34 431, 64 223, 68 278, 70 268. Dagegen nimmt E 1 1 4 1 8 nur Versuch aus § 160 an, wenn der Verleiter annahm, der Verleitete werde gutgläubig schwören, während er in Wahrheit einen wissentlichen Meineid leistete. Indessen daß der Verleiter hier nicht als Anstifter zum ME gestraft werden kann (E 60 1), ist kein Grund, ihn gegenüber § 160 zu begünstigen, falls der Verleitete mehr getan hat, als der Verleiter wollte. IV. Versuch. Beisp.: Der Verleitete schwört nicht; oder objektiv richtig, soweit hier nicht Vollendung aus § 159 gegeben. Über E 11 418 vgl. Anm. I I I . — Einwirkung auf eine M i t t e l s p e r s o n nach E 45 282 kein Anfang der Ausführung. Vgl. Anm. I I zu § 159. Nebenstrafen und Nebenfolgen

§161

(1) Bei jeder Verurteilung wegen Meineides, mit Ausnahme der Fälle in § § 157 und 158, ist auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und außerdem auf die dauernde Unfähigkeit des Verurteilten, als Zeuge oder Sachverständiger «idlich vernommen zu werden, zu erkennen. (2) In den Fällen der §§ 153, 156 bis 159 kann neben der Gefängnisstrafe auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

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Meineid § 163

I. Meineid: Nur §§ 154, 155, nicht § 159: E 2 93 und J W 37 2961. II. Obligatorisch (anders § 32). Wird dies übersehen, so bleiben Ehrenrechte und Zeugnisfähigkeit bestehen: Rechtspr. 1 269. III. Nach ZPO § 452 IV ist der Verurteilte auch nicht als P a r t e i eidlich zu vernehmen. Zur Leistung des O f f e n b a r u n g s e i d e s ist er verpflichtet. So auch H o l t h ö f e r in D J 43, 218. IV. Keine „Strafe", sondern „Maßregel". BGHSt. 4 158, 6 373. Also auch zulässig, wenn Eidesverletzung mit einem schwereren Verbrechen in IdKonk. begangen (E 60 285). Nach neuerer Rechtspr. wäre hier Aberkennung auch dann zulässig, wenn sie „Strafe" wäre: Anm. I I I zu § 73. — Zulässig auch gegen eidesmündige Jugendliche und gegen vermindert Zurechnungsfähige: E 69 30. BGHSt. 6 375 stellt dies für den Fall der Strafermäßigung aus § 51 I I dahin. V. Gilt auch für Anstifter: E 4 377, und Gehilfen, falls Strafe nicht gem. § 49 Abs. 2 ermäßigt: BGHSt. 8 268, entschiedener als 1156 und 6 373. Nicht aber bei erfolgloser Anstiftung: BGHSt. 1 242, Celle MDR 51 244. Bei Versuch und Beihilfe müssen die Ehrenrechte ebenfalls aberkannt werden (§§ 45, 49). Hamm HESt. 2256. Anders BGHSt. 1156, 6373 (betr. Beihilfe), NJW 55 997 (betr. Versuch), falls Strafe ermäßigt. Aberkennung der Eidesfähigkeit hier nicht zulässig: E 71 118. DR 43 894 kann nicht mehr anerkannt werden. Aber bestr.! A. M. z. B. Binding Lb. I I 158. Vgl. auch § 45. - Auch bei mild. Umständen: BGH NJW 51 206. VI. Zu Abs. 2: Vgl. §§ 32ff.

§ 162 (Eidesbruch) gestrichen durch 3. StÄG.

Fahrlässiger Falscheid

§163

(1) Wenn eine der in §§ 154 bis 156 bezeichneten Handlungen aus Fahrlässigkeit begangen worden ist, so tritt Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre ein. (2) Straflosigkeit tritt ein, wenn der Täter die falsche Angabe rechtzeitig berichtigt. Die Vorschriften des § 158 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend. Neufassung (Anpassung an § 158) durch 3. StÄG. I. Objektiver Tatbestand: Falscher Eid (bzw. eidesst. Vers.). Bei Fahrl. wird die in Vorbem. IV vor § 153 erörterte „Streitfrage" über das Wort „falsch" bedeutsam. Die subj. Th. kann den § 163 nur in den Fällen der Anm. I I 2 anwenden. Aus zwei Gründen: Einmal, weil Fahrl. Tatbestandsmäßigkeit voraussetzt, diese aber nach der subj. Th. fehlt, wenn der Schwörende das Beschworene f ü r wahr hält; er hat dann nach ihr nicht „falsch" geschworen. Ob dieses Für-wahr-halten auf Fahrlässigkeit beruht, der Schwörende also die Unwahrheit hätte erkennen können, ist nach der subj. Th. belanglos. Zweitens kann sich niemand fahrlässig mit der eigenen Überzeugung in Widerspruch setzen.

Meineid § 163

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II. Fahrlässigkeit. Bei § 163 handelt es sich in der Regel nicht um die ungewollte Herbeiführung eines Erfolges durch unbeherrschtes Verhalten (Tatfahrlässigkeit), sondern um Verkennung des Unwertgehalts eines wissentlich und willentlich verwirklichten Erfolges (Rechtsfahrlässigkeit). Vgl. § 59 Anm. IV 5, JZ 56, 74, ZStW 63, 482f.; der Sache nach ebenso BGH GA 1954 118, wonach der Verbotsirrtum hier mit der Fahrlässigkeit zusammenfällt. Sie kann sich, wenn man der obj. Th. folgt (Vorb. IV vor § 153), beziehen auf das mangelnde Bewußtsein: 1. der Unwahrheit, 2. der Aussagepflicht. Zur subj. Th. vgl. Anm. I. 1. Unkenntnis der Unwahrheit beruht dann auf Fahrl., wenn a) Möglichkeit und b) Pflicht bestand, die Wahrheit zu erkennen und zu sagen. — a) Möglichkeit. Bloße Gedächtnisanspannung kann ein falsches Erinnerungsbild nicht umgestalten, wenn der Irrtum so tief eingewurzelt ist, daß es äußerer Hilfsmittel bedarf, ihn zu beseitigen. BGH GA 1954118 betr. „verbohrten" Zeugen, E42236, 67234, 6 3 3 7 0 . b) Pflicht. Die Prozeßpflichten sind verschieden. Die P a r t e i hat die Pflicht, sich durch Benutzung geeigneter Erkenntnisquellen auf die Eidesleistung vorzubereiten, einerlei ob die Eidesformel darauf Bezug nimmt (ZPO §45211: „nach bestem Wissen") oder nicht. Vgl. auch E 62 126, 65 28. Ebenso der Schuldner beim Offenbarungseid. Für den Zeugen verneinte das RGer. stets eine Vorbereitungspflicht, deren Vernachlässigung strafbar mache (E 37 395, 62 126; J W 1927 991; 1928 2977 u.2993; 1929 2723; unsicher E 65 28). Diejenige Zeugenpflicht, deren Vernachlässigung strafbar mache, sei vielmehr nur die Aufklärungspflicht, die dahin gehe, daß der Zeuge die bei der Vernehmung vorhegenden Hilfsmittel zur Berichtigung seines Erinnerungsbildes benutzen und die ihm bekannten Anhaltspunkte für die Unsicherheit seines Wissens bezeichnen (E 57 234, 62 126, 63 370) und eine nicht erschöpfende Aussage klarstellen müsse (E 45151). Sorgfältig abwägend HRR 39 393. Wie RG ständig BGH (Übersicht bei Daliinger MDR 53, 596). Entsprechend HRR 38 631 für eidl. Parteivernehmung. — Ob die Aussage, man w i s s e e t w a s n i c h t , richtig ist, ist beim Zeugen und bei der eidlich vernommenen Partei nur nach dem Wissen z. Z. der Aussage zu beurteilen; beim Offenbarungspflichtigen umfaßt sie dagegen die geistige Vorarbeit mit, kann also fahrlässig falsch sein, wenn die Vorbereitung mangelhaft war (E 37 395, 39 42). — Betr. Umfang der Angabepflicht vgl. BGH N J W 52 1023. - Die Formel „nach bestem Wissen" kann, wenn überhaupt, so nur bewußt falsch sein. Nach E 65 27 soll deshalb die Möglichkeit fahrl. FE von der Richtigkeit dieser Erklärung unabhängig sein. 2. Unkenntnis der Aussagepflicht bei Irrtum über die Zuständigkeit der Behörde (E 21 198); bei Unkenntnis der eigenen Zeugenstellung ( J W 1925 794; Recht 1914 437); bei J . über die Bedeutimg einer eidesst. Vers. (E 34 298); über die Pflicht zur Vervollständigung der Angaben (E 45 151, 46 140); über den Umfang der Offenbarungspflicht (E 34 400, 39 42, 46 140, 68 130, DR 42 169); über die Erstreckung der Wahrheitspflicht auf unerhebliche (oder für unerheblich gehaltene) Teile der Aussage (E 60 406, 61 429). Nach BGHSt. 4 214 = LM Nr. 8 zu § 153 (Krumme) ist in diesem Falle IdKonk. mit § 153 möglich. — Eine Fahrlässigkeit kann darin liegen, daß der Täter pflichtwidrig nicht erkannt hat, daß die ihm vorgelegte von ihm unterschriebene Erklärung eine eidesstattliche Versicherung war: E 70 266. - Wahlfeststellung mit Meineid möglich: BGHSt. 4 340. Mit GrSen. BGHSt. 8 301 nicht mehr vereinbar.

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Falsche Anschuldigung. Vorbemerkungen Zehnter Abschnitt

Falsche Anschuldigung 1. Grundgedanken. — 1. Die falsche Anschuldigung ist nicht ein Sonderfall der Beleidigung, sondern zunächst eine Straftat gegen die Behörde (Rechtspflege und Verwaltung). So schon E 23 371 und dann öfter. Strafbar ist es, die Behörde zu gegenstandslosen Untersuchungen und zu falschen Maßregeln zu veranlassen. — Daraus wird gefolgert: a) die Belanglosigkeit der E i n w i l l i g u n g des falsch Angeschuldigten (BGHSt. 5 66, E 59 34); b) daß § 164 nur die f. A. vor einer d e u t s c h e n Behörde trifft. Bestr.! Nachweise bei Celle HESt. 1 45. c) Die Möglichkeit von I d e a l k o n k u r r e n z des § 164 mit den §§ 186, 187 nimmt E 53 206 an, wobei § 193 nicht anwendbar sei (E 71 37; HRR 39 190, 656; DR 41 97, Celle HESt. 1 47, BGH LM Nr. 4). Letzteres ist richtig, da dieser Rechtfertigungsgrund nur bei bloßen Ehrangriffen durchgreift. Vgl. aber Anm. X I zu § 164. 2. Die falsche Anschuldigung ist aber gleichzeitig auch ein Angriff auf die Ehre des Angeschuldigten. Es wäre unrichtig, diesen Gedanken jetzt ganz in den Hintergrund zu schieben. So jetzt auch BGH N J W 52 1385. Vgl. auch „der Verletzte" in § 165 und andererseits § 145d! Der Kampf gegen das Denunziantenunwesen wird nicht nur zumSchutz der Behörden geführt. HESt. 145 zieht hieraus Konsequenzen f ü r Denunziation bei Besatzungsbehörden. Ebenso BGH N J W 52 1385, BGHSt. 5 66 (88): Schutz des Einzelnen gegen Mißgriffe irregeführter Behörden weit wichtiger. Gleichstellung beider Rechtsgüter in BGHSt. 9 240 mit der Folgerung, daß es unerheblich sei, ob ein anderer als der vom Täter Gemeinte in Verdacht gerät. II. Nicht unter § 164, sondern unter § 241a fällt das Problem der Bestrafung politischer Denunzianten, deren Anzeige nicht unwahr ist, aber den Verdächtigten unmenschlicher Verfolgung aussetzt und ihn materiell zu Unrecht (Syst. Vorbem. I I I ) an Freiheit, Ehre, Gesundheit, Leben gefährdet. Falsche Anschuldigung

§ 164

(1) Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer strafbaren Handlung oder der Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird wegen falscher Anschuldigung mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Absicht bei einer der im Abs. 1 bezeichneten Stellen oder öffentlich über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.

Falsche Anschuldigung § 164

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(3) Ist die Tat in der Absicht begangen, sich oder einem Dritten einen Vorteil zu verschaffen, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. (4) Neben der Strafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (5) Ist die falsche Anschuldigung (Abs. 1, 2) nicht wider besseres Wissen, aber vorsätzlich oder leichtfertig begangen, so ist die Strafe Gefängnis bis zu einem Jahre oder Geldstrafe. (6) Solange ein infolge der gemachten Anzeige eingeleitetes Verfahren anhängig ist, soll mit dem Verfahren und mit der Entscheidung über die falsche Anschuldigung innegehalten werden. I. Abs. 1 bis 5 sind an Stelle des früheren Abs. 1 eingefügt durch G v. 26. 5. 33. Z w e c k der Tatbestandserweiterung und Strafverschärfung: Kampf gegen das Denunziantentum. Abs. 1 entspricht dem Entw. 27 § 192, ergänzt durch die Bestrafung der „öffentlichen" Verdächtigung und der Ausdehnung auf „andere behördliche Maßnahmen". Celle HESt. 1 42 mit lehrreichem geschichtlichem Überblick. Allgemein vgl. zum Reehtsgut Vorbem. I vor § 164. II. Täter kann auch eine a m t l i c h h a n d e l n d e P e r s o n sein, und zwar sowohl im Falle des Abs. 1 wie in dem des Abs. 5: E 72 96. Verkehr von Behörde zu Behörde! — § 4 des alten Ges. z. Bek. der Geschlechtskrankheiten über Unbeachtlichkeit a n o n y m e r Anzeigen engte die Anwendbarkeit des § 164 auf Urheber derartiger Anzeigen nicht ein: D R 42 787. III. Ein anderer. 1. Ohne Verdächtigung bestimmter Personen ist die Anzeige eines behördlich verfolgbaren Verhaltens nur nach § 145 d zu strafen. — 2. Verdächtigung eines Toten nur nach § 189. — 3. Selbstbezichtigung nur unter den Voraussetzungen des § 145 d strafbar. Vgl. aber für Anstiftung dazu mit nachf. Verdächtigung Köln N J W 53 1928. IV. Behörde usw. Vgl. A. IV zu § 114 und A. I I I zu § 132. Privatrechtliche Organisationen nur unter ganz besonderen Voraussetzungen: BGHZ 3 121. — N i c h t Ortskrankenkassen: RG DStR 1937 51, auch nicht kath. Bischöfe: E 47 49. — Nach RG grundsätzlich nur d e u t s c h e Behörden: E 60 317. Geschützt aber ist mindestens auch die Ausübung der Staatsgewalt in Deutschland. Daher und wegen Vorbem. I a. E. jedenfalls auch die Denunziation bei Besatzungsbehörden strafbar. Zutr. Celle HESt. 1 45. Ebenso grundsätzlich Darmstadt N J W 47/48 488 und jetzt BGH N J W 52 1385, der dahingestellt sein läßt, ob auch die bei Behörden im Ausland. Nach BGH 3 S t R 1034/51 v. 22. 1. 53 (zit. nach Dreher-Maassen Nr. 3) auch ausländische Behörden; mit Recht, vgl. § 3 Anm. 1 2 , DStR 41, 9. V. öffentlich (mündlich oder schriftlich), d. h. vor einem nicht individuell begrenzten Personenkreis; nicht nur in einer Versammlung oder Zeitung, auch z. B . in einem Eisenbahnwagen. Vgl. § 110 Anm. I. VI. Verdächtigung: auch die bei einer Vernehmung erfolgende ausdrückliche oder stillschweigende Abwälzung des Verdachts auf einen anderen (E 69 173, 71 167). Bloße Schlußfolgerungen jedoch nicht ohne weiteres (anders bei § 186): Braunschweig N J W 56 194. VII. Gegenstand der Verdächtigung kann sein: a) eine strafbare H a n d l u n g . Sie wird behauptet, wenn nach der in der Anzeige gegebenen Darstellung straf-

400

Falsche Anschuldigung § 164

rechtlich gegen sie einzuschreiten Anlaß sein würde; wenn sie also nicht nur objektiv und subjektiv tatbestandsmäßig und rechtswidrig, sondern auch in der Person des Bezichtigten verfolgbar sein würde. Nicht also, wenn sie verjährt sein würde (E 23 371, Köln JMB1 NRW 55 45); oder nach § 247 II straffrei (E 21 101). Über die rechtlichen Schwierigkeiten, die bei Anzeige einer „üblen Nachrede" (§ 186) entstehen, vgl. E 19 386. — b) B e h a u p t u n g e i n e r Amts- oder Dienstpflichtverletzung. Geschützt wird jeder Amtsträger, auch ohne „Beamter" zu sein. Es muß sich aber um „Dienste" öffentlich-rechtlicher Natur handeln. Vgl. E 47 49 (Vorwurf unwürdigen außerdienstlichen Verhaltens); 33 29 (Vorwurf gegen einen Gefängnisarzt, er sei brutal); 35 99 (Anzeige standeswidrigen Verhaltens von Offizieren). — Oder c) eine Tatsache gemäß Abs. 2, z. B. eine solche, die ein Verfahren nach § 7 Ges. zu Art. 131 GG zur Folge haben kann. — Zum Tatsachenbegriff Celle HESt. 1 45. Nicht: Zivilrechtliche Maßnahmen. DJ 38, 1917. Auch nicht Ordnungsverstöße: E 32 77. Aber: Disziplinarverfahren. - E 72 200 betr. Schutzhaft. V m . Objektiv falsch ist die Anzeige, wenn ihr in Anm. VII als wesentlich bezeichneter Inhalt den T a t s a c h e n n i c h t e n t s p r i c h t ; also „objektiv" i. S. der Vorbem. IV vor § 153. Vgl. Köln NJW 52 117. — Daß der Anzeiger aus richtig angegebenen Tatsachen für seine Person einen V e r d a c h t f o l g e r t , der sich dann nicht bestätigt, macht ihn n i c h t nach § 164 strafbar (E 71 167, Braunschweig NJW 56 194, s. o. zu VI). Auch nicht die Angabe falscher Beweismittel: E 39 59. — Vorbringen kann auch deshalb falsch sein, weil es u n v o l l s t ä n d i g ist; so wenn Tatsachen verschwiegen werden, welche die Rechtswidrigkeit ausschließen würden (z. B. ein Züchtigungsrecht), oder die Schuld (z. B. Geisteskrankheit) oder die Möglichkeit einer Bestrafung (z. B. die Wahrheit der von dem Bezichtigten verbreiteten ehrenrührigen Tatsachen) oder die Verfolgbarkeit (z. B. Verjährung). — Bloße Ü b e r t r e i b u n g e n machen die Anschuldigung aber nicht „falsch": E 13 12, 27 229, 28 390,41 59, BGH LM Nr. 3 zu § 823 BGB, BayObLG NJW 53 353. IX. Wider besseres Wissen (Unterschied von Abs. 5) ist die Anzeige gemacht, wenn sich der Anzeigende der objektiven Unrichtigkeit — die auch in einer Unvollständigkeit liegen kann (HRR 39 1437) — des in Anm. VII als wesentlich bezeichneten Anzeigeinhalts bewußt war, E 71 37. Wegen Anzeige einer „üblen Nachrede" vgl. Anm. V l l a und E 19 386. — Hält man den Angezeigten für s c h u l d i g , so ist die Anzeige nach HRR 38 1568, DR 42 1141, auch E 39 58, Frankfurt HESt. 2 258, Köln NJW 52 117 nicht „w. b. W." erstattet, auch wenn bewußt unrichtige Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht werden; hier aber u. U. Abs. 5! X. Vorteilsabsicht gleich Beweggrund, aber nicht notwendig einziger (BGHSt. 5 66), auch nicht gleich Endzweck. Der erstrebte Vorteil kann darin bestehen, einen besseren Posten erhalten zu wollen oder einen persönlichen Gegner zu schädigen oder (Jena in HRR 37 609, Frankfurt NJW 58 513, a. A. Stuttgart JZ 54 612 m. abl. Anm. Busch) sich selbst einem Strafverfahren zu entziehen. Vgl. E 72 387. Dies schließt den Abs. 1 (die Grundlage für den strengeren Abs. 3) nicht aus. — Auf Abs. 5 bezieht sich Abs. 3 nicht: HRR 39 346, DR 41 1402. — Der Vorteil im Abs. 3 braucht kein Vermögensvorteil zu sein, z. B. selbst vom Verdacht frei zu kommen, E 72 388 (a. A. Stuttgart JZ 54 612; dagegen zutr. Anm. Busch). — Bedingter Vorsatz genügt keinesfalls: HRR 38 185; 39 347, E 72 96. XI. Vorsatz schwächer als „wider besseres Wissen". Auch bedingter Vorsatz, d. h. Anzeigeerstattung auch für den Fall der Unrichtigkeit, hier freilich Vorsicht!

Falsche Anschuldigung § 165

401

Düsseldorf NJW 58 1685. Erhebliches Interesse an Aufklärung kann gegen Vorsatz sprechen. E 71167. XII. Leichtfertig ist hochgradig fahrlässig. Abgrenzung gegen bedingten Vorsatz („ich zeige ihn auf a l l e Fälle an") wichtig. Leichtfertig handelt z. B., wer sich nicht vorher erkundigt. Vgl. E 71 174 mit Vorentsch.; 72 96 (Leichtf. im amtl. Verkehr); 74 275; H R R 40 1184, DR 43 1177. Celle HESt. 1 46. BGH LM Nr. 4: wie weit Nachprüfungspflicht geht, richtet sich nach Einzelfall. Ein Anwalt hat auf erschöpfende Auskunft hinzuwirken: BayObLG NJW 54 1010. Betr. Gegenanzeige vgl. a. a. 0 . 56 273. X i n . Anhängig eng auszulegen. BGHSt. 10 88: nicht mehr z. B. bei Einstellung durch StA gem. § 154 I I oder § 170 I I StPO. XIV. Konkurrenzen. § 164 V ist gegenüber §§ 186, 185 Halbs. 1 das strengere Gesetz. J W 38 1014. Vgl. § 186 Anm. XI. — Tateinheit mit § 239: HRR 39 464; mit § 257: Köln N J W 53 1928; mit § 341: Kassel SJZ 47 446. - DR 42 1784 betr. mehrere f. Angaben. Fortsetzungszusammenhang mit § 153: Frankfurt HESt. 2 258. XV. Abs. 6 ist zwingende Vorschrift! BGHSt. 8 133; RG GoldtdA 57 221, E 31 231, DR 41 1403. Anders Celle HESt. 1 46, weil die Neufassung sonst zu unerwünschten Folgen führe, KG NJW 53 916. Über die Grenzen der Anhängigkeit BGHSt. 8 151.

§165 Bekanntmachungabefugnia

(1) Wird wegen falscher Anschuldigung auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Verletzten die Befugnis zuzusprechen, die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekanntzumachen. Die Art der Bekanntmachung sowie die Frist zu derselben ist in dem Urteil zu bestimmen. (2) Dem Verletzten ist auf Kosten des Schuldigen eine Ausfertigung des Urteils zu erteilen. I. Vgl. auch § 200 mit Anm., bes. A. IV! Ist jedoch ein Beamter verletzt, so ist — im Gegensatz zu § 200 — ihm persönlich, nicht seinem Vorgesetzten die Veröffentlichungsbefugnis gem. § 165 zuzusprechen: E 72 169. — VB auch bei Tateinheit mit schwererem Delikt; so GSSt. in E 73 148 (anders noch J W 38 794). Vgl. Vorbem. B 6 vor § 13 und Anm. I I I zu § 73. Bei Tateinheit mit Freiheitsberaubung: BGH NJW 57 1446 (im Anschluß an die Tateinheit mit § 399 RAO). — Über VB bei Zusammentreffen mit §§185, 186 J W 381014 (oben §164 Anm. XIV). — K e i n e VB, wenn der Verdächtigte e i n v e r s t a n d e n war: BGHSt. 5 66 = LM Nr. 5 zu § 164 (Frankel). II. Art der Bekanntmachung. Dem Verletzten darf nicht die Auswahl unter mehreren Tageszeitungen überlassen werden: BayObLGSt. 4 71. HI. Bemessung der Frist: DR 42 1785. Das Rechtsmittelgericht kann die Fristbestimmung, aber nicht die VB nachholen: BayObLGSt. 4 71. 26

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 12. Aufl.

402

Religionsdelikte § 166 Elfter Abschnitt

Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen Tatbestände: 1. Gotteslästerung (§ 166); 2. Beschimpfung von Religionsgesellschaften (§ 166); 3. beschimpfender Unfug an Orten, die zu religiösen Versammlungen bestimmt sind (§ 166); 4. Hinderung oder Störung der Ausübung des Gottesdienstes (§ 167); 5. Leichendiebstahl (§ 168); 6. Gräberschändung (§ 168).

Gotteslästerung

§166

Wer dadurch, daß er öffentlich in beschimpfenden Äußerungen Gott lästert, ein Ärgernis gibt, oder wer öffentlich eine der christlichen Kirchen oder eine andere im Staate bestehende Religionsgesellschaft des öffentlichen Rechtes oder ihre Einrichtungen oder Gebräuche beschimpft, ingleichen wer in einer Kirche oder in einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. Neufassung durch 3 StÄG. I. öffentlich: Vgl. § 110 Anm. I. Ergänzend E 40 262. II. „Beschimpfen" ist m e h r als „ b e l e i d i g e n " (E 5 354, 10 146, 23 103). Zu dem „beleidigenden" Ausdruck der Mißachtung muß hinzukommen eine besonders rohe, verletzende F o r m (E 27 284; auch 10 146, 24 21, 28403, 33 221). Vgl. Anm. II I zu § 96. — Da eine „Form" an sich nie „roh" sein kann, versucht man, ihre Roheit zu begründen mit dem I n h al t derÄußerung, der bes. Schimpflichkeit der behaupteten T a t s a c h e n (E 22 238, 28 403, 31 305, 66 128, 61 151, 67 375). Vgl. auch E 61 151: „wenn sich die Äußerung nach Inhalt und (!) Form oder nach Inhalt oder (!) Form als eine rohe, verletzende Kundgebung der Mißachtung Gottes darstellt". — Gelegentlich fand das RG die formelle Roheit sogar in der besonderen „Roheit der G e s i n n u n g " (E 28 403; auch E 28 103: „destruktive Richtung"; E 48 299: „Gesinnungsroheit"). Hiermit in Widerspruch spricht E 64 121 (Fall George Groß) der Gesinnung in der umgekehrten Richtung, der billigenswerten Tendenz oder Absicht, jede Bedeutung ab. III. Äußerungen, hier nicht: bildliche Darstellungen. IV. Gottesbegriff der im Staate bestehenden Religionsgesellschaften öffentlichen Rechtes: E 6 77. Auch die Lästerung Christi oder des Heiligen Geistes: E 64 121. V. Ärgernis: Die bloße E i g n u n g hierzu genügt nicht: E 16 245. VI. Christliche Kirchen ohne Rücksicht darauf, ob sie Ges. des öffentlichen Rechtes sind. VII. Andere Religionsgesellschaften nur unter dieser Voraussetzung: die zusammenfassende Organisation der Anhänger eines und desselben, bestimmten und besonderen Glaubensbekenntnisses. Ihr Zusammenschluß unterliegt keinen anderen Beschränkungen als der anderer Gesellschaften. v m . „Einrichtung: Die allgemeine Ordnung einer Angelegenheit einer Religionsgemeinschaft als solcher, d. h. alles dessen, was ihre Aufgaben, Interessen,

Religionsdelikte § 167

403

Rechte und Pflichten und ihr Verhältnis zu ihren Mitgliedern und nach außen betrifft." So: Marienkult und Christusverehrung: E 2 428; das allgemeine Predigtamt der lutherischen Kirchen: E 9159; das Priestertum: E 27 284; Sonntagsheiligung: E 47 142. Angriffe gegen e i n z e l n e L e h r e n der Bibel sind nur dann Angriffe gegen die christliche K i r c h e und ihre E i n r i c h t u n g e n , wenn die Bibel als dogmatische Grundlage des christlichen Glaubens angegriffen ist: E 40 262. — Beschimpfung e i n e s e i n z e l n e n G e g e n s t a n d e s der Verehrung nur strafbar, wenn damit der Gebrauch als solcher getroffen wird (der „heilige Rock" zu Trier und die Reliquienverehrung). E 22 238. Vgl. auch E 24 12, 45 11. IX. In einer Kirche usw. Weiter E 29 335: in oder an einem . . . Orte. — Nicht notwendig: w ä h r e n d einer religiösen Versammlung. X. Versammlungen zum Zwecke der Andacht. XI. Bestimmung zu r. V. Tatsächliche Benutzung des Ortes hierzu genügt nicht. E 28 303,29 334. Aber z. B. Kirchhöfe, auf denen herkömmlich religiöse Handlungen vorgenommen werden: E 27 296. Die Kirche oder der Versammlungsort braucht nicht einer staatlich anerkannten Religionsgesellschaft zu gehören: E 32 212. XII. Beschimpfenden Unfug verübt, wer das Gefühl anderer durch K u n d g a b e von Mißachtung und Geringschätzung dessen, was ihnen heilig ist, verletzt. E 31 410, 43 201.

Störung

des

Gottesdienstes

§167

Wer durch eine Tätlichkeit oder Drohung jemand hindert, den Gottesdienst einer im Staate bestehenden Religionsgesellschaft auszuüben, ingleichen wer in einer Kirche oder in einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte durch Erregung von Lärm oder Unordnung den Gottesdienst oder einzelne gottesdienstliche Verrichtungen einer im Staate bestehenden Religionsgesellschaft vorsätzlich verhindert oder stört, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. I. Gottesdienst: Gemeinsame Gottesverehrung. — Vereinigimg der Mitglieder zur r e l i g i ö s e n Erbauung nach den Vorschriften und Gebräuchen der RelGesellschaft. Rechtspr. 4 847, 7 363. II. Im Staate bestehende Religionsgesellschaft. Vgl. E 39 388 (Heilsarmee). Anm. VII zu § 166. III. Kirche usw. Siehe § 166 Anm. V I - V I I I . IV. Gottesdienstliche Verrichtungen. J e d e auf dem Ritus beruhende und den rituellen Formen entsprechende Ausübung der Religion auch durch den Geistlichen allein (Gebet vor Beginn des Meßopfers: E 45 243). V. Unordnung, Lärm: Beeinträchtigung der äußeren Ordnung, durch die gottesdienstlicher Akt gehemmt oder vereitelt wird. Vgl. E 37 148. VI. Der Störer braucht nicht in der Kirche zu sein, doch muß der Lärm dort auf die gottesdienstliche Verrichtimg (nicht nur auf den einzelnen) störend wirken und der Störer sich dessen bewußt sein: E 3 397,37 150. Durch erlaubten Gewerbebetrieb 20*

404

Religionsdelikte § 168

verursachte Störung ist nicht rechtswidrig, solange nicht Schikane geübt wird: E 87 150. — Notwehr gegen beleidigende Angriffe des Geistlichen in der Predigt hält E 21168 für zulässig: „Daß die Andacht der Gemeinde gestört wurde, die Handlung also insofern auch gegen Dritte wirkte, erscheint unerheblich." Vgl. Anm. V I zu §53. VII. Bei staatsfeindlicher Absicht — etwas unmotiviert — Strafschärfung gem. § 94.

Störung

der

Totenruhe

§168

(1) Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten eine Leiche, Leichenteile oder die Asche eines Verstorbenen wegnimmt, wer daran oder an einer Beisetzungsstätte beschimpfenden Unfug verübt, oder wer eine Beisetzungsstätte zerstört oder beschädigt, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (2) Der Versuch ist strafbar. I. Neufassung durch 3. StÄG, das die Strafbarkeit erweiterte (Leichenteile usw., vgl. auch § 367 Nr. 1 n. F.), die Strafe erhöhte und — im Gegensatz zu seiner sonstigen Tendenz — die Strafbarkeit des Versuchs einführte. II. Wegnahme von Leichen, Leichenteilen usw.: Vgl. § 242 Anm. I 3. Wer einer Leiche die Goldplomben ausbricht, fällt nicht unter diese Stelle, da Fremdkörper keine Leichenteile sind (vgl. Dotterweich J R 53, 174, Schönke-Schröder I I 1), wohl aber verübt er beschimpfenden Unfug (Anm. VI). Mit Rücksicht auf solche Fälle ist wohl der Versuch jetzt für strafbar erklärt. III. Berechtigte: Nach der Beerdigung: der Grundeigner des Friedhofs, E 28 139. IV. Grab: Die der Ruhe und dem Andenken von Verstorbenen dienende Stätte mit allem, was mit ihr dauernd in einem wesentlichen oder künstlichen Zusammenhange steht: E 39 155. V. Zerstörung: Auch durch Beseitigung des Sarges mit der Leiche: E 28 139. Über Grabdenkmäler s. § 304. VI. Beschimpfender Unfug: Vgl. § 166 Anm. I I . Hier muß das Grab, der Totenfrieden, Gegenstand des Angriffs sein. Beschimpfung des Toten genügt nicht. E 48 299. Aber z. B. Beschädigung von Pflanzen aus Haß gegen den Verstorbenen: Rechtspr. 9 399. Vgl. Anm. I I . VII. Vorsatz: E 42 145 verlangt die Absicht oder das Bewußtsein, daß die Handlung als Ausdruck der Verachtung des Verstorbenen sich darstelle. (Anders E 48 299?) VIII. Über Idealkonkurrenz von §§ 168 und 304 vgl. E 39 155. Ziff. 1.

Vgl. § 367

Personenstandsdelikte § 169

405

Zwölfter Abschnitt

Straftaten gegen den Personenstand, die Ehe und die Familie*) Vorbemerkung Der 12. Abschn. hat seine jetzige Gestalt erhalten durch die VO v. 18. 3. 43 (RGBl. I 169), die ergangen ist „zur Durchführung der VO zum Schutz von Ehe, Familie und Mutterschaft v. 9. 3. 43 (RGBl. 1140)". Anfänglich war der 12. Abschn. überschrieben: „Verbr. u. Verg. in Beziehung auf den Personenstand"; er enthielt nur die §§ 169, 170. Die VO v. 18. 3. 43 änderte die Überschrift, stellte die neuen §§ 170a bis d ein und überwies die §§ 171, 172 aus dem 13. in den 12. Abschnitt.

Verletzung des

Personenstandes

§169

(1) Wer ein Kind unterschiebt oder vorsätzlich verwechselt, oder wer auf andere Welse den Personenstand eines anderen vorsätzlich verändert oder unterdrückt, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren und, wenn die Handlung in gewinnsüchtiger Absicht begangen wurde, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. I. Personenstand: Das familienrechtliche Verhältnis einer lebenden oder verstorbenen Person zu anderen lebenden Personen: E 13 129. Ein totgeborenes Kind hat keinen PSt.: E 43 402. — Außereheliche Vaterschaft begründet einen PSt. E 41301. Strafbar deshalb: Veranlassung u n r i c h t i g e r Eintragung im Standesregister oder unrichtige Anerkennung, die im Unterhaltsrechtsstreit die Mutter über die Person des Erzeugers macht: E 72 113. Vgl. E 34 427, 77 51. II. Eines anderen: Veränderung oder Unterdrückung des e i g e n e n PSt. also nach § 169 nicht strafbar (E 25 188), u. U. aber nach § 271. HI. Veränderung: durch Beilegung nicht vorhandenen PSt. Z. B. ein uneheliches Kind als ehelich eintragen lassen (E 19); vor dem Vormundschaftsgericht oder im Unterhaltsprozeß einen unrichtigen Vater des unehelichen Kindes nennen (E 41 301, 72 113); eine andere dauernd als Ehefrau ausgeben (E 56 134). — Über den Zeitpunkt der Vollendung Hessen (Kassel) DRZ 49 362. — Eine gewisse D a u e r der Wirkung hier wie f ü r das Unterdrücken erforderlich: E 40 405. *) Personenstandsgesetz v. 3.11. 37 i. d. F. v. 18. 5. 57 (BGBl. 1957 I S. 518ff.), § 67: Wer eine kirchliche Trauung oder die religiösen Feierlichkeiten einer Eheschließung vornimmt, ohne daß zuvor die Verlobten vor dem Standesamt erklärt haben, die Ehe miteinander eingehen zu wollen, begeht eine Ordnungswidrigkeit, es sei denn, daß einer der Verlobten lebensgefährlich erkrankt und ein Aufschub nicht möglich ist oder daß ein auf andere Weise nicht zu behebender schwerer sittlicher Notstand vorliegt, dessen Vorhandensein durch die zuständige Stelle der religiösen Körperschaft des öffentlichen Rechts bestätigt ist. (Nach §§ 67 a und 68 wird die Verletzung von Anmeldepflichten als Ordnungswidrigkeit geahndet.).

406

Personenstandsdelikte § 170

IV. Unterdrücken (E 77 52): der Kenntnis anderer entziehen, z. B. durch Verheimlichung des PSt. (E 22 283), Beilegung eines fremden (E 10 86). - Nach Vollendung des Vergehens (z. B. durch Eintrag ins Standesregister; Täuschung des Ehemannes über das angeblich von seiner Frau geborene Kind) können weitere Akte (z. B. Taufe) als Begünstigung erscheinen (E 34 24, 36 137). — Beharren bei unrichtigem Antrag auf Todeserklärung: Kassel N J W 49 518, vgl. auch betr. Zeitp. der Vollendung. — Nach J W 37 3150 ist § 169 nicht gegeben, wenn eine uneheliche Mutter gegenüber VormGer., WohlfAmt u. Polizei den Namen des Erzeugers verweigert, falls dieser ein verheirateter Mann ist, da in einem Ehescheidungs- oder Unterhaltsprozeß die unehel. Mutter gemäß ZPO § 384 Nr. 2 berechtigt wäre, ihr Zeugnis zu verweigern. Anm. von Kallfelz macht hiergegen den Einwand, daß die Gründe f ü r das prozessuale Zeugnisverweigerungsrecht nicht zutreffen auf die im Interesse des K i n d e s bestehenden Auskunftspflichten gegenüber anderen Behörden. E 72 214 hat aber die Entsch. mit Recht aufrechterhalten. — Man wird aber auch unabhängig von § 384 Nr. 2 ZPO die bloße Weigerung, den Erzeuger zu benennen, nicht unter § 169 ziehen dürfen, da eine Rechtspflicht dieses Inhalts überhaupt nicht besteht. So auch Frank I I 2, Schönke-Schröder IV 2. — § 169 auch gegeben, wenn die uneheliche Mutter unter Verschweigung ihres Mehrverkehrs einen bestimmten Mann als Vater angibt. E 72 113. — Über V o r s a t z DR 43 895, E 77 51. V. Gewinnsüchtige Absicht: Vgl. Anm. X zu § 133. Nach E 70 18 greift aber diese Strafschärfung nicht Platz, wenn die Absicht bestand, sich selber einer Bestrafung (im gegebenen Fall wegen Blutschande) zu entziehen. VI. Idealkonkurrenz mit § 271: E 10 88, 25 188. — Zustands-, nicht Dauerdelikt: E 34 26; 36 138, Nürnberg MDR 51 119 (auch betr. Fortsetzung).

Eheerschleichung

§170

(1) Wer bei Eingehung einer Ehe dem anderen Teile ein gesetzliches Ehehindernis arglistig verschweigt, oder wer den anderen Teil zur Eheschließung arglistig mittels einer solchen Täuschung verleitet, welche den Getäuschten berechtigt, die Gültigkeit der Ehe anzufechten, wird, wenn aus einem dieser Gründe die Ehe aufgelöst worden ist, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des getäuschten Teils ein. I. Zwei Tatbestandshandlungen: 1. Arglistiges Verschweigen eines ges. Ehehindernisses. Arglist erfordert nicht Schädigungsabsicht, wohl aber unlautere Motive; also nicht, wenn der Täter zum Besten des anderen handeln will. (Schuldsteigerung gegenüber dem Vorsatz.) Vgl. Palandt N. 2 a) zu § 123 BGB. 2. Arglistiges Verleiten zur Eheschließung. Betr. Arglist s. o. zu 1. Betr. Verleiten § 176 Anm. IV 2. II. Ehehindernis: Hierzu Ehegesetz §§ 1 6 - 2 2 , 3 0 - 3 4 . III. Die Auflösung der Ehe ist wie der Antrag Prozeßvoraussetzung. E 22 137 Vgl. Anm. I I zu § 172 (hier wie dort bestr.).

Personenstandsdelikte § 170 a

407

Verschleuderung von Familienhabe

§ 170a (1) Ein Ehegatte, der Familienhabe böswillig oder aus grobem Eigennutz veräußert, zerstört oder beiseite schafft und dadurch den anderen Ehegatten oder einen unterhaltsberechtigten Abkömmling schädigt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. Schrifttum: P e s e h k e , Der § 170a, J R 49, 505. — K r e t s c h m e r , Zur Auslegung des § 170a, NJW 53, 692; ders., Familienhabe und Sehadensbegriff in § 170a StGB, N J W 55, 1348. - H e l l m e r , Kriminalpolitik und Sittenstrafrecht ZStW 70, 360. I. Neu aufgenommen durch VO z. Schutz v. Ehe, Familie und Mutterschaft v. 9. (18.) 3. 43. Durch 3. StÄG ist im Abs. 2 an Stelle der früheren Versuchsstrafe das Antragserfordernis getreten. Bei der Auslegung müssen die zivilrechtlichen Grundsätze beachtet werden. A. M. Rietzsch bei Pfundtner-Neubert I I c 6, Seite 205 ff. Beachtenswerte Einwände gegen extensive Auslegung bei Pesehke a. a. O. — Gegen Erstreckung auf Grundstücke, bei denen die gewerbliche Nutzung im Vordergrunde steht: Kiel SchlHA 47 103. — IdKonk. möglich mit § 266, auch §§ 170b bis d. — Schutzgesetz i. S. von § 823 I I BGB. Schutzgut die Familie, also nicht anwendbar auf nichtige Doppelehe (anders München NJW 60 615) oder wenn ehel. Gem. aufgehoben: BayObLG NJW 53 150. II. Familienhabe: Dazu RG in DR 44 528: Eigentumslage gleichgültig. Gegen diese Entsch. ist jedoch Beschränkung auf vermögensrechtliche Schädigung zu verlangen. Viehbestand: BGHSt. 3 279. Vgl. BayObLG NJW 53 874 über den Kreis der Gegenstände, die zur Familienhabe zählen. Nach Celle MDR 58 861 der noch in der Wohnung stehende Hausrat auch nach Trennung der Eheleute von Tisch und Bett. III. Die Handlung. 1. Veräußern, jede Verfügung über einen Gegenstand; darüber hinaus nach dem Zweck der Best, aber auch schon der Verkauf (bestr.). 2. Zerstören wie § 303 Anm. III (hier n i c h t auch bloßes Beschädigen). 3. Beiseiteschaffen setzt nicht Heimlichkeit voraus. Es genügt, wenn die Habe dem Ehegatten oder den Kindern nicht mehr so wie bis dahin zugänglich ist: RG DR 44 528. 4. Als Folge von 1, 2 oder 3 muß eine Schädigung des Ehegatten oder unterhaltsberechtigten Abkömmlings eingetreten sein; hierauf muß sich der Vorsatz erstrecken. Und zwar eine v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e (s. o. Anm. II) von einer für den äußeren und inneren Bestand der Ehe erheblichen B e d e u t u n g . IV. Böswillig bedeutet hier, im Gegensatz zu „grobem Eigennutz", vor allem Schädigungs- oder Kränkungsmotive. Schuldsteigerung gegenüber einfachem Vorsatz. Nach BayObLG NJW 53 874 müssen Haß, Rache oder andere niedrige Motive zugrunde liegen. An den subj. Tatbestand sind strenge Anforderungen zu stellen, um eine unerträgliche Pönalisierung bloßer familienrechtlicher Pflichtverletzung zu vermeiden (entspr. § 266, vgl. Anm. dort). — Aus grobem Eigennutz (ebenfalls

408

Personenstandsdelikte § 170b

Schuldsteigerung) handelt nach E 75 240, wer sich von dem Streben nach eigenem Vorteil in besonders anstößigem Maße leiten läßt. V e r b o t s i r r t u m , wenn der Täter sich berechtigt glaubte, so zu handeln (and. D R 44 528).

Verletzung der Unterhaltspflicht

§ 170b

(1) Wer sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht vorsätzlich entzieht, so daß der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet ist oder ohne öffentliche Hilfe oder die Hilfe anderer gefährdet wäre, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. I. Neu aufgenommen wie § 170a. Der Wortlaut geht über frühere Entwürfe, die die ratio legis, s o z i a l e t h i s c h u n e r t r ä g l i c h e Pflichtverletzungen zu ahnden, sinngemäß zum Ausdruck brachten, weit hinans: durch Weglassung der Worte „böswillig oder aus grobem Eigennutz", „notwendiger" Lebensbedarf, „erheblich" gefährdet, „Gefängnis bis zu 2 Jahren oder H a f t " . Daß auch Fälle eines bloßen Verstoßes gegen die Rangfolge bei der Unterlialtszahlung darunter gezogen werden, zeigt Köln MDR 58 538 (eingehend dazu Mittelbach S. 470). § 170b bedarf darum zur Zurückführung auf seine ratio enger Auslegung. Zutr. verlangt Welzel § 62 I I I 2 über bloße vorsätzliche Unterlassung der Unterhaltszahlung hinaus besonders verwerfliche Gesinnung für das „Sich-Entziehen". Sehr weite Ausdehung bei Rietzsch a. a. O. Vergleich mit Art. 217 SchweizStGB bei Pfenninger SchwJZ 44, 227. II. Geschützt ist neben den Unterhaltsberechtigten auch die öffentliche Hand (zutr. Schönke-Schröder I). „Grundgedanken, den Zusammenhalt der Familie . . . zu sichern und außerdem die ungerechtfertigte Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu verhindern": Köln MDR 58 538, vgl. auch BGHSt. 5 108. III. Gesetzliche Unterhaltspflicht jeder Art, auch des unehel. Vaters: KG GA 70 77, auch des Ehemannes, der sein Anfechtungsrecht verloren h a t : Naumburg J W 37 2397(Roquette). Aber nur v e r m ö g e n s r e c h t l i c h (vgl. § 170a Anm. I I I 4 sowie arg. e contr. § 170 d); über den Umfang BayObLG N J W 52 438. Die Pflicht setzt Möglichkeit voraus, sie ohne Selbstgefährdung zu erfüllen: Köln N J W 58 518; vgl. a.a.O. S. 1117 zur Rangfolge der Pflichtigen sowie Oldenburg S. 917 betr. Existenzminimum und anderweite Pflichten. Zu beachten ist jedoch jetzt die durch das GleichberGes. und insbes. die Neufassung des § 1606 geschaffene völlig neue Lage. Dazu Frankfurt N J W 57 1937, Karlsruhe FamRZ 58 35; auch darüber, inwieweit ein Elternteil ein „ a n d e r e r " i. S. des § 170b ist. Der Richter muß dartun, was der Täter leisten kann: Celle N J W 55 563. Und zwar jeweils zu den einzelnen Zeitpunkten; Durchschnittsberechnung für längere Zeit ist unzulässig: BayObLG MDR 58 705, vgl. auch Mittelbach MDR 57, 65; DRiZ 57, 215; MDR 58, 470. Die Pflicht braucht nicht gerichtlich festgestellt oder behördlich angemahnt zu sein (Düsseldorf N J W 53 1805). Der Strafrichter entscheidet ohne Bindung an etwaiges Zivilurteil: BGHSt. 5 110, Oldenburg N J W 52 118, Celle N J W 55 563 (gegen Braunschweig N J W 53 558).

Personenstandsdelikte § 170c

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IV. Die Handlnng: 1. Sich entziehen heißt insbes. seine Arbeitskraft nicht ausnutzen (Karlsruhe N J W 54 84, BayObLG NJW 53 1927). Nachlässigkeit reicht aus (Düsseldorf NJW 53 1805, BayObLG NJW 52 438); vgl. aber oben Anm. I. Hamm NJW 55 153 läßt (gegen Schleswig SchlTTA 53 215) auch die Herbeiführung künftiger Leistungsunfähigkeit genügen. 2. Gefährdung des Lebensbedarfs weiter als Not. Einspringen Dritter i n f o l g e des Verhaltens des Pflichtigen schließt die bereits eingetretene Gefährdung nicht aus: Neustadt NJW 53 1805. Über öffentliche Hilfe bei Unterbringung in Pflegeanstalt einerseits, Fürsorgeerziehung gem. § 62 JWG andererseits Hamm NJW 58 640. V. Der Vorsatz muß trotz der Fassung, die auf Bedingung der Strafbarkeit schließen läßt, auch die (hypothetische) Gefährdung umfassen. Einfacher Vors. genügt, dazu oben Anm. I. Müßiggang mit dem Vorsatz, sich der Pflicht zu entziehen: § 170b (BayObLG NJW 53 1927), sonst nur § 361 Nr. 5.

Verlassen

Schwangerer

§ 170c Wer einer von ihm Geschwängerten gewissenlos die Hilfe versagt, deren sie wegen der Schwangerschaft oder der Niederkunft bedarf, und dadurch Mutter oder Kind gefährdet, wird mit Gefängnis bestraft. I. Zweck der Vorschrift ist, über § 170b hinaus, aber in gleicher Richtung, nämlich w i r t s c h a f t l i c h , die unehelich Geschwängerte und ihr Kind als besonders schutzbedürftig vor Gefährdung des Lebensbedarfs zu bewahren. So das Vorbild, Art. 218 Schweizer StGB, vgl. Thormann-von Overbeck I, auch dazu, daß die Vorschrift schon dort heftig umkämpft wurde. Art. 218 verlangt überdies Gefahr finanzieller N o t l a g e (Th.-v. O. III); § 170c geht insofern weiter, vgl. § 170b Anm. IV 2. Die Bestimmung greift da ein, wo die Erfüllung formalrechtlicher Pflichten etwa wegen plötzlicher schwerer Erkrankung von Mutter oder Kind unzulänglich, die Beschränkung hierauf daher ein „Versagen" der nötigen Hilfe ist. Es liegt wie bei den Vermögensdelikten: das Strafrecht streift die zivilrechtlichen Modifikationen materialer Rechtswerte u. U. ab, um diese unmittelbar zu fassen. Vgl. § 253 Anm. VIII b, § 263 Anm. V 1. Die h.M. sieht demgegenüber den Grundgedanken der Stelle in der Verletzung einer m o r a l i s c h e n Pflicht zum Beistand (Schönke-Schröder I), zur moralischen oder sozialen Bewahrung vor s e e l i s c h e r Not (Nagler LK I, II). Der Schwängerer dürfe nicht grundlos die persönlichen Beziehungen lösen oder auch nur erkalten lassen, er habe die Schwangere seelisch aufzurichten. Solche Postulate sind zwar ethisch unzweifelhaft, lassen sich aber rechtlich nicht befehlen, geschweige denn durch Strafdrohung sanktionieren. Vgl. Coing RPhil. § 205. Schon der Grundsatz der Tatbestandsbestimmtheit steht solcher Ausuferung ins rein Moralische entgegen. Die Möglichkeiten des Rechts sind überschritten, der Strafrichter wird zum Sittenrichter. Erst bei der Schuld ist derartiges zu erwägen, vgl. Anm. V 2. H. Versagen der notwendigen Hilfe setzt Möglichkeit zu helfen voraus, vgl. § 170b Anm. III, IV 1.

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Personenstandsdelikte § 170 d

m . Die Gefährdung infolge des Versagens ist schon wegen des inneren Zusammenhangs mit § 170b (vgl. Anm. I) als Gefährdung des wirtschaftlichen Lebensbedarfs zu verstehen und darauf zu beschränken. IV. Täter kann nur der wirkliche S c h w ä n g e r e r sein. Bei Mehrverkehr ist die Stelle nur dann anwendbar, wenn er dennoch feststeht (Schönke-Schröder I I 4 schließen sie hier überhaupt aus). V. Innerer Tatbestand. 1. Der Vorsatz muß die Tatumstände der Hilfspflicht, wozu die eigene Täterqualität gehört, und die Gefährdung umfassen. 2. Gewissenlos, also mit gesteigerter Schuld (vgl. Anm. IV zu § 170a, VI 2 zu § 170d) handelt, wer die Rücksicht auf Hemmungen sittlicher Art, die sich aufgedrängt haben oder hätten aufdrängen müssen, in hohem Maße vermissen läßt: BGHSt. 2 350, auch zu E 75 240, DR 44 657; vgl. noch E 77 216 zu den hierin liegenden Gesinnungsmomenten.

Kindesgefährdung

§ 170 d Wer das körperliche oder sittliche Wohl eines Kindes dadurch gefährdet, daß er in gewissenloser Weise seine Fürsorge- oder Erziehungspflichten gröblich vernachlässigt, insbesondere das Kind ohne ausreichende Nahrung oder Wartung läßt, wird mit Gefängnis bestraft, soweit nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. I. Zweck: Objektiv und subjektiv besonders schwere Verletzungen der Fürsorge* oder Erziehungspflicht zu treffen. II. Gegen die Gültigkeit der Stelle, soweit G e f ä h r d u n g des s i t t l i c h e n W o h l s , begründete Bedenken bei Welzel § 62 I I I 4 (sie sei zu unbestimmt), neuerdings H. Mayer MatStRRef. I 269: „Anwendungsfall des Schurkenparagraphen" mit eindrucksvoller Gegenüberstellung von Fällen, Sax, Analogieverbot 86 N. 1 (nicht auslegungsfähig). BGH bejaht die Gültigkeit seit NJW 51 282, 52 476, 58 74 = BGHSt. 3 256; ebenso BayObLG NJW 52 988: „Handlungen, die die Entwicklung zum Vollwert der menschlichen Persönlichkeit ernstlich bedrohen", während BGHSt. 3 256 im Anschluß an RG DR 44 529 verlangt, daß „bei natürlicher Weiterentwicklung die Möglichkeit einer Verwahrlosung naheliege", den Richter also mit einer „seherischen Aufgabe" betraut (Luther NJW 54, 493). Bestimmter auch hier Schweizer StGB Art. 219. Grundsätzlich wird man die Vorbeugung dem Familienrecht (§ 1666 BGB) zu überlassen und de lege ferenda das für krasse Fälle vorhandene Strafbedürfnis auf den tatsächlichen Eintritt von Verwahrlosung zu beschränken haben. III. Kind nach h. M. bis zu 14 Jahren: BGHSt. 5 40, BayObLG HESt. 2 262, dagegen Händel NJW 54,119, Luther ebendort 495 und die dort angeführten Urteile und Schriftsteller. Ihnen ist zuzugeben, daß, w e n n § 170d auf die Gefährdung de3 sittlichen Wohls erstreckt und dies dem „geistigen Wohl" des § 1666 BGB gleichgesetzt wird (BGH NJW 51 282), das Schutzbedürfnis jedenfalls bis zu 18 Jahren

Personenstandsdelikte § 171

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noch steigt. Der Sprachgebrauch des Gesetzes ist (gegen BGHSt. 5 40) nicht eindeutig (§§ 143, 239a!); es muß daher vom Zweck her ausgelegt werden. IV. Gröbliche Vernachlässigung der Fürsorge- oder Erziehungspflichten. 1. Diese Flüchten können hier, anders als in § 170b, auch durch V e r t r a g begründet sein; der Täterkreis ist der des § 143 Abs. 2 und umfaßt z. B. auch Heimleiter. Vorausgesetzt ist ein nicht nur ganz vorübergehendes Betreuungsverhältnis. — 2. Vernachlässigt sind sie bei unzureichender, nicht erst bei gänzlich fehlender Betreuung; gröblich bei einer dem Grade wie dem Umfang nach erheblichen V. (zutr. Luther a. a. O.: der Begriff ist hier objektiv au bestimmen, nicht unbedingt gleichbedeutend mit dem der §§ 421, 184a I Ziff. 4, 360 Ziff. 11). E 77 216, BGH XJW 51 282 bei monatelanger Dauer. Über Handlungseinheit bei Mehrzahl von Einzelakten BGHSt. 8 92. Die Folge muß sein eine V. Gefährdung des körperlichen oder sittlichen Wohls. 1. Das k ö r p e r l i c h e Wohl ist nicht nur bei Gefahr f ü r die Gesundheit, sondern auch f ü r die regelmäßige Entwicklung gefährdet: E 77 217. Chronische Alkoholvergiftung: BGHSt. 2 348. 2. Das s i t t l i c h e Wohl ist nach BGHSt. 3 258 bei 5- und 9jährigen Knaben gefährdet, wenn die in der Ehewohnung getrennt lebenden Eltern ihre Partner bei sich nächtigen lassen; nach NJW 52 476 dagegen nicht ohne weiteres bei Aufforderung eines 13jährigen zum Diebstahl. Hiergegen H.Mayer (oben Anm. II). Wenn es auch auf die Lagerung des Einzelfalles ankommt, wird hier doch das Fehlen verbindlicher gesetzlicher Maßstäbe und die Gefahr des Moralisierens deutlich. VI. Der innere Tatbestand erfordert 1. Vorsatz (dol. ev. genügt), der auch die Kenntnis der Tatumstände umfassen muß, die die Pflicht begründen. 2. Gewissenloses Handeln als gesteigerte Schuld, vgl. § 170 c Anm. V 2 und insbes. BGHSt. 2 350 sowie NJW 51 282 (Vergnügungssucht, Bequemlichkeit, so schon E 77 216). VII. Verhältnis zu anderen Tatbeständen. IdKonk. mit § 222 (BGHSt. 2 348) — § 143 wird durch § 170d ausgeschlossen; umgekehrt dieser durch § 223b. — Mit § 221 IdKonk. Die beiden letzten Fälle sind bestr. Doppelehe

§171 (1) Ein Ehegatte, welcher eine neue Ehe eingeht, bevor seine Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt worden ist, ingleichen eine unverheiratete Person, welche mit einem Ehegatten, wissend, daß er verheiratet ist, eine Ehe eingeht, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. (3) Die Verjährung der Strafverfolgung beginnt mit dem Tage, an welchem eine der beiden Ehen aulgelöst oder für nichtig erklärt worden ist. I. Zweck ist der Schutz der Einehe als Rechtsinstitut (§ 5 Eheges.). Das ist neuerdings (VO v. 29. 5. 43) auch durch die Legalordnung klargestellt (früher stand die Vorschrift an der Spitze des 13. Abschn.).

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Personenstandsdelikte § 172

II. Die Handlung setzt voraus, daß bei Eingehung der neuen die alte Ehe noch bestand; § 171 auch, wenn diese gem. § 38 I I Eheges. d u r c h die neue Eheschließung aufgelöst wird: BGHSt. 4 6, Prankfurt N J W 51 414 (a. A. Schönke-Schröder II). Die erste Ehe muß formell gültig gewesen sein: E 55 279, 60 248; materielle Nichtigkeit oder Aufhebbarkeit (§§ 23, 29 Eheges.) vor Rechtskraft eines dahin ergehenden Urteils unbeachtlich. III. Für Vorsatz genügt dol. ev. (E 4 38, Freiburg NJW 49 185). Er fehlt, wenn der Täter einen Tatumstand verkennt, z. B. daß sein erster Ehepartner noch lebt. Zieht er lediglich rechtlich falsche Schlüsse, so kommt nur Verbotsirrtum in Betracht (auffälligerweise in BGHSt. 4 7 nicht erörtert), vgl. aber auch Frankfurt NJW 51 414. Anders RGSt. 9 84 („außerstrafr. Irrtum"), auch Schönke-Schröder III. IV. Vollendung mit dem Abschluß der neuen Ehe. Kein Dauerdelikt wie § 239, da zwar ein rechtswidriger Zustand geschaffen, die Handlung aber abgeschlossen ist. Vgl. E 15 261 (auch über die hier irrigen Motive, die zu der Sonderregelung dea Abs. 3 über die Verjährung führten). V. Verjährung hier abweichend von § 67 Abs. 4 geregelt (über die Gründe s. o. Anm. IV). Abs. 3 gilt nicht, soweit er zu einer V e r k ü r z u n g der Verj.-Frist führen würde: Köln HESt. 2 263 (a. A. Schönke-Schröder VI). VI. IdKonkurrenz mit § 271 möglich: Hamm HESt. 2 328; ferner mit § 170. Realkonk. mit § 172 (bestr.).

Ehebruch

g 172

(1) Der Ehebruch wird, wenn wegen desselben die Ehe geschieden ist, an dem schuldigen Ehegatten sowie dessen Mitschuldigen mit Gefängnis bis zn sechs Monaten bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. I. Vollendung setzt Beiwohnung voraus. E 70 173. — Nach E 60 250 kann j e d e f o r m e l l b e s t e h e n d e (wenn auch nichtige oder anfechtbare) Ehe „gebrochen" werden (str.). A. A. Frank I, Binding Lb. I 220, Welzel § 62 I I 3. — Gegenüber B e l e i d i g u n g ist EBr. ein Sonderdelikt. Also nicht Konsumtion, sondern gegebenenfalls Idealkonkurrenz, wenn nämlich die Ehrenkränkung nicht allein in der Tatsache des Ehebruchs, sondern in besonderen begleitenden Umständen liegt. Strafverfolgung aus § 185 freilich nur möglich entweder zusammen mit dem Ehebruch oder wenn der Ehebruch keinen Scheidungsgrund bildet, z. B. wenn der betr. Ehegatte nicht an ihm „schuldig" ist. E 65 1, 74 380, 75 151; vgl. auch 76 381, 77 182 sowie jetzt BGH NJW 52 476. — Ehebruch und anderer ehewidriger Verkehr mit der Frau kann u. U. auch B e l e i d i g u n g des E h e m a n n s s e i n : E 70 173, auch 94. II. Prozeßvoraussetzung (E 22 135). Streitig! A. A. Liszt-Schmidt § 116 I I Nr. 5 (Bed. d. Strafbarkeit). — Soweit auch B e l e i d i g u n g vorliegt, ist deren Bestrafung aus § 185 auch während bestehender Ehe zulässig. D J 41 133; DStrR 40 198; LGer. Konstanz DR 41 149 (Anm. Mezger). Anders DR 41145 (Anm. Mittelbach). Vgl. auch hierzu BGH NJW 52 476. III. Der Lauf der Verjährung beginnt mit der Rechtskraft des Scheidungaurteils. Vgl. § 69 und E 15 261.

Sittlichkeitsdelikte. Vorbemerkungen. § 173

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IV. Der Lauf der Antragsfrist beginnt mit der Kenntnis von der Rechtskraft de» Scheidungsurteils: E 26 116, 47 238. Der Strafantrag ist nur wirksam, wenn bei seinem Eingang bei der Staatsanwaltschaft das Ehescheidungsurteil rechtskräftig ist: E 37 372, 38 271, BayObLG GA 1958 112 (mit grunds. Ausf.). — Nach E 14 204 bleibt antragsberechtigt sogar, wer selbst den anderen zum Ehebruch angestiftet hat. Dreizehnter Abschnitt Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit Vorbemerkungen I. Ergänzend: §§ 236, 237, 361 Z 6ff.; ferner Mädchenhandel gemäß § 48 Ges. über d. Auswandererwesen v. 6. 6. 97 (Anhang Nr. 3); einzelne Bestimmungen des GeschlKrankhGes. v. 23. 7. 53 (Anhang Nr. 14). — Vgl. auch Vorbem. vor § 169. II. Geschützte Rechtsgüter: 1. Ehe und Familie: §§173, 181 Z. 2; 2. Abhängigkeitsverhältnisse: §§ 174, 175 a Z.2, 181 Z. 2; 3.geschlechtlicheFreiheit: §§ 176 Z. 1 u. 2, 177, 179; 4. geschlechtliche Unreife: §§ 174 Z. 1, 175a Z. 3,182,184Z.2,184a; 5. öffentl. Anstands- und Sittl.-Bedürfnis: §§ 183, 184 (ohne Z. 2), 184b; 6.Normalität des Geschlechtslebens: §§ 175 bis 175b. — Ein bestimmtes Schutzobjekt (RGut) fehlt bei Förderung fremder Unzucht (Kuppelei, §§ 180, 181 und kupplerische Zuhälterei § 181a, 2. Fall) und bei Ausbeutung fremder Unzucht (Zuhälterei, § 181a, 1. Fall). — Kritische Übersicht bei J ä g e r , Strafgesetzgebung und Rechtsgüterschutz bei Sittlichkeitsdelikten, Beitr. zur Sexualforschung 12. H. 1957, vgl. auch oben Syst. Vorb. S. 14. III. Tatbestandshandlungen. — 1. U n z u c h t , unzüchtige Handlung (schlechthin): §§ 180, 181, 181a, 183. — 2. Jemand zur U n z u c h t m i ß b r a u c h e n : § 174 (Abhängige). — 3. Unzüchtige Handlungen vornehmen m i t jemand, Unzucht treiben m i t jemand: §§175, 175a (Mann m i t Mann), 176 Nr.3 (mit Kindern). — 4.Unzüchtige Handlungen an einer Frau vornehmen: § 176 Nr. 1. — 5. Sich zur Unzucht m i ß b r a u c h e n l a s s e n : §§ 175, 175a (als Mann von einem Mann). — 6. Jemand zu 3 oder 5 nötigen (§ 175a Nr. 1), bestimmen (§ 175a Nr. 2), verführen (§ 175a Nr. 3), und zwar mit Mann. — 7. Eine Frau nötigen, u n z ü c h t i g e H a n d l u n g e n zu d u l den (§ 176 Nr. 1), ein Kind hierzu verleiten (§ 176 Nr. 3). — 8. Eine Frau zum a u ß e r e h e l i c h e n B e i s c h l a f mißbrauchen (§§ 176 Nr. 2, 177), zu seiner Duldung nötigen (§ 177), zu seiner Gestattung verleiten (§ 179), zum Beischlaf verführen (§ 182). — 9. U n z ü c h t i g e S c h r i f t e n usw. verbreiten (§ 184). — 10. Schriften usw. anbieten usw., die nicht unzüchtig sind, aber das S c h a m g e f ü h l v e r l e t z e n (§ 184a). — Die Unterschiede der Wortfassung erklären sich z. T. aus der Verschiedenheit der Tatbestände von selbst, dürfen aber nicht unbeachtet bleiben. IV. Über Beleidigung durch Sittlichkeitsverbrechen vgl. Gallas in ZAk. 41, 15; Graf Dohna in DStrR 41, 34 betr. E 74 224. Blutschande

§

(1) Der Beischlaf zwischen Verwandten auf- und absteigender Linie wird an den ersteren mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, an den letzteren mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.

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Sittlichkeitsdelikte § 173

(2) Der Beischlaf zwischen Geschwistern wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. Ebenso wird der Beischlaf zwischen Verschwägerten auf- und absteigender Linie bestraft, wenn die Ehe, auf der die Schwägerschaft beruht, zur Zeit der Tat besteht. (3) Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (4) Verwandte und Verschwägerte absteigender Linie bleiben straflos, wenn sie das achtzehnte Lebensjahr nicht vollendet haben. ( 5 ) Im Falle des Beischlafes zwischen Verschwägerten kann das Gericht von Strafe absehen, wenn die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten zur Zeit der Tat aufgehoben war. Die Tat wird nicht mehr verfolgt, wenn Befreiung vom Eheverbot der Schwägerschaft erteilt worden ist. I. Der Zweck der Bestimmung ist umstritten und nicht einheitlich. Beim Beischlaf unter Blutsverwandten hat der Gesetzgeber in erster Linie an den Schutz vor biologisch ungünstigen Folgen der I n z u c h t gedacht (so auch BGH N J W 52 672), mögen diese Folgen heute auch umstritten sein. Die Erstreckung der Strafdrohung auf Verschwägerte, bei denen echte Blutschande nicht vorliegt, dieser Ausdruck „verfehlt" ist (BGH N J W 52 672), ist geschichtlich aus dem kanonischen Recht zu erklären (vgl. Mezger, Stb. I I , § 27 II). Das geschützte Rechtsgut ist hier „völlig verschieden" von dem des Abs. 1 und des Abs.2 Satz 1 (BGH a.a.O.) und verflüchtigt sich in E 10 303 zu „Rücksichten auf die Sittlichkeit", also einer „prinziplosen Bestrafung der reinen Unmoral" (Mittermaier VDB VI, 144). Dazu und zur Problematik der ratio legis des § 173 überhaupt Jäger a. a. O. 56ff. Gemeinsam ist allen Fällen das Interesse, den engeren Kreis der F a m i l i e v o n g e s c h l e c h t l i c h e n B e z i e h u n g e n f r e i z u h a l t e n (BGHSt. 3 343 für Abs. 2). Neben der Reinheit der Familie in sexueller ist aber auch die in e t h i s c h e r Beziehung gemeinsames Schutzgut. Schließlich ist, wie Abs. 4 ergibt, ein wesentlicher gemeinsamer Zweck der, Kinder, Stiefkinder usw. vor M i ß b r a u c h d e r F a m i l i e n a u t o r i t ä t durch die Älteren zu schützen. II. Tatbestandsmäßige Handlung ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und dem überwiegenden geschützten Rechtsgut, wie beim Ehebruch, nur der Beischlaf, d. h. die Vereinigung der Geschlechtsteile. Nur hierdurch können die wesentlichsten Schutzgüter (oben Anm. I) überhaupt oder doch so nachhaltig verletzt werden, wie es den hohen Strafdrohungen entspricht. Die Beschränkung auf den Beischlaf ist aber auch in der bewußten Scheu des Gesetzgebers begründet, zu tief in Intimitäten des Familienlebens einzudringen. Diesen Gedanken, den Kohlrausch ausgesprochen, aber wieder aufgegeben hatte, hat Mezger StB I I § 27 mit Recht erneut aufgenommen. Auch an die Gefahr uferloser Denunziationen, falls bloß unzüchtige Berührungen schon strafbar wären, ist zu erinnern. Andere unzüchtige Handlungen als Beischlaf kommen daher nur in Betracht, soweit sie Anfang der Ausführung des B. sind (RG H R R 37 Nr. 1426, 40 Nr. 1422). Ob der Beischlaf ein „ehelicher" (die Ehe wäre nach § 21 Eheges. nichtig) oder unehelicher ist, ist gleichgültig (a. A. Mezger, Stb. I I § 27 I I I , LK Anm. 2). i n . Täterschaft. 1. D i e H a n d l u n g i s t ihrer Natur nach n u r e i g e n h ä n d i g begehbar, mittelb are Täterschaft daher ausgeschlossen (a. A. Mezger a. a. 0.). Aber der Bösgläubige,

Sittlichkeitsdelikte § 17B

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der die gutgläubigen Verwandten zusammenführt, ist wegen Anstiftung zu strafen. Das Rechtsgut ist in allen wesentlichen Beziehungen auch hier verletzt, und dazu sind die Konkumbenten vorsätzlich bestimmt worden (ähnlich, aber auf konstruktiv anderem Wege Mezger a. a. O.). Vgl. Vorbem. I I 2 vor § 47. 2. Der T ä t e r k r e i s umfaßt Verwandte und Verschwägerte im s t r a f r e c h t l i c h e n Sinne (BGH GA 1957 218, oben § 52 Anm. VI). Zu ihm zählt insbesondere also auch der uneheliche Vater, der mit seinem Kind verkehrt (RG H R R 40 Nr. 184). Auch eine nichtige Ehe begründet, bis sie für nichtig erklärt ist, Schwägerschaft, E 60 246. 3. V e r w a n d t e u n d V e r s c h w ä g e r t e a b s t e i g e n d e r L i n i e bis zu 18 Jahren bleiben straflos. Das ist nicht nur ein persönlicher Strafausschließungsgrund wie Schönke-Schröder VI 3, Dreher-Maassen, Anm. 4 annehmen, auch nicht nur ein Entschuldigungsgrund (so Frank III), sondern ein A u s s c h l u ß d e r T ä t e r q u a l i f i k a t i o n . Ähnlich schon E 19 393, wo die Vollendung des 18. Lebensjahres als positives Tatbestandsmerkmal gefordert wird. Kinder bis zu diesem Alter sind wegen ihrer abhängigen Stellung im Familienverband wesensgemäß überhaupt nicht Täter, sondern Opfer. Sie können deshalb auch nicht wegen Teilnahme bestraft werden (s. o. Anm. I ; näheres Notwendige Teilnahme, S. 20, 32, 67). IV. Zum inneren Tatbestand gehört der Vorsatz, der als Schuldelement hier nicht nur die eigene Handlung, sondern auch die verwandtschaftliche oder eherechtliche Beziehung zum Partner umfassen muß. Tatbestandsirrtum daher, wenn der Täter die verwandtschaftlichen Beziehungen oder den Bestand der die Schwägerschaft begründenden Ehe verkennt: im letzteren Fall genügt jedoch wie stets bei kognitiven Merkmalen Parallelwertung in der Laiensphäre. Der Irrtum des Täters über die S t r a f b a r k e i t (§ 173 StGB) des Geschlechtsverkehrs zwischen Stiefvater und Stieftochter (BGHSt. 3 343) berührt die Verbotskenntnis nicht. Eine andere Frage ist es, ob der Irrtum über das V e r b o t e n s e i n (4 Abs. 1 Eheges.) hier u.U. entschuldbar ist (BGH NJW 52 671 räumt dies mit guten Gründen ein). Zu Unrecht aber hielt BGHSt. 3 343 (inzwischen ausdrücklich aufgegeben in BGHSt. 10 35) auch einen echten Verbotsirtum hier deshalb für unbeachtlich, weil sich der Täter, der mit seiner Stieftochter verkehrt hatte, jedenfalls der Rechtswidrigkeit seines Tuns als E h e b r u c h bewußt gewesen sei. Dagegen mit Recht Warda, NJW 53, 1052. Die Garantiefunktion des Tatbestandes liegt nicht nur in der Unrechtsumschreibung, sondern auch darin, daß sich die Schuld auf den spezifischen Unrechtstyp beziehen muß. Es genügt nicht, wie BGHSt. 3 343 meint, daß § 172 ein verwandtes Rechtsgut schützt; entgegen BGH NJW 52 671 ist § 173 Abs. 2 nicht nur ein eigenartiger, erschwerter Fall des Ehebruchs. Über die Verschiedenheit der Zwecke vgl. Anm. I. — Nur aus Abs. 2 ist zu bestrafen, wenn der Täter die Tochter seiner Ehefrau, die möglicherweise seine leibliche Tochter ist, als seine Stieftochter angesehen hat (E 71 139, dazu Anm. Zeiler J W 1937, 1758). V. Versuch liegt vor, wenn der Täter die voreheliche Tochter seiner Ehefrau als seine eigene Tochter ansieht (E 47 190). VI. Idealkonkurrenz mit Ehebruch. Daß im Fall des Abs. 2 regelmäßig p r a k t i s c h zugleich Ehebruch vorliegt, macht die Stelle nicht zu einem qualifizierten Ehebruch, wie BGH NJW 52 671 anzunehmen scheint (vgl. oben IV). Die n o r m a t i v e Verschiedenheit bleibt davon unberührt. — Bei Blutschande mit mehreren Töchtern Realkonkurrenz (unhaltbar RG DStR 1936, 232). Auch zwischen § 173

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Abs. 2 und § 176 Nr. 3 kein Fortsetzungszusammenhang möglich (E 57 140). BGH GA 1967 218: Tateinheit zwischen versuchter Blutschande und § 173 I I ist möglich. VII. Prozessuales. B l u t s v e r w a n d t s c h a f t u n d S c h w ä g e r s c h a f t müssen t a t s ä c h l i c h f e s t s t e h e n . Die Vermutungen des Bürgerlichen Rechts (BGB § 1591) gelten hier nicht. Ist es zweifelhaft, ob das Mädchen die leibliche oder die Stieftochter des Täters ist (von seiner Ehefrau ist sie geboren, zweifelhaft aber, ob vom Täter oder von einem anderen empfangen), so ist i. allg. Abs. 1 unanwendbar, Abs. 2 aber gegeben (vgl. jedoch über weitere Möglichkeiten Zeiler J W 1937, 1758 zu I 3 sowie oben Anm. IV, V). VIII. Die einmal verwirkte Strafbarkeit bleibt auch bei erfolgter Verheiratung der Konkumbenten bestehen: E 5 159. Auch der abgenötigte Beischlaf soll nach RG D R 42 1321 (dagegen SchmidtLeichner, S. 1645) Blutschande der Vergewaltigten begründen können. Hier liegt aber wohl stets § 52 vor.

Mißbratich eines Abhängigen unter Ausnutzung einer Vertrauensstellung

§174 Mit Zuchthaus oder mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten wird bestraft, 1. wer einen seiner Erziehung, Ausbildung, Aufsicht oder Betreuung anvertrauten Menschen unter einundzwanzig Jahren oder 2. wer unter Ausnutzung seiner Amtsstellung oder seiner Stellung in einer Anstalt für Kranke oder Hilfsbedürftige einen anderen zur Unzucht mißbraucht. I. Neufassung durch VO v. 29. 5. 43: 1. Die Tatbestände wurden v e r a l l g e m e i n e r t , 2. Es werden nicht mehr Personen, sondern Punktionen, nicht Täter, sondern A u f g a b e n genannt. 3. „ V o r m ü n d e r , A d o p t i v - u n d P f l e g e e l t e r n " sind nicht mehr ausdrücklich genannt, fallen aber ohne weiteres in die neu abgegrenzten Pflichtenkreise. — 4. Die l e i b l i c h e n E l t e r n waren in § 174 a . P . nicht aufgeführt. Dies beruhte auf einem Versehen, das auf die Vorarbeiten zum Preuß. StG v. 1851 und dann zum StGB f. d. nordd. Bund zurückging. Vgl. darüber Kohlrausch in ZAk. 43, 89 sowie unten I I zu a). Über die Motive der Neufassung BGHSt. 1 58, 71; 5 149, 7 52. Danach ist der Grundgedanke, Überordnungs- und Betreuungsverhältnisse von geschlechtlichen Motiven reinzuhalten und die geschlechtliche Freiheit der abhängigen Person vor Angriffen zu bewahren (im Anschluß an Schönke D R 1943, 725). Unerheblich daher, ob die geschützte Person selbst die Tat veranlaßt oder in sie einwilligt (BGHSt. 1 71, 122, München MDR 51 52) oder schon geschlechtlich erfahren ist (RG D J 1937 246) oder ob ein echtes Liebesverhältnis besteht (E 76 149) oder das Abhängigkeitsverhältnis erst nachträglich entsteht (BGHSt. 4 298). Auch nicht, ob es sich erkennbar auf das Verhalten der Minderjährigen auswirkt, BGH N J W 61 726. Die hier geschützten Interessen sind z. T. (vgl. J Z 51, 564) überpersönlicher Natur, § 174 daher vom konkreten Schutzbedürfnis nicht abhängig. Darüber BGHSt. 1 123 (für Nr. 2). Am „Mißbrauch" fehle es aber, wenn die Minderjährige dem Ende des Schutzalters nahe, geschlechtlich erfahren und der treibende Teil sei

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(3 StR 324/51 v. 5. 7. 51), eine rechtlich beachtliche Zustimmung gegeben habe: BGHSt. 5 148; mit Recht bezweifelt in BGHSt. 7 313. S t r e n g e r a u c h BGHSt. 8 278. Weitere Nachweisungen zum Grundgedanken bei Jäger a. a. 0 . 46ff. Vgl. auch K o e n i g e r N J W 57,161: Der Mißbrauch abhängiger Personen. II. Die Abhängigkeitsverhältnisse der Ziffer 1. Einer Überspannung wirken die Erfordernisse „ a n v e r t r a u t " und „ M i ß b r a u c h " entgegen. — a) „Anvertraut" ist jemand einem anderen, wenn dieser ihm gegenüber b e s o n d e r e Fürsorge- und Obhutspflichtenhat, die über die allgemeine Menschenpflicht hinausgehen, einerlei ob sie auf Gesetzoderbesonderem Willensakt (Dienstvertrag usw.) oder schon auf natürlicher Verbundenheit beruhen. Das Anvertrautsein zur Aufsicht oder Betreuung erfordert keine längere Zeitdauer: B G H N J W 66 1934. Freiwillige Übernahme der Sorge f ü r entlaufenen Minderjährigen: BGHSt. 1 292. „Anvertraut" ist z. B. das Mündel dem Vormund, der Schüler dem Lehrer, aber erst recht auch das Kind den Eltern. So BGH LM Nr. 2 = DRiZ 61 72 (Vater des ehelichen Kindes), BGHSt. 1 343 (auch der nicht sorgeberechtigte Elternteil nach Ehescheidung, wenn sich das Kind bei ihm aufhält), auch H a m m N J W 48 393, Celle MDR 47 138, Hamburg MDR 49 484, LG M.-Gladbach MDR 49 485 A. A. LG Bielefeld N J W 47 194. - Bei S t i e f k i n d e r n will Braunschweig Nds. Rpfl. 48 112 auf den Grad der Harmonie des Familienlebens im Einzelfall abstellen. Ebenso Schleswig SchlHA 54 61. Celle N J W 66 1368 hält f ü r entscheidend, ob der Stiefvater die Stellung des „Vaters" in der Familie h a t t e und dem Stiefkind wie ein solcher übergeordnet oder von diesem als Vertrauensperson anerkannt worden war. Dann auch Fortdauer des Abhängigkeitsverhältnisses, nachdem Stiefkind elterliches Haus verlassen hat. — Vgl. unten I I 4. — Anvertraut sind nach der Rspr. ferner: dem Pfarrer die T e i l n e h m e r e i n e s J u g e n d k r e i s e s : BGHSt. 4 212. Dem Jugendherbergsvater die einkehrenden jugendlichen Gäste: BGH N J W 67 1201. — Kaufmännische Lehrlinge auch dem — n i c h t s e l b s t a u s b i l d e n d e n — Firmenchef, BGHSt. 2157. — Schon mit „Einarbeitung" vor Beginn der eigentlichen Lehrzeit: B G H N J W 68 2123. — Auch auf Grund v o r g e t ä u s c h t e n Betreuungswillens, der freilich für sich allein nicht genügt (insoweit zutr. Celle GA 1968 309, vgl. aber auch Seibert GA 1958, 364), kann es zum „Anvert r a u e n " kommen. — Haushaltungsvorstand, wenn er sich für die g e s a m t e L e b e n s f ü h r u n g der Hausangestellten verantwortlich fühlen muß, BGHSt. 1 55, N J W 51 161. — Gleichgültig, daß die unzüchtigen Handlungen a u ß e r h a l b der Ausbildungszeit: BGH N J W 53 1923. — b) „Mißbraucht" wirrl das Abhängigkeitsverhältnis, wenn es Gelegenheiten zu j.ntimitäten gibt oder wenn aus ihm eine besondere Vertrauensstimmung oder Arglosigkeit oder aber innere oder äußere Wehrlosigkeit oder dgl. folgt, und wenn diese Lage zu sexuellen Annäherungen ausgenutzt wird, die ohne sie nicht oder nicht so leicht möglich gewesen wären. Eine ausdrückliche F e s t s t e l l u n g solcher Zusammenhänge ist aber bei Ziffer 1 n i c h t nötig. Hier genügt Minderjährigkeit und die Tatsache des Anvertrautseins. So jetzt auch BGH St. 1 73, 4 298, 5 148, N J W 61 726. - Bei Ziff. 2 „mißb r a u c h t " der Täter — selbst bei Initiative des Opfers — in aller Regel seine Stellung in einer K r a n k e n a n s t a l t , wenn er die Überordnung und das Ansehen, die sie ihm gewährt, zum M i t t e l werden läßt, eine Gelegenheit zur Unzucht zu ergreifen: BGHSt. 1 123, vgl. aber auch S. 124. — Genauere Unterscheidung betr. A m t s s t e l l u n g e n in BGHSt. 8 24; vgl. unten Anm. IV. — Im einzelnen: 1. Der Erziehung anvertraut ist der Minderjährige dem, der seine „ganze Lebensführung, sittliche Haltung und geistige Entwicklung, ähnlich wie ein Vater 27

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl

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oder Vormund, sei es allein, sei es neben anderen ihm gleich- oder auch übergeordneten Personen, zu leiten oder zu überwachen hat". So E 71 274, 74 277 u. öfter. BGH St. 6 369: Erzieher i. S. des § 174 Nr. 1 n. F. umfassender als bei § 181 Abs. 1 Nr. 2: auch der nicht berufsmäßige. — BayObLG MDR 53 503: Schulleiter einer Volksschule f ü r sämtl. Schüler. Jugendliche als Beauftragte des Jugendamts: D J 42 513; Heimleiter eines Jugendheimes, auch wenn nicht Erzieher: Hamburg HESt. 1 60. — B e s o n d e r s zu p r ü f e n , ob auch „Erziehung" vereinbart oder anzunehmen: bei Lehrling: E 27 132, 32 59, 35 10; 76 391; Stuttgart HESt. 1 290, BGHSt. 2 157 (s. o.Abs. 1); Hausangestellten, auch falls „Haustochter" genannt oder „Familienanschluß" vereinbart ist: J W 39 622, DR 40 494, ZAk. 40 361 (Anm. v. Weber) = DR 40 2058 (Anm. Hennerici), DR 42 1784. Bei Hausangestellten jetzt mit Recht grundsätzlich ablehnend Braunschweig NJW 49 877. Bejahend BGHSt. 1 58, NJW 51 161 (s. o. Abs. 1): „wenn der Haushaltungsvorstand sich für die gesamte Lebensführung verantwortlich fühlen müsse" (14jährige Hausangest, in dörflichen Verhältnissen); nicht aber bei jedem „Jugendarbeitsverhältnis". Vgl. zu letzterem LM Nr. 18. Große Jugend allein nicht entscheidend: BGHSt. 1 231 betr. 14 jährige. 2. Der Ausbildung anvertraut: bisher „Lehrer". Auch Privatlehrer (E 62 33); Geistliche in der Christenlehre, auch wenn ohne Schulzwang; als Leiter eines Jugendkreises: BGHSt. 4 212; auch wenn außerdem ein Arbeitsverhältnis besteht (E 53191: Musiklehrer war gleichzeitig Unternehmer und Dirigent); Ballettmeister (E 67 390). Ausb. kaufm. Lehrlinge: BGHSt. 2 157 (s.o. Abs.l). Zu weitgehend: Kursus über Fußpflege, im Kochen und Backen (JW 38 1877 f.). — Auch f ü r „Ausbildung" wird stets ein Überordnungs- und Vertrauensverhältnis vorausgesetzt werden müssen, das zwar bei amtlich geregelter und überwachter Ausbildung vermutet, im übrigen aber nur bei überlegenem Können, das ein Gefühl allgemein m e n s c h l i c h e r Überlegenheit erzeugt, angenommen werden darf. Vgl. auch E 62 33. 3. Der Aufsieht anvertraut: Die Fälle werden sich häufig mit den anderen überschneiden. Auch hier zieht der Gedanke „anvertraut" Grenzen. — Richtig dürfte es sein, von Fall zu Fall auf das aus den möglichen Druckmitteln einerseits, der Unreife und Schwäche andrerseits sich ergebende M a ß v o n i n n e r e r Abh ä n g i g k e i t abzustellen. Leiter eines privaten Zeltlagers, der Fürsorge- und Obhutspflichten der Eltern übernommen hatte: BGH LM Nr. 5 (sehr weitgehend). 4. Der Betreuung anvertraut — das sind zunächst auch die zu 1 bis 3 genannten. Aber darüber hinausgehend: Obhut und Fürsorge, die nicht mit Erziehung, Ausbildung, Aufsicht zusammenfallen. — Nicht in diesem Sinne anvertraut jedoch i. allg. der minderjährige Kranke dem Arzt: München MDR 51 52; eine 15jährige, die zum Dentisten geschickt wird: Frankfurt NJW 52 236. Wohl aber nach LG Memmingen N J W 51 123 eine 15 jährige in ärztlicher Sprechstunde wegen Bleichsucht (weil deren Behandlung den ganzen Menschen, insbes. auch seine Psyche umfassen müsse). Aber auch eine solche Behandlung hat nicht den S i n n u n d Z w e c k einer B e t r e u u n g (sondern den der Heilung); der Patient ist dem Arzt nicht h i e r f ü r anvertraut. Allenfalls bei s t a t i o n ä r e r Behandlung (arg. Ziff. 2), „Betreuung" verlangt mehr als einen einmaligen oder einzelne Vorgänge. III. Die Abhängigkeitsverhältnisse der Ziffer 2 setzen im Gegensatz zu Ziff. 1 kein bestimmtes Alter und kein bestimmtes Betreuungsverhältnis voraus. Der

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Schutz ist aber sinngemäß auf Anstaltsinsassen zu beschränken. Auch nach der n. F. z. B. n i c h t : Assistenzärztin: E 76 150 (für die a. F.). — Anstalt: nicht nur, wie bisher, öffentliche, d. h. aus öffentlichen Mitteln unterhaltene, oder vom Staat oder einer Gemeinde oder öffentlich-rechtlichen Körperschaft abhängige; vielmehr auch private Krankenhäuser, Entbindungsanstalten, Armen- oder Obdachlosenheime u. ähnl. Eine „Anstalt" dieser Art muß des Vertrauens würdig sein, das ihr von dem Aufgenommenen oder dem ihn dort Unterbringenden geschenkt wird. Andrerseits ist sowohl die Versuchung zum Mißbrauch wie auch die Schutzlosigkeit des Insassen u. U. größer als bei dem Einzelarzt usw. und seinen Patienten usw. Aus diesen Gründen geht der Strafschutz des Anstaltsinsassen weiter als der Schutz der einzelnen Betreuten. — Stellung: gleichfalls weiter als früher. Nicht nur Beamte i. S. des § 359. Träger eines kirchlichen Amtes, nach Düsseldorf N J W 66 1847 allerdings nur, wenn und soweit sie als Beamte i. S. des § 359 tätig sind; auch Personen, die in einer Gefangenen- oder Krankenanstalt angestellt oder beschäftigt sind (Überwachungs- und Pflegepersonal). Auch unzuständige Beamte: Hamm DRZ 48 449. — Nach E 76 296 jede in der Anstalt angestellte Person. Einschränkend muß aber hinzugefügt werden: wenn sich aus ihrer Stellung die spezifischen Gefahren ergeben können, denen § 174 begegnen will. IV. Eine Ausnutzung der Amts- oder Anstaltsstellung (Ziffer 2) bedarf ausdrücklicher Feststellung, während dies in den Fällen des Anvertrautseins nach Ziffer 1 vom Gesetz nicht gefordert wird. Vgl.Anm.II A b s . l a . E . — a) Für Amts8tellungen unterscheidet BGHSt. 8 24 (mit Übersicht): Es gibt einzelne Gewaltverhältnisse von solcher Stärke, daß j e d e unzüchtige Hdlg. mit dem Unterworfenen ein Mißbrauch unter Ausnutzung der Stellung ist, ohne daß es des Nachweises besonderer Umstände hierfür bedarf (z. B. Strafanstaltsbeamte oder Gefangenenbegleiter, Polizeiarzt bei Pflichtuntersuchungen). I m a l l g e m e i n e n aber ist die Amtsstellung nur ausgenutzt, wenn ihr Träger tatsächlich seine Machtstellung zu Zumutungen einsetzt oder sich das durch sie gegebene Ansehen und Vertrauen bewußt zunutze macht. Ob das in concreto der Fall ist, hängt von den Umständen ab (Alter und innere Unabhängigkeit der Untergebenen usw.). Es genügt, daß der dienstliche Anlaß Gelegenheit gibt, ihn zu unz. Hdlgen auszunutzen: BGHSt. 9 13. Dem wird man folgen dürfen, wenngleich nicht zu übersehen ist, daß damit die erste Fallgruppe praktisch wie eine solche der Ziff. 1 behandelt wird. — BGH N J W 56388 sagt schärfer: Mißbrauch „in der Regel" bei pflichtwidriger Ausnützung der Amtsstellung (dort: gegenüber einer Privatperson), setzt sich aber nicht im einzelnen mit 8 24 auseinander, auch nicht GA 1965 368 (Anm. Biermann). Nach Schleswig SchlHA 67 309 genügt die Feststellung, daß der Angekl. die ihm durch die Amtsetellung gebotene Gelegenheit unter Verletzung seiner Amtspflichten ausgenutzt habe, nicht. Die Amtsstellung muß wenigstens einen mitbestimmenden Einfluß auf das Verhalten des Abhängigen gehabt haben. Ob die Unterscheidung von Ziff. 1 und 2 durchführbar ist, was schon die Voraufl. bezweifelten,bleibt danach fraglich.— b) Für Anstaltsstellungen vgl. oben Anm. I I Abs. 1 a. E. zu BGHSt. 1 123. Danach wird hier „in der R e g e l " Mißbrauch unter Ausnutzung der Stellung anzunehmen sein. Hier hält die Rspr. die Mitte zwischen den scharfen Unterscheidungen bei der Amtsausnutzung, die entweder unwiderleglich vermutet oder ganz von den konkreten Umständen abhängig gemacht wird (oben zu BGHSt. 8 24). — Ob E 76 149 (ein Anstaltsarzt hatte mit seiner in die Anstalt aufgenommenen Freundin, die aber nicht er, sondern ein anderer Arzt behandelte, den schon vorher 27*

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gepflogenen Geschlechtsverkehr in der Anstalt fortgesetzt und war vom RG aus § 174, 3 verurteilt worden) nach alter Fassung richtig entschieden wurde, mag dahingestellt bleiben (berechtigte Bedenken bei Bruns in ZAk. 42, 284). Nach neuer Fassung ist der Arzt freizusprechen; aber deshalb, weil hier kein „Abhängigkeitsverhältnis" vorlag (s. Überschrift), das er „mißbraucht" hat. Mißbräuchliche Ausnützung dagegen auch dann, wenn die Anstaltsinsassin oder der sonst Abhängige sich freiwillig hingegeben und sogar die Anregung gegeben hatte: Tübingen DRZ 49 91, Neustadt DRZ 49 92, Hamm HESt. 1292; BGHSt. 1 122, 2 93. Dagegen nicht gegenüber einer blinden A n s t a l t s a n g e s t e l l t e n : BGH GA 1955 368 (Anm. Biermann). V. Unzucht bedeutet das gleiche wie nach a. F. „unzüchtige Handlungen", BGH DRiZ 51 72 = LM Nr. 2. Also solche, die o b j e k t i v das allgemeine Schamund Sittlichkeitsgefühl verletzen u n d s u b j e k t i v auf Befriedigung oder Erregung eigener oder fremder Geschlechtslust gerichtet sind. Maßgebend ist o b j e k t i v das Empfinden des sittlich gesunden Menschen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände: RG J W 1936 389, z. B. auch ob öffentlich: J W 37 2385. „Jede Handlung, die auf Erregung oder Befriedigung der eigenen oder fremden Geschlechtslust gerichtet und geeignet war, das allg. Scham- und Sittlichkeitsgefühl in geschl. Bez. zu verletzen, wenn der Täter dabei den Körper des anderen als Mittel zur Wollust benutzt" : E 70 224, BGH JZ 51 562. Die Rspr. hat vielfach das obj. Erfordernis zum bloßen Symptom der wollüstigen Tendenz verflüchtigt (z. B. Hamm HESt. 1 393).Letztere gehört schon zum B e g r i f f „Unzucht" (subj. TBMoment, Vorbem.H vor § 1), nicht erst zum subjektiven TB. Vgl. etwa E 28 77, 63 12, 68 193. Abgrenzung gegenüber bloßen Zudringlichkeiten, die höchstens das Scham-, meist auch das Ehrgefühl verletzen (und dann als Beleidigung strafbar sind): E 67 110, 170, DR 42 1784. — Auch das Dulden unzüchtiger Handlungen, die der minderjährige Schützling (oder der Kranke: BGHSt. 1 122) am Körper der Autoritätsperson vornimmt: BGHSt. 5 149. — Geflissentliches Betrachtenlassen: BGHSt. 7 48. — Unter §174 fällt auch gleichgeschlechtliche Unzucht unter F r a u e n : R G DR 44 767. — U. U. geht der Begriff in § 174 weiter als in § 175: BGHSt. 1 83 = J Z 51 562 (Anm. Lange), § 175 Anm. II. Vgl. aber auch BGHSt. 8 1, 3ff., betr. § 175a. VI. Mit dem anderen mußten nach alter Fassung unzüchtige Handlungen vorgenommen sein. Die Reehtspr. war hier von einer körperlichen („mit" gleioh cum) allmählich zu einer bloß zeitlichen („mit" gleich „gleichzeitig" unter beiderseitiger Kenntnisnahme) Auslegung übergegangen und hatte dadurch dem Gesetz einen völlig anderen Sinn gegeben. Bis E 70 224 (mit Vorentscheidungen) mußt® der andere irgendwie körperlich mitbeteiligt sein, sei es auch nur, daß der Täter „an seinem eigenen Körper unzüchtige Handlungen durch das Kind vornehmen lasse" (E 49 178), so daß der fremde Körper als Mittel benutzt wird, Wollust zu erregen oder zu befriedigen. — Das RG weitete dann aber die Strafbarkeit — trotz der Worte „ m i t " dem anderen — immer mehr aus; Zwar reiche wollüstige B e t r a c h t u n g des entblößten Körpers n i c h t aus (E 73 78); auch nicht Vornahme unzüchtiger Handlungen des Täters an sich selbst in Gegenwart eines anderen, also das Treiben des Exhibitionisten (DJ 40 404). Es genüge aber die Aufforderung an den anderen, seinen Körper unzüchtigen Blicken preiszugeben (E 73 78). Düsseldorf NJW 58 351 : Die unzüchtige Hdlg. des Täters allein — ohne Anteilnahme des

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Abhängigen daran — erfüllt den Tatbestand nicht; dieser muß körperlich, sei es auch nur durch Ausrichten des Gesichts- oder Gehörsinnes auf die u. H. hin, an ihr teilnehmen. — Nach der Neufassung muß der Täter den anderen zur Unzucht mißbrauchen. Das entspricht der Entwicklung der Rechtspr. Ebenso jetzt BGHSt. 7 48 betr. geflissentliches Betrachtenlassen, dazu unten § 176 Anm. IV 3; BGHSt. 8 3 (mit Nachweisen). Vgl. hierzu § 175 Anm. II. VII. Der Vorsatz ist bei der Fülle normativer Tatbestandsmerkmale mit größter Sorgfalt zu prüfen; nachdrücklicher Hinweis auf die Grenzfälle der Ziff. 2 in BGHSt. 8 27. VIH. Tateinheit mit § 175a Nr. 2: LM Nr. 5 zu § 174 Ziff. 1. - Mit Beleidigung: LM Nr. 22 zu § 73. Unzucht zwischen Männern

§175 (1) Ein Mann, der mit einem anderen Mann Unzucht treibt oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen läßt, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Bei einem Beteiligten, der zur Zeit der Tat noch nicht einundzwanzig Jahre alt war, kann das Gericht in besonders leichten Fällen yon Strafe absehen. I. Über das Schutzobjekt herrscht Streit. Ausführlich Düsseldorf J R 47 170: nicht das Einzelindividuum, sondern das allgemeine Wohl des deutschen Volkes in seiner sittlichen und gesundheitlichen Kraft sowie in der Integrität seiner Verwaltung. Ebenso insoweit im wesentlichen OLG Hessen GrSen. HESt. 1 301, Hamburg HESt. 1 55: „Volksgesundheit und vor allem Sittlichkeit". Dagegen sieht der Strafsenat Frankfurt (zit. in HESt. 1 298) das geschützte Rechtsgut in der eigenen Sittlichkeit des Täters. Neueste Übersicht und Kritik bei Jäger a . a . O . S. 68 ff. — Über den Zweck zu sprechen, bringt Verlegenheit. Schon E 2 238 erkennt die „ausnahmsweise Stellung im Strafsystem", weil hierderTäter nicht, „in die Rechte anderer eingreift", § 175 vielmehr „die Unzucht um ihrer sittlichen Verwerflichkeit willen und im Interesse der öffentlichen Moralität" ahndet. Die instinktive Reaktion des Normalen auf abartige und abstoßende geschlechtliche Praktiken zu befriedigen, ist kein Strafgrund. Die Mediziner haben ganz überwiegend von jeher den § 175 für ungerecht oder doch zweckwidrig erklärt; vgl. JZ 51, 563. Neuerdings Kretschmer (gutachtl. Stellungnahme für die StrRRef.): § 175 bringt keinen Nutzen, erschwert aber die ärztliche und psychologische Führung solcher Menschen sehr; Giese (ebenda): ungünstige psychische und soziale Auswirkungen. Positiver äußert sich Graßberger (Gutachten vor dem BVerfGer.). Wenn gleichgeschlechtliche Tendenzen bei Männern in Handlungen fixiert und eingelebt werden, die an die Stelle des normalen Geschlechtsverkehrs treten und diesem entsprechen, werden bei ungehinderter Verbreitung möglicherweise die Familie und die Integrität des öffentlichen Lebens gefährdet. Aber die Frage, ob einer solchen Gefahr durch S t r a f d r o h u n g begegnet werden kann, wird von den Experten überwiegend verneint (s. o.). De lege lata freilich bedenklich LG Hamburg N J W 51 852 (Anm. Cüppers), das wegen der kriminal politischen Bedenken auf die Mindestgeldstrafe erkannte. Vgl. aber auch KG J R 50 119: dem Wandel der Auffassung über die Strafwürdigkeit kann der Richter Rechnung tragen. — Über Unbeachtlichkeit von Einwilligung BGHSt. 7 312.

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De lege f e r e n d a hat sich in einer Vorabstimmung eine knappe Mehrheit der Großen Strafrechtskommission gegen die Aufnahme einer dem § 175 entsprechenden Vorschrift über die Vornahme beischlafähnlicher Handlungen zwischen Männern ausgesprochen. Vgl. zu § 222 Entw. 1959. — Bemerkenswert die Bemühungen um eine Reform der einschlägigen Bestimmungen des e n g l i s c h e n Strafrechts, die zwar in der Sexual Offences Act 1956 neu kodifiziert wurden, inhaltlich aber weitgehend den alten Rechtszustand aufrechterhielten; vgl. H e l d m a n n , Die Homosexualität im engl. Strafrecht, ZStW 70, 517ff.; D i e c k h o f f , Der Griffin Report, 1956; d e r s . , Der Wolfenden Report, 1957; zur heutigen engl. Rechtslage vgl. auch O r r , The Sexual Offences Act 1956 (London 1957). V e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e B e d e n k e n gegen die §§ 175ff. führten zur Anrufung des BVerfG. Nach BVerfG 6 389 verstoßen diese Strafvorschriften nicht gegen Art 3 Abs. 2 und 3 GG, weil der biologische Geschlechtsunterschied den Sachverhalt hier so entscheidend präge, daß etwa vergleichbare Elemente daneben vollkommen zurücktreten. Auch Art. 2 Abs. 1 GG wird nach BVerfG nicht verletzt, da hom. Betätigung gegen das Sittengesetz und die verfassungsmäßige Ordnung verstoße (a. a. O. S. 433ff.). Schon vor der Entscheidung des BVerfG hatten der BGH (NJW 51 810 und 52 796) und die Rspr. der OLGe (Hamburg MDR 50 301, Braunschweig NJW 58 1929, Oldenburg NdsRpfl. 54 92) die Vereinbarkeit der §§ 175ff. mit dem GG bejaht. II. Die §§ 175 und 175 a n. F. beruhen auf dem G v. 28. 6. 35, Art. 6. Neu ist, daß 1. nach § 175 n. F. auch die nicht beischlafsähnlichen unzüchtigen Handlungen zwischen Männern strafbar werden sollten und daß 2. schwerere Fälle nach § 175a unter strengere Strafe gestellt sind. Vgl. BGHSt. 2 270 ff. Kohlrausch (Textausgabe 1. Aufl. 1947) weist darauf hin, daß die Verschärfung des Gesetzes infolge des besonderen Anreizes, den die Männer- und Jünglingsbünde des Nationalsozialismus für dieses Laster boten, nötig geworden sei. Die Rechtsprechung des RG habe gezeigt, wie schwierig die Abgrenzung des neuen Tatbestandes sei. Wie in den Vorauflagen dieses Kommentars dargelegt, nahm die Rechtspr. des RG zunächst an, der Körper des anderen Mannes müsse irgendwie durch k ö r p e r l i c h e B e r ü h r u n g „in Mitleidenschaft gezogen" sein. Bald darauf aber hielt man solches a u c h o h n e k ö r p e r l i c h e B e r ü h r u n g f ü r möglich, strafte also nicht nur die wechselseitige, sondern auch die gleichzeitige Onanie. Diese straflos zu lassen, entspreche nicht dem Sinne des Gesetzes. So (nach anfänglichem Schwanken) E 78 78, J W 39 541. Der Gefahr, daß hierbei „der an sich schon sehr weit gefaßte Tatbestand des § 175 uferlos werde", müsse durch vernünftige Auslegung des Wortes „Unzucht" begegnet werden. Betrachten des bloßen Körpers sei noch nicht Unzucht. Ebenso f ü r § 175a E 74 77: Unzucht v o r anderen noch nicht U. m i t anderen. Gegenteilig wieder E 70 316 und auch BGH N J W 57 191, wo sich zeigt, daß es schwer ist, auf diesem Wege der Pönalisierung von Jugendsünden haltzumachen! Hamburg HESt. 1 55 = SJZ 47 554 (Anm. Leß) — ebenso LG Konstanz DRZ 48 15 — will einen Mittelweg gehen, indem es „zeitlich länger andauernde, nicht nur einmalige" Betätigung fordert. Es folgert dies aus dem Wort „Unzucht t r e i b e n " ; zustimmend OGHSt. 1 126 = SJZ 49 281 und jetzt BGHSt. 1 293 (wodurch BGHSt. 1110 überholt): Handlungen von einer gewissen Stärke und Dauer erforderlich. Zwar sei Unzucht wie in §§ 174, 176 zu verstehen (anders insoweit BGHSt. 1 83), aber Unzucht t r e i b e n sei mehr als eine unz. Hdlg.

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vornehmen (S. 294 mit Nachweisungen). BGHSt. 4 323 fordert darüber hinaus, daß der Täter den anderen Mann körperlich (wenn auch nicht unbedingt durch Berührung) an dem gesamten Vorgang t e i l h a b e n läßt. Daran fehlt es, wenn jener nicht einmal den unz. Charakter der Handlung des Täters kennt: BGHSt. 7 231. Diese Einschränkungen sind nicht nur sprachlich, sondern aus der Verschiedenheit der Zwecke geboten. In §§ 174, 175 a Ziff. 2, 3, 176 steht das Schutzinteresse der Minderjährigen oder Abhängigen mindestens gleichberechtigt neben dem der allg. Sittlichkeit; sie müssen auch gegen Einwirkungen i. S. der Anm. VI zu § 174 geschützt werden. Für § 175 a daher zutr. BGHSt. 4 323 betr. gleichzeitige Onanie, BGHSt. 5 88 betr. Triolenverkehr, 8 1 betr. geflissentliches Zuschauenlassen. Anders aber in § 175, wo der Partner Täter, nicht Schutzobjekt ist, das Rechtsgut ausschließlich im überpersönlichen Bereich liegt. Mit gutem Grunde begnügt sich daher das Gesetz zwar in §§ 174, 175a jetzt mit „Mißbrauch zur Unzucht", verlangt aber in § 175 f ü r die a k t i v e Beteiligung „Unzuchttreiben m i t " ; die p a s s i v e kann gerechterweise nicht in weiterem Umfange strafbar sein. Braunschweig HESt. 151 entnimmt der Gesetzesgeschichte, daß die Neufassung auf altes Gedankengut zurückgreife, übersieht dabei aber, daß dies nur für die qualifizierten Fälle zutrifft und daß die Entwürfe bis einschließlich 1936 f ü r den einfachen Fall die Rechtsprechung legalisieren wollten, die den Begriff auf beischlafsähnliche Handlung beschränkt hatte. Man kann daher nicht mit dieser Entscheidung eine kontinuierliche Linie von den früheren Entwürfen bis zur Neufassung ziehen. Andererseits enthält das Gesetz aber auch nicht, wie Labin MDR 48, 61 meint, einen durchgängigen Bruch mit der Entwicklung. Vielmehr entspricht die Einfügung des § 175 a der allgemeinen, auf verstärkten Schutz gegen Mißbrauch, Gewerbsmäßigkeit usw. gerichteten Tendenz, während die Erweiterung der Strafbarkeit in § 175 den früheren Entwürfen wie der allgemeinen kulturpolitischen Entwicklung widerspricht. Die Bestrafung der einfachen Homosexualität ist keineswegs in allen Kulturstaaten anerkannt. Die kriminalpolitischen Erfolge auf diesem Felde sind mehr als fragwürdig. Die Rechtsvergleichung zeigt eine allgemeine Tendenz zur Verengung, wenn nicht, wie in der Schweiz und im deutschen Entw. 1930, zur Abschaffung des Grundtatbestandes. Nachweise NJW 49, 697. Wenn demgegenüber die Neufassung des § 175 eine Ausdehnung des Begriffes bezweckte, so entsprang dies, wie Kohlrausch a. a. 0 . mit Recht hervorhebt, den besonderen damaligen Verhältnissen und Erfordernissen und kann heute nicht mehr verbindlich sein. Aus der Tatsache, daß das Gesetz geändert worden ist, läßt sich daher entgegen BGHSt. 1 82, 295 nichts ableiten; und der Wortsinn des § 175 spricht f ü r die h i e r vertretene Auffassung. Das ergab sich bereits aus der verschiedenen Fassung in § 175 einerseits, §§ 174, 175a Ziff. 2, 3, 176 andererseits f ü r den Gesetzessprachgebrauch. Ferner: Allerdings wollten schon die Motive der Entwürfe vor 1933 mit dem Ausdruck „Unzucht treiben" über die beischlafsähnliche Handlung hinausgehen; sie w o l l t e n aber d a m i t auch die q u a l i f i z i e r t e n Fälle von den e i n f a c h e n abh e b e n . So ausdrücklich die Begr. zu Entw. 1927 S. 148. Und wenn ein Mann mit einem anderen Mann „Unzucht treibt", so ist das f ü r den unbefangenen Lebenssprachgebrauch nichts anderes als „widernatürliche" — nämlich homosexuelle im Gegensatz zur heterosexuellen — Unzucht im Sinne der alten Fassung, d. h. beischlafsähnliche Handlung. Der von Hamburg und LG

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Sittlichkeitsdelikte § 175a

Konstanz a. a. O. unternommene, von BGHSt. 1 293 sanktionierte Vermittlungsversuch zwischen der alten und der neuen Auslegung stellt es auf ein quantitatives Moment ab (Stärke, Dauer) und trifft daher nicht ganz den entscheidenden Punkt, der in der Verschiedenheit der Rechtsgüter hier und bei den anderen Unzuchtsdelikten liegt. Rückkehr zur alten, durch die Entwürfe legalisierten Auslegung des Begriffes ist nach alledem geboten (RGRspr. 1 633, 4 493; E 6 211, 23 289, 34 246, 64 109). In dieser Rspr. finden sich die von E 69 273 behaupteten grundsätzlichen Widersprüche nicht. III. Ein besonders leichter Fall (gedacht ist an jugendliche Verirrungen) ist nicht anzunehmen, wenn gleichzeitig gegen § 176 Nr. 3 verstoßen ist: E 71 246. IV. Idealkonkurrenz mit § 176 Nr. 3: E 71 247, KG J R 50 407, mit Versuch gem. § 175a Ziff. 3: RG H R R 4 0 462, nicht dagegen, wenn dieses Verbr. vollendet: RG H R R 37 485. V. Prozessual zu beachten StPO § 154 c: wer den § 175 übertreten hat, ist oft Erpressungen ausgesetzt; § 154c will ihm die Scheu nehmen, den Erpresser anzuzeigen, indem er die Möglichkeit gibt, die Straftat, die der Anzeiger begangen hat (also die Verfehlung gegen § 175), unverfolgt zu lassen. Schwere Unzucht zwischen Männern

§ 175 a

Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, bei mildernden Umständen mit Gefängnis nicht unter drei Monaten wird bestraft: 1. ein Mann, der einen anderen Mann mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben nötigt, mit ihm Unzucht zu treiben oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen zu lassen; 2. ein Mann, der einen anderen Mann unter Mißbrauch einer durch ein Dienst-, Arbeits- oder Unterordnungsverhältnis begründeten Abhängigkeit bestimmt, mit ihm Unzucht zu treiben oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen zu lassen; 3. ein Mann über einundzwanzig Jahre, der eine männliche Person unter einundzwanzig Jahren verführt, mit ihm Unzucht zu treiben oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen zu lassen; 4. ein Mann, der gewerbsmäßig mit Männern Unzucht treibt oder von Männern sich zur Unzucht mißbrauchen läßt oder sich dazu anbietet. I. Geschütztes Rechtsgut sind in § 175a in erster Linie die p e r s ö n l i c h e F r e i h e i t der Willensentschließung und -betätigung (Ziff. 1), die s o z i a l e (Ziff. 2) und die g e s c h l e c h t l i c h e (Ziff. 3), S c h u t z b e d ü r f t i g k e i t sowie d i e U n t e r d r ü k k u n g p a r a s i t ä r e r u n d k r i m i n e l l b e r e i t e r E x i s t e n z f o r m e n (Ziff. 4). Daneben das des § 175, s. dort Anm. I. II. Die Handlung besteht in den Ziff. 1 — 3 jeweils m U n z u c h t t r e i b e n oder M i ß b r a u c h e n z u r U n z u c h t , und zwar in Ziff. 1 mittels N ö t i g u n g , in Ziff. 2 mittels B e s t i m m u n g , in Ziff. 3 mittels V e r f ü h r u n g . (Über die tätertypische Ziff. 4 s. u. Anm. III.)

Sittlichkeitsdelikte § 175 a

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1. Betr. Unzuchttreiben vgl. § 175 Anm. I I zu BGHSt. 1 293. Körperliche Berührung oder Bestimmung zu aktivem Mithandeln nicht erforderlich: BGHSt. 8 1 (betr. Ziff. 3), mit eing. Nachw. 2. Daß es ein Mißbrauchen zur Unzucht ist, wenn der Täter seinen Partner dahin bringt, sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen zu lassen, kommt in der Auslegung regelmäßig nicht zum Ausdruck, ist aber wesentlich. Denn hier gilt im Gegensatz zum „Unzucht treiben mit . . . " die Beschränkung auf Handlungen von einer gewissen Stärke und Dauer (BGHSt. 1 293) nicht. Zu eng BGHSt. 2 40 betr. Ziff. 3. Gerade an dieser Stelle verlangt der Schutzzweck den gleichen weiteren Umfang, wie ihn § 176 für den Schutz der geschlechtlichen Unreife allgemein sichern will. Vgl. auch § 174 Anm. VI über die gesetzliche Absicht dieser Unterscheidung sowie die Fälle BGHSt. 4 323, 5 88 und 8 1, die nur bei dieser Auslegung unter § 175 a fallen (oben § 175 Anm. II). Gegen die hier vertretene Ansicht BGHSt. 9 111, 113 (betr. Nr. 2, 3). 3. Über Nötigung (Ziff.l) als Mittel vgl. Anm. zu §5 25, 240. Auch Betäubung, selbst wenn die Narkotika nicht gewaltsam beigebracht werden: BGH NJW 53 351. Der Genötigte ist stets nur Opfer (notwendiger Teilnehmer), nie Täter gem. § 175 a, da in erster Linie seine Freiheit geschützt. 4. Bestimmen (Zill. 2) wie § 48, vgl. dort Anm. VI. Im Gegensatz zur Verführung (Ziff. 3) reicht hier widerwilliges Geschehenlassen (z.B. aus Angst) aus: RG DStR 36 431. Doch muß sich hier (wie in Nr. 3) das Opfer der geschlechtlichen Beziehung der Handlung des Täters bewußt sein: BGHSt. 9111. Eine tatsächliche Abhängigkeit muß bestehen, und sie muß begründet sein z. B. durch ein dienstl. Vorgesetztenverhältnis, kein bloß tatsächliches oder freiwilliges, D J 37 245, bedenklich deshalb LM Nr. 2 zu § 175 a (vgl. auch Anm. I I 3 zu §174) betr. Leiter eines privaten Zeltlagers; dieses muß mißbraucht, d . h . dazu benutzt worden sein, den anderen in eine Zwangslage zu bringen, unter deren Druck er sich dem Willen des Täters beugt. E 71 8. Zum Begriff „mißbrauchen" s. o. 2). 5. „Verführen" (Ziff. 3) heißt (entspr. §182) „irgendwie auf den Willen des Minderjährigen einwirken, um diesen zu der Unzucht, die er an sich n i c h t will, geneigt zu machen, und dabei die geschlechtliche Unerfahrenheit oder geringere Widerstandskraft des Minderjährigen ausnutzen. Von Verführung kann daher nicht die Rede sein, wenn der Minderjährige o h n e Beeinflussung seines Willens z u r U. bereit gewesen ist und sich dazu ohne weiteres preisgegeben hat. Anders als nach § 182 braucht das Opfer hier nicht unbescholten zu sein; doch kann daraus, daß der Jugendliche selbst gleichgeschlechtlich veranlagt ist und sittlich bereits vorher verdorben war, unter Umständen geschlossen werden, daß er von sich aus zur U. bereit gewesen ist, daß es also bei ihm keiner Verführung bedurft h a t " : so E 70 199, 71 111. — Solches „verführen", also die Beseitigung sittlicher Hemmungen zustrafen, die der Minderjährige gegen ein bewußtes gleichgeschlechtliches Tun oder Dulden hat, ist der Grundgedanke der Nr. 3. Deshalb k e i n e Verführung bei Überrumpelung (RG H R R 37 1560) oder an einem Schlafenden (RG H R R 41 1024). Der Verführte muß vielmehr den äußeren wie den inneren Tatbestand des § 175 erfüllen (BGHSt.2 40, 9 111, 112); prozessual kann er daher als teilnahmeverdächtig in Betracht kommen (BGHSt. 1 274), obwohl er Verletzter und materiellrechtlich für § 175a nur notwendig Beteiligter, nicht Täter oder Teilnehmer ist. — Nach BGH MDR 53 629 sind Verführung zum Unzuchttreiben und zum

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Sittlichkeitsdelikte § 175b

Mißbrauchenlassen gleichwertig, Hinweis nach § 265 StPO daher nicht nötig. Dem kann nicht gefolgt werden (oben I I 2). — Wiederholte Verführung desselben Minderjährigen ist möglich, falls geschlechtliche Unerfahrenheit und geringere Widerstandskraft fortdauern; sie bedarf aber im Einzelfall näherer Begründung. E 71 111, H R R 40 185. BGHSt. 8 6. - Strafbarer Versuch, wenn mit dem Verführen begonnen wird, d. h. mit den Einwirkungen, die die sittlichen Hemmungen schwächen und Lustgefühle wecken sollen. Vgl. E 71 47, BayObLGSt. 1 244. Noch weiter geht DR 39 363: Eine dem Wunsche des Jungen entsprechende Einladung nach Berlin i. Vbdg. mit Maßnahmen zwecks sofortiger Durchführung der Reise sei „Anfang der Verführung". — Auch wenn der Täter nicht wußte, daß der andere schon von sich aus zur Unzucht bereit war: E 70 199. HI. Ziff. 4 will nicht qualifizierte Einzeltaten, sondern einen kriminalsoziologischen Tätertyp erfassen. „Strichjungen" sind — weit mehr als die Zuhälter des § 181a — kriminelle oder kriminellbereite, insbes. zu Gewalttätigkeiten, Beischlafsdiebstählen oder Erpressungen neigende Elemente; in letzter Zeit auch zahlreiche Mordtaten aus diesen Kreisen. Vgl. dazu Seelig, Die Typen der Kriminellen (1949) S. 189: „arbeitsscheue Berufsverbrecher", Jäger a. a. O. 82ff. Drei Tatbestände. In den ersten beiden ist Gewerbsmäßigkeit ein Grund, die Strafe des § 175 zu e r h ö h e n ; im 3. Fall („sich anbieten") b e g r ü n d e t sie erst die Strafbarkeit. „Gewerbsmäßig" bedeutet das gleiche wie in den anderen Straferhöhungsfällen (§§ 260, 292, 302d): Absicht, aus wiederholter Begehung eine ständige Einnahmequelle zu machen; deshalb auch dem g l e i c h e n M a n n e gegenüber möglich (HRR 38 348, 39 1438). IV. Konkurrenz: ein v o l l e n d e t e s Verbrechen gegen § 175a, 3 zehrt den Tatbestand des § 175 auf; ein v e r s u c h t e s dagegen kann mit einem vollendeten Vergehen gegen §175 ideell konkurrieren (§73): H R R 40 462. — Tateinheit von Ziff. 4 mit § 361 Nr. 6 - 6 c (§ 42d!).

Unzucht mit Tieren

§ 175 b Die widernatürliche Unzucht, welche von Menschen mit Tieren begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen; auch kann anf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. I. Die Strafbestimmung gegen sog. „ S o d o m i e " i. e. S. setzt „ b e i s c h l a f ä h n l i c h e H a n d l u n g e n " voraus. Freilich genügen nach E 71 280, 350 Handlungen, die unter körperlicher Berührung des Tieres erfolgen und der geschlechtlichen Befriedigung oder Erregung des Täters oder sogar eines Zuschauers dienen sollen. BGHSt. 2 269 beschränkt den Tatbestand wieder auf beischlafsähnliche Handlungen; zu den Ausf. dieser Entsch. über § 175 vgl. dort Anm. I I . — Will der Täter n u r die Geschlechtslust des Tieres befriedigen (z. B. zu tierärztlichen oder experimentellen Zwecken), so ist nach E 73 88 der T B des § 175 b nioht gegeben.

Sittlichkeitsdelikte § 176

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Nötigung zur Unzucht. Unzucht mit Kindern

§176 (1) Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. mit Gewalt unzüchtige Handlungen an einer Frau vornimmt oder dieselbe durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung unzüchtiger Handlungen nötigt, 2. eine in einem willenlosen oder bewußtlosen Zustande befindliche oder eine geisteskranke Frau zum außerehelichen Beischlafe mißbraucht, oder 3. mit Personen unter Tierzehn Jahren unzüchtige Handlungen vornimmt oder dieselben zur Yerübung oder Duldung unzüchtiger Handlungen verleitet. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. 1. Geschützt ist in Nr. 1 die freie geschlechtliche Selbstbestimmung der Frau, in Nr. 2 und 3 Fall 1 die Hilflosigkeit gegen geschlechtlichen Mißbrauch wegen körperlicher, seelischer oder geistiger Ausfälle oder kindlichen Alters, in Nr. 3 Fall 2 und 3 ferner die seelische Integrität des Kindes. Zu letzteren vgl. BGHSt. 1 173. — Bei v e r s c h u l d e t e r T o d e s f o l g e : § 178. II. 1. Täter zu Ziff. 1 kann auch eine Frau sein. Vgl. BGH MDR 55 244: auch bei nur geistiger Mitwirkung. 2. Geschützt ist die Frau, gleichgültig, ob bescholten oder nicht; auch wenn sie zu den Handlungen Veranlassung gegeben hat (dann wird aber oft der Vorsatz fehlen, s. u. Anm. V). Die Ehefrau des Täters nur im Rahmen des § 240; jedoch § 176 nach E 71 109 auch hier bei besonders schweren sexuellen Verirrungen. 3. Über Gewalt vgl. § 240 Anm. III. Aber Versetzung in einen willen- oder bewußtlosen Zustand genügt hier nicht, wie die Gegenüberstellung zu § 177 zeigt. Auch muß sich die Gewalt unmittelbar gegen die Mißbrauchte selbst richten. Vgl. E 60 117. Nicht bei überraschender Vornahme ohne Gewalt: E 77 82. Die Gewalt muß das M i t t e l sein, die unz. Hdlg. zu erzwingen, und ihr vorangehen: E 63 227, J W 1939 400; sie kann aber selbst überraschend erfolgen: H R R 40 1423. — 4. Über Drohung i. S. von Ziff. 1 vgl. § 52 Anm. III. Nur die Nötigung (§ 240) zur D u l d u n g erfaßt Ziff. 1, während bei Nötigung zur Vornahme von unz. Hdlgen. nur § 240 eingreift (HRR 40 186). 5. Die unzüchtige Handlung (§ 174 Anm. V) muß an der Frau vorgenommen sein, nicht nur „mit". Daher hier Berührung des Körpers erforderlich: E 26 280. III. Zu Ziff. 2 (Schändung). Der Wille einer Geisteskranken ist unbeachtlich, ihr „Einverständnis mit einem ihr zugemuteten Geschlechtsverkehr also immer bedeutungslos" (E 70 32, BGHSt. 2 58). G e i s t e s s c h w ä c h e ist „Geisteskrankheit", wenn es sich i. e. S. um Idiotie, Imbezillität oder Debilität (psychiatrische Fachausdrücke) handelt. Darüber hinaus läßt E 70 32, H R R 39 722 angeborenen S c h w a c h s i n n zur Anwendung von § 176 Nr. 2 nur dann genügen, wenn er „einen solchen Grad erreicht hat, daß die Frau außerstande ist, zwischen einer dem Sittengesetz entsprechenden und einer ihm widerstreitenden Befriedigung des Geschlechts-

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Sittlichkeitsdelikte § 176

triebs zu unterscheiden und dem an sie gestellten Verlangen eines außerehelichen Beischlafs mit freier Entschließung zu begegnen". Ausdrücklich ebenso BGHSt. 2 68, mit Hinweis darauf, daß der Täter gerade diese Unfähigkeit (nicht notwendig den allgemeinen Grad des Schwachsinns) erkannt haben muß. Hat der Täter den Zustand z u m Z w e c k des Beischlafs hervorgerufen, so ist § 177 gegeben. Mißbrauch nicht, wenn die Frau zuvor in willensfähigem Zustande eingewilligt hatte: Hamm HESt. 2 150. Tatbestandshandlung in Ziff. 2 nur der Beischlaf, d. h. die Vereinigung der Geschlechtsteile. IV. Die Zill. 3 umfaßt drei Tatbestände: 1. V o r n a h m e e. unzücht. Hdlg. m i t einem Kinde; 2. V e r l e i t u n g desselben zur V e r Ü b u n g oder 3. zur D u l d u n g e. unzücht. Hdlg. — Zu 1: Daß die Handlung nur angesichts oder in Gegenwart des Kindes vorgenommen, genügt nicht (hier u. U. Fall 3, ferner §§ 183 u. 185). Der Körper des Kindes muß irgendwie in Mitleidenschaft gezogen sein. „Mit" bedeutet hier „an", nicht bloß „vor" oder „gleichzeitig mit". Vgl. E 70 224, DR 43 234. Berühren der Brüste: BGHSt. 1 171, 2 163; Zungenkuß: OGHSt. 2 333 (sehr weitgehend). Aber nicht jede auf Sinnenlust beruhende Berührung eines Kindes: BGHSt. 2 166, NJW 54 120, GA 1954 243, vgl. Binter NJW 53, 1815, Hülle JZ 55, 8. Wer zur Handlung anregt, ist gleich; auch eine Frau kann Täter sein: E 10 160, RG J W 1933 2058. - Abzulehnen die Erwägung BGHSt. 8 3, auch das Mitansehen unsittlicher Vorgänge genüge vielleicht f ü r „Vornahme mit" dem Kind. Richtig RG J W 36 260, OGHSt. 1 26. - Zu 2 ist solche Mitbeteiligung nicht vorausgesetzt. Bedeutsam (bes. auch f ü r Bestrafung von sog. Exhibitionisten) ist folgendes: Die neuere Rechtspr. sieht „VerÜbung einer unzüchtigen Handlung" durch ein Kind auch darin, daß dieses „geflissentlich (also nicht arglos) einen Vorgang b e t r a c h t e t , der das Scham- und Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung verletzt; ob sich das Kind dabei des Unzüchtigen seiner Handlungsweise bewußt wird, ist unerheblich". Die Rechtspr. sieht ferner eine „ V e r l e i t u n g " hierzu in jeder „Einwirkung auf den Willen des Kindes in der Richtung, daß das Kind die Handlung — hier also das geflissentliche Betrachten des schamverletzenden Vorgangs — f r e i w i l l i g vornimmt". Vgl. E 73 246 mit neueren Vorentscheidungen und jetzt BGHSt. 1 171, 8 3 (dazu oben 1), BGHSt. 7 48 (im Erg. zust. Bohne JZ 55, 168). — Ebenso schon — mit einschränkender Tendenz — Hamburg HESt. 1 60, Frankfurt NJW 49 32, Braunschweig N J W 47 109 und 4931, dazu Anm. Loewenheim. Gelinge es dem Täter nicht, das Kind zu einem geflissentlichen, freiwilligen Hinsehen zu veranlassen, so könne Versuch gegeben sein. So auch Hamburg HESt. 161, mit berechtigter Warnung vor Überspannung. Das Treiben der Exhibitionisten an nicht-öffentlichem Ort (andernfalls § 183) läßt sich auf diesem Wege strafen, ohne daß „ m i t " einem Kind in „ v o r " einem Kind umgedeutet zu werden braucht. Zweifelhaft bleibt, wie das „geflissentliche", das „freiwillige" von dem „arglosen" Betrachten zu unterscheiden ist, wenn bei jenem das Bewußtsein des „Unzüchtigen" belanglos sein soll. Wertvoll hierzu Niethammer SJZ 49, 286. Das geflissentliche A n h ö r e n wie überhaupt Anteilnehmen stellt BGHSt. 1173 dem Hinsehen gleich (ebenso schon Niethammer zu Braunschweig SJZ 50 597). Doch ist hier der Handlungsbegriff überspannt (vgl. schon die beachtlichen Bedenken in LG Hannover MDR 49 634 betr. Hinsehen); das Kind kann zwar „wegsehen", aber nicht „weghören". Hier kommt D u l d u n g i. S. der Nr. 3 in Betracht. Aber

Sittlichkeitsdelikte § 176

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nicht jede schamlose Redensart vor dem Kind; größte Vorsicht geboten: BGHSt. 1174" — Die unz. Hdlg. des Kindes braucht nicht v o r dem Täter zu erfolgen: BGHSt. 1 172 betr. Selbstbefriedigung. Weder obj. noch — in ihrer Person — subj. unz. Hdlgen. von Kindern (Kopfstände) werden es auch durch die Tendenz des Täters nicht; abzulehnen deshalb BGHSt. 2 212 (dagegen auch Lackner MDR 52, 375, Schmidt-Leichner NJW 52, 712). Kritisch zur Rspr. Seibert MDR 68, 830. — Zu 3 führt das zu 2 Gesagte dahin, daß die Verleitung eines Kindes, sich auszuziehen, u. U. (d. h. je nach den Zwecken des Verleiters) die Verleitung dazu bedeutet, e. unzücht. Hdlg., nämlich des Betrachters, zu dulden. Dann müßte freilich auch (entgegen E 6 116) schon die Verleitung zum Anhören unzüchtiger Äußerungen genügen. So jetzt in derTat BGHSt. 1173, aber als „Handlung" des Kindes. Neuerdings Übernahme dieser Begehungsweise in §174 Nr. 1 durch BGHSt. 748 (betr. geflissentliches Hinsehenlassen) ; da dort Handlungen des T ä t e r s vorausgesetzt sind, lassen sich BGHSt. 1171, 173 und 748 besser unter dem Gesichtspunkt der D u l d u n g der eigenen unz. Hdlg. des Täters vereinbaren, zu der er das Kind verleitet. Vgl. auch oben zu 2. — In allen Fällen ist es belanglos, ob das K i n d d a s B e w u ß t s e i n hatte, daß die Handlung unzüchtig sei (E 22 33, BGH JZ 51 594). — Zu 2 und 3 ist es, soweit zu der unzücht. Hdlg. außer dem Kind noch ein anderer gehört (z. B. als Betrachter oder Betrachteter), belanglos, ob dieser andere der V e r l e i t e r o d e r ein D r i t t e r ist (E 20 30). Unzüchtige Handlung: Siehe § 174 Anm. V. Daß f ü r Nr. 3, zweite Begehijngsform, bei der unzüchtigen Handlung, zu deren Verübung das K i n d verleitet wird, keine s e x u e l l e n B e w e g g r ü n d e vorausgesetzt werden, ändert nichts daran, daß sie beim T ä t e r Voraussetzung der Strafbarkeit sind. — So auch das RG (ständig, vgl. die Übersicht E 73 246). E 76 165, BGHSt. 1 288. Anders OGHBrZ in MDR 48 480 (abl. Anm. Schönke) = SJZ49 284; hiergegen überzeugend Niethammer a. a. 0 . Sp. 285ff. und ausdrücklich BGH JZ 61 594. — Im übrigen wird die G r e n z e n a c h dem G e b i e t des b l o ß U n a n s t ä n d i g e n zu beachten bleiben. Einige Urteile kommen ihr sehr nahe. Vgl. E 70 316, 73 211: „entsprechende Stellung des Pingers in der Hosentasche". Bedenklich BGHSt. 2 212, s. o. zu 2. Zum Begriff ferner Peters JZ 53, 207 betr. Aktaufnahmen von Kindern und Seibert MDR 58, 830. V. Zum Vorsatz des T ä t e r s ist erforderlich, daß er die wesentlichen Umstände kannte (oder dolo ev. mit ihnen rechnete, BGHSt. 4 303, BGH GA 1956 316, dazu Maurach S. 305), unter denen er die Handlung vornahm. Dazu gehört: in Zill. 1 der ernstliche Widerstand der Frau. Vgl. dazu § 177 Anm. V. — In Ziff. 2 die Unfähigkeit, ihre Geschlechtsehre zu verteidigen. Vgl. BGHSt. 2 60; Hamm HESt. 2 270: Irrtum über vorherige Einwilligung in willensfähigem Zustand schließt Vorsatz aus. In der Begr. bedenklich BGH J R 54 188: unverschuldeter Verbotsirrtum geistig beschränkter Täter bei Verkehr mit einer von ihnen als geisteskrank und leicht zugänglich erkannten Frau. Richtiger wohl bei den Tätern § 51: „Geistesschwäche", die nicht pathologisch zu sein braucht. — In Ziff. 3 muß sich der Täter die Möglichkeit, Kinder unter 14 Jahren vor sich zu haben, vorgestellt und sich dennoch zur Tat entschlossen haben: BGH NJW 53 152 wie RG H R R 34 611, 42 742 (gegen E 75 127, wonach bloße Gleichgültigkeit gegen das Alter genüge). Bewußtsein der Unzüchtigkeit der eigenen oder (bei Ziff. 3 Fall 2) fremden Handlung ist (gegen die vorl. Aufl.) ebensowenig erforderlich wie Verbotskenntnis.

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Sittlichkeitsdelikte § 177

VI. Versuch der Verleitung soll nach BGHSt. 6 302 (mit Nachweisungen) schon in der Aufforderung an das Kind liegen, sich zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Täter zu treffen. Diese praktisch nur mit dem Zweck begründete Entsch. läßt sich nicht halten. Vorbem. I I vor § 43. — Strafbarer Mangel am Tatbestand, wenn der Täter irrig meinte, das Kind sei noch nicht 14 Jahre alt. VII. Idealkonkurrenz zwischen den einzelnen Ziffern des § 176 ist möglich. Innerhalb der Ziff. 3 nur e i n e Handlung: BGHSt. 1 170; zurückhaltend gegenüber Annahme fortges. Hdlg. BGHSt. 2 167. Id. Konk. zwischen § 176 Ziff. 3 und § 240: E 11 387. Dagegen ist § 176 Sondergesetz gegenüber § 185: E 65 337, 68 25, 70 333, 71 376, 73 211. Vgl. auch § 182 Anm. V. - Gegenüber § 175a Nr. 3 ist § 176 Nr. 3 keine Sondervorschrift, vielmehr § 73. D J 37 1039. — Bei Fortsetzung der Tat über das 14. Jahr hinaus kann mit § 173 weder Tateinheit noch Fortsetzungszusammenhang angenommen werden, da die verletzten Rechtsgüter verschiedene sind. E 67 140. — Tateinheit der Ziff. 3 mit § 183 möglich: BGH NJW 53 710. — § 177 I Fall 1 schließt § 176 I Nr. 1 aus: BGH NJW 58 349; auch keine Wahlfeststellung, s. o. Anm. zu (§ 2b). Zum Verh. der §§ 176 Abs. 1 Nr. 1 und 177 Abs. 1 Fall 1 zueinander und zu §§ 123, 185, 239 vgl. ferner BGH LM Nr. 8 zu §177. VIII. Strafzumessung und Anwendung des § 23 bei § 176 Ziff. 3. Grundsätze in BGH J R 54 227: abartige Triebrichtung sei schon bei Aufstellung des ges. Strafrahmens berücksichtigt und deshalb kein Milderungsgrund. Richtiger wohl Vorrang des Schutzzwecks anzunehmen. Zur Strafzumessung neuerdings auch: BGH GA 1958 213. Notzucht

§177 (1) Mit Zuchthaus wird bestraft, wer durch Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine Frau zur Duldung des außerehelichen Beischlafs nötigt oder wer eine Frau zum außerehelichen Beischlafe mißbraucht, nachdem er sie zu diesem Zwecke in einen willenlosen oder bewußtlosen Zustand versetzt hat. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter einem Jahre ein. I. Zwei Tatbestände: a) Nötigung zur Duldung, b) Mißbrauch einer willenlos Gemachten. Täter zu a) kann auch eine Frau sein, da der Nötiger nicht personengleich mit dem zu sein braucht, der den Akt vornimmt. Vgl. BGHSt. 6 226. II. Gewalt: vgl. § 52 Anm. II, § 176 Anm. I I 3. Tatsächlicher Widerstand nicht erforderlich. — Auch Gewalt, die nur darauf abzielt, die Frau dahin zu bringen, daß sie ihren Widerstand aufgibt: so im Anschluß an RG J W 35 2734, 38 789, 2234 BGH NJW 53 1070. Richtiger OGH NJW 50 710: Gewalt, die nur zum Beischlaf willig machen soll, genügt n i c h t (wohl aber § 240). III. Drohung: vgl. § 52 Anm. III. IV. Konkurrenz: §§ 176, 1 und 177 sind Sondergesetze gegenüber § 185: E 65 337, BGH NJW 51 368. Vgl. aber auch BGH GA 1956 316. BGH MDR 56 144 (bei Dallinger): Tateinheit oder Tatmehrheit mit Freiheitsberaubung nur soweit diese

Sittlichkeitsdelikte §§ 178,179

431

über das hinausgeht, was zur Verwirklichung oder Notzucht gehört. Ferner BGH LM Nr. 8 zu § 177 und oben § 176 Anm. VII. Mit § 176 Ziff. 1 steht § 177 in Gesetzeskonkurrenz (lex specialis), BGH NJW 68 349; dagegen ist Idealkonkurrenz möglich, falls Notzucht durch Gewalt und Nötigender und Konkumbent nicht identisch. Vgl. BGHSt. 1153. - Bei freiwilligem Rücktritt (§ 46) vom Versuch des § 177 kann Nr. I strafbar bleiben. E 23 225. Zur Freiwilligkeit des Rücktritts: BGHSt. 7 296 = MDR 56 561 (m. Anm. Jescheck) und oben § 46 Anm. V I I 1 a. E. V. Vorsatz. Dol. ev. genügt. Er fehlt, wie BGH GA 1956 316 (zust. Maurach S. 305) im Anschluß an das RG zutr. annimmt, regelmäßig nur dann, wenn sich der Täter vorher über die Einwilligung der Angegriffenen Gewißheit verschafft hat.

§178 Ist durch eine der in den §§ 176 und 177 bezeichneten Handlungen der Tod der verletzten Person verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslange Zuchthausstrafe ein. Auch bei bloß v e r s u c h t e r Notzucht ist, wenn sie den Tod verursacht, die Strafsteigerung anwendbar. E 69 332. Anders früher E 40 325. IdKonk. mit § 211: RG J W 33 2059 (Anm. Gallas), HRR 39 122. Nicht aber bei nachfolgender Tötungshandlung anwendbar: OGH NJW 50 710. Vgl. auch betr. Raub E 62 422. — Über Rücktritt: BGHSt. 7 296 (gegen E 75 393). Ursächlicher Zusammenhang auch bei Selbstmord oder Tod bei Geburt des Kindes. Stets aber Fahrlässigkeit erf.: § 56. Die fahrl. Hdlg. des Täters, die zum Tode d. Opfers führt, muß jedoch ein Tatbestandsmerkmal des § 177 verwirklichen: BGH NJW 55 1327.

Verleitung zum außerehelichen

Beischlaf

§179 (1) Wer eine Frau zur Gestattung des Beischlafs dadurch verleitet, daB er eine Trauung vorspiegelt oder einen anderen Irrtum in ihr erregt oder benutzt, in welchem sie den Beischlaf für einen ehelichen hielt, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. (3) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Der Täuschende und der Beischlafende brauchen nicht dieselbe Person zu sein, so daß auch eine Frau Mittäter oder mittelbarer Täter sein kann. Gegenüber § 185 ist § 179 Sonderfall. A. A. Dreher-Maassen 2 (Tateinheit). — Antragsberechtigt jetzt nur noch die Frau.

432 Kuppelei

Sittlichkeitsdelikte § 180

§180

(1) Wer gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz durch seine Vermittlung oder durch Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit der Unzucht Vorschub leistet, wird wegen Kuppelei mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft; auch kann zugleich auf Geldstrafe, auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Gefängnisstrafe bis auf einen Tag ermäßigt werden. (2) Als Kuppelei gilt insbesondere die Unterhaltung eines Bordells oder eines bordellartigen Betriebes. (8) Wer einer Person, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, Wohnung gewährt, wird auf Grund des Absatzes 1 nur dann bestraft, wenn damit ein Ausbeuten der Person, der die Wohnung gewährt ist, oder ein Anwerben oder ein Anhalten dieser Person zur Unzucht verbunden ist. ''' I. Kuppelei begeht, wer durch seine Vermittelung oder durch Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit der U. Vorschub leistet. Zur Problematik des Strafgrundes und der Zweckmäßigkeit des § 180 vgl. B o h n e , Frank-Festgabe I I 440ff.; W ü r t e n b e r g e r , Zar Kriminologie der Kuppelei (in: Kriminalbiol. Gegenwartsfragen, herausgeg. v. Mezger und Seelig), 1953; J ä g e r a. a. 0 . 85ff. Noch immer herrscht die schon von M i t t e r m a i e r VDB IV 185 konstatierte absolute Unklarheit über den Normenzweck. BGHSt. 10 387 spricht sehr allgemein von „schädlichen Folgen für das Gemeinschaftsleben". Schon Binding Normen I 405 hatte in der Kuppelei „durch und durch die Struktur eines sog. Polizeivergehens" gesehen. —• Strafbar ist K. nur, wenn sie entweder gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz (§ 180) oder mit hinterlistigen Kunstgriffen oder an bestimmten Personen (§ 181) begangen wird. Daß der Täter zugleich mit der fremden eigene Unzucht fördern will, soll nach BGH NJW 58 349 gleichgültig sein. — Der § 16 Geschl.KrankhGes. v. 18. Februar 1927 hat die Abs. 2 und 3 hinzugefügt. G r u n d : Da durch Abänderung von § 361, 6 die Reglementierung der Prostitution beseitigt ist, verbietet Abs. 2 die Bordelle. Strafbar ist die Prostitution als solche nicht mehr. Um aber den Prostituierten das Mieten einer Wohnung zu ermöglichen und die Unzucht nicht auf die Straße und in die Familien zu drängen, ist das bloße Wohnungvermieten nach Abs. 3 nur noch dann als K. strafbar, wenn an Jugendliche vermietet wird. II. Die Handlung im einzelnen: 1. Gewohnheitsmäßig handelt, wer aus einem durch Wiederholung entstandenen Hang kuppelt; Fortszshg. bei Verkuppelung mehrerer Frauen möglich: BayObLGSt. 1 488, GA 1954 313. 2. Eigennutz bei Ausbedingung materieller Vorteile für die kupplerischen Dienste, und zwar muß die Aussicht hierauf Beweggrund sein: E 41 225. Nach RG DR 44903 soll eigener Nutzen auch der Geschlechtsverkehr mit einer anderen als der verkuppelten Person sein (bestr.), nach HRR 27 544 auch die Möglichkeit, die eigene gew. Unzucht fortzusetzen. Die Rspr. hat das Merkmal nahezu ins Unbegrenzte erweitert. Vgl. etwa BGH MDR 52 272, NJW 58 349 ( = BGHSt. 1194): „jeder

Sittlichkeitsdelikte § 180

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persönliche Nutzen". Wohnungsvermietung gehört n u r unter den Voraussetzungen des Abs. 3 hierher. 3. Vorschub leistet, wer günstigere Bedingungen f ü r die Vorübung der Unzucht schafft, entweder a) durch seine V e r m i t t l u n g , d. h. dadurch, daß er Personen zur U. zusammenbringt, BGHSt. 1 1 1 6 ; oder b) durch Gewährung oder Verschaffung von G e l e g e n h e i t , z. B. durch Überlassung eines Zimmers. Diese muß aber unmittelbar f ü r den Unzuchtsakt erfolgen; zu weit geht Düsseldorf JMB1. N R W 50 81: K . liege schon darin, daß ein Gastwirt einer Gesellschaft von Homosexuellen ein Zimmer überlassen hatte. Anderes Vorschubleisten (z. B. entgeltliche Überlassung von Reizmitteln: D J 87 897) ist nicht Kuppelei. V. durch s e e l i s c h e Einwirkung unter besonderen Voraussetzungen: B G H S t . 9 75 ff. (zurückhaltender als E 8 236). — Belanglos ist, ob es nachher zur U. kommt oder nicht; es genügt, daß ein Teil dazu bereit war. BGHSt. 1 116, E 44 176. Ferner: Wohnungvermieten an Prostituierte unter 18 J a h r e n : E 26 40, 41 225. Absteigequartier: 62 221. Anwerbung von Mädchen f ü r ein Bordell: E 15 361. Ermöglichung der persönlichen Annäherung: E 20 201. Geldhingabe an einen Mann, um das Mädchen bezahlen zu können: E 5146. Zuziehen einer zweiten Dirne, von deren Mitwirkung der Partner die Handlung abhängig m a c h t : Koblenz J Z 54 550, ähnlich BGH MDR 52 272 (beide zu weitgehend, da mindestens Vors. fehlt). Auch möglich durch vorsätzliches Unterlassen pflichtmäßigen Handelns: E 7 118. Eine solche Pflicht besteht f ü r den Vermieter der Wohnung, in der von Personen unter 18 Jahren Unzucht getrieben wird (er h a t nach erlangter Kenntnis von dem Treiben zu kündigen); bei einer Person über 18 Jahre nur, wenn diese im Haushalt des Vermieters lebt: E 67 314; ebenso auch f. d. Ehemann der F r a u gegenüber, wenn er tatsächlich in der Lage ist, das Treiben der F r a u zu hindern: E 22 332, 48 196, 58 97 u. 226 (eine auf § 1354 BGB gestützte K l a g e sei dem Ehemann nicht ohne weiteres z u z u m u t e n ) . BGH LM Nr. 3 schließt sich den beiden letzten Entsch. des R G ausdrücklich an. Daß der Ehemann fürchtet, von seiner F r a u , falls er deren Gewerbsunzucht entgegentritt, wegen eines Verbrechens angezeigt zu werden, begründet f ü r ihn keine schuldausschließende Notlage: E 72 19. Nach H H R 40 41 h a t die Ehefrau als Leiterin des gemeinschaftlichen Hauswesens (BGB § 1356) die Pflicht, die Unzucht ihres Mannes innerhalb der ehelichen Wohnung zu verhindern. Gerade bei den Kuppeleientscheidungen (z. B. BGH N J W 54 847 = LM § 181 Ziff. 2 Nr. 3) zeigt sich aber in zunehmendem Maße, daß die Rspr. die R e c h t s p f l i c h t zur Verhinderung aus m o r a l i s c h e n Erwägungen ableitet. Wo aber keine r e c h t l i c h e Grundlage besteht, darf die „Lebensgemeinschaft" u. dgl. nicht herangezogen werden. Der Haushaltsvorstand ist weder Sittenrichter noch Hilfspolizist. Vgl. Syst. Vorbem. II. — Die Hinderung der Kinder durch die Eltern muß sowohl möglich wie zumutbar sein: E 67 314, 77 125, J W 39 400. Unzumutbar: der Liebhaber der Tochter drohte, sie würden beide sich das Leben nehmen; unzumutbar, gegen den eigenen Sohn Polizeischutz zu erbitten. Zutreffend hierzu Rutkowsky in D R 39 1041: bei unechten Unterlassungsdelikten müsse nach wie vor die Z u m u t b a r k e i t positiven Handelns, nicht nur seine Möglichkeit geprüft werden. Auch die f ü r § 181 Ziff. 2 entwickelten Gedankengänge in BGHSt. 6 57ff. betr. Zumutbarkeit und Pflichtenwidertsreit sind trotz des Vorbehalts S. 56, daß sie f ü r gewohnheitsmäßiges und eigennütziges Verhalten nicht gälten, heranzuziehen. Sollen hier die Eltern im obigen Fall d i e Kinder in den Tod treiben 28

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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Sittlichkeitsdelikte § 180

müssen? — „Vermittlung oder Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit" sind nicht scharf zu unterscheiden, weshalb Wahlfeststellung zulässig ist. HI. „Unzucht" im Sinne der §§ 180, 181 war nach RG „jedes gegen Zucht und Sitte verstoßende, nicht auf die Person des Unzuchttreibenden beschränkte Verhalten im Bereiche des geschlechtlichen Umgangs, den Verkehr zwischen Ehegatten ausgenommen": E 44 176. Vgl. E 8 172, aufrechterhalten in E 7113: Beischlaf von V e r l o b t e n ; grundsätzlich ebenso in JW 37 2386. Abwägend nach den Umständen des Falls (Alter, örtliche Anschauungen usw.): DR 39 1146 m. Anm. Erik Wolf; H R R 39 587. Grundsätzlich jetzt BGHSt. (Gr. Sen.) 6 54 (betr. § 181 Ziff. 2): nicht Unzucht, wenn die Verlobten ernsthaft zur Ehe entschlossen und sich ihrer Verantwortung bewußt sind, der Heirat zwingende, von ihnen nicht zu verantwortende und in absehbarer Zeit nicht zu beseitigende Gründe entgegenstehen. Hierzu Bockelmann J R 54, 361, Peters FamRZ 54, 95, Jescheck MDR 54, 645, Sax J Z 54,474, Bindokat GA 1955,167, größtenteils kritisch. In der Tat ist die Entsch. allzu ausschließlich am sittlichen Maßstab orientiert. Dem hat das Recht zwar zu folgen, aber es hat auch auf Sozialwerte Rücksicht zu nehmen. Die vom ethischen Gesinnungswert bestimmten Kriterien des Gr.Sen. sanktionieren u.U. sozial unrichtige Notzustände und daraus entstandene „eheähnliche" Verhältnisse durch Tatbestandsausschluß (Wohnungsnot, Rentenbezug) und decken z. B. nicht jene sozial begründeten und eingelebten, keineswegs unsittlichen bäuerlichen Bräuche, die ursprünglich den Anstoß zur Überprüfung der Frage gaben. Denn wenn die Verlobten die Heirat von der Fruchtbarkeit der Braut abhängig machen, sind sie noch nicht unbedingt zur Ehe entschlossen, der auch keine zwingenden Gründe entgegenstehen. — Kritisch zu dem „Monsterbegriff" der Unzucht Jäger a. a. 0 . unter Hinweis auf die Mittermaierschen Vorschläge de lege ferenda. Vgl. oben zu I. IV. Zu Abs. 2: Bordell ist ein auf Gewinnerzielung gerichtetes Unternehmen, dessen Inhaber Dirnen, die in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zu ihm stehen, in dem Betriebe Räume zur Ausübung der Unzucht zur Verfügung stellt (GeschlKrG 1927 Komm.-Ber. I S. 110; E 62 341). - Ein bordellartiger Betrieb ist jede organisierte räumliche Zusammenfassung von Prostituierten zum Zwecke der Förderung ihres Gewerbes (E 64 171); aber auch ein solcher, in dem die unsittlichen Zwecke unter verschleiernden Bezeichnungen (Massageinstitut u. dgl.) verfolgt werden. Wirtschaftliche Abhängigkeit als ratio legis auch hier zu fordern (bestr.). Zum Begriff des bordellartigen Betriebes, zu seiner Abgrenzung vom Wohnungsgewähren i. S. des Abs. 3 und zum Verh. der Abs. 1 und 2 vgl. LG Mainz NJW 66 1570. — Mit Recht weisen Dreher-Maassen N. 6 darauf hin, daß die in vielen Großstädten von der Polizei geduldete Praxis in unvereinbarem Widerspruch zu Abs. 2 steht. V. Ausnahme: Abs. 3. Über ihre Gründe s. Anm. I a. E. Sie gilt nicht f ü r § 181: Tübingen DRZ 50 163. Wohnung gewähren gilt hiernach, unter den Voraussetzungen des Abs. 1, als strafbare Kuppelei nur gegenüber J u g e n d l i c h e n ; sonst erst, wenn die verkuppelte Person zugleich ausgebeutet oder zur Unzucht angeworben oder angehalten wird. Durch Abs. 3 soll aber „nur dem vorgebeugt werden, daß ein Vermieter schon deshalb, weil er einem Straßenmädchen Wohnung gibt, wegen K. bestraft wird. Es soll nicht dem Vermieter ein Freibrief gegeben werden f ü r alle möglichen KHandlungen, die mit der Wohnungsvermietimg an sich nichts zu tun haben". D J 37 897. Vgl. auch E 64 110, H R R 37 898 u. 899, DR 43 483,

Sittlichkeitsdelikte § 180

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Übersicht in BGHSt. 9 75ff. Ein Absteigequartier ist keine Wohnung: E 62 221. — Jener Hauptzweck des Gesetzes: Dirnen eine Wohnung zu ermöglichen, ist aber nicht der einzige. Auch die Duldung n i c h t g e w e r b s m ä ß i g e r Unzucht in vermieteten Zimmern ist dann strafbare Kuppelei, wenn sie „gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz" geschieht. E 71 293. — Wohnung gewähren kann auch, wer keinen Wohnsitz an dem betr. Ort hat: Bremen MDR 51 53. — Im einzelnen: 1. Ausbeutung liegt nicht ohne weiteres in der Ausbedingung einer die ortsübliche oder vorgeschriebene Höhe übersteigenden Miete; ein angemessener Zuschlag für Sonderausgaben und Unannehmlichkeiten, die mit der Zimmervermietung an eine Prostituierte verbunden sind, ist zulässig. Aber die Z w a n g s l a g e , in der die Prostituierte sich befindet, darf nicht ausgebeutet werden. Gegenüber Mietern, die Unzucht, aber nicht gewerbsmäßig, treiben, ist schon jener „Unbequemlichkeitszuschlag" eine eigennützige Ausbeutung, die zur Bestrafung wegen Kuppelei führt. Vgl. E 53 286, 62 341, 63 166, 71 293. Auch wenn die überhöhte Miete dem Liebhaber abverlangt wird: BayObLGSt. 1 616, BGHSt. 10 192 (mit Übersicht). Zu diesen Fragen Becker, Der Unbequemlichkeitszuschlag, FamRZ 56,8. (u. a. gegen die Auslegung des „Unbequemlichkeitszuschlages" in BayObLGSt. 5 55). 2. Anwerben: auf längere Dauer der Unzucht zuführen. Vgl. E 15 361. 3. Anhalten: auf jemand einwirken, daß er bei der schon ausgeübten Unzucht bleibt, Bremen MDR 51 53. VI. Der Verkuppelte soll wegen Anstiftung strafbar sein können (E 25 369, BGHSt. 10 386, N J W 58 349 = BGHSt. 11 94, str.); wegen Beihilfe nur, wenn sein Tun über das beförderte Unzuchttreiben (d. h. über sog. n o t w e n d i g e T e i l nahme) hinausgeht: H R R 39 1379. Zu diesem Begriff und den Bedenken gegen die Rspr.: Lange, Notw. Teilnahme S. 79ff. Ablehnend bereits Frank § 180 VII, Gerland S. 417, ferner Olsh. 12 Anm. 14, Welzel § 63 IV l a 6. Wie die Rspr.: L K 8 Anm. 8, Schönke-Schröder VII, Maurach 401. Vgl. auch oben zu I sowie Entw. 1959 § 232 Abs. 4. VII. Vorsatz, der Unzucht Vorschub zu leisten, kann auch dol. ev. sein: Düsseldorf JMB1 NRW 50 82, vgl. aber oben Anm. I I 3. — Betr. K. durch Unterlassen: E 77 127, aber auch BGH FamRZ 56 81: Der innere Tatbestand der Kuppelei setzt voraus, daß der Täter weiß, zum Einschreiten rechtlich verpflichtet zu sein und durch seine Versäumnis günstigere Bedingungen für die Unzucht zu schaffen; hierzu gehört, daß er ein ihm zumutbares Mittel kennt, die Unzucht zu verhindern oder wenigstens zu erschweren. — Betr. Bew. d. Rechtswidrigkeit vgl. BGHSt. 6 59; dort S. 58 auch die Erwägung, ob u. U. trotz vorsätzlichen Handelns Schuld wegen Unzumutbarkeit ausgeschlossen. VIII. Idealkonkurrenz mit Beihilfe zu Unzuchtsdelikten, soweit diese strafbar. Aber auch Alternativität kommt hier in Betracht. Nach BGH N J W 56 312 besteht zwischen § 180 Abs. 1 und § 181 keine Gesetzeseinheit, ist vielmehr Tateinheit möglich; vgl. jedoch § 181 Anm. I. IX. Prozessuales. In Fällen der Kuppelei nach § 180 ist die verkuppelte Person nicht Verletzter i. S. des § 61 Ziff. 2 StPO: BGHSt. 9 71, im Anschluß an E 69 107. 28*

436 Schwere

Sittlichkeitsdelikte § 181 Kuppelei

§181 (1) Die Kuppelei ist, selbst wenn sie weder gewohnheitsmäßig noch aus Eigennutz betrieben wird, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu bestrafen, wenn 1. um der Unzucht Vorschub zu leisten, hinterlistige Kunstgriffe angewendet werden, oder 2. der Schuldige zu der verkuppelten Person in dem Verhältnisse des Ehemanns zur Ehefrau, von Eltern zu Kindern, von Vormündern zu Pflegebefohlenen, von Geistlichen, Lehrern oder Erziehern zu den von ihnen zu unterrichtenden oder zu erziehenden Personen steht. (2) Neben der Zuchthausstrafe ist der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auszusprechen; auch kann zugleich auf Geldstrafe sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. (8) Sind im Falle des Abs. 1 Nr. 2 mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein, neben welcher auf Geldstrafe erkannt werden kann. I. Begriffsbestimmung: § 180 Abs. 1 und 2. — Ergänzend: §48 Ges. über das Auswanderungswesen v. 9. 6. 1897. — § 180 Abs. 3 gilt f ü r § 181 nicht: Tübingen D R Z 50 163. — § 181 ist ein erschwerter Fall der Kuppelei, so daß § 50 Abs. 2 Anwendung findet. So LK N. 1, Mezger StB I I § 29 IV, Dreher-Maassen N. 1 A. A. die meisten und BGH N J W 66 312: Sondertatbestand. II. Die Handlung, § 180 Anm. I I 3, ist, auch wenn weder gewohnheitsmäßig noch eigennützig, qualifiziert entweder durch 1. Hinterlistige Kunstgriffe, z. B. ein Mädchen wird durch die Vorspiegelung einer Berufsausbildung ins Bordell gelockt, RG J W 30 1593; vgl. auch H R R 36 162. Hinterlistig handelt, wer die Frau planmäßig durch scheinbar harmloses Verhalten über seine Absichten täuscht und sie in Sorglosigkeit wiegt, um sie unerwarteten unsittlichen Zumutungen gefügig zu machen: LM Nr. 3 zu § 181 Abs. 1 Ziff. 1 (Hülle), E 22 312. - Oder durch 2. Sittlich begründete oder auf Autoritätsstellungen beruhende Schutzverhältnisse. Nicht: Ehefrau zu Ehemann: D R 43 578, BGHSt. 6 167 (Art.3 GG). — Auch Stiefeltern (E 6 338, 21257) und Pflegeeltern (E 46 150, D R 42 1646); aber nur, soweit sie eine elternähnliche Stellung tatsächlich innehaben (BGH LM Nr. 5 zu §181 Abs. 1 Ziff. 2) und solange diese währt: Stiefeltern also nicht mehr nach Auflösung der Ehe (E 62114); nicht Schwiegereltern (E 36 184). Hierher gehört auch der Ehemann der außerehelichen Mutter (E 21257); eine Mutter im Verhältnis zu ihrem großjährigen Sohne (E 16 49); Vater einer verheirateten minderjährigen Tochter nur in seiner Stellung als Haushaltungsvorstand und falls Tochter noch bei ihm wohnt (BGH LM Nr. 3 zu § 181 Abs. 1 Ziff. 2). Grenzen zumutbaren Einschreitens: DR 43 1036 und jetzt grundsätzlich BGHSt. (Gr. Sen.) 6 57 (z. B. Eltern nicht zumutbar, Jugendamt oder Polizei in Anspruch zu nehmen; strengere Anforderungen an Vormünder, Geistliche, Lehrer, Erzieher). Die Entsch. betrifft nur Unterlassungen, Vgl. über sie oben § 180 Anm. I I I , auch I I 3 und VII. — Erzieher ist, wer auf Grund seines B e r u f s Erziehungsaufgaben wahrzunehmen hat, BGHSt. 6 369 (nicht = anvertraut i. S. d. § 174).

Sittlichkeitsdelikte § 181a

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Strafgrund ist nach BGH für Eltern (BGHSt. 5 185) und Ehemann (BGHSt. 6 170) nicht das Autoritäts- oder Schutzverhältnis, sondern der schwere Sittenverstoß; so die Motive zur lex Heinze v. 25. 6. 10, auf die sich BGHSt. 5 185 stützt, um eine am 24jährigen Sohn begangene Kuppelei als Verbrechen zu strafen. Anders mit Recht das RG: E 6 341, DR 43 579, Maurach Bes. T. 402: Wesentlich ist, daß ein Schutzverhältnis besteht. BGHSt. 6 171 weist selbst auf die tiefgreifenden Wandlungen seit 1900 hin; das gilt nicht nur für die Stellung der Frau. — Tatsächliches Abhängigkeitsverhältnis nicht erf.: Tübingen DRZ 50 163. III. Verkoppelt wird nicht nur der passive, sondern auch der aktive Partner der unz. Hdlg. (str.); Schutzverhältnis zu einem der beiden genügt daher: E 16 49. Der Verkuppelte kann sich als notwendiger Teilnehmer, und zwar Opfer der Handlung, niemals nach § 181 strafbar machen, vgl. § 180 Anm. VI. IV. Wegen Konkurrenzen vgl. E 42 203. — Tateinheit mit kuppl. Zuhälterei: BGH NJW 52 796, dgl. mit § 180 Abs. 1: BGH NJW 56 312 (vgl. hierzu jedoch oben Anm. I). V. § 181 ist „Verbrechen", V e r s u c h also strafbar. H R R 37 206 nimmt solchen an, wenn die Mutter irrig glaubte, günstigere Bedingungen f ü r die U. zu schaffen. — Nach BGHSt. 1 116 genügt Aufforderung eines Mannes an Dritte, mit seiner Frau zu verkehren (dazu Hülle LM Nr. 1 zu § 180). Zuhälterei

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§ 181 a

(1) Eine männliche Person, welche von einer Frau, die gewerbsmäßig Unzucht treibt, unter Ausbeutung ihres unsittlichen Erwerbes ganz oder teilweise den Lebensunterhalt bezieht, oder welche einer solchen Frau gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz in bezug auf die Ausübung des unzüchtigen Gewerbes Schutz gewährt oder sonst förderlich ist (Zuhälter), wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Bei mildernden Umständen ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. (3) Neben der Strafe kann auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. I. Entstehung und Grundgedanken. — Der §181a wurde eingefügt durch G v. 25. 6. 00. Dies wollte „das Zuhältertum als solches" treffen. Es tat dies, indem es polizeiliche und strafrechtliche Gedanken mischte. Es stellte zwar zwei Straftatbestände auf (1. Ausbeutung, 2. Förderung der weiblich. Gewerbsunzucht). Neuartig war aber zweierlei: Einmal, daß dem ersten Tatbestand ein schutzwürdiges Rechtsgut fehlt, dessen Verletzung oder Gefährdung bestraft wird. Denn die Prostituierte gegen Ausbeutung zu schützen, war nicht beabsichtigt. Der zweite Tatbestand dagegen enthält in dieser Hinsicht nichts besonderes: er straft einen Sonderfall der Kuppelei (a. A. Welzel § 63 IV 2 b). Neu war aber ferner, daß beiden Tatbeständen der Zusatz „Zuhälter" beigefügt wurde, der ihrer Auslegung und Abgrenzung dienen soll, indem er auf charakteristische persönliche Beziehungen zu Dirnen von einer gewissen Dauer hinweist (BGH 3 St 655/52 v. 20. 11. 55), die eingehend darzulegen sind (MDR 55 307); vgl. schon E 73 183. Denn obwohl für den Zuhälter Aus-

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Sittlichkeitsdelikte § 181a

beutung sowohl wie Förderung der Gewerbsunzucht charakteristisch sind, so ist doch keineswegs umgekehrt jeder, der einen solchen T B . verwirklicht, ein Zuhälter. Dieser der Polizei wie der Kriminologie bekannte Typ verlangt persönliche Beziehungen von nicht nur vorübergehender Art, in denen sowohl das Parasitendasein des Ausbeuters wie andrerseits das „zu ihr halten" zum Ausdruck kommt. So hier seit der 32. Aufl. Ähnlich sodann E 73 183 und der Sache nach jetzt BGHSt. 4 316 (im Anschluß an E 71 279). Bedenken bei Dahm in ZAk. 39, 528. Richtig ist, daß das kriminologische Bild nicht einheitlich und noch nicht abgeschlossen ist. (Nachweisungen bei Schönke-Schröder I I , weiteres in MoKrimPsych., insbes. Bd. 18). Die meisten Untersuchungen stimmen darin überein, daß es sich typischerweise um arbeitsscheue, kriminellbereite, psychopathisch belastete Menschen handelt, jedoch gerade n i c h t um Gewalttäter und sonstige Schwerkriminelle, wie die Motive der lex Heinze annehmen. Dazu Jäger a. a. O. 92 ff. § 181 a ist ein Vorläufer des neuerdings viel erörterten Gedankens, einen bestimmten Tätertyp unter Strafe zu stellen, und zwar in zweifacher Art: Der ausb e u t e r i s c h e Zuhälter ist, vom Standpunkt der üblichen Tatbestandstechnik aus, ein r e i n e r Tätertyp. E r wird überhaupt nicht dafür bestraft, daß er die Dirne ausbeutet, denn § 181a ist nicht zum Schutz der Dirne gegeben worden, sondern sehon dafür, daß er, wie sich hierin zeigt, ein Zuhälter ist. Denn der typische „Zuhälter" ist häufig ein werdender Verbrecher. In dieser Richtung liegt H R R 42 239: Der Typ „Zuhälter" könne verneint werden, wenn der Täter die Dirne ernstlich liebe, sie heiraten wolle und versuche, sie von ihrem unsittlichen Gewerbe abzubringen. — Der k u p p l e r i s c h e Zuhälter dagegen wird für das bestraft, was er t u t : Förderung fremder Unzucht; freilich n u r , wenn er ein Z u h ä l t e r ist (andernfalls u. U. nach §§ 180, 181, aber dies ändert nichts an der Bedeutung des § 181a). Parallelen zum ersten Tatbestand der Ausbeutung sind die „Straf"-Bestimmungen gegen die reinen Tätertypen der Landstreicher, Bettler, Spieler und Müßiggänger (§ 361 Nr. 3 bis 5); auch der Spieler der §§ 284a, 285 und der Strichjunge des § 175a Nr. 4 a. E. sind in diesem Sinne reine Tätertypen. Aus der späteren Literatur zum „Tätertyp", die aber z. T. andere Probleme betrifft, vgl. insbes. Bockelmann, Studien zum Täterstrafrecht I I (1940), S. 56ff. Statistische Feststellungen über den Zuhältertyp: Hauke in Arch. f. Kriminologie 107 (1940) 22ff.; die Folgerungen hieraus werden freilich nicht allgemein geteilt. Verschärfung der Strafe durch das Gewohnheitsverbrecherges. v. 24. 11. 33. Ihre Beibehaltung durch das 3. StÄG enthebt nicht genauer Nachprüfung bei der Gesamtreform, da gerade die hier vorausgesetzte enge Beziehung zur Schwerkriminalität sehr umstritten ist, s. o. Da aber infolge der Neufassung der V e r s u c h s t r a f b a r ist, muß er folgerichtig auf die Betätigung als typischer Zuhälter abgestellt werden: unten Anm. V gegen BGHSt. 6 98. IL „Gewerbsmäßige Unzucht" (Prostitution) treibt eine Frau, die sich einem individuell nicht bestimmten Kreis von Männern gegen Entgelt geschlechtlich preisgibt. E 45 264. III. Täter kann nur ein Mann sein, der sich entweder von der Dirne unter Ausbeutung ihres Erwerbs aushalten läßt (ausbeuterischer Zuhälter) oder sie in ihrem Gewerbe aus Eigennutz schützt oder sonst fördert (kupplerischer Zuhälter). Vgl. BGHSt. 6 99. Wer vom Gewinn einer früher betriebenen Unzucht lebt, ist nicht Z.: E 48 426. — Im einzelnen zur a u s b e u t e r i s c h e n Z.:

Sittlichkeitsdelikte § 182

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1. Ausbeutung: Bewußte Ausnutzung der Gewerbsunzucht als Erwerbsquelle. Vgl. E 57 58. Auch bei Annahme wiederholter Vorteile von der Dirne nur dann, wenn dies der eigentliche Zweck der Verbindung mit ihr ist, er aus eigennützigen Beweggründen an dem Unzuchtsgewerbe interessiert ist (nicht z. B. geschlechtliche Interessen). BGH St. 6 98, ebenso NJW 53 1923 (nicht, wenn es dem Mann auf die persönlichen Beziehungen ankommt). — Nicht im Falle eines gesetzlichen Anspruchs; z. B. des Unterhaltsanspruchs des Sohnes gegen die Mutter; des Honoraranspruchs des Arztes. Vgl. E 34 74. — Nach HRR 37 611 ist der Ehemann als Zuhälter strafbar, wenn er aus dem eingebrachten Gut seiner der Gewerbsunzucht nachgehenden Frau seinen Lebensunterhalt teilweise bestreitet. —• Auch bei gemeinsamem Haushalt ohne Ehe ist der Mann nur dann Z., wenn seine Beiträge den Wert dessen, was er im Haushalt genießt, nicht erreichen: E 71 279, BGHSt. 4 316 = JZ 53 764 (Anm. Bohne) unter Aufgabe von JZ 52 533. 2. Beziehen des Lebensunterhalts: Gelegentliche Zuwendungen genügen nicht. E 35 92. Aber z. B. Geldbeträge für ein vom Täter betriebenes Erwerbsgeschäft; auch Darlehen hierfür. E 41 340, 45 264. — Nach H R R 40 388 ist kein Z., wer von der Dirne nur Geschenke annimmt, durch die er für die bevorstehende Ehe mit ihr ausgestattet werden soll. Zur k u p p l e r i s c h e n Zuhälterei: 3. Gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz usw.: Vgl. § 180 Anm. I I 1—3. — Zwar leistet der Z. auch der Unzucht Vorschub, doch nicht notwendig u n m i t t e l bar der einzelnen Unzuchthandlung. Vgl. auch E 35 56, 63 88. Verurteilung wegen kupplerischer Zuhälterei durch Förderlichsein erfordert nach BGH LM Nr. 6 zu § 181a eine besonders eingehende Darlegung aller Umstände, aus denen das vom Gesetz vorausgesetzte pers. Verhältnis zwischen Z. und Dirne entnommen wird. IV. Zum inneren Tatbestand gehört im 1. Fall das Bewußtsein, die Dirne auszubeuten: BGHSt. 4 320. Über die Bedeutung der Klammerdefinition vgl. Anm. I (gegen 34 72, 35 60). V. Versuch strafbar. Aber der Mann, der eine Frau unter schweren Drohungen auf die Straße schickt, soll nach BGHSt. 6 98 nur eine Vorbereitung begangen haben. Das geschützte Rechtsgut sei noch nicht gefährdet. Demgegenüber vgl. oben Anm. I. Als typischer Zuhälter hat er sich bereits betätigt, auch wenn die Frau noch nicht gew. Unzucht trieb. Daher Versuch. VI. IdKonk. § 181a 1. Fall mit § 181, 2: E 63 86, 71 199, BGH NJW 52 796 (a. A. Welzel §63 IV 2b: Konsumtion), während § 181a 2. Fall die e i n f a c h e Kuppelei als Spezialgesetz ausschließt (a. A. insoweit Mezger StB I I § 29 V: § 73). Ebenso nach E 67 385 (gegen 41 340), BGH NJW 52 796. § 181 a 2. Fall IdKonk. mit § 223: E 55 95. — In beiden Fällen f o r t g e s e t z t e H d l g . möglich, auch gegenüber mehreren Dirnen: E 70 150. Verjährung

§182

(1) Wer ein unbescholtenes Mädchen, welches das sechzehnte Lebensjahr nicht vollendet hat, zum Beischlafe verführt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft.

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Sittlichkeitsdelikte § 183

(2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der Eltern oder des Vormundes der Verführten ein. I. Unbescholtenheit: Frühere Verführung beseitigt nicht notwendig die Unbescholtenheit, bes. wenn sie auf Unerfahrenheit, Abhängigkeitsdruck od. dgl. beruhte. Vgl. BGHSt. 7 101, E 37 94, 35 45, J W 38 168. Insoweit ungenau Braunschweig N J W 53 1223 {Zivilurteil), zutr. aber darin, daß es (entgegen RGZ zu § 1300 BGB) nicht auf den Ruf, sondern die Integrität der Geschlechtsehre ankommt (unbescholten = nicht scheltbar). — Als negativer Begriff ist die Unbescholtenheit so lange anzunehmen, bis das Gegenteil feststeht, E 37 94, B G H N J W 51 530. Zu dem Fall, daß der Täter selbst das Mädchen „bescholten" gemacht hatte, LG Kaiserslautern J Z 56 182, dagegen zutr. Bruns J Z 56, 147 ff. II. Verführung: Überwindung ernstlichen Widerstandes ist nicht erforderlich, sondern nur Dienstbarmachen des Willens eines Mädchens zum Beischlaf, den es „ a n sich nicht will": J W 39 541. Vgl. auch E 6 135, 10 95, 53 130. - Bewußtsein des Mädchens, worum es sich handelt, ist nicht erforderlich. § 182 beabsichtigt gerade den Schutz der Unerfahrenheit: E 6 135, 10 95; aber auch der geringen Widerstandskraft: BGHSt. 7 101 wie Rspr. 7 172, in Fällen, wo der Täter dem Mädchen durch eine gewisse Gewaltanwendung Angst eingeflößt hatte und sie deshalb, nicht aus vom Täter erregter ge3chl. Lust, den Beischlaf duldete. Vollendet ist das Delikt erst mit vollzogenem Beischlaf. III. Der Vorsatz muß sich auf die Unbesch. erstrecken. Bloße Zweifel schließen ihn nicht aus, falls es dem Täter darauf nicht ankam (bed. Vorsatz): J W 35 525, E 37 94, BGH N J W 51 530. IV. Antragsberechtigte: Vater oder Mutter, nicht bloß beide zusammen: E 18 101. Auch unehel. Mutter: E 3 89; auch Stiefeltern: K G in DStrR 38 169. V. Idealkonkurrenz möglich m i t § 176 Nr. 3 (E 46 139), mit § 173, auch mit § 185; hierzu § 185 Anm. VI, vgl. aber auch BGHSt. 8 357 mit Nachw.: Tateinheit mit § 185 nur, wenn die Umstände eine über die Vornahme des Geschlechtsverkehrs hinausgehende Ehrverletzung ergeben, sonst Konsumtion.

Öffentliche

Erregung

eines geschlechtlichen

Ärgernisses

§183 (1) Wer durch eine unzüchtige Handlung öffentlich ein Ärgernis gibt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. I. Scliutzzweck: § 183 will nicht den einzelnen gegen bestimmte Handlungen, sondern d a s d u r c h s c h n i t t l i c h e S c h a m - u n d S i t t l i c h k e i t s g e f ü h l d e r A l l g e m e i n h e i t (BGHSt. 10 194, N J W 58 1788) g e g e n d a s W a h r n e h m e n m ü s s e n schützen. Deshalb m u ß sich zwar auch hier die Handlung auf das Geschlechtsleben beziehen, braucht aber nicht in der Absicht begangen zu sein, die eigene Sinneslust oder die eines anderen zu reizen oder zu befriedigen. Sie braucht nicht einmal an u n d

Sittlichkeitsdelikte § 183

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für sich schon unzüchtig zu sein; eine auf das Geschlechtsleben bezügliche Handlung wird dadurch unzüchtig, daß sie (u. U. von Eheleuten) öffentlich vorgenommen wird. Vgl. E 28 77, 61167, 53 139, 68 193: Handeln aus Mutwillen. - Unzüchtige R e d e n sind für die natürliche Auffassung, nach den Motiven (Frank 11) und nach dem Schutzzweck, auch im Hinblick auf die Strafhöhe und Abs. 2, keine unz. Handlung i. S. d. § 183. So jetzt auch BGHSt. 12 42 mit eing. Nachw.; anders früher das RG: E 23 233, 70 159, H R R 39 1486 und in neuerer Zeit noch OLG Oldenburg NJW 581647. - BGHSt. 5 283: öff. Verrichtung der Notdurft nur, wenn der Täter bei Zusehenden geschlechtliche Vorstellungen erwecken wollte. — BGH JZ 51 339: in der Handlung, nicht in einer vielleicht irrigen Vorstellung des Zusehenden von der Handlung muß das Ärgernis begründet sein. — Darüber, daß § 183 ganz überwiegend gegen Exhibitionisten angewendet wird, vgl. BGH N J W 58 1788. IL Öffentlich muß die ein Ärgernis erregende Handlung begangen sein, d. h. so, daß sie v o n u n b e s t i m m t w e l c h e n u n d wie v i e l e n P e r s o n e n w a h r g e n o m m e n w e r d e n k o n n t e . Umstrittene Voraussetzung! Einerlei ist es hierfür, ob sie tatsächlich von jemand (abgesehen natürlich von dem, der Ärgernis nahm) wahrgenommen wurde, ja ob überhaupt ein solcher anwesend war; wenn nur die Möglichkeit hierfür bestand. So schon die Mot. z. StGB S. 87 f.: Die Hdlg. müsse so vorgenommen worden sein, daß sie unbestimmt von welchen und wie vielen Personen habe wahrgenommen werden k ö n n e n . Sei sie dagegen nur für die Wahrnehmung gewisser Personen bestimmt gewesen und habe sie, von Zufälligkeiten abgesehen, auch nur von diesen bemerkt werden k ö n n e n , so sei sie nicht öffentlich vorgenommen worden. Das RG war nach längeren Abwegen (vgl. 38. Auflage) in E 73 90 (Anm. Mezger in ZAk. 39, 162) zu dieser Ansicht zurückgekehrt. Ausdrücklich ebenso BGH: LM Nr.l (Krumme), BGHSt. 11 282 (Selbstbefriedigung vor dem Fenster eines Fabriksaals), NJW 58 1788. Unhaltbar das in ZAk. 38 316 veröffentlichte Urteil über den Astlochgucker (auch JW 38 1315, DJ 38 640). Es wird kurz und treffend abgelehnt in E 73385. — Vorgänge in einem auf öffentlichem Gelände liegenden Zelt deshalb noch nicht öffentlich: BGH JZ 51 339. Im Gegensatz zu der auch in der Lit. h. M., wonach es auf die Öffentlichkeit der H a n d l u n g ankommt (vgl. Frank I 2, Mezger StB I I § 31, Schönke-Schröder III), meinten DreherMaassen2 Anm. 4, daß sich „öffentlich" nicht auf die Hdlg., sondern auf „Ärgernis" beziehe, was dem Gesetzestext näher kommt, aber doch wohl dem Schuldgrundsatz weniger entspricht. — Die aus dem Sinn und Zweck des § 183 folgende Abgrenzung des Begriffs „öffentlich" gilt n i c h t ohne weiteres auch f ü r a n d e r e Bes t i m m u n g e n . Vgl. insbes. § 110 mit Anm. sowie auch insoweit BGH NJW 58 1788. III. Daß mindestens eine Person Ärgernis tatsächlich genommen hat, ist erforderlich; mit der Erweiterung des Öffentlichkeit-Begriffs durch die Rechtsprechung hat das nichts zu tun. E 2 196, 51 167, HRR 41 734. Daß „einer" Ärgernis genommen h a t , genügt aber; wenn nur „viele" wahrnehmen k o n n t e n . E 53 139. Nur ein Vergehen, wenn mehrere an einer Hdlg. Anstoß nehmen: BGH St. 4 303. IV. Der Vorsatz muß die Öffentlichkeit und die Möglichkeit der Ärgerniserregung umfassen: E 51 167 sowie J W 37 166, denen sich BGH JZ 51 339 anschließt: wer alles tut, um die Öffentlichkeit auszuschließen, dem wird nach Lage der Dinge das Bewußtsein der öff. fehlen. Dieser Entsch. ist gegen LM Nr. 5 zuzustimmen. — Unhaltbar E 70 159 (betr. § 330a). Vgl. noch Hamm JMB1. NRW 54 118 und 55130.

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Sittlichkeitsdelikte § 184

V. IdKonk. möglich mit § 185: H R R 38 1241, 39 543. - Mit § 176 Nr. 3: BGH N J W 53 710. Verbreitung unzüchtiger Schriften usw.

§ 184 (1) Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 1. unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen feilhält, verkauft, verteilt, an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt oder sonst verbreitet, sie zum Zwecke der Verbreitung herstellt oder zu demselben Zwecke vorrätig hält, ankündigt oder anpreist; 2. unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen einer Person unter sechzehn Jahren gegen Entgelt überläßt oder anbietet; 3. Gegenstände, die zu unzüchtigem Gebrauche bestimmt sind, an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder solche Gegenstände dem Publikum ankündigt oder anpreist; 3a. in einer Sitte oder Anstand verletzenden Weise Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten dienen, öffentlich ankündigt, anpreist oder solche Mittel oder Gegenstände an einem dem Publikum zugänglichen Orte ausstellt; 4. öffentliche Ankündigungen erläßt, welche dazu bestimmt sind, unzüchtigen Verkehr herbeizuführen. (2) Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Schrifttum: P e t e r s J R 50, 97: Der Begriff des Unzüchtigen in § 184. — D e r s e l b e , JZ 53, 207: Aktaufnahmen usw. — B e c k e r , N J W 51, 259: Jugendgefährdende Schriften usw. — J ä g e r , Strafgesetzgebung usw. bei Sittl.Del. (Beitr. zur Sexualforschung 12. Heft) 1957, 97ff. - M a y N J W 58, 1621: Zum Begriff der Unzüchtigkeit in § 184. I. Fassung des G v. 25. 6. 00 und (Einfügung von Ziffer 3 a) des GeschlKrG v. 18. 2. 27. - Ergänzend: §§ 3 - 5 G über jugendgef. Schriften v. 9. 6. 53 (BGBl. I 377), GewO. § 56 Abs. 3 i.V. m. § 148 Abs. 1 Ziff. 7a. - Vgl. ferner §§ 184a und b. II. „Schrift": „Festlegung von Gedankenäußerungen durch irgendwelche Zeichen, welche dazu bestimmt und geeignet sind, sie dem menschlichen Verständnis zu vermitteln". Auch Noten, Bilder, Zahlen, Blindenschrift, Grammophonplatten: E 47 223. § 84 ergibt kein arg. e contr., soweit er Schallaufnahmen ausdrücklich nennt, da dies nur deklatorisch geschieht. — „Darstellungen" im weitesten Sinne (Schriften und Abbildungen mit umfassend), auch schauspielerische Veranschaulichungen. E 47 404. IH. „Unzüchtig" sind Schriften, Abbildungen oder Darstellungen, wenn sie objektiv geeignet sind, das Scham- oder Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung zu verletzen. Der Begriff ist für § 184 selbständig zu begründen (so zutr. Peters

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J Z 53, 210). Daraus, daß die H e r s t e l l u n g einer Aktaufnahme eine unz. Hdlg. i. S. d. § 176 Ziff. 3 ist, folgt noch nicht die Unzüchtigkeit der Darstellung: R G H R R 35 147. Zum Begriff: a) Objektive Geeignetheit entscheidet. Unzüchtige Zwecke genügen nicht (E 24 365), einwandfrie Zwecke entschuldigen nicht (E 26 370). Dazu Jäger a. a. O. 107 ff. Nicht entscheidend auch die Gedanken, zu denen die Darstellung anregen soll oder vielleicht könnte (E 48 220, 61 293, 379). Objektive, auf das Geschlechtliche gerichtete Zweckbestimmung, die mit dem Gegenstand unmittelbar verknüpft sein muß : BGHSt. 5 348. — b) Hierbei ist die Darstellung als Ganzes zu werten; ihr Gesamtcharakter muß unzüchtig sein (E 27 114, 44 178, 29 133, 31 260, 23 388). Demgegenüber soll trotz Anerkennung eines Gesamtwerks als nicht unzüchtigen Kunstwerks die aus dem Zusammenhang herausgelöste Schilderung geschlechlicher Vorgänge unz. sein können (Celle N J W 53 1317) und umgekehrt die Verbindung von Aktphotos mit Erzählungen „gewagten Inhalts in kolportagehafter Aufmachung" eine Schrift unzüchtig machen können, auch wenn es weder Erzählungen noch Photos für sich allein sind (Neustadt J R 52 287). Dem ist nicht schon bei Fehlen künstlerischer Absichten und künstlerischen Wertes, sondern allenfalls unter den zusätzlichen Voraussetzungen des BGHSt. 5 347 zuzustimmen; s. u. zu d) und oben zu a) darüber, daß obj. Eignung entscheidet. Die Abbildung von hygienischen Gebrauchsartikeln (Intrauterinspritzen usw.) ist nicht schon deshalb eine unzüchtige, weil solche „ a u c h " zu unsittlichen Zwecken dienen können (E 57 309). — c) Das Scham- und Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung m u ß verletzt sein ; bloße Roheiten und Unanständigkeiten werden nicht betroffen (E 17 115, 31261, 36 312, 61293 und 379). - d) „ D e n M a ß s t a b h a t d a s g e s u n d e Durchschnittsempfinden d e r G e s a m t h e i t zu liefern"; lebensfremde Prüderien einzelner zu schützen ist nicht der Sinn des Gesetzes (BGHSt. 3 296, im Anschluß a n E 32 419, 37315, 44178). Maßgebend nach BGH 4 S t R 555/57 (unveröff., vgl. Seibert MDR 58, 831) der normal empfindende Mensch. „Mag dieser Kreis infolge der zunehmenden Verflachung und ungünstiger anderer Einflüsse . . . kleiner geworden sein, so besteht er in wesentlichem Umfang doch nach wie vor." Damit wird aber die quantitative Seite des vieldeutigen Normbegriffs in einer Weise überbetont, die dem Wesen der Kunst nicht gerecht wird und das, was unter „ u n züchtig" zu verstehen ist, vom Wandel des Massengeschmacks abhängig macht. Kritisch zur „Normalität" auch Jäger a. a. O. 97ff., lOOff. Wendet sich eine Schrift an bestimmte Leserkreise, so kann es auch davon abhängen, ob sie unz. ist; ebenso von sonstigen Umständen (Zweck und Art der Verwendung) : BGHSt. 3 297 mit Nachweisungen und dem zutr. Hinweis, daß die Anschauungen homosexueller Kreise nicht maßgeblich sind. (Relativität der Unzüchtigkeit.) Vgl. auch Celle N d s R p f l 56 99. — Die Darstellung des nackten weiblichen Körpers, ist, auch wenn die Geschlechtsmerkmale gezeigt werden, ¡erst dann unzüchtig, wenn die Stellung eigens gewählt wurde, u m sie zu zeigen und damit eine Beziehung zu einem geschlechtlichen Vorgang zu betonen: BGHSt. 5 347 wie E 61 294/295. Vgl. hierzu auch Oldenburg J R 52 113 (gegen übermäßige Ausdehnung des Begriffs), ferner E 61 382 betr. betonte Bereitwilligkeit zur Hingabe im Gesichtsausdruck. — Nicht unzüchtig ist eine Anzeige, durch die jemand eine „ F K K bejahende" Ferienpartnerin sucht: B G H 5 S t R 364/53 v. 15. 12. 53, F a m R Z 54 49 (bedenklich a. a. O. die Ansicht, durch eine Anhäufung von Anzeigen, die jede f ü r sich nicht unz. sind, könne eine unz. Schrift als Ganzes entstehen, wenn ein geistiges Band zwischen ihnen hergestellt werde; dazu auch oben zu a).

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IV. Die Handlungsweisen der Ziff. 1 sind gleichwertig, deshalb nur e i n e Straftat, wenn der Täter den Tatbest. hinsichtlich desselben Gegenstandes mehrfach erfüllt: B G H S t . 5 381. Sie bestehen im Verbreiten und den gleichgestellten Vorbereitungshandlungen. J 1. Verbreiten bedeutet körperliche Weitergabe der Schrift usw. mit dem Ziel, sie einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen: BayObLG MDR 58 4 4 3 ; Herstellung der Negative, wenn erst die Abzüge verkauft werden sollten, daher straflose vorber. Hdlg. Verbreiten ist Oberbegriff für Feilhalten usw., vgl. E 6 46, B G H S t . 5 383. Bloßes Vorlesen genügt nicht: E 47 226. Im einzelnen: a) Verkaufen und Verteilen sind ledigl. Arten der Verbreitung. b) Ausstellen: Möglich auch durch öffentliches Vorzeigen: Rechtspr. 9 196. —• Entspricht dem „Auslegen" des § 41 Abs. 2. — Soviel als „dem Anblick zugänglich machen", z. B . durch den F i l m : E 39 183. Nicht durch das Gehör (Grammophon): E 46 390, 47 223 (226). c) Anschlagen: Anschreiben oder Malen an eine Hauswand oder an eine Mauer: E 11 282. d) Sonstiges Verbreiten: Aushändigung an eine einzelne Person genügt, wenn damit gerechnet wird, daß diese den Gegenstand weiteren Personen mitteilen wird. Vgl. E 55 276. Überlassung unzüchtiger Schriften und Bilder an Dirnen, damit diese sie ihren Besuchern als Reizmittel zeigen: D J 37 897. e) „Publikum" gleich „Mehrheit unbestimmt welcher und wie vieler Personen" (E 55 92). Versendung an „Ärzte, Apotheker und Hebammen" ist nach E 48 60 Versendung an „Publikum". — Orte: auch offene, jedermann zugängliche Verkaufsräume, Schaukästen an der Straße, offene Hausflure. Nicht aber Privatgärten, Ateliers, Privatsammlungen; selbst dann nicht, wenn auf Nachsuchen e i n z e l n e n der Eintritt zur Besichtigung oder etwaigem Ankauf gestattet wird. Denn die Räume werden damit noch nicht dem P u b l i k u m zugänglich gemacht ( E 38 202, 34 81, 46 6). f) Der V e r l e g e r , der eine unzüchtige Schrift zwecks Verbreitung hergestellt, angekündigt und verbreitet hat, kann, wenn Verbreitung verjährt ist, gemäß PreßG §22 nicht noch wegen der Herstellung strafrechtlich verfolgt werden: E 38 71. 2. Vorbereitung des Verbreitens strafbar nur in den gesetzlich bestimmten Fällen (BayObLG M D R 58 443), nämlich durch: a) Herstellen. Dies ist nur strafbar, wenn die Verbreitungsabsicht zur Zeit der Herstellung besteht: Bamberg J R 51 505. b) Vorrätig halten: Auch möglich bei einem einzigen Exemplar: E 42 209. c) Nach Nr. 1 braucht die Ankündigung als solche nichts Unzüchtiges zu enthalten; aber das Angekündigte, auch wenn dies aus der Ankündigung nicht ersichtlich ist. Anders in Nr. 3. Vgl. E 57 359. Mit einem Buch ist nicht nur der Teil angekündigt, auf den die Ankündigung speziell hinweist, sondern der gesamte Inhalt. Mit einem Katalog wird auch der Inhalt der annoncierten Werke angekündigt: E 34 317. d) Angebliche Wissenschaftlichkeit einer Schrift hindert das Anpreisen im Sinne der Ziff. 1 nicht: E 37 142. Auch indirektes Anpreisen ist strafbar, wenn ein Durchschnittsleser erkennen kann, worum es sich handelt: E 38 202, 36 139. —• I n Ziff. 3 braucht das Anpreisen nicht zum Zwecke eines unzüchtigen Gebrauchs zu erfolgen: E 43 145, 46 6.

Sittlichkeitsdelikte § 184

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3. Schriften, Abbildungen, Darstellungen: vgl. Anm. II. V. Zu Zill. 2 vgl. jetzt § 3 JugendgefSchrGes. (oben Anm. I), doch geht die vorl. Stelle vor. Verbreitungsabsicht hier nicht erforderlich. — „Gegen Entgelt" bezieht sich auch auf das Anbieten: E 71 347. VI. Zu Ziff. 3. 1. Gegenstände, die zu unzüchtigem Gebrauche bestimmt sind. „Unzüchtig" ist an sich i. S. von Anm. V zu § 174 zu verstehen. Es kommt hier aber auf den o b j e k t i v e n Zweck an, nicht auf den im Einzelfall vom Käufer verfolgten (E 46 6 und 117; doch genügt es für die Bestimmung zu unz. Gebrauch nicht, daß der Gegenstand a u c h bei außerehelichem Verkehr angewendet werden könnte: Koblenz JZ 53 181). Gegenstände, die in der Heilkunde verwendet werden, gehören also nicht hierher, selbst wenn sie außerdem zu unzüchtigem Gebrauch dienen können (E 57 175 und 309). — Mittel, die G e s c h l e c h t s k r a n k h e i t e n v e r h ü t e n sollen, fallen nur unter Nr. 3a, und zwar auch dann, wenn sie gleichzeitig zu unzüchtigem Gebrauch bestimmt sind: BayObLG GA 1953 179. — Solche, die nur die E m p f ä n g n i s v e r h ü t e n sollen, erwähnt das Gesetz nicht. Unter Nr. 3 fallen sie jedenfalls nicht. Zutr. Koblenz JZ 53 181 (Anm. Bohne) betr. Pessare gegen E 46 6; Maurach Lb. Bes. T. S. 396; a. A. Schönke-Schröder IV 1. Vgl. aber Nr. 3 a. 2. öffentl. Ankündigen und Anpreisen: vgl. E 57 359 (dazu oben Anm. IV 2c) sowie E 43 145, 46 6, aber auch Koblenz JZ 53 181 (dazu oben Anm. IV 2 d und VII). VII. Zu Ziff. 3 a. Bei Gegenständen, die der Verhütung von Geschlechtskrankheiten dienen, muß die Handlung, über Nr. 3 hinaus, „Sitte oder Anstand verletzen". Dazu E 67 25. BayObLG GA 1953 179 und 1955 308 (auch oben Anm. VI 1), auch betr. öffentliche Anpreisung durch Versendung von Prospekten 'an Interessenten. Sehr weitgehend Württ.-Bad. VGH JZ 58446 betr. Automatenverkauf, gegen die neuere Rspr., die Auffälligkeit, Aufdringlichkeit u. dgl. fordert (so zutr. Hamm JMB1. NRW 58 111; einschränkend auch OVG Koblenz FamRZ 58 232 und, in geringerem Maße, OLG Düsseldorf JMinBlNRW 56 139). - Mittel, die die E m p f ä n g n i s v e r h ü t e n sollen, dienen meist gleichzeitig der Bek. v. GeschlKrankh.; verboten ist aber, sie in einer Anstand und Sitte verletzenden Weise zu vertreiben. Wegen Ankündigung usw. von A b t r e i b u n g s m i t t e l n vgl. jetzt § 219. — Dienen: d. h. im allgemeinen Gebrauch sind. E 62 400. VIII. Zu Ziff. 4: öffentliche Ankündigungen, die zur Herbeiführung unzüchtigen Verkehrs bestimmt sind: d . h . : „welche sich als dazu bestimmt geben, unzüchtigen Verkehr herbeiführen" (E 39 313). — öffentlich: vgl. Anm. VI 2. — Unzüchtiger Verkehr: Außerehelicher Geschlechtsverkehr, auch Päderastie und sog. lesbische Liebe und sonstige Abartigkeiten, auch wenn durchsichtig getarnt; nicht Heiratsgesuche als solche, es sei denn, daß sie die Anknüpfung unzüchtigen Verkehrs verschleiern sollen, dieser Zweck aber trotzdem erkennbar ist. E 36 388. IX. Vorsatz: Der Täter muß den Inhalt der Schrift usw., aus welchem ihre unzüchtige Natur folgt, kennen und wissen, daß er geeignet ist, das allg. Scham- und Sittlichkeitsgefühl zu verletzen (E 37 317); in Ziff. 2 ferner wissen, daß der Abnehmer unter 16 Jahre ist; dolus eventualis aber genügend. E 24 4, auch hins. der

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Sittlichkeitsdelikte §§ 184a, 184b

Unzüehtigkeit: Neustadt J R 53 463. Beachte aber (betr. Tatbestandsirrtum) B G H N J W 57389. In Ziff. 1 ist Verbreitungsabsicht erfordert, auch bei Herstellung (Bamberg J R 51 505), in Ziff. 2 nicht. Über die evtl. Prüfungspflicht des Kolporteurs (aus Ziff. 1) vgl. E 39 317. Zur Abgrenzung von Sachverhalts- und Verbotsirrtum hinsichtlich des Merkmals „unzüchtig": Hamm JMinBl. N R W 55 285. X. Zusammentreffen mehrererBegehungsweisen der Ziff. 1: e i n e Hdlg.; BGHSt. 5 381. — Tateinheit mit Beleidigung: BGH GA 1954 274 (betr. Ziff. 1). — Den in Anm. I gen. ergänz. Best, (außer § 184b) geht § 184 vor. XI. Einziehung, soweit nicht die bestimmungsgemäße Verwendung der Gegenstände selbst strafbar, nur bei öff. Ausstellung (und in gleichstehenden Fällen); vgl. R G GA Bd. 53 282, BayObLG GA 1953 180 (betr. Ziff. 3 a). XII. Prozessual vgl. BGHSt. 5 381: ein Verfahren betr. eine einzelne Schrift darf nicht zu Ende geführt werden, wenn gleichzeitig ein umfangreicheres, diese Schrift mit umfassendes anhängig ist.

Gejährdung der Jugend durch schamlose Schriften

§ 184 a Wer Schriften, Abbildungen oder Darstellungen, welche, ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl gröblich verletzen, einer Person unter sechzehn Jahren gegen Entgelt überläßt oder anbietet, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. Eingefügt durch G v. 25. 6. 00, um Darstellungen zu treffen, die zwar roh und unanständig sind, aber nicht gerade das g e s c h l e c h t l i c h e Scham- und Sittlichkeitsgefühl verletzen. Maßgebend das gesunde Durchschnittsempfinden des normalen Erwachsenen.

Ärgerniserregung durch Gerichtsberichterstattung

§ 184b Mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten wird bestraft, wer aus Gerichtsverhandlungen, für welche wegen Gefährdung der Sittlichkeit die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, oder aus den diesen Verhandlungen zugrunde liegenden amtlichen Schriftstücken öffentlich Mitteilungen macht, welche geeignet sind, Ärgernis zu erregen. I. Nach G v. 5. 4. 1888 Art. I I und I I I sind Mitteilungen aus geheimen Gerichtsverhandlungen strafbar, wenn die Öffentlichkeit wegen Gefährdung der S t a a t s s i c h e r h e i t ausgeschlossen war. § 184b (eingefügt durch G v. 25. 6. 1900) ergänzt jenes Gesetz f ü r Fälle, in denen die Öffentlichkeit wegen Gefährdung der S i t t l i c h k e i t ausgeschlossen war. Ueber diesen Ausschluß vgl. GVG § 173.

Beleidigung. Vorbemerkungen

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IL Erregung von Ärgernis nicht erforderlich; Eignung hierzu genügt; der Täter muß diese Eignung kennen. E 24 4. Vierzehnter Abschnitt

Beleidigung Vorbemerkungen Schrifttum: K e r n , Die Beleidigung, Festg. f. Frank I I 335. — D e r s e l b e , Der Ehrenschutz im künftigen Strafrecht, MatStrRRef. 1303. — S c h w i n g e , Zur Reform des Beleidigungsrechts, GA 1956, 309. — B r u n s , Zur Frage der passiven Beleidigungsfähigkeit handelsrechtl. Kapitalgesellschaften, N J W 55, 689. — Hierzu auch B i r k , GmbH-Rundschau 1956, 105. I. Drei Haupttatbestande: Ehrverletzung, Rufgefährdung, Verleumdung. 1. Ehrverletzung: § 185. Unter diese im Gesetz nicht näher bestimmte „Beleidigung" fällt, was nicht von den §§ 186, 187 (die positiv definieren) ergriffen wird. Die Entwürfe wollen deshalb den jetzigen § 185 als Auffangtatbestand an die dritte Stelle setzen. § 185 straft den Ausdruck von Mißachtung (im Gegensatz zur Ermöglichung fremder Mißachtung); also: a) F o r m a l b e l e i d i g u n g e n , zu o d e r ü b e r jemand. Verbal- und Realinjurien, Schimpfworte, Ohrfeigen, unsubstantiierte Abwertungen („Lump", „Gauner", „Verbrechernatur", „Volksfeind" usw.). b) T a t s a c h e n b e h a u p t u n g e n zu dem Beleidigten. „Du hast mich bestohlen." 2. Üble Nachrede über jemand. „Der A. hat mich bestohlen." § 186. 3. Verleumdung eines Dritten, als Steigerung der üblen Nachrede durch Bösgläubigkeit. § 187. Hierzu zwei Nebentatbestände: 4. Kreditgefährdung § 187; 5. Verunglimpfung Verstorbener § 189. Qualifikationen in § 185 (tätliche Bei.), §§ 186, 187 (öffentl., durch Verbr. von Schriften usw.), § 187a (gegen Politiker). II. Schutzobjekt ist hiernach bald die Achtung, die eine Person tatsächlich genießt; bald ein Anspruch, nicht verächtlich behandelt zu werden; bald beides gleichzeitig. In beiden Richtungen kommt es nicht nur auf die Erfüllung der m e n s c h l i c h - s i t t l i c h e n Pflichten, sondern auch auf diejenigen Eigenschaften an, die zur Erfüllung der s p e z i f i s c h - s o z i a l e n Aufgabe des Betroffenen, z. B. zur Berufseignung, erforderlich sind (RGer. in GoltdArch. 38 434, 45 423, 46 204, DR. 43 189); hierzu gehört im Rahmen des § 187 die Kreditwürdigkeit. Schließlich kann auch die Behauptung e l e m e n t a r e r m e n s c h l i c h e r U n z u l ä n g l i c h k e i t beleidigen (so z. B. Welzel § 411). III. Beleidigt werden können auch Kinder (E. 10 372) und Geisteskranke (E. 27 366). Die Beleidigongsfähigkeit von Personengemeinschaften wird meist von der Mögl i c h k e i t , ihnen eigenen ethischen und sozialen Wert zuzusprechen (Vorbem. II),

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Beleidigung. Vorbemerkungen

abhängig gemacht. Eingehend Welzel ZStW 57, 28 ff. Über diese Möglichkeit hinaus muß aber ihre A n e r k e n n u n g im positiven Recht dargetan werden. Die passive Beleidigungsfähigkeit ist in den §§ 196, 197 für Behörden, gesetzgebende Versammlungen und politische Körperschaften anerkannt, und zwar wird sie dort bereits vorausgesetzt, nicht erst festgesetzt. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich daher weder ein Gegenschluß (zutr. Schönke- Schröder Vorbem. I I I 1) noch ein Analogieverbot für den Rechtsschutz anderer Personengemeinschaften, auf die der gleiche gesetzliche Gedanke zutrifft, wohl aber eine Markierung der Grenze, über die hinaus ein gesetzlich gewollter Strafschutz nicht erkennbar ist. Die den gesetzlichen Fällen gleichgelagerten werden zutreffend umrissen als: „Personenmehrheiten, welche vom Recht anerkannt und mit staatlicher Billigung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu dienen bestimmt sind." (So E 70 140 unter Bruch mit der früheren Rechtspr.). Daß es dabei auf die Qualifikation als juristische Person nicht ankommt, ist allgemein anerkannt (Welzel §41 Ib, 1 Schönke a.a.O.). Beispiele: Körperschaften des öffentlichen Rechts, insbesondere Gebietskörperschaften; das Rote Kreuz; die in einer Anwaltskammer gesetzlich zusammengefaßten Rechtsanwälte eines OLG-Bezirkes (LG Hannover NJW 48 349 mit abl. Anm. Müller); der Anwaltsstand als solcher (LG Ravensburg J W 37 181). Dagegen findet sich im Gesetz kein Anhalt f ü r die Beleidigungsfähigkeit von Vereinigungen, die in der privaten Sphäre liegen, wie im allgemeinen Handelsgesellschaften. Hier ist auch ein besonderes Schutzbedürfnis nicht zu erkennen. Weitergehend läßt BGHSt. 6 191 (zust. Bruns N J W 55, 689) genügen, daß die Vereinigung eine rechtlich anerkannte gesellschaftliche (auch wirtschaftliche) Aufgabe („soziale Punktion") erfüllt und einen einheitlichen Willen bilden kann, was für jede Kapitalgesellschaft zutrifft. Damit wird dem Ziel, soziale Werte zu verwirklichen, das Profitstreben gleichgesetzt. Die Anerkennung des Schutzes der Familienehre ergibt sich aus § 189, vgl. dort zu I., übersehen in der allgemein (Mezger JZ 51, 521, Welzel MDR 51, 500) abgelehnten BGHE JZ 51 520, die auch die Menschenwürde i. S. des GG zu individualistisch versteht. Daß bei der Familie, „dem geschlossensten und natürlichsten aller Verbände" (Maurach), die klare Abgrenzbarkeit fehle (so BGHSt. 6 192), ist nicht einzusehen. Ehe- und Blutsbande, Lebensgemeinschaft und betätigtes Zusammengehörigkeitsbewußtsein sind greifbare Tatsachen. — Grundsätzlich bejahend anscheinend BayObLG MDR 58 264. Darüber hinaus bleibt der Ehrenschutz von e i n z e l n e n , die unter einer Gegamtbezeichnung beleidigt werden, natürlich bestehen. Hierzu E 45 138, 52 159, 68 120. — Ferner Bei. des Ehemanns durch Schädigung des Rufs seiner Frau E 70 94; einschränkend hierzu jedoch die unter § 185 Anm. VI Genannten; auch Freiburg HESt. 1 307: „nur nach den Umständen des Einzelfalles"; u. U. auch des Vaters einer minderjährigen, in der Familie lebenden Tochter E 70 245, JW 37 1331, 38 1879, 39 543; H R R 39 865 (Bei. von Minderjährigen und hierdurch der Eltern); JW 40 526, DR 39 233. Bei. des Vaters soll durch Geschl.Verk. mit unbek. 16jährigem Mädchen begangen werden können (Celle HESt. 1 303). Als allgemeiner Satz bedenklich! Gegen RGZ in DR 43 1079 (Anm. Schönke), wonach der Schwiegervater durch widernatürliche Zumutungen an die Tochter beleidigt sei, mit Recht Dahm (ZAk. 43 219). Zur Familienbeleidigung vgl. auch die inhaltreiche Anm. von Engisch zu E 73 113 in ZAk. 39, 568. Sehr weitgehend BGHSt. 7 129. Einschränkend BayObLG MDR 58 264.

Beleidigung. Vorbemerkungen

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Bei Vielzahl der durch eine Gesamtbezeichnung umfaßten Personen sind die einzelnen verletzt, wenn die Gruppe so deutlich aus der Allgemeinheit hervortritt, daß der Kreis der beteiligten Einzelnen scharf umgrenzt ist. BGHSt. 2 38 = NJW 52 392 mit Nachweisen (nicht die an der Entnazifizierung Beteiligten). Wohl aber die heute in Deutschland lebenden Juden, N J W 52 1184, BGHSt. 11 207. Betr. Patentanwälte BayObLG NJW 53 554 (dagegen zutr. Anm. Bockelmann). Kann auch ein Verstorbener beleidigt werden? Das StGB hält dies nicht f ü r möglich. Es schützt im § 189 alter und neuer Passung nur „das A n d e n k e n eines Verstorbenen". Es ist damit dem Preuß. StGB v. 1852 gefolgt, das — nach wechselvoller Vorgeschichte: Goltd. Mat. I I 340 — nur mittelbare Beleidigungen von Überlebenden anerkannte, u. a. deshalb, weil sonst die Freiheit der Geschichtsforschung gefährdet werde. Dagegen gehen Entw. 1925, 1927, 1930 § 322 III, § 290 III, davon aus, daß auch „ein Verstorbener beleidigt" werden könne*). Die V0 v. 29. 5. 43 ist soweit nicht gegangen. Sie hat eine Sonderregel vorgezogen. Sie hat zwar den § 189 erweitert, aber grundsätzlich nichts geändert: auch die Neufassung spricht nur vom „Andenken Verstorbener". IV. Wahrheitsbeweis. Seine Aufgabe ist nach dem Sinn jener drei Tatbestände (oben zu I) verschieden. 1. Bei P o r m a l b e l e i d i g u n g e n (§ 185) kommt ein WB tatbestandsmäßig kaum in Betracht. Daß jemand „ein Lump ist", kann man nicht beweisen. Aber ein abwertender Ausdruck kann auf Tatsachen Bezug nehmen (GA 47 459: „Rüpel" als Charakterisierung eines Menschen, der zu rohen Ausschreitungen neigt, anläßlich eines bestimmten Vorfalls). Entscheidend stets die erkennbare Willensrichtung. BGH NJW 52 1183, BGHSt. 11329: „Landesverräter" Formalbeleidigung der Widerstandskämpfer gegen Hitler; vgl. dazu aber auch § 186 Anm. Ia. E.; BGHSt. 6 159, 357, NJW 55 311 betr. Werturteile in kommunistischen Schriften. — Die Behauptung, ein anderer sei Jude, ist keine üble Nachrede, kann aber Beleidigung sein: BGHSt. 8 325. Für die S t r Z u m e s s u n g kann ein Beweis über die Einzeltatsachen, auf denen das Unwerturteil aufgebaut ist, wichtig sein. E 64 10. 2. Bei T a t s a c h e n b e h a u p t u n g e n zu dem Beleidigten („Du hast mich bestohlen") ist die Bedeutung des WB streitig. Sie fallen unter § 185, der ihn aber nicht erwähnt. Richtiger Ansicht nach gehört hier die Unwahrheit zum objektiven, das Wissen um sie zum subjektiven TB. Wenn B den A bestohlen hat, so ist es tatbestandsmäßig keine Beleidigung, wenn A ihm dies ins Gesicht sagt. Und wenn A es irrig annahm, so ist er aus § 59 freizusprechen. Den § 193 heranzuziehen, gibt ein falsches Bild. Abw. sieht Welzel § 41 I I I 1 in der Wahrheit des ehrenrührigen Vorwurfs bei §§ 185, 186, 189 nur einen Rechtfertigungsgrund. 3. Bei T a t s a c h e n b e h a u p t u n g e n ü b e r einen anderen spielt der Wahrheitsbeweis die entscheidende Rolle. Hier wird der Angekl. „im Zweifel" verurteilt: § 186. Nur wenn die behaupteten Tatsachen positiv wahr, also „bewiesen" sind, ist er freizusprechen. In dubio also contra reum! Die Norm des § 186 lautet: man soll über andere nicht lästern. Tut man es, so tut man es auf eigene Gefahr. *) Ähnlich fremde Gesetze, z.B. Österreich 1852, §§492ff.; Norwegen 1902, §§ 246ff.; Schweiz 1937/42, Art. 175 (Art. 262) spricht sogar von der „Verunehrung eines Leichnams". 29

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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4. Steht dagegen positiv fest sowohl, daß die behaupteten Tatsachen u n w a h r sind, wie, daß der Täter dies w u ß t e , so ist die schwerere Strafe der Verleumdung verwirkt: § 187. Hier spielt also nicht, wie bei § 186, der W B eine strafausschließende, sondern der U n w a h r h e i t s b e w e i s eine s t r a f b e g r ü n d e n d e Rolle. V. Vollendet ist jede Beleidigung erst mit W a h r n e h m u n g der Äußerung durch den Beleidigten oder den Dritten. Bis dahin ist Sinnesänderung möglich. E 57 193, 48 62. — Daß der, zu dem die Äußerung gemacht wird, s t r e n g s t e V e r s c h w i e g e n h e i t zusagt (und vielleicht auch hält, aber der an ihn gerichtete Brief wird z. B. beschlagnahmt), soll nach herrschender Ansicht die Bestrafung nicht ausschließen; nach E 71 159 auch nicht, wenn die Äußerung im engsten Familienkreis fiel. Gegen diese schon früher mit Recht bekämpfte Ansicht vgl. Mezger in J W 37, 2329 und Leppin ebda. 2886, Oldenburg GA 1954 284, Engiscli GA 1957, 326. VI. Ausschluß der Rechtswidrigkeit (Ehrennotwehr usw.) wie sonst; zuvor jedoch stets zu prüfen, ob nicht schon der T a t b e s t a n d der Bei. entfällt, weil niemand einen Anspruch darauf hat, über seinen wahren Wert hinaus geachtet zu werden. Vgl. § 185 Anm. I, I I , § 186 Anm. V, ferner Bockelmann J R 54, 329. Wegen Einwilligung vgl. Anm. I I zu § 185, Vorb. I I 3 vor § 51. VII. Der subjektive Tatbestand ist nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Besonderer animus iniuriandi nicht erforderlich, außer um gemäß §§ 192, 193 eine „formelle" Beleidigung zu begründen (E 23 40, 31 194, 40 317, 41 254, GA 47 459). VIII. Wegen Buße vgl. §188; S t r a f a n t r a g §§ 194ff.; S t r a f b e f r e i u n g bei Erwiderung einer Beleidigung § 199; V e r ö f f e n t l i c h u n g d e s S t r a f u r t e i l s § 200. Beleidigung

§185 Die'Beleidigung wird mit Geldstrafe oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. I. Kundgabe von Mißachtung, sei es gegenüber dem Beleidigten, sei es gegenüber Dritten; gleichgültig, ob von der betroffenen Person verstanden und empfunden: BGH N J W 51 368. Richtiger wäre zu sagen: ein Verhalten, das nach der Verkehrsauffassung als Kundgabe von Mißachtung erscheint, auch wenn der Täter diesen Sinn mit seinem Tun nicht verband (z. B. öffentliches Küssen eines ihm fremden Mädchens). G e g e n ü b e r d e m B e l e i d i g t e n kann die Kundgebung liegen sowohl in unmittelbar ehrenkränkenden Worten (Formalbeleidigung; auch S p o t t ; Zumutung einer unsittlichen Handlung; Unterlassung, falls Tun geboten, und Unterlassung ehrenkränkend wirkt), wie in Tatsachenbehauptung („Du hast mich bestöhlen"); ferner in einer Tätlichkeit, soweit diese eine Mißachtung ausdrückt (Ohrfeige). G e g e n ü b e r D r i t t e n kommt § 185 nur f ü r Formalbeleidigungen in Betracht; f ü r reine Tatsachenbeleidigungen § 186. Gleichstellung mit Gauleiter: Celle H E S t . 1 62 (66). — Bei Bei. durch Gedankenäußerung hängt objektiv beleidigender Tatbestand vielfach von S i n n u n d A b s i c h t d e s U r h e b e r s ab, weshalb E 18 142 und 4 1 4 9 scharfe Trennbarkeit von o b j e k t i v e m u n d s u b j e k t i v e m T a t b e s t a n d in Abrede stellen zu müssen meinen. Vgl. auch E 10 372: Handlungen oder Äußerungen von s c h l e c h t h i n beleidigendem Charakter gibt es überhaupt nicht. Sehr weitgehend BGHSt. (GrSen.) 11 67: schon in der unverlangten

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Zusendung einer Werbeschrift, die das Sexualleben und dessen Gestaltung betraf, könne Bei. liegen. — V o l l e n d e t ist die Bei. mit Kenntnisnahme durch einen anderen; nicht notwendig des Beleidigten selbst (E 48 62). Tätliche Beleidigung erfordert körperliche Berührung: E 67 174. Bei. durch Weitergabe von Aktphotos: BGHSt. 9 17. —- J e m a n d s e x u e l l m i ß b r a u c h e n kann bei mangelnder Reife Bei. sein. E 74 224. Bruns in D R 40,1418, Gallas in ZAk. 41,15. Noch weitergehend BGHSt. 1 288. Übersicht in BGHSt. 8 357, 359. — Bescholtenheit kann einer an sich beleidigenden Kundgebung im Einzelfall den Charakter der Bei. nehmen, E 60 35, 75 182 (Mezger D R 41, 1452). — Vgl. Vorbem. V, VI. II. Einwilligung wird bei Sexualdelikten eine wichtige Frage. E 75 179 (Anm. Mezger in D R 41, 1451): Das RGer. nimmt „in ständiger Rechtspr. den Standpunkt ein, daß in dem Einverständnis von Mädchen unter 18 Jahren [warum die feste Altersgrenze ?] n u r dann ein Verzicht auf die Geschlechtsehre gefunden werden könne, wenn dargetan sei, daß das Mädchen nicht bloß die Bedeutung der Tat als einer unzüchtigen Handlung, sondern auch den Begriff der Geschlechtsehre erfaßt und weiter erkannt habe, daß die Einwilligung in eine unzüchtige Handlung die Preisgabe der Geschlechtsehre in sich schließen könne". Vgl. ferner E 41 392, 60 34, 71 349, DStrR 38 390, J W 38 1879, BGHSt. 5 362. - Welzel § 14 V I I I b und andere wollen f ü r §§ 185 ff. die Grundsätze des § 226a entspr. anwenden. Doch entfällt regelmäßig schon die T a t b e s t a n d s m ä ß i g k e i t , wenn sich jem a n d durch Einwilligung seiner Ehre selbst begibt. Vgl. oben Vorbem. V I vor§ 185 und I I 3 vor § 51, auch betr. Altersgrenze. III. Wahrheitsbeweis kann, wenn auch nicht im Prozeßgewand des § 186, auch bei § 185 zugelassen werden. Denn auch bei formell verächtlicher Behandlung kann die Wahrheit einer in ihr steckenden Tatsachenbehauptung f ü r die Strafzumessung von Bedeutung sein. E 64 10. Vgl. ferner Vorbem. IV 1 vor § 185. IV. Rechtswidrigkeit: oben zu I I sowie Vorbem. V I ; auch § 193. Dazu Braunschweig N J W 52 237: Berufung hierauf auch dann noch zulässig, wenn nach gef ü h r t e m Wahrheitsbeweis eine Bei. nach § 185 übrigbleibt. V. Subjektiver Tatbestand erfordert Vorsatz. Fahrlässigkeit nur denkbar, soweit Tatsachenbehauptung; aber nicht strafbar. Besonderer animus iniuriandi angeblich nicht nötig, zur Auslegung der Schlußworte der §§ 192, 193 aber kaum entbehrlich. Vgl. Vorbem. IV 1. — Zum Vorsatz gehört der Wille, daß ein anderer von der Äußerung oder dem Tun Kenntnis nimmt (E 73 385) sowie Bewußtsein des ehrenkränkenden Charakters der Äußerung. Bei Tatsachenbehauptung („Du hast gestohlen") fehlt dies, wenn der Täter das Behauptete f ü r wahr hielt. Hier also wegen fehlenden Vorsatzes, nicht aus § 193 freizusprechen! VI. Konkurrenz: IdKonk. mit § 186. Anders E 65 359, D R 40 682. Das R G sah in § 186 die speziellere Bestimmung gegenüber § 185. Vgl. aber § 186 Anm. X I . Wie hier die meisten. — S i t t l i c h k e i t s v e r b r e c h e n indessen sind gegenüber Beleidigungen Sonderverbrechen. So RG, auch BGH N J W 51 368, 52 476, BGHSt. 8 357 (dazu oben § 182 Anm. V). Die Rspr. geht hier in der Annahme von Beleidigungen sehr weit. Vgl. Gallas in ZAk. 41, 14; Graf Dohna in DStrR 41, 34; Mezger in D R 41, 147. — Der E h e b r u c h ist gleichzeitig „Beleidigung" des betrogenen Ehegatten nur dann, wenn bes. Umstände zur Tatsache des EBr. hinzukommen: E 65 1, 74 380, 75 150, 76 381; 44 441, 611. — Vgl. ferner Celle H E S t . 1 303 (dazu oben Vorbem. III). 29»

452 Üble Nachrede

Beleidigung § 186

§186

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, wegen Beleidigung mit Geldstrafe oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre und, wenn die Beleidigung öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangen ist, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. I. Tatsachen. Es fragt sich, wie sie gegen Werturteile abzugrenzen sind. Dazu oben Vorbem. IV 1 sowie unten § 263 Anm. II. — Die Rspr. des RG faßt E 55 129 dahin zusammen: „ D e r B e g r i f f d e r T a t s a c h e setzt etwas Geschehenes oder etwas Bestehendes voraus, das zur Erscheinung gelangt und in die Wirklichkeit getreten ist und das daher dem Beweise zugänglich ist. Auch innere Vorgänge und Zustände können unter den Begriff fallen, aber nur dann, wenn sie in erkennbare Beziehungen gesetzt werden zu bestimmten äußeren Geschehnissen, durch die sie in das Gebiet der wahrnehmbaren äußeren Welt getreten sind (E 41 193). Den Gegensatz bilden a l l g e m e i n e U r t e i l e u n d M e i n u n g s ä u ß e r u n g e n . Die Grenze zwischen beiden ist flüssig, und zwar schon deshalb, weil jede tatsächliche Behauptung ein Urteil enthält (E 29 40). Es ist im Einzelfall festzustellen, ob eine Äußerung dieser Art etwas wirklich Vorhandenes behauptet oder nur ein persönliches Urteil, eine Meinung in sich schließt (E 24 300)." — Wie jede tatsächliche Behauptung ein Urteil enthält, so nimmt auch jedes Urteil zu Tatsachen Stellung und enthält insofern deren Behauptung (vgl. E 67 3, 68 121). Daher „macht es keinen Unterschied, ob jemand eine Sache als wahr hinstellt auf Grund eigener sinnlicher Wahrnehmung, oder, dem Hörer e r k e n n b a r , auf Grund einer Schlußfolgerung aus bestimmten Tatsachen, die er kennt oder zu kennen meint, in diesem zweiten Falle also als sein persönliches Urteil" (E 67 270).—Kaum vereinbar mit der st. Rspr. BGHSt. 11 329 (betr. die näher ausgeführte Behauptung, jemand hat im Kriege Landesverrat getrieben). — BGHSt. 6 159, 357 betr. angebliche politische Ziele der Bundesregierung und ihre Bewertung verneint mit Recht Tatsachenbehauptung, solange abschließende Beurteilung nicht möglich, aber auch wegen der Willensrichtung (darüber oben Vorbem. IV 1). n . In Beziehung auf einen anderen. Lediglich gegenüber dem Verletzten selbst genügt nicht (E 29 40). — Die Mitteilung an Dritte kann aber durch den Beleidigten selbst erfolgen und erfüllt den Tatbestand des § 186, wenn eine Pflicht zur Mitteilung bestand und diese Mitteilung im Willen des Beleidigers lag: E 41 61. III. Behaupten oder verbreiten praktisch kein Gegensatz. Es genügt „einem andern mitteilen". — Auch wenn das Gerücht als unglaubwürdig bezeichnet wird (E 38 368), oder als nicht bestätigt (Hamm N J W 53 596). Auch wenn eine bloße Verdächtigung ausgesprochen wird (E 38 368, 67 269). — Betr. „ v e r t r a u l i c h e " Mitteilungen: vgl. Vorbem. V vor § 185. — Die „Behauptung" kann auch in eine Frageform eingekleidet sein: E 60 373. — Wegen fortgesetzter Bei. vgl. E 55 129. IV. Verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Das erste berührt mehr die ethische, das zweite mehr die soziale Geltung (oben

Beleidigung § 186

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Vorbem. I I ; jedoch bestr., vgl. z. B . Maurach § 18 I I B 2b). Jedenfalls aber setzt die „öff. Meinung" einen größeren, individuell nicht begrenzten Personenkreia voraus. V. Geeignet i. S. der Anm. I V muß die Äußerung sein. R u f v e r l e t z u n g danach nicht erforderlich: § 186 ist (abstraktes) G e f ä h r d u n g s d e l i k t . — An der Eignung kann es auch deshalb fehlen, weil sich der Betroffene selbst der behaupteten Handlung gerühmt und damit des schutzwürdigen guten Rufs insoweit begeben hat (im wesentlichen ebenso Bockelmann J R 54 S. 329, im Erg. auch K G J R 54 355). VI. Zum Vorsatz ist Kenntnis der Ehrenrührigkeit der Tatsache erforderlich und genügend, besondere Beleidigungsabsicht nicht nötig (E 65 360). Die Kenntnis der Unwahrheit gehört nicht zum Vorsatz; um so weniger, als es hier (anders § 187) nicht auf die Unwahrheit, nur auf die Unerweislichkeit der Behauptung ankommt. Vgl. Anm. V I I , V I I I , ferner Ottow, Üble Nachrede und Verbotsirrtum, N J W 56, 211. VII. Unwahrheit ist kein Tatbestandsmerkmal. Anders § 187. Der Glaube an die Wahrheit schließt also die Schuld nicht aus; auch dann nicht, wenn der Glaube an die Erweislichkeit hinzukommt, wenn z. B . den Angekl. seine Zeugen im Stich lassen (E 25 355, 29 44, 65 425; freilich auch E 19 386). Ähnlich E 73 67, freilich nicht ohne innere Widersprüche betr. Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe. Guter Glaube kann höchstens strafmildernd wirken (E 45 138). Vgl. aber auch die Fälle der Vorbem. I V 1. VIII. Wahrheitsbeweis ist, soweit „Tatsachen" behauptet sind, in allen Fällen zulässig (anders Ausland und deutsche Entwürfe). Falls er gelingt, schließt er die Bestrafung aus. „Erweislich" ist eine T a t s a c h e , wenn sie „in den wesentlichen Punkten richtig ist; sich so ereignet hat, daß aus ihr der den Kern der Bei. bildende nachteilige Schluß gezogen werden kann. Dann kommt es nicht darauf an, ob alle behaupteten Einzelheiten sich bewahrheiten": E 55 129 (Fall Erzberger), 62 95 (Fall Stresemann). Vgl. aber auch BayObLG in J Z 52 235 (Anm. Wendt) betr. erhöhten Ehrenschutz. — Wenn auf Grund mehrerer, beispielshalber behaupteter Einzeltatsachen ein G e s a m t v o r w u r f erhoben ist, muß der Wahrheitsbeweis für alle Einzeltatsachen geführt werden. E 64 284. Nichterweislichkeit ist also kein „Tatumstand, der zum gesetzl. T B gehört", so daß nach § 59 der Glaube, man könne das Behauptete beweisen, den Vorsatz ausschließen würde. Dieser Glaube nutzt bei § 186 dem Täter nichts. Die Nichterweislichkeit ist eine bloße Bedingung der Strafbarkeit ( E 6 9 81); m. a. W . : E r weislichkeit ist S t r a f a u s s c h l i e ß u n g s g r u n d (nach Welzel § 4 1 I I 2 c : Rechtfertigungsgrund), und zwar gilt hier, anders als sonst, der Satz: in dubio contra reum. Eine „ B e w e i s l a s t " trifft den Angekl. zwar nicht im Sinne einer Beweisführungspflicht; das Gericht hat auch hier die Pflicht, die Wahrheit zu erforschen; aber in dem Sinne, daß ein übrigbleibender Zweifel zu seinen Lasten geht. (Insofern ähnlich Preßgesetz § 20 I I ) . I n diesem zweiten Sinne kann man also sehr wohl von einer „Umkehrung der Beweislast" sprechen. Vgl. (z. T. anders) E 69 81, D J 37 163. Der Wahrheitsbeweis muß zugelassen werden, auch wenn feststeht, daß (mit oder ohne Anwendung von § 192) Verurteilung aus § 185 erfolgen würde: E 1 260. Namentlich aber auch dann, wenn feststeht, daß aus § 193 freigesprochen werden muß! So jetzt eingehend auch B G H S t . 11 273 (mit Nachw.). Näheres vgl. § 193 Anm. I I .

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Beleidigung § 187

IX. öffentlich: ein im StGB oft verwendeter (s. das Register), aber an den verschiedenen Stellen verschieden ausgelegter Begriff. Hier: wahrnehmbar f ü r einen größeren, durch persönliche Beziehungen nicht zusammengehaltenen Personenkreis. Daher ist es keine öffentliche Beleidigung, wenn Schriftstücke mit beleidigenden Äußerungen vom Täter den Beleidigten als Drucksache in offenem Umschlag mit der Post zugesandt werden: E 37 289. X. Verbreitung von Schriften usw.: Vgl. § 184 Anm. II, IV 1 d. XI. IdKonk. mit § 185 möglich. Dies folgt aus der grundsätzlichen Verschiedenheit beider: Vorbem. I vor § 185. Dagegen nimmt die Praxis am, daß § 186 das speziellere Gesetz gegenüber §185, also allein anzuwenden sei: E 41 61, 286; 65 359, denen BGHSt. 6 161 ausdrücklich folgt. — IdKonk. mit § 164 möglich. Bei einem Zusammentreffen l e i c h t f e r t i g e r Anschuldigung (§ 164 V) mit e i n f a c h e r übler Nachrede enthält nach D J 38 866 ( = J W 38 1014) §164 V die strengere Strafe. Denn die M ö g l i c h k e i t , bei ö f f e n t l i c h e r übler Nachrede eine höhere Strafe zu verhängen, komme nur in Betracht, wenn die Tat öffentlich begangen sei. (Vgl. die gegenteilige „abstrakte" Betrachtungsweise des RG bei „bes. schweren Fällen", Anm. VI zu § 1.)

Verleumdung

§187 (1) Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird wegen verleumderischer Beleidigung mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und, wenn die Verleumdung öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangen ist, mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Strafe bis auf einen Tag Gefängnis ermäßigt oder auf Geldstrafe erkannt werden. I. Wider besseres Wissen: Dies der Hauptunterschied von § 186, auf dessen Anm. I—V, IX, X im übrigen zu verweisen ist. Nicht einmal Eventualvorsatz genügt hier: J W 37 3215. — § 187 ist sonach nicht schwererer Fall von § 186, vielmehr S o n d e r s t r a f t a t . Deshalb zwischen beiden auch k e i n F o r t s Z u s . möglich (wie z. B. bei § 242/243). H R R 38 186. II. Ein anderer: Vgl. die Strafbestimmung im G über das Kreditwesen v. 25. 9. 1939 (RGBl. 1 1955) § 47 Ic. Dort wird ein „Kreditinstitut" geschützt. III. Kreditgefährdung: Ehrenkränkend oder herabsetzend braucht diese Behauptung nicht zu sein: E 44 160; die daraus gezogene Folgerung, daß hier nicht der Ruf, sondern das Vermögen Schutzobjekt sei (wie RG Schönke-Schröder V u. a.), paßt jedoch nicht mehr zu der weiten Erstreckung der passiven Beleidigungsfähigkeit durch den BGH (oben I I I vor § 185). Zutr. Maurach § 18 I I C 2: Angriff auf die spezifisch soziale Seite der Ehre.

Beleidigung § 187a Politische

üble Nachrede und

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Verleumdung

§ 187a (1) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, In einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen eine üble Nachrede (§ 186) aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. (2) Eine Verleumdung (§ 187) wird unter den gleichen Voraussetzungen mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft. I. Der verstärkte Ehrenschutz f ü r Persönlichkeiten, die durch ihre Stellung im politischen Leben besonders exponiert sind, ist durch das 1. StÄG in den Grundbestand des Strafrechts übernommen worden. § 187 a ist an die Stelle der 4. VO zum Schutz des inneren Friedens vom 8. 12. 1931, achter Teil, Kap. I I I §§1 — 3 getreten, deren Tatbestände er verschiedentlich abändert. Den älteren Bestimmungen gegenüber ist er nicht das mildere Strafgesetz: BGH LM Nr. 2 zu § 200 und — mit einer Einschränkung — NJW 53 1439— dem § 187a entspricht § 182 Entw. 1959. II. Aufbau. Der Tatbestand geht von der üblen Nachrede (§ 186) und der Verleumdung (§ 187) aus. Er bildet kein Delikt eigener Art, sondern qualifiziert die ü. N. oder V. unter vier weiteren Voraussetzungen: 1. besonders geschützter P e r s o n e n k r e i s , 2. Eignung der Äußerung, das ö f f e n t l i c h e W i r k e n des Beleidigten erheblich zu erschweren, 3. Handeln aus B e w e g g r ü n d e n , die mit der Stellung des Beleidigten zusammenhängen, 4. ö f f e n t l i c h e oder dem gleichstehende B e g e h u n g . III. Im politischen Leben des Volkes stehende Personen sind alle tatsächlich politisch bedeutenden Persönlichkeiten, die auf das politische Leben erheblichen Einfluß ausüben, alle, die sich für eine gewisse Dauer mit Angelegenheiten befassen, die den Staat, seine Verfassung, Gesetzgebung und Verwaltung berühren: BGHSt. 4 339 betr. Richter des Bundesverfassungsgerichts; Abgeordnete eines deutschen Landtages: BGH NJW 52 194, die auch für das neue Recht Bestand hat. § 187a erfordert im p o l i t i s c h e n , nicht, wie bisher, im ö f f e n t l i c h e n Leben stehende Personen. Das politische ist nur ein Ausschnitt des öffentlichen, das z. B. auch das kulturelle und wirtschaftliche Leben umfaßt. Führende Persönlichkeiten der Wirtschafts- oder K u l t u r p o l i t i k fallen aber darunter. Das RG hatte unter der alten, s a c h l i c h weiteren Fassung an die p e r s ö n l i c h e Qualifikation hohe Anforderungen gestellt: nur solche Personen, die das Leben der Volksgemeinschaft durch ihr Wirken auf dem Gebiet der Politik, Weltanschauung, Wirtschaft, Wissenschaft und der Kunst maßgebend beeinflussen und so die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich lenken (E 67 107). Die Stellung in einem bloß lokalen politischen Bereich genügt nicht, sofern nicht von dort Wirkungen auf das Ganze ausstrahlen. Das muß auch heute gelten. Zu weitgehend Härtung J R 51, 678. Bedenklich auch Celle, MDR 47 168: Da sich der Schwerpunkt des politischen Lebens von den Organen des Reichs

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Beleidigung § 187 a

auf die der Länder verschoben habe, müsse sich der Maßstab verkleinern, mit dem die Stellung im öffentlichen Leben gemessen werde. Richtig ist, daß eine führende Stellung in einem Lande ohne weiteres schon kraft der föderalen Struktur des Bundes auf das Ganze ausstrahlt. Im übrigen ist Celle a. a. O. darin zuzustimmen, daß nicht nach dem Dienstrang, sondern von Fall zu Fall entsprechend der Bedeutung und Betätigung einer Persönlichkeit ohne Beschränkung auf bestimmte Berufe zu entscheiden ist. Für einen Landrat hatte E 67 1 nach altem Recht die Frage verneint, während Braunschweig NJW 48 698 sie bejaht, weil er nach dem jetzt geltenden Verwaltungsrecht als Vorsitzender des Kreistages im politischen Leben stehe. In dieser Allgemeinheit geht das nach dem Gesagten zu weit. Schlechthin Stadtverordnete, Bürgermeister, Richter usw. hierher zu zählen, weil sie das Volk durch allgemeine Wahl in irgendeine politische Stellung berufen habe (so Härtung a.a. O.), geht ebenfalls nicht an. Andererseits stellt auch die Neufassung sicher, daß alle tatsächlich politisch bedeutenden Persönlichkeiten geschützt sind und kein Organisations- und Funktionärsmonopol besteht. Hier ist an den großen Außenseiter zu denken, der, wie vor Jahren einer der Kandidaten im Wahlkampf um die Präsidentschaft eines unserer Nachbarländer, zwar eine große öffentliche Stellung und Wirksamkeit, aber betont keine politische entfaltet hatte und eben darum Mittelpunkt politischer Bestrebungen wurde. Der Fall kann auch bei Erörterungen um ein Beamten-, Fachmännerkabinett u. dgl. oder bei Bestrebungen um Zurückdrängimg hypertropher Politisierung bestimmter Gebiete praktisch werden. Hier überall rücken Nichtpolitiker ohne ihr Zutun in den Brennpunkt der Auseinandersetzungen. IV. Geeignet, das öffentliche Wirken des Beleidigten erheblich zu erschweren, muß die Tat sein. Darin liegt eine neue Erweiterung des Ehrbegriffs über das rein Sittliche hinaus ins Soziale (oben Vorbem. II, I I I vor § 185), damit aber auch die Gefahr der Verwässerung. Die NotVO von 1931 hatte noch verlangt, die Tatsache müsse geeignet sein, den Verletzten des Vertrauens unwürdig erscheinen zu lassen, dessen er f ü r sein öffentliches Wirken bedarf. So wird man auch § 187 a auslegen müssen. Denn auch er will nur der Vergiftung des politischen Kampfes steuern, ihm aber nicht die notwendige Schärfe nehmen und nicht die Eignung eines Politikers außer Diskussion stellen. Übereinstimmend von Weber MDR 51, 643, ferner Schwarz, § 187 a Anm. 2 C, vgl. auch unten Anm. VII. — Für die Eignung der Tat kommt es nur auf den Inhalt der Äußerung, nicht auf die Größe der Versammlung und die persönliche Bedeutung des Redners an, BGH NJW 64 649. A b s t r a k t e Rufgefährdung im obigen Sinne genügt also. V. Ans Beweggründen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, muß die Tat begangen sein. Das trifft auch zu, wenn der Täter nicht aus politischen Motiven gehandelt hat, sondern z. B. der Zweck war, durch eine Sensationsmeldung über einen Politiker den Absatz einer Zeitschrift zu steigern: BGHSt. 4121. Enger Schönke-Schröder V, Härtung a.a.O., 678 und — unter Bedenken — auch der Nachtrag zur 40. Auflage. Doch ist dem BGH, dessen Auffassung mit dem Wortlaut vereinbar ist, zuzustimmen, da der Schutzzweck anderenfalls weitgehend verfehlt würde. — Der verantwortliche Redakteur kann trotz § 20 Abs. 2 RPresseG nur dann als Täter bestraft werden, wenn das Gericht die in § I87a vorausgesetzten Beweggründe für erwiesen hält: BGHSt. 9 187.

Beleidigung § 188

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VI. Die Begehungs weise. 1. ö f f e n t l i c h , vgl. § 186 Anm. I X . 2. in einer V e r s a m m l u n g : auf die Größe des Kreises k o m m t es hier nicht a n . B G H N J W 64 649, vgl. A n m . IV. 3. V e r b r e i t u n g v o n S c h r i f t e n usw.: vgl. § 1 8 4 Anm. I I , IV. VII. Wahrung berechtigter Interessen k a n n u n d wird gerade hier oft in B e t r a c h t kommen, wenn auch bei der Verleumdung des Abs. 2 nach allgemeiner Regel n u r ausnahmsweise. Die N o t V O von 1931 schloß die Strafschärfung aus, wenn sich d e r T ä t e r erweislich in entschuldbarem g u t e m Glauben a n die Wahrheit der Äußerung befunden h a t t e ; eine aus § 318 Abs. 2 E n t w . 1930 übernommene Formel, die d o r t Voraussetzung f ü r die straffreie W a h r n e h m u n g berechtigter Interessen ist. § 187 a e n t h ä l t diese Einschränkung nicht. Zutreffend weist zwar B G H N J W 52 194 d a r a u f hin, d a ß bei öffentlichen Beleidigungen a n die P f l i c h t z u r N a c h p r ü f u n g der Vorwürfe strenge Anforderungen gestellt werden müssen u n d ein Verstoß gegen diese P f l i c h t der Anwendung des § 193 regelmäßig entgegensteht; ebenso schon E 62, 83, 92 u n d 63, 92. Selbst ein nach diesen Maßstäben entschuldbarer guter Glaube k a n n aber im R a h m e n des § 187 a die T a t nicht mehr vor der Strafschärfung schützen. Mit R e c h t weist v. Weber a . a . O . d a r a u f h i n , d a ß der neue Rechtszustand die Gefahr in sich t r ä g t , Personen verstärkten Ehrenschutz zu geben, die ihn nicht verdienen, u n d die notwendige scharfe K r i t i k im politischen Leben zu vereiteln. I n diesem Z u s a m m e n h a n g ist die oben zu I V geforderte enge Auslegung besonders bedeutsam. VIII. Konkurrenzen. Ü b e r das Verhältnis zu § 97 vgl. d o r t A n m . VI. — Tateinheit m i t § 185 nach B G H S t . 6 161 n u r in engen Grenzen. IX. Prozessual vgl. § 194 S t G B (Strafantrag erforderlich), § 374 Abs. 1 N r . 2 S t P O (Privatklage). Buße

§188

(1) In den Fällen der §§ 186 und 187 kann auf Verlangen des Beleidigten, wenn die Beleidigung nachteilige Folgen für die Vermögensverhältnisse, den Erwerb oder das Fortkommen des Beleidigten mit sich bringt, neben der Strafe auf eine an den Beleidigten zu erlegende Buße erkannt werden. (2) Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruches aus. I. Buße: Weitere Fälle in § 231 u n d Nebengesetzen. Auch gegen Teilnehmer. — B u ß e i s t k e i n e S t r a f e (Vorbem. B vor § 13), s o n d e r n E n t s c h ä d i g u n g , die freilich nicht auf Vergütung des vermögensrechtlichen Schadens beschränkt ist, sondern auch P r i v a t g e n u g t u u n g u m f a ß t ; es k a n n auf sie (hinsichtlich des Schadensersatzes oder auch der Genugtuung) verzichtet werden: E 31 334. — Der gesetzliche Vertreter k a n n Anspruch auf B u ß e nicht mehr nach dem Tode des Vertretenen geltend m a c h e n : E 29 140; die B u ß e ist nicht in R e n t e n f o r m zu erkennen: E 17 178. — E i n e bereits geleistete oder zivilrechtlich zugesprochene Entschädigung ist bei Bemessung der B u ß e in B e t r a c h t zu ziehen: E 9 223. II. Folgen der Beleidigung selbst. Nicht etwa durch fruchtlose Verfolgung der Beleidigung erwachsene K o s t e n : E 42 166.

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Beleidigung § § 189, 190

III. Betrag: 3 bis 10000 Deutsche Mark. Vgl. VO v. 6. 2. 1924 Art. IV. IV. Verfahren: Obwohl B u ß e nicht Strafe, ist doch der B u ß a n s p r u c h i n s e i n e m p r o z e s s u a l e n B e s t a n d von dem öffentlichen Strafanspruch abhängig. E r erledigt sich mit diesem (durch Freisprechung oder Einstellung des Verfahrens), v e r j ä h r t auch nicht nach BGB, sondern m i t dem Strafanspruch. E 44 294. E r wird nach § 406d S t P O im Adhäsionsprozeß (gem. §§ 403ff.) geltend gemacht u n d fällt m i t dessen Z u r ü c k n a h m e weg (E 67 323, jetzt § 404 I V StPO).

Verunglimpfung

des Andenkens

Verstorbener § 1 8 9

(1) Wer das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der Eltern, der Kinder, des Ehegatten oder der Geschwister des Verstorbenen ein. I . Sehutzobjekt ist die Familienehre § 18 D 1 m i t z u t r . Hinweis darauf, d a ß k a n n ) ; nach Mezger S t B I I 91, Welzel Toten. Vgl. dazu Vorbem I I I vor § 185

(Schönke-Schröder I, Maurach § 17 I I A 3, nicht n u r das Pietätsgefühl geschützt sein § 4 1 1 1 , 1 1 4 daneben auch die E h r e des a. E .

II. „Verunglimpfung" (ein durch die Neufassung v. 2 9 . 5 . 4 3 eingeführter Begriff) ist schärfer als „Beleidigung". Der F o r m oder der Sache nach m u ß es sich u m eine empfindliche Herabsetzung handeln, sei es i. S. des § 185, sei es in dem des § 187. Ob auch des § 186 (so § 322 Abs. 3 E n t w . 27), mag zweifelhaft sein; zieht m a n sie herein, so m u ß hier aber ein Wahrheitsbeweis zulässig sein. — Bei öffentlicher Verunglimpfung Veröffentlichungsbefugnis des Antragstellers: B a y O b L G MDR 51 758. Wahrheitsbeiveis § 1 9 0 Ist die behauptete oder verbreitete Tatsache eine strafbare Handlung, so ist der Beweis der Wahrheit als erbracht anzusehen, wenn der Beleidigte wegen dieser Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Beweis der Wahrheit ist dagegen ausgeschlossen, wenn der Beleidigte wegen dieser Handlung vor der Behauptung oder Verbreitung rechtskräftig freigesprochen worden ist. I. § 190 bezieht sich auf alle Fälle von Tatsachenbeleidigungen; also auf §§ 186, 187; aber auch auf § 185 im R a h m e n der Vorbem. I V vor u n d A n m . I I I zu § 185. H. I n beiden Fällen ist der Wahrheitsbeweis ausgeschlossen; im 1. Fall, weil d i e B e h a u p t u n g als bewiesen, im 2., weil sie als unbeweisbar gelten m u ß . Der Sinn dieses Eingriffs in die freie Beweiswürdigung des § 261 S t P O i s t : Eine rechtskräftig erledigte Strafsache soll nicht durch ein Beleidigungsverfahren wieder aufgerührt werden. Vgl. auch E 74 257. HI. Wegen Schuldlosigkeit freigesprochen; nicht: Verjährung oder § 4 6 oder §199.

Beleidigung § § 191—193

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Aussetzung § 1 9 1 Ist wegen der strafbaren Handlung zum Zwecke der Herbeiführung eines Strafverfahrens bei der Behörde Anzeige gemacht, so ist bis zu dem Beschlüsse, daß die Eröffnung der Untersuchung nicht stattfinde, oder bis zur Beendigung der eingeleiteten Untersuchung mit dem Verfahren und der Entscheidung über die Beleidigung innezuhalten. I. Strafverfahren: E G J W 27 2218. Nicht: des Dienststrafverfahrens: E 10 381. II. Behörde: vgl. § 114 Anm. IV. III. Anzeige: Nicht also, wenn die Anklagebehörde auf anderem Wege Kenntnis erlangt hat. Dann § 69 1 2 also unanwendbar. Über dies unerwünschte Ergebnis vgl. E 66 328. — Auch aus § 185 (falls I d K o n k . mit § 186) kann so lange nicht vorgegangen werden. (Einheitliche Anwendung des § 191 bei Kollektivbeleidigungen!) Vgl. E 59 197. — Auch die V e r j ä h r u n g ruht solange. Vgl. § 69 I und E 59 197.

Beleidijunj

trotz

Wahrheitsbeweises §192

Der Beweis der Wahrheit der behaupteten oder verbreiteten Tatsache schließt die Bestrafung nach Vorschrift des § 185 nicht aus, wenn das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Behauptung oder Verbreitung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht. I. Der Wahrheitsbeweis darf aber auch i. F. des § 192 nicht abgeschnitten werden E 1 260, 64 10; vgl. auch BGHSt. 11 276 (zu § 193; dort unten Anm. II). II. Form und Umstände: sie sind Beweisgrund f ü r den animus iniuriandi: E 40 318, Recht 1915 Nr. 1449. Z. B. Mitteilung einer an sich wahren Tatsache in überflüssig herabsetzenden Ausdrücken; oder durch Aushang in einem Schaukasten: F r a n k f u r t N J W 47 226; oder in der Presse, also vor einem nur der Herabsetzung wegen gewählten unbegrenzten Personenkreis. Andererseits Hamburg GA 47 459 (oben Vorbem. IV 1 vor § 185): Fehlt die Absicht zu beleidigen, so genügt nach § 192 das bloße Bewußtsein, daß ein Ausdruck ehrverletzend ist, f ü r § 185 nicht. Zu weit gehen E 3 330, RG D R 44 768, die bloß auf die Erkenntnis des Täters, nicht auf seinen Willen abheben. — Vgl. auch Anm. I X zu § 193. Wahrnehmung

berechtigter Interessen § 1 9 3

Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, ingleichen Äußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemacht werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von Seiten eines Beamten und ähnliche Fälle

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Beleidigung § 193

sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht. Schrifttum: S e i b e r t , Zur W. b. I., MDR 51, 709, — K o e b e l , W. b. I. durch die Tagespresse, N J W 50, 673. — S c h a f f s t e i n , der Irrtum bei der W. b. I., N J W 51, 691. I. Rechtsnatur: § 193 enthält einen Fall „der Interessenkollision" (E 62 92, 64 10). R e c h t f e r t i g u n g s g r u n d (z. B. E 59 414, 65 335,427, Braunschweig MDR 48 186, LM Nr. 1); vereinzelt nur als S c h u l d a u s s c h l i e ß u n g s g r u n d aufgefaßt (z. B. E 64 23). Vgl. Klee in Frank-Festschrift I I (1930) S. 365ff., z. T. abw. Kern a.a.O. S. 353. — Daß die Rspr. vorherige Prüfung fordert, unten Anm. IV, entspricht dem Grundsatz, daß auch überwiegende Interessen nur in angemessener Weise verfolgt werden dürfen; die Zweck-Mitteltheorie schränkt auch hier die Güterabwägung ein. Vgl. oben Syst. Vorbem. I I I 2 b y und unten § 218 Anm. IV. § 193 ist nur lokaler Ausdruck dieser allgemeinen Grundsätze (deklaratorisch; bestr.). II. Anwendungsgebiet. § 193 deckt n u r Tatbestände des 14. Abschnitts (z. B. nicht § 164: dort Anm. X); auch nicht ideell konkurrierende Gesetzesverletzungen, wie Urkundenfälschung: E 50 55). Grundsätzlich nicht anwendbar auf § 187: nach RGer. in D J 36 517 gegen E 48 414. Vgl. auch E 58 39, 59 417. Unentschieden BGH N J W 52 194. Schlechthin ausgeschlossen ist die Angemessenheit auch dieses Mittels, wenn es das einzig zu Gebot stehende war, nach Anm. I nicht. — Unter § 185 können fallen: „Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen" sowie „dienstliche Urteile von Seiten eines Beamten" (wenn E 60 335 den § 193 auf den § 185 f ü r unanwendbar erklärt, so ist das wohl nur unter Beschränkung auf „Wahrnehmung berechtigter Interessen" gemeint, in dieser Beschränkung aber zutreffend; anders frühere Urteile, z. B. E 46 151); unter die §§ 186, 187 die übrigen Fälle. — H a u p t a n w e n d u n g s g e b i e t von § 193 sind die Fälle des § 186. Kommt in solchen Fällen ein W a h r h e i t s b e w e i s in Frage, so d a r f § 193 e r s t in B e t r a c h t g e z o g e n w e r d e n , w e n n d e r W B m i ß l u n g e n i s t . Es wäre unzulässig und hieße, den Ehrenschutz in den wichtigsten Fällen versagen, wenn ein Angekl. aus § 193 freigesprochen würde mit der Begründung: die Wahrheit der ehrenrührigen Behauptung könne dahingestellt bleiben, da ein Freispruch selbst f ü r den Fall ihrer Unwahrheit ergehen müsse. Früher streitig, jetzt ausdrücklich so: H R R 37 530, Hamm JMB1. N R W 53 139 und — eingehend — BGHSt. 11 273. Vgl. ferner BGB § 824 Abs. 2 (weitergehend als § 193, von RGZiv. freilich einengend ausgelegt); dazu Lobe, Frank-Festschr. I 56. III. Ausführung oder Verteidigung von Rechten: Vgl. E 47 170 (Rechtsanwalt in Wahrnehmung der Rechte seines Klienten, auch die Fälle N J W 52 903, J R 53 192 mit weiteren Nachweisen); 48 414 (ein Angeklagter, der wider besseres Wissen falsch aussagt und damit einen Zeugen des Meineids bezichtigt, handelt auf Grund eines prozessualen Verteidigungsrechts und ist nicht aus § 187 strafbar; vgl. aber auch Anm. II). IV. Wahrnehmung berechtigter Interessen: Nicht nur das I n t e r e s s e , sondern auch dessen „beleidigende" W a h r n e h m u n g muß „berechtigt" sein, da sonst „die Ehre des einzelnen dei Presse und jedem Dritten schutzlos preisgegeben" wäre, diese Einschränkung auch den Absichten der Urheber jenes Zusatzes (Bähr, Lasker)

Beleidigung § 193

461

entspreche. So mit Recht (vgl. Anm. I a. E.) seit E 15 15 die ständige Praxis; Übersicht in E 63 229. Deutung der „Wahrnehmung berechtigter Interessen" als „berechtigte Interessenwahrnehmung": E 63 229 und dort angeführte. 1. Berechtigte Interessen sind nicht nur solche, die durch positive Rechtsnorm dem Recht anderer auf Achtung gleich- oder vorangestellt sind, sondern alle, die d e m R e c h t o d e r d e n g u t e n S i t t e n n i c h t z u w i d e r l a u f e n . So E 26 76, 29 17 und 147, 30 41, 59 414. Unberechtigt ist z. B. das Interesse an der Einleitung eines unbegründeten Strafverfahrens gegen einen anderen (E 34 222) oder an der Erregung von Sensation (E 36 422). U n b e r e c h t i g t das Interesse an der E i n l e i t u n g e i n e s S t r V e r f a h r e n s g e g e n sich s e l b s t , um dann in diesem ein früheres Verfahren wieder aufzurollen und den Beweis der Wahrheit für gewisse Behauptungen zu führen; eine zu solchem Zweck gemachte ehrabschneidende Eingabe genießt nicht den Schutz des § 193. J W 37 1160. Bei Prüfung, ob das Interesse berechtigt ist, ist Wahrheit der Vorwürfe zu unterstellen (E 59 414). — Eine p o s i t i v e Bestimmung des „berechtigten Interesses" liegt in alledem n i c h t . Deshalb zweites Erfordernis: 2. Berechtigte Wahrnehmung jener Interessen! Der Zweck heiligt nicht das Mittel. Auf Kosten der Ehre anderer dürfen jene Interessen nur wahrgenommen werden, wenn a) sie d e n T ä t e r p e r s ö n l i c h nahe angehen; b) die Ehrverletzung zur Interessenwahrnehmung erforderlich war; c) die Behauptung der ehrenrührigen Tatsachen nicht leichtfertig, nur auf haltlose Vermutungen hin geschah. — Zu a) vgl. E 23 285 und 422, 25 67 und 363, 30 31, 36 422,47 170, 59 414. Aus der sittlichen Pflicht, einer schutzlosen Person Beistand zu leisten, folgt noch nicht das Recht, die Ehre anderer zu verletzen (E 25 357). Aus ausdrücklicher Betrauung mit gewissen Interessenwahrnehmungen kann sich die Berechtigung ergeben z. B. f ü r Rechtsanwälte, Auskunfteien, Geschäftsführer von Interessenverbänden (E 37 104, 38 131, 39 399, 44 148, 47 170). Auch aus der Staatszugehörigkeit (E 66 1, 71 338, H R R 411026 betonen das Interesse jedes Staatsbürgers, strafbare Handlungen und Verfehlungen von Beamten u. strafb. Handlungen überhaupt anzuzeigen); Gemeindezugehörigkeit (E 59 172: Die Schutzmannschaft des Orts sei bestechlich). Zu weitgehend Frankfurt NJW 48 226 betr. öffentliche Kritik (Zivilurteil); dagegen zutr. Neumann-Duesberg DRZ 49 106. Auch aus naher Verwandtschaft (E 48 415, Hamm JMB1. NRW 51 142). Freund oder langjähriger Angestellter: Braunschweig MDR 48 187, Düsseldorf J R 48 350. Bei der Frage der W. b. I. durch die Presse ist zu u n t e r s c h e i d e n . Zu allgemein Tübingen DRZ 48 498: Besondere Legitimation, wenn auch kein Freibrief der Presse. Dazu kritisch Bader DRZ 50 422; er wendet sich mit Recht dagegen, daß die Presse mit der öffentlichen Meinung gleichgesetzt wird (so z. B. Hamm MDR 53 311: „Sprachrohr" der öff. M.) und zeigt die Gefahren einer unkontrollierten „Kontrollfunktion" der Presse. Allerdings ist die notwendige Einschränkung nicht mit dem RG bei dem „nahe angehen" zu suchen, sondern schon darin, daß die Erregung oder Befriedigung von Sensationsbedürfnis, das eigene Interesse an Absatzsteigerung, in aller Regel aber auch die Propagierung der Wünsche einzelner Interessentengruppen überhaupt k e i n e den Ehrenschutz ü b e r w i e g e n d e n I n t e r e s s e n sind; zu prüfen ist, ob die Äußerung unabhängig oder—von einem bestimmten Gruppenstandpunkt aus — ganz oder überwiegend z u r Wahrung (unten zu V) öffentlicher oder sonst besonders schutzwürdiger Interessen erfolgte oder z. B. aus den genannten Motiven. Indizien hierfür sind Art und Ruf der Zeitung oder sonstigen Veröffentlichung; dazu Erdsiek NJW 58,1720. Wenn ferner die Nachrichtentechnik

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Beleidigung § 193

im konkreten Falle die der großen Gefährlichkeit von Presseangriffen notwendig entsprechende b e s o n d e r s s o r g f ä l t i g e P r ü f u n g von vornherein vereitelt hat, kommt § 193 auch bei Verfolgung anerkannter Zwecke nicht in Betracht (oben I und unten c). Denn auch das Interesse, schneller und dramatischer als die Konkurrenz zu berichten, überwiegt nicht das der Wahrung des Rufes. — Zusammenhang mit dem im öff. Int. liegenden H a u p t t h e m a fordert mit Recht Celle N J W 53 1764 bei verletzenden Äußerungen über das Privatleben. — Bedenkliche Konzession an die Sensationspresse und die Gewöhnung des Publikums an deren Entstellungen in Stuttgart N J W 50 704 (Ziv-Sen.). — Vgl. zu der dringend notwendigen Verstärkung des strafrechtlichen Persönlichkeitsschutzes jetzt Entw. 1959 §§ 189ff. — Zu b) E r f o r d e r l i c h k e i t vgl. E 23 146 (das Mittel müsse „maßvoll" sein); 2 1 2 (der Richter müsse freilich sagen, mit welchen anderen Mitteln der Täter sich h ä t t e helfen können); 42 443 („Zwangslage"); 59 172 (Mitteilung von der Bestechlichkeit der Schutzmannschaft nicht an einen Beliebigen, aber entweder an die Vorgesetzten oder zwecks Verwertung in einem Strafverfahren); Braunschweig MDR 48 146 (Flucht in die Öffentlichkeit u. U. zulässig); Köln N J W 58 802 (Bezichtigungen beim „Bunde der Steuerzahler" wie Mitteilungen an beliebige Dritte zu betrachten). •— Zu c) stellte das RGer. eine Informationspflicht auf, deren Erfüllung Voraussetzung f ü r die Zubilligung des § 193 ist. Vgl. E 62 93, 68 92 und 202. Dabei stuft es a b : streng bei öffentlicher Beschuldigung (ebenso BGH N J W 52 194, 53 1722 sowie — besonders f ü r Presseveröffentlichungen — H a m m MDR 53 310, N J W 54 441; zutr. Maurach § 19 I I C 3b) a. E.); anders bei Anzeige an Strafverfolgungsbehörden oder vorgesetzte Behörden: E 66 2; über Prozeßbehauptungen vgl. BayObLG J R 53 192: leichtfertig nur, falls ohne Anhalt. - Gegenteilig früher E 6 409, 16 139, 24 308. Vgl. Anm. 1 u. IV a. A., ferner Dahm u. v.Weber, J W 32 2157, 3077, Graf Dohna J W 33 961. — Nur Leichtfertigkeit bzgl. der U n w a h r h e i t schließt § 193 stets aus, nicht solche bzgl. der E r w e i s l i c h k e i t : H a m m N J W 54 441, vgl. E 71 176, 74 257, Entw. 1930 § 318 Abs. 2. V. Zweck der Äußerung muß die Interessenwahrnehmung gewesen sein. „ Z u r " , nicht „in" Wahrnehmung! ( H R R 37 530). Es genügt also nicht, daß sie dazu geeignet war (E 23 425, 34 216). Aber nicht der einzige, der Endzweck: daß H a ß und Rache bei einer Anzeige m i t b e s t i m m e n d waren, schließt den § 193 nicht aus (E 20 164, 66 3; D J 37 784, Hamburg J R 52 203). Wohl aber ist § 193 ausgeschlossen, wenn der e i n z i g e Zweck war, dem anderen „eins auszuwischen" (JW 1923, 380). Dann ist auch die Erstattung einer unrichtigen S t r a f a n z e i g e eine durch § 193 nicht gedeckte Beleidigung, selbst wenn sie in gutem Glauben geschah, aber objektiv unrichtig war (E 61401). Vgl. ferner E 4 316, 29 54 und die Erläut. zu § 164. — Nach E 74 257 kann sich auf § 193 nicht berufen, wer einen rechtskräftig erledigten Rechtsstreit durch den Vorwurf, der Richter habe das Recht gebeugt, wieder aufzurollen sucht. VI. Subjektiv ist zur Rechtfertigung des Beleidigers nicht erforderlich, daß er die Behauptung f ü r nachweislich hielt. Nach dem Gesetz genügt, daß die Äußerung bei Unterstellung ihrer Wahrheit objektiv zur Interessenwahrung geeignet gewesen wäre (E 59 414). Die zuletzt (Anm. I und IV 2 c) vom RGer. aufgestellte Informationspflicht f ü h r t freilich zum Erfordernis, daß der Beleidiger gutgläubig nicht n u r war, sondern auch sein durfte. — Ein I r r t u m über die Geeignetheit der Beleidigung zur Intere3senwahrung schließt nach § 59 die S c h u l d aus (E 59 414; f ü r § 54 vermeidet E 59 69 mit Recht den Umweg über § 59); während ein Irrtum über die

Beleidigung § 194, 196

463

rechtlichen Grenzen des § 193 nach E 34 222 unbeachtlicher Strafrechtsirrtum war (im einzelnen ging das Reichsgericht auch hier in der Annahme solchen die Schuld nicht ausschließenden Strafrechtsirrtums sehr weit). Vgl. jetzt § 59 Anm. V1, ferner Härtung und Schaffstein N J W 51, 212 bzw. 691. VII. Ähnliche Fälle: z. B. Publikation nnd Besprechung von Urteilen zu wissenschaftlichen Zwecken oder zur Rechtsbelehrung E 19 238, 3 303. — Beleidigung durch unwahre, aber für wahr gehaltene Behauptungen im Rahmen einer Zeugenaussage: E 41 254. — Gutgläubige Mitteilung unrichtiger Tatsachen an einen Beschuldigten, der sie zu seiner Verteidigung benutzen will: E 59 172. — Auskünfte an Partei über ihren vorauss. Wahlkandidaten: BayObLG N J W 53 1361. VIII. Teilnahme (Anstiftung oder Beihilfe) an einer nach § 193 gerechtfertigten Beleidigung straflos. Ist aber, umgekehrt, der Täter wegen Bei. strafbar, so kann der Teilnehmer nicht durch § 193 gedeckt sein. E 64 23. IX. Form und Umstände der Äußerung können trotz § 193 eine strafbare Beleidigung nach § 185 begründen. — „Die strafbare F o r m einer Äußerung ist das die Behauptung einer Tatsache überschießende Moment, welches übrigbleibt, wenn man die letztere abzieht, und welches n i c h t notwendig war, um die letztere aussprechen zu können": E 10 361. Der Richter muß freilich sagen, wie sich der Täter nach seinem Bildungsgrad hätte ausdrücken sollen und können (E 44 111). Und nicht jede Unsachlichkeit in der Form schließt den § 193 aus: H R R 41 164, Jena J W 1 9 2 5 1207 (betr. „Lüge", „Lügner"), Hamburg NJW 52 903. — Die begleitenden U m s t ä n d e müssen zeitlich und örtlich zu der Äußerung in Beziehung stehen: dadurch, daß die Äußerung gerade zu dieser Zeit oder gerade an diesem Ort oder gerade unter diesen Verhältnissen fällt, muß sie eine Verschärfung erfahren: E 34 80. — Form und Umstände begründen nicht um ihrer selber willen die Strafbarkeit, sondern als I n d i z einer b e s o n d e r e n B e l e i d i g u n g s a b s i c h t : E 3 328, 20 100, 34 80, 40 317, 41 254, 64 10. Beispiel: Anonyme Form (22 329); Schimpfworte; überlauter Ton (54 289). Doch muß außerdem der objektiv beleidigende Inhalt feststehen. Vgl. auch Braunschweig MDR 48 186 (Mundpropaganda nicht ohne weiteres unzulässig). Antrag

§

194

Die Verfolgung einer Beleidigung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ( § § 185 bis 193) ist zulässig. I. Antrag: regelmäßig nur des Verletzten (§ 65). Vgl. jedoch §§ 189, 196, auch § 197. Über Voraussetzungen und Wegfall des Antragsrechts vgl. zu § 65 und insb. BGHSt. 6 155. Entspr. Anw. des § 232 Abs. 1 auch bei tätl. Beleidigung unzulässig: BGHSt. 7 256. § 195 durch 3. StÄG aufgehoben. Antraqsrecht

der Vorgesetzten

§196

Wenn die Beleidigung gegen eine Behörde, einen Beamten, einen Religionsdiener oder ein Mitglied der bewaffneten Macht, während sie in der Ausübung ihres Berufes begriffen sind, oder in Beziehung auf ihren Beruf begangen ist, so

464

Beleidigung §§ 197, 198

haben außer den unmittelbar Beteiligten auch deren amtliche Vorgesetzte das Recht, den Strafantrag zu stellen. I. Behörde: vgl. § 114 Anm. IV. II. Die Beziehung auf den Beruf ist nicht nur dann gegeben, wenn eine Amtshandlung Gegenstand des Angriffs ist (E 39 361) oder wenn eine besonders auferlegte Berufspflicht verletzt ist. Sie kann sich auch aus dem Inhalt der Äußerung ergeben; z. B . bei dem Vorwurf eines Verhaltens, das den Beamten seiner Stellung unwürdig erscheinen läßt oder den Beruf selbst herabwürdigt: E 44 191, 66 128; auch E 25 157, 39 350, E 76 366 ( = D R 43 752 m. Anm. Mezger). III. Das Vorgesetztenverhältnis bestimmt sich nach den jeweils maßgebenden organisatorischen Vorschriften. Es ist jedenfalls dann gegeben, wenn hiernach einer Behörde oder einem Beamten anderen gegenüber Aufsichtsbefugnisse (mit dem Recht, in ihre Geschäftstätigkeit einzugreifen) zustehen; z. B . auch Gerichtsvorstände gegenüber Richtern: E 11 163, 15 212, 17 88, 19 260, 24 340, 35 227. Anstellungsbefugnis und Dienststrafgewalt sind kennzeichnend, aber nicht maßgebend: E 14 182, 59 133. E 37 37 verneint das Vorgesetztenverhältnis der Anwalts- oder Ärztekammer gegenüber einem beleidigten Anwalt oder Arzt, E 67 48 das Antragsrecht des Sachbearbeiters. IV. Das Antragsrecht des Vorgesetzten ist selbständig: es wird durch Zurücknahme des vom Beleidigten unmittelbar gestellten Strafantrags nicht berührt: Rechtspr. 5 270. — Bei Versetzungen verbleibt das Recht dem früheren Vorgesetzten: E 19 23. — Mehrere gleichzeitige Vorgesetzte sind nebeneinander antragsberechtigt (§ 62). Die Antragsirist beginnt für jeden selbständig mit der Kenntnis nach § 61: E 46 203. V. Dem Vorgesetzten steht auch die Befugnis zur Bekanntmachung gemäß § 200 zu: E 14 327. Nicht dem unmittelbar beleidigten Untergebenen, wenn nur der Vorgesetzte Strafantrag gestellt: E 43 173; es sei denn, daß der beleidigte Untergebene sich als Nebenkläger angeschlossen hatte: E 60 80. Vgl. auch § 200 Anm. I V a. E . Ermächtigung § 1 9 7 Eines Antrages bedarf es nicht, wenn die Beleidigung gegen ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder gegen eine andere politische Körperschaft begangen worden ist. Dieselbe darf jedoch nur mit Ermächtigung der beleidigten Körperschaft verfolgt werden. Für die Ermächtigung bestehen Vorschriften über Form und Frist nicht: E 1 8 382. In der Ermächtigung liegt nicht ohne weiteres ein Strafantrag der einzelnen Mitglieder. E 41 168. Vgl. § 97 Anm. V I I . Antrag bei wechselseitigen Beleidigungen § 1 9 8 Ist bei wechselseitigen Beleidigungen von einem Teile auf Bestrafung angetragen worden, so ist der andere Teil bei Verlust seines Rechts verpflichtet,

Beleidigung §§ 199, 200

465

den Antrag auf Bestrafung spätestens vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz zu stellen, hierzu aber auch dann berechtigt, wenn zu jenem Zeitpunkte die dreimonatige Frist bereits abgelaufen ist. Retorsion und Kompensation

§199

Wenn eine Beleidigung auf der Stelle erwidert wird, so kann der Richter beide Beleidiger oder einen derselben für straffrei erklären. I. Über die Kompensation von Beleidigungen mit leichten Körperverletzungen vgl. § 233. II. Auf der Stelle: nur zeitlieh und kausal gemeint: solange die durch die Bei. hervorgerufene Gemütsbewegung dauert. Auch während der auf die Beleidigung folgenden Auseinandersetzung: E 38 339. Auch wenn eine zunächst durch andere Eindrücke zurückgedrängte Erregung sich bald darauf wieder durchsetzt: E 67 249. — Auch wer die e r s t e Bei. ausgesprochen hat, kann f ü r straffrei erklärt werden: E 70 329. — Weit auszulegen; auch Analogie hier zulässig: Braunschweig MDB 48 186. III. Beide Beleidigungen müssen an sich strafbar sein. Aufrechnung daher nicht möglich, wenn auf der einen Seite § 193 anwendbar ist: E 44 143 (148), oder die Schuld fehlt. Nach BGHSt. 10 373 soll (entgegen der bisher herrsch. Mg., S. 374) § 199 auch anwendbar sein, wenn die Gegenbeleidigung nicht erwiesen ist, weil es sich um eine Frage der Strafzumessung handle und der Fall dem einer Ehrennotwehr ähnele. Diese Begr. ist in sich nicht widerspruchsfrei und überzeugt daher nicht. IV. Wegen der Kosten vgl. StPO § 468. Bekanntmachungsbefngnis

§200

(1) Wird wegen einer öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Darstellungen oder Abbildungen begangenen Beleidigung auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Beleidigten die Befugnis zuzusprechen, die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekanntzumachen. Die Art der Bekanntmachung sowie die Frist zu derselben ist in dem Urteile zu bestimmen. (2) Erfolgte die Beleidigung in einer Zeitung oder Zeitschrift, so ist der verfügende Teil des Urteils auf Antrag des Beleidigten durch die öffentlichen Blätter bekanntzumachen, und zwar wenn möglich durch dieselbe Zeitung oder Zeitschrift und in demselben Teile und mit derselben Schrift, wie der Abdruck der Beleidigung geschehen. (3) Dem Beleidigten ist auf Kosten des Schuldigen eine Ausfertigung des Urteils zu erteilen. I. Rechtsnatur: Nebenstrafe u n d Genugtuung. Näheres Vorbem. B 6 vor § 13. Ebenso Nürnberg NJW 50 124. Wegen IdKonk.: E 73 148 und Anm. zu § 73. 30

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

466

Zweikampf. Vorbemerkungen. § 201

II. öffentlich: § 186 A. I X . Dazu AG Cottbus in D J 43 491. III. Auf Strafe erkannt. Also n i c h t , wenn Angekl. f ü r straffrei erklärt wird (§ 199). IT. Dem „Beleidigten" oder den nach §§ 65, 189, 196 Antragsberechtigten, soweit S t r a f a n t r a g gestellt oder doch als N e b e n k l ä g e r Interesse an der Verfolgung der Beleidigung gezeigt. Vgl. E 60 80. — Vgl. auch § 165, wo es selbständig Antragsberechtigte nicht gibt, also auch nicht Bekanntmachungsbefugnis eines Vorgesetzten: E 72 169. Y. Die Veröffentlichungsbefugnis ist von Amts wegen zuzusprechen. Auch vom RevGer.: BGHSt. 3 73. VI. Die Kosten trägt der Verurteilte; mehrere als Gesamtschuldner: E 37 267. VII. Die Ausführung der Veröffentlichung ist Sache des Beleidigten. Vni. Art und Frist: nach dem Ermessen des Richters: E 5 381. Notwendig ist die Festsetzung im Urteil nicht; der Antrag ist noch im Vollstreckungsverfahren zulässig: Rechtspr. 1 598. IX. Bekanntmachung gem. Abi. 2 von Gerichts wegen zu veranlassen. Anders Abs. 1.

Fünfzehnter Abschnitt Zweikampf Vorbemerkungen I. F ü n f T a t b e s t ä n d e : 1. Zweikampf mit tödlichen Waffen (§205). — 2. Herausforderung zu ihm (§§ 201 202). — 3. Annahme der Herausforderung (§§ 201, 202). — 4. Kartelltragen (§ 203). - 5. Anreizung zum Zw. (§ 210). — Daß in allen Fällen nur Zw. „mit tödlichen Waffen" gemeint, ist unbestritten, wenn auch durch die Stellung der §§ 201, 205 verdunkelt . — Über das Verhältnis zu §§ 211 ff., 223 ff. eing. BGHSt. 4 24. II. Betr. E i n s c h l i e ß u n g vgl. §§ 17, 20, 21. Herausforderung und Annahme

§201 Die Herausforderung zum Zweikampf mit tödlichen Waffen sowie die Annahme einer solchen Herausforderung wird mit Einschließung bis zu sechs Monaten bestraft. I. Herausforderung einerlei ob ernst gemeint, wenn nur von dem Geforderten ernst genommen und der Fordernde das wußte. E 22 139. ü . Zweikampf ein verabredeter Kampf zweier Personen nach vereinbarten oder hergebrachten Regeln. E 52 54. — Die studentische Schlägermensur ist kein Zweikampf mit tödlichen Waffen: BGHSt. 4 24 (dagegen Eb. Schmidt J Z 54, 375, dafür Härtung N J W 54, 1225, Jeseheck GA 1955, 99).

Zweikampf §§ 2 0 2 - 2 0 5 Herausforderung mit

467

Tötungsabsicht

§ 202 Einschließung von zwei Monaten bis zu zwei Jahren tritt ein, wenn bei der Herausforderung die Absicht, daß einer von beiden Teilen das Leben verlieren soll, entweder ausgesprochen ist oder aus der gewählten Art des Zweikampfes erhellt.

Kartelltragen

§ 203

Diejenigen, welche den Auftrag zu einer Herausforderung übernehmen und ausrichten (Kartellträger), werden mit Einschließung bis zu sechs Monaten bestraft. Sie unterliegen auch bei stattgehabtem Zweikampf nicht der Strafe der Beihilfe: E 11 279; vgl. auch § 209. Rücktritt

§ 204

Die Strafe der Herausforderung und der Annahme derselben sowie die Strafe der Kartellträger fällt weg, wenn die Parteien den Zweikampf vor dessen Beginn freiwillig aufgegeben haben. I. Dieser „Beginn" ist gleichzeitig die juristische „Vollendung" des Zweikampfvergehens. Vgl. Anm. 1 zu § 205. H. Nicht also, wenn Beginn durch behördliches Einschreiten verhindert (E 13 1). — Der freiwillige Rücktritt auch n u r e i n e r Partei, wodurch der Zw. tatsächlich aufgegeben worden, macht beide straflos; beiderseitige Aussöhnung nicht erforderlich. E 34 200, 35 260. Zweikampf

§ 205

Der Zweikampf wird mit Einschließung von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. I. Vgl. Anm. I I zu § 201. — V o l l e n d e t ist der Zw., „sobald die Beteiligten zum Kampfe angetreten sind und der eine von ihnen mit dem Angriff auf den sich darbietenden Gegner begonnen h a t " E 61 64. n . „Beihilfe" auch durch Mitwirkung bei einem Ehrengericht, das nur über die Waffen zu bestimmen hat: E 13 265. Gehilfe auch, wer im Auftrage des einen mit dem Beauftragten des Gegners die Bedingungen des Zw. feststellt und sie seinem Auftraggeber übermittelt. Er fällt nicht unter die Strafausschließungsgründe des § 209. E 25 81. 30*

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Zweikampf §§ 206 - 209

Tötung im Zweikampf

§ 206

Wer seinen Gegner im Zweikampf tötet, wird mit Einschließung nicht unter zwei Jahren und, wenn der Zweikampf ein solcher war, welcher den Tod des einen von beiden herbeiführen sollte, mit Einschließung nicht unter drei Jahren bestraft. L § 206 enthält ein durch einen schwereren Erfolg qualifiziertes Vergehen, wie z. B. § 226 (vgl. Vorbem. I I C vor § 1). Tötungsvorsatz also nicht erforderlich. Aber Fahrlässigkeit: § 56. — Zur Tatbestandsmäßigkeit gehört ferner adäquater Zusammenhang zwischen vorsätzlichem Kämpfen und eingetretenem Tod. Nur dann „im" Zw., d. h. durch eine Kampfhandlung. Anders, wenn nur bei Gelegenheit desselben: z. B. durch abgesprungene Klinge, oder durch den Versuch, verfangene Schläger wieder zu lösen. Hier ist § 222 in Betracht zu ziehen. Vgl. E 63 6. Noch weniger § 206 anwendbar, wenn die Wunde nur durch das spätere Verhalten des Verletzten tödlich wurde. E 64 143: Der Tod müsse „aus der Zweikampfwunde für sich hervorgehen". Vorsätzliche Übertretung der Kampfesregeln

§ 207

Ist eine Tötung oder Körperverletzung mittels vorsätzlicher Übertretung der vereinbarten oder hergebrachten Kegeln des Zweikampfes bewirkt worden, so ist der Übertreter, sofern nicht nach den vorhergehenden Bestimmungen eine härtere Strafe verwirkt ist, nach den allgemeinen Vorschriften über das Verbrechen der Tötung oder der Körperverletzung zu bestrafen. I. Vorhergehende: also nicht auf Grund von § 208. Zweikampf ohne Sekundanten

§ 208

Hat der Zweikampf ohne Sekundanten stattgefunden, so kann die verwirkte Strafe bis um die Hälfte, jedoch nicht über fünfzehn Jahre erhöht werden. I. Sekundanten: die von den Duellanten erwählten Personen, die diesen bei der Austragung des Zw. selbst Beistand leisten, und deren Aufgabe im wesentlichen darin besteht, die Beobachtung der verabredeten oder hergebrachten Kampfesregeln auf dem Kampfplatz zu sichern. E 25 81. Vgl. aber Anm. I I zu § 205. H. Über die verwirkte Strafe müssen sich also die Urteilsgründe aussprechen. Straflosigkeit der Kartellträger

§ 209

Kartellträger, welche ernstlich bemüht gewesen sind, den Zweikampf zu verhindern, Sekundanten sowie zum Zweikampf zugezogene Zeugen, Ärzte und Wundärzte sind straflos.

§§ 209, 210. Verbrechen wider das Leben. Vorbemerkungen

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I. Vgl. § 203. II. Nach Überbringung der Herausforderung: E 17 244; und vor Beginn des Kampfes; also nicht bloß: Verhinderung der Fortsetzung des Kampfes. § 209 ist nicht anwendbar, wenn durch sofortige Ablehnung der Herausforderung seitens des Geforderten der Kartellträger zur Beilegung des Zw. nichts tun konnte; ebenso wenn der Kartellträger die Ablehnung erwartete: E 22 218. m . Vgl. Anm. I zu § 208. Anreizung zum Zweikampf

§210

Wer einen anderen zum Zweikampf mit einem Dritten absichtlich, insonderheit durch Bezeigung oder Androhung von Verachtung anreizt, wird, falls der Zweikampf stattgefunden hat, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. I. Solche Anreizung im allg. erst auf Grund einer zum Zw. geeigneten Sachlage möglich; aber auch wenn letztere erst durch die Anreizung bewußt geschaffen wird (z.B.: „Sie können sich als von X. geohrfeigt betrachten!"). E 18 239. — Die hier ausgeübte moralische Nötigung ist, wie Dreher-Maassen zutr. dartun, der Grund für die Sonderbehandlung dieses Falles der Anstiftung, der Zweikampf obj. Bed. der Strafbarkeit. II. Absichtlich hier gleich vorsätzlich. Vgl. Anm. III zu § 59. § 210 a. Der Zweikampf mit Schlägern unter Vorkehrungen, die bestimmt und geeignet sind, gegen Lebensgefahr zu schützen, sowie die Herausforderung zu einem solchen Zweikampf und deren Annahme sind straflos. I. Eingefügt an Stelle der früheren Vorschrift durch G v. 26. 5. 33 Art. I Nr. 13. Aufgehoben durch KRG Nr. 11. Dazu Eb. Schmidt JZ 54, 375. Sechzehnter Abschnitt Verbrechen und Vergehen wider das Leben Vorbemerkungen Schrifttum: S t o c k , Zur Abgrenzung von Mord und Totschlag, SJZ 47, 529; dazu Z i n n SJZ 48, 141, R a d b r u c h SJZ 48, 311. — Claß, Zum Verhältnis des § 211 zu § 50 StGB, NJW 49, 83. - Eb. S c h m i d t , Zur Lehre von den Tötungsdelikten usw. DRZ 49, 198, 241, 272. — J a g u s c h , Die Rspr. des OGHBrZ zur vorsätzlichen Tötung, SJZ 49, 324 ff. — L a n g e , Die Schuld des Teilnehmers, insbes. bei Tötungs- und Wirtschaftsverbrechen, J R 49, 165ff. — S c h r ö d e r , Der Aufbau der Tötungsdelikte, SJZ 50, 560. - D e r s . , JZ 52, 526, NJW 52, 649. Welzel, Zur Systematik des TDel., JZ 52, 72. — S a x , Der Grundtatbestand bei den TDel., ZStW 64, 393. - Meister, Bet. am Selbstmord, GA1953,166. - Hierzu auch H e i n i t z , J R 54, 403. - H a r d w i g , GA1954, 257,ZurSystematikderTDel. — E n g i s c h , Zum Begriff des Mordes, GA 1955, 161. — Zum Euthanasieproblem zuletzt B r e n s k e J R 52, 275; L a n g J R 53. 54. — Zum Denunziantenproblem Schweiger NJW 52, 1200. — S c h m i d h ä u s e r , Gesinnungsmerkmale, 1958 S. 193ff., 223ff., 263 ff.

Verbrechen wider das Leben §§ 211, 212

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I. Tatbestände: a) T ö t u n g e n : 1. Mord §211; 2. Totschlag §§212 u. 213; 3. Tötung auf Verlangen §216; 4. Kindestötung §217; 5. Völkermord § 2 2 0 a ; 6. Fahrlässige Tötung § 222. b) A b t r e i b u n g § 218, Tatbestände dort Anm. I. c) A u s s e t z u n g § 221. II. Idealkonkurrenz ist möglich zwischen den Straftaten des 16. Abschnitts und den durch verschuldete Todesfolge qualifizierten Straftaten, z. B. §§ 178, 226 (vgl. E. 31 198). Nach RG dagegen nicht mit Körperverletzung, denn der Tötungsvorsatz schließe den KVVorsatz in sich ein, während umgekehrt KVVorsatz voraussetze, daß Tötungswille fehlte (so E. 44 321, 61 375; freilich kaum vereinbar mit E. 28 200, vgl. §216 A. I, ebenso OGHSt. 357 sogar für den Fall des dol. ev.). Für die Möglichkeit der IdKonk zutr. Kiel MDR 47 71. Tateinheit mit Raub: OGHSt. 1133 u. DRZ 49 70, BGH N J W 51 120, BGHSt. 9 135 (betr. §§ 211, 251); anders bei mehreren selbst. Raubmordversuchen: BGHSt. 2 246. Tatmehrheit mit §226: OGH in J R 49 284. III. Selbsttötung fällt nicht unter 16. Abschnitt. Wegen B e i h i l f e und A n s t i f t u n g vgl. § 212 Anm. V. — Im Selbstmord einer S c h w a n g e r e n könne eine Abtreibungshandlung liegen, ihr Selbstmordversuch also als versuchte Abtreibung (§ 218) strafbar sein: so H R R 39 395. DR 40 26. Der Weg zu diesem Ergebnis war dadurch frei geworden, daß E 67 206 (ebenso BGHSt. 1 278 und 280) den in E 41 328 vertretenen Standpunkt, zur strafbaren Abtreibung gehöre, daß die Schwangere die Tötung ihrer Frucht überlebt habe, aufgegeben hatte. Folger. nimmt. BGHSt. 1 278 gegebenenfalls Tateinheit zwischen §§ 218 und 222 und jetzt BGHSt. 11 15 (gegen MDR 51 657) Tateinheit zwischen §§ 218 und 212/43 an. Vgl. § 218 V I I I . Wie die Rspr.: Maurach § 5 I I . — Über die Behandlung des Doppelselbstmordes im engl. Recht Honig DRZ 48, 378. — Zwang zum Selbstmord als Mord in mittelb. T.: OGH in N J W 49 598. Mord

§211

(1) Der Mörder wird mit lebenslangem Zuchtbaus bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet. Totschlaa

§212

(1) Wer einen Menschen vorsätzlich tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslanges Zuchthaus zu erkennen.

Verbrechen wider das Leben §§ 211, 212

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Inhalt der Anmerkungen: I. Die Neuregelung. — I I . Aufbau der Tatbestände. — I I I . Das Unterscheidungsmerkmal. — IV. Tat und Täter. — V. Objektiver Tatbestand. — VI. Rechtswidrigkeit. — VII. Vorsatz. — V I I I . Der Mörder. — I X . Die Strafe des Mörders. — X . Totschlag. — X I . Teilnahme. — X I I . Konkurrenzen. I. Die Neuregelung der vorsätzlichen Tötungen durch § 2 des G v. 4. 9. 41 (RGBl. I 549) betont stärker als die alte Fassung die Persönlichkeitswertung: Mörder ist, wessen Motive, Mittel oder Zwecke eine besonders verwerfliche Einstellung oder eine besondere Gefährlichkeit offenbaren. Sie lehnt sich eng an die Schweizer Entwürfe an. Das 3. StrRÄndG h a t die Strafdrohungen dem Art. 102 GG angepaßt. Vgl. unten zu I I . II. Aufbau der Tatbestände. — Die Fälle der vorsätzlichen rechtswidrigen Tötung liegen so verschieden, daß es nicht genügt, gesetzlich einen weitgespannten Strafrahmen vorzusehen und innerhalb desselben die Wertung dem Richter zu überlassen, wie es Liszt VD Bes. T. V vorschlug. Vom Raub- und Lustmord über Rache- und Eifersuchtstaten bis zur Euthanasie und Tötung in ernster Lebensnot wiegen die Fälle nicht nur verschieden schwer, sie sind auch d e r A r t n a c h verschieden. Die heutige, auf die Abschaffung der Todesstrafe zurückführende Grenzverwischung (§ 212 Abs. 2) sollte nicht bestehenbleiben. E s handelt sich nicht nur um Strafzumessungsgründe (so aber Schröder SJZ 50, 560). Aber Übereinstimmung besteht weder darüber, wieviel Tatbestände zu bilden sind (darüber hier Anm II), noch darüber, worin die unterscheidenden Merkmale liegen (darüber unten Anm. I I I ) . E s gibt zwei Möglichkeiten, die Tatbestände zu gliedern: 1. Man kann Mord und Totschlag als zwei positiv d e f i n i e r t e s e l b s t ä n d i g e T a t b e s t ä n d e gegenüberstellen. So einige römische Quellen und die Italiener des Mittelalters: propositum und impetus. Carolina (1532): mutwillige fiirsätziiche Tötung als Mord, Tötung aus Jähheit und Zorn als Totschlag. Einige neuere Gesetze und Entwürfe: Überlegung einerseits, Affekt andererseits. Und so faßt BGHSt. 1 368 (st. Rspr.) das g e l t e n d e R e c h t auf (gegen J R 49, 171). Dagegen eingehend Welzel J Z 52, 72 (s. auch unten zu 2 a. E. und zu X I ) . 2. Man kann von einem Grundtatbestand ausgehen. Nach Eb. Schmidt D R Z 49, 241, SJZ 49, 562, früher auch Kohlrausch und Welzel, ist das der Mord als der eindrucksvoll an der Spitze stehende Tatbestand. Aber d e r S a c h e n a c h ist die n i c h t näher bezeichnete vorsätzliche Tötung der Grundtatbestand, aus dem die anderen abzuleiten sind. Das ist, wie die negativen Wendungen „ohne Überlegung", „ohne Mörder zu sein" zeigen, nach altem wie nach neuem Recht bei uns der Totschlag des § 212. I h m gegenüber typisieren § 211 Fälle gesteigerter, §§ 213 bis 217 Fälle geminderter Schuld. Anders nur die Reichsrat vorläge von 1925, die die vorsätzliche Tötung schlechthin als Mord und nur unter besonderen Voraussetzungen als Totschlag charakterisieren wollte und deren System eben darum verworfen wurde (vgl. Begr. Entw. 27 S. 127). Demgegenüber stimmt unser System sachlich mit dem der Schweiz überein, wobei dem § 212 die „vorsätzliche Tötung" des Schw. Art. 111, dem § 213 der „Totschlag" des Art. 113 entspricht. I m einzelnen vgl. unten zu I I I 5. Die terminologischen Unterschiede dürfen nicht verwirren. Busch SJZ 50, 360 spricht zutr. von einem Systemfehler unseres Gesetzes, das § 211 voranstellt. — Zutr. Maurach „Mord Qualifizierung des Totschlages". Allerdings sieht M. die Qualifikationsgründe nicht als Schuld-, sondern als TBMerkmale an. Hierzu eingehend J R 49, 188ff.; vgl. auch unten Anm. V I I und

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Verbrechen wider das Leben §§ 2 1 1 , 212

§ 216 Anm. I . — Auch Welzel sieht seit J Z 52, 72 in § 212 den Grundtatbestand, unterscheidet ihn aber als graduell verschiedenen U n r e c h t s typ vom Morde und verkennt, daß die Tatbestände, wie hier, auch S c h u l d typisieren können. Dazu J Z 53, 15 Anm. 52, Mezger N J W 53, 2 und Gallas ZStW 67, 29, 46. III. Das Unterscheidungsmerkmal. Der Mord ist von jeher durch die besondere Verwerflichkeit, daneben aber auch durch die besondere Gefährlichkeit des Täters charakterisiert worden. I n der Geschichte wechselten demgemäß eine vorwiegend e t h i s c h orientierte (1), eine mehr p s y c h o l o g i s c h gedachte (2) und eine rein k r i m i n a l p o l i t i s c h e (3) Betrachtung, bis dann die heutige Neufassung weitgehend zu dem ersten Standpunkt zurückkehrte, aber unter Synthese mit dem Gefährlichkeitsgedanken. Dies ist gegenüber der Folgerung, die O G H S t . 1 82 f. ( = S J Z 49 54 m. Anm. Härtung) aus dem geschichtlichen Überblick zieht und gegenüber Jagusch S J Z 49, 324 ff., zu betonen. Der Mordtatbestand verkörpert das den Begriffen Schuld und Strafe eigene unaufhebbare Spannungsverhältnis. Über dieses vgl. Vorbem. A I I I vor § 13 und unten zu 5. 1. Das deutsche Mittelalter nannte „Mord" die sittlich verwerfliche Tötung, die auf eine n i e d r i g e G e s i n n u n g schließen ließ. Feige Heimlichkeit, Hinterlist, Wehrlosigkeit des Getöteten, Bruch eines Treueverhältnisses u. ähnl. kennzeichneten ihn. Entehrende Todesstrafe (andere Ehrenfolgen traten hinzu) war die Strafe. Auch den „Totschlag" z. B . im offenen ehrlichen Kampf — traf zwar meist Todesstrafe, aber nicht ausnahmslos und ohne absichtliche Entehrung. 2. Gegen Ende des deutschen Mittelalters trat der Vorbedacht als Unterscheidungsmerkmal in den Vordergrund. Schon spätrömisches und mittelalterlichitalienisches Recht hatten die dolosen Tötungen unterschieden in solche mit propositum (das Vor-gesetzte) und solche mit impetus (Drang, Aufwallung). Entsprechend unterschied die „Carolina" (das S t G B Karls V. v. 1532) in Art. 137 auf der einen Seite den „mutwilligen fürsetzlichen Mörder" (mutwillig: ohne rechtfertigenden Grund; fürsetzlich: mit Vorbedacht); und auf der anderen den „Totschlag aus Gähheit und Zorn" (wobei der Personenbegriff „Mörder" gegenüber dem Tatbegriff „Totschlag" Beachtung verdient). Ebenso die Mehrzahl der folgenden Gesetze. So auch Code pénal von 1791/1810: „Assassinat" setzt voraus entweder préméditation oder (ein Nachklang des „Verwerflichen") guet-apens, hinterlistigen Überfall. Einseitig dann abgestellt auf erstares, die „Überlegung" : Bayern 1813, Preußen 1851, R S t G B 1870. Dies Unterscheidungsmerkmal beruht auf dem Gedanken, daß kalte Nichtachtung fremden Lebens den „Mörder" kennzeichnet und schwerste Sühne fordert, steht also in seinen Grundmotiven dem moralisch-sittlichen der Nr. 1 nicht allzu fern. 3. Indirekt gleichfalls veranlaßt durch die Carolina, aber durch ihr Beweisrecht (hierzu v. Weber S J Z 49, 60) ist eine dritte Anschauung, die z. B . bei Carpzov (1650) begegnet, dann bes. in österreichischen Strafgesetzen seit 1768. I m Österr. S t G v. 1852 heißt es in Art. 134 u. 140: „Wer gegen einen Menschen in der Absicht, i hn zu töten, auf eine solche Art handelt, daß daraus dessen oder eines anderen Menschen Tod erfolgte, macht sich des Verbrechens des Mordes schuldig . . . Wird die Handlung, wodurch ein Mensch um das Leben kommt, zwar nicht in der Absicht, i hn zu töten, aber doch in anderer feindseliger Absicht ausgeübt, so ist das Verbrechen ein Totschlag." Die hemmenden „ B e w e i s r e g e l n " des Gemeinen Strafrechts,

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die in vielen Fällen, in denen der gesunde Menschenverstand „Vorsatz" angenommen hätte, solches verboten, sind hier umgangen durch D e h n u n g der Begriffe des m a t e r i e l l e n Strafrechts. Verurteilung wegen „Mordes" fordert zwar dolus directus. Zum „Totschlag" dagegen genügt dolus indirectus, d. praesumtus, d. generalis; noch dazu, indem man eine aberratio ictus (Anm. V 4 zu § 59) hier für unbeachtlich erklärte. 4. An der Tauglichkeit des „Überlegungs"-Merkmals zur Scheidung der Tötungsfälle entstanden bald Zweifel. Es erschien allzu verschiedener Deutung fähig und auch durchaus nicht immer charakteristisch. Die Mutter, die in tiefster Not mit ihrem Kind das Leben verlassen will, selber aber gerettet wird, der Arzt oder Freund, der dem unheilbar Leidenden die Qual verkürzen will, handeln „überlegt". Affekttötungen andrerseits, Lustmorde, Racheakte und ähnliche nicht „überlegte" Entladungen können sowohl moralisch wie unter dem Gesichtspunkt einer kriminellen Prognose schwerste Strafe erfordern. Indessen hielten die deutschen Entwürfe bis 1927 (mit einer Ausnahme) an ihm fest. 5. Die Rückkehr von der kaltblütigen (2) zu der sittlich v e r w e r f l i c h e n (1) Tötung, von der seelischen Temperatur der Tat zu der G e s i n n u n g des Täters, erfolgte unter Führung von Carl Stooß in den Schweizer Entwürfen seit 1893. Der Mord wird hier wieder gekennzeichnet als unehrliche gemeine Tötung, deren besondere Verwerflichkeit sich auf dreierlei Weise zeigen könne: aus ihren niedrigen Beweggründen, aus den verwerflichen Zwecken und aus ihrer besonderen Begehungsart. So mit gleicher Dreiteilung, bis Entw. 1918. Die endgültige Fassung des Schweizer StGB (in Kraft ab 1. 1. 42) sucht die Kasuistik zu vermeiden und die Bewertung der Beweggründe mit dem Erfordernis der Überlegung zu verbinden. Klarer als in den Entwürfen zeigt sich in ihr 1) die Synthese zwischen besonderer Vorwerfbarkeit und besonderer Gefährlichkeit als Schuldmomenten sowie 2) die bloß symptomatische Bedeutung der Tatumstände für die entscheidende Bewertung der Täterpersönlichkeit. Hierzu der oben Anm. I I 2 erwähnte Aufbau. Ergebnis des Schweizer StGB: Art. 111: Grundtatbestand der vorsätzlichen Tötung. Art. 112 nach oben herausgenommen: Mord begeht, wer unter Umständen oder mit einer Überlegung tötet, die seine besonders verwerfliche Gesinnung oder seine Gefährlichkeit offenbaren. Art. 113 nach unten herausgenommen: Totschlag begeht, wer in einer nach den Umständen entschuldbaren Gemütsbewegung tötet. — Ähnlich der Schweiz der Österreich. Entw. von 1912. — Besondere Hervorhebung des Gefährlichkeitsmoments in Entw. zur englischen Criminal Justice Bill von 1948 (dazu Mosheim DRZ 48, 379). 6. Der § 211 neuer Fassung betont gleichfalls die Niedrigkeit der Gesinnung und damit die m o r a l i s c h e M i n d e r w e r t i g k e i t der Täterpersönlichkeit durch die Generalklausel „oder sonst aus niedrigen Beweggründen". Es genügt andrerseits aber auch eine A u s f ü h r u n g , die nicht notwendig zu einer Gesamtkennzeichnung des Täters als moralisch minderwertig zu führen braucht, wohl aber auf seine besondere G e f ä h r l i c h k e i t schließen läßt. Ein Versuch eingehender Begründung in E 77 41. IV. Tat und Täter. — Das Gesetz spricht nicht von Mord und Totschlag, sondern vom M ö r d e r und vom T o t s c h l ä g e r . Das bedeutet: Tötungsarten sollen nicht isoliert betrachtet werden, sondern in ihrer Verwurzelung in der Persönlichkeit des Täters. Diese an sich im StrR allgemein geltende Forderung wird hier besonders

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betont. Auch nach B G H S t . 3 333 fordert neben den äußeren Tatumständen die Persönlichkeit des Täters mit seinen Verstandes- und Gemütskräften, Vorstellungen und Begehrungen Beachtung, jedoch mehr bei der Motivgruppe als den besonderen Begehungsweisen. Aber auch über Merkmale wie „heimtückisch", „grausam" usw. kann nicht ohne Berücksichtigung der gesamten inneren Einstellung und Gesinnung des Täters entschieden werden; erst recht nicht (wie auch der B G H jetzt anerkennt) bei der dritten I allgruppe. Vgl. unten V I I I 8 . I m wesentlichen wie hier E b . Schmidt D R Z 49, 242ff., Schönke-Schröder V zu § 211 (letztere mit noch weitergehenden Folgerungen). —• E s handelt sich beim „Mörder" nicht um einen naturalistisch verstandenen, kriminologischen Tätertyp; vielmehr ist die Tatschuld zu einer TatTäterschuld vertieft, die die T a t begleitenden psychischen Umstände sind auf ihre Wurzel in der Persönlichkeit des Täters zurück zu verfolgen. Näheres unten zu V I I I . Auch E 76 297 ( = D R 43 289 m. Anm. Mezger) und B G H N J W 51 204 betonten Persönlichkeitswürdig-ang, ohne Tätertyp zu verlangen. — Wenig glücklich ist die Personifizierung des „Totschlägers" in § 212. Denn hier fehlen gerade Qualifikationsmomente aus der Persönlichkeit des Täters. Richtiger die Carolina: oben I I I 2. V. Objektiver Tatbestand sowohl des „Mordes" wie des Totschlags: 1. Mensch: mit dem Beginn der Geburt. E 9 132, 26 179, GA 54 288. Wichtig wegen Abgrenzung gegen § 2 1 8 . § 1 B G B („Rechtsfähigkeit"!) hat damit nichts zu tun. — Lebensfähigkeit nicht vorausgesetzt; ein Sechsmonatskind, das einige Stunden gelebt hat, war „ein Mensch". — §§ 211/212 meinen: „wer einen anderen t ö t e t " ; Selbsttötung fällt nicht darunter, also auch nicht Versuch und Teilnahme: E 70 314. Allerdings kann „ A n s t i f t u n g " zum Selbstmord in Wahrheit Tötung in m i t t e l b a r e r T ä t e r s c h a f t sein, falls sich nämlich der „Anstifter" des anderen bediente, um seinen eigenen Willen, diesen zu beseitigen, durch ihn auszuführen (Frankfurter Fall: Eltern wollten ihr 14jähriges Kind los werden und quälten es so lange, bis es, was sie gewünscht hatten, ins Wasser ging; sie wurden mit Recht des Mordversuchs — das Kind war gerettet worden — für schuldig erklärt). Vgl. Vorbem.I B 2 vor §47,111 vor §211, insbes. denFall OGH i n N J W 49 598;dort wurde dem — schwersten Drohungen ausgesetzten — Opfer eine geladene Pistole hingelegt, um es zum Selbstmord zu treiben. — Zur Frage der B e i h i l f e zum Selbstmord BGHSt. 2 150 = J Z 52, 371 (Anm. Gallas), vgl. a. MDR 52, 711 (Dreher),265 (v. Weber), J R 55 104 (abl. mit Recht Anm. Heinitz; vgl. dens. J R 54, 403 zum Doppelselbstmord Liebender). Dazu oben Syst. Vorbem. I I B I I 3e), unten § 222 Anm. I. 2. Töten: nicht, wie gelegentlich angenommen „typische Tötungshandlung", andererseits mehr als: eine Ursache setzen zum Tod eines anderen. Der Täter muß den Kausalablauf beherrscht, nicht nur eine zufällige Entwicklung, die seinem Wunsche entsprach, angestoßen haben. Vgl. Vorbem. 1 1 vor § 47 sowie E 70 257, ferner Härtung S J Z 49, 64. VI. Rechtswidrigkeit kann durch Notwehr, Berufsrecht u. dgl. ausgeschlossen sein. Nicht aber bei Vollstreckung eines Willkürurteils: BGHSt. 3 llOff., 118; bei Tötung eines Kriegsgef. ohne Not: B G H S t . 2 333; bei Mitwirkung an den im April 1945 befohlenen Standgerichtsverfahren: BGHSt. 2 173. Und nicht durch Einwilligung; § 216. — E u t h a n a s i e (Sterbehilfe) ist weder ausdrücklich „erlaubt" worden (auch nicht bei Neuregelung der §§ 211 f.), noch kann man hier einen über-

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gesetzlichen Rechtfertigungsgrund annehmen. — Auch ein Recht zur V e r n i c h t u n g l e b e n s u n w e r t e n Lebens besteht für den einzelnen nicht. Herrsch. A. Vgl. insbes. KG in DRZ 47 199 (Anm. Lange), Frankfurt SJZ 47 628 (Anm. Radbruch). Eingehend Engisch, Euthanasie usw. (1948); OGH in SJZ 49 347; dazu Eb. Schmidt Sp. 5S9, Welzel MDR 49, 373. (teilweise abw. früher: Binding und Hoche, Vernicht. lebensunw. Lebens 1920). Auch der Gesichtspunkt der G e f a h r e n g e m e i n s c h a f t rechtfertigt nicht: so eingehend BGH NJW 53 513; vgl. noch Zimmermann MDR 54, 147, und LG Köln NJW 52 358. VII. Schuld. Der Mord bedeutet gegenüber dem Grundtatbestand der vorsätzlichen Tötung nicht gesteigertes Unrecht, sondern gesteigerte Schuld. Und zwar eine aus der Tat zu erschließende Persönlichkeitsschuld. Das ergibt sich aus Herkunft und System, darüber oben I I 2; aber auch aus der Einzelauslegung; darüber das folgende. Daß sich der Täter seiner niederen Beweggründe bewußt sein müsse, ist nicht zu verlangen. Solche Motive werden im Bewußtsein regelmäßig durch höherwertige verdrängt. Erforderlich ist nach allgemeinen Grundsätzen nur die Möglichkeit des Bewußtseins der besonderen Verwerflichkeit. Anders Stock SJZ 47, 529, der insoweit bei einem psychologisch gefaßten Schuldbegriff verharrt. Bedenklich auch BGHSt. 6 329: kein Mordvorsatz, wenn sich der Täter einer auf tiefster Stufe sittlicher Wertung stehenden Tötung infolge — verschuldeter oder unverschuldeter — Affektspannung seiner Heimtücke und besonders niedrigen Beweggründe nicht bewußt war. Hier wirkt sich die unzutreffende Auffassung dieser Merkmale als U n r e c h t s f a k t o r e n aus (oben zu II 2a.E.), während es sich in Wahrheit um S c h u l derhöhungsgründe handelt. Über seine eigene Schuld aber braucht der Täter nicht zu reflektieren. Gegen die zit. Entsch. treffend Engisch, GA 1955, 165. — Die besonderen U m s t ä n d e der Tat muß der Täter natürlich kennen und verstehen: LM Nr. 2, BGHSt. 6 120. — Über „ A f f e k t s t u r m " vgl. die Übersicht BGHSt. 6 332 und NJW 54 565, dazu oben § 51 Anm. IV. Vorsatz bei §5 211, 212 nach allg. Regeln, vgl. § 59 Anm. III. Über dol. ev. des Kraftfahrers, der das schwerverletzte, möglicherweise noch zu rettende Opfer hegen läßt, BGH VRS 13 120. VIII. Die Merkmale des Mörders. — Das Gesetz nennt innere Triebkräfte, Ausführungsarten und verfolgte Ziele. 1. M o r d l u s t . Ob Psychologie und Psychopathologie sie als selbständigen Trieb noch annehmen und ob dann nicht stets § 51 gegeben sein würde, muß hier dahingestellt bleiben. Diese Frage bleibt auch nach BGH NJW 53 1440 ( = LM Nr. 24, Jagusch) offen, wonach Mordlust die unnatürliche, abartige Freude am Töten ist, gleichviel auf welcher seelischen Grundlage. 2. L u s t m o r d . Die aus sexueller Erregung „zur" sexuellen Befriedigung begangene Tötung. Auch wenn die Tötung jene Befriedigung nur ermöglicht, nicht schon selbst schafft: OGHSt. 2 237, dazu J R 50, 619. Nicht dagegen die bloß gelegentlich oder nach Triebbefriedigung begangene, z. B. aus Furcht vor Anzeige. Freilich würden hier meist „niedrige Beweggründe" vorliegen oder die Absicht, „eine andere Straftat zu verdecken". 3. Aus H a b g i e r . Einerlei ob zwecks unmittelbarer Erlangung von Sachen (Raubmord — in diesem Fall Tateinheit mit Raub gem. § 251, E 60 165, BGH MDR 51 145, BGHSt. 2 246) oder späterer Erlangung von Vermögenswerten be-

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gangen. OGHSt. 1 81 ( = SJZ 49 54) und BGHSt. 10 399 (bei Tötung einer Schwangeren, um sich der Unterhaltslast- zu entziehen): „Streben nach Gewinn um jeden Preis." v.Weber a. a. 0 . macht die beachtliche Einschränkung, daß ein „Habenwollen" gefordert werde; das Mctiv, sich von einer drückenden Schuld zu befreien, komme daher nur als sonstiger „niederer Beweggrund" in Betracht. Zu eng Hamburg NJW 48 350, das „hemmungslose Sucht" fordert. 4. Aus s o n s t i g e n n i e d e r e n B e w e g g r ü n d e n . Nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehender, durch hemmungslose triebhafte Eigensucht bestimmter und deshalb besonders verwerflicher, ja verächtlicher Beweggrund: BGHSt. 3 132. Dies wohl der Hauptanwendungsfall für § 211. Auch Habgier würde hierher gehören, ist aber wegen besonderer Häufigkeit und richtungweisender Deutlichkeit besonders herausgehoben. Über die hier entstehenden Prozeßfragen vgl. KG in SJZ 47 447 (Anm. Exner). Die G e n e r a l k l a u s e l „oder sonst" gibt dem Richter Bewegungsfreiheit. Bedenklich aber BGH NJW 54 565, die psychopathische P e r s ö n l i c h k e i t s m ä n g e l bei der sittlichen Bewertung der Tat berücksichtigen will; dies gehört zur Frage der Zurechnungsfähigkeit. — Grobes M i ß v e r h ä l t n i s von Anlaß und Reaktion: BGH NJW 54 565, auch betr. V e r s c h u l d u n g d e r K o n f l i k t s l a g e (dies darf aber nicht zum versari-Gedanken führen, vgl. oben § 59 Anm. I I 2h. — Im einzelnen: H a ß (OGHSt. 2 344), E i f e r s u c h t (OGHSt. 2117, 344, BGHSt. 3 182), wenn ungerechtfertigt; R a c h s u c h t (OGHSt. 1 364) als niedriger C h a r a k t e r z u g grundsätzlich. W u t , E n t t ä u s c h u n g : BGHSt. 2 60, 6 331. Nach BGHSt. 9 180, 183 auch „Geltungsbedürfnis und übersteigertes Ehrgefühl". Das ist in dieser Allgemeinheit nicht haltbar; zudem ist das die Großmutter eines unehel. Kindes betreffende Urteil mit dem Grundgedanken des § 217 kaum vereinbar, da hier die gleichen oder ähnliche Motive bei der unehel. Mutter gerade schuldmildern d wirken. — Pditischeund rassische Unduldsamkeit: BGHSt. 2 254. Aber: Kaum ein (bestimmender) Beweggrund ist für sich allein schlechthin niedrig: OGHSt. 1 327. Hierzu J R 50, 619. — Über p o l i t i s c h e Beweggründe vgl. die Auseinandersetzung in SJZ 47, 219f., SJZ 47, 529 (Stock), SJZ 48, 141 (Zinn), SJZ 48, 311 (Radbruch). Richtig KG in J R 47 27, Frankfurt SJZ 47 629: pol. Beweggründe unterliegen der Wertung nach dem allgemeinen Sittengesetz. Weniger scharf stellt OGHSt. 1 99 selbstsüchtige Interessen denen der Allgemeinheit gegenüber; dazu Eb. Schmidt DRZ 49, 243. Richtiger OGHSt. 2 180, 356; dazu J R 50, 619. 5. H e i m t ü c k i s c h ist nicht nur heimlich im Gegensatz zu offen, sondern auch tückisch, berechtigtes Vertrauen in besonders verwerflicher Weise täuschend. Heimlich, unvermerkt, aus dem Hinterhalt usw. betrifft nur die Art der Ausführung; heimtückisch dagegen kennzeichnet (entgegen Oldenburg DRZ 47 418) auch den Täter. Wer aus verständlichen, nicht „niedrig" zu nennenden Beweggründen getötet hat, wird nicht dadurch schon zum „Mörder", daß er Gift benutzte, statt gegen einen Stärkeren offen, aber aussichtslos zu kämpfen. Teil ist nicht deshalb „Mörder", weil er gegenüber dem Haufen Bewaffneter aus dem Hinterhalt schießt. Die Tochter, die ihren unheilbar kranken Vater pflegt, ist nicht Mörderin, wenn sie ihm heimlich Gift gibt, um ihn von seinen Qualen zu erlösen, denn durch diese Tat täuscht sie zwar berechtigtes Vertrauen, offenbart aber nicht besondere Verwerflichkeit, wie es die ratio legis fordert. Grundsätzlich anders Stock SJZ 47, 532. Über Heimtücke ferner Kiel MDR 47 70, SchlHA 47 103, HESt. 1 90 (Tötung im Schlaf), Oldenburg JB10 47 51, Frankfurt SJZ 47 628 (Anm. Radbruch) = HESt.

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1 67, MDR 49 117, OGH SJZ 49 347, OGHSt.l 90, 3 75. Im Anschluß hieranfordert BGH (St. 2 60, 251, 3 185, N J W 5 1 204, 410, 687, 52 392, 834, LM Nr. 22) Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bzw., wie bei einem ganz kleinen Kinde, des schutzbereiten Dritten (BGHSt. 411; modifiziert in BGHSt. 8 216, wonach u. U. auch Heimtücke gegenüber einem solchen Kinde). Richtiger hatte OGHSt. 1 166 (dazu J R 50, 619) verlangt, daß Falschheit und Verschlagenheit der Tat das Gepräge geben müssen. Damit allein wäre der von NJW 51 204 zwar grundsätzlich anerkannten, in der wenig befriedigenden BGHSt. 3 184 aber z. B. gänzlich unberücksichtigten Persönlichkeitswürdigung Rechnung zu tragen (über deren Notwendigkeit oben zu IV). Diese Entscheidung verstellt bewußt auch den in OGHSt. 2 391 offen gehaltenen Weg, menschlich begreifliche Beweggründe zu berücksichtigen. Alles Gesagte gilt auch gegenüber BGHSt. 3 330. Diese will sogar grundsätzlich bei den als besonders verwerflich gewerteten Begehungsweisen (im Gegensatz zur Motivgruppe) die Persönhchkeitswürdigung auf Kenntnis und Wollen der äußeren Tatmerkmale beschränken, d. h. praktisch ausschalten. Damit wird nicht nur die systematische, sondern auch die kriminalpolitische Einheitlichkeit des Tatbestandes (oben zu III, IV) aufgegeben. BGHSt. 11 139 (GrSen.) läßt ebenfalls den Rückgriff auf die Frage der besonderen Verwerflichkeit (bei entschuldbarer heftiger Gemütsbewegung) nicht zu und sieht das Kriterium der „Heimtücke" ausschließlich in der besonderen Gefährlichkeit der Tat. Dem steht schon der Lebenssprachgebrauch des Wortes „tückisch" entgegen, aber auch die Entstehungsgeschichte, die gerade hier an das feige, heimliche, tückische Neidingswerk anknüpft, um die besondere Niedrigkeit und Verwerflichkeit des Handelnden zum Kriterium des Mordes zu machen (darüber oben I I I 1 und 5). Weiter entsteht ein Widerspruch zu BGHSt. 9 385, wonach die Tat nicht heimtückisch ist, wenn der Täter zum Besten des Opfers zu handeln meint. Denn die besondere Gefährlichkeit der Ausführung wird davon nicht berührt. Nachdem die besondere Verwerflichkeit, die aus der Tat spricht, auch für die dritte Fallgruppe als Mordcharakteristikum anerkannt ist (unten zu 8), muß das gleiche erst recht hier gelten, wo es besonders nahe liegt. Daß gerade an dieser Stelle die Grundidee des neuen MordtatbestandeB verlassen wird, kann auch kein Gewinn für die Rechtssicherheit sein, die der GrSen. stark betont. Mit der in BGHSt. 11 143 (II 1 a. E.) angewandten Methode läßt sich j e d e r Begriff als „unbrauchbar" demonstrieren. Die Maßfrage nach der „besonderen Verwerflichkeit" ist weniger unsicher als der begriffliche Selbstwiderspruch und der Wechsel des Maßstabes. — Treffend Schmidhäuser a. a. O. 232 ff. 6. G r a u s a m ist gleichfalls nicht nur ein subjektives Unrechtsmerkmal, sondern entscheidend ein Gesinnungsmerkmal. In das StGB erstmalig durch G v. 19. 6. 12 eingeführt, das im Abs. 2 des § 223 a die Körperverletzung an Jugendlichen usw. mit schwerer Strafe bedrohte, wenn sie „mittels grausamer oder boshafter Behandlung begangen wird". Das Wort „grausam" war hier an die Stelle des zuerst gewählten Wortes „roh" getreten und sollte enger und stärker sein als der bei der Tierquälerei verwendete Begriff „roh mißhandeln". E 49 389 und — mit Einschränkungen — 62 160 setzten es dem „martern" in § 251 gleich: eine erhebliche, besondere Leiden verursachende Mißhandlung, stärker oder auch bloß länger dauernd oder wiederholt, namentlich aber „hervorgegangen aus einer gefühllosen und unbarmherzigen Gesinnung". Als durch G v. 26.5.33 der Abs. 2 des §223a in dem jetzigen § 223b verselbständigt wurde, wurde es zurückverwandelt in den schwächeren, aber umfassenderen Ausdruck: „quält oder roh mißhandelt". „Grau-

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sam" war für §223b als zu eng befunden. E 76 297, 77 45, 248: „Grausamkeit" i. S. des § 211 Abs. 2 ist die verwerfliche Gesinnung, die in dieser Art d. Ausführung zum Ausdruck kommt. Ebenso dann OGHSt. 1 99, 2 179, 181, Braunschweig N J W 48 272 (Anm. Figge mit Überblick); OGH S J Z 49 347 betr. Anstaltstötungen (dazu Eb. Schmidt S J Z 49, 559 ff.). Nach BGHSt. 3 180, 264 tötet grausam, wer dem Opfer besonders starke Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art aus gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung (die den Täter nur bei der Tat zu beherrschen braucht) zufügt. Abgelehnt wird zutr., auf den „Standpunkt des Beobachters" und damit auf generalpräventive Begr. abzustellen. Nicht erfaßt werden damit aber Fälle, in denen das Opfer bereits bewußtlos war (OGHSt. 1 99; hierzu J R 50, 619). Im ganzen läßt der BGH (St. 3 333) die Persönlichkeitswürdigung hier allzusehr zurücktreten; anders zu § 223b, vgl. dort Anm. V. 7. Mit g e m e i n g e f ä h r l i c h e n M i t t e l n . Der Gemeingefahr ist wesentlich, daß ihre Ursache und ihre Auswirkung sich der Berechnung und Beherrschung durch den Urheber der Gefahr entziehen. Über die Fälle des 27. Abschn. hinauszugehen, besteht kein Grund (bestr.: vgl. Dresden NJW 48 274). Auch die gemeingef. Mittel sind hier nicht als Unrechtssteigerung von Bedeutung, sondern weil sie die besonders verwerfliche Gesinnung und Gefährlichkeit des Täters offenbaren. 8. Z w e c k b e z i e h u n g a u f eine a n d e r e S t r a f t a t ; sei es, um diese zu ermöglichen (z. B. Tötung des Fabrikwächters oder des seine Habe verteidigenden Hausbewohners), sei es, um sie zu verdecken (z. B. Tötung des Tatzeugen). Einer besonderen Begründung der „Niedrigkeit" solcher Beweggründe (die Vorstellung eines Zieles wird Beweggrund) bedarf es hier nicht. Denn daß der Täter um anderer strafbarer Ziele willen über Leichen geht, charakterisiert ihn für sich allein. Bedeutsamer Hinweis auf die Gesinnungssymptomatik dieser Stelle bei BGH LM Nr. 3 (Anm. Schrübbers). Ebenso zutr. BGHSt. 7 287 (290), wonach folger. die Stelle entfällt, wenn der Tod nicht als Mittel, sondern nur als F o l g e der (Verkehrs-)Flucht vom Tatort in Kauf genommen. Verdeckung als begleitendes, sekundäres Motiv genügt: BGH GA1958,109. — Tateinheit mit der anderen Tat: LM Nr. 10. — Daß die zu ermöglichende Tat nachher wirklich begangen wird, ist nicht nötig. Ebenso jetzt — gegen OGHSt. 1 78, 197 — BGHSt. 11 226: die für den Mord charakteristische besondere Verwerflichkeit der Tötung liegt hier, wie bei der ersten Fallgruppe des Abs. 2, allein in der Minderwertigkeit der Beweggründe (im Anschluß an BGHSt. 7 287). Hier zeigt sich die von BGHSt. 3 330 geleugnete Notwendigkeit eines einheitlichen, persönlichkeitsgebundenen Maßstabes für den Mordbegriff, vgl. oben IV und V I I I 5. Zugleich wird deutlich, daß es sich dabei um S c h u l d gesichtspunkte handelt (oben VII); aus diesem Grunde trifft auch BGHSt. 11 268 ( = J R 68 426 m. Anm. Schröder) zu: Schuß des A auf den für einen Verfolger gehaltenen Komplicen B, mit dem Waffengebrauch bei Entdeckung verabredet war, als Mordversuch auch des B (in Mittäterschaft). Denn sein Verhalten, das von der gleichen verwerflichen Mißachtung fremden Lebens geleitet wie das des A. BGHSt. 11 226 (Tötung, um eine v e r m e i n t l i c h e andere Straftat zu verdecken, die aber durch Notwehr gerechtfertigt war,) wird ausdrücklich a l l e i n mit dem niedrigen Beweggrund als Mordmerkmal begründet. Der darin liegenden Schuldsteigerung entspricht hier keinerlei Unrechtsqualifikation, kein „Unrechtstatbestand" (so aber Stratenwerfch in Anm. J Z 58, 545). Die vermeintliche Vortat belastet als Motiv ebenso wie vermeintlicher Notstand entlastet, nämlich unabhängig von der Irrigkeit der Annahme (vgl. § 54 Anm. I a. E., § 157 Anm. I). — Verdeckung der

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Straftat e i n e s a n d e r e n stellt BGHSt. 9 180 mit Recht dem Selbstbegünstigungsmotiv gleich. — Bereits entdeckte T a t : BGH N J W 52 431. IX. Die Strafe des Mörders und die f ü r Totschlag in bes. schweren Fällen (§ 212 Abs. 2 n. F.) stimmen seit dem 3. StRÄndGes. überein. Damit erscheint auch von der Rechtsfolge her der Mord als bes. schwerer Fall der vorsätzlichen Tötung im Sinne der oben zu II, I I I vertretenen Systematik (vgl. N J W 53, 1162). X. Der Totschlag. Tatbestandsmäßig unterscheidet er sich, wie bisher, vom Mord durch das Fehlen bestimmter Merkmale des inneren TB, und zwar von den G e s i n n u n g s z e i c h e n , die für den „Mörder" i. allg. typisch sind. Von zwei Mittätern kann der eine des Mordes, der andere des Totschlags schuldig sein, RG DR 44 147. Bedenken dagegen in BGHSt. 6 330. — Zum b e s o n d e r s s c h w e r e n F a l l des Abs. 2 (eingef. durch 3. StÄG) oben zu I X und § 1 Anm. V. XI. Teilnahme. Der Mordtatbestand typisiert gegenüber dem Totschlag, wie oben zu II 2 gezeigt, Fälle erhöhter Schuld. Gemäß dem Grundsatz des § 50 Abs. 1 ist jeder ohne Rücksicht auf die Schuld anderer nach seiner eigenen Schuld strafbar. Danach trifft den Teilnehmer an vorsätzlicher Tötung die gegenüber dem Normalfall erhöhte Strafe des § 211 dann, wenn die besonderen Umstände, die sie begründen, bei ihm vorliegen, gleichgültig ob sie auch beim Täter gegeben sind. Wenn A aus Erbschleicherei den T, der von berechtigtem Zorn gegen O erfüllt ist, anstiftet, O zu töten, so ist T nach § 212 oder § 213, A nach §§ 211/48 zu strafen. Wenn umgekehrt T den 0 tötet, um ihn zu beerben, und A ihn dazu veranlaßt hat, um dem qualvollen Leiden des O ein Ende zu machen, ist T aus §211, A aus §212 oder § 213 i. V. mit § 48 zu bestrafen. Die Beweggründe, die Heimtücke, Grausamkeit, Verwendung gemeingefährlicher Mittel usw. bei der Tötimg zeigen „persönliche Eigenschaften oder Verhältnisse" im Sinne des § 50 Abs. 2 an, wo der Gedanke des § 50 Abs. 1 lediglich ausgeführt wird. Darüber, daß aus dem Moment der „Dauer" entscheidende Schlüsse nicht gezogen werden können, vgl. Anm. zu § 50. Im übrigen ist oben zu V I I I dargelegt worden, daß die Beweggründe, die Umstände der Tatausführung und die mit der Tat verfolgten Zwecke auf die besonders verwerfliche Gesinnung oder die besondere Gefährlichkeit des Täters und damit auf etwas Dauerndes notwendig zurückgeführt werden müssen. Anders die Rspr.: E 72 373; 74 84; OGHSt. 1 103f., SJZ 49 347ff.; BraunschweigMDR48 182 (abl. Anm. Figge); BGHSt. 1 368, 2 255 mit unbefriedigendem Ergebnis, dessen Korrektur in der Strafzumessung gesucht werden muß (darüber oben Vorbem. A I V 4 vor § 13 sowie hier Anm. I I 1, 2). In fr. Aufl. hatte Kohlrausch aus zwei Gründen die Meinung der Rspr. vertreten. Einmal: die Teilnahme an fremder Schuld belaste auch den Teilnehmer nach dem ihm bekannten Grade dieser Schuld. Anklänge an diese Auffassung bei OGH in SJZ 49 347 und Jagusch SJZ 49, 329. Indessen: dieser Gedanke ist zwar bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, kann aber die Struktur der Teilnahme nicht bestimmen. Denn er steht mit dem Grundsatz des § 50 und mit der Limitierung der Akzessorietät in unvereinbarem Widerspruch. Sodann: der Mord sei im Gegensatz zum Totschlag ein selbständiges Verbrechen; Teilnahme am Morde müsse daher akzessorisch behandelt werden, Teilnahme am Totschlag nicht. Diese Konstruktion entspricht aber nach dem oben zu I I 2 Gesagten nicht dem System des Gesetzes. Näheres über beide Fragen in J R 49, 165ff. Der Auffassung von Kohlrausch folgt Eb. Schmidt DRZ 49, 272, SJZ 49, 562. Gegenüber seinen an einen

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Verbrechen wider das Leben § 213

weniger entschiedenen Ausdruck in J R 49, 169 anknüpfenden Ausführungen ist auf Anm. I I 2 u. VII sowie auf § 216 Anm. I und § 217 Anm. I I zu verweisen. Wieder anders Dahm a. a. 0 . — Wie hier Schönke-Sshröder VII, Claß NJW 49, 83. Mezger LK § 50 Anm. 11, Welzel § 37 II, Maurach Bes. T. § 2 I I I C unterscheiden zwischen den Fällen der niedrigen Beweggründe, für die § 50 gelte, und den übrigen, die akzessorisch seien. XU. Konkurrenzen. S. Vorbem. II, I I I u. Anm. V, VIII 3 zu §§211/212. Versuchter und vollendeter Mord als fortgesetzte Hdlg.: OGHSt. 2 357, ebenso BayObLGSt. 51 118 bei planm. Tötung einer Vielzahl von Menschen. — IdKonk. mit § 242: OGHSt. 3 34.

Totschlag unter mildernden

Umständen

§213 War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem Getöteten zum Zorne gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden, oder sind andere mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. I. § 213 gestattet, bei einer vorsätzlichen Tötung, die nicht „Mord" ist, mildernde Umstände zu berücksichtigen. Sie sind s u b j e k t i v gedacht. Auch in dem gesetzlichen Beispielsfall („zum Zorn gereizt — zur Tat hingerissen") kommt es nicht darauf an, ob der Totschläger bzw. ein Angehöriger w i r k l i c h schuldlos mißhandelt oder schwer beleidigt worden war. E 69 314. Formalistisch dagegen BGHSt. 1 203 (abl. Anm. Wendt JZ 51, 721). - Über Grenzfälle zu § 51 Abs. 1 („Affektsturm") vgl. dort Anm. IV und BGH MDR 53 146 (Übersicht), zu § 51 Abs. 2 BayObLGSt. 1 235. — Betr. andere mildernde Umst. Kassel SJZ 48 543. II. Ohne eigene Schuld nur dann nicht, wenn der Täter zu dem Verhalten des Getöteten im kritischen Augenblick schuldhaft genügende Veranlassung gegeben hatte, H R R 36 Nr. 1390, OGHSt. 2 342; nicht jeder Anlaß genügt: DRZ 1929 Nr. 878, DR 40 682. III. Betr. Angehörigen vgl. § 52 Abs. 2 und Anm. dazu. — Es genügt, daß der Täter von der Beleidigung des Angehörigen erfährt. E 66 161. IV. Mißhandlungen, nicht im technischen Sinne; auch seelische, die nicht notwendig Beleidigungen sind (str.). — Beleidigung umfaßt jede schwere Kränkung, z. B. Ehebruch. Die Schwere der Bei. ist o b j e k t i v , nicht nach dem Empfinden des Täters zu beurteilen: E 66 162. — Verhältnismäßigkeit zwischen der Schwere der Kränkung und der Tat ist nach E 66 161 nicht erforderlich, anders aber mit Recht RG J W 39 147. V. Auf der Stelle: Siehe oben § 199 Anm. III, E 66 160, 69 314, HRR 39 Nr. 653» OGHSt. 1 372. Die §§ 214, 215 sind durch G v. 4. 9. 41 gestrichen.

Verbrechen wider das Leben §§ 216, 217 Tötung auf Verlangen

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§216

(1) Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden, so ist auf Gefängnis nicht unter drei Jahren zu erkennen. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten. (3) Der Versuch ist strafbar. I. Ob § 216 ein Sonderdelikt enthielt oder ob es nur eine StrMilderung vorschrieb, ist streitig. E 28 200 (PlenEntsch.), 46 247, 53 293, 59 8, BGH MDR 52 273, Mezger StB I I 19 bejahen, die jetzt im Schrifttum herrschende Ansicht (Frank I, Maurach § 2 IV, Nagler-Schaefer L K I , Schönke-Schröder I, Welzel §37111, Eb. Schmidt DRZ 49, 241) aber auch Kassel HESt. 2 9 verneint mit Recht ein del. sui generis. Und zwar vertypt §216 einen besonders markanten Fall gemilderter S c h u l d . Wer aus Habgier, grausam usw. getötet hat, ist nicht ausschließlich oder wesentlich, wie es Voraussetzung für die Schuldminderung ist, durch das Verlangen des Getöteten bestimmt worden, sondern durch andere — schuldsteigernde — Momente. Daher in solchen Fällen § 211, nicht § 216. II. Einwilligung genügt nicht: E 68 306. — Ob daa Verlangen eines Jugendlichen oder Geistesschwachen beachtlich ist, hängt von seiner Einsichtsfähigkeit ab. E 72 399 hält das eines Jugendl. unter 18 Jahren i. d. Regel für unbeachtlich. — Betr. Beihilfe zum Selbstmord s. o. § 212 Anm. V. III. Mildernde Umstände. Die Einfügung des Abs. 2 durch das 3. StÄG hat dem ru I berührten Streit praktisch seine Spitze genommen: den Zweifel, ob man auf die Strafe des § 213 heruntergehen könne. IV. Den Versuch hat die VO v. 29. 5. 43 ausdrücklich unter Strafe gestellt. IdKonk. mit Körperverletzung wird h i e r kaum je vorliegen (vgl. Vorbem. I I vor § 211). Kindestötung

§217

(1) Eine Mutter, welche ihr uneheliches Kind in oder gleich nach der Geburt vorsätzlich tötet, wird mit Zuchthaus nicht unter drei Jahren bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten. I. Auch in der „Kindestötung" sieht die in der Rspr. herrschende (hier und von den zu § 216 I Genannten nicht geteilte) Meinung gegenüber „Mord" und „Totschlag" ein Sonderverbrechen. Sie begegnet aber ähnlichen, z. T. noch stärkeren Bedenken als bei § 216, und ist auch folgerichtig nicht durchführbar. So wenden E 72 373, 74 84, BGHSt. 1 240 folgewidrig (wenn auch sachgemäß) den § 50 auf T e i l n e h m e r an, indem sie in der Unehelichkeit einen Tatumstand sehen, der die „Strafbarkeit vermindert", was für die Abhängigkeit des § 217 von den §§ 211f., also gerade g e g e n seine Sonderdeliktsnatur spricht. Gegenüber fahrl. Tötung 31

Kohlrausch-Lange,

S t G B , 42. A u f l .

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Verbrechen wider das Leben § 217

gibt BGH LM Nr. 2 die Sonderstellung des § 217 auf: § 222 bleibt anwendbar. — Auch in I r r t ums-Fragen führt die Gegenmeinung zu unnatürlichen Ergebnissen. Hielt die Mutter das eheliche Kind irrig für unehelich, so sind von diesem Standpunkt aus die §§ 211 f. wegen § 59 unanwendbar, da hier die Täterin einen Tatumstand nicht kannte, der zum gesetzlichen TB gehört; aber auch § 217 ist nicht gegeben, da es an dem obj. TB-Merkmal der Unehelichkeit fehlte. DieMutter hätte also, trotz vollendeter Tötung, wegen versuchten Verbrechens der „Kindestötung" gestraft werden müssen! Hielt sie umgekehrt das uneheliche Kind irrig für ehelich, so hätte nur Versuch aus § 211 bzw. § 212 angenommen werden können! Nach der Neufassung der §§211 f. ist die herrsch. A. noch weniger haltbar, obwohl von DR 44 657 und BGH (Übersicht MDR 51 538, insbes. BGHSt. 1 235, vgl. aber auch unten zu II) ausdrücklich aufrechterhalten. § 217 ist vielmehr (wie § 216) eine Stufe in der Skala der Schuldminderungsgrfinde, die vom Totschlag des § 212 abwärts führen. Irrige Annahme der Mutter, das uneheliche Kind sei ehelich, schließt den §217 aus und läßt, je nach der Sachlage, §211 oder §212 übrig. Irrige Annahme, das eheliche Kind sei unehelich, führt (ähnlich dem Putativnotstand des § 54) zur Anwendung des § 217, denn dieser ist ein nur auf dem Gebiet des i n n e r e n TB liegender StrMinderungsgrund. Die Mutter kennt in diesem Falle einen gegenüber dem Schuldtyp des § 217 straferhöhenden Tatumstand nicht (§ 59). Rechtsähnlich jetzt § 100 a Abs. 4. II. Teilnahme. §50 ist anwendbar: die Tatsache, daß die Täterin ihr u n e h e l i c h e s Kind tötet, kommt dem Anstifter oder Gehilfen nicht zugute. So — unfolgerichtig — auch BGHSt. 1 240 („unechtes Sonderdelikt"), vgl. Schröder SJZ 50, 568 und oben zu I. Andererseits soll nach BGH LM Nr. 10 zu § 48 der Teilnehmer aus § 211 nur dann strafbar sein, wenn die Voraussetzungen des Mordes bei der Kindesmutter gegeben wären. Vgl. dagegen oben § 212 Anm. XI. Wie schon oben in Anm. I zu § 216 betont, ist das Entscheidende nicht die Konstruktionsfrage nach der Sonderdeliktsnatur, sondern die Erfassung des § 217 als typisierten Schuldminderungsgrund. Das ist um so wichtiger als es — entgegen Eb. Schmidt DRZ 49, 241 Anm. 9 — zu einer anderen Entscheidung als für § 216 führt, wenn die uneheliche Mutter grausam, aus niederen Beweggründen usw. gehandelt hat. Denn die Schuld ist hier entscheidend durch den Geburtsaffekt, also durch einen die Z u r e c h n u n g s f ä h i g k e i t beeinträchtigenden Umstand gemindert. Dieser vom Gesetz unwiderleglich vorausgesetzte (OGHSt. 3 115) Zustand macht die Mutter aber auch unfähig, niedere Beweggründe und andere minderwertige Gesinnungsmomente, wie sie alle Typisierungen des § 211 kennzeichnen, zu beherrschen. § 211 darf daher auf eine — wirklich oder vermeintlich — unehelich Gebärende, die ihr Kind unter der Einwirkung dieses Affekts tötet, niemals angewendet werden. Vgl. jedoch DR 44 148 Nr. 3, die § 211 grundsätzlich zuläßt. Erkennt man dies nicht an, so muß man, da „ j e d e vorsätzliche Tötung eines neugeborenen Kindes durch die Mutter eine rohe, gemeine und jedem mütterlichen Gefühl hohnsprechende Handlung ist" (Hamm SJZ 49 138) umgekehrt § 217 stets als Mord betrachten. III. „In": vom Beginn der Geburt an, auch wenn noch im Mutterleib; vorher § 218 (E 9 131). — „Gleich nach": solange der durch die Geburt hervorgerufene Erregungszustand andauert. IV. Konkurrenzen: S. o. Anm. I, II. Ferner E 68 410: Keine I K mit § 221.

Verbrechen wider das Leben § 218 Tötung der Leibesfrucht

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§218

(1) Eine Frau, die ihre Leibesfrucht abtötet oder die Abtötung durch einen anderen zuläßt, wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Wer sonst die Leibesfrucht einer Schwangeren abtötet, wird mit Zuchthaus, in minder schweren Fällen mit Gefängnis bestraft. (4) Wer einer Schwangeren ein Mittel oder einen Gegenstand zur Abtötung der Leibesfrucht verschafft, wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft. I. Neufassung durch 3. StRÄndG. Der § 218 war schon vorher mehrfach geändert worden. — Anfänglich: Zuchthaus bis 5 Jahren, bei mild. Umst. Gefängnis nicht unter 6 Monaten. Dazu § 219: Zuchthaus bis 10 Jahren gegen den, der der abtreibenden Schwangeren gegen Entgelt die Mittel verschafft oder angewendet oder beigebracht hat. Ferner § 220: Zuchthaus 2 bis 15 Jahre, wenn ohne Wissen oder Willen der Schwangeren geschehen; und Zuchthaus 10 bis 15 Jahre oder lebenslang, wenn der Tod der Schwangeren verursacht wurde. — Zweite Fassung durch G v. 18.5.26, beruhend auf StGEntw. 1925/27: Milderung. Grundstrafe gegen die Schwangere wie gegen den anderen (auch falls entgeltüch) Gefängnis. Wenn gewerbsmäßig (nicht schon „entgeltlich"): Zuchthaus; ebenso die in § 218 IV zur selbständ. StrTat gemachte gewerbsm. Verschaffung von AbtrMitteln. Die §§ 219, 220 waren damit in § 218 aufgegangen. — Dritte Fassung durch G v. 26. 5. 33: Der § 218 blieb unverändert, wurde aber durch neue §§ 219 und 220 ergänzt. — Vierte Fassung durch G v. 9. (18.) 3. 43. Sie rückte die Zuchthausstrafe wieder stärker in den Vordergrund; zwar gegen die Schwangere selbst (bei der Gefängnis die Grundstrafe bleibt) nur in besonders schweren Fällen; gegen andere ist umgekehrt Zuchthaus die Grundstrafe, Gefängnis die Strafe für minder schwere Fälle, andererseits Todesstrafe bei feststellbarer Beeinträchtigung der deutschen Volkskraft. Ferner Erweiterung des § 219, während § 220 geblieben ist. Ergänzung: § 14 I des ErbgesundhG v. 14. 7. 33 i. d. Fassung v. 26. 6. 35*). Dazu unten IV 1. *) Dieser lautet: § 14: Eine Unfruchtbarmachung oder Schwangerschaftsunterbrechung, die nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes erfolgt, sowie eine Entfernung der Keimdrüsen sind nur dann zulässig, wenn ein Arzt sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst zur Abwendung einer ernsten Gefahr für das Leben oder die Gesundheit desjenigen, an dem er sie vornimmt, und mit dessen Einwilligung vollzieht. Das Erbgesundheitsgesetz v. 14. 7. 33 ist formell in der sowjetisch besetzten Zone mit sämtlichen AusfVO und DurcbfVO durch Befehl Nr. 6 der SMA v. 8. 1. 46, in Bayern durch G v. 20. 11. 45 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1945/46 S. 1) und in Württemberg-Baden mit Ausnahme des hier allein interessierenden § 14 durch VO v. 14. 7. 46 aufgehoben. In Hessen ist es gemäß G v. 16. 5. 46 vorläufig nicht anzuwenden. Im übrigen vgl. Hamm HESt. 2 11, Eb. Schmidt J Z 51, 65, BGHSt. 1 329. Indessen: auch dort, wo es formell nicht mehr gilt, ist zwar die Unfruchtbarmachung gesetzlich verboten, der Grundgedanke aber, aus dem das 31*

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Wo § 14 des ErbgesG gilt (Übersieht bei Eb. Schmidt, Sterilis., JZ 51, 65), ist nach BGHSt. 1 329 die Zulässigkeit der Unterbrechung durch einen Arzt nur hiernach zu beurteilen. Nach BGHSt. 2 112, 244 sind dies die „Mindestvoraussetzungen" auch für den überges. Notstand, soweit § 14 nicht gilt. Vgl. dagegen unten Anm. IV 1 a. E., insbes. BGH DRiZ 51 99, wo mit Recht nur nach der Formalvorschrift des Art. 14 i. V. m. Art. 5 der 4. AVO zum ErbkrankhGes. gestraft wird, wenn sich der Arzt über die Voraussetzungen der AVO und damit über ein „weiteres Erfordernis für die Zulässigkeit des Eingriffs" (E 72 60) hinwegsetzt (Art. 5 fordert Entscheidung einer Gutachterstelle, falls nicht unmittelbare Gefahr, unten IV1); vgl. auch BGHSt. 2 383 und E 73 162, Hamm HESt. 2 11, OGH NJW 61 712. II. Geschütztes Rechtsgut ist in §218 das k e i m e n d e L e b e n (entscheidend, vgl. die systematische Stellung); doch ist daneben das Interesse an einem gesunden A u f b a u d e r A l t e r s s t u f e n der Bevölkerung und — was meist übersehen wird — an der F r a u e n g e s u n d h e i t zu berücksichtigen. Richtig insoweit BGHSt. 2 115: Schwangerschaftsunterbrechung die gesamte zur Erhaltung des Lebens und der Gesundheit der Schw. erforderliche ärztl. Betreuung. Vgl. aber auch Braunschweig HESt. 2 225 betr. Strafzumessung. — Zillmer NJW 58, 2099 betont den „Zweck, den Bestand des Volkes zu sichern und die Bevölkerungsvermehrung zu garantieren", mit abzulehnenden Folgerungen. III. Tatbestände, Täter und Teilnehmer. 1. Abtötung auch durch Herbeiführung einer lebensunfähigen Frühgeburt: BGHSt. 10 5 mit Nachw. 2. Verhältnis von Abs. 1 und Abs. 3. Im Verhältnis zwischen der Schwangeren und dem Dritten erscheint jene regelmäßig als die treibende Kraft, dieser nur Gesetz die Schwangerschaftsunterbrechung u. U. erlaubt hatte, stimmt mit dem früher von der Rspr. herausgearbeiteten Gedanken überein; er ist nicht nationalsozialistisch und noch heute verwertbar. In der SBZone bestimmt § 11 Mutterschutzges. v. 27. 9. 50: (1) Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Frau und der Förderung der Geburtenzunahme ist eine künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft nur zulässig, wenn die Austragung des Kindes das Leben oder die Gesundheit der schwangeren Frau ernstlich gefährdet oder wenn ein Elternteil mit schwerer Erbkrankheit belastet ist. Jede andere Unterbrechung der Schwangerschaft ist verboten und wird nach den bestehenden Gesetzen bestraft. (2) Die Schwangerschaftsunterbrechung darf nur mit Erlaubnis einer Kommission durchgeführt werden, die sich aus Ärzten, Vertretern der Organe des Gesundheitswesens und des Demokratischen Frauenbundes zusammensetzt. Die Mitglieder der Kommission unterliegen der Schweigepflicht. Die Verletzung der Schweigepflicht wird mit Gefängnis bestraft. (3) Die Unterbrechung der Schwangerschaft darf nur von Fachärzten in Krankenhäusern durchgeführt werden. (4) Das Nähere wird durch eine Verordnung geregelt, die das Ministerium für Arbeit und Gesundheitswesen im Einvernehmen mit dem Ministerium der Justiz erläßt. Hierin liegt eine schroffe Umkehr, der wenige Jahre zuvor in den Ländern der Zone getroffenen Regelungen, die die Schwangerschaftsunterbrechung weitgehend freigaben (vgl. die 39. u. 40. Auflage).

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als oft genug widerwilliger „Helfer in der Not". Aber Handlungsintensität und Schuldmaß entsprechen einander nicht. Die Schwangere befindet sich typischerweise in schwersten Konflikten, oft in notstandsähnlicher Lage. Ihre physische und moralische Widerstandskraft ist gemindert, ihr Fall liegt vielfach parallel dem des § 217. Soweit das Verbot des § 218 die Gesundheit der Frau schützt, liegt bei ihr bloße Selbstverletzung vor. Alle diese schuldmindernden Umstände gelten für den Dritten nicht. Seiner relativ schwereren Schuld entspricht 1) die Umkehrung von Regel- und Ausnahmestrafrahmen in Abs. 3 gegenüber Abs. 1, obwohl die Schwangere und er gemeinsam denselben Erfolg herbeiführen, wenn sie die Abtötung der Frucht durch ihn zuläßt, 2) die Gleichstellung des Strafrahmens in Abs. 4 mit Abs. 1, obwohl das Verschaffen von Mitteln durch den Dritten nur eine Vorbereitung oder Unterstützung der eigenhändigen Abtötung der Frucht durch die Schwangere ist. Soweit Abs. IV ferner die Strafbarkeit des Dritten auch für den Fall sichern sollte, daß die Haupttäterin aus subjektiven Gründen straflos bliebe (vgl. für die a. F. E 1 352, 64 148), ist er wenige Monate nach der Neufassung des § 218 durch die Lockerung der Akzessorietät der Teilnahme gegenstandslos geworden. Doch hat er eine dritte Funktion: auch die e r f o l g l o s e Beihilfe unter Strafe zu stellen, beibehalten. Er ist insofern subsidiär; darüber unten VII. Aus der Natur der Sache, die E 64 148 mit Recht zum Ausgangspunkt nimmt und die durch keine Wandlung der Tatbestandsfassung verändert werden kann, ergibt sich: der erste Untertatbestand, die Abtötung der Frucht durch die Schwangere oder sich schwanger Glaubende ist eine Art relativen Sonderdelikts, das jeweils nur eine solche Frau an sich selbst begehen kann. Sie ist zugleich ein eigenhändiges Delikt. Denn die Fälle mittelbarer Täterschaft sind zu dem zweiten Untertatbestand: Zulassung der Abtötung durch einen anderen, ausgestaltet worden. Diese ist also das Gegenteil eines eigenhändigen Delikts (fehlerhafte Terminologie in E 74 24). Bei Zulassung der Abtötung durch einen anderen ist dieser Täter des dritten Untertatbestandes; dessen Abzweigung von dem zweiten entspringt, wie gezeigt, der verschiedenen Bewertung der gleichen Rechtsgutverletzung unter Schuldgesichtspunkten, die sich aus der verschiedenen personalen Stellung der Beteiligten ergeben, ändert aber nichts daran, daß hier ein einziger Erfolg unter notwendiger Beteiligung beider herbeigeführt wird. Die Schwangere und der Dritte sind Täter einer und derselben Fruchtabtötung; die Rspr. müßte sie folgerichtig aus dem gleichen Grunde als Mittäter ansehen, wie sie es bei gemeinsamer vorsätzlicher Tötung auch dann tut, wenn der eine des Mordes, der andere des Totschlages schuldig ist (E 72 375). Daraus, daß eine der beteiligten Personen, die Schwangere, einem herausgehobenen Täterkreise angehört, darf deshalb nicht geschlossen werden, daß Abs. 1 einerseits, Abs. 3 andererseits Sonderdelikte seien mit der Folge, daß die Schwangere außer nach Abs. 1, 2. Fall gegebenenfalls auch wegen Anstiftung zu der Tat des Abs. 3 bestraft werden müsse. Sie wird fast immer Veranlasserin der Tat sein. Die gesetzgeberische Absicht, sie leichter als den Dritten zu strafen, würde daher durch diese fehlsame Konstruktion vereitelt werden. Weiter widerspräche es diesem gesetzlichen Willen, wenn man sie wegen Anstiftung zu der Handlung des Abs. 4, also wegen Anstiftung zur versuchten Beihilfe zur eigenen Tat bestrafte (insofern anscheinend abw. Schröder MDR 49, 392). Und schließlich würde die Anwendung des § 50 entfallen, die bei strafmindernden bzw. -erhöhenden Umständen wie hier geboten ist.

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Wie hier der BGH in stand. Rspr. seit BGHSt. 1 139 (grundlegend) und 250, 4 17 (erfolglose Aufforderung eines anderen durch die Schwangere straflose Vorher, der Selbstabtreibung gem. Abs. 1, Fall 2). Abi. Jescheck GA 1954, 332, Dreher NJW 53, 313, überwiegend schon die Rspr. zu den älteren Fassungen vgl. E 3 163, 59 423, 64 148. Zum Gesamtproblem und den abw. E 1 350, 72 404, 74 21: Lange, Notwendige Teilnahme S. 71 ff. — E 74 21 (23) ist schon deshalb überholt, weil die Neufassung den dort geleugneten Unterschied von Täter- und Gehilfenhandlungen inzwischen legalisiert hat. Im wesentlichen wie hier für die n. F . Düsseldorf HESt. 1 98 = MDR 48 305; ferner Mezger DR 40, 496, SchönkeSchröder IX, Welzel § 40, Meister NJW 49, 491; dieser betont mit Recht, daß der Dritt-Teilnehmer, der eine Schwangere mit einem Fremdabtreiber zu Abtreibungszwecken zusammenbringt, stets nach §§ 218 Abs. 3, 49 zu bestrafen ist, da auch bei ihm der Milderungsgrund des Abs. 1 fehlt. Aus dieser Begründung folgt aber gemäß § 50 — gegen Meister — das gleiche Ergebnis auch für den Fall der Beihilfe zur e i g e n h ä n d i g e n Abtreibung des Abs. 1. So jetzt auch BGHSt. 1250. Über erfolglose Anstiftung zur Abtr. vgl. oben § 49a Anm. I V 3 und Daliinger MDR 53, 20 sowie BGHSt. 3 228 und 4 17 (s. a. den vorigen Abs.); kritisch Dreher N J W 53, 313. Über Selbstmordversuch der Schwangeren als Abtreibungshandlung vgl. Vorbem. I I I vor § 211. IV. Ärztliche Unterbrechung der Schwangerschaft. Es gibt Fälle, in denen das Wort Abtreibung schon zur Bezeichnung des Tatbestandes unangemessen ist. E s muß hier dahingestellt bleiben, ob in diesen Fällen die Tatbestandsmäßigkeit — so § 254 Entw. 27 — oder aber die Rechtswidrigkeit zu verneinen ist. Jedenfalls müssen sie u. U. straflos bleiben. Zu trennen sind folgende vier Indikationen, d. h. Anlässe: die medizinische, die eugenische, die soziale und die ethische Indikation. Von einer medizinischen Indikation spricht man, wenn die Schwangerschaft eine Gefahr für Leib oder Leben der Mutter bringen würde; von einer eugenischen, wenn die Geburt eines lebensuntüchtigen Kindes bevorsteht; von einer sozialen Indikation, wenn das Kind nicht ausreichend ernährt werden könnte oder seine Geburt für andere Unterhaltsberechtigte eine schwere Gefährdung ihrer materiellen Lebenslage mit sich bringen würde; von einer ethischen Indikation,wenn die Schwangere ohne oder gegen ihren Willen (Notzucht) das Kind empfangen hatte. 1. M e d i z i n i s c h e I n d i k a t i o n : In den Fällen, in denen eine Schwangerschaftsunterbrechung medizinisch indiziert ist, wurde vom RG mit dem Gedanken des übergesetzlichen Notstandes geholfen, d. h. die Schwangerschaftsunterbrechung wurde als erlaubt erklärt, wenn sie das einzige Mittel war, um die Schwangere aus einer gegenwärtigen Gefahr des Todes oder schwerer Gesundheitsschädigung zu befreien, oder wenn sie entweder durch die Schwangere selbst, oder im Fall ihrer mutmaßlichen oder wirklichen Einwilligung durch einen sachverständigen Dritten (der wohl ein Arzt sein müsse) vorgenommen wurde. In diesen Fällen sei die Schwangerschaftsunterbrechung nicht rechtswidrig. Über diese Lehre vom übergesetzlichen Notstand vgl. insbesondere E 61 242, 62 137, dazu Eb. Schmidt ZStW 49, 350, Wachinger in Frank-Festg. I 469, Lange JZ 53, 9. G e s e t z l i c h f e s t g e l e g t wurden dann diese Voraussetzungen durch das G zur Verhütung erbkranken Nachwuchses und dessen Ausführungsverordnungen (über dessen Geltung Fußnote zu Anm. I). Hiernach ist eine Schwangerschaftsunterbrechung aus medizini-

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sehen Gründen zulässig, wenn folgende vier Voraussetzungen vorliegen, von denen bei unmittelbarer Gefahr für Leben oder Gesundheit Nr. 3 und 4 fehlen dürfen: 1. ernste Gefahr für Leben oder Gesundheit der Mutter, 2. Vornahme durch einen Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst, 3. Einwilligung der Mutter, 4. Erklärung einer Gutachterstelle, daß der Eingriff erforderlich ist. Die Erwägungen über übergesetzlichen Notstand waren damit nicht gegenstandslos geworden. In der g r u n d s ä t z l i c h e n Ablehnung j e d e r Rechtfert. durch übergesetzl. Notstand neben dem ErbGesG zu weitgehend: E 72 59. Immerhin halten dieses Urteil und BGHSt. 1 330 die Rechtfertigung eines Nichtarztes noch für denkbar. BGHSt. 2 244, 3 9 schließen sie schon begrifflieh aus. Aber eine Hebamme muß u. U. eingreifen dürfen, wenn ärztliche Hilfe zu spät käme. Die hier und in den oben Anm. I a. E. besprochenen Entsch. des BGH sichtbare, in BGHSt. 2 114, 3 10 offen ausgesprochene Tendenz, noch strenger zu sein als das ErbGesG und E 62 137, ist um so bedenklicher, als die Überstrenge der Strafdrohung nur aus den Gedankengängen von 1943 zu erklären ist und heute in grobem Mißverhältnis etwa zu der der Vermögensverbrechen steht. Dazu NJW 53,1163. Das Warnungssignal der völlig ungleichen Handhabung ist trotz BGHSt. 1184 unüberhörbar. Zur Straffrage vgl. auch JZ 53,14 (betr. BGHSt. 2 242); ebendort S. 9ff. sowie oben § 59 Anm. V I a.E. zu der allgemein abgelehnten Umdeutung eines Tatbestandsirrtums in einen Verbotsirrtum durch BGHSt. 3 7. 2. Die ü b r i g e n I n d i k a t i o n e n bedürfen gesetzlicher Anerkennung, da sie sich nicht auf allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze und Wertvorzüge stützen. Vgl. BGH LM Nr. 2 zu § 156 betr. ethische Ind. (Anm. Neumann). Über die Zulassung der eugenischen Indikation in der SBZ oben zu I. V. Ob ein besonders schwerer Fall des Abs. 1 oder ein minder schwerer des Abs. 3 vorliegt, ist für Täter und Gehilfen gesondert zu pr.: BGH MDR 55 144 (für Abs. 3). Vgl. oben System. Vorbem. II C und § 1 Anm. V sowie BGHSt. 4 8, 230, die die m. schw. Fälle von „mildernden Umst." abzugrenzen versuchen. — Kein Ehrverlust in m. schw. F.: BGHSt. 4 230. VI. Versuch strafbar, auch untauglicher. Gerade an § 218 hat sich die subjektive Versuchstheorie des Reichsgerichts entwickelt (irrige Annahme der Schwangerschaft genüge, selbst bei absoluter Untauglichkeit des Mittels; vgl. Vorbem. I I I vor § 43). — Einsetzen des Gebärmutterspiegels als Anfang d. Ausf.: BayObLGSt. 53 154. — Auch bei „ Z u l a s s u n g " (Abs. 1) ist Versuch denkbar (unbeendeter, wenn die Zulassung aufhört, bevor der Eingriff durchgeführt ist; beendeter, wenn die Frucht am Leben bleibt oder gar keine Schwangerschaft bestand) und nach Abs. 2 strafbar. Vgl. E 61 360. - Wegen R ü c k t r i t t s vom Versuch vgl. § 46 und E 35 102, 57 278; ferner E 68 82 (Rücktritt vom untauglichen Versuch). - Versuch (Abs. 2) durch Verschaffen von Mitteln: E 74 21, 76 383 (betr. fr. Recht). - Volle n d e t e Abtr., wenn lebendes, aber infolge des Eingriffs lebensunfähiges Kind geboren wird: BGH MDR 53 597. - Ein Grenzfall in MDR 53 721. VII. Verschafft (Abs. 4) ist das Mittel oder der Gegenstand der Schwangeren jedenfalls dann, wenn sie die Verfügungsgewalt erlangt; aber auch, „wenn eine Mittelsperson es mit ihrem Willen für sie erwirbt, um es ihren Weisungen gemäß zu verwenden, und wenn der Lieferer hierbei weiß oder doch mit der Möglichkeit rechnet und damit einverstanden ist, daß das Werkzeug ihrem Willen entsprechend in ihre Verfügungsgewalt gelangt". Daß sie hierzu die Anregung gegeben hat, ist

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Verbrechen wider das Leben § 219

nicht nötig (E 69 86); auch nicht, daß sie zur Abtreibung schon entschlossen ist; wenn nur der Täter in der Erwartung gehandelt hat, daß nach der Verschaffung die Abtreibung vorgenommen werde (E 69 303). Abs. 4 stellt die versuchte Beihilfe unter Strafe. Kommt es zur Haupttat oder zu deren Versuch, so §§ 218 Abs. 3, 49 (50); s. o. III. Ebenso jetzt BGHSt. 1 250. Im Gegensatz zu der entgeltlichen bzw. gewerbsmäßigen Verschaffung der a. F. vor und nach 1926 ist Abs. 4 n. F. kein durch Qualifizierungsmomente hervorgehobener Sondertatbestand. Aus dem Vergleich der Strafrahmen läßt sich für den Unrechtstyp nichts ableiten, s. o. Anm. III. Nach den hiernach anzuwendenden allgemeinen Regeln hat Beihilfe auch der versucht, der einer Schwangeren untaugliche Mittel verschafft, die er für tauglich hält (anders für den Sondertatbestand der früheren gewerbsmäßigen Verschaffung E 68 13) und ist der Versuch des Versuchs, also etwa das bloße Sichbeschaffen von Mitteln, um sie der Schwangeren zu verschaffen, noch nicht strafbar. Ebenso in beiden Punkten Schröder MDR 49, 391 ff., im wesentlichen auch Hamburg MDR 48 26 (Abs. 4 sei Vorbereitungshandlung); dazu Anm. Meister, der Doppelnatur des Abs. 4 als Vorbereitungshandlung und qualifizierten Beihilfetatbestand annimmt. Maurach Bes. T. § 6 I I sieht Abs. 4 als Sonderdelikt an. VIII. Konkurrenzen. T a t e i n h e i t mit Tötungsdelikt, wenn das infolge der Abtreibungshandlung zu früh geborene Kind alsbald umgebracht wird: BGHSt. 10 291. Anders im Falle BGHSt. 10 5, wo lebensunfähige Frühgeburt allein infolge des Eingriffs starb: nur § 218. — K o n s u m t i o n einer der Abtreibung dienenden schweren Körperverletzung durch § 218: BGHSt. 10 312; jedoch unter Einhaltung der Mindesstrafe des § 224 (wie BGHSt. 1152). — Bei T ö t u n g s v e r s u c h a n d e r S c h w a n g e r e n Tateinheit mit Abtreibung: BGHSt. 11 15 unter Aufgabe von MDR 51 657, OGH NJW 50 195. Vgl. Vorbem. I I I vor § 211.

Abtreibungsmittel

§219

(1) Wer zu Zwecken der Abtreibung Mittel, Gegenstände oder Verfahren öffentlich ankündigt oder anpreist oder solche Mittel oder Gegenstände an einem allgemein zugänglichen Ort ausstellt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Vorschrift des Abs. I findet keine Anwendung, wenn Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zu ärztlich gebotenen Unterbrechungen der Schwangerschaft dienen, Ärzten oder Personen, die mit solchen Mitteln oder Gegenständen erlaubter Weise Handel treiben, oder in ärztlichen oder pharmazeutischen Fachzeitschriften angekündigt oder angepriesen werden. I. öffentliche Ankündigungen als besondere Gefahrenquelle der Abtreibung sind in §§ 219, 220 zu selbständigen Delikten erhoben. II. Die Fassung durch das 3. StÄG kehrt zu dem Gesetzeszustand v. 26. 5. 33 zurück, während seit der VO v. 9. 3. 43 eine wesentlich weitere Fassung galt. m . Betr. Öffentlichkeit vgl. Anm. I zu § 110.

Verbrechen wider das Leben §§ 220, 220 a

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IV. Empfängnisverhütende Mittel werden durch § 219 nicht mehr berührt (anders bisher). Ihre Ankündigung unterliegt nur noch den Beschränkungen des § 184 Nr. 3 und der PolVO v. 21. 1. 41 (RGBl. I 63); zu deren Geltung vgl. Schlippe J R 51, 76. § 6 I c der PolVO v. 29. 9. 41 (RGBl. I 587) kann nicht mehr als gültig angesehen werden. Vgl. Syst. Vorbem. I I I 2 d) a. E. Anbieten zur

Abtreibung

§ 220

Wer öffentlich seine eigenen oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung von Abtreibungen anbietet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Eingefügt durch G v. 26. 5. 33 Art. I Nr. 14. Selbständiges Delikt, das das erfolglose Anbieten zur Abtreibung erschöpfend regelt. §49a ausgeschlossen. So zutr. Dreher-Maassen Anm. 2, vgl. auch Rüdlin MDR 51, 470, dessen Bedenken gegen § 49a auch nach dessen n. F. fortbestehen. A. A. Schönke-Schröder I. — Realkonk. mit § 218 möglich.

6. Völkermord

§ 220a (1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören, vorsätzlich 1. Mitglieder der Gruppe tötet, 2. Mitgliedern der Gruppe schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 224 bezeichneten Art, zufügt, 3. die Gruppe unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, deren körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen, 4. Maßregeln verhängt, die Geburten innerhalb der Gruppe verhindern sollen, 5. Kinder der Gruppe in eine andere Gruppe gewaltsam überführt, wird wegen Völkermordes mit lebenslangem Zuchthaus bestraft. (2) Sind in den Fällen des Abs. 1 Nr. 2—5 mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Zuchthaus nicht unter fünf Jahren. I. Eingefügt durch Gesetz v. 9. 8. 54 (BGBl. I I S. 729). In Kraft getreten am 22. 2. 55 (mit der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes). Vgl. BGBl. 1955 I I 210 (Bekanntmachung v. 14. 3. 55). Zur Begründung vgl. Drucksache des 2. Bundestages Nr. 162 und 526; kritisch Jescheck ZStW 66, 193, insbes. 211 ff., 214ff. II. Gruppe. Nicht: die politische, die absichtlich ausgeschlossen wurde (Nachweise bei Jescheck 212). III. Absicht: Vgl. § 94 Anm. I. Hier wie dort handelt es sich um subjekt. Unrechtsmerkmale.

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Verbrechen wider das Leben § 221

IV. Zerstörungsabsicht nicht, wie in Nr. 3, auf physische Ausrottung beschränkt. Die Gruppe als solche zu zerstören kann auch durch Aussiedelung und Zerstreuung, durch systematische Vernichtung des Zusammengehörigkeitsbewußtseins, durch Beseitigung der Führer oder führender Schichten geplant sein, vgl. unten zu Nr. 3. Auch diese Absicht ist tatbestandsmäßig, wenn mit den Mitteln der Nrn. 1—5 angestrebt. Daher auch Taten gegen einzelne unter diesen Voraussetzungen. Ebenso Jescheck S. 213. V. Im einzelnen: Zu Nr. 1: Hier sind selbst in Lagen, die dem § 213 entsprechen würden, mildernde Umstände ausgeschlossen, Abs. 2. Auch Einzeltat genügt u. U.: oben Anm. IV a. E . Zu Nr. 2: S e e l i s c h e (mental) Schäden, z. B. durch Rauschgiftverseuchung (Motive bei Jescheck 212). Vgl. im übrigen schon unten § 223 I 2 sowie LG Aachen N J W 50 759. — Daß f ü r die erforderliche S c h w e r e der Schäden nur beispielsweise auf § 224 StGB verwiesen wird, bedeutet keine Zulassung von Analogie, sondern eine bindende Richtlinie f ü r den Richter innerhalb eines normativen Tatbestandsmerkmals (vgl. hierzu Mat. zur Strafrechtsref. I S. 85). Der Schweregrad muß hiernach den Fällen des § 224 gleichkommen. Zu Nr. 3: Über k ö r p e r l i c h e Zerstörung als engeren Begriff gegenüber dem des einl. Halbsatzes vgl. oben Anm. IV. Der Tatbestand ist danach z. B. auch erfüllt, wenn die Gruppe unter physisch unerträgliche Bedingungen gestellt wird (Klima, Zwangsarbeit, soziale Unterdrückung bis zur Unterschreitung oder Gefährdung des Existenzminimums), um sie zum Exil, zur Option oder sonst zur Aufgabe ihres Bestandes als Gruppe zu zwingen. Zu Nr. 4: z. B. Massensterilisierung. Nicht schon Freigabe der Abtreibung. Zu Nr. 5: Auch hier u. U. Einzelfälle mit umfaßt, wenn als Mittel zu dem oben Anm. IV erörterten Zweck gedacht. VI. Mildernde Umstände: Nr. 1 ausgenommen, vgl. oben zu V 1. VII. Zuständig: BGH (§ 134, Abs. 1 GVG). T.Aussetzung

g

221

(1) Wer eine wegen jugendlichen Alters, Gebrechlichkeit oder Krankheit hilflose Person aussetzt, oder wer eine solche Person, wenn dieselbe unter seiner Obhut steht oder wenn er für die Unterbringung, Fortschaffung oder Aufnahme derselben zu sorgen hat, in hilfloser Lage vorsätzlich verläßt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Wird die Handlung von leiblichen Eltern gegen ihr Kind begangen, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. (3) Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung der ausgesetzten oder verlassenen Person verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu zehn Jahren und, wenn durch die Handlung der Tod verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter drei Jahren ein. I. Hilflos ist eigentlich schon, wer sich nicht helfen kann. I m S. des Gesetzes muß aber hinzukommen: und dem auch kein anderer hilft. I m S. des § 221 also:

Verbrechen wider das Leben § 222

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wer nicht imstande ist, sich ohne Hilfe anderer aus einer sein Leben bedrohenden Gefahr zu befreien. E 7 111, 31 165, 75 68 erweitern: „oder seine Gesundheit". Vgl. indessen die Abschnittsüberschrift, gegenüber der des 17. Abschn.! Auch die Entwürfe verlangen ausdrücklich L e b e n s g e f ä h r d u n g . — Eine w e i t e Auslegung fordert dagegen der Grundgedanke des §221 bei den hier genannten U r s a c h e n . Genügen muß jede körperliche oder geistig bedingte Ursache; deshalb auch der Geburtsakt, obwohl nicht „krankhaft" (E 54 273, nicht dagegen Schwangerschaft, E 77 70); starke Trunkenheit (E 5 393, BayObLG N J W 53 556). Vgl. auch: DR 42 1646. II. Aussetzen heißt: jemand, der i. S. der Anm. I fremder Hilfe bedarf, aus einer Lage, wo solche möglich ist, in eine Lage versetzen, wo sie nicht oder nur in schwächerem Maße möglich ist. Nicht ist also nötig, daß er erst durch die Tat hilflos wird; es genügt auch, daß der Hilflose hilfsbedürftig wird oder daß bestehende Hilflosigkeit vergrößert wird. Wer ein kleines Kind vor der fremden Haustür niederlegt oder einen sinnlos Betrunkenen in die kalte Winternacht hinausstößt, aber bei ihm bleibt, bis ein anderer ihn unbeschädigt in seine Obhut nimmt, hat nicht „ausgesetzt". — Eine besondere rechtliche E ü r s o r g e p f l i c h t ist für Strafbarkeit der „Aussetzung" nicht nötig (E 54 273, 31 167); anders beim „Verlassen". — Ausweisung schwerkranker Konzentrationslagerhäftlinge: BGHSt. 4 113. III. Obhuts- und Sorgepflicht können unmittelbar auf Rechtssatz beruhen (z. B. Eltern), aber sich auch ergeben aus Beruf, Vertrag, engen menschlichen Beziehungen (Hausgemeinschaft, uneheliche Vaterschaft); auch aus tatsächlicher Ausübung einer Fürsorge, die das Vertrauen auf deren Fortsetzung rechtfertigt. Vgl. E 66 73. Aus gemeinsamem Zechen u. dgl. nur unter besonderen Umständen: BayObLG N J W 53 556. IV. Verlassen setzt räumliche Trennung voraus. Bloßes Nichthelfen kann aus §330c, auch wegen fahrlässiger Tötung oder fahrl. Körperverletzung strafbar machen, nicht aber aus § 221. Die Krankenschwester, die dem Schwerkranken nicht hilft, sondern im Krankenzimmer sitzt und liest, kann nicht schon deshalb aus § 221 bestraft werden; wohl aber, wenn sie das Krankenzimmer verläßt, denn damit gibt sie die Lage aus der Hand. So auch E 8 343, 38 377. Zu weit geht DR 41 193 (kritische Anm. Mezger): der uneheliche Vater sei aus §221 zu strafen, der mit der Kindesmutter in häuslicher Gemeinschaft lebte und nicht hinderte, daß die Mutter das neugeborene Kind unter ihrer Bettdecke erstickte, vielmehr „sich in Schlaf versetzte", m. a. W.: einschlief. V. Zu Abs. 3 (schwere und schwerste Folgen) beachte jetzt § 56. VI. Konkurrenz: IdKonk. mit § 142. — Str., ob auch mit Tötungs- und Körperverletzungsverbrechen. E 68 407 verneint, da eine Gefährdungstat von der Verletzungstat aufgezehrt werde. Vgl. auch Kiel MDR 47 171. BGHSt. 4 113 bejaht mit Recht IdKonk. mit §§ 223ff., falls diese mitgewollt. 8.Fahrlässige

Tötung

§

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Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Gefängnis bestraft. I. Den Tod verursachen weiter als „ t ö t e n " . Hier genügt jede M i t Wirksamkeit «um Erfolg (Vorbem. I I B I vor § 1). Nicht braucht die ausschließliche Ursache zum

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Tod gesetzt zu sein: E 22 173. Aber die Ursachenreihe darf nicht abgebrochen sein: E 75 372, BGHSt. 1 192, MDR 51 658 (Übersicht). - Auch U n t e r l a s s u n g . Hier ist nicht nötig, daß ohne das inkriminierte Verhalten (z. B. Unterlassung ärztlicher Behandlung) der Tod k e i n e s f a l l s eingetreten wäre; wenn nur an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit für Rettung bestand. E 51 127 und mehrfach. Dazu kritisch Eb.Schmidt, Arzt imStrafrecht S. 85ff. Vgl.ferner E 63 211, 75 326, BGH MDR 51 274, 53 20 (Übersicht), 52 147 (Rettungsversuche als zwecklos unterlassen). Außerachtlassung von Unfallverhütungsvorschriften: Kassel NJW 48 350. Zur R e c h t s p f l i c h t aus vorangegangenem Tun vgl. BGHSt. 4 20 = NJW 53 551 (Anm. v. Weber) = JZ 53 407 (Anm. Lange) und MDR 54 335 (betr. Alkoholausschank und gemeinsames Zechen mit Kraftfahrer). In solchen Fällen ist aber oft a k t i v e Verursachung gegeben (JZ 53, 409); vgl. ferner unten § 330a Anm. IV 2 (der Kraftfahrer war hier zurechnungsunfähig; so J Z 5 3 407, MDR 53 308, NJW 53 551, abw. Text in BGHSt. 4 20). RPfl. des E h e g a t t e n : BGHSt. 2 150; des Verlobten : J R 55 105 (beide bedenklich, weil auf dem Umwege über die Unterlassung Beihilfe zum Selbstmord pönalisiert wird, oben I I I vor §211). G r e n z e n der RPfl. bei rechtmäßigem Verhalten: BGHSt. 3 203. — F ü r s o r g e p f l i c h t d e s D i e n s t h e r r e n bei Übermüdung von Kraftfahrern: RdK 53 143. II. Fahrlässigkeit. Grundsätzliches in Anm. IV zu § 59. Ferner BGH MDR 52 147; V o r a u s s e h b a r k e i t bloß des Enderfolges genügt zwar innerhalb der vom Täter pflichtwidrig ausgelösten Kausalkette, nicht aber für den Ausgangspunkt des Unfalls; insoweit muß auch der Ablauf der Ereignisse konkret voraussehbar gewesen sein. — BGH MDR 51 274: nicht nur die regelmäßige, sondern auch eine nur m ö g l i c h e Folge ist zuzurechnen (wie E 65 135, 73 372). Nichtkausale a l l g e m e i n e G e f ä h r d u n g genügt nicht: BGHSt. 1192. Grenzender Voraussehbarkeit: BGH NJW 52 1184 (betr. Tötung des Unfallhelfers durch einen Dritten). Nur ein s c h w e r e r ärztlicher Kunstfehler schließt die Voraussehbarkeit der Todesfolge einer Verletzung aus: Celle MDR 57 627, vgl. BGH VRS 1« 293, BGHSt. 8 64. — Über Fahrlässigkeit des Kraftfahrers vgl. u. a. die zusammenfassende E 65 135. Der Kraftfahrer hat „nicht den Beruf oder die Befugnis, den Straßenverkehr durch Gefährdung der körperlichen Sicherheit zu erziehen"; muß deshalb „auch mit einem unverständigen Benehmen anderer Personen auf der Straße rechnen" (E 61 120); einschränkend E 70 71, 72 55: soweit „mit solchen Unbedachtsamkeiten zu rechnen er bei verständiger Überlegung der Umstände Veranlassung hat". BGHSt. 8 200, 203: „Die Erfahrung lehrt, daß selbst völlig unvernünftiges Verhalten im Straßenverkehr keine Seltenheit geworden ist" (gegen BGHSt. 3 157, 160, vgl. Härtung N J W 53, 33). DR 44 149, 433 betr. K i n d . Dazu BGH NJW 51 770, BGHSt. 3 49: auch bei Großstadtkindern immer völlig unüberlegtes Handeln in Rechnung zu stellen, ferner Düsseldorf: einerseits DAR 51 160 (Anm. Guelde), wonach der Kraftfahrer auch bei Kindern nicht ohne weiteres immer mit verkehrswidrigem Verhalten zu rechnen brauche, andererseits VRS 5 132, wonach der Kraftfahrer nicht allgemein darauf vertrauen kann, daß ein unter Aufsicht eines Erwachsenen stehendes Kind sich verkehrsgerecht verhält. Anders BGHSt. 9 92 betr. Kind an der Hand eines Erwachsenen. Bei diesen Widersprüchen ist der strengeren Auffassung der Vorzug zu geben. Doch gilt auch hier, daß der Erfolg konkret vorhersehbar gewesen sein muß: so eingehend Hamm JMB1. NRW 57 272. Zum M i t v e r s c h u l d e n d e s V e r l e t z t e n allgemein auch BGH N J W 58 1981, — Wer als Kraftfahrer auf

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seinem Wege ein nicht näher erkennbares Hindernis wahrnimmt, muß damit rechnen, daß es ein Mensch sein kann: BGHSt. 10 3. — Die Fahrt ist grundsätzlich zu rasch, wenn der Kraftfahrer zum Anhalten einen längeren B r e m s w e g braucht, als die Entfernung ist, auf die er ein etwa auftretendes Hindernis wahrnehmen würde. Einschränkend E 76 71: Es komme darauf an, aufweiche Entfernung er ein Hindernis erblicken kann, das plötzlich in seiner Fahrbahn auftauchen würde. Dieser Grundsatz gilt auch bei vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeiten D J 40 1091 (Anm. Krug 1171). Eine bestimmte Reaktionszeit ( S c h r e c k s e k u n d e ) muß er von vornherein einrechnen. Die Reaktionszeit richtet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalles und kann einschl. der Bremsansprechzeit nicht allgemein mit einer Sekunde angenommen werden: BGH in VRS 6 193. Mit diesen Maßgaben muß die Geschwindigkeit der Sichtweite angepaßt sein: BGH VRS 12 440 (insbes. betr. Nachtfahrt, Scheinwerfer und andere Lichtquellen). — Für die Schuldfrage das g e s a m t e V e r h a l t e n von dem Zeitpunkt und Ort ab, als der Kraftfahrer den auf die Fahrbahn getretenen Fußgänger erstmals beobachten konnte, bedeutsam: BGH VRS 5 130. — Die V o r a u s s e h b a r k e i t eines Unfalls kann durch völlig verkehrswidriges Verhalten des Verunglückten ausgeschlossen werden, selbst wenn der Kraftfahrer den Unfall durch Verletzung e i n e r V e r k e h r s V o r s c h r i f t mitverursacht hat. BayObLG DAR 52 154. Auch nach BGHSt. 4 182 rechtfertigt eine Übertretung der StVO für sich allein noch nicht den Schluß, daß der Unfall vorhersehbar war. Dies ist vielmehr davon abhängig, ob konkrete Anzeichen f ü r die beabsichtigte Richtungsänderung des überholten Verkehrsteilnehmers vorlagen. Ebenso die grundsätzliche BGHSt. 12 75 mit der Präzisierung: Führt verkehrswidriges Verhalten nur infolge Mitwirkung eitles verborgenen Mangels zum Unfall, so ist dieser nur dann voraussehbar, wenn der Mangel entweder durch den gewöhnlichen Verschleiß bedingt war oder wenn sein Auftreten im Zusammenhang mit dem Verkehrsverstoß nicht ganz außerhalb des gewöhnlichen Erfahrungsbereichs eines Kraftfahrers liegt. —• BGHSt. 8 107, 108 (betr. die sehr umstrittene Bedeutung einseitiger negativer Verkehrszeichen) läßt die klare Grenzziehung von BGHSt. 4182 nicht erkennen. •— Der Sachbearbeiter für die Erteilung des F ü h r e r s c h e i n s kann den Unfall fahrlässig mitverursachen, wenn er Bedenken gegen die Eignung des Antragstellers verschwiegen hat. BayObLG DAR 52 170. — Fahren ohne R ü c k l i c h t , Unfall in Zusammenhang mit polizeilicher Beanstandung: BGHSt. 4 360 = N J W 54, 41 (abl. Anm. Härtung). — Wer einen a n g e t r u n k e n e n Kraftfahrer zur F a h r t überredet, ist für den Unfall verantwortlich: BGH VRS 5 42. — Rechtzeitig abgebrochene B e w i r t u n g eines Kraftfahrers begründet noch nicht Rechtspflicht zum Eingreifen: Oldenburg DAR 57 300; anders bei weiterem Animieren gegen dessen ursprünglichen Willen: BayObLG N J W 53 556, BGH N J W 54 1047. — Das Fahren in trunkenem Zustand begründet die Verantwortlichkeit f ü r die Todesverursachung nur dann, wenn die Fahrweise zu beanstanden ist: BayObLG N J W 53 1641 •— betr. angetrunkenen Kraftfahrer vgl. auch oben Anm. I sowie unten § 315 a Anm. I I zu Nr. 2. — Wer mit einem Angetrunkenen eine Wettfahrt auf Krafträdern veranstaltet, bei der dieser infolge eigenen Verschuldens tödlich verunglückt, ist verantwortlich: BGHSt. 7 112 (unter Abgrenzung gegen E 57 172, BGHSt. 4 88, dazu oben § 59 Anm. IV 3b). — Betr. Kraftfahrer und E i s e n b a h n s c h r a n k e vgl. D J 38 117 (Anm. Fritsch) = J W 38 31 (Anm. Peterßen). Namentlich aber die viel angegriffene E 72 286 (eine offenstehende Eisenbahnschranke befreie den Kraftfahrer nicht von der Pflicht, sich davon zu überzeugen, daß tatsächlich kein Zug

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komme; kritisch hierzu Fritsch in D J 38, 1881 und Peterßen in J W 38, 1993); E 78 19 betr. Kraftfahrer an Straßenbahnhaltestellen. — Nichtbeleuchtung des Wagens: J W 38 30. •— Aber auch der F u ß g ä n g e r muß mit einer Überschreitung der zulässigen Fahrgeschwindigkeit rechnen, macht sich u. U. also gleichfalls strafbar: E 67 106*). — Über Schrecksekunde, Geschwindigkeit, unübersichtliche Fahrstrecke, Blendung durch entgegenkommendes Fahrzeug vgl. auch H R R 40 465, zu letzterer BGH NJW 58 1982 (unter Aufgabe von BGHSt. 1 309): mit verkehrswidrigem Aufblenden kurz vor der Begegnung braucht man nicht mehr zu rechnen. — Verkehrssicherheit eines LKW: D B 43 82, 899. — StraßenbahnSchaffner: D J 42 628. — Unzulässiges Ü b e r h o l e n eines Radfahrers bei Gegenverkehr: BGH VRS 13 34. Über Fahrl. d. A r z t e s vgl. §59 Anm. IV, dazu BGHSt. 3 91: Ausbildungsund Erfahrungsmängel, Eingriff ohne eigene Diagnose, ungenügende Überwachung der Schwestern; hierzu auch BGHSt. 6 283. — H e i l p r a k t i k e r : H R R 42 558; bei Krebs: HRR 42 557; bei Diphtherie: DR 43 897. Irisdiagnose: DR 42 1785. Heilpraktiker muß stets prüfen, ob im Einzelfall seine Kenntnisse ausreichen, um richtige Diagnose zu stellen: Braunschweig NdsRpfl. 48 92. — J ä g e r , fehlerhafte Büchse: DR 43 73. — H a u s b e s i t z e r , Schneebeseitigung: DR 42 1759. III. Bei mittelbarer Verursachung hat trotz (u. U. sogar vorsätzlichen) Dazwischentretens eines Dritten das RGer. eine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs abgelehnt. „Die strafrechtliche Erfassung der mehreren in einer Ursachenreihe hintereinander angeordneten, also voneinander abhängigen Bedingungen findet ihre Ausgleichung gegen zu große Härte in dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit." So, unter Anführung älterer Entscheidungen, E 64 316: Ein Mädchen hatte in der elterlichen Wohnung unehelich geboren und, da sie befürchtete, verstoßen zu werden, das Kind getötet. Die Mutter des Mädchens wurde wegen fahrl. Tötung verurteilt, da sie nach BGB §§ 1601, 1705 i. Vbdg. mit § 1707 die Pflicht hatte, für das Kind zu sorgen und den Tod des Kindes, falls sie untätig blieb, voraussehen konnte. E 64 370: Die M. hatte dem W. Gift beschafft, mit dem dieser seine Frau tötete. W. sei wegen vorsätzlicher, die M. wegen fahrlässiger Tötung strafbar. IV. Mitwirkendes Verschulden des Verletzten berührt die „Pflicht" des Täters nur, wenn es die „Vorhersehbarkeit des Erfolgs" ausschließt (E 57 172 scheint freilich hier die „Pflicht" zu verneinen, vgl. Anm. IV 3b) zu § 59, aber auch BGHSt. 7 115, dazu oben Anm. II). Darüber, daß die „ E i n w i l l i g u n g " des Verletzten *) Straßenverkehrsordnung v. 13. 11. 37 i. d. F. v. 29. 3. 56 (BGBl. I 271, 327) und der VO v. 25. 7. 57 (BGBl. I 780) enthält in § 1 die „ G r u n d r e g e l f ü r d a s V e r h a l t e n im S t r a ß e n v e r k e h r " : „Jeder Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr hat sich so zu verhalten, daß kein anderer gefährdet, geschädigt oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird" dazu den Vorspruch, der das Gefährdungsmoment betont; sodann eine Reihe von selbständigen Einzeltatbeständen. § 49: „Wer Vorschriften dieser VO oder zu ihrer Ausführung erlassenen Anweisungen vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu 150 DM oder mit Haft bestraft, wenn die Tat nicht nach and. Vorschr. m. schwererer Str. bedroht ist" — also auch (subsidiär), wer dem § 1 zuwiderhandelt. I d K o n k . m i t f a h r l ä s s i g e r T ö t u n g oder K V m ö g l i c h . — Dazu: Bockelmann Z. f. VerkSicherheit 52, 216, Wimmer DAR 53, 145, Weigelt DAR 53, 155.

Körperverletzung. Vorbemerkungen. § 223

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(hier des Soziusfahrers) die Rechtswidrigkeit nicht beseitigt, vgl. BayObLG GA 1958 242 mit Nachw. V. Konkurrenzen. Vgl. § 56 Anm. IV 5 (betr. § 226 u. ä. F.), Vorbem. III vor § 211 (betr. § 218) und hier die Fußnote. Nicht: Tateinheit mit Mordversuch, wenn nicht festzustellen, ob von mehreren Schüssen der gezielte traf: BGH GA 1968 109.

Siebzehnter Abschnitt

Körperverletzung Vorbemerkungen I. Tatbestände. — 1. V o r s ä t z l i c h e K ö r p e r v e r l e t z u n g § 223; qualifiziert: a) gegen Aszendenten, §223 I I ; b)gefährlicheKV, §223a; c) gegen Kinder undWehrlose, §223b; d) schwere KV, §224, nochmals qualifiziert bei „Absicht", §225; e) mit verschuldeter Todesfolge, § 226. — 2. F a h r l ä s s i g e KV, § 230. — 3. R a u f h a n d e l , §§227,228. - 4. V e r g i f t u n g , §229. II. Strafantrag nötig bei leichter vorsätzlicher KV (auch gegen Aszendenten) und bei fahrlässiger KV, § 232. III. Bei staatsfeindlicher Absicht Strafschärfung gem. § 94 in §§ 223 — 229. Leichte

Körperverletzung

§ 223 (1) Wer vorsätzlich einen anderen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird wegen Körperverletzung mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ist die Handlung gegen Verwandte aufsteigender Linie begangen, so ist auf Gefängnis nicht unter einem Monat zu erkennen. I. Körperverletzung wird g e s e t z l i c h d e f i n i e r t als entweder körperliche Mißhandlung oder Gesundheitsschädigung. 1. Körperliche Mißhandlung ist ü b l e , u n a n g e m e s s e n e B e h a n d l u n g , a) Ob S c h m e r z e m p f i n d u n g dazu gehört, ist eine streitige, auch vom RGer. nicht einheitlich beantwortete Frage. E 29 58 bejaht und straft z. B. den Zopfabschneider nicht wegen KV. E 56 64 steht nicht entgegen. Steigerung oder Aufrechterhaltung von Schmerzen infolge Unterlassung einer ärztlich gebotenen Handlung als KV: E 75 160 (165). — Andererseits ist Erregung von U n l u s t e m p f i n d u n g , wenn auch erforderlich, doch n i c h t g e n ü g e n d , um KV anzunehmen, z. B. von Schmerz, Schreck oder Ekel (E 32 113). b) Aber auch V e r l e t z u n g d e r K ö r p e r i n t e g r i t ä t ist Mißhandlung. Hierunter fällt z. B. das Haareabschneiden, so daß E 29 59 im Ergebnis abzulehnen ist. Anders die früh. Aufl. 2. Gesundheitsschädigung ist Störung der normalen körperlichen oder seelischen Funktionen (oder, falls diese schon krankhaft, Steigerung ihres krankhaften Funktio-

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Körperverletzung § 223

nierens). Auf S c h m e r z e m p f i n d u n g kommt es h i e r n i c h t an. — E 64 119 sieht in einer „bloß psychischen Einwirkung, durch die lediglich das seelische Wohlbefinden berührt wird", eine strafb. K V nur dann, wenn durch sie die körperliche Gesundheit (z. B . Nerven) zerstört sei. Dies widerspricht der psychiatrischen Auffassung, die von Geisteskrankheit (also „beschädigter Gesundheit" i. S. des § 223) auch dann spricht, wenn eine Einwirkung auf körperliche Organe oder eine Veränderung solcher nicht vorliegt oder nicht nachweisbar ist. — Versetzung in einen R a u s c h - oder B e t ä u b u n g s - Z u s t a n d , bei dem das Bewußtsein verlorengeht, ist Gesundheitsschädigung: D R 42 333. — Beeinträchtigung der A r b e i t s k r a f t ist GesBesch. (zutr. Schönke-Schröder § 223 I I I 3). Nr. 1 und 2 treffen häufig zusammen, können auch wahlweise festgestellt werden. 3. Übertragung einer ansteckenden Krankheit ist K V und, falls vorsätzlich oder fahrlässig, als solche strafbar. So auch Übertragung einer G e s c h l e c h t s k r a n k h e i t . Weitergehend Geschl.-KrankhGes. (Anhang Nr. 14), wo in § 6 bewußte G e f ä h r d u n g e n unter Strafe gestellt sind, „sofern nicht eine schwerere Strafe angedroht i s t " , wie in §§ 224, 226. II. Rechtswidrigkeit der Handlung ist auch hier vorausgesetzt: E 19 265. Aus den Gründen, die sie ausschließen können, kommen, außer Notwehr, hier besonders in B e t r a c h t : Einwilligung, Züchtigungsrecht und Recht zum Waffengebrauch. — Über Einwilligung vgl. jetzt § 226a. — Über das Zfichtigungsrecht d e s L e h r e r s eingehend B G H S t . 6 263 ( = J Z 54 752 m. Anm. Bader), deren Ausgangspunkt, es sei „offensichtlich durchführbar, völlig ohne körperliche Züchtigung auszukommen", jedoch sehr fraglich und heute noch keineswegs gesichert erscheint. Immerhin „unterstellt" S. 269, daß „in seltenen Ausnahmefällen eine maßvolle körperliche Züchtigung durch den Lehrer am Platze sein mag". Sie dürfe nur der Erziehung dieses Kindes dienen, die Schulzucht rechtfertige sie nicht (richtiger schließen der Erziehungszweck u. U. die Tatbestandsmäßigkeit, die Erfordernisse der Schulzucht u. U. nach allg. Kollisionsgrundsäzten die R W aus). Gegen B G H S t . 6 263: Schleswig N J W 56 1002, dem H. Mayer DVB1. 56, 469 zustimmt; Hamm N J W 56 1690. Anders jetzt auch B G H S t . 11 241. Danach ist der V o l k s s c h u l l e h r e r (in Hessen) zu maßvoller Züchtigung befugt, und zwar kraft Gewohnheitsrechts, das nicht durch bloße Verwaltungsanordnung aufgehoben werden kann. Auch Grenzen des Züchtigungsrechts (in Hessen) gewohnheitsrechtlich. Art. 1 und 2 I I S. 1 GG stehen nicht entgegen (ebenso Kern, Grundrechte Bd. 2 S. 52, 60ff., Bruns J Z 57, 413). — F a c h s c h u l l e h r e r n (-leitern) dagegen fehlt (in Bayern) ein solches Gewohnheitsrecht (und gesetzliches Recht); auch die (höchstpersönliche) elterliche Erziehungsgewalt kann auf sie nicht übertragen werden und damit das Recht begründen: B G H S t . 12 62. Übersicht über die Rspr. bei Erdsiek N J W 58, 2008. Aus der älteren Rspr. s. E 26 148 (vgl. § 340). Über dessen Regelung vgl. E 43281, D R 4 3 5 8 0 ; dazu Kümmerlein D R 43, 897. Umfang : E 42142 ¡Grenzen: E 31 267. Übertragbarkeit: E 33 32, 61 191 auch 61 393. Auch beim Fehlen ausdrücklicher Vorschriften läßt sich das Züchtigungsrecht nicht ohne weiteres verneinen, da es schon aus dem Recht und der Pflicht zur Erziehung folgt: E zuletzt 4 6 1 , BGHSt. 6263, 11 241, aber 12 62. Vgl. ferner E 20371. — Das Züchtigungsrecht besitzen auch die E l t e r n , E r z i e h e r (BGHSt. 3 1 0 5 betr. Fürsorgezöglinge), nicht mehr dagegen L e h r h e r r e n (§ 127a GewO i. d. Fassg. v. 2 7 . 1 2 . 51). Grundsätzlich kein Züch-

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tigungsrecht des Seelsorgers: E 67 325. Über familienrechtliches Züchtigungsrecht vgl. E 41 99, 49 389, 61 393 (Nötigung eines Kindes durch Schläge zur Duldung eines ärztlichen Eingriffs u. U. berechtigt), B G H MDR 53 20 (desgl. Stutzen der Haare und Entziehung einzelner Mahlzeiten bei 16j. verwahrloster Tochter). Die Überschreitung des Züchtigungsrechtes ist als vorsätzliche oder fahrlässige KV s t r a f b a r : E 19 265, 34 118. — Ein a l l g e m e i n e s Züchtigungsrecht Erwachsener gegenüber fremden Kindern besteht nicht. E 4 98 und öfter, bis D R 44 612. — Hinsichtlich des Irrtums über das Züchtigungsrecht vgl. E 49 389, BGHSt. 3 105 und Anm. V 3, c zu § 59. — Würtenberger D R Z 48, 291 schlägt vor, das Problem wie beim ärztl. Eingriff (III) auf den T a t b e s t a n d zu verlagern, ebenso SchönkeSchröder 7. Aufl. VI 2 (aufgegeben in 8. Aufl.), Redelberger N J W 52, 1161 und z. T. schon Frank Vorbem. I I 1 vor 17. Abschn. Das erscheint folgerichtig. Wenn und soweit vom Erziehungszweck geboten, unterfällt die Einwirkung jedenfalls nicht dem Unrechtstyp der Mißhandlung. Ob Gesundheitsbeschädigung, ist Tatfrage; wenn ja, so wird die Hdlg. auch kaum zu rechtfertigen sein. BGHSt. 6 264 lehnt durchaus ab, ebenso BGHSt. 11 241. III. Ärztliche Eingriffe. Wieweit sie als Körperverletzungen (evtl. Tötungen) strafbar sein können, ist seit Jahrzehnten streitig. Bereits der Standort des Problems ist bestritten. Das RGer. hielt den ärztlichen Eingriff tatbestandlich f ü r eine K V (evtl. Tötung) und suchte eine Lösung und Abgrenzung auf dem Gebiet der R e c h t s w i d r i g k e i t . Das Schrifttum und die neueren Entwürfe dagegen verneinten ganz überwiegend bereits die T a t b e s t a n d s m ä ß i g k e i t , ohne freilich über die Voraussetzungen und in der Begründung übereinzustimmen. — Selbstverständlich ist, daß, wenn Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit bejaht sind, noch die Frage des V e r s c h u l d e n s der Beantwortung bedarf. — I m einzelnen A. Verneinung der Tatbestandsmäßigkeit. 1. Nach einer Bemerkung von A. H e ß (Ehre und Beleidigung, 1891, S. 55 A. 4) war bahnbrechend der Schweizer Carl S t o o ß : „Operativer Eingriff u. K V " in Z. f. Schweizer StrR 6 (1893) 54; eingehender: „Chirurg. Operation u. ärztl. Behdlg." (1898); D J Z Bd. 7 (1902) 566. I h m t r a t 1897 F r a n k in der l.Aufl. seines Komm. bei. Es folgten alsbald: H e i m b e r g e r , StrR u. Medizin (1898); B e l i n g ZStW 18 (1899) 286. I n die gleiche Richtung neigte B i n d i n g , Lehrb. Bes. Teil I, 1902, S. 53 (anders noch im H d b . d. StrR). Später K a h l ZStW 29 (1909) S. 362. Eindeutig und radikal sodann E b e r m a y e r in LZ 8 (1914), Sp. 1079 und von 1919 ab im L K . Über den weiteren Einfluß von Ebermayer s. Nr. 2; später sein Buch: „Der Arzt im R e c h t " 1930. Später vor allem E n g i s c h ZStW. 58, 1; d e r s . bei Stich u. Bauer, Fehler und Gefahren bei chirurg. Operationen 1958, 1536; E b . S c h m i d t , Arzt im StrR, 1939 sowie bei P o n s o l d , Lehrb. der ger. Medizin 1957, 28, 35. Diese stimmen im wesentlichen darüber überein, daß bei einem ärztl. Eingriff der T B der K V unter drei Voraussetzungen zu verneinen sei: daß er zu Heilzwecken vorgenommen sei (nicht etwa zu Versuchszwecken oder als bloße Schönheitsoperation, wohl aber bei diagnostischen Eingriffen und Impfungen u. dgl., vgl. Mezger StB I I 39); daß er lege artis, d. h. k u n s t g e r e c h t a u s g e f ü h r t worden sei; zunächst ferner, daß er gelungen sei, denn wenn der Zustand eines Kranken im Endergebnis sich gebessert habe, könne weder von einer „Verletzung" des Körpers (Heß) noch von einer „Mißhandlung" (d. h. unangemessenen Behandlung: Stooß) und erst recht nicht von einer „Gesundheitsschädigung" die Rede sein. Diese dritte Voraussetzung, daß der Eingriff g e l u n g e n sein müsse (ausdrücklich S t o o ß , 32

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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noch 1902) trat freilich immer mehr in den Hintergrund. Bei Frank (in den ersten Auflagen!) und bes. bei Ebermayer verschwand sie ganz. 2. Die Arbeiten an einem neuen StGB förderten die Frage ständig weiter. Die Entwürfe 09 und 12 standen zwar insofern noch auf dem Boden der reichsger. Rspr., als sie an der Tatbestandsmäßigkeit des ärztl. Eingriffs nicht zweifelten. Immerhin zogen sie als Rechtfertigungsgrund nicht nur, wie das RGer., die Einwilligung des Betroffenen in Betracht (für welche Entw. 1927 die 1933 als § 226 a übernommene Regel formulierte), sondern auch: daß der Arzt den Eingriff „innerhalb der Regeln der ärztl. Kunst ausgeführt habe". In diesem Fall sei der Eingriff zwar tatbestandsmäßig, aber nicht rechtswidrig. Andernfalls sei, wie immer, Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit zu prüfen. Einer gesetzlichen Regelung bedürfe das nicht (Begr. 1909, S. 660). Die Verneinung der Tatbestandsmäßigkeit beginnt mit dem Entw. 19, den Ebermayer (s. oben) und Bumke entscheidend beeinflußt haben. Nach Begr. S. 238 „steht er auf einem grundsätzlich anderen Standpunkt" als das RGer. und als die ersten beiden Entwürfe. „Eine Handig., die v. irgend jemand (!) n. d. Regeln d. ärztl. Kunst zu Heilzwecken vorgenommen wird, kann niemals als körperl. Mißhdlg. od. Ges. Beschäd. angesprochen werden, mithin niemals als KV strafbar sein. Der Einwill. d. Betroffenen bedarf es nur deshalb, weil e. Heilbehdlg. gegen s. Willen e. Eingriff in seine Willensfreiheit enthält. Deshalb hat der Entw. zum ärztl. Eingriff nicht im Rahmen der Vorschriften über KV Stellung genommen, sondern i. d. Abschn. über Verletz, d. persönl. Freiheit denjenigen m. Str. bedroht, der einen anderen gegen seinen Willen zu Heilzwecken behandelt". Damit waren drei bedeutsame Schritte getan: 1. Die Frage nach der Rechtsw. wurde umgestellt auf die Vorfrage nach der T a t b e s t a n d s m ä ß i g k e i t . 2. Der TB der KV wurde losgelöst vom Erfolg oder Mißerfolg des Eingriffs und nur darauf abgestellt, ob er nach Zweck und Ausführung medizinisch s a c h g e m ä ß war. 3. Zum Ersatz für die damit ausgeschaltete Einwilligung wurde ein bes. Nötigungs-TB geschaffen. — Dieser E 19 wurde die Grundlage der weiteren Gesetzgebungsarbeit. Der Entw. 25 (der erste „amtliche") setzte die 1919 eingeschlagene Linie fort, indem er sich nicht damit begnügte, den TB der KV in der „Begründung" zu verneinen, sondern diese Verneinung in das G e s e t z übernahm. In den Abschn. über KV wurde folgender§283 eingestellt: „Eingriffe und Behandlungs weisen, die der Übung eines gewissenhaften Arztes entsprechen, sind keine KVerletzungen oder Mißhandlungen i. S. dieses Gesetzes." Ebenso dann alle weiteren Entwürfe. Vgl. jetzt § 167 Entw. 1959: „Eingriffe und andere Behandlungen, die nach den Erfahrungen der Heilkunde und den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zu Heilzwecken erforderlich sind und vorgenommen werden, sind nicht als Körperverletzung strafbar". Diese Fassung betont den Ausschluß der Rechtsfolge. 3. Die gleichzeitige wissenschaftliche Diskussion ging ähnliche Wege, aber, entsprechend ihrer Mehrstimmigkeit, weniger einheitlich. Namentlich trennten sich die Wege gegenüber dem mißlungenen Eingriff. Ebermayer verneinte auch hier den TB der KV, vertrat also die Entwürfe 1919 usf. Vgl. Lpz. Komm. 4 Anm. 10 zu § 223, aber auch schon früher. GegenteiligBeling ZStW44 (1924) S.220: Binding folgend (Lehrb. d. Bes. T. I 53) sah Beling in der KV eine Körperinteressenverletzung und folgerte daraus, daß nur bei dem gelungenen Eingriff der TB der K V fehle. Frank folgte ihm seit der 16. Aufl. Anlaß und Ausgangspunkt der ganzen Erörterung war ein typischer (nicht seltener) Fall: Exstirpation des Uterus wegen Karzinoms, ohne daß die bei Erkennung der Bösartigkeit der Geschwulst bereits in Narkose befindliche Frau zu der Radikaloperation ihre Einwilligung gegeben hatte. Das Leben der Frau wurde hierdurch, wenn sie auch gebärunfähig blieb, gerettet. Ein OLGer. hatte die Klage des Arztes auf Honorar abgewiesen, da der Eingriff obj. eine KV sei, und zwar,

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da die Frau nicht eingewilligt habe, eine rechtswidrige. Die Empörung der Ärztewelt hatte Stooß u. a. veranlaßt, den TB der KV zu prüfen und hier zu verneinen. Hierzu neuerdings Beschluß der Münchener Ärztetagung 1952 (zit. NJW 52, 1161). Der heutigen Wendung zu einem „sinnhaften" TB.- und „finalen" Handlungsbegriff entspricht es, wenn Engisch, Eb. Schmidt, anfänglich Welzel u. a. (gleich den StGEntwürfen) vom Erfolg des ärztl. Eingriffs absehen und den TB schon dann verneinen, wenn jemand zu Heilzwecken nach den Regeln der ärztl. Kunst eingegriffen hat. Engisch ZStW58 (1938), 1 ff. und MoKriBi. 1939,426 geht wie Beling vom Gedanken der Interessenverletzung aus, folgert aber umgekehrt, daß diese ex ante, zu prüfen und daß hierbei neben der Wahrscheinlichkeit eines guten Ausgangs auch das Interesse des Kranken an Vermeidung abträglicher Nach- und Nebenerscheinungen in Rechnung zu stellen sei (was freilich auch die ex post Urteilenden schwerlich übersehen werden). Welzel (Grundzüge4 S. 36, 55,138; ZStW 58, 515 ff.) sah in einem zu Heilzwecken vorgenommenen und ärztlich angezeigten Eingriff deshalb nicht den TB einer KV, weil ein solcher Eingriff „sozialadäquat" sei (a. a. O. eine anregende Zusammenstellung ähnlicher und unähnlicher Fälle; anders seit 7. Aufl. § 38 I). Verwandt die vielfachen Erörterungen über „erlaubtes Risiko", unter denen Mittasch in „Deutsche Rechtswiss." 8 (1943) S. 46ff. zu nennen ist. — Ausdrücklich an Engisch sich anschließend: Schönke-Schröder V, Freiesleben bei Olshausen12 A. 7 zu §223. Wenn dieser hinzusetzt: „Übrigens ist die ganze Frage f. d. Rspr. nicht v. erhebl. Bedeutung", so bewies schon RGZ 151 349, das die Ärztewelt lebhaft erregt hat, das Gegenteil. — Im Ergebnis ebenso Mezger StB II 45 ff. Eine neue Begründung gab Eb. Schmidt, vgl.: „Der Arzt im StrR", (1939), S. 77ff.; MoKriBi. 33 (1942) S. 85, bes. 88f. und später. Er geht aus von Unterlassungsfällen (wie ungenügende Untersuchung und folgeweise unrichtige Diagnose, unterlassene Vorbeugungsmaßnahme, unterlassene Krankenhausbehandlung usw.) und gründet hier die Strafbarkeit auf die Nichterfüllung der Erfolgsabwendungspflicht. Jede mißglückte Operation sei in ihrer „sozialen Sinnbedeutung" Nichtabwendung des ungünstigen Erfolgs und daher als u n e c h t e s U n t e r l a s s u n g s d e l i k t zu betrachten. Der operierende Arzt habe die Pflicht, die mit dem Eingriff verbundenen Gefahren mit allen Mitteln der ärztlichen Kunst abzuwenden. Erfülle er sie, sei also der Eingriff medizinisch angezeigt gewesen und kunstgerecht ausgeführt worden, so fehle auch bei ungünstigem Ausgang die Tatbestandsmäßigkeit. Kohlrausch hat im Entwurf zur 39. Aufl. den Standpunkt vertreten, daß der T B der KV nur beim gelungenen Eingriff verneint werden könne. Die Fruchtbarkeit von Eb. Schmidts Neu-Konstruktion müsse dahingestellt bleiben. Zweierlei aber sei zu bemerken. Erstens sei die von Schmidt bekämpfte, bei der Kausalität der Unterlassung aber unvermeidliche „Wahrscheinlichkeits"-Feststellung der bei der Kausalität des Tuns möglichen und zu fordernden Bestimmtheits-Feststellung logisch gleichwertig und praktisch gleich unbedenklich. Zweitens sei „töten" ein zunächst wertfreier Begriff. Von diesen beiden Seiten her bestehe also kein Anlaß zu einer Neu-Konstruktion. Wer bei einer ärztlich indizierten und kunstgerecht ausgeführten Operation den TB der KV ohne Rücksicht darauf, ob sie gelingt oder mißlingt, in Abrede stellt, müsse, falls der Kranke i n f o l g e der Operation s t i r b t , gleichermaßen auch den TB der Tötung verneinen. Diesen zweiten Schritt hätten die StGEntwürfe gescheut; auch im Schrifttum werde er nur vereinzelt getan; eindeutig aber von Ebermayer, Eb. Schmidt und — damals — Welzel. — Diese Bedenken Kohlrauschs werden nicht aufrechterhalten. Gerade weil „töten" im Gegensatz zu „mißhandeln" ein sozialethisch zunächst wertfreier Begriff ist, hindert die Verneinung des Werturteils „Mißhandlung" die Feststellung „Verursachung des Todes" um so weniger, als nur dieser rein kausale Begriff, nicht ein finaler ,,Tötungs"akt in Betracht kommt. — Sehr beachtlich die neueste Sinnge32*

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bung der Kunstheilung als Steigerung der Naturheilung bei Engisch, Fehler und Gefahren usw. 1536. Die Subsumtion unter § 222 seheitert ebenso wie die Subsumtion der durch eine mißlungene Operation verursachten Gesundheitsbeschädigung unter § 230 in den hier untersuchten Fällen daran, daß Fahrlässigkeit eine Verletzung der Regeln der ärztlichen K u n s t oder der Indikation voraussetzt. Grundsätzlich abzulehnen deshalb auch BGHSt. 11 111, wonach fahrlässige Nichtherbeiführung der Einwilligung in einen weiteren als den zunächst vorgesehenen Eingriff fahrlässige Körperverletzung sei. Dagegen treffend schon Eb. Schmidt J R 58, 227 : von dem unten zu B behandelten Ausgangspunkt aus müsse folgerichtig v o r s ä t z l i c h e K V angenommen werden. Näheres s. dort. B. Bejahung der Tatbestandsmäßigkeit. 1. Das RG versteht unter „körperlich mißhandeln" jeden Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, der geeignet ist, Schmerzgefühl oder körperliches Mißbehagen hervorzurufen oder das körperl. Wohlbefinden zu stören. Nach RG. erfüllen also ärztliche Eingriffe ausnahmslos den T B des § 223. So E 25 375, 38 34 auch E 74 350, 75 73, D R 42 333; RGZiv. 68 431, 151 349. Ebenso Lorenz bei Olshausen 11 , A. 9 b zu § 223. Dem RG folgt der B G H : BGHZ N J W 56 1106 sowie BGHSt. 11 112.1. w. zust. hierzu Baumann N J W 58, 2092, scharf ablehnend aber Eb. Schmidt J R 58, 226, dem durchaus beizutreten ist. „Fahrlässige" Nichtherbeiführung der Einwilligung (tatsächlich bewußte Rücksichtnahme aus den oben §59 IV 3 c) und in BGHSt. 11 116 erörterten Gründen) ist nicht fahrlässige Körperverletzung, sondern allenfalls Freiheitsdelikt. Der B G H hebt selbst auf den „rechtswidrigen Eingriff in die Freiheit und W ü r d e " ab (S. 114). Daß es nicht angeht, die rechtsstaatlich unabdingbare Differenzierung der Rechtsgüter mit einem Appell an allgemeine höchste Schutzwerte beiseite zu schieben, h a t Eb. Schmidt a. a. O. bereits klargestellt. Gegen ähnliche Neigungen beim Versuchsbegriff (BGH J Z 58 669 : „Auflehnung gegen die Rechtsordnung") und bei der Hehlerei, die nach BGHSt. 7 134 wegen Verletzung „allgemeiner Sicherheitsinteressen" besonders strafbar sein soll, vgl. J Z 58,671 sowie unten § 259 Anm. V I I 2. 2. Dies nötigt zur Prüfung von Rechtfertigungsgründen. Solcher bedürfen auch die unter A aufgeführten Ansichten dann, wenn im Einzelfall der T B der KV g e g e b e n ist; wenn z. B. der Eingriff nicht zu Heilzwecken vorgenommen wurde, sondern etwa prophylaktisch (Rachenmandeln, Wurmfortsatz, vgl. aber auch oben A I ) ; oder als Schönheitsoperation; oder zur Heilung eines Dritten (Hauttransplantation, Bluttransfusion) ; oder zu Experimentierzwecken (hierüber v. Bar in der Göttinger Festgabe f ü r Regelsberger 1901); oder namentlich, wenn eine medizinisch indizierte, zu Heilzwecken kunstgerecht ausgeführte Operation M i ß e r f o l g h a t t e und man (mit Frank, Beling u. a.) auf dem Standpunkt steht, daß nur bei einer g e l u n g e n e n Operation die Verneinung des T B in Frage kommt. — Das Schrifttum über einschlägige Rechtfertigungsgründe war um die Jahrhundertwende sehr umfangreich. Zusammenstellung bei F r a n k A I I 3 zu § 223. Von Bedeutung sind heute noch drei: Einwilligung, Handeln im Fremdinteresse und Annahme eines Berufsrechts. a) Einwilligung dessen, in dessen Körper eingegriffen wird, ist der einzige vom RG, dem sich BGHSt. 11112 wiederum anschließt, u. U. anerkannte RechtfGrund. Früher in seiner Tragweite äußerst umstritten, ist er jetzt durch § 226 a geregelt: s. dort. — Häufig freilich ist E unmöglich, z. B. wegen Bewußtlosigkeit; oder

Körperverletzung § 223 a

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unbeachtlich, z. B. wegen J u g e n d , Geistesgestörtheit. D a n n soll mutmaßliche E sie ersetzen: E 25 375, 6 1 2 5 6 , RGZiv. 151 349; eingehend ebenso Mezger, Lehrbuch 218. Indessen wird d a m i t entweder (nämlich wenn m a n es auf den vermutl. Willen des zu Operierenden abstellt) mit einem allzu u n b e s t i m m t e n u n d allzu subjektiven F a k t o r gearbeitet; oder (bei Abstellung der V e r m u t u n g auf das obj. Vernünftige) der Einwilligungsgedanke nicht weitergebildet, sondern zugunsten der unter A aufgeführten Erwägungen preisgegeben. Letzteres erfolgt offener u n d richtiger durch den Gedanken d e r : b) Wahrung des Fremdinteresses. Vgl.: F r a n k S. 139, 152; Dohna, Recht u n d I r r t u m (1925) 13. Ähnlich die Heranziehung der §§677 ff. B G B über Geschäftsf ü h r u n g ohne A u f t r a g : Zitelmann in ArchZivPraxis 1889, 111; Rosenberg in GS 62, 82; v. Hippel, S t r R I I 249. c) Ein Berufsrecht wurde f r ü h e r gelegentlich b e h a u p t e t , überwiegend aber wegen Kurierfreiheit mit Recht abgelehnt. Zeitweilig t r a t es als Rechtfertigungsg r u n d wieder mehr in den Vordergrund: Kalifelz in J W 36, 3114; L o h m a n n in D J Z 36, 1481; und, m i t Vorbehalten: RGZiv. 151 349. C. Eigenmächtige Heilbehandlung. Soweit der tragende G r u n d f ü r das R e c h t zu ärztlichen Eingriffen nicht die Einwilligung, sondern irgendwie dessen objektive Angemessenheit ist, m u ß ein entgegenstehender Wille des K r a n k e n in gewissen Grenzen a n e r k a n n t werden. Das Delikt ist dann aber nicht K V , sondern Nötigung (§ 240) oder, z. B. bei Narkotisierung gegen Willen, Freiheitsberaubung (§ 239). Sonderbestimmungen in den E n t w ü r f e n , vgl. jetzt E n t w . 1959 § 168.

Gefährliche

Körperverletzung

§ 223a Ist die Körperverletzung mittels einer Waffe, insbesondere eines Messers oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges, oder mittels eines hinterlistigen Überfalls, oder von mehreren gemeinschaftlich, oder mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung begangen, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter zwei Monaten ein. Der frühere Abs. 2 über Mißhandlung Wehrloser, eingefügt durch G v. 19. 6. 12, ist j e t z t in erweiterter Fassung 223 b. I. Waffe: jeder zur Zufügung v o n Verletzungen g e e i g n e t e Gegenstand, einschl. „Messer oder andere gefährliche Werkzeuge". (Enger in §§ 201 ff.: B G H S t . 4 25; vgl. auch S. 31 betr. Bestimmungsmensur). Gefährlich ist ein W., wenn es nach seiner Beschaffenheit u n d nach der A r t seiner Benutzung geeignet ist, erhebliche K V e n zuzufügen. E 4 397, OGHSt. 1 18, B G H M D R 52 273. Teppichklopfer, Schuh a m F u ß : D R 43 754. Gaspistole: B G H S t . 4 125. Ob Verletzung auf mechanischem oder chemischem Weg, ist gleich. So jetzt auch B G H S t . 1 1, 4 125 (gegen RG). Ebenso aber auch, ob das Werkzeug beweglich ist (anders E 24 374). Sonst wird der Zweck der Vorschrift, besonders gefährliche Fälle, d. h. solche, die die unmittelbare Gefahr schwerer Folgen begründen (§ 261 E n t w . 1930), zu erfassen, nicht einmal in dem jetzt möglichen U m f a n g erreicht (vgl. Begr. zum E n t w . 1927 S. 131).

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Körperverletzung § 223 b

II. Überlall: unversehens; hinterlistig: unter Verdeokung der wahren Absicht. Beides, um dem Angegriffenen die Möglichkeit zu nehmen, die Verteidigung vorzubereiten. E 65 65. Dazu Schleswig SchlHA 58 245. III. Yon mehreren gemeinschaftlich: Zwei Beteiligte genügen, jedoch nur, wenn sie als Mittäter handeln: BGH LM Nr. 2 (Krumme). — Vgl. E 67 369. IV. Lebensgefährdende Behandlung: Abstrakte, wenn auch nicht konkrete Lebensgefährdung genügt (E 10 1, H R R 29 Nr. 1799, J W 32 3350, BGH MDR 52 273, bestr.). — Verleitung einer Schwerkranken, gebotene ärztliche Hilfe nicht in Anspruch zu nehmen: J W 35 2735. — Nicht-Zurückrufen eines zubeißenden Hundes: Köln JMB1. N R W 52 81. — Anfahren von Fußgängern mit Kraftfahrzeug: Düsseldorf VRS 5 293. Jede erheblichere K V kann zusammen mit anderen Umständen lebensgefährdend wirken: BGHSt. 2 163. V. Zum Vorsatz gehört Kenntnis von der Gefährlichkeit des Werkzeugs: E 17 279, 26 61, auch 10 100, bzw. von der Lebensgefährlichkeit der Behandlung: BGH MDR 52 273. VI. Mildernde Umstände: § 228. VII. Idealkonkurrenz mit §§ 223 b, 227 Abs. 1 (E 59 110). §§ 224, 226 gehen dagegen vor: E 74 311. — Vgl. ferner § 340 Anm. V.

Mißhandlung von Kindern und Wehrlosen

§ 223b (1) Wer Kinder, Jugendliche oder wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit Wehrlose, die seiner Fürsorge oder Obhut unterstehen oder seinem Hausstand angehören, oder die von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder durch ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis von ihm abhängig sind, quält oder roh mißhandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, f ü r sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf J a h r e n . Schrifttum: Kriminologisch, insbes. zur Typik der Tathergänge und der Täter sowie über mangelndes amtliches Einschreiten: S c h l e y e r MoKrim 41, 65ff. I. Entstehung. § 223 b ist durch G v. 26. 5. 33 an die Stelle des früheren § 223 a Abs. 2 getreten. Vgl. dazu oben § 211 Anm. V I I I 6. II. Rechtsnatur: I n den Vorauf 1. hat Kohlrausch aus der Entstehungsgeschichte eingehend den Standpunkt begründet, daß § 223 b ein Sonderdelikt sei, f ü r das die allgemeinen Regeln der KV, insbes. die mildernden Umstände des § 228, nicht in Betracht kämen. Dem hatten sich Schönke I und Maurach Bes. T. 75 angeschlossen. Ebenso Welzel 3. Aufl. §34 I I I unter Hinweis auf die Schutzbeziehung zwischen Täter und Opfer und die verwerflichen Gesinnungsmomente. Aber eben darin zeigt sich, daß § 223 b kein neuer und anderer Unrechtstyp, sondern ein Schuldsteigerungstyp ist. Der Tatbestand des Quälens und roh Mißhandelns ist enger, nicht weiter als der des § 223. Unter diesen fällt, da Körper und Seele eins sind, bei richtiger Auslegung,

Körperverletzung 223b

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wie sie gerade Kohlrausch gegenüber E 64 119 vertreten hat, auch die seelische Mißhandlung, soweit sie strafbedürftig ist. So seit 4. Aufl. auch Welzel. Die Vernachlässigung der Sorgepflicht wäre als unechtes Unterlassungsdelikt schon nach allgemeinen Grundsätzen als KV, strafbar; § 223b steigert auch insoweit lediglich die Strafe. — Daß die Entwürfe ein Sonderdelikt schaffen wollten, ist weder aus ihrem Text noch aus den Motiven ersichtlich. § 265 E 1927 sagt vielmehr „wer an Kindern . . . grausam oder in der Absicht, sie zu quälen . . . oder durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht . . . eine Körperverletzung begeht". Das unmittelbare Vorbild des. § 223 b, § 265 E 1930, weicht hiervon nur stilistisch ab und behält die amtliche Überschrift „Körperverletzung an Kindern usw." bei. Mildernde Umstände waren nach § 74 der Entwürfe 1927 und 1930 allgemein zulässig. Auch der §223a Abs. 2, den §223b ersetzt hat, erklärte die Tat ausdrücklich für eine KV. Der kriminelle Gehalt der Bestimmungen ist aber derselbe, ein neuer Deliktstyp ist nicht entstanden (so mit Recht Braunschweig MDR 48 336 und v. Weber in Anm. dazu). Zutr. hatte deshalb das RG in J W 36 3463 und in E 70 357 die Sondernatur des § 223b in Abrede gestellt, ihn für einen Fall schwerer strafbarer Körperverletzung erklärt und in J W 39 337 diese Ansicht als „ohne Zweifel" richtig aufrechterhalten. Folgen: 1. Mit §§ 224—226 kann § 223b nicht in IdKonk. (§ 73) stehen: E 70 359, J W 39 337. 2. §228 betr. mildernde Umstände ist auch auf § 223b anwendbar: E 71 363. Ebenso BGH N J W 51 369. Mit Recht. Denn auch wenn der T B des § 223 b objektiv und subjektiv gegeben ist, kann ausnahmsweise das darin liegende Symptom besonders verwerflicher Gesinnung durch ganz besondere Umstände abgeschwächt werden. Diese Folgerung hat das 3. StÄG durch Neufassung des § 228 gezogen und damit die Streitfrage praktisch in dem hier vertretenen Sinne entschieden. Hl. Kinder bis zum vollendeten 14., Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. IV. Wehrlos: auch Schwangere. E 77 68. V. Quälen: bewußt u. ohne rechtfertigenden Grund dauernde oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder inneres Leid verursachen; also auch „ s e e l i s c h e M i ß h a n d l u n g " . Versetzen in Todesangst: BGH N J W 54 1942. Vgl. auch Hamm J Z 62 346. — „Roh": aus gefühlloser Gesinnung; ohne das natürliche Gefühl für die Leiden des Mißhandelten; Ausfluß eines gefühl- und mitleidlosen Charakters. So D R 44 331, 725; auch D J 38 1645, J W 38 1879, D R 40 26. BGHSt. 3 105: nicht roh handelt, wer nicht aus derartiger Gesinnung, sondern aus großer Erregung heraus mißhandelt. — Vgl. die Legaldefinitionen des § 1 I I Tierschutzges. (Anh. Nr. 8). — Über das Verhältnis zu „grausam": Anm. V I I I 6 zu § 211.^ VL Böswillig: aus reiner Bosheit, also aus Lust an fremdem Leid; aber auch aus Haß, Geiz, Eigennutz oder einem sonst verwerflichen Grund. Sorgsame Prüfung der Persönlichkeit und aller Lebensumstände des Täters verlangt BGHSt. 3 20. In anderen Bestimmungen (vgl. Register), kann der „böse Wille" jeweils einen besonderen Inhalt haben. Vgl. D J 36 257, E 72 118 (Klee in J W 38, 1517), 73 389 (Nagler in ZAk. 40, 99). VII. Gesundheitsschädignng: schon, wenn die gesunde Entwicklung des Kindes beeinträchtigt oder gehemmt ist: E 76 371. Der Begriff ist weiter als die „Beschädigung" des § 223.

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VIII. Besonders schwerer Fall z. B. wenn die körperliche oder geistige Entwicklung des Verletzten erheblich gestört wird, namentlich aber, wenn die Tat von besonderer Gemeinheit zeugt. Würdigung der Persönlichkeit und Beweggründe erforderlich: D J 38 378, D B 43 755. Für Geschichte und Auslegung der „bes. schw. Fälle" ist die Stelle bedeutsam, vgl. MDR 48, 311. § 228 entfällt. Schwere Körperverletzung

§224

Hat die Körperverletzung zur Folge, daß der Verletzte ein wichtiges Glied des Körpers, das Sehvermögen auf einem oder beiden Augen, das Gehör, die Sprache oder die Zeugungsfähigkeit verliert oder in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder Geisteskrankheit verfällt, so ist auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder Gefängnis nicht unter einem Jahre zu erkennen. I. Qualifizierung durch den — wenn auch nur fahrlässig — verschuldeten Erfolg: § 56. Vgl. dort zur Geschichte und Auslegung solcher Tatbestände. Falls der Erfolg beabsichtigt war, tritt § 225 ein. II. Wichtiges Glied: so daß der Verlust eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensbetätigung bedeutet. Vgl. E 3 33, 62 161, und zwar generell: E 64 201. Schönke-Schröder II 1 entscheiden richtiger nach den besonderen Verhältnissen des Verletzten; das ist namentlich f ü r den Schutz der Arbeitskraft von Bedeutung. — Verlust i. S. von Funktions-, nicht notwendig von Substanzverlust, vgl. oben § 223 I 2, III, auch unten § 303 Anm. III. Nach GoltdA Bd. 53 74 der Daumen; dagegen nicht einzelne Fingerglieder: E 6 348. Hierzu ferner GoltdA 47 168, 52 91, E 62 162, 64 202; BGH MDR 53 597 (rechter Zeigefinger w. Gl.). III. Sehvermögen: die Fähigkeit, Gegenstände zu erkennen. — Im einzelnen vgl. E 14 118, 27 80, 63 423, 72 322. IV. Zeugungsfähigkeit, d. h. die Fortpflanzungsfähigkeit. Auch Frauen sind gemeint. V. Verlust des Sehvermögens usw.: es genügt ein „chronischer" Krankheitszustand, d. h. ein solcher, der längere Zeit besteht und dessen Heilung sich zeitlich nicht bestimmen läßt. E 44 59, 72 321. VI. Entstellt: die äußere Gesamterscheinung verunstaltet; auch wenn dies bei einzelnen sichtbaren Körperteilen zu verdecken (E 14 344) oder die Gesamterscheinung nur in einzelnen Lagen (beim Stehen, Gehen, Sitzen) verunstaltet ist: E 39 419. Verlust von 4 Vorderzähnen: D J 38 427. VII. Siechtum: ein anhaltender, betr. Heilbarkeit unberechenbarer Rrankheitszustand, der das Allgemeinbefinden erheblich stört und ein Schwinden der Körperkräfte und Hinfälligkeit zur Folge hat. Auch völliger Verlust der A r b e i t s f ä h i g k e i t : E 72 345. VIII. Geisteskrankheit: Unheilbarkeit nicht erforderlich: E 44 59. IX. Versuch begrifflich ausgeschlossen, Vorbem. VII vor § 43, E 9 67, 61 179. X. MOdernde Umstände: § 228. - Vgl. ferner 340 Anm. III.

Körperverletzung §§ 226—226a

505

§ 225 War eine der yorbezeichneten Folgen beabsichtigt und eingetreten, so ist auf Zuchthaus von zwei bis zu zehn Jahren zu erkennen. I. Absicht: Beweggrund: Anm. III 1 zu § 59. Freilich E 24 369. II. Versuch ist (auch wenn man zu § 224 ihn fiir unmöglich hält) hier strafbar: E 9 67, 61 179. III. Keine mildernden Umstände nach § 228.

Körperverletzung mit tödlichem Auagang

§ 226 Ist durch die Körperverletzung der Tod des Verletzten verursacht worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren oder Gefängnis nicht unter drei Jahren zu erkennen. I. Fahrlässigkeit bezüglich des Todeserfolges nach §56 erforderlich; vgl. dort sowie Vorbem. I I C u.IV vor §1, A. VII zu §59, I zu §224. Zur Kausalfrage BGH MDR 54 150. — Ein Mittäter bei der KV ist nur dann nach § 226 strafbar, wenn die tödliche Handlung von jedem als eigene gewollt war. E 67 369. Über die jetzt entstandenen Streitfragen zur Teilnahme vgl. oben §56 Anm. IV 4; zum bisherigen Recht BGHSt. 2 223, betr. Exzeß des Täters. II. Mildernde Umstände s. in § 228. — IdKonk. mit § 340 möglich (anders bei § 224). - Gesetzeseinheit mit § 223a (§ 226 geht vor): E 26 312, 36 277, 70 359, 74 311; OGHBrZ in DRZ 49 45.

Einwilligung

§ 226 a

Wer eine Körperverletzung mit Einwilligung des Verletzten vornimmt, handelt nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt. I. Zweck. Die den Entw. 1913 u. ff. entnommene und durch G v. 26. 5. 33 eingefügte Bestimmung wollte dem S t r e i t ü b e r die Bedeutung der »Einwilligung4 (bes. bei ärztlichen Eingriffen und Sportverletzungen) ein Ende machen. Während es sicher ist, daß sie bei Tötungen belanglos ist, bei Vermögensdelikten aber die RW oder auch den TB ausschließt, war ihre Bedeutung bei Körperverletzungen stets zweifelhaft. Das RGer. hat Einw. hier grundsätzlich für unbeachtlich erklärt (E 55 188), bes. wenn sie gegen die guten Sitten verstoße (E 25 375, 38 34, 61 393, J W 28 2229 und 29 1015). E 61 256 erklärte als Rechtfertigungsgrund die m u t m a ß l i c h e Einwilligung und damit der Sache nach das Handeln zu rechtem Zweck unter Rücksicht auf den Betroffenen. Zust. Welzel § 14 V, Stratenwerth ZStW 68, 48. § 226a tut einen weiteren Schritt: es kommt nicht auf die

506

Körperverletzung § 226a

Sittengemäßheit der Einwilligung an, sondern, falls Einw. vorliegt, auf die Sittengemäßheit der Tat, d. h. d i e s e r „ K ö r p e r v e r l e t z u n g a n einem E i n w i l l i g e n d e n " . So auch E 74 93, DR 43 579. — Beispiele für den Unterschied: 1. Willigt jemand ein, ihn zu verletzen, um dadurch die Verletzung seiner Frau zu verhindern, so kann die Einwilligung billigenswert sein, die Tat bleibt aber strafbar. 2. Willigt jemand in eine Blutentnahme nur deshalb ein, weil er Geld dafür erhält, während Beweggrund des Täters ist, einem Dritten durch Bluttransfusion das Leben zu retten, so mag eine solche Einwilligung u. U. gegen die guten Sitten verstoßen, der Täter aber ist straflos. — Der ärztliche E i n g r i f f ist, soweit man ihn tatbestandsmäßig für „Körperverletzung" hält (Anm. I I I zu § 223), nach § 226 a zu beurteilen. So DR 43 579. — Auf Abtreibung bezieht sich § 226 a nicht unmittelbar, weil die Mutter über das Leben des nasciturus nicht verfügen kann. Doch ist ihm hierfür der Grundgedanke zu entnehmen, daß sich der Arzt auch bei dringendster Indikation nicht über den entgegenstehenden Willen der Mutter hinwegsetzen darf. Denn II. Rechtfertigungsgrund ist nicht die Einwilligung als solche, sondern der Umstand, daß ganze Gruppen von Eingriffen in die Körperintegrität als sozial geboten oder doch zulässig bewertet werden, eingeschränkt durch das Übergreifen des Rechtsprinzips, daß auch zu rechtem Zweck mit a n g e m e s s e n e n Mitteln, d. h. unter Rücksicht auf die Freiheitssphäre des Betroffenen gehandelt werden muß. Vgl. Syst. Vorbem. I I I 2 b und Vorbem. I I 3 vor § 51. Der sonst geltende formelle Maßstab der RW ( = TBVerwirklichung) wird hier — wie auch in §§240, 253 Abs. 2 — durch den des materiellen Rechtswertes ausgeschaltet. Hinweise auf die Zweck-Mittel-Theorie zu § 226a bei Heinitz J R 51, 333, Eb. Schmidt JZ 54, 373, neuestens bei Noll, Überges. Rechtfertigungsgründe, im bes. die Einwilligung, Basel 1955. III. Die Einwilligung rechtfertigt danach nicht aus eigener Kraft die Handlung, sondern hat nur die n e g a t i v e Bedeutung, daß ihr Fehlen der Zulässigkeit der Einwirkung entgegensteht. Deshalb kommt es nicht auf ihre Sittengemäßheit an: BGHSt. 4 88 (anders früher RG J W 28 2229, dagegen zutr. Anm. Bohne, J W 29 1015, DR 43 234). Wohl aber auf die geistige und sittliche Urteilsfähigkeit und Entscheidungsfreiheit des Einw. (E 77 20). Diese fehlt bei allgemeiner Unreife (darüber I I I 3 b vor § 51), ferner bei erheblich Angetrunkenen (BGHSt. 4 88), bei erschlichener oder erzwungener (BGH NJW 53 1070) Einw. — Ob Einw. in eine vorsätzliche G e f ä h r d u n g die daraus entstandene, nicht näher vorgestellte Verletzung einschließt, ist Tatfrage und z. B. für übliche Sportverletzungen zu bejahen (a. A. Eb. Schmidt J Z 54, 372). Wie hier BGHSt. 6 234, KG in J R 54 428. Einw. in fahrlässiges Verhalten, das zu einer tbm. KV führt, kann die Schuld ausschließen (nach den von E 57 172 für § 222 entwickelten Grundsätzen, vgl. oben § 59 IV 3 b). Rechtfertigung durch den Grundsatz des rechten Handelns zu rechtem Zweck kommt dagegen hier kaum in Betracht, so daß für § 226 a kein Raum ist, vgl. BGHSt. 6 234, Hamm JMB1. NRW 51 196; a. A. KG J R 54 428, Schönke-Schröder Anm. I. Ihrem W e s e n nach ist Einw. bewußtes inneres Annehmen (nicht nur Hinnehmen) der Einwirkung; zu ihrer W i r k u n g ist ein Handeln auf G r u n d der Einwilligung erforderlich: Willensrichtung und deren (wenn auch nur schlüssiger) Ausdruck.

Körperverletzung § 226 a

507

IV. Verstoß gegen die guten Sitten ist ein allgemeiner rechtl. Wertmaßstab, der jedoch im bgl. Recht besonders entwickelt ist. Vgl. die Rspr. zu § 826 B G B , insbes. darüber, daß der Sittenverstoß im Zweck, im Mittel oder in der Verquickung beider beruhen kann (ebenso bei §§ 240, 253 S t G B , vgl. dort), daß e i n sittenwidriger Beweggrund nicht ausreicht, wenn die Handlung selbst nicht sittenwidrig ist (ein Arzt nimmt um des überhohen Honorars willen eine Transplantation vor), daß fahrl. Handeln nur bei Gewissenlosigkeit u. dgl. sittenwidrig ist (vgl. auch oben zu I I I ) . Entscheidend ist das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, das nicht kollektiv-psychologisch, sondern als normativer Maßstab zu verstehen ist (hierzu kritisch Heinitz und Schmidt a. a. O.). I m einzelnen: 1. S p o r t k ä m p f e in anerkannten Sportarten, z. B . Boxen, verstoßen auch dann nicht gegen die guten Sitten, wenn mit ihnen erhebliche Verletzungsgefahr verbunden ist. Wohl aber die vorsätzliche oder gewissenlos leichtfertige Verletzung der Kampfregeln, und zwar unabhängig davon, ob Einw. auch insoweit vorliegt. Vgl. B G H S t . 4 92. 2. Ob S c h l ä g e r m e n s u r e n Sportkämpfe sind oder nicht: auch sie verstoßen jedenfalls nicht gegen das allgemeine Sittengesetz, das mit der Erage ihrer sozialpolitischen Angebrachtheit nicht zusammenfällt (a. A. E b . Schmidt J Z 54, 375, vgl. aber auch Härtung N J W 54, 1225, Jescheck GA 1955, 99). 3. T ä t l i c h e A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n im Rahmen des in manchen Gegenden und Kreisen üblichen; doch betont B G H S t . 4 91 hier mit Recht die eng zu ziehenden Grenzen. 4. K ö r p e r l i c h e Z ü c h t i g u n g e n zu erzieherischen Zwecken, soweit sie mit den sich hier stark wandelnden Anschauungen noch vereinbar, rechtfertigen ihren Zweck nur im Rahmen des Sittengesetzes, dann grundsätzlich aber unabhängig von der Erteilung oder Versagung der Einw. des gesetzlichen Vertreters (vgl. B G H S t . 6 263, oben § 223 Anm. I I ) . 5. S t e r i l i s a t i o n ist, soweit m e d i z i n i s c h geboten, als ärztlicher Heileingriff keine K V (oben I I I zu §223), ohne daß es insoweit auf Einw. ankäme; gegebenenfalls ist § 240 zu prüfen. Aber auch die Rechtfertigung der e u g e n i s c h e n oder der s o z i a l e n Indikation kann nicht auf den sachfremdcn und nur der personalen Rechtssphäre Rechnung tragenden § 226 a gestützt werden, mochte dies auch einmal der Gesetzgeber meinen (a. A. E b . Schmidt J Z 51, 65). Auch die Zwecktheorie trägt so schwere Entscheidungen nicht. Sie liefert zwar den richtigen Wertmaßstab, aber nicht die hier unumgänglichen rechtsstaatlichen Sicherungen, die nur durch positive Gesetze gewährleistet werden. Im Prinzip ist die e u g e n i s c h e Ster. gesetzlich weitgehend anerkannt: in den USA, Japan, Kanada, Skandinavien und der Schweiz (kantonal). Aber die Regelung reicht von freiwilliger Sterilisation mit oder ohne einschränkende Staatskontrolle über die staatliche Initiative mit Widerspruchsrecht des Sterilisanden und die fakultative Möglichkeit des Zwanges bis zur obligatori sehen Zwangssterilisation von Anstaltskranken und der kategorischen systematischen Zwangssterilisation mit Meldepflicht (vgl. Böckli, Ster. von Geisteskranken, Winterthur 1954). Obwohl das deutsche SterilisGes. v. 14. 7. 33 (26.6.35, R G B l . 35 S. 773) der letzteren, strengsten Gruppe, angehört und schwer mißbraucht worden ist, bestehen gegen den Neuaufbau eines Sterilisationsrechts bei schweren Erbkrankheiten unter dem Gesichtspunkt des S i t t e n v e r s t o ß e s keine durchschlagenden Bedenken. In Baden-Württemberg, Niedersachsen (oder

Körperverletzung § 227

508

doch Teilen davon), Hamburg gilt das G f ü r die m e d i z i n i s c h e Indikation positiv weiter (Nachweise bei Eb. Schmidt a. a. O.), woraus sich freilich f ü r die eugenische auch hier einGegenschluß ergibt. Eine Anknüpfung des richterlichen Gewohnheitsrechtes an stehengebliebene Gesetzesreste, wie sie der BGH zu § 218 vollzogen hat (BGHSt. 2 114: ErbgesG § 14 I als „Mindestvoraussetzung" der med. Indikation) ist daher hier nicht möglich. Die dringend wünschenswerte bundesgesetzliche Neuregelung (vgl. aber Müller J Z 51, 584) könnte an den bei Schmidt S. 68 mitgeteilten Stuttgarter Entwurf anknüpfen. — Daß auch eine Ster. aus s o z i a l e r Indikation nicht auf § 226 a gestützt werden kann, folgt aus den gleichen Gründen, s. o. Eine solche ist aber auch mit dem Sittengesetz nicht vereinbar. — Vgl. zu diesen Fragen Hanack, die strafr. Zulässigkeit künstl. Unfruchtbarmachungen, Marburger rechts- und staatswiss. Abh. 1959, sowie über den gegenwärtigen positiven Rechtszustand Kienzle GA 1957, 65. Beeinträchtigung der

Fortpflanzungsfähigkeit

§ 226 b. Wer in anderen als in den gesetzlich zugelassenen Fällen die Zeugungs- oder Gebärfähigkeit bei einem anderen mit dessen Einwilligung oder bei sich selbst vorsätzlich zerstört oder durch Bestrahlung oder Hormonbehandlung nachhaltig stört, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft, soweit nicht die Tat nach einer anderen Vorschrift mit schwererer Strafe bedroht ist. Aufgehoben durch K R G 11.

Raufhandel

(Schlägerei)

§ 227

(1) Ist durch eine Schlägerei oder durch einen von mehreren gemachten Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 224) verursacht worden, so ist jeder, welcher sich an der Schlägerei oder dem Angriffe beteiligt hat, schon wegen dieser Beteiligung mit Gefängnis bis zu drei Jahren zu bestrafen, falls er nicht ohne sein Verschulden hineingezogen worden ist. (2) Ist eine der vorbezeichneten Folgen mehreren Verletzungen zuzuschreiben, welche dieselbe nicht einzeln, sondern nur durch ihr Zusammentreffen verursacht haben, so ist jeder, welchem eine dieser Verletzungen zur Last fällt, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu bestrafen. I. Strafgrund. Der § 227 macht die b l o ß e B e t e i l i g u n g an einer lebensgefährlichen Schlägerei oder an einem gemeinschaftlichen Angriff — (deren Lebensgefährlichkeit durch ihren bösen Ausgang: Tod oder schwere Körperverletzung als erwiesen gilt, vgl. freilich Anm. VII) — als abstraktes Gefährdungsdelikt zum S o n d e r v e r g e h e n . Vgl. auch § 367 Ziff. 10. II. Schlägerei: tätlicher Streit zwischen mehr als zwei Personen: RG J W 38 3157. Nicht jeder braucht geschlagen zu haben: E 59 107.

Körperverletzung §§ 228, 229

509

III. Angriff: eine in feindlicher Absieht unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende Einwirkung: E 68 207, 59 107, 264. Nicht: bloße Drohung oder Demonstration. Nicht jeder braucht tätlich geworden zu sein: BGHSt. 2 160. IV. Eines Menschen: auch eines Angreifers oder am Streit Unbeteiligten. E 9 149. V. Beteiligung nicht gleich teilnehmen : jeder, der anwesend ist und in feindseliger Weise an den Tätlichkeiten Anteil nimmt (so Schönke-Schr. I I I 1, Mezger StB I I 41). Also auch der Verletzte selbst, E 32 33. Auch der Aufreizende oder Hilfe Abhaltende: RG J W 32 948 (Wegner), H R E 41 369. Nicht: der Angegriffene, der Schlichtende, der Neugierige — Auch Bet. nach Eintritt des schweren Erfolges genügt, E 72 75, da abstraktes Gef. Del. VI. Tod und schwere Körperverletzung sind bloße Bedingungen der Strafbarkeit. Ob jemandem zurechenbar, ist unerheblich. § 56 nicht anwendbar: BGH MDR 54 371. Vgl. aber § 56 Anm. IV 2. VII. Schuld an der S c h l ä g e r e i nicht vorausgesetzt; nur an der eigenen B e t e i l i g u n g . E 9 370, 11237, 72 73. - Nach E 73 341 ist „Notwehr" gegebenenfalls anzuerkennen; sie schließt hier, wie Maurach § 1 1 1 2 treffend bemerkt, schon den Tatbestand aus. VIII. IdKonk. mit §§ 211ff„ 223 ff. Vgl. E 32 33, 59 107. IX. Mildernde Umstände: § 228 (zu Abs. 2).

Mildernde

Umstände

§ 228

Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist in den Fällen des § 223 Absatz 2 und der § § 2 2 3 a und 223b Absatzl auf Gefängnis bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, in den Fällen der §§ 224 und 227 Absatz 2 auf Gefängnis nicht unter einem Monat und im Falle des § 226 auf Gefängnis nicht unter drei Monaten zu erkennen. I. Begriff: Vorbem. IV 2f vor § 13. II. Streitig war, ob § 228 auf § 223 b anwendbar. Das 3. StÄG hat die Frage f ü r Abs. 1 in dem oben zu § 223 b vertretenen Sinne entschieden.

Vergiftung

§ 229

(1) Wer vorsätzlich einem anderen, um dessen Gesundheit zu beschädigen, Gift oder andere Stoffe beibringt, welche die Gesundheit zu zerstören geeignet sind, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. (2) Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung verursacht worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren und, wenn durch die Handlung der Tod verursacht worden, auf Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder auf lebenslanges Zuchthaus zu erkennen.

510

Körperverletzung § 230

I . Wesen des § 229: E i n durch bewußte Lebensgefährdung qualifizierter Versuch der K V als S o n d e r v e r b r e c h e n , das in Abs. 2 durch den E i n t r i t t schwerer Folgen weiter qualifiziert ist. — U n t e r s c h i e d d e r „ V e r g i f t u n g " v o n d e r „ K ö r p e r v e r l e t z u n g " : 1. O b j e k t i v : a) § 229 geht insofern ü b e r § 2 2 3 , h i n a u s , als die beigebrachten Stoffe geeignet sein müssen, die Gesundheit zu „ z e r s t ö r e n " , während nach § 223 deren „ S c h ä d i g u n g " g e n ü g t ; b) § 229 bleibt insofern h i n t e r § 223 z u r ü c k , als bei solchen Stoffen die „ E i g n u n g " hierzu genügt, während der tatsächliche E i n t r i t t nicht einmal einer Schädigung (wie bei der KV) erforderlich ist. 2. S u b j e k t i v wird in § 229 m e h r erfordert als bei der K V , nämlich: a) das B e w u ß t s e i n von jener Eignung, die Gesundheit zu zerstören (§ 59); b) d i e A b s i c h t , sie zu schädigen (dol eventualis genügt deshalb insofern nicht). — V e r s u c h aus § 229 ist, d a Sonderverbrechen, s t r a f b a r (E 59 1). Anders F r a n k I V , der § 229 n u r als Erscheinungsform der K V a u f f a ß t . — Beim „ R ü c k t r i t t vom TötungsVersuch" k a n n S t r a f b a r k e i t aus §229 bestehenbleiben ( § 4 6 : „Versuch als solcher"). II. Gesundheitsbeschädigung z. B. Übelsein u n d O h n m a c h t : E 58 210; Gesundheitszerstörung, wenn wesentliche körperliche F u n k t i o n e n nicht n u r vorübergehend in erheblichem U m f a n g aufgehoben: B G H S t . 4 278. III. Gift: Stoffe, welche schon in kleineren Mengen auf andere als mechanische Weise (Glassplitter u. dgl. sind „andere Stoffe") zur Zerstörung der Gesundheit geeignet sind. Diese Eigenschaft der Stoffe ist festzustellen, d a hier kein spezieller Giftbegriff aufgestellt i s t : E 10 178. IV. F ü r die Qualifikationen des Abs. 2 gilt § 56. D a s Mißverhältnis der Strafr a h m e n bei Todesfolge zu §§ 211, 212 ist d a m i t abgeschwächt, aber nicht beseitigt. V. Konkurrenz m i t Tötungsdelikten möglich: Vorbem. II vor § 211.

Fahrlässige

Körperverletzung

§ 230

W e r durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung eines anderen verursacht wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. I . Fahrlässigkeit: vgl. A n m . I V zu § 59, aber auch B G H S t . 3 105 u n d A n m . I I zu §222. Nicht schon jedes unsachgemäße Verhalten: D R 42 1646, K ö l n N J W 52 635. — Ganz überwiegend jetzt verschuldete Kraftfahrzeugunfälle, vgl. die bei Schönke-Schröder I I , V I zit. Untersuchungen. Aus der R s p r . : B a y O b L G VkBl. 58 386 betr. Rückwärtsfahren, Oldenburg N d s R p f l . 58 97 b e t r . Voraussehbarkeit verkehrswidrigen Verhaltens älterer Landbewohner, LG Traunstein betr. Sachverständigenpflicht bei A b n a h m e v o n Bremsprüfung. II. Körperverletzung i. S. des § 223. Auch Mißhandlung: E 52 421.

11 26, GoltdA

III. Verursachung: Zu beachten der sprachliche Unterschied v o m finalen „ t ö t e n " in §§ 211 ff. (a. A. hier v. W e b e r Grdr. 2 S. 54). — Auch bei eingetretenem Tod ist Verurteilung wegen fahrlässiger K V möglich, wenn Angeklagter n u r die K V , nicht aber den Tod voraussehen k o n n t e : E 28 272 (hiermit k a u m vereinbar E 61 375, vgl. Vorbem. I I vor § 211).

Körperverletzung §§ 231, 232

511

IV. Einwilligung nach KG J R 54 428, Hamm JMB1. NRW 54 251 möglieh (bestr.). Vgl. Vorbem. I I 3b) vor § 51 und § 226a Anm. III. Buße

§231

(1) In allen Fällen der Körperverletzung kann auf Verlangen des Verletztes neben der Strafe auf eine an denselben zu erlegende Buße erkannt werden. (2) Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruches aus. (3) Für diese Buße haften die zu derselben Verurteilten als Gesamtschuldner. I. Die Buße ist n i c h t S t r a f e , sondern Entschädigung (EIS 352 und Vorbem. B vor § 13). Deshalb auch zulässig, wo die „Körperverletzung" in IdKonk. (§ 73) mit schwererer Straftat steht. E 59 120. Beim Raufhandel des § 227 gegen jeden Bet.: E 30 367. Bei ihrer Zuerkennung können bürgerlich-rechtliche Grundsätze berücksichtigt werden, sind aber nicht maßgebend (E 31 334, 44 294, 55 188). Freies richterliches Ermessen! Vgl. aber RG J W 1932 3080 (Anm. Klefisch). Auch ideelle Schäden können ersetzt werden (E 15 352). Einwilligung in die KV oder § 216 schließen die B nicht aus (E 55 188). Eine außergerichtlich gezahlte Entschädigung kann, muß aber nicht berücksichtigt werden (E 9 223). Vgl. auch § 188 Anm. I I L - G e l t e n d m a c h u n g der Buße: StPO § 406 (Privatklage), § 403 I I (Nebenklage). — Forderungsübergang nach § 1542 RVO steht der Zuerk. einer B. entgegen, vgl. Wickenhagen NJW 53, 252. Antrag

§ 232

(1) Die Verfolgung leichter vorsätzlicher sowie aller durch Fahrlässigkeit verursachter Körperverletzungen (§§ 223, 230) tritt nur auf Antrag ein, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten erachtet. (2) Ist das Vergehen gegen einen Angehörigen verübt, so ist die Zurücknahme des Antrages zulässig. (3) Die in den §§ 196 und 19S enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. I. Antrag: §§ 61 ff., dazu Kohlhaas NJW 54, 1794. II. Rücknahme: § 64 (bis zur Verkündung eines auf Strafe lautenden Urteils). III. Besonderes öffentliches Interesse über §§ 153, 376 StPO hinaus erforderlich. An keine Frist gebunden: Hamm MDR 52 245. Keine entspr. Anwendung bei Beleidigung: BGHSt. 7 256. Noch in der Revlnst. möglich: BGHSt. 6 282, Oldenburg NJW 52 989. Standpunktwechsel zulässig: Stuttgart J R 53 348 (Kohlhaas). Ermessen muß im einzelnen Fall frei sein: Köln J Z 53 55 (betr. Anweisung für Verkehrsdelikte). Gegen den Willen des Verletzten: Hamm JMB1. NRW 51196. — Kritisch Kohlhaas a. a. O. 1792. Betr. Verkehrsunfälle Mühlhaus JZ 52, 170.

512

Verbrechen wider die persönliche Freiheit §§ 234, 234 a

Retorsion

§ 233

Wenn leichte Körperverletzungen mit solchen, Beleidigungen mit leichten Körperverletzungen oder letztere mit ersteren auf der Stelle erwidert werden, so kann der Richter für beide Angeschuldigte oder für einen derselben eine der Art oder dem Maße nach mildere oder überhaupt keine Strafe eintreten lassen. I. Anwendungsbereich: §§ 223,230; nicht §§ 223 a - 2 2 6 , 340. - Zu § 223 a Hamm MDR 63 693, dazu Küster J Z 54, 519. - Vgl. § 199 Anm. I - I I I . - Zunächst ist der Gesichtspunkt der Ehrennotwehr zu prüfen: LG Heidelberg SJZ 48 209 (Anm. Engisch). — Auch gegen Strafunmündige: Dresden J W 1931 1392; a. A. KG H R R 29 1800. Achtzehnter

Abschnitt

Verbrechen und Vergehen wider die persönliche Freiheit Vorbemerkung. Bei staatsfeindlicher Absicht in den Fällen der §§ 234 a Abs. 3, 2 3 9 - 2 4 1 a Strafschärfung gem. § 94. Menschenraub

§234

Wer sich eines Menschen durch List, Drohung oder Gewalt bemächtigt, um ihn in hilfloser Lage auszusetzen oder in Sklaverei, Leibeigenschaft oder in auswärtige Kriegs- oder Schiffsdienste zu bringen, wird wegen Menschenraubes mit Zuchthaus bestraft. I. List: geflissentliches Verbergen der Absicht oder der Mittel: BGHSt. 1 201, 366 (betr. § 235) im Anschluß an E 17 90. Vgl. auch E 15 340. Das Opfer braucht nicht getäuscht zu sein: Hamburg HESt. 2 300 (bestr.). — Über Drohung und Gewalt vgl. § 52 Anm. I I , I I I . II. Sich bemächtigt, d. h. der persönlichen Freiheit beraubt u n d sie durch ein Abhängigkeitsverhältnis ersetzt (entsprechend Bruch fremden u n d Herstellung eignen Gewahrsams beim Sachraub). III. Aussetzen: vgl. § 221 Anm. II. Die A.usw. muß Beweggrund sein (bestr.). Verschleppung

§ 234 a (1) Wer einen anderen durch List, Drohung oder Gewalt in ein Gebiet außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes verbringt oder veranlaßt, sich dorthin zu begeben, oder davon abhält, von dort zurückzukehren, und dadurch der Gefahr aussetzt, aus politischen Gründen verfolgt zu werden und hierbei im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen durch Gewalt- oder Willktirmaßnahmen Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, der Freiheit beraubt oder in seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung empfindlich beeinträchtigt zu werden, wird wegen Verschleppung mit Zuchthaus bestraft.

Verbrechen wider die persönliche Freiheit § 234a

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(2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. (3) Wer eine solche Tat vorbereitet, wird mit Gefängnis bestraft. Schrifttum: M a u r a c h NJW52, 163; L a n g e , Der Rechtsstaat usw., 1952(Mohr). I. Entstehung. Vorläufer war das Berliner Ges. über die Verschleppung von Personen aus den Berliner Westsektoren vom 12. 9. 49 (VOB1. Berlin 49 I 331), durch das mit Zuchthaus bedroht wurde, wer sich eines Menschen durch List, Drohung oder Gewalt bemächtigt, um ihn gegen seinen Willen in ein Gebiet außerhalb der Westsektoren Groß-Berlina zu verschleppen oder dort festzuhalten. Dieses Gesetz bewährte sich im allgemeinen, präzisierte jedoch den eigentlichen Unrechtsgehalt nicht scharf genug und erfaßte vor allem nicht die Vorbereitungshandlungen. Bei der durchweg planmäßigen und organisierten Anlage solcher Taten bestand so nach wie vor eine empfindliche Lücke. Die Ungewißheit über das Schicksal des Verschleppten hinderte oft auch die nachdrückliche Verfolgung aus § 239 StGB, obwohl dessen materiellrechtliche Voraussetzungen im übrigen, namentlich die Rechtswidrigkeit der Freiheitsberaubung, in den einschlägigen Fällen von der Berliner Praxis mit Recht durchweg bejaht wurden. Auf diesen Erfahrungen beruht im wesentlichen die jetzige Fassung des § 234a, die in dem § 2 des Berliner Gesetzes zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 7. 6. 51 (GVB1. S. 417) der Sache nach bereits vorweggenommen ist (über dieses Ges. vgl. Denkschrift des BJM in BAnz. 1951 Nr. 122 und DRiZ 51, 162; aber auch unten Anm. I I I 1, 3, IV). II. Die Handlung. 1. Verbringen verlangt wie das „Entführen" des § 236 (dort Anm. I), daß der Täter ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis über sein Opfer erlangt hat. Es handelt sich um einen Spezialfall der Freiheitsberaubung, der Verbrechenscharakter trägt und schon in der Vorbereitung strafbar ist. Über die weiteren Voraussetzungen unten zu 4 und III. 2. Veranlaßt, sich in fremdes Gebiet zu begeben, wird das Opfer regelmäßig durch List oder Drohung. Im Gegensatz zu der im allgemeinen physisch wirkenden Beeinträchtigung der Freiheit beim „Verbringen" sind hier vor allem Fälle psychischer Beeinflussung erfaßt. In Fällen völliger Ausschaltung des eigenen Willens des Opfers durch Hypnose oder vis compulsiva kann aber auch hier Gewalt vorliegen. 3. Abhalten von der Rückkehr aus dem fremden Gebiet setzt als selbständiges Tatbestandsmerkmal voraus, daß sich das Opfer zuvor freiwillig, z. B. besuchsweise, dorthin begeben hatte. Erfahrungen mit dem früheren Berliner Gesetz haben zu dieser Ergänzung geführt. 4. List, Drohung, Gewalt, die tatbestandsmäßigen Angriffsmittel, entsprechen denen der §§ 234-236. Über List — geflissentliches Verbergen der Absicht oder der Mittel — vgl. § 234 Anm. I, über Gewalt und Drohung § 52 Anm. I I und III, § 83 Anm. III, § 249 Anm. I, II, § 253 Anm. II, I I I sowie die Legaldefinitionen des § 9 Nrn. 6, 6 a, 7 des Entw. 1930. III. Der Gefahr einer Verfolgung muß der Verschleppte infolge der Handlung ausgesetzt sein. Es handelt sich also um ein k o n k r e t e s G e f ä h r d u n g s d e l i k t . Und zwar muß drohen 33

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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Verbrechen wider die persönliche Freiheit § 234a

1. eine Verfolgung aus politischen Gründen. Diesen Begriff enthält das Berliner Gesetz mit gutem Grunde nicht; denn entscheidend ist die Auslieferung an rechtlose Willkür durch die Verschleppung. E r ist, entsprechend der Ausuferung des Politischen in der Gefahrenzone, weit auszulegen und erfaßt auch die Praxis politischer Verfolgung, die sich unter dem Deckmantel der Ahndung angeblicher krimineller Verfehlungen verbirgt. Zu denken ist hier namentlich an die Fälle behaupteter Wirtschaftsvergehen. Politischer Natur sind auch Verfahren oder Maßnahmen, deren eigentliches Ziel eine Sequestrierung, Enteignung oder Vermögensbeschlagnahme ist, wobei die Verfolgung einer politisch vielleicht gleichgültigen Person Mittel zum Zweck ist, sowie Maßnahmen zur allgemeinen Einschüchterung oder zur Geiselnahme oder aus planmäßiger Schikane. Auch Verfolgung krimineller Taten kann politische Gründe haben: BGHSt. 6 166 betr. Spionage und Sabotage. Auch die Verschleppung von Ingenieuren oder Forschern zur Zwangsarbeit gehört hierher; zutr. Schönke-Schröder I I I , 1. Bedenken bei Schwarz 7 D b. 2. Schädigung an Leib, Leben, Freiheit oder sozialer Existenz muß auf Grund der Verfolgung drohen. Vgl. f ü r Leib oder Leben § 52 Anm. I I I , Freiheit § 239 Anm. II, § 240 Anm. I. Die empfindliche Beeinträchtigung der beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung ist auf Grund von Berliner Vorschlägen gleichgestellt worden. In Fällen wie den oben zu 1 behandelten liegt erfahrungsgemäß häufig das eigentliche Ziel der Verfolgung in dieser Richtung. 3. Im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen müssen die Rechtsgüter durch die Verfolgung gefährdet sein. „Rechtsstaatlich" bedeutet zunächst eine f o r m a l e Garantie: die Bindung der staatlichen und staatlich gelenkten Organisationen und ihres Funktionierens an rechtliche Ordnungssätze, die das zur Findung der historischen Wahrheit und des auf ihr beruhenden normgemäßen Urteils erforderliche Maß von Rechtssicherheit gewährleisten. Insoweit handelt es sich vor allem um die rechtliche Abgrenzung des Bereichs von Verwaltung und Rechtspflege sowie innerhalb dieser um die Grundsätze der Gerichtsverfassung und des Verfahrens. So bestimmt Art. 97 GG die Unabhängigkeit der Richter. Auch Art. 127 der sowjetzonalen Verfassung erklärt: „Die Richter sind in ihrer Rechtsprechimg unabhängig und nur der Verfassung und dem Gesetz unterworfen." Aus dem zonalen GVG vom 2. 10. 52 §§ 17, 18 ergibt sich aber bereits das Gegenteil, vgl. im einzelnen „Die Justiz in der SBZ", Bonner Berichte 1954 S. 64ff. Eine Zusammenfassung der strafrechtlich geschützten Verfassungsgrundsätze, die den Rechtsstaat in diesem Sinne bedeuten, gibt neuerdings § 88 Abs. 2 Nr. 2 und 5 (vgl. dazu die Begründung durch den Berichterstatter des Bundestages, oben zu § 88). Über dieser am Rechtssicherheitsgedanken orientierten Herkunft des Begriffs „Rechtsstaat" darf jedoch die gegenwärtige Entwicklung zu einer m a t e r i e l l e n Fassung nicht übersehen werden. Im Grundgesetz kommt dies namentlich durch die Wendung „Gesetz und Recht" zum Ausdruck (darüber Jahrreiß N J W 50, 3ff., v. Mangoldt, Das Bonner Grundgesetz, Anm. zu Art. 20 GG). Ein Staat entspricht hiernach nicht schon dann rechtsstaatlichen Grundsätzen, wenn er ein Gesetzesstaat ist und sich alle seine Akte formal ordnungsmäßig auf positive gesetzliche Ermächtigungen gleichviel welchen Inhalts stützen. Zu diesem Ordnungsmoment hinzutreten muß vielmehr, daß die staatlichen Willenskundgebungen sachlich nicht in unerträglichem Gegensatz zur über- und vorstaatlichen R e c h t s i d e e stehen. Ihre tragenden Pfeiler sind im Bereich der in uns lebendigen Wertwelt der abendländischen Kultur Würde und Freiheit des Menschen, Gleichheit und Gerechtig-

Verbrechen wider die persönliche Freiheit § 284 a

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keit, wie es jetzt das GG ausdrücklich deklariert hat. Diese Maßstäbe treten in Bestimmungen wie dem § 136 a n. F . StPO und bei der Behandlung fremder Ersuchen um Strafvollstreckung unter dem Gesichtspunkt des ordre public besonders deutlich zutage. Demgegenüber erklärt etwa Such (NJ 51, 47/96): „Nur bewußt parteilich vom Standpunkt des Marxismus-Leninismus aus können das Wesen des Rechts und der diese Erscheinungsform des gesellschaftlichen Lebens bestimmenden K r ä f t e aufgedeckt werden. . . . Die sowjetische Wissenschaft . . . h a t die Aufgabe . . . gelöst. Sie bestimmt das Recht 'als die Gesamtheit der Verhaltensregeln (Normen), die durch die Staatsgewalt aufgestellt oder sanktioniert worden sind und den Willen der herrschenden Klasse zum Ausdruck bringen, der Verhaltensregeln, deren Anwendung durch die Zwangsgewalt des Staates zum Zwecke des Schutzes, der Festigung und der Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse und Ordnungen, die f ü r die herrschende Klasse brauchbar und vorteilhaft sind, gewährleistet wird.' (Wyschinski, Staats- und Rechtstheorie S. 113)". Der Akzentverlegung des Rechtsstaatsgedankens zur materiellen Gerechtigkeit entsprechend hat das Berliner Gesetz vom 7. 6. 51 definiert: „ I m Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen steht insbesondere ein nicht rechtsstaatlich geordnetes oder geführtes Verfahren oder die Verhängung einer unmenschlichen oder grob ungerechten oder im Gesetz nicht vorgesehenen Strafe oder Maßnahme" (§ 1 Abs. 1 S. 2). § 234a unterstreicht das materielle Moment durch ein weiteres Erfordernis: 4. Gewalt- oder Willkürmaßnahmen müssen auf Grund der Verfolgung drohen. Offenbar hat der Gesetzgeber hier an die Ergebnisse der Rechtsprechung, namentlich des OGHBrZ, zum Humanitätsdelikt angeknüpft, die sich, nach anfänglicher Abstellung auf Gesinnungsmomente, allmählich zu diesem Kriterium durchgerungen hatte. Vgl. BGHSt. 1 392, 397ff.; OGHSt. 1 50, 51, 58 und ständig sowie die Übersichten SJZ 48, 655ff. und J R 50, 615ff. nebst weiterer Lit.; zum Begriff der Willkür ferner D R Z 48, 187 ff. Bei Gewaltmaßnahmen ist mehr an die unzulässige Art der Einwirkung auf die persönliche Freiheit, bei Willkürmaßnahmen mehr an die Regellosigkeit und Launenhaftigkeit der Verhängung gedacht. Maßnahme ist weiter als Verfahren und umfaßt sowohl staatliche Einzelakte wie auch ein Vorgehen nichtstaatlicher Stellen oder Personen, die im Sinne einer Gewalt- oder Willkürherrschaft handeln. IV. Mildernde Umstände. Vgl. A I V 2f vor §13. Das Berliner Gesetz sieht hier minder schwere Fälle, in seinem Abs. 2 und 3 andererseits tatbestandlich ausgebaute Strafschärfungsgründe vor. V. Selbständige Strafschärfung bei staatsfeindlicher Absicht: § 94. Vgl. dortige Anm. I. VI. Vorbereitung. Z u m B e g r i f f v g l . V o r b e m . i l . u. V I I I vor §43. Mit ihrer Strafbarerklärung stellt das Gesetz den Schutz der Freiheit dem Umfange nach dem Schutz des Staates gleich (§ 81). Bei g e m e i n s c h a f t l i c h e r Vorbereitung nach BGHSt. 6 85 ( = J Z 54 637 m. Anm. Maurach) nicht Abs. 3, sondern nur § 49a. Damit wird die entspr. Anw. des § 4 9 a Abs. 3 , 4 ermöglicht; beachtliche Bedenken jedoch bei Schwarz 7 D. 33*

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Verbrechen wider die persönliche Freiheit § 285

VII. Der Vorsatz muß die UnVerhältnismäßigkeit der drohenden Folgen umfassen. Unter dieser Voraussetzung wird die Möglichkeit, das Unerlaubte der Tat zu erkennen, regelmäßig zu bejahen sein (vgl. § 59 Anm. I I 2). VIII. Vorhaben bei Strafe des § 138 anzeigepflichtig.

Munibruch

§ 235

(1) Wer eine minderjährige Person durch List, Drohung oder Gewalt ihren Eltern, ihrem Vormund oder ihrem Pfleger entzieht, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe erkannt werden. (3) Geschieht die Handlung in der Absicht, die Person zum Betteln oder zu gewinnsüchtigen oder unsittlichen Zwecken oder Beschäftigungen zu gebrauchen, so tritt Zuchthaus bis zu zehn Jahren ein. I. Strafgrund: das Gesetz soll das Personensorgerecht schützen (BGHSt. 1 364 mit Nachweisen); es schützt damit auch den Minderjährigen selber. Dieser ist also, wenn er dem Täter folgt, nicht wegen Teilnahme strafbar: Vorbem. IV vor §47. II. Eltern: nicht nur leibliche (denen die Sorge f ü r den Minderjährigen und das Recht zusteht, ihn zu erziehen, zu beaufsichtigen, seinen Aufenthalt zu bestimmen: § 1631 BGB), sondern auch Adoptiveltern (BGB §§ 1757/1765); Stiefeltern (a. A. LK II); auch diejenigen, denen nach § 1666 BGB Erziehung übertragen ist: E 87 1, 48 198 (freilich auch 40 91). — Täter kann auch ein Elternteil sein, solange nicht dem anderen jede Sorgepflicht entzogen ist, E 48 326, 428. Das Recht aus § 1635 a. F. BGB enthielt noch einen Rest der Sorgepflicht: E 66 254. Vgl. auch E 22 166. m . Vormund: §§ 1773ff. BGB. Pfleger: EBGB Art. 34 VII, BGB § 1909. Wegen Entziehung aus der F ü r s o r g e e r z i e h u n g vgl. § 76 Ges. f. Jugendwohlfahrt v. 9. 7. 22/28. 8. 53 (BGBl. I S. 1035). — Jugendamt als Amtsvormund (§35 JWG) nur, wenn ihm das volle Personensorgerecht zusteht: BGHSt. 1364. IV. Entziehung: Herbeiführung eines Zustandes (von gewisser Dauer, zu weitgehend DR 40 2060 betr. E. auf einige Stunden), der die Ausübimg des Erziehungsrechtes bewußt vereitelt. BGHSt. 1 200. Doch ist nach den Umständen zu entscheiden : BGHSt. 10 377 für den Fall, daß dem Erziehungsberechtigten nur ein Verkehrsrecht zustand. Auch durch Unterlassung, Hamburg HESt. 2 301 (Verschweigen des Aufenthalts). Verbringen an einen anderen Ort nicht erforderlich (anders §§ 236—239a, vgl. dort). E 24 133 (Verbringung in ein Kloster), J W 38 1388 H R R 38 994. Straflos sind: Selbstentziehung; Teilnahme des Minderjährigen selber (vgl. oben Anm. I), Teilnahme eines Dritten an der Selbstentziehung. Einwilligung des Minderjährigen jedoch unerheblich. E 18 273. — Dauerstraftat: RG DR 42 438. V. Verbrechen (BGHSt. 1 200), wenn eines der subj. Unrechtselemente des Abs. 3 vorliegt. Betr. B e t t e l n vgl. unten §361 Nr. 4, betr. G e w i n n s u c h t oben §133 Anm. X. Vgl. E 70 137; u n s i t t l i c h hier alles, was gegen Anstand und gute Sitte verstößt: J W 38 1388.

Verbrechen wider die persönliche Freiheit §§ 236, 237

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VI. Idealkonkurrenz mit §§ 169, 234 möglich; aber auch mit §§ 236, 237: BGHSt. 1 203, E 18 283; a. A. für §236 LK VIII und die dort Zit. § 239 schließt § 235 aus. Entfuhrung

urider Willen

§

236

(1) Wer eine Frau wider ihren Willen durch List, Drohung oder Gewalt entführt, um sie zur Unzucht zu bringen, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und, wenn die Entführung begangen wurde, um die Entführte zur Ehe zu bringen, mit Gefängnis bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. I. Entführen: an einen anderen Ort (nicht notwendig eine andere Ortschaft) bringen, dessen Unerreichbarkeit rechtzeitigen Schutz unmöglich macht: E 29 404, und zwar zu geschlechtlichen Zwecken: BGHSt. 1 201. Herausnehmen des Betroffenen aus seiner Umgebung derart, daß er dem ungehinderten Einfluß des Täters untersteht: Celle NdsRpfl. 47 64, J R 48 349. - Nicht notwendig Freiheitsberaubung: BGHSt. 1 202 gegen RG HRR 39 59 (nur im Falle der Gewalt, dann lex spec. gegenüber § 239, RG J W 1934 2919). - Über List, Drohung, Gewalt vgl. § 234 Anm. I. II. Unzucht mit dem Täter oder mit einem Dritten. Täter kann also auch eine Frau sein. — Zum Begriff BGHSt. 12 28: jede unzüchtige Handlung. Vgl. § 180 Anm. III. — Gleichgültig, ob vorher ein unzüchtiges Verhältnis bestand: E 16 391. III. Antragsberechtigt ist die E n t f ü h r t e als Verletzte oder ihr gesetzlicher Vertreter (§ 65). Antragsfrist beginnt erst mit Aufhören des gebrochenen Schutzverhältnisses (Großjährigkeit) oder dem Ende der Herrschaft des Entführers (Dauerverbrechen): E 43 285. Entsprechendes gilt für die Verjährungsfrist. IV. Idealkonkurrenz mit § 235 möglich: BGHSt. 1 203, E 18 283 (bestr.). Vgl. § 235 Anm. VI und oben zu I. Entführung

mit Willen

§

237

(1) Wer eine minderjährige, unverehelichte Frau mit ihrem Willen, jedoch ohne Einwilligung ihrer Eltern, ihres Vormundes oder ihres Pflegers, entführt, um sie zur Unzucht oder zur Ehe zu bringen, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. I. Entführung: Vgl. zunächst § 236 Anm. I. Es genügt, wenn die Frau dem überwiegenden Einfluß des Täters preisgegeben, der Täter der betreibende und bestimmende Teil ist, auch wenn die Frau mittätig war: E 6 292, 39 214, BGHSt. 1 202. Zu weit geht BayObLG NJW 53 1195: § 237 auch, wenn die Minderjährige sich der elterlichen Gewalt selbst entziehen wolle und dazu die Hilfe des Mannes gewinne. II. Mit Willen nur, wenn die Frau auch in den geschlechtlichen Zweck einwilligt, BGHSt. 1 201. III. Zur Unzucht: nach BayObLG NJW 53 1195 auch, wenn die Entführte dem Täter bereits zu Willen war und selbst die geschlechtlichen Beziehungen fortsetzen will. IV. Idealkonkurrenz mit § 235: BGHSt. 1 203.

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Verbrechen wider die persönliche Freiheit §§ 238, 289

§ 238 Hat der Entführer die Entführte geheiratet, so findet die Verfolgung nur statt, nachdem die Ehe für nichtig erklärt worden ist. I. § 238 bezieht sich auf § 236 und § 237; nicht auf § 235, auch nicht, wenn jene konkurrieren. E 18 285; vgl. aber oben § 235 Anm. VI. II. Verfolgung auch etwaiger Teilnehmer an der Entführung. III. Über Verjährung vgl. § 236 Anm. I I I und § 69. Freiheitsberaubung

§

239

(1) Wer vorsätzlich und widerrechtlich einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise des Gebrauches der persönlichen Freiheit beraubt, wird mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Wenn die Freiheitsentziehung über eine Woche gedauert hat, oder wenn eine schwere Körperverletzung des der Freiheit Beraubten durch die Freiheitsentziehung oder die ihm während derselben widerfahrene Behandlung verursacht worden ist, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter einem Monat ein. (3) Ist der Tod des der Freiheit Beraubten durch die Freiheitsentziehung oder die ihm während derselben widerfahrene Behandlung verursacht worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein. I. Rechtsgut ist die Freiheit, den Willen zum V e r l a s s e n des Aufenthaltsorts zu verwirklichen, E 7 259, 41 82, die F o r t b e w e g u n g s f r e i h e i t (LK I); a.A. Mezger StB I I 49, Schönke-Schröder I ( W a h l f r e i h e i t bzgl. des Ortes). II. Freiheitsberaubung: 1. E i n s p e r r u n g : Verhinderung am Verlassen eines Ortes durch ä u ß e r e V o r r i c h t u n g e n : E 7 259, 41 82. Es genügt, wenn die Entfernung nur durch außergewöhnliche Mittel möglich ist, deren Benutzung (z. B. hochliegendes Fenster, E 8 210) oder Auffindung (z. B. verborgener Türdrücker, E 27 360) nicht zuzumuten ist. F B durch U n t e r l a s s u n g , wenn der versehentlich Eingesperrte nicht befreit wird: E 24 339. Die i r r i g e Annahme, eingesperrt zu sein, reicht nicht aus. — Solange der andere nicht fortgehen will, ist er seiner Freiheit nicht beraubt: E 33 234. Natürlicher Freiheitswille wie bei Kindern, Geisteskranken genügt. Nicht: einjähriges Kind (BayObLG JZ 52 237). FB auch gegenüber sinnlos Betrunkenen oder Schlafenden, falls nach Rückkehr des Bewußtseins noch behindert. — 2. Auf andere Weise: der gleiche Erfolg (oben zu I) durch jedes beliebige Mittel, z. B. Gewalt, Hypnose (E 61 241, beiläufig); Wegnahme der Kleider eines Badenden: E 6 231; schnelles Fahren, das am Aussteigen hindert: E 25 147 ; 39 59; BGH MDR 56 144 (auch zu §§ 142, 330 c). - Trennung eines Gelähmten von seinem Pfleger (Schönke-Schröder II.). — Schon H E R 39 464 sah (Vorsatz vorausgesetzt) mittelbare FB darin, daß ein anderer bei der Behörde f ä l s c h l i c h strafbarer Handlungen verdächtigt und daraufhin verhaftet wird. Hierbei zu beachten, daß nach Abs. 2. Versuch strafbar! Ebenso BGHSt. 3 4; vgl.

Verbrechen wider die persönliche Freiheit § 239 a

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auch BGHSt. 1 391 (betr. Entführung in den Berliner Ostsektor). — Dies gilt auch für die n i c h t wahrheitswidrige Denunziation, durch die der Verdächtigte vorsätzlich freiheitsentziehenden Maßnahmen eines Staats- oder Parteiapparates ausgeliefert wird, die nicht einmal von dem Willen getragen sind, in einem rechtlich geordneten Verfahren Recht zu üben. Näheres hierzu SJZ 48, 302ff., Bamberg SJZ 50 207; OGHSt. 2 236. Grundsätzlich BGHSt. 3 110 = NJW 52 1024 (Schweiger S. 1200). Dazu näher oben § 234a Anm. III. Vgl. ferner LM Nr. 6 betr. Tod im KZ. III. Rechtswidrigkeit hier materiell zu verstehen, vgl. oben I I a. E. und unten VI a. E., insbes. zu BGHSt. 1 397, 2 234, 3 4, 122, 365. Dieser Maßstab begrenzt insbes. das Recht zu Freiheitsentzug auf Grund a m t l i c h e r Befugnisse (zu diesen vgl. RG H R R 38 1568). — Zwangsbehandlungen von Geschlechtserkrankungen: §§ 17ff. GBG 1953. - Festhaltung eines Geisteskranken: E 62 160 (und neuerdings Ländergesetze). — Elterl. Züchtigungsrecht BGH NJW 53 1440 (Festbinden einer 16 jährigen Tochter an Bett und Stuhl nach den Umständen f ü r zulässig erklärt). - Selbsthilfe: E 7 259, 41 82, GA 53 72. - Notwehr: E 8 210. IV. Schwere FB (Abs. 2) ist V e r b r e c h e n : Versuch hier strafbar. § 56 zu beachten. Die Dauer über eine Woche ist kein Tatbestandsmerkmal, sondern eine besondere Folge (wie in §§ 224, 226), der Vorsatz braucht sich daher auf sie nicht zu erstrecken: BGHSt. 10 306 (mit eing. Nachw.; sehr bestr.). V. Versuch denkbar und i. F. des Abs. 2 strafbar. E 61 179. VI. Schuld: Die irrige Annahme eines t a t s ä c h l i c h e n V e r h ä l t n i s s e s , das ein Recht zur Freiheitsentziehung gäbe, schließt den Vorsatz aus. Vgl. BGHSt. 3 364, Frankfurt HESt. 2 258. - Betr. B e w u ß t s e i n d e r Rechtswidrigkeit: BGHSt. 3 122 ff. (Maßstab des materiellen Unrechts), ebenso BGHSt. 2 234, 3 357 (365). Dazu Syst. Vorbem. III 2 und § 59 Anm. II 2. VII. IdKonk. mit Nötigung (§ 240), falls der der Freiheit Beraubte außerdem noch zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung genötigt werden sollte. Andernfalls ist § 239 lex specialis. E 31 301, 55 239, 59 291. - IdKonk. mit § 223: E 25 147, 33 339. Mit § 132: E 59 291. - § 234a geht vor. VIII. Bei staatsfeindlicher Absicht Strafschärfung gem. § 94, vgl. dort. IX. F B durch Beamte: §§ 341 und 345; dazu LM § 239 Nr. 1, § 341 Nr. 3 (betr. Selbstmord eines Häftlings). Erpresserischer Kindesraub

g 239 a

(1) Wer ein fremdes Kind entführt oder der Freiheit beraubt, um für dessen Herausgabe ein Lösegeld zu verlangen, wird mit Zuchthaus nicht unter drei Jahren bestraft. (2) Kind im Sinne dieser Vorschrift ist der Minderjährige unter achtzehn Jahren. I. Neufassung einer im Jahre 1936 neu eingeführten Bestimmung durch das 3. StÄG, um deren allzu harte Strafe und allzu weite Fassung zu mildern, vgl. BT Drucks. Nr. 3713 S. 8, 39, 62, Protokoll der 265. BT-Sitzung v. 12. 5. 1953 S. 12996 C. Wie die frühere, völlig verunglückte Fassung (darüber die 40. Aufl.), so bedarf

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Verbrechen wider die persönliche Freiheit § 239 a

auch die jetzige noch dringend einschränkender Auslegung. Schon die hohe Mindeststrafe bedingt eine Beschränkung auf die eigentlichen Fälle erpresserischen Kindesraubes (Kidnapping). Vgl. N J W 53, 1164, Nüse J R 53, 277, Dreher-Maassen, Anm 1. Die Auslegung ist zu orientieren an der vierfachen ratio legis: II. Rechtsgnt 1. Die B e w e g u n g s f r e i h e i t des Kindes (wie in § 239, vgl. dort Anm. I), 2. die M u n t (wie in §§ 235, 237), 3. die E n t s c h l u ß f r e i h e i t und 4. das V e r m ö g e n d e r S o r g e b e r e c h t i g t e n (wie in § 253, vgl. dort Anm. I). Alle diese Rechtgüter müssen verletzt oder (zu 3—4) gefährdet sein. Im einzelnen: III. Entführen, der Freiheit berauben: vgl. einerseits §236 Anm. I, § 237 Anm. I, andererseits § 239 Anm. II. IV. Um für die Herauggabe ein Lösegeld zu verlangen: Die frühere Fassung verlangte wenigstens Erpressungsabsicht. Der Zweck der Gesetzesänderung von 1953 (s. o. zu I) würde in sein Gegenteil verkehrt, wollte man die Neufassung, deren Wortlaut unscharf ist, weiter aualegen. Daraus folgt: 1. Der als Lösegeld erstrebte Vermögensvorteil muß i. S. von § 253 (dort Anm. VI, VIII) r e c h t s w i d r i g sein und in diesem Bewußtsein erstrebt werden (etwas anders Dreher-Maassen Anm. 2: rechtswidrig, wenn der Fordernde keinen Anspruch hat). A. A. Schönke-Schröder IV, 1, denen jedoch insoweit zuzustimmen ist, als jeder Vermögenswerte Vorteil, z. B. auch ein Anspruchsverzicht, genügt. — 2. Lösegeld zu verlangen muß der Täter unter — mindestens stillschweigenden — D r o h u n g e n beabsichtigen, die ü b e r d i e d e r b l o ß e n V o r e n t h a l t u n g , Verheimlichung des Aufenthaltsortes usw. h i n a u s g e h e n . Vgl. schon die 40. Aufl.; zustimmend Schönke-Schröder IV, 2. Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte, vgl. oben Anm. I, I I , IV, 1; anderenfalls wäre auch das Verhältnis zu den §§235 ff. und den dortigen Strafrahmen nicht zu erklären. V. Fremd ist ein Kind, wenn es nicht leibliches Kind ist oder diesem durch Adoption gleichsteht. Leibliche, auch uneheliche Eltern, auch Adoptiveltern können die Tat nicht, auch nicht gegeneinander begehen; hier greifen gegebenenfalls die §§ 235 (vgl. E 48 428) und 239 ein. Wohl aber andere Verwandte, ferner Vormünder, Pflegeeltern usw.; vgl. jedoch insoweit unten Anm. VII l b . VI. Die Rechts Widrigkeit ist zunächst nach Familienrecht zu bestimmen, vgl. oben Anm. V betr. „Fremdheit" des Kindes. — Einwilligung des noch nicht 18jährigen wird hier von Gesetzes wegen f ü r imbeachtlich erklärt: einmal, weil hier stets mangelnde Reife und Freiheit angenommen wird, zum anderen, weil das Kind über Munt, Entschließungsfreiheit und Vermögen der Sorgeberechtigten nicht verfügen kann. VII. Schuld. 1. Zum Vorsatz gehört das Bewußtsein, daß a) das Kind f r e m d im obigen Sinne ist (Parallelwertung in der Laiensphäre!), b) der Vermögensvorteil z u U n r e c h t verlangt wird (oben IV, 1). Daran wird es z. B. oft fehlen, wenn Pflegeeltern unter Geltendmachung von wirklichen oder vermeintlichen Forderungen um den Besitz des Kindes kämpfen; c) daß das Verlangen als D r o h u n g (oben IV, 2) verstanden werden kann und soll. 2) Die Absicht („um . . . zu"), ein Lösegeld zu verlangen, ist sowohl subjektives Tatbestandsmerkmal (überschießende Innentendenz der Handlung) wie Schuldbestandteil. Die Lösegeldforderung muß Motiv des Handelns sein. v m . Als Spezialgesetz geht § 239a den §§ 235, 239 vor. IX. Bei staatsfeindlicher Absicht Strafschärfung gem. § 94, vgl. dort.

Verbrechen wider die persönliche Freiheit § 240 Nötigung

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§ 240

(1) Wer einen anderen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird wegen Nötigung mit Gefängnis oder mit Geldstrafe, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft. (2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. (3) Der Versuch ist strafbar. I. Das Wesen der Nötigung besteht in einer Beeinträchtigung der W i l l e n s e n t s e h l i e ß u n g oder der W i l l e n s b e t ä t i g u n g . Vgl. E 48 346. Neufassung durch VO v. 29. 5. 43, Strafmilderung durch das 3. StÄG, das ferner den Maßstab des Abs. 2 richtigstellte. Dieser entscheidet eine alte Auslegungsfrage (vgl. schon Frank § 253 Anm. I I 2). Daß das Anstößige der strafbaren Nötigung in der I n a d ä q u a n z zwischen Mittel und Zweck hegt, in der Verwendung d i e s e s Mittels zu d i e s e m Zweck (möge auch das Mittel an sich oder der Zweck an sich nicht verwerflich sein), läßt sich „juristisch", d. h. durch Hinweis auf ein kodifiziertes Recht oder Unrecht, nicht ausdrücken; dies würde in einen unfruchtbaren Kreisschluß führen (wie sich auch bei § 253 gezeigt hat, vgl. auch dazu Frank a. a. O. sowie jetzt BGHZ JZ 58 568 [abl. Anm. Zweigert]). Die letzten Entwürfe vor 1933 hatten die „Verwerflichkeit" in die Legaldefinition der D r o h u n g einbezogen (Entw. 1930 § 9 Nr. 6 a : Drohung eine gegen die guten Sitten verstoßende Ankündigung eines Übels) und damit ein normatives TB Merkmal geschaffen. Dies wird auch für die jetzige Reform zu erwägen sein, zumal „verwerflich" leicht mit einem Schuldmoment verwechselt werden kann (vgl. in diesem Sinne z. B. § 3 WiStG 1954: „aus verwerflichem Eigennutz", § 69 Entw. 1930: „verwerfliche Gesinnung", dazu N J W 53, 1164). Gemeint ist aber ein objektives Unwerturteil (Dreher J Z 53, 428), ein gesteigerter Verstoß gegen die guten Sitten (Nüse J R 53, 277). Daß G e w a l t in aller Regel sozial inadäquat ist, brauchte nicht erst gesagt zu werden. Die jetzige Fassung füllt ferner Lücken aus. Beispiele bieten die Fälle, in denen unsittliche, aber nicht notwendig formell rechtswidrige Zumutungen mit der Androhung persönlicher Nachteile verbunden werden: „Wenn du dich mir nicht hingibst, werde ich dich entlassen"; oder: „werde ich die andere Bewerberin einstellen"; oder: „werde ich anzeigen, daß du eine Unterschlagung begangen hast". In den genannten Fällen ist zwar die Ausführung der Drohung, also die Zufügung des empfindlichen Übels, nicht rechtswidrig; es ist aber rechtswidrig (und dies will Abs. 2 sicherstellen), wenn zu den angegebenen Zwecken mit der Übelszufügung gedroht wird. Strafe dürften auch diejenigen Fälle verdienen, in denen beide Teile gleich stark belastet sind, wie etwa die Drohung: „Wenn du mich anzeigst, zeige ich dich auch an." Umgekehrt können nach der Neufassimg Fälle straflos gelassen werden, in denen es nicht als rechtswidrig angesehen werden kann, wenn das formell rechtswidrige Übel zwecks Verhinderung unerfreulicher Handlungen oder Unterlassungen angedroht wird, wie etwa die Androhung einer Tracht Prügel oder anderer Übel, um jemand am Selbstmord oder

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Verbrechen wider die persönliche Freiheit § 240

an der Begehung einer Straftat zu hindern, oder um ungezogene Jungen zur Ordnung zu bringen. Solches sozialadäquates Verhalten bleibt nach der n. F. straflos. IL Rechtswidrigkeit in diesem materiellen Sinne ist deshalb das eigentliche Problem dieses Tatbestandes, weil es unzählige Fälle empfindlicher Nötigungen gibt, die durchaus rechtmäßig sind. Die äußere Tathandlung ist erst dann „Unrecht", wenn sie die üblichen Grenzen der Einwirkung auf fremde Entschließungsoder Handlungsfreiheit in anstößiger Weise überschreitet. Ob das der Fall ist, hängt nicht ausschließlich von derUnerlaubtheit des M i t t e l s ab, ohne Rücksicht auf den u. U. berechtigten Zweck. Entscheidend ist, ob die Verquickung d i e s e s Mittels mit d i e s e m Zweck, die B e z i e h u n g , in die beide gesetzt werden, als unsittlich empfunden wird. In diesem Sinne interpretiert Abs. 2 das „rechtswidrig" des Abs. 1, fügt aber nichts Neues hinzu (a. A. Vianden-Grüter GA 1954, 359). Der Hauptfall ist allerdings der des verwerflichen M i t t e l s : Der Gläubiger droht dem Schuldner, ihn zum Krüppel zu schlagen, falls er nicht endlich die fällige Schuld bezahle. Das ist strafbar, denn der Zweck heiligt nicht die Mittel. Zum Recht durch Unrecht gehen — das darf nicht sein. Umgekehrt können Fälle wegen der Verwerflichkeit des von dem Drohenden verfolgten Z w e c k e s strafwürdig sein. Beispiel: Durch die Drohung, andernfalls aufgedeckte Unterschlagungen anzuzeigen, nötigt eine Geschäftsinhaberin die Kassiererin, mit ihr widernatürliche Unzucht zu treiben. Weitere Beispiele in BGHSt. 5 258, Hamburg HESt. 2 293, (Drohung mit polit. Anzeige wegen persönlicher Vorteile), München NJW 50 714 (Veröff. privater Dinge angedroht). Selbst wenn aber weder die Handlung noch der angestrebte Zweck an sich verwerflich sind, kann die V e r q u i c k u n g beider, wenn sie ohne „innere Beziehung" (BGHSt. 6 258) miteinander sind, verwerflich sein. Oder das Mittel kann u n v e r h ä l t n i s m ä ß i g scharf sein. So wenn der Vermieter den Mieter, der nicht zahlte, mitten im Winter durch Ausheben der Fenster und Türen zum Auszuge nötigt. Drohung mit — an sich begründeter — Strafanzeige bei w i l l k ü r l i c h e r V e r k n ü p f u n g mit ganz anderem Lebensvorgang: BGHSt. 6 258; nicht bei Zusammenhang, insbesondere bei Restitutionszweck, es sei denn, daß dieser im M i ß v e r h ä l t n i s zum Gewicht der Drohung steht (S. 260 f. betr. geringen Restbetrag einer Forderung oder Drohung mit öffentlicher Bloßstellung). Nötigung auch bei Befehlsverhältnis möglich: BGHSt. 1 84, mit klarem Unterschied von Mittel, Zweck und ihrem Verhältnis. Nach BGH AnwBl. 55 69 Nöt., wenn ein RA den gegnerischen Anwalt durch die Androhung einer Strafanzeige gegen dessen Mandanten zu einem Rechtsmittelverzicht veranlaßt (hier wird es darauf ankommen, ob die fragliche Straftat mit dem Prozeß etwas zu tun hatte). — Betr. S t r e i k a u s s c h r e i t u n g e n BayObLG J R 56 25 (dazu Heinitz ebendort S. 3 ff.). Besondere R e c h t f e r t i g u n g s g r ü n d e können nach allgemeiner Regel die an sich tatbestandsmäßige Gewaltanwendung oder Drohung gestatten. Z. B. Selbsthilfe (E 32 391: „steh, oder ich schieße!"); Notwehr (Rspr. 4 379, 7 402); Abwehr verbotener Eigenmacht; Wahrnehmung berechtigter Interessen (Rspr. 3 500). — Nach BGHZ JZ 58 568 gehört zur Widerrechtlichkeit der Drohung i. S. d. § 123 BGB, daß der Drohende die Tatsachen kennt oder kennen muß, die seiner Drohung den sittlich anstößigen Charakter geben. Dagegen zutr. Anm. von Zweigert. m . Gewalt: Vgl. § 52 Anm. II, § 249 Anm. I, § 253 Anm. II. Jede Handlung, die von dem anderen als ein nicht nur seelischer, sondern körperlicher Zwang empfunden wird (E 60 157: Schreckschüsse). Demgemäß auch eine gegen S a c h e n

Verbrechen wider die persönliche Freiheit § 240

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verübte Gewalt (E Gl 156: Ausräumung eines gemieteten Zimmers durch den Vermieter, um den Mieter zur Aufgabe des Mietbesitzes zu nötigen). Noch weiter geht D J 38 1051. Enger aber B a y O b L G N J W 59 495. - Versperren eines Weges durch Dazwischentreten: H R R 42 193. Zufahren auf eine im Wege stehende Person: B G H MDR 55 145. — Heileingriffe, wenn sich der Arzt über den Willen des Patienten hinwegsetzt: oben § 223 Anm. I I I C, Schönke-Schröder I I I 4, Mezger StB I I § 17 I I I 2. Vgl. Eb. Schmidt, Arzt, S. 112, Engisch ZStW 58, 3. - Hypnose, da auch hier körperliche Einwirkung. IV. Drohung mit einem empfindlichen Übel. 1. Drohung: vgl. oben § 52 Anm. I I I , unten §249 Anm. I I , §253 Anm. I I I . Gerade hier wirkt sich der Übergang zum materiellen Maßstab der Rechtswidrigkeit aus, vgl. oben Anm. I, I I , insbes. zu BGHSt. 5 258 sowie Hamburg H E S t . 2 293 (Drohung mit polit. Anz.). 2. Empfindlich ist ein Übel, wenn seine Vorstellung auf die Entschlüsse des Bedrohten einzuwirken geeignet ist. Das hängt von den Umständen, insbesondere seiner Person ab. F ü r einen Sammler von Streichholzschachteln kann die Drohung, diese zu vernichten, ein empfindliches Übel darstellen, auch wenn die Sammlung objektiv wertlos ist. Objektiv dagegen Schönke-Schröder I I I 2: es müsse eine erhebliche Einbuße an Werten zu besorgen und der drohende Verlust geeignet sein, einen besonnenen Menschen zu dem mit der Drohung erstrebten Verhalten zu bestimmen. Vermittelnd Maurach § 14 I I A 16. Androhung öffentlicher Bekanntgabe: München N J W 50 714. Auch mit der Straftat eineB Dritten kann gedroht werden, wenn der Drohende es so hinstellt, als wenn sie auf seine Veranlassung geschehen oder unterbleiben würde: E 27 307, 34 15, BayObLGSt. 1 175. V. Der Vorsatz m u ß die Umstände umfassen, die das Verhalten „verwerflich" machen. Irrige Annahme von Umständen, die zur Drohung mit Strafanzeige berechtigen würden, ist Tatbestandsirrtum, BGH N J W 54 480 = LM Nr. 3; dazu Vianden-Griiter GA 1954, 359. Das widerspricht nicht BGHSt. 2 194, die die W e r t u n g der dem Täter bekannten Tatumstände betrifft. Diese Grundsatzentscheidung geht S. 196 zutr. von der „nach richtigem allgemeinem Urteil s i t t l i c h z u m i ß b i l l i g e n d e n " Verquickung von Mittel und Zweck (oben II) als Gegenstand des Irrtums über die R W aus, setzt diesen dann aber schon S. 197 mit dem I r r t u m über das V e r b o t e n s e i n (Verbotsirrtum) gleich. Damit gerät die grundlegende Unterscheidung zwischen dem, was schon vor dem formellen Verbot (materiell) Unrecht ist, und dem, was erst durch ein Verbot zu (formellem) Unrecht gemacht wird, außer Sicht. Vgl. dazu Syst. Vorbem. IV 4b), §59 Anm. V 3d), e). VI. Besonders schwere Fälle. Vgl. Syst. Vorbem. I I C und § 1 Anm. V. — Bei staatsfeindlicher Absicht: § 94. VII. Versuch ist denkbar durch Bedrohung mittels einer nach Ansicht des Drohenden zur Beeinflussung des Willens des Bedrohten geeigneten Drohung: E 34 15. Bei scheinbarem Eingehen auf die Nötigung: B G H MDR 53 722. VIII. Idealkonkurrenz mit § 223 (E 33 339); mit § 123 (E 54 288). Die Straftaten des 18. Abschn. sowie der §§ 113, 114, 253 (E 41 276) sind gegenüber § 240 i. allg. Sonderdelikte, nicht jedoch, wenn ein besonders schwerer Fall der Nötigung vorliegt. Vgl. ferner § 239 Anm. VII, aber auch BayObLG 1 525: Einsperrung eines

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Verbrechen wider die persönliche Freiheit §§ 241, 241a

einjährigen Kindes keine F B , u. U. aber Nötigung der Mutter. Vgl. weiter § 176 Anm. VII, §241 Anm. I I I . Durch die VO v. 29. 5. 43 wurde der § 339 gestrichen, da die Nötigung durch Beamte als „besonders schwerer Fall" des § 240 behandelt werden könne. Letzteres ist richtig, soweit es sich um „Androhung eines bestimmten Mißbrauchs der Amtsgewalt" handelt. Für den „Mißbrauch der Amtsgewalt" selber ist aber § 240 kein Ersatz. Auch ist die Neuregelung systematisch verfehlt, solange die Amtsreinheit als selbst. Rechtsgut anerkannt wird. g

Bedrohung

241

Wer einen anderen mit der Begehung eines Verbrechens bedroht, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. I. Geschütztes Rechtsgut ist der Rechtsfriede im subj. Sinne: das Gefühl des einzelnen, vor schweren Bedrohungen sicher zu sein; abw. Mezger S t B II S. 51: Freiheitsgefährdungsdelikt. II. Die Drohung (vgl. § 52 Anm. III) muß mit dem Willen des Drohenden zur Kenntnis des Bedrohten kommen und der Drohende das Bewußtsein haben, es könne bei dem Bedrohten die Befürchtimg vor dem angedrohten Übel erregt werden: E 32 102. Wer das Verbrechen begehen soll, ist gleichgültig: E 6 214. III. Konkurrenz: Bildet Bedrohung im Sinne des §241 das Mittel zur Nötigung, so schließt § 240 den § 241 aus: E 54 288. IV. Bei staatsfeindlicher Absicht § 94. Politische

Verdächtigung §

241a

(1) Wer einen anderen durch eine Anzeige oder eine Verdächtigung der Gefahr aussetzt, aus politischen Gründen verfolgt zu werden und hierbei im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen durch Gewalt- oder Willkürmaßnahmen Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, der Freiheit beraubt oder in seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung empfindlich beeinträchtigt zu werden, wird wegen politischer Verdächtigung mit Gefängnis bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer eine Mitteilung über einen anderen macht oder übermittelt und ihn dadurch der in Absatz 1 bezeichneten Gefahr einer politischen Verfolgung aussetzt. (8) Der Versuch ist strafbar. (4) Wird in der Anzeige, Verdächtigung oder Mitteilung gegen den anderen eine unwahre Behauptung aufgestellt, oder ist die Tat in der Absicht begangen, eine der in Absatz 1 bezeichneten Folgen herbeizuführen, oder liegt sonst ein besonders schwerer Fall vor, so kann auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren erkannt werden. I. Entstehung und Zweck. Der politische Denunziant konnte unter den jetzt in § 241 a formulierten Voraussetzungen schon bisher als A n s t i f t e r oder m i t t e l -

Verbrechen wider die persönliche Freiheit § 241a

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b a r e r T ä t e r d e r F r e i h e i t s b e r a u b u n g o d e r T ö t u n g erfaßt werden, wenn diese Folge und ein entsprechender Vorsatz nachzuweisen war. Bei der Ungewißheit über das Schicksal des Denunzierten waren aber einwandfreie Feststellungen in dieser Richtung oft nicht möglich; auch über §49a StGB konnten nicht alle strafbedürftigen Fälle erfaßt werden. Soweit die geforderten Voraussetzungen gegeben waren, handelte es sich bei der früheren Praxis nicht etwa um einen „Mißbrauch der mittelbaren Täterschaft zu politischenZwecken", sondern umgekehrt um die Zurückführung eines politischen Mißbrauchs positivrechtlicher Vorschriften auf seinen materiellen Unrechtsgehalt, gleichviel unter welchen politischenVorzeichen der materiell rechtswidrige Angriff auf Leib, Leben oder Freiheit erfolgt war. Vgl. dazu näher NJW 49, 697 und SJZ 48, 302 ff. Die vor dem Inkrafttreten des Berliner Freiheitsschutzgesetzes liegenden Fälle hat die dortige Praxis ständig mit §§ 239, 48 erfaßt. Für die früheren Fälle vgl. BGHSt. 1 392; ferner vor allem Bamberg SJZ 50 207 mit Anm. ( = DRZ 50 302 m. abl. Anm. Welzel = NJW 50 35 m. Anm. v. Weber). Wenn auch nicht in allen Einzelheiten der Begründung, so ist doch im Grundsatz und im Ergebnis dieser Entscheidung zuzustimmen. Die Gegenmeinung, die Unrecht und Schuld des Denunzianten und der Mitwirkenden an dem von ihm in Gang gesetzten Verfahren gleichstellt, verkennt, daß das Handeln jenes seinem sozialen Sinne nach typischerweise nichts weiter als eine intentionale Schädigung des willkürlich und unmenschlich Verfolgten an Freiheit oder Leben ist — oft aus Rachsucht oder Habgier —, während das Handeln der Strafverfolgungsorgane im Rahmen ihrer Vorschriften als solches den allgemeinen, über den Einzelfall hinausführenden Sinn der Aufrechterhaltung einer wenn auch noch so schlechten Ordnung hat, einer Ordnung, die sie zu vertreten haben. In ihrer Person entsteht ein Konflikt, der dem von keiner Amtspflicht zum Handeln genötigten Denunzianten völlig fern bleibt. Anders liegt es erst im Fall bewußter Rechtsbeugung, die auch bei der Strafzumessung geschehen kann, oder dann, wenn das anzuwendende „Gesetz" selbst schlechthin und offensichtlich bare Willkür, erst recht wenn der Staat, der es setzte, evident ein Nicht-Staat im Rechtssinne und alle seine „rechtlichen" Emanationen unheilbar nichtig sind. Das Problem liegt ähnlich wie beim Handeln auf rechtswidrigen, aber verbindlichen Befehl; vgl. über diese Parallele Vorbem. I B 2h) vor § 47 und die dort Zitierten. § 241 a bestätigt jetzt diese Auffassung. Er trifft nur den Denunzianten, aber nicht diejenigen, die auf Grund ihrer staatlichen Funktionen Gewalt- oder Willkürmaßnahmen verhängen. Auch § 5 des sowjetzonalen Gesetzes „zum Schutze des Friedens" vom 15. 12. 50 bedroht nur diejenigen, die „Teilnehmer am Kampf f ü r den Frieden wegen ihrer Tätigkeit verfolgen lassen" und wird nicht gegen die verfolgenden Justizorgane selbst angewendet. Einige Besonderheiten des Berliner Ges. zum Schutze der persönl. Freiheit v. 4. 6. 51, dessen §§ 1, 2 an Stelle der §§ 234a, 241a gelten, vgl. oben bei § 234a. II. Die Handlung des Abs. 1 besteht in einer Anzeige oder Verdächtigung (vgl. die Anm. zu § 164a. und n. F.). Auf bestimmte Adressaten ist die tatbestandsmäßige Verdächtigung im Gegensatz zu § 164 nicht beschränkt. Wegen der Modalitäten der Handlung vgl. § 234a Anm. III. III. Zum Vorsatz gilt das § 234 a Anm. VII Gesagte. IV. Mitteilungen über einen anderen fallen unter den gleichen Voraussetzungen wie nach Abs. 1 unter die Strafandrohung des Abs. 2. Die Bestimmung richtet sich

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Diebstahl und Unterschlagung. Vorbemerkungen

gegen das Spitzel- und Agentenunwesen. Auch hier liegen wesentlich Berliner Erfahrungen zugrunde. Aus ihnen war in Berlin bereits der erheblich weitergehende Entwurf eines Sondergesetzes gegen das Spitzelunwesen entstanden, der dann aber aus rechtsstaatlichen Erwägungen abgelehnt wurde. — Bloße Bestätigung polizeilicher Fragen nach einer politisch belastenden Tatsache ist nicht Mitt. i. S. dieser Stelle, die bewußte Ausnutzung der Machtverhältnisse in der SBZ voraussetzt: BGHSt. 1191. V. Der Versuch wird in Abs. 3 ausdrücklich f ü r strafbar erklärt — ein gesetzliches Argument gegen die von Gerland und der in E 60 115 wiedergegebenen Judikatur vertretene abstrahierende Ansicht, wonach die schlechthin höchste Strafmöglichkeit (Abs. 4) über den Charakter eines Tatbestandes als Verbrechen oder Vergehen entscheide. VI. Besonders schwerer Fall. Darüber, daß die Tat hierdurch nicht zum Verbrechen wird, vgl. § 1 Anm. V und Lit. vor § 1. Auch die tatbestandsähnliche Ausgestaltung der „benannten" Fälle ändert daran nichts, da Beispiele der allgemeinen Regel folgen. Vgl. ferner oben § 89 Anm. VIII, aber auch § 129 Anm. I I I 3. VII. Selbständige Strafschärfung bei staatsfeindlicher Absicht: § 94. Vgl. dortige Anm. I.

Neunzehnter Abschnitt

Diebstahl und Unterschlagung Vorbemerkungen I. System: D i e b s t a h l (§ 242), U n t e r s c h l a g u n g (246), f u r t u m u s u s (§§ 248b, 290), S t r o m e n t z i e h u n g (§ 248c), R a u b (§ 249) und S a c h b e s c h ä d i g u n g (§ 303) sind Straftaten gegen fremdes Eigentum; Diebstahl, furt. us., Raub außerdem gegen fremden Besitz. E 54 282, Hamburg MDR 47 35 (bestr.: Binding Lb. 1, 294: nur Eigentum; L.-Schm. 620: nur Besitz). Vgl. aber BGHSt. 10 400 betr. untergeordneten Mitgewahrsam (unten § 247 Anm. II). Nach Schönke-Schröder § 242 Anm. I ist der Gewahrsam kein selbständiges Schutzobjekt, sondern nur ein Merkmal, das zur Kennzeichnung der besonderen Intensität der Eigentumsverletzung dient. Aber das Strafrecht schützt hier wie stets nicht nur den materiellen Rechtswert (hier: des Eigentums), sondern auch die (hier im Gewahrsam verkörperte) Rechtsordnung. — B e r e i c h e r u n g braucht weder beabsichtigt noch erreicht zu sein (anders bei Betrug und Erpressung). So auch das engl, und franz. Recht. Die deutschen Entwürfe bis 1933 sowie Schweiz Art. 137 fordern Bereicherungsabsicht. — Zur Systematik vgl. Kohlrausch in Festschr. für Schlegelberger 203ff., Schröder ZStW 60, 33, Meister MDR 47, 251. II. Verwandte Tatbestände: Besitzdiebstahl (§ 289); Wild-und Fischdiebstahl (§§292 bis 296a); Mundraub und Verbrauchsmitteldiebstahl (§370 Nr. 5); Viehfutterdiebstahl (§ 370 Nr. 6); Depotunterschlagung (RGes. v. 4.2.37, § 3, Anh. Nr. 9); Metalldiebstahl (RGes. v. 23. 7. 26/28. 6. 29 u. RGes. v. 29.6.26)*); letzteres •) 1. Oesetz Ober den Verkehr mit Edelmetallen, Edelsteinen und Perlen in der Fassung v. 29.a. 26. g 4. Wer einen Diebstahl an einem Gegenstand aus Edelmetall (nach § 1: Gold, Silber, Platin und Platlnmetalle) begeht, der zum öffentlichen Nutzen dient oder öffentlich aufgestellt ist, wird wegen schweren Diebstahls (§ 243 StGB) bestraft.

Diebstahl und Unterschlagung § 242

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nicht ohne weiteres bei Aneignung von Altmaterial aus Ruinen: LG Hamburg MDR 49 766. III. Der Landesgesetzgebung überlassen (EStGB § 2) ist der Feld- und Forstdiebstahl; für Preußen Ges. v. 15. 4. 78 (abgeänd. 14. 12. 20 und 1. 7. 23) und betr. Entwendung von Bodenerzeugnissen F . u. FPolG«s. v. 21. 1. 26. 1. Diebstahl: a) einfacher Diebstahl

§242

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, dieselbe sich rechtswidrig zuzueignen, wird wegen Diebstahls mit Gefängnis bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. I. Der Gegenstand des Diebstahls (über die geschützten Rechtsgüter vgl. Yorbem. I ) : 1. Sache (entsprechend BGB § 90, der freilich für StrR nicht bindend, dazu Lobe, Frank-Festg. I 39ff.): k ö r p e r l i c h e r G e g e n s t a n d ; E 32 165; nicht Energien; wegen elektrischer Energie vgl. § 248c. — A g g r e g a t z u s t a n d gleichgültig; also auch Wasser, Luft, Gas, Dampf: E 14 121, 44 335 (Ableitung von Heizdampf, falls der Dampf dabei verbraucht werden soll). — Ob G e l d w e r t , ist gleichgültig, da Diebstahl nicht Straftat gegen Vermögen, sondern gegen Gewahrsam und Eigentum: E 44 207, 5197, D R 43 513. — Die zur Bestattung bestimmte Leiche ist Rückstand der Persönlichkeit, nicht Sache: RGZ 100 172, LK B I 3 vor § 242, Eb. Schmidt b. Ponsold, Lb. ger. Med., Maurach § 26 A 2. A. A. Mezger StB I I § 44, Schönke-Schröder § 242 IV 3c. Unentschieden E 64 313. 2. Beweglich: im natürlichen Sinn; also z.B. auch Zubehör von Grundstücken (E 18 128) und Bodenerzeugnisse, soweit nicht die Feld- und Forstpolizeigesetze Sonderregeln enthalten (E 35 67). Es genügt, daß die Sachen durch die Trennung beweglich werden, z. B. Abmähen von Korn. — Straftaten gegen G r u n d s t ü c k e vgl. §§ 274 Nr. 2, 370 Nr. 1 und 2. 3. Fremd: in fremdem Eigentum stehend. Maßgebend sind die Vorschriften des bürgerlichen Rechts; ein „strafrechtliches Eigentum" gibt es nicht (E 21 270 und 364, 61 65, betr. Sicherungsübereignung, Köln N J W 52 758 betr. Steuerstrafr.). — N i c h t in fremdem Eigentum stehen Sachen: a) die in n i e m a n d e s E i g e n t u m s t e h e n k ö n n e n , z. B. der menschliche Körper (wegen Ausnahmen in Anatomie, Museum u. dgl. und wegen Körperteilen vgl. bürgerliches Recht; wegen abgelöster Goldplomben LG Köln MDR 48 365, Gera HESt. 2 296, dazu Brunner N J W 53, 1173, Dotterweich J R 53, 174. Richtigerweise Eigentumserwerb der Erben kraft ererbten Anwartschaftsreehts anzunehmen); b)die in n i e m a n d e s E i g e n t u m s t e h e n , d. h. herrenlose; z. B. Tiere gemäß B G B §§ 960ff. (E 48 384); derelinquierte Sachen (E 48 121; Speisereste im Mülleimer). Verlassenes Wehrmachtsgerät regelmäßig gewahrsamlos, aber nicht herrenlos: BGH N J W 53 1271; LM Nr. 9. Ebenso 2. Gesetz fiber den Verkehr mit anedlen Metallen v. 23. 7. 26 (28. 6. 2»; dazu Goltz N J W 54, 174): 8 IT. Wer einen Diebstahl an einem Gegenstand aus unedlem Metall begeht, der zum öffentlichen Nutzen dient oder öffentlich aufgestellt ist, oder der einen Teil eines Gebäudes bildet oder in einem Gebäude zu dessen Ausstattung angebracht ist, wird wegen schweren Diebstahls (§ 243 StGB) bestraft. Das gleiche gilt für den Diebstahl von Maschinenbestandteilen und sonstigen Betriebsmitteln aus unedlem Metall, deren Wegnahme die gesicherte Fortführung des Betriebes erheblich gefährdet.

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Diebstahl und Unterschlagung § 242

Schleswig SchHA 53 295 betr. versenktes Kriegsschiff. Anders f ü r geringwertige Sachen auf Trümmergrundst. LG Hamburg MDR 51 180. c) die im E i g e n t u m d e s T ä t e r s s e l b e r s t e h e n : Verpfänder (E 23 71), Gemeinschuldner (E 39 414) bleiben Eigentümer. Über Holzabfuhr vgl. BayObLG 3 21. Betr. Eigentumserwerb durch Stellvertreter vgl. bürgerliches Recht. Der Miteigentümer kann Diebstahl begehen (E 31 317). 4. Jeder Eigentümer und Besitzer genießt Strafschutz, auch bezüglich Sachen, die s t r a f b a r oder u n s i t t l i c h erworben wurden. Denn letzten Endes geht es um einen Verstoß gegen die a l l g e m e i n e Rechtsordnung. Hierzu E 44 230, 65 3; D R 40 105; freilich auch E 70 7; Köln MDR 54 695 u. BGHSt. 6 377 betr. Dirnenlohn; vgl. aber BGHSt. 4 373; dazu Kohlhaas J R 54 97; LM § 242 Nr. 14; B G H N J W 53 1358 = LM Nr. 10 betr. Diebstahl gegen Dieb. Dazu § 263 Anm. V 1 c). II. Die äußere Diebstahlshandlung: Wegnahme ist Bruch fremden Gewahrsams und Überführung der Sache in den Gewahrsam des Täters oder eines Dritten. Im' letzteren Fall nicht nötig, daß der Täter zwischendurch eigenen Gewahrsam erlangt h a t ; es genügt z. B., einen gutgläubigen Dritten anzuweisen, die Sache bei dem Besitzer abzuholen: mittelbare Täterschaft (E 48 58; 57 166). Hier ist IdKonk. mit Betrug möglich. E 70 212. Vgl. unten VI. 1. Gewahrsam ist ein t a t s ä c h l i c h e s Herrschaftsverhältnis, bei dem der Herrs c h a f t s w i l l e in v e r k e h r s m ä ß i g e r Weise ausgeübt werden kann. Vgl. E 60 271, bes. auch 34 252. Nicht gleich „Besitz" i. S. des bürgerlichen Rechts (E 50 183): der Besitzdiener (z. B. Hausangestellte, Fahrer des Lieferwagens) hat trotz § 855 BGB Gewahrsam (E 52 143, BGHSt. 2 318); ob auch der Besitzherr, ist nach den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens zu prüfen: E 60 272. Bei Neubegründung von Gewahrsam strengerer Maßstab: Hamburg MDR 47 35. Dem „mittelbaren Besitzer" des § 868 BGB als solchem kann eine Sache nicht „weggenommen" werden (z. B. nicht dem Verpfänder: E 37 398; nicht dem Warenabsender durch den Frachtführer: E 56 115; auch nicht ohne weiteres, trotz §857 BGB, dem Erben: E 58 228). Keinen Gew. hat i. allg. der Vermieter eines Hauses oder abgeschlossenen Gebäudeteils an den darin befindlichen Sachen (E 5 42); wohl aber der Zimmervermieter, der dauernde Zutrittsmöglichkeit h a t (ähnlich E 3 358, 47 210). Nach H R R 39 1281 h a t bei Verwahrungsverträgen (z. B. betr. Theatergarderobe) regelmäßig der Verwahrer Alleingewahrsam. — L o c k e r u n g ist noch nicht Verlust des Gewahrsams: nach E 54 231 h a t die Bahnverwaltung Gew. an den auf dem Bahnsteig befindlichen Sachen, trotz allgemeinen Zutrittsrechts; nach E 48 385, 50 183, BGH MDR 54 398 besteht Gewahrsam an Haustieren nicht nur, solange sie Rückkehrgewohnheit haben, sondern solange die Möglichkeit der Wiederergreifung besteht. Grenzfall (Fahrraddiebstahl, von Eigent. aus dem Fenster des 1. Stocks beobachtet): Tübingen SJZ 47 556 verneint, Anm. Sachs bejaht Gew. — Auch v o r ü b e r g e h e n d e Behinderung an der Herrschaftsausübung steht dem Gew. nicht entgegen: so nach E 12 353, 53 175 an v e r s t e c k t e n Sachen. Nach E 38 444 an v e r g e s s e n e n Sachen, deren Ort man weiß. Ein Reisender hatte in dem bereits weitergefahrenen Zuge Gepäck liegen lassen; richtiger aber mit RMG 13 236 G e w a h r s a m d e s O r t e s , hier der Bahn, an Stelle des verlorengegangenen G. des Reisenden anzunehmen. Eine verlorene Sache, deren Ort dem letzten Inhaber nicht mehr bekannt oder nicht zugänglich ist, steht nicht mehr in dessen Gew. (der unehrliche Finder kann aber Untschl. begehen: Anm. I I zu § 246). — Der Inhaber

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einer Räumlichkeit oder Umhüllung h a t i. allg. auch den Gew. der darin befindlichen Sachen, es sei denn, daß er nicht ohne weiteres an den Inhalt heran k a n n : E 5 222, 30 88, 45 249 (Benutzer eines Gasautomaten begeht Diebstahl an dem Geldinhalt); E 54 32, 56 114 (der Kutscher gegen den Fuhrherrn). — Ob Besitzwille zum Gew. gehört, ist streitig. Aus E 50 46 u. a., auf die sich BGHSt. 4 211 bezieht, las man häufig heraus, das RGer. fordere ihn nicht. Indessen verneinte das RGer. nur die Notwendigkeit eines genauen Wissens um die einzelnen besessenen Sachen in Fällen, wo ein genereller Wille besteht, alle Sachen zu besitzen, die sich in einem mit Besitzwillen innegehabten R a u m befinden. Die Briefe im Hausbriefkasten, die beim Wohnungsinhaber in seiner Abwesenheit abgegebenen Sachen stehen in seinem Gewahrsam, E 56 207; LK 311. An den Resten seines unterwegs ausgebrannten, im Straßengraben zurückgelassenen Kraftwagens h a t der zum demnächstigen Abtransport entschlossene Eigentümer Gew.: Köln VRS 14 (1958), 299. — Mitgewahrsam, auch zwischen mittelbarem und unmittelbarem Besitzer, ist je nach Sachlage möglich; somit auch Diebstahl des einen gegen den anderen. Kutscher gegen Fuhrherrn: E 54 32, 56 115; beim kassierenden Ladenangestellten nimmt E 30 88 sogar Alleingewahrsam des Ladeninhabers an. Gew. der Verkäuferin und der Aufsicht im K a u f h a u s am eingen. Geld: Schleswig SchlHA 53 190. Vgl. L K § 242 I I . Mitgewahrsam am Bankschließfach, auch wenn der eine ohne den anderen, der andere aber nur mit jenem heran k a n n : J W 37 3302. Mitgew. am Anzug, den der Kunde im Laden bereits t r ä g t : LM §242 Nr. 11. K e i n Mitgewahrsam zwischen Eltern und einholendem Kind : Hamburg MDR 47 35, vgl. auch E 52 145. Nach BGH GA 1956 318 wohl auch nicht zwischen Bahnschaffner und Zugführer einerseits, Aufsichtsbeamten andererseits bzgl. Reisegepäck und Expreßgut. Zust. Schönke-Schröder IV 5. 2. F ü r den Gewahrsamsbrach ist erforderlich und genügend, daß der Wegnehmende (oder ein Dritter) die tatsächliche Verfügungsgewalt erlangt. Daß die Sache aus den Räumen des Inhabers entfernt ist, ist hierzu nicht unbedingt nötig (E 52 75: Warenhausdiebstahl). Auch v o r l ä u f i g e s B e i s e i t e l e g e n kann genügen, wenn nur der bisherige Inhaber nicht mehr in der Lage ist, die Verfügung des Täters über die Sache zu hindern (E 66 394, 76 131 ; vgl. aber auch LM § 243 Ziff. 2 Nr. 9 [D. im Werkgelände erst nach Wegschaffung vollendet]). — Bruch oder Lockerung des Gew. ohne Herstellung neuen Gew. ist V e r s u c h : Anm. IV. — Keine Wegnahme, weil kein G e w a h r s a m s b r u c h , wenn Inhaber in dauernden Gewahrsamsverlust einwilligt. E 53 336. — Über m u t m a ß l . Einw. LG Kiel SchlHA 54 296. — Warenentnahme aus A u t o m a t e n mittels Falschgeld nach BGH MDR 52 563 Diebstahl (h. Mg.). Ber. Bedenken bei Dreher (Anm.a.a.O.), da unbedingter Übergabewille. Vgl. zu § 265 a. — Wußte der Dieb von der Einwilligung nichts (er sollte z. B. bei der T a t ertappt werden), so begeht er versuchten Diebstahl, BGHSt. 4 199. Ebenso H a m m N J W 54 523 betr. beobachteten Dieb. — Duldung der Wegnahme nach Vortäuschung einer Beschlagnahme ist keine Besitzaufgabe: B G H N J W 52 796 (Nr. 26); vgl. unten V. — Vollendete Wegnahme, wenn die Sache i n e i n V e r s t e c k g e s c h a f f t ist. Abholung von da ist straflose Nachtat, Beteiligung hierbei ist Begünstigung oder Hehlerei, H R R 38 633. Aber nicht, wenn im Herrschaftsbereich des Berechtigten und mit Hindernissen: BGH LM Nr. 15. — S i c h g e b e n l a s s e n ist nicht „wegnehmen", mag auch nach bürgerl. R . der Übergabeakt unwirksam sein, z. B. wegen Handlungsunfähigkeit des Übergebenden. K e n n t diese der Empfänger, so begeht er aber Unterschlagung. H R R 39 350; J W 39 34

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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Diebstahl und Unterschlagung § 242

224. Denkbar auch mittelbare Täterschaft des § 242. — Natürlicher Übergabewille z. B. eines Kindes genügt, vgl. Geerds, GA 1954, 133 ff. III. Der innere Tatbestand fordert 1. Vorsatz: Der Täter muß wissen, daß die Sache in fremdem Gewahrsam und fremdem Eigentum steht (i. S. der „Parallelwertung in der Laiensphäre"). 2. Zueignungsabsicht, a) Absicht i. Sinne von Anm. I I I , 1 zu § 59: Beweggrund, wenn auch nicht Endzweck. E 44 207. I n den Fällen des § 248 b fehlt regelmäßig Z. A. am Benzin: Celle N J W 53 37, Köln JMB1. N R W 54 204. Soweit die R e c h t s w i d r i g k e i t der Zueignung in Frage steht, genügt es, daß der Täter sich die Sache auf a l l e Fälle, auch f ü r den Fall, daß er kein Recht dazu habe, zueignen wollte. Der Wille dagegen, den andern zu e n t e i g n e n , ihn dauernd von der Sache auszuschließen, muß ein u n b e d i n g t e r sein. Hierzu E 49 140. — S p ä t e r e R e a l i s i e r u n g dieser Absicht, z. B. durch Veräußerung, Verbrauch, Vernichtung, ist nicht neue Straftat, sondern straflose Nachtat im Sinne von Vorbem. I I I 3 vor § 73 (E 35 64, 39 239, 49 16; BayObLG N J W 58 1597 betr. Anstiftung des Hehlers durch den Dieb als typische Verwertungshandlung), es sei denn, daß durch letztere ein anderes Rechtsgut verletzt wird als durch den vorausgegangenen Diebstahl (E 49 405, 51 4 : Betrug gegen einen Dritten). b) Zueignung i s t h i e r d i e E r s e t z u n g d e r a u f E i g e n t u m b e r u h e n d e n r e c h t l i c h e n M a c h t (der ganzen oder eines Teils derselben) d u r c h e i n e a u f W e g n a h m e g e g r ü n d e t e e i g e n t ü m e r ä h n l i c h e t a t s ä c h l i c h e M a c h t : se u t d o m i n u m g e r e r e . „Enteignung und Aneignung": Binding. Der alte animus lucri faciendi war und ist gemeint als animus rem sibi habendi. Der Dieb will nicht einen in Geld meßbaren Gewinn, sondern er will die S a c h e lukrieren. Die Absicht, die Sache n u r dem anderen zu entziehen, sie zu vernichten, unbrauchbar zu machen, genügt nicht; dies ist Sachbeschädigung (E 35 355, 61 232, vgl. § 248c Anm. VI). Über das Verhältnis von Wegnahme undZ. zutr. Maurach § 26 I I I A (gegen Binding I 285, dem L K I, I I I 2 u. Welzel § 47 vor I folgen). J e n e E n t e i g n u n g muß in dem Umfang, in dem sie beabsichtigt war, als d a u e r n d e beabsichtigt gewesen sein; das hegt in ihrem Begriff (daher die Straflosigkeit des sog. Gebrauchsdiebstahls, s. unten). Die A n e i g n u n g dagegen kann auch als v o r ü b e r g e h e n d e beabsichtigt gewesen sein, oder doch späterer Herrschaftsverlust in Kauf genommen worden sein. Zu der Frage, was „zugeeignet" werden sollte, hat die Rechtspr. zweimal gewechselt (bestr. von L K D I U vor § 242; vgl. auch Mezger StB I I § 44 I I 2, 3): der (mehr juristisch gedachten) Sachsubstanztheorie folgte die (mehr wirtschaftlich gedachte) Sachwerttheorie, während etwa seit 1928 beide kombiniert erscheinen. Nach der Substanztheorie muß der T ä t e r unter dauerndem Ausschluß des Berechtigten über die Substanz der Sache wie ein Eigentümer verfügen wollen. Vgl. E 2 27: „Absicht der definitiven Begründung der Willensherrschaft des Täters, der definitiven Ausschließung der Willensherrschaft des Eigentümers." E 24 22: Kein D. des Kellners an den dem Wirt entwendeten B i e r m a r k e n , da sie an diesen zurückgelangen und bloßes Zählmittel bei der Abrechnung seien (anders später E 40 10). E 10 369 nahm freilich Diebstahl (nicht bloß Gebrauchsdiebstahl) am S p a r k a s s e n b u c h an, das nach Teilabhebung zurückgelegt werden soll; denn es genüge die Absicht, „über die Sache auch nur eine einzelne Verfügung zu treffen, •welche aber als zur ausschließlichen Zuständigkeit des Eigentümers gehörig betrachtet werden m u ß " (ähnlich E 22 3, 29 415). Folgerichtiger Binding 1 2 6 5 :

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Kein Diebstahl des Buches. Entsprechend lehnte noch E 21 110 D. ab, wenn ein» dem Täter zugängliche Sache einem Dritten verkauft und z u r A b h o l u n g ü b e r w i e s e n wird: es fehle Zueignungsabsicht, denn diese erfordere „ein Ergreifen und Erlangen des Gewahrsams bzw. der Verfügungsgewalt über die Sache seitens des Täters als Betätigung seines Vorsatzes, sie sich zuzueignen und darüber für sich zu verfügen". Die Sachwerttheorie entwickelte sich an gleichen Fällen, eben weil hier die Sachsubstanztheorie versagte. Entwendung des S p a r k a s s e n b u c h s blieb Diebstahl, aber die Begr. wechselte, da die Sachsubstanz j a der Täter von vornherein zurückzugeben beabsichtigte. Schon E 26 151 wandte sich (mehr temperamentvoll als grundsätzlich) gegen diese „sich an den vieldeutigen Begriff der Z. klammernden doktrinär-juristischen Zweifel". Ebenso E 39 239. Grundsätzliche Umstellung von der Eigentümertheorie auf eine Werttheorie erst in E 40 10 (zweiter Biermarkenfall): „ E s braucht nicht auf einen Rechtserwerb abgesehen zu sein, vielmehr genügt die Erstrebung eines wirtschaftlichen Erfolgs. Unter der Abs. rechtsw. Z. muß die Absicht verstanden werden, eine Sache ihrem Sach-(Substanz-)Werte nach dem eigenen Vermögen zuzuführen". Erläuternd E 49 4 0 5 : „Der Sach-(Substanz-)Wert einer Sache bestimmt sich nach den in tatsächlicher oder rechtlicher Beziehung gegebenen Möglichkeiten ihrer wirtschaftlichen Benutzung." E 57 199: Absicht, die Sache dem Eigentümer, dem sie weggenommen wurde, wieder zu verkaufen. Entsprechende Schwenkung von der Substanz zum Sachwert, vom eigentumsähnlichen zum wirtschaftlichen Maßstab beim A b h o l u n g s d i e b s t a h l in E 47 147 (unter Preisgabe von E 21 110): „Wenn er auch die Schwellen selbst den Käufern überlassen wollte, so beabsichtigte er doch, sich ihren wirtschaftlichen Wert zunutze zu machen. Das genügte zur Z . " Ähnlich E 48 5 8 : Täter öffnete eine fremde Gänsebucht und ließ seinen Gläubiger die herauslaufenden Gänse wegtreiben, um dadurch seine Schuld zu bezahlen. E 57 66: Eisenbahnbeamter verkaufte rechtswidrig Bahnkoks und überwies ihn zur Abholung, B G H M D B 54 398: Forstbeamter händigt gutgläubigem Käufer „Verabfolgezettel" für im Walde lagerndes Holz aus: mittelb. Täter. — Oldenburg NdsRpfl. 53 113: Eigenmächtige Sicherungsnahme in Verwertungsabsicht. — Eigenm. Verfügung allein nicht: B G H GA 1958 83,1954 60. — Neue Zweifel entstanden aber daher, daß es doch belanglos sein solle, ob die Sache überhaupt einen wirtschaftlichen „ W e r t " habe (z. B . E 51 97). Deshalb neuestens: Verbindung von Substanz- und Werttheorie. Darin hegt freilich ein Verzicht auf eine einheitliche Auffassung des Zueignungsbegriffs im Sinne eine dieser Theorien. So E 61 2 3 3 : „Das Wesen der Z. besteht darin, daß die Sache selbst, o d e r d o c h der in ihr verkörperte Sachwert, vom Täter dem eigenen Vermögen einverleibt wird." Kritik. Die S a c h s u b s t a n z t h e o r i e ist — jedenfalls in ihrer ursprünglichen Fassung — m e t h o d i s c h verfehlt, weil sie auf ein naturalistisches Moment abhebt. Dauernde Möglichkeit der Einwirkung auf die Substanz gehört ebensowenig zur eigentümergleichen Herrschaft wie Substanzverletzung zur Sachbeschädigung ( § 3 0 3 Anm. I). Gegen die S a c h w e r t t h e o r i e sprechen s y s t e m a t i s c h e Bedenken. Denn Diebstahl ist de lege lata kein Vermögens- und Bereicherungsdelikt. Vgl. z. B . Hamburg MDB, 54 697 (Fetischist). Keine der beiden Theorien erfaßt daher für sich allein den Begriff der Zueignung. Beide sind zu eng und müssen auf die Formel se ut dominum gerere zurückgeführt werden. Mit Recht hat sich daher E 61 232 auf keine der beiden Theorien mehr festgelegt. F ü r Kombination auch Schönke-Schröder V I I 2 a, Maurach § 26 I I I C i d . Welzel § 45 I I 2 a kommt praktisch zum gleichen Ergebnis, indem er die Substanztheorie umdeutet: 34*

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Bei den Legitimationspapieren, wie Sparkassenbüchern usw., übt der Täter die an ihren Besitz geknüpfte Rechtsposition aus. — Anders z. B. bei Zechenausweis: Hamm JMB1. NRW 53 154. Gebrauchsdiebstahl (furtum usus) ist hiernach kein nach § 242 strafbarer Diebstahl, vielmehr ein Delikt eigener Art und nur im Rahmen der §§ 248 b, 290 strafbar. Vgl. aber E 64 260, BGHSt. 5 206, VRS 58 Bd. 14 363 (Zurücklassen des Wagens an ungeschütztem Ort, z. B. in einer anderen Straße einer Großstadt: Diebstahl); zum D.-Vorsatz gehört es dann aber, daß es der Täter schon im Zeitpunkt der Wegnahme dem Zufall überlassen wollte, ob der Eigent. seinen Wagen wiederbekommt: BGH VRS 58 Bd. 14 199. Zu weit geht Köln NJW 50 959, auch wohl Celle VRS 7 306. — Anstaltseigentum für Anstaltszwecke: furtum usus (Oldbg. NdsRpfl. 50 93). c) Sieh z u e i g n e n . — Die jetzt weniger auf Substanzerwerb als auf wirtschaftliche Auswertung abgestellte Auffassung der Z. (vgl. oben zu b) führt hier zu einer Erweiterung: die Verwertung kann nämlich auch durch W e i t e r g a b e an a n d e r e geschehen. E 47 147, 324, 48 58, 67 166, 62 15, 67 334. DR 40 285 mit Anm. Mezger. Auch durch unentgeltliche, wenn im eigenen Namen (ut dominus): BGHSt. 4 238. — Wenn sich dagegen A des B zwecks Wegnahme bedient, so ist B nur Gehilfe (A begeht hier Diebstahl in mittelbarer Täterschaft): E 53 180. Ebenso, wenn die Ausbeute allein ein anderer haben soll: Köln JMB1. NRW 54 27. — Teilweise engere Auslegung jetzt bei Schönke-Schröder8 Anm. VII 2 d (anders noch 7. Aufl.). d) Rechtswidrig ist die beabsichtigte Z. dann nicht, wenn privatrechtlicher Anspruch auf H e r a u s g a b e bestand; wohl aber (anders E 64 210), wenn der Anspruch nur auf Ü b e r e i g n u n g ging. Ebenso bisher Schönke-Schröder VIII 2 b (in 8. Aufl. und in DRiZ 56, 69 jedoch wie E 64 210), Mezger StB § 46 V 3. Der Streit hängt mit derGrundfrage nach dem Rechtsgut zusammen (oben Vorbem. Ivor §242). Von seinem gegensätzlichen Ausgangspunkt aus ist die Meinung Schröders, der auch hier nur auf den Schutz des Eigentums abstellt, folgerichtig. — Daß der Täter sich wegen einer Geldforderung bezahlt machen will, schließt die Rechtsw. nicht aus: E 12 88. — Einwilligung des Eigentümers nicht nur in die Wegnahme, sondern auch in die Z. schließt die Rechtswidrigkeit der Z., ihre irrtümliche Annahme also die „Absicht" rechtswidriger Zueignung aus (E 44 207). IV. Diebstahlsversuch erfordert A n f a n g des W e g n e h m e n s (§ 43), also Beginn des Brechens fremden Gewahrsams. Das RG ging hierin zuletzt sehr weit: E 53 336 (falsche Bezettelung eines Eisenbahnwagens, der dadurch von dem ordnungsmäßigen Beförderungsweg ab- und dem Täter zugeleitet werden sollte); E 54 182 (unbefugtes Einschleichen in einen Raum, um dort eine bestimmte Sache zu stehlen). Richtiger bezieht E 70 201 die Bestimmtheit auf den Willen, zu stehlen, nicht auf die Sache: beim Betreten des Raumes mußte der Täter den bestimmten Willen haben, zu stehlen, was sich Brauchbares biete. E 54 328 (Aufspringen auf das Trittbrett eines fahrenden Güterwagens in Diebstahlsabsicht, ähnlich der Fall OGHSt. 2 160). Bes. aber E 53 217 (Entfernung des Hofhundes, um dann zu stehlen). Vgl. auch Vorbem. I I vor § 43. — An der äußersten Grenze auch BGH GA 1958 191: ein Taschendieb „versucht" im Menschengewühl bereits dann den Diebstahl, wenn er mit seinen Händen in unmittelbare Nähe der zu bestehlenden Taschen kommt. — M a n g e l a n T a t b e s t a n d nach RG auch hier als Versuch strafbar: E 39 427 (der Täter hielt die herrenlose Sache für eine fremde); E 53

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336 (der Täter wüßt« nicht, daß der Eigentümer eingewilligt); HESt. 1 233; BGH N J W 5 3 1271 = BGHSt. 4 199 (Diebesfalle). — Wegen V e r s u c h s des s c h w e r e n D i e b s t a h l s vgl. § 243 Anm. II. — Wegen R ü c k t r i t t s BGHSt. 4 56. V. Teilnahme. Wer dadurch zum Diebstahl beiträgt, daß er seine Mitwirkung bei der Verwertung der Beute zusagt, und diese Zusage später einhält, ist nicht Mittäter, sondern nur Anstifter oder Gehilfe beim Diebstahl und außerdem Hehler: BGHSt. 8 390. Diese in ihrer Allgemeinheit bedenkliche Entsch. hängt offenbar mit der Rspr. zu § 259 zusammen; dagegen dort Anm. VII. VI. Konkurrenzfragen. Die Spezialvorschriften (Vorbem. II) gehen vor. — Id.Konk. mit B e t r u g nur ausnahmsweise (E 70 212). Dazu Schröder ZStW 60, 333 und SJZ 50, 94. Für die Abgrenzung entscheidet die innere Willensrichtung des Verletzten: BGH NJW 52 782 (betr. falsche Kriminalbeamte), 53 73. Dazu Maurach § 26 I I I B. - IdKonk. mit Untreue: BGH JZ 52 89, LM § 266 Nr. 4. - Betr. § 259 vgl. dort Anm. VII. - IdKonk. mit §§ 132, 133, 134, 136, 137 möglich — Betr. straflose Nachtat s. o. I I I 2a. — Realkonk. mit § 123: Hamm JMB1. NRW 64 67. — Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis gem. § 24 I Nr. 1 StVG: BGH VRS 13 350. VII. Geldstrafe bei Gewinnsucht n e b e n Gefängnis: §27a. An Stelle von Gef.: § 27b. b) Schwerer

Diebstahl

§243

(1) Auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn 1. aus einem zum Gottesdienste bestimmten Gebäude Gegenstände gestohlen werden, welche dem Gottesdienste gewidmet sind; 2. aus einem Gebäude oder umschlossenen Räume mittels Einbruchs, Einsteigens oder Erbrechens von Behältnissen gestohlen wird; 3. der Diebstahl dadurch bewirkt wird, daß zur Eröffnung eines Gebäudes oder der Zugänge eines umschlossenen Baumes oder zur Eröffnung der im Innern befindlichen Türen oder Behältnisse falsche Schlüssel oder andere zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmte Werkzeuge angewendet werden; 4. auf einem öffentlichen Wege, einer Straße, einem öffentlichen Platze, einer Wasserstraße oder einer Eisenbahn oder in einem Postgebäude oder dem dazugehörigen Hofraume oder auf einem Eisenbahnhofe eine zum Reisegepäck oder zu anderen Gegenständen der Beförderung gehörende Sache mittels Abschneidens oder Ablösens der Befestigungs- oder Verwahrungsmittel oder durch Anwendung falscher Schlüssel oder anderer zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmter Werkzeuge gestohlen wird; 5. der Dieb oder einer der Teilnehmer am Diebstahle bei Begehung der Tat Waffen bei sich führt;

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Diebstahl und Unterschlagung § 243 6. zu dem Diebstahle mehrere mitwirken, welche sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben, oder 7. der Diebstahl zur Nachtzeit in einem bewohnten Gebäude, in welches sich der Täter in diebischer Absicht eingeschlichen oder in welchem er sich in gleicher Absicht verborgen hatte, begangen wird, auch wenn zur Zeit des Diebstahls Bewohner in dem Gebäude nicht anwesend sind. Einem bewohnten Gebäude werden der zu einem bewohnten Gebäude gehörige umschlossene B a u m und die in einem solchen befindlichen Gebäude jeder Art sowie Schiffe, welche bewohnt werden, gleich geachtet.

(2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein. I. Schwere Diebstahlsfälle, gekennzeichnet teils durch die b e s o n d e r e S c h u t z w ü r d i g k e i t o d e r A u s g e s e t z t h e i t der Sache oder des Orts (Nr. 1 Kirchendiebstahl, Nr. 4 Reisediebstahl); teils durch die b e s o n d e r e v e r b r e c h e r i s c h e E n e r g i e o d e r G e r i s s e n h e i t , die sich in der Begehungsart zeigt (Nr. 2 Einbruchsdiebstahl, Nr. 3 Nachschlüsseldiebstahl), teils durch b e s o n d e r s g e f ä h r l i c h e A u s f ü h r u n g (Nr. 5 bewaffneter Diebstahl, Nr. 6 Bandendiebstahl, Nr. 7 nächtlicher Diebstahl). Häufig v e r b i n d e n sich die Erwägungen, so auch BGHSt. (GrSen.) 1 164f.; vgl. schon E 32 143, 53 262, 50 75. - Die kasuistische Ausgestaltung des § 243 ist unglücklich, vgl. jetzt auch BGHSt. 3 316. II. Vcrsuch ist hier nicht erst mit dem Beginn des „Wegnehmens" (§ 242) gegeben, sondern schon mit dem B e g i n n e i n e r d e r i n § 243 g e n a n n t e n H a n d l u n g e n . Beisp.: Einsteigen in ein Gebäude ist Anfang der Ausführung der in § 242 und § 243, 2 beschriebenen S t r a f t a t ; beide Bestimmungen stellen zusammen einen einzigen Straftatbestand dar. Von diesem strafbaren Anfang der Ausführung ist die straflose Vorbereitungshandlung abzugrenzen, z. B. Beschaffung des Einbruchswerkzeuges (nur § 245a), Hingehen an den Tatort. Vgl. E 43 332, 44 142, 53 284, 54 35, 42 328, H R R 29 1537, J W 31 2787, Köln JMB1. N R W 52 100; über Diebstahl im Werkgelände oben § 242 Anm. I I 2. — Versuchter schwerer kann mit vollendetem einfachen Diebstahl in IdKonk. treten: E 15 281, 53 198, B G H N J W 52 1185, BGHSt. 10 230. III. Der Vorsatz muß die straferhöhenden Merkmale umfassen, aber nicht bestimmte Gegenstände: B G H MDR 53 272 mit weiteren Nachw. IV. Die Einzelfälle. Zu Nr. 1. — Betr. geweihter Ort vgl. Anm. zu § 166. Nach E 45 243 auch die Sakristei. Betr. Gegenstand: E 53 144. Nicht: Opferstöcke, da nicht u n m i t t e l b a r dem Gottesdienste gewidmet (BGH LM Nr. 1). Zn Nr. 2. — a) Gebäude ist ein durch Wände und Dach begrenztes, mit dem Erdboden fest (wenn auch nur durch die eigene Schwere, z. B. Zirkus- und Ausstellungszelte) verbundenes Bauwerk, das Menschen den Eintritt gestattet und ihnen sowie Tieren und Sachen Schutz gewährt. Vgl. E 49 51, 53 268, 70 360, BGHSt. 1 163, 3 300; weitergehend f ü r § 308: BGHSt. 6 107 betr. Rohbau. Auch eine Fernsprechzelle. — Aus einem Gebäude nicht, wenn das Behältnis an dessen Außenwand nach der Straße zu befestigt ist: BGHSt. 9 173 betr. Zigarettenautomat.

Diebstahl und Unterschlagung § 243

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b) Umschlossener Raum. Klärend jetzt GrSen. in BGHSt.1158, 164 ( = JZ 51 455 m. Anm. Lay): „Jedes Raumgebilde, das nicht Gebäude (s. o.) oder Behältnis (s. u.) ist, das (mindesten auch) dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden, und das mit (mindestens teilweise künstlichen) Vorrichtungen umgeben ist, die das Eindringen von Unbefugten abwehren sollen." So umschlossene Abteilungen eines Gebäudes und Wohnwagen. Ebenso BGHSt. 2 214 für abgeschlossene Autos und Bürowagen. Betr. Lieferwagen BGHSt. 4 16; Werkgelände BGH MDR 55 145; künstliche, aber auch natürliche, nicht ganz unerhebliche Hindernisse genügen. Enger Bockelmann J Z 51 296. Auch Bergwerksteile unter Tage: LM Nr. 5, Lattenverschlag im Keller: BGH MDR 51 463. Umzäunter Friedhof, wenn Tor geschlossen: B G H N J W 54 1897. Damit ist dem von den Voraufl. betonten Gesetzeszweck entsprochen: ist der Raum so beschaffen und „umschlossen", daß er dazu bestimmt und geeignet ist, Sachen zu verwahren und gegen Entwendung zu sichern, so daß das Eindringen ungewöhnliche Vorkehrungen oder Anstrengungen fordert, so ist er ein umschlossener Raum. N i c h t , wenn n u r Verwahrungszweck: Bremen J R 51 88 betr. umzäunte Weide. c) Einbruch ist gewaltsame Bewirkung oder Erweiterung einer Öffnung (E 44 74, Hamm J R 52 287). BGH LM Nr. 10: Aufdrücken des Lüftungsfensters eines Kraftwagens ist Einbruch.} d) Einsteigen ein mit Schwierigkeiten verbundenes Eindringen durch eine für den Täter hierzu nicht bestimmte Öffnung; auch Einkriechen. Vgl. E 18 257, 69 171; Bremen MDR 50 753, BGH N J W 53 992, MDR 54 16 (Loch im Zaun, Hecke, Drahtseil). Nicht, wenn keine Schwierigkeiten oder Hindernisse zu überwinden sind: BGHSt. 10 132 mit Nachw. — Beides: v o n a u ß e n (E 30 122, 40 94, 41 66). Für „Einbruch" genügt es, daß durch jene gewaltsam hergestellte Öffnung hineingelangt wird, um Sachen zu nehmen (E 54 211, anders BGHSt. 10 132 für „Einsteigen"); auch das Herauslocken eines Tieres aus der Öffnung (E 56 48). — S u b s t a n z v e r l e t z u n g nicht erforderlich. E 4 353. e) Behältnis: ein zur Aufnahme von Sachen dienendes und sie umschließendes Raumgebilde, das nicht dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden (BGHSt. 1 163). Schaukasten in Ladeneingang: Hamburg MDR 54 55. Nicht aber Zigarettenautomat an der Straßenseite, BGHSt. 9 173 (s. o. unter a), oder im allgemein zugänglichen Vorraum eines Kinos, BGH NJW 56 1079. Nach E 54 295 sogar ein Briefumschlag. Aber diesen kann man i. S. d. Ziff. 2 nicht „erbrechen", da kein wesentlicher Energieaufwand erf. Gegen RG jetzt auch Köln NJW 56 1932. Zu weit gehen auch Hamm J R 52 287, wonach eine „dem Hindernis angemessene" Kraftanstrengung genüge, und Bremen MDR 55 628 (Einstecken eines Probenziehers in einen Kaffeesack). — E 40 94 und Düsseldorf NJW 55 1528, BayObLG N J W 58 601 nehmen an, das Behältnis müsse im Innern des Gebäudes erbrochen sein; eines der bekanntesten Beispiele für die Ergebnisse wortgebundener Auslegung. Hiergegen mit Recht Schönke-Schröder IV 2 c, Maurach § 26 IV A 2 b, München HESt. 2 296. Vgl. aber auch Dohna MoKrimBi. 1938, 190. Auch nach BGH NJW 56 271, dem Schönke-Schröder Anm. IV l c zustimmen, nur einfacher Diebst., wenn Kraftwagen auf die zu Ziff. 3 beschriebene Weise aufgebrochen und gestohlen wird. Es ist aber •— entgegen BGH — keine Analogie, vielmehr Auslegung per arg. a maiori, wenn außer dem Inhalt auch das Behältnis bzw. der umschlossene Raum selbst mittels Erbrechens gestohlen wird. Eigenartiger Grenzfall zwischen Ziff. 2

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und 3 in DRZ 49 70 (Hamm). — Auch wer nach dem Einbruch, aber vor Diebstahlsabschluß mitmacht, fällt unter Nr. 2; BGHSt. 2 344 (dazu Niese N J W 52 1146, Martin N J W 53 288). Anders früher RG J W 1924 1436. Zu Nr. 3. — Wegen „Gebäudes" und „umschlossenen R a u m e s " vgl. zu Nr. 2. Dazu jetzt BGHSt. 5 205 betr. Autodiebstahl mit Nachschlüssel, unter Hinweis auf die stoßende Ungleichheit beiKraftwagendiebstählen (Nr. 3 zu bejahen, Nr. 2 und 4 gegebenenfalls zu verneinen). Krasses Gegensbeipiel in B G H N J W 56 271: nicht Nr. 3, wenn Klinke abgerissen und dann Schloß aufgedrückt wird; aber auch nicht Nr. 2 ? Dazu oben zu dieser Nr. — Falsch ist ein Schlüssel, wenn er nicht vom Verfügungsberechtigten zur Eröffnung bestimmt war, und zwar zur Zeit seiner Benutzung (einem abhanden gekommenen kann diese Zweckbestimmung entzogen worden sein; beachte freilich § 59!). Vgl. E 52 84, 53 101 („falscher" Schlüssel des Vermieters); 40 80 (Schlüssel, die nur f ü r die Dauer eines Rechtsverhältnisses zur Eröffnung bestimmt waren); auch E 52 321. Behält ein Bankier zu Unrecht einen Kundenschlüssel zu einem Schließfach zurück, so ist dieser jetzt f ü r ihn ein falscher Schlüssel: H R R 38 491. Zu Nr. 4. — Dieser R e i s e d i e b s t a h l enthält eine besonders unerfreuliche Kasuistik. — a) Gegenstand der Beförderung muß die gestohlene Sache gewesen sein. „Reisegepäck": einerlei, ob aufgegeben oder Handgepäck (E 43 317). Alle Sachen, die sich an den bezeichneten Orten befinden (z. B. auf der Straße) und „befördert werden" sollen (E 54 194). Auch wenn erst im Aufladen oder schon im Abladen begriffen (E 56 97). Nach E 67 262 - ebenso N J W 52 313 - auch das eigene Kleidungsstück, das der Kutscher zu den zu befördernden Sachen auf den Wagen legt, nicht dagegen seine Geldtasche, die er am Leibe trägt! Inhalt eines Autos als Gegenstand der Beförderung: E 71 198. Wollte der Dieb dagegen zuerst das Auto mit Inhalt, dann nur diesen stehlen, so nur einfacher D . ! BGH N J W 52 1184, vgl. BayObLG ibid. 313. Kritisch Jescheck GA 55, 101 f. Reservereifen, nicht aber tragende Reifen: Hamm MDR 49 766, BGHSt. 3 312 u. 314. - b) Ort: Eisenbahn nur, falls f ü r den öffentlichen Verkehr bestimmt, nicht Privatanschlußgeleise (E 48 285). Reihenfolge von Wegnahme und Ablösung gleich, wenn beides im Bahnhof: BGHSt. 2 260. Auch Räume in einem Privatgebäude, die dem amtlichen Postbetrieb dienen (E 49 279). — c) Entwendungsart: Von der gestohlenen Sache und von dem Beförderungsmittel sind die „Befestigungsmittel und Verwahrungsmittel" zu unterscheiden (E 35 431). Deshalb nehmen E 71 198 u. J W 39, 401 die Nr. 4 an, wenn auf offener Straße aus verschlossenem Auto gestohlen wird. Ausdehnung der Nr. 4 auf das mitbeförderte Z u b e h ö r in BGHSt. 3 317 (mit Nachweisen). Gepäckträgerklammern am F a h r r a d : BGHSt. 4 36. Verschlußdrähte an Güterwagen: BGHSt. 5 60. Betr. Wasserstraße: LM Nr. 7. - N i c h t : Radioantenne am Kraftwagen, Neustadt GA 1954 252. Zu Nr. 5. — Bewußtes bei sich haben genügt nicht; der Dieb muß auch damit gerechnet haben, den Gegenstand bei der T a t nötigenfalls als Wafle zu gebrauchen. So mit Recht E 68 238 gegen früher; wohl auch H R R 39 352. Nicht erforderlich ist der W i l l e , die Waffe zu gebrauchen: BGH L M N r . 1. BGHSt. 3 229 unterscheidet: Waffe im technischen Sinn „ f ü h r t " der Täter nur dann „bei sich", wenn er das Bewußtsein hat, daß sie gebrauchsbereit ist (Pistole und Munition). Dies ist sie, wenn sie ohne erheblichen Zeitverlust ihrer Bestimmung gemäß verwendbar ist, eine Pistole z. B., wenn sie nur noch geladen zu werden braucht oder eine im Lauf verklemmte Hülse rasch entfernt werden kann: BGH LM Nr. 2. Gefährliche Werk-

Diebstahl und Unterschlagung § 243

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zeuge, wenn er sich bewußt ist, sie bei der T a t als Waffe benutzen zu können. Ebenso Celle MDR 50 371, BGHSt. 4 125 (Gaspistole). Zu Nr. 6. — Bandendiebstahl h a t zwei Voraussetzungen: V e r b i n d u n g u n d M i t w i r k u n g . — 1. Teilnahme an einer Willenseinigung, die auf die Begehung von mehreren selbständigen (also n i c h t in sog. Fortsetzungszusammenhang begangenen, vgl. BGH GA 1957 85), im einzelnen noch unbestimmten Diebstählen gerichtet war. — 2. Mitwirkung, als einer von „mehreren", an mindestens einem solcher Diebstähle; wozu „Mittäterschaft" i. S. des § 47 weder erforderlich noch genügend ist, vielmehr ein zeitliches und örtliches Zusammenwirken beim Stehlen selber vorausgesetzt wird. Vgl. E 66 236 (mit EntstehGesch. und früheren Entsch.) und D R 40 319. Ebenso BGHSt. 8 205; mit Recht von E 66 242 jedoch darin abw., daß das abwesende Bandenmitglied als Teilnehmer am Banden-, nicht nur am einfachen Diebstahl bestraft werden kann. § 50 Abs. 2 greift nicht durch, da der Grund der Strafschärfung jedenfalls a u c h in der G e f ä h r l i c h k e i t örtlicher gemeinsamer T a t b e g e h u n g liegt. Ebenso Welzel § 48 I 6. Mehrere Bandendiebstähle können mehrere selbständige Handlungen i. S. des § 74 darstellen: J W 39 33. — Bei Teilnahme von Außenseitern nicht § 50, da T a t erschwert: BGHSt. 6 262. Vgl. auch oben zu BGHSt. 8 205. Zu Nr. 7. — Gebäude s. zu Nr. 2; hier ein solches, welches Menschen zur ordnungsmäßigen Nachtruhe dient (E 54 268). Auch ein Häuserblock in seiner Gesamtheit J W 39 276 (Anm. Mittelbach). — Nachtzeit: vom Eintritt der Dunkelheit bis zur Morgendämmerung (E 3 209, Köln GA 1956 300). Unter den heutigen Verhältnissen richtiger Celle MDR 52 312 (mit Nachw.): ortsübliche Zeit der Nachtruhe. — Einschleichen: nach RG unter Vermeidung von Geräusch, der Wahrnehmung anderer entzogen (E 10 280); auch wenn unter listigem Vorwand, z. B. Täuschung eines Hausbewohners: E 73 9. Täter soll nach Kiel H E S t . 1 25 auch ein Hausbewohner sein können. Unter Billigung des ungetreuen Wächters: D R 42 1646. BGHSt. 9 253 (hierzu kritisch Maurach J R 57, 29), 10 135, 11 64, Köln GA 1956 300 verstehen dagegen unter Einschleichen nur heimliches, absichtlich der Wahrnehmung anderer entzogenes Eintreten und lassen offen, ob an E 73 9 und D R 42 1646 festzuhalten ist. Vgl. § 250 Anm. V. — Umschlossen nicht notwendig v e r schlossen: Düsseldorf N J W 53 876 (betr. umzäunten Hofraum) mit guter Zweckbegr. — Einen H a u s f r i e d e n s b r u c h sieht E 53 279 als durch Nr. 7 k o n s u m i e r t an. V. Über Konkurrenz mit § 242 (ausnahmsweise) s. o. I I a. E. - §§ 247 - 252 und 370 Ziff. 5 gehen als Spezialdelikte (§ 247) bzw. del. sui generis vor. Wer aber mit Mundraubvorsatz einsteigt und dann wertvolle Sachen nimmt, ist aus § 243 I Nr. 2 s t r a f b a r : BGHSt. 9 253; abl. mit Recht Maurach J R 57, 28, Welzel § 48 I 2c, da § 370 Nr. 5 eigenständiges Delikt. Vgl. unten § 370 5 Anm. VI. Wie BGH: J a gusch L K Anm. I I I . Allgemein zu diesen Fragen Seibert N J W 58, 1718. Nach Celle NdsRpfl. 56 59 in diesem Fall § 243 nur, wenn der ursprüngliche Vorsatz festgehalten und lediglich umgeformt, nicht wenn nach dem Einsteigen neuer Vors. Im umgekehrten Falle Versuch des § 243 in Tateinheit mit Mundraub: BGH N J W 58 1243 = J R 58 465 m. zust. Anm. Schröder (gegen BGH bei Daliinger MDR 52 147und 5715); zutr.,da §370 5 del. sui generis. — B e t r . §§123, 303, vgl. V o r b e m . I I I 4 vor § 73 und oben Anm. IV zu Nr. 7. — Wahlfeststellung zwischen Nr. 3 u. Nr. 7 zulässig: BGH N J W 55 1566. — Gegenseitiger Ausschluß von Nr. 2 und Nr. 3 nach BGH N J W 56 271 (in dieser Allgemeinheit zu weitgehend). — Bei Zusammen-

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Diebstahl und Unterschlagung § 244

treffen mit § 17 Abs. 2 Unedl. MetallG nur § 243: so BGH GA 1957 84. Richtiger entspr. Anw. des § 73, da beide Qualifikationsgründe selbständig und gleichwertig das Unrecht prägen. c ) Diebstahl im zweiten Rückfall

§ 244

(1) Wer im Inlande als Dieb, Räuber oder gleich einem Räuber oder als Hehler bestraft worden ist, darauf abermals eine dieser Handlungen begangen hat und wegen derselben bestraft worden ist, wird, wenn er einen einfachen Diebstahl (§ 242) begeht, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, wenn er einen schweren Diebstahl (§ 243) begeht, mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt beim einfachen Diebstahl Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten, beim schweren Diebstahl Gefängnisstrafe nicht unter einem Jahre ein. I. Rückfall — aber nur gleichartiger und nur unter bestimmten Voraussetzungen! — als S t r a f s c h ä r f u n g s g r u n d in v i e r F ä l l e n : Diebstahl (§244), Raub (§ 250 Nr. 5), Hehlerei (§ 261) und Betrug (§ 264). - Zum Kampf gegen den Gewohnheitsverbrecher war diese Waffe unzulänglich. Dies führte dazu, in § 20 a die Strafschärfung für alle StrTaten zu ermöglichen und sie hierbei von der Tat auf den Täter umzustellen. § 244 bleibt aber daneben anwendbar. Grund der Strafschärfung hier: Wiederholung beweist Stärke und G e f ä h r l i c h k e i t der Diebstahlsn e i g u n g , und die Nichtbeherzigung der früheren Warnung begründet eine erh ö h t e S c h u l d (BGHSt. 2 361). „Neigung" betont BGHSt. 1 248. Zu den kriminologischen Merkmalen der Rückfälligen vgl. Krebs ZStW 68, 198. H. Dieb: nur §§ 242, 243. Die §§ 248a, 370 Ziff. 5 und „Forstdiebstahl" sind nicht „Diebstahl" im Sinne des § 244. — Auch wegen Teilnahme oder Versuch. Vgl. E 2 261, 31 40. Nach BGHSt. 2 360 auch Verabredung gem. §49a, weil auch diese Erscheinungsform des Diebstahls. Ebenso „begeht" nach BGHSt. 6 213 schw. Diebstahl, wer ihn verabredet, weil der Strafrahmen der gleiche wie der des Versuchs ist. Überzeugender der Hinweis in 2 361, daß auch § 49 a gefährliche Neigung o f f e n b a r e . — Bestraft: Nicht JugArrest. Hamm MDR 50 56. — Zusammenfassung zu einer Einheitsstrafe gem. § 31 JGG ist auf § 244 ohne Einfluß: BGHSt. 7 300 = LM Nr. 7 (Sarstedt) gegen Hamm JZ 52 630. Ebenso Grethlein NJW 54, 1591. III. Die Vorstrafen müssen auch v e r b ü ß t sein (bzw. §245 Platz greifen); denn als belastend gilt, daß sie keinen genügenden Eindruck gemacht haben (BGHSt. 2 361; anders jetzt der Grundgedanke von § 20a). — Angerechnete Untersuchungshaft (§ 60) zählt mit: E 52 191. IV. Im Inland hier nicht räumlich, sondern der deutschen Gerichtsbarkeit unterfallend. BGH NJW 52 151, BGHSt. 4 335, 7 265. Hamm MDR 50 56: nicht Urteile der Besatzungsgerichte; a. A. Frankfurt NJW 51 372; vgl. auch Celle NJW 51 85. Inländische Urteile die des Elsaß (Saarbrücken DRZ 50 332) u. Österreichs (BGHSt. 4 335J während der Zugehörigkeit zum Reich. Ebenso die der sowj. BesZ

Diebstahl und Unterschlagung §§ 245, 245 a

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(BGHSt. 5 364, jedenfalls grundsätzlich, BGH VRS 58 Bd. 14 199), vgl. Bünemann N J W 52, 1359, Winterfeld J R 53, 447. V. Ein „fortgesetzter" (Vorbem. II B 1 vor § 73) Diebstahl, der teils vor, teils nach einer Bestrafung begangen wurde, ist im Sinne des § 244 jedenfalls a u c h n a c h h e r begangen: E 47 308; Köln N J W 53 637. VI. Der Vorsatz muß nach BGH die Rückfallsvoraussetzungen umfassen (bestr.), vgl. u. § 245 Amn. I. Nicht: die Rechtskraft der Vorstrafen: Celle MDR 61 630.

Rückfallsverjährung

§ 245

Die Bestimmungen des § 244 finden Anwendung, auch wenn die früheren Strafen nur teilweise verbüßt oder ganz oder teilweise erlassen sind, bleiben jedoch ausgeschlossen, wenn seit der Verbüßung oder dem Erlasse der letzten Strafe bis zur Begehung des neuen Diebstahls zehn Jahre verflossen sind. I. Grundgedanke nach E 54 274: auf die Rechts wohltat des E r l a s s e s hätte der Täter gleichermaßen mit Wohlverhalten reagieren müssen, wie auf den Versuch, ihn durch den V o l l z u g der Strafe zu beeinflussen; deshalb wird §59 angewendet: § 245 nur, wenn der Täter vom Erlaß Kenntnis hatte. Ebenso BGH N J W 52 230; anders liege es aber bei irriger Annahme der Straftilgung. Hamm N J W 50 958 und Härtung ibid. 939 schließen folgerichtiger auch hier §245 aus. Ist G e f ä h r l i c h k e i t der entscheidende Grund der Rückfallsschärfung, so kann es hier auf Irrtum des Täters überhaupt nicht ankommen. Ist es die S c h u l d , eine Warnung oder einen Gnadenerweis nicht beherzigt zu haben, so muß der Täter diese Sachverhalte kennen. BGHSt. 2 361 (oben §244 zu I) stellt beides nebeneinander. Nach BGH N J W 56 837 genügt es, wenn der Täter den Erlaß bei der dritten, der abzuurteilenden T a t kennt. Klare Gegenüberstellung mit § 20a bei Maurach § 26 IV B 1. Geschichtlich ist aber der Warnungszweck nicht nachzuweisen (Dreher GA 1953, 133), de lege fer. dürfte Gefährlichkeit maßgebend sein, vgl. Bundesanz. Nr. 42 v. 29. 2. 56 S. 4 ff. Das sollte schon jetzt in Betracht gezogen werden. Vgl. auch BGHSt. 1 248 „Neigung". IL Bückfallverjährung: In die Zehnjahresfrist ist auch die Zeit einzurechnen, in der der Täter infolge Freiheitsentzugs — z. B. anderweiter StrVerbüßung oder Anstaltsverwahrung — keine Gelegenheit hatte, sich zu bewähren. Stuttgart SJZ 49 287 (Anm. Meyer) f ü r SV, Hamm DRZ 50 372 (Anm. Schönke), BGHSt. 1 245 (gegen E 77 176). Teilverbüßung setzt die VerjFrist nicht in Lauf: BGHSt. 2 273. Betr. Ersatzfreiheitsstrafe LM §245 Nr. 3; betr. K Z : Karlsruhe N J W 53 1483. Besitz von Diebeswerkzeug

§ 245 a

(1) Wer Diebeswerkzeug in Besitz oder Gewahrsam hat oder von einem anderen für sich verwahren läßt, nachdem er wegen schweren Diebstahls, Diebstahls im Rückfall, Raubes, gewerbs- oder gewohnheitsmäßiger Hehlerei oder

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Diebstahl und Unterschlagung § 245 a

Hehlerei im Rückfall (§§ 243 bis 245, 249 bis 252, 260, 261) rechtskräftig verurteilt worden ist, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft, sofern sich nicht aus den Umständen ergibt, daß das Werkzeug nicht zur Verwendung bei strafbaren Handlungen bestimmt ist. (2) Wer Diebeswerkzeug für einen anderen in Verwahrung nimmt oder einem anderen überläßt, obwohl er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß das Werkzeug zur Verwendung bei strafbaren Handlungen bestimmt ist, wird, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, mit Gefängnis bestraft. (3) Das Diebeswerkzeug ist einzuziehen, auch wenn es dem Täter nicht gehört. (4) In den Fällen des Abs. 1 kommt eine frühere Verurteilung nicht in Betracht, wenn zwischen dem Eintritt ihrer Rechtskraft und der Tat des Abs. 1 mehr als fünf Jahre verstrichen sind. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der der Täter eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird. Eine ausländische Verurteilung steht einer inländischen gleich, wenn die geahndete Tat nach deutschem Recht ein Verbrechen der im Abs. 1 genannten Art wäre. I. Eingefügt durch Ges. v. 24. 11. 33 (Gewohnheitsverbrechergesetz!). — Amtl. Begr. in DRAnz. 1933 Nr. 277, S. 2; über Entstehungsgeschichte, ausländische Vorbilder und Gesetzeszweck s. a. BGHSt. 8 110. — Ein mit Gefängnis bedrohtes Polizeivergehen, das sich gegen die allgemeine Sicherheit richtet: E 69 91. II. Diebes Werkzeug: alle Sachen, die zu Raub (BGHSt. 8 110) oder Diebstahl geeignet und bestimmt sind. „Bestimmtsein" ist, wenn der TB vernünftige Grenzen behalten soll, unentbehrlich. So auch E 68 323, 69 80. Auszulegen wie § 243, 3. Für die Tatbestände des Abs. 1 gestattet das Gesetz, diese Zweckbestimmtheit bis zum Beweis des Gegenteils anzunehmen. III. Vier Tatbestände: 1. Unmittelbarer, 2. mittelbarer „Besitz oder Gewahrsam" (auszulegen wie § 246), 3. Verwahrung f ü r andere, 4. Überlassung an andere. IV. Täter: Beim 3. und 4. TB. jeder; beim 1. und 2. nur Vorbestrafte. V. Vorsatz erforderlich. Beweisregel (widerlegliche Vermutung) in Abs. 2 für den 3. u. 4. TB. Die Beweisregel des Abs. 1 dagegen gilt nur für den äußeren TB., für die Zweckbestimmtheit (Anm. II); ebenso Schönke- Schröder I I I 4; anders E 69 80. VI. Konkurrenzen: Abs. 2 nur subsidiär, z. B. gegenüber Beihilfe zum Diebstahl. Dagegen kann verbotener Besitz mit dem Diebstahl in Ideal- oder Realkonkurrenz treten. E 69 91, BGHSt. 9 96. VII. Einziehung hier sich. Maßregel (s. zu § 40). Die frühere wörtliche Anwendung des Ges., selbst wenn das Werkzeug einem Dritten gestohlen war (München H R R 40 Nr. 467), führte zu unbilligen Ergebnissen. BGHSt. 9 96 wendet daher, wenn das Werkzeug dem Täter nicht gehört, § 295 Abs. 2 entspr. an. v r a . Verwahrung (Abs. 4 S. 2): N i c h t : KZ-Haft. LM § 20a Nr. 2.

Diebstahl und Unterschlagung § 246 2. Unterschlagung*)

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§ 246

(1) Wer eine Iremde bewegliche Sache, die er in Besitz oder Gewahrsam hat, sich rechtswidrig zueignet, wird wegen Unterschlagung mit Gefängnis bis zu drei Jahren und, wenn die Sache ihm anvertraut ist, mit Gefängnis bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe erkannt werden. (3) Der Versuch ist strafbar. I. Fremde bewegliche Sache: vgl. Anm. I zu § 242. Schädigende Verfügung über andere Vermögensstücke (z. B. Forderungen, Bankkonto) kann Untreue sein (§ 266). — Wichtig hier die Frage nach dem E i g e n t u m a n Geld; sie ist nach bügerlichem Recht zu beantworten. Wer bares Geld bekommt, um es an einen Dritten abzuführen, wird, wenn nicht Übereignung beabsichtigt war, nicht Eigentümer, kann es also „unterschlagen"; nicht aber, wenn ihm der Betrag auf sein Bankkonto eingezahlt wird mit dem Auftrag, einen entsprechenden Betrag an den Dritten zu bezahlen. Ein „strafrechtliches Eigentum" gibt es nicht. Vgl. z. B. E 34 39 (Zahlkellner), 54 185 (der mit Einlösung eines Schecks Beauftragte), 63 406 (Darlehnsvermittler), Hamm N J W 57 1773 m. Anm. Baumann (Verkaufskommissionär). U., wenn jemand einen Scheck für einen anderen einlöst, aber das Geld behält; denn die Bank übereignet „an wen es angeht": BGH MDR 53 21. — U. bei Miteigentum an Geld (§ 948 BGB): BGH MDR 53 402. — V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g berührt nicht das Eigentum. Der Gemeinschuldner begeht also an Massegegenständen keine U. — Verlassenes, insbes. vergrabenes Flüchtlingsgut nicht ohne weiteres herrenlos; Kiel MDR 47 271. Auch nicht Wehrmachtsgerät im alten Kampfgelände: BGH N J W 53 1271. — Rechtswidrige Kollektiventeignungen begründen kein Eigentum. Nürnberg HESt. 2 305. II. Besitz oder Gewahrsam. Beides gleichbedeutend, und zwar nicht als „Besitz" i. S. des bürgerl. Rechts, sondern als tatsächliches Herrschaftsverhältnis. Vgl. also Anm. I I 1 zu § 242. Abw. Rutkowsky N J W 54, 180, Post, Der Anwendungsbereich des U.-Tatbestandes, Neue Kölner Rechtswiss. Abh. 1956, 59f. — Im A l l e i n g e w a h r s a m des Täters liegt der Unterschied der Unterschlagung vom Diebstahl. Der Mitgewahrsamsinhaber begeht gegen den anderen Diebstahl, nicht Unterschlagung. Abw. LK 6/7. A. § 242 I I (S. 308). — Da verlorene Sachen, wenn auch nicht herrenlos, so doch auch in niemandes „Besitz oder Gewahrsam" sind, ist ihre Ansichnahme zunächst weder Diebstahl noch Unterschlagung. Erst ein der Besitzergreifung nachfolgender Akt rechtswidriger Zueignung begründet die sog. Fundunterschlagung. E 19 38,42 420,49 194, 53 302; der Sache nach auch BGHSt. 2 317; gegen „berichtigende" Auslegung (Welzel JZ52, 617, J R 53, 187, Jescheck GA 1955, 102, Schönke-Schröder I I I 3 u. a.) überzeugend Bockelmann MDR 53,3. Vermittelnd Maurach § 27 I A 2. Vgl. aber auch E 67 70 (77), Bremen MDR 48 261, BGH LM Nr. 3 (hiergegen zutr. Schneider N J W 53, 1421, vgl. dens. MDR 56, 337), BGHSt. 4 77. — Wer nicht Besitz oder Gew. a. d. Sache hat, kann auch n i c h t Mittäter sein, *) Ergänzend: Depotgesetz v. 4. 2. 37 (Nebengesetz Nr. 9) sowie §§ 350 f. betr. Amtsunterschlagung.

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Diebstahl und Unterschlagung § 246

nur Gehilfe: E 68 90, 72 326, BGHSt. 2 317 betr. Mitgewahrsam; anders Bremen S J Z 50 357 (Anm. Busch), Nürnberg MDR 50 627. — Zueignung einer fremden Sache durch einen der Mitgewahrsamsinhaber ist U., wenn alle übrigen einverstanden waren: BGHSt. 8 273 betr. Angeteilten, wenn er mit Wissen der anderen Gewahrsamsinhaber Geld aus der Kirchenkasse nahm. III. Sich zueignen. Begriff: Anm. III 2 zu § 242. Der W i l l e , die Sache (z. B. die gefundene) behalten zu wollen, genügt nicht, auch nicht seine bloße Bekundung; er muß n a c h a u ß e n e r k e n n b a r betätigt sein; z. B. durch Verbrauch, Verkauf der Sache (nach E 67 73, 73 253, BGH MDR 54 398 durch Anbietung, noch weitergehend betr. vertretbare Sachen Braunschweig N J W 47 109, dagegen Wiegmann a. a. 0.),Verpfändung ohne jederzeitige Einlösungsmöglichkeit (E 44 117, 66 155), dem Gerichtsvollzieher überlassen (Schleswig SchlHA 58 216, Oldenburg N J W 52 1267), Ableugnen des Besitzes (E 5 252, 61 160). Vgl. auch E 55 145: Entnahme einer Sache aus einem im Gewahrsam des Täters befindlichen Koffer. — G e b r a u c h kann in Betracht kommen als Beweis des Zueignungswillens; ebenso unter Umständen die N i c h t a n z e i g e des Funds (BGB § 965), die aber für sich allein noch keine Unterschlagung darstellt. Vgl. Hamm J R 52 204; Schleswig SchlHA 53 217. — G e l d kann man „sich zueignen", indem man es ausgibt, aber auch indem man es mit eigenem vermischt (E 67 334). Instruktiv auch E 63 376, 75 378. — J W 31 1037: Behauptung des Eigentums gegenüber dem Berechtigten. Nicht gegenüber der Polizei im Ermittl.-Verf., da hier Verteidigungszweck: Frankfurt S J Z 47 676 (Anm. Voigt), Hamm J R 52 204. - Unentgeltliche Verfügung zugunsten eines Dritten als Z.: Braunschweig JBlBr. 47 268, Celle Hann. Rpfl. 47 33, BGHSt. 4 236. - Eigenmächtiges Wegwerfen nicht ohne weiteres: BGH GA 1954 60. IV. Rechtswidrigkeit ausgeschlossen bei Einwilligung des Eigentümers (z. B. Wechseln aus fremder Kasse). Zust. der Gesellschafter rechtfertigt U. zum Nachteil einer Gesellschaft nicht: BGHSt. 3 32, 39. E r s a t z b e r e i t s c h a f t schließt die Rechtswidrigkeit ohne weiteres nicht aus. E 60 312. V. Vorsatz muß das Bewußtsein fremden Eigentums umfassen, ferner den eigenen Gewahrsam (abw. Welzel JZ 52, 617) sowie das Nichtvorhandensein von rechtfertigenden Umständen. Er fehlt also, w e n n der Täter a n n a h m , d e r E i g e n t ü m e r s e i m i t d e r Z u e i g n u n g e i n v e r s t a n d e n ; z. B. mit dem Wechseln aus fremder Kasse; oder mit Entnahme von Geld bei baldiger Ersatzmöglichkeit. Ob e r d i e s a n n a h m , ist eine B e w e i s f r a g e . Unrichtig aber, Vorsatz anzunehmen mit der Begründung: „der Täter m u ß t e w i s s e n , daß es ihm nicht erlaubt war". Dies genügt nur,wenn gemeint ist: „Der Täter w u ß t e , daß es ihm nicht erlaubt war — anderes ist nach der Sachlage nicht denkbar." Anderenfalls ist nur Fahrlässigkeit gegeben, die hier aber nicht strafbar ist. Freilich würde ein ausdrückliches Verbot (z. B. bei Beamten) ein schwer widerlegliches Indiz dafür sein, daß er es nicht nur wissen m u ß t e , sondern daß er es w u ß t e . Aus der nicht immer eindeutigen Rechtspr. d. RG vgl. E 61 207, J W 36 934, H R R 37 533 u. 1561, DR 41 492 (Anm. Boldt). Eingehend betr. D e p o t g e s e t z : E 65 215. Früher E 37 168, 38 267, 42 43, 44 41. — Bloße Absicht, das Zugeeignete später zu e r s e t z e n , schließt den Vorsatz n i c h t aus: E 60 312; vgl. schon Anm. IV. VI. Veruntreuung ist kein Sondertatbestand, nur Strafschärfungsgrund — infolge gesteigerter Schuld, § 50 II anwendbar — bei Unterschlagung, falls anver-

Diebstahl und Unterschlagung § 247

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traute „ f r e m d e S a c h e n " veruntreut werden. Bei anderem Gut kommt „Untreue" nach § 266 in Betracht. Ein vermieteter Kraftwagen ist anvertraut: BGHSt. 9 90 (wie E 4 386). — Auch auf Grund eines n i c h t i g e n Rechtsgeschäfts können Gelder „anvertraut" sein: Braunschweig NJW 60 656, BGH NJW 54 88916, MDR 53 402 (dann aber nicht Untreue). Anders aber mit Recht für den Fall s i t t e n w i d r i g e r Geschäfte Schönke-Schröder Anm. X 2. VII. Verhältnis der Beamtenunterschlagung (§§ 350, 351) zu § 246: § 350 Anm. IV 1. - Vgl. ferner § 259 Anm. VIII (dazu Oldbg. N J W 53 1237: Hehlerei, nicht U., wenn sich die Mutter das von ihrem Kind entwendete Geld geben läßt), § 263 Anm. VII (dazu BGHSt. 1 262: ob mehrfache Sicherungsübereignungen U. oder Betr., hängt davon ab, ob der Täter Eigentum übertragen wollte; Braunschweig GA1954 315: Tatmehrheit , wenn betrügerische Besitzerlangung rechtswidriger Verfügung folgt) § 266 Anm. VIII (Wahlfeststellung zulässig, Braunschweig JZ 51 235 mit Anm. Schönke), § 290 Anm. III, § 370 Anm. VI. - Die §§ 34ff. DepotG v. 4. 2. 37 sind gegenüber dem § 246 Sondergesetze. — Unterschlagung nach Betrug: Hamm JMB1. NRW 55 236, BGH GA 1957 147. Umgekehrt Sicherungsbetrug strafl. Nachtat nach § 246: Hamm a. a. O. 57 177. — Über das Verhältnis von §242 und § 246 zur Urkundenbeseitigung BGH GA 1956 318. — Nur § 246, nicht § 259, wenn über gestohlene Sache mit dolus subsequens eigenmächtig verfügt wird: BGHSt. 10 151; vgl. § 259 Anm. VIII. Nach Untreue (strafl. Nachtat): BGHSt. 6 316, 8 260. Vgl. aber auch Anm. VI a. E. 3. Mildere Fälle a) Antrag; b) Straflosigkeit

§247 (1) Wer einen Diebstahl oder eine Unterschlagung gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begeht, oder wer einer Person, zu der er im Lehrlingsverhältnis steht, oder in deren häuslicher Gemeinschaft er als Gesinde sich befindet, Sachen von unbedeutendem Werte stiehlt oder unterschlägt, ist nur auf Antrag zu verfolgen. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. (2) Ein Diebstahl oder eine Unterschlagung, welche von Verwandten aufsteigender Linie gegen Verwandte absteigender Linie oder von einem Ehegatten gegen den anderen begangen worden ist, bleibt straflos. (3) Diese Bestimmungen finden auf Teilnehmer oder Begünstiger, welche nicht in einem der vorbezeichneten persönlichen Verhältnisse stehen, keine Anwendung. I. Diebstahl: auch qualifizierte Fälle wie § 243: E 74 374; auch § 244. II. Angehörige: § 52 Abs. 2 und Anm. dazu; ferner BGHSt. 7 245 (§ 247 umfaßt das Verhältnis des unehelichen Kindes zu seinem Vater); BGHSt. 7 383 betr. geschiedene Ehegatten (§ 247 nicht anwendbar), hierzu Hoepner DRiZ 55, 215. — Gegen Angehörige (und nur sie) auch bei gleichzeitiger Verletzung des untergeordneten Mitgewahrsams einer Hausgehilfin; daher auch dann Antrag erf.: BGHSt. 10 400. — Zum Verlöbnis BGHSt. 3 215 (betr. § 263 Abs. 5): Eheversprechen eines Heiratsschwindlers begründet kein V. — Gibt ein Verlobter hinter dem

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Diebstahl und Unterschlagung §§ 248, 248 a

R ü c k e n des anderen seinen Heiratsentschluß auf, so k a n n er sich jedenfalls nicht auf das Verlöbnis b e r u f e n : Koblenz N J W 58 2027. m . Erzieher: B G H S t . 6 369 (zu § 181, vgl. dort). IV. Hauswirtschaftliehe Angestellte i. S. der früheren Gesindeordnungen. Wohl auch d a n n , wenn sie auswärts nächtigen; entscheidend ist die schwer begrenzbare u n d kontrollierbare Zugänglichkeit der wichtigsten hauswirtschaftlichen Gegenstände. Deshalb nicht Gesellen (E 13 14). Wohl aber rechnet E 74 374 landwirtschaftliche Arbeiter dann hierher, wenn sie zur Hausgemeinschaft gehören. — Nicht „Gesinde" untereinander: E 40 1. A.A. F r a n k I I 2, Schönke-Schröder I I 2 a . V. Unbedeutend m u ß nach E 22 245 der W e r t f ü r b e i d e Teile sein; richtiger wohl: f ü r den B e s t o h l e n e n . Ebenso Binding Lb. 1, 306. VI. Antrag: vgl. §§ 61 ff. V e r l e t z t e r ist bei der Unterschlagung der E i g e n t ü m e r , bei Diebstahl Eigentümer u n d Gewahrsamsinhaber: E 10 210, 54 280. Beim Gesindediebstahl die Dienstherrschaft. E 40 187. Sind hiernach m e h r e r e V e r l e t z t e vorhanden (indem der E i g e n t ü m e r ein anderer ist als der Gewahrsamsinhaber), u n d fällt einer von ihnen nicht u n t e r § 247, so bedarf es keines S t r a f a n t r a g s : E 4 346, 73 153, D R 43 513. VII. Die betr. Verwandtschaftsverhältnisse müssen t a t s ä c h l i c h vorgelegen haben. Ein I r r t u m des Täters, sie h ä t t e n vorgelegen, m a c h t nicht etwa nach § 59 straflos. E 61 270, 73 153. U m g e k e h r t b r a u c h t der T ä t e r sich ihrer nicht b e w u ß t gewesen zu sein. E s handelt sich in Abs. 2 u m pers. Strafauaschi. Grde. (Syst. Vorbem. V I B). Abw. z. T. Mezger S t B I I § 47 V, f ü r Abs. 2 auch Maurach 201, Schönke-Schröder Anm. I I I . VIII. Der Ausschluß Dritter folgt jetzt auch aus § 50 I I („ausschließen"), im übrigen bzgl. Abs. 2 aus der R e c h t s n a t u r des Privilegs (oben A n m . VII).

4.

Nebenstrafen

§ 248

Neben der wegen Diebstahls oder Unterschlagung erkannten Gefängnisstrafe k a n n auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, und neben der wegen Diebstahls erkannten Zuchthausstrafe auf Zulässigkeit von Polizeiaulsicht erkannt werden. Neben Gefängnis nur, wenn mindestens 3 Monate: § 32 Abs. 1. 5.

Notentwendung

§ 248 a

(1) Wer aus Not geringwertige Gegenstände entwendet oder unterschlägt, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu, drei Monaten bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. (3) Wer die Tat gegen einen Verwandten absteigender Linie oder gegen einen Ehegatten begeht, bleibt straflos.

Diebstahl und Unterschlagung § 248 b

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I. Eingefügt durch G. v. 19. 6. 12. Motive in E 46 266. - Gegenüber §§ 242, 246 ist § 248a selbständig. Also: V e r s u c h straflos; §§ 243, 244, 258 unanwendbar. Dagegen ist § 252 nach E 66 354 anwendbar (str.). II. Aus Not: unter dem Drucke wirtschaftlicher Bedrängnis, um ein dringendes Lebensbedürfnis zu befriedigen (E 46 387, 408, 53 243), das der Täter in redlicher Weise nicht befriedigen konnte (E 69 313). In diesen Grenzen auch bei s e l b s t v e r s c h u l d e t e r N o t ; vgl. aber B G H MDR 52 408 (mit weiteren Nachweisen) betr. entwichene Anstaltsinsassen. — E 52 296 stellt den Satz auf, daß eine die g e s a m t e B e v ö l k e r u n g g l e i c h m ä ß i g t r e f f e n d e „ N o t " von § 248 a n i c h t berücksichtigt werde. Vgl. hierzu v. Weber MDR 47, 78. III. Geringwertig: Maßgebend der wirtschaftliche Wert zur Zeit der Tat, der gering sein muß sowohl f ü r den Täter wie f ü r den Verletzten. E 48 52, 52 296. Ein — später verkaufter — Zentner Kartoffeln nicht: BGH MDR 52 408. Auch nicht 3 Mettwürste im Wert von 23,40 DM, wohl aber ein Huhn f ü r 5 DM: 3. bzw. 5. Sen. MDR 54 336. - Grundsätzlich jetzt BGHSt. 6 41 (betr. § 264a) mit Nachweisen: in erster Linie obj. Maßstab, daneben Verhältnisse des Geschädigten, zuletzt die des Täters zu berücksichtigen. — Bei fortgesetzter oder gemeinsamer T a t Gesamtwert: E 54 272. Vgl. auch § 247 Anm. V und § 370 Anm. IV. Gegenstände: die der Not unmittelbar oder (z. B. durch Verkauf, Verarbeitung) mittelbar abhelfen sollen und können. E 46 265. Vgl. aber B G H MDR 52 408 betr. Verkauf. IV. Entwenden: in der Absicht rechtswidriger Zueignung wegnehmen (§ 242): E 46 265. V. Zum Vorsatz gehört Kenntnis der Geringwertigkeit (E 46 265, BGH bei Daliinger MDR 57 15); die irrige Annahme des Täters, die Sache sei wertvoll (z. B. Schmuck sei echt), schließt den § 248a aus und begründet mit E 46 265, Karlsruhe J W 1933 2847 § 242 (oder § 246). Nach den Mot. ist ratio legis „den sonst Rechtschaffenen, der sich unter dem stärksten Antrieb, der Not, an geringwertigem Gut vergreift, nicht mit gemeinen Dieben auf eine Stufe zu stellen"; also eine t y p i s i e r t e S c h u l d m i n d e r u n g (Syst. Vorbem. S. 3), f ü r die die Vorstellung des Täters von dem geringen Wert der Sache mitbegründendes und unverzichtbares Indiz ist. Umgekehrt schließt die Unkenntnis des gegenüber § 248a s c h u l d e r h ö h e n d e n Umstandes, daß die Sache wertvoll ist, gemäß § 59 die §§ 242, 246 aus; da dem Täter dieser Umstand nicht zuzurechnen ist, wird er nur nach § 248 a bestraft. Es liegt wie bei § 217 (vgl. dort Anm. I). Der gleiche Gedanke jetzt in § 100a Abs. 4. VI. Konkurrenzen: § 248a erscheint gegenüber den §§ 242 bis 248 als lex specialis. Nicht gegenüber §§ 249ff., 350. - Über das Verhältnis zu § 244 vgl. § 244 Anm. I I . Tateinheit zwischen § 248a und § 242/43, wenn Wegnahme größerer Mengen beabsichtigt, dann aber nur Geringwertiges weggenommen. Unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen

§ 248b (1) Wer ein Kraftfahrzeug oder ein Fahrrad gegen den Willen des Berechtigten in Gebrauch nimmt, wird, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. 35

K o h l r a u s c h - L a n g e , StGB, 42. Aufl.

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Diebstahl und Unterschlagung § 248b

(2) Der Versuch ist strafbar. (3) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. (4) Wer die Tat gegen einen Verwandten absteigender Linie oder gegen seinen Ehegatten begeht, bleibt straflos. (5) Kraftfahrzeuge im Sinne dieser Vorschrift sind die Fahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, Landkraftfahrzeuge nur insoweit, als sie nicht an Bahnglcise gebunden sind. I. Eingefügt durch Ges. v. 4. 8. 53 (übernommen aus NotVO v. 20. 10. 32) Lit. zur VO: Wagner, Komm. 1932; ders. J W 1932, 3679, J R 1932, 253. II. Kraftfahrzeuge nach der Legaldefinition des Abs. 5 auch Wasser- und Luftfahrzeuge. III. Fahrrad: auch Dreirad u. ä. — Wenn durch Hilfsmotor bewegt: Kraftfz. (oben zu I I ) ; a. A. Floegel-Hartung, Anm. 3, wo weitere Kasuistik. — Nach der Verkehrsauffassung nicht schienengebundene (vgl. auch Abs. 5). IV. In Gebrauch nimmt das Fahrzeug nicht, wer n u r mitfährt oder sich im Wagen aufhält oder das Fahrzeug in Betrieb setzt, sondern nur wer es in Gang setzt, um sich mittels seiner fortzubewegen, vgl. auch Müller, Straßenverkehrsrecht 17, S. 220. Das unbefugte Vor- oder Zurücksetzen fällt nicht darunter (anders f ü r das „Benutzen" in § 7 Abs. 3 StVG: BGHZ N J W 54, 392, dem Floegel-Hartung auch f ü r § 248 b folgen). Die Fortbewegung m u ß nicht mittels der spezifischen Triebkräfte erfolgen: auch Fahrrad im Freilauf; Motorrad im Leerlauf (ebenso jetzt BGHSt. 11 44, a. A. insoweit H a m m VRS 6 210). Dem Zweck des Gesetzes entspricht es allein, nur das — aber auch jedes — Ingebrauchnehmen z u r e i g e n e n F o r t b e w e g u n g zu erfassen. Gleichgültig ist, ob der Täter schon G e w a h r s a m h a t t e oder nicht. L ä ß t der Täter das Fahrzeug an ungeschütztem Ort, wo es beliebigem Zugriff ausgesetzt ist, zurück (BGHSt. 5 206) oder wird der Eigengebrauch des Berechtigten in z e i t l i c h empfindlicher Weise ausgeschlossen, so § 242 (dort I I I 2b). Übersicht über die Rspr. des BGH: MDR 54 398. V. Versuch (Abs. 2) z. B. durch Besteigen des Fz. — Einschalten der Zündung, Anschieben u. dgl. ist schon Vollendung. — Dauerdelikt, beg. während der ganzen Zeit des unbef. Gebrauchs: E 68 216; Folgen f ü r die Antragsfrist E 43 287. Betr. untauglichen Versuch vgl. Anm. VII. VI. Rechtswidrig nur, wenn die F a h r t unbefugt b e g o n n e n (in Gebrauch n e h m e n ) . BayObLG N J W 53 193. Anders BGHSt. 11 47 unter Hinweis auf den (zu weit gefaßten) „Zweck, jeder Schwarzfahrt entgegenzutreten". Aber schon der allgemeine Sprachsinn „in Gebrauch n e h m e n " steht dem entgegen. — B e r e c h t i g t e r kann auch ein Nichteigentümer, z. B. der Mieter sein. — Untreue Mieter fallen nicht unter § 248b, da Einwilligung vorliegt; vgl. Ebert D A R 54, 291. VII. Zum Vorsatz gehört das Bewußtsein, gegen den Willen des Berechtigten :zu handeln, dol. ev. genügt. Irrige Annahme, gegen seinen Willen zu handeln, begründet untaugl. Versuch. Vgl. § 242 Anm. IV. VIII. Mittäterschaft auch, wenn nur einer f ä h r t : E 76 176. IX. Verwandte, Ehegatten nach Abs. 4 straflos unter den Voraussetzungen wie z u § 247 Anm. VII.

Diebstahl und Unterschlagung § 248 c

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X. Konkurrenzen. § 242 geht vor (Subsidiaritätsklausel des Abs. 1), wird aber durch den unbeabsichtigten, wenn auch erkannten Treibstoffverbrauch nicht begründet. Celle N J W 58 37, Köln JMB1. N R W 54 204; ebenso jetzt Maurach § 31 B 2; anders die ältere Rspr. — Unterschlagung des Kofferrauminhalts: BGH MDR 54 398.

Entziehung elektrischer Krajt

§ 248c

(1) Wer einer elektrischen Anlage oder Einrichtung fremde elektrische Energie mittels eines Leiters entzieht, der zur ordnungsmäßigen Entnahme von Energie aus der Anlage oder Einrichtung nicht bestimmt ist, wird, wenn er die Handlung in der Absicht begeht, die elektrische Energie sich rechtswidrig zuzueignen, mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Wird die im Absatz 1 bezeichnete Handlung in der Absicht begangen, einem anderen rechtswidrig Schaden zuzufügen, so ist auf Geldstrafe oder auf Gefängnis bis zu zwei Jahren zu erkennen. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. I. Eingefügt durch 3. StÄG an Stelle der §§ 1, 2 des Ges. v. 9. 4. 1900. Dieses Gesetz war notwendig geworden, nachdem E 29 111, 32 165 der Elektrizität die Sacheigenschaft abgesprochen hatten. Die Ersetzung des Wortes „Arbeit" durch „Energie" trägt ohne sachliche Änderung dem wissenschaftlichen Sprachgebrauch Rechnung. Allerdings ist die begriffliche Entgegensetzung von „Sache" und „Energie", die schon Kohlrausch ZStW20, 459ff. bekämpfte, heute fragwürdigerdenn je: einerseits durch die teleologische Erfassung des Sachbegriffes im Strafrecht (Erik Wolf in RG-Festgabe V 44ff.), andererseits durch die heutige naturwissenschaftliche Auffassung, daß Materie und Energie nur verschiedene Erscheinungsformen desselben Substrats sind. Die elektrische Energie hat freilich stets Geldwert, was beim Diebstahlsgegenstand nicht der Fall zu sein braucht; daher rechtfertigt sich die primäre Androhung von Geldstrafe neben Gefängnis. Auch läßt sich an der Energie selbst kein Gewahrsam begründen oder brechen, wohl aber am Energieträger, z. B. einer Batterie (Kohlrausch a.a.O. 497). Die geringere Strafdrohung des Abs. 3 entspricht ebenso wie die Funktion des inneren Tatbestandes der der Sachbeschädigung (darüber unten Anm. VI). II. Entziehung: Minderung der Energiemenge, sei es an der Kraftquelle, sei es bei einem anderen Verbraucher, z. B. dem Wohnungsnachbarn, dessen Leitung angezapft wird. Auch im letzteren, wohl häufigsten Fall ist Geschädigter i. S. des § 248 c das Elektrizitätswerk, dessen Energievorrat verringert wird. Daneben kommt Betrug gegen den Nachbarn in Betracht (Rechtspflicht zur Aufklärung auf Grund des vorangegangenen Tuns!), da er mehr Strom bezahlen muß als er verbraucht hatte. 35*

548

Raub und Erpressung. Vorbemerkungen

Der Gegensatz von „Diebstahl" und „Unterschlagung" ist hier ohne selbständige Bedeutung, vgl. aber oben I a. E. III. Mittels eines Leiters: nicht nur zur unmittelbaren Weiterleitung, sondern auch zur Aufnahme durch Induktion usw. bestimmte Vorrichtungen, vgl. E 39 436. IV. Zur ordnungsmäßigen Entnahme nicht bestimmt. Häufigster Fall Umgehung des Zählers: E 42 19, GA 55 314. Unangemeldeter Fernsprechnebenanschluß: GA 56 67. Aber auch bei unbefugtem Anschluß der Lichtleitung an das Kraftnetz, um den billigeren Tarif zu erlangen: E 45 233. Die Bestimmung zur Stromentnahme hängt nach E 39 436, 74 244 von dem Willen des Verfügungsberechtigten ab. Aber in dem Begriff der „ordnungsmäßigen" Entnahme steckt doch auch ein generalisierendes, objektives Moment. Zu fragen ist, was verkehrsüblich ist oder doch üblicherweise geduldet wird. Wenn die Sekretärin gegen den Willen des Chefs ihren Elektrokocher oder Heizofen anschließt, ist sie entgegen Schönke-Schröder II 4 nicht nach § 248 c strafbar, sondern verletzt nur zivil- und arbeitsrechtliche Pflichten. Strafbar dagegen etwa der Hotelgast, der auf seinem Zimmer mittels eines in die Lampe eingeschraubten Doppelsteckers heimlich Strom zum Waschen oder Kochen entnimmt. Wiederum nicht, wenn er seinen elektrischen Rasierapparat anschließt, auch wenn dies im Einzelfall nicht mit dem Willen des Berechtigten geschieht. V. Zu Abs. 1: Absicht rechtswidriger Zueignung wie bei § 242 III, 2. Insbes. auch hier keine Bereicherungsabsicht erforderlich, RG DJZ 1911765, GA 54 78; vgl. aber Anm. I. VI. Zu Abs. 3: Absicht rechtswidriger Schadenszufügung subjektives Unrechtselement wie die Zueignungsabsicht. Die Grenze zu dieser verläuft wie zwischen §§ 242, 246 einerseits, § 303 andererseits. Der Gegensatz von Abs. 1—3 zeigt, daß die Absicht bloß negativer Einwirkung kein „se ut dominum gerere" i. S. des § 242 ist; vgl. dort Anm. I I I 2b. VII. Zum Vorsatz gehört die Kenntnis, daß der Leiter nicht zur ordnungsmäßigen Stromentnahme bestimmt ist, ferner das Bewußtsein, gegen den Willen des Berechtigten zu handeln. Vgl. oben IV. VIII. Versuch, wenn der Täter mit dem Anlegen der Leitung begonnen hat, Vollendung, sobald Energie entzogen ist, D a u e r d e l i k t : begangen, solange die Entziehung andauert. IX. Verhältnis zu anderen Straftaten: Tatmehrheit mit Betrug durch Schweigen denkbar in Fällen wie dem hier Anm. I I erörterten, da verschiedene Geschädigte. Wenn lediglich der Lauf des Zählers beeinflußt wird, nur Betrug: E 74 243. Bei Leistungserschleichung von Strom- und Fernsprechautomaten nur § 265 a: E 68 69. Zwanzigster Abschnitt

Raub und Erpressung Vorbemerkungen I.„Raub" (§ 249) und „Erpressung" (§253) haben gemeinsam die die Entschlußfreiheit des Angegriffenen beeinträchtigenden M i t t e l : Gewalt und Drohung; unterscheiden sich aber 1. durch die Schwere der Drohung; 2. in dem angegriffenen

Kaub und Erpressung § 249

549

R e c h t s g u t : Raub gegen Besitz und Eigentum, Erpressung gegen Vermögen und Freiheit; 3. in der T B H a n d l u n g : Der Räuber nimmt weg, der Erpresser veranlaßt ein Verhalten des anderen. — Die Abgrenzung ist aber schwierig bei r ä u b e r i s c h e r S a c h e r p r e s s u n g , d. h. wenn der Täter durch Gewalt oder schwere Drohung eine Sache in seinen Besitz bringt, nicht, indem er sie nimmt, sondern den Besitzer zur H e r a u s g a b e zwingt, sie ihm abnötigt. Die Unterscheidung ist unnatürlich; Wahlfeststellung nach BGHSt. 5 280 zulässig. Nach dem StGB wird hier in der Regel „Erpressung" angenommen, derTäter aber gleich „einem Räuber bestraft" (§ 255). Vgl. hierzu E 66 117 und jetzt eingehend BGHSt. 7 252. Bemerkenswerte Einschränkung bei Braunschweig HESt. 2 30: Entscheidend innere Willensrichtung des Gesch. Bedeutet sein Dulden der Wegnahme innere Zustimmung, so Erpressung; weicht er nur dem Zwange und duldet, was er glaubt nicht hindern zu können, so Raub. Entspr. BGH NJW 52 782, 53 73 betr. §§ 242/263, vgl. oben §242 Anm. VI, aber n i c h t für §§249/255: BGHSt. 7 255. Lehrreich BGHMDR 65 17: § 249 lex spec. zu § 255, wenn Täter Angabe des Aufbewahrungsorts erpreßt und dann das Geld wegnimmt. Ebenso schon Schröder ZStW 60, 96ff.; dagegen Wimmer N J W 48, 244. II. „Raub" und „Diebstahl" haben den Grundtatbestand des § 242 gemeinsam. Der in jedem „Raub" steckende „Diebstahl" kommt also nicht in Betracht, er wird konsumiert. Idealkonkurrenz aber möglich zwischen § 249 und § 243: hier (nicht aber bei Konkurrenz von § 242 mit § 249) sind also auch Diebstahlsvorstrafen nach § 244 zu berücksichtigen. Ebenso RGJW 1938 831. Über „räuberischen Diebstahl" vgl. Anm. zu § 252. 1. Raub: a)

einfacher

§249

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, sich dieselbe rechtswidrig zuzueignen, wird wegen Raubes mit Zuchthaus bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. I. Gewalt: Vgl. zunächst Anm. I I zu § 52 und zu §§ 240, 253. Hier aber muß die Gewalt gegen eine P e r s o n gerichtet sein, um einen geleisteten Widerstand zu brechen oder einen erwarteten zu verhindern (Gewalt gegen einen Schlafenden: E 67 183; einen Betrunkenen: BGHSt. 4 210; dazu unten Anm. I I I ; einen Bewußtlosen: BGH NJW 53 351). Auch Brechung eines p s y c h i s c h e n Widerstandes (vis compulsiva); auch h y p n o t i s c h e Einwirkung auf den psycho-physischen Gesamtorganismus (zutr. Blei NJW 54, 586, vgl. schon Maurach BT § 14 I I und die dort. Zit.), und zwar muß sich die Gewalt gegen den G e w a h r s a m s i n h a b e r richten oder doch gegen eine Person, die als M i t v e r t e i d i g e r des Gew. in Betracht kommt, d. h. zum Schutze der Sache verpflichtet oder bereit ist (E 67 186, 69 330). — Gewalt gegen S a c h e n genügt nur dann, wenn sie als Einwirkung auf den Körper gewollt ist und diesen in Mitleidenschaft zieht (E 46 403, ähnlich BGH NJW 55 1404: überraschendes Wegreißen einer Handtasche wäre Raub nur dann,

Raub und Erpressung § 250

550

wenn ein W i d e r s t a n d durch eine b e s o n d e r e Kraftaufwendung unmöglich gemacht werden soll. Weitergehend Schönke-Schröder IV 1 und die dort. Zit.). Vgl. auch E 45 153. — Auch das Einschließen des zu Beraubenden kann Gewaltanwendung sein (E 27 405, 69 330). — Anwendung eines B e t ä u b u n g s m i t t e l s „Gewalt", auch wenn nicht gewaltsam beigebracht: BGHSt. 1 145 und die Entwürfe; anders E 56 87, 58 98. — Abgabe von Schüssen aus einer Schreckschußpistole als „Gewalt gegen eine Person": E 66 358. IL Drohung: Inaussichtstellung eines Übels (hier einer unmittelbaren Gefahr f ü r Leib oder Leben), das der Drohende herbeiführen kann oder zu können sich den Anschein gibt (auch Schreckschüsse, auch aus einer sog. Schreckpistole: E 66, 353, dort freilich „Gewalt" angenommen). Im einzelnen vgl. oben § 52 Anm. I I I . — Sie muß sich gegen den Gewahrsamsinhaber oder Mitverteidiger richten: E 56 23. III. Mit Gew. oder unter Anwendung von Droh, setzt keinen Kausalzushg. zwischen diesen Mitteln und der Wegnahme voraus, wie die zweite Wendung schon sprachlich zeigt. Nach der zutr. BGHSt. 4 210 genügt es, daß der Täter die Gewalt f ü r geeignet hält, die Wegn. zu ermöglichen. F i n a l Zusammenhang entscheidend. IV. Wegnahme: § 242 Anm. II. Vgl. Hamburg HESt. 2 27. V. Versuch schon bei Wegnahme oder Gewaltanwendung oder Drohung. Hierzu E 69 327. Versuch, in die Wohnung eingelassen zu werden: Frankfurt HESt. 2 306. Angriff auf Begleiter des Opfers: BGHSt. 3 297. Auflauern, auch wenn Opfer nicht erschienen ist: BGH 4. Sen. N J W 52 514; dagegen zutr. Anm. Mezger, Welzel § 49 I 2, auch 2. Sen. in N J W 54 567 mit weiterer Rspr.: Das Opfer muß mindestens nach Meinung des Täters schon in der Gefahrenzone sein. — Betr. Freiwilligkeit des Rücktritts vgl. BGHSt. 4 56. — Vollendung nicht vor ungehinderter Sachherrschaft: BGH MDR 55 145. VI. Teilnahme. Begeht der zu schwerem Raub Angestiftete nur einfachen Raub, so nach BGHSt. 1 131 nur § 249/48; dagegen Dreher J Z 52, 425: § 49 a. Dazu oben Anm. VI zu § 49 a. VII. Konkurrenzen. Verhältnis zu §§242 ff. und §252: Vorbem. II. §§ 248 a, 370 Ziff. 5 werden ausgeschlossen, da § 249 den Angriff auf ein weiteres Rechtsgut spezifisch erfaßt. Ebenso E 46 376; a.A. Klee ZAk 41, 258. Vgl. § 252 Anm. I, I I . - Mit § 252 nach OGHSt. 2 323, BGH LM § 73 Nr. 1 Tateinheit möglich. Wahlfeststellung mit §255: BGHSt. 5 280. Vgl. aber auch BGH MDR 55 17, wo §249 lex specialis (oben Vorbem. I). — Zur Abgrenzung von §§242, 253, 263: Braunschweig HESt. 2 30 (oben Vorbem. I), Meister MDR 47, 251, Schröder SJZ 1950, 100. - Zu den Tötungsdelikten: unten § 251 Anm. V.

b) Schwerer

Raub

§ 250

(1) Auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Räuber oder einer der Teilnehmer am Raube bei Begehung der Tat Waffen bei sich ftthrt; 2. zu dem Raube mehrere mitwirken, welche sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben;

Raub und Erpressung § 251

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3. der Raub auf einem öffentlichen Wege, einer Straße, einer Eisenbahn, einem öffentlichen Platze, auf offener See oder einer Wasserstraße begangen wird; 4. der Raub zur Nachtzeit in einem bewohnten Gebäude (§ 248 Nr. 7) begangen wird, in welches sich der Täter zur Begehung eines Raubes oder Diebstahls eingeschlichen oder sich gewaltsam Eingang verschafft oder in welchem er sich in gleicher Absicht verborgen hatte, oder 5. der Räuber bereits einmal als Räuber oder gleich einem Räuber im Inlande bestraft worden ist. Die im § 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter einem Jahre ein. I. Die Tatbestände des schweren Raubes sind weitgehend denen des schweren Diebstahls (§ 243) nachgebildet. Grundgedanke die besondere Gefährlichkeit (Ziff. 1, 2) oder Abschreckungsbedürftigkeit (Ziff. 5) des Täters oder das gesteigerte Sicherungsbedürfnis (Ziff. 3, 4). Im einzelnen: II. Raub mit Waffen: entspr. § 243 Ziff. 5. Vgl. dortige Anm. sowie E 54 248; OGHSt. 1, 86. Eingehend BGHSt. 3 229. N i c h t , wenn der Täter eine Tabakspfeife als „Pistole" dem Opfer vorhält: Hamburg MDR49 486. Mit Recht; denn die Stelle erfaßt die bes. Gefährlichkeit i. S. der Gewalttätigkeit, nicht i. S. der List. Ebenso jetzt BGHSt. 3 232. — Gaspistole ist Waffe i. teehn. Sinne, wenn zu Verletzungen geeignet und generell bestimmt: BGHSt. 4 125. — Massiver Aschenbecher: BGH MDR 53 531. - Celle MDR 50 371. HI. Bandenraub: entspr. § 243 Ziff. 6. Vgl. dort. IV. Straßenraub: Wartesäle fallen i. Gegens. zu § 243 Ziff. 4 nicht unter den Begriff „Eisenbahn". Hamburg HESt. 2 28. - CelleNdsRpfl. 47 25 betr. „Spritzen" im Schwarzhandel. — Auch wenn nur Begleiter auf öff. Wege angegriffen: BGHSt. 3 297, vgl. auch §249 Anm. V. Auch wenn Opfer vom Wege abgedrängt: LM Nr. 10, BGHSt. 5 281. V. Nächtlicher Raub: erweitert gegenüber § 243 Ziff. 7 durch den Fall der gewaltsamen Eingangsverschaffung. Auch diese muß zur Begehimg eines Raubes oder Diebstahls erfolgt sein: E 54 220. Eindringen eines Mittäters genügt: E 54 247. K e i n E i n s c h l e i c h e n , wenn der Gewahrsamsinhaber selbst, sei es auch auf Grund einer Täuschung, den Täter einläßt: BGHSt. 11 64. Vgl. § 243 Anm. IV zu Nr. 7. VI. Rückfall hier schon bei e i n e r einschl. Vorbestrafung. VII. Konkurrenz mit Waffenges.: E 66 117, J W 1932 407, 1933 1414. c) Baub mit Marterung

oder schweren

Folgen

§251 Mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslangem Zuchthaus wird der Räuber bestraft, wenn bei dem Raube ein Mensch gemartert oder durch die gegen ihn verübte Gewalt eine schwere Körperverletzung oder der Tod desselben verursacht worden ist.

552

Kaub und Erpressung § 252

I. Ein Mensch: der zu Beraubende oder ein anderer: E 75 52. II. Marterung: länger dauernde Zufügung körperlicher Schmerzen von besonderer Heftigkeit. Vgl. auch E 49 389; OGH N J W 49 910. III. Verursacht: mindestens fahrlässig, § 56 mit Anm. Gleiche Voraussetzung auch beim Teilnehmer. Vgl. Frankfurt HESt. 2 306 (betr. Exzess des Mitt.), BGH MDR 55 143 mit Nachweisen. IV. Versuch: wenn schwere Körperverletzung oder Tod verursacht, die Wegnahme aber nicht gelungen ist: Vgl. Vorbem. V I I vor § 43. E 62 422, 69 332. V. Konkurrenzen: Bei E r m o r d u n g zwecks B e r a u b u n g kann vorliegen: a) IdKonk. zwischen §§ 211 und 249 (bzw. 251): wenn Wegnahme durch Gewalt erfolgt und bei letzterer der Vorsatz auf Tötung gerichtet war (E 63 105, OGHSt. 1 86, BGHSt. 9 135); auch § 226 kann mit §§ 249, 251 in IdKonk. stehen (JW 37 1328). — b) Realkonk. zwischen § 211 und § 246, wenn die Tötung die Erlangung der Beute nur vorbereiten soll (E 56 23, 58 228, 59 273, 60 51). — Mehrere Mordversuche können nicht durch einen Raubversuch zur Tateinheit werden: BGHSt. 2 246. — § 251 schließt § 250 aus: LM Nr. 2 zu § 250. d) Räuberischer

Diebstahl

§ 252

Wer, bei einem Diebstahle auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitze des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Bäuber zu bestrafen. I. Wesen streitig. E 6 243 nahm einen Fall des R a u b e s an; E 60 133 und die h. M. qualifizierten D i e b s t a h l ; E 66 353, der BGHSt. 3 76, aber auch Maurach B T §29 I folgen, ein S o n d e r v e r b r e c h e n . Wichtigwegen § 244 (E 66 353 hält ihn für unanwendbar; er ist aber als die schwerere a l t e r n a t i v e Strafdrohung anzuwenden). Bei Mundraub, Notdiebstahl, Forstdiebstahl straft die Rspr. mit Recht (a. A. die 40. Aufl. und L K Anm. 2, Maurach § 29 I 3 b) auch hier den Täter „gleich einem Räuber". E 66 354, Hamm JMB1. NRW 50 48, BGHSt. 3 76: „erst recht", wenn schon geringfügige Entwendung Anlaß zu gefährlichem Verhalten. Vgl. § 249 Anm. VII. II. Diebstahl: hier im weitesten, auch die Sonderdelikte umfassenden Sinne, vgl. Anm. I. Denn entscheidender Grund für die Strafschärfung ist die brutale Rücksichtslosigkeit in illicito, wie auch Mörder ist, wer „über Leichen geht", um eine Übertretung zu ermöglichen oder zu verdecken (OGHSt. 1 78). Zu eng deshalb BGHSt. 9 162: §252 liege nicht vor, wenn der Täter nur die Feststellung seiner Person und einen späteren Verlust des Diebesgutes mit Gewalt verhindern will. III. Betroffen: d. h. bemerkt, Hamm HESt. 2 24, BGH LM Nr. 1. Auch ein bei der T a t Anwesender kann den Dieb bei dieser „betreffen". So stets schon die Auslegung von StPO § 127 und BGB § 859. § 252 ist auch anwendbar, wenn der Täter auf frischer Tat „ v e r f o l g t " wird; so mit überzeugender Begründung Celle HESt. 1 16; ebenso Oldenburg HESt. 2 312, BGHSt. 3 76, 9 255 (abl. Saiger MDR 56, 690. (Der Ausdruck „sich im Besitz e r h a l t e n " beweist, daß „bei einem Dieb-

R a u b u n d Erpressung § 253

553

s t a h l " nicht bis zur formellen Tatbestandsvollendung, sondern bis zur materiellen Beendigung des Angriffs auf das E i g e n t u m rechnet. Es liegt wie bei der Notwehr, vgl. § 53 Anm. IV. Vgl. auch E 73 343 (Anm. Kohlrausch in ZAk. 40, 16) u n d d a r a n a n k n ü p f e n d B G H N J W 58 1547: auch der Gewahrsamsinhaber, dem die Sache aus der H a n d weggenommen wurde, k a n n den Täter „ b e t r e f f e n " ; „Überraschen" oder „ E n t d e c k e n " nicht erforderlich. IV. Gewalt gegen eine Person: 1. Gegensatz: gegen eine S a c h e . Unzutr. nach dem W o r t wie dem Grundgedanken (Anm. I I ) daher München M D R 50 627, wonach § 252 auch bei Zuhalten der Tür, die den Dieb von den Verfolgern t r e n n t . — 2. Betr. G e w a l t s. o. § 52 A n m . I I , § 249 A n m . I . — 3. Gegen e i n e , also nicht notwendig die Person, die den Täter „ b e t r o f f e n " h a t (über diese A n m . I I I ) . N a c h h. M. m u ß die Person dem T ä t e r die Sache streitig machen wollen. Nach dem Grundgedanken (Anm. I I ) genügt es aber, wenn der Dieb dies n u r a n n a h m u n d z. B. in der Dunkelheit auf seinen Komplicen schießt, u m sich im Besitze . . . zu erhalten. E s liegt wiederum wie bei § 211 (vortrefflich d o r t L K 6/7 S. 187/88: „ I n t e n t i o n s w e r t " der Hdlg. entscheidend), aber auch wie bei § 249 (vgl. dort oben A n m . I I I betr. Einalzushg.). V. Drohung: vgl. § 52 A n m . I I I , § 249 A n m . I I , aber auch oben A n m . I V zu 3. VI. Teilnahme: Betr. M i t t ä t e r vgl. jetzt allgemein B G H S t . 2 344 (zuzurechnen auch die schon von anderen verwirklichten Akte). — Beteiligung a n der N ö t i g u n g genügt f ü r Täterschaft, auch des bloßen Diebsgehilfen (h. M.). — N a c h B G H S t . 6 248 k a n n der Diebsgehilfe aber n u r Täter sein, wenn er sich im Besitze des Diebsguts befindet (arg. „ s i c h . . . e r h a l t e n " ) . Dagegen z u t r . A r n d t GA 1954, 269. Bei Beteiligung mehrerer ist das „ s i c h " sinngemäß auf alle zu beziehen: eine sprachliche Konsequenz, keine Analogie. VII. I n jeder Hinsicht gleich einem Räuber. Deshalb auch §§ 250,251 anwendbar (E 19 141, OGHSt. 2 323). D a ß n u r die nachherige Nötigung, nicht auch die vorherige Wegnahme, u n t e r den erschwerenden U m s t ä n d e n des § 250 begangen ist (z. B. m i t W a f f e n oder auf einer Straße), schließt die Anwendung von § 250 nicht a u s ; dies folgt aus dem Grundgedanken (oben A n m . II). E 71 65 (kritische A n m . v o n Mezger in J W 37, 1332), Celle H E S t . 1 16, H a m m JMB1. N R W 50 48. Wegen § 244 vgl. A n m . I . Tateinheit mit § 2 2 3 a : Oldenburg H E S t . 2 312.

2. Erpressung:

a) einfache

§ 253

(1) Wer einen anderen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empiindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, u m sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird wegen Erpressung mit Gefängnis nicht unter zwei Monaten, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft. (2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die A n drohung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. (3) Der Versuch ist strafbar.

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R a u b und Erpressung § 253

I. Wesen der Erpressung. Nach früherem Recht war streitig, ob gegen E n t s c h l u ß f r e i h e i t oder V e r m ö g e n oder b e i d e s gerichtet. Die Neufassung vom 29. 5. 43 stellte klar, daß ein Vermögensschade entstanden sein muß, und die jetzige Fassung v. 4. 8. 53 hat hieran nichts geändert, sondern nur die Strafdrohung ermäßigt und den Maßstab des Abs. 2 richtiggestellt. Die E ist daher jedenfalls ein Vermögensdelikt. So schon nach fr. R . E 67 200. Gerade umgekehrt meint Klee DStrR 43, 125, daß sich die E früher gegen das Vermögen gerichtet habe, nimmehr aber ihr Wesen in der Vergewaltigung fremden Willens bestehe. Zutr. BGHSt. 7 198: Vermögen u n d Freiheit der selbständigen Entscheidung geschützt. Doch überwiegt der Angriff auf das Vermögen als Zweck den auf die Entschließungsfreiheit als bloßes Mittel durchaus; ähnlich Maurach § 37 I c. Aus dem Charakter als Vermögensdelikt folgt das Erfordernis der S u b s t a n z g l e i c h h e i t : der Schade muß dem G e n ö t i g t e n abgepreßt oder doch aus der diesem aufgezwungenen Handlung entstanden sein. Insbesondere wird eine Nötigung nicht dadurch zur Erpressung, daß sie im Hinblick auf eine von einem Dritten versprochene Belohnimg geschieht. E 71 291. Nicht jede Nötigung in Bereicherungsabsicht ist also Erpressung. Die Bestimmung schützt aber auch die Entschlußfreiheit, also ein höchstpersönliches Rechtsgut. Deshalb kein Fortsetzungszusammenhang bei E mehrerer Opfer: H R R 37 981, Braunschweig H E S t . 2 89, BGH N J W 54 483 und allg. Vorb. I I B 1 vor § 73. Vis absoluta, die auf den Körper, aber nicht auf den Willen wirkt, scheidet hier aus (anders §§ 240, 249); vgl. unten I I . E m p f i n d l i c h k e i t des Übels auch hier nach der Besonderheit des Bedrohten und seiner Lage zu beurteilen (bestr.), vgl. § 240 Anm. IV 2. Andererseits braucht sich das Opfer nicht in concreto bedroht zu fühlen (E 64 381: entscheidend, ob der Täter Zwang ausüben will). Mit U n t e r l a s s u n g zu drohen ist nur dann tatbestandsmäßig, wenn Hdlg. rechtlich geboten, vgl. E 14 265, 63 425. A. A. Schönke-Schröder I I I 1 b : es komme nur darauf an, womit man drohen dürfe, auch E 72 76. Aber Garantenpflicht und materielle Rechtswidrigkeit (Abs. 2) sind zu scheiden. I m e i n z e l n e n . Androhung der Entlassung, Strafanzeige: BGHSt. 5 254; öff. Bekanntmachung: München N J W 50 714, E 64 381. II. Gewalt: gegenSachen, aber auch gegen Personen,falls nicht„zu gegenwärtiger Gefahr f ü r Leib oder Leben" gesteigert (dann § 255; vgl. dort über die Gründe dieser einschränkenden Auslegung). Vgl. auch § 52 Anm. I I , § 240 Anm. I I I (zutr. aber Maurach § 37 I I A 2a), wonach „Gewalt" in § 240 auch vis absoluta, hier nur vis compulsiva meint; vgl. oben zu I). III. Drohung mit einem empfindlichen Übel: vgl. § 52 Anm. I I I , § 240 Anm. IV und § 249 Anm. I I . — Zu unterscheiden von bloßer Warnung, d. h. Darstellung der bedrohlichen Lage: E 34 15, 36 384. BGHSt. 7 197: der Drohende muß, auch wenn angeblich ein Dritter das Übel verwirklichen soll, als Herr der Lage erscheinen. Die Drohung muß sich gegen den richten, der zu dem schädigenden Eingriff in eigenes oder fremdes Vermögen (über das er verfügen kann) genötigt werden soll. Das trifft aber auch dann zu, wenn etwa jemand zur Zahlung einer Summe durch die Drohung genötigt wird, man werde andernfalls seiner Frau oder seinem Kind etwas antun. Denn auch daß „Personen seiner Sympathie" (Frank) leiden, ist f ü r

Raub und Erpressung § 253

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ihn ein Übel. Das angedrohte Übel kann auch seelischer Art sein: BGHMDR 54 530. IV. Handlung, Duldung oder Unterlassung muß das vom Täter gewollte Mittel sein, welches die beabsichtigte Bereicherung herbeiführt: E 8 5, 3 426, 33 78, RG J W 1934 488, Braunschweig NdsRpfl. 1948 183, die Vermögensverfiigung wie bei § 263, d. h. u n m i t t e l b a r e Einwirkung des Erpreßten auf sein oder eines anderen Vermögen fordern (ebenso Schönke-Schröder III 2 und die dort Zit.). Die Gegenmeinung (Hamburg HESt. 2 318: mittelb. Vermögensrecht. Bedeutung genüge), hatte für die alte Fassimg gute Gründe (Binding Lb. 1, 376), geht aber nach der ausgreifenden Neufassung zu weit und entspricht nicht dem jetzt betonten Charakter als Vermögensdelikt, das sich vom Betrüge im wesentlichen nur durch das Angriffsmittel unterscheidet. Sehr klar Maurach § 37 II A 2 a); vgl. oben zu I. V. Vermögengnachteil. Erst mit seinem Eintritt ist die Tat vollendet; auch wenn nur geringere Summe gezahlt als gefordert: E 33 78, vgl. aber auch RG J W 34 488 und dazu oben Anm. IV. — Erfüllung eines fälligen Anspruchs kein VermNachteil, vgl. Welzel NJW 53, 652. Auch nicht Hergabe von Lebensmittelmarken, die, zur Vernichtung bestimmt, beim Ernährungsamt liegen: BGHSt. 4 259. — Genötigter und Geschädigter brauchen, wie beim Betrüge, nicht identisch zu sein. Vgl. § 263 Anm. IV 2 u. V, E 71 291 sowie Hamburg J R 50 629 (Entziehung einer Wohnung durch die vom Täter getäuschte Behörde). — Zu fordern ist aber S u b s t a n z g l e i c h h e i t i. S. von Anm. I Abs. 2. VI. Die Rechtswidrigkeit der Gewaltanwendung oder Drohung hängt wie bei der Nötigung (vgl. § 240 Anm. I, II) davon ab, ob die Verquickung d i e s e s Mittels mit d i e s e m wirtschaftlichen Ziel als anstößig empfunden wird. Nicht jede Drohung in der Absicht einer Bereicherung, auf die man keinen Anspruch hat, ist rechtswidrig: Forderung eines Preisnachlasses unter der Drohung, andernfalls die Geschäftabeziehungen abzubrechen, ist keine E. Die Erwägungen haben denen zu § 123 BGB zu entsprechen. Rechtswidrig kann einmal 1. d i e G e w a l t a n w e n d u n g o d e r d i e A n d r o h u n g d e s Ü b e l s als s o l c h e sein, z. B. das Erpressen von Schweigegeld durch die Drohung, andernfalls erdichtete Skandalgeschichten zu veröffentlichen. Die RW kann aber auch 2. in dem a b g e n ö t i g t e n V e r h a l t e n ihren Grund haben: der ungetreue Kassierer wird von einem Dritten durch Drohung, wahre Skandalgeschichten zu veröffentlichen, genötigt, einen neuen Griff in die Kasse zu tun, um das Schweigegeld zu beschaffen. Auch wenn aber weder die Gewalt oder Drohung noch die abgenötigte Handlung — jede allein betrachtet — etwas Anstößiges haben würden, kann dennoch 3. ihre V e r q u i c k u n g verwerflich sein oder aber die M a ß l o s i g k e i t des Druckmittels die Verwerflichkeit begründen. BGHSt. 5 258, 260 (betr. § 240). Forderung einer Geldsumme unter der Drohung, andernfalls Strafanzeige zu erstatten; oder der Fall BGH MDR 54 530 (unten VII). - Ob solche Verbindung von Mittel und Ziel anstößig sein würde, hängt von den Umständen des Falls ab. Das RG hat nach altem Recht, ohne auf die Fragen näher einzugehen, das Verlangen einer Zahlung an die Armenkasse als Erpressung angesehen (E 26 353). Für unser Empfinden ist heute eine solche — maßvolle — Forderung, z. B. für das Rote Kreuz, als Bedingung für das Absehen von Strafanzeige nicht anstößig und daher

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nicht rechtswidrig. Denn hier ist die Ausübung des Willensdrucks nicht in unsauberer Weise mit egoistischen oder sonst minderwertigen Interessen verquickt. Liegt eine jener drei Voraussetzungen vor, dann erst ist zu prüfen, ob die Bereicherung zu Unrecht erstrebt wurde; darüber vgl. Anm. VIII. Aus der älteren Rechtsprechung (die ihre Bedeutung auch f ü r das neue Recht behält): Der Umstand, daß eine Handlung oder ein Verhalten in Aussicht gestellt wird, zu welchem der Drohende b e r e c h t i g t sein würde, schließt den Begriff der Drohung im Sinne des § 253 nicht ohne weiteres aus: E 32 365 (Drohung mit Arbeitseinstellung, vgl. zu dieser Frage jetzt Niese, Streikrecht 1955, auch Nikisch JZ 55, 440); 34 279 (Zustellung eines Vollstreckungsbefehls als Drohung); 49 354 (Drohung mit Anzeige oder Klage, einerlei ob begründet); E 72 75 (Ankündigung eines Tuns, das zwar an sich erlaubt ist, aber im gegebenen Fall nur den anderen schädigen soll). - Vgl. auch Klee ZAk. 39, 66; 43, 125ff. VII. Versuch jetzt ausdrücklich für strafbar erklärt, da E auch in bes. schweren Fällen nur Vergehen (oben § 1 Anm. V). — BGH MDR 54 530: Ehemann machte Zustimmung zu notwendiger Operation des Kindes davon abhängig, daß Ehefrau notariell unter Unterhaltsverzicht in Scheidung willige; dies kam nicht zustande. VIII. Subjektiv ist erfordert: 1. Vorsatz, d. h. Bewußtsein und Wille, a) dem Bedrohten ein anderes Verhalten aufzuzwingen, als es dessen freiem Willen entspricht (E 36 384); b) hierdurch das Vermögen des Genötigten zu schädigen; c) die Erkenntnis, daß auf die erstrebte Bereicherung kein Recht besteht. BGHSt. 4 105, betr. vermeintlichen Anspruch auf Dirnenlohn: Tatbestandsirrtum; vgl. aber auch BGH MDR 53 402 betr. § 175. 2. Absicht, sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern. Über „Absicht" vgl. Anm. I I I 1 zu § 59 sowie E 27 217, 33 407, 53 281. Sie muß bei der Ankündigung des Übels vorliegen; nachträgliche Ausnutzimg der Lage genügt nicht: B G H N J W 53 1400. a) Bereicherung ist jeder in Geld abschätzbare Vorteil. Z. B. auch: Erlangung der Adresse eines Schuldners, Erlangung einer mit Gehalt verbundenen Stelle, Erlangung oder Erhaltung der Kundschaft, Erlangung der Wiederannahme entlassener Arbeiter oder der Verpflichtung, denselben innerhalb bestimmter Zeit nicht zu kündigen, oder der Einstellung als Arbeiter, Abschluß eines Maklervertrages. Vgl. die Hinweise in E 33 407. Sicherung eines schon erlangten Vermögensvorteils: E 10 76. Sicherung einer Forderung: E 36 167. Abwendung drohenden Schadens: E 33 339. Ebenso der wahrscheinliche Gewinn: E 20 279. (Vgl. Anm. V 1 zu § 263). — Die Bereicherung muß aus dem Vermögen „des G e n ö t i g t e n " oder des „ a n d e r e n " stammen: vgl. über diesen Grundsatz der Substanzgleichheit Anm. I Abs. 2. b) Zu Unrecht ist die Bereicherung (deren Rechtsw. von der der Tat selbst zu unterscheiden ist; vgl. Anm. VI) dann erstrebt, wenn sie m a t e r i e l l , a l s o n a c h dem S i t t e n g e s e t z , als Unrecht erscheint. Hatte der Täter einen Ans p r u c h auf den erstrebten Vorteil, z. B. auf Rückzahlung von geliehenen 100 DM, dann ist keinerlei Drohung als „Erpressung" strafbar; „wenn du mir die 100 DM jetzt nicht zurückgibst, dann verprügele ich dich" aber ist strafbar als Nötigung. Vgl. auch E 53 102. — Wenn indessen der Anspruch materiell n i c h t b e s t e h t , dann Erpressung, auch bei formell für den Drohenden günstiger Rechtslage. Vgl. schon E 34 279: Benutzung eines erschlichenen vollstreckbaren Schuld-

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titels zur Beitreibung eines materiell nicht bestehenden Anspruchs, indem das äußerlich ordnungsmäßige Einschreiten öffentlicher Behörden als Erpressungsmittel ausgenutzt wurde. — Andererseits k e i n e E., wenn der Bestohlene den Vater des Diebes mit der Drohung einer Strafanzeige gegen den Sohn dazu veranlaßt, die gestohlenen Sachen zu ersetzen (Beispiel von Klee DStR 43, 131); denn hier wird die Bereicherung trotz mangelndem positivrechtlichen Anspruch nicht „zu Unrecht" erstrebt. So auch Celle HESt. 2 314, Hamm HESt. 2 32, Schönke-Schröder V 2 b ; a. A. Mezger StB I I S. 170, Welzel S. 291, Maurach § 37 I I A 2f. Der materielle Maßstab f ü r das Unrecht der erstrebten Bereicherung entspricht indessen notwendig dem „wirtschaftlichen" (in Wahrheit ebenfalls rechtlich-materiellen) f ü r den Vermögensschaden (über diesen unten § 263 Anm. V 1). Er liegt auch dem bürgerlichen Recht zugrunde (§§ 226, 242, 817 S. 1, 826 BGB) und ist dort lediglich im Verkehrsinteresse (darüber Herschel JZ 54, 763) oder bei mangelnder Schutzwürdigkeit des geschädigten Einzelinteresses modifiziert; dies ist aber, wie bereits E 44 230 klar erkannt hat, strafrechtlich nicht zu berücksichtigen (ebensowenig wie die Ignorierung des natürlichen Blutsbandes durch § 1705 BGB der materiellen Pflicht des unehelichen Vaters zur Erfolgsabwendung entgegensteht,vgl. Syst.Vorbem. S.8). — Das Unrechte der Bereicherung p o s i t i v bestimmen zu wollen (contra jus erlangt, im Zivilrechtsweg rückforderbar), engt den Kreis der Strafbarkeit unsachgemäß ein und führt überdies zu unlösbaren K r e i s s c h l ü s s e n , da es eine Verweisung auf BGB § 123 bedeutet, wo dann die gleiche Frage von neuem entsteht. — An dieser Frage der R e c h t s w . der B e r e i c h e r u n g war die Auslegung des § 253 a. F. gescheitert. Vgl. Frank IV sowie Klee (s. oben Anm. VI). IX. Konkurrenz: Gegenüber §§240, 241 enthält §253 grundsätzlich den spezielleren (E 41 276), gegenüber § 249 den allgemeineren Tatbestand im Sinne von Vorbem. I I I 1 vor § 73 (E 55 239). Zur Abgrenzung Vorbem. I vor § 249. - IdKonk. mit § 263, wenn n e b e n der Drohung über Tatsachen getäuscht wird, die mit dem angedrohten Übel nicht zusammenhängen; dagegen nur § 253, wenn durch falsche Behauptungen lediglich die Drohung wirksamer gemacht werden soll (Beispiel: Drohung mit Tötimg unter Vorspiegelung, man habe eine tödliche Waffe). E 20 329; GoltdArch. 38 54; 51 194; 69 400; DR 40 27. Der Gehilfe aber, der in Unkenntnis der Drohung nur die Täuschung fördern will, begeht Beihilfe zum Betrug: BGHSt. 11 66, Maurach 1 1 553. Wird im S c h w a r z h a n d e l der Verkäufer durch List veranlaßt, die Ware auszuhändigen, und dann durch Drohung mit der Polizei veranlaßt, sie ohne Bezahlung zu überlassen — sog. „Spritzen" —, so § 253: Celle NdsRpfl. 47 25. Vgl. aber auch Hamm HESt. 2 32, Anm. zu § 263 sowie — betr. §§ 249 ff. — Hamburg HESt. 2 26. Ebenso mit Betteln unter Drohungen (§361 Ziff. 4): E 32 46, 35 243. Vgl. auch die Möglichkeit der Idealkonkurrenz von Erpressung und Hehlerei (§§259, 260): E 35 278; mit Diebstahl: verneinend Schröder ZStW 60, 33ff., bejahend Wimmer NJW 48, 241. Richtig hier alternativ aus dem schwereren Delikt (§243!) zu strafen. Bei Zusammentreffen mit Bestechung geht § 253 vor, RG J W 1922 296 (Kitzinger), Bohne SJZ 48, 698. Keine f o r t g e s e t z t e Erpressung, wenn mehrere genötigt: BGH NJW 54 483, vgl. Anm. I. — Über E als N a c h t a t (Sicherungserpressung) Schröder SJZ 50, 99. X. Prozessual ist § 154c StPO zu beachten; dazu Kreusch GS 109, 396, Willigmann NJW 55, 1747, Schmöe NJW 56, 212.

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Begünstigung u n d Hehlerei, Vorbem. § § 255, 2 5 6

(254. W i r d die Erpressung durch Bedrohung m i t Mord, m i t B r a n d s t i f t u n g oder mit Verursachung einer Überschwemmung begangen, so ist auf Z u c h t h a u s bis zu f ü n f J a h r e n zu erkennen.) § 254 ist durch die VO v. 29. Mai 1943 m i t Rücksicht auf die Erweiterung des S t r a f r a h m e n s in § 253 gestrichen worden.

b) Räuberische

Erpressung

§ 255 Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen. I . Mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (oben § 52 A n m . I I I ) m u ß auch die Gewalt angewendet sein, sonst n u r § 253. Die zu weite Fassung des Gesetzes ist ein Redaktionsversehen (v. W ä c h t e r GS 1875, 173, Binding Lb. 1, 380, Lobe, Nagler in L K § 253 I I A, jetzt auch Maurach § 37 II). Vgl. im übrigen zu § 253. Befohlene Wegnahme als r. E . : OGHSt. 2 287. — Gegenwärtige Gefahr auch bei Setzung einer kurzen F r i s t : B G H M D R 57 691 (der Begriff steht hier nicht dem der §§ 52—54 gleich). II. Bestrafung also nach §§ 249, 250, 251, nicht § 252. Vgl. E 55 242. Teilnehmer, der Gewalt usw. nicht will, n u r nach § 242: E 67 344. III. Idealkonkurrenz m i t §§ 211, 212 (E 44 338); mit § 125 (E 56 247); § 2 4 9 i. allg. gegenüber §255 lex specialis (E 55 239). Indessen decken sich die T a t b e s t ä n d e n u r in Fällen wie dem in M D R 55 17 (oben Vorbem. I vor § 249), da vis absoluta f ü r § 255 ausscheidet (oben § 253 II). Wahlfeststellung möglich: B G H S t . 5 280.

c)

Nebenstrafen

§ 256

Neben der wegen Erpressung erkannten Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und neben der wegen Raubes oder Erpressung erkannten Zuchthausstrafe auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Vgl. § 38, § 76 A n m . I I .

Einundzwanzigster

Abschnitt

Begünstigung und Hehlerei Vorbemerkungen I. Tatbestände: 1. B e g ü n s t i g u n g , entweder a) persönliche oder b) sachliche (§ 257 Abs. 1); qualifiziert, falls des eigenen Vorteils wegen begangen (§ 257 Abs. 1); letztere nochmals qualifiziert (und „ a l s " Hehlerei bestraft), falls mit Bezug auf

Begünstigung und Hehlerei § 257

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Diebstahl, Unterschlagung, Raub oder räuberische Erpressung begangen (§ 258). 2. H e h l e r e i (§259); qualifiziert, falls gewerbs- oder gewohnheitsmäßig (§260) oder im Rückfall begangen (§ 261). II. Schutzobjekte: Die B e g ü n s t i g u n g richtet sich gegen die deutsche oder deutscherseits anerkannte und unterstützte ausl. Rechtspflege; interzonal gelten die Grundsätze des Rechtshilfeges. v. 2. 5. 53. Vgl. § 257 Anm. XVII. — Die H e h l e r e i richtet sich gegen das bereits durch die Vortat verletzte Vermögen: Anm. I zu § 259. Zur Rechtsnatur beider vgl. Schröder MDR 52, 68. Die (nicht ganz zu leugnende, auch historisch begründete) Verwandtschaft beider wird stark betont von Dahm in DR 42, 569; betr. eigennützige Beg. vgl. Jescheck GA 1955, 107. — Zur Geschichte jetzt Maurach § 80 B, § 42 I A, Mezger StB I I § 80 I, § 51 II. III. Mit Teilnahme (§§ 47—49) haben B. und H. gemeinsam, daß sie sich auf eine andere Straftat beziehen, also „akzessorischer N a t u r " sind; sie bilden aber nicht, wie Teilnahme, eine Bedingung f ü r jene, sondern werden nach ihr begangen. Deshalb kann Teilnahme mit B. oder H. in Konkurrenz (§ 74) treten. — Darüber, wieweit die Neufassung der §§ 47ff. auf den 21. Abschn. anwendbar ist, vgl. Vorbem. I I I E vor § 47 und unten Anm. I I I zu § 257, I I I c) zu § 259.

1.

Begünstigung

§257

(1) Wer nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens dem Täter oder Teilnehmer wissentlich Beistand leistet, um denselben der Bestrafung zu entziehen oder um ihm die Vorteile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern, ist wegen Begünstigung mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre und, wenn er diesen Beistand seines Vorteils wegen leistet, mit Gefängnis zu bestrafen. Die Strafe darf jedoch, der Art oder dem Maße nach, keine schwerere sein als die auf die Handlung selbst angedrohte. (2) Die Begünstigung ist straflos, wenn dieselbe dem Täter oder Teilnehmer von einem Angehörigen gewährt worden ist, um ihn der Bestrafung zu entziehen. (3) Die Begünstigung ist als Beihilfe zu bestrafen, wenn sie vor Begehung der Tat zugesagt worden ist. Diese Bestimmung findet auch auf Angehörige Anwendung. I. Das Wesen der Begünstigung. Sie richtet sich gegen die Rechtspflege (BGHSt. 2 363 = J Z 52 661 m. zust. Anm. Maurach), sei es um die S t r a f e , sei es um den S c h a d e n s a u s g l e i c h zu v e r e i t e l n . Hiernach unterscheiden sich a) p e r s ö n l i c h e B. („um den Vortäter der Bestrafung zu entziehen") und b) s a c h l i c h e B. („um ihm die Vorteile des V. oder V. zu sichern"). Die Sachbegünstigung (b) ist von der Hehlerei verschieden u. a. durch die verschiedene „Absicht": Die sachliche Beg. will v e r h i n d e r n , daß der gesetzmäßige Zustand w i e d e r h e r g e s t e l l t wird; der Hehler will im Zusammenwirken mit dem Vortäter b e w i r k e n , daß die durch die Vortat geschaffene rechtswidrige Vermögenslage a u f r e c h t e r h a l t e n u n d a u s g e n u t z t wird. Auch die sachl. Beg. ist daher kein Vermögensdelikt:

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Begünstigung und Hehlerei § 257

E 50 366, 54 132, 55 18, BGHSt. 2 363, Schröder, Festg. f. Rosenfeld 161 ff., Maurach § 80 I C 2; a. A. Nagler LK § 257 Anm. I 1 und Welzel § 57 I im Anschluß an Binding, Bockelmann N J W 51, 620. II. Täterschaft und Teilnahme. Es sind 2 Fragen zu trennen: 1. Wer kann Täter sein ? K a n n sich der Täter der Vortat dadurch nach § 257 strafbar machen, daß er sich selber „begünstigt"? — Und 2. Wer kann Teilnehmer sein? K a n n sich der Täter der Vortat wegen Teilnahme an einer Begünstigung seiner eigenen Person strafbar machen, also dadurch, daß er den, der ihn begünstigt, hierzu anstiftet oder ihm hilft ? 1. Täter kann jeder sein außer dem zu begünstigenden Vortäter. Denn ,,§ 257 trifft nur den Fall, daß jemand einem a n d e r e n Beistand leistet" (E 63 233). Selbstbegünstigung straflos: E «0 346, 65 335, BGHSt. 5 76 (81); hiergegen H . L. Müller GA 1958, 334. Dagegen ist nach RG — vgl. jetzt aber BGHSt. 2 378 — B e g ü n s t i g u n g e i n e s M i t t ä t e r s (Teilnehmers) durch den anderen grundsätzlich strafbar (E 21 375, 34 306, 58 129), „weil die B. nicht der Vortat, sondern dem Vortäter geleistet wird" (E 63 233) und, da Sonderdelikt, in der Teilnahme an der Vortat nicht aufgeht (E 60 346, 63 375). Auch Fremdbegünstigung ist aber, selbst wenn Hauptzweck, dann straflose Selbstbegünstigung, wenn der Begünstiger damit z u g l e i c h s i c h s e l b s t der Bestrafung entziehen (nicht, wenn er sich sachlich begünstigen) wollte; einerlei ob er Teilnehmer der Vortat war oder nicht (E 63 233): „notstandsähnlicher Grund" (E 60 101, 63 373, 73 267, BGHSt. 2 378: auch bei unbegründeter Besorgnis des Täters). Trifft dagegen mit dem Fremdbegünstigungszweek nicht Selbstbegünstigung, sondern der Zweck zusammen, einen A n g e h ö r i g e n zu begünstigen, so nimmt RG in D J 36 256 Strafbarkeit an. „Hier muß das Interesse der Allgemeinheit in den Vordergrund treten." Der Rechtsgedanke der Nichtzumutbarkeit (Tübingen H E S t . 2 319) greift aber auch hier durch. — I r r t u m über die Strafbarkeit der eigenen Vortat beachtlich nach § 59 (E 60 101; richtiger in E 59 69 bei Notstand unmittelbar berücksichtigt). Aber nur solche Selbstbegünstigungen sind s t r a f l o s , die lediglich die Vereitelung der Strafverfolgung zum Inhalt haben: §§ 138, 257, 346; nicht solche, die zur Verdeckung eigener Straftaten erneut andere Rechtsgüter verletzen, z . B . Falschbuchung nach einer Unterschlagung. Vgl. E 71 280; J W 37 3093. 2. Teilnehmer an einer B. soll nach R G jeder sein können, auch der Begünstigte selbst, da hier, im Gegensatz zur Selbstbegünstigung, ein anderer als der Vortäter „Beistand leiste" (E 50 364, 60 346). Der auch hier gegebene „notstandsähnliche Grund", den das Gesetz durch die Straflosigkeit der Selbstbegünstigung anerkennt, müßte indessen gemäß E 60 101, 63 373 zur Freisprechung führen. Zwingend folgt dies ferner aus Abs. 3. Der Begünstigte, der sich von vornherein Rückendeckung durch die Zusage des Begünstigers verschaffte, kann nicht wegen Anstiftung zur Beihilfe zu seiner eigenen Tat bestraft werden. Das muß erst recht f ü r den weniger planmäßig Handelnden gelten, der erst nachträglich den anderen zum Beistand veranlaßt. Wie RG aber auch BGHSt. 5 76 (zu § 346). Näheres bei Lange, Notw. Teiln. S. 85ff.; vgl. auch F r a n k IV 3, Hegler in J W 24, 1597. III. Die Vortat muß z. Z. der Beg. vollendet (nicht notwendig beendet, BGHSt. 4 133, dazu unten XI) und als V. oder V. strafbar, nach B G H n u r : mit Strafe bedroht sein, BGHSt. 1 49 (betr. § 259) beiläufig, unter Hinweis auf die Entwick-

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lung derBeg. aus der Teilnahme. Aber von dieser hat sie sich durch ihre Verselbständigung zum Del. gegen die Rechtspflege gelöst. Diese wird i. allg. bei schuldloser Vortat nicht verletzt; bei persönl. Beg. auch dann nicht, wenn pers. Strafausschi. Grd. Daß der Begünstigte der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt, ist nicht nötig: KG in DRZ 48 29, BGH J Z 54 671 (Anm. Schröder schränkt dies zutr. dahin ein, daß die ausl. Strafverfolgung deutscherseits anerkannt sein muß, vgl. dazu Vorbem. II, aber auch Maurach § 80 I I A 2). Dagegen genügt es nach E 75 234 nicht, daß die Vortat nur nach dem Ordnungsstrafrecht der Wirtschaft strafbar ist. Das gilt heute erst recht für Zuwiderhandlungen i. S. des OWG und WiStG, die keine Straftaten sind. Sie darf nicht verjährt sein: E 76 122. — Der bloße Glaube des Begünstigers, daß die Vortat strafbar sei, genügt nicht (E 50 218). — Gegenüber D a u e r v e r b r e c h e n (z. B. unerlaubtem Waffenbesitz, Freiheitsberaubung) ist Beg. wie Hehlerei möglich, sobald jenes juristisch vollendet und strafbar ist, nicht erst nach Beendigung des rechtswidrigen Zustands. Hier also IdKonk. von Beg. und Beihilfe denkbar (E 58 13). — Nähere Bezeichnung der Art der Vortat im Urteil nicht erforderlich; deshalb bzgl. ihrer auch sog. W a h l f e s t s t e l l u n g zulässig (E 58 290). Vgl. aber auch unten V. — Gegenüber e i n e r Vortat sind m e h r e r e (§ 74) Beg.-Handlungen möglich (E 57 306). — D a ß e i n e S t r a f t a t b e g a n g e n wurde, muß nach E 58 290, 78 331 das über Begünstigung entscheidende Gericht selbständig feststellen; Bezugnahme auf ein rechtskräftiges Urteil genügt nicht. Vgl. hierzu aber weiter Anm. VII. IV. Beistandleisten: Erforderlich und genügend sind Handlungen, welche geeign e t sind, Strafvereitelung oder sachliche Sicherung zu bewirken, auch wenn diese nicht erreicht wurde (E 50 364, 5813, 76 122, BGHSt. 2 376; a. A. Bockelmann N J W 51, 622). — Beisp.: Verbüßung der Strafe für einen anderen (E 8 366). Zahlung der Geldstrafe für den Verurteilten ohne Rückerstattungspflicht (E 30 232). Erfolgloses Unternehmen, einen Dritten zu unwahren Aussagen im Ermittlungsverfahren gegen den Täter der Vortat zu verleiten (E 20 233). Unrichtiges Gnadengesuch (E 35 128). Abhebung eines Betrages auf das von einem andern gestohlene Sparkassenbuch (E 39 236). Unterlassung einer Strafanzeige, zu der eine Pflicht bestand (E 53 108, 74 178). Nichtangabe des Aufbewahrungsorts einer von einem anderen gestohlenen Sache oder des Aufenthaltsorts eines Verbrechers ist, auch bei amtlicher Befragung, keine B „ da eine Rechtspflicht zur Mitteilung nicht besteht. Wohl aber (E 54 41) die wahrheitswidrige Angabe, man kenne den Ort oder die Person nicht. — Beg. durch falsche Aussage im Ermittlungsverfahren, auch wenn unbeeidigt: E 46 74, D J 37 668. — Sachliche Begünstigung (unter Aufgabe von E 58 129) jetzt BGHSt. 2 263 ( = J Z 52 661 m. zust. Anm. Maurach): auch Mitwirken beim Absatz; dazu Jescheck GA 1955, 107. — BGHSt. 4 122 ( = J Z 53 605 m. zust. Anm. Maurach): auch Verschenken im Auftrage des Diebes. Ein Strafverteidiger begeht Begünstigung, wenn er den Tatbestand zugunsten seines Klienten bewußt verdunkelt, z. B. einen Entlastungszeugen benennt oder lädt, von dem er weiß, daß er die Unwahrheit sagen wird. E 66 323, 70 390, den Widerruf eines wahrheitsgemäßen Geständnisses veranlaßt (BGHSt. 2 378). Aber noch n i c h t durch Abraten von Selbstanzeige oder Antrag auf Freispruch, wenn ihm Schuld des Angekl. bekannt (BGHSt. 2 375 = NJW 52 894 m. Anm. Cüppers, vgl. Ackermann N J W 54, 1385). Auch nicht durch Einwirkung auf einen Angehörigen, das Zeugnis zu verweigern (abgesehen von Täuschung, Drohung usw. i. S. d § 136a StPO): BGHSt. 10 393, zust. Ackermann MDR 58, 48, abl. Imme J R 57,467. 36

Kohlrausch-Lange,

StGB, 42. Aufl.

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Stets muß aber Erschwerung des Zugriffs der Behörden oder des Verletzten, nicht nur Erhaltung und Verwertung des durch die Vortat gewonnenen Gutes bezweckt sein: Celle Hann.Rpfl. 46 137. V. Subjektiv erstens Wissentlichkeit: Der Begünstiger braucht nicht, wie ein Gehilfe, die bestimmte Straftat des Haupttäters zu kennen. E s genügt, wenn er weiß, daß die Vorteile irgendeiner Straftat entstammen. E 50 218, 58 290, H R R 37 1474. Einschränkend B G H S t . 4 221, Hamburg N J W 53 1155 (Vorstellung äquivalenter konkreter Umstände erforderlich). VI. Subjektiv zweitens Absicht gleich Beweggrund: Anm. I I I , 1 zu § 59 und E 40 15, aber nicht gleich Endzweck. Die Verfolgung auch anderer Zwecke, z. B . des eigenen Vorteils, schließt die Beg.-Absicht nicht aus (E 3 255, 23 105, 32 24, 55 126, ebenso B G H S t . 4 107, zust. Härtung J Z 54, 694, und die Entwürfe 1927/30). Duldung aus Gleichgültigkeit genügt nicht: Hamm JMB1.NRW 50 253. VII. Betrafungsvereitelung: der Verurteilung oder der Vollstreckung (E 8 366, 16 204, 30 232, 35 128). - Soll ein noch nicht Verurteilter der B e s t r a f u n g entzogen werden, so ist dies nur dann strafbare Beg., wenn der andere die StrTat wirklich b e g a n g e n hat, was also im StrVerfahren gegen den Begünstiger geprüft werden muß. — Soll dagegen ein Verurteilter der S t r a f v o l l s t r e c k u n g entzogen werden, so hängt die Bestrafung des Begünstigers nicht davon ab, ob das Urteil gegen den anderen zu Recht ergangen ist. Vgl. auch E 73 331. Die Gegenmeinung (Binding Lb. I I , 647, Welzel §75 I I I , Bockelmann N J W 51, 624 Anm. 29) ist rechtspolitisch bedenklich, weil sie zu einer Art Wiederaufnahme des Vorprozesses führt; vgl. auch §§ 190, 257a. — E s genügt vorübergehende Vereitelung, z. B . durch erschwindelten Strafaufschub (E 16 204). — Bei A n t r a g s t a t e n ist vor Antragstellung Beg. nicht strafbar, also auch nicht Verhinderung des Strafantrags. Aber mit der Antragstellung wird die vorher geleistete Beg.strafbar (E 40393).—Bei i r r i g e r A n n a h m e , die T a t des Begünstigten sei nicht strafbar, fehlt die Absicht, den Vortäter der Bestrafung zu entziehen. Vgl. hierzu auch LM Nr. 9. VIII. Vorteilssicherung: Nicht nur Vermögensvorteile (vgl. Anm. I und E 54 132). Aber nur die durch die Vortat u n m i t t e l b a r erlangten, nicht die mit letzteren erst erworbenen Werte. E 55 19, H R R 34 1725; unentschieden B G H S t , 4 125; a. A. Schönke-Schröder I V 2 b. Zu beachten ist jedoch, daß Verkauf oder Tausch der gestohlenen Sachen eine (vorbestrafte, s . o . I I I 3 vor §73) N a c h t a t , der Erlös also unmittelbar durch Unterschlagung erlangt ist. Und selbst abgesehen davon können die hier vorausgesetzten „Vorteile", auch wenn sie in anderen Werten als den durch die Vortat erlangten „Sachen" bestehen, doch u n m i t t e l b a r durch die Vortat erlangt sein. Dann ist § 257 unmittelbar anzuwenden. Vgl. E 76 31 (Anm. Dahm in D R 42, 596; Schaffstein in ZAk. 42, 174), Hamm H E S t . 2 35 (auf Konto eingezahlter und wieder abgehobener Geldbetrag ist unmittelbar erlangt). Beistand zur bloßen Verwertung der strafbar erlangten Sachen oder zur Sicherung ihres Erlöses genügte nach R G nicht, z. B . Verwahrung des Geldes, das der Vortäter für die gestohlene Sache erhalten (E 55 18, 58 117, 58 154). Dabei wurde aber die tatbestandsmäßig-rechtswidrige Nachtat, die regelmäßig in solchen Handlungen liegt, übersehen (s. den vorigen Abs.). „Grundsätzlicher Wandel in der Auslegung des § 2 5 7 " jetzt durch BGHSt. 2 326, 4 124: „Vorteil" nicht mehr gleich Sachbesitz (entsprechend der Wandlung des Zueignungsbegriffs bei § 242, s. dort Anm. I I I ) . E s genügt, daß dem Vortäter Ausnutzung und Verwertung der in dem

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gestohlenen Gut liegenden Vermögensvorteile ermöglicht und erleichtert wird (so schon E 39 236, 40 15). — § 257 verbietet aber nur eine Vorteilssicherung zum Nachteil des V e r l e t z t e n : Schutz des Vortäters gegen Naturgewalten oder gegen rechtswidrige Angriffe ist nicht strafbar (E 60 273). IX. Der Vorteil des Begünstigers braucht gleichfalls kein Vermögensvorteil zu sein. Ein Kneipwirt sucht sich z. B . die Verbrecherkundschaft zu erhalten (E 53 179). - Mittelbarer Vorteil genügt, wie auch bei § 259 und RAbgO § 398 (E 58 15, 76 34). X . Rechtswidrigkeit der sachl. Beg. durch Einwilligung des Verletzten ausgeschlossen, E 40 15; denn damit wird das Schutzinteresse der Rechtspflege gegenstandslos. XI. Idealkonkurrenz möglich mit Meineid (E 75 277); mit KO § 2 4 2 ; S t G B § 120 (E 57 301); Abs. 3 mit § 258: OGHSt. 2 277, BGH N J W 51 451, BGHSt. 11 316; § 259 (E 47 220, BGHSt. 2 362). Wegen Verhältnis zu § 346 vgl. dort sowie E 73 265, 74 178, BGHSt. 5 82; zum Diebstahl Schröder ZStW 60, 33ff.; dagegen Wimmer N J W 48, 241 ff. — Zum Verhältnis von Abs. 1 und Abs. 3 vgl. unten Anm. X I V . — Bei vollendeter, aber nicht beendeter Vortat nach E 7 1 1 9 4 Beihilfe, nach BGHSt. 4 133 aber auch Beg. möglich. BGH a. a. 0 . stellt auf den Willen des Handelnden ab. Kritisch Gallas ZAk. 37, 438 (betr. Rspr. zu § 49). XII. Strafantrag nötig, wenn Haupttat Antragsdelikt. E 57 81. XIII. Zu Abs. 2 : Angehörigkeit (§ 52 VI) ist persönlicher Strafausschließungsgrund i. S. von Vorbem. V I vor § 1, nicht negatives TB.-Merkmal; irrige Annahme, Angehöriger zu sein, schließt also den Vorsatz nicht aus (E 61 270). Abs. 2 gilt nur für persönliche Begünstigung. Wer den Angeh. zugleich sachlich begünstigen will, ist nicht straflos, sofern der Zweck der pers. Beg. nach der Vorstellung des Täters auch ohne gleichzeitige sachl. Beg. erreichbar: BGHSt. 11 343. — Mittelbare und unmittelbare B . kommt in Betracht; z. B . wenn Angehörige einen Dritten zur Beg. angestiftet haben. E 14 102. Auch hier gilt aber das oben I I 2 Gesagte. XIV. Psychische Beihilfe durch vorherige Zusage späterer Begünstigung k o n s u m i e r t grundsätzlich die letztere (als straflose Nachtat, s.o. I I I 3 vor §73). Das ist der Sinn des Abs. 3. So BGH N J W 51 451 (zurückhaltender BGHSt. 4 134): „ihrem inneren Wesen nach wirkliche Beihilfe"; BGHSt. 6 23 im Anschluß an L K V : bestärkt „kraft unwiderlegbarer Vermutung" regelmäßig den Tatentschluß. Daher gelten hier in j e d e r Beziehung die Beihilferegeln: BGHSt. 4 134 (§ 50, wenn straferschw. Umst. vor Vollendung des Beistandes erkannt); E 57 349 (Rückfallschärfungen auf den Zusagenden anwendbar). Kein Angehörigenprivileg: S. 2 des Abs. 3. Treten straferschw. Umstände erst bei der Beistandsleistung auf, so ist diese mit der Zusage zu einer einheitlichen Beihilfehandlung zusammenzuziehen (und umgekehrt); insoweit wird also der Beistand nicht konsumiert. So E 76 192, BGHSt. 4 134, die jedoch a l l g e m e i n Abs. 3 als „mehraktige Straftat" behandeln. Verurteilung „wegen Beihilfe", E 75 237, 76 192. BeiBestimmung durch die Zusage: Anstiftung. E 16 375. Bei § 257 I I I , da echte Beihilfe, keine straflose Selbstbeg.: E 76 190. Dagegen Schmidt-Leichner in D R 42, 1594, dafür LGDir. Lange in D R 43, 569. Entscheiden muß auch hier, ob die Unterlassung der Selbstbeg. nicht zumutbar. 30*

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Begünstigung und Hehlerei §§ 257a, 258

XV. Kausalzusammenhang nötig zwischen Zusage und Tat. War die Zusage psychisch b e s t i m m e n d , so ist sie als Anstiftung zu strafen (E 15 295, 16 374). — Jene Beihilfe (z. B. zum Diebstahl) kann später für den Rückfall(-Diebstahl) begründend wirken (E 8 317, 49 381). XVI. Bei staatsfeindlicher Absicht Strafschärfung gem. § 94, s. dort. XVII. Nur die deutsche Rechtspflege ist nach der Rspr. geschützt; aber auch dann, wenn nur geprüft wird, ob der Täter der deutschen Gerichtsbarkeit untersteht: KG in DRZ 48 29 = HESt. 2 36. Ferner BGH JZ 54 671 (Schröder); vgl. aber auch Vorbem. II, Anm. III.

§ 257a (1) Wer, abgesehen von den Fällen der §§ 120,121,122a, 122b, vorsätzlich, die Vollstreckung einer gegen einen anderen rechtskräftig angeordneten Maßregel der Sicherung und Besserung ganz oder zum Teil vereitelt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Wird die Tat zugunsten eines Angehörigen begangen, so tritt Straffreiheit ein. I. Eingefügt durch GewVerbrGes. II. Vollendung hier erst (anders bei § 257, dort Anm. IV) mit der tatsächlichen Vereitelung der Maßregel. III. Selbstbegünstigung auch hier straflos, vgl. § 257 Anm. II 1. IV. Bei staatsfeindlicher Absicht Strafschärfung gem. § 94, s. dort. V. Konkurrenzen. IdKonk. mit § 257, wenn Str. und Maßr. vereitelt. § 346 geht als lex specialis vor: E 73 298, 74 181. Schwere Begünstigung

(Personenhehlerei)

§ 258 (1) Wer seines Vorteils wegen sich einer Begünstigung schuldig macht, wird als Hehler bestraft, wenn der Begünstigte 1. einen einfachen Diebstahl oder eine Unterschlagung begangen hat, mit Gefängnis, 2. einen schweren Diebstahl, einen Raub oder ein dem Raube gleich zu bestrafendes Verbrechen begangen hat, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein. (2) Diese Strafvorschriften finden auch dann Anwendung, wenn der Hehler ein Angehöriger ist. I. Wesen. F o r m e l l ist § 258 eine weitere Qualifizierung der durch Eigennutz qualifizierten B e g ü n s t i g u n g (Vorbem. I vor § 257). S a c h l i c h aber ein S o n d e r d e l i k t , für welches alle und nur die Strafbestimmungen über Hehlerei gelten. Hier also nicht anwendbar: Abs. 1 Satz 2 (bestr.; wie hier Dreher-Maassen Anm. 3),

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Abs. 2 (dazu unten Anm. V) und 3 § 257 und Abs. 3 § 247; wohl aber §§ 260, 261, 262. Folglich auch bei v o r h e r z u g e s a g t e r Sachhehlerei (anders als nach § 257 Abs. 3) Konkurrenz zwischen § 258 und Teilnahme an der Vortat. Vgl. E 49 381 und (bzgl. § 257 Abs. 3 abw.) E 57 349. Ausdrücklich wie hier Düsseldorf NJW 48 490 (abl. Anm. Mezger); vgl. OGHSt. 2 281, BGH NJW 51451 (dazu unten VIII). Abw. Schönke-Schröder I und die dort Zit. IL Vorteil. Seines eigenen: E 27 342. - Beweggrund! E 54 338; vgl. ferner RG D J 36 1440, J W 1937 2371 sowie oben § 257 Anm. IX. III. Diebstahl oder Unterschlagung im technischen Sinne; E 5 277. Vgl. §§ 242, 246; 243, 249-251, 252, 255. Auch Amtaunterschlagung §350: E 58 334. Auch Versuch: E 53 284. IV. Zum Vorsatz des Begünstigers (dol. ev. genügt) gehört hier Kenntnis der Umstände, aus denen sich der Tatbestand der Vortat ergibt. E 53 342. V. Angehöriger als Hohler strafbar. — Anders § 257 Abs. 2, s. o. Anm. I. Diese Regelung stellt klar, daß hier das hehlerische Moment überwiegt. VI. Selbstbegünstigung. Ihre allgemeine, auf den Gedanken der Nichtzumutbarkeit gegründete Straflosigkeit greift auch hier durch: Tübingen DRZ 48 258. VII. Verjährung gegen den Begünstiger beginnt erst mit Beendigung des Beistands, z. B. mit Rückgabe an den Dieb. E 6 412. VIII. Konkurrenzen. Lex spec. gegenüber § 257 Abs. 1, IdKonk. mit §257 Abs. 3, Id.- oder RealKonk., aber kern Fortszshg., mit §259: BGH NJW 51 451 mit Nachweisen, vgl. aber auch oben Anm. I. Ferner BGHSt. 2 135 ( = JZ 52 278 Mezger): § 258, nicht § 259 bei Verwahrung mit dolus subsequens. 2. Sachhehlerei

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(1) Wer seines Vorteils wegen Sachen, von denen er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß sie mittels einer strafbaren Handlung erlangt sind, verheimlicht, ankauft, zum Pfände nimmt oder sonst an sich bringt oder zu deren Absätze bei anderen mitwirkt, wird als Hehler mit Gefängnis bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. Schrifttum : K o h l r a u s c h , Hehler und Nutznießer, DStR 1939,113.—Mezger, Zur Entwicklung der sog. Ersatzhehlerei, ZStW 59, 549. — M a u r a c h , Zur H.Rspr. des BGH, JZ 52, 714. — G e e r d s , Zum TB der H. aus der Sicht des Kriminologen, GA 1958, 133. I. Das Wesen der Hehlerei (über ihre Geschichte neuestens Mezger StB I I § 51 I I und SJZ 49, 208ff, Mäurach §42 I A ) liegt in der A u f r e c h t e r h a l t u n g einer durch eine strafbare Vortat geschaffenen r e c h t s w i d r i g e n V e r m ö g e n s l a g e durch e i n v e r s t ä n d l i c h e s Z u s a m m e n w i r k e n mit dem V o r t ä t e r : BGHSt. (Gr. S.) 7 137 im Anschluß an E 54 281, BGHSt. 10 151. Das Angriffs- bzw. Schutzobjekt ist also das gleiche wie das der Vortat. So schon E 37 230 (231), 52 95 u. 318, 67 356 (359), 70 377 (385), 71 341 (342), 72 146 (vereinbar mit E 71 97 ?), 75 25 (29), 76 32. — Wie hier Welzel § 57 II, Maurach § 42 I B (nicht: Eigentumsdelikt, auch wenn Diebstahl u. dgl. Vortat). — Abw. Schröder MDR 52, 71: nicht gegen das Vermögen, sondern gegen den öff. Restitutionsanspruch gerichtet. — Nach BGHSt.

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(Gr. S.) 7142 „verletzt dieH. neben Eigentum und Vermögen vor allem auch allgemeine Sicherheitsinteressen". Dazu unten VII a. E. — Andere sehen als „Grundgedanken" für die Hehlerei die Teilnahme an der Verbrechensbeute an. Dagegen BGHSt. 9 139. Vermittelnd Mezger a. a. O., Schönke-Schröder § 259 I. Die Frage wird wichtig bei der Hehlerei an Ersatzsachen: Anm. IV. — Wegen S t e u e r - u n d Z o l l h e h l e r e i vgl. RAbgO § 403. — Nach den Metallverkehrsges. v. 29. 6. 26 und v. 28. 6. 29 § 18 auch f a h r l ä s s i g e Hehlerei strafbar. Dazu Siebecke MDR 50, 145, BGHSt. 2 262, 355, E 60 349. Als Vermögensdelikt ist H. nicht möglich an w e r t l o s e n Sachen, die der Eigentümer nach behördlicher Vorschrift hätte vernichten müssen: LG Hagen DRZ 40 30. — Bezugsscheinvordrucke hatten Vermögenswert: Celle NdsRpfl. 47 108; vgl. auch HannRpfl. 47 71. II. Objekt der H. sind nur „Sachen" (bewegliche oder unbewegliche). Auch eigene: die z. B. ein Dritter zugunsten des Eigentümers dem Pfandgläubiger weggenommen hatte (E 18 303, 20 222). III. Tortat. — a) Sie muß tatsächlich begangen sein. Die Wortfassung, als ob „annehmen müssen" genüge, ist mißverständlich: E 6 218 (Plenarentscheidung). b) Die Vortat muß vollendet sein. Der Mittäter der Vortat kann also nicht bezüglich derselben Sache außerdem Hehler sein. Wer eine fremde Sache vom Dieb erwirbt, ist Hehler. Wer sie aber von einem erwirbt, der durch diese Veräußerung U n t e r s c h l a g u n g begeht, macht sich der Beihilfe zu dieser Unterschlagung schuldig, es sei denn, daß man annimmt, der Gewahrsamsinhaber habe schon durch das Angebot der Sache eine vollendete U. begangen. Hierzu E 34 304, 54 52, 67 72, H R R 39 351, 595; Köln JMB1. NRW 50 235. c) Die Vortat muß strafbar sein. Hier besteht ein Problem der Akzessorietät. Jedoch nicht in gleicher Weise wie bei Anstiftung und Beihilfe (Vorbem. I I 2, 3, I I I E vor § 47). Deren Strafgrund ist die vorsätzliche Verursachung eines rechtswidrigen Verhaltens (so BGHSt. 4 355 betr. § 48, aber auch schon E 5 228, 15 316). Der des erst nachträglich tätigen Hehlers dagegen das eigennützige Zusammenwirken mit dem Vortäter zur Auswertung seines Verbrechens (näheres oben I). Der Hehler muß also bewußt aus einem Delikt seinen Vorteil ziehen wollen. Daran fehlt es, wenn der Vortäter nicht vorsätzlich oder ohne Unrechtsbewußtsem gehandelt hatte, nicht aber, wenn er lediglich unverantwortlich ist. So ausdrücklich Thür. § 259 Abs. 4. „Der Hehler ist auch dann strafbar, wenn der Vortäter nicht zurechnungsfähig ist." Ebenso BGHSt. 1 50, Oldenburg NJW 53 1237. Im wesentlichen wie hier Härtung NJW 49, 324, Bockelmann N J W 50, 850. Weiter gehen die Entwürfe (§ 353 E 27, 30: unabhängig von der Strafbarkeit des Vortäters) und BGHSt. 4 76 ( = JZ 53 637, Niese, = J R 53 186, Welzel), wo Bew. d. RW für den Vortäter nicht verlangt wird, noch weiter BGH NJW 52 945,vgl. auch NJW 53 1237. Dazu I I I E vor §47. Vgl. noch Schröder MDR 52, 68; Sax MDR 54, 65. - Daß strafbare H. möglich, wenn f ü r die Vortat nur „Bedingungen der Strafbarkeit" oder persönliche StrVoraussetzungen oder Bedingungen der Verfolgbarkeit fehlen (Vorbem. VI, VII vor § 1), nimmt die herrsch. M. mit Recht an. d) Die Vortat muß gegen die Vermögensrechte eines anderen gerichtet gewesen sein. Das folgt aus dem „Grundgedanken" der Hehlerei (s. Anm. I). Wer freilich das Wesen der H. in der Teilnahme an einem strafbar erworbenen Gewinn sieht, hat keinen Anlaß, diese Voraussetzung aufzustellen. Strafbare Hehlerei ist möglich nach Diebstahl (üblicher Fall), Raub, Betrug (E 55 281, 59 128), unter bes.

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Umständen Unterschlagung (E 58 230, 67 70); wohl auch (je nachdem, ob Vortat zu einer rechtswidrigen Sachverschiebung geführt hat) nach Urkundendelikt (52 95), Eidesdelikt (4 440). Dagegen ist H. n i c h t anzunehmen, wenn die Sache erbettelt war (E 6 218 PlenEntsch.), wenn sie geschmuggelt war (Rechtspr. 4 487) oder trotz Erwerbsverbot erworben war (E 37 230 Singvögel, 52 318 beschlagnahmte Sache, 54133 Schleichhandel); nicht, wenn durch strafbare Unzucht erworben (Ell 342); überhaupt dann nicht, wenn der Vortäter u n a n f e c h t b a r e s E i g e n t u m erworben hatte. Celle GA 1954 348 (Vermischung). Die Rechtmäßigkeit der Erlangung ist jedoch, wie bei allen Vermögensdelikten, m a t e r i e l l zu beurteilen (oben V H I b zu § 253). Ein Anklang an diese Betrachtungsweise bei Mezger J Z 52, 433 („Makel"), dem jedoch im Falle des Wechselgeldes nicht gefolgt werden k a n n ; vgl. zu IV. N i c h t , wenn Vortat nur deshalb strafbar, weil sie gegen Wirtschaftsgesetze verstieß. E 75 25 (29); Freiburg H E S t . 1 10. Ebenso schon E 52 95 u. 318, 53 30, 54 132. Anders, mit unhaltbarer Begr., LG Bonn N J W 48 530 (abl. Anm. Dahs). Zutr. F r a n k f u r t N J W 49 599. - Hehlerei an Hehlergut: B G H LM Nr. 2. - Der Gedanke des § 370 Nr. 5 hier nicht anwendbar: KG J R 51 213. IV. Hehlerei an Ersatzsachen. — Strafbar erworben sind zunächst nur die unmittelbar durch die strafbare Vortat erlangten Sachen; der f ü r sie erzielte E r l ö s oder die f ü r sie e i n g e t a u s c h t e Sache (z. B. gewechseltes Geld) können nur dann Gegenstand strafbarer Hehlerei sein, wenn auch der Erwerb dieser Ersatzsachen „ s t r a f b a r " war: z. B. ist das Geld, das der Dieb von einem gutgläubigen Käufer der gestohlenen Sache erhält, durch Betrug erlangt, das gewechselte Geld durch Zueignung des gestohlenen (§ 246 ist f ü r den Vortäter eine deliktische, wenn auch vorbestrafte und daher konsumierte Nachtat). Hiergegen nicht überzeugend Braunschweig J Z 52 432 (Mezger). K e i n derartiges Erlangen liegt in der V e r m i s c h u n g eigenen Geldes mit veruntreutem. BGH J R 58 466, wonach in solchen Fällen Hehlerei insoweit möglich sei, als die empfangene Summe den Miteigentumsanteil des Vortäters überschreite, steht daher nicht in Einklang mit der sonst vertretenen Aufrechterhaltungstheorie (so zutr. Anm. Mittelbach). Vgl. oben Anm. I. Die Rechtspr. des RG hat Hehlerei an E r s a t z s a c h e n u n m i t t e l b a r n i c h t angenommen; z. B. nicht an dem von einem gestohlenen Sparkassenbuch abgehobenen Geld: E 26 317, 39 236 (vgl. auch E 47 313, 57 159). Auch E 29 155 steht nicht entgegen. Ebenso Braunschweig J Z 52 432, Oldenburg N J W 52 557. Abgesehen von den Fällen vorbestrafter Nachtat (s. o. und I I I 3 vor § 73) kann angesichts der Sachgebundenheit der Hehlerei, die sich aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes ergibt, die Hehlerei an Ersatzsachen erst durch eine Erweiterung des Gesetzes erfaßt werden, wie sie z. B. Entw. 1927 § 350 Abs. 2 vorsah. A. A. Mezger a. a. O., Schönke-Schröder V 4. Wie hier Maurach § 42 I, Welzel § 57 I I I . V. Hehlerhandlungen: a) Verheimlichen, d. h. der Kenntnis des Berechtigten oder der Behörde entziehen, auch durch Ableugnen des Besitzes oder irreführende Angaben über den Verbleib der Sachen (E 54 280, 56 61, Schleswig SchlHA 53 58, 219). Vernichten der Sache n i c h t : Tübingen DRZ 48 257. - Eigene Verfügungsgewalt hier nicht erf. — b) Ankaufen, zum Pfände nehmen nur Unterfälle des Ansichbringens, vgl. zu c) sowie BGHSt. 2 266. A. A. Maurach § 42 I I A 1 e (alle Fälle selbständig und gleichwertig, dahersei schon Kaufabschluß vollendete H.). Bösgl. Ankauf von Eisenträgern auf Trümmergrundstück nicht H., sondern §§ 242/47ff.: Köln JMB1. N R W 53 9. Kaufabschluß genügt nicht: E 59 204; wohl

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aber Erwerb eines Pfandscheins: E 70 37 (bestr., vgl. Maurach § 4 2 1 1 mit Zit.). Erlangung e i g e n e r Verfügungsgewalt nicht nötig; daher „kauft" auch der Gewerbegehilfe „an", sofern er selbständig für den Geschäftsherrn erwirbt: BGHSt. 2 262 (betr. § 18 UnedlMetGes.), 355 gegen RG (st.). Dazu Maurach J Z 52, 714. e) Ansichbringen, d. h. V e r f ü g u n g s g e w a l t erlangen (auch durch Angestellte: E 64 21). Und zwar durch a b g e l e i t e t e n Erwerb; wer eine gestohlene Sache dem Dieb stiehlt oder wer eine solche findet und behält, begeht Diebstahl oder Unterschlagung, nicht Hehlerei (E 54 280, 57 203, 63 35). Und zwar im E i n v e r s t ä n d n i s b e i d e r Beteiligter (E 64 326). Bei einseitig dem Erwerber geleisteter Unterstützung höchstens Beihilfe zu dessen Hehlerei: Düsseldorf N J W 48 491. — Darlehnsnahme ist A.: BGH J R 58 466 (Anm. Mittelbach). V e r n i c h t e n ist kein Ansichbringen: Tübingen DRZ 48 257. — M i t g e n u ß gestohlener Sachen nach Erlangung der Verfügungsgewalt genügt, wenn die Ehefrau unabhängig von der nunmehr beseitigten oder nur noch nebenher fortbestehenden Verfügungsgewalt des Ehemannes verfügt (E 39 308 und 365). Ebenso E 71 341 (wonach jedoch, wenn das Maß des notwendigen Lebensunterhalts weit überschritten werde, § 259 „entsprechend" anzuwenden sei). OGHBrZ und BGH treten im Ergebnis dem RG bei. OGHSt. 1 176ff. fordert eigene (Mit-)Verfügungsmacht des Hehlers mit der doppelten Argumentation, daß auch das „Ankaufen" oder „Inpfandnehmen" eine solche begründe, und daß die „natürliche Handlung" des Mitgenusses innerhalb des Haushalts dem volkstümlichen Bilde des Hehlers nicht entspreche. BGHSt. 2 266 betont, daß Mitgenuß überhaupt keine neue Verfügungsgewalt begründe; daher fehle es am a b g e l e i t e t e n Erwerb. Erst wer eine selbständige Tätigkeit entfalte, bringe an sich. Ebenso BGH N J W 52 754; vgl. BGHSt. 2 355, wonach keine eigene Verfügungsgewalt erforderlich. Düsseldorf HESt. 2 38 ( = S J Z 49 204 mit Nachweisen aus der Rspr. der OLG, zust. Anm. Mezger) sieht auch den bloßen Mitgenuß durch die Ehefrau, ohne daß diese eigene Verfügung erlangt hätte, als Hehlerei an, sofern er aus eigennützigen Motiven erfolge. Daran aber fehle es regelmäßig, wenn sich die Diebesbeute im Rahmen des vom Ehemann zu bestreitenden notwendigen Lebensunterhalts halte. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Wenn die Ehefrau zentnerweise gestohlenes Fleisch einweckt (vgl. OGHSt. 1 179), muß sie bei entsprechender Motivation als Hehlerin bestraft werden, ob ihr Mann das nun angeordnet hatte oder nicht (vgl. aber OGH a. a. 0.). Entscheidend ist, daß sie in solchen Fällen den sich aus ihrem häuslichen Wirkungskreis mit seinen besonderen Rechten und Pflichten ergebenden Rahmen des s o z i a l a d ä q u a t e n Handelns verlassen hat. Dies meint im Grunde wohl auch OGHSt. 1 177 mit seinem Hinweis auf das „natürliche" Handeln und das „volkstümliche Bild des Hehlers". Aber es handelt sich hier nicht um einen normativen Tätertyp, sondern um die Grenzbreite sozial ambivalenten Handelns. Entsprechend ist in den vom OGH genannten weiteren Beispielen des Mitgenusses durch Hausangestellte und Entleihens gestohlener Sachen durch Verwandte oder Hausgenossen zu entscheiden; nur so läßt sich gefährlichen Auswirkungen der jetzigen Rspr., auf die Maurach J Z 52, 715 hinweist, entgehen. Gelegentliche Benutzung eines gestohlenen Fahrrads durch einen Hausgenossen des Diebes ist keine Hehlerei (zutr. Oldenburg MDR 48 30). Wer aber seine Lebenshaltung aufbessert, indem er dauernd ein gestohlenes Auto fährt, ist Hehler, auch wenn er jedesmal den Dieb um Erlaubnis fragt. Schon E 39 311 weist auf den Zusammenhang zwischen dem TBMerkmal des Ansichbringens und dem der Eigennützigkeit hin. Dann aber kann es,

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wie auch BGH a. a. 0 . betont, nicht entscheidend auf die Erlangung eigener Verfügungsmacht ankommen, sondern die sinngemäß einschränkende Auslegung des Begriffs „seines Vorteils wegen" f ü h r t zur Ausscheidung der sozial adäquaten oder dochindifferentenHandlungen,die verkehrsüblich hingenommen werden. Zu diesem Maßstab vgl. auch oben § 253 V I I I b. I m übrigen verlangen die Tatbestände des „Mitwirkens zum Absatz" und des „Verheimlichens" (bei dem das sozial Inadäquate des Verhaltens als Kriterium besonders deutlich wird) unbestritten keine eigene Verfügungsgewalt des Hehlers. Wie hier Schneider N J W 54, 16. I m Erg. i. w. übereinst, v. Hippel Lb., S. 267 Anm. 3, Schönke-Schr. VI 1, Welzel § 57 I I , Maurach § 42 I I , Mezger SJZ 49, 209, der aber ebenso wie Düsseldorf a. a. O. (vgl. auch Gallas ZAkDtR 38, 28) zu Unrecht meint, die Perpetuierungstheorie könne nicht zu diesem Ergebnis kommen. Mit der Frage der Sachgebundenheit der Hehlerei hat das hier behandelte Problem nichts zu tun. Und daß der Täter „seines Vorteils wegen" handeln müsse, leugnet auch die Perpetuierungstheorie nicht. — d) Zum Absatz bei anderen mitwirken, d. h. die wirtschaftliche Verwertung durch Veräußerung fördern; z. B. die Sachen zum Händler schaffen, Käufer heranbringen oder nennen, in bewußtem Zusammenhang mit dem Willen des an der Vertreibung Interessierten, der aber nicht notwendig der Dieb zu sein braucht. Vorausgesetzt ist hier also ein Zusammenwirken mit dem Veräußerer oder ein Tätigwerden f ü r ihn. Es ist noch möglich, wenn sich der Täter zwar bereits die Verfügungsgewalt verschafft hat, aber nicht die alleinige. Vgl. E 24 352, 40 199, 54 124, 69 200. Nach E 55 58, 67 80 genügt Übernahme in Verkaufskommission. Wegen Absatz von gestohlenem Geld vgl. E 72 87, Hamm, N J W 54 1380 (betr. Durchbringen in Lokalen; kein Widerspruch zu BGH N J W 52 754, s. o. zu c). BGHSt. 9 137 (138) wendet sich allerdings gegen H a m m a. a. O. und erklärt allgemein, das bloße Mitverprassen des vom Täter erbeuteten Geldes sei kein M. z. Abs. K a u m vereinbar damit bejaht BGHSt. 1 0 1 H . der Freundin, die sich ein aus der Verbrechensbeute bezahltes Kleid schenken läßt. — Der „andere" kann auch der Bestohlene selber sein, der z. B. die Sache nicht wiedererkennt (E 30 401, 54 124). — Hehlerei durch Unterlassung: Celle HESt. 1 109. VI. Subjektiver Tatbestand: 1. Vorsatz, d. h. W i s s e n , daß die Sache s t r a f b a r erlangt war. Hierfür aber gibt § 259 eine B e w e i s r e g e l : jenes „Wissen" wird (widerleglich) vermutet, wenn der T ä t e r — o d e r Teilnehmer: BGHSt. 2 146, 5 51 — die strafbare Herkunft „den Umständen nach annehmen mußte", wodurch „ein in Beziehung auf den Vorsatz unvollständiges Beweisergebnis bis zur vollen Schuld ergänzt wird" (so E 55 204, 214, 64 4, D R 42 217). Abw. Bockelmann N J W 54,1745: Unterstreichung der freien Beweiswürdigung (prima-facie-Beweis). Die Umstände müssen dem Täter das Wissen um die strafb. Herkunft geradezu aufgedrängt haben. Braunschweig N J W 47 110. Diese „Umstände" sind gesetzliches Tatbestandsmerkmal des § 259 und müssen deshalb in den Urteilsgründen gemäß § 267 I StPO angegeben werden (E 64 4). Eigene Handlungen und Unterlassungen des Täters sind niemals „ U m s t ä n d e " : BGH N J W 53 552. — Zu diesem Begriff auch Braunschweig NdsRpfl. 54 111. — Daß die Sache auf dem Schwarzen Markt verkauft worden ist, genügt allein nicht: Kiel SchlHA 48, 105. Auch nicht die Herüberschaffung von einer Bes.-Zone in die andere: Braunschweig NdsRpfl. 48 96. — Betr. Bücher einer öff. Bibliothek AG Hamburg MDR 49 574 (abl. Anm. Figge) F a h r l ä s s i g k e i t betr. des vitiösen Erwerbs genügt nicht. Steht also der gute Glaube des Täters positiv fest, so ist, auch wenn er unentschuldbar war, freizu-

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sprechen, N J W 55 350. Dazu Heimann-Trosien, N J W 52, 366. Vgl. auch E 56 160. Die Metallverkehrsgesetze strafen fahrlässige Hehlerei ausdrücklich. Hierzu oben Anm. I. 2. Vorteilsabsicht. Vgl. Anm. I I zu § 258 und BGHSt. 6 60: Eigennutz als Triebfeder. Er muß der bestimmende, wenn auch nicht der einzige Beweggrund sein; nicht wenn die Sache nur angenommen wird, um sich die Gunst des Vortäters zu erhalten: BGH N J W 58 678. Vermögensvorteil ist nicht verlangt (E 51 179: Besitzund Gebrauchsrecht des Entleihers; E 54 338: Abwendung einer drohenden Strafanzeige). Irrige Annahme, Vorteil zu erlangen, genügt: E 56 98. Erhaltung oder Sicherung des bisherigen Einkommens,